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Das erste Modul behandelt vier Ziele, die nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für deren Eltern wichtig sind:1.1 die Möglichkeit von Menschen mit Behinderung, für sich selbst zu entscheiden;1.2 die Möglichkeit von Menschen mit Behinderung, Ressourcen zu finden;1.3 Menschen mit Behinderung bei der Nutzung von technischen Hilfsmitteln zu unterstützen;1.4 Aktives Verhalten in Bezug auf Körperpflege und Bekleidung.
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Inhalt Inhalt ........................................................................................................................ ..................... 2
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Theoretischer Teil ............................................................................................................ .............. 7
....... 7
...................................... 8
.......................................................................... 10
.............................................................................................................................. ..... 13
Praktischer Teil .............................................................................................................. .............. 16
................................................................................................................... 16
............................................................................................................. 16
Theoretischer Teil ............................................................................................................ ............ 18
................... 18
........................................................................................................ 18
..................................................... 19
Praktischer Teil .............................................................................................................. .............. 20
.................................................................................................... 20
Theoretischer Teil ............................................................................................................ ............ 22
........................................................................... 22
Praktischer Teil .............................................................................................................. .............. 23
.. 23
Theoretischer Teil ............................................................................................................ ............ 25
........................................................................................................................... 25
............................................... 25
..................... 30
.................................................. 33
..................................................... 36
.............................. 39
....................................................................... 44
........................................................................ 48
..................................................................................................... 51
.................................... 52 2
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
............................................................................................ 55
.................................................................................................. 56
Praktischer Teil .............................................................................................................. .............. 59
............................................................................. 59
....................................... 59
.................................................................................................................... 59
................................... 59
................ 60
............................................ 60
............ 60
......................................... 61
................................................... 61
........................... 61
....................... 62
Theoretischer Teil ............................................................................................................ ............ 62
......... 62
Theoretischer Teil ............................................................................................................ ............ 63
.................................... 63
............................................................................................................ 63
Praktischer Teil .............................................................................................................. .............. 64
......................................................................................... 64
Theoretischer Teil ............................................................................................................ ............ 67
..................................................................................... 67
Praktischer Teil .............................................................................................................. .............. 68
.......................................................................................... 68
............................................................ 68
Anhang 1 Hinweise zur Organisation einer Reise ............................................................... 71
3
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Einleitung
Das erste Modul behandelt vier Ziele, die nicht nur für Menschen mit Behinderung,
sondern auch für deren Eltern wichtig sind:
1.1 die Möglichkeit von Menschen mit Behinderung, für sich selbst zu entscheiden;
1.2 die Möglichkeit von Menschen mit Behinderung, Ressourcen zu finden;
1.3 Menschen mit Behinderung bei der Nutzung von technischen Hilfsmitteln zu
unterstützen;
1.4 Aktives Verhalten in Bezug auf Körperpflege und Bekleidung.
Abb. 1.1: Wegweiser zur Selbstständigkeit
Das Hauptziel ist herauszufinden, wie es Menschen durch Weiterentwicklung von
Kompetenzen und durch Unterstützung ermöglicht werden kann, selbstständig zu sein.
Die Basis dafür ist die Internationale Konvention für die Rechte von Menschen mit
Behinderung. In § 19 "Unabhängige Lebensführung und Inklusion in die Gemeinschaft"
wird dort das gleiche Recht für Menschen mit Behinderung auf ein Leben in der
Gesellschaft und mit derselben Entscheidungsfreiheit, wie sie andere Menschen haben,
anerkannt. Es seien wirksame und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen
mit Behinderung den vollen Gebrauch ihrer Rechte sowie ihre vollständige Inklusion
4
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
und Mitwirkung in der Gemeinschaft zu erleichtern. Dazu sei unter anderem Folgendes
sicherzustellen:
a. Menschen mit Behinderung sollen die Möglichkeit haben, ihren Wohnort zu
wählen. Gleich wie alle anderen sollen sie entscheiden können, wo und mit wem
sie leben möchten, und nicht einfach dazu verpflichtet werden, gegen ihren
Willen in speziellen Wohnformen zu leben.
b. Menschen mit Behinderung sollen auch in ihrem Zuhause Zugang zu einer Reihe
von Dienstleistungen und Diensten haben, zu denen auch die persönliche
Assistenz zählt, die sie in ihrer Lebensführung und der Inklusion in die
Gesellschaft unterstützt und Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft
verhindert.
c. Gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen für die Bevölkerung sollen in
gleicher Weise auch für Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehen und
auf deren Bedürfnisse Rücksicht nehmen.
Abb. 1.2: UN-Konvention
Es gibt bisher noch keine allgemein anerkannten Kategorisierungen von Behinderung.
Die gebräuchliche Terminologie unterscheidet sich von Land zu Land und ist auch unter
den verschiedenen Gemeinschaften nicht einheitlich.
Laut der Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung resultiert
Behinderung erst aus der Interaktion zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und
einstellungs- und umweltbedingten Barrieren, die volle und gleichberechtigte Teilhabe
an der Gesellschaft erschweren. Heute spricht man von "Menschen mit Behinderung".
Das Sozialmodell sagt aus, dass die Beeinträchtigung einer Person (z. B. in Bezug auf 5
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
die Mobilität) eine individuelle Eigenschaft ist, während eine "Behinderung" etwas ist,
das durch externe gesellschaftliche Faktoren wie einen fehlenden Zugang zum
Arbeitsplatz geschaffen wird.
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Theoretischer Teil 1.1. Die Möglichkeit von Menschen mit Behinderung, für sich selbst zu
entscheiden
Menschen können eine oder mehrere verschiedene Behinderungen mit wiederum
unterschiedlichen Schweregraden haben. Einige Menschen mit Behinderung wiederum
würden sich nicht als Menschen mit Behinderung bezeichnen. Deren eventuelle
Einschränkungen der sensorischen, körperlichen oder kognitiven Funktionen können
sich jedoch auf den Zugang zu verschiedenen Dienstleistungen
auswirken. Das kann beispielsweise bei entweder
vorübergehenden oder chronischen verletzungs- und
altersbedingten Behinderungen der Fall sein. Weiters steigt in
der Regel die Anzahl und Schwere der Einschränkungen mit
zunehmendem Alter.
Abb. 1.3: Selbstgesteuertes Kind
Eines der gebräuchlichsten Referenzmodelle ist
Whemeyers Funktionales Modell der Selbstständigkeit
des Menschen. Seine Theorie unterstreicht die
Bedeutung des "Verursachers" und gleichzeitig die
Bedeutung der umweltbedingten Möglichkeiten für
die Lebensqualität (Whemeyer und Shalok, 2001).
Abb. 1.4: Das Funktionsmodell von Whemeyer Verhaltensautonomie | Selbstverwaltung
Selbstverwirklichung | Psychologisches Empowerment (siehe auch Einführung in die Selbstbestimmung)
Nach dem Modell von Whemeyer bedeutet Verhaltensautonomie "als Verursacher im
eigenen Leben zu agieren und ohne ungebührliche äußere Einflüsse und Störungen
Entscheidungen in Bezug auf das eigene Leben zu treffen."
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Die biopsychosoziale Modell (abgekürzt "BPS") ist ein Ansatz, der besagt, dass im
Kontext von Krankheit sowohl biologische als auch psychologische (d. h. die Gedanken,
Gefühle und Verhaltensweisen betreffende) und soziale (d. h. sozio-ökonomische,
sozio-ökologische und kulturelle) Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Nach diesem
Modell wird Gesundheit nicht rein biologisch verstanden, sondern auf Basis
biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren beschrieben.
Abb. 1.5: Das biopsychosoziale Modell
1.1.1 Individuelle Selbstständigkeit und Verhaltensautonomie Die individuelle Selbstständigkeit ist ein Prozess, im Rahmen dessen Menschen nach
und nach verschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten (z. B. Kontrolle, Befähigung,
Erfahrung, Lebensentscheidungen treffen) erlangen. Der Entscheidungsprozess ist
Ausdruck des Willens, der Prioritäten und der Persönlichkeit eines Menschen. Die
Vorstellung, dass jede/jeder in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen, ist die Basis der
Verhaltensautonomie. Sie gilt als Menschenrecht und setzt voraus, die Entscheidungen
Einzelner zu respektieren, und zu akzeptieren, dass Menschen aus Fehlern lernen und
verfügbare Alternativen berücksichtigen. In diesem Sinne kann es für Menschen mit
Behinderung herausfordernder sein, Autonomie bzw. Selbstständigkeit zu erreichen.
Genese
Ernährung
BIOLOGIE
SOZIALES UMFELD
GEHIRN/PERSÖNLICHKEIT
Missbrauch
Vernachlässigung
Soziale Normen
Stress
Trauma
Drogen
Persönlichkeit
DAS BIOPSYCHOSOZIALE MODELL
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.5: Selbstständigkeit bzw. Autonomie
Die Entwicklung der Verhaltensautonomie beginnt in einem frühen Stadium und
dauert unser gesamtes Leben lang an. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass der
Begriff der Verhaltensautonomie häufig missinterpretiert wird:
Verhaltensautonomie
bedeutet nicht...
Verhaltensautonomie
bedeutet...
... Entscheidungen ohne Leitlinien, Kriterien und Regeln zu treffen.
... Entscheidungen auf der Grundlage bewusster Bedürfnisse, Wünsche, Vorlieben und Prioritäten zu treffen und in der Lage zu sein, sie wirkungsvoll zu kommunizieren.
... nur das zu tun, was jemand gerne macht, möchte oder bevorzugt oder von mir erwartet.
... sich der Vorlieben und Prioritäten bewusst sein.
... eine Rolle zu spielen und dafür keine Verantwortung zu übernehmen.
... basierend auf Vorlieben, Interessen, Wünschen und Bedürfnissen zu handeln.
... Entscheidungen auf Basis vergänglichen Vergnügens zu treffen.
... die Wirksamkeit von Entscheidungen auf Basis vorangegangener Erfahrungen und der Bewertung künftiger Entscheidungen zu evaluieren.
... Dinge ohne Hilfe selbst zu machen. ... das eigene Verhalten automatisch zu
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
regulieren und persönliche Ziele festzulegen.
... Probleme ohne Hilfe zu lösen. ... mehrere Optionen und die Folgen von Handlungen zu überlegen.
... danach zu handeln, was andere denken.
... Ereignisse im Leben selbst in die Hand zu nehmen und zu handeln, wenn es notwendig ist.
... Vorurteile in Bezug auf die Möglichkeiten anderer Personen zu haben.
... positive Glaubensmuster und Selbstvertrauen zu besitzen.
... das zu ersetzen, was man selbst machen kann.
... den Unterschied zwischen Wünschen und Bedürfnissen zu kennen und zu erkennen.
Darüber hinaus berücksichtigt Verhaltensautonomie den Respekt, die Wertschätzung,
das Mitgefühl, das Mitleid, das Zuhören und die Unterstützung. Der Begriff drückt
Autonomie, Würde, Selbsterkenntnis, Teilhabe, Hilfe,
Hoffnung, Ängste, Träume und Verantwortung aus.
Ein Mensch mit Behinderung muss als "anders"
erkannt werden, als jemand, von dem wir lernen und
den wir unterrichten können, wobei wir dessen
Bedürfnisse respektieren und er schließlich eine aktive
Rolle im Trainings-/Lernprozess und in anderen
Lebensbereichen einnimmt.
Abb. 1.6: Ich liebe Autonomie
1.1.2 Wie wird ein Mensch selbständig? Wir alle können, abhängig von verschiedenen Faktoren, in unserer Selbstständigkeit
eingeschränkt sein. Für Menschen mit Behinderung kann es noch schwieriger sein,
diese Unabhängigkeit ohne Unterstützung zu erreichen.
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Es gibt einige Punkte, die einen Menschen dabei unterstützen, selbständig zu werden:
1. Das soziale Umfeld anerkennt, dass ein Mensch mit Behinderung selbst die
Kontrolle über sein Leben übernehmen kann.
2. Der Lebensstil des Menschen bietet die Möglichkeit, an verschiedenen
Situationen, Aktivitäten, Rollen und
Beziehungen teilzunehmen.
3. Der Mensch ist psychologisch selbst dazu in
der Lage und besitzt das Selbstvertrauen in
seine eigenen Möglichkeiten, Dinge anders
zu machen.
4. Der Mensch erlernt die notwendigen
Kompetenzen und erhält die notwendige
Unterstützung.
Abb. 1.7: Selbstständiger Mensch
Um Verhaltensautonomie zu erreichen, ist sowohl direkte als auch indirekte Erfahrung
notwendig. Informationen und Erfahrungen können über Bücher, Bilder, Filme usw.
ausgetauscht werden. Auf dem Weg zur Selbstständigkeit ist das ein wichtiger Teil,
denn einerseits kann ohne Erfahrung keine wirkliche Autonomie erreicht werden und
andererseits sind Lebenserfahrungen notwendig, um Selbstvertrauen aufbauen zu
können.
Darüber hinaus kann sich die Art der Erfahrung (positiv bzw. negativ) auf die Fähigkeit
eines Menschen zur Selbstständigkeit sowie auf den Grad des Selbstvertrauens
auswirken. So ist es durchaus möglich, dass ein Mensch mit Behinderung in Bezug auf
seine Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht über ausreichende Erfahrungen verfügt. Die
angemessene Unterstützung kann es jedoch möglich machen, die notwendige
Selbstständigkeit zu erreichen.
11
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.8: Treffen Sie eine Wahl
Sich zu entscheiden, ist eine wichtige Fähigkeit, wenn man Verhaltensautonomie
definieren möchte. Es können folgende Unterscheidungen getroffen werden:
1. Sich unter vielen Optionen entscheiden. Es kann helfen, wenn man sich Prioritäten
überlegt. Im Bereich Ernährung und Unabhängigkeit könnte man etwa mit
unterschiedlichen Oberflächen und Farben von Lebensmitteln experimentieren - so
kommt man zu einer Auswahl, die man sich merken kann.
2. Sich zwischen zwei Optionen entscheiden. Manchmal - etwa wenn es um
Ernährung geht - kann es hilfreich sein, die Auswahl auf zwei Optionen zu
begrenzen. Zum Beispiel: "Möchtest du Karotten oder Erbsen?" Man sollte sich
die Auswahlkriterien merken können.
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.9: Oft ist es nicht so einfach, sich zu entscheiden
3. Optionen annehmen oder ablehnen.
4. Sich zu entscheiden, heißt auch, wichtige Dinge in
Bezug auf das Leben der eigenen Familie zu
entscheiden.
Abb. 1.10: Entscheidungsfindung
1.1.3 Was ist zu beachten, wenn ein Mensch mit Behinderung eine Entscheidung trifft? Sich entscheiden zu können, ist wichtig um die Unabhängigkeit aufrechtzuhalten, die
eigene Identität zu bewahren und möglicherweise um die Gesundheit zu verbessern.
Allerdings kann man in der Entscheidungsfindung z.B. durch einen Mangel an
Informationen oder einen Mangel an akzeptablen Optionen behindert werden.
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Informationen sind Voraussetzung für Entscheidungen, doch vielen Menschen ist nicht
immer bewusst, dass sie sich in Bezug auf Dienstleistungen entscheiden können.
Menschen mit allmählich zunehmendem Unterstützungsbedarf und ohne
Vorkenntnisse über Dienstleistungen können leicht benachteiligt sein, weil sie in der
Vorentscheidungsphase keinen Zugang zu den relevanten Informationen hatten.
Abb. 1.11: Zwischen Lösungsmöglichkeiten wählen
Der Prozess der Entscheidungsfindung erzeugt sowohl positive als auch negative
Emotionen.
Menschen überdenken ihre Entscheidungen besonders nach gesundheitlichen
Veränderungen, nach Veränderungen der sozialen Umstände und wenn sich frühere
Entscheidungen als nicht zufriedenstellend herausgestellt haben.
Menschen lernen sowohl aus dem Prozess der Entscheidungsfindung als auch aus den
Ergebnissen ihrer Entscheidungen. Sie teilen ihre Erfahrungen mit anderen und lernen
von den Erfahrungen anderer. Allerdings können die Lernmöglichkeiten für einige
Menschen durch die Komplexität ihres Zustandes oder durch begrenzte Möglichkeiten
eingeschränkt sein.
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Unabhängigkeit bedeutet nicht für alle Menschen dasselbe. Dazu gehört auch die
Möglichkeit, Dinge alleine zu tun, Entscheidungen zu treffen und selbst die Kontrolle
über das eigene Leben haben. Jedoch ist die Beziehung zwischen Entscheidung und
Unabhängigkeit oft nicht einfach: Entscheidungen, die in einem Lebensbereich
Unabhängigkeit bringen, können in anderen Bereichen zu Abhängigkeit führen oder
die Unabhängigkeit anderer Menschen einschränken.
Der Prozess der Entscheidungsfindung ist nicht einfach. Es gibt keine "richtigen"
Rezepte für "richtige" Entscheidungen. Selbst wenn ein Mensch mit Behinderung die
gleichen Phasen durchläuft, bedeutet das nicht notwendigerweise, dass das den
gewünschten Erfolg bringt.
Hier sind einige wichtige Aspekte im Entscheidungsfindungsprozess, die man
berücksichtigen könnte:
1. Geben Sie alle wichtigen und relevanten Informationen an.
2. Überlegen und bewerten Sie mögliche Alternativen.
3. Seien Sie sich möglicher Einschränkungen
(z. B. finanzielle, umweltbedingte, soziale,
verhaltensbedingte usw.) bewusst.
4. Stellen Sie Vor- und Nachteile möglicher
Entscheidungen fest und überlegen Sie,
welche überwiegen.
5. Achten Sie auf die Folgen/Auswirkungen,
die eine Entscheidung hat.
6. Treffen Sie die Entscheidung rechtzeitig.
Abb. 1.12: Entscheidungsfindung II
(Weiter zu den Übungen 1.1.3 und 2.2.5 und 2.2.6 von Modul 2)
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Praktischer Teil 1.1.4. Übungen
1. Fragen Sie Ihre Angehörige/Ihren Angehörigen mit Behinderung, wie sie/er
sich zeichnen würde.
2. Besprechen Sie dann zusammen mit ihr/ihm das Bild und warum sie/er sich
dafür entschieden hat, sich auf diese Art und Weise darzustellen.
3. Denken Sie an die sechs oben genannten Entscheidungsfindungsaspekte
und bitten Sie ihre Angehörige/ihren Angehörigen, ein Foto/Bild für jeden
Aspekt zu finden. Sie können die Bilder aus Zeitschriften, Zeitungen oder
dem Internet aussuchen.
1.1.5 Best-Practice-Beispiele - Förderung der persönlichen Selbstständigkeit (Reflexionsübung) Im sozialen Umfeld führt es zu größerer Unabhängigkeit, wenn man Entscheidungen
trifft, sich selbst verteidigt, Ziele setzt und Probleme löst. Für Menschen mit
Behinderung kann das eine Herausforderung darstellen.
Das soziale Umfeld (Familie, FreundInnen, KollegInnen usw.) kann Menschen mit
Behinderung dabei unterstützen, Erfahrungen zu sammeln und die für die jeweilige
Situation notwendigen Fähigkeiten einzusetzen. Das ist umso wichtiger für Menschen
mit Lernverzögerung, deren
abstraktes Denken eingeschränkt
ist. Diese Menschen benötigen
ausreichend viele Wiederholungen
von Fakten und Ereignissen, um
erfolgreich und nachhaltig zu
lernen.
Abb. 1.13: Mutter mit Kind
Daher ist es zur Verbesserung ihrer Kompetenzen wichtig, praktische Momente in den
Alltag einzubauen. Hier ein paar Beispiele aus der Praxis: 16
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Wenn ein Mensch versucht, seine Kompetenzen anzuwenden:
Pablo sagt "NEIN", als sein Freund ihn um Geld fragt.
In diesem Fall ist es wichtig, die Verwendung von "NEIN" positiv zu verstärken, um das Verhalten in Zukunft wieder hervorzurufen.
Wenn ein Mensch bei einer Aktivität um Hilfe bittet:
Maria bittet um Hilfe, weil sie jemand beleidigt.
Es ist wichtig, mit Unterstützung und Verstärkung zu arbeiten, damit sie in Zukunft alleine erfolgreich ist.
Wenn ein Mensch Aktivitäten selbständig durchführt:
Helen geht in ein Kaffeehaus.
Sie muss sich entscheiden, was sie nehmen und wo sie sitzen möchte.
Wenn es ein Verhaltensproblem gibt:
Bevor das Problem auftritt: Wir können dem Menschen zeigen, wie man mit der Situation angemessen umgeht.
Benito wird ungehalten, wenn er will, dass ihm jemand hilft:
BetreuerInnen und Familienmitglieder können ihn darauf aufmerksam machen, dass er zeigt, dass er Hilfe benötigt, bevor seine Launen beginnen.
17
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Theoretischer Teil 1.2 Die Möglichkeit von Menschen mit Behinderung, Ressourcen zu finden 1.2.1 Vier Grundsätze
In der Literatur nennt man die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und Ressourcen zu
finden, geistige Zurechnungsfähigkeit.
Wir gehen von der Annahme aus, dass Menschen - auch Menschen mit Behinderung -
zurechnungsfähig sind.
"Ein Mensch ist grundsätzlich
zurechnungsfähig."
Man muss Menschen dabei helfen,
Entscheidungen über ihr Privatleben, ihre
Ausbildung, ihre Beschäftigung, ihr
soziales Leben und ihre soziale Inklusion
zu treffen.
Abb. 1.14: Mutter mit Kind
"Ein Mensch darf nicht als unfähig behandelt werden, eine Entscheidung zu treffen,
solange nicht alle praktischen Maßnahmen, ihn zu unterstützen, erfolglos angewandt
wurden."
Unkluge Entscheidungen oder nicht genutzte Ressourcen bedeuten nicht unbedingt
mangelnde Kompetenz.
"Ein Mensch darf nicht als unfähig behandelt werden, eine Entscheidung zu treffen
und Ressourcen zu finden, nur weil er eine unkluge Entscheidung fällt."
Entscheidungen müssen mit dem Menschen und zu seinem Wohle getroffen werden.
Dieser Absatz bezieht sich auf Menschen mit Lernverzögerung. Die Praxis zeigt, dass
deren Unabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung im Vergleich zu Menschen mit
anderen Behinderungen (körperlichen und sensorischen) niedriger ist.
Menschen mit Lernverzögerung mögen Schwierigkeiten dabei haben, Entscheidungen
zu treffen, können es jedoch mit der richtigen Unterstützung. Meist wissen Familie und
BetreuerInnen am besten, welche Art von Unterstützung in einer jeweiligen Situation
18
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
notwendig ist. Entweder unterstützen sie ihre Angehörige/ihren Angehörigen selbst
oder sie leiten andere Menschen an. Dies könnte geschehen, indem das
Familienmitglied mit Behinderung Informationen über mögliche Folgen einer
Entscheidung und über Ressourcen erhält, indem man ihr/ihm Zugang zu
Informationen verschafft oder ihr/ihm dabei hilft, die Entscheidung zu
"kommunizieren".
Eltern bzw. Angehörige von bereits erwachsenen Menschen mit Behinderung sollten
wissen, dass es auch möglich ist, Sachwalter/innen einzusetzen, wenn der Mensch mit
Behinderung selbst keine Entscheidung treffen kann. Diese Personen sind dazu
verpflichtet, die Zurechnungsfähigkeit eines Menschen zu überprüfen, bevor sie in
dessen bestem Interesse eine Entscheidung treffen.
Wenn es um sehr wichtige Entscheidungen geht, können weitere Fachleute (z. B.
PsychologInnen oder SprachtherapeutInnen) zu Rate gezogen werden, um die
Entscheidungsfähigkeit und die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu bewerten.
Oft wird dann auch eine Pflegeperson aus der Familie hinzugezogen, die den
Menschen mit Behinderung beispielsweise in der Kommunikation unterstützt.
1.2.2. Bewertung der Kompetenzen und Ressourcen
Wenn man Kompetenzen und Ressourcen bewerten möchte, sind verschiedene
Fragen zu beantworten:
Versteht der Mensch, dem Kompetenzen zu fehlen scheinen, welche
Entscheidung zu treffen ist?
Versteht der Mensch die Folgen dieser Entscheidung?
Kann der Mensch die Informationen abwägen und sie nutzen, um eine
Entscheidung zu treffen?
19
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Gibt es eine Möglichkeit, dem Menschen dabei zu helfen, die Entscheidung
selbst zu treffen?
Gibt es eine Möglichkeit, dem
Menschen dabei zu helfen, die
Entscheidung, seine Wünsche und
seine Gefühle zu kommunizieren?
Ist der Mensch in der Lage, im
Entscheidungsprozess die
verfügbaren Ressourcen zu
beurteilen und zu nutzen?
Abb. 1.15 Kompetenz und Ressourcen
Praktischer Teil 1.2.2.1 Reflexionsübung Wenn jemand anderes die Beurteilung durchgeführt hat, kann es für Sie als Eltern
oder Angehörige vielleicht interessant sein, zu überprüfen, ob die folgenden Punkte
berücksichtigt wurden - besonders wenn es um eine wichtige Entscheidung geht:
War bei der Einschätzung der Entscheidungsfähigkeit die Unterstützung von
Fachleuten/Ressourcen notwendig und wurde sie eingeholt? Eine derartige
Unterstützung könnte etwa von PsychiaterInnen, PsychologInnen,
SozialarbeiterInnen oder SprachtherapeutInnen kommen.
Unabhängig davon, ob Hilfe in Anspruch genommen wurde oder nicht: die
Verantwortung für die Beurteilung liegt immer bei der entscheidenden Person.
Das Gesundheits- und Pflegepersonal Ihrer/Ihres Angehörigen mit Behinderung
sollte darin ausgebildet sein, die Entscheidungsfähigkeit zu bewerten.
Gesundheits- und Sozialdienste müssen in der Lage sein nachzuweisen, wie
eine Beurteilung durchgeführt wurde. Bei wichtigen Entscheidungen sollten die
Details der Beurteilung niedergeschrieben werden.
20
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Wenn es für Ihre Angehörige/Ihren Angehörigen einen Pflegeplan gibt, sollte
darin bestimmt sein, wie mit dem Thema Entscheidungsfähigkeit und
Ressourcen umzugehen ist.
Es ist wichtig festzustellen, ob Ihr Familienmitglied mit Behinderung in der
Vergangenheit etwas gesagt hat, das für die jeweilige Entscheidung relevant sein
könnte. Vielleicht hat sie/er etwas aufgeschrieben, etwas zu anderen Menschen
gesagt, oder sich in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit auf eine bestimmte Art und
Weise verhalten. Ebenso sollten alle bekannten Überzeugungen und Werte Ihrer/Ihres
Angehörigen bei der Prüfung ihrer/seiner Interessen berücksichtigt werden.
21
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Theoretischer Teil 1.2.3 Zum Wohle der/des Angehörigen
Abb. 1.16: Das Wohl der Kinder kommt an erster Stelle
Dies sind einige weitere Überlegungen, die Sie als Eltern eventuell anstellen könnten,
wenn es um das Wohl eines Familienmitglieds mit Behinderung geht:
Es gibt einige Entscheidungen, die Sie nie im Namen Ihrer/Ihres Angehörigen
treffen können.
Dabei geht es in der Regel um sehr persönliche Themen wie eine sexuelle
Beziehung, eine Heirat, eine Scheidung oder die Adoption von Kindern.
Wenn es um eine lebenserhaltende Maßnahme geht, darf die Entscheidung
nicht vom Wunsch überschattet werden, Ihre Angehörige/Ihren Angehörigen
vom Leiden zu erlösen.
Manchmal muss zwangsläufig sehr schnell zum Wohle einer Person
entschieden werden, beispielsweise wegen eines medizinischen Notfalls oder
einer möglicherweise gefährlichen Situation. In diesen Situationen können
22
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
EntscheidungsträgerInnen vielleicht nicht allen Schritten im Prozess folgen oder
sich mit pflegenden Angehörigen beraten, bevor Sie handeln.
Wie jede andere Entscheidung auch, müssen Entscheidungen in Bezug auf finanzielle
Ressourcen eines Menschen individuell beurteilt werden, da viele Menschen mit
Lernverzögerung bestimmte finanzielle Entscheidungen durchaus selbst treffen
können.
Eine Möglichkeit ist eine finanzielle Bewertung oder ein Finanzplan, in dem die
Fähigkeit eines Menschen, finanzielle Entscheidungen zu treffen, festgehalten wird,
und der beschreibt, wie Entscheidungen von, mit und für diesen Menschen getroffen
werden können. Diese Pläne sind besonders nützlich für Menschen, die Erwachsene
mit Lernverzögerung betreuen, die unabhängig leben bzw. planen, unabhängig zu
leben. Auch die Familie möchte sicher sein, dass verlässliche Vorkehrungen zum Wohle
der/des Angehörigen getroffen wurden, die/der finanzielle Entscheidungen nicht selbst
treffen kann. Dabei geht es um alltägliche Entscheidungen über den Einkauf von
Nahrung oder Kleidung, aber auch darum, ein Bankkonto zu eröffnen, Hilfszahlungen
zu verwalten und ein Haus zu kaufen.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Familienmitglied Zahlungen im Namen eines
Kindes mit Behinderung erhält. Um die Zahlungen selbst zu erhalten, wenn sie 18 Jahre
alt sind, müssen die Menschen mit Behinderung in der Lage sein, in den Empfang der
Zahlungen einzuwilligen (oder eine dritte Person zu bestimmen).
Praktischer Teil 1.2.4 Praktische Übung - Diskussion mit Ihrem Familienmitglied mit Behinderung
Ein Elternteil initiiert eine Diskussion mit der/dem Angehörigen mit Behinderung
darüber, wie sie/er bestimmte Lebensumstände mithilfe ihrer/seiner eigenen
Ressourcen und Stärken meistert. Der Elternteil schreibt alle genannten Ressourcen
und Stärken nieder und bespricht mit dem Menschen mit Behinderung, wie diese
Ressourcen genutzt werden können und wie die Stärken noch stärker werden können.
Ebenso besprechen sie, wie die Ressourcen/Stärken in anderen Situationen genutzt 23
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
werden können, in denen der Mensch mit Behinderung Lösungen finden muss. Stärken
Sie die Stärken im Alltag und wertschätzen Sie die Fähigkeiten des Menschen, Dinge
selbst machen zu können. Unterstützen Sie sie/ihn dabei, täglich gute Ressourcen
festzumachen.
24
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Theoretischer Teil 1.3. Menschen mit Behinderung bei der Nutzung von technischen
Hilfsmitteln unterstützen
Abb. 1.17: Technische Hilfsmittel
1.3.1 Was versteht man unter technischen Hilfsmitteln?
Abb. 1.18 Was sind technische Hilfsmittel?
Der Begriff "technisches Hilfsmittel" bezeichnet "jedes Element, Gerät oder
Produktsystem, ob käuflich erworben, verändert oder angepasst, das dazu verwendet
wird, die operativen Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung zu steigern, zu
erhalten oder zu verbessern" (29 U.S.C. 3002). Technische Hilfsmittel können in
zahlreiche Produktgruppen untergliedert werden. Dazu zählen beispielsweise
persönliche Hilfsmittel wie Stöcke, Roller, Hörgeräte und Lupen, die im Wesentlichen
25
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
als Erweiterung der körperlichen Fähigkeiten eines Menschen dienen. Sie begleiten
den Menschen oft von Ort zu Ort. Adaptive Hilfsmittel sorgen dafür, dass ein Mensch
mit Behinderung normalerweise für ihn nicht zugängliche bzw. allgemein
gebräuchliche Geräte verwenden kann, wobei das in der Regel mit zusätzlichen Kosten
verbunden ist. Ein Beispiel dafür ist ein Bildschirmlesegerät (oder Screenreader), das es
Menschen mit geringem Sehvermögen ermöglicht zu hören, was auf dem
Computerbildschirm angezeigt wird.
Abb. 1.19: Benutzung technischer Hilfsmittel für den PC
26
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.20: Benutzung technischer Hilfsmittel für den PC (2)
Abb. 1.21: Benutzung technischer Hilfsmittel für den PC (3)
27
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.22: Benutzung technischer Hilfsmittel für den PC (4)
Es gibt immer mehr Literatur zur Rolle der Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT) und der sozialen Medien bei der Steigerung der
Unabhängigkeit und der sozialen Inklusion von Menschen mit Behinderung. Das
Potenzial von technischen Hilfsmitteln, die Unabhängigkeit von Menschen mit
Behinderung zu fördern, ist direkt mit der Steigerung der Lebensqualität und der
Verbesserung der Langzeitpflege verbunden. Darüber hinaus können die Hilfsmittel zur
sozialen Inklusion beitragen.
Wie bereits in der Einführung zu diesem Modul dargestellt, befasst sich die Konvention
der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung 2008 (BRK)
mit der Frage der Bereitstellung und Nutzung von technischen Hilfsmitteln und
verlangt von den Unterzeichnerstaaten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass
Menschen mit Behinderung Zugriff darauf haben.
28
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Denken Sie immer an:
Selbstständigkeit und Inklusion.
Entscheidung und Kontrolle.
Würde und Gleichberechtigung.
Abb. 1.23: Benutzung technischer Hilfsmittel für den PC (5)
Die meisten Menschen sehen diese Punkte als selbstverständlich an. Doch für viele
Menschen mit Behinderung sind das oft Träume, Herausforderungen und tägliche
Kämpfe.
Im letzten Jahrzehnt wurden Behindertenrechte Teil der politischen Agenda; Probleme
wurden festgestellt, Daten gesammelt und, was am wichtigsten ist, es wurde ein
internationaler Rechtsrahmen geschaffen.
Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben bedeutet Folgendes für Menschen mit
Behinderung:1
Erstens steht es für mehr Selbstständigkeit und Inklusion:
o In der Lage zu sein, Entscheidungen über das eigene Leben zu treffen,
ist von grundlegender Bedeutung.
o Ebenso wichtig ist es, Teil der Gemeinschaft zu sein, sich angenommen
zu fühlen.
Zweitens steht es für größere Entscheidungsfreiheit und Kontrolle:
1 http://fra.europa.eu/en/speech/2012/autonomy-and-inclusion-people-disabilities
29
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
o In der Lage zu sein, zu entscheiden, wo man leben möchte und mit
wem.
Drittens steht es für Respekt gegenüber der Würde und der Gleichberechtigung
eines Menschen:
o Die gleichen Chancen zu haben wie andere oder gehört zu werden.
o Ein Mitspracherecht dabei haben, wie man behandelt wird.
1.3.1 Die Aufnahme von Hilfstechnologien in Bildung, Arbeit und Alltag
Die Teilnahme an Bildung ist ein wesentliches Element für Menschen mit Behinderung
und kann auf vielfältige Art und Weise ermöglicht werden:
Einem Menschen mit Hörbeeinträchtigung etwa kann der Zugriff auf die
Hörschleife/das Infrarotsystem helfen. Auch die Verbindung ihrer Hörhilfe mit
einem Mikrolink kann dazu beitragen, die Vortragenden besser zu verstehen.
Einem blinden oder sehbehinderten Menschen wiederum können Handouts
und Präsentationen in Braille/in elektronischer Form/im Audio- oder
Großdruckformat behilflich sein; auch Vergrößerungsgeräte können
Unterstützung bieten.
Menschen mit Lernverzögerung werden möglicherweise Vorträge aufzeichnen
wollen und benötigen dazu eine offizielle Genehmigung.
Einige Menschen könnten die Unterstützung durch Untertitel/Transkripte von
Video-Präsentationen oder FM-Systeme mit speziellen Empfängern (z. B.
Halsschleife, Ohrhörer) benötigen, die den Ton vom Mikrofon direkt und ohne
Störgeräusche übertragen.
Weitere Hilfen sind veränderbare Computereinstellungen und Peripheriegeräte
für Menschen mit körperlichen und motorischen Einschränkungen. Sie helfen
dabei, Kursmaterialien, Ankündigungen in Schule und Universität,
Labormaterialien usw. zugänglich zu machen.
30
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.24: Benutzung technischer Hilfsmittel für den PC (6)
Menschen mit Behinderung sind selbst dafür verantwortlich, die für sie geeigneten
technischen Hilfsmittel ausfindig zu machen. Wenn sie Hilfen anfordern, sollten sie
ihre/ihren ArbeitgeberIn über ihre Behinderung aufklären und den Einsatz der Hilfen
mit ihren Vorgesetzten besprechen. Ebenso ist es wichtig, das Arbeitsumfeld und die
beruflichen Aufgaben angemessen zu gestalten. Nur so kann der Mensch in Bezug auf
seine Stärken und Schwächen produktiv und kreativ sein. Es gibt zahlreiche Geräte
(auch tragbare), die den persönlichen Arbeitsplatz verbessern und die Bedürfnisse
der/des Einzelnen berücksichtigen:
Mobile Schreibprogramme machen Notizen und haben verschiedene
Bearbeitungsfunktionen.
Sprachunterstützte Rechner arbeiten wie herkömmliche Taschenrechner und
lesen die Zahlen und Funktionen vor.
Smartphones verfügen über Funktionen wie Wecker, Kalender, Taschenrechner
oder GPS. Für gewöhnlich ist die technische Unterstützung des Herstellers
erforderlich, um die Funktionen anzupassen und die AnwenderInnen in deren
Verwendung einzuführen.
Für Menschen mit Tipp- oder Schreibproblemen steht so genannte Text-to-
Speech-Software zur Verfügung, die elektronische Text vorliest und sogar
lektoriert. Spracherkennungssoftware verwandelt gesprochene Sprache in Text
31
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
und Wortvorhersageprogramme helfen mit einer Liste möglicher Wörter,
nachdem man die ersten Buchstaben eingegeben hat.
Informationsmanagement- und Kommunikationssoftware unterstützt bei der
Organisation von E-Mails, Terminen, Aufgaben und Kontaktinformationen und
erinnert an Treffen, Termine oder Nachrichten.
Um Computer an die individuellen Bedürfnisse anzupassen, kann man Kontrast,
Schriftgröße und Grafiken am Bildschirm einstellen, das Farbschema insgesamt
verändern und den Tastendruck und die Maussteuerung anpassen.
Technische Hilfsmittel werden von BenutzerInnen mit unterschiedlichen
Behinderungen bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben (vom unabhängigen
Zugang zum Computer bis hin zur Steuerung von Umweltsystemen) sehr geschätzt.
Zusätzlich unterstützen sie die Betreuungspersonen, da sie einfach benachrichtigt
werden können, wenn ihre Hilfe benötigt wird.
Menschen mit schweren körperlichen und mehrfachen Behinderungen können
vom Rollstuhl oder vom Bett aus über angepasste Tastaturen, Mäuse,
Trackballs, Schalter und Eye-Tracking-Systeme mit Computern und Laptops
arbeiten und damit kommunizieren und Kontakte knüpfen.
Timer erinnern die BenutzerInnen daran, zur richtigen Zeit ihre Medikamente
zu nehmen; sie helfen dabei, verlorene Gegenstände zu finden oder in Bezug
auf Tag und Nacht Orientierung zu bieten.
Vorprogrammierte Telefonnummern oder Fotos helfen den BenutzerInnen,
schnell Anrufe zu tätigen.
In der Nacht aufzustehen, kann frustrierend sein, wenn man dazu
Unterstützung benötigt: Mithilfe von Umweltsteuersystemen oder Geräten mit
Spracherkennungssystemen können beispielsweise die Beleuchtung
eingeschaltet oder die Vorhänge automatisch geöffnet werden.
Telecare-Programme dienen ebenfalls der Überwachung der Umgebung und
bieten Sicherheit, indem sie die sofortige Kommunikation zwischen dem
32
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Menschen mit Behinderung und der Familie oder dem Telecare-Anbieter
ermöglichen.
Mobile GPS-Geräte (oder Smartphones) unterstützen Menschen mit
Sehschwäche dabei, unabhängig durch die Straßen zu gehen und öffentliche
Verkehrsmittel zu nutzen.
1.3.2 Auswahl des geeigneten technischen Hilfsmittel
Es gibt heute zahlreiche Hilfsmittel am Markt. Der erste Schritt bei der Wahl der
geeigneten Hilfe ist es - unter Berücksichtigung der Art der Behinderung und der
umweltbezogenen Einschränkungen - wichtige Faktoren wie individuelle Bedürfnisse,
spezifische Aufgabenstellungen und die Art der Hilfe festzustellen, mit der vorhandene
Fähigkeiten verbessert werden können.
Abb. 1.25: Auswahl der passenden Hilfsmittel
Die meisten AnwenderInnen sind an der Qualität, der BenutzerInnenfreundlichkeit und
der Zuverlässigkeit der Geräte interessiert. Sie möchten wissen, wie
benutzerfreundlich und zuverlässig ein Gerät ist, bevor sie es kaufen.
33
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Am besten überprüft man die Funktionalität von technischen Hilfsmitteln, indem man
sie in verschiedenen Situationen einsetzt. So kann ein Hilfsmittel beispielsweise eine
Schülerin mit einer körperlichen Behinderung einerseits dabei unterstützen, an
Schulaktivitäten teilzunehmen. Andererseits kann dieselbe Technologie auch in
anderen Situationen (z. B. zu Hause, bei der Arbeit oder bei Veranstaltungen)
unterstützend eingesetzt werden. Auch die Transportfähigkeit sollte berücksichtigt
werden: Mobile Geräte sind oft sehr nützlich und leicht. Man sollte aber auch daran
denken, dass ein bestimmtes Hilfsmittel nicht für jede Situation passend sein muss.
Haben Hilfstechnologien auch ihre Grenzen? - Die Wahrheit ist, dass es keine allgemein
gültige Antwort gibt. Menschen mit Behinderung haben unterschiedliche Bedürfnisse,
Fähigkeiten, Wünsche, Gewohnheiten, Herausforderungen und Unsicherheiten.
Hilfsmittel können wirkungslos sein oder sogar zu zusätzlichem Stress führen, wenn
individuelle Bedürfnisse und Vorlieben nicht erfüllt werden.
So sind beispielsweise Hilfsmittel in den folgenden Fällen nicht sinnvoll:
Wenn das Hilfsmittel nicht benutzerInnenfreundlich ist (z. B. kann die Zahl der
für das Arbeiten mit einer Soft- oder Hardware nötigen Tastenanschläge und
Mausklicks sehr aufwändig sein).
Wenn es in der Auswahlphase eine "Fehlanpassung" zwischen den
Bedürfnissen der Benutzerin/des Benutzers und den Möglichkeiten des
Hilfsmittels gegeben hat.
Wenn die/der BenutzerIn in Bezug auf Alarmtöne, Lichter oder
Computerstimmen verwirrt ist oder gar in Panik gerät.
Wenn man Sonderzeichen (z. B. zum Formatieren, für Sätze in Fremdsprachen,
für mathematische Operationen usw.) eingeben muss, die auf einer
Standardtastatur nicht zur Verfügung stehen.
Wenn man erwartet, dass technische Hilfsmittel menschlichen Kontakt und
persönliche Betreuung ersetzen. Technische Hilfen sind nur eine Ergänzung
zum gesellschaftlichen Leben; sie dienen nicht als "Heilmittel" gegen
Einsamkeit und soziale Isolation.
34
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
In den meisten Fällen wird zunächst das Eingabesystem des Hilfsmittels installiert und
dessen Kompatibilität mit bereits genutzten Systemen überprüft. Es kann sein, dass
die Hardware (z. B. alternative Zeigesysteme) nicht mit dem PC oder dessen Software
(z. B. Betriebssystem, Treiber oder virtuelle Tastatur) läuft.
Sobald mögliche Probleme im Zusammenhang mit der Einrichtung des Eingabesystems
behoben wurden, ist der nächste Schritt die Personalisierung. Dies beinhaltet die
Maximierung der Nutzbarkeit des Gerätes und die Überprüfung, ob es den
Bedürfnissen der Anwenderin/des Anwenders entspricht. Die nun umgesetzten
Anpassungen reichen von der optimalen Positionierung der Hardware bis zur
Anpassung der Betriebsparameter. Das kann beispielsweise das Erhöhen oder
Verringern der Geschwindigkeit des Zeigesystems oder des Abtastsystems, oder die
Anpassung der Grafikfunktionen und der räumlichen Anordnung von Menüelementen
sein.
Ganz allgemein gibt es einen laufenden Anpassungsprozess, der zu immer höherer
Effizienz führt.
Oft ist es notwendig, Lösungen für Situationen zu finden, in denen man mit dem
ausgewählten Eingabesystem nicht auf eine allgemein beliebte Software zugreifen
kann. Dann müssen bestehende Softwareprodukte angepasst werden. In solchen
Fällen gilt es, einfache Lösungen zu finden, beispielsweise die Gestaltung einer
kundenspezifischen virtuellen Tastatur, mit der man Operationen einfach durchführen
kann, die sonst zu komplex wären.
Die Unterstützung von Fachleuten ist von wesentlicher Bedeutung. Sie können bei der
Bewertung des Einzelfalls helfen und ein langfristiges Unterstützungsprogramm
erstellen, um die Wirksamkeit und den tatsächlichen Nutzen der vorgeschlagenen
Lösung zu gewährleisten. Das primäre Ziel dabei muss es immer sein, die
Selbstständigkeit der Nutzerin/des Nutzers zu gewährleisten, die korrekte Anwendung
35
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
der technischen Hilfsmittel zu überprüfen und einen Prozess der kontinuierlichen
Anpassung der Geräte zu beginnen. Auch Angehörige und Fachleute sind daran
beteiligt: Auf Wunsch erhalten sie methodische Anleitungen, intensive Schulungen zu
den jeweiligen Hilfsmitteln und Zugang zu Online-Ressourcen und
BenutzerInnenerfahrungen.
Verschiedenste Fachleute (PädagogInnen, TechnikerInnen, GesundheitsexpertInnen)
können ebenso bei der Weiterführung des begonnenen Prozesses beteiligt bleiben.
Externe Unterstützung kann auch dann noch sehr wertvoll sein, wenn die
Anwenderin/der Anwender das Hilfsmittel bereits einsetzt. Das gilt speziell in den
folgenden Fällen:
Wenn neue Mitglieder in das Helfersystem aufgenommen werden und in Bezug
auf die Hilfsmittel Unterstützung und Einschulung benötigen.
Wenn zusätzlicher Bedarf entsteht, der es notwendig macht, eine
Neubewertung und eventuell Änderungen und Anpassungen durchzuführen.
Diese zusätzlichen Anforderungen können beispielsweise durch den Übertritt
vom Schul- ins Berufsleben, einen Wechsel des Arbeitgebers oder die
Benutzung neuer Geräte usw. entstehen.
Wenn die fortschreitende Entwicklung einer Krankheit zu Schwierigkeiten bei
der Verwendung der gewählten Hilfsmittel führt und Änderungen erforderlich
macht.
Wenn das Hilfsmittel obsolet wird, was recht häufig geschieht, da
kontinuierliche Verbesserungen und Innovationen für den Markt typisch sind.
1.3.3. Kategorien von Hilfsmitteln für den Computer
Im Folgenden finden Sie - basierend auf den unterschiedlichen Bedürfnissen von
Menschen mit Behinderung - einen Überblick über die wichtigsten Kategorien von IKT-
basierten Hilfsmitteln zur Arbeit mit einem Computer.
Die Notwendigkeit, bei der Auswahl eines Hilfsmittels eine fundierte Entscheidung zu
treffen, steht absolut im Vordergrund. Dies beinhaltet die Beurteilung verschiedener
Faktoren wie beispielsweise persönlicher Aspekte. Dazu zählen die Bedürfnisse und
36
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Wünsche der AnwenderInnen sowie technische und umweltbezogene Faktoren. Im
Folgenden werden wir uns ein wenig ausführlicher mit der Bewertung geeigneter
Hilfsmittel beschäftigen.
Technische Hilfsmittel können einem Menschen dabei helfen, in verschiedenen
Situationen (z. B. in der Schule, zu Hause, bei der Arbeit, bei Veranstaltungen
und bei Freizeitaktivitäten) effektiver zu agieren. Die folgenden Fragen sollte
man sich überlegen:
o In welchen Situationen (z. B. zu Hause, in der Schule, bei der Arbeit
usw.) soll das Hilfsmittel verwendet werden?
o Ein bestimmtes Hilfsmittel muss nicht in jeder Situation passend sein.
Denken Sie darüber nach, wo es eingesetzt werden soll, wie es gelagert
wird und ob die richtigen Möbel und elektrische/elektronische
Unterstützung zur Verfügung stehen.
o Wenn das Hilfsmittel an mehr als einem Ort eingesetzt werden soll,
sollte man sich fragen, ob es einfach zu transportieren ist.
Glücklicherweise sind mobile Geräte oft so nützlich wie größere
Systeme. Eine Rechtschreibprüfung im Taschenformat kann genauso gut
sein wie ein Computer mit Rechtschreibprüfung und ist viel einfacher zu
transportieren.
BenutzerInnenfreundlichkeit und Zuverlässigkeit eines Produkts: Wie bei
jedem Gerät wird man wissen wollen, wie benutzerInnenfreundlich und
zuverlässig das Hilfsmittel ist, bevor man es kauft. Hier sind einige Fragen, die
man sich in Bezug auf Zuverlässigkeit, BenutzerInnenfreundlichkeit und Qualität
stellen kann:
o Wie einfach sind die Lernphase und die Bedienung? Wie
benutzerInnenfreundlich ist das Hilfsmittel? Anleitungen sollten kurz
und einfach zu lesen sein. Befehle für den Betrieb des Gerätes sollten
klar und einfach sein. Anweisungen für die Einrichtung und Installation
des Hilfsmittels sollten logisch und nach einem Schritt-für-Schritt-
Verfahren aufgebaut sein, es sollte eine Kurzanleitung und eine
37
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
erweiterte Betriebsanleitung sowie Hinweise für den Fall geben, wenn
etwas schief läuft.
o Wie ist die Qualität des Displays und/oder der Sprachausgabe? Es ist
wichtig, dass die optische Anzeige und die Audioausgabe für die
Anwenderin/den Anwender klar und einfach zu sehen und/oder zu
hören ist.
o Wie zuverlässig ist es? Sprechen Sie mit Menschen, die das Gerät
benutzen bzw. benutzt haben, darüber, wie gut das Produkt arbeitet
und wie haltbar es ist. Fällt es immer wieder aus oder braucht es häufig
Reparaturen? Es kann auch hilfreich sein, Menschen in der Nähe zu
haben, die bei diesem und ähnlichen Hilfsmitteln technische
Unterstützung leisten können. Das können beispielsweise andere
AnwenderInnen, Eltern, BetreuerInnen, Selbsthilfegruppen,
LehrerInnen, MitarbeiterInnen des technischen Supports und
TutorInnen sein. Auch eine Internet-Suche in Bezug auf
Kundenrezensionen kann dabei helfen, Ihre Fragen zu beantworten.
o Muss es mit anderen Technologien zusammenarbeiten können?
Stellen Sie sicher, dass das Hilfsmittel mit relevanten anderen
Technologien kompatibel ist. So kann es beispielsweise sein, dass PC-
Software nicht auf dem Mac zu Hause, in der Schule oder bei der Arbeit
funktioniert. Stellen Sie sicher, dass Zubehör wie Mikrofone usw. zur
Verfügung stehen. Denken Sie auch an die Kompatibilität mit dem
Internet. Kann beispielsweise das Text-zu-Sprache-Programm
bestimmte Webseiten lesen?
Welche technische Unterstützung steht zur Verfügung? Selbst mit sehr
ausführlichen und leicht verständlichen Anweisungen brauchen Sie vielleicht
den technischen Support. Wählen Sie Produkte, die online und gebührenfreien
Support, leicht verfügbare AußendienstmitarbeiterInnen und einfach zu
erreichende Servicestandorte bieten. Überprüfen Sie Länge, Kosten und
Einschränkungen der Produktgarantie.
38
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
1.3.4. PC, Smartphones und Tablet-PC als Kommunikationsgeräte
Systeme zur unterstützten Kommunikation (UK-Systeme) sind vielfältig:
Kommunikation ohne Hilfsmittel nutzt keine Geräte und beinhaltet beispielsweise
Zeichen- und Körpersprache, während andere Ansätze mit externen Geräten arbeiten
und von Fotos und Kommunikationskarten bis zu Geräten mit Sprachausgabe reichen.
Wir konzentrieren uns hier auf diese letzte Gruppe.
UK-Symbole: Einige Menschen mit Behinderung sind nicht in der Lage, Sprache
als ihr hauptsächliches Kommunikationsinstrument zu benutzen. Es könnte
jedoch sein, dass sie mittels alternativer Verfahren (z. B. Symbole und
Symbolsprache) kommunizieren. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass
Symbole nicht das gleiche sind wie Bilder. Bilder vermitteln in der Regel eine
große Menge an Informationen auf einmal und ihr Fokus ist oft unklar. Symbole
wiederum werden entworfen, um eine ganz bestimmte Bedeutung zu
übertragen. Symbole oder Symbolsprachen können zur Darstellung zahlreicher
Aspekte der verbalen Kommunikation eingesetzt werden. Symbole können
über visuelle, auditive und/oder taktile Medien dargestellt werden und die
Form von Gesten, Bildern, Handzeichen, gedruckten Wörtern, Gegenständen,
von "reproduzierten" gesprochenen Worten oder Braille annehmen. Es gibt
auch verschiedene Arten von Symbolsätzen, wie beispielsweise Symbole zur
bildlichen Kommunikation, Minspeak und Makaton-Symbole, die für Menschen
mit Hörbehinderung hilfreich sein können. Symbole können einfache
Körperbewegungen wie z. B. Kopfnicken, Schulterzucken und andere Gesten
sein, die typischerweise innerhalb einer bestimmten Kultur verstanden werden.
Symbolsysteme wie Piktogramme mit einer Bedeutung können ein Mittel zur
Basis-Kommunikation darstellen und einfache, eindeutige Antworten wie "Ja"
und "Nein", aber auch komplexere Aussagen wie Gefühle ("glücklich", "traurig"
oder "hungrig") bezeichnen. Es gibt eine Vielzahl von Symbolen und
zeichenbasierten Sprachen, die für die komplexere Kommunikation verwendet
39
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
werden können und die es Menschen ermöglichen, zu interagieren und
Ursache-Wirkungsantworten zu übertragen. Diese wurden in der Regel für
AnwenderInnen entwickelt, die Schwierigkeiten haben, schriftliche oder
mündliche Sprache zu verstehen. Das können beispielsweise Erwachsene oder
Kinder mit autistischen Störungen sein. Längere und komplexere Nachrichten
können mithilfe verschiedener Medien (von einzelnen Karten, Papierbildern
und Kommunikationskarten bis hin zu Computerprogrammen und
Sprachausgabegeräten) ausgedrückt werden. All diese Systeme haben ein
gemeinsames Ziel: Sie wollen einem Menschen die Mittel zur Verfügung stellen,
unabhängig von der Behinderung effektiver zu kommunizieren.
o Beispiele für abstrakte nonverbale Zeichensätze2:
Bliss-Symbole: Bliss-Symbole, ursprünglich als Semantographie
bekannt, wurden von Charles K. Bliss als internationales
Symbolsystem entwickelt, um die Kommunikation zwischen
verschiedenen Kulturen und Nationen zu fördern und in einer
Zeit des Krieges (Zweiter Weltkrieg) Frieden zu bringen. Obwohl
sich diese Vision als erfolglos erwies, war es das erste
Symbolsystem, das als visuelles Kommunikationssystem
eingesetzt wurde. Im Jahr 1971 begann McNaughton in Kanada
damit, das Bliss-System als Kommunikationsmittel bei körperlich
behinderten Kindern zu verwenden. Damals wurde das System
als „Bliss-Symbolsystem“ bekannt. Da das Bliss-Symbolsystem
von den AnwenderInnen ein bestimmtes Niveau an kognitiven
Fähigkeiten erfordert, wird es vor allem von Menschen mit
guten kognitiven Fähigkeiten angewandt. Die Bliss-Symbole sind
ein visuelles Kommunikationssystem mit einer begrenzten
Anzahl von Symbolen. Mit Hilfe von Indikatoren und
2 http://www.graphic-symbols.com/page.php?pageID=7 40
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
verschiedenen Strategien können die AnwenderInnen jedoch
eine unbegrenzte Zahl an Nachrichten erzeugen.
o Makaton-Vokabelentwicklungsprojekt (MVDP): Das MVDP wurde im
Jahre 1972 von Margaret Walker, die als Sprachtherapeutin arbeitete, in
Großbritannien entwickelt. Das Ziel des Projektes war es, eine
Zeichensprache für Erwachsene mit Lernverzögerung zu entwickeln. Im
Jahr 1984 kamen Symbole aus dem Rebus-Glossar hinzu und im Laufe
der Zeit wurden zusätzliche Symbole entwickelt. Die Tatsache, dass die
Makaton-Symbole als Teil eines multimodalen Kommunikationsansatzes
verwendet werden können, unterscheidet dieses System von anderen
Zeichensätzen. Nach Angaben der Makaton Charity ist das Makaton-
Vokabular ein einzigartiges Sprachentwicklungsprogramm. Es unterteilt
das Vokabular in neun Stufen, die auf einer aufbauenden Reihenfolge
basieren. Die SchülerInnen erlernen zunächst den Grundwortschatz und
sind in späteren Stadien in der Lage, mit anderen zu kommunizieren.
Wenn die AnwenderInnen in der Lage sind, einen erweiterten
Wortschatz anzuwenden, werden die Symbole durch grammatikalische
Marker erweitert.
o Beispiele für Bildsymbolsätze3: Bildsymbolsysteme liefern konkretere
Darstellungen von Inhalten als abstrakte nonverbale Systeme wie die
Bliss-Symbole. Einige Bildersets wurden speziell zur Anwendung in der
UK entworfen.
3 http://atcoalition.org/article/picture-symbol-systems-aac 41
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.26: Bliss-Symbole (adaptiert von Jones und Cregan, 1986, S. 64)
Abb. 1.27: Bildkommunikationssymbole
Abb. 1.28: Makaton-Symbole
Abb. 1.29: Tobii-Symbole auf dem Kommunikator
Sessel
Tier lang Nase Elefant
Toilette Wasser
Apfel Gefahr getanztSchule
42
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.30: Systemsymbolsatz - Thema Mensch
Abb. 1.31: Widgit-Symbolsatz4
4 http://www.widgit.com/symbolupdates/symbols.jpg 43
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.32: Boardmaker-Communication-1-Symbolsatz5
Abb. 1.33: Sclera-Symbole (für Erwachsene)6
1.3.5 Alternativen zu Standardtastaturen
Die Standard-Windows-Tastatur mit dem so genannten QWERTZ-Layout entstand aus
der früheren Schreibmaschinentastatur. Sie hat sich im Laufe der Zeit relativ wenig
verändert und ist nach wie vor das Haupteingabegerät für den Computer. Für manche
5 http://www.adelaideautismadventures.org/uploads/8/7/5/4/8754257/boardmaker_communication_pecs_1.pdf6 http://www.photovoca.com/manual/4/1/ 44
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Menschen ist es schwierig oder unmöglich, die Standard-Tastatur zu benutzen.
Beispielsweise kann die Beschriftung der Tasten schwierig zu lesen sein, es kann die
Feinmotorik fehlen, um einzelne Tasten zu drücken, oder die Anwenderin/der
Anwender kann nach einiger Zeit Schmerzen bekommen. Es gibt jedoch zahlreiche
alternative Tastaturen, wie beispielsweise solche mit großen Tasten, kompakte und
kabellose Tastaturen, leicht lesbare und ergonomische Tastaturen,
Bildschirmtastaturen usw. Mit ihnen können Menschen mit Behinderung Computer
einfacher nutzen.
Vereinfachte Tastaturen: Die derzeitige Anordnung der Tasten auf einer
Standardtastatur gilt nicht als komfortabel, logisch oder für den Menschen
optimiert. Oft wäre eine andere Anordnung der Tasten viel
andwenderInnenfreundlicher. Neuen Anwendungen arbeiten oft mit neuen
Zeichen und die alten werden nicht mehr so häufig verwendet. Ein Beispiel ist
die Dvorak-Tastaturbelegung. Dabei handelt es sich um eine alternative
Tastaturbelegung, die die QWERTZ-Tastatur ersetzt. Die QWERTZ-Tastatur
bringt viele ergonomische Probleme mit sich und die Dvorak-Tastatur schafft
Abhilfe. Die 1936 von August Dvorak patentierte Tastatur ändert die Belegung
der Tasten und steigert so die Produktivität der Anwenderin/des Anwenders.
Obwohl sie ursprünglich für Englisch entwickelt wurde, gibt es inzwischen auch
Tastenbelegungen für andere Sprachen. Es gibt sogar eine Belegung für die
Anwendung mit einer Hand.
Unterschiedliche Größen von Tastaturen: Je nach Bedarf gibt es Tastaturen in
verschiedenen Größen. Ein gutes Beispiel ist die BigKey-Tastatur mit etwa
zweieinhalb Zentimeter großen Tasten, die viel leichter zu sehen, zu finden,
und zu drücken sind. Es gibt 18 verschiedene Modelle mit unterschiedlichen
Tasten für Kleinbuchstaben und Farben.
45
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.34: BigKeys-Tastaturen
Braille-Tastaturen: Am häufigsten werden die Punktschriftmaschine und
elektronische Braille-Geräte verwendet. Auf den Tastaturen dieser Geräte gibt
es nicht für jeden Buchstaben eine Taste. Stattdessen gibt es eine Taste für
jeden Punkt in einer Braille-Zelle. Um einen Buchstaben einzugeben, werden
die jeweiligen Tasten gleichzeitig gedrückt. Werden die Tasten losgelassen,
wandert das Gerät automatisch zum nächsten Buchstaben. Unterhalb der
wichtigsten Tasten gibt es eine Leertaste. Gelegentlich sind auch Computer-
oder Schreibmaschinentastaturen mit Brailleschrift markiert. Die meisten
blinden Menschen nutzen diese nicht, da sie die Tastaturbelegung auswendig
lernen.
Abb. 1.35: Brailletastatur7
7 http://cdn.shopify.com/s/files/1/0055/8312/products/kb-0164-large_grande.jpeg?0 46
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Flexible Tastaturen: Flexible Tastaturen bestehen in der Regel aus Silikon. Sie
können gefaltet oder gerollt werden und sind daher einfach zu transportieren.
Sie sind flüssigkeitsundurchlässig und robust und können daher auch in
schwierigen Umgebungen verwendet werden.
Abb. 1.36: Flexible ergonomische Tastatur8
Tastaturen mit Großdruck und hohem Kontrast: Dies ist eine Standardtastatur
mit besonders großer Schrift auf den Tasten, sodass sie auch AnwenderInnen
mit Sehbehinderung nutzen können.
Abb. 1.37: Tastatur mit Großdruck und hohem Kontrast9
8 http://www.kos.ie/input-devices/ergonomic-keyboards/flexible-keyboard/9 http://www.aramedia.net/aramedia/Large%20Print%20Keyboard%20White%20on%20Black1.jpg 47
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
1.3.6. Alternativen für die Standardmaus
Wenn man einen Computer kauft, ist oft auch eine Standardmaus dabei. Vielen
Menschen bereitet die Maus jedoch Schwierigkeiten. Man muss in der Lage sein, sie in
einer gleichbleibenden Haltung über den Tisch zu bewegen, während eine Taste
gedrückt wird. Das kann für Menschen mit Behinderung problematisch sein. Derzeit
gibt es die folgenden anderen Optionen:
Touchpad: Diese Geräte sind häufig in Laptops eingebaut, stehen aber auch als
eigenständige Eingabegeräte zur Verfügung. Touchpads sind Unterlagen und
man verwendet sie, indem man mit dem Finger über die Oberfläche wischt. Das
Klicken wird durch ein leichtes Klopfen auf die Oberfläche oder durch einfaches
Tippen auf die Tasten unterhalb des Touchpads ersetzt. Touchpads können in
der Hand gehalten oder auf einen Tisch gelegt werden.
Abb. 1.38: Touchpad von Logitech10
Joystick: Diese Geräte funktionieren ähnlich wie die Joysticks auf Rollstühlen.
Der Mauszeiger bewegt sich am schnellsten, wenn der Joystick ganz nach vorne
geschoben wird.
10 http://www.instablogsimages.com/1/2011/09/28/logitech_touchpad_2jmea.jpg 48
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.39: Joystick11
Trackball: Ein Trackball ist im Grunde eine umgedrehte Maus. Bei einem
Trackball bleibt das Gerät selbst statisch, während man die oben angebrachte
Kugel mit Fingern und Handflächen bewegt. Größere Trackballs können auch
mit den Füßen verwendet werden.
Abb. 1.40: Trackball12
Trackball mit Fußsteuerung: Einige größere Trackballs, wie etwa der BIGtrack,
können mit dem Fuß bedient werden.
11 http://liveimageserver.dlf.org.uk/mee//products/med/0105619.jpg12 http://library.thinkquest.org/06aug/02177/Trackball.jpg
49
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.41: BIGtrack13
Fußmaus: Eine Fußmaus wird hauptsächlich von Menschen benutzt, die ihre
Hände oder Arme nicht einsetzen können. Die Fußmaus kann - gleich wie eine
herkömmliche Maus - zur Navigation am Computer eingesetzt werden. Die
meisten Fußmäuse bestehen aus zwei Segmenten. Ein Segment dient der
Kontrolle des Cursors, während das zweite Segment zum Klicken oder zur
Auswahl von Verknüpfungen verwendet wird. Die meisten Fußmäuse haben
Riemen, mit denen das Gerät am Fuß festgemacht wird. Die Fußmaus ist über
ein langes Kabel und den USB-Anschluss mit dem Computer verbunden.
Abb. 1.42: FooTime Fußmaus14
13 https://assetlibrary.dstewart.com/ImageFolio43_files/gallery/Product_Images/Web/PNG/Zoom/26124.png
50
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Touchscreen: Touchscreens arbeiten wie Standardbildschirme, haben jedoch
berührungsempfindliche Oberflächen. Indem man die Bildschirmoberfläche
berührt, kann man Elemente auswählen und sie bewegen. Als Ersatz für den
Touchscreen kann man auch ein "Touch-Fenster" über der Vorderseite des
Standardmonitors anbringen. Touchscreens sind eine der wichtigsten
Funktionen von Tablet-Computern wie dem iPad von Apple und vielen
Smartphones.
Abb. 1.43: Samsung Galaxy Tab 2 (10.1) mit Touchscreen15
1.3.8. Spracherkennung
Spracherkennungssoftware: Spracherkennungssoftware übersetzt gesprochene
Worte in Text. Man kennt sie auch unter den Bezeichnungen "automatische
Spracherkennung", "ASR", "Computerspracherkennung", "Speech-to-Text" oder
einfach "STT". Die Leistung von Spracherkennungssystemen wird in der Regel
an deren Genauigkeit und Geschwindigkeit gemessen. Spracherkennung ist ein
sehr komplexes Thema. Laute unterscheiden sich hinsichtlich Akzent,
Aussprache, Artikulation, Rauheit, Nasalität, Tonhöhe, Lautstärke und
Geschwindigkeit. Außerdem kann die Sprache von Hintergrundgeräuschen und
14 http://bilila.com/yahoo_site_admin/assets/images/FM_Pic.194180943_std.jpg15 http://www9.pcmag.com/media/images/289491-samsung-galaxy-tab-2-10-1-touch-screen.jpg 51
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Echos verzerrt werden. Die Genauigkeit der Spracherkennung variiert mit den
folgenden Faktoren:
o Umfang und Verwechslungsmöglichkeit des Wortschatzes;
o abhängig oder unabhängig von der Sprecherin/dem Sprecher;
o isolierte, unzusammenhängende oder zusammenhängende Sprache;
o Einschränkungen von Aufgaben und Sprache;
o gelesene oder spontane Sprache;
o widrige Bedingungen.
Gute Beispiele16 für Spracherkennungssoftware sind Dragon Dictate für Mac,
Dragon Naturallyspeaking von Nuance Communications für Windows 7, e-
Speaking für Windows XP und Vlingo für Smartphones.
1.3.9. Software zur Vereinfachung allgemeiner PC-Funktionen
Hier behandeln wir zusätzliche Computerhilfen, die nicht als Standardsoftware zur
Verfügung stehen und die das Arbeiten mit Computern erleichtern können. Die
meisten davon wurden bereits in den vorhergehenden Abschnitten erwähnt.
Arten von technischen Hilfsmitteln für Computer17:
o Alternative Eingabegeräte erlauben die Steuerung eines Computers
über andere Geräte als eine Standardtastatur oder ein Zeigegerät. Hier
einige Beispiele:
Alternative Tastaturen: Sie haben größere oder kleinere Tasten
oder Tastaturen, alternative Tastenkonfigurationen und
Tastaturen für den Einsatz mit einer Hand.
Elektronische Zeigegeräte: Sie werden verwendet, um den
Cursor auf dem Bildschirm ohne Einsatz der Hände zu steuern.
Die Geräte arbeiten mit Ultraschall, Infrarot, Augenbewegungen,
Nervensignalen oder Gehirnwellen.
Sip-and-puff-Systeme: Sie werden durch Ein- und Ausatmen
aktiviert.
16 http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_speech_recognition_software17 http://www.microsoft.com/enable/at/types.aspx 52
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Stäbe und Stöcke: Sie werden auf dem Kopf getragen, im Mund
gehalten oder am Kinn befestigt und dazu verwendet, die Tasten
auf der Tastatur zu drücken.
Joysticks: Sie werden mit der Hand, dem Fuß, dem Kinn usw.
bedient und dazu verwendet, den Cursor auf dem Bildschirm zu
steuern.
Trackballs: Das sind bewegliche Kugeln, die in einer Basis
montiert sind und dazu verwendet werden können, den Cursor
auf dem Bildschirm zu bewegen.
Touchscreens: Sie ermöglichen die direkte Bedienung oder
Aktivierung des Computers durch Berühren des Bildschirms.
Touchscreens sind entweder im Computermonitor eingebaut
oder werden als externe Geräte über dem Bildschirm montiert.
o Brailledrucker übertragen computergenerierten Text auf Braillepapier.
Braille-Übersetzungsprogramme wandeln eingescannte oder über
Textverarbeitungsprogramme erstellte Texte in Brailleschrift um, die
dann auf Papier geprägt werden kann.
o Bildschirmtastaturen zeigen ein Bild einer Standardtastatur bzw. einer
modifizierten Tastatur auf dem Bildschirm; die Tasten können dann mit
einer Maus, über den Touchscreen, mit einem Trackball, einem Joystick,
einem Switch oder einem elektronischen Zeigegerät ausgewählt
werden. Bildschirmtastaturen haben oft eine Scan-Option, die die
einzelnen Tasten, die von den AnwenderInnen ausgewählt werden
können, hervorhebt. Bildschirmtastaturen können für Menschen
hilfreich sein, die aufgrund fehlender motorischer Fähigkeiten
Standardtastaturen nicht verwenden können.
o Bildschirmvergrößerungsgeräte oder Vergrößerungssoftware arbeiten
wie eine Lupe für den Computer. Sie vergrößern einen Teil des
Bildschirms, erhöhen so die Lesbarkeit und machen es einfacher,
Elemente auf dem Computer sehen zu können. Mit einigen
53
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Bildschirmvergrößerungsgeräten ist es auch möglich, nur bestimmte
Bildschirmbereiche zu vergrößern.
o Bildschirmleseprogramme lesen den Bildschirminhalt (einschließlich
Texte, Grafiken, Schaltflächen und Menüs) mit einer Computerstimme
vor. Im Wesentlichen wandelt ein so genannter Screenreader die
grafische Benutzeroberfläche (GUI) in eine Audio-Oberfläche um.
Bildschirmleseprogramme sind für blinde AnwenderInnen essentiell.
o Mit Hilfe von Spracherkennung oder Spracherkennungsprogrammen
können Befehle gegeben oder Daten eingegeben werden, ohne die
Maus oder Tastatur zu benutzen. Spracherkennungssysteme verwenden
ein am Computer angebrachtes Mikrofon und man kann über die
Stimme Textdokumente wie Briefe oder E-Mails erstellen, im Internet
surfen, zu Anwendungen und durch Menüs navigieren.
o Text-to-Speech-Systeme (TTS) oder Sprachsynthesizer erhalten an den
Bildschirm geschickte Informationen in Form von Buchstaben, Zahlen
und Satzzeichen und "sprechen" sie dann laut aus. Sprachsynthesizer
ermöglichen es AnwenderInnen mit Sehbehinderung oder
Lernverzögerung zu hören, was sie tippen. Ebenso dienen sie als
Sprechstimme für Menschen, die nicht mündlich kommunizieren
können.
o Sprechende Textverarbeitungsprogramme und
Textverarbeitungsprogramme mit Großdruck sind
Softwareprogramme, die mit Hilfe von Sprachsynthesizern akustisch
rückmelden, was eingetippt wird. Textverarbeitungsprogramme mit
Großdruck ermöglichen es den AnwenderInnen, alles in großer Schrift
und ohne Hilfe einer Bildschirmvergrößerung anzuzeigen.
54
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
1.3.10. Schreibhilfe-Software
Mit Hilfe computerbasierter Rechtschreibprüfungen und Wortvorhersageprogramme
können AnwenderInnen (z. B. Menschen mit Aphasie) ihre Schreib- und
Lesefähigkeiten steigern.
Alternative Textverarbeitungen:
o GRAFIS18 ist ein speziell für AnwenderInnen mit Behinderung
entwickeltes Textverarbeitungsprogramm. Es richtet sich vor allem an
AnwenderInnen mit motorischer Behinderung der oberen Gliedmaßen
und an AnwenderInnen mit Lernverzögerung. GRAFIS wurde entwickelt,
um seinen AnwenderInnen ein leicht zugängliches, einfaches,
benutzerInnenfreundliches und doch vollständiges
Textverarbeitungsprogramm zu bieten. Es unterstützt die Überwindung
bestimmter Probleme und hilft bei der Entwicklung und Verbesserung
der Schreibfertigkeiten.
o CLICKER 5 ist ein Softwarepaket mit multimedialem
Textverarbeitungsprogramm (Text, Grafiken, Audio) und anpassbaren
virtuellen Tastaturen für Menschen mit eingeschränkter Motorik.
o MULTITEXT ist eine Produktivitätssuite mit verschiedenen
Anwendungen insbesondere für SchülerInnen mit Behinderung. Es
enthält ein Textverarbeitungsprogramm, ein Programm für
mathematische Formeln, ein Geometrie-Programm und ein
Grafikprogramm. Die AnwenderInnen können das Programm über eine
Maus, eine Tastatur und externe Sensoren bedienen.
Wortvorhersage, Grammatik und Wortschatzunterstützung:
o Die WordQ-Schreibhilfe unterstützt die Standard-Windows-
Textverarbeitungssoftware in den Bereichen Rechtschreibung,
Grammatik und Zeichensetzung. Die Software arbeitet mit einem
zusätzlichen Wortvorhersagesystem und bietet gesprochenes Feedback
(Text-to-Speech).
18 http://www.ics.forth.gr/files/publications/antona/2000/Antona&Stephanidis.pdf 55
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
o Co: Writer 4000 bieten zusätzliche Wortvorhersage-, Grammatik- und
Wortschatzfunktionen für Textverarbeitungs- und E-Mail-Programme.
o Skippy ist ein Wortvorhersageprogramm zur schnelleren Eingabe und ist
vor allem dann nützlich, wenn es mit einer virtuellen Tastatur im Scan-
Modus eingesetzt wird. Es kann eine unbegrenzte Anzahl von
Wortvorhersagen speichern und anpassen. Das Programm ist in Bezug
auf Schriftgröße, Textfarbe, Hintergrund und andere Funktionen voll
konfigurierbar.
1.3.11. Lesehilfesoftware
OCR-Software: Unter optischer Zeichenerkennung (OCR) versteht man die
mechanische oder elektronische Umwandlung gescannter Bilder von
handschriftlichen, maschinengeschriebenen oder gedruckten Texten in
maschinenkodierten Text. Es handelt sich dabei um ein übliches Verfahren zur
Digitalisierung von gedruckten Texten, sodass diese elektronisch durchsucht
und in Text-zu-Sprache-Systemen verwendet werden können. Das ist besonders
für blinde und sehbehinderte Menschen attraktiv. Ein Vergleich optischer
Zeichenerkennungssoftware finden Sie hier.
Synthetische Sprachsysteme: Ein synthetisches Sprachausgabesystem besteht
aus zwei Teilen: dem Synthesizer, der das Sprechen übernimmt, und dem
Screenreader, der dem Synthesizer mitteilt, was er sagen soll.
Sprachsynthese: Die mit PC verwendeten Synthesizer sind Text-zu-Sprache-
Systeme. Ihre Programmierung enthält alle Phoneme und grammatikalischen
Regeln einer Sprache. Dies ermöglicht es ihnen, Wörter richtig auszusprechen.
Namen und zusammengesetzte Wörter können Probleme verursachen, da sie
häufig ungewöhnliche Schreibweisen und Buchstabenkombinationen
enthalten. Der Synthesizer läuft in der Regel Software über die Soundkarte des
Computers. Manchmal kann synthetische Sprache wie ein Roboter klingen,
aber manchmal klingt sie sehr menschlich. Synthesizer sind Bestandteile von
Bildschirmleseprogrammen. Einen Vergleich von Sprachausgabesystemen
56
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
finden Sie hier. Ein Problem ist, dass noch nicht alle Sprachen verfügbar sind,
aber Lösungen wie Nuance Loquendo beinhalten die meisten europäischen
Sprachen.
Screenreader: Neben den integrierten Screenreader-Systemen gibt es auch
andere Softwarelösungen, die auf einem PC laufen können:
o Die am häufigsten verwendeten Screenreader sind eigenständige
Lösungen: JAWS von Freedom Scientific, Window-Eyes von GW Micro,
Dolphin Supernova von Dolphin (zuvor HAL), System Access von Serotek
und ZoomText von AiSquared. Auch der Open-Source-Screenreader
NVDA mit seinen verbesserten Funktionalitäten wird immer beliebter.
Eine umfassende Liste finden Sie hier.
o Eine Randbemerkung zu den Preisen (und damit der Erschwinglichkeit)
von Bildschirmlesegeräten: Die meisten sind ziemlich teuer und jedes
neue Betriebssystem erfordert eine Aktualisierung der Screenreader-
Software, was wiederum relativ teuer ist. Daher bevorzugt man in
einigen Ländern günstigere Software. Das erklärt vielleicht auch die
zunehmende Beliebtheit von NVDA, das kostenlos ist.
Bildschirmlupe: Neben integrierten Bildschirmlupen gibt es auch andere
Softwarelösungen, die auf einem PC ausgeführt werden können:
o Eine Bildschirmlupe ist eine Software, die über die Grafikausgabe des
Computers den Bildschirminhalt vergrößert darstellt. Dieses Hilfsmittel
wird von sehbehinderten Menschen benutzt. Normalerweise ist eine 1-
bis 16-fache Vergrößerung üblich. Je stärker die Vergrößerung ist, desto
kleiner ist der angezeigte Bildschirminhalte. Daher neigen die
AnwenderInnen dazu, die geringstmögliche Vergrößerungsstufe zu
verwenden. Bildschirmlupen bieten häufig verschiedene weitere
Funktionen für sehbehinderte Menschen:
Farbumkehrung: Viele Menschen mit Sehbehinderung
bevorzugen es, wenn der Text weiß und der Hintergrund
schwarz ist. Dies kann Blendungen reduzieren und ist für ältere
57
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Menschen mit altersbedingter Makula-Degeneration
angenehmer.
Glätten: Text kann durch Vergrößerung verpixelt und schwerer
zu erkennen sein. Einige Bildschirmlupen glätten den Text und
gleichen die Verpixelungen aus.
Cursoranpassung: Maus- und Textcursor können oft auf
verschiedene Weise modifiziert werden, sodass sie für die
AnwenderInnen leichter am Bildschirm zu erkennen sind.
Verschiedene Vergrößerungsarten: Bildschirmlupen können die
vergrößerten Bereiche auf verschiedene Arten darstellen: im
Vollbildmodus, mit einer Lupe, die sich um den nicht
vergrößerten Bildschirmteil bewegt oder mit einem festen
vergrößerten Bereich.
Screenreader: Einige Lupen sind mit einem Screenreader
ausgestattet, der alles vorliest, auf das die AnwenderInnen
zeigen.
o Die bekanntesten Bildschirmlupen sind: Dolphin Lunar, Magnifier
(Windows), Virtual Magnifying Glass (eine plattformübergreifende
Vergrößerungsanwendung) und ZoomText.
Abb. 1.44: ZoomText 9.1 in Aktion19
19 http://www.softwareknowhow.info/portals/0/articleresources/images/48-assisted-technologies-3.jpg
58
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Praktischer Teil 1.3.13. Fallstudien (Reflexionsübung)
Fallstudie 1 - Technische Hilfsmittel bei Lernverzögerung
Situation: Ein junger Erwachsener mit Lernverzögerung (Legasthenie und Schreibschwäche)
kann zwar lesen, braucht aber sehr lange dafür; er kann schreiben, aber das Schreiben ist
extrem anstrengend und geht sehr langsam. Lesen von Gedrucktem und schriftlicher Ausdruck
(handschriftlich oder mit Tastatur) funktionieren ebenfalls sehr langsam.
Technisches Hilfsmittel: Er nutzt aufgenommene und elektronische Texte sowie
Wortvorhersageprogramme, die Worte auf der Grundlage der ersten Buchstaben eines Wortes
und dessen Kontext vorhersagen.
Fallstudie 2 - Technische Hilfsmittel bei eingeschränkter Funktion der oberen
Gliedmaßen
Situation: Eine Frau mit Tetraplegie, die einen Elektrorollstuhl benutzt und ihre Arme und
Hände nur sehr eingeschränkt benutzen kann, erhält eine neue Position bei der Arbeit. Diese
erfordert mehr Schreibarbeiten, was für sie anstrengend ist und in der Zukunft zu Problemen
mit chronischer Müdigkeit führen kann.
Technisches Hilfsmittel: Ihr Computersystem wurde mit Trackballs und Mundzeigern
ausgestattet, um die Nutzung der Tastatur zu vereinfachen. Außerdem experimentierte sie
auch mit einem Spracherkennungssystem. Dieses System war ein hoch entwickeltes,
benutzerfreundliches Sprache-zu-Text-Programm, das ihre Sprachmuster und den von ihr
gespeicherten Wortschatz erkannte. Je länger sie das System nutzte, desto schneller und
genauer erkannte es ihren Sprach- und Wortgebrauch. Nach etwa zwei Wochen Training
konnte sie das System nutzen.
Fallstudie 3 - Technischen Hilfsmittel zur täglichen Kommunikation (bei kombinierter
sprachlicher und motorischer Einschränkung)
Situation: Ein Mann mittleren Alters mit schwerer amyotropher Lateralsklerose (ALS), der für
beinahe alle Bewegungen Unterstützung benötigt und einen Elektrorollstuhl hat, kann ohne
die Hilfe eines Computers nicht sprechen.
Technisches Hilfsmittel: Er verwendet zur Steuerung des Computers einen Daumenschalter
und einen "Blinzel-Schalter", der auf seiner Brille befestigt ist. Wenn er blinzelt, wird ein 59
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Infrarotschalter aktiviert und er kann Zeichen auf dem Bildschirm scannen und auswählen und
so eine URL erstellen und auf das Internet zugreifen. Er "spricht" über einen Sprachsynthesizer.
Fallstudie 4 - Technische Hilfsmittel für Menschen mit Hörbehinderung
Situation: Eine junge Frau mit Hörbehinderung, die in beiden Ohren Hörgeräte hat, muss im
Rahmen eines Fortbildungsworkshops an Diskussionen teilnehmen. Den Großteil der
Diskussion kann sie nicht verstehen und die Hintergrundgeräusche verringern die Wirksamkeit
ihrer Hörgeräte.
Technisches Hilfsmittel: Sie benutzt in den Workshops ein FM-Verstärkersystem, um die
Hintergrundgeräusche zu eliminieren. Bei diesem System erhalten die SprecherInnen ein
Mikrofon und der Ton wird über einen Empfänger direkt zum Hörgerät übertragen. Die- bzw.
derjenige mit der Sendeeinheit wiederholt die Fragen/Antworten der anderen, damit die Frau
sie auch hören kann.
Fallstudie 5 - Technische Hilfsmittel bei Gehörlosigkeit
Situation: Ein junger Kursteilnehmer mit starkem bis hochgradigem beidseitigem Hörverlust
verwendet Hörgeräte und Lippenlesen, um seine Kommunikationsfähigkeit zu maximieren. Er
hat gewisse Kenntnisse der englischen Gebärdensprache, sie reichen aber nicht aus, um mit
einem Gebärdendolmetsch zu arbeiten.
Technisches Hilfsmittel: Er verwendet in der Regel ein FM-Verstärkersystem (über ein
Mikrofon und einen Sender, den die/der Vortragende trägt, werden die Worte direkt an das
Hörgerät übertragen), setzt aber auch ein System zur Echtzeituntertitelung ein. Dabei sitzt eine
Stenotypistin/ein Stenotypist mit einer Stenomaschine und einem Laptop mit
Stenografiesoftware neben ihm und er kann am Monitor das Geschriebene sehen. Wenn die
Stenotypistin/der Stenotypist nicht neben dem Kursteilnehmer sitzt, trägt die Vortragende/der
Vortragende ein Funkmikrofon, das die Stimme über dieselbe Telefonleitung überträgt, über
die auch die Echtzeituntertitelung zurückgeschickt wird, die der Kursteilnehmer dann auf
seinem Laptop sieht.
Fallstudie 6 - Technische Hilfsmittel bei chronischem Müdigkeitssyndrom
Situation: Eine Journalistin leidet am chronischen Müdigkeitssyndrom, das sie beim Schreiben
behindert. Sie leidet an chronischer körperlicher Erschöpfung und ausgedehnten Muskel- und
Gelenks- bzw. Handgelenksschmerzen.
60
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Technisches Hilfsmittel: Sie versuchte, mit einer Spracheingabesoftware zu arbeiten, die es ihr
erlaubte, ohne Tastatur auszukommen. Sie nahm an Schulungen teil, in denen sie den Umgang
mit dem Spracherkennungssystem und die mühelose Bedienung des Computers erlernte.
Fallstudie 7 - Technische Hilfsmittel bei Sehbehinderung
Situation: Ein Schüler leidet an Morbus Stargardt (peripheres Restsehen). Er ist in der Lage,
gewisse Druckerzeugnisse zu lesen, aber für längeres Lesen benötigt er einen Closed-Circuit-
TV-Monitor (CCTV), der den gedruckten Text mit Hilfe einer Kamera vergrößert.
Technisches Hilfsmittel: Da er mit CCTV arbeiten kann, nutzte er eine Videokamera mit einer
sehr leistungsfähigen Linse sowie ein Stativ und einen Monitor. So konnte er die Tafel,
Overheadprojektionen und andere visuelle Hilfsmittel der Vortragenden sehen.
Fallstudie 8 - Webzugang für eine blinde Studentin
Situation: Eine blinde Wissenschaftlerin benutzt eine Braillezeile, um Text, der auf einem
Computerbildschirm erscheint, lesen zu können. Einige Daten, die sie für ihre Forschung
braucht, findet sie auf Internetseiten. Dort sind sie oft als Grafiken abgespeichert und daher
für sie nicht zugänglich, da weder Braillezeilen noch Sprachausgabeprogramme in der Lage
sind, Grafik auszulesen.
Technisches Hilfsmittel: Kurze Textbeschreibungen der Grafiken können Abhilfe schaffen. Jede
Beschreibung wird direkt über oder unter der jeweiligen Grafik angezeigt und die Studentin
kann diesen Text mit ihrer Braillezeile auslesen.
Fallstudie 9 - Technische Hilfsmittel für Zwangsstörungen (OCD)
Situation: Ein Mann leidet an einer Zwangsstörung und hat besondere Schwierigkeiten dabei,
Informationen - insbesondere wenn er unter Stress steht - aufzunehmen, zu verarbeiten und
wieder abzurufen. Das episodische und unvorhersehbare Auftreten und Wiederauftreten von
OCD kann zu Arbeitsunterbrechungen führen, da es nicht möglich ist, visuelle oder auditive
Eindrücke zu blockieren, da visuelle und auditive Eindrücke nur eingeschränkt toleriert werden
und da gesprochene Anweisungen oft nicht verstanden bzw. erinnert werden.
Technisches Hilfsmittel: Der Anwender nutzte in seinem Browser spezielle Plug-Ins wie Pop-
up-Blocker und Animationsblocker. Er benutzte die Alarmfunktion auf Timern, die ihm den
Übergang zwischen einzelnen Aufgaben erleichterten.
61
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Fallstudie 10 - Technische Hilfsmittel für eine Person mit Autismus
Situation: Ein junger Mann hat Autismus und leidet an schweren
Kommunikationsschwierigkeiten und Sprach- und Entwicklungsverzögerungen.
Technisches Hilfsmittel: Es wurde das Computerprogramm Board Maker installiert, mit Hilfe
dessen der Anwender über Bilder kommunizieren kann, sowie ein Bildaustauschsystem
(Picture Exchange Communication Systems - PECS), das Symbole und Karten (und
dazugehörige Beschriftungen) erstellt.
Theoretischer Teil 1.3.14. Nationale Datenbanken mit Informationen zu technischen Hilfsmitteln
Land(* nimmt am Projekt E-SUNET teil)
Nationale Datenbanken
Österreich HANDYNET http://handynet-oesterreich.bmask.gv.at
Frankreich Handicat – Handicaps et aides techniques http://handicat.comDeutschland (für deutschsprachige Menschen z. B. in Österreich)
Rehadat http://www.rehadat.de
Italien Siva - Servizio Informazione e Valutazione Ausili http://www.portale.siva.itSpanien CEAPAT - Centro Estatal de Autonomía Personal y
Ayudas Técnicashttp://ceapat.org
UK (für Englisch sprechende Menschen z. B. Zypern)
DLF – Disabled Living Foundation http://www.dlf.org.uk
62
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Theoretischer Teil 1.4 Aktives Verhalten in Bezug auf Körperpflege und Bekleidung 1.4.1. Körperpflege
Spätestens im frühen Jugendalter haben die meisten
Menschen die Grundlagen der Körperhygiene (z. B. Waschen
oder Rasieren) erlernt. Während der späten Adoleszenz und
im frühen Erwachsenenalter wird von einem Mensch eine
gewisse Selbstständigkeit in Bezug auf seine
Hygienegewohnheiten erwartet.
Abb. 1.44 Körperpflege
Wir alle kontrollieren das, was wir regelmäßig machen sollen, gerne selbst und wollen
es, wenn möglich, als sinnvoll empfinden. Kontrolle und Entscheidungsfreiheit in Bezug
auf sinnvolle Aktivitäten bringt mehr Lebensqualität. So ist es wichtig zu überlegen, wie
Sie dem Menschen, den Sie unterstützen, zu größerer Kontrolle über die Durchführung
seiner Körperpflege verhelfen.
Menschen schätzen eventuell Körperpflege als sinnvoller ein, wenn sie die Aktivität mit
positiven Ergebnissen verbinden können. Zum Beispiel:
gut aussehen und riechen;
sich gesund fühlen;
sich von KollegInnen und Mitgliedern der Gemeinschaft angenommen fühlen;
.
Kommentare von Verwandten, FreundInnen und Eltern/BetreuerInnen können dazu
beitragen, die Verbindung zwischen Körperpflege und positiven Ergebnissen zu
verstärken.
63
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Praktischer Teil 1.4.2 Tipps zum Ausprobieren Als Elternteil können Sie ohne Umschweife über die Vorteile guter Körperpflege
sprechen. Sprechen Sie darüber, wie sich ihr Familienmitglied mit Behinderung pflegen
muss, um das machen zu können, was ihr/ihm wichtig ist.
Wenn sie/er beispielsweise sagt, dass es ihr/ihm wichtig ist, mit FreundInnen zum
Fußball zu gehen, schreiben Sie alle Aktivitäten auf, die durchgeführt werden müssen,
um sich für das Fußballspiel vorzubereiten. Dazu gehören beispielsweise:
;
;
.
Abb. 1.45: Cartoon zum Thema Körperpflege
Fotos/Bilder können Ihnen helfen. Das ist eine einfache und wirkungsvolle Art,
Körperpflegegewohnheiten und das "größere Ganze" miteinander zu verknüpfen.
Körperpflege wie Duschen gehört zur täglichen Routine. Gewöhnt man sich daran, die
Dinge jeden Tag zur gleichen Zeit zu machen, so erlernt man die tägliche Körperpflege
viel leichter.
64
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Abb. 1.46: Cartoon zum Thema Körperpflege
Terminpläne bringen Routine und Berechenbarkeit in den Tagesablauf. Ein schriftlicher
Plan kann dabei helfen, geplante Aktivitäten zu verstehen und zu erinnern.
Abb. 1.47: Cartoon zum Thema Körperpflege
Mit Bildern von Aktivitäten in der Reihenfolge, in der sie während des Tages auftreten,
zu arbeiten, ist eine großartige Möglichkeit, Unabhängigkeit zu fördern und Routinen
zu erlernen.
65
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Worte des Lobes können als positive Verstärkung dienen:
"Das ist super, wenn du... (vor der Arbeit duschst).“
"Ich weiß, ich sage das nicht sehr oft, aber ich wollte nur sagen, ich bin stolz auf
dich weil... (du so toll aussiehst).“
"Ich bin wirklich dankbar dafür, wie du... (das Bad gereinigt hast, als du fertig
warst).“
"Ich mag die Art und Weise, wie du... (deinen Freund eingeladen hast).“
"Ach ja, herzlichen Glückwunsch dazu... (wie du mit deinen Freundinnen zum
Festival gekommen bist).“
"Aus meiner Sicht hast du das wirklich gut gemacht mit... (der Auswahl deiner
Kleidung).“
"Übrigens, ich war wirklich beeindruckt, wie... (ihr euch beim Fußball
unterhalten habt).“
Abb. 1.48: Cartoons zum Thema Körperpflege (Mayer, 2010)
66
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Theoretischer Teil 1.4.3. Elemente der Körperpflege Als Elternteil können Sie die folgende Abbildung verwenden, um Ihrem Kind mit
Behinderung die Elemente der Körperpflege näherzubringen.
Abb. 1.49: Augen- und Hauterkrankungen (WEDC)
Problembereiche Lösungen Haare: Schmutz bleibt leichter in fettigen Haaren, Kämmen und Bürsten hängen.
Haare: Haare, Kämme und Bürsten oft waschen; den Kopf nach Läusen absuchen und behandeln, wenn nötig.
Nase: Die Oberfläche der Haut ist fettig, die Poren können verstopft sein.
Augen: Die Augenpartie vorsichtig waschen; nicht reiben - besonders bei schmutzigen Händen oder Kleidung.
Haut: Häufig waschen, um Schweiß, Schmutz, abgestorbene Hautzellen und Fett zu entfernen. Seife hilft und reinigt die Poren.
Hände: Gut waschen, besonders: vor der Essenszubereitung; vor dem Essen; nach der Toilette; nach der Gartenarbeit; nach dem Hantieren mit schmutziger Kleidung; vor und nach der Behandlung von Wunden; nach der Berührung von Tieren; nach dem Hantieren mit Chemikalien.
Füße: Schmutz und Schweiß aus den Zehenzwischenräumen entfernen und gut abtrocknen, um Fußpilz zu vermeiden.
Nägel: Sauber halten und schneiden.
Achselhöhlen und Genitalien: Schweiß begünstigt das Wachstum von Bakterien. Außerdem kann Schweiß riechen und das Wachstum von Krankheitserregern begünstigen.
Hände: Wenn man viele Materialien berührt, verteilt man diese am restlichen Körper, besonders in Mund und Augen.
Finger und Zehen: Schweiß dazwischen begünstigt das Pilzwachstum.
Nägel: Schmutz unter den Nägeln begünstigt das Wachstum von Organismen und Parasiten.
Füße: Bloße Füße können von der Erde oder dem WC-Boden Wurmlarven aufnehmen.
67
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Praktischer Teil 1.4.2. Vorschläge für Kleidung
Im Folgenden einige Denkanstöße für Sie:
Erinnern Sie sich an einen Fall, wo Sie und Ihre Familienmitglied mit Behinderung
unpassend gekleidet waren (z. B. bei einer Beerdigung einen kurzen Rock oder kurze
Hosen getragen haben)?
Beschreiben Sie die passende Kleidung für ein Vorstellungsgespräch.
1.4.2.1 Erster Eindruck und Erscheinungsbild
Wie lange, glauben Sie, dauert es, wenn sich jemand einen ersten Eindruck von Ihnen
macht?
Auf den ersten Blick.
Innerhalb von 30 Sekunden.
Sobald Sie begonnen haben, zu sprechen.
Etwa innerhalb der ersten Minute.
Solange Sie bei der betreffenden Person sind.
Die Antwort lautet: nur 30 Sekunden. Mehr Zeit haben Sie nicht. Man bekommt nie
eine zweite Chance für einen guten ersten Eindruck.
Das Erscheinungsbild kann wie folgt definiert werden:
der Eindruck, den wir bei anderen hinterlassen;
die Wahrnehmung, die andere von uns haben;
die geistige Vorstellung, die wir voneinander haben;
die Eindrücke, die wir bekommen, wenn wir jemanden treffen, den wir nicht
kennen.
68
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Das Erscheinungsbild setzt sich zusammen aus:
Gesichtsausdrücken,
Körperhaltung,
Aussehen,
Sprache,
Handlungen,
Einstellungen.
Die Menschen treffen Annahmen, die auf begrenzten Informationen basieren. Wenn
Menschen bei jemandem ein bestimmtes Merkmal oder Verhalten beobachten, neigen
sie zur Annahme, dass diese Person auch eine Reihe anderer Merkmale hat.
Der Psychologe Prof. Meridian erforschte, warum wir uns erste Eindrücke machen. Er
fand Folgendes heraus:
55 Prozent eines ersten Eindruckes über einen Menschen besteht daraus, wie
sein Aussehen wahrgenommen wird.
38 Prozent besteht daraus, wie der Mensch nonverbal kommuniziert und wie
das wahrgenommen wird.
Nur sieben Prozent des ersten Eindruckes über Menschen resultiert davon, was
er eigentlich sagt.
Wenn also 55 Prozent jemandes ersten Eindrucks von uns auf unserem Aussehen
beruhen, so besteht das aus:
Größe,
Gewicht,
Teint,
Frisur,
Accessoires,
Kleidung und
bei Frauen auch Make-up.
69
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Das Erscheinungsbild ist auch wichtig, weil es beeinflusst, wie wir über uns selbst
denken. Wenn wir der Ansicht sind, dass wir uns gut darstellen, gewinnen wir
Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Diesen Prozess nennt man den Kreislauf des
Erfolgs.
70
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Anhang 1 Hinweise zur Organisation einer Reise
Das sollten Sie als Elternteil beachten:
Für viele Aktivitäten ist es notwendig, mobil zu sein. Für Menschen mit Behinderung ist
das Reisen mit dem Auto am einfachsten. Dabei können Mobilitätshilfen und spezielle
Ausrüstungsgegenstände, die Einkäufe, FreundInnen und KollegInnen und notwendige
Materialien mitgenommen werden.
Ein Auto zu lenken, wird von vielen Menschen mit Behinderung als die wichtigste
Fertigkeit gesehen, die sie erwerben oder wiedererlangen können. Manche junge
Menschen mit Behinderung, die das Führerscheinalter erreichen, und Menschen mit
Behinderung, die bereits einen Führerschein hatten, wollen häufig die Unabhängigkeit
(zurück-)erlangen, die ihnen ein Auto bringt. Ebenso wollen viele ältere Menschen so
lange wie möglich selbst mit dem Auto fahren können.
Bevor sie sich jedoch ein Auto kaufen, sollten sich Menschen mit Behinderung
hinsichtlich eventuell notwendiger Adaptierungen beraten lassen und in Erfahrung
bringen, ob sie zusätzlichen Fahrunterricht oder eine Umschulung benötigen. Die
Einführung neuer Technologien und das gesteigerte Bewusstsein für die Bedürfnisse
von Menschen mit Behinderung ermöglichen das Autofahren jetzt für Menschen mit
einem breiteren Spektrum von Mobilitätseinschränkungen.
Die meisten Menschen mit Behinderung haben heute die Möglichkeit, selbst ein Auto
zu fahren. Autos können so angepasst werden, dass man sie auch aus einem Rollstuhl
heraus fahren kann, und spezielle Vorrichtungen erlauben das Lenken und Bremsen
mit minimalem Kraft- und Geschicklichkeitsaufwand. FahrerInnen mit Behinderung
müssen die gleiche Fahrprüfung bestehen und die gleichen Kompetenzen vorweisen
wie alle anderen AutofahrerInnen.
Die Wahl des richtigen Autos ist eine wichtige Frage und wird von den jeweiligen
persönlichen Bedürfnissen und Umständen abhängen. Dazu zählen Preis, Hersteller,
Verfügbarkeit, Stil (Limousine, Fließheck, Kombi, Van, 4x4 usw.) und Motorart.
AutofahrerInnen mit Behinderung sollten darüber hinaus weitere Überlegungen
anstellen. Das können etwa die folgenden sein: die Breite der Türen, um einen
Rollstuhl ins Auto ziehen oder die Beine bequem ins Auto schwingen zu können; die
71
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Höhe des Kofferraums oder der Heckklappe; die Position und Konstruktion des
Schalthebels und der Bedienelemente.
Alle Insassen eines fahrenden Autos sind gesetzlich verpflichtet, einen Sicherheitsgurt
anzulegen. Dies gilt mit einigen Ausnahmen auch für Menschen mit Behinderung.
Lediglich ein unangenehmes Gefühl, wenn man angeschnallt ist, rechtfertigt keine
Ausnahme. Wenn jemand aus medizinischen Gründen keinen Gurt tragen darf, sollte
ein Arzt hinzugezogen werden. Sollte aus medizinischer Sicht eine Ausnahme
notwendig sein, kann man sich eine Bestätigung ausstellen lassen.
Viele Fortschritte wurden in letzter Zeit bei der behindertengerechten Ausstattung von
Buslinien und Bussen gemacht.
Wie für andere öffentliche Gebäude und Plätze, gilt auch für Bushaltestellen, dass sie
den Bestimmungen für den behindertengerechten Zugang entsprechen müssen.
Trotzdem sollten Menschen mit Behinderung beim jeweiligen Anbieter überprüfen, ob
die Einrichtungen für ihre Bedürfnisse angepasst sind und ob Hilfe verfügbar ist, sollte
sie gebraucht werden. Umstiegszeiten auf Langstreckenreisen können sehr lang sein
und so stellt sich auch die Frage von behindertengerechten Toiletten, Restaurants oder
Cafés. Bei manchen größeren Haltestellen steht eventuell Unterstützung und
Begleitung für Menschen mit Sehbehinderung zur Verfügung.
Viele Menschen mit Behinderung können Linienverbindungen nutzen, sollten aber
daran denken, dass es noch unterschiedliche Handhabungen des Personals mit
Hilfestellungen gibt. Nicht in jedem Reiseunternehmen ist es erlaubt, beim Ein- oder
Aussteigen zu helfen. Manuelle Rollstühle können zwar mitgeführt werden, müssen
jedoch zusammengelegt sein. Allerdings erlauben die Beförderungsrichtlinien oft die
Beförderung von motorisierten Rollstühlen nicht.
Viele Bahngesellschaften haben inzwischen eigenes Personal für Fahrgäste mit
Behinderung; sie könnte man vor Antritt der Reise kontaktieren, um alles Nötige zu
arrangieren. Man kann auch spezielle Buchungsarrangements machen, um zu
gewährleisten, dass Passagiere mit Behinderung während der Bahnfahrt Unterstützung
erhalten. Dies beginnt bei der Ankunft am Bahnhof mit einer Unterstützung für das
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MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Gepäck, eventuell einem Rollstuhl sowie, falls erforderlich, einer Einstiegshilfe mit
Rampe. Behindertengerechte Toiletten findet man auf immer mehr Fernverkehrszügen
sowie immer häufiger im Regionalverkehr.
Fluglinien bieten eigene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung. Oft haben sie
eigene Abteilungen, die sich der Beantwortung von Anfragen von Menschen mit
speziellen Anforderungen widmen. Einige Billigfluglinien verlangen Gebühren für die
Bereitstellung von Unterstützung.
Rollstühle und manchmal auch Scooter werden als Übergepäck kostenlos befördert
und da die meisten dieser Geräte über transportfähige Trockenzellenbatterien mit
Strom versorgt werden, gibt es kaum Transportbeschränkungen, die beachtet werden
müssen. Nur einige ältere Rollstühle haben noch Säurebatterien. Sie müssen speziell
verpackt werden oder dürfen nicht transportiert werden. Wie bei allen speziellen
Anforderungen gilt: das Reisebüro oder die Fluggesellschaft sollte Sie diesbezüglich gut
beraten können.
Spezielle Anforderungen können beispielsweise die folgenden sein:
,
hem Sauerstoff während des Flugs,
die Begleitung von RollstuhlfahrerInnen oder von Menschen mit Sinnesbehinderung,
.
Dies sind einige Anforderungen, die vermutlich berücksichtigt werden können, wenn
die Fluggesellschaft sie im Voraus kennt. Passagiere, die mehr Beinfreiheit benötigen,
sollten frühzeitig am Flughafen einchecken, da diese Plätze nur begrenzt zur Verfügung
stehen, und die Sitze bei den Notausgängen, die mehr Beinfreiheit bieten, von
Fluggästen mit eingeschränkter Mobilität nicht genutzt werden können.
Die Anfahrt zu einem Flughafen kann problematisch sein, aber die öffentlichen
Verkehrsmittel von und zu Flughäfen werden immer behindertengerechter. Einige
Flughäfen haben integrierte Bahnhöfe und die meisten sind gut mit Bus und Taxi zu
erreichen. Wenn man mit dem Auto anreist, können oft spezielle Parkplätze in
73
MODUL 1 SELBSTSTÄNDIGKEIT
Anspruch genommen werden, und manchmal gibt es Rabatte für Mitglieder von
Behindertenverbänden.
Die Terminals sind in der Regel für RollstuhlfahrerInnen zugänglich, aber der Zugang zu
den Flugzeugen hängt von der jeweiligen Ausrüstung am Flughafen ab. Rollstühle
werden im Frachtraum des Flugzeugs befördert und die BenutzerInnen müssen auf
einen Flugzeugsitz wechseln. Auf größeren Flughäfen bieten Luftbrücken oder Jetways
zum Einstieg in das Flugzeug einen Zugang mit Rampe. Anderswo können
RollstuhlfahrerInnen von MitarbeiterInnen mit einem Tragesitz oder einer speziellen
Vorrichtung ins Flugzeug gehoben werden. Der Transfer auf den Flugzeugsitz erfolgt
durch Heben oder mittels eines kleinen Flugzeugrollstuhls. Auch ist es wichtig, bei der
Buchung auf spezielle Transportmöglichkeiten am Zielflughafen hinzuweisen.
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