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Herzlichen Dank für die Einladung zum Symposium · Herzlichen Dank für die Einladung zum Symposium Demenz und Pflege Impulse für die Praxis Dresden, 04. Dezember 2013

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Herzlichen Dank für die Einladung zum Symposium

Demenz und Pflege

Impulse für die PraxisDresden, 04. Dezember 2013

Milieutherapie

Knut Bräunlich

Alzheimer Gesellschaft Sachsen e.V

Geschäftsführer und Heimleiter einer kommunalen Altenheim gGmbH 

Das Beispiel von 

Frau Irma Schmitz

Geboren 1930 – heute 83 Jahre2 Kinder, die nicht in der Nähe wohnen

verwitwet, der Mann starb bereits 1993wohnt in einer sehr ländlich strukturierten 

Kleinstadt

Beispiel  – Das Wohnzimmer von Frau Schmitz 

Beispiel  – Das neue „Wohnzimmer“ von Frau Schmitz 

Definition Milieutherapie

Die Milieutherapie wurde ursprünglich für psychiatrische Einrichtungen entwickelt, kommt heute aber auch in vielen Pflegeheimen zum Einsatz. Der Milieutherapie liegt die Vorstellung zu Grunde, dass der Mensch nicht nur seine Umwelt beeinflusst, sondern gleichzeitig auch selbst von ihr beeinflusst wird. Somit kann sich das Milieu auf die Entstehung, den Verlauf und die Heilung von Krankheiten auswirken.

Definition Milieutherapie

Je stärker eine dementielle Erkrankung fortschreitet, um so weniger ist der Betroffene in der Lage, sich der Umwelt anzupassen. Daher zielt die Milieutherapie darauf, die Umwelt so zu gestalten, dass der Bewohner weder unter‐ noch überfordert wird und sich insbesondere nicht bedroht fühlt.Vor allem in drei Bereichen setzt die Milieutherapie an:a) die dinglich‐räumliche Umgebungb) das soziale Umfeldc) die Tagesstrukturierung

Grundsätze der Milieutherapie

Wir passen die Rahmenbedingungen an unsere dementiell erkrankten Bewohner an ‐ und nicht umgekehrt.Trotz des strukturierten Tagesablaufes muss auch ausreichend Raum für individuelle Bedürfnisse der Bewohner bleiben.

Ziele der Milieutherapie

Der Bewohner fühlt sich in unserer Einrichtung zuhause.Der Bewohner wird weder über‐ noch unterfordert.Krankheitsbedingte Einschränkungen werden kompensiert.Angst, Unruhe und Aggressionen werden gemildert.Bestehende Fähigkeiten zur Bewältigung des Alltages bleiben so lange wie möglich erhalten. Der Bewohner lebt so autonom wie möglich.Wir sorgen für eine sichere Umgebung. Dazu zählt in erster Linie eine möglichst umfassende Sturzprophylaxe.

Vorbereitung der MilieutherapieDie Umsetzung erfordert ein hohes Maß an Qualifizierung. Daher werden unsere Mitarbeiter regelmäßig geschult. Schwerpunkte sind: einfühlsames und biografisches Arbeiten mit dementiell 

veränderten Personen basale Stimulation, Snoezelelemente, Validation, 10‐Minuten‐Aktivierung, individuelle Einzelbeschäftigung, Tagesstruktur

Wir setzen zudem auf verschiedene Konzepte zur Personalförderung, etwa:Teambesprechungen, Supervision, Mitarbeiterentwicklungsgespräche,Ausgewählte Mitarbeiter werden in externen Weiterbildungen zur „Pflegefachkraft Schwerpunkt Gerontopsychiatrie“ weiterqualifiziert.

Durchführung der Milieutherapie – Wohnraumgestaltung

Wir passen den Wohnraum an die Bedürfnisse der dementiell erkrankten Senioren an. Er soll anregend auf den Bewohner wirken und es ihm ermöglichen, sich darin zurechtzufinden. Zudem muss der Wohnraum ein großes Maß an Schutz bieten.

Durchführung der Milieutherapie – ArchitekturDie Gebäudestruktur sollte übersichtlich und einfach zu erfassen sein. Die Wegführung innerhalb der Wohnbereiche muss eindeutig sein.Wir bevorzugen einfache Raumstrukturen mit großen Fenstern und Glastüren. Allerdings sollte die Verglasung nicht bis zum Boden reichen.Der Wohnbereich hat einen Zugang zum Garten. Der Garten ist mit einem Zaun und einer verschlossenen Pforte umfriedet. Bei der Pflanzengestaltung achten wir darauf, dass der Garten nicht zuwuchert. Er muss für die Pflegekräfte komplett einsehbar bleiben. Es gibt keine giftigen, stechenden oder reizenden Pflanzen. Alle Wege sind als Rundwege angelegt und so breit, dass zwei Menschen nebeneinander laufen können.

Durchführung der Milieutherapie – ArchitekturEs gibt Sitzplätze in der Sonne und im Schatten.Unsere Ausgänge sind so gestaltet, dass diese entweder permanent beaufsichtigt werden, mit einem Alarmsystem ausgestattet sind oder in einen gesicherten Teil des Gartens führen.Es gibt einen klar erkennbaren Haupteingang. Hier befinden sich zusätzliche Sitzmöglichkeiten, die es dem Bewohner erlauben, das Kommen und Gehen zu verfolgen.Jeder Wohnbereich sollte einen wohnlichen Mittelpunkt haben, also etwa ein Wohnzimmer mit vielen Sitzmöglichkeiten.Wir richten eine Küchenzeile mit zusätzlicher Arbeitsfläche ein. Der Herd lässt sich zentral abschalten. Gefährliches Besteck ist vor dem unkontrollierten Zugriff dementiell erkrankter Senioren gesichert.

Durchführung der Milieutherapie – Architektur

Beispiel zur Küche:

Empfehlung der vollstationären Pflege und Betreuung im Freistaat Sachsen aus dem Jahr 2002

16 Seiten gesamtdavon 12 Seiten Allgemeines und Architektur 

Aber nur  3 Seiten zum Personal!!!

Steht nun der Herd in der Mitte oder am Rand? – Mir egal!

Durchführung der Milieutherapie – InnenarchitekturDie Türen wichtiger Orte, wie etwa das WC oder der Gemeinschaftsraum, können in Signalfarben gestrichen sein. Die angebrachten Hinweisschilder sollten Piktogramme enthalten, damit auch solche Bewohner sie verstehen, die nicht mehr lesen können.Türen zu verschlossenen Räumen, die Bewohner nicht betreten sollen (etwa Haushalts‐ und Lagerräume), werden in der gleichen Farbe wie die Wand gestrichen.Die Türen der Bewohnerzimmer werden mit einem Namensschild und oder einem Foto des Bewohners kenntlich gemacht.Wir vermeiden stark spiegelnde Oberflächen wie etwa Glastische. Wandspiegel sollten nicht zu groß gewählt werden. Insbesondere lange Ankleidespiegel können bedrohlich wirken. 

Durchführung der Milieutherapie – InnenarchitekturSoweit uns dieses möglich ist, darf der Bewohner Teile seines Mobiliars mit in die Einrichtung nehmen.Wir geben dem Bewohner die Möglichkeit, eigene Fotos und Bilder an die Wand zu hängen.Lange Flure werden mit Sitzecken „entschärft“. Wir bieten insbesondere Sitzbereiche an, in denen sich Bewohner ungestört unterhalten können.Die Wände und Böden sind dezent gestaltet. Wir vermeiden knallige Farben ebenso wie starke Kontraste. Am Boden sollten vor allem starke Farbwechsel vermieden werden.

Durchführung der Milieutherapie – InnenarchitekturDie Wohnbereiche unterscheiden sich durch eine optische Gestaltung deutlich voneinander. Der Bewohner muss in der Lage sein, seinen Wohnbereich optisch sofort wieder zu erkennen.Wir statten den Wohnbereich mit alten Schränken, Tischen, Stühlen usw. aus. Dabei achten wir allerdings darauf, dass von diesen Möbeln keine erhöhte Unfallgefahr oder hygienische Risiken ausgehen.Sofern ein Bewohner nicht in einem Einzelzimmer untergebracht wird, sollte sein persönlicher Bereich optisch klar von dem des Mitbewohners abgegrenzt werden. Der Bewohner sollte zudem jederzeit sein Zimmer aufsuchen können.

Durchführung der Milieutherapie – Atmosphäre

Unnötig laufende Radios und Fernseher werden konsequent ausgeschaltet. Eine visuelle und akustische Dauerberieselung werden vermieden. Sofern Radios und Fernseher laufen, sollte ein Programm gewählt werden, dass auf die Bewohner (und nicht auf die Pflegekräfte) zugeschnitten ist.Wir versuchen insbesondere monotone Geräuschquellen zu dämpfen, wie etwa die Wasserpumpen der Heizung oder die Motoren des Aufzuges.

Durchführung der Milieutherapie – soziales UmfeldDie Wohngruppen sollten mit zehn bis zwölf Personen eine übersichtliche Größe haben.Die Wohngruppen werden geschlechtlich gemischt zusammengesetzt. Wir respektieren das Recht jedes Bewohners auf ein Intimleben.Zum Essen werden die Bewohner in Tischgemeinschaften organisiert. Bei der Zusammensetzung berücksichtigen wir die Fähigkeiten jedes Seniors. So sollten etwa Senioren, die ausschließlich mit den Fingern essen, in einer Gruppe zusammengefasst werden. Dabei sollte das Essen gleich als Fingerfood angeboten werden.Wir setzen konsequent auf Bezugspflege. Falls die Bezugspflegekraft krank ist oder Urlaub hat, sollten die Ersatzkräfte möglichst selten wechseln (?  !)

Durchführung der Milieutherapie – soziales UmfeldWir achten auf eine enge Zusammenarbeit aller Mitarbeiter in unserer Einrichtung. Gemeinsam mit der Hauswirtschaft erarbeiten wir ein gemeinsames Konzept und orientieren uns an einem einheitlichen Pflegeverständnis.Allen Pflegekräften muss bewusst sein, dass die Fähigkeiten des Bewohners von Tag zu Tag unterschiedlich sein können.Wir ermöglichen unseren Bewohnern den Kontakt zu Haustieren. Wir ermuntern Angehörige, auch die Enkel oder andere kleine Kinder mit in die Einrichtung zu bringen.

Durchführung der Milieutherapie – soziales UmfeldPflegekräfte sollten nicht laut über den Flur rufen, etwa nach einem Kollegen. lieber gehen als schnell laufen. Türen vorsichtig öffnen und diese weder aufreißen noch 

zuschlagen. ihre Parfümnote über längere Zeit beibehalten, da sie von dementiell erkrankten Bewohnern auch am Geruch erkannt werden können.

Ruhe und Verständnis ausstrahlen. stets ein Namensschild tragen.

Durchführung der Milieutherapie – TagesstrukturWir schätzen für jeden Bewohner individuell die Aufmerksamkeits‐und Konzentrationsfähigkeiten ab. Abhängig von diesen Eindrücken planen wir den Tagesablauf. Dieser setzt sich aus Aktivitäten und Ruhepausen zusammen. Von der einheitlichen Tagesstrukturierung wird nicht ohne Grund abgewichen. Der Bewohner muss das Gefühl haben, seinen Tagesablauf vorhersagen und kontrollieren zu können.Der Beginn der Essenszeit wird akustisch mit einem Gong angekündigt.An exponierten Stellen unserer Einrichtung hängen wir große Kalender und Uhren auf. Die Uhren haben ein analoges Ziffernblatt.Wir bieten unseren Bewohnern verschiedene Freizeitaktivitäten an. Diese werden in Tages‐ und Wochenplänen gut leserlich am Schwarzen Brett bekannt gegeben.

Durchführung der Milieutherapie – TagesstrukturUnser Nachtdienst hält Getränke und Spätmahlzeiten bereit. Bewohner, die in der Nacht noch lange aktiv waren, werden am Morgen entsprechend später geweckt. Wir vermeiden allerdings, dass sich etwa durch einen zusätzlichen Mittagsschlaf der Tag/Nacht‐Rhythmus komplett umkehrt.Wir pflegen eine ganze Reihe von Ritualen. Dazu zählen etwa  Tagessprüche, Geburtstagsrituale usw.Wir halten verschiedene Bücher und Zeitschriften bereit.Wir halten Dinge zum Kramen, Sortieren und Räumen bereit, also etwa Wäschestücke zum Falten usw.

Frau Irma Schmitz

Eine kurze und vor allem nichtwissenschaftliche 

(aber vielleicht praktikable)Darstellung ihres Krankheitsverlaufes…

2013____________________________________

1993____________________________________

1960____________________________________1950____________________________________1940____________________________________1930____________________________________

P.S.:

Wie kann es weitergehen?

nachhaltig und mit gesundem Menschenverstand denken Sie immer an die Betroffenen hinter jedem Betroffenen stehen aber auch

mindestens 2 Angehörige keine Nabelschau und kein Tunnelblick denken Sie an Ihre Mitarbeiter, egal ob haupt-

oder ehrenamtlich und neben vielen anderen Dingen auch mit

Freude … am Milieu

Herzlichen Dank für

Ihre Aufmerksamkeit!