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Hausarbeit
Change Management zur Unterstützung
von Arbeitsflexibilität
SRH Fernhochschule
Modul: Projekt- und Chance Management
Studiengang: Digital Management & Transformation (M.Sc.)
von
Nancy Wießner, B.Sc.
Studiengang: Digital Management & Transformation (M.Sc.)
2
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................. 3
Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 4
1 Einleitung ............................................................................................................... 5
2 Theoretische Grundlagen: Change Management .................................................. 6
2.1 Was versteht man unter Change Management? ............................................. 6
2.2 Projektmanagement vs. Prozessmanagement ................................................ 7
2.3 Change Management Modelle ........................................................................ 7
2.3.1 Das 3-Phasen Modell von Kurt Lewin ...................................................... 7
2.3.2 Change Management Arbeitspakete von Rank und Scheinpflug ............. 9
3 Die 5 Dimensionen der Arbeitsflexibilität .............................................................. 11
4 Change Management Arbeitspakete zur Umsetzung flexiblen Arbeitens ............. 13
4.1 Initiierung & Planung..................................................................................... 13
4.2 Implementierung: Der Change Management Masterplan .............................. 14
4.2.1 Sponsor- & Leadership .......................................................................... 14
4.2.2 Kommunikation ...................................................................................... 15
4.2.3 Organisation Alignment ......................................................................... 16
4.2.4 Training ................................................................................................. 17
4.2.5 Change Monitoring ................................................................................ 19
5 Herausforderungen im Change Prozess .............................................................. 21
5.1. Emotionen & Widerstände ............................................................................ 21
5.2. Bewältigung der Herausforderungen ............................................................ 23
6 Fazit & Ausblick ................................................................................................... 25
Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 26
3
Abkürzungsverzeichnis
bspw. - beispielsweise
bzgl. - bezüglich
bzw. - beziehungsweise
ca. - circa
d.h. - das heißt
FAQ - Frequently Asked Questions
ggf. - gegebenenfalls
Hrsg. - Herausgeber
IT - Informationstechnolgie
S. - Seite
SWOT - Strengths-Weaknesses-Opportunities-Threats
vs. - versus
z.B. - zum Beispiel
4
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Überschneidungen Prozess- & Projektmanagement ................................ 7
Abbildung 2: Das 3-Phasen Modell von Kurt Lewin ....................................................... 8
Abbildung 3: Arbeitspakete im Change Management von Rank & Scheinflug ............... 9
Abbildung 4: Wie Mitarbeiter Veränderung erleben ..................................................... 22
5
1 Einleitung
In der heutigen Wissensgesellschaften spielen Wettbewerbsfaktoren wie bspw. Verän-
derung, Innovation und Kreativität eine große Rolle. Die Arbeitsabläufe sowie Bürostruk-
turen müssen sich dieser Flexibilisierung dementsprechend anpassen (Zinser, 2004,
S. 17). Hinzu kommt, dass Work-Life-Balance aufgrund der Zunahme von außerberufli-
chen Tätigkeiten, mangelnder Betreuungszeiten in Kindergärten oder des Zeitdrucks
durch steigender Mobilität immer wichtiger wird (Schobert, 2007, S. 23-24). Die Bedürf-
nisse der Mitarbeiter nach flexiblen Arbeiten auch hinsichtlich des persönlichen Arbeits-
platzes bzw. den Rahmenbedingungen gewinnen an Bedeutung (Haitzer 2011; zitiert
nach Immerschitt & Stumpf, 2014, S. 65).
„Die örtliche und zeitliche Flexibilität von Arbeit kann […] als gesamtwirtschaftlicher
Trend angesehen werden.“ (Weichbrodt, Tanner, Schulze & Schulze, 2014, S. 11). Wie
lässt sich dieser Trend aber in die Praxis umsetzen?
Change Management als eine der wichtigsten Management-Aufgaben soll hier als Un-
terstützung zur Einführung der Arbeitsflexibilität dienen und Handlungsempfehlungen
abgeben (Claßen, 2010, S. 43). Da schätzungsweise 70 Prozent der betrieblichen Ver-
änderungsprozesse scheitern, wird dem Change Prozess eine große Bedeutung beige-
messen (Higgs und Rowland 2005; zitiert nach Kauffeld & Schneider, 2011, S. 62). Ziel
der Arbeit ist somit die Untersuchung der Erfolgsfaktoren und aller wesentlichen Arbeits-
pakete für einen erfolgreichen Change Prozess. Dabei spielen insbesondere die emoti-
onalen Reaktionen der Mitarbeiter eine große Rolle. Es stellt sich grundsätzlich die
Frage, inwiefern der Change Prozess zur Bewältigung dieser Herausforderungen beitra-
gen kann.
In einem ersten Schritt wird geklärt, was man eigentlich unter Change Management ver-
steht und welche Modelle in der Praxis Anwendung finden – insbesondere mit dem Ziel
der Arbeitsflexibilität. Darauf basierend werden die unterstützenden Arbeitspakete in ei-
nem Change Management Masterplan vorgestellt. Mögliche Verhaltensweisen bzw. Wi-
derstände der Mitarbeiter während des Prozesses können mit Hilfe des Phasenmodells
von Roth vorhergesagt werden. Lösungsansätze zur Minimierung der Widerstände wer-
den im letzten Kapitel erörtert.
Letztendlich sollen alle Beteiligten im Change Prozess dieselbe Vision verfolgen:
„Gestern waren wir im Büro,
heute ist der Schreibtisch das Büro,
morgen sind wir das Büro!“ (Zinser, 2004, S. 17).
6
2 Theoretische Grundlagen: Change Management
2.1 Was versteht man unter Change Management?
Change Management bzw. Veränderungsmanagement ist „die Planung und Durchfüh-
rung aller Aktivitäten, welche die betroffenen Führungskräfte und Mitarbeiter auf die zu-
künftige Situation vorbereiten und ihnen eine möglichst optimale Umsetzung der verän-
derten Anforderungen ermöglicht.“ (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 6). Die Verände-
rungen wirken auf den Aufbau bzw. die Strukturen, die Abläufe bzw. Prozesse und auf
das soziale Gefüge einer Organisation ein (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 2).
Abhängig von der Notwendigkeit kann der Wandel eine radikale bzw. revolutionäre Form
z.B. bei der Einführung von Arbeitsflexibilität annehmen. Der Wandel hat eine höhere
Komplexität und fordert einen Paradigmenwechsel über alle Ebenen der Organisation.
Dem gegenüber steht der adaptive bzw. evolutionäre Wandel, der keine grundlegende
Umgestaltung der strategischen Ausrichtung oder der Unternehmenskultur bedarf. Die
Prozessoptimierungen wäre hier ein Beispiel für einen adaptiven Wandel (Kiel, 2010,
S. 112–121; Vahs & Weiand, 2013, S. 3).
Laut Vahs & Weiand (2013) umfasst Change Management in einer ganzheitlichen Per-
spektive die vier Handlungsfelder (S. 7):
▪ Strategie: Vision, Leitbild, Geschäftsstrategie
▪ Kultur: Kommunikation, Führung
▪ Technologie: Methoden, Verfahren
▪ Organisation: Prozesse und Strukturen
Claßen (2010, S. 39) stellt zu Recht die Frage: „Lassen sich Veränderungsprozesse
vorab planen und gezielt steuern […]?“ So gibt es zum einen die Meinung, dass Verän-
derungen nur durch statische und getaktete Elemente möglich ist – so wie im Kapitel
2.3. beschrieben, basierend auf den Überlegungen von Lewin. Zum anderen aber gibt
es die Argumente dafür, dass soziale Systeme unplanbar sind und ein situatives Rea-
gieren notwendig ist (Claßen, 2010, S. 39). In diesem Zusammenhang ist auch die Un-
terscheidung zwischen Projekt- und Prozessmanagement von Bedeutung.
7
2.2 Projektmanagement vs. Prozessmanagement
Wie man der Abbildung 1 entnehmen kann, ist das Projektmanagement im Change Ma-
nagement Prozess eingebettet und dient als eine Art Hilfsmittel, um organisatorische
Veränderungen im Unternehmen auszulösen. Laut
Kraus und Westermann (1997) gibt es bei Kulturpro-
jekten und bei Strukturveränderungsprojekten (z.B.
Verbesserung von ablauforganisatorischer Prozesse)
eine Schnittmenge zwischen Veränderungsprozessen
und Projekten. Eine reines Projektmanagement wäre
nicht erfolgreich, da man die erwähnten Beispiele zeit-
lich nicht klar abgrenzen kann. Gerade ein Wandel der
Unternehmenskultur wird nie vollständig abgeschlos-
sen sein und die Planung ist – im Gegensatz zur Cha-
rakteristika von Projekten - mit großer Unsicherheit verbunden (S. 187-189). Projektma-
nagement ist zudem zielorientiert, d.h. es möchte die Effizienz steigern. Bei Prozessma-
nagement steht aber eher die Effektivität im Vordergrund, d.h. es ist ablauforientiert. Ein
weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, dass Projekte vorwiegend neuartige Vorhaben
realisieren, während ein Prozess vor allem wiederholbar ist. Es bestehen aber auch ei-
nige Gemeinsamkeiten wie z.B. die Kunden- und Problemorientierung, das Ziel, die
Komplexität zu reduzieren und das Organisieren von interdisziplinären Teams (Dräger,
2014, S. 17–21).
Der Mehrwert eines Change Prozesses ist es, dass Projekte zu dauerhaften Verände-
rungen führen. Es reicht nicht, dass Leitbilder nach den üblichen Ritualen, wie z.B. Work-
shops oder Großveranstaltungen, implementiert werden, aber niemand interessiert sich
dafür, ob sich das Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte tatsächlich in Richtung
des erwünschten Idealbildes verändert hat (Berner, 2014).
2.3 Change Management Modelle
2.3.1 Das 3-Phasen Modell von Kurt Lewin
Ein geradliniger Verlauf von Change Prozessen kommt in der Praxis selten vor, dennoch
geben Modelle einen guten Überblick darüber, welche Schritte bei Veränderungsprozes-
sen zu berücksichtigen sind Eines der bekanntesten Modelle im Change Management
ist von Kurt Lewin. Es wird in drei Phasen unterteilt: Auftauen (Unfreezing), Bewegen
bzw. Verändern (Changing), Stabilisierung bzw. Einfrieren (Refreezing) (Kauffeld &
Schneider, 2011, S. 57–59). Welchen Einfluss die Phasen und deren wirkenden Kräfte
auf die Betriebsleistung haben, wird in Abbildung 2 ersichtlich. So gibt es Kräfte in der
Veränderungs-prozesse
Routine-aufgaben
Projekte
Abbildung 1: Überschneidungen Prozess- & Projektmanagement (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kraus & Westermann, 1997, S. 188)
8
Organisation, die den Wandel verhindern („restraining forces“) und jene, die den Wandel
vorantreiben („driving forces“). Im Change Prozess muss vor allem in der zweiten Phase
– der Veränderung - für ein Gleichgewicht gesorgt werden, d.h. die widerstrebenden
Kräfte sind zu reduzieren und die antreibenden Kräfte sollten verstärkt werden (Gairing,
2017, S. 47).
Abbildung 2: Das 3-Phasen Modell von Kurt Lewin (Quelle: microtech GmbH, 2017)
In der erste Phase soll die Motivation zur Veränderung durch das Aufzeigen der Diskre-
panz zwischen bestehenden und angestrebten Verhaltensweisen erzeugt werden. Hier-
für benötigt es eine Diagnose der Ist-Situation sowie eine Problemanalyse, die den Ver-
änderungsbedarf, die Vorgehensweise und die Bereitstellung von Ressourcen (z.B.
neue Mitarbeiter, IT-Technologien) beinhaltet. Ziel des „Auftauens“ ist es Betroffenheit
zu erzeugen, Akzeptanz zu schaffen, Widerstände abzubauen und die Dringlichkeit her-
vorzuheben (Kauffeld & Schneider, 2011, S. 58).
Die Implementierung von Interventionsmaßnahmen erfolgt in der zweiten Phase. Dabei
sollen neue Konzepte, Verhaltensweisen und Werte durch Interventionen in die Organi-
sationsstruktur integriert werden. Durch gemeinsame Visionen bzw. Ziele werden die
Organisationsmitglieder über alle Hierarchien zur Beteiligung motiviert. Der Change
Agent als Träger der Organisationseinheit holt sich die Unterstützung vom Management
und initiiert bzw. überwacht die richtige Kommunikation der Ergebnisse (Kauffeld &
Schneider, 2011, S. 58).
9
Sind die Veränderungen integriert, steht die Stabilisierung bzw. die nachhaltige Veran-
kerung in der dritten und letzten Phase im Vordergrund. Das „Wiedereinfrieren“ beinhal-
tet aber auch eine kritische Reflexion der Prozesse und Ergebnisse sowie eine Doku-
mentation und Evaluation. Destabilisierende Maßnahmen wie z.B. Informationsflut, wi-
dersprüchliche Informationen oder das Durchbrechen von Ritualen (z.B. tägliches Mee-
ting) müssen vermieden werden. Dahingegen sollten stabilisierende Maßnahmen wie
z.B. die Einführung eines Regelsystems, ein konstantes Verhalten wichtiger Akteure und
die Schaffung von Identität gefördert werden (Kauffeld & Schneider, 2011, S. 58–59).
Vahs (2012) erweitert das Modell von Lewin und verbindet die psychologische mit der
sachlichen Ebene. Die Schritte Analyse, Planung, Umsetzung, Kontrolle und Weiterent-
wicklung werden im Change Prozess umgesetzt. Diesen integrativen Ansatz nutzen wie-
derrum Rank und Scheinpflug für ihre Change Management Arbeitspakete, die im fol-
genden Kapitel genauer beschrieben werden (zitiert nach Vahs & Weiand, 2013, S. 12).
2.3.2 Change Management Arbeitspakete von Rank und Scheinpflug
Die fünf Change Management Arbeitspakete von Rank und Scheinpflug (2010) sind Teil
des Change Prozesses (siehe Abbildung 3). Ein Arbeitspaket ist dabei eine Bündelung
von zusammenhängenden Aufgaben im Change Management Masterplan und wird
durch ein professionelles Projektmanagement abgewickelt. Die einzelnen Aufgaben in
den Arbeitspaketen variieren jedoch und sind vom Veränderungsanlass, der Unterneh-
menshistorie und Unternehmenskultur abhängig (S. 32).
Abbildung 3: Arbeitspakete im Change Management von Rank & Scheinflug (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Rank & Scheinpflug, 2010, S. 34)
10
Auch die vier Kernthemen von Stolzenberg und Heberle (2013) sind im Masterplan inte-
griert: Start mit Vision, Kommunikation, Beteiligung und Qualifizierung der Betroffenen
(S. 6).
Vor allem die Kommunikation ist ein zentraler Erfolgsfaktor, der den Change Manage-
ment Prozess in allen Phasen begleitet. Hierbei geht es nicht nur um die Information an
die Betroffenen, sondern auch um die Förderung von Dialog und Austausch. Fragen, die
Mitarbeiter haben, können sehr unterschiedliche Themen betreffen. Neben den grund-
sätzlichen Fragen wie Zielsetzung und Hintergründe der Veränderung interessieren sich
die Mitarbeiter vor allem für die Auswirkungen auf den eigenen Arbeitsplatz. Dabei kom-
men Fragen auf wie „Ist mein Arbeitsplatz noch sicher“ oder „Inwiefern verändern sich
meine täglichen Aufgaben und bin ich diesen gewachsen?“. Das bedeutet, dass nicht
nur Inhalte vermittelt werden sollten, sondern dass die Verantwortlichen auch auf die
emotionale Situation der Betroffenen eingehen müssen (Stolzenberg & Heberle, 2013,
S. 68).
Dabei ist die Beteiligung bzw. aktive Mitarbeit der Mitarbeiter am Prozess ausschlagge-
ben für den Erfolg. Sie sollen die Möglichkeit erhalten Einfluss zu nehmen und sich mit
dem Veränderungsprozess auseinandersetzen. Durch den Austausch zwischen Change
Agent und den Initiatoren der Veränderung sowie zwischen Führungskräften und Mitar-
beiter können Hinweise und Ideen gesammelt werden (Stolzenberg & Heberle, 2013,
S. 126).
Ein weiteren Schlüsselfaktor ist die Qualifizierung, die zwar erst relativ spät im Change
Management Prozess vorkommt, jedoch für eine erfolgreiche Veränderung unverzicht-
bar ist. Im Arbeitspaket „Training“ muss sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter die
neuen Anforderungen meistern können. Hierfür müssen die Mitarbeiter über entspre-
chende Kompetenzen und Qualifikationen verfügen. Diese gehen von fachlichen The-
men bis hin zu überfachlichen Inhalten. Es reicht nicht nur Schulungen oder Trainings
anzubieten um das Wissen zu erweitern, es muss auch angewendet werden (Stolzen-
berg & Heberle, 2013, S. 186).
11
3 Die 5 Dimensionen der Arbeitsflexibilität
Laut Zinser (2004) lässt sich die Arbeitsflexibilität in vier Typen einteilen: Ortsflexibilität,
Raumflexibilität, organisatorische Flexibilität und technische Flexibilität (S. 17-18). Eine
ähnliche, jedoch erweiterte Definition bietet das FlexWork-Phasenmodell mit seinen fünf
Phasen zur Einführung mobil-flexibler Arbeit. Diese Modell hat seinen Ursprung bei
Microsoft mit der Initiative „Home Office Day Schweiz“. Es basiert auf dem sozio-techni-
schen Systemansatz. Auf den folgenden fünf Dimensionen findet die örtliche und zeitli-
che Flexibilisierung statt (Weichbrodt et al., 2014, S. 11–12):
a) Infrastruktur & Architektur
Durch eine entsprechende Infrastruktur kann eine Ortsflexibilität gewährleistet werden.
Diese zeigt sich zum einen durch eine Arbeitsplatzflexibilität im Gebäude, d.h. durch die
Einführung einer mobilen Sitzordnung. Zum anderen ist bei unterschiedlichen Firmen-
standorten eine unternehmensweite Arbeitsplatzflexibilität möglich. Bei Arbeitsplätzen
außerhalb des Firmengebäudes spricht man von einer mobilen Arbeitsplatzflexibilität
(Zinser, 2004, S. 17–18).
Eine Flächenflexibilität wird realisiert, wenn Büroflächen für unterschiedliche Nutzungs-
möglichkeiten entstehen. Damit erreicht man auch eine Nutzungsflexibilität, da die Ar-
beitsplätze für unterschiedliche Arbeitsszenarien zur Verfügung stehen. Der tatsächliche
Arbeitsort und zugeordnete Ort müssen nicht übereinstimmen. So können vielfältige Zo-
nen wie bspw. Rückzugsräume oder auch Begegnungsräume sinnvoll eingesetzt wer-
den. Durch die Nutzung von Hubs bzw. Co-Working Locations wird den neuen Bürowel-
ten eine Flächeneffizienz sowie die Förderung von Agilität und Zusammenarbeit ermög-
licht. Einzelbüroräume werden geöffnet und zu mehr Flächen für Kommunikation und
damit weniger Einzelarbeitsplätze gestaltet. Mitarbeiter können wählen, welcher Arbeits-
platz gerade für die jeweilige Tätigkeit am besten geeignet ist. Auch „Desk Sharing“ ist
ein Thema, vor allem, wenn die Ressourcen knapp sind (Klaffke, 2017; Weichbrodt et
al., 2014, S. 14; Zinser, 2004, S. 17–18).
Dieser „Übergang von traditionellen Bürokonfigurationen zu zukunftsorientierten Büro-
landschaften“ beinhaltet einen „tiefgreifenden Veränderungsprozess.“ (Klaffke, 2017).
Die Umsetzung wird aber nur durch entsprechende Technologien ermöglicht.
b) Technologie
Die technische Flexibilisierung lässt sich unterteilen in IT-Flexibilität und Telekommuni-
kationsflexibilität (Zinser, 2004, S. 17–18). Um ortsunabhängig arbeiten zu können, müs-
sen die Mitarbeiter mit mobiler Hard- und Software ausgestattet werden. Dazu gehören
vorwiegend Laptops, Smartphones und ein mobiler Internetzugang. Eine gemeinsame
12
Bearbeitung von Dokumenten z.B. über Sharepoints ist dabei besonders wichtig. Re-
mote-Access-Service, Unified Communication & Collaboration und Intranet als Mehr-
weg-Kommunikation bzw. firmeninterne soziale Netzwerke („Enterprise Social“) sind
weitere Tools zur Unterstützung flexiblen Arbeitens (Weichbrodt et al., 2014, S. 14–15).
c) Betriebliche Regelungen und HR-Maßnahmen
Arbeitsflexibilität sollte sich auch in den betrieblichen Regelungen widerspiegeln. Klare
Vorgaben für mobil-flexibles Arbeiten und konkrete Maßnahmen in der Personalentwick-
lung sind dabei unabdingbar (Weichbrodt et al., 2014, S. 15). Zu ersterem gehört die
Arbeitszeitflexibilität. Gleitzeitregelung bzw. flexible Arbeitszeiten werden oft angeboten
und schaffen Spielräume für individuelle Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben. Eine
noch nicht so durchgesetzte Regelung ist die Vertrauensarbeitszeit, die derzeit noch für
viel Skepsis sorgt (Schmitz, 2006, S. 42).
Unter einer organisatorischen Flexibilität versteht man aber auch eine Teamprozessfle-
xibilität, eine Entlohnungsflexibilität und eine Sozialflexibilität (z.B. Aktivitäten zur Unter-
stützung von Work-Life-Balance) (Zinser, 2004, S. 17–18).
d) Führungskultur
Hier stellt sich die Frage, wie Führung praktiziert wird. Für ein flexibles Arbeiten bedarf
es einer ziel- und ergebnisorientierten Führung und flache Hierarchien. Durch eine pro-
jektbasierte Organisationform gibt es dann meist mehr als nur eine Führungsperson. Zur
Leistungsbeurteilung wird auf ein 360-Grad-Feedback1 zurückgegriffen (Weichbrodt et
al., 2014, S. 16).
e) Werte und Normen
Je nach Organisationskultur gehören auch Befürchtungen dazu, dass z.B. im Home
Office zu wenig gearbeitet wird oder im Gegenzug die Befürchtung einer Entgrenzung,
d.h. dass Mitarbeiter zu viel arbeiten. Dennoch sollte nicht der Einfluss auf den Employer
Brand unterschätzt werden. Arbeitsflexibilität als Botschaft nach außen kann eine Stei-
gerung der Arbeitgeberattraktivität hervorbringen (Weichbrodt et al., 2014, S. 16–17).
Für jede dieser erwähnten Dimensionen gibt es jeweils fünf Entwicklungsphasen. Die
Studien von Weichbrodt et al. (2014) hat gezeigt, dass sich das Phasenmodell vor allem
als Diagnoseinstrument einsetzten lässt. Jedes Unternehmen muss für sich analysieren,
in welcher Phase es sich gerade befindet und wie groß der Handlungsbedarf ist (S. 12).
Die folgenden Arbeitspakete sollen bei der Umsetzung unterstützen.
1 Ein Beurteilungsinstrument, bei dem neben einer Selbsteinschätzung auch eine Beurteilung
durch Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter und internen, externen Kunden erfolgt (Nier-meyer & Postall, 2010, S. 166–167).
13
4 Change Management Arbeitspakete zur Umset-
zung flexiblen Arbeitens
4.1 Initiierung & Planung
In dieser Phase steht die Formulierung einer neuen Vision durch das Top-Management
im Vordergrund. Mit Hilfe eines Visionsentwicklungs-Workshops inklusive der Durchfüh-
rung von Interviews und der Vorbereitung einer SWOT-Analyse können Ideen entworfen
werden (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 12–21).
Mit dem Hervorbringen einer Vision wird auch die Analyse der Ausgangslage relevant.
Bei einem Veränderungsprozess wie der Arbeitsflexibilität sollte das Unternehmen auf
eine Mitarbeiterbefragung zurückgreifen. Damit lässt sich nicht nur der Ist-Stand analy-
sieren, sondern auch die Veränderungsfähigkeit und die Veränderungsbereitschaft der
Mitarbeiter. Durch selektive Einzelinterviews erfahren die Initiatoren auch, welche Aus-
wirkungen die Veränderung auf deren Tätigkeiten haben (Rank & Scheinpflug, 2010,
S. 32).
Der Start des Change Prozesses kann mit einem Visions-Kick-off für Führungskräfte an-
gekündigt werden. Dabei wird den Teilnehmern ein konkretes Bild vermittelt bzw. die
Inhalte und die Vision lebendig beschrieben. Daraufhin sollte auch schon eine Visions-
Informationsveranstaltung für Mitarbeiter aller Hierarchieebenen folgen. Die Ergebnisse
aus der Mitarbeiterbefragung können hier präsentiert werden. Damit sollen die Mitarbei-
ter auch den Hintergrund dieser Veränderung verstehen und eine Vorstellung haben,
welchen Einfluss diese auf den Arbeitsalltag haben wird. Die Vorteile, die sich aus der
Arbeitsflexibilität für jede Zielgruppe ergeben, sollten hervorgehoben werden. In einem
Visionsdialog in den organisatorischen Einheiten werden die Inhalte noch einmal mit
dem direkten Vorgesetzen besprochen. Fragen, was sich bzgl. der Arbeitsinhalte und
Arbeitsabläufe ändert, können auch im jährlichen Zielvereinbarungsgespräch integriert
werden (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 30–43).
Von besonders großer Bedeutung ist in dieser Phase die Ernennung eines Change Ma-
nagers, der für den Aufbau eines Change-Agent-Netzwerks zuständig ist. Die Change
Agents als Multiplikatoren sind oftmals Schlüsselpersonen, die z.B. pro Tochtergesell-
schaft oder Abteilung, jeweils die Vision weitertragen und bei der Erstellung eines
Change-Management-Plans bzw. Aktionsplans unterstützen (Rank & Scheinpflug, 2010,
S. 32).
14
4.2 Implementierung: Der Change Management Masterplan
4.2.1 Sponsor- & Leadership
Wenn die Vision und der Aktionsplan steht, dann müssen sich die Führungskräfte fragen,
wie sie die Mitarbeiter abholen – denn nur gemeinsam kann dieser Veränderungspro-
zess gelingen. Der bzw. die Geschäftsführer oder Vorstände haben hierbei die Rolle als
Sponsor, die Führungskräfte sollen als Leader fungieren (Rank & Scheinpflug, 2010,
S. 32). Mit dieser Vorbildfunktion sollen sie Commitment und Engagement zeigen.
Glaubwürdig wirken sie aber erst, wenn sie die neuen Möglichkeiten der Arbeitsflexibilität
ebenfalls nutzen. Das bedeutet, dass sie z.B. auch auf das Einzelbüro verzichten, die
Lounge nutzen oder einen Home-Office-Tag einlegen. Von Anfang an zählt auch die
Einbindung der Mitarbeiter als sogenannte „Co-Architekten“ z.B. über Sounding Boards
oder Ideenwettbewerbe. Letzteres wird auch nochmal unter Punkt 4.2.2. erwähnt. Eine
ebenso effektive Methode ist die „Office-Warming-Party“ zur Eröffnung eines neu de-
signten Bürobereiches. Mitarbeiter, die diese Entwicklung noch vor sich haben, können
schon einen ersten Einblick erhalten. Durch diese Feierlichkeiten wird mit dem Fortschritt
zudem etwas Positives symbolisiert, sodass auch der Wandel in eine flexible Unterneh-
menskultur unterstützt wird. Dafür benötigt es auch Regeln, die vom Management vor-
gegeben werden. Bei mobilen Arbeitsplätzen sollte es z.B. Regeln zum Aufräumen des
Arbeitsplatzes oder Leitlinien zur Lautstärke geben. Diese Regeln können zusammen
mit einem Erfahrungsaustausch in Team-Workshops erarbeitet werden (Klaffke, 2017).
Alle diese Maßnahmen sind aber nur dann effizient, wenn auch der Führungsstil ent-
sprechend zur neuen Unternehmenskultur passt. Mehr Flexibilität fordert eine Führung,
die sinnstiftend ist und eine Einmischung in die Arbeit der Mitarbeiter nicht zulässt bzw.
notwendig macht. Dieser sogenannte „transformationale“ Führungsstil belohnt Leistung
mit Gegenleistung, wie z.B. Lob oder beruflicher Aufstieg. Diese Führungskräfte sind
charismatische Personen, die Vertrauen durch die Vermittlung erreichbarer Missionen
bzw. Visionen aufbaut. Durch emotionale Appelle werden die Mitarbeiter motiviert. Sie
erlaubt ihren Mitarbeitern Werte und Erwartungen wie der der Führungskräfte zu hinter-
fragen und fördert damit die intellektuelle Stimulierung. Darüber hinaus erfolgt eine indi-
vidualisierte Behandlung, bei der die Bedürfnisse jedes einzelnen Teammitgliedes be-
rücksichtig werden (Nerdinger, 2014, S. 90). Kaum ein Unternehmen besteht hauptsäch-
lich aus transformativen Führungskräften. Die Eigenschaften können aber erlernt wer-
den. Vorab und auch während dem Change Prozess könnte der Bedarf an Maßnahmen
zur Führungskräfteentwicklung über ein 360-Grad-Feedback ermittelt werden. Das
Thema wird unter dem Punkt „Training“ (siehe 4.2.4.) nochmals vertieft.
15
4.2.2 Kommunikation
Wie bereits erwähnt, findet die Kommunikation bereits mit der Vorstellung der Vision
statt: „Eine Vision lebt, wenn sie immer wieder in aller Munde ist.“ (Stolzenberg & He-
berle, 2013, S. 29). Dabei gibt es verschiedene Interessensgruppen bzw. Stakeholder
innerhalb und außerhalb eines Unternehmens, die vom Change Management Prozess
betroffen sind und bereits im Arbeitspaket „Veränderungsanalyse“ identifiziert wurden.
Die Kommunikation hat zum Ziel diese zu mobilisieren und am Prozess teilhaben zu
lassen (Rank & Scheinpflug, 2010, S. 32–33; Rank & Neumann, 2016, S. 11).
In einem Kommunikationskonzept soll beschrieben werden, wie das Change-Manage-
ment-Projekt kommunikativ unterstützt wird, denn: „Kommunikation ist planbar.“ (Stol-
zenberg & Heberle, 2013, S. 71). Für die Erstellung des Konzeptes muss sich das Top-
Management u.a. folgende Fragen stellen: Wer sind die Zielgruppen? Was soll durch die
Kommunikation erreicht werden und mit welchen Medien ist das möglich? Wann sollten
diese Medien eingesetzt werden? Die Antworten darauf werden in einem übersichtlichen
Kommunikationsplan integriert. Die Termine dienen zur Kontrolle und erleichtern die Pla-
nung. Der Mix an Medien sollte zumindest alle vier Kriterien abdecken: kurzfristig, regel-
mäßig, interaktiv und dauerhaft verfügbar (Stolzenberg & Heberle, 2013, S. 72–77). Im
Folgenden werden einige Maßnahmen näher vorgestellt:
Für einen ersten Gesamtüberblick eignet sich ein Info-Markt. An den Informationsstän-
den werden einzelne Themenschwerpunkte präsentiert, wie z.B. die Vorstellung der
neuen IT-Infrastruktur oder die Planungsarbeiten zur Büroumstellung mit Skizzen bzw.
Bildern. Die Teilnehmer gehen dann in kleinen Gruppen von Stand zu Stand. Feedback
und Interaktionen könnten zusätzlich ermöglicht werden. Eine Möglichkeit wäre die
Durchführung einer Umfrage zu verschiedenen Plänen der Raumaufteilung. Die neuen
IT-Lösungen könnten ebenfalls ausprobiert werden (Stolzenberg & Heberle, 2013,
S. 90).
Will man in regelmäßigen Abständen eine große Zielgruppe erreichen, dann empfehlen
sich Newsletter oder eine eigene Homepage im Intranet. Informationen im Intranet ha-
ben den Vorteil, dass sie dauerhaft zur Verfügung stehen. Neue Mitarbeiter können sich
somit auch leicht einlesen, insbesondere, wenn auch entsprechende Unterlagen, Mate-
rialien, Präsentationen oder sogar ein Glossar bzw. FAQ veröffentlicht wurden. Weitere
Features sind „Who is Who“, Termine bzw. Kalender sowie Checklisten. Das Intranet
kann auch interaktiv gestaltet werden, in dem Feedback seitens der Mitarbeiter eingeholt
wird. Das Intranet ermöglicht eine hohe Sichtbarkeit des Topmanagements und hat eine
große Reichweite, was vor allem für Unternehmen mit mehreren Standorten vorteilhaft
ist. Hier setzt auch der erste Schritt in Richtung flexibles ortunabhängiges Arbeiten an.
16
Für kleinere Unternehmen oder für die Bekanntgabe von wichtigen Informationen, wie
z.B. über das Startdatum der Umstellung des Standard-Client, können auch Wandzei-
tungen hohen Nutzen haben. Diese werden z.B. in der Kantine oder im Aufenthaltsraum
platziert und mit Grafiken oder Bildern hervorgehoben (Stolzenberg & Heberle, 2013,
S. 109–117). Ein ebenfalls kreativer Ansatz ist das Aufzeigen eines Zukunftsentwurfes
mit Hilfe einer „Change Story“. Ziel ist es, die Mitarbeiter emotional zu erreichen
(Klaffke, 2017).
Bei all diesen Maßnahmen ist zu beachten: „Kommunikation ist die eigentliche Arbeit,
Kommunizieren ist der Job der Führung.“ (Doppler & Lautenburg, 2008, S. 350).
Während einer Teamrunde können sich Mitarbeiter und Führungskraft über fachliche
Probleme austauschen. Hierfür ist die Nutzung der regelmäßigen Team Jour Fixes, die
unabhängig vom Veränderungsprozess stattfinden, sinnvoll. Im vertrauten Rahmen wird
offen diskutiert und der Vorgesetzte informiert über Neuerungen aus dem Projekt, die
über die Hierarchiestufen top-down weitergegeben wurden (Stolzenberg & Heberle,
2013, S. 101–105). Eine andere Variante ist die Brownbag-Sitzung. Sie ist eine „kurze
Veranstaltung (ca. 2 Stunden), in der in einem entspannten Rahmen Informationen an
unterschiedlich große Teilnehmergruppen vermittelt werden können.“ (Stolzenberg &
Heberle, 2013, S. 118). Eine ähnliche Veranstaltung ist das „Lunch & Talk“ oder auch
„Frühstück mit dem Vorstand“. Dabei trifft sich ein Mitglied aus dem Top-Management
mit einer Gruppe an freiwilligen Mitarbeitern zu einem gemeinsamen Essen, bei dem
sehr offen Fragen gestellt werden können (Vahs & Weiand, 2010, S. 329).
4.2.3 Organisation Alignment
Es ist wichtig, dass ein Unternehmen sich in Hinblick auf das Veränderungsziel generell
neu ausrichtet und sich der Vision anpasst. Das beinhaltet vor allem die Einführung einer
neuen Ablauf- und Aufbauorganisation. Interne aufwendige Prozesse sollten durch so-
genannte Workflows (z.B. SharePoint) verschlankt und automatisiert werden. Das Pro-
jektmanagement muss agiler werden. Scrum als Managementsystem ist eine Möglich-
keit das IT-Anforderungsmanagement zu unterstützen. Regeln für Meetings gehören
überarbeitet. Die Aktivitäten rund um das Personalmanagement werden ebenfalls ange-
passt, z.B. bei den Stellenausschreibungen, Zeiterfassung oder mittels eines Transfor-
mationsplans für mögliche Personalversetzungen. Im Bereich Compensation & Benefits
kann eine Anreiz-Strategie für Change Agents, Führungskräfte und Mitarbeiter integriert
werden (Rank & Scheinpflug, 2010, S. 33). In Bezug auf die Arbeitsflexibilität könnten
auch fixierte Offline-Zeiten als fester Bestandteil der Firmenkultur die Gefahr einer Ver-
mischung von Berufs- und Privatleben verringern (Weichbrodt et al., 2014, S. 16).
17
Generell müssen sich einige Abteilungen im Unternehmen mit neuen Themen und
Trends auseinandersetzten. Durch den freien Zugriff auf Daten ist z.B. IT-Security und
Datenschutz bzw. Datensicherung ein heikles Thema. Damit entstehen ggf. neue Job-
profile und neue Möglichkeiten für Mitarbeiter sich intern weiterzuentwickeln. Auch neue
Stabstellen zur Beratung des Top-Managements durch sogenannte „Business Process
Manager“ oder „Supply Chain Manager“ sind denkbar. Bei der Anpassung der Organi-
sation an die Veränderung ist die Einbindung der Mitarbeiter und damit das Commitment
unerlässlich (Klaffke, 2017).
4.2.4 Training
Für alle Änderungsschritte und Neuerungen bedarf es auch das Entwickeln von Res-
sourcen und Fähigkeiten, die das Arbeiten erleichtern - sogenannte „Capability“ (Klaffke,
2017). Die Planung von Trainings erfolgt dabei in Abstimmung mit dem Kommunikati-
onsaktivitäten. Wird bspw. im Intranet die Einführung eines neuen Workflow-Formulars
für Personalbedarfsanforderungen beworben, muss gleichzeitig eine Art Quickguide mit-
geliefert werden. Unabhängig davon beginnt die Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs
schon mit dem Start des Change Prozesses, nämlich z.B. um die Veränderungsbereit-
schaft der Führungskräfte zu erheben. Dem folgt ein Trainingskonzept mit Zeitplan und
der Erstellung von entsprechenden Materialien (Rank & Scheinpflug, 2010, S. 33).
In einem Change Prozess zur Arbeitsflexibilität wird ein Unternehmen hauptsächlich auf
Training-on-the-Job zurückgreifen. Die individuelle Qualifizierung erfolgt dabei durch die
permanente Konfrontation mit den zu bewältigenden Aufgaben am Arbeitsplatz. Die Ge-
staltung und Umsetzung muss jedoch entwicklungsorientiert und systematisch verlau-
fen. Durch den Wechsel zwischen Entwicklung und Einsatz sind Methoden, wie Unter-
weisungen am Arbeitsplatz oder Projektarbeiten, sehr praxisnah und somit erfolgsver-
sprechend (Berthel & Becker, 2013, S. 499).
Aber auch klassische Seminare und Kurse für die Entwicklung von Fachkenntnissen,
wie z.B. der Umgang mit neuen IT-Programmen, oder zur Persönlichkeitsentwicklung,
wie z.B. Effizientes Zeitmanagement, sind möglich. Diese zählen zur Personalentwick-
lung außerhalb des Arbeitsplatzes (Training-off-the-Job) und können entweder innerbe-
trieblich oder außerbetrieblich stattfinden. Da sich auch die Personalentwicklung dem
Wandel unterziehen muss, gibt es mit der Einführung von Distance-Learning oder Blen-
ded Learning2 die Möglichkeit den Change Prozess hin zur Arbeitsflexibilität zu unter-
stützen (Berthel & Becker, 2013, S. 512–514).
2 Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen mit modernen Methoden eines eLear-
ning (Berthel & Becker, 2013, S. 514).
18
Abgesehen von den Maßnahmen der Personalentwicklung können Führungskräfte oder
Team-Leader ebenfalls die Handlungskompetenz ihrer Mitarbeiter fördern, bspw. durch
ein Willkommenspaket am ersten Tag mit Informationen zum neuen Büro oder dem Aus-
hang eines „Floor Walker“, der die neue Technik vermittelt. Dabei wird auch die Selbst-
organisation der Mitarbeiter begünstigt. Generell sollten Führungskräfte lernen Anwei-
sungen durch Ergebnisorientierung zu ersetzen. Hierfür können Coachings für die Re-
flexion der neuen Rolle eingesetzt werden (Klaffke, 2017).
Um die Veränderungskompetenz bei Führungskräften zu fördern, helfen diverse Ma-
nagement-Development-Programme. Hierzu zählt auch die Veränderungswerkstatt, die
das Erlernen von Verhalten und Einstellung auf zwei Ebenen unterstützt. Auf der Trai-
ningsebene werden Methoden und Vorgehensweisen vermittelt und an Rollenspielen
bzw. Fallbeispielen erprobt. Die realen Veränderungsvorhaben werden auf der Work-
shopebene durch die Teilnehmer selbständig erarbeitet (Stolzenberg & Heberle, 2013,
S. 206). Die dabei entstehende Führungskoalition sollte bestenfalls aus Mitgliedern mit
den bereits erwähnten „transformationalen“ Führungsstil bestehen. Zwei Typen von In-
dividuen sollten laut Kotter (2015) vermieden werden: „Egos, die einen Raum ausfüllen
und keinen Platz für irgendjemand anderen frei lassen. […] Schlangen: Leute, die genü-
gend Misstrauen säen können, um jede Art von Teamarbeit zu töten.“ (S. 52).
In einem späteren Schritt steht die Teamentwicklung im Vordergrund. Unter Teams ver-
steht man nicht nur einzelne Abteilungen, sondern auch Arbeits- und Projektgruppen.
Die Teamentwicklung soll die Zusammenarbeit in Gruppen unterstützen. Dabei werden
gemeinsam Spielregeln entwickelt, welche auch gemeinsam erlernt werden (Stolzen-
berg & Heberle, 2013, S. 212–215).
Ein ähnlicher Ansatz ist das Action Learning, welcher dazu dient, „gemeinsam Lösungs-
ansätze für aktuell drängende Probleme aus dem Arbeitsalltag zu entwickeln, die von
einer möglichst großen Personenmehrheit mitgetragen werden. Es ist damit eine Mi-
schung aus Problemlösung und Lernprozess und kann als eine neuere Variante des
klassischen Projektlernens gesehen werden, die einen höheren Grad an Selbstorgani-
sation aufweist.“ (Schiersmann und Thiel 2009; zitiert nach Vahs & Weiand, 2010,
S. 259). Dieses Konzept beruht auf den Austausch von Kollegen und beinhaltet die Bil-
dung einer Lernpartnerschaft (Vahs & Weiand, 2010, S. 259).
Aber auch hier besteht wieder eine Wechselwirkung zu den anderen Arbeitspaketen.
Ohne Motivation der Mitarbeiter (z.B. durch dem Gefühl der Dringlichkeit) werden die
Ressourcen für die Personalentwicklung verschwendet. Und gerade der Erfolg der Per-
sonalentwicklung wird erst mit einer Evaluation sichtbar. Das führt uns zum letzten Ar-
beitspaket – dem Change Monitoring.
19
4.2.5 Change Monitoring
Ganz nach dem Sprichwort "What gets measured gets done" signalisiert ein Change
Monitoring der Belegschaft, dass der Change Prozess wirklich ernst gemeint ist (Berner,
2014). Das Change Monitoring befasst sich mit der Frage, inwiefern Arbeitspakete er-
folgreich umgesetzt und die Veränderungsziele erreicht wurden. Dabei werden quantita-
tive und qualitative Kennzahlen für alle Arbeitspakete definiert und geeignete Instru-
mente zur Erhebung der Kennzahlen festgelegt. Diese Kennzahlen werden kontinuier-
lich z.B. durch Umfragen überprüft (Rank & Scheinpflug, 2010, S. 33).
Kennzahlen zur Effizienz beinhalten die Dauer und Kosten des Veränderungsprozesses,
z.B. Kosten für Kommunikationsveranstaltungen. Die Effektivität lässt sich in zwei Kom-
ponente unterteilen, zum einen die Erreichung der Geschäftsziele und zum anderen die
Akzeptanz bzw. Identifikation der Mitarbeiter mit dem Wandel (= Commitment to
Change). In Bezug auf die Geschäftsziele hat die Arbeitsflexibilität eher einen indirekten
Einfluss, z.B. steigende Kundenzufriedenheit durch motivierte Mitarbeiter oder neue in-
novative Geschäftsprozesse durch kreative Impulse und flache Hierarchien. Aber auch
die Anzahl der Teilnehmer bei den oben erwähnten Trainingsmaßnahmen oder die An-
zahl der Fragen während dem Info-Markt können in die Kennzahlenkarte integriert wer-
den (Rank & Neumann, 2016, S. 10–13). Dennoch gilt der „Grundsatz, nur die Dinge
nachzuhalten, die man zwingend wissen muss, um beurteilen zu können, ob das Pro-
gramm auf dem richtigen Weg ist. Je schlanker ein Controlling angelegt ist, desto höher
ist in aller Regel seine Akzeptanz.“ (Berner, 2014).
Das Change Monitoring unterstützt den Wandel zur Arbeitsflexibilität indem es zu einer
eindeutigen Formulierung von Zielen zwingt. Es unterstreicht damit die Dauerhaftigkeit
und Ernsthaftigkeit des Prozesses. Durch das Festlegen von Kennzahlen muss eine
Präzisierung und Operationalisierung des Soll-Zustandes stattfinden (siehe auch Pkt. 3
Die 5 Dimensionen der Arbeitsflexibilität). Das ermöglicht wiederum eine Überprüfbarkeit
und verhindert, dass der Change Prozess in eine falsche Richtung geht (Berner, 2014).
Laut Berner (2014) sind es vor allem Projekte zur Kulturveränderung, wo die Planung
oftmals lückenhaft ist. Ein Wandel hin zu flexiblen Arbeitens kann nur durch eine Ände-
rung der Unternehmenskultur erfolgreich sein. Es ist gerade dann ein „Culture Control-
ling“ notwendig, wenn die definierte Sollkultur mehr als ein moralischer Appell sein soll.
In erster Linie konzentriert man sich hier auf das Verhalten der Mitarbeiter und dessen
Ergebnisse, da eine Überprüfung von Einstellungen methodisch schwer durchführbar ist.
Letztlich ist es auch egal, welche Einstellung sich hinter einem Verhalten verbirgt – so-
lange das Ergebnis stimmt. Es reicht also, wenn Mitarbeiter die Regeln zur Lautstärke
einhalten, weil sie sonst Ärger bekommen.
20
Das Change Monitoring als eines der letzten Arbeitspakete geht in die letzte Phase des
Change Prozesses über – der Kontrolle & Stabilisierung. Das eigentliche Change Con-
trolling beginnt erst, wenn die Umsetzung vorbereitet wird. Strukturelle Änderungen, wie
z.B. die Einführung eines neuen IT-Systems, brauchen keine Kontrolle. Die Mitarbeiter
haben letztendlich keine andere Wahl als sich auf die neuen Gegebenheiten einzulas-
sen, wenn das alte System abgeschaltet wird. Bei der Arbeitsflexibilität geht es, wie oben
schon erwähnt, aber auch im Verhaltensänderungen und da haben die Mitarbeiter immer
eine Alternative. In dieser Phase geht es also darum, ob tatsächlich eine Verhaltensän-
derung erfolgt ist und ob sie sich stabilisiert (Berner, 2014).
Es wird endgültig überprüft, ob die Veränderungsziele bzw. Geschäftsziele erreicht wur-
den (Rank & Scheinpflug, 2010, S. 33). Das ist dann auch die Zeit um Erfolge zu feiern.
Hier ist nur wichtig, dass es nicht zu früh erfolgt bzw. nicht als endgültig symbolisiert
wird. Es kann drei bis zehn Jahre dauern, bis sich der Wandel in die Kultur verankert
hat. Es besteht die Gefahr, dass Ansätze sich zurückentwickeln und alte Verhaltensmus-
ter durchkommen. Auch das Top-Management darf sich nicht auf die Erfolge ausruhen
und muss das Gesamtziel im Auge behalten (Kotter, 2015, S. 16).
Laut Rank und Scheinpflug (2010) gibt es „viele Königswege für Change Management“
(S. 35) und es gilt „immer die spezifische Situation des Unternehmens […] zu beachten“.
(S. 35). Trotzdem finden sich auch in anderen Change Management Prozessen die im
Kapitel 4 aufgezeigten Arbeitspakete wieder, auch wenn der Weg dahin unterschiedlich
ist. Daran erkennt man, dass Change Management recht komplex ist und eine flexible
Herangehensweise an Planung und Umsetzung bedarf (Rank & Scheinpflug, 2010,
S. 35). Auch die Reaktionen auf die verschiedenen Veränderungsvorhaben variieren
und werden daher im nächsten Kapitel gesondert behandelt.
21
5 Herausforderungen im Change Prozess
5.1. Emotionen & Widerstände
Es ist ganz normal, dass Menschen auf Veränderungen mit Ängsten und Widerständen
reagieren. Veränderungen greifen in die Handlungsfreiheit ein oder können Eigeninte-
ressen bedrohen (Berner, 2016). Die Ursachen für Widerstände sind sehr verschieden.
Doppler und Lautenburg (2008) teilen die Betroffenen in drei Gruppen ein: Diejenigen,
die die Ziele, Hintergründe oder Motive des Change Prozesses nicht verstehen; diejeni-
gen, die die Ziele zwar verstanden haben, sie aber nicht glauben; diejenigen, die verste-
hen und glauben, aber nicht wollen bzw. können, da sie keine positiven Konsequenzen
erwarten (S. 337).
Grundsätzlich gibt es zwei Emotionen, die in einem Veränderungsprozess eine große
Rolle spielen: Angst und Reaktanz. Letzteres bedeutet, dass Mitarbeiter die bedrohten
Handlungsalternativen aufwerten und mit Widerstand versuchen ihre bedrohte Freiheit
zu bewahren. Es gibt noch weitere Ursachen für Widerstände, wie z.B. sachliche Vorbe-
halte gegenüber dem Vorgehen, Bedrohung von materiellen oder sozialen Besitzstän-
den sowie Rache und Vergeltung. Es ist jedoch bekannt, dass Menschen ihre Motive
und Gefühle oftmals nicht offen benennen. Sie versuchen vielmals über Sachargumente
ihre Ängste zu verbergen. Das macht die Diagnose von Widerständen sehr schwierig
(Berner, 2016).
Vor allem bei Change Prozessen, die eine Verhaltensänderung erfordern, reagieren die
Mitarbeiter eher mit Reaktanz. Im Beispiel der Arbeitsflexibilität, wo strukturelle und kul-
turelle Veränderungen zusammenkommen, mischen sich die emotionalen Reaktionen
(Berner, 2016). Der Übergang von bspw. geschlossenen Räumen zu einer offenen
Raumgliederung geht selten ohne Widerstände der Betroffenen vonstatten. Dieser doch
sehr große Eingriff in die Privatsphäre schnürt Ängste. Insbesondere Führungskräfte ha-
ben Angst vor den Verlust des Status, wenn sie die Einzelbüros aufgegeben sollen
(Klaffke, 2017). Aber auch ältere Mitarbeiter sind skeptisch gegenüber Veränderungen
oder fremden Situationen. Es fällt ihnen schwer sich auf neue Prozesse umzustellen.
Das liegt daran, dass sie seit Jahrzehnten bestimmte Abläufe gewohnt sind (Holz, 2007,
S. 137; Kalt, 2010, S. 242). Die Anpassung dieser gelebten Arbeitsroutinen dauert oft-
mals länger als die Modernisierung der Büros (Klaffke, 2017).
Wie schon erwähnt, ist es nicht leicht Widerstände sofort zu erkennen. Doch es gibt
einige Anzeichen, die aufmerksam machen sollten. So gibt es Mitarbeiter, die bisher
immer etwas am Unternehmen auszusetzen hatten und mit Start des Change Prozesses
auf einmal betonen, wie viele erhaltenswerte Seiten ihr Unternehmen doch hat und wie
22
wichtig es wäre, diese zu bewahren. Sie kommen dann mit vorgeschobenen Argumen-
ten, die je nach Situation eine andere Gestalt annehmen. Stoßen sie damit auf Wider-
spruch oder merken, dass ihre scheinbar rationalen Sachargumente nicht angebracht
sind, dann suchen sie sich andere Wege. Ein „Sich-Dumm-Stellen“, Dienst nach Vor-
schrift, Intrigen oder liegengelassene Arbeit aufgrund „anderer dringender Prioritäten“
sind Warnzeichen für mögliche Widerstände (Berner, 2016). Auf betrieblicher Ebene ist
ein erhöhter Krankenstand ebenfalls ein Indiz dafür, dass es intern Unruhen gibt (Dopp-
ler & Lautenburg, 2008, S. 338).
Einen Überblick über die emotionalen Reaktionen verschafft uns Doppler und Lauten-
burg (2008):
Offene Widerstände:
▪ Widerspruch (z.B. Gegenargumente)
▪ Aufregung (z.B. Streit, Gerüchte)
Verdeckte Widerstände:
▪ Ausweichen (z.B. Schweigen, Blödeln)
▪ Lustlosigkeit (z.B. Müdigkeit, Krankheit) (S. 339).
Als Initiator des Change Prozesses ist es gut zu wissen, welche emotionalen Reaktionen
auftreten könnten. Noch besser ist es zu wissen, wann sie auftreten könnten bzw. wann
sie am stärksten sind. Hierfür empfiehlt sich ein Blick auf das Phasenmodell von Roth,
welches die Leistung in Abhängigkeit von der jeweils vorherrschenden Projektphase
kennzeichnet. In Abbildung 4 ist erkennbar, dass es zwei kritische Phase gibt, wo die
Leistungen der Mitarbeiter stark nachlassen: Schock und Trauer (Roth, 2000, S. 16).
Abbildung 4: Wie Mitarbeiter Veränderung erleben (Eigene Darstellung, in Anlehnung an Roth, 2000, S. 16)
23
5.2. Bewältigung der Herausforderungen
„Wenn Veränderungsvorhaben scheitern, dann meistens nicht an den Widerständen
selbst, sondern an einem falschen Umgang mit ihnen.“ (Berner, 2016). Obwohl hinter
den Sachargumenten der Mitarbeiter versteckte Emotionen liegen könnten, ist es trotz-
dem sinnvoll, sich zunächst mit den Einwänden gegen das geplante Vorhaben ausei-
nander zu setzten und diese zu hinterfragen. Besteht aber wirklich der Verdacht auf Wi-
derstand, dann gibt es mehrere Möglichkeiten diese zu bewältigen. Es kann nämlich
sehr lange dauern bis sich Ängste von selbst legen oder der Betroffene sich seinem
Schicksal ergibt. Nur durch gute Kommunikation können die Mitarbeiter entlastet bzw.
ermutigt werden. Der Widerstand durch Reaktanz kann ebenfalls ohne fremdes Zutun
nachlassen, zumindest solange keine für den Betroffenen essenziellen Dinge bedroht
sind. Wünschenswert wäre aber ein Wandel von Reaktanz in Akzeptanz. Dies ist nur
dann möglich, wenn die betroffenen Mitarbeiter im Veränderungsprozess einbezogen
werden (Berner, 2016). Somit sind wir wieder bei den zwei Schlüsselfaktoren für ein
erfolgreiches Change Management: Kommunikation und Beteiligung.
Mit Kommunikation kann man sich den Ängsten stellen, indem man sie offen anspricht.
Hierfür gibt es ein paar Grundregeln, die eingehalten werden sollten:
▪ „Nicht argumentieren und überzeugen, sondern zuhören!
▪ Nachfragen, um genauer zu verstehen!
▪ Die Aussagen des anderen zutreffend mit eigenen Worten wiedergeben!
▪ Die Interessen und Bedürfnisse hinter den Gefühlen und Forderungen herausar-
beiten und auf sie eingehen!“ (Berner, 2016).
Damit werden zwar noch keine Probleme gelöst, aber es nimmt den Druck heraus. Die
Betroffenen haben das Gefühl, dass man sie ernst nimmt (Berner, 2016).
Das selbe Gefühl haben sie, wenn sie am Prozess beteiligt sind. Abgesehen von den
bereits erwähnten Methoden aus dem Change Management Masterplan ist noch die
Gründung eines Veränderungsprojektteams oder Beratungsteams möglich. Bei letzte-
rem werden Änderungswünsche direkt an den Change Agent weitergegeben. Bei einem
Multiplikatorenteam fungieren die Mitarbeiter ebenfalls als Schnittstelle. Möchte man
seine Ideen oder auch Sorgen anonym mitteilen, dann eignen sich schriftliche Beteili-
gungsmaßnahmen, wie z.B. Befragungen oder die Einrichtung eines Kummerkastens.
Eine spielerische Einbindung von Mitarbeitern wäre die Durchführung eines Mitarbeite-
rideenwettbewerbes. Bei all diesen Maßnahmen ist zu beachten, dass die Mitarbeiter
auch über die Ergebnisse informiert werden müssen (Stolzenberg & Heberle, 2013,
S. 148–182).
24
Während die Kommunikation und Beteiligung essentiell für den Projekterfolg ist, gibt es
trotzdem noch weitere grundsätzliche Methoden zum Umgang mit Widerständen. Zum
einen wäre da die Verhandlung, z.B. mit Betriebsrat. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn
Mitarbeiter in höheren Hierarchien oder Schlüsselpersonen befürchten, dass sie durch
die Veränderung etwas verlieren könnten. Durch die Verhandlung wird versucht ein al-
ternativer Anreiz zu schaffen. Eine weitere Methode ist die Belohnung, wie z.B. mit Ge-
haltserhöhung, Anerkennung oder Autonomie. Das macht aber nur dann Sinn, wenn sich
durch die Veränderung das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis verschlechtert hat.
Zwang, als eine radikale Methode, beinhaltet z.B. die Drohung mit Kündigung. Das ist
aber auf lange Sicht nicht erfolgsversprechend; ganz im Gegenteil zur Unterstützung mit
Coachings oder zusätzlichen Trainings. Die Manipulation als letzte mögliche Methode
sollte eher ein Ausnahmefall sein (Kotter und Schlesinger 1979; zitiert nach Kauffeld &
Schneider, 2011, S. 64).
25
6 Fazit & Ausblick
Ein Change Prozess ist ein langwieriges Vorhaben mit einigen Hürde, die zu meistern
sind. Viele Unternehmen scheitern an der Umsetzung aufgrund von schlechter Planung
oder auch fehlendes Know-How. Es lassen sich folgende Gründe für das Scheitern zu-
sammenfassen: zu viel Selbstgefälligkeit, d.h. die Dringlichkeit des Vorhabens wird nicht
geschaffen; keine ausreichend starke Führungskoalition; Unterschätzung der Kraft der
Vision; mangelnde Kommunikation der Vision; Zulassen von Hindernissen bzw. Wider-
ständen; Unfähigkeit zu schnellen Erfolgen; zu früh den Sieg erklärt; ein fehlendes Ver-
ankern der Veränderung in die Unternehmenskultur (Kotter, 2015, S. 3–18).
Für die Motivation der Mitarbeiter müssen Erfolge sichtbar gemacht werden. Die Füh-
rungskräfte sollten sich bestenfalls mit der Veränderung identifizieren, um auch Unter-
stützung anbieten zu können. Von Anfang an muss sich das Top-Management dafür
sensibilisieren, dass es zu Widerständen innerhalb des Teams kommen kann. In erster
Linie sollten sie die Widerstände auch so behandeln, als wenn es sich dabei um emoti-
onale Widerstände wie Angst, Reaktanz oder Rache handelt. Vor allem die Entwicklung
von Arbeitsflexibilität geht sehr stark mit einer Verhaltensänderung einher und die ist
nicht von heute auf morgen möglich. Es braucht auch ein Verständnis dafür, dass sich
die Handlungsfelder gegenseitig beeinflussen und nicht wie in einem Projekt aufeinander
aufbauen (Berner, 2016; Vahs & Weiand, 2013, S. 8).
In der Praxis helfen die weitverbreiteten Modelle von z.B. Lewin zwar bei der Reduktion
der Komplexität, aber sie gehen davon aus, dass ein Wandel planbar ist. Und hier liegt
der Trugschluss. Während die Modelle ihren Fokus auf klare Strukturen legen, befasst
sich die Organisationsentwicklung eher mit Prozessen. Organisationen müssen nicht
erst „aufgetaut“ werden und durch den ständigen Optimierungsdruck ist auch kein „ein-
frieren“ notwendig (Müller, 2012, S. 130). Betrachtet man nämlich den Change Prozess
auf Basis systemtheoretischer Ansätze, können Veränderungen nicht angeleitet werden,
sondern werden selbstorganisiert hervorgebracht (Kiel, 2010, S. 112).
Dynamische Veränderungsprozesse werden zukünftig auch immer mehr auf andere Me-
thoden zurückgreifen. So ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess z.B. mit Hilfe von
Kaizen oder Six Sigma mit Lean Management in aller Munde. Sie werden wahrscheinlich
die alten Modelle irgendwann einmal gänzlich ablösen.
26
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