1
Von Gudrun Schröck BOCHOLT. Dieter Hildebrandt konnte den Kleinkunstpreis „Bocholter Pepperoni“ nicht mehr entgegennehmen. In einer Ehrenveranstaltung wurde der Preis nun seiner Witwe Renate Hildebrandt überreicht. Gewidmet war „Ein Abend für Dieter Hilde- brandt“ dem Vater des deut- schen Kabaretts, dem es über Jahre hinweg gelang, Millionen zu begeistern. Klaus und Christa Hoffs hat- ten bei der Auswahl der Künstler auch diesmal das richtige Händchen und so wurde die Ehrenveranstal- tung im städtischen Büh- nenhaus zu einem besonde- ren Erlebnis. Mit einem musikalischen Feuerwerk eröffnete Sänge- rin und Gitarristin Nadja Kossinskaja, begleitet von Christoph Berghorn am Kla- vier, den Abend, der nach der feierlichen posthumen Verleihung des nordrhein- westfälischen Kleinkunst- preises ganz im Sinne von Dieter Hildebrandt amüsant und heiter wurde. Was der wortgewandte Ka- barettist Christoph Sieber sagt, ist schon witzig. Wie er es sagt, bringt die Leute dann richtig zum Lachen. Er recherchiert ordentlich, wie man es von einem echten Schwaben erwartet, und schlägt anschließend mit der kabarettistischen Keule zu. Vom politischen Kabarett bis zum Nonsens hat er alles auf dem Schirm. „Der Russe liest nicht unsere E-Mails, der liest unsere Gaszähler“, warnte er vor neuen Metho- den, die Menschen auszuspi- onieren. Stefan Waghubinger ist ein Meister der leisen Töne. Im- mer bereit sich anzupassen, versucht der Glücklose, „Ge- fühle zu zeigen, die ich we- der habe noch verstehe“. Sei- ne philosophischen Gedan- ken bei einem Glas Bier: „Ich hab nichts gegen die Natur, aber wenn die mit uns leben will, muss sie sich auch an- passen“, waren urkomisch und die Besucher lachten aus vollem Halse. Die Drohung, eine CD mit allen Bocholtern, die ein Konto in der Schweiz haben, auszupacken, machte Fi- nanzberater Hans-Jörg Frey nicht wahr. So blieb die Stimmung gut und seine Einblicke in die große Welt der Steuersünden amüsier- ten das Publikum köstlich. „Uli Hoeneß hatte mehr Bankkontakte als Ballkon- takte“, mutmaßte er. Ver- ständnis zeigte er für Alice Schwarzer. Immerhin sei der Euro eine patriarchische Währung, die D-Mark nicht. Man könnte meinen, Klaus und Christa Hoffs hätten sich das Beste für den Schluss aufgehoben. Das ist nicht richtig, Ennio Mar- chetto war etwas Besonde- res. Der Verwandlungskünst- ler wechselte in Sekunden- schnelle Kostüme aus Pappe und Papier und bot eine atemberaubende Show aus Pantomime, Tanz und Mu- sik. Fast alle Publikumslieb- linge, von Elisabeth II. über Freddy Mercury, Udo Lin- denberg bis zur Biene Maja parodierte er und schlüpfte flink von einem Kostüm in das nächste, immer unter- malt mit der richtigen Mu- sik. Das Publikum lachte spontan, klatschte begeistert, und sang mit. Es war ein Abend voll Viel- falt und Genuss, ein Abend, der in Erinnerung bleibt, so wie der große Künstler, dem er gewidmet war. Mehr im BBV-net Weitere Fotos gibt es online unter | www.bbv-net.de/fotos Mit einem unterhaltsamen Abend würdigt die Bühne Pepperoni den verstorbenen Kabarettisten Heiter in Hildebrandts Sinne Auch Marilyn Monroe ist Verwandlungskünstler Ennio Mar- chetto nur für kurze Zeit. Er wechselt seine Papierkostüme in Sekundenschnelle. Fotos: Gudrun Schröck „Ich hab nichts gegen die Natur, aber wenn die mit uns le- ben will, muss sie sich auch anpassen“, sagt in seiner lakoni- schen Art Stefan Waghubinger.

Heiter in Hildebrandts Sinne - Bühne Pepperoni · 2020. 9. 15. · rin und Gitarristin Nadja Kossinskaja, begleitet von Christoph Berghorn am Kla-vier, den Abend, der nach der feierlichen

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Von Gudrun Schröck

    BOCHOLT. Dieter Hildebrandtkonnte den Kleinkunstpreis„Bocholter Pepperoni“ nichtmehr entgegennehmen. Ineiner Ehrenveranstaltungwurde der Preis nun seinerWitwe Renate Hildebrandtüberreicht. Gewidmet war„Ein Abend für Dieter Hilde-brandt“ dem Vater des deut-schen Kabaretts, dem esüber Jahre hinweg gelang,Millionen zu begeistern.Klaus und Christa Hoffs hat-ten bei der Auswahl derKünstler auch diesmal dasrichtige Händchen und sowurde die Ehrenveranstal-tung im städtischen Büh-nenhaus zu einem besonde-ren Erlebnis.

    Mit einem musikalischenFeuerwerk eröffnete Sänge-rin und Gitarristin NadjaKossinskaja, begleitet vonChristoph Berghorn am Kla-vier, den Abend, der nachder feierlichen posthumenVerleihung des nordrhein-westfälischen Kleinkunst-preises ganz im Sinne vonDieter Hildebrandt amüsantund heiter wurde.Was der wortgewandte Ka-

    barettist Christoph Siebersagt, ist schon witzig. Wie eres sagt, bringt die Leutedann richtig zum Lachen. Errecherchiert ordentlich, wieman es von einem echtenSchwaben erwartet, undschlägt anschließend mit derkabarettistischen Keule zu.Vom politischen Kabarett biszum Nonsens hat er alles aufdem Schirm. „Der Russe liestnicht unsere E-Mails, derliest unsere Gaszähler“,warnte er vor neuen Metho-den, die Menschen auszuspi-onieren.

    Stefan Waghubinger ist einMeister der leisen Töne. Im-mer bereit sich anzupassen,versucht der Glücklose, „Ge-

    fühle zu zeigen, die ich we-der habe noch verstehe“. Sei-ne philosophischen Gedan-ken bei einem Glas Bier: „Ichhab nichts gegen die Natur,aber wenn die mit uns lebenwill, muss sie sich auch an-passen“, waren urkomischund die Besucher lachtenaus vollem Halse.

    Die Drohung, eine CD mitallen Bocholtern, die einKonto in der Schweiz haben,auszupacken, machte Fi-nanzberater Hans-Jörg Freynicht wahr. So blieb dieStimmung gut und seineEinblicke in die große Weltder Steuersünden amüsier-ten das Publikum köstlich.„Uli Hoeneß hatte mehrBankkontakte als Ballkon-takte“, mutmaßte er. Ver-ständnis zeigte er für AliceSchwarzer. Immerhin sei derEuro eine patriarchischeWährung, die D-Mark nicht.

    Man könnte meinen, Klausund Christa Hoffs hättensich das Beste für den

    Schluss aufgehoben. Das istnicht richtig, Ennio Mar-chetto war etwas Besonde-res. Der Verwandlungskünst-ler wechselte in Sekunden-schnelle Kostüme aus Pappeund Papier und bot eineatemberaubende Show ausPantomime, Tanz und Mu-sik. Fast alle Publikumslieb-linge, von Elisabeth II. überFreddy Mercury, Udo Lin-denberg bis zur Biene Majaparodierte er und schlüpfteflink von einem Kostüm indas nächste, immer unter-malt mit der richtigen Mu-sik. Das Publikum lachtespontan, klatschte begeistert,und sang mit.

    Es war ein Abend voll Viel-falt und Genuss, ein Abend,der in Erinnerung bleibt, sowie der große Künstler, demer gewidmet war.

    Mehr im BBV-net

    Weitere Fotos gibt es online unter| www.bbv-net.de/fotos

    Mit einem unterhaltsamen Abend würdigt die Bühne Pepperoni den verstorbenen Kabarettisten

    Heiter in Hildebrandts Sinne

    Auch Marilyn Monroe ist Verwandlungskünstler Ennio Mar-chetto nur für kurze Zeit. Er wechselt seine Papierkostüme inSekundenschnelle. Fotos: Gudrun Schröck

    „Ich hab nichts gegen die Natur, aber wenn die mit uns le-ben will, muss sie sich auch anpassen“, sagt in seiner lakoni-schen Art Stefan Waghubinger.