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„Das Medium Bild ist offensichtlich en vogue“, freute sich Dr. Christoph Picker, Direktor der Evangelischen Akademie der Pfalz, über den regen Zuspruch bei der Veranstaltung „Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesell- schaſt“ am 15. Oktober 2015 im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern. Gemeinsam mit der Evangelischen Akademie der Pfalz hae die Zukunſtsiniave Rheinland- Pfalz (ZIRP) e. V. an diesen bildreichen Ort geladen, um über die Bedeutung von Bil- dern in der Mediengesellschaſt zu disku- eren. Mit dabei waren Andreas Trampe, Bildchef des Nachrichtenmagazins stern, Professorin Johanna Haberer, Leiterin der Abteilung für Christliche Publizisk an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen- Nürnberg, und die Karikaturisn Chrisa- ne Pfohlmann. Am Anfang war das Wort Die Beschäſtigung mit Bildern reicht weit in die Vergangenheit zurück. Das zweite Gebot „Du sollst dir kein Bildnis machen“ spiegelt die bildkrische Haltung des jüdischen und christlichen Glaubens wider. „Go ist unsichtbar, nur so kann seine Freiheit bewahrt werden“, erläutert Profes- sorin Johanna Haberer den Hintergrund. Goesbilder, etwa aus Holz geschnitzt oder in Gold gegossen, wurden unter anderem aufgrund ihrer leichten Zerstörbarkeit ver - spoet. In der Überzeugung, dass das Auge getäuscht werden kann, manifeserte sich eine ausgeprägte Kultur der mündlichen und schriſtlichen Übermilung religiöser Botschaſten. „Die biblische Sprache selbst ist in sich ein Bilderparadies. Sie malt mit Sprache, was nicht gemalt werden darf. Etwa das Bild vom brennenden Dornbusch“, so Professorin Haberer. „Erst in Jesus, einem Menschen, wurde Go sichtbar und damit darstellbar. Der gekreuzigte Mensch berührt viele Be- trachter, unabhängig von ihrem Glauben“, so Professorin Haberer. Der bildkrische Protestansmus setzte Bilder vermehrt di- daksch zum Zweck der Verkündigung und als Beweismiel ein. Religion und künstlerische Freiheit Auch im Islam ist das Verhältnis zu Bildern zwiespälg. Darauf wies Professorin Habe- rer hin. Ob es ein tatsächliches Bilderverbot gibt, das aus dem Koran hervorgeht, ist umstrien. Muslimische Künstler haben Mohammed über Jahrhunderte nach dem Tod des Propheten gezeichnet. Auch die von Kurt Tucholsky seinerzeit in einem Wort („Alles!“) beantwortete Frage „Was darf Sare?“, wird öffentlich in regelmäßigen Ab- ständen kontrovers besprochen. Für die Ka- rikaturisn Chrisane Pfohlmann ist es eine Frage, die jeder Künstler für sich persönlich beantworten muss. „Es gibt Themen, denen ich mich nicht widmen kann, weil ich dabei emoonal an meine Grenzen stoße“, so Pfohlmann. „Iconic Turn“ Mit der zunehmenden Digitalisierung un- serer Lebenswelt wird die Bedeutung des Bildes noch wichger. Im Jahr 2014 wurden täglich weltweit rund 1,2 Milliarden Fotos über soziale Netzwerke und Apps verbrei- tet. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 lag diese Zahl noch bei 363 Millionen Bildern und hat sich somit binnen zwei Jahren nahezu vervierfacht. „Foto-Ikonen, die magischen Bilder des Weltgeschehens, brennen sich in unser kollekves Gedächtnis. Das sind oſtmals Schnappschüsse, heute vor allem Handyfotos, die gro- ße Ereignisse festhalten. Sie bestechen oſt nicht durch ihre fotografische Qualität, sondern durch das abgebildete Ereignis.“ Andreas Trampe, stern-Bildchef „Der Vorteil von Bildern – ob als Fotografie oder Zeichnung – liegt in ihrer emoonalen und unmielbaren Ansprache der Betrachter. Sie transporeren Inhalte viel schneller als Worte.“ Chrisane Pfohlmann, Karikaturisn November 2015 In dieser Ausgabe: Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesellschaſt Diskussion und Ergebnisse der Veranstaltung im Oktober 2015 Nummer 18

In dieser Ausgabe: Alles fürs Auge – 18 Die Macht der ... · Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesellschaft ... gehöre nicht nur die Auswahl der Bilder, sondern

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Page 1: In dieser Ausgabe: Alles fürs Auge – 18 Die Macht der ... · Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesellschaft ... gehöre nicht nur die Auswahl der Bilder, sondern

„Das Medium Bild ist offensichtlich en vogue“, freute sich Dr. Christoph Picker, Direktor der Evangelischen Akademie der Pfalz, über den regen Zuspruch bei der Veranstaltung „Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesell-schaft“ am 15. Oktober 2015 im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern. Gemeinsam mit der Evangelischen Akademie der Pfalz hatte die Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP) e. V. an diesen bildreichen Ort geladen, um über die Bedeutung von Bil-dern in der Mediengesellschaft zu disku-tieren. Mit dabei waren Andreas Trampe, Bildchef des Nachrichtenmagazins stern, Professorin Johanna Haberer, Leiterin der Abteilung für Christliche Publizistik an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, und die Karikaturistin Christia-ne Pfohlmann.

Am Anfang war das Wort Die Beschäftigung mit Bildern reicht weit in die Vergangenheit zurück. Das zweite Gebot „Du sollst dir kein Bildnis machen“ spiegelt die bildkritische Haltung des jüdischen und christlichen Glaubens wider. „Gott ist unsichtbar, nur so kann seine Freiheit bewahrt werden“, erläutert Profes-sorin Johanna Haberer den Hintergrund. Gottesbilder, etwa aus Holz geschnitzt oder in Gold gegossen, wurden unter anderem aufgrund ihrer leichten Zerstörbarkeit ver-spottet. In der Überzeugung, dass das Auge getäuscht werden kann, manifestierte sich eine ausgeprägte Kultur der mündlichen und schriftlichen Übermittlung religiöser Botschaften. „Die biblische Sprache selbst ist in sich ein Bilderparadies. Sie malt mit Sprache, was nicht gemalt werden darf. Etwa das Bild vom brennenden Dornbusch“, so Professorin Haberer.

„Erst in Jesus, einem Menschen, wurde Gott sichtbar und damit darstellbar. Der gekreuzigte Mensch berührt viele Be-trachter, unabhängig von ihrem Glauben“, so Professorin Haberer. Der bildkritische Protestantismus setzte Bilder vermehrt di-daktisch zum Zweck der Verkündigung und als Beweismittel ein.

Religion und künstlerische FreiheitAuch im Islam ist das Verhältnis zu Bildern zwiespältig. Darauf wies Professorin Habe-rer hin. Ob es ein tatsächliches Bilderverbot gibt, das aus dem Koran hervorgeht, ist umstritten. Muslimische Künstler haben Mohammed über Jahrhunderte nach dem Tod des Propheten gezeichnet. Auch die von Kurt Tucholsky seinerzeit in einem Wort („Alles!“) beantwortete Frage „Was darf Satire?“, wird öffentlich in regelmäßigen Ab-ständen kontrovers besprochen. Für die Ka-rikaturistin Christiane Pfohlmann ist es eine Frage, die jeder Künstler für sich persönlich beantworten muss. „Es gibt Themen, denen ich mich nicht widmen kann, weil ich dabei emotional an meine Grenzen stoße“, so Pfohlmann.

„Iconic Turn“Mit der zunehmenden Digitalisierung un-serer Lebenswelt wird die Bedeutung des Bildes noch wichtiger. Im Jahr 2014 wurden täglich weltweit rund 1,2 Milliarden Fotos über soziale Netzwerke und Apps verbrei-tet. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 lag diese Zahl noch bei 363 Millionen Bildern und hat sich somit binnen zwei Jahren nahezu vervierfacht.

„Foto-Ikonen, die magischen Bilder des Weltgeschehens, brennen sich in unser kollektives Gedächtnis. Das sind oftmals Schnappschüsse, heute vor allem Handyfotos, die gro-ße Ereignisse festhalten. Sie bestechen oft nicht durch ihre fotografische Qualität, sondern durch das abgebildete Ereignis.“

Andreas Trampe, stern-Bildchef

„Der Vorteil von Bildern – ob als Fotografie oder Zeichnung – liegt in ihrer emotionalen und unmittelbaren Ansprache der Betrachter. Sie transportieren Inhalte viel schneller als Worte.“

Christiane Pfohlmann, Karikaturistin

Novem

ber 2015

In dieser Ausgabe:

Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesellschaft

Diskussion und Ergebnisse der Veranstaltung im Oktober 2015

Nummer 18

Page 2: In dieser Ausgabe: Alles fürs Auge – 18 Die Macht der ... · Alles fürs Auge – Die Macht der Bilder in der Mediengesellschaft ... gehöre nicht nur die Auswahl der Bilder, sondern

„Die Welt braucht Bilder!“Um die Wirkungsmacht von Bildern aufzu-zeigen, hat die BILD-Zeitung am 8. Septem-ber 2015 in der Printausgabe und auf ihrem Online-Auftritt gänzlich auf Bilder verzichtet. An die Stelle von aussagekräftigen, groß-formatigen Bildern, rückten graue Flächen. Auch die emphatische Aussage von stern-Bildchef Andreas Trampe, die Welt brauche Bilder, unterstreicht dies. „Man muss Reali-tät zeigen, um in den Köpfen der Menschen und auch in der Politik ein Umdenken zu er-reichen“, so Trampe. Wegschauen sei keine Lösung. Als einprägsames Beispiel zeigte er das Bild des ertrunkenen syrischen Jungen an einem türkischen Strand, das Anfang Sep-tember um die Welt ging und zum Symbol der Flüchtlingskrise wurde.

Alles Lüge?In Bildredaktionen wie der des stern müssen täglich rund 15.000 Bilder gesichtet werden. „Es ist unmöglich, alle Bilder auf Echtheit zu überprüfen. Aber die Bilder, die wir dru-cken wollen, die schauen wir uns sehr, sehr sorgfältig an. Deshalb arbeiten wir mit Fo-tografen und Agenturen zusammen, denen wir vertrauen“, so Trampe. „Manipulierte Bilder zu veröffentlichen, können wir uns gar nicht leisten, das würde auf Kosten unserer Glaubwürdigkeit gehen. Unsere Leser sind mündige Leser. Sie machen uns auf Fehler aufmerksam“, so Trampe. Außerdem hande-le es sich bei den meisten Bearbeitungen um „Schönheitskorrekturen“. „Da wird ganz un-sinnigerweise eine Zigarette wegretuschiert, aber an der eigentlichen Aussage des Bildes

ändert sich oft nichts“, gab Trampe zu be-denken. Zur journalistischen Verantwortung gehöre nicht nur die Auswahl der Bilder, sondern auch, diese in einem bestimmten Kontext zu veröffentlichen, sie mit Worten zu erklären, so Trampe.

Wir machen uns ein BildDie Fähigkeit, sich ein Bild machen zu kön-nen, mache uns erst zu Menschen, verdeut-lichte Dr. Heinz Höfchen, Leiter der Graphi-schen Sammlung des Museums Pfalzgalerie Kaiserslautern, die Bedeutung von Bildern: „Die Idee von etwas zu haben, steht immer vor der eigentlichen Entstehung. Werkzeuge sind ein gutes Beispiel für diesen Zusam-menhang.“ Heike Arend, Geschäftsführerin der ZIRP, wies darauf hin, dass neue techni-sche Möglichkeiten auch neue Bilderwelten eröffnen. Wir können heute Situationen festhalten, die mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind. Bei aller Bildkritik waren sich die Teilnehmer einig: Eine Welt ohne Bilder ist undenkbar.

Sehen Sie hier einige Impressionen der Veranstaltung.

Zukunftsinitiative Rheinland-PfalzAuf der Bastei 355131 Mainz

Tel.: 0 61 31 - 16 56 87Fax: 0 61 31 - 16 25 54E-Mail: [email protected]

www.zirp.de

Redaktion: Daniela Hartmann

Verantwortlich: Heike Arend

Bildnachweise:S. 1: ZIRP, Fotograf: Marco PiecuchS. 2 oben: ZIRP, Fotograf: Marco PiecuchS. 2 unten: Christiane Pfohlmann

Impressum

„Die gegenseitige Medienbeo-bachtung ist heute ungeheuer groß. Daraus ergibt sich für User eine relative Sicherheit, dass trotz der Möglichkeit zur digitalen Bearbeitung von Fotos, ihre Echtheit gewährleistet ist.“

Prof. Johanna Haberer, Leiterin der Abteilung für Christliche Publizistik an der Friedrich-Alexander

Universität Erlangen-Nürnberg