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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914 Author(s): John Peters Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 32. Jahrg., H. 1 (1915), pp. 310-350 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906023 . Accessed: 17/06/2014 03:13 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.24 on Tue, 17 Jun 2014 03:13:02 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914Author(s): John PetersSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 32. Jahrg., H. 1 (1915), pp. 310-350Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906023 .

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Page 2: Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914

Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914.

Von John Peters,

Oberassistent bei der Steuerdeputation Hamburg.

Inhaltsangabe: Einleitung S. 310-312. A. Subjektive St eu e rpf licht 8. Ü1 2-315. I. Allgemeine Steuerpflicht S. 312-313. II. Befreiungen von der Steuerpflicht 5. 313-314. III. Zeitpunkt des Eintritts in die und Austritts aus der Steuerpflicht S. 314. B. Objektive Steuer pflicht S. 316-339. I. Umfang des zu versteuernden Ein- kommens S. 316-328. a) Allgemeine Grundsätze S. 316-323. 1. Grenze des zu versteuernden Einkommens S. 316. 2. Steuerfreies Einkommen S. 317. 3. Begriff des Einkommens S. 317-321. 4. Zulässige Abzüge S. 321-323. 5. Unzulässige Abzüge S. 323. b) Besondere Grundsätze S.323- 328. 1. Einkommen aus Kapitalvermögen S. 328 - 325. 2. Einkommen aus Grundver- mögen S. 325-326. 3. Einkommen aus Gewerbebetrieb S. 326. 4. Einkommen aus sonstiger Erwerbs- und Berufstätigkeit S. 827. 5. Einkommen aus wiederkehrenden Leistungen S. 327. 6. Einkommen aus einzelnen gewinnbringenden Geschäften S. 327-828. II. Berechnung des zu versteuernden Einkommens S. 328-335. a) Allgemeines S. 328-331. b) Einkommen aus kaufmännischen Geschäften S. 331-332. c) Tod des Steuerpflichtigen S. 332-334. d) Be- steuerung von Ehegatten S. 334-335. III. Besteuerung der Ausländer S. 386. IV. Konsum- vereine S. 336-339. C. Steuersätze S. 339-342. D. Veranlagung S. 342-345. E. Rechtsmittel S. 345-346. F. Entrichtung der Steuer S. 346-347, G. Ver- pflichtungen Dritter S. 347-348. H. Bestimmungen für die Steuerdeputation und die Schätzungsbürger S. 348-349. J. Straf-, Uebergangs- und Schluss- bestimmungen S. 349-850.

Einleitung. Das Einkommensteuergesetz vom 2. Februar 1903 mit den Novellen vom

18. Januar 1904, 23. Februar 1906, 12. Oktober 1908, 14. April 1909, 15. Ok- tober 1909 und 1. Juni 1911 0 hat durch das am 9. Januar 1914 erlassene Einkommensteuergesetz eine Reihe wesentlicher Veränderungen erfahren. Im Antrag des Senats, betreffend den Erlass eines. Einkommensteuergesetzes vom 24. November 1913 (Mitt. d. Senats an die Bürgerschaft 1913 Nr. 325)*. wird das Bedürfnis für die Abänderung des bisherigen Gesetzes damit begründet, dass verschiedene Bestimmungen, die bei der praktischen Hand- habung des Gesetzes zu Zweifeln geführt haben, klargestellt werden sollen. Gleichzeitig bestand die Absicht, unter tunlichster Vermeidung von Unbilligkeiten und Härten, durch Verände- rung oder Ergänzung des bisherigen Gesetzes eine den tatsäch- lichen Verhältnissen möglichst entsprechende Veranlagung herbeizuführen. Mitbestimmend für die Abänderung war ferner das am 3. Juli 1913 erlassene Gesetz über einen einmaligen ausser ordent-

i) Finanzarchiv Bd. 28, S. 390 ff. 310

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 19U. 311

liehen Wehrbeitrag (R.G.B1. S. 505). Der Wehrbeitrag wird bekanntlich vom Vermögen und vom Einkommen erhoben. Nach § 31 Abs. 1 Wb. Ges, dient als Grundlage für die Berechnung des Einkommens das auf Grund der Landeseinkommensteuergesetze zuletzt vor oder gleichzeitig mit der Veran- lagung festgestellte steuerpflichtige Einkommen; Der in den einzelnen Bundes- staaten so ausserordentlich verschiedene Einkommensbegriff geht in Ham- burg so weit , wie in keinem anderen deutschen Bundesstaate. Unter den Begriff des Einkommens *) fielen nach bisherigem Rechte z. B. Vermögens- vermehrungen (Veräusserungsgewinne) , also nicht bloss die durch spekulative Absicht entstandenen Yerausserungsgewinne. Die Hamburger Einkommensteuer ^enthielt also im Sinne der herrschenden Auffassung Teile einer Vermögenszu- wachssteuer. Da dieser Vermögenszuwachs jedoch durch das Besitzsteuergesetz (R.G.B1. S. 524) bereits getroffen wird, erschien es zur Vermeidung von un- billigen Doppelbesteuerungen gerechtfertigt, bei Aenderung des hamburgischen Einkommensteuergesetzes diese Tatsache zu berücksichtigen und damit gleich- zeitig den Versuch zu machen, den Begriff der hamburgischen Einkommen- steuer den gleichen Begriffen in den Steuergesetzen anderer Bundesstaaten mehr zu nähern, als es bisher der Fall gewesen ist (Ausführungen des Senats- kommissars ; 40. Sitzung der Bürgerschaft vom 3. Dezember 1913).

' Abgesehen

von den nach bisherigem Recht allgemein zu versteuernden Veräusserungs- gewinnen musste u. a. auch die Nichtabzugsfähigkeit von Lebensversicherungs- prämien, die Versteuerung von Lotterie- und Prämiengewinnen usw. den Steuer- gesetzen anderer Bundesstaaten gegenüber als Härte erscheinen. Hier hat das neue Gesetz ausgleichende Aenderungen getroffen, während z. B. die Bestim- mungen des preussischen Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 in der Fassung vom 19. Juni 1906 über die Gegenrechnung von Verlusten bei Berech- nung des steuerpflichtigen Einkommens nach dreijährigem Durchschnitt (§ 9 Abs. 3), über die Kürzung von 372% des eingezahlten Aktienkapitals bei der Veranlagung der Aktiengesellschaften (§ 15) , sowie bei Mitgliedern einer G. m. b. H. die Niehterhebung desjenigen Teiles der Einkommensteuer, welche auf Gewinnanteile von Gesellschaften m. b. H. entfällt (§ 71 Abs. 1), Hamburg auch heute noch nicht kennt.

Bei der Revision des Gesetzes hat es sich gleichzeitig als zweckmässig gezeigt, den bisher geltenden Rechtsmittelweg dem bereits für die hambur- gische Erbschaftsteuer 2) und Wertzuwachssteuer 3) geltenden anzupassen. Eine Aenderung der Steuerskala ist nicht erfolgt, die Steuersätze bestehen somit unverändert fort.

Zu einer eingehenden Prüfung des Entwurfs konnte die Bürgerschaft bei der notwendigen eiligen Verabschiedung des Gesetzes diesmal nicht gelangen. Es ist deshalb im §30 des neuen Gesetzes bestimmt worden, dass das Gesetz vor Ablauf des Jahres 1917 einer Revision zu unterziehen ist. Die schon seit längerer Zeit geplante Aenderung des Einkommensteuergesetzes vom 2. Februar

*) Vgl. G. Schanz, Der Einkommensbegriff und die Einkommensteuergesetze, ■Finanzarchiv 13 (1896), S. ltf.

2) Gesetz vom 1. April 1911 (Amtsblatt S. 151), Novelle vom 23. Juni 1911 (Amts- blatt S. 385), Novelle vom 3. Dezember 1913 (Amtsblatt S. 761), Novelle vom 12. Dez. 1913 .(Amtsblatt S. 833) in Kraft getreten am 1. Januar 1914.

*) Gesetz vom 12. Oktober 1908 (Amtsblatt S. 587); Finanzarchiv Bd. 2<>, S. 413 f. 311

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312 Peters>

1908 musste durch die seinerzeit in Aussicht stehende Reichssteuergesetz- gebung zurückgestellt werden, bis die Reichssteuergesetze erlassen worden waren. Wenn auch dies bereits im Juli 1913 geschah, so mussten immer noch die das Wehrbeitragsgesetz ergänzenden Ausführungsbestimmungen des Bundes- rats - insbesondere mit Rücksicht auf den Instanzenzug, die Behördenorgani- sation usw. - abgewartet werden, die erst am 8. November 1913 ver- öffentlicht wurden (Zentralblatt f. d. Deutsche Reich 1913 S. 1087). Am 24. November 1913 stellte der Senat den Antrag an die Bürgerschaft be- treffend Erlass eines Einkommensteuergesetzes (Mitt. d. Sen. a. d. Bürgersch. 1913 Nr. 325). In ihrer Sitzung am 3* Dezember 1913 wählte die Bürger- schaft nach Beendigung der allgemeinen Beratung einen Ausschuss von neun Personen zur Prüfung des Entwurfs, am 7. Januar 1914 nahm die Bürger- schaft den Entwurf mit den vom Ausschuss in seinem schriftlichen Bericht *) niedergelegten Abänderungsvorschlägen mit 93 gegen 45 Stimmen en bloc2) an, so dass der Senat nach Zustimmung der von der Bürgerschaft vorgeschla, genen Abänderungen das Gesetz am 9. Ja nu ar 1 9 1 4 3) bekanntmachen konnte..

A. Subjektive Steuerpflicht. I. Allgemeine Steuerpflicht.

Die Steuerpflicht derjenigen Personen, die, ohne im Deutschen Reiche einen Wohnsitz zu haben, zur Besatzung eines in Hamburg beheimateten Schiffes gehören, hat eine Einschränkung insofern erfahren, als diese Personen nur dann besteuert werden sollen, wenn sie nicht nur nicht im Deutschen Reiche, son- dern überhaupt keinen Wohnsitz haben (§ 1 Abs. 4). Es erschien unbillig, solche Personen, deren Wonsitz und Familie sich im Ausland befindet und die dort be- steuert werden, in Hamburg gleichfalls zur direkten Staatssteuer heranzuziehen.

Der Kreis der im § 1 Abs. 5 aufgeführten subjektiv steuerpflichtigen juristischen Personen ist durch Einfügung der Berggewerkschaften ergänzt worden. Die Steuerpflicht der rechtsfähigen Vereine, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, sofern sich ihr Sitz in Hamburg befindet , ist auf alle juristischen Personen - ins- besondere auch Stiftungen - , die derartige Zwecke verfolgen, ausgedehnt worden. Diese Bestimmung erscheint unbedenklich, da nach § 2 Abs. 2 juristische Personen, soweit sie satzungsgemäss wohltätige oder gemein- nützige Zwecke verfolgen, von der Einkommensteuerpflicht befreit sind. Stif- tungen waren bisher steuerfrei. Hamburg ist in diesem Punkte anderen Bundesstaaten gefolgt, in denen, wie z. B. Bayern, Württemberg und Sachsen- Weimar, die Besteuerung von Stiftungen bereits in vollem Umfange durch-

*) Ausschussberichte der Bürgerschaft 1914, Nr. 1. 2) In Betracht kommt § 49 der Geschäftsordnung der Bürgerschaft vom 23. März 1881 r

„Die Annahme eines ganzen aus mehreren Paragraphen bestehenden Gesetzes durch eine allgemeine Abstimmung (ohne besondere Abstimmung über die einzelnen Paragraphen) ist nur dann zulässig, wenn ein mit der Prüfung des Gesetzes beauftragter besonderer Ausschuss durch einen, mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteilen der Ausschuss- mitglieder gefassten Beschluss ein solches Verfahren empfiehlt und die Bürgerschaft das- selbe mit einer Stimmenmehrheit von zwei Dritteilen der Anwesenden beschliesst.u

3) Amtsblatt Nr. 10 vom 17. Januar 1914* 312

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom ». Januar 1914. 313

geführt ist. Die Bestimmung des Entwurfs, die juristischen Personen auch dann der Steuerpflicht zu unterwerfen, wenn in Hamburg die Verwaltung geführt wird, der Sitz sich also anderwärts befindet, hat die Zustimmung der Bürgerschaft nicht erhalten. Der Entwurf führte aus, dass für die Steuerpflicht der juristischen Personen nicht ohne weiteres die Tatsache entscheidend sein soll, ob sich in Hamburg der Sitz befinde. Der Sitz, der statutengemäss be- liebig gewählt werden könne, solle nicht allein ausschlaggebend sein, sondern, wie bei natürlichen Personen der Wohnsitz als die tatsächliche Niederlassung gelte, so solle es für die juristischen Personen derjenige Ort sein, an dem die Verwaltung geführt werde. Der zur Prüfung des Entwurfs eingesetzte bürger- schaftliche Ausschuss konnte sich diese Ansicht nicht zu eigen machen, da es sich lediglich um die Besteuerung des nichtgewerblichen Einkommens, z. B. des Agiogewinnes handeln könne, da das Einkommen aus stehendem Gewerbe- reichsgesetzlich am Ort der Betriebsstätte zu versteuern sei *). Die Besteuerung des Agiogewinnes einer bisher in Hamburg verwalteten Gesellschaft, die ihren Sitz in einen anderen Bundesstaat verlegt, würde aber zweifellos zu Doppel- besteuerungen führen, die zuungunsten Hamburgs beseitigt werden würden.

Eine redaktionelle Aenderung hat das Gesetz im § 1 bei den Begriffen Wohnsitz und Betriebsstätte erfahren, die nicht wie bisher durch einen Hinweis auf das Doppelsteuergesetz vom 22. März 1909, sondern durch Erklärung dieser Begriffe in Anlehnung an das Reichsgesetz im Gesetz selbst (§ 1 Abs. 2 bzw- Abs. 4) zum besseren Verständnis des steuerzahlenden Publikums erläutert werden.

Die Steuerpflicht der Nichtreichsangehörigen wurde nach bisherigem Recht durch einen mindestens sechsmonatigen Aufenthalt oder durch den Besitz einer gewerblichen Niederlassung im Sinne § 42 der Gewerbeordnung begrün- det2). Diese Unterscheidung hat das neue Gesetz aufgehoben, da bei einem Ausländer, der sich in Hamburg gewerblich niederlässt, in der Regel auf einen längeren Aufenthalt zu rechnen sein wird. Zukünftig werden demnach alle Ausländer, ohne Rücksicht auf ihre Erwerbstätigkeit, erst durch einen Aufent- halt von mindestens sechs Monaten steuerpflichtig werden. Dass die Steuer- pflicht sich in diesem Falle auf die gesamte Dauer des Aufenthalts, also vom Beginn ab, erstreckt, entspricht einer unter dem bisherigen Gesetz in ständiger Praxis vertretenen und auch gerichtlich gebilligten Auffassung.

II. Befreiungen von der Steuerpflicht. Befreit von der Einkommensteuerpflicht waren nach § 2 Abs. 1 des Ge-

setzes vom 2. Februar 1903 „Angehörige anderer Staaten, welchen nach gtaatsverträgen oder nach völkerrechtlichen Grundsätzen Steuerfreiheit zusteht".

Diese Bestimmung hat durch Ersetzung des Wortes „welchen" durch „soweit ihnen" eine korrektere Fassung erfahren mit Rücksicht auf die- jenigen Fälle, in denen Angehörigen anderer Staaten auf Grund von Staats- verträgen Steuerfreiheit nicht in vollem Umfange zugestanden ist (z. B. bei Einkommen aus inländischem Grundbesitz oder Gewerbebetrieb).

]) Entsch. d. R.G. Bd. 50, S. 97 ff. 2) Hiernach muss der Gewerbetreibende im Inlande ein zu dauerndem Gebrauch ein-

gerichtetes, beständig oder doch in regelmäßiger Wiederkehr von ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines Gewerbes besitzen.

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314 Peters,

Nach § 2 Abs. 2 waren diejenigen juristischen Personen von der Einkom- inensteuerpflicht befreit , welche wohltätige oder gemeinnützige Zwecke ver- folgten. Auch hier ist das Wort „welche" durch „soweit" ausgewechselt worden, nämlich „soweit sie satzungsgemäss" usw. Es erschien einer- seits unbillig, derartige Personenvereinigungen ohne weiteres steuerfrei zu lassen, wenn sie - ausschliesslich oder neben anderen Zwecken - wohltätige oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, während es anderseits als Härte be- zeichnet werden musste, wenn die Wohltat des Gesetzes ihnen nur deshalb nicht zugute kam, weil die Verfolgung wohltätiger oder gemeinnütziger Zwecke nicht die ausschliessliche Ursache des Unternehmens bildete.

Ausdrücklich aufgenommen in das Gesetz sind im § 2 Abs. 3 die Ko- lonialgesellschaften, denen durch Beschluss des Bundesrats Rechtsfähig- keit verliehen worden ist (§ 11 des Schutzgebietsgesetzes R.G.B1. 1900 S. 813). Im Gegensatz zu den bisher und auch jetzt geltenden Bestimmungen hatte der Entwurf des Senats vom Jahre 1901 (Mitt. d. Sen. a. d. Bürgersch. vom 10. Juni 1901; § 8 Abs. 5) die Besteuerung derartiger Kolonialgesellschaften vorge- sehen. Die Bürgerschaft hat sich damals eingehend mit dem Gegenstand be- schäftigt. Gegen die Besteuerung der Kolonialgesellschaften wurde vornehm- lich geltend gemacht, dass Preussen diese Gesellschaften nicht besteuerte. Falls Hainburg die Besteuerung durchführen sollte, würden die Kolonial- gesellschaften ohne jede Schwierigkeit ihren Sitz z. B. nach Berlin verlegen können. Eine Folge davon könnte aber sein, dass der hamburgische Einfluss auf die Verwaltung verloren ginge. Ausserdem hätte Hamburg ein Interesse «daran, so viel Geschäfte wie irgend möglich heranzuziehen, da durch ihre Beteiligten dem Staate manche direkte oder indirekte Zuwendung zugute käme. Uebrigens würde das finanzielle Resultat gleich Null sein, da bis dahin •eine Dividende von den Kolonialgesellschaften nicht verteilt worden war. Für die Besteuerung wurde im wesentlichen nur hervorgehoben, dass, wenn kein Einkommen vorhanden sei, auch keine Einkommensteuer erhoben würde. Die Kolonialgesellschaften hätten bei Verlegung ihres Sitzes nach Preussen wohl zu berücksichtigen, dass sie dort mit der Kommunalsteuer beglückt werden würden. Die Bürgerschaft hat sich aber nicht der Anregung des Senats an- schliessen können, sondern hat sich den ablehnenden Gründen des bürger- schaftlichen Ausschusses angeschlossen, die dahin gingen, dass Hamburg als grösster Seehandelsplatz Deutschlands ein derart grosses Interesse an allen kolonialen Fragen und Unternehmungen hätte, dass bei dem innigen Zusam- menhang zwischen Seehandel und Kolonien alles vermieden werden müsste, um die sonst in keinem anderen Bundesstaate besteuerten Kolonialgesellschaf- ten aus Hamburg zu verdrängen. Diese Bedenken sind auch heute noch im vollen Umfange zutreffend. Die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen, soll zukünftig durch den Senat nur in Zweifels- fällen getroffen werden.

III. Zeitpunkt des Eintritts in die und Austritts aus der Steuerpflicht.

Die Besteuerung eines Steuerpflichtigen beginnt mit dem auf seinen Eintritt in die Steuerpflicht folgenden Monat

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und endet mit dem Schlüsse des Kalender mona ts, in dem seine Steuer p flicht erloschen ist (§ 3). Diese Bestimmung, die lediglich ein einfacheres Verfahren bei der Steuerberechnung bezweckt, um eine Berechnung der Steuer nach einzelnen Tagen zu vermeiden, schliesst sich gleichartigen Bestimmungen in den Einkommensteuergesetzen anderer Bundesstaaten an und ist mit Rücksicht auf die Vorschriften des Doppelsteuergesetzes vom 22. März 1909 sowohl vom Bundesrat wie vom Reichsgericht ausdrücklich als zulässig anerkannt worden. Nach den auf Grund des hamburgischen Gesetzes zur Ver- meidung von Doppelbesteuerungen vom 23. November 19031) (Amtsblatt Nr. 172 S. 606) und eines mit dem preussischen Finanzminister getroffenen Ueberein- kommens erlassenen Bekanntmachungen des Senats vom 24. Oktober 1904 (Amtsblatt Nr. 162 S. 943) und vom 13. September 1911 (Amtsbl. Nr. 157 S. 585) fand dieser Grundsatz schon früher Anwendung. Eine Ausnahmestellung nahmen die vom Ausland neu zuziehenden bzw. ins Ausland fortziehenden Personen ein, deren Steuer für die volle Zeit genau nach Tagen berechnet wurde. Dieser Unterschied fällt zukünftig fort.

Abgesehen von der jetzigen Vorschrift des § 3 enthielt die Bekannt- machung vom 24. Oktober 1904 eine Bestimmung über die Verlegung des dienstlichen Wohnsitzes, die auch heute noch volle Gültigkeit hat. Durch das an Stelle des Reichsgesetzes vom 13. Mai 1870 wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung getretene Doppelsteuergesetz vom 22. März 1909 musste diese Bestimmung einer Berichtigung unterzogen werden, was durch die Be- kanntmachung vom 13. September 1911 geschehen ist. Hierin heisst es:

Die vorstehenden Grundsätze 2) finden in den Fällen des § 2 Abs. 3 des Doppelsteuergesetzes vom 22. März 1909 auch auf die Verlegung des dienst- lichen Wohnsitzes von Beamten oder Offizieren mit der Massgabe Anwendung, dass für die Verlegung des dienstlichen Wohnsitzes derjenige Zeitpunkt, auf welchen die Versetzung erfolgt ist, massgebend ist, ohne dass es darauf an- kommt, wann der Versetzte eine Wohnung an dem neuen Amtssitz oder •Garnisonort genommen hat. Erfolgt die Versetzung auf den Beginn eines Monats, so ist von diesem Zeitpunkt ab die Einkommensteuer in demjenigen Staate zu entrichten, in welchen der Beamte oder Offizier versetzt ist. Dem Falle der Versetzung eines Beamten ist der Fall der Uebernahme eines Beamten •aus dem Dienste des einen in den Dienst des anderen Staates gleichzuachten.

Es kann sich hierbei also nur um Beamte und Offiziere handeln, die sowohl am Ort ihres dienstlichen Wohnsitzes im Sinne des § 1 Abs. 2 des Doppel- steuergesetzes und zugleich im hamburgischen Staatsgebiete oder aber in

i) Der Senat ist befugt, in bezug auf die Besteuerung von Personen und Gegen- ständen, welche zugleich dem Besteuerungsrechte des hamburgischen und eines anderen Staates unterliegen, zwecks Vermeidung der aus der gleichzeitigen Anwendung verschie- dener Steuergesetze sich ergebenden Unzuträglichkeiten unter Wahrung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit Vereinbarungen zu treffen und Anordnungen zu erlassen, durch welche die Anwendung übereinstimmender Grundsätze auf die Erhebung der Steuern und Ab- gaben in den beteiligten Staaten gesichert und insbesondere eine auf die Verschieden- artigkeit der Steuergesetze beruhende Doppelbesteuerung vermieden wird.

2) Hingewiesen wird auf die Fälle des Verzuges von Steuerpflichtigen aus dem preussischen in das hamburgische Staatsgebiet und umgekehrt. Diese sollten, wie es jetzt auch im Gesetz vom 9. Januar 1914 (§ 3) heisst, vom Beginn des auf den Zuzugsmonat fol- genden Monats bezw. bis zum Ablauf des Fortzugsmonats besteuert werden.

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keinem Bundesstaate einen Wohnsitz haben. Der zeitliche Umfang der Steuer- pflicht von Verstorbenen (§12 Abs. 1) und von Ehegatten (§ 13) wird an anderer Stelle besprochen werden.

B. Objektive Steuerpflicht. I. Umfang des zu versteuernden Einkommens,

a) Allgemeine Grundsätze. 1. Grenze des zu versteuernden Einkommens.

Ein Einkommen unterliegt der Besteuerung nur, wenn es den Jahresbetrag von 1000 M. erreicht (§4 Abs. 1). Die Staatskasse erleidet durch diese Erhöhung nach den unverbindlichen Schätzungen der Senatskommissare (Ausschussbericht 1914 Nr. 1 S. 2) einen Ausfall von etwa 180,000 M. Die unterste Grenze entsprechend den Wünschen eines Teils der Bürgerschaft auf 1200 M. hinauf zusetzen , konnte der Ausschuss, trotz voller Würdigung der durch die verteuerte Lebenshaltung veränderten allgemeinen wirtschaftlichen Lage, sich nicht entschliessen vorzuschlagen, da die Staatskasse dann eine Einbusse von etwa 700,000 M. erfahren hätte, In Betracht kam ferner, dass die steuerfreie Grenze in Preussen bis 900 M., in Sachsen sogar nur bis 400 M. geht1). Die hamburgischen Einkommensteuergesetze Hessen als Existenzminimum bisher steuerfrei: nach dem Gesetz vom 26. März 1866 und 9. Januar 1871

Einkommen bis 500 brutto M2). (= 600 M.) einschliesslich, ]) Abgesehen von gewissen Einschränkungen und Erweiterungen beträgt das steuer-

freie Existenzminimum im allgemeinen: M. 900 in Preussen, Baden, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Bremen: ., 600 „ Bayern (nur für unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen) ;.

von der Befreiung sind ausgenommen männliche bayerische Staatsangehörige,, deren steuerbares Einkommen mehr als 300 M. beträgt, wenn sie nicht schon eine andere direkte Steuer von jährlich mindestens 50 Pf. entrichten. R e u s s ä. L. (nur für Verheiratete und Alimentationspflichtige ; bis 150 M. bei Einkommen aus Gewerbs- und Geschäftstätigkeit, wenn der Steuerpflichtige am 1. Januar des Veranlagungsjahres das 18. Lebensjahr noch nicht oder das tiO. bereits vollendet hat; desgleichen bis 150 M. bei Witwen und Waisen, sowie andere Pensionärs in Ansehung der Pensionen, die sie aus öffentlichen Kassen beziehen usw. ; sonst beginnt die Steuerpflicht bereits bei einem Einkommen von 15 M.), Lübeck;

„ 500 „ Württemberg, Hessen, Sachsen-Weimar, Schwarzburg-Sondershausen, Lippe: ,, 450 „ Sachsen-Altenburg, Reuss j. L., Schaumburg-Lippe; „ 400 „ Sachsen, Oldenburg; „ 350 „ Schwarzburg-Rudólstâdt ; „ 300 „ Sachsen-Koburg-Gotha, Waldeck; „ 200 „ Bayern, für beschränkt steuerpflichtige und für juristische Personen.

Als Existenzminimum sind steuerfrei in: Oesterreich K 1200 (M. 1020) England £ 160 (M. 3200) Italien ........ Lire 400 (M. 320)

Vereinigte Staaten von Nordamerika: Virginia **.*.;. $ 600 (M. 2400) Massachusetts . . * . . $ 2000 (M. 8000)

2) In Hamburg trat die Reichsmarkrechnung am 15. Februar 1873 in Kraft. 316

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 3^7

nach dem Gesetz vom 7. März 1881 Einkommen bis 600 M. ausschliesslieh,

„ „ „ vom 22. Februar 1895 und 2. Februar 1903 Einkommen bis 900 M. ausschliesslieh.

2. Steuerfreies Einkommen. Von der Besteuerung sind ausgeschlossen: „Das Diensteinkommen und das Ruhegehalt der vor dem 7. März 1881

bei öffentlich anerkannten hamburgischen religiösen Gemeinschaften angestellten Geistlichen, sowie der vor dem 9. Januar 1871 unter Zusiche- rung der Steuerfreiheit angestellten Lehrer an hamburgischen öffent- lichen Schulen" (§ 4 Abs. 2).

Um allen bisherigen zweifelhaften Auslegungen vorzubeugen, ist dieser Absatz redaktionell geändert worden, insofern, als zum Ausdruck gebracht ist, dass die Steuerbefreiung sich lediglich auf Geistliche und Lehrer bezieht, die bei hamburgischen religiösen Gemeinschaften oder an hamburgi- s-chen öffentlichen Schulen angestellt sind.

Diese eigentümliche Bestimmung ist auf Streitigkeiten zwischen dem Senat und den Predigern Ende des 18. Jahrhunderts zurückzuführen, die sogar das Reichskammergericht zu Wetzlar beschäftigt haben und die, mit Zustim- mung der erbgesessenen Bürgerschaft, am 20. November 1794 zu einem Ver- gleiche zwischen dem Rat und Reverendo Minesterio führten, „ betreffend die Kontributionsfreiheit der letzteren". Dieser Vergleich umfasste auch die übrigen Prediger des hamburgischen Gebiets, die Professoren des Gymnasiums und Lehrer des Johanneums, die Lehrer der öffentlichen Michaelisschule und die examinierten Kandidaten nebst deren Witwen und minderjährigen Kindern (Mitt. d. Sen. a. d. Bgschft. 1865 S. 531).

Die nach Erlass des Gesetzes vom 7. März 1881 angestellten Geist- lichen gemessen die Steuerfreiheit ihres Amtseinkommens deshalb nicht mehr, weil das Verhältnis der Kirche zum Staat durch den Erlass der Kirchen- verfassung und die im Jahre 1874 erfolgte Abfindung aller finanziellen An- sprüche der Kirche an den Staat ein wesentlich anderes geworden war.

3. Begriff des Einkommens. Die allgemeinen Grundsätze über die Feststellung des Einkommens

sind im § 8 aufgeführt. Die besonderen Vorschriften sind wie bisher in einem Anhang zum Gesetz enthalten. Die ursprüngliche Absicht, auch die Bestimmungen des Anhangs in das Gesetz selbst aufzunehmen, ist einmal unterblieben, weil sich die Steuerpflichtigen an die bisherige Einteilung des Gesetzes gewöhnt hatten, und anderseits deshalb, weil durch die Aufführung dieser besonderen Vorschriften im Gesetz selbst die Uebersichtlichkeit des Gesetzes gelitten hätte. Als Einkommen gelten unter Berücksichtigung der im Anhang enthaltenen Vorschriften alle in Geld bestehenden oder Geldwert besitzenden Einkünfte aus

1. Kapitalvermögen, 2. Grundvermögen, 3. Gewerbebetrieb,

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4. sonstiger Erwerbs- und Berufstätigkeit. 5. wiederkehrenden Leistungen, 6. einzelnen gewinnbringenden Geschäften.

Eine grundsätzliche Aenderung betrifft die Versteuerung der Ver- äusserungsgewinne. Die Versteuerung derartiger Gewinne erfolgt entsprechend den Vorschriften anderer bundesstaatlicher Steuergesetze zukünftig nur dann, wenn sie gewerbsmässig oder aus spekulativer Absicht entstanden sind.

Es ist recht interessant, auf die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung* etwas näher einzugehen. Nach den Gesetzen vom 26. März 1866, 9. Januar 1871 und 7. März 1881 (§ 4 Anhang Abs. 10) waren steuerpflichtig :

„Der Ertrag von irgendwelchen einzelnen gewinnbringen- den Geschäften, wozu auch Lotteriegewinne gehören, wogegen Erb- schaften, Legate, Schenkungen und die Mitgift bei Verheiratungen nicht zu dem Einkommen, sondern zu dem Kapitalvermögen des Empfängers,, von dessen Revenuen er die Steuer zu entrichten hat, zu rechnen sind."

Nach ständiger Praxis der Steuerdeputation, die auch von den Gerichte» wiederholt anerkannt worden war, wurden Einkünfte aus der Realisation von Grundstücken und Wertpapieren aber nur dann als Einkommen im Sinne dieser Bestimmung angesehen, wenn der Verkäufer derartige Geschäfte gewerbs- mässig betrieb oder die betreffenden Grundstücke und Wertpapiere nur auf Spekulation gekauft hatte, also mit der Absicht, diese wieder zu veräussern, sobald dies mit einem angemessenen Gewinn geschehen konnte. Nicht als Einkommen dagegen wurde der Gewinn bei solchen Veräusserungen be- trachtet, wenn der Steuerpflichtige Grundstücke und Wertpapiere als sog.. Kapitalanlagen besessen hatte und sie bei Gelegenheit verkaufte, sei es, dass er sein Kapital für andere Zwecke frei haben oder in anderen Werten anlegen wollte. Die Unterscheidung der Begriffe „Spekulation oder Kapitalanlage* gestaltete sich in der Praxis recht schwierig. Da es an äusseren Merkmalen für die Erkennung dieser Begriffe meistens fehlte, war in der Regel nur die Absicht des Zensiten für die Beurteilung der Frage entscheidend, Es ist überaus erklärlich, dass bei dem Fehlen einer die allgemeine Steuerpflicht solcher Gewinne aussprechenden Gesetzesbestimmung erhebliche Summen zum Schaden der Staatskasse unversteuert bleiben mussten. Trotzdem hat man seinerzeit nicht zu dem Entschluss kommen können, sich den Schwesterstädten Bremen und Lübeck, die alle derartigen Gewinne zur Einkommensteuer heran- zogen, anzuschliessen. Lediglich zur Klarstellung des bisherigen Grundsatzes hatte der Senat in seinem Antrag vom 12. November 1894 auf Abänderung des Gesetzes betr. die Einkommensteuer und Deckung des Defizits für das Jahr 1895 (Mitt. d. Sen. a. d. Bügersch. 1894 S. 694) vorgeschlagen, in Ueberein- stimmung mit den bezüglichen Vorschriften des preussischen Gesetzes die- Bestimmung im Gesetz zukünftig wie folgt zu fassen:

Anhang zu § 4. „Als reines Einkommen gelten im Sinne dieses Gesetzes

10. Der Ertrag von irgendwelchen einzelnen gewinnbringenden Geschäften, wozu auch Lotteriegewinne und der Gewinn aus dem gewerbsmässig oder zu Spekulationszwecken unternommenen Verkauf von Grund- stücken und Wertpapieren gehören usw."

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 31&

Hiergegen wurde jedoch von seiten des bürgerlichen Ausschusses geltend ge- macht, class, wenn man auch der Praxis der Steuerdeputation im allge- meinen zustimme, die vorgeschlagene Fassung doch leicht dahin führen könner ftewinne aus einer grossen Anzahl derartiger Transaktionen als steuerfrei an- zusehen, für welche dies durchaus nicht zutreffe, es sei daher richtiger, e^ bei der bisherigen Fassung des betreffenden Absatzes zu belassen (Ausschuss- berichte 1895 Nr. 4 S. 8). Das ist denn auch geschehen.

Auch der Antrag des Senats betr. den Erlass eines Einkommensteuer- gesetzes vom 10. Juni 1901 (Mitt. d. Sen. a. d. Bgschft. 1901 Nr. 100) enthält keine Aenderung. Eine Abweichung von dem bisherigen Prinzip regte erst der zur Prüfung dieses Senatsantrages gewählte bürgerschaftliche Ausschüsse an f Ausschussberichte 1902 Nr. 13). Die Unterscheidung, dass Veräusser ungen., die sich auf irgendwelche wirtschaftlichen Rücksichten, aber nicht auf Speku- lationsabsicht gründeten, als nicht steuerpflichtiger Zuwachs zum Stammver: mögen angesehen wurden, während unternehmungslustige Geister, die erfolg- reich an einem spekulativen Unternehmen beteiligt gewesen waren, den realisierten vereinnahmten Gewinn als „Einkommen" zu versteuern hattenr bezeichnete der Ausschuss als durchaus ungerecht. Man stellte sich auf den Standpunkt . class doch der Unternehmungslustige für seine Tüchtigkeit an seinem Gewinne nicht durch Steuerentrichtung gleichsam gestraft, während der Untätige für seine Konjunkturgewinne Steuerfreiheit geniessen sollte,, sobald diese sich als Vermögenszuwachs darstellten. Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass in sehr vielen Fällen grosse Gewinne, die z. B. durch Terrain- veräusserungen erzielt worden waren, zur Steuer nicht herangezogen werden konnten, weil es nicht gelang, die „ Spekulationsabsicht " des Veräusserers nach- zuweisen. Die Schwierigkeit, eine derartige Absicht festzustellen, wuchs natür- lich mit der Spanne Zeit, die zwischen dem Erwerb und Veräusserung des Vermögensgegenstandes lag. Eine Sonderstellung nahmen lediglich die Kauf- leute ein, die auf Grund der Bilanz ihr gesamtes Einkommen zu versteuern hatten. Bei ihnen kam die Unterscheidung ob „ Kapitalzuwachs " oder „Ein- kommen" nicht in Frage, weil jeder Gewinn, einerlei ob durch Spekulation entstanden oder nicht, in der Bilanz seinen Niederschlag fand. Zur Gleich- stellung aller Steuerpflichtigen schlug der Ausschuss deshalb vor, sich dem Bremer und Lübecker Gesetz anzuschliessen und alle Veräusserungsgewinner ohne Rücksicht auf ihre Entstehung zu besteuern. Diesen Vorschlägen erteilten Senat und Bürgerschaft ihre Zustimmung. Eine weitere Aenderung durch das^ Gesetz vom 2. Februar 1903 betraf die Abzugsfähigkeit der Veräusserungs- v er lust e. Bisher konnten solche Verluste - die analog natürlich auch auf gewerbs- oder spekulationsmässige Absicht zurückzuführen sein mussten - nur dann abgezogen werden, wenn ihnen ein aus derselben Absicht entstan- dener Veräusserungsgewinn gegenüberstand. Dies änderte sich im Jahre 1903. Seit dieser Zeit konnten grundsätzlich die auf die Erwerbung einer ein- zelnen Einnahme gemachten Verwendungen nicht wie bisher nur von dieser Einnahme, sondern vom Gesamteinkommen in Abzug gebracht werden. Nur an die Abzugsfähigkeit von Veräusserungsverlusten war die Bedingung geknüpft, dass sie in der in Hamburg in einer Summe abzugebenden Steuererklärung^ gesondert aufgeführt werden mussten. Die Bestimmung wird verständlich,.

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320 Pe*ers'

wenn man sich vergegenwärtigt, dass die durch Veräusserung von Gebrauchs- gegenständen entstandenen Verluste 'nicht zu den abzugsfähigen Veräusse- rungsverlusten im Sinne des Gesetzes gezählt werden sollten. Der Senat führte in seiner Mitteilung vom 21. November 1902 (Mitt. d. Sen. a. d. Bgschft. 1902 Nr, 192) aus, dass die zum Zwecke des eigenen Gebrauchs (nicht zum Zwecke der Weiterveräusserung) angeschafften und benützten Gebrauchsgegenstände, auch soweit sie nicht zu den verbrauchten Sachen im engeren Sinne gehören, durch den Gebrauch und die naturgemäss damit verbundene Abnützung ent- wertet werden. Der im Falle eines Verkaufs erzielte Mindererlös stellt sich hier also nicht als Konjunkturverlust dar, sondern ist lediglich eine Folge -davon, dass der Gegenstand durch den Gebrauch minderwertig geworden ist. Ein Abzug dieses Minderwerts von dem Einkommen würde um so weniger, ge- rechtfertigt sein, als demselben die dem Steuerpflichtigen zu gute gekommenen Gebrauchsvorteile gegenüberstehen. Als Gebrauchsgegenstand sollten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle beweglichen Sachen verstanden werden, die infolge ihres Gebrauchs einer Abnutzung unterliegen und die nach der im Verkehr herrschenden Auffassung als gebrauchte Sachen nicht mehr den Wert haben, den sie als neue Sachen besessen hatten, wie z. B. Kleidungsstücke, Wäsche, Möbel und überhaupt Hausrat im weitesten Sinne, ebenfalls nicht Wagen, Pferde oder sonstige Luxusgegenstände. Es blieben also - abgesehen von Grundstücken - nur solche Sachen übrig, die für den Verkehr auch als Gegenstände eigentlicher Spekulationsgeschäfte in Betracht kommen und welche auch dann, wenn sie in spekulativer Absicht erworben, die Eigenschaft eines Spekulationsobjekts und die Verwertbarkeit eines solchen nicht dadurch ein- büssen, dass sie während der Besitzzeit des Steuerpflichtigen von diesem für seine eigenen Zwecke benützt worden sind. Um nun die Berechtigung der Abzugsfähigkeit durch die Steuerdeputation nachprüfen zu können, ist die bereits erwähnte Bestimmung in das Gesetz aufgenommen worden, dass Ver- äusserungsverluste in der Steuererklärung besonders aufgeführt werden müssen. Die seinerzeit geäusserte Befürchtung, dass diese Vorschrift der erste Schritt zur Spezialisierung der Steuererklärung nach preussischem Muster sei, muss als unberechtigt zurückgewiesen werden.

Eine wesentliche Einschränkung erfuhr das Gesetz durch die Novelle vom 12. Oktober 1908 - eine Folge des am gleichen Tage erlassenen hamburgischen Wertzuwachssteuergesetzes1) - . die bestimmte, dass die Einkommensteuer nicht erhoben werden soll von dem Einkommen, welches nach Massgabe des Wertzuwachssteuergesetzes vom 12. Oktober 1908 einer Wertzuwachssteuer unterliegt. Wie vorstehend geschildert, wurde der durch Veräusserung eines Grundstücks erzielte Gewinn, d. h. also der zwischen Anschaffung und Veräusserung erzielte Wertzuwachs, von der Ein- kommensteuer getroffen. Von dieser reinen Personalsteuer konnten nach dem Reichsgesetz wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870 grundsätzlich nur diejenigen Personen getroffen werden, die in Hamburg ihren Wohnsitz hatten, da nach wiederholten Entscheidungen des Reichsgerichts der durch Veräusserung eines Grundstücks, also durch ein Rechtsgeschäft ent- standene Gewinn nicht als Ertrag eines Grundstücks anzusehen ist. Das

i) Finanzarchiv Bd. 26, S. 413 f. 3?U

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 32 1

Besteuerungsrecht obliegt sonach dem Wohnsitzstaate. Da Preussen diese Gewinne aber nur dann besteuerte, wenn sie sich als gewerbsmässige oder spekulative darstellten, so lag bei der geographischen Lage Hamburgs die Versuchung nahe, dass die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz in eine angrenzende preussische Gemeinde verlegten, um der Besteuerung in Hamburg zu entgehen. In der Praxis sind denn auch zahlreiche Fälle vorgekommen, bei denen die Absicht klar zutage trat, dass die Verlegung des Wohnsitzes in einen preussi- schen Nachbarort lediglich aus dem Grunde erfolgt war, um sich auf diesem Wege der Versteuerung der Veräusserungsgewinne in Hamburg zu entziehen. Da derartige Gewinne in der Regel vielfach aber nur auf die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse, auf die Erschliessung neuer Terrains infolge der gewaltigen Ausdehnung der Stadt usw. zurückzuführen und deshalb ohne eigenes Zutun des Steuerpflichtigen entstanden waren, so erschien es durchaus gerecht, diese Gewinne unabhängig von dem Wohnsitz durch eine Real Steuer zu treffen. Die Besteuerung durch das Einkommensteuergesetz beschränkte sich also seit 1908, abgesehen von auswärtigen Grundstücks veräusserungen, lediglich auf die durch Veräusserung von Wertpapieren und anderen beweg- lichen Sachen erzielten Gewinne.

Das jetzige Gesetz vom 9. Januar 1914 hat die bis zum Jahre 1903 geltende Praxis über die Versteuerung der sog. Spekulationsgewinne wieder aufleben lassen, trotz der mancherlei Schwierigkeiten, die sie früher bereitet hat. Seit dem Bestehen des hamburgischen Wertzuwachssteuergesetzes liegen die Verhältnisse aber doch wesentlich anders, so dass die Feststellungen, ob Kapitalveränderungen als Einkommen anzusehen sind, an Bedeutung verloren haben. Bei Nichtkaufleuten kann es sich in der Hauptsache nur noch um Spekulationsgewinne von ausserhamburgischen Grundstücken handeln, da der Kaufmann sein gesamtes Einkommen nach der Bilanz zu versteuern hat. Diesem Ausfall steht aber für die Staatskasse der Vorteil gegenüber, dass in Hamburg bei aus nicht gewerbsmässiger oder spekulativer Absicht durch Veräusserung von Wertpapieren und sonstigen beweglichen Vermögen -entstehenden Verluste zukünftig auch nicht mehr vom Einkommen gekürzt werden dürfen. Wie der Ausschuss in seinem Berichte ausführt, bestände aber der dringende Verdacht, dass da, wo die Kontrollmöglichkeit fehlt, sehr viele Menschen sich in ihrer Steuererklärung der Verluste mit peinlicher Genauig- keit erinnerten, nicht aber der Gewinne. Veräusserungsverluste können, wie bisher, vom Gesamt einkommen gekürzt werden. Durch die geltende Bestim- mung hat Hamburg sich den Vorschriften der meisten anderen Bundesstaaten angeschlossen. Mit Rücksicht auf das Wehrbeitrags- und Besitzsteuergesetz wird Hamburg in diesem Punkte nicht ungünstiger gestellt sein wie die übrigen Bundesstaaten.

Dem Niessbrauch oder Nutzungsrecht an einem Vermögensgegenstande ist entsprechend einem Urteile des hanseatischen Oberlandesgerichts das Forderungsrecht auf Auskehrung der Erträge gleichgestellt worden <§ 8 Abs. 2).

4. Zulässige Abzüge. Vom Gesamtbetrage der Einkünfte dürfen vom Steuerpflichtigen

nicht nur die gesetzlichen, sondern auch die nach Vertrag für sich oder einen Finaiizarchiv. XXXII. Jahrg. 321 21

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322 Peters,

nicht selbständig veranlagten Haushaltungsangehörigen zu leistenden Beiträge- für eine Kranken-, Unfall-, Alters- oder Invalidenversicherung, für eine Pensions- berechtigung oder Hinterbliebenenversorgung abgezogen werden. Die Erweite- rung der zulässigen Abzüge auch auf Beiträge, die auf Grund Vertrages ent- richtet werden, ist darauf zurückzuführen, dass viele kleine Gewerbetreibende, die sich wirtschaftlich vielfach nicht besser stehen als die der Angestellten- versicherung unterliegenden Personen, diesen steuerlich gleichgestellt werden sollten. Auch Lebensversicherungs p r ä m i e n , die der Steuerpflichtige für sich oder einen nicht selbständig zu veranlagenden Haushaltungsangehörigen zahlt, sind ebenso wie die vorstehend genannten Beiträge abzugsfähig, aber nur soweit sie den Betrag von 600 M. jährlich nicht übersteigen oder nicht aus einem bis 10,000 M. betragenden Einkommen entrichtet werden können. Im Entwurf war diese Grenze nur bis zu 5000 M. vorgesehen worden mit der Begründung, dass bei Personen mit einem hierüber hinausgehenden Einkommen ein gesetzlicher Versicherungszwang nicht besteht und ausserdem die Personen mit kleinerem oder mittlerem Einkommen, für die eine Abzugsfähigkeit von freiwilligen Versicherungsbeiträgen vornehmlich in Betracht kommt, in Ham- burg sowieso hinsichtlich der Besteuerung wesentlich günstiger gestellt sind als in anderen Bundesstaaten. Den Abzug ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens in jedem Falle zu gestatten, wie es nach den Vorschriften vieler Bundesstaaten zulässig ist, konnte nicht befürwortet werden, weil hierdurch Mindereinnahmen entstanden wären, die wieder anderweitig hätten gedeckt werden müssen. Im übrigen herrschte die Ansicht vor, dass bei dem Wohl- habenden die Versicherung nicht so sehr die Rolle eines Notgroschens, wie vielmehr die einer Kapitalanlage spielt. Da es sehr schwierig war, hier eine Grenze zu ziehen, hat man im Ausschuss die überwiegende Meinung gelten lassen, dass Einkommen bis zu 10,000 M. in der Regel noch der Schonung* bedürfen. Der Versicherte ist jedenfalls dem NichtVersicherten gegenüber insofern steuerlich bevorzugt, als jener die Prämien, wenn auch, wie angeführt, in einer gewissen Begrenzung abziehen darf, während dieser, der zur Erreichung des nämlichen Zweckes jährlich eine gewisse Summe zur Sparkasse bringt, nicht nur nicht diese Rücklage abziehen darf, sondern sogar noch die Zinsen versteuern muss. Man will aber nichtsdestoweniger dem freiwillig Versicherten das gleiche Recht einräumen, welches die zwangsweise Versicherten schon vorher besassen. Ausdrücklich bemerkt sei, dass bei einem Einkommen von 10,200, 10,400, 10,500 M. mit Rücksicht auf die Grenze von 10,000 M. immer noch Beträge von 400, 200 und 100 M. abgezogen werden können1),

*) Lebensversicherungsprämien sind abzugsfähig : bis 300 M. jährlich in Oldenburg und Schwarzburg-Sondershausen; „ 400 „ „ „ Hessen, Anhalt, Bayern nur, sofern das Einkommen nach Abzug^

der Schuldenzinsen den Betrag von 10,000 M. nicht übersteigt; „ 600 „ „ „ Preussen, Braunschweig, Lübeck;

ohne Rücksicht auf die Höhe , insoweit die Prämien zu den geschäftlichen Unkosten zu rechnen sind:

in Sachsen und Sachsen-Meiningen; in England können Lebensversicherungsprämien gekürzt werden, sofern sie %

des Einkommens nicht übersteigen; in O est err eich bis zu 200 K, wenn der Steuerpflichtige allein versichert ist

bis 400 K, wenn auch der Ehegatte und die Familie versichert sind. 322

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 323

Den Gegenstand lebhaftester Erörterungen bildete ein Antrag betreffend die Abzugsfähigkeit des von einem Gesellschafter einer Gesellschaft mit be- schränkter Haftung bezogenen Gewinnes, wenn die Gesellschaft ihren Sitz in Hamburg hat. Dieser Antrag wurde nach sorgfältiger Beratung abgelehnt. Man hegte die Befürchtung, dass wenn in dieser Weise den Gesellschaftern einer Gesellschaft m. b. H. Erleichterungen gewährt werden, die Aktionäre einer Aktiengesellschaft mit Recht das gleiche für sich beanspruchen könnten. Der durch Freilassung der Gesellschafter mit dem aus der Gesellschaft m. b. H. bezogenen Gewinn entstehenden Steuerausfall würde in Hamburg nach roher Schätzung wahrscheinlich mehr als eine halbe Million betragen. Es tauchten eine Reihe von Fragen auf, unter anderen: wie verhält sich die Gesellschaft m. b. H. zur Aktiengesellschaft? Ist es begründet, die Gesellschaft m. b. H. in gleicher Weise zu besteuern? Hat der Handel ein Interesse an der Entwick- lung der Gesellschaften m. b. H. ? Hat die bisherige Besteuerung in Hamburg auf Neugründungen nachteilig gewirkt? Bei dem Widerstreit der Meinungen hat man sich dann schließlich einer Aeusserung der Handelskammer ange- schlossen, die wohl die aus den geltenden Vorschriften entstehenden Unbillig- keiten und Härten anerkannte, aber trotzdem der Meinung war, dass die schwierige Neuregelung dieses Stoffes wegen der unerwünschten und in ihren Folgen kaum zu übersehenden Einwirkung auf die Staatsfinanzen bei der jetzigen Revision des Einkommensteuergesetzes unterbleiben sollte.

5. Unzulässige Abzüge. Es dürfen nicht abgezogen werden die zur Bestreitung des Haushalts des

Steuerpflichtigen, sowie die sonstigen für nützliche Zwecke gemachten Auf- wendungen. Durch das geltende Gesetz ist hinzugefügt worden, dass hierzu auch die für Erziehung, Bedienung, Heilung, Kur oder Pflege verwandten Beträge zu rechnen sind. Lediglich zur Vermeidung von Zweifeln und Missverständnissen ist ferner bestimmt worden, dass Verwendungen zur Geschäft ser weite rung, zu Kapitalanlagen und zur Schulden- tilgung entsprechend dem bisherigen Recht nicht abgezogen werden dürfen. (Eine derartige Bestimmung enthielt das bisherige Gesetz nur für juristische Personen im Anhang zu § 6 Ziff. 18.) Klargestellt ist ferner, dass Abzüge von Steuern und Abgaben unzulässig sind, sofern sie nicht als Geschäftsunkosten anzusehen oder vom Grund- oder Gebäudebesitz zn entrichten sind.

b) Besondere Grundsätze. 1. Einkommen aus Kapitalvermögen.

Hinzugefügt sind worden Darlehen und Sparkassenguthaben, da die Versteuerung der Zinsen aus diesen Kapitalanlagen besonders häufig unterlassen wird. Ist Kapital mit der Beredung ausgeliehen, dass bei der Rückzahlung ein grösserer als der ausgeliehene Kapitalbetrag zu zahlen ist, so sollte nach dem Entwurf der Unterschied zwischen dem hingegebenen und erstatteten Kapitalbetrage als Einkommen gelten. Diese Bestimmung hat der Ausschuss gestrichen , weil sie , als selbstverständlich , bei gewöhnlichen Dar- lehensgeschäften überflüssig sei. Anders läge es jedoch bei Kurssteigerungen von Wertpapieren, da der Veräusserer dann den Unterschied zwischen dem

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324 Peters>

Erlös und dem Emissionskurs als einen Teil seines Einkommens zu versteuern hätte. Bei den von Hand zu Hand gehenden Wertpapieren könne der einzelne als Einkommen aus seinem Kapitalvermögen höchstens die Differenz zwischen dem Anschaffungs- und dem Veräusserungspreise betrachten, die aber nur bei Spekulationsgeschäften versteuert werde Wer ein Wertpapier zu einem gerade gültigen Kurse erwerbe und es bei Gelegenheit wieder veräussere, stände zu dem Emissionskurse in gar keiner Beziehung. Sollte er die seinen Rechts- vorgängern zugute gekommene Wertsteigerung des Papiers versteuern, so stehe er sich noch viel ungünstiger als nach dem bisherigen Gesetz die Erben, die einen in der Familie vererbten Gegenstand mit Gewinn veräusserten, wobei Erblasser und Erbe zur Not noch als eine fortgesetzte wirtschaftliche Persön- lichkeit angesehen werden könnten.

Nach bisherigem Recht hatten die Erben bei Uebernahme der Erbschaft die Werterhöhungen einzelner Vermögensgegenstände als Einkommen zu ver- steuern. Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit den nur noch begrenzt steuerpflichtigen Veräusserungsgewinnen aufgehoben worden. Die Vorschrift des Gesetzes vom 2. Februar 1903 lautete im Anhang zu § 6 Abs. 10:

Als Einkommen ist zu versteuern: „Der durch ein einzelnes gewinnbringendes Geschäft erzielte Gewinn,

sowie derjenige durch ein Veräusserungsgeschäft in Geld oder in einen sonstigen Vermögenswert umgesetzte Gewinn, welcher die Folge einer seit der Anschaffung eingetretenen Werterhöhung des veräusserten Gegenstandes ist. ... Es begründet keinen Unterschied, ob die Anschaffung durch den Steuerpflichtigen selbst oder durch eine Person, deren Erbe oder Erbeserbe oder sonstiger Gesamtnachfolger der Steuerpflichtige gewesen ist; doch liegt im Falle einer Auseinandersetzung unter Miterben oder anderen Teil- habern einer Gemeinschaft in der Uebernahme einzelner zu dem gemein- schaftlichen Vermögen gehöriger Gegenstände durch einen der Teilhaber eine Veräusserung seitens der Gesamtheit der Teilhaber an den Ueber- nehmer, und zwar zu demjenigen Preise, welcher dem Uebernehmer als Wert des übernommenen Gegenstandes auf seinen Anteil angerechnet wird oder in Ermangelung einer solchen Anrechnung dem durch Schätzung zu ermittelnden Werte entspricht. Ist für einen Gegenstand ein Erwerbspreis nicht gezahlt oder ist ein gezahlter Erwerbspreis nicht mehr festzustellen» so gilt als solcher der nötigenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu er- mittelnde Verkaufswert, welchen der Gegenstand zur Zeit des Erwerbes besessen hat."

Dividenden, Zinsen und sonstige Gewinnanteile aus der Beteiligung an juristischen Personen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, sowie aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter ist entsprechend ständiger Praxis auch dann zu versteuern, wenn die Auszahlung nicht in bar, sondern durch Zuteilung von Genussscheinen, neuen Aktien oder ähnlichen Urkunden oder in der Form einer Erhöhung des Geschäftsanteils erfolgt. Eine weitere Aenderung hat der Ausschuss gestrichen. Es sollte nämlich als Gewinnanteil aus der Beteiligung an einer juristischen Person auch der Anteil am Liquidationserlös gelten, soweit er die Einlage übersteigt. Die Staatskasse wird durch die Streichung kaum etwas einbüssen,

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 191J. 325

da bei den allermeisten Liquidationen (nach Ansicht des Ausschusses bei fast 98°/o) kein Ueberschuss herauskommt. Hingewiesen wurde auf das Beispiel des Aktionärs, der bei der Liquidation allerdings einen den Nominalwert seiner Aktien übersteigenden Betrag erhält, trotzdem aber (natürlich) Verlust erleidet, da er die Aktien um einen weit höheren Preis gekauft hat. Sollte er aber wirklich bei der Liquidation einen grösseren Betrag ausgekehrt erhalten, als er für die Aktien bezahlt hat, hätte er lediglich den Unterschied zwischen dem Anschaffungspreis und Liquidationserlös, und zwar nicht als Einkommen aus Kapitalvermögen, sondern als Einkommen aus einzelnen gewinnbringenden Geschäften zu versteuern, und auch nur dann, wenn der Gewinn aus einem von dem Steuerpflichtigen zu S p eku lati o ns zwecken abgeschlossenen Geschäfte herrührt. Uebrigens wird der Liquidationserlös, soweit er die Gesamtsumme der Einlagen übersteigt, bei Auflösung der juristischen Person bereits von dieser versteuert (§12 Abs. 2).

Da von dem Steuerpflichtigen häufig übersehen wird, dass auch nicht abgehobene Zinsen, Renten oder Gewinnanteile als Einkommen zu gelten haben, ist im Gesetz (Anhang I) ein entsprechender Hinweis eingeschaltet worden.

2. Einkommen aus Grundvermögen. Als Einkommen aus Grundvermögen gelten die Erträge eines Grundstücks,

einerlei, ob der Bezugsberechtigte Eigentümer des Grundstücks ist, oder ob ihm ein Nutzungsrecht an dem Grundstück oder ein Forderungsrecht auf Aus- kehrung der Erträge zusteht. Nach dieser Bestimmung ist z. B. bei altham- burgischen Testamenten oder bei Familienstiftungen, deren Vermögen ham- burgische Grundstücke umfassen, jeder Empfangsberechtigte mit dem ihm zufliessenden Anteil aus dem Grundstücksertrag steuerpflichtig. Obgleich der Empfangsberechtigte der Verwaltung gegenüber nur ein Forderungsrecht auf Auskehrung der Erträge hat, bezieht er nach der neueren Rechtsprechung dennoch unmittelbar Einkünfte aus Grundvermögen.

Bisher durften abgezogen werden: „Die auf dem Grundstücke ruhenden Renten, sowie die Zinsen der auf

dem Grundstücke lastenden Hypotheken und Grundschulden. " Zur Vorbeugung von Zweifeln schränkte der Entwurf diese Bestimmung

ein, indem er als abzugsfähig aussei* den Zinsen nur die auf dem Grundstück ruhenden immerwährenden Renten zuliess , dagegen den Abzug von Annuitäten, die einem Grundstück in Gemässheit des Baupolizeigesetzes ') auf- erlegt sind, sowie von etwaigen Bahnrenten2) versagte. Im Ausschuss waren die Meinungen geteilt. Während ein Teil die Ansicht vertrat, dass die an die Stelle einer Kapitalschuld tretenden Amortisationsrenten das wirkliche Ein- kommen nicht minderten, vertrat ein anderer Teil die Ansicht, dass erst nach Zahlung der Hypothekzinsen und der (befristeten oder ewigen) Renten der Grundbesitz einen Reingewinn abwerfen könne. Selbst Altenteilsleistungen, also keine immerwährenden Lasten, verringerten den zu versteuernden Ertrag

!) Baupolizeigesetz vom 23. Juni 1882/30. Juni 1911 (Hamb. Gesetzsammlung 1882 I 28 Nr. 19) mit Aenderungen.

2) Gesetz über die Erhebung von Beitrügen für den Bau der Walddörferbnlin vom 23. Februar 1912 (Hamb. Gesetzsammlung 1912 I 35 Nr. 9).

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320 Peters,

eines Grundstücks. Man einigte sich auf die geltende Fassung. Danach sind abzugsfähig:

„die Zinsen der auf dem Grundstück lastenden Hypotheken und Grund- schulden, sowie andere aus dem Grundstücke zu entrichtende wiederkehrende Leistu n g en, soweit diese nicht zur Ab- tragung einer Kapitalschuld dienen."

Ausser der staatlichen kann auch die kommunale Grundsteuer künftig ab- gezogen werden.

Nach einem im Ausschuss eingebrachten Antrag sollte ferner für abzugs- fähig erklärt werden ein angemessener Betrag für Entwertung der Gebäude, eventuell eins vom Hundert des Feuerkassen- werts der Gebäude als Abnutzung. Das Recht , auf Grundstücke Abw Schreibungen vorzunehmen, besassen bisher nur Kaufleute, deren Bilanz auch die Grundstücke umfassen muss. Der Antrag wurde einmal aus fiskalischen Gründen abgelehnt, anderseits aber auch deshalb, weil Veränderungen des Gebäude- wie des Grundstückswerts schon bei der Veranlagung zur Wertzuwachssteuer ausreichend berücksichtigt werden. Von dem Ertrag der von dem Steuer- pflichtigen bewirtschafteten Grundstücke dürfen Lohn, Kostgeld und andere Beträge für die zur Bewirtschaftung des Grundstücks verwendeten Personen nur dann abgezogen werden, wenn sie auf Grund eines Dienstverhält- nisses gezahlt werden.

8. Einkommen aus Gewerbebetrieb. Die im Anhang zu § 6 Abs. 6 des bisherigen Gesetzes aufgeführten Be-

stimmungen über die Versteuerung des Gewinnes aus Handelsgewerben sind ihrer grundsätzlichen Bedeutung wegen in den eigentlichen Gesetzestext über- nommen worden (§ 10 Abs. 1). Um Zweifeln vorzubeugen, ist ersichtlich ge- macht worden, dass die Zinsen des im Geschäftsbetrieb angelegten eigenen Kapitals dem Gewinne hinzuzurechnen sind, wenn sie als Ausgabe ver- bucht sind.

Nach Abs. 71 des Anhanges gilt als Einkommen der im § 1 Abs. 5 auf- geführten juristischen Personen der aus der Bilanz sich ergebende Gewinn, auch soweit er in Form von Genussscheinzinsen, sei es in bar oder durch Zu- teilung von Genussscheinen oder in sonstiger Weise unter die Mitglieder oder Inhaber von Genussscheinen verteilt wird. Wie die Begründung zum Entwurf ausführt, kommt es vor, dass an die Aktionäre neben ihren Aktien noch Genuss- scheine ausgegeben werden, durch die ihnen ebenfalls eine Teilnahme am Reingewinn oder am Liquidationserlös eingeräumt wird. In anderen Fällen wird den Aktionären bei Einziehung ihrer Aktien durch Zuteilung von Genuss- scheinen noch ein beschränkter Anteil am Gewinn oder Liquidationserlös zu«- gestanden. Die an Inhaber solcher Genussscheine geleisteten Zahlungen sollen deshalb ebenso als aus dem eigentlichen Gewinn erzielt angesehen werden, wie die an die Aktionäre gezahlten Dividenden. Der als Genussscheinzinsen verteilte Gewinn der Gesellschaft muss daher auch zum steuerpflichtigen Ein- kommen der Gesellschaft gerechnet werden. Zur Klarstellung ist im neuen Gesetz ausdrücklich hervorgehoben worden, dass von dem aus der Bilanz sich ergebenden Gewinn der aus dem Vorjahr vorgetragene, in das zu versteuernde

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. Q27

Einkommen des Vorjahres eingerechnete Gewinnsaldo abgesetzt wird. Der am Schluss des Geschäftsjahres auf neue Rechnung vorgetragene Saldo ist also als Gewinn des Bilanzjahres und nicht als Gewinn des auf das Bilanzjahr folgenden Jahres zu versteuern. Die zur Zahlung von E i n k o m m e n- oder Vermögens- steuern verwandten Beträge sind dem Gewinn hinzuzurechnen.

4. Einkommen aus sonstiger Erwerbs- und Berufstätigkeit. Das altertümliche Wort „Emolumente" ist auf Antrag des Ausschusses

gestrichen worden. Als Einkommen aus sonstiger Erwerbs- und Berufstätigkeit gelten entsprechend ständiger Praxis auch Gratifikationen, die herkömmlich zu Weihnachten, Neujahr, bei Abschluss des Geschäftsjahres oder bei anderen wiederkehrenden Gelegenheiten in Anerkennung geleisteter Dienste gewährt -zu werden pflegen und die im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht als steuerfreie Schenkungen anzusehen sind (Anhang VII Abs. 2).

5. Einkommen aus wiederkehrenden Leistungen. Der auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltspflicht gewährte Unterhalt

brauchte von dem Unterhaltsberechtigten nicht versteuert zu werden. Diese allgemeine Bestimmung hat das geltende Gesetz eingeschränkt. Künftig hat der Unterhaltsberechtigte den ihm auf Grund einer gesetzlichen Unterhalts- pflicht gewährten Unterhalt zu versteuern, aber nur dann, wenn der Be- rechtigte in Hamburg einen selbständigen Haushalt führt und der Unterhalts- pflichtige im Deutschen Reiche weder einen Wohnsitz hat noch sich aufhält. Beide Punkte müssen zutreffen. Selbständiger Haushalt des Berechtigten in Hamburg und Fehlen eines Wohnsitzes oder Aufenthalts des Verpflichteten im Deutschen Reiche. Im anderen Falle bleibt es gegen früher unverändert. Beim Fehlen einer dieser Voraussetzungen dürfen also die zur Erfüllung einer ge- setzlichen Unterhaltspflicht dienenden Geldrenten oder sonstigen Leistungen vom Verpflichteten nicht abgezogen werden und brauchen deshalb vom Be- rechtigten nicht versteuert zu werden (§ 8 Abs. 34, Abs. 42). Massgebend für diese Aenderung war der Umstand, dass zahlreiche in Hamburg lebende Familien von im Auslande sich aufhaltenden Kaufleuten oder anderen Per- sonen in Hamburg mit ihren Unterhaltsbezügen zur Steuer nicht herangezogen werden konnten. Es erschien berechtigt, solche Personen, die den Vorteil des Aufenthalts in Hamburg gemessen, auch zu den Steuern heranzuziehen. Gleich- zeitig- sollte jedoch vermieden werden, den im Auslande lebenden Deutschen, sowie auch Ausländern, deren Kinder vielfach der Erziehung oder Ausbildung wegen nach Hamburg geschickt werden, Schwierigkeiten zu bereiten. Die Besteuerung der Unterhaltsbezüge tritt nicht ein, wenn die zum Zwecke des Unterrichts oder Erziehung in Hamburg sich aufhaltenden Kinder eines Aus- landsdeutschen oder eines Ausländers in einer Familie oder Pension in Ham- burg untergebracht sind.

*6. Einkommen aus einzelnen gewinnbringenden Geschäften. Als Einkommen aus einzelnen gewinnbringenden Geschäften gilt auch

jede Entschädigung, die als Ersatz für entgehende Einnahmen gewährt wird. Desgleichen - wie bereits erörtert (s. S. 8 ff.) - jeder Gewinn aus einem von

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dem Steuerpflichtigen zu Spekulationszwecken abgeschlossenen Geschäft. Ein in dem für die Einkommenberechnung massgebenden Zeitraum durch solche Spekulationsgeschäfte erlittener Verlust kann von dem Gesamteinkommen nur dann abgezogen werden, wenn er - entsprechend bisherigem Recht - in der Steuererklärung besonders aufgeführt ist.

Im engen Zusammenhang mit den geltenden Vorschriften über die Ver- Steuerung der Veräusserungsgewinne steht die - abweichend vom bisherigen Recht - im Anhang VIII Abs. 1 aufgeführte Bestimmung über Lotterie- und Prämiengewinne. Diese Gewinne sollen künftig nicht mehr als Ein- kommen, sondern entsprechend den steuergesetzlichen Vorschriften in anderen Bundesstaaten als Vermögenszuwachs angesehen werden, sie gehören somit also- nicht mehr zu dem der Einkommensteuer unterliegenden Einkommen.

II. Berechnung des zu versteuernden Einkommens,

a) Allgemeines. In Hamburg gilt das Prinzip, dass in der Regel das Einkommen des

Vorjahres der Berechnung des Einkommens im Steuerjahre zugrunde zu legen ist. Die Erschliessung einer neuen Einnahmenquelle im Steuerjahrer wie anderseits der Fortfall einer im Vorjahr noch vorhanden gewesenen Ein- nahmequelle bleiben unberücksichtigt. Nach den Motiven zum Gesetz vom 2. Februar 1903 (Mitt. d. Sen. a. d. Bürgersch. 1901 Nr. 100 S. 26) ist dies* Berechnungsart so aufzufassen, wie wenn das Einkommen des Vorjahres, ohne- Rücksicht auf eine spätere Aenderung in den Einkommenverhältnissen, den Gegenstand der Besteuerung bildete, die darauf zu erhebende Steuer aber erst in dem auf den Bezug des Einkommens folgenden Jahre fällig würde.

Besondere Bestimmungen kennt das Gesetz für die Berechnung des zu versteuernden Einkommens von neu in die Steuerpflicht eintretenden Personen,. Die Gesetze vom 26. März 1866. 9. Januar 1871, 7. März 1881 und 22. Fe- bruar 1895 bestimmten im § 5 Abs. 2:

„Personen, welche erst im Laufe des der Steuerausschreibung vorher- gegangenen Jahres in die Steuerpflicht eingetreten sind, zahlen die Steuer nach Massgabe des in dem bezüglichen Teile des voraufgegangenen Jahres erzielten Einkommens."

Hinzugefügt wurde in den Gesetzen vom 7. März 1881 und 22. Februar 1895 im § 5 Abs. 3:

„Wer erst im Laufe des Jahres, für welches die Steuer ausgeschrieben, wird, in die Steuerpflicht eintritt, hat für den bezüglichen Teil des Jahres die Steuer nach Massgabe seiner laufenden Einnahmen zu entrichten."

Diese an sich nicht ganz klare Fassung hatte seinerzeit zu Prozessen über die Auslegung und Tragweite dieser Vorschriften Veranlassung gegeben. Ohne an dem bisherigen Grundsatz etwas ändern zu wollen, hatte deshalb das Einkommensteuergesetz vom 2. Februar 1903 im § 7 Abs. 2 eine korrektere Fassung vorgesehen:

„Das Jahreseinkommen von Personen, welche erst im Laufe des letzten Kalenderjahres steuerpflichtig geworden sind, wird nach Verhältnis des in dem betreffenden Teile des Jahres bezogenen Einkommens berechnet, Per-

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sonen. welche erst mit Beginn des Steuerjahres steuerpflichtig werden,, haben die Steuer nach Massgabe ihrer laufenden, nötigenfalls mit dem mutmasslichen Jahresertrage in Ansatz zu bringenden Einnahmen zu ent- richten. Personen, welche erst im Laufe des Steuerjahres steuerpflichtig werden, haben für den Rest des Jahres einen entsprechenden Teil der Steuer unter Zugrundelegung eines nach Verhältnis der laufenden Ein- nahmen zu ermittelnden Jahreseinkommens zu entrichten."

Ein Steuerpflichtiger, der also z. B. mit dem 1. Oktober des Vorjahres steuer- pflichtig wurde und bis Ende des Jahres ein Einkommen von 2000 M. erzielte, hatte für das Vorjahr und für das laufende Steuerjahr ein Einkommen von? 12,000 zu versteuern, wovon für das Vorjahr die Steuer allerdings nur für die Monate Oktober bis Dezember erhoben wurde. Der Grundgedanke war der., dass ein Steuerpflichtiger, der während des ganzen Vorjahres noch nicht der hamburgischen Steuerhoheit unterworfen gewesen war, das unter anderen wirtschaftlichen Verhältnissen und unter der Herrschaft eines anderen Steuer- gesetzes bezogene Einkommen bei der Berechnung der hamburgischen Ein- kommensteuer unberücksichtigt lassen sollte. Da sich aber bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens von neu in die Steuerpflicht eintretenden Personen Unbilligkeiten und Härten herausstellten, hat das geltende Gesetz, versucht, diese auszuschalten. Nach den Vorschriften des Gesetzes vom 2. Fe- bruar 1903 war es unvermeidlich, dass einzelne aussergewöhnliche Einnahmen, die während der Zeit vom Zuzugstage bis Ende des Jahres erzielt worden waren , bei der Umrechnung auf ein Jahreseinkommen mit berücksichtigt werden mussten. Das auf diese Weise berechnete Einkommen stand natürlich in keinem Verhältnis zu der tatsächlich erzielten Jahreseinnahme. Die Be- steuerung nach der Leistungsfähigkeit erhielt dadurch eine falsche Grundlage- Dieses Verfahren musste zu um so grösseren Härten führen, je später im Jahr der Zuzug erfolgt war. Auf der negativen Seite führte die Vorschrift dahinr dass Personen, die während eines ganzen Jahres sonst ein Einkommen voi* steuerpflichtiger Höhe erzielten, ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend über- haupt nicht oder nicht hoch genug zur Steuer herangezogen werden konnten. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Ein am 30. November zugezogener Architekt erzielt durch ein einzelnes gewinnbringendes Geschäft ein Einkommen* yon 2000 M. Auf das Jahr umgerechnet, wären also im Zuzugsjahr für eine» Monat und im darauffolgenden Jahr für zwölf Monate 24,000 M. zu versteuern,, ein Einkommen, das zu dem durchschnittlichen Jahreseinkommen des Be- treffenden in keinem Verhältnis steht. Ein Privatier zieht nach Fälligkeit seiner Revenuen und Zinsen in Hamburg zu. Bis Ende des Jahres hat er keine- weiteren Einnahmen. Die Umrechnung auf ein Jahreseinkommen ergibt + 0. Der Genannte ist somit steuerfrei. Ein Handwerker, der gegen Ende des Jahres- zuzieht, kann bis Ende keinen oder nur geringen Verdienst erzielen infolge der Witterungsverhältnisse, Streiks usw. Sein gesamtes durchschnittliches Jahreseinkommen erreicht aber sehr wohl die steuerpflichtige Höhe. Trotzdem bleibt er, da die Umrechnung auf ein Jahreseinkommen diese Höhe nicht erreicht, sowohl im Zuzugs- als auch im darauffolgenden Jahre steuerfrei. Nach einer Entscheidung des hanseatischen Oberlandesgerichts bildete der in Ansatz gebrachte mutmassliche Jahresertrag von vornherein die endgültige

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■Grundlage für die Steuerberechnung im Steuerjahre, so dass, wenn später die tatsächlichen Einnahmen den mutmasslichen Ertrag übersteigen, eine Nach- veranlagung nicht erfolgen kann, wie anderseits im umgekehrten Falle, wenn •die tatsächlichen Einnahmen hinter dem mutmasslichen Ertrage zurückbleiben, ■der Steueransatz nicht ermässigt wird. Diese Berechnungsart, die auf der «einen Seite zu einer ungerechtfertigten Steuerersparnis, auf der anderen Seite zu unbilligen Härten führt, hat das geltende Gesetz im § 9 Abs. 2 beseitigt. Danach werden neu in die Steuerpflicht eintretende Personen künftig vom Beginn der Besteuerung ab (§3) zunächst nach einem ihren laufenden regel- mässigen Einnahmen entsprechenden Jahreseinkommen veranlagt werden. Be- ruht diese Veranlagung auf Schätzung , so ist nach Ablauf des Steuerjahres -eine Berichtigung nach den im Vorjahre tatsächlich erzielten regelmässigen Einnahmen vorzunehmen. Die Berichtigung erfolgt am zweckmässigsten bei Abgabe der nächstjährigen Steuererklärung. Eine besondere Berücksichtigung haben die in das Zuzugsjahr nach Eintritt in die Steuerpflicht fallenden ausser- gewöhnlichen Einnahmen erfahren, die bisher zweimal, im Zuzugs- und im darauf folgenden Jahre, versteuert werden mussten. Derartige einmalige ausser- ¿rewöhnliche Einnahmen sollen nach dem neuen Gesetz im Zuzugsjahr ausser Betracht bleiben und sind lediglich in dem darauffolgenden Jahre dem übrigen im Vorjahre erzielten Gesamteinkommen hinzuzurechnen. In folgerichtiger Durchführung dieses Gedankens hätte das Gesetz eigentlich auch noch die Fälle einmaliger ausserge wohnlich er abzugsfähiger Verluste vorsehen sollen. Wenn ein Spekulant z. B. nach seinem Zuzüge Wertpapiere mit derartigen Verlusten veräussert, dass unter Gegenrechnung dieser Verluste das gesamte Jahreseinkommen die steuerpflichtige Höhe nicht erreicht, so hindern ihn die geltenden Vorschriften nicht, die Wohltat der Steuerfreiheit zweimal, im Zuzugs- und im folgenden Jahre, zu gemessen.

Wenn Personen, die bisher nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 in Hamburg nur be- schränkt steuerpflichtig waren, gemäss § 1 Abs. 1 Nr. 5 mit ihrem Gesamt- einkommen unbeschränkt steuerpflichtig werden, ist das künftig zu versteuernde Einkommen so zu berechnen, wie wenn sie neu in die Steuerpflicht eingetreten wären. In derartigen Fällen sollen die Steuerpflichtigen also nicht berechtigt .sein, auch noch nach dem Tage der Wohnsitzveränderung das im Vorjahre aus -einer einzelnen Einnahmequelle erzielte Einkommen der Berechnung zugrunde zu legen. Für den umgekehrten Fall des Uebertritts aus der unbeschränkten in -die beschränkte Steuerpflicht oder bei bestehender beschränkter Steuerpflicht die Aufgabe einer bisherigen und die Hinzu erwer bung einer neuen Einnahmequelle enthielt das Gesetz vom 2. Februar 1903 keine besonderen Bestimmungen. Diese Lücke hat das geltende Gesetz ausgefüllt. Bei Personen, die nach dem Aus- scheiden aus der unbeschränkten Steuerpflicht noch mit dem Einkommen aus ham- burgischen stehenden Gewerben, Grund- oder Gebäudebesitz beschränkt steuer- pflichtig bleiben, soll das hinfort zu versteuernde Einkommen so berechnet werden, wie wenn die Personen mit diesem Einkommen neu in die Steuer- pflicht eingetreten wären. Personen, die in Hamburg mit Einkommen aus .stehendem Gewerbebetrieb, Grund- oder Gebäudebesitz beschränkt steuerpflichtig sind, sollen, wenn sie zu ihren bisherigen Einnahmequellen dieser Art eine weitere hinzu erwerben, mit dem Einkommen aus dieser neu in die Steuer-

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pflicht eintreten und bei dem Fortfall einer von mehreren solcher Einnahme- quellen mit dem Einkommen aus dieser Quelle aus der Steuerpflicht ausscheiden. Der Entwurf begründet diese Berechnungsarten' damit, dass die beschränkte Steuerpflicht an sich mit dem Erwerb der Einkommenquelle beginnen und mit dem Fortfall der Quelle enden muss, dass sie also gewissermassen realer Natur ist.

b) Einkommen aus kaufmännischen Geschäften.

Steuerpflichtige, die während des der Veranlagung vorangegangenen Jahres Inhaber oder Mitinhaber von kaufmännischen Geschäften waren, für die gesetzlich die Führung von Handelsbüchern vorgeschrieben ist, haben an Stelle des im letzten Kalenderjahre erzielten Einkommens das durchschnittliche Jahreseinkommen der letzten drei bei Beginn des Steuerjahres abgelaufenen Geschäftsjahre zu versteuern. Besteht das Geschäft noch nicht so lange, so ist das nach dem Durchschnitt des Zeitraums des Bestehens zu berechnende Jahreseinkommen der Veranlagung zugrunde zu legen. Das geltende Gesetz weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Vorschrift nur für Inhaber von solchen kaufmännischen Geschäften gelten soll , deren Erträge nach Massgabe des Gesetzes in Hamburg zu versteuern sind. Auswärtige Kaufleute, die in Hamburg nur mit Einkommen aus Grund- oder Gebäudebesitz beschränkt .steuerpflichtig sind, haben nicht das Recht, nach 3jährigem Durchschnitt zu steuern (s. a. § 6 Abs. 4). Entsprechend einer Entscheidung des hanseatischen Oberlandesgerichts schreibt das Gesetz im § 10 Abs. 2 ferner vor, dass die Teil- haber einer offenen Handelsgesellschaft ebenso, wie dies für den Einzelkauf- mann vorgeschrieben ist, ihr gesamtes nach Massgabe des Gesetzes zu ver- steuerndes, also auch das nicht aus der Beteiligung an der Gesellschaft her- rührende Einkommen nach 3 jährigem Durchschnitt zu versteuern haben. Hin- .sichtlich der Buchführung sind sie verpflichtet, auch über ihr nicht in die Gesellschaft eingebrachtes Vermögen nach den Vorschriften des Handelsgesetz- buches entsprechende Bücher zu führen und Bilanzen aufzustellen. Die auch im bisherigen Gesetz enthaltene Vorschrift, dass bei der Durchschnitts- berechnung der Verlust eines Jahres von dem Ueberschusse anderer Jahre nicht abgezogen werden darf, hat im Ausschuss zu Erörterungen geführt, ob diese Berechnungsart nicht entsprechend den Vorschriften des preussischen Einkommensteuergesetzes, das die Gegenrechnung von Verlusten gestattet, ge- ändert werden sollte. Die Ablehnung eines diesbezüglichen Antrages wurde damit begründet, dass Preussen einmal die Durchschnittsbesteuerung nur vom gewerblichen und nicht vom gesamten Einkommen gestatte und anderseits auch nicht die nach hamburgischem Gesetz zulässigen Kreuz- und Quer- -abzüge zuliesse. Ausserdem sei zu berücksichtigen, dass derjenige, der als Nichtkaufmann einen Verlust erlitte, den verlorenen Betrag im nächsten Jahre auch nicht von seinem Einkommen kürzen dürfe. Uebrigens würde durch eine derartige Aenderung auch ein recht erheblicher Steuerausfall entstehen.

Wenn die Voraussetzungen für die Berechnung des Einkommens nach ^jährigem Durchschnitt nur für einen Teil des in Betracht kommenden Zeit- raums bestanden haben, ist nur der auf diesen Zeitraum entfallende Teil des

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Einkommens nach den Bestimmungen des § 10 Abs. 1 zu berechnen. Für die Berechnung des in dem übrigen Zeitraum erzielten Einkommens gelten die für Nichtkaufleute im § 9 enthaltenen Vorschriften. Wie der Entwurf ausführt,, hat die Durchschnittsberechnung ihren Grund in dem Schwanken, dem das Einkommen des Inhabers eines kaufmännischen Geschäfts unterworfen ist. Deshalb soll die Berechnungsart auch nur auf die Zeit beschränkt sein, während welcher das kaufmännische Geschäft besteht. Hat also beispielsweise ein Steuerpflichtiger im Jahre 1912 bis zum 1. Mai als Angestellter ein monat- liches Gehalt von 500 M. bezogen und alsdann ein Geschäft begründet, das nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres am 30. April 1913 mit einem Gewinn von 9000 M. abschliesst, so sind im Jahre 1913 2000 M. + */z . 9000 = 8000 M. zu versteuern. Hat der Steuerpflichtige umgekehrt am 30. September 1913 ein kaufmännisches Geschäft, dessen drei letzte Geschäftsjahre

1. Oktober 1910 bis 30. September 1911 mit 10,000 M. 1. „ 1911 „ 30. „ 1912 „ 8,000 „ 1. „ 1912 „ 30. „ 1913 „ 6,000 „

abgeschlossen haben, aufgegeben und vom 1. Oktober als Angestellter ein monatliches Einkommen von 1000 M. verdient, so hat er im Jahre 1914

(3/4 von 10,000 + 8000 +

6000) + ^ = ^ M

zu versteuern. Entgegen langjähriger Praxis gilt nach kürzlich ergangenem Urteil de*

hanseatischen Oberlandesgerichts der Kommanditist im Sinne des § 10 nicht als Mitinhaber eines kaufmännischen Geschäfts. Der Kommanditist hat also das Einkommen des Vorjahres und nicht das Ergebnis des 3jährigen Durch- schnittes zu versteuern.

c) Tod der Steuerpflichtigen. Die Vorschriften über die Berechnung des zu versteuernden Einkommens

beim Tode eines Steuerpflichtigen sind durch das geltende Recht geändert worden. Zum besseren Verständnis möge kurz auf entsprechende frühere Be- stimmungen hingewiesen werden. Vor dem Inkrafttreten des B.G.B, wurden ungeteilte Nachlässe als selbständige Steuersubjekte behandelt. Die Einkommen- steuer wurde von Erbschaftsmassen so lange erhoben, bis das Kapital verteilt worden war und bis die Testamentsvollstrecker der Steuerdeputation die ver- teilten Beträge unter Angabe der Erben mitgeteilt hatten und die Erben für ihren Anteil besteuert werden konnten. Das B.G.B. , das eine mit eigener Persönlichkeit ausgestattete Nachlassmasse nicht kennt, veranlasste hierin eine Aenderung. Das Gesetz vom 2. Februar 1903 bestimmte im § 10, dass die Erbschaftserträge, einerlei, ob sie verteilt waren oder nicht, von den Erben versteuert werden mussten. Der Zweck dieser Vorschrift war, Ersatz für den durch Aufhebung der Besteuerung von ungeteilten Nachlässen eintretenden Steuerausfall zu schaffen. Die Verpflichtung zur Versteuerung der Erträge begann mit dem Anfall der Erbschaft. War die Steuer bis zum Ablauf des Todesjahres vom Erblasser bezahlt worden, so wurden die Erben bis Ende des-

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. ggg

Jahres für die Erträge nicht besteuert, sie konnten aber die vom Erblasser über seinen Todestag hinaus entrichtete Steuer auch nicht zurückfordern. Die Erben oder Testamentsvollstrecker hatten ausserdem die Wahl, wenn der Ver- storbene die Steuer noch nicht für das volle Jahr entrichtet hatte, die Ver- steuerung der Erträge in gleicher Weise erfolgen zu lassen, wie wenn der Erblasser erst am Schlüsse des Jahres gestorben wäre.

Diese Bestimmungen hat das geltende Gesetz vereinfacht. Nach § 12 Abs. 2 wird von im Laufe des Steuerjahres verstorbenen Steuerpflichtigen die Steuer für das volle Jahr erhoben. Zur Begründung führt der Entwurf aus, dass durch diese Aenderung einmal grössere Veranlagungsarbeiten vermieden werden, anderseits aber der Grundsatz des § 9 Abs. 1, wonach das im Vorjahre erzielte Einkommen versteuert werden soll, ausnahmslos durchgeführt wird. Mit Rück- sicht auf die progressive Steigerung der Steuerskala werden sich die in Ham- burg subjektiv steuerpflichtigen Erben in der Regel bei der Besteuerung des Verstorbenen bis zum Ablauf des Todesjahres günstiger stehen, als wenn sie <lie Erträge anteilig ihrem Einkommen hinzurechnen und ihrerseits vom Todestage an versteuern. Ungünstiger gestellt sind auswärts wohnende Erben durch den Fortfall des bisherigen, wenn auch nur beschränkten Wahlrechts, da sie nach den Bestimmungen vieler anderer bundesstaatlicher Steuergesetze einmal die Erträge vom Tage des Erbschaftsanfalles ab in ihrem Wohnsitz- staate zu versteuern haben, und ausserdem, falls der Verstorbene die Steuer noch nicht voll bezahlt hat, ihnen die für den Verstorbenen noch zu ent- richtende Steuer als Nachlass Verbindlichkeit bei der Nachlassverteilung an- gerechnet wird. Ein Konflikt mit dem Doppelsteuergesetz liegt nicht vor, da es sich nicht um eine subjektive, sondern höchstens um eine objektive Doppel- besteuerung handeln kann. Umgekehrt werden bei Erbanfällen von aus- wärtigen Erblassern die in Hamburg wohnhaften Erben günstiger gestellt sein, da eine Veränderung ihrer Veranlagung durch den Erbanfall im Steuerjahre künftig nicht mehr erfolgt. Hat der Verstorbene die Steuer bis Ende des Todesjahres noch nicht bezahlt, so geht sie als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben über. Verringert sich das Einkommen durch den Tod des Steuer- pflichtigen um mehr als die Hälfte, so kann die Steuerdeputation gemäss § 11 auf Antrag für die Zeit vom Wegfall der Einnahmequelle eine Ermässigung der Steuer bis auf den dem verringerten Einkommen entsprechenden Betrag bewilligen.

Für den Fall der Auflösung einer der im § 1 Abs. 5 aufgeführten juristi- schen Personen sind abweichend vom bisherigen Recht im § 1.0 Abs. 2 besondere Bestimmungen getroffen worden. Bei diesen juristischen Personen ist dem Einkommen, das in dem mit der Beendigung der Liquidation ablaufenden Geschäftsjahre zu versteuern ist, der Betrag hinzuzurechnen, um den das zur Verteilung gelangende Vermögen die Gesamtsumme der Einlagen übersteigt, soweit von diesem Betrage nicht schon Einkommensteuer oder nach Massgabe des Weitzuwachssteuergesetzes vom 12. Oktober 1908 Wertzuwachssteuer erhoben worden ist. Bisher konnte in denjenigen Fällen, in denen sich bei der Liqui- dation ein die Einlagen und Schulden übersteigender Ueberschuss herausstellte, (ireser Liquidationsüberschuss in Ermangelung einer besonderen Vorschrift nicht besteuert werden. Im Gegensatz zu den Grundsätzen über die Berechnung des

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steuerpflichtigen Einkommens aus juristischen Personen hat man in den vor- stehenden Fällen davon abgesehen, den Liquidationsüberschuss nun auch zwei- mal zu besteuern, einmal in der Hand der Gesellschaft, zum andern Male in der Hand der Gesellschafter. Der Vorschlag des Entwurfs, der allerdings eine doppelte Besteuerung vorsah, ist auf Antrag des Ausschusses gestrichen worden (s. S. 15/16). Für die bis zur Beendigung der Liquidation nicht bezahlte Steuer haften die Liquidatoren als Gesamtschuldner.

d) Besteuerung von Ehegatten. Eine Aenderung gegen das bisherige Recht weisen auch die im § 18 ent-

haltenen Vorschriften über die Besteuerung von Ehegatten auf. Nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes vom 2. Februar 1903 wurde dem Einkommen des Ehemannes das Einkommen der Ehefrau hinzugerechnet. Diese Bestimmung galt, ebenso wie nach geltendem Recht, auch dann, wenn während des für die Einkommen- berechnung in Betracht kommenden Zeitraums die Ehe noch nicht bestanden hat. Verheiratete sich ein Steuerpflichtiger im Laufe des Steuerjahres, so fand, falls die Ehefrau im Vorjahre eigenes Einkommen gehabt hatte, für den Rest des Jahres eine Veränderung in der Veranlagung des Ehemannes statt. Die Ehefrau wurde dafür nur bis zum Zeitpunkt der Eheschliessung besteuert. Das geltende Gesetz bestimmt, class dem Einkommen des Ehemannes das Einkommen der Ehefrau hinzugerechnet wird für die Zeit vom Beginn des auf die Eheschliessung folgenden St eue rj ah res bis zum Ablauf des Jahres, in dem die Ehe aufgelöst wird. Dagegen scheidet die Ehe- frau erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Eheschliessung erfolgt, aus der Steuerpflicht aus, doch haftet sie für die Entrichtung der Steuer neben dem Ehemanne als Gesamtschuldner. Nach S 11 Abs. 3 des Gesetzes vom 2. Februar 1903 hatte die Ehefrau bei Auflösung der Ehe durch Scheidung oder Tod des Ehemannes die Erträge ihres Vermögens in gleicher Weise zu versteuern, wie wenn ihr dieses Vermögen bei Auflösung der Ehe als Erbschaft zugefallen wäre. Um diesen Grundgedanken in Einklang zu bringen mit den im § 12 des geltenden Gesetzes für den Todesfall des Steuerpflichtigen enthaltenen geänderten Vorschriften, bestimmt das Gesetz vom 9. Januar 1914 ferner, dass im Falle der Auflösung der Ehe die Frau vom Beginn des folgenden Jahres ab ihr Einkommen ebenso zu versteuern hat, wie wenn sie erst mit diesem Zeitpunkt steuerpflichtig geworden wäre. Die Ehefrau scheidet also mit dem Augenblick, von dem an ihr Einkommen für die Besteuerung dem ihres Mannes hinzugerechnet wird, aus der Steuerpflicht aus und tritt erst wieder in die Steuerpflicht ein mit Beginn des auf die Auflösung der Ehe folgenden Jahres. Das geltende Gesetz hat also den Zeitraum des Aufhörens als selb- ständiges Steuersubjekt ganz genau begrenzt. In ähnlicher Weise sollten nach den Motiven zum Gesetz vom 2. Februar 1903 (Verhandl. zw. Sen. u. Bürgersch. 1901 S. 344) die Frau mit Eingehung der Ehe aus der Steuerpflicht ausscheiden und bei Auflösung der Ehe neu in die Steuerpflicht eintreten. Da dieser Gedanke aber im Gesetz vom 2. Februar 1903 nicht besonders zum Ausdruck gebracht war, im Gegensatz zum geltenden Recht, so waren Reklamationen und Klagen die unausbleibliche Folge. - Der Auflösung der Ehe steht .eine dauernde Trennung der Ehegatten gleich. Nach den ursprünglichen He-

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Stimmungen des Gesetzes vom 2. Februar 1903 bestand die Verpflichtung zur Versteuerung des Einkommens der Ehefrau für den Ehemann so lange , bis auf Grund rechtskräftigen Urteils die eheliche Gemeinschaft aufgehoben war (§ 1575 B.G.B.). Nach der Abänderung des Gesetzes vom 15. Oktober 1909 (Amtsbl. 1909 Nr. 134) wurde jedoch bestimmt, dass diese Verpflichtung- schön dann aufhören sollte, wenn die Ehegatten dauernd getrennt lebten. Ist dem Ehemann ein Nutzungsrecht an dem Vermögen seiner Ehefrau auch nach der Trennung verblieben, so hat er diese Nutzungen selbstverständlich seinem Einkommen hinzuzurechnen, wie er anderseits nicht berechtigt sein soll, die seiner Ehefrau zum Unterhalt überwiesenen Beträge von seinem Ein- kommen zu kürzen. Die Abänderung verfolgte vielmehr den Zweck, Härten zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass die getrennt lebende Ehefrau ihren Unterhalt selbst verdient und der Ehemann verpflichtet war, trotzdem das Einkommen der Ehefrau zu versteuern. Scheidet während bestehender Ehe der Mann aus der Steuerpflicht aus, so hat die Ehefrau gemäss § 13 Abs. 2 ihr Einkommen, soweit es in Hamburg der Besteuerung unterliegt, vom Beginn des folgenden Monats ab zu versteuern.

III. Besteuerung der Ausländer. Abgesehen von redaktionellen Aenderungen entsprechen die im § 14 ent-

haltenen Vorschriften über die Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens von Ausländern gleichen Bestimmungen des bisherigen Gesetzes. Da aber der in Frage kommende § 12 des Einkommensteuergesetzes vom 2. Februar 1908 zuletzt durch die Novelle vom 15. Oktober 1909 materiell geändert worden istr sei der Vollständigkeit halber auch auf diese Aenderung kurz hingewiesen. Hamburg hat, wie die meisten anderen Bundesstaaten, den Versuch gemacht, wohlhabenden Ausländern, die nach Deutschland kommen, durch Gewährung eines zeitlich begrenzten Steuerprivilegs die Niederlassung in Hamburg zu erleichtern. Nicht Reichsangehörige, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. & in Hamburg steuerpflichtig geworden sind, haben das Recht, an Stelle- ihres Einkommens den Verbrauch zu versteuern. Als Einheitssatz *) der Steuer wird in letzterem Falle der höchste Satz berechnet, nämlich 1,20 v. H. Dieses Recht erlosch nach der ursprünglichen Fassung des bisherigen Gesetzes,, wenn der Aufenthalt in Hamburg 5 Jahre gedauert hatte. Eine Vergünsti- gung bedeutete diese Verbrauchsbesteuerung nur für diejenigen Ausländer, die über ein grosses Einkommen verfügen, so dass ihr Verbrauch weit hinter dem Einkommen zurückbleibt, infolge dieses Privilegs wurden aber solche Ausländer vielfach abgehalten, während des 5jährigen Zeitraums die Reichsangehörigkeit zu erwerben, zu dessen Verleihung sie aber aus irgend- welchen Gründen ein berechtigtes Interesse haben konnten. Die Begründung zur Novelle vom 15. Oktober 1909 bemerkte, dass die Steuergesetzgebung eines Bundesstaates nicht berufen sei, dem Erwerb der Reichsangehörigkeit Schwierig- keiten zu bereiten. Es kam auch häufiger vor, dass wohlhabende Ausländer neben der Hamburger Wohnung auch noch eine solche auf preussischem Ge- biet hatten. Da das Doppelsteuergesetz Ausländer nicht schützt, wurden diese

i) Es wurden erhoben: 1903, 1907/09 : 7 Einheiten; 1905/06: tf Einheiten, 1910/14 1 7*/2 Einheiten (s. § 6).

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Personen doppelt besteuert, aus welchem Grunde es vorkam, dass solche Aus- länder ganz aus Hamburg fortzogen. Aus dieser Veranlassung bestimmte deshalb die Novelle vom 15. Oktober 1909, dass Ausländern auch dann noch das Recht, an Stelle des Einkommens den Verbrauch versteuern zu dürfen, -verbleiben sollte, wenn sie während des 5jährigen Aufenthalts die Reichs- angehörigkeit erwürben. Das Wort „Aufenthalt" ist im geltenden Gesetz vom 9. Januar 1914 durch „ Steuerpflicht tf ersetzt worden. Ueber die Besteuerung •der Unterhaltsbezüge von Kindern, deren Eltern als Nichtdeutsche im Auslande leben, ist bereits oben das Nötige gesagt worden.

IV. Konsumvereine. Des Zusammenhangs wegen mag an dieser Stelle noch eine kurze Be-

trachtung über die in das geltende Gesetz unverändert übernommenen, durch die Novelle vom 30. Juni 1911 (Amtsbl. S. 397 Nr. 102) für die Konsumvereine «erlassenen besonderen Vorschriften eingeschaltet werden. Diese Novelle ver- dankt ihren Ursprung der im Jahre 1910 eingesetzten Senats- und Bürgerschafts- kommission für die Vermehrung der Staatseinnahmen l). Vorgeschlagen und angenommen nach erbitterten Kämpfen im Parlament, in Presse und Oeffent- lichkeit wurde der Antrag der gemischten Kommission, der Nummer 13 des Anhangs zu § 6 des Einkommensteuergesetzes vom 2. Februar 1913 folgenden Abs. 2 anzufügen:

„Bei Konsumvereinen (Vereinen zum gemeinschaftlichen Einkauf von Lebens- und Wirtschaftsbedürfnissen im grossen und Ablass im kleinen) gilt, sofern das nach den vorstehenden Bestimmungen berechnete Einkommen nicht höher ist, als Einkommen im Sinne dieses Gesetzes ein Betrag von acht vom Hundert des Erlöses, der in dem nach § 8 (§ 10 geltenden Ge- setzes) für die Steuerberechnung massgebenden Zeitraum für die abgelas- senen Waren erzielt ist, einschliesslich der auf den Kaufpreis gewährten Rabatte und Rückvergütungen."

'Zur Begründung dieses Antrags führte der Bericht aus (Mitt. d. Sen. a. d. Bgschft. 1911 Nr. 80), dass die Konsumvereine in Hamburg bisher ausser einem etwa verteilten Gewinne nur mit den Rücklagen, nicht aber mit den Rückvergütungen zur Einkommensteuer herangezogen werden konnten, da die Rückvergütungen nicht als Gewinnverteilung, sondern als eine teilweise Rückzahlung des Kauf- preises für die entnommenen Waren anzusehen seien. Die Konsumvereine, die

J) Die hamburgische Finanzreform 1910/12 hatte folgendes Ergebnis : 1. Zuschläge zur Reichs-Erbschaftssteuer. 2. Besteuerung der Konsumvereine. 3. Erhöhung des Stempels für Gesellschaf tsver träge über die Errichtung von Aktien-

gesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. 4. Erhöhung des Stempels für Unfall- und Haftpflichtversicherungen. 5. Erhöhung der hamburgischen Gerichtskosten. 6. Erhöhung der Baupolizeigebühren. 7. üeberweisung der Zinsen des Reservefonds der Feuerkasse. 8. Lustbarkeitssteuer. 9 a. Erhöhung der Kaigebühren. 9 b. Erhöhung des Tonnengeldes.

<S. a. Jahrbuch des öffentlichen Rechts 1912 : Die hamburgische Verwaltungsgesetzgebung in den Jahren 1910 und 1911 von Rat Seweloh, Hamburg.)

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. ggy

im Verhältnis zu dein Umfang ihres Geschäftsbetriebs und dem Masse der Inanspruchnahme von staatlichen Einrichtungen nur eine äusserst niedrige Steuer entrichten, sollten deshalb der Berechnung zur Einkommensteuer als Einkommen einen festen Bruchteil des Umsatzes zugrunde legen. Angenommen wurde ein Betrag von acht vom Hundert, da dieser dem ungefähren Rein- gewinn, der in Detail geschäf ten erzielt werde, entspräche. Auf diese Art würden die Konsumvereine in gleicher Weise zu den Lasten des Staates bei- tragen, wie die Inhaber gleichartiger Detailgeschäfte. Eine Unterdrückung der Konsumvereine sah der Ausschuss nicht in diesem Vorschlage, denn die Steuer würde nur einen geringen Aufschlag auf den Verkaufspreis der Waren be- dingen, falls sie auf die Mitglieder abgewälzt werden würde. Der Bericht hob ausdrücklich hervor, dass eine Unterdrückung der Konsumvereine durch steuer- liche Massregeln durchaus verwerflich sei. Es sei nicht Aufgabe des Staates, eine in der Entwicklung befindliche Wirtschaftsform lediglich deshalb zu hemmen, weil bisherige Formen des Warenumsatzes durch die neue Entwick- lung Schaden erlitten. In der Bürgerschaft waren die Meinungen sehr geteilt. Während insbesondere die am weitesten linksstehenden Parteien die Vorlage auf das entschiedenste ablehnten, traten die Vertreter des Detaillistenstandes für eine Erweiterung des Antrages ein, dahingehend, dass,

„sofern der aus Warenverkauf erzielte jährliche Bruttoerlös 1 Mill. M. nicht übersteigt, l°/o als Steuer 4 „ * , 2o/o „ 10 „ „ „ 3°/o „ 20 „ „ „ „ 4% „

und in allen übrigen Fällen 5°/° als Steuer erhoben werden solle". Da es sich nach dem Antrage nur um eine jährliche Einnahme von

150,000 M. handelte und diese Summe in gar keinem Verhältnis zu dem zu deckenden Fehlbetrage von 7 Mill, stand, hielten die Gegner die Vorlage für eine politische Massregel und versuchten sie als Ausnahmegesetz, Sondersteuer, Erdrosselungssteuer usw. zu kennzeichnen. In der Bürgerschaft wurde für den Antrag der Kommission im wesentlichen folgendes ausgeführt. Durch die Konsumvereine würde der Mittelstand ausgeschaltet werden. Da der Waren- umsatz hauptsächlich dem Kleinhandel entzogen werde, würden die gewerb- lichen Betriebe und damit gleichzeitig die Zahl der selbständigen Detaillisten immer kleiner, dagegen die Zahl der Angestellten und der unzufriedenen Elemente immer grosser werden. Die Arbeiterkonsumvereine seien politische Vereine , die die Sozialisierung der Gesellschaft vorbereiten wollten. Wenn diese Behauptung auch vielfach bestritten würde mit dem Hinweis, dass jeder- mann Mitglied ihrer Konsumvereine werden könne, so ergäbe sich doch aus dem ganzen Aufbau die Richtigkeit der bestrittenen Tatsache. An der Spitze dieser Vereine ständen bekannte Sozialdemokraten, in den Verkaufsstellen würde am 1. Mai gefeiert und eine Anzahl Behörden anderer Bundesstaaten verbiete ihren Beamten die Teilnahme an solchen Konsumvereinen, die dem Zentralverband deutscher Konsumvereine angehörten. Die durch die Konsum- vereine ausgeübte Konkurrenz sei auch keine gerechte. Den Arbeitern würde von ihrer Partei die Verpflichtung auferlegt, Mitglieder ihrer Konsumvereine zu werden. Kein Detaillist könne seine Kunden zwingen, bei ihm zu kaufen.

Finanzarchiv. XXXII. Jahrg. 337 22

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338 Peters'

Die Anstellung von politischen Agitatoren bewiese, class es sich um, eine indirekte Unterstützung politischer Vereine handle. Einzelne Konsumvereine hätten ihre durch Aussperrung arbeitslos gewordenen Mitglieder mit Geld unterstützt. Bei Auszahlung der Dividende würde ein Teil zurückbehalten und den Mitgliedern gutgeschrieben, bis 100 M. voll wären. Diese von den Konsum- vereinen als Notfond bezeichneten Ersparnisse stellten ge wisser m assen nichts anderes als einen Streikfond dar. Mit Hilfe dieses Fonds könnten im Falle der Not Waren bezogen werden. Als Notfall gelte aber auch Arbeitslosigkeit, Streik, Aussperrrung. Dieser Notfond bildete die Kriegskasse der Arbeitnehmer. Wenn die Konsumvereine ihre Einrichtungen u. a. auch deshalb als vorbildlich bezeichneten, da sie nur gegen Barzahlung verkauften, so sei dieses Argument nicht stichhaltig. Sie borgten genau wie die Detaillisten nur in etwas anderer Form, indem z. B. die ,, Produktion" aus einem sog. „Warenvor- schussfond" Gelder verliehe, wofür aber Waren entnommen werden müssten, Scharf kritisiert wurde auch der „Bildung sf ond", dessen Mittel nur zur Verbreitung von Propaganda, Konsumvereinsschriften und zur Vervollständi- gung der Bibliothek des Gewerkschaftshauses verwandt würden. Die Konsum- vereine bezahlten aber auch tatsächlich geringere Einkommensteuer als die Detaillisten. Die Geschäftsleute hätten der Berechnung ihres steuerpflichtigen Einkommens den Betrag zugrunde zu legen, der übrig bleibt, wenn vom Brutto- gewinn die Geschäftsunkosten, Miete, Gehälter usw. abgezogen würden. Das täten die Konsumvereine nicht, die nach Abzug der Unkosten, an die Mit- glieder nach Verhältnis der gekauften Waren Rückvergütungen verteilten und nur den dann noch verbleibenden geringen Rest als Einkommen versteuern. Der Vorschlag des Senats, den Konsumvereinen eine Steuer von 0,72% àes Umsatzes aufzuerlegen, könne den Geschäftsleuten nichts nützen. Die Konsum- vereine würden durch diese Massregel höchstens gezwungen werden, anstatt 5°/o nur 4Va°/o Dividende zu verteilen. Helfen könne nur eine progressive Umsatzsteuer.

Die Gegner der Vorlage sahen in der Besteuerung der Konsumvereine nach einem Einkommen von 8°/o des Umsatzes eine steuergesetzliche Unmög- lichkeit. Durch die Zugrundelegung eines fingierten, künstlich berechneten Einkommens müsste etwas versteuert werden , was gar nicht vorhanden sei. Die Dividende sei weder Einkommen der Konsumvereine noch ihrer Mitglieder, sondern nur eine Rückzahlung von zuviel bezahlten Warenpreisen, da sich die Spesen im voraus nicht so genau berechnen Hessen. Diese etwas zu hoch kalkulierten Verkaufspreise verfolgten ausserdem einen gewissen Sparzweck, da von der den einzelnen Mitgliedern zufallenden Rückvergütung ein Teil für Zeiten der Not zurückbehalten würde. Die Konsumvereine seien auch keine Erwerbsunternehmungen, sie wollen gar nicht verdienen. Ihr Zweck sei der, im grossen einzukaufen bzw. zu produzieren und im kleinen billig an die Mitglieder zu verkaufen. Durch die Besteuerung der Rückvergütungen kon- fisziere der Staat einen Teil der Ersparnisse der armen Leute. Durch den billigen Einkauf bei einem Konsumverein würde die Armenverwaltung ent- lastet. Die ärmeren Schichten, die darauf angewiesen seien, billig zu kaufen, könnten gar nicht anders, als Mitglieder eines Konsumvereins zu werden, weil ihnen sonst jede Möglichkeit zum Sparen fehlen würde. Die Rabatte seien

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nicht Gewinne, sondern Ersparnisse der Mitglieder, weil der Konsumverein sich für die Rückzahlung im voraus verpflichtet habe. Selbst wenn gar keine Ueberschüsse erzielt würden, müssten aus dem Reservefond die Mittel für die Rabatte statutarisch bereit gestellt werden. Bei den Geschäftsleuten bedeute der Rabatt doch nichts weiteres als eine Verminderung des Verkaufspreises. Der Antrag bezwecke eine Sonderbesteuerung und gehöre gar nicht in ein Einkommensteuergesetz, sondern höchstens in ein Umsatzsteuergesetz hinein. Aber dann hätten auch die Warenhäuser, die Filialgeschäfte, die Einkaufs- genossenschaften der Detaillisten usw. besteuert werden müssen. Der Vorschlag charakterisiere sich als ein feindliches Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter- schaft. Dadurch, dass man nur die Konsumvereine und nicht alle wirtschaft- lichen Einrichtungen, die dem Warenumsatz dienen, nach Massgabe ihres Umatzes besteuere, würde der allgemeine Grundsatz der Leistungsfähigkeit völlig übergangen. Der Antrag liesse diejenigen, die leistungsfähig seien, von der Steuer frei, während die am wenigsten Leistungsfähigen durch die Steuer belastet würden. Bei einer Steuer von 72 v. T. des Umsatzes sei ausserdem zu beachten , dass diese Steuer bei 7 7* Einheiten einer Steuer von 9 v. H. des Einkommens entspräche, da der Einheitssatz bei 200,000 M. Ein- kommen 1,20 v. H. beträgt. Durch Verteilung der den Konsumvereinen auf^ erlegten Steuer auf die Mitglieder ergebe sich das Resultat, dass die kleinsten Einkommen, teilweise Einkommen, die die steuerpflichtige Höhe gar nicht erreichten, mit dem höchsten Einheitssatz bedacht würden. Sollte aber etwa der noch weitergehende Antrag der Konsumvereinsgegner Gesetz werden, so sei die Rechnung folgende: Die „Produktion" hatte 1910 in Hamburg einen Umsatz von 13 Mill. M. Das fingierte Einkommen würde bei 8 °/o 1.040,000 M. und die hiervon mit 5% zu berechnende Steuer 520,000 M. betragen. Von diesem künstlichen, nicht vorhandenen Einkommen müssten demnach 50 °/o als Steuer entrichtet werden. Diese Rechnung ergäbe die Ungeheuer^ lichkeit der progressiven Umsatzbesteuerung und bewiese, dass es den Gegnern der Konsumvereine gar nicht darum zu tun sei, durch ihren Antrag dem Staate neue Einnahmequellen zu verschaffen. Der Zweck sei nur der, die unbequeme Konkurrenz zu beseitigen.

Diese Ausführungen zeigen zur Genüge die diametrale Gegenüberstellung der Ansichten. Da in der Regel erfahr ungsgemäss aber diejenigen Gesetz- entwürfe die besten zu sein pflegen , die von beiden Seiten am eifrigsten be- kämpft werden, so scheint der Antrag des Senats, der sich in der Mitte bewegt, das Richtige getroffen zu haben. In der Bürgerschaft wurde der Senatsantrag in der ersten Lesung mit 65 gegen 64 Stimmen, in der zweiten Lesung mit 80 gegen 67 Stimmen angenommen,

C. Steuersätze. Der Einheitssatz der Steuer beträgt bei einem Einkommen von 1000 M.

1 v. T. und steigt progressiv für jede weiteren 100 M. bis 30,000 M. ein- schliesslich auf 1 v. H., bis 50,000 M. in 10 Stufen von je 2000 M. bis auf 1,10 °/o, bis 100,000 M, in 5 Stufen von je 10,000 M. bis auf 1,15 °/o und bis 200,000 M. in 5 Stufen von je 20,000 M. bis auf 1,20 °/o. Eine weitere

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Steigerung findet nicht statt. Für die Steuerberechnung werden die Ein- kommenziffern auf volle 100 M. nach oben abgerundet. Härten können durch diese Abrundung entstehen, wenn das Einkommen nur mit einem geringen Betrage den Endbetrag einer Steuerstufe überschreitet, so dass der über- steigende Betrag geringer ist als der Unterschied zwischen der Steuer, die in der höheren Stufe zu zahlen ist und derjenigen, die in der vorher- gehenden niedrigeren Stufe zu zahlen wäre. Zur Vermeidung dieser Härten bestimmt das geltende Gesetz im § 6 Abs. 3, dass bei der Abrundung der Einkommensziffern auf volle 100 M. nach oben, der aus der Mitberück- sichtigung der letzten 100 M. sich ergebende Mehrbetrag an Einkommen- steuer insoweit nicht erhoben wird, als er das in jenen 100 M. enthaltene tatsächliche Einkommen übersteigt. Eine Neuerung ist auf Anregung des bürgerschaftlichen Ausschusses in das Gesetz hineingekommen. Es handelt sich um die Steuerberechnung von in Hamburg beschränkt steuerpflichtigen Personen. Hat z. B. ein ausserhalb Hamburgs wohnhafter Steuerpflichtiger neben seinem aus hamburgischem Grundeigentum oder Gewerbe herrührenden Einkommen noch sonstiges nicht in Hamburg zu versteuerndes Einkommen, so steht er sich mit Rücksicht auf die progressive Steigerung der Steuerskala wesentlich günstiger, wenn er in den beteiligten Bundesstaaten getrennt zur Einkommensteuer veranlagt wird, als wenn er sein gesamtes Einkommen in einem Bundesstaate versteuern müsste. Es entspräche der Gerechtigkeit, wenn die Steuer von solchen Personen in den betreffenden Bundesstaaten nach Verhältnis ihres Gesamteinkommens erhoben würde. Das geltende Gesetz bestimmt deshalb, dass in denjenigen Fällen, in denen nicht das gesamte Ein- kommen eines Steuerpflichtigen nach den Vorschriften des Gesetzes der Be- steuerung unterliegt, derjenige Steuersatz zugrunde gelegt werden soü, welcher zur Anwendung kommen würde, wenn das gesamte Einkommen der Besteue- rung in Hamburg unterläge. Wie der Ausschussbericht hierzu richtig aus- führt, stehen dieser Aenderung die Bestimmungen des Doppelsteuergesetzes nicht entgegen, da das Reichsgesetz nur verhindern wolle, dass niemand des- wegen, weil er sein Einkommen in verschiedenen Bundesstaaten versteuern müsse, schlechter gestellt werde, als wenn er es in einem einzigen Bundesstaate zu tun habe. Umgekehrt sei der Grundgedanke des Gesetzes aber keineswegs der, dass ein Steuerpflichtiger darum besser gestellt werde, weil er nur in einem Bundesstaate zu steuern habe.

Nach bisherigem Recht hatte der Steuerpflichtige, wenn seine Familie aus mindestens vier Personen bestand und sein Gesamteinkommen 5000 M. nicht überstieg, Anspruch auf Ermässigung der Steuer um ein Viertel, wenn sein Gesamteinkommen nicht mehr als 2000 M. betrug, auf Ermässigung der Steuer um die Hälfte. Bestand die Familie aus mindestens sechs Personen, so betrug die Ermässigung bei einem Gesamteinkommen bis 5000 M. die Hälfte, bei einem Gesamteinkommen bis 2000 M. drei Viertel der Steuer. Diese Grenzen sind durch das geltende Gesetz auf 2500 bzw. 6000 M. erhöht worden. Der hierdurch eintretende Steuerausfall beträgt nach dem Entwurf annähernd 200.000 M. Ein in der Bürgerschaft gestellter Antrag, die Grenze von 2500 M. bis auf 3000 M. auszudehnen, hat der Ausschuss nicht befürworten können, weil dadurch ein Ausfall von weiteren 80,000 M. entstanden wäre. Nach der

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ursprünglichen Fassung des bisherigen Gesetzes sollten ausser dem Steuer- pflichtigen und seinem Ehegatten nur die von dem Steuerpflichtigen auf Grund einer für diesen oder seinen Ehegatten bestehenden gesetzlichen Unterhalts- pflicht unterhaltenen Verwandten in gerader Linie zur Familie gehörig be- trachtet werden. Auch hier hat die Novelle vom 15. Oktober 1909 ändernd eingegriffen, da sich die Abgrenzung der zur Familie gehörigen Personen als zu eng erwiesen hatte. Es kam vor, dass in dem Haushalt nahe Verwandte des Steuerpflichtigen oder seiner Ehefrau unterhalten wurden, für die eine gesetzliche Unterhaltspflicht nicht bestand. Da die wirtschaftliche Leistungs- fähigkeit des Steuerpflichtigen aber durch die Erfüllung einer solchen zwar nicht rechtlichen aber sittlichen Pflicht genau so beeinflusst wird, als wenn es sich um Verwandte in gerader Linie handelt, denen auf Grund § 1601 B.G.B. Unterhalt zu gewähren ist, so entsprach es der Gerechtigkeit, auch jene Per- sonen zur Familie im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu zählen. Das geltende Gesetz hat die auf die Ermässigungen wegen zahlreicher Familie ge- änderten Vorschriften übernommen. Danach gehören, ausser den bereits ge- nannten Personen, zur Familie auch diejenigen sonstigen Angehörigen des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten, welche in dem Haushalt des Steuer- pflichtigen von diesem unterhalten werden. Wie die Motive zur Abänderung vom 15. Oktober 1909 hervorheben, sollen aber solche Personen bei Gewährung der Ermässigung ausser Betracht gelassen werden, wenn sie zu den Kosten des Haushalts beitragen oder den Unterhalt als Gegenleistung für im Haushalt verrichtete Dienste erhalten. Ein Lohnverhältnis kommt aber dann nicht in Frage, wenn ein in die Familie aufgenommener Angehöriger sich im Haushalt nützlich macht und Arbeiten verrichtet, wie sie auch sonst von Familien- angehörigen verrichtet werden. Zur Vermeidung von irrtümlichen Auslegungen, die dadurch entstehen, dass die Ermässigung wegen zahlreicher Familie auch für diejenigen Angehörigen beansprucht wird, die sich durch ihren Verdienst sehr wohl selbst unterhalten können, bestimmt das geltende Gesetz ferner ausdrücklich, dass die Ermässigung sich nur auf solche Angehörigen erstreckt, die ausserstande sind, sich selbst zu unterhalten, Die geschiedene Ehefrau darf von dem Alimentationspflichtigen nicht in die Zahl der von ihm zu ernährenden Personen aufgenommen werden. Die Ermässigung wird nur ge- währt, wenn das Gesamt einkommen, d. h. sowohl das in Hamburg als auch das ausserhalb Hamburgs zu versteuernde Einkommen zusammen den Betrag von 2500 M. bzw. 6000 M. nicht übersteigt. Nicht zu dem Gesamteinkom- men gerechnet wird dasjenige Einkommen, welches nach dem Gesetz vom 12. Oktober 1908 einer Wertzuwachssteuer unterliegt.

Eine besondere Ermässigung der Steuer ist vorgesehen, wenn durch den Fortfall einer Einnahmequelle das Einkommen wesentlich gemindert wird. In derartigen Fällen kann die Steuerdeputation auf Antrag die Steuer bis auf den dem verringerten Einkommen entsprechenden Betrag bewilligen. Nach den Vorschriften des Gesetzes vom 2. Februar 1903 musste die Einnahme- quelle dauernd fortgefallen sein, das Einkommen dadurch weniger als die Hälfte des nach den Vorschriften des Gesetzes zu berechnenden Betrages und zugleich weniger als 2000 M. betragen. Durch die Novelle vom 15. Oktober 1909 ist diese Bestimmung erweitert worden. Es waren Zweifel entstanden, wann

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der Fortfall als dauernd angesehen werden soll. Die Novelle hat deshalb das Wort „dauernd" gestrichen und gleichzeitig die Grenze von 2000 M. auf- gehoben, da es in vorkommenden Fällen der Billigkeit entspräche, die Er- mässigung auch dann eintreten zu lassen, wenn das Einkommen auf einen nicht geringeren Betrag als 2000 M. herabsinkt. Mit zeitweiliger Ertragslosig- keit einer Einnahmequelle z. B. durch vorübergehende, selbst längere Arbeits- losigkeit, kann ein Antrag auf Ermässigung nicht begründet werden. Um Zweifeln vorzubeugen, ob bei Fortfall der Einnahmequelle die Ermässigung sich auf das ganze Steuerjahr erstreckt, haben die Vorschriften des § 11 eine korrektere Fassung erfahren. Das geltende Gesetz bestimmt, dass in den Fällen, in denen durch Fortfall einer Einnahmequelle das Einkommen um mehr als die Hälfte verringert wird, auf Antrag für die Zeit vom Wegfall der Einnahmequelle ab die Steuer bis auf den dem verringerten Einkommen entsprechenden Ertrag ermässigt werden kann. Auf Antrag des bürgerschaftlichen Ausschusses ist in das Gesetz ferner aufgenommen , dass diese Vorschriften nicht nur gelten sollen beim Wegfall einer Einnahmequelle, sondern auch dann, wenn sich das Einkommen durch aussergewöhnliche Unglücksfälle verringert , da auch hierdurch die Notlage eines Steuer- pflichtigen eintreten kann. Ein entsprechender Hinweis auf Ermässigung dieser Art findet sich auch in den die Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens von Ehegatten und Verstorbenen behandelnden §§12 und 13 des geltenden Gesetzes.

D. Veranlagung. Zum Zwecke der Veranlagung hat jeder Steuerpflichtige eine Steuer-

erklärung abzugeben. An Stelle des Wortes „Formular" ist das deutsche Wort „Vordruck" getreten. In dem Vordruck ist die Höhe des Einkommens in einer Summe und nicht nach den einzelnen Einkommensquellen getrennt aufzuführen. Nur bei der Geltendmachung eines abzugsfähigen Spekulations- verlustes ist dieser besonders in der Steuererklärung aufzuführen, damit die Behörde in der Lage ist, die Berechtigung des beanspruchten Abzugs nach- prüfen zu können. Wer als Ausländer auf Grund des § 14 an Stelle des Ein- kommens den Verbrauch versteuern will, hat den in dem Vordruck eingetragenen Betrag ausdrücklich als Verbrauch zu bezeichnen. Entsprechend bisheriger Praxis schreibt das geltende Gesetz vor, dass die Angaben in der Steuer- erklärung nach bestemWissen und Gewissen zu machen sind. Früher wurde die Steuererklärung in der Form abgegeben, indem der Steuerpflichtige nach gewissenhafter Ueberzeugung erklärte, dass das für das Jahr 190 .. nach Massgabe des Einkommensteuergesetzes vom 2. Februar 1903 hier- selbst zu versteuernde Einkommen den Betrag von . . . . M. nicht überstieg. Diese Fassung ist seinerzeit auf Wunsch der Bürgerschaft geändert worden (s. Bericht der Steuerdeputation vom 19. Juni 1903 als Anlage zum Protokoll der 23. Sitzung der Bürgerschaft vom 24. Juni 1903). Es war wiederholt nach- gewiesen worden, dass Personen lediglich ihr zu versteuerndes Einkommen auf 1200 M. bezifferten, um das hamburgische Bürgerrecht zu erwerben, ohne diesen Betrag tatsächlich jemals verdient zu haben. Nach § 2 des Gesetzes betr. die hamburgische Staatsangehörigkeit und das hamburgische Bürger-

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 343

recht vom 2. November 1896 ist der Erwerb des Bürgerrechts von einer 5jährigen ununterbrochenen Versteuerung eines Mindesteinkommens von 1200 M. abhängig. Diese Personen konnten eine solche Angabe nach der Fassung des Vordrucks mit einem gewissen Recht machen, denn sie erklärten nach ge- wissenhafter Ueberzeugung nur, dass ihr Einkommen den Betrag von 1200 M. nicht überstieg. Das Gesetz hat aber zweifellos den Erwerb des Bürgerrechts nicht davon abhängig machen wollen, dass jemand von 1200 M. Einkommen 5 Jahre hintereinander die Steuer entrichtet, sondern die Ver- steuerung von 1200 M. sollte den Nachweis bilden, dass der Betreffende einiger- massen wirtschaftlich sichergestellt ist. Der Wortlaut der Steuererklärung ist dann dahin geändert worden, dass der Steuerpflichtige erklärt, dass sein zu versteuerndes Einkommen . . . . M. beträgt. Da aber eine solche Erklärung nach gewissenhafter Ueberzeugung nicht ohne weiteres von dem- jenigen abgegeben werden kann, der gar nicht in der Lage ist, sein Einkommen ziffernmässig festzustellen, hat man dem Wortlaut die auch jetzt noch übliche Wendung „nach bestem Wissen und Gewissen" gegeben. Das geltende Gesetz hat, wie oben erwähnt, die Abgabe der Steuererklärung in dieser Form ausdrücklich im § 16 Abs. 1 vorgeschrieben. Die Angabe des Einkommens in •einer Summe bildet eine Eigenart der Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck. Die von der Steuerdeputation öffentlich bekanntzumachenden Fristen für die Abgabe der Steuererklärungen wurden bisher vom Senat festgesetzt. Nach geltendem Recht bestimmt die Steuerdeputation selbst die Fristen für die Einreichung der Steuererklärungen. Zur Durchführung des im § 6 Abs. 4 auf- gestellten Grundsatzes über die Berechnung der Steuer bei beschränkt Steuer- pflichtigen schreibt das Gesetz vor, dass der Steuerpflichtige, dessen gesamtes Einkommen der Besteuerung nach den Vorschriften des Gesetzes nicht unter- liegt, ausser der Höhe seines in Hamburg steuerpflichtigen Einkommens auch sein gesamtes Einkommen anzugeben hat. Im Laufe des Steuerjahres neu in •die Steuerpflicht eintretende Personen haben die zum Zwecke der vorläufigen Veranlagung abgegebene Steuererklärung bei Abgabe der nächstjährigen Steuer- erklärung zu berichtigen. Zu bemerken ist hierbei, dass einmalige ausser- gewöhnliche Einnahmen nicht in der für das Zuzugsjahr, sondern in der für das darauf folgende Jahr abzugebenden Steuererklärung zu berücksichtigen sind (§ 9 Abs. 2 ; s. S. 20/21).

Die eingegangenen Steuererklärungen unterliegen der Nachprüfung durch das Einkommensteueramt. Zur Vorgeschichte dieser Einrichtung sei folgendes bemerkt. Massgebend waren bis zum Erlass der Novelle vom 23. Februar 1906 zum bisherigen Gesetz die Vorschriften der §§ 34, 35 des Gesetzes über die Organisation der Verwaltung vom 15. Juni 1863; § 34 l) enthält Bestimmungen über die zwecks Schätzung der Steuerpflichtigen für jeden Steuerdistrikt zu wählenden Steuerschätzungsbürger, über den Wahl- modus, Anzahl, Amtszeit und Verpflichtung zur Annahme der Wahl; § 35 schreibt vor, dass zwecks Revision der Grundsteuerrollen und der übrigen direkten Steuern für jeden Distrikt Revisionskommissionen zu bilden waren. Die Revisionskommission bestand aus einem der Steuerdeputation angehörenden

2) Zuletzt durch Bekanntmachung des Senats vom 24. April 1896 geändert. 813

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Mitgliede des Senats, einem bürgerlichen Mitgliede der Steuerdeputation x) und einem älteren Schätzungsbürger, der aber nicht Schätzungsbürger desjenigen Distrikts sein durfte, dessen Steuerrollen nachgeprüft werden sollten. Die Schätzungen der Steuerpflichtigen, die keine Steuererklärungen abgegeben hatten, waren bereits vorher von den Schätzungsbürgern des betreffenden Distrikts vorgenommen worden. Die Revisionskommission konnte die Schätzungs- bürger des zu revidierenden Distrikts mit beratender Stimme hinzuziehen. Die erwähnten §§ 34, 35 sind aussei* anderen Vorschriften neben den Be- stimmungen des revidierten Gesetzes über die Organisation der Ver- waltung vom 2. November 1896, das sich über die Institution der Schätzungs- bürger nicht äussert, unverändert bestehen geblieben. Das Wort „Distrikt" wurde durch die Novelle vom 23. Februar 1906 durch das deutsche Wort „Bezirk" ersetzt. Die Gesetze vom 23. März 1866, 9. Januar 1871 und 7. März- 1881 enthielten nur einen Hinweis auf das sog. „Verwaltungsgesetz", während die Gesetze vom 22. Februar 1895 und 2. Februar 1903 die Bestimmungen über die Zusammensetzung der Revisionskommissionen selbst enthielten. In der Praxis wurden bei der Nachprüfung der Steuererklärungen von der Revisions- kommission die Schätzungsbürger des betreffenden Bezirks in weitestem Masse zur Beratung herangezogen, die auch naturgemäss über die Einkommensver- hältnisse der in ihrem Bezirk wohnenden Steuerzahler genauer unterrichtet sein konnten. Um dieses Verfahren zu vereinfachen, bestimmte die Novelle vom 23. Februar 1906, dass die Nachprüfung künftig durch die Schätzungs- bürger des Bezirks selbst unter Vorsitz des Steuerdirektors2) oder dessen Stella Vertreter zu geschehen habe. Die Steuerdeputation kann, in Uebereinstimmung mit dem bisherigen Gesetz, bestimmen, dass einzelne zur Zuständigkeit des Einkommensteueramtes gehörige Angelegenheiten oder ein bestimmter Kreis solcher Angelegenheiten vom Vorsitzenden allein erledigt werden können (§17 Abs. 1). Das geltende Gesetz hat für die Bezeichnung „Revisionskommission" den Ausdruck „Einkommensteueramt" gewählt und sich damit den von den Reichssteuergesetzen gewählten Bezeichnungen „Erbschaftssteueramt", „Be- sitzsteueramt" angeschlossen. Die Novelle vom 18. Januar 1904 zum Gesetz vom 2. Februar 1903 erteilte der Revisionskommission aussei* dem ihr bereits zustehenden Rechte, die von den Steuerpflichtigen angegebenen Beträge zu erhöhen, ferner die Befugnis, die deklarierten Beträge herabzusetzen. Eine Erhöhung oder Herabsetzung konnte erst nach vorgängiger Anhörung des Steuerpflichtigen erfolgen, der zu diesem Zwecke unter der Androhung vor-

geladen wurde, dass im Falle seines Nichterscheinens angenommen werde, dass er auf das ihm zustehende Recht des vorgängigen Gehörs verzichte. Nach

geltendem Gesetz, das an der bisherigen Praxis nichts ändert, darf eine Er-

höhung oder Herabsetzung erst erfolgen, nachdem dem Steuerpflichtigen zuvor

i) Die Steuerdeputation besteht aus zwei Senatsmitgliedern und fünf von der Bürgerschaft zu wählenden Mitgliedern. Letztere müssen vorher das Amt eines Schatzungs- bürgers bekleidet haben; alljährlich tritt ein Mitglied aus. (§ 33 d. Gesetzes über die Organisation der Verwaltung vom 15. Juni 1863.)

2) Durch Gesetz vom 23. Februar 1906 sind die Stellen des Steuerdirektors und des Rats der Steuerdeputation in das Verzeichnis der durch juristische Beamte des höheren Verwaltungsdienstes zu besetzenden Stellen aufgenommen worden (Gesetz betr. die durch juristische Beamte des höheren Verwaltungsdienstes zu besetzenden Stellen v. 21. März 1898).

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 345-

Gelegenheit gegeben ist, seine Steuererklärung mündlich oder schriftlich innerhalb einer gesetzten Frist zu rechtfertigen. Wer keine Steuer- erklärung innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingereicht hat, wird vom Einkommensteueramt nach freier Ueberzeugung geschätzt. Das Ergebnis der Veranlagung erfährt der Steuerpflichtige durch Zustellung eines Steuer- bescheides. Die Bezeichnung „Steuerzettel" ist aufgehoben worden. Die Form der Zustellung bestimmt die Steuerdeputation. Steuerpflichtige, deren Einkommen mangels Abgabe einer Steuererklärung geschätzt ist, haben, wenn das tatsächliche steuerpflichtige Einkommen den geschätzten Betrag übersteigt, der Steuerdeputation innerhalb 4 Wochen nach Zustellung des Steuerbescheides Mitteilung zu machen (Strafbestimmungen s. § 23). Wer keinen Steuerbescheid erhalten hat, trotzdem er zur Entrichtung von Einkommensteuer verpflichtet ist , hat innerhalb einer von der Steuerdeputation zu bestimmenden und öffentlich bekanntzumachenden Frist hiervon Mitteilung zu machen. Die Ver- pflichtung zur Anzeige trifft auch gesetzliche Vertreter, Bevollmächtigte, Testa- mentsvollstrecker und Vorstandsmitglieder juristischer Personen. Das geltende Gesetz hat Nachlasspfleger und Gesamtgutsverwalter in den Kreis dieser Per- sonen ergänzend aufgenommen ( Straf bestimmungen § 22 Abs. 3).

E. Rechtsmittel. Der Instanzenzug ist vereinfacht worden. Nach bisherigem Recht waren

Reklamationen gegen die Steueransätze innerhalb 4 Wochen nach Zu- stellung des Steuerzettels zulässig. Ueber die Reklamation entschied eine von der Steuerdeputation eingesetzte Reklamationskommission, die in ähn- licher Weise wie die bereits erwähnte frühere Revisionskommission aus einem der vom Senat ernannten Mitglieder und einem bürgerlichen Mitgliede, sowie einem Schätzungsbürger bestand. Schätzungsbürger, die an der Revision des- betreffenden Falles teilgenommen hatten, durften nicht Mitglieder der Rekla- mationskommission sein (§ 36 des Gesetzes über die Organisation der Ver^ waltung vom 15. Juni 1863, § 15 Abs. 2 des Einkommensteuerges. vom 2. Februar 1903). Gegen die Entscheidung der Kommission war innerhalb 2 Wochen nach Zustellung des Erkenntnisses die Berufung an die Steuerdeputation zulässig. Diese zwei Instanzenzüge sind zu einem verschmolzen worden. Nach gelten- dem Recht steht dem Steuerpflichtigen gegen den Steuerbescheid die Beschwerde an die Steuerdeputation zu, und zwar unverändert binnen 4 Wochen nach Zustellung des Steuerbescheides. Um aber den Steuer- pflichtigen die Möglichkeit zu gewähren , die Beschwerde einzureichen , wenn nach Ablauf der vorgesehenen Frist, von 4 Wochen Umstände eintreten, die eine Aenderung der Veranlagung rechtfertigen, bestimmt § 20 Abs. 2, dass in solchen Fällen der Lauf der 4wöchigen Beschwerdefrist erst mit Eintritt der die Beschwerde begründenden Tatsache beginnen soll. Denkbar sind Fälle, wie z. B. die Verlegung des Wohnsitzes (§ 3), Verringerung des Einkommens durch Wegfall einer Einnahmequelle oder durch aussergewöhnliche Unglücks- fälle um mehr als die Hälfte (§ 11). Die Aufhebung der Reklamationsinstana rechtfertigt sich dadurch, dass bei der Entscheidung der Steuerdeputation über die Berufungen zwei Mitglieder der Steuerdeputation, nämlich ein sena-

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torisches und ein bürgerliches Mitglied, bereits bei der Entscheidung der Rekla- mationskommission mitgewirkt hatten. Durch den Fortfall der ersten Instanz wird der Rechtsmittelzug mit dem für die Wertzuwachssteuer und Immobilien- abgabesachen, sowie für die Erbschaftssteuer und Besitzsteuer vorgeschriebenen in Uebereinstimmung gebracht. Durch die Vereinfachung des Rechtsmittel- verfahrens in erster Instanz erfährt der Steuerpflichtige keine Benachteiligung, da ihm unbeschadet des Klageweges bei den ordentlichen Gerichten (§§ 24 Abs. 2, 25 - 30 des Gesetzes betr. das Verhältnis der Verwaltung zur Rechts- pflege vom 23. April 1879, Art. 89 der Verfassung der freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Oktober 1879) die Beschwerde an den Senat zusteht (§ 2 des revidierten Gesetzes über die Organisation der Verwaltung vom 2. November 1896, Art. 88 der Verfassung vom 13. Oktober 1879). Das Rechts- mittelverfahren gegen Straf verf ügungen , die von der Steuerdeputation auf Grund §§ 15, 18, 21, 22 Abs. 3, 23 Abs. 1, 24 erlassen worden sind (§ 5 des Verhältnisges. vom 23. April 1879, § 459 St.P.O.), erschöpft sich in der Ein- reichung der Beschwerde an den Senat oder in dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 7, 8 des Verhältnisges. vom 23. April 1879). Die Einreichung eines Gnadengesuches an den Senat kommt dem Verzicht auf gericht- liche Entscheidung gleich.

F. Entrichtung der Steuer. Der Anspruch auf die Steuer entsteht mit dem Beginne des Steuerjahres

(§ 26 Abs. 1). Diese Bestimmung hat nach dem Entwurf wesentliche Bedeutung für den Tod des Steuerpflichtigen und bei Geltendmachung der Steuerforde- rung im Konkursverfahren und soll darlegen, dass in solchen Fällen die Steuer unbeschränkt für das ganze Jahr erhoben wird (s. § 12). Die für die Zwangs- vollstreckung in bewegliche Sachen ausser den durch eine Vollstreckungsmass- regel erwachsenden Auslagen zu erhebenden Vollstreckungsgebühren sind auf Antrag des bürgerschaftlichen Ausschusses bei Steuerforderungen von mehr als 50 M. steigend erhöht worden, da nach Ansicht des Ausschusses sonst die Gefahr nahe liegen könnte, dass säumige Schuldner, nachdem sie wegen nicht rechtzeitiger Entrichtung mit dem gesetzlichen Zuschlag von 2 Pf. für jede volle Mark des Rückstandes (§ 26 Abs. 2) einmal belastet worden sind, es vorziehen könnten, die Zahlung grösserer Beträge bis zu der geringe Kosten verursachenden Pfändung hinauszuschieben. Die Vollstreckungsgebühren be- tragen :

bis 6 M. einschliesslich - .30 M. von mehr als 6 „ bis 12 M. einschliesslich - .60 „

„ „ 12 „ „ 24 „ , -.90 , „ » 24 „ „ 3ti „ „ 1.20 „ „ „ 36 „ „ 50 „" , 1.50 , „ , 50 , , 100 , „ 2.- „ „ , 100 „ , 300 „ , 8.- , „ „ 300 „ „ 1000 „ „ 4.- „

„ , , 1000 , 5.- , 346

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. §47

Nach bisherigem Gesetz betrugen die Gebühren: bis 6 M. einschliesslich .... -.30 M.

von mehr als 6 „ bis 12 M. einschliesslich - .60 „ » » , 12 . , 24 „ „ -.90 ,

» 24 „ „ 36 „ „ 1.20 „ » ■ „ » 36 „ „ 48 „ „ 1.50 „ . , » 48 : . . 1.80 .

Das geltende Gesetz bringt im § 27 Abs. 2 ausserdem zum Ausdruck, dass für die Versteigerung gepfändeter Gegenstände neben den durch die Zwangsvoll- streckung entstehenden Vollstreckungsgebühren die in der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher (R.G.B1. 1898 S. 683) bestimmte Gebühr, jedoch nicht weniger als 50 Pf. erhoben wird.

G. Verpflichtungen Dritter. Neu ist die im § 18 enthaltene Bestimmung, die den Arbeitgeber ver-

pflichtet, bei Vermeidung einer Strafe bis zu 300 M. Auskunft über die Lohn- verhältnisse der von ihm beschäftigten Personen zu geben. Hamburg hat sich hierdurch ähnlichen Bestimmungen vieler anderer Bundesstaaten angeschlossen1). Es hat nicht an Stimmen gefehlt, die sich gegen diesen zum ersten Male in Hamburg eingeführten Auskunfts z w a n g ausgesprochen haben. Es wurde ■darauf hingewiesen, dass besonders kleinen Handwerkern oder Geschäftsleuten, •deren Buchführung häufig zu wünschen übrig Hesse, Schwierigkeiten entstehen würden, wenn sie die Bezüge ihrer Angestellten ziffernmässig aufgeben sollten. Auch könnte dieser Zwang nur auf hamburgische Arbeitgeber ausgeübt werden, während doch viele Angestellte ausserhalb Hamburgs beschäftigt wür- den. Der Arbeitgeber sei ausserdem nicht in der Lage, Auskunft über Neben- verdienst usw. zu geben, so dass das von ihm bescheinigte Einkommen doch nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspräche. Diese Gegengründe können nicht als durchschlagend angesehen werden. Im Gegenteil wird es der Arbeit- geber in der Regel angenehmer empfinden, wenn er verpflichtet ist Aus- kunft zu erteilen, als wenn seine freiwillige Auskunftspflicht gewisser- massen denunziatorischen Charakter trägt. Die Befürchtung, dass nun alljähr- lich jeder Arbeitgeber aufgefordert wird, Listen über die Lohnverhältnisse seiner Arbeiter einzureichen, wie dies z. B. in England und einigen deutschen

!) Ein Zwang zur Auskunfterteilung besteht in folgenden Bundesstaaten: bis M. 500 in Baden; „ „ 300 „ Preussen, Bayern, Württemberg, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen, Olden-

burg; „ „ 100 „ Sachsen-Koburg , Sachsen-Gotha , Sachsen-Meiningen, Schwarzburg-Rudol-

stadt, Lübeck; „ „ 50 „ Sachsen, Schwarzburg-Sonders hausen, Reuss ii. L., Reuss j. L.

Keine Strafe in Anhalt. Kein Zwang besteht in folgenden Bundesstaaten: Hessen, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe, Bremen. Der zur Auskunfterteilung Verpflichtete hat für die durch sein Verschulden

«entstehenden Steuerausfälle zu haften in: Sachsen, Reuss ä. L.

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Bundesstaaten *) der Fall ist, dürfte völlig unbegründet sein. Es wird an dem früher üblichen Verfahren überhaupt kaum etwas geändert werden, denn auch bisher hat sich die Steuerdeputation in zahlreichen Fällen Auskunft vom Arbeitgeber erbeten, nur mit dem Unterschied, dass diese freiwillig und nicht zwangsweise erteilt zu werden brauchte. Vor allen Dingen wird die neue Massregel einen gewissen moralischen Druck auf die Steuerpflichtigen ausüben, die, in dem Bewusstsein der Kontrollmöglichkeit, zukünftig ihre Steuererklä- rung doppelt sorgfältig ausfüllen werden. Die in Reedereikreisen geltend gemachten Bedenken, dass es bei dem ständig wechselnden zahlreichen Schiff- fahrtspersonal überaus schwierig sein wird, in jedem einzelnen Falle die genauen Bezüge der von ihnen beschäftigten Personen aufzugeben, hat der Senatskommissar mit dem Hinweis darauf zu zerstreuen verstanden, dass die Steuerdeputation sich wie bisher so auch zukünftig in solchen Fällen nicht an die Reedereien, sondern an das sehr gut unterrichtete Seemannsamt wenden wird.

H. Bestimmungen für die Steuerdeputation und die Schätzungsbürger.

Die Mitglieder der Steuerdeputation und die Schätzungsbürger wurden nach bisherigem Recht bei Antritt ihres Amtes von dem Vorsitzenden2) der Steuerdeputation durch Handschlag auf Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Hierin ist eine Aenderung eingetreten. Nach § 28 des geltenden Gesetzes- erfolgt die Verpflichtung der bürgerlichen Mitglieder künftig mittels Vereidigung durch den Senat. Diese Aenderung wird verständlich, wenn man daran erinnert, dass nach § 46 des Reichsgesetzes über einen einmaligen ausserordentlichen Wehrbeitrag und nach § 64 des Besitzsteuergesetzes die Vermögens- und Besitzsteuererklärungen, sowie die sonstigen Verhandlungen im Besitzsteuerverfahren nur zur Kenntnis der durch Eid zu ihrer Geheim- haltung verpflichteten Beamten, Angestellten und ehrenamtlichen Mit- gliedern gelangen dürfen. Auf Grund der Bekanntmachung des Senats vom 8. Dezember 1913, betr. die für die Veranlagung und Erhebung des Wehr- beitrages zuständigen Behörden, werden die Geschäfte der Veranlagungs- stelle für den Wehrbeitrag durch den Steuerdirektor, diejenigen der Ober- behörde durch die Steuerdeputation wahrgenommen (Hamb. Gesetzsammlung 1913, I, 185 Nr. 77). Für die Schätzungsbürger bleibt es bei der bisher üblichen

^Lohnlisten für die Bezüge sämtlicher Angestellten sind einzu- reichen in:

Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Anhalt, Schwarztmrg-Rudolstadt, Schwarz- burg-Sondershausen.

Die Akten, Bücher usw. von Sparkassen und Landesbanken dürfen nicht eingesehen werden in:

Sachsen-Gotha, Sachsen-Altenburg, Schaumburg-Lippe, Lippe. 2) Der Senat ernennt für jede Verwaltungsbehörde eines oder mehrere seiner Mit-

glieder und bestimmt, welchem dieser Mitglieder der Vorsitz in der Behörde zustehen soll (§ 3 Abs. 2 d. revid. Ges. über die Organisation d. Verwaltung vom 2. November 1896, Art. 85 d. Verfassung vom 13. Oktober 1879). Bei der Uebertragung des Vorsitzes ist der Senat an die Amtsdauer der Senatsmitglieder nicht gebunden (§ 14 Abs. 1 d. Ges. über die Wahl und Organisation des Senats vom 28. September 1860).

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Hamburgisches Einkommensteuergesetz vom 9. Januar 1914. 34.9

Form der Verpflichtung, weil sie im allgemeinen bei der Veranlagung der neuen Reichssteuern nicht mitwirken werden. Sollte es in einzelnen Fällen wünschenswert erscheinen, nähere Auskunft über die Vermögens Verhältnisse •eines Steuerpflichtigen durch die Schätzungsbürger zu erlangen, so wird natür- lich in solchen Fällen vorher eine Vereidigung des betreffenden Schätzungsbürgers stattzufinden haben. In der Bürgerschaft wurde bei der allgemeinen Beratung die Frage aufgeworfen, warum nicht auch die Schätzungsbürger zu den Ver- anlagungsarbeiten der neuen Reichssteuern herangezogen würden, denn gerade aus den Unterlagen über das Vermögen eines Steuerpflichtigen könnten im grossen und ganzen gewisse Schlüsse für die Richtigkeit seiner Einkommen. Steuererklärung gezogen werden. In Uebereinstimmung mit den Ausführungen des Senatskommissars wird hier aber doch entgegengehalten werden müssen, dass trotz der sehr erspriesslichen und anerkennenswerten Mitarbeit bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die Schätzungsbürger bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag und zur Besitzsteuer nicht in gleichem Masse ihre Kennt- nisse über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Steuerpflichtigen der Behörde nutzbar machen können. Bei der Nachprüfung der Einkommensteuererklä- rungen sind die durchweg im praktischen Leben stehenden Schätzungsbürger sehr wohl in der Lage, die Richtigkeit der von den Steuerpflichtigen gemachten Angaben nachzuprüfen durch ihre Kenntnis über die persönlichen Verhältnisse der Steuerzahler in Bezug auf ihren Verbrauch, ihre Stellung in der Gesell- schaft usw. Anders liegt es jedoch bei der Beurteilung der Vermögenserklä- rungen, denn ein Urteil über das Vermögen ist nach diesen äusserlichen Merk- malen viel schwerer zu erlangen, da doch erfahrungsgemäss ein grosses Ein- kommen nicht immer die Ursache eines grossen Vermögens oder umgekehrt zu sein braucht.

J. Straf-, Uebergangs- und Schlussbestimmungen. Wie bereits erwähnt, sind Nachlasspfleger und Gesamtgutsverwalter in

den Kreis derjenigen Personen ergänzend aufgenommen, die zur Anzeige verpflichtet sind, falls sie keinen Steuerbescheid erhalten haben, trotzdem die von ihnen vertretenen Personen zur Zahlung von Einkommensteuer verpflichtet sind. Es erübrigt sich darauf hinzuweisen, dass die genannten beiden Personen- gruppen den gleichen Strafen unterliegen, wie sonstige zur Anzeige verpflich- tete Personen (§ 22 Abs. 5). Bis zum zehnfachen, im Wiederholungsfalle bis zum zwanzigfachen Betrage der hinterzogenen Steuer wird entsprechend bis- herigem Recht derjenige bestraft , der vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit in der von ihm abgegebenen Steuererklärung oder bei der Rechtfertigung seiner Steuererklärung gegenüber dem Einkommensteueramt oder zur Begründung einer Beschwerde unrichtige Angaben macht. Das gel- tende Gesetz geht noch weiter, indem es auch denjenigen für strafbar erklärt, der es unterlässt, eine unrichtige Angabe unverzüglich zu berichtigen, nachdem er von ihrer Unrichtigkeit Kenntnis erlangt hat. Nach bisherigem Recht trat Straffreiheit nur dann ein, wenn die Angabe berichtigt wurde, bevor eine Anzeige gegen den Steuerpflichtigen erstattet oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet war. Straflösigkeit soll nach geltendem Recht ferner

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aber auch dann eintreten, wenn jemand die von ihm gemachten Angaben berichtigt, bevor die Erstattung der Anzeige oder die eingeleitete Untersuchung zu seiner Kenntnis gelangt ist. Diese Bestimmung entspricht durchaus der Billigkeit, da es wiederholt vorgekommen war, dass Personen ihre Angaben freiwillig berichtigten, aber nur deshalb nicht straffrei bleiben konnten, weil die Behörde zufällig schon vorher von der Unrichtigkeit Kenntnis erlangt und eine Untersuchung eingeleitet hatte.

Im § 29 Abs. 2 sind Uebergangsbestimmungen getroffen worden, um den- jenigen Personen, die unter der Herrschaft früherer Einkommensteuergesetze das Bürgerrecht erworben haben, die Wahlberechtigung für die Bürgerschaft zu sichern, auch wenn ihr Einkommen die nach geltendem Gesetz vorgeschrie- bene steuerpflichtige Höhe von 1000 M. nicht erreicht. Das aktive und passive Wahlrecht zur Bürgerschaft ist, abgesehen von anderen Bedingungen, unter anderem davon abhängig, dass der Betreffende Einkommensteuer entrichtet oder zur Zeit der Ausschreibung der Wahlen mit derselben nicht im Rück- stand ist (Art. 31 der Verfassung). Wählbar zur Bürgerschaft ist nur der zur Teilnahme an der Wahl Berechtigte (Art. 32 der Verfassung). Ein Mitglied, welches seine Wählbarkeit verliert, muss aus der Bürgerschaft austreten (Art. 42 der Verfassung). Nach den Gesetzen vom 26. März 1866 und 9. Januar 1871 begann die Erhebung von Einkommensteuer bei einem Einkommen von 501 brutto M. (601.20 M.), nach dem Gesetze vom 7. März 1881 bei 600 M. und nach den Gesetzen vom 22. Februar 1895 und 2. Februar 1903 bei 900 M. Das Gesetz vom 22. Februar 1895 enthielt im § 22 eine Uebergangsbestimmung , nach welcher Bürger, die das Bürgerrecht vor Erlass des Gesetzes vom 22. Februar 1895 erworben hatten, wenn ihr Einkommen weniger als 900 M. betrug, um das Wahlrecht zur Bürgerschaft nicht zu verlieren, die Einkommensteuer auf Grund des Gesetzes vom 7. März 1881 entrichten konnten. Einen Hinweis auf diese bisher in Kraft gebliebene Bestimmung enthielt das Gesetz vom 2. Februar 1903 im § 27 Abs. 1. Das geltende Gesetz hat sich nicht mit dem blossen Hinweis begnügt, sondern hat zur Klarstellung im § 29 Abs. 3 ausdrücklich diese Bestimmung hervorgehoben, Bürger, deren Einkommen weniger als 1000 M., aber mindestens 900 M. beträgt, können das Wahlrecht zur Bürger- schaft ausüben, wenn sie 1000 M. versteuern1). Ist das Bürgerrecht vor dem 22. Februar 1895 erworben, so bleibt das Wahlrecht entsprechend bisherigem Recht auch dann erhalten, wenn das Einkommen weniger als 900 M., aber mindestens 600 M. beträgt, falls die Steuer entweder auf Grund der Skala des Gesetzes vom 7. März 1881 oder nach geltendem Gesetz von einem Ein- kommen von 1000 M. entrichtet wird. Die Steuererklärung hat in den ange- führten Fällen einen Hinweis darüber zu enthalten, dass der Steuerpflichtige die Steuer auf Grund dieser Vorschriften zahlen will. Das geltende Gesetz trat mit dem 1. Januar 1914 in Kraft. Die Revision des Gesetzes hat nach § 36 aus den in der Einleitung dargelegten Gründen vor Ablauf des Jahres 1917 zu erfolgen.

i) Für M. 900 bis M. 1000 einschliesslich war nach den Gesetzen vom 22. Februar 1895 und 2. Februar 1903 der gleiche Steuersatz zu entrichten.

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