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1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 200 180 140 160 120 60 80 100 40 Deutsche Industrie treibt den Fortschritt Investitionen in geistiges Eigentum steigen. Doch große Unterschiede zwischen den Branchen zeigen langfristige Verschiebungen auf A uch wenn die Konjunktur in Deutschland aktuell an Schwung verliert – vieles spricht dafür, dass die Wirtschaft 2019 noch leicht wächst. Das wäre dann das zehnte Jahr in Folge mit einem Plus und damit der längste wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland seit den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Eine neue Unter- suchung von Deutsche Bank Research anhand der ver- fügbaren Zahlen bis 2016 zeigt jetzt: Ein wichtiger Treiber dieses Aufschwungs war die Industrie, die ihre realen Bruttoanlageinvestitionen seit 2010 stärker steigerte als die Gesamtwirtschaft. Dabei spielten vor allem Forschung und Entwicklung und das damit verbundene geistige Eigentum eine zentrale Rolle, dessen Wert als Software oder Patent in der Bilanz verbucht wird und damit wie Ma- schinen oder Gebäude den Kapitalstock erhöht. Der Anteil der Industrie an den sonstigen Anlageinvestitionen, die vor allem das geistige Eigentum umfassen, lag in Deutschland 2017 bei 51 Prozent. „Dieser Investitionsanteil verdeutlicht, dass das verarbeitende Gewerbe der wichtigste Motor für Forschung und Entwicklung und damit für technischen Fortschritt ist“, schreibt der Autor der Untersuchung, Eric Heymann, Analyst bei Deutsche Bank Research. Inzwischen fließt fast die Hälfte aller Investitionen in geistiges Eigentum. Investitionen in Maschinen, Ausrüs- tung und Gebäude haben entsprechend an Bedeutung verloren. Doch die Durchschnittszahlen verdecken die Pharmaindustrie Pharmaunternehmen forschen intensiv und schaffen damit Werte in Form von Patenten und Wirk- stoffen, die in der Bilanz aktiviert werden und zu einem höheren Anlagevermögen führen. Baustoffindustrie Der Kapitalstock der Bauindustrie sinkt kontinuierlich, zwischen 2000 und 2016 allein um 39 Prozent. Das betrifft nicht nur Maschinen, Anlagen und Gebäude, sondern auch geistiges Eigentum. Chemieindustrie Die Chemie zählt wie die Baustoffindustrie und die Metallerzeugung zu den besonders energieintensiven Branchen. Hier spielt – neben vielen anderen Fak- toren – das „Investment Leakage“ eine Rolle, also die Verlagerung von Inves- titionen ins Ausland. Industrie gesamt Das reale Nettoanlage- vermögen berücksichtigt den Wertverlust von Anlagen (also die Abschrei- bungen) und die Inflation und zeigt daher am besten die Veränderungen des Kapitalstocks. Zu diesem Kapitalstock gehört neben Maschinen und Gebäuden auch geistiges Eigentum (zum Beispiel Software oder Patente), das einen zu- nehmenden Anteil gewinnt. Legende: reales Nettoanlagevermögen deutscher Industriebranchen, 1995 = 100 results. db .com 4

Industrie gesamt Chemieindustrie - deutsche-bank.de · 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 200 180 140 160 120 60 80 100 40 Deutsche Industrie treibt den Fortschritt

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1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

200

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Deutsche Industrie treibt den Fortschritt

Investitionen in geistiges Eigentum steigen. Doch große Unterschiede zwischen den Branchen zeigen langfristige Verschiebungen auf

Auch wenn die Konjunktur in Deutschland aktuell

an Schwung verliert – vieles spricht dafür, dass

die Wirtschaft 2019 noch leicht wächst. Das wäre

dann das zehnte Jahr in Folge mit einem Plus und damit

der längste wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland

seit den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Eine neue Unter-

suchung von Deutsche Bank Research anhand der ver-

fügbaren Zahlen bis 2016 zeigt jetzt: Ein wichtiger Treiber

dieses Aufschwungs war die Industrie, die ihre realen

Bruttoanlageinvestitionen seit 2010 stärker steigerte als

die Gesamtwirtschaft. Dabei spielten vor allem Forschung

und Entwicklung und das damit verbundene geistige

Eigentum eine zentrale Rolle, dessen Wert als Software

oder Patent in der Bilanz verbucht wird und damit wie Ma-

schinen oder Gebäude den Kapitalstock erhöht. Der Anteil

der Industrie an den sonstigen Anlageinvestitionen, die vor

allem das geistige Eigentum umfassen, lag in Deutschland

2017 bei 51 Prozent. „Dieser Investitionsanteil verdeutlicht,

dass das verarbeitende Gewerbe der wichtigste Motor für

Forschung und Entwicklung und damit für technischen

Fortschritt ist“, schreibt der Autor der Untersuchung, Eric

Heymann, Analyst bei Deutsche Bank Research.

Inzwischen fließt fast die Hälfte aller Investitionen in

geistiges Eigentum. Investitionen in Maschinen, Ausrüs-

tung und Gebäude haben entsprechend an Bedeutung

verloren. Doch die Durchschnittszahlen verdecken die

Pharmaindustrie Pharmaunternehmen forschen

intensiv und schaffen damit Werte

in Form von Patenten und Wirk-

stoffen, die in der Bilanz aktiviert

werden und zu einem höheren

Anlagevermögen führen.

Baustoffindustrie Der Kapitalstock der Bauindustrie sinkt

kontinuierlich, zwischen 2000 und

2016 allein um 39 Prozent. Das betrifft

nicht nur Maschinen, Anlagen und Gebäude,

sondern auch geistiges Eigentum.

Chemieindustrie

Die Chemie zählt wie die

Baustoffindustrie und die

Metallerzeugung zu den

besonders energieintensiven

Branchen. Hier spielt –

neben vielen anderen Fak-

toren – das „Investment

Leakage“ eine Rolle, also

die Verlagerung von Inves-

titionen ins Ausland.

Industrie gesamt

Das reale Nettoanlage-

vermögen berücksichtigt

den Wertver lust von

An lagen (also die Abschrei-

bungen) und die Inflation

und zeigt daher am besten

die Veränderungen des

Kapitalstocks. Zu diesem

Kapitalstock gehört neben

Maschinen und Gebäuden

auch geistiges Eigentum

(zum Beispiel Software

oder Patente), das einen zu-

nehmenden Anteil gewinnt.

Legende: reales Nettoanlagevermögen deutscher Industriebranchen, 1995 = 100

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2006 20102007 2008 2009 2011 2012 2013 2014 20162015

Deutsche Bank Research: Deutsche Industrie:

Wenige Sektoren tragen Investitionswachstum.

Kostenloser Download unter

www.dbresearch.de/results_deutsche-industrie

DIE STUDIE

Exportstarke Automobilindustrie: Wissen wird wichtiger als Maschinen

großen Unterschiede zwischen den Branchen. Während

Sektoren wie die Automobil- und die Pharmaindustrie ihre

Investitionen dynamisch ausweiten, schrumpft der Kapi-

talstock besonders in den energieintensiven Industrie-

zweigen wie der Metallerzeugung oder Chemie. Heymann:

„Die deutsche Energiepolitik ist ein wesentlicher Grund für

diese negative Entwicklung.“

Dennoch sieht der Analyst die Zukunft grundsätzlich

positiv: „Trotz protektionistischer Tendenzen sind deut-

sche Produkte international gefragt. Die Unternehmen

investieren im Bereich Industrie 4.0 und machen ihre

Produkte fitter für das digitale Zeitalter.“ Gerade in der

Digitalisierung, so Heymann, liege ein Wertschöpfungs-

potenzial. Zwar werden einige Unternehmen dabei auf der

Strecke bleiben. „Doch diese schöpferische Zerstörung

dürfte insgesamt zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit

des industriellen Standorts führen.“

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2019

Automobilindustrie

Zwischen 1995 und 2016 verzeichnen Deutschlands

Autobauer ein Plus von 79 Prozent und rücken damit an

die Spitze. Zuletzt spielten dabei Investi tionen in

Forschung und Entwicklung zu alternativen Antriebs-

technologien eine wichtige Rolle – auch wenn der

Ansatzmarkt noch klein ist.

Maschinenbau Die Branche hat sich seit der Krise

2007 etwas besser entwickelt als

der Durchschnitt. Dazu trugen zu-

letzt auch steigende Investitionen

in Digitalisierungsthemen bei.

Metallerzeugung Der Kapitalstock der ener-

gieintensiven Industriezweige,

darunter die Metall erzeugung,

ist seit 1995 kontinuierlich

gesunken. Das bremst auch an-

dere Sektoren aus, die deren

Produkte nutzen.

Research_Investitionen

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