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iga.Report 42 Gesund im Kleinbetrieb Empfehlungen für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) aus einer qualitativen Befragung Patricia Lück und Petra Meisel unter Mitarbeit von Katharina Winter und Laura Ostländer Die Initiative Gesundheit und Arbeit In der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) arbeiten gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung zusammen, um arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen. Gemeinsam werden Präventions- ansätze für die Arbeitswelt weiter- entwickelt und vorhandene Methoden oder Erkenntnisse für die Praxis nutzbar gemacht. iga ist eine Kooperation von BKK Dachverband, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem AOK-Bundesverband und dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek). www.iga-info.de iga.Aktuell der Newsletter zum Abonnieren www.iga-info.de

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iga.Report42

Gesund im Kleinbetrieb

Empfehlungen für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) aus einer qualitativen Befragung

Patricia Lück und Petra Meisel

unter Mitarbeit von Katharina Winter und Laura Ostländer

Die Initiative Gesundheit und Arbeit

In der Initiative Gesundheit undArbeit (iga) arbeiten gesetzlicheKranken- und Unfallversicherung zusammen, um arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen. Gemeinsam werden Präventions- ansätze für die Arbeitswelt weiter- entwickelt und vorhandene Methoden oder Erkenntnisse für die Praxis nutzbar gemacht.

iga ist eine Kooperation von BKK Dachverband, der DeutschenGesetzlichen Unfallversicherung(DGUV), dem AOK-Bundesverbandund dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek).

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iga.Report 42

Gesund im Kleinbetrieb

Empfehlungen für

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

aus einer qualitativen Befragung

Patricia Lück und Petra Meisel

unter Mitarbeit von Katharina Winter und Laura Ostländer

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Inhaltsverzeichnis

1 Hintergrund und Zielsetzung der Studie 8

2 Methodik 10

2.1 Qualitative Gruppenbefragung 10

2.1.1 Stichprobe der Fokusgruppen 10

2.1.2 Gesprächsleitfaden für die Fokusgruppen 10

2.2 Auswertung der Ergebnisse und Ableitung von Personas 11

2.3 Expertenworkshop 11

3 Ergebnisse 11

3.1 Ergebnisse aus der qualitativen Gruppenbefragung 11

3.1.1 Verantwortung für Gesundheitsthemen 11

3.1.2 Arbeitszufriedenheit, Motivation und Gesundheit 11

3.1.3 Erfahrungen mit BGF-Maßnahmen 12

3.1.4 Hürden bei der Umsetzung von BGF-Maßnahmen 16

3.1.5 Erwünschte Hilfestellungen für die Durchführung von BGF 18

3.1.6 Zwischenfazit: BGF-Engagement und Bedarfe von Kleinst- und Kleinbetrieben 21

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3.2 Entwicklung der Personas und Empfehlungen 23

3.2.1 Der informierte Macher 24

3.2.2 Das fürsorgliche Vorbild 26

3.2.3 Der digital Moderne 28

3.2.4 Die Gesundheitsexpertin 30

3.2.5 Die Technik-Orientierte 32

3.2.6 Der BGF-Skeptiker 34

3.2.7 Die engagierte Hilfesuchende 36

3.2.8 Einordnung der Personas 38

3.3 Empfehlungen aus dem Expertenworkshop: Ideen und Chancen für die Beratungspraxis 39

3.3.1 Motivationssteigerung in der Belegschaft 39

3.3.2 Externe Beratung als Gruppenangebot 40

3.3.3 Externe Beratung über die Neuen Medien 40

3.3.4 Ansprache der Kleinstunternehmen 40

3.4 Verständnis und Verständlichkeit: Limitationen 41

4 Zusammenfassung und Ausblick 42

5 Literaturverzeichnis 44

6 Abbildungsverzeichnis 45

7 Tabellenverzeichnis 45

Anhang 47

A1 Gesprächsleitfaden für die Fokusrunden 49

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1 Hintergrund und Zielsetzung der Studie

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) ist in vielen Unter-nehmen schon fester Bestandteil und hat sich im Management und der Unternehmenskultur etabliert. Es zeigt sich aber nach wie vor ein erheblicher Unterschied in der Aufgeschlossenheit und Nachhaltigkeit dieses Ansatzes, wenn man die Betriebs-größe zugrunde legt (zur Klassifikation der Unternehmensgrö-ßen siehe Tabelle 1). Während sich Großunternehmen eigene BGF-Manager oder -Managerinnen leisten und maßgeschnei-derte Programme auflegen, sieht die Welt der kleinen und mitt-leren Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten schon etwas anders aus. Im iga.Report 20 zu Motiven und Hürden für Be-triebliches Gesundheitsmanagement (Bechmann, Jäckle, Lück & Herdegen, 2011) gaben die befragten Betriebsleiter bzw. Betriebsleiterinnen und Gesundheitsverantwortlichen in den mittleren Unternehmen (50 bis 250 Beschäftigte) an, wenig finanzielle und personelle Ressourcen für diese Thematik auf-wenden zu können. Das Alltagsgeschäft stehe im Vordergrund, für BGF gebe es da wenig Zeit.

Die dem iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011) zugrunde lie-gende quantitative Befragung von 500 mittelständischen Be-trieben zeigte schon deutliche Unterschiede innerhalb dieser Unternehmensgröße: Die Kleinsten (50 bis 99 Beschäftigte) beklagten vor allem fehlendes Wissen über Anbieter und Um-setzungsmöglichkeiten von BGF.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen in der Poli-tik als Zielgruppe der schwer erreichbaren Betriebe im Fokus. Das findet im Präventionsgesetz (PrävG, 2015) und den dort vorgeschlagenen Maßnahmen zur Förderung dieser Zielgrup-pe Berücksichtigung, z. B. durch das Angebot der regionalen BGF-Koordinierungsstellen. Der Weg in die BGF soll leicht

ge macht, Beratende und Ansprechpersonen besser gefunden werden. Laut Präventionsbericht 2019 (Nationale Präventions-konferenz, 2019) werden insgesamt Betriebe mit 100 bis unter 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am häufigsten mit An-geboten zur BGF bzw. mit einem Betrieblichen Gesundheits-managementprogramm (BGM) erreicht, Nachholbedarf gibt es bei den kleinen Unternehmen. Es erfordert also eine Diffe-renzierung zwischen den mittleren und kleinen Unternehmen.

Die Kleinst- und Kleinunternehmen (KKU) stellen mit 2,4 Mil-lionen Betrieben die größte Anzahl an Betrieben (entspricht 96 Prozent), gefolgt von 72.000 mittleren Unternehmen und 18.000 Großunternehmen in Deutschland (Statistisches Bun-desamt, 2016). Über 40 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in KKU, 18 Prozent entfallen allein auf die Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten (Statistisches Bundesamt, 2016, siehe Abbildung 1).

Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten werden meist von der Person geführt, der der Betrieb gehört. Sie sind aus verschiedenen Gründen eine Herausforderung für die BGF und erfahren kaum eine persönliche Betreuung durch die Gesund-heitsexpertinnen und -experten der Berufsgenossenschaften und Krankenkassen, denn bei ihnen sind die Instrumente zur Analyse aus Datenschutzgründen nicht auswertbar, sodass auf individuelle, sehr persönliche Beratung und Coaching zurück-gegriffen werden muss. Aufwand und Nutzen stehen dabei in keinem guten Verhältnis, wenn man die Zahl der erreichten Personen in einem einzelnen Unternehmen zugrunde legt. Die Geschäftsführerinnen bzw. Geschäftsführer sind meist „Allrounder“ und in aller Regel selbst noch stark in das ope-rative Geschäft eingebunden, zuständig für Personalwesen,

Tabelle 1: Klassifikation von Unternehmensgrößen (EU-Empfehlung 2003/361/EG; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 2003)

Kleine und mittlere Unternehmen definieren sich nach Umsatz- und Beschäftigtengrößenklassen:

Größenklasse Beschäftigte Jahresumsatz

Kleinstunternehmen bis 9 und bis 2 Mio. Euro

Kleine Unternehmen1 bis 49 und bis 10 Mio. Euro

Mittlere Unternehmen2 bis 249 und bis 50 Mio. Euro

Großunternehmen über 249 oder über 50 Mio. EUR

1 Und kein Kleinstunternehmen2 Und kein kleines oder Kleinstunternehmen

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Personalentwicklung und -akquise, für die Betreuung der Kundschaft, die Betriebsführung, aber auch für die Förderung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Spezifisches Know-how zu Prävention und BGF fehlt meist, aber auch Zeit und firmeninterne Strukturen, um die Aufgaben der BGF orga-nisatorisch und personell zu übergeben. Auch Vernetzung und kompakte Angebote werden kaum genutzt.

Positive Praxisbeispiele zeigen jedoch, dass KKU durchaus an einer betrieblichen Gesundheitsförderung interessiert sind und diese erfolgreich gestalten können. Die Unternehmensführung ist nah dran an der Belegschaft und hat oft ein starkes Ver-antwortungsgefühl für die eigenen Beschäftigten. Vorteile in Kleinst- und Kleinunternehmen sind, dass die direkte Kommu-nikation möglich ist, Belastungen „über einen kurzen Draht“ abgebaut und gute Veränderungsvorschläge direkt aufgegrif-fen werden können. Die Arbeit ist sichtbar, die Themen liegen auf dem Tisch.

Aber nicht für alles ist eine Lösung einfach umzusetzen, die Belegschaft muss ausreichend motiviert sein, um mitzuziehen, die Unternehmensführung ausreichend sensibilisiert, um Verän-derungen konsequent und beschäftigtenorientiert umzusetzen.

Generell stellt sich die Frage: Was veranlasst diese Zielgruppe zu BGF? Welche Motive hat sie, sich mit dem Thema Gesund-heit am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen? Welche Hemmnisse sieht speziell diese Zielgruppe? Was führt in kleineren Betrie-ben wirklich zu einer wertschätzenden Kultur, zu gesundheits-gerechten Arbeitsplätzen? Und wie nennen sie das? Und was verstehen sie eigentlich unter BGF?

Im iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011) konnten Fragestellun-gen rund um die Gesundheitsförderung bereits für Unterneh-men mittlerer Größe mit 50 bis 249 Beschäftigten beleuchtet werden. An die Ergebnisse dieses Reports soll angeknüpft und die Zielgruppe der KKU selbst zu dem Thema befragt werden. Diese qualitative Studie soll ein tieferes Verständnis für die Zielgruppe wecken und Anknüpfungspunkte für Motive und Hemmnisse für BGF sowie Zugangswege aufzeigen.

Zunächst wurde eine qualitative Untersuchung bei Unterneh-mern und Unternehmerinnen mit maximal 49 Beschäftigten durchgeführt. Diese Ergebnisse wurden in einem zweiten Schritt mit einem Kreis von BGF-Expertinnen und -Experten gesichtet und mittels kreativer Techniken weiterbearbeitet. Alle Erkenntnisse wurden in Empfehlungen gebündelt, die die ver-schiedenen Bedarfe und Haltungen der Unternehmerinnen und Unternehmer zu Prävention und BGF berücksichtigen.

Kleinstunter-nehmen

Beschäftigte insgesamt

18,6

23,2

19,3

38,8

29,1 Mio

Großunter-nehmen

Kleine Unternehmen

Mittlere Unternehmen

Abbildung 1: Beschäftigungsanteile nach Unternehmengrößen-klassen 2016, Angaben in Prozent (Statistisches Bundesamt, 2016)

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2 Methodik

Die Untersuchung erfolgte in einem mehrstufigen Verfahren:

1. qualitative Gruppenbefragung2. Auswertung der Ergebnisse und Entwicklung von Personas3. Expertenworkshop zur Ableitung von Empfehlungen

Die einzelnen Schritte werden nachfolgend kurz beschrieben, ehe die Ergebnisse aus den einzelnen Phasen dargestellt werden.

2.1 Qualitative Gruppenbefragung

Im ersten Schritt wurden in vier Fokusgruppen Kleinstunter-nehmen aus verschiedenen Branchen mittels qualitativer Inter-views befragt. Der Diskussionsleitfaden dazu wurde abgeleitet aus dem iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011).

2.1.1 Stichprobe der Fokusgruppen

Die Zielgruppe waren Unternehmer bzw. Unternehmerinnen in KKU oder andere Personen, die sich in den KKU für das Thema BGF zuständig fühlten. Personen mit als auch ohne BGF- Erfahrung fanden Berücksichtigung. Personen, die sich bei der telefonischen Akquise ablehnend gegenüber BGF äußerten, wurden nicht eingeladen, um eine konstruktive Gruppenatmo-sphäre nicht zu gefährden.

Eine Unterscheidung in verschiedene Wirtschaftssektoren (Pro-duktion, Pflege, Dienstleistung, Verwaltung) wurde verworfen, da nur die Durchführung mehrerer Gruppen in jedem Wirt-schaftssektor Ansatzpunkte für eine Unterscheidung geliefert hätte. Daher erfolgte nur eine Differenzierung nach folgenden Vorgaben für die Akquisition von Teilnehmenden (TN):

– gleichverteilte Zugehörigkeit zu den Wirtschaftssektoren Dienstleistung (inkl. Pflege) und produzierendes Gewerbe

– gleichverteilte Zugehörigkeit zu Kleinst- und Kleinbetrieben

– Unternehmen mit Erfahrungen in konkreten BGF- Maßnahmen bzw. Unternehmen ohne diese Erfahrungen, aber nicht ablehnend der BGF gegenüber

An den vier Fokusgruppen (je zwei Gruppen in Berlin und Ham-burg) nahmen 32 Personen teil (acht TN je Gruppe). Darunter waren Personen, die ihr Unternehmen selbst führen, aber auch

Leitungspersonal aus Niederlassungen bzw. Filialen, die an eine Zentrale oder einen Hauptstandort angebunden sind. In den Kleinstbetrieben überwogen die innehabenden Personen, die sich selbst für die Gesundheit und Arbeitssicherheit ver-antwortlich sahen. In den kleinen Unternehmen werden diese Themen aber auch an Personalverantwortliche oder Gesund-heitsbeauftragte delegiert.

Die Unternehmen kamen aus dem Gesundheitssektor (Physio- oder Ergotherapie, Ernährung/Nutrition, Fitness/Wellness, me-dizinische Praxis), aus dem Dienstleistungsbereich (Tourismus, Gastronomie) und der Produktion (Kunststoffgießerei, Bauun-ternehmen u. a.).

2.1.2 Gesprächsleitfaden für die Fokusgruppen

Ein Leitfaden wurde auf der Basis des Fragebogens aus dem iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011) entwickelt. Er umfass-te Leitfragen, die durch Nachfragen vertieft werden konnten. Dabei wurde darauf geachtet, allgemein verständliche Begriffe zu verwenden, um die für Fachfremde nicht eindeutigen Begrif-fe wie BGF oder BGM zunächst zu vermeiden. So wurden die Teilnehmenden zunächst dazu befragt, was sie tun, um ihre Be-schäftigten gesund und motiviert in der Arbeit zu halten. Befragt wurden die Teilnehmenden dann auch zu ihren Erfahrungen mit weiteren Maßnahmen und Methoden, um die Mitarbeitenden für das Thema BGF sukzessive zu öffnen. Die Ergebnisse von Bechmann et al. (2011) zu Hürden und gewünschten Hilfestel-lungen wurden in Leitfragen aufgegriffen. Die häufigsten Nen-nungen in diesen Fragen wurden detailliert diskutiert.

Der Leitfaden enthielt folgende Schwerpunkte:1. Hinführung zum Thema2. Vorstellung3. Relevanz und Einstellung zum Thema Gesundheit

am Arbeitsplatz4. Erfahrungen mit Gesundheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz5. Hürden und Hilfestellungen6. Abschluss

Der Leitfaden, der im Anhang A1 vorliegt, bot offene Eröff-nungsfragen, Übungen mit Arbeitsblättern und gestützte Ant-wortmöglichkeiten. Die Moderatorinnen hatten weitere Fragen zu Verfügung, um die Diskussion zu vertiefen und Kriterien, die

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die Teilnehmenden selbst nicht entwickelten, die aber bei der Befragung im iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011) benannt worden waren, besprechen zu lassen. Der Schwerpunkt in den Diskussionsrunden lag bei den Hürden, die Betriebe daran hindern, BGF-Maßnahmen umzusetzen, und bei den von den Teilnehmenden gewünschten Hilfestellungen.

2.2 Auswertung der Ergebnisse und Ableitung von Personas

In der Sichtung des Interviewmaterials zeigten sich verschie-dene persönliche Haltungen zum Thema, die sich als Muster unterschiedlicher Einstellungen und Handlungsweisen der teilnehmenden Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer äußerten. Daraus entwickelte sich die Idee, diese unterschiedli-chen Haltungen im Sinne der qualitativen Auswertungsmetho-den mit Typologien, sogenannten Personas, zu versehen.

Was ist eine Persona?

Eine Persona soll jeweils einen „Prototypen“ abbilden und die Haltung gegenüber BGF verdeutlichen. Ihr werden Alter, Geschlecht, Betriebsgröße und Branche zugewiesen, was die Identifikation mit dieser Haltung erleichtert. Eine Persona funktioniert dann jedoch auch geschlechts- oder altersübergreifend.

2.3 Expertenworkshop

In einem Workshop mit erfahrenen BGF-Beraterinnen und -beratern und Präventionsfachleuten aus Kranken- und Un-fallversicherung wurden für die Personas mittels der kreativen Methoden des Design Thinking und Creative Problem Solving ziel- und bedarfsgerechte Angebote erarbeitet. Auch neue Ide-en und Lösungen, die außerhalb der üblichen Angebote liegen, sollten mittels der Kreativtechniken gefunden werden.

3 Ergebnisse

3.1 Ergebnisse aus der qualitativen Gruppenbefragung

3.1.1 Verantwortung für Gesundheitsthemen

Die meisten der Befragten sehen sich gemeinsam mit den Be-schäftigten in der Verantwortung für deren Gesundheit. Von den Mitarbeitenden wird ein Maß an Eigenverantwortung für ihre Gesundheit erwartet, um die geforderte Arbeitsleistung erfüllen zu können.

Durch die Nähe und das ausgeprägte Vertrauensverhältnis zu den Beschäftigten entsteht bei Inhaberinnen und Inhabern von Kleinstbetrieben ein hohes Verantwortungsgefühl, das sich auch auf die Gesundheit und soziale Aspekte bezieht.

Von der Durchführung gesundheitsförderlicher Maßnahmen erhoffen sie sich zufriedenere und loyale Beschäftigte, die dem Unternehmen treu bleiben. Hierauf setzen besonders die

Unternehmen, die unter dem Fachkräftemangel leiden. Daher sehen sich die Unternehmen mehr in der Verantwortung für die langfristig Beschäftigten als für kurzfristig Mitarbeitende.

Personen, die ein KKU besitzen, engagieren sich auch, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, den Ausfallzeiten der Mitarbeite-rinnen bzw. Mitarbeiter präventiv zu begegnen und insbeson-dere Langzeiterkrankungen zu vermeiden. Ein primärer Grund, sich für die Gesundheit am Arbeitsplatz einzusetzen, ist für viele die Verringerung des Krankenstandes.

Erwartet und erwünscht sind auch die Erhöhung der Produkti-vität und die Steigerung der Qualität.

3.1.2 Arbeitszufriedenheit, Motivation und Gesundheit

Bei der Frage, was die Befragten selbst, aber auch ihre Beleg-schaft zufrieden, motiviert und gesund hält, gab es eine Fülle an Nennungen. Zusammengefasst gab es Antworten in den

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Themenfeldern Betriebsklima, Arbeitsumgebung und -orga-nisation sowie Maßnahmen zur Verbesserung von Bewegung und Ernährung. Die folgende Aufzählung beinhaltet auch Einzelnennungen.

Ein gutes Betriebsklima wird nach Ansicht der Kleinstunter-nehmerinnen und -unternehmer u. a. erreicht über:

– aufmerksame Kommunikation – persönlichen Umgang – Wertschätzung – kleine Aufmerksamkeiten zwischendurch – Betriebsfeste und gemeinsame Unternehmungen

Eine gute Arbeitsumgebung wird z. B. gefördert über: – genügend Raum – ergonomisch angepasste Bildschirmarbeitsplätze

und übrige Arbeitsbereiche – gute Lichtverhältnisse – gute Raumluft – regelbare Raumtemperatur – gute technische Ausstattung von betriebsrelevanten

Elektrogeräten (Rechner, EDV) – Musik am Arbeitsplatz (Einzelnennung) – Tiere am Arbeitsplatz (Einzelnennung) – flexible Arbeitszeiten

Zur Schaffung einer gesundheitsförderlichen Arbeitsorganisation wurden genannt:

– gutes Zeitmanagement – gerechte Arbeitsverteilung – eigenverantwortliches Arbeiten – gerechte Entlohnung – die Möglichkeit, Pausen einzuhalten bzw. Ruhe zu finden

Vorschläge zur Verbesserung von Ernährung und Bewegung waren:

– Bereitstellung von Kaffee, Tee und kalten Getränken – Bereitstellung von Obst – Möglichkeit der Zubereitung von warmen Mahlzeiten – gemeinsames Kochen – Zuschüsse für Sport- und Bewegungsaktivitäten

3.1.3 Erfahrungen mit BGF-Maßnahmen

In den vier Fokusgruppen wurde in einer offenen Abfrage von zahlreichen gesundheitsförderlichen Maßnahmen berichtet, die bereits durchgeführt wurden. Die Bandbreite der Maßnahmen erstreckt sich von konkret arbeits- und arbeitsplatzbezogenen

verhältnispräventiven Maßnahmen, von Pausen über die Arbeits-organisation bis hin zu verhaltenspräventiven Angeboten zu Er-nährung, Bewegung, Entspannung und finanziellen Anreizen zur Verbesserung der Gesundheit außerhalb des Unternehmens.

Die berichteten Maßnahmen waren häufig Herzensangelegen-heiten der Befragten, also Themen, die sie für sich selbst auch als sehr wichtig erachteten. Auch Anregungen oder Gespräche mit der eigenen Belegschaft waren Anlass für Angebote.

Die offene Frage nach schon durchgeführten Maßnahmen hat kei-ne Angaben zu einer systematischen Bedarfserhebung ergeben (siehe Tabelle 2, S. 13). Das kann zum einen am Fehlen von Be-darfsanalysen liegen, zum anderen am eingeschränkten Verständ-nis von Maßnahme als Intervention. Diese Schwierigkeit, eine für Kleinunternehmen verständliche Sprache zu finden, hat sich auch in weiteren missverständlichen bzw. anders zu verstehenden Be-griffen wiedergefunden (z. B. Befragung, Gesundheitsförderung).

Vergleicht man die von den Teilnehmenden genannten Fakto-ren für Zufriedenheit, Motivation und Gesundheit am Arbeits-platz mit ihren Angaben zu den bereits durchgeführten Maß-nahmen, so gibt es große Übereinstimmungen beim Thema Betriebsklima. Darunter wird häufig eine gute Kommunikation verstanden, z. B. die Ansprache der Betriebsleitung, Gespräche persönlicher Art und teambezogen, ein wertschätzender Um-gang und gemeinsame Unternehmungen.

Die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung wird als hoher mo-tivierender und gesund erhaltender Faktor eingeschätzt. Hier führen die Unternehmen auch eine Reihe von Maßnahmen an, die sie in den letzten Jahren umgesetzt haben. Die Stichworte „höhenverstellbare Arbeitstische“ und „Stühle“ werden am häufigsten genannt. Aber auch die Verbesserung des Raum-klimas und die Themen Pausen und Pausengestaltung haben Eingang in die KKU gefunden.

Auch Maßnahmen zur Verbesserung von Ernährung, Bewe-gung, Entspannung und Pausen fanden sich häufig in den Nennungen. Ein besonders hohes Engagement ist im Bereich der Ernährung festzustellen: Ein Drittel der Betriebe führt an, dass Getränke gestellt werden und Wert auf „gute und gesun-de“ und auch „gemeinsame Verpflegung“ gelegt wird. Wenige Unternehmen bieten interne Bewegungsangebote an. Häufi-ger gibt es Zuschüsse zu privaten Fitnessmaßnahmen. Ähnlich sieht es bei den Entspannungsangeboten aus: Hier gibt es ver-einzelt im Betrieb durchgeführte Massageangebote oder die Finanzierung von Saunatagen (Einzelnennung).

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Tabelle 2: Offene Abfrage: Was tun Sie, um Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund und fit zu halten?, Nennung durchgeführter Maßnahmen

Betriebsklima

– Betriebsausflüge/-feste (8-mal) – Lob/Wertschätzung (6-mal) – Persönliche Gespräche zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden/offenes Ohr für Sorgen (4-mal)

– Personalgespräche (3-mal) – Teambildende Maßnahmen (2-mal) – Gemeinsame Freizeitaktivitäten (2-mal) – Liebevolles Briefing bei größeren Aktionen – Wöchentliche Teamsitzungen – Stammtisch – Menschliches Miteinander – Vertrauensperson bestimmen – Lockerer Umgang – Führungskraft arbeitet mit – Fehler werden akzeptiert – Förderung und Unterstützung – Einladung von Motivationstrainerinnen bzw. -trainern – Bestandsanalyse – Anlaufstellen für externe Unterstützung

Arbeitsplatzausstattung

– Ergonomische Verbesserungen, z. B. ergonomische Stühle/höhenverstellbare Tische (13-mal)

– Gut ausgestatteter/moderner Arbeitsplatz (5-mal) – Ruheraum/Pausenraum (3-mal) – Modernes Werkzeug/Arbeitsmaschinen (2-mal) – Sonnenschutz/Sichtschutz (2-mal) – Standheizung in Fahrzeugen

Raumklima

– Gutes/viel Licht (5-mal) – Angenehmes Raumklima (2-mal) – Keine Großraumbüros – Angenehmes Raumdesign – Durch große Terrasse viel Frischluft und auch im Winter Sonne

– Positive Farben – Angenehme Hintergrundmusik

Arbeitsorganisation

– Flexible Arbeits-/Anwesenheitszeiten (5-mal) – Homeoffice/Arbeitswege ersparen (2-mal) – Freizeitausgleich (2-mal) – Regelmäßige Anpassung der Arbeitszeiten – Termine während der Arbeitszeit ermöglichen – 37,5-Std.-Woche – Mitsprache bei der Verteilung der Klientinnen und Klienten

Weiterbildung

– Weiterbildung allgemein (3-mal) – Supervision (2-mal) – Regelmäßiger kreativer Austausch und Messebesuche

Essen und Getränke

– Getränke werden gestellt (13-mal) – Obst (4-mal) – Gute/gesunde Verpflegung (3-mal) – Kaffeevollautomat/warme Getränke (2-mal) – Kostenloses Mittagessen (2-mal) – Biosaft und -tee – Vegetarische Mittagspause – Gesundes Kochen 1-mal pro Woche

Gesundheitsprävention

– Rauchentwöhnung (4-mal) – Ernährungsberatung (2-mal) – Infomaterial (Ernährungsumstellung) – Gesundheitspräventionsmaßnahmen allgemein – Sehtest – Gesundheitsticket

Sportangebote

– Zuschuss Fitnessstudio (7-mal) – Sportangebote allgemein (4-mal) – Yoga – (Sportliche) Bewegungsmöglichkeiten im Büro(-gebäude) auch ohne Fitnessraum; gemeinsame Dehnübungen am Arbeitsplatz

– Onlinesportübungen – Gemeinsames Trampolinspringen nach der Arbeit – Tischtennisplatte

Pausen(-gestaltung)

– Bewegung/Entspannung in der Pause (2-mal) – Auszeit mit Hund/Hund kann mit ins Büro (2-mal) – Neben einer längeren Pause auch kleinere Zwischenpausen – Sitzpausen – Im Sommer Outdoorpausen

Massage/Entspannung

– Massageangebote/-möglichkeiten (5-mal) – Bezahlter Saunatag

Finanzielle Goodies

– Diensthandy (2-mal) – Rabatte auf Produkte für die Beschäftigten (2-mal) – Firmenwagen – Dienstfahrrad – Zuschuss für Betriebsrente – Bezahlung von Brillen – Hautpflegemittel für Nassarbeit – Grippeimpfung wird übernommen – Tankgutschein – Zuschuss zum Kindergarten – Ticket für den ÖPNV – Wäscheservice

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Die Durchführung von Analysen zur Bedarfserhebung wurde im offenen Gespräch nur einmal spontan benannt. In der nach-folgenden gestützten Befragung wurde aber neben den schon benannten Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprä-vention auch angekreuzt, welche Analyseinstrumente bekannt sind (siehe Tabelle 3).

Am häufigsten werden Beschäftigtenbefragungen angegeben, von den Kleinstunternehmen noch häufiger als von den Klein-unternehmen. Die hohe Zahl an Nennungen verwundert, da bei der Größe der Belegschaft schriftliche Beschäftigtenbefragun-gen, wie sie im Rahmen von BGF durchgeführt werden, kaum Einsatz finden. Diese Überlegung führte zu der Frage, was diese Zielgruppe unter einer Beschäftigtenbefragung versteht und ob damit auch persönliche Gespräche mit den Beschäftig-ten gemeint sein können. Dies würde zu der Tatsache passen, dass mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen bejahten, Gesprächskreise durchzuführen. Diese können als Maßnahme zur Verbesserung der Arbeitssituation gewertet werden – dies wurde von mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen

bejaht. Auf gute Kommunikation wird hoher Wert gelegt. In über 80 Prozent aller Betriebe der Befragungsgruppen gibt es regelmäßige Personalgespräche und Teamsitzungen.

Eine Begehung der Arbeitsplätze unter ergonomischen Ge-sichtspunkten wurde bei den meisten KKU schon einmal durchgeführt. Auch mit der ergonomischen Ausgestaltung der Arbeits- und Produktionsplätze haben sie sich bereits beschäf-tigt. Hier sind die Nennungen der Kleinbetriebe häufiger als bei den Kleinstbetrieben. Die angenehme Gestaltung der Sozi-alräume ist mehr als der Hälfte der Befragten eine Maßnahme wert gewesen. Ergonomische Schulungen, Bewegungspausen und die Teilnahme an außerbetrieblichen Sportevents berei-chern das Angebot der KKU für ihre Beschäftigten.

Die Optimierung von Arbeitsabläufen und Maßnahmen, die Termin- und Zeitdruck verhindern, sind Themen, mit denen sich KKU sehr häufig beschäftigen. In 78 Prozent gaben die Befragten an, dass in ihrem Betrieb solche Maßnahmen um-gesetzt werden.

Tabelle 3: Gestützte Abfrage: Bitte kreuzen Sie alle Maßnahmen an, die Sie bereits in Ihrem Unternehmen umsetzen oder umgesetzt haben, Nennung durchgeführter Maßnahmen

Kleinstunternehmen (n = 16)

Kleinunternehmen (n = 16)

Analysen der betrieblichen Situation

Beschäftigtenbefragungen (zu den Themen: Arbeit, Umfeld, persönliches Wohlbefinden, Führung, Gesundheit und/oder Motivation)

n = 15 n = 13

Krankenstandsanalysen n = 9 n = 9

Arbeitsplatzbegehung unter ergonomischen Gesichtspunkten n = 10 n = 14

Gefährdungsbeurteilungen n = 9 n = 8

Gesprächskreise zur Verbesserung der Arbeit und des Arbeitsplatzes

n = 10 n = 8

Verantwortliche Person(en) für das Thema Gesundheit im Unternehmen

n = 10 n = 5

Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation

Optimierung von Arbeitsabläufen n = 13 n = 14

Termin- und Zeitdruck verhindern n = 13 n = 10

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Kleinstunternehmen (n = 16)

Kleinunternehmen (n = 16)

Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsumgebung

Ergonomische Arbeits- und Produktionsplätze n = 10 n = 14

Lärm, Licht, Zugluft/Raumklima betreffend n = 9 n = 10

Angenehme Pausen-/Sanitärräume n = 10 n = 9

Regelmäßige Nutzung von Schutzausrüstung, Hebehilfen etc. an den Arbeitsplätzen

n = 7 n = 4

Maßnahmen zur Verbesserung des Betriebsklimas und der Gesprächskultur

Regelmäßige Teamsitzungen n = 14 n = 12

Regelmäßige Beschäftigtengespräche n = 13 n = 13

Kommunikationsschulungen der Führungskräfte und Beschäftigten

n = 9

Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation

Gesunde Nahrungsmittel wie Getränke, Obst o. Ä. werden gestellt

n = 10 n = 12

Bewegungsförderung

Ergonomisches Training am Arbeitsplatz

Rückenschule

Bewegungspausen n = 5 n = 5

Außerbetriebliche Events (z. B. Lauftreffs, Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ o. Ä.)

n = 6 n = 8

Maßnahmen zum Umgang mit Suchtmitteln

Nichtrauchen n = 6 n = 6

Alkohol n = 5

Führungskräfteschulung zum Thema …

Erweiterung der fachlichen Kompetenz n = 8 n = 8

Mitarbeiterorientierte Führung n = 9

Betriebliches Eingliederungsmanagement n = 0

n = 3

n = 2 n = 2

n = 3

n = 4

n = 4

n = 4

Fortsetzung von Tabelle 3: Gestützte Abfrage: Bitte kreuzen Sie alle Maßnahmen an, die Sie bereits in Ihrem Unternehmen umsetzen oder umgesetzt haben, Nennung durchgeführter Maßnahmen

n = 3

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Eine Gefährdungsbeurteilung wird von fast der Hälfte der Be-fragten angegeben, wobei auf Nachfrage den wenigsten die-ses Instrument wirklich bekannt war. Die regelmäßige Nutzung einer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) und von Hebehilfen ist für ein Drittel der Betriebe ein Thema. Betriebliches Einglie-derungsmanagement (BEM), seit 2004 verpflichtend für alle Arbeitgeber (§ 167 SGB IX, 2016), ist jedoch kein Standard; in den Kleinstbetrieben wird ein BEM gar nicht und in den Klein-betrieben zu 25 Prozent eingesetzt.

3.1.4 Hürden bei der Umsetzung von BGF-Maßnahmen

In den vier Diskussionsrunden wurde nach der Beschäftigung mit bereits durchgeführten Maßnahmen zur betrieblichen Prä-vention der Schwerpunkt auf die Hürden gelegt, die eine Durch-führung von BGF-Maßnahmen erschweren und behindern. Der Einstieg erfolgte über eine offene Diskussion zu der Frage: „Denken Sie einmal an die Bandbreite der Maßnahmen, die Sie schon eingeführt haben: Welche Schwierigkeiten hatten Sie dabei, BGF-Maßnahmen bei Ihnen im Betrieb umzusetzen?“ Im Anschluss daran wurde der im iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011) aufgeführte Hürdenkatalog (Gründe für die Nichtein-führung von BGM, siehe Abbildung 2) besprochen. Die Erläu-terungen der benannten Hürden werden durch Zitate aus den Gruppenbefragungen ergänzt.

Das Tagesgeschäft hat VorrangIn einigen Branchen herrscht eine hohe Arbeitsdichte, die auch der sehr kleinen Personaldecke geschuldet ist. Eine zeitliche Freistellung von Mitarbeitenden für nicht arbeitsrelevante The-men fällt in diesen Unternehmen schwer: „Je nach Projekt und Phase im Projekt sind 16 Stunden nichts, da kann ich nicht auch noch groß Sport anbieten.“

In Betrieben, deren Beschäftigte z. B. auf Baustellen unterwegs sind, kommt hinzu, dass die Belegschaft nur wenig gemein-same Zeit im Betrieb verbringt. Für diese Betriebe wird es schwierig, alle Mitarbeitenden zeitgleich für eine Maßnahme zusammenzubringen.

Im Kleinstunternehmen sind häufig nur ein oder zwei Mitar-beitende zeitgleich im Ladengeschäft. Daraus ergeben sich schon Probleme mit der Einhaltung der Pausen, wenn der Kundenstrom nicht nachlässt. Zeit für Pausen ist bei hohem Kundenaufkommen schwer zu organisieren, es zeigt sich eine Der-Kunde-ist-König-Haltung: „Man kann dem Kunden nicht sagen ‚Der Mitarbeiter muss sich nun zehn Minuten ausru-hen.‘“ Weiterführende gesundheitsförderliche Angebote sind während hochfrequentierten (Kunden-)Phasen nicht in der Arbeitszeit möglich: „Ergonomische Bewegung während der Arbeitszeit, da lacht sich der Kunde tot.“

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Andere Hürden

Keine Unterstützung durch Betriebsrat**

Unbekannter Bedarf

Fehlendes Wissen zu Anbietern

Fehlende Motivation der Belegschaft

Kein Wissen über externe Unterstützung

Umsetzung zu kostspielig

Kein persönliches Engagement

Fehlendes Wissen über Umsetzung

Fehlende Ressourcen für BGM

Vorrang des Tagesgeschäftes

Anteil der Betriebe, die folgende Hindernisse zu bewältigen haben

Welches waren für Sie Hürden für erfolgreiches Betriebliches Gesundheitsmanagement? [Mehrfachnennungen möglich]

Basis: alle Betriebe mit BGM oder BGM geplant ** Betriebe mit Betriebsrat

61

34

29

38

37

56

33

33

23

11

5

Abbildung 2: Hürden im Rahmen des BGM (Bechmann et al., 2011, S. 18)

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Gesund im Kleinbetrieb

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BGF-Maßnahmen werden meist als Extra, als Aktivitäten, die nichts mit der Arbeit zu tun haben, gesehen. Dass Pausen auch mit besserer Leistung einhergehen könnten oder Unterstüt-zung im Team auf Gesundheit und Zufriedenheit einzahlen kann, ohne dass dafür Arbeit unterbrochen werden muss, liegt außerhalb der Definition der Befragten.

Betriebsspezifische HürdenJe nach Rahmenbedingungen in den unterschiedlichen Bran-chen tauchen Hürden auf, die BGF erschweren. Beispielsweise gab ein Floristikunternehmen an, dass sich das Raumklima eher nach den Bedürfnissen der Pflanzen als nach denen der Beschäftigten richte. Die richtige Kleidung müsse es richten, Wohlfühlklima sei nicht möglich: „Auch bei niedrigen Tempe-raturen draußen darf man die Heizung nicht hochstellen, sonst machen die Pflanzen schlapp.“

Im Transportwesen, speziell für Packerinnen und Packer, än-dert sich die räumliche Situation täglich, und ergonomische Hilfsmittel stoßen vielfach an ihre Grenzen. Die gut gemeinte Verpflegung durch die Kundschaft ist traditionell nicht ausge-wogen: „Kaffee und Mettbrötchen, durchweg.“ Sportliche Ak-tivitäten als Ausgleich sind nach der Arbeit bei den wenigsten noch von Interesse: „Mit Sport brauche ich denen am Abend nicht mehr kommen. Die hatten den ganzen Tag Sport.“ Häufig fehlt es auch an räumlichen Möglichkeiten für Gruppenaktivi-täten, gerade bei den Kleinstbetrieben.

In der Arbeit mit Kundschaft ist die Serviceorientierung der Kleinbetriebe in den Augen der Geschäftsführung vorrangig. Im Arbeitsalltag sind regelmäßige Bewegungspausen oder ander-weitige Maßnahmen nur schwer umzusetzen. Die Kundschaft hat immer Vorrang, da damit auch Qualität übermittelt werden soll. Es gibt wenig Einsicht, dass auch Kundinnen und Kunden Verständnis zeigen könnten, dass Beschäftigte etwas für die Er-haltung ihrer Gesundheit tun müssen: „Das ist schwierig, man ist ja beim Kunden, und der zahlt viel Geld, und der erwartet die entsprechende Leistung für sein Geld. Und sagt, für die Ge-sundheit und den Sport müssen die was in der Freizeit tun.“

Knappe finanzielle RessourcenDie Finanzierung guter Rahmenbedingungen wird von befrag-ten Kleinunternehmern bzw. Kleinunternehmerinnen als vor-rangig angesehen: „Wenn man schon mal vernünftige Arbeits-plätze stellt, dann hat man schon mal ein ordentliches Budget ausgegeben.“ Weiterführende Maßnahmen wie Führungskräf-te- oder Kommunikationstrainings für die Beschäftigten sind nicht mehr möglich, weil sie das Budget übersteigen würden.

Unternehmen schrecken auch vor Angeboten zurück, weil sie eine Erwartungshaltung befürchten, die einige Beschäftigte daraus ableiten könnten. „Da kommt man dann leicht in die Verpflichtung, die Sachen dauerhaft zur Verfügung zu stellen.“ Auch der Aspekt der Gerechtigkeit wird angeführt: „Stellt man einem Mitarbeiter einen aus medizinischer Sicht notwendigen Schreibtisch zur Verfügung, dann wollen andere Mitarbeiter den auch haben, da kommt man in eine Kostenspirale rein.“

Wo Kleinbetriebe Maßnahmen erhalten können, die auch fi-nanziell unterstützt werden, ist in der Regel unbekannt. Einige Befragte, die z. B. die gesetzlichen Krankenkassen für eine mög-liche Unterstützung nannten, wurden mit Interesse befragt. Zu-gleich zeigte sich auch die Unkenntnis der meisten Befragten darüber, dass Krankenkassen nicht nur ihre Versicherten, son-dern die gesamte Belegschaft im Rahmen der BGF betreuen. Die gesetzliche Unfallversicherung war in den befragten Grup-pen als Ansprechpartner bekannter, jedoch meist im klassischen Sinne der Unfallverhütung, nicht im Kontext von BGM.

Fehlende Motivation der BelegschaftVertreter und Vertreterinnen der KKU geben an, dass die von ihnen zur Verfügung gestellten gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsmittel oder darüber hinausgehende Zusatzleistungen oft nicht gut angenommen werden. Dies gilt z. B. für die Benut-zung der persönlichen Schutzausrüstung, die vorschriftsmäßig bereitgestellt, aber nicht genutzt wird. „Ich rege mich immer auf, wenn im Sommer die Sicherheitsschuhe nicht getragen werden, und dann versuche ich zu erklären, dass im Sommer was auf den Fuß fallen kann wie im Winter.“ Hinweise auf die Nutzung werden ignoriert, selbst die Aufklärung über den Nut-zen wird ignoriert: „Die Ohrschützer sind nicht angelegt, weil sie gerade im Auto liegen.“ An dieser Stelle wünschen sich die Befragten Unterstützung: „Ich weiß nicht, wie ich sie dafür begeistern soll. Ich bin für alles bereit, aber es ist echt schwer.“

Oftmals fehlt es den Beschäftigten an mangelnder Selbstfür-sorge oder Einsicht, und jegliche Beratung bleibt erfolglos: „Die Mädchen hören zu. Bei den Jungs habe ich das Gefühl, die sind beratungsresistent.“

Auch betriebliche Angebote zur Förderung des Betriebsklimas oder des Teamgeistes stoßen auf fehlende Bereitschaft der Be-legschaft, zumindest einen Teil ihrer privaten Zeit dafür einzu-bringen. Regelmäßige betriebliche Aktivitäten können so nicht realisiert werden: „Die jüngeren Mitarbeiter sagen: ‚Das ist schön, gemeinsam Badminton zu spielen‘, aber sie machen lie-ber was anderes, ihnen ist die Zeit mit ihren Familien wichtiger.“

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Gesund im Kleinbetrieb

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Mangelndes Wissen oder fehlende InformationEs gibt zu viele unterschiedliche Anbieter und Anbieterinnen sowie Angebote, zu deren Sichtung eine Kleinstunternehmerin oder ein Kleinstunternehmer nicht kommt. „Man hat den Über-blick gar nicht, was gibt es da eigentlich?“ Es gibt gesetzliche Vorschriften, die nicht auf die eigene Betriebsgröße bezogen werden: „Ja, Gefährdungsanalysen. Ich habe nie gewusst, dass ich das machen muss.“ Und es gibt finanzielle Förderungen, die nicht bekannt sind: „Ich wusste gar nicht, dass es von au-ßen Förderung gibt.“

Einzeln genannt wurde die fehlende Akzeptanz durch die Füh-rungskräfte, die Maßnahmen nicht als effektiv und nützlich an-sehen: „Da ist die Frage, ob das was bringt, wenn jemand von der BG [Berufsgenossenschaft; P. Lück/P. Meisel] kommt.“ In einem anderen Fall wurde das Beratungs- oder Trainingsperso-nal von der Belegschaft nicht akzeptiert: „Wenn ein Unterneh-mensberater kommt, der nicht vom Fach ist.“ Daneben beklagen Kleinbetriebe auch das mangelnde Interesse der Krankenkassen, die Kleinstbetriebe mit einer breiten Krankenkassenlandschaft nicht als lukrativ für ein Engagement betrachten.

3.1.5 Erwünschte Hilfestellungen für die Durchführung von BGF

Um gezielte Informationen darüber zu erhalten, welche Art und von wem Hilfestellungen gewünscht und als hilfreich be-trachtet werden, wurden die Teilnehmenden der Gruppenbe-fragungen gebeten, anhand einer vorgelegten Liste zunächst schriftlich und für sich mögliche Hilfestellungen zu bewerten. Diese Liste wurde aus den Ergebnissen Erwünschte Hilfestel-lungen aus dem iga.Report 20 (Bechmann et al., 2011) abge-leitet (siehe Abbildung 3). Eine Übersicht, wie mögliche Hilfe-stellungen in der aktuellen Befragung bewertet wurden, findet sich in Abbildung 4 (S. 19).

Als besonders hilfreich werden Informationen zur Finanzier-barkeit von BGF-Maßnahmen und zu steuerlichen Vorteilen bewertet. An zweiter Stelle stehen die BGF- und Präventions-angebote von den Sozialversicherungen. Als hilfreich bewertet werden ebenso Informationen zum Nutzen von BGF. Der Aus-tausch mit Kleinunternehmen, die Erfahrung in der Umsetzung von BGF-Maßnahmen haben, und die Informationsangebote der eigenen Berufsvertretungen folgen im Ranking an vierter und fünfter Stelle und liegen damit im Mittelfeld. Eine zentrale

Erwünschte Hilfestellungen für erfolgreiches BGM bzw. bei der Einführung von BGM

Welche Hilfen wünschen Sie sich bzw. hätten Sie sich gewünscht, um mögliche Hürden für ein erfolgreiches

BGM zu überwinden? [Mehrfachnennungen möglich] Basis: alle Betriebe mit BGM oder BGM geplant

Was könnte Sie motivieren, BGM doch noch in Ihrem Unternehmen einzuführen? [Mehrfachnennungen möglich]

Basis: alle Betriebe ohne BGM oder kein BGM geplant, die aber schon einmal von BGM gehört haben

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Nichts davon/Sonstiges

Medienpaket zu den Angeboten

Persönliche Unterstützung durch andere Institutionen

Zusammenarbeit in einem Netzwerk

Mehr praktische Hilfen/Informationen im Internet

Zentrale Anlaufstelle oder Hotline

Persönliche Unterstützung durch die Krankenkassen

Persönliche Unterstützung durch die Berufsgenossenschaften

Mehr Informationen über Nutzen

Mehr Informationen über steuerliche Vorteile

Gute Beispiele aus der Region/Branche 59 55

56 52

48 42

44 61

43 34

35 33

23

18

18

15 17

38 22

46 29

Abbildung 3: Erwünschte Hilfestellungen für erfolgreiches BGM bzw. bei der Einführung von BGM (vgl. Bechmann et al., 2011, S. 19 und S. 24)

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Gesund im Kleinbetrieb

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0 32

Mehr Hilfen wie Checklisten, Apps, Onlineprogramme, Webinare

Gemeinsame BGF-Maßnahmen mit anderen Unternehmen, z. B. in der Nachbarschaft

Zentrale Koordinierungsstelle für die Vermittlung einer Ansprechperson für eine erste Beratung oder

anfallende Fragen (z. B. www.bgf-koordinierungsstelle.de)

Mehr Informationen zu aktuellen Themen von Arbeit und Gesundheit

Informationsangebote der eigenen Vertretungen und Unternehmensorganisationen wie Innungen, Handwerkskammern,

Arbeitgeberverbände zu BGF und Prävention

Austausch mit anderen Kleinunternehmenzu Erfahrungen mit BGF

Mehr Informationen zum Nutzen der BGF

BGF- und Präventionsangebote von Krankenkassen/Berufsgenossenschaften oder Unfallkassen/Rentenversicherung

Mehr Informationen über die Finanzierbarkeit von BGF oder steuerliche Vorteile pro Person,

die an den gesundheitsfördernden Maßnahmen teilnimmt

Sehr hilfreich Eher hilfreich Teils, teils Eher nicht hilfreich Überhaupt nicht hilfreich Nennungen absolut

23 5 3 1

16 11 4 1

13 13 3 1

8

8

5 14 11 2

7 11 10 2 2

5 13 8 3 3

185 17

14 7 1 2

14 9 1

2

Koordinierungsstelle, gemeinsame Aktivitäten mit anderen Unternehmen und Hilfen durch Checklisten, Apps, Onlinepro-gramme und Webinare stoßen auf ein mäßiges Interesse.

Um passgenaue Angebote für KKU ausgestalten zu können und Hürden zur Einführung von BGF abzubauen, ist es für diejenigen, die BGM-Prozesse anbieten, wichtig, zu erfahren, wie die Hilfestellungen konkret ausgestaltet sein müssen, um einen möglichst hohen Nutzen für die Betriebe zu erbringen.

Informationen zur Finanzierbarkeit von BGF-Maßnahmen und zu steuerlichen VorteilenIn der Diskussion wurde ein stark unterschiedlicher Wissens-stand in Bezug auf die Finanzierbarkeit von BGF-Maßnahmen und die Nutzung von steuerlichen Vorteilen deutlich: „Ich bin darauf schon sehr früh durch Masseure hingewiesen worden“ und: „Das hat mir der Steuerberater gar nicht gesagt.“ Daher bestand hieran auch ein besonders starkes Interesse bei der Bewertung der vorgegebenen Hilfestellungen. „Wenn ich eine Steuerersparnis habe, dann könnte ich es während der Arbeits-zeit machen.“

Die Information sollte aktiv dargeboten werden, damit diese nicht zufällig oder erst nach langer eigener Recherche gefun-den wird. Eine externe Beratungsstelle, wie z. B. die regionalen BGF-Koordinierungsstellen, die Krankenkassen, die Berufsge-nossenschaften und Steuerberatungen werden als geeignete Informationsquellen angesehen. Schon bei der Neuanmel-dung von Beschäftigten könnten die Krankenkassen darüber informieren. „Zum Beispiel wenn man einen Arbeitnehmer anmeldet, dass sie einen anschreiben: ‚Sie wissen, diese und jene Leistung können wir anbieten oder stehen Ihnen zur Ver-fügung.‘“ Hauptsächlich werden Broschüren gewünscht oder auch (Schulungs-)Veranstaltungen.

BGF- und Präventionsangebote von den SozialversicherungenDen Kleinst- und Kleinunternehmen ist bekannt, dass Kranken-kassen, Berufsgenossenschaften und die Rentenversicherung betriebliche Präventionsangebote vorhalten und finanziell unterstützen. Sie würden aber gern aktiv darauf hingewiesen werden: „Man kann uns ja einladen.“

Sie sehen hierin aber eher ein Angebot für größere Firmen. In den Kleinstbetrieben sei die Vorgehensweise dagegen nicht umsetzbar. „Soweit ich weiß, gibt es das ja schon von der BG,

Abbildung 4: Nützlichkeit von Hilfestellungen

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20 | iga.Report 42

aber nur für größere Betriebe. Wie soll man das darstellen für die Kleinbetriebe?“ Es besteht der Wunsch, individuelle, auf die betriebsspezifischen Belange und die Größe zugeschnitte-ne Angebote zu erhalten, die auch Vorschläge für die Umsetz-barkeit und Kosten enthalten: „Die auch gleich sagen, welche Kosten übernommen werden. Je weniger der Arbeitgeber da-für ausgeben muss, desto schneller kann man das umsetzen.“ Gerne kann dies auch durch Beratungspersonal dieser Institu-tionen erfolgen, das eine Bedarfsanalyse vornimmt.

Mehr Informationen zum Nutzen von BGFAllgemeine Informationen zum Nutzen von BGF-Maßnahmen sind bekannt, aber nicht immer präsent. Daher besteht der Wunsch, dass diese aufgefrischt und durch neuere Erkennt-nisse angereichert werden: „Mehr Information zu aktuellen Themen zu Arbeit und Gesundheit.“

Es werden Best-Practice-Beispiele und Statistiken gewünscht („Es sind immer wirtschaftliche Gründe, die am meisten zählen. Und für mich sind da klare, sachliche Statistiken und Untersu-chungen das beste Mittel“), die in anschaulicher Form und so konkret wie möglich, z. B. als fertige Power-Point-Präsentation, aufbereitet sind.

Die gewünschte Form der Ansprache ist von Betrieb zu Be-trieb unterschiedlich. Die einen stehen dem Besuch durch eine BGF-Expertin oder einen BGF-Experten aufgeschlossen gegen-über, die anderen wünschen sich kurze Informationen durch Newsletter, wieder andere längere Artikel in Fachmagazinen. Um eine Informationsflut zu vermeiden, wäre die Information durch eine zuständige (Koordinierungs-)Stelle wünschenswert.

Austausch mit anderen Kleinunternehmen zu Erfahrungen mit BGMDer Austausch mit anderen Kleinunternehmen wird häufig bereits gelebt, beim morgendlichen Aufeinandertreffen („Also wir treffen uns in der Blumenhalle und sprechen über vieles, auch darüber, was der eine oder andere macht. Da bekom-men wir schon Ideen, die wir auch mal ausprobieren“) oder auch bei organisierten Branchentreffen, Stammtischen, Netz-werktreffen, Messen und Fortbildungen: „Ich kenne das von Branchenverbänden. Da gibt es Stammtischangebote, zu denen Fachleute eingeladen werden. Da kann man auch mit Gleichgesinnten drüber diskutieren, und das ist einfach total wertvoll, weil dann auch wirklich alltagstaugliche Ideen aus-getauscht werden.“

Von anderen wird der Austausch mit konkurrierenden Un-ternehmen nicht gewünscht: „Da muss man schon gucken, dass man nicht direkte Konkurrenz einlädt.“ Hilfreich wären koordinierte Gruppengespräche mit Unternehmen ähnlicher Betriebsstruktur.

Der (moderierte) Austausch in den Fokusrunden wurde als hilf-reich empfunden. So entstand auch die Idee zu Themenaben-den, an denen Best-Practice-Beispiele vorgestellt werden, z. B. von den Sozialversicherungsträgern oder den Innungen.

Im Rahmen dieses Austausches wäre auch der Aufbau einer Datenbank nützlich, die nach verschiedenen Kriterien gefil-tert werden kann.

Informationsangebote der eigenen Vertretungen und Unternehmensorganisationen (Innungen, Handwerkskammern, Arbeitgeberverbände)Die Informationsangebote aus den eigenen Vertretungen wer-den insoweit als nützlich eingeschätzt, als dass hier besonders Branchenkenntnisse einfließen, die den Bedürfnissen der Un-ternehmen entsprechen. „Die BG könnte was anbieten, Brü-cken bauen, damit Ressourcen besser genutzt werden“ und: „Ja, die müssen branchenspezielles Fachwissen haben. Man kann einen Handwerker ja nicht so beraten wie Pflegekräfte.“ Hier würde man gerne auch Best-Practice-Beispiele aus der gleichen Branche oder Unternehmensgröße erfahren, in den persönlichen Austausch gehen oder ein Onlineangebot (z. B. Webinare, Videos) nutzen.

Zentrale Koordinierungsstelle für die Vermittlung einer Ansprechperson für eine erste Beratung oder anfallende FragenBei den anhand des Fragebogens zu bewertenden Hilfestel-lungen lag der Vorschlag einer zentralen Koordinierungsstelle eher im hinteren Bereich der Nützlichkeit. In der Diskussion jedoch verschob sich das Interesse an Informationen aus ei-ner Hand weiter nach vorn. „Für mich wäre es wichtig, eine Anlaufstelle zu haben. Ich bräuchte Adressen, Kontakte von Fachleuten, die mich unterstützen und über Kosten aufklären“ und: „Egal ob Krankenpfleger oder Elektriker, alle zahlen am Ende für die, die krank sind, deswegen muss es irgendwo eine zentrale Stelle geben.“

Im Moment empfinden die KKU eine kaum zu kanalisieren-de Flut von Wissensansammlungen, gedruckt oder digital durch verschiedene Anbieter: „Ich glaube, die Vielfalt und das Unkoordinierte ist das Problem. Die Frage ist, wie kann man das

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iga.Report 42 | 21

bündeln, komprimieren. Das muss leicht verständlich sein.“ Die eigene Recherche wird da als zeitaufwendig erlebt und überfor-dert einen Teil der Betriebe. Da wäre eine Koordinierungsstelle, verbunden mit einer gut strukturierten und gepflegten Daten-bank, an die jedes kleine Unternehmen ohne weitere Zwangs-mitgliedschaft herankommt, eine gute und hilfreiche Lösung. Wünschenswert wären eine von dort gesteuerte und vorge-nommene Problemanalyse für den Betrieb und die Stellung von externen Beraterinnen oder Beratern, im Idealfall branchenspe-zifisch. „Das muss irgendwie transportiert werden, damit das auch bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmern ankommt.“ Vorstellbar wäre auch eine Art von Gesundheitszentrum aller Präventionsakteure, wo die BGF-Maßnahmen vorgehalten und in Anspruch genommen werden könnten.

Gemeinsame BGF-Maßnahmen mit anderen Unternehmen, z. B. in der NachbarschaftDie Idee, gemeinsame Präventionsangebote mit Betrieben in der Nähe anzubieten, ist neu für die Unternehmen, findet aber im Laufe der Diskussion Zuspruch. Vorteile wären ein Austausch mit den anderen Unternehmensleitungen und eine Umsetzung von Angeboten, die sich für einen Kleinstbetrieb alleine nicht rechnen oder nicht zu organisieren wären. „Ne-benan klingeln und sagen: ‚Ich lasse jemanden kommen, willst du dich daran beteiligen?‘“

Gebiete mit vielen Kleinunternehmen bieten ebenfalls Mög-lichkeiten zum Austausch: „Das fehlt uns natürlich, wenn wir alle in unserem kleinen Laden sind und nicht über den Flur den Nachbarn haben. Das finde ich bei Start-ups toll, dass die alle offene Bürotüren haben und sich austauschen, um nicht die gleichen Fehler zu machen.“

Man kann gemeinsam z. B. (Schrittzähler-)Wettbewerbe initiie-ren, sich Gesundheitsfachleute, therapeutisches Personal und Räume teilen („Oder einer hat eine Kantine und macht die Ver-anstaltung dort und kann noch was dran verdienen“) sowie bes-ser mit Fitnessstudios die Konditionen aushandeln. „Wenn man Verträge mit Fitnessstudios abschließt, die wollen ja eine gewisse Anzahl an Leuten sehen, damit sie Vergünstigungen gewähren.“

Es müsste eine gemeinsame Koordination geben, die die Rah-menorganisation übernimmt, beispielsweise von einer überge-ordneten Stelle aus.

Gegenstimmen befürchten auf diesem Wege branchenunspe-zifische Angebote, da die Nachbarschaftsbetriebe andere Ar-beitsschwerpunkte haben, aber auch Einblicke von der Konkur-renz: „Solange es keine Konkurrenzunternehmen sind, finde ich das sehr hilfreich.“

Mehr digitale Hilfen, wie Checklisten, Apps, Onlineprogramme, WebinareDie Affinität zu digitalen Medien ist im Kreis der Fokusgruppen sehr unterschiedlich, für einige ist die Nutzung selbstverständ-lich, für andere eher schwierig.

Die größte Zustimmung erfuhren kurze, prägnante Onlinepro-gramme, deren Nutzung für viele vorstellbar ist. Hierin wird auch eine gute Schulungsmöglichkeit für die Beschäftigten gesehen. Auch hier besteht der Wunsch nach einer direkten branchenspezifischen Hilfe und zeitlich flexibler Nutzung.

Dagegen werden allgemeine BGF-Webinare als zu unpersön-lich und zu pauschal eingeschätzt. Für spezielle BGF-Themen sowie zur Sensibilisierung und Schulung der Beschäftigten wä-ren Webinare aber gut einsetzbar.

Apps werden von den einen als das Mittel der Wahl angesehen („Also ich hätte gerne eine App, die aktiv Hinweise gibt, dass ich mich da und da informieren kann, die kann man anpassen […]“), während sie von anderen als zu pauschal und betrieb-sunspezifisch bewertet werden. Als Trackinginstrument mit Belohnungssystem könnten sie nach Meinung Einzelner dazu dienen, die Beschäftigten für gesundheitsförderliche Maßnah-men zu motivieren.

3.1.6 Zwischenfazit: BGF-Engagement und Bedarfe von Kleinst- und Kleinbetrieben

Das angegebene Engagement der Befragten in der BGF ist viel-fältig und umfangreich. Kennzeichnend ist ein meist situatives und spontanes Vorgehen, das auf den eigenen Werten wie Sicherheit, gesundes Essen, Trinken, Sport und Gemeinschaft beruht und nicht Präventionsthemen aufgreift, bei denen sys-tematisch ein Bedarf festgestellt wurde. Schwierige Themen wie Rauchen am Arbeitsplatz oder der fehlende Einsatz von zur Verfügung gestellter Schutzausrüstung oder -maßnahmen werden als frustrierend geschildert und führen zu dem Wunsch nach externer Unterstützung.

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Die Durchführung von Analysen wurde von den Teilnehmenden der Fokusrunden im offenen Gespräch nur einmal spontan be-nannt. Wo Gespräche mit den Mitarbeitenden täglich stattfin-den und Bedürfnisse, Wünsche und Interessen im Arbeitsalltag diskutiert werden, ersetzt diese direkte Kommunikation um-fangreiche Analysen wie Befragungen, die in größeren Unter-nehmen eingesetzt werden.

Im Fragebogen, der nach der offenen Diskussionsrunde verteilt wurde, bejahten die Unternehmen dann doch die Durchfüh-rung von Umfragen und Gesprächskreisen. Es wird angenom-men, dass hierunter Gespräche zu den Themen Arbeit, Umwelt, Führung und Gesundheit verstanden wurden und keine schrift-lichen Befragungen oder strukturierte Arbeitssituationsanaly-sen oder Gesundheitszirkel.

Kleinst- und Kleinunternehmen wünschen sich zur Umsetzung von BGF-Projekten oder Einzelmaßnahmen Hilfestellungen durch externe Berater bzw. Beraterinnen oder Institutionen und durch zielgenaues Informationsmaterial. Dabei ist die Fokussierung auf die betriebsspezifischen Gegebenheiten ein wichtiger Aspekt. Dies wird einer persönlichen Beratung eher zugetraut als den digitalen Medien. Es wird großer Wert auf eine persönliche Ansprache und Betreuung gelegt.

Neben betriebsspezifischer Beratung werden sehr häufig bran-chenspezifische Angebote und Lösungen gewünscht. Es gibt (zu) viele Kanäle, die von den Akteurinnen und Akteuren der BGF bedient werden. Der Markt der Möglichkeiten ist groß und wird als Dschungel beschrieben, durch den man sich zei-tintensiv bewegen muss, um das für sich Relevante zu finden. Daher stehen die KKU einer zentralen Stelle aufgeschlossen ge-genüber, die sie bei Fragen zum Thema Gesundheitsförderung und Prävention ansprechen könnten und die auch Angebote zur Umsetzung bereithält. Nach Möglichkeit sollen die entspre-chenden Beratenden auch branchenspezifische Erfahrungen mitbringen. Die regionalen BGF-Koordinierungsstellen, die nach dem Präventionsgesetz 2017 von der gesetzlichen Kran-kenversicherung eingerichtet wurden, waren zum Zeitpunkt der Befragung noch recht neu und den Befragten nicht bekannt.

Der Wunsch besteht, dass Krankenkassen, Rentenversicherung und gesetzliche Unfallversicherung auch die kleinen Unterneh-men im BGM-Prozess unterstützen und nicht nur die für diese Institutionen attraktiveren mittelständischen oder Großunterneh-men. Diese Stellen sollten proaktiv handeln, z. B. bei der Neuan-meldung von Beschäftigten. Das wäre ein guter Zeitpunkt, um

branchenspezifischen Belastungen präventiv zu begegnen, und die anderen Beschäftigten könnten ebenfalls davon profitieren.

Unterstützung wird nicht nur hinsichtlich der Orientierung gewünscht, welches Vorgehen, welche Themen und Maßnah-men in ihrem Betrieb am besten sind. Von Interesse auch ist die konkrete Durchführung von Analysen, die Organisation und Umsetzung der passgenauen Maßnahmen am Beispiel anderer Unternehmen (Best-Practice-Beispiele). Diese dienen als Vorbild für die eigenen möglichen Aktivitäten und veran-schaulichen am besten die Wirkung von BGF. Je konkreter die Hilfestellung, desto nutzbringender und willkommener ist sie.

Im Interesse der Kleinunternehmen liegt insbesondere auch die Beantwortung der Frage, wie die Maßnahmen finanziert und gegebenenfalls steuerlich geltend gemacht werden können.

Der Hürde Das Tagesgeschäft hat Vorrang könnte begegnet werden, wenn erlebbar wäre, dass durch die Aktivitäten in der BGF das Tagesgeschäft besser zu bewältigen ist. Hier könnte eine gezielte Ansprache („Optimieren Sie Ihr Tagesgeschäft!“) mit Anregungen helfen.

BGF als Begriff steht in den Kleinst- und Kleinbetrieben nicht im Vordergrund, die Belegschaft wird intuitiv beteiligt, die Beschäftigten werden zu Expertinnen und Experten gemacht. Durch die Nähe werden Probleme schnell angesprochen und es wird gemeinsam nach Lösungen geschaut.

BGM geht über das Angebot von Einzelmaßnahmen hinaus. Ein idealer Prozess analysiert die betriebliche Situation, leitet davon systematisch und strukturiert Maßnahmen der Verhal-tens- und Verhältnisprävention ab und bezieht die Beschäftig-ten bei allen Schritten ein. Dieser Prozess erfordert eine Person, die die Verantwortung übernimmt, und internes oder externes Personal mit Expertise auf diesem Gebiet.

Dies entspricht nicht dem Bedarf und dem Vorgehen der KKU. Ressourcenbindende Analysen können in KKU entfallen, da in Gesprächen ein enger Austausch mit dem Kollegium und der Belegschaft erfolgt. Dadurch kann gezielt auf individuelle Wün-sche und Neigungen der Beschäftigten eingegangen werden oder es werden Maßnahmen umgesetzt, die von persönlichem Interesse geleitet sind. KKU brauchen keine festen Strukturen, interne Absprachen können ohne Terminvereinbarungen vor-genommen werden, und die Organisation erfolgt pragmatisch.

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Gesund im Kleinbetrieb

iga.Report 42 | 23

3.2 Entwicklung der Personas und Empfehlungen

Die vielfältigen Meinungen und Äußerungen der teilnehmen-den Betriebsvertreter und -vertreterinnen in den Fokusrunden werden nun aufgegriffen und in sieben verschiedenen Personas dargestellt. Eine Persona steht als Prototyp und verdeutlicht dessen Führungs- und Kommunikationsmuster, seine Einstel-lung zur Betrieblichen Gesundheitsförderung, seine favorisier-ten Zugangswege, um sich Wissen anzueignen, und dessen Wünsche. Nur, um sich besser in diese Persona hineinzudenken, werden ihr Alter, Geschlecht, Betriebsgröße und Branche zuge-wiesen. Sie steht aber generell nur für einen Typus und tritt ge-nauso gut im anderen Geschlecht und in anderen Branchen auf.

3.2.1 Der informierte Macher

3.2.2 Das fürsorgliche Vorbild

3.2.3 Der digital Moderne3.2.4 Die Gesundheitsexpertin

3.2.5 Die Technik-Orientierte

3.2.6 Der BGF-Skeptiker

3.2.7 Die engagierte Hilfesuchende

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Gesund im Kleinbetrieb

24 | iga.Report 42

3.2.1 Der informierte Macher

Hannes, 33

Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice sind

gelebte Praxis. Auch vor dem Hintergrund der Mitarbeiterbindung sind diese Angebote unverzichtbar.

Hannes hat eine Kooperation mit einem nahe gelegenen

Fitnessstudio initiiert. Auch eine Ernährungsberatung hat er schon

mal für sein Team organisiert. Einmal monatlich wird vor Ort

eine mobile Massage angeboten. Hannes würde das Ganze gerne

etwas systematischer und strukturierter angehen.

Projektleiter in einem international agierenden Bauunternehmen

mit mehreren Standorten; 30 Beschäftigte an Hannes’

Standort.

Nach Feierabend wird auch mal zusammen etwas unternommen –

beispielsweise Fußball spielen. Das Teamerleben tut auch dem

Betriebsklima gut.

Abbildung 5: Überblick über den informierten Macher

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Gesund im Kleinbetrieb

iga.Report 42 | 25

„Wenn ich dynamische und flexible Mitarbeitende will, muss ich entsprechend in sie investieren.“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftHannes fühlt sich mit seinem Unternehmen und der Beleg-schaft eng verbunden. Er schätzt die flexiblen Arbeitsmög-lichkeiten (zeitlich und örtlich) und eine lockere Arbeitsatmo-sphäre, wodurch er ein positives Arbeits- und Betriebsklima erlebt. Er verbreitet Optimismus und versucht, sein Team gut zu unterstützen. Er bietet sich als Ansprechpartner an und ist sehr interessiert an einem guten Betriebsklima, was er als Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens ansieht. Er möchte eine hohe Zufriedenheit der Beschäftigten erreichen, um die guten Fachkräfte zu halten und an das Unternehmen zu binden. Ihm ist klar: „Für flexible Beschäftigte muss ich auch entsprechend investieren.“

Haltung zur BGFHannes ist ein richtiger Macher. Wenn er eine Idee hat, setzt er auch alle Hebel in Bewegung, sie umzusetzen. Gerade in Sachen Gesundheitsförderung versucht er, im Betrieb gute Anregungen zu geben. Wegen der hohen Arbeitsanforderungen ist ihm vor allem die Work-Life-Balance seines Teams wichtig, und er befür-wortet die Arbeit im Homeoffice wie auch flexible Arbeitszeiten. Das würde er gern auch für alle Beschäftigten einfordern.

Er initiiert Teamaktivitäten und hat erreicht, dass das Unter-nehmen sich an monatlichen Kursgebühren eines Fitnessstu-dios beteiligt. Er holt eine Anbieterin von Gesundheitsleistun-gen ins Haus und freut sich über rege Teilnahme.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätEr recherchiert aktiv über Möglichkeiten der BGF im Internet und hört sich im dienstlichen und privaten Kontext nach guten Beispielen um.

Wünsche und InteressenNeben den bereits erreichten Einzelmaßnahmen wünscht er sich Unterstützung bei dem Aufbau eines systematischen und strukturierten Prozesses – auch aus seiner Zentrale. Das muss ja nicht nur in seinem Verantwortungsbereich funktionieren, sondern könnte auch im gesamten Unternehmen systematisch vorangebracht werden.

Ideen für den informierten Macher:Das Angebot für den informierten Macher muss pragmatisch, sachlich und prägnant sein:

D übersichtlich und zielführend verschlagwortete Datenbank

D cool dargestellte Ideen, übersichtlich aufbereitet im Netz

DMaßnahmen und Tipps für ein systematisches und unkompliziertes Vorgehen

D ausgewählte, für den Betrieb zugeschnittene Maßnahmen

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Gesund im Kleinbetrieb

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3.2.2 Das fürsorgliche Vorbild

Iris, 51

Sie kümmert sich sehr um das Wohlergehen ihres Teams. Eigene

Ideen hat sie viele, fühlt sich aber erschlagen von den vielen

Informationen, die sie im Internet findet.

Ausgewogene Ernährung ist ihr wichtig. Deshalb stehen immer Obst und gesunde Getränke bereit.

In der Mittagspause wird auch schon mal zusammen gekocht.

Sie hat höhenverstellbare Tische angeschafft, trotzdem glaubt sie, dass es weitere Maßnahmen gibt,

die sie einführen kann.

Seit ihrem Burn-out vor sechs Jahren nimmt Iris nur so viele

Aufträge an, wie sie ohne Stress bewältigen kann. Gesundheit geht vor, auch bei ihren Beschäftigten!

Betreibt ein kleines Modeatelier mit sechs Beschäftigten.

Abbildung 6: Überblick über das fürsorgliche Vorbild

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Gesund im Kleinbetrieb

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„Achtsamkeit ist der Schlüssel zu einem erfüllten Leben – ich weiß genau, was dafür nötig ist.“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftIris sieht ihren Laden als Teil ihrer Familie, da sie mit jeder ih-rer wenigen Mitarbeiterinnen engen Kontakt hat, und möchte, dass sich alle wohlfühlen. Sie tut viel für ein gutes Betriebskli-ma. Dazu schafft sie eine herzliche, warme Atmosphäre, indem sie eine aufmerksame, wertschätzende Kommunikation pflegt. Sie weiß, dass dann auch das Geschäftsergebnis stimmt, wenn die Beschäftigten zufrieden und engagiert sind.

Haltung zur BGFWo es geht, unterstützt Iris ihre Mitarbeiterinnen dabei, in ih-rem Betrieb möglichst stressfrei arbeiten zu können, und sieht sich auch als Vorbild. Nachdem sie selbst erfahren musste, dass sie durch zu viel Arbeit in ein Burn-out geraten ist, achtet sie nun darauf, nur so viele Arbeitsaufträge anzunehmen, wie ohne andauernde Belastungsspitzen zu schaffen sind. Sie hat ihre Grenzen erkannt und achtet auch auf die Belastungen der Beschäftigten, weit über den Arbeitsalltag hinaus. Sie agiert nach dem Motto „Weniger ist mehr!“ und setzt daher mehr auf Qualität als auf Quantität, auch in ihren Produkten.

Damit sich alle bei der Arbeit gesund verpflegen können, ste-hen Obst und gesunde Getränke immer für alle bereit. Einmal in der Woche wird mittags gemeinsam gekocht. Das bietet Raum für private Gespräche.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätIris sucht nicht nach Anregungen von außen, sie entwickelt eigene Ideen und fragt die Mitarbeiterinnen nach ihren Wün-schen und Bedürfnissen. Ihr Augenmerk liegt auf der gesunden Ernährung und auf Entspannungsmethoden, und da sie sich privat damit beschäftigt, kann sie diese Themen auch im Ate-lier umsetzen.

Wünsche und InteressenIris fühlt sich ganz gut aufgestellt, weil sie ja auch immer fragt, was man noch verbessern kann. Bei bestimmten Themen kennt sie sich aber einfach nicht aus und könnte ein wenig Hilfe oder Anregungen gebrauchen, z. B. bei gesetzlichen Vorgaben. Gerne würde sie auch wissen, wie sie gesundheitliche Probleme ihrer Mitarbeiterinnen frühzeitig erkennt, um hier helfen zu können.

Ideen für das fürsorgliche Vorbild:

D emotionale Ansprache

D behutsame Erweiterung der Schwerpunkte Work-Life-Balance und Ernährung

D Ansprache mit kreativen Methoden

DWerkzeugkasten mit vielen Tools, die in ihrem Kleinbetrieb, bestehend überwiegend aus Frauen, zur Wohlfühlatmosphäre beitragen

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Gesund im Kleinbetrieb

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3.2.3 Der digital Moderne

Victor, 63

Gerade, weil sie ein IT-Unternehmen sind, findet Victor Apps praktisch, um sie

auch in Bezug auf BGF zu nutzen. Könnte man darüber nicht

tracken, wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die

gesundheitsfördernden Angebote tatsächlich nutzen?

Victor findet Gesundheitsförderung wichtig, hat aber aufgrund

seines vollen Terminkalenders nur wenig Zeit. Er wünscht sich

kurze und prägnante Onlinekurse oder Webinare, mit denen er

sich zeitlich und örtlich flexibel weiterbilden kann.

Abteilungsleiter in einem IT-Unternehmen,

46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Victor würde gerne von den Erfahrungen vergleichbarer Unternehmen mit

BGF-Maßnahmen erfahren. Vielleicht kann man sich da etwas abschauen – gerne über Rankings und Erfahrungswerte, die online

einsehbar sind.

Abbildung 7: Überblick über den digital Modernen

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Gesund im Kleinbetrieb

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„Das ist schon ein ziemlicher Dschungel – ich suche Angebote mit messbarem Erfolg.“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftVictors Ansprache seinem Team gegenüber ist klar, offen und zugewandt. Er ist es gewohnt, dass Arbeitsaufgaben schnell realisiert werden. Er ist stets online und 24 Stunden am Tag erreichbar für Kundschaft und Mitarbeitende. Seine Haltung ist aber immer professionell, daher sind private Belange oder gar Konflikte eher nicht sein Terrain.

Haltung zur BGFFür Victor ist es wichtig, dass er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund bleiben. Dafür holt er sich viele rele-vante Informationen aus dem Netz, die ihm nützlich erschei-nen und in sein knappes Zeitbudget passen. Er regt seine Be-schäftigten dazu an, dasselbe zu tun.

Teamevents möchte er unterstützen und digitale Angebote für die Belegschaft einführen, Apps findet er hilfreich. Seine persönlichen Daten würde er z. B. in einem Fitnessarmband veröffentlichen. So könnte man ja auch das gesundheitliche Engagement der Belegschaft tracken.

Mit dem Engagement in der BGF möchte er auch das Personal ans Unternehmen binden. Maßnahmen sollen kurz, flexibel und effizient sein. Aber was genau das richtige Angebot ist, kann er nicht richtig einschätzen.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätVictor ist bei der Arbeit und privat stets auf dem neuesten Stand und steht den Neuen Medien offen gegenüber. Die On-linewelt nutzt er regelmäßig und recherchiert gerne im Inter-net. Er orientiert sich am Markt und weiß, was die Konkurrenz tut. Er geht in den digitalen Austausch mit anderen Unterneh-men und profitiert von deren Wissen und Erfahrungen.

Wünsche und InteressenVictor wünscht sich Anregungen und unkompliziert umzuset-zende Beispiele, regelmäßige Newsletter, Checklisten oder Kur-zanleitungen.

Ideen für den digital Modernen:Er bekommt Zahlen, Daten, Fakten spannend aufbereitet mit Best-Practice-Beispielen:

D Zahlen, Daten, Fakten – Wie ticken die Beschäftigten? – Don’ts und Dos – Informationen zur Finanzierung – Welche Effekte sind bei welcher Intervention zu erwarten?

D digitaler Unternehmenscheck

D digitale Fragebögen für Mitarbeitende

D im Netz abrufbare Wettbewerbe/Herausforderungen für die Mitarbeitenden

D Präsentationen und kurze Vorträge zu verschiedenen Themen

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Gesund im Kleinbetrieb

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3.2.4 Die Gesundheitsexpertin

Martina, 40

Externe Unterstützung im Bereich BGF sieht sie eher nicht – sie weiß, was ihre Angestellten gesund hält. Leider hat sie zu wenig Zeit, sich

darum selbst zu kümmern.

Martina betreibt selbst seit mehreren Jahren Yoga und

Meditation und leitet ihr Team regelmäßig bei Yoga- und

Atemübungen an.

Konflikte mit Klientinnen, Klienten oder im Team können regelmäßig in Teamsupervisionen besprochen werden. Einzig das Sekretariat und

die Reinigungskraft sind davon ausgenommen, sich Probleme von der

Seele zu reden.

Martina ist selbst aus der Gesundheitsbranche und weiß, was Menschen gesund hält. Sie gibt bei Bedarf ihr medizinisches

Fachwissen auch an ihr Team weiter.

Betreibt eine kleine Praxis für Physiotherapie mit sieben

Angestellten.

Abbildung 8: Überblick über die Gesundheitsexpertin

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Gesund im Kleinbetrieb

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„Wenn alle auf meine Tipps hören würden, wären sie nicht so häufig krank.“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftDie Gesundheitsexpertin vertritt eine Gruppe von Unterneh-merinnen und Unternehmern, die aus einem gesundheitsorien-tierten Tätigkeitsgebiet stammen oder aktuell darin arbeiten. Sie fühlt sich als Expertin in Sachen Gesundheit und sorgt sich um die Gesundheit und Nöte der Kolleginnen und Kollegen. Sie freut sich über einen niedrigen Krankenstand, weil sie dann Ansprüche der Kundschaft zeitnah und qualitativ bestens er-füllen kann.

Haltung zur BGFDa Martina selbst auf ihre Gesundheit achtet, verlangt sie dies auch von ihren Beschäftigten. Sie gibt ihr Wissen und Ratschlä-ge gerne weiter.

Weil es auch in ihrer Praxis mal zu Konflikten mit der Kund-schaft oder im Team kommt, gibt es regelmäßige Supervisi-onen. Daneben bietet Martina Yoga und andere Entspan-nungsseminare für die Angestellten an. Sie braucht dazu keine externen Beratungen.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätMartina bezieht die einschlägigen Fachzeitschriften und bildet sich regelmäßig fort. Sie ist eher medizinisch orientiert und wenig technikaffin. Einen Rechner gibt es, um die Behand-lungstermine zu verwalten und die Dokumentationen zu erle-digen. Ansonsten hat sie mit der digitalen Welt nicht so große Berührungspunkte.

Wünsche und InteressenWenn sie mehr Zeit hätte, würde Martina sich gerne selbst noch mehr um Gesundheitsthemen kümmern und struktureller daran arbeiten, z. B. sich Ziele setzen.

Ideen für die Gesundheitsexpertin:Die Gesundheitsexpertin erhält einen Überblick über die Bandbreite des BGM-Prozesses:

D Artikel in Fachzeitschriften, die sie liest, stellen die Bandbreite der BGF heraus

D einer Einladung zu einem BGF-Workshop wird eine Fachzeitschrift beigefügt und externe Unterstützung angeboten

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Gesund im Kleinbetrieb

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3.2.5 Die Technik-Orientierte

Stefanie, 31Inhaberin eines Gartenbaubetriebs

mit 25 Angestellten.

Im Ladengeschäft ist es immer sehr kühl, das Personal friert oft.

Doch wegen der Pflanzen kann die Temperatur nicht erhöht werden.

Stefanie ist über die gesetzlichen Vorschriften zum Arbeitsschutz bestens informiert und hält sie

auch penibel ein. Das sollte doch eigentlich reichen, oder nicht?

Ihr Gartencenter ist technisch auf dem neuesten Stand und auch ihrem Team steht immer das

beste Equipment zur Verfügung. Manchmal denkt Stefanie, dass es

schön wäre, wenn ihr Personal auch so zuverlässig funktionieren würde,

wie ihre Maschinen.

Abbildung 9: Überblick über die Technik-Orientierte

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Gesund im Kleinbetrieb

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„Gesundheit ist natürlich wichtig, aber Privatsache.“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftIn ihrem Betrieb achtet Stefanie sehr darauf, dass ihre Ange-stellten sich nicht verletzen und die Arbeitsschutzvorgaben einhalten. Sie sorgt dafür, dass die Arbeitsplätze auf dem tech-nisch neuesten Stand sind und die gesetzlichen Regeln einge-halten werden. Sie freut sich über die niedrige Zahl der Unfälle in ihrem Unternehmen. Für die Steigerung der Unternehmens-umsätze erwartet sie ein hohes Engagement ihrer Beschäftig-ten, z. B. die Ausdehnung der Öffnungszeiten am Wochenende.

Haltung zur BGFStefanie hat ein sicheres Arbeitsumfeld geschaffen und ärgert sich, wenn Hilfsmittel wie Tragehilfen oder die persönliche Schutzausrüstung nicht genutzt werden. Darüber hinaus zeigt sie keine Initiativen, ihre Belegschaft in die Gestaltung ihrer Arbeit einzubinden oder ihnen präventive Angebote zu unter-breiten. Stefanie ist verunsichert, wenn die Angestellten ihre Anstrengungen nicht durch einen hohen Arbeitseinsatz beloh-nen und der Krankenstand hoch ist.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätDer digitalen Welt gegenüber ist Stefanie aufgeschlossen und recherchiert viel im Internet.

Wünsche und InteressenGerne würde Stefanie wissen, wie sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser erreichen kann, um ihnen die Wichtigkeit dieser Arbeitsschutzmaßnahmen näherzubringen.

Ideen für die Technik-Orientierte:Sie wird über Themen zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit angesprochen und erwartet technisch-moderne Lösungen:

D branchenspezifische Ansprache („Der grüne Daumen für die Belegschaft“)

D Verhaltensprävention über technische Tools erläutern – Plattform für externes Coaching, Toolboxen, Apps – Information über gesundes Führen und motivierende Gesprächsführung einfließen lassen

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Gesund im Kleinbetrieb

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3.2.6 Der BGF-Skeptiker

Peter, 53

Peter hat schon mal gehört, dass man da auch steuerlich etwas

absetzen könnte. Aber wie genau, wofür und in welcher Höhe?

Es war schon mal ein externer Gesundheitsexperte da, der Peter zu

Betrieblicher Gesundheitsförderung beraten wollte. Aber so richtig Ahnung hatte der nicht

vom Alltag eines Elektrikers.

Peter glaubt nicht, dass BGF wirklich nötig ist – es hat bislang

schließlich auch immer ohne funktioniert. Nach Feierabend

ist es aber natürlich allen selbst überlassen, etwas für ihre

Gesundheit zu tun.

Im Tagesgeschäft bleibt wenig Zeit für gesundheitsfördernde Maßnahmen.

Peters Personal ist immer auf Achse, und er selbst fährt auch oft zur Kundschaft raus, wenn er nicht gerade Papierkram

im Büro zu erledigen hat.

Inhaber eines Elektrobetriebs mit 13 Angestellten.

Abbildung 10: Überblick über den BGF-Skeptiker

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„Mit Yoga und Gesundheitstee brauche ich meinen Jungs nicht zu kommen.“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftPeter ist oft selbst bei der Kundschaft und führt daneben das Büro. Auch seine Angestellten sind häufig auf Montage und im Außendienst unterwegs. Für ihn hat das Alltagsgeschäft Vorrang, der Laden muss laufen, die Zahlen müssen stimmen, die Kundschaft muss zufrieden sein. Für ihn gibt es keine Pro-bleme, nur Lösungen, die er und seine Angestellten gemein-sam finden. Er sieht sich stark in der Verantwortung für die existenzielle Sicherheit aller und ist zufrieden mit engagierten Beschäftigten, reibungslos erbrachten Aufträgen und zufriede-ner Kundschaft. Er hat ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, appelliert aber an deren Eigenverant-wortung und Arbeitseinsatz. Er arbeitet gut mit motivierten Beschäftigten, die mit ihm an einem Strang ziehen.

Haltung zur BGFSo richtig klar ist Peter nicht, was Gesundheitsförderung über-haupt ist, daher auch der Ausspruch: „Mit Yoga und Gesund-heitstees brauche ich meinen Jungs nicht kommen.“ Ein Ar-beitsbezug fällt ihm zu BGF nicht ein, eher negativ: Er hat erste Erfahrungen mit einem Gesundheitsberater gemacht, der nicht seine Sprache sprach und keine Erfahrung mit der Branche und der Tätigkeit der Elektrikerin bzw. des Elektrikers hatte.

Im Tagesgeschäft bleibt Peter wenig Zeit, sich zu kümmern. Wann und wo gesundheitsförderliche Maßnahmen sein Team erreichen sollen, ist ihm unklar, deren Nutzen erschließt sich ihm nicht. Er ist der Meinung, dass es in der Eigenverantwor-tung der Einzelnen liegen sollte, sich gesund zu verhalten, und dass alle in der Freizeit etwas dafür tun müssen. So fühlt er sich gegen „das ewige Rauchen“ machtlos, er könne Beschäftigten das schließlich nicht verbieten. In der Freizeit mal was Nettes anbieten, z. B. einen Grillabend oder ein Fest, wird von seinen Angestellten gern angenommen. Darin sieht er schon einen Zusammenhang und positiven Einfluss auf das Betriebsklima.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätPeter ist gut vernetzt mit den Inhaberinnen und Inhabern von Betrieben seiner Branche. Von dort bekommt er Anregungen und misst sich an deren Erfolg. Er liest die Verbandsnachrich-ten – am liebsten im ausgedruckten Infobrief.

Wünsche und InteressenInteressant ist für Peter, dass es steuerliche Vorteile gibt, wenn er in die Gesundheitsförderung seiner Angestellten investiert. Dazu würde er gern mehr erfahren. Wenn Peter noch einmal BGF-Maßnahmen anbietet, dann mit professioneller Unterstüt-zung, die seine Branche und deren Belastungen kennt.

Ideen für den BGF-Skeptiker:Peters Interesse an BGF-Maßnahmen kann nur bedingt geweckt werden. Ein finanzieller Anreiz, ein hoher Nutzen für sein Geschäft könnte ihn bewegen, sich überhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Am ehesten wäre er durch die ihm bekannten Ansprechpersonen zu gewinnen. Interesse kann geweckt werden durch:

D auf Kleinunternehmen zugeschnittene Broschüren oder digitale Informationen durch Berufsverbände, Innungen oder Krankenkassen

D die Hervorhebung des wirtschaftlichen Nutzens

D eine branchenspezifische Ansprache (kompakt und abrufbar)

D einen Onlinefragebogen mit Check zu den aktuellen/relevanten Themenfeldern der BGF, der nach Auswertung drei konkrete BGF-Maßnahmen empfiehlt und Kontakte für die Umsetzung auflistet

D Unterstützung bei besonderen Aktivitäten, wie z. B. einem Sommerfest

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3.2.7 Die engagierte Hilfesuchende

Elisabeth, 62

Sie ist offen für weitere Möglichkeiten und würde gerne wissen, was sich in der Kanzlei überhaupt umsetzen ließe. Am liebsten wäre ihr eine Beratung, die auf einem Vor-Ort-Termin aufbaut und aus

dem Arbeitsalltag Empfehlungen ableitet. Auch zur Finanzierbarkeit würde sie

gerne mehr wissen.

Vor einiger Zeit wurden in der Kanzlei höhenverstellbare Schreibtische und

ergonomische Bürostühle angeschafft. Auch die Monitore wurden erneuert. Das hat

Elisabeth ganz schön viel Überzeugungsarbeit beim Chef gekostet. Sie wünscht sich

eine Sammlung von Informationen und Argumenten zum Nutzen von BGF, damit sie für die nächste Diskussion mit ihrem Chef

besser gerüstet ist.

Eigene Ideen hat Elisabeth viele. Wenn es dann an die Umsetzung geht, fühlt sie sich aber ein wenig erschlagen von den vielen Informationsmöglichkeiten.

Gerade im Internet ist das ein ziemlicher Dschungel für sie. Wie findet man denn da

das Richtige?

Büroleiterin in einer Rechtsanwalts-kanzlei und auch zuständig für

gesundheitsfördernde Maßnahmen, acht Personen im Team.

Abbildung 11: Überblick über die engagierte Hilfesuchende

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„Man kann bestimmt so vieles machen, aber wie sage ich’s meinem Chef?“

Führungs- und Kommunikationsmuster gegenüber der BelegschaftElisabeth ist Ansprechpartnerin für die sozialen Themen in der Kanzlei, aber eher informell für Gesundheit zuständig. Sie hat ein offenes Ohr für die Sorgen und Wünsche der Kolleginnen und Kollegen und setzt sich dafür bei der Geschäftsführung ein.

Haltung zur BGFIn der Kanzlei ist Elisabeth für gesundheitsförderliche Maßnah-men zuständig. Diese Aufgabe ist ihr nicht übertragen worden, sie hat sie sich genommen. Dabei hat sie es nicht immer ganz leicht mit ihrem Chef, den sie immer wieder überzeugen muss, Geld dafür zur Verfügung zu stellen und ihr Zeit dafür zu geben.

Die Arbeitsplätze sind nun mit höhenverstellbaren Tischen und guten Bürostühlen ausgestattet, das war ihr wichtig und dafür hat sie sich starkgemacht.

Elisabeth sieht noch viel Verbesserungspotenzial in der Kanzlei und sammelt auch die Anregungen der Kolleginnen und Kolle-gen. Gerne würde sie dies etwas systematischer angehen, um den besten Weg einzuschlagen.

Zugangswege zur Information, digitale AffinitätElisabeth schaut viel im Internet und hört im Bekanntenkreis von guten Beispielen. Dabei fühlt sie sich überfordert von der Menge an Informationen und den verschiedenen Angeboten. Wie soll sie da das Richtige auswählen?

Wünsche und InteressenDie Fülle der Ideen und die vielen verschiedenen Angebote im Netz erschlagen Elisabeth, sodass sie das Gefühl hat, auf der Stelle zu treten. Gerne würde sie einmal mit einer fachkundige-ren Person sprechen und mit deren Unterstützung an dem Pro-jekt BGF weiterarbeiten. Stark interessiert ist sie an Argumen-ten, die ihren Chef überzeugen könnten, der BGF mehr Gewicht zu geben, und die den Nutzen herausstellen. Und sie möchte sich selbst besser aufstellen für die Diskussionen mit dem Chef. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen dem Geschäftsführer und dem Personal sind verbesserungswürdig. Hier würde Elisabeth gerne wissen, wie man da zu einem bes-seren Miteinander kommt.

Ideen für die engagierte Hilfesuchende:

D persönliche Einladung durch den Berufsverband oder die Krankenkasse zu Informationsveranstaltungen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung

D Netzwerk von gleichgesinnten Akteurinnen und Akteuren

D persönliche Beratung durch einen Experten bzw. eine Expertin, mit einem Überblick über ein strukturiertes Vorgehen

D Beratung in der Kanzlei, damit für die offensichtlichen Problembereiche Lösungen diskutiert werden können

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3.2.8 Einordnung der Personas

Nach der Vorstellung der einzelnen Personas kann man die unterschiedlichen Haltungen zur BGF und ihre typbedingten sachlichen oder emotionalen Handlungsweisen clustern. Das Schaubild in Abbildung 12 zeigt, welche Typen BGF-nah bzw. BGF-fern agieren und wer eher auf der sachlichen oder emoti-onalen Ebene angesprochen werden sollte.

Achtung: Die Personas stehen für alle Geschlechter

und Altersgruppen.

BGF-nah

Informierter Macher

Fürsorgliches Vorbild

Sozial/emotional

Engagiert Hilfesuchende

BGF-fern

BGF-Skeptiker

Technik-Orientierte

Sachlich

Gesundheitsexpertin

Digital Moderner

Abbildung 12: Einordnung der entwickelten Personas

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3.3 Empfehlungen aus dem Experten-workshop: Ideen und Chancen für die Beratungspraxis

3.3.1 Motivationssteigerung in der Belegschaft

Viele der Kleinstunternehmer und Kleinstunternehmerinnen beklagen eine geringe Bereitschaft der Beschäftigten, an den im Betrieb angebotenen oder (teil-)finanzierten gesundheits-förderlichen Maßnahmen teilzunehmen. In der dritten Stufe der vorliegenden Untersuchung, dem Expertenworkshop, wur-den unter anderem folgende Vorschläge unterbreitet, wie es gelingen könnte, die Belegschaft besser ins Boot zu holen:

D Viele Mitarbeitende haben nach Feierabend oder in ihrer übrigen Freizeit wenig Interesse daran, Angebote des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin anzunehmen. Da ist die Verlagerung der Aktivitäten in die Arbeitszeit ein erster Schritt, um ein höheres Engagement zu erreichen. Zum Beispiel kann das Thema Gesundheit ein fester Bestand-teil von Teambesprechungen oder Belegschaftsversamm-lungen werden. Daneben bieten auch die persönlichen Personalgespräche einen Rahmen, um Gesundheits-themen zwischen den Mitarbeitenden und der Führungs-kraft anzusprechen.

D Die Geschäftsführung und Führungskräfte agieren als Vorbilder, sie werben für (z. B. auch öffentliche) Veranstal-tungen und nehmen aktiv an Gesundheitsangeboten teil.

D Gesundheitsförderliches Verhalten wird im Betrieb besonders wertgeschätzt, gelobt und mit Boni (kleine Preise, Urlaubstag) belohnt.

D Gesundheitspatenschaften in der Belegschaft werden gefördert.

D Die Beschäftigten werden angeregt, eigene Vorschläge einzubringen. Dies kann in den Teamsitzungen geschehen oder in einem Ideenwettbewerb, bei dem Ideen in einer „Verbesserungsbox“ gesammelt werden. Deren Umset-zung wird mit der Belegschaft abgesprochen.

D Für die Gesundheitsthemen wird Zeit eingeräumt. Work-shops mit der Belegschaft zu gesundheitlichem Verhalten werden initiiert und zum festen Bestandteil im Arbeitsjahr gemacht.

D Gesundheits-Coaching-Angebote werden finanziert.

D Es können Wettbewerbe in der Belegschaft (z. B. Schritt-zählerwettbewerbe) initiiert werden, an denen Einzelne oder Teams teilnehmen und im Rahmen derer Gewinne ausgelobt werden.

D Post-its mit freundlichen Botschaften werden als Anerkennung oder Reminder verteilt.

D Ideenwettbewerbe unter Kleinbetrieben können z. B. von Sozialversicherungen oder Unternehmensorganisationen initiiert werden. Unter dem Motto: „Unser Betrieb soll gesünder werden“ oder: „Mein gesunder Arbeitsplatz“ werden Mitarbeitende und Unternehmensführungen aufgefordert, Ideen einzureichen. Der Betrieb mit der besten Idee gewinnt einen Geldbetrag, mit dem sich das vorgeschlagene Konzept im Betrieb implementieren lässt.

DWerden Podcasts oder animierte Bilder zu Gesundheits-themen entwickelt, können diese in den Pausenräumen angehört oder angesehen werden.

D Im Betrieb werden monatliche Gesundheitsinformationen ausgehängt oder mit der Gehaltsabrechnung verteilt – oder sie sind über Bildschirme abrufbar.

Lesetipp

Weiterführende Hinweise und Anregungen finden sich im iga.Report 38 „Nudging im Unternehmen. Den Weg für gesunde Entscheidungen bereiten“ (Eichhorn & Ott, 2019).

www.iga-info.de > Veröffentlichungen > iga.Reporte > iga.Report 38

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3.3.2 Externe Beratung als Gruppenangebot

So unterschiedlich sich die Unternehmen präsentieren, so un-terschiedlich sind ihre Einstellungen und Aktivitäten, wenn sie sich in der BGF engagieren (wollen). Denjenigen, die gesund-heitsförderliche Maßnahmen anbieten wollen, präsentiert sich daher ein breites Feld, um ihre Expertisen zum Kleinstunter-nehmen gelangen zu lassen. In den vier Fokusgruppen wurde häufiger der Wunsch geäußert, sich bei Gesundheitsthemen mit anderen Unternehmen zusammenzuschließen. Externe Beratung könnte über folgende Settings als Gruppenangebot initiiert werden:

D BGF-Beratung kann bei bestehenden Runden wie Unternehmer- und Unternehmerinnenfrühstücken oder Kaminabenden angeboten werden.

DWerden interessierte Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer zu Fokusgruppen eingeladen, können sie dort Erfahrungen austauschen und Ideen und Anregungen gewinnen.

D Beim Zusammenführen von Start-ups und etablierten Unternehmen können die einen von den Erfahrungen profitieren, die anderen neue Wege kennenlernen.

D In einem Patenschaftsnetzwerk können BGF-aktive Unternehmen den BGF-interessierten Betrieben in der Nachbarschaft Unterstützung bieten.

D Unternehmensverbände, Innungen oder Handwerks-kammern können regionale Miniworkshops organisieren, bei denen sie mit externen Anbieterinnen und Anbietern von BGF-Maßnahmen kooperieren.

D Netzwerkberatung und -angebote für Betriebe der glei-chen Branche, z. B. durch die Berufsverbände, Innungen oder Handwerkskammern, bieten Kleinstbetrieben einen berufsspezifischen Austausch, Lösungen und passgenaue Maßnahmen.

D Auf einzelne Tools, wie z. B. den INQA-Check „Gesund-heit“, können Berufsverbände, Innungen oder Handwerks-kammern mittels Mailing hinweisen.

D Die Unternehmensverbände können die regionalen BGF-Koordinierungsstellen als Beratungsmöglichkeit für ein-zelne Unternehmen oder Unternehmensgruppen bewerben.

D Agieren regional benachbarte Betriebe gemeinsam, können sie die knappen zeitlichen und finanziellen Ressourcen bündeln und eine größere Aktivitätenpalet-te anbieten. Ein Branchenmix kann inspirierend für die Betriebe sein. Etwas größere Betriebe in der Nachbarschaft bieten die Möglichkeit von Räumlichkeiten und eine gute Infrastruktur.

D Der Einsatz eines BGF-Mobils in Gewerbegebieten erreicht eine große Zahl von Beschäftigten und spart dem einzelnen Unternehmen aufwendige Organisation und hohe finanzielle Aufwendungen.

3.3.3 Externe Beratung über die Neuen Medien

Die externe Beratung findet neben der Schriftform oder dem persönlichen Gespräch vor Ort im Betrieb immer öfter auch den Weg über die digitalen Medien:

D Online-Coachings finden in einer Videosprechstunde oder in Chatrooms statt.

D Eine Action-Cam ermöglicht Einblicke in den Betrieb, ohne dass die beratende Person vor Ort sein muss. So können dennoch die speziellen firmenspezifischen Gegebenheiten berücksichtigt und zielgenaue Lösungen vorgeschlagen werden.

D Onlineplattformen werden mit Gamification-Elementen bestückt, um die Attraktivität zu erhöhen und die Motiva-tion aufrechtzuerhalten.

DWebinare bieten Informationsvermittlung und Hilfestel-lungen ohne Fahrtaufwand, oft auch zeitlich flexibel.

D Kurzweilige Spots mit Anleitungen zum Selbermachen liefern Umsetzungsideen.

D Digitale Werkzeugkästen bieten die Möglichkeit, Anlei-tungen für BGF-Maßnahmen herunterzuladen und ohne größeren Aufwand umzusetzen.

3.3.4 Ansprache der Kleinstunternehmen

BGF-Maßnahmen, die den Wünschen und Bedürfnissen der Klein- und Kleinstunternehmen entsprechen, gibt es bereits. Hier müssen keine weiteren Tools entwickelt werden. Die Frage ist, wie die Information darüber an die Unternehmen kommt. Die Kleinstunternehmen fühlen sich häufig von den Angebo-ten zur BGF nicht angesprochen, da sie vermuten, dass sie auf größere Unternehmen zugeschnitten sind. Hier könnte eine spezifischere Ansprache ein größeres Interesse wecken.

D Die Kosten von gesundheitsförderlichen Maßnahmen werden auch für Kleinstbetriebe von den Sozialversi-cherungen teilweise oder ganz übernommen. Sollen das Interesse und die Inanspruchnahmen gesteigert werden, so kann dies über das Bekanntmachen von Förderungs-möglichkeiten gut gelingen.

D Gerade in den kleinen Dienstleistungsbetrieben steht die Zufriedenheit der Kundschaft an erster Stelle. Um dieses Ziel zu erreichen, kann die BGF Mittel zur Wahl sein: Über

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zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommt der Betrieb zu zufriedenen Kundinnen und Kunden.

D Onlinekampagnen oder E-Mail-Teaser benötigen aufmerksamkeitswirksame Slogans, die Themen der Zeit aufnehmen, z. B.:

– Personalsorgen? So kommt es nicht zur Trennung! – Auch der Kundschaft gefällt’s – … und was macht dein Unternehmen? – Tipps aus der Praxis: So einfach geht‘s! Wie man mit

kleinen Dingen Großes bewirkt

D Erfolgsgeschichten werden gerne gelesen, die Medien sind voll von guten Beispielen von BGF-Projekten. Aber nicht immer gelingen die Projekte gut. Warum nicht auch über Fehler berichten, die sich vermeiden lassen und dem Kleinstunternehmen Geld und Ärger ersparen?

– Aus Fehlern lernen: „Tops und Flops von BGF-Projekten“

D Auch die Pflichtpost von Krankenkassen und Berufs-genossenschaften lässt sich um „Informationen zu BGF“ ergänzen. Hier kann bei der Anmeldung eines neuen Mitarbeiters oder einer neuen Mitarbeiterin auf branchen-typische Belastungen und darauf hingewiesen werden, wie man diesen präventiv begegnet.

3.4 Verständnis und Verständlichkeit: Limitationen

Begriffe wie Betriebliche Gesundheitsförderung/BGF, Präventi-on, Gefährdungsbeurteilung, Mitarbeitenden- bzw. Beschäftig-tenumfrage oder Maßnahme sind nicht eindeutig und zeigen damit Limitationen in der Auswertung der Ergebnisse auf. Es werden häufig gesundheitsfördernde Maßnahmen umgesetzt, die nicht mit dem Konzept der BGF oder der Prävention in Ver-bindung gebracht werden. Mit BGF/Prävention werden häufig ausschließlich Maßnahmen zur Vorsorge (Impfungen) oder zur Prävention von Krankheiten assoziiert.

Ein enges Verständnis von Prävention als Impfungen oder ein weites Verständnis wie beim Begriff der Befragung als Gespräch mit den Beschäftigten macht deutlich, dass es hier noch großen Aufklärungsbedarf gibt oder dass am impliziten, subjektiven Verständnis angesetzt werden muss, um Themen platzieren zu können, die den Befragten nicht spontan als BGF in den Sinn kommen. Begriffe wie Betriebliche Gesundheitsför-derung oder Gefährdungsbeurteilung wirken auf die Zielgrup-pe eher technisch-bürokratisch und abschreckend.

Auch die offene Frage nach schon durchgeführten Maßnahmen hat keine Angaben zu einer systematischen Bedarfserhebung erge-ben. Das kann zum einen am Fehlen von Bedarfsanalysen liegen, zum anderen am eingeschränkten Verständnis von Maßnahme als Intervention. Diese Schwierigkeit, eine für Kleinunternehmen verständliche Sprache zu finden, hat sich auch in weiteren missver-ständlichen bzw. anders zu verstehenden Begriffen wiedergefun-den (z. B. Gefährdungsbeurteilung, Koordinierungsstellen).

Reden über gesundes Arbeiten wäre eine Alternative zu sperri-gen Begriffen und schwerfälligen Konzepten: Auffällig ist, dass die meisten genannten Aktivitäten nichts mit der Arbeit zu tun haben, sondern mit Extras wie Obstkörben und Betriebssport. Die Arbeit und das Miteinander am Arbeitsplatz zu gestalten, muss in den Vordergrund gerückt werden.

Viele Obstkörbe könnten gespart werden, wenn statt der The-men Ernährung, Bewegung und Sicherheit eher Konzepte wie Partizipation, also Beschäftigte zu Experten und Expertinnen für ihren Arbeitsplatz zu machen, und wertschätzende Kommu-nikation mehr in den Vordergrund gestellt würden.

Ist eines der Ergebnisse dieses Reports gerade die Unter-schiedlichkeit der Unternehmen und ihrer Bedürfnisse, so gibt es doch auch Empfehlungen, die sich an alle Interessenten-gruppen richten.

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4 Zusammenfassung und Ausblick

Auf der Basis qualitativer Interviews wurden Kleinst- und Kleinunternehmen nach ihren Erfahrungen, Wünschen und Interessen zu Prävention und Gesundheitsförderung gefragt. Daraus wurden Personas entwickelt. Sie bilden eine spezifische Haltung zu dem Thema ab und verdeutlichen verschiedene In-teressen und individuelles Engagement. Dies erleichtert die Ableitung von Zugangswegen und Ansprachemöglichkeiten.

Zusammenfassend lassen sich einige Aspekte hervorheben, die immer wieder auftauchten:

D Branchenspezifische Expertise wird beim Thema BGF als wichtig erachtet. Der Weg, über die internen Expertinnen und Experten sowie über angeleitete Kommunikation und Problemlösestrategien maßgeschneiderte Angebote zu generieren, war weitgehend unbekannt.

D Das Wissen um die richtigen Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen fehlt weitestgehend. Zahlreiche Maßnahmen, die den Wünschen und Bedürfnissen der kleinen Unternehmen entsprechen, gibt es schon auf dem Markt. Hier müssen keine weiteren Tools entwickelt werden. Diese Informationen fehlen weitestgehend – und die Suchstrategien danach sind wenig zielführend.

D Die Umsetzung von Maßnahmen im Betrieb selbst, wie z. B. arbeitsbezogene Gestaltung bzw. verhältnispräventive Maßnahmen, werden zunächst wenig mit Gesundheitsför-derung (BGF/BGM) assoziiert. In erster Linie wird an eine Beteiligung an den Kosten von Kursen, Fitnessstudios u. Ä. gedacht.

D Daher bewegt sich das Themenspektrum häufig in An-geboten wie Obst und Rückenschulen oder im gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz (Schutzbrillen, Lärm-schutz). Die von den Unternehmen selbst organisierten gesundheitsförderlichen Maßnahmen richten sich sehr oft an den einzelnen Mitarbeiter oder die einzelne Mitar-beiterin und nicht auf die Arbeit oder die Arbeitsbedingun-gen. Ein strukturiertes und zielgerichtetes Vorgehen findet in den Klein- und Kleinstbetrieben weniger statt.

D Der Wunsch nach Erfahrungsaustausch mit anderen Un-ternehmen zeigte sich deutlich in der Aufgeschlossenheit und dem Wissensdurst während der Gruppeninterviews. Bezogen auf Best-Practice-Beispiele aus der eigenen Branche wurde jedoch auch Konkurrenz befürchtet.

D Kleinstbetriebe verweisen oft auf mangelnde zeitliche Ressourcen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass auch dort die Aufgaben auf mehrere Personen verteilt werden (können).

DWäre den Kleinbetrieben bekannt, wer Kosten für Präventionsmaßnahmen übernimmt, wären die fehlenden finanziellen Ressourcen kein Hindernis mehr.

DWie in größeren Betrieben gibt es auch in KKU diverse Tätigkeiten, wie z. B. die administrativen Aufgaben, die sich nicht der spezifischen Branche allein zuschreiben lassen. Hier lassen sich gesundheitsförderliche Maßnah-men ohne den Branchenbezug umsetzen.

D Ein Fokus ist häufig zunächst die Einhaltung von Arbeits-sicherheitsvorschriften. Hier zeigt sich z. T. auch Ratlosig-keit bei der Durchsetzung von Vorschriften oder Empfeh-lungen in der eigenen Belegschaft.

D Es gibt ein hohes Verantwortungsgefühl für die eigene Belegschaft und eine teils hohe Bereitschaft, sich für die Gesundheit des eigenen Personals starkzumachen. Es gibt ein heterogenes Bild über die Wünsche der KKU: von persönlicher Beratung über Informationen zum Selbermachen (wie Checklisten oder Onlinetools) oder darüber, wer helfen könnte, bis hin zu finanzieller Unterstützung.

Kleinst- und Kleinunternehmen haben große Potenziale für ge-sundheitsförderliche Prozesse und Maßnahmen und ein hohes Interesse an der Gesunderhaltung der eigenen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter.

Wer entsprechende Maßnahmen anbieten will, muss den pas-senden Weg der Ansprache und den thematischen Anknüp-fungspunkt finden. Dabei sollen die Personas helfen (siehe Ab-bildung 13, S. 43): Gebraucht werden sowohl innovative Ansätze, um das Interesse der Unternehmen zu wecken, als auch einfache, gut nutzbare Leitfäden und Instrumente. Geschaffen werden müs-sen Wege zur Stärkung der Kompetenz zu BGF/BGM und einfache Zugänge zu den Erfahrungen anderer Kleinunternehmen oder aus der eigenen Branche.

Werden diese Punkte umgesetzt und wird die BGF in den Be-trieben systematischer aufgebaut, so können bis zu 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland von einem gesundheitsför-derlichen Arbeitsumfeld profitieren.

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Gesund im Kleinbetrieb

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Wobei können die Personas helfen?

Interessierte Unternehmen mit innovativen Ansätzen

ansprechen

Einen einfachen Zugang zu Erfahrungen aus der eigenen Branche oder in

anderen Kleinunternehmen ermöglichen

Die Kompetenz im Thema BGF/BGM auf verschiedenen

Wegen stärken

Einfache, gut nutzbare Leitfäden

und Instrumente vermitteln

Abbildung 13: Einsatzmöglichkeiten der entwickelten Personas

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Gesund im Kleinbetrieb

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5 Literaturverzeichnis

Bechmann, S., Jäckle, R., Lück, P. & Herdegen, R. (2011). iga.Re-port 20. Motive und Hemmnisse für Betriebliches Gesundheits-management (BGM) (2., aktualisierte Auflage). Dresden: iga. Zugriff am 30.09.2019 unter https://www.iga-info.de/veroef-fentlichungen/igareporte/igareport-20/

Eichhorn, D. & Ott, I. (2019). iga.Report 38. Nudging im Unter-nehmen. Den Weg für gesunde Entscheidungen bereiten. Dres-den: iga. Zugriff am 30.09.2019 unter https://www.iga-info.de/veroeffentlichungen/igareporte/igareport-38/

Kommission der Europäischen Gemeinschaften. (2003). Emp-fehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die De-finition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittle-ren Unternehmen (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 1422). EU-Empfehlung 2003/361/EG. Zugriff am 30.09.2019 unter https://eur-lex.eu-ropa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32003H0361

Nationale Präventionskonferenz. (2019). Erster Präventi-onsbericht nach § 20d Abs. 4 SGB V. Zugriff am 30.09.2019 unter https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/ krankenversicherung_1/praevention__selbsthilfe__beratung/ praevention/praevention_npk/praeventionsbericht_1/NPK-Praventionsbericht_2019_WEB_barrierefrei.pdf

PrävG (2015). Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1368). Zugriff am 30.09.2019 unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/praeventionsgesetz.html

SGB IX (2016). Neuntes Buch Sozialgesetzbuch vom 23. De-zember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1025) geändert worden ist. Zugriff am 30.09.2019 unter https://www.gesetze-im- internet.de/sgb_9_2018/SGB_IX.pdf

Statistisches Bundesamt. (2016). Unternehmen, Tätige Perso-nen, Umsatz, Investitionen, Bruttowertschöpfung, Bruttobe-triebsüberschuss, Personalaufwendungen: Deutschland, Jahre, Unternehmensgröße. Statistik für kleine und mittlere Unter-nehmen. Tabelle Code 48121-0001. Zugriff am 30.09.2019 unter https://www-genesis.destatis.de/genesis//online/ data? operation=table&code=48121-0001&levelindex=0&leve-lid=1573716209131

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6 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beschäftigungsanteile nach Unternehmen größenklassen 2016, Angaben in Prozent (Statistisches Bundesamt, 2016) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Abbildung 2: Hürden im Rahmen des BGM (Bechmann et al., 2011, S. 18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Abbildung 3: Erwünschte Hilfestellungen für erfolgreiches BGM bzw. bei der Einführung von BGM (vgl. Bechmann et al., 2011, S. 19 und S. 24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Abbildung 4: Nützlichkeit von Hilfestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Abbildung 5: Überblick über den informierten Macher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Abbildung 6: Überblick über das fürsorgliche Vorbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Abbildung 7: Überblick über den digital Modernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Abbildung 8: Überblick über die Gesundheitsexpertin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Abbildung 9: Überblick über die Technik-Orientierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Abbildung 10: Überblick über den BGF-Skeptiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Abbildung 11: Überblick über die engagierte Hilfesuchende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Abbildung 12: Einordnung der entwickelten Personas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Abbildung 13: Einsatzmöglichkeiten der entwickelten Personas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

7 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Klassifikation von Unternehmensgrößen (EU-Empfehlung 2003/361/EG; Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Tabelle 2: Offene Abfrage: Was tun Sie, um Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund und fit zu halten?, Nennung durchgeführter Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Tabelle 3: Gestützte Abfrage: Bitte kreuzen Sie alle Maßnahmen an, die Sie bereits in Ihrem Unternehmen umsetzen oder umgesetzt haben, Nennung durchgeführter Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

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Anhang

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Gesund im Kleinbetrieb

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A1 Gesprächsleitfaden für die Fokusrunden

– Leitfaden –

Leitfragen für die Fokusgruppen Gesund im Kleinbetrieb

1) Zum Einstieg in das Thema „Gesundheit und Zufriedenheit am Arbeitsplatz und im Unternehmen“ denken Sie bitte einmal an sich selbst: Was benötigen Sie persönlich, um bei der Arbeit zufrieden, motiviert und gesund zu sein?

2) Wenn Sie einmal an die gerade angesprochenen Aspekte denken: Wie viel Verantwortung sollte ein Unternehmer aus Ihrer Sicht für die Gesundheit seiner Mitarbeiter übernehmen?

3) Wie schaffen Sie es, dass Ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz gesund und motiviert bleiben? Was tun Sie aktuell, um die Gesundheit Ihrer Belegschaft zu fördern?

4) Unter BGF fallen eine ganze Reihe von verschiedenen Maßnahmen – teils auch Aspekte, die Sie noch nicht genannt haben. Ich verteile nun eine Liste mit unterschiedlichen BGF-Maßnahmen. Bitte schauen Sie sich diese einmal an und kreuzen alle BGF-Maßnahmen an, mit denen Sie in Ihrem Unternehmen bereits Erfahrungen gemacht haben oder regelmäßig machen.

(siehe nachfolgende Tabelle)

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Leitfaden Fokusgruppen: Gesund im Kleinbetrieb

2

bereits Erfahrungen im Unternehmen damit gemacht (wird aktuell oder wurde

in der Vergangenheit umgesetzt)

Analysen der betrieblichen Situation

Mitarbeiterbefragungen (zu den Themen: Arbeit, Umfeld, persönliches Wohlbefinden, Führung Gesundheit und/oder Motivation)

o 1

Krankenstandsanalysen o 2

Arbeitsplatzbegehung unter ergonomischen Gesichtspunkten

o 3

Gefährdungsbeurteilungen o 4

Gesprächskreise zur Verbesserung der Arbeit und des Arbeitsplatzes

o 5

Verantwortliche Person(en) für das Thema Gesundheit im Unternehmen o 6

Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssituation

Optimierung von Arbeitsabläufen o 7

Termin- und Zeitdruck verhindern o 8

Unterbrechungen der Arbeit abbauen o 9

Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsumgebung

Ergonomische Arbeits- und Produktionsplätze o 10

Lärm, Licht, Zugluft/Raumklima betreffend o 11

Angenehme Pausen-/Sanitärräume o 12

Regelmäßige Nutzung von Schutzausrüstung, Hebehilfen, etc. an den Arbeitsplätzen

o 13

Maßnahmen zur Verbesserung des Betriebsklimas und der Gesprächskultur

Regelmäßige Teamsitzungen o 14

Regelmäßige Mitarbeitergespräche o 15

Kommunikationsschulungen der Führungskräfte und Mitarbeiter

o 16

Training zum Stressabbau am Arbeitsplatz o 17

(Fortsetzung auf Folgeseite)

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Gesund im Kleinbetrieb

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Leitfaden Fokusgruppen: Gesund im Kleinbetrieb

3

bereits Erfahrungen im Unternehmen damit gemacht (wird aktuell oder wurde

in der Vergangenheit umgesetzt)

Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation

Ernährungsberatung o 18

Gesunde Nahrungsmittel wie Getränke, Obst o. ä. werden gestellt

o 19

Bewegungsförderung

Ergonomisches Training am Arbeitsplatz o 20

Rückenschule o 21

Bewegungspausen o 22

Außerbetriebliche Events (z. B. Lauftreffs, Aktion ‚Mit dem Rad zur Arbeit‘ o. ä.)

o 23

Gesundheitstag für die Belegschaft o 24

Maßnahmen zum Umgang mit Suchtmitteln

Nichtrauchen o 25

Alkohol o 26

Führungskräfteschulung zu den Themen:

Erweitern der fachlichen Kompetenz o 27

Mitarbeiterorientierte Führung o 28

Betriebliches Eingliederungsmanagement o 29

Betriebsärztliche Betreuung

Seh- und/oder Hörtest o 30

Grippeschutzimpfung o 32

Gesundheits-Check-Up o 33

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Gesund im Kleinbetrieb

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Leitfaden Fokusgruppen: Gesund im Kleinbetrieb

4

5) Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Unternehmen bereits mit konkreten Maßnahmen für ein gesundes Arbeiten gemacht? Was lief positiv? Aus welchen Gründen?

6) Denken Sie mal an die Bandbreite der Maßnahmen, die Sie eben gesehen haben: Welche Schwierigkeiten sehen/haben/hatten Sie dabei, BGF-Maßnahmen bei Ihnen im Betrieb umzusetzen?

7) Ich habe verschiedene Aussagen mitgebracht, die Unternehmen als mögliche Hürden wahrnehmen und sie von der Durchführung gesundheitsfördernder Maßnahmen abhalten könnten. Inwieweit sind diese auch für Sie relevant? Einige davon haben Sie ggf. auch schon selbst als Ihre eigenen Bedenken genannt. Gehen wir die Aussagen einmal im Einzelnen durch.

· „Das Tagesgeschäft hat Vorrang.“ – Damit drücken Unternehmen aus, dass für BGF im normalen Tagesgeschäft einfach keine Zeit da ist.

Welchen Nutzen könnte BGF aus Ihrer Sicht auch für das Tagesgeschäft bringen?

Welche Möglichkeiten sehen Sie, damit BGF zur Verbesserung des Tagesgeschäfts beiträgt? Welche Beispiele haben Sie hierfür?

· „Andere Themen, wie z. B. Digitalisierung oder Fachkräftemangel, sind bei uns im Unternehmen wichtiger als BGF. Es wird sich eher mit den wichtigeren Themen beschäftigt.“

Inwieweit könnte BGF auch für ein anderes wichtiges Thema in Ihrem Unternehmen nützlich sein? Wie genau? Für welches „Ihrer“ Themen könnte BGF nützlich sein?

· „Die Ressourcen – also Investitionskosten, Personalressourcen, eigene Arbeitszeit oder Arbeitszeit der Mitarbeiter – fehlen.“

Welche Möglichkeiten sehen Sie in Ihrem Betrieb, damit diese Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können?

· „Mir fehlt das Wissen dazu, wie ich Verbesserungen der Gesundheit in meinem Betrieb umsetzen kann und mit wem.“

Wo würden Sie Informationen suchen, damit Sie BGF umsetzen können?

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Leitfaden Fokusgruppen: Gesund im Kleinbetrieb

5

8) Jetzt haben wir ja sehr viel über Hürden für BGF gesprochen. Ich möchte nun gerneüber mögliche Hilfestellungen mit Ihnen sprechen, mit denen man es Ihnen einfachermachen könnte, BGF umzusetzen.Erst einmal ganz allgemein: Was ist denn für Sie hilfreich, wenn es darum geht, BGFumzusetzen?

9) Ich habe einmal verschiedene mögliche Hilfestellungen mitgebracht und würde gernejeweils von Ihnen wissen, inwieweit diese Ihnen helfen würden, um BGF in IhremUnternehmen stärker umzusetzen. Kreuzen Sie dafür bitte neben jeder Maßnahmean, wie hilfreich diese Hilfestellung für Sie persönlich ist.Die Skala geht von 1 „sehr hilfreich“ bis 5 „überhaupt nicht hilfreich“.

(siehe nachfolgende Tabelle)

Sehr hilfreich

Eher hilfreich

Teils/teils

Eher nicht

hilfreich

Überhauptnicht

hilfreich

Mehr Informationen zum Nutzen Betrieblicher Gesundheitsförderung o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Mehr Informationen über die Finanzierbarkeit von BGF oder steuerliche Vorteile pro Mitarbeiter, der an den gesundheitsfördernden Maßnahmen teilnimmt

o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Mehr Informationen zu aktuellen Themen von Arbeit und Gesundheit o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Mehr Hilfen wie Checklisten, Apps, Online-Programme, Webinare o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

BGF- und Präventionsangebote von Krankenkassen/Berufsgenossen-schaften oder Unfallkassen/ Rentenversicherung

o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Informationsangebote der eigenen Vertretungen und Unternehmensorganisationen wie Innungen, Handwerkskammern, Arbeitgeberverbände zu BGF und Prävention

o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Zentrale Koordinierungsstelle für die Vermittlung eines Ansprechpartners für eine erste Beratung oder anfallende Fragen (z. B. www.bgf-koordinierungsstelle.de)

o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Austausch mit anderen Kleinunternehmern zu Erfahrungen mit BGF

o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

Gemeinsame BGF-Maßnahmen mit anderen Unternehmen, z.B. in der Nachbarschaft

o 1 o 2 o 3 o 4 o 5

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Gesund im Kleinbetrieb

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Leitfaden Fokusgruppen: Gesund im Kleinbetrieb

6

10) Gehen wir die einzelnen Hilfestellungen einmal durch, beginnend mit den für Sie am hilfreichsten Aspekten.

Als wie hilfreich empfinden Sie diesen Aspekt?

Wie muss diese Hilfestellung konkret aufbereitet und ausgestaltet sein? Bitte beschreiben Sie dies einmal anhand eines Beispiels.

Wo genau würden Sie danach suchen?

11) Angenommen, es würde ein Gesundheitsexperte für einen Tag in Ihr Unternehmen kommen – welche Aufgabe würden Sie ihm geben?

12) Was nehmen Sie aus der Diskussionsrunde heute für sich und Ihren Betrieb mit?

Herzlichen Dank!

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Zitiervorschlag:

Lück, P. & Meisel, P. (2020). iga.Report 42. Empfehlungen für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) aus einer qualitativen Befragung. Dresden: iga.

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IMPRESSUM

Herausgegeben vonInitiative Gesundheit und Arbeit (iga)Internet: www.iga-info.deE-Mail: [email protected]

iga ist eine Kooperation von

BKK Dachverband e. V. (BKK DV) Mauerstraße 85, 10117 Berlin

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV) Glinkastraße 40, 10117 Berlin

AOK-Bundesverband GbR (AOK-BV) Rosenthaler Straße 31, 10178 Berlin

Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) Askanischer Platz 1, 10963 Berlin

AutorinnenPatricia Lück und Petra Meiselunter Mitarbeit von Katharina Winter und Laura Ostländer

Verlegende StelleInstitut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IAG), iga.GeschäftsstelleKönigsbrücker Landstraße 2, 01109 Dresden

Layout/SatzAtelier Hauer+Dörfler GmbH, Berlin

DruckNeue Druckhaus Dresden GmbH,Bärensteiner Straße 30, 01277 Dresden

BildnachweisAdobe Stock (yatcenko, JackF, flordigitalartist – Titelseite), KonzeptQuartier (Illustrationen)

iga.Report 421. Auflage März 2020ISSN: 1612-1988 (Printausgabe)ISSN: 1612-1996 (Internetausgabe)

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