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„Ich möchte die blöden Gedanken weghaben….“ Hilfe für Kinder nach häuslicher Gewalt
Häusliche Gewalt – Auswirkungen von Partnergewalt auf Kinder und JugendlicheFachtagung Offenbach 11.11.2009
Birgit MeixnerPsychologische BeratungsstelleCaritas-Zentrum Waiblingen
Nuria, 8 Jahre
„Ich kann nicht mehr ruhig schlafen. Papa sagt, es passiert nicht wieder, aber es ist immer wieder passiert. Immer muss ich Papa daran hindern, dass er Mama schlägt. Meine Mama wollte sich schon töten mit Waschmittel oder Shampoo. Da mussten wir alles wegräumen und immer der Mama hinterherlaufen. Ich möchte die blöden Gedanken weghaben, wir haben immer ein trauriges Gesicht. Manchmal weine ich, manchmal auch meine Schwester. Dann streichle ich sie.“
Kreisweiter Runder Tisch
„Häusliche Gewalt“
Regionale Runde Tische und
Arbeitskreise
Männerinter-ventions-stelle
Opfer-beratung
Krisen- und Beratungs-dienst
für Kinder
Krisen- und Beratungsdienst für Kinder und Jugendliche nach häuslicher Gewalt
entwickelt im Rahmen eines Pilotprojekts der Landesstiftung Baden-Württemberg „Kinder als Zeugen und Opfer häuslicher Gewalt“ 2004 – 2006
weitergeführt durch die Förderung der Initiative Sicherer Landkreis, Rems-Murr-Stiftung, Landesstiftung Opferschutz 2006 – 2009
seit Juli 2009 regelfinanziert durch die Kinder- und Jugendhilfe
Ziele des Projekts
Entwicklung eines Konzeptes zum
vernetzen Vorgehen
Entwicklung und Umsetzung konkreter Unterstützungsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche
Zentrale Fragestellungen
Wie bekommen wir Zugang zu betroffenen Kindern und Jugendlichen?
Wie müssen die Informationswege beschaffen sein?
In welchen Fällen von häuslicher Gewalt ist das Jugendamt zu informieren?
Wann liegt eine Kindeswohlgefährdung vor? Welche Hilfe brauchen Kinder und Jugendliche?
Schwerpunkte im Projekt
1. Kooperation, Intervention und Vernetzung
2. Entwicklung und Umsetzung von Unterstützungsangeboten
3. Qualifizierung von Fachkräften und Kooperationspartnern
Partnerschaftsgewalt und Kindeswohlgefährdung (Kindler 2004)
wiederholte und/oder schwere Partnerschaftsgewalt keine Perspektive für eine Verminderung des
Gewaltrisikos fehlende Veränderungsperspektive multiple Risiken in den Familien (Suchterkrankung,
Kindesmisshandlung, psychische Erkrankungen) massive Belastungsanzeichen bei kleinen Kindern Anzeichen für einen
Zusammenbruch der elterlichen Fürsorge
mit Einwilligung Mitteilung nach § 26 LKJHG
Interventionsablauf im Rems-Murr-Kreis
Information
Opferberatung
Information über Beratungs-
einrichtungen
Information über Männer-
interventionsstelle
Polizeieinsatz zur Gefahrenabwehr
Jugendamtmit Einwilligung
mit Einwilligungmit EinwilligungKrisen- und Beratungsdienst für
Kinder und Jugendliche
Proaktive KriseninterventionWeiterführende EinzelbegleitungPädagogisch-therapeutisches Gruppenangebot „Opticus“Arbeit mit Müttern und Vätern
ErmahnungSchlichtung
Wiederholte SchlichtungPlatzverweisGewahrsamnahmeFestnahme
Zugangswege zum Unterstützungsangebot
Mütter melden sich selbst nach Information durch Polizei, Opferberatung oder Jugendamt
Opferberatung nimmt mit Einwilligung der Mütter Kontakt auf und vermittelt den Hilfebedarf
Jugendamt nimmt nach Meldung durch die Polizei Kontakt auf und vermittelt den Hilfebedarf
Eigenständiger Unterstützungsbedarf
Eltern stehen als Ansprechpersonen nicht zur Verfügung
Dynamik der Gewalt verstellt den Blick auf die Kinder Opferberatung und Täterberatung sind auf die Klärung
der Problemlagen der Erwachsenen konzentriert Krisensituation der Mütter schränkt ihre
Handlungsfähigkeit ein Die im Rahmen der Jugendhilfe zur Verfügung
stehenden Hilfsangebote werden nicht in Anspruch genommen
Krisen- und Beratungsdienst für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt
Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche der Caritas Waiblingen
Angebote des Krisen- und Beratungsdienstes
1. Proaktive Krisenintervention
2. Weiterführende Einzelbegleitung
3. Pädagogisch-therapeutisches
Gruppenangebot „Opticus“
4. Arbeit mit Müttern und Vätern
Kurzdarstellung der Angebote
1. Proaktive Krisenintervention Zeitnah zum Gewaltgeschehen Aktives Zugehen nach der Meldung Angebote zum Schutz und zur Stabilisierung
2. Weiterführende Einzelbegleitung
traumaspezifische Interventionen
Kurzdarstellung der Angebote
3. Pädagogisch-therapeutisches
Gruppenangebot „Opticus“
Themen- und erlebnisorientierter Ansatz
Strukturierter Ablauf
Angebot zur Entlastung und Auseinandersetzung mit dem
Gewalterleben
3. Arbeit mit Müttern und Vätern
Bedarfsabhängiges Beratungsangebot
Zahlen und Fakten
Projektlaufzeit 1/2005 – 6/2009
97 Familien 147 Kinder
74 Jungen 73 Mädchen
Alterstruktur 0 – 18 Jahre Anzahl der Kontakte pro Kind 5,8
Was brauchen Kinder?
Schutz und Sicherheit vor weiterer Gefährdung
Beruhigung und Stabilität in ihren Beziehungen
Hilfe bei der Verarbeitung des Gewalterlebens
Förderung in ihrer Entwicklung
Matthias, 7 Jahre
„Aber dann hat er doch meine Mama gewürgt und er hat auch ein Messer gehabt. Ich habe den Krach gehört und bin zu meiner Mama gelaufen. Ich habe sie gerettet. Und jetzt ruft er die ganze Zeit an, weil er meinen Bruder haben will. Ich geh nicht ans Telefon. Aber ins Telefon kann man ja kein Messer reinstecken. Meine Mama hat Angst, sehr große Angst. Aber wenn ihre Freundinnen da sind, dann nicht mehr.“
FlorianFlorian, 10 Jahre
Welche Beratungsansätze sind förderlich?
Hilfsangebot muss zeitnah zum Gewaltgeschehen und proaktiv erfolgen
aufsuchende Beratung parallel zur Beratung der Mutter Beratung für die
Kinder bei akuter Bedrohung enge Kooperation mit der
Polizei und dem Familiengericht Begleitung der Kinder zu relevanten Terminen
und Anlässen
Was muss beachtet werden?
Unterstützungsangebote müssen individuell bezogen sein auf
die aktuelle Lebenssituation des Kindes und seine persönliche Sicherheit
die aktuelle Belastung des Kindes und seine individuellen Möglichkeiten der Verarbeitung
unterstützendes oder gefährdendes Verhalten von Familienmitgliedern
andere Probleme, z.B. in der Schule
den Unterstützungsbedarf von Eltern und Geschwistern
Was hilft Kindern?
Wirksame Elemente in der Arbeit mit Kindern
Alters- und kindgerechte Gestaltung der Angebote
Förderung verbaler Ausdrucksfähigkeit
Offenheit über die erlebte Gewalt herstellen
Anerkennung, Wertschätzung, Aufmerksamkeit
Kontinuität in der Zuwendung
verlässliche Abläufe und Rituale
ausreichende Dauer des Angebots
Ergebnisse der wissenschaftlichen
BegleitforschungFrau Prof. Dr. Kavemann (Berlin)Frau Dr. Seith (Zürich)
Aktionsprogramm der Landesstiftung Baden-Württemberg „Kinder als Zeugen und Opfer häuslicher Gewalt“ 2005 – 2006
Wovon profitieren Kinder in der Einzelarbeit?
Ungeteilte Aufmerksamkeit und Zuwendung
Individueller Sicherheitsplan
Erstellen eines Hilfekonzeptes in Kooperation mit den anderen beteiligten Einrichtungen (v.a. Jugendamt)
Regelung von aktuellen Problemen der Lebenssituation
Unterstützung in der Beziehungsgestaltung (v.a. Umgang)
Wovon profitieren Kinder in der Gruppenarbeit?
Zusammensein und Austausch mit anderen Kindern
Anerkennung durch die Gruppe
Forum für die Präsentation eigener Stärken und Fähigkeiten
Experimentierraum für neue Verhaltensweisen
Veränderte Sicht auf Geschlechter- und Generationsbeziehungen
Konzeptionelle Erkenntnisse
Einzelarbeit bewährt sich bei multiplen Problemen, Gruppenarbeit setzt mehr Stabilität voraus
Die Einbindung von Gewalt betroffenen Eltern erweist sich als unabdingbar
Aufsuchende Arbeit ist besonders geeignet, vielfältigen Unterstützungsbedarf abzuklären und abzudecken
Entsprechend dem individuellen und komplexen Unterstützungsbedarf bewährt sich Einzel- oder Gruppenarbeit bzw. eine Kombination
Wesentliche Ergebnisse zur Wirkung
Die Unterstützungsangebote trugen dazu bei
die Befindlichkeit der Kinder zu verbessern
die anfänglich beobachteten Auffälligkeiten zu reduzieren
die Lebenssituation der Familien zu stabilisieren
das Gewaltaufkommen abzusenken
Voraussetzungen für gelingende Hilfsangebote
Entscheidend sind
der politische Wille
die konsequente Anwendung rechtlichen Schutzes
spezialisierte Unterstützungsangebote und kindgerechte Infrastruktur
fachlich gut qualifiziertes Personal
kontinuierliche fachliche Auseinandersetzung
gute interinstitutionelle Kooperation und klare Absprachen und Zuständigkeiten
Weiterentwicklung unseres Krisen- und Beratungsdienstes Gruppenangebot für Mütter mit Klein- und
Vorschulkindern zur Stärkung ihrer Erziehungskompetenz
Erweiterung des Gewaltsensibilisierungs-trainings für Väter/Täter durch ein Modul „Kinder als Zeugen und Opfer häuslicher Gewalt“ (in Kooperation mit der Männerinterventionsstelle)
Nuria, 9 Jahre
Mama mit Karim Rona Nuria Papa
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Mehr Information im Workshop „Proaktive Krisenintervention für Kinder bei häuslicher Gewalt“