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Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

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Humanité ist das Magazin des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) und richtet sich an Menschen, die das SRK und sein humanitäres Engagement unterstützen.

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RepoRt – Aids-Waise in Togo 4 eine Chance für Gracia 8 Die Zukunft schneidern 9 Vorbeugen und zur Seite stehen

12 eRLeBt – Patientenverfügung SRK Damit der eigene Wille zählt

14 ÜBeRZeuGt – Generationendialog Greis spricht für die Jungen

16 KoNKRet – Menschlichkeit macht Schule Lernen durch engagement

18 eNGAGIeRt – Otto Baumann, freiwilliger Helfer 2 5 Weihnachten Alle Jahre wieder

22 KoNKRet – Pflegehelferin/Pflegehelfer SRK Für alte Menschen da sein

25 KoNKRet – Weissrussland Die unermüdlichen Babuschkas

29 KReuZ & QueR Was der Garten hergibt Rätsel/Cartoon

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ImpressumHumanité 4/2012 Dezember 2012

ISSN 1664-1159

Titelbild und Rückseite: Remo Nägeli

Herausgeber: Schweizerisches Rotes Kreuz, Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 BernTelefon 031 387 71 11, [email protected], www.redcross.ch

Spenden: Postkonto 30-9700-0

Adressänderungen: E-Mail an [email protected] oder Telefon 031 387 74 64

Redaktionsadresse: Schweizerisches Rotes Kreuz, Redaktion Humanité, Postfach, 3001 Bern, [email protected], www.magazin-humanite.ch

Redaktion: Tanja Pauli (Redaktionsleitung), Urs Frieden (Gesundheit und Integration), Andreas Häner (Public Fundraising), Isabelle Roos (Corporate Partnerships), Christine Rüfenacht (Gesundheit und Integration), Isabel Rutschmann (Kommunikation), Katharina Schindler (Internationale Zusammenarbeit), Karl Schuler (Internationale Zusammenarbeit)

Mitarbeitende dieser Ausgabe: Cécile Eisenring, Laurence Jolliet, Markus Mader, Marco Ratschiller, Josef Reinhardt, Beat Wagner, Julia Zurfluh

Abo-Kosten: Das Abonnement kostet CHF 6.– pro Jahr und ist für SRK-Gönnerinnen und SRK-Gönner im Beitrag enthalten.Erscheinungsweise: vier Mal jährlichSprachen: deutsch und französischGesamtauflage: 107000Bildrechte aller Fotos ohne Hinweis: Schweizerisches Rotes Kreuz

Übersetzungen: Übersetzungsdienst SRKLayout, Lektorat und Druck: Vogt-Schild Druck AG, Derendingen

Nächste Ausgabe: Februar 2013

neutralDrucksache

No. 01-12-179258 – www.myclimate.org© myclimate – The Climate Protection Partnership

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Was wirklich zählt

Liebe Leserin, lieber Leser

Weihnachten ist die Zeit des Schenkens. Für Ihre Spende kann ich Ihnen nichts zurück­geben, ausser aufrichtigen Dank und mein Wort, dass Ihre Spende Menschen in Not hilft. Das SRK kann Ihnen keinen Musikwunsch erfüllen und keine Plattform für kurzfris­tigen Ruhm in Radio oder Fernsehen bieten. Deshalb sind Sie, als diskrete Spenderin oder Spender, wahrhafte Helden. Auf Ihre Unterstützung ist das SRK angewiesen, da wir auch in der Zusammenarbeit mit der Glückskette oder anderen Partnern unseren Beitrag leisten müssen. Ihre Spende ans SRK legt immer wieder neu den Grundstein für ein wichtiges Hilfsprojekt und trägt dieses lange weiter. Auch dann, wenn die Medien­berichterstattung über menschliche Not eingestellt wird. Die Projektverantwortlichen und Augenzeugen des SRK vor Ort arbeiten und berichten weiter und schreiben dar­über auf der Website redcross.ch, in den Spendenbriefen oder hier im Magazin Huma­nité. Auch in der letzten Ausgabe des Jahres können Sie lesen, wo menschliches Elend weiterhin unseren Einsatz erfordert und was wir gemeinsam bereits erreicht haben.

Sie, geschätzte Spenderin, geschätzter Spender des SRK, Sie dürfen stolz sein auf Ihre Art und Weise, Menschlichkeit und Solidarität zu zeigen.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ruhige, glückliche Weihnachten mit den besten Hoffnungen für das neue Jahr. Herzliche Grüsse

Markus MaderDirektor des Schweizerischen Roten Kreuzes

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report

lam und Akely gehören, wie alle Kinder, die heute hier sind, zu den elternlosen Kindern. Ihnen ermöglicht das SRK den Schulbesuch. Heute hier zu sein bedeu-tet: Ein oder beide Elternteile haben sich mit dem HI-Virus angesteckt, sind an Aids erkrankt, bereits daran gestorben oder sind in eine grössere Stadt abge-wandert.

Es bedeutet auch, in grosser Armut bei Verwandten aufzuwachsen und kaum das Nötigste zum Überleben zu ha-ben. Von einem solchen oder ähnlichen Schicksal sind in Togo viele Kinder be-troffen: eine Viertelmillion Menschen sind mit dem Aids-Virus infiziert. Auch die sechsjährige Gracia wird die Schule in Blitta besuchen und bekommt heute vom Roten Kreuz ihr Schulmate-rial. Da sie etwas weiter entfernt wohnt,

Es ist still im Schulhaus von Blitta, ei-ner kleinen Ortschaft im Zentrum des

westafrikanischen Kleinstaates Togo. Die Kinder haben Schulferien. Nur in einem der karg eingerichteten Zimmer sitzen ein paar Mädchen und Buben in den Bänken. Unter ihnen der vierzehnjäh-rige Paloulam und seine siebenjährige Schwester Akely. Sie warten auf den Mit-arbeiter des lokalen Roten Kreuzes, der ihnen heute das Material für das nächste Schuljahr übergeben wird. Ein Grund zur Freude, könnte man meinen. Denn nur wer das Schulmaterial mitbringt, darf am Unterricht teilnehmen und hat somit die Chance auf Bildung und eine berufliche Zukunft.

Die SchicksalsgemeinschaftBei Paloulam und Akely kommen aber keine Glücksgefühle auf. Auch nicht, als sie die neuen Hefte, das Schreibzeug, den Rucksack und den Stoff für die Schul-uniform im Arm halten. Im Gegenteil: Ihnen stehen die Sorgen ins Gesicht ge-schrieben. Akely reibt sich gar verstohlen eine Träne aus den Augen. Denn vor drei Tagen mussten die Geschwister ihre Mut-ter zu Grabe tragen, die an Aids gestor-ben war. Ein schwerer Schicksalsschlag für die beiden. Seit die Mutter krank wurde, leben sie bei ihrem Grossvater. Der Vater arbeitet auswärts und kommt nur zwei Mal im Jahr nach Hause. Palou-

Das geschenkte Schulmaterial ist für Paloulam und Akely kein Trost, ihre Mutter ist vor drei Tagen verstorben

Die sechsjährige Gracia wirkt reif für ihr Alter und hilft ihrer Grossmutter

Alle Kinder, die heute hier sind, wachsen elternlos auf.

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infiziertem Blut, als sie für die Fusspflege die gleiche Messerklinge benutzte wie die Mutter von Gracia. Bei der 52-jäh-rigen Yolo Abiba ist Aids dank medika-mentöser Therapie nicht ausgebrochen. Sie ist trotz der schwierigen Umstände für ihre Enkelin da, obwohl es am Nö-tigsten fehlt.

Gegen DiskriminierungRotkreuz-Freiwillige unterstützen Yolo Abiba durch Aufklärungsarbeit dar-in, dass sie trotz ihrer Krankheit in der Gesellschaft ein gutes Ansehen hat und von ihrer Familie nicht geächtet wird. Denn ohne das Engagement des Ro-ten Kreuzes wären Yolo Abiba und ihr Grosskind von der Gesellschaft ausge-grenzt. Es wäre schlimm für Gracia.

Niemand würde mit ihr spielen wollen, niemand würde sie und ihre Grossmutter im Alltag unterstützen. Ausserdem haben die Rotkreuz-Freiwilligen Yolo Abiba ge-nau über die Ansteckungsgefahren auf-geklärt und ihr aufgezeigt, wie sie im Zusammenleben mit ihrer Enkelin, die HIV-negativ ist, jedes Risiko einer Anste-ckung ausschalten kann. Die Freiwilligen des Roten Kreuzes sind für Yolo Abiba zu wichtigen Bezugsper-sonen geworden. Sie sind da in der Not

Ein Ofen aus Lehm schützt das Feuer und dient Yolo Abiba als Kochherd

bringt es ihr der zuständige Mitarbeiter Lucien Lokou nach Hause. Das Mädchen ist aufgeregt, als es den Mann mit dem roten Kreuz auf dem weissen T-Shirt die Strasse heraufkommen sieht. Es hüpft von einem Bein auf das andere wie ein Kind, das den Weihnachtsmann mit den Geschenken erwartet.

HIV-positiv und alleinerziehendDie Schulsachen drückt Gracia fest an sich und rennt damit zu ihrer Grossmut-ter. Gemeinsam schauen sich die beiden das Lesebuch an. «Schau mal, diese Buchstaben werde ich in der zweiten Klasse lernen», erklärt Gracia. Das Mäd-chen wächst ohne Mutter und Vater auf. Ihre Grossmutter Yolo Abiba sorgt für sie. 300 Kilometer trennen Gracia und ihre Eltern. Sie sind in der Hauptstadt Lomé auf der ständigen Suche nach Ar-beit. Vater und Mutter sind beide HIV-po-sitiv. Auch Gracias Grossmutter trägt das Aids-Virus in sich. Sie kam in Kontakt mit

und lassen die Betroffenen nicht allein. Die Rotkreuz-Freiwilligen helfen der Grossmutter, die Medikamente vom Ge-sundheitsministerium zu besorgen und bestärken sie darin, diese regelmässig und ohne Unterbrechung einzunehmen.

Yolo Abiba und Gracia erhalten ausser-dem durch die Freiwilligen Grundnah-rungsmittel und Hygieneartikel vom SRK. In ein paar Jahren, wenn Gracia in die Oberstufe kommt, wird das SRK auch ihr Schulgeld bezahlen. Dafür ist Yolo Abiba unendlich dankbar, weil sie weiss, wie wichtig der Schulbesuch für die Zukunft

ihrer Enkelin ist. «Es ist ein grosses Ge-schenk für mich, dass Gracia dank dem Roten Kreuz die Schule besuchen kann. Sie soll es dereinst besser haben», sagt Grossmutter Yolo. Doch an die Oberstufe denkt Gracia heute noch nicht. Viel mehr freut sie sich darauf, dass bald wieder Leben ins Schulhaus von Blitta kommen wird und sie als Zweitklässlerin endlich nicht mehr die Jüngste an der Schule sein wird.➥redcross.ch/togo

ohne Aufklärungsarbeit würden HIV-positive Menschen ausgegrenzt.

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Eigentlich hat Kodjo Debolema keine Zeit zum Plaudern. Ein Berg aus ver-

schiedenen Stoffen wartet neben der Näh-maschine darauf, von ihm zu Kleidern ver-arbeitet zu werden. An der Wand hängen die von ihm gefertigten Kleidungsstücke: Elegante Männerhemden, bunte, traditio-nelle und kunstvoll bestickte Blusen, Bund-faltenhosen und Blazer. Kodjo Debolema

hat alle Hände voll zu tun. In zwei Wo-chen sind die Schulferien zu Ende und er muss bis dahin viele neue Schuluniformen nähen. Das Geschäft laufe sehr gut, sagt der 23-Jährige, während er mit seinem Fuss die bei uns als Antiquität geltende Sin-ger-Nähmaschine antreibt. «Für das SRK nehme ich mir gerne Zeit, meine Geschich-

te zu erzählen. Ihm habe ich das alles hier zu verdanken», sagt Kodjo Debolema und deutet dabei mit einer ausladenden Hand-bewegung auf sein Reich. Sein Reich, das ist ein Nähatelier in einer kleinen Hütte in der Ortschaft Sotouboua im Zentrum von Togo. Einen Tisch, zwei Nähmaschinen, ein mit Kohle beheiz-bares Bügeleisen und einen Stuhl hat der Schneider vom SRK erhalten, damit er sich ein eigenes Geschäft aufbauen kann. Diese Chance hat der ehrgeizige junge Mann beim Schopf gepackt. Was er aus seinem Leben gemacht hat, ist bei weitem nicht selbstverständlich: Als er elf Jahre alt war, starb sein Vater an Aids, und seine Mutter konnte die fünf Kinder kaum ernähren, geschweige denn das Schulgeld und Material für sie bezahlen. Das SRK sprang ein und übernahm die-se Kosten. Neben der Schule konnte der

Halbwaise im Schneideratelier seines On-kels erste Erfahrungen im Nähen sammeln. Kodjo Debolema fand Gefallen an diesem Beruf und so erlernte er nach Abschluss der Schule bei seinem Onkel das Handwerk. Das SRK half ihm danach, den Grundstein für die Selbstständigkeit zu legen. Mittlerweile gelingt es ihm, etwa 30 Auf-träge pro Monat hereinzuholen. Damit ist er gut ausgelastet. Heute spricht er davon, den Betrieb zu vergrössern und sich ein eigenes Haus zu bauen. Er unterstützt sei-ne Mutter finanziell und kann sich vorstel-len, in absehbarer Zeit eine eigene Familie zu gründen. Ausserdem möchte er gerne Lehrlinge ausbilden: «Das Rote Kreuz hat mich gestützt und gefördert. Ich bin sehr dankbar dafür. Ich möchte diese Hilfe ger-ne weitergeben.» So, genug geplaudert. Kodjo Debolema beugt sich über seine alte «Singer» und trampelt los. Die Hose muss noch heute fertig werden. ➥redcross.ch/togo

TExT: ISABEL RUTSCHMANN BILDER: REMO NäGELI

die Zukunft schneidernKodjo debolema

Zwei Nähmaschinen und ein Bügeleisen: Mit dieser Grundausstattung eröffnete Kodjo Debolema letztes Jahr sein eigenes Nähatelier. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) unterstützt den Aids-Halbwaisen in Togo seit er zwölf Jahre alt ist und hat ihm das Inventar für den Start in die Selbstständigkeit zur Verfügung gestellt.

Schneider wie Kodjo Debolema sind in Togo gefragt, weil die Kinder nur den Stoff für die Schuluniform erhalten

Die antike Nähmaschine des SRK funktioniert ohne Elektrizität

«Dem SRK habe ich das alles hier zu veranken.»

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Das Engagement des SRK gegen Aids stützt sich in Togo auf ein Netz von

lokalen Rotkreuz-Freiwilligen. Wann immer diese in den Dörfern auftreten, haben sie die volle Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Ihre Aufgabe ist trotzdem nicht leicht. Mit Hilfsmitteln wie Illustrationen oder Demonstrationsmaterial informieren sie und klären auf. Es schaut niemand weg, wenn die Freiwilligen an einem Penis aus Holz die korrekte Anwendung eines Kon-doms vorzeigen. Im Gegenteil: Die Frauen und Männer machen ohne Hemmungen mit und inszenieren das Ganze als kleine Show, an der alle Spass haben. Auch bei den Bildern über Ansteckungsgefahren, Ge-schlechtskrankheiten oder Präventionsmass-

nahmen diskutieren alle mit. In der Präven-tion wird der Akzent auf Abstinenz, Treue und Verwendung von Kondomen gelegt. Die Freiwilligen verkaufen verbilligte Prä-

servative und motivieren die Bevölkerung ausserdem, sich auf HIV testen zu lassen. Das Engagement des SRK geht aber weit über die Prävention hinaus: Freiwillige stat-ten bei an Aids erkrankten Personen Hausbe-suche ab und betreuen diese in ihrem Zuhau-se. Ein besonderes Augenmerk wird auf die

Begleitung von schwangeren Frauen gelegt: Diese werden ermuntert, die Untersuchungen zur Schwangerschaftsvorsorge konsequent einzuhalten. In Selbsthilfegruppen tauschen sich HIV-positive Personen regelmässig aus. Das macht Mut und sie unterstützen sich so gegenseitig, indem sie sich Tipps geben oder sogar gemeinsam einen Zusatzverdienst auf-bauen. Eine Gruppe von gut 20 Frauen hat zum Beispiel vom SRK Saatgut erhalten, um Getreide anzubauen. Die Frauen produzie-ren ein Mehl, das mit wichtigen Nährstoffen angereichert ist und verkaufen es an Spitäler. Das SRK-Einsatzgebiet in der Zentralre-gion von Togo umfasst etwa 170 Dörfer mit rund 320000 Personen.➥redcross.ch/aids

TExT: ISABEL RUTSCHMANN BILD: REMO NäGELI

Die Rotkreuz-Freiwilligen werben für treue und Absti-nenz, erklären aber auch die Verwendung von Kondomen.

Vorbeugen und zur Seite stehenGegen das Hi-Virus in togo

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) bekämpft die Ausbreitung des HI-Virus in vernachlässigten Regionen wie Zentraltogo. Es ist ein Kampf: einerseits gegen Aids und andererseits gegen die Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen und ihren Angehörigen. Die Massnahmen: Aufklärung, Prävention, Beratung und Betreuung.

Afassou Tao und San-drine Atchota wurden vom Roten Kreuz für die Aufklärungsarbeit ausgebildet, sie sind glaubwürdig

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Eine Erwartung: Dass sie immer so schnell da sind, um mein Leben zu retten .

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KurZ & bündiG

redoG bildet Hundeführer in Japan ausNach der verheerenden Erdbebenkata-strophe in Japan vom März 2011 reisten Rettungshunde-Teams in die betroffene Re-gion, um Überlebende aufzuspüren. Nun schulen die Ausbildnerinnen und Ausbild-ner von REDOG die japanischen Such-hundeteams. Als Teil der Rettungskette Schweiz verfügt REDOG über jahrelange Erfahrung und ist ein international aner-kannter Ausbildner im Bereich Suche.

REDOG ist als humanitäre Freiwilligen-organisation für Sondereinsätze dieser Art auf finanzielle Unterstützung ange-wiesen. Die Schulungen in Japan hat die Swiss Re ermöglicht, die sich seit 2010 in verschiedener Hinsicht bei REDOG en-gagiert. REDOG Such- und Rettungshun-de-Teams können über den Notruf 1414 angefordert werden.➥redog.ch

Anlässlich eines Canon-Golfturniers in der Region Sempach haben im September so-wohl internationale Profi-Golfspieler wie Canon-Kunden 2500 Franken zu Gunsten der SRK Jugend erspielt. Canon unterstützt seit mehr als 6 Jahren die Jugendprojekte des Schweizerischen Roten Kreuzes.

Vor mehr als 140 Jahren hatte das Schweizerische Rote Kreuz seinen ers- ten grossen Hilfseinsatz im eigenen Land. Als wäre man mitten drin, erlebt man im Bourbaki-Panorma den Winter 1871 im Val de Travers. Damals, als 87 000 erschöpfte Soldaten unter Ge-neral Bourbaki in der Schweiz anka-men. Seit letztem Jahr beleuchtet eine zusätzliche Ausstellung zum weltbe-rühmten Rundbild in Luzern eindrückli-che Einzelheiten. Wer findet das Rote Kreuz im Rundbild auf den ersten Blick? Weitere Informationen und Öffnungs-zeiten:➥bourbakipanorama.ch

Der Rotkreuz-Notruf kann nun auch mit der eleganten Schweizer Uhr Limmex verwen-det werden. Mithilfe der Uhr kann ein Notruf an die Rot-kreuz-Zentrale ausge-

löst werden. Die Zentrale alarmiert die entsprechenden Rettungskräfte. Der Rot-kreuz-Notruf wird von der Allianz unter-stützt. Mehr Informationen: ➥rotkreuz-notruf.ch

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der Welt. Sie setzen ein Zeichen für die nachkommenden Generationen und tragen dazu bei, dass das SRK auch in Zukunft für die Menschen da sein kann, die Hilfe am Nötigsten haben. Für Termin-anfragen oder um den kostenlosen Tes-tament-Ratgeber unverbindlich zu bestel-len, rufen Sie uns an oder schicken Sie eine E-Mail.➥telefon 031 387 72 83 oder e-Mail

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Beatrice Gehri, was spricht für eine Patienten verfügung?Wenn ich eine Patientenverfügung ver-fasse, bestimme ich über mein Leben. Ich nehme meine Verantwortung wahr. Am 1. Januar 2013 tritt das neue Erwachse-nenschutzrecht in Kraft. Das Behandlungs-team muss abklären, ob eine Patienten-verfügung vorliegt und diese umsetzen. Ohne ein solches Dokument müssen die Angehörigen entscheiden. Eine Patienten-

damit der eigene Wille zähltpatientenverfügung SrK

Mit der Patientenverfügung SRK erhält man auch dann die gewünschte medizinische Behandlung, wenn man sich nicht mehr selbst äussern kann. Ab nächstem Jahr ist die Ärzteschaft gesetzlich verpflichtet, den Willen zu respektieren, der rechtsgültig festgehalten ist. Weshalb ist es wichtig, sich frühzeitig Gedanken zu machen? Ein Gespräch mit Beatrice Gehri, die im Kanton Solothurn für die Patientenverfügung SRK zuständig ist.

INTERVIEW: CHRISTINE RÜFENACHT BILDER: ROLAND BLATTNER

verfügung schützt somit auch die eigene Familie vor einer heiklen Entscheidung. Zudem lässt sich so verhindern, dass die

ganze Familie diskutiert, was für den Pa-tienten gut ist, und sich womöglich zer-streitet.

Wie kann ich sicher sein, dass meine Patientenverfügung zweckmässig ist?ärztinnen und ärzte können eine Pati-entenverfügung nur umsetzen, wenn sie rechtlich, ethisch und medizinisch haltbar ist. Sie muss richtig formuliert sein und darf keine Widersprüche oder Wünsche enthalten, die das Behandlungsteam nicht erfüllen kann. In der Patientenverfügung werden Situationen festgehalten, in de-nen die Verfügung angewendet werden

erlebt

«Die patientenverfügung schützt die eigene Familie vor einer heiklen entscheidung.»

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erlebt

Die Beraterin erklärt einzelne medizinische Anordnungen und deren Konsequenzen

Oft ist es hilfreich, mit einer engen Bezugsperson zu diskutieren, die auf Wunsch beim Beratungsgespräch dabei sein kann

darf. Neben der persönlichen Werthal-tung und dem Namen einer Vertrauens-person muss angegeben werden, ob eine Behandlung gewünscht wird oder nicht. Die Erstellung des Dokumentes erfordert demnach eingehende Überlegungen. Ideal ist eine Beratung durch eine Fach-person, wie sie das SRK anbietet.

Welche Vorteile bietet die Beratung beim SRK?Kaum einer hat in seinem Umfeld jeman-den, der wirklich Bescheid weiss und sich Zeit nimmt für dieses Gespräch und für die Erstellung des Dokumentes. Die Be-ratungsperson des SRK ist neutral. Ich getraue mich, Fragen zu stellen. Das ist sehr hilfreich. Im Gespräch mit der Per-son finde ich heraus, was ich möchte und denke. Erst danach wird das Formular ausgefüllt. Damit habe ich Gewissheit, eine verlässliche und persönliche Patien-tenverfügung zu erhalten.

Wann kommt eine Patienten­verfügung zum Einsatz?Das Dokument wird erst beigezogen, wenn die Patientin oder der Patient nicht mehr urteilsfähig ist. Nicht immer geht es um Leben oder Tod. Eine Patientenverfü-gung kann auch hilfreich sein, wenn bei einer Alzheimererkrankung ein Heimein-tritt notwendig wird. Denn so weiss das

Pflegepersonal, was diesem Menschen wichtig ist, zum Beispiel der Kontakt zur Natur, und kann auf diese Wünsche eingehen. Bei einem Verkehrsunfall wird aber nicht erst nach einer Patientenverfü-gung gesucht. Dann steht die Erste Hilfe im Vordergrund.

Wie gewährleiste ich, dass die Patientenverfügung im Notfall verfügbar ist?Bewahren Sie das Dokument nicht zu Hause auf, ohne jemanden zu informie-ren. Auch in den Ferien könnte ja etwas passieren. Deshalb kann die Patientenver-fügung SRK beim Roten Kreuz hinterlegt werden. Dort ist sie jederzeit abrufbar und Sie werden alle zwei Jahre aufge-fordert, Ihre Verfügung zu aktualisieren. So können Sie überprüfen, ob der Inhalt immer noch Ihrem Willen entspricht.

beatrice GehriDie 59-Jährige leitet die Regi-onalstelle Grenchen des Roten Kreuzes. Sie hat die Patientenver-fügung SRK im Kanton Solothurn eingeführt und ein Beraterteam aufgebaut.

Die patientenverfügung SRK Das SRK bietet die Möglichkeit, die Patientenverfügung im Rahmen eines Beratungsgesprächs abzufassen. Auf der neuen Website kann ab Januar 2013 das Formular aber auch ohne Hilfe ausgefüllt werden. Die selbst-ständig ausgefüllte Patientenverfügung SRK kann ebenfalls von einer Bera-tungsperson überprüft und der Hinter-legungsstelle SRK anvertraut werden. Wer das Dokument hinterlegt, wird re-gelmässig daran erinnert, es allenfalls zu aktualisieren. Alle diese Dienstleis-tungen bietet das SRK zu einem fairen Tarif an. Weitere Informationen oder Terminvereinbarungen für ein Bera-tungsgespräch: ➥patientenverfuegung-srk.ch oder

telefon 031 960 75 75

apropoS

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überZeuGt

Namen – Greis eben – nannte. Da dachte die Frau am Telefon an einen Scherz und sagte: «Okay, ich hänge jetzt auf.» Da-nach habe ich es nie mehr probiert.Der Generationendialog hat Spass ge-macht. Das Publikum hat überraschend gut mitgemacht und mitgelacht. Matthias Aebischer kannte ich erst flüchtig. Mir ge-fällt, dass er seine eigene Meinung vertritt und nicht das Parteiprogramm rezitiert. Bei Leni Robert, die ich erstmals getroffen habe, kommt mir spontan in den Sinn, dass ich sie in meiner Jugend besonders schätzte. Nicht wegen ihrer Politik als Er-ziehungsdirektorin des Kantons Bern – da-mals verstand ich noch zu wenig davon –, sondern weil ich als frisch zugezogener Romand, der noch wenig deutsch sprach, froh war, dass eine Berner Politikerin einen für mich gut aussprechbaren Namen trug.Ich komme jederzeit wieder an einen sol-chen Anlass. Und ich freue mich, in ein paar Jahrzehnten auch mal als Vertreter der älteren Generation dabei zu sein und zu schauen, wie stark ich meine Positio-nen verändert habe. ➥redcross.ch/nft12

Mein Beitrag am Generationendia-log, eine Art Showblock während

der Nationalen Fachtagung des SRK in Bern, war ein dankbarer und seltener Auftrag. Denn bei einer Diskussion findet mehr Austausch statt, als wenn ich auf der Bühne musiziere. Und ich sende nicht nur, sondern empfange auch und reagiere. Ich entwickle unvorbereitete Sätze. Ziemlich freestyle. Im Generationendialog habe ich als 34-Jähriger meine Generation ver-treten. SP-Nationalrat Matthias Aebischer mit seinen 45 Jahren die nächste Gene-ration und die ehemalige Politikerin Leni Robert schon eher die übernächste. Sie ist mit 76 mehr als doppelt so alt wie ich.Für mich war gut, dass ich mich nicht gross vorbereiten musste. Denn wir konnten ja als Generationenvertreter einfach aus dem Leben erzählen, unsere Erlebnisse, unsere Empfindungen – über unseren ganzen Life-style. Das ist ein Lebensgefühl, das muss niemand irgendwo nachschlagen. Dass ich zuerst nach dem Ursprung des Na-mens «Greis» gefragt wurde, war ja klar. Die Erklärung ist einfach: Ich kam auf die Idee, als wir in der Schule den Pleonasmus durchnahmen und von weissen Schimmeln sprachen. Da wollte ich ein wenig mit dem Gegenteil provozieren. Ein junger Greis.Das Generationenthema ist mir überhaupt nicht fremd. Nicht nur weil ich mich als

freischaffender Künstler schon jetzt mit der AHV herumschlagen muss. Früher habe ich das Alter(n) stark romantisiert. Mir ka-men zum Beispiel im Dok-Film «Que sera» über ein Berner Altersheim, dem auch eine Kinderkrippe angeschlossen ist, die Trä-nen. Aber mit dieser Romantisierung bin ich auch schon auf die Schnauze gefallen. Bei der Vernissage der Ausstellung «Sechs-undsechzig» in Liestal BL hielten sich die vorwiegend älteren Gäste die Ohren zu und schüttelten den Kopf. Als ich das Kon-zert vorzeitig stoppte und das letzte Stück ankündigte, stand eine Frau auf und rief: «Nei, es längt jetz!» Ein Albtraum.Trotzdem wollte ich einmal ernsthaft und freiwillig in einem Altersheim Dienst leisten. Ich rief bei einer solchen Institution an und alles entwickelte sich gut, bis ich meinen

«Früher habe ich das Alter(n) stark romantisiert.»

Greis mit Nationalrat Matthias Aebischer an der Fachtagung des SRK

Greiswurde als Grégoire Vuilleumier 1978 in Lausanne geboren. Er gilt als einer der besten Schweizer Musiker im Bereich Hip-Hop. Er ist Master UZH der Publizistik, Politikwissenschaft sowie Wirtschaftsgeschichte und lebt in Bern und Basel.

Nationale Fachtagung SRK Das SRK organisiert seit 2003 jedes Jahr eine Nationale Fachtagung. Bei der zehnten Durchführung war das «Europäische Jahr des aktiven Al-terns» für die Themenwahl ausschlag-gebend. Am 20. September 2012 tauschten sich 100 Fachleute in Bern aus über «Zukunft Alter – Neue Wege für eine generationenfreundliche Ge-sellschaft». Der Generationendialog mit Rapper Greis fand dabei – als Auflockerung zu Referaten und Work-shops – viel Beachtung.

apropoS

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alle Jahre wiederotto baumann, freiwilliger Helfer 2 5 Weihnachten

Im Samariterverein hat Otto Baumann erfahren, dass die Aktion 2 5 Weihnachten freiwillige Helfer sucht. Das war kurz nach seiner Pensionierung vor 15 Jahren. Seither ist der ehemalige Speditionsleiter einer der unersetzlichen Freiwilligen, die jedes Jahr beim Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) um die 70 000 Pakete ausladen, auspacken und sortieren.

INTERVIEW: TANJA PAULI BILDER: OTTO BAUMANN UND JOSEF REINHARDT

Der 80-jährige Otto Baumann will auch dieses Jahr die Aktion 2 5 Weihnachten tatkräftig unterstützen

enGaGiert

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enGaGiert

Wie oft sind Sie jeweils im Einsatz für 2 5 Weihnachten?Früher waren es von Anfang Januar bis Ende Februar zwei bis drei Tage pro Woche. Jetzt im Alter etwas weniger. Ich durfte diesen Herbst meinen achtzigsten Geburtstag feiern. Aber wenn ich mich gut fühle, komme ich auch dieses Jahr wieder. Ich habe Freude daran, es ist et-was Schönes. Oft überlege ich mir bei be-sonderen Sachen, wer sich wohl darüber freuen wird.

Bleibt dafür Anfang Jahr bei Ihnen zu Hause die Arbeit liegen?Nein, gar nicht. Meine anderen Hobbys mache ich in den übrigen Wochen des Jahres. Zum Beispiel das Instandhalten von Nistkästen. Ich bin im Natur- und Vogelschutzverein Muri-Gümligen. Aber diese Arbeit läuft mir nicht davon. Ich bin jetzt 15 Jahre pensioniert und habe

noch nie gesagt: «Ich habe keine Zeit.» Das habe ich mir bei der Pensionierung vorgenommen und bis heute eingehalten. Meine Frau sagt jeweils: «Wenn es dir Freude macht, dann geh nur.»

Welche Tätigkeit übernehmen Sie am liebsten?Ich mag alles und habe in den Jahren auch jede Arbeit gemacht. Vom Ausladen der Bahnwaggons, die früher bis unters Dach gefüllt waren, bis zum Entsorgen der Kar-tonschachteln. Ganz am Anfang haben wir die leeren Kartons für die Altpapier-sammlung von Hand flach gedrückt. Jetzt gibt es dafür eine Presse, die ich auch schon bedient habe. Aber das Verteilen der Waren in die einzelnen Bereiche, das überlasse ich gerne den Frauen, obschon ich es zwischendurch auch mache. Es er-fordert ein gutes Auge und Konzentration. Frauen können das besser.

Kann man mit so viel Erfahrung erra­ten, was in einem Paket steckt?Nein, eigentlich nicht. Es ist immer wieder eine Überraschung. Ausser bei den schwe-ren Paketen, da sind meist Lebensmittel

drin. Manchmal muss man diese sogar zu zweit tragen, so reichhaltig gefüllt sind sie.

Schickt die Schweizer Bevölkerung schöne, sinnvolle Dinge?Oh ja, wir sehen viele liebevoll zusam-men gestellte Pakete, denen man an-merkt, dass sich jemand etwas überlegt hat. Sie enthalten Lebensmittel und prakti-sche Gebrauchsgegenstände, die eigens dafür eingekauft wurden. Ich habe den Eindruck, dass früher häufiger Ramsch eingeschickt wurde als heute.

Gibt es ein besonders schönes Erlebnis aus den letzten 14 Jahren 2 5 Weihnachten?Ja, ein ganz persönliches Erlebnis. Ich hat-te einen Klassenlehrer, für den wäre ich durchs Feuer gegangen. Er hat ein Buch mit Mundartgeschichten geschrieben. «Dr Morgestärn» von Karl Stocker. Lange such-te ich vergeblich nach diesem Buch. Es sei vergriffen, hiess es immer wieder. Und plötzlich, vor zwei Jahren beim SRK im La-ger in Wabern, liegt genau dieses Buch vor mir! Ich konnte es kaum fassen. Da habe ich mir erlaubt, zu fragen, ob ich es behalten dürfte. Die Regeln sind sonst sehr strikt. Die Freiwilligen dürfen keine Waren an sich nehmen, auch keine Lebensmittel mit abgelaufenem Verfalldatum.

Dieses Buch war besser als der grösste Lohn?Ja, absolut unbezahlbar! Und all die Erfahrungen sind es auch wert. Meine

Hauptmotivation bleibt aber, dass ich etwas für die ärmsten tun will. Wir le-ben im Überfluss und anderswo sind die Menschen dankbar für Kleinigkei - ten. Es macht Freude, zu sehen, was die Menschen für andere geben und selber etwas zu geben. Gerne wäre ich ein- mal mit dabei, wenn die Waren verteilt werden.

2 5 WeihnachtenDie Aktion wird zum 16. Mal vom Schweizerischen Roten Kreuz, der Schweizerischen Post und der SRG SSR durchgeführt. Vom 24. Dezem-ber 2012 bis zum 12. Januar 2013 spediert die Schweizerische Post alle Pakete, die mit 2 5 Weihnachten ad-ressiert sind, kostenlos ans SRK. Das SRK sorgt dafür, dass die Gaben je zur Hälfte in der Schweiz und in Ost-europa an Bedürftige verteilt werden. Das ideale Paket enthält zum Beispiel Teigwaren, Reis, Speiseöl, Konserven, Zucker, Mehl, Trockenfrüchte, Zahn-pasta, Zahnbürsten, Seife, Shampoo, Notizblöcke, Schreibhefte, Filzstifte, Bleistifte, Radiergummis usw.Alle Lebensmittel müssen mindestens noch sechs Monate haltbar sein. Wer lieber ein Paket spenden möchte, fin-det Informationen dazu im Internet:➥2xweihnachten.ch

apropoS

Ausladen, aus-packen, sortieren oder Kartons entsorgen – Otto Baumann hat jeden Arbeitsschritt schon gemeistert

«Ich habe mir bei der pensio-nierung vorgenommen, nie zu sagen, ich hätte keine Zeit.»

Humanité 4/2012 19

Page 20: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

Geld macht glücklich (Nr. 15). Geld macht glücklich, wenn man für

jemanden da sein kann. Deshalb hat Swisscanto zusammen mit dem Schwei-

zerischen Roten Kreuz (SRK) den Swisscanto Swiss Red Cross Charity Fund

lanciert. Dabei spenden Sie die Hälfte Ihrer Erträge für mehr Menschlichkeit.

Und profitieren gleich noch von einer sicherheitsorientierten Anlage in

Obligationen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Kundenberater

der Kantonalbank sowie unter www.redcross.ch oder www.swisscanto.ch/15.

Die Informationen in dieser Publikation gelten nicht als Offerte. Sie dienen lediglich zu Informationszwecken. Kostenloser Bezug von Verkaufsprospekt, vereinfachtem Verkaufs-prospekt, Jahres- oder Halbjahresbericht bei den Kantonalbanken, der Swisscanto Asset Management AG, Nordring 4, 3000 Bern 25 oder unter www.swisscanto.ch.

In Zusammenarbeit mit

Page 21: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

KurZ & bündiG

neue notzelte für tropisches KlimaDas Schweizerische Rote Kreuz (SRK) hat 420 leichte, widerstandsfähige Zelte be-schafft. Sie eignen sich speziell als Not-unterkunft in tropischem Klima. Da dieser Zelttyp keine Bodenverankerung braucht, ist er besonders gut geeignet für den städ-tischen Raum. Das SRK lagert diese Zel-te und andere Hilfsgüter in Ghana und Malaysia, damit im Katastrophenfall die Transportwege kürzer sind. In Ghana wurden die Zelte vom Team der interna-tionalen Katastrophenhilfe des SRK getes-tet (Bild).

Sonnenbrille kaufen und augenlicht schenkenLiza Andrea Kuster, Moderatorin und Miss Earth Schweiz 2010, unterstützt seit Jah-ren das Engagement des SRK gegen die Armutsblindheit. Als kreativer Kopf der Schweizer Sportsonnenbrillenmarke TN hat sie für das SRK eine limitierte Spezial-ausgabe «Augenlicht schenken» lanciert. Die TN Sonnenbrille ist ausgestattet mit ei-nem unzerbrechlichen Hightech-Rahmen, ei- nem 100-prozentigen UV-Schutzfilter sowie Wechselgläser in vier Farben. Zudem wiegt sie weniger als 28 Gramm und wird kli-maneutral produziert. Ab Mitte Dezember

gibt es die Spezialausgabe für 199 Fran-ken im SRK-Shop. 50 Franken vom Kauf-preis fliessen in das SRK Projekt «Augen-licht schenken» und ermöglichen eine Augenoperation.➥redcross.ch/shop

Der grosse Teil der über 200 000 syri-schen Flüchtlinge in Jordanien lebt in gemieteten Räumlichkeiten oder bei Gastfamilien. Viele Frauen sind mit ihren Kindern alleine, da die Männer oftmals in Syrien zurückgeblieben sind. Die Flüchtlinge müssen für ihre Nahrung, für Wasser und Strom selber aufkommen, um in ihrer Unterkunft den Winter ver-bringen zu dürfen. Deshalb unterstützt das SRK 1000 besonders verletzliche Familien mit einem monatlichen Bar-

beitrag von umgerechnet 220 Franken. Diese direkte finanzielle Unterstützung in den Grenzstädten Ajlou und Jerash wird während mindestens drei Monaten fort-geführt. Auch Hilfsgüter für den Winter verteilt das SRK. Bereits über 2000 Per-sonen haben Decken, Hygieneartikel so-wie Haushaltgeräte erhalten. Insgesamt wendet das SRK mit der Unterstützung der Glückskette 1,3 Millionen Franken auf für die Hilfe an die syrischen Kriegs-opfer.

Soforthilfe für syrische Flüchtlinge

Symbolbild

Kennen Sie eine Person oder eine Orga-nisation, deren humanitäre Leistung bei-spielhaft, herausragend und nachhaltig ist? Dieser Mensch oder diese Organi-sation engagiert sich auf aussergewöhn-liche Weise im In- oder Ausland im Geist der Menschlichkeit, der Unparteilichkeit, Neutralität sowie der Freiwilligkeit und verdient eine Würdigung. Mehr Informa-tionen finden Sie auf www.redcross.ch. Ihren Vorschlag für den mit 30000 Fran-ken dotierten Rotkreuzpreis nimmt das SRK bis am 31. Dezember 2012 entgegen:➥Schweizerisches Rotes Kreuz, Kom-

munikation, postfach, 3001 Bern

Wer verdient den rotkreuzpreis 2013?

Humanité 4/2012 21

Page 22: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

Für alte Menschen da seinpflegehelferin/pflegehelfer SrK

Der Lehrgang Pflegehelfer/-in SRK vermittelt die Grundlagen für die Pflege und Betreuung von gebrechli-chen, kranken oder behinderten Menschen. Angehende Pflegehelferinnen* erhalten dabei das Rüstzeug für den Umgang mit Betagten und Behinderten. Sie lernen, deren Bedürfnisse zu erkennen und wie sie diese mit Respekt, Freundlichkeit und Geduld erfüllen.

TExT: CHRISTINE RÜFENACHT BILDER: THIERRY PAREL

Am Beispiel einer Kursteilnehmerin zeigt Catherine Pictet, wie man beim Aufstehen hilft

KonKret

22 Humanité 4/2012

Page 23: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

Beim Rollentausch erleben Pflegehelferinnen auch, wie es sich anfühlt, Hilfe anzunehmen

Um das Zertifikat Pflegehelfer/-in SRK zu erwerben, sind 120 Stunden Theo-

rie und 12 Tage Praktikum nötig. Der Lehrgang vermittelt alle wichtigen Grund-lagen, die eine Tätigkeit in einem Alters- oder Pflegeheim im Spital oder in der Spitex erfordert. Auf dem Kursprogramm stehen praxis orientierte und sensible Themen wie: Kommunikation mit pfle-gebedürftigen Menschen, Hygiene- und Sicherheitsrichtlinien, Körperpflege, An- und Auskleiden, Pflege von sterbenden

Menschen, Sexualität, Ernährung, Aus-scheidung, Atmung, Bewegung, Schlaf und das älterwerden an sich. Dieser letz-te Punkt zeigt den künftigen – eher jun-gen – Pflegehelferinnen auf, mit welchen körperlichen Veränderungen das älter-werden verbunden ist. Auch die Folgen eines Eintritts in ein Alters- oder Pflege-heim sowie andere Sorgen und ängste werden besprochen.

praktische erfahrungenDie Selbstständigkeit fördern, aber be-darfsgerechte Unterstützung anbieten und den Bedürfnissen von gebrechlichen Men-schen Aufmerksamkeit entgegenbringen. Das sind die Grundpfeiler der Tätigkeit

einer Pflegehelferin. Die Kursleitende weist besonders darauf hin, dass der Ta-gesablauf der betagten Menschen zu res-pektieren ist. «Die Pflegehelferin soll nicht hetzen, sondern sich um die Menschen kümmern», erklärt Catherine Pictet, seit 20 Jahren Kursleiterin beim Roten Kreuz in Genf. Respekt, Freundlichkeit und Geduld sind ihr sehr wichtig. Ein grosser Pluspunkt des Lehrgangs ist zweifelsohne auch der praktische Teil. An jedem Kurstag repetie-ren die Teilnehmenden die richtigen Hand-griffe. Zum Beispiel wie man jemandem sanft beim Aufstehen hilft, anschliessend

«Die pflegehelferin soll nicht hetzen, sondern sich um die Menschen kümmern.»

KonKret

Die Aufgaben der pflegehelferinnen SRK

Ein Teil der Ausbildung befasst sich mit Krankheiten, die im Alter häufig auftre-ten. Symptome, Ursachen, Therapien und vor allem die Massnahmen, welche die Pflegehelferinnen in diesem Zusam-menhang treffen, werden gezeigt. Bei Schwindelproblemen wären dies zum Beispiel:– Angaben über Schwindel der Patien-

ten ernst nehmen– Ihnen beim Aufstehen genügend Zeit

lassen, insbesondere nach langem Lie-gen und Sitzen

– Vor dem Aufsetzen der Person das Kopfende des Bettes hochziehen

– Kurze Bewegungsübungen machen (Beine und Füsse bewegen, strecken, tief durchatmen, beim Aufstehen ge-radeaus schauen)

– Stürze verhindern, Sicherheit geben

apropoS

* Für eine leichtere Lesbarkeit erlauben wir uns, nur die weibliche Form zu verwenden. Der Lehrgang wird fast ausschliesslich von Frauen absolviert.

Humanité 4/2012 23

Page 24: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

KonKret

Wenn der Rollator beim Aufstehen als Stütze dient, immer die Bremsen anziehen

Stéphane Zanone, 42 JahreStéphane Zanone ist Drogist und war auf der Suche nach einer Anstellung, als er sich nach einem Praktikum in einem Altersheim für die Ausbildung zum Pflegehelfer

entschloss. Er ist kontaktfreudig und interessiert sich für alle Gesundheitsbe-reiche. Er hofft durch die Ausbildung, seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. «Man hat mir geraten, einen eidg. Fähigkeitsausweis zu machen; aber mit 42 Jahren bin ich zu alt dafür! Ich bevorzuge eine kürzere Schulung/Weiterbildung, um möglichst schnell arbeiten zu können», erklärt er.

Ana Correia pires, 25 JahreDie Mutter eines kleinen Mädchens hat bis jetzt noch keine Ausbildung absolviert. Das möchte sie nun nachholen. Ihr Ziel ist es, sich nach dem Pflegehelfe-

rinnen-Lehrgang zur «Fachfrau Betreuung EFZ» ausbilden zu lassen. Ana Correia Pi-res ist äusserst hilfsbereit, insbesondere älte-ren Menschen gegenüber, die sie sehr mag und respektiert. Während eines Praktikums in einem Alters- und Pflegeheim hat sie erkannt, wo man sie am meisten braucht. «Am Anfang hatte ich Mühe, die Leute zu waschen. Ich sagte mir aber: ‹Wenn ich es nicht mache, wer macht es dann?›»

Isabella Dias, 29 JahreWie viele andere in ihrer Klasse hat Isabella Dias bereits Erfahrung in der Pflege von älteren Men schen, die sich aber auf die Betreuung zu Hause beschränkt.

Sie schätzt den Lehrgang, der ihr Ant-worten auf viele Fragen. Mit dem Zertifi-kat erhofft sie sich eine Tätigkeit in einem Alters- oder Pflegeheim, die ihr die Türen für eine weiterführende Ausbildung öff-net. Sie ist 29 Jahre alt und Mutter von drei Kindern. Im Moment hat sie weder die Zeit noch die finanziellen Mittel, um eine umfangreichere Berufsausbildung zu machen.

Wer sind die künftigen pflegehelferinnen und pflegehelfer?

Rund 4500 Frauen und Männer werden jedes Jahr von den 24 Rotkreuz-Kantonalverbänden ausgebildet. Drei Personen, die zurzeit die Ausbildung in Genf durchlaufen, in einem Kurzporträt:

in den Rollstuhl setzt und dabei den eige-nen Rücken schont. Oder wie man eine Person im Bett wäscht, ihr beim Essen hilft und vieles mehr. Immer unter den strengen

Augen der Kursleiterin sowie der Kollegin-nen und Kollegen, die vielfach bereits über praktische Erfahrungen verfügen und sich gegenseitig unterstützen. Während des praktischen Teils kommt auch die Kommunikation nicht zu kurz. Catheri-ne Pictet ist es wichtig, dass die künftigen Pflegehelferinnen sich klar und deutlich ausdrücken, jedoch die Pflegebedürftigen

nicht wie Kleinkinder behandeln. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Art der wortlosen Kommunikation, sei es durch Berührungen oder durch die Mimik. Umso mehr, als viele Pflegehelferinnen fremd-sprachig sind. «Am Ende des Lehrgangs sind die Teilnehmenden bestens für die Auf-gaben gerüstet», ist Catherine Pictet über-zeugt. «Dies ist mit ein Grund, weshalb die Pflegehelferinnen SRK in den Alters- und Pflegeheimen so sehr geschätzt werden!» ➥redcross.ch/pflegehelferin

«Die wortlose Kommunikation durch Berührungen oder durch die Mimik ist ebenso wichtig.»

24 Humanité 4/2012

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Möchten Sie auch ein Gläschen Wod-ka?» Die freundliche Einladung von

Nina Shumik lässt sich umso weniger aus-schlagen, als sie von einer ehemaligen ärz-tin ausgesprochen wird. Der 78-Jährigen scheint das gelegentliche Gläschen jeden-falls nicht geschadet zu haben. Sie ist kör-perlich und geistig bewundernswert vital und besitzt eine grosse Ausstrahlung. Seit ihrer Pensionierung vor 14 Jahren engagiert sich Nina Shumik gemeinsam mit sechs an-deren noch rüstigen «Babuschkas», Gross-müttern, für den Rotkreuz-Besuchsdienst im Städtchen Schuschin. Wenn sie nicht gerade auf Hausbesuch ist, verbringt sie bei sich zu Hause viel Zeit beim Nähen und Stricken, um die älteren Kranken und Behinderten mit etwas Nützlichem zu über-raschen. In ganz Weissrussland sind es 700 ältere Freiwillige, die pflegebedürftige und isoliert lebende Betagte regelmässig besuchen und mit Rat und Tat beistehen.

Dabei entlasten sie die Krankenschwestern des Spitexdienstes, denen damit mehr Zeit bleibt für die medizinische Betreuung.

Schicksalsschläge bewältigtIn ihrer sorgfältig eingerichteten Woh-nung erzählt uns Nina Shumik ihr persön-liches Schicksal. Nur wenige Jahre, bevor sie ihre berufliche Laufbahn als Laborärz-tin beendete, kamen ihr Sohn und ihre Schwiegertochter bei einem Autounfall ums Leben. Sie liessen zwei schulpflich-tige Kinder zurück, um die sie sich als Grossmutter fortan kümmerte. Ihr Mann, ebenfalls Arzt, verstarb nur drei Mona-te später an Herzversagen. Die beiden Enkelkinder sind inzwischen erwachsen, und sie hat nun mehr Zeit für ihr freiwil-liges Engagement im Besuchsdienst des Roten Kreuzes. Das wöchentliche Treffen mit den sechs anderen freiwillig tätigen Babuschkas dient sowohl der Weiterbil-dung wie auch dem Erfahrungsaustausch. «Wir sind wie eine Familie und geben

uns gegenseitig Halt. Mit unserem Ein-satz für allein lebende kranke Menschen verleihen wir auch unserem eigenen Le-ben einen tieferen Sinn», meint Nina Shu-mik. Mit 78 ist sie die älteste der aktiven Frauengruppe und damit 20 Jahre älter als deren jüngstes Mitglied.

Hausbesuch auf Weissrussisch-polnisch Wir begleiten Nina Shumik beim Besuch der 85-jährigen Yva-Everina Yoch. In der Wohnung der zierlichen Frau treffen wir auch die Krankenschwester des Spitex-dienstes des Roten Kreuzes. Diese kommt zwei Mal pro Woche bei der Herzpa-tientin vorbei. Dank dieser medizinischen Pflege und vor allem der regelmässigen Besuche von Nina Shumik kann die alte Dame noch in ihrer eigenen Wohnung leben.Mit ihrer klangvollen Stimme erzählt Yva-Everina Yoch aus ihrem Leben. Die kinderlose Witwe arbeitete über 40

Schöne Landschaft – bedrückende RealitätFünf Mal so gross wie die Schweiz und mit 9,5 Millionen Einwohnern eher dünn besiedelt, so lässt sich Weissruss-land oder Belarus zusammenfassen. In der Hauptstadt Minsk leben 1,7 Millio-nen Menschen. Ein Drittel der Landesflä-che ist bewaldet, naturbelassene Flüsse sowie Moore und Sümpfe prägen das Landschaftsbild. Weissrussland hat eine tragische Ge-schichte. Die Verbrechen des Stalinis-mus und dann während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg haben Hunderttausenden von Menschen das Leben gekostet. Nach dem Zusammen-bruch der Sowjetunion wurde Weiss-russland 1991 formell unabhängig. Doch unter seinem gegenwärtigen au-toritären Regime ist das Land politisch und wirtschaftlich stark von Russland abhängig. Wirtschaftlich bekommt die Bevölkerung Weissrusslands die Folgen der hohen Inflation stark zu spüren und auch die Arbeitslosigkeit ist angestie-gen. Viele gut ausgebildete Jugendliche verlassen das Land.

apropoS

KonKret

26 Humanité 4/2012

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KonKret

Jahre als Serviceangestellte im selben Restaurant, worauf sie besonders stolz ist. Als junge Frau verbrachte sie einige Jahre im benachbarten Polen, wo noch zwei ihrer Geschwister leben. Die Me-lodie in ihrer Stimme führt daher, dass ihre weissrussische Muttersprache noch

heute mit polnischen Ausdrücken ausge-schmückt wird, wie uns die Übersetzerin verrät. Wie bei allen älteren Menschen hier ist der Zweite Weltkrieg, unter dem sowohl Weissrussland wie auch Polen besonders stark litten, in ihrer Erinnerung stark präsent.

Letzter SonnenstrahlDoch es ist nicht nur die Erinnerung an die schwere Kriegszeit, welche die beiden Frauen verbindet. Nina Shumik bringt auch die Welt und den Alltag von aussen

in die Stube von Yva-Everina Yoch. Sie ha-ben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. «Die langen Tage und schlaflosen Näch-te sind einsam und der Besuch von Nina ist ein Lichtblick», sagt die hochbetagte Frau. Dazu gehören das Gespräch beim Tee ebenso wie die Handreichungen von Nina Shumik im Haushalt oder die Pflege des kleinen Blumengartens vor dem Fens-ter, an dessen Anblick sich Yva-Everina Yoch im Sommer täglich erfreut. Sie öff-net das Fenster ihrer Wohnung im ersten Stock und zeigt auf die blühenden Son-nenblumen. Schon bald werden sie ver-welken und damit an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern. Dank dem Einsatz von unermüdlichen Babuschkas wie Nina Shumik wird der letzte Lebensabschnitt von Yva-Everina Yoch und vielen anderen, die ein entbeh-rungsreiches Leben hinter sich haben, doch noch von einem Sonnenstrahl be-rührt. ➥redcross.ch/weissrussland

«Wir verleihen unserem eigenen Leben einen tieferen Sinn.»

Christine Rutschmann Die Programmverantwortliche des SRK für Osteuropa ist ausgebildete Pflegefachfrau und hat einen Master in Public Health. Die 52-Jährige arbeitet seit 1990 fürs SRK und hat eine 15-jährige Tochter.

Wie erleben Sie Weissrussland?Die Bevölkerung ist zurückhaltend, aber enorm gastfreundlich und stolz. Sogar die ärmsten würden ihrem Gast eine Suppe kochen und niemals zuge-ben, dass sie zu wenig für sich haben. Nach der Wirtschaftskrise 2008 hat die Armut sehr stark zugenommen. Eini-ge müssen sich im Winter sogar ent-scheiden zwischen Heizen oder Essen.

Die politische Situation ist um-stritten. Warum engagiert sich das SRK? Wir unterstützen das Weissrussische Rote Kreuz, das über zu wenig finanzi-elle Mittel verfügt und keine Spenden sammeln kann. Das SRK bringt sein Wissen ein. Nicht nur die Ausbildung von professionellen Pflegepersonen ist uns ein Anliegen, sondern auch die Freiwilligenschulung. Das ist dringend nötig. 20% der Bevölkerung wären auf Sozialhilfe angewiesen. Es gibt über eine halbe Million Behinderte und ge-nau so viele alte Alleinstehende. Sie sind sich oft selbst überlassen.

erreichen Sie genug?Es ist kein Tropfen auf den heissen Stein, eher eine Lawine, die wir aus-lösen. Es geht darum, dem Staat zu beweisen, wie er mit einfachen Mitteln die Situation verbessern kann. Es gibt Dörfer, wo nur noch alte Menschen zurückgeblieben sind. Sie sind es sich nicht gewohnt, Unterstützung anzuneh-men. Wir wollen zeigen, was Hilfe zur Selbsthilfe bewirkt. Vereinsamte Men-schen werden häufiger krank, aber gegenseitige Unterstützung wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Unser Ziel ist es, ein Netzwerk aufzubauen.

KurZ beFraGt

Ihr Glaube, die Kolleginnen vom Roten Kreuz und Gutes tun für die Schwächs-ten – das alles gibt der Rotkreuz-Freiwilligen Nina Shumik Energie und Lebensfreude

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KreuZ & quer

Warmer BorschtschFür 2 Personen als HauptspeiseVegetarisch: Dieses Rezept kann auch ohne Hackfleisch zubereitet werden.

400 g gekochte, ungewürzte Randen2–3 grössere Karotten1–2 ZwiebelnWasserCa. 5 EL getrocknete Steinpilze, eingeweicht100 g Hackfleisch (Rind, Schwein, oder gemischt) etwas würzen und zu kleinen Kugeln formenSalz und PfefferSauren Halbrahm (1–2 Becher à 180 g, je nach Belieben)1 Tasse Randensaft Etwas Zitronensaft oder Balsamico (zum Ansäuern, je nach Belieben mehr oder weniger)

Randen, Karotten und Zwiebeln schä-len, klein schneiden. Etwas Wasser beigeben, die Suppe soll jedoch nicht zu dünn werden. Steinpilze klein schneiden und beifügen. Alles lang-sam aufkochen, salzen und pfeffern. Randensaft und ganz wenig Zitronen-saft oder Essig beigeben (Säuregrad je nach Belieben). Hackfleischbäll-chen beigeben. Mindestens 1 Stunde auf kleinem Feuer köcheln lassen. Kurz vor dem Servieren je nach Ge-schmack sauren Halbrahm einrühren (kann man auch weglassen) und da-mit die Suppe garnieren.Gschwellti oder Schwarzbrot mit et-was Butter und frischem Dill (auch nach Belieben) dazu reichen.Prijatnawa Appetita!

Randen werden hierzulande fast aus-schliesslich roh oder gekocht als Salat

gegessen. In Ost- und Mitteleuropa hinge-gen kommt der leicht süssliche Geschmack der dunkelroten Rübe als Hauptzutat in einer nahrhaften Suppe zur Geltung. Borschtsch ist von Polen bis nach Russland so bekannt, wie in der Schweiz Rösti und Bratwurst. «In Weissrussland erhalten Sie in fast jedem Restaurant eine Variante von Borschtsch», sagt Christine Rutschmann, die SRK-Programmverantwortliche für Weissrussland (vgl. Interview Seite 27). Un-ser Rezept für warmen Borschtsch stammt von ihrer Kollegin aus Weissrussland. Eine Suppe mit Biss, denn sie enthält – wie in unserer Variante – oft Fleisch und Pilze. Püriert wird diese Suppe selten. Typisch für die Zubereitung ist eine lan-ge Garzeit bei geringer Hitze. Deshalb wird eine Menge gekocht, die für meh-rere Tage reicht. Christine Rutschmann schwärmt, dass die Suppe mit jedem Auf-

wärmen sogar noch besser werde. Die Kennerin weiss: «Borschtsch muss so viel Gemüse enthalten, dass ein Holzlöffel im Topf stehen bleibt. Essen Sie Gschwellti oder ein dunkles Brot dazu – köstlich!»

Reich an Farbe und VitaminenGesund ist Borschtsch sowieso. Der Ran-de wird sogar eine leistungssteigernde Wirkung nachgesagt. Tatsache ist, dass die stark färbende Rübe einen hohen Gehalt an Kalium, Eisen und vor allem Folsäure aufweist. Was die Färbung be-trifft, so wurden Randen früher als Färbe-mittel eingesetzt und werden noch heute für einen natürlichen Lebensmittelfarbstoff verwendet. Erdbeeren allein sind somit selten schuld, wenn ein Joghurt appetit-lich rosa aussieht. Dahinter steht Betanin, auf Lebensmittelverpackungen besser be-kannt als E162 oder anders gesagt: Ran-densaft. ➥magazin-humanite.ch/rezepte

reZept

Was der Garten hergibtDer Winter ist lang und eisigkalt in Osteuropa. Ist die Randensuppe Borschtsch auch wegen ihrer Farbe von Polen bis nach Russland so beliebt? Das bekannteste Gericht aus diesem riesigen Gebiet zaubert ein spannendes Rosa-Violett in weisse Teller und wärmt von innen.

borschtsch

TExT: TANJA PAULI BILD: STEFAN MAURER

Vorsorgen für den harten Winter – in ländlichen Gebieten stammen die lagerfähigen Gemüse-sorten für Borschtsch aus dem eigenen Garten

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Page 30: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

Für Humanité zeichnet «Karma» alias Marco Ratschiller. Er ist Cartoonist und Chefredaktor des Satire-Magazins Nebelspalter.

labyrinthVom Start bis ans Ziel wird der Weg mit feinen Linien markiert. Den gefundenen Weg ausfüllen – und schon erscheint das Bild.

kreuz & quer

HuMANITé 3/2012Lösungswort des letzten Kreuz-worträtsels:SICH eNGAGIeReN

Wir gratulieren den Gewinne-rinnen und Gewinnern:Claudia Bärtschi, MünchensteinCarmen Eberlein, LausanneOdile Luisier, BernexEsther Känzig, ZürichVerena Zellweger, Allschwil

Übrige Lösungen der letzten Ausgabe:

Die Lösung zum Sudoku, zum Wort-suchspiel und zum Labyrinth finden Sie jeweils in der nächsten Ausgabe oder im Internet. ➥ magazin-humanite.ch

923471865

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765348291

893126457

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986431572

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157289346

528793164

471562983

639814725

06010030934

4 0 0 2 0 0 3

4 0 0 3 0 0 8( C ) C o n c e p t i s P u z z l e s

30 Humanité 4/2012

Page 31: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

kreuz & quer

Kreuzworträtsel

Wortsuchspiel Finden Sie die 20 Wörter horizontal, vertikal und diagonal. Die Buchstaben können für mehrere Wörter gelten.

Wir verlosen unter allen korrekt einge-schickten Lösungswörtern des Kreuz-worträtsels fünf SRK-Wetterstatio-nen aus Metall mit Uhr, Thermometer und Hygrometer. Senden Sie das Lösungswort und Ihre Adresse in einem E-Mail an [email protected] oder auf einer Postkarte an:

Schweizerisches Rotes KreuzMagazin «Humanité»postfach, 3001 Bern

Einsendeschluss: 31. Dezember 2012

Sudoku

Füllen Sie die leeren Felder mit den Zahlen von 1 bis 9. Dabei darf jede Zahl in jeder Zeile, jeder Spalte und in jedem der neun 3 x 3-Blöcke nur einmal vorkommen.

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6

3

9

2

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1

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C o n c e p t i s P u z z l e s 06010010910

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7C o n c e p t i s P u z z l e s 06010010515

GeWinnen

Artikel bestellen: ➥ redcross.ch/shop

Teilnahmebedingungen für den Wettbewerb: Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Über den Wettbewerb wird keine Korrespon-denz geführt. Die Barauszahlung und der Rechtsweg sind ausgeschlossen.

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Page 32: Humanité 4/2012: Eine Chance für Gracia

bildung ist der rucksack fürs leben und ermöglicht ein eigenes einkommen. alle Kinder verdienen diese Chance.

unsere Hilfe braucht ihre Spende.Postkonto 30-9700-0