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InfoMagazin September 2012 Unterstützt durch das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg aus Mittel des Europäischen Sozialfonds. Herausgegeben von den Regionalbüros des Netzwerks Fortbildung Weiterbildung in Baden-Württemberg Eindrücke – Übersichten – Ausblicke Im weltweiten Qualitätswettbewerb sind Fach- kräfte gefragt: Techniker, Fachwirte, Meister. Denn sie verfügen über eine berufliche Kompe- tenz, die direkt auf die Qualität der Produkte und Dienstleistungen einwirkt. Bei der Jahrestagung des Netzwerks Fortbildung in Bad Mergentheim erläuterte Prof. Dr. Felix Rauner von der Universität Bremen, was moderne Berufskompetenz ausmacht - und wie man sie am besten erwirbt. Seine klare Empfehlung: Dual. Die wissenschaftliche Welt, so erinnerte der weltweit gefragte Berufsbildungsexperte bei seinem Einfüh- rungsvortrag, sei immer schon international ausgerich- tet gewesen. Auch die klassische Meisterlehre und die dazu gehörige Lehrlingsausbildung habe eine europä- ische Berufsbildungstradition. Die heutige Berufsbil- dungslandschaft in Europa allerdings gleiche „einem bunten Flickenteppich, bei dem allerdings die Flicken nicht zusammen passen“. Europäischer Berufsbildungsraum Wohin aber soll es mit der Berufsbildung in Europa ge- hen? Die Europäische Union, faßte Rauner in seinem Vortrag zusammen, habe sich die Freizügigkeit der Be- schäftigung und die Realisierung eines europäischen Arbeitsmarktes auf ihre Fahnen geschrieben. Folglich müsse man sich verstärkt um die „Herausbildung eines europäischen Berufsbildungsraumes“ kümmern. Da- bei könne die insbesondere in den mitteleuropäischen Ländern verbreitete Tradition der dualen Berufsausbil- dung eine strukturbildende Rolle spielen, erläuterte der Gastredner. Rauner erinnerte daran, dass schon in den 1970er Jah- ren die Rede davon war, der Stellenwert der beruflichen Bildung würde sich künftig „verflüchtigen“, und zwar auf dem Wege von der Industriegesellschaft zur Wis- sensgesellschaft mit ihrer wissensbasierten Ökonomie. „Hochschulbildung für alle“ sei lange die Parole ge- wesen. Mit dem Ergebnis, dass tatsächlich – wie aus der aktuellen OECD Statistik ablesbar sei – in einigen Länder inzwischen 60 bis 80 Prozent eines Jahrgangs ein Studium anfangen. In Australien seien es sogar 85 Prozent, weiß Rauner zu berichten. Allerdings würden die australischen Hochschul-Absolventen nach dem beendeten oder abgebrochenen Studium jaulen: „Now I have a Bachelor Degree, but I don’t have any skills”. Loblied der beruflichen Meisterschaft: Nachlese zur Jahrestagung des Netzwerks Fortbildung .............. 1 Lernen 45 plus - weg vom Defizit-Denken: Zum aktuellen Stand von Hirn- und Lernforschung ............... 3 Lerntypen bei Erwachsenen: Von Theoretikern, Anwendungsorientierten und Unsicheren ........................ 7 Bildungs-Controlling: ESF-Projekt bietet Hilfestellung für kleine und mittlere Unternehmen .................... 8 Stuttgarts neuer (Weiter-)Bildungstempel: Bibliothek als Leutetreffpunkt, Leseort, Lieblingsplatz ...... 99 Öfter mal im Dunkeln duschen: Eindrücke vom Life Kinetik Workshop in Heilbronn ..................................... 10 Tausend gute Gründe: Blick auf die neue Testimonial-Kampagne der Regionalbüros .................................... 11 Loblied der beruflichen Meisterschaft Key Note bei Netzwerk-Jahrestagung: Prof. Felix Rauner

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WeiterBildung in Baden-Württemberg Report BW 05 September 2012 Eindrücke - Übersichten - Ausblicke

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Unterstützt durch das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg aus Mittel des Europäischen Sozialfonds.

Herausgegeben von den Regionalbüros des Netzwerks Fortbildung

Weiterbildung in Baden-WürttembergEindrücke – Übersichten – Ausblicke

Im weltweiten Qualitätswettbewerb sind Fach-kräfte gefragt: Techniker, Fachwirte, Meister. Denn sie verfügen über eine berufliche Kompe-tenz, die direkt auf die Qualität der Produkte und Dienstleistungen einwirkt. Bei der Jahrestagung des Netzwerks Fortbildung in Bad Mergentheim erläuterte Prof. Dr. Felix Rauner von der Universität Bremen, was moderne Berufskompetenz ausmacht - und wie man sie am besten erwirbt. Seine klare Empfehlung: Dual.

Die wissenschaftliche Welt, so erinnerte der weltweit gefragte Berufsbildungsexperte bei seinem Einfüh-rungsvortrag, sei immer schon international ausgerich-tet gewesen. Auch die klassische Meisterlehre und die dazu gehörige Lehrlingsausbildung habe eine europä-ische Berufsbildungstradition. Die heutige Berufsbil-dungslandschaft in Europa allerdings gleiche „einem bunten Flickenteppich, bei dem allerdings die Flicken nicht zusammen passen“.

Europäischer Berufsbildungsraum

Wohin aber soll es mit der Berufsbildung in Europa ge-hen? Die Europäische Union, faßte Rauner in seinem Vortrag zusammen, habe sich die Freizügigkeit der Be-schäftigung und die Realisierung eines europäischen Arbeitsmarktes auf ihre Fahnen geschrieben. Folglich müsse man sich verstärkt um die „Herausbildung eines europäischen Berufsbildungsraumes“ kümmern. Da-bei könne die insbesondere in den mitteleuropäischen Ländern verbreitete Tradition der dualen Berufsausbil-dung eine strukturbildende Rolle spielen, erläuterte der Gastredner.

Rauner erinnerte daran, dass schon in den 1970er Jah-ren die Rede davon war, der Stellenwert der beruflichen Bildung würde sich künftig „verflüchtigen“, und zwar auf dem Wege von der Industriegesellschaft zur Wis-sensgesellschaft mit ihrer wissensbasierten Ökonomie.

„Hochschulbildung für alle“ sei lange die Parole ge-wesen. Mit dem Ergebnis, dass tatsächlich – wie aus

der aktuellen OECD Statistik ablesbar sei – in einigen Länder inzwischen 60 bis 80 Prozent eines Jahrgangs ein Studium anfangen. In Australien seien es sogar 85 Prozent, weiß Rauner zu berichten. Allerdings würden die australischen Hochschul-Absolventen nach dem beendeten oder abgebrochenen Studium jaulen: „Now I have a Bachelor Degree, but I don’t have any skills”.

Loblied der beruflichen Meisterschaft: Nachlese zur Jahrestagung des Netzwerks Fortbildung .............. 1

Lernen 45 plus - weg vom Defizit-Denken: Zum aktuellen Stand von Hirn- und Lernforschung ............... 3

Lerntypen bei Erwachsenen: Von Theoretikern, Anwendungsorientierten und Unsicheren ........................ 7

Bildungs-Controlling: ESF-Projekt bietet Hilfestellung für kleine und mittlere Unternehmen .................... 8

Stuttgarts neuer (Weiter-)Bildungstempel: Bibliothek als Leutetreffpunkt, Leseort, Lieblingsplatz ......99

Öfter mal im Dunkeln duschen: Eindrücke vom Life Kinetik Workshop in Heilbronn ..................................... 10

Tausend gute Gründe: Blick auf die neue Testimonial-Kampagne der Regionalbüros .................................... 11

Loblied der beruflichen Meisterschaft

Key Note bei Netzwerk-Jahrestagung: Prof. Felix Rauner

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Auch in den USA stehe es mit der beruflichen Bildung nicht zum Besten. Weil dort der „vocational track“ ein so schlechtes Image habe, würden die jungen Leute in ihren Bewerbungen schreiben, sie hätten auf jeden Fall auch „some college“ absolviert. Für Rauner ist die Sache klar: „Die Wettbewerbsfähigkeit der US-amerika-nischen Industrie ist miserabel.“ Der Abbau beruflicher Bildung stehe in direktem Zusammenhang mit dem Prozess der Deindustrialisierung.

Vollständige Lösung beruflicher Aufgaben

Wen wundert’s, dass der international erfahrene Be-rufsbildungsforscher, selbst von Hause aus Elektrotech-niker, sogleich das Loblied des Meisters anstimmt. Der Meister könne Verantwortung übernehmen, er könne eine Aufgabe in ihrer Komplexität verstehen und auch

lösen. Die vollständige Lösung beruflicher Aufgaben sei ein Merkmal beruflicher Professionalität. Rauners Botschaft an Europa: Wertet die Meisterkompetenz auf!

Die Entwicklung der beruflichen Meisterschaft, so Rau-ner, lasse sich auch messen. Dafür hat er acht Kriterien zusammengestellt, die die ganzheitliche Lösung beruf-licher Aufgaben beschreiben und die sich auch für eine Kompetenzdiagnostik eignen. Danach muss eine gute („professionelle“) Lösung geprägt sein durch:

• Anschaulichkeit / Präsentation • Funktionalität• Gebrauchswert / Nachhaltigkeit• Wirtschaftlichkeit• Arbeits- und Geschäftsprozesswissen• Sozialverträglichkeit• Umweltverträglichkeit• Kreativität

„Sobald sie ein Kriterium weglassen“, so Rauner, „ver-liert die Professionalität.“

Wie aber entwickelt sich berufliche Kompetenz? Wie wird man Meister seines Faches? Der Weg verlaufe in fünf Stufen, erläutert Rauner, vom Novizen über den fortgeschrittenen Anfänger zum Kompetenten, der schließlich eine große Gewandtheit an den Tag lege und sich damit zum Experten entwickle. Am Anfang gehe es um das handlungsleitende „Know that“, da-nach komme das erklärende „Know how“, gefolgt vom reflektierenden „Know why“.

Eine solche Kompetenzentwicklung funktioniere nicht durch die Vermittlung und prüfende Abfrage von Wis-sensstoff, sondern durch die „Auseinandersetzung mit konkreten Entwicklungsaufgaben“. Rauner versteht eine solche Berufsbildung als „Prozess der Entwicklung beruflicher Gestaltungs- und Handlungskompetenz“. Entsprechend werde nicht nur das gelernte berufs-fachliche Wissen, sondern die berufliche Handlungs-kompetenz insgesamt zum Bewertungsgegenstand.

Neue Didaktik erforderlich

Diese Auffassung moderner Berufsbildung erfordert eine veränderte Didaktik. Zur inhaltlichen Strukturie-rung beruflicher Curricula hat Rauner ein „entwick-lungslogisches“ Modell entwickelt, das vier Stufen zu-nehmender Arbeitserfahrung unterscheidet.

• Für Berufsanfänger geht es in der ersten Stufe um berufsorientierende Arbeitsaufgaben und um das dafür erforderliche Orientierungs- und Über-blickswissen. („Worum es im Beruf in der Haupt-sache geht.“)

• Die fortgeschrittenen Berufsanfänger widmen sich in der zweiten Stufe systemischen Arbeitsauf-gaben und erwerben dadurch berufliches Zusam-menhangswissen. („Wie und warum die Dinge so und nicht anders zusammen hängen.“)

• In der dritten Stufe der Kompetenzentwicklung folgen problembehaftete spezielle Arbeitsaufga-ben, die ein präzises Detail- und Funktionswissen erfordern. („Worauf es in der Facharbeit im einzel-nen ankommt und wie die Dinge funktionieren.“)

• Die vierte Stufe führt zu nicht vorhersehbaren Ar-beitsaufgaben, die ein erfahrungsgeleitetes und fachsystematisches Vertiefungswissen verlangen. („Wie sich die Dinge fachsystematisch erklären und Probleme situativ lösen lassen.“)

Insgesamt sieht Rauner viele gute Gründe, die be-währte duale Berufsbildung zu modernisieren und als europäisches Erfolgsmodell in der heterogenen Berufsbildungslandschaft zu profilieren. Seine Argu-mente für die duale Ausbildung:

> Loblied der beruflichen Meisterschaft

Ganzheitliche Lösung beruflicher Aufgaben (Quelle: Rauner)

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> Loblied der beruflichen Meisterschaft

• Hirnforschung: Die effektivste Form der beruflichen Kompetenzentwicklung basiert entwicklungs- und lerntheoretisch auf dem situierten Lernen.

• Globalisierung: Im internationalen Qualitätswett-bewerb kommt es auf die direkt wertschöpfende Produktions- und Dienstleistungsarbeit an. Hier sind die Fachkräfte des intermediären Sektors gefragt (Facharbeiter, Techniker, Fachwirte, Meister etc.).

• Wissensgesellschaft: Praktisches Wissen ist konsti-tutiver Bestandteil des handlungsleitenden Wis-sens und begründet damit das berufliche Können.

• Persönlichkeitsentwicklung: Duale Berufsausbil-dung fördert die Entwicklung beruflicher Identität und trägt zum beruflichen Engagement und zur gesellschaftlichen Integration bei.

• Fachkräftenachwuchs: Funktionierende duale Be-rufsausbildung erleichtert den Übergang von der Berufsausbildung in das Beschäftigungssystem.

Duale Berufsausbildung also als Erfolgsmodell für Eu-ropa. Aber für welche Berufe soll ausgebildet werden? Auch hier sieht Rauner ein anstehendes europäisches Projekt: die Entwicklung moderner Kernberufe. Dazu sollen unter der Leitidee der beruflichen Gestaltungs-kompetenz offene, dynamische Berufsbilder identifi-ziert werden, die zeitlich stabil sind und eine erkenn-bare Berufsfeldstruktur aufweisen als Grundlage für die Organisation beruflicher Bildung und die Qualifikation von Lehrern und Ausbildern.

Entwicklungsoffene Kernberufe

Das Konzept der entwicklungsoffenen Kernberufe erlaubt es, die Flexibilität des Arbeitsmarktes durch breitbandige Berufsbilder zu erhöhen und am Prinzip der Beruflichkeit sowohl für die Organisation gesell-schaftlicher Arbeit als auch für die Berufsbildung fest-zuhalten. Was entfallen könne, sei das „heitere Berufe-basteln“ im Zuge der horizontalen Spezialisierung. „Verkehrsfachmann, Fachrichtung Berg- und Talbahn“, sei eine Beschreibung der Arbeitstätigkeit, aber kein Be-rufsbild, wie Rauner mit einem Schmunzeln erläutert.

Die Entwicklung von Kernberufen auf der Basis von Arbeitszusammenhängen löst die Berufs-strukturen von der Oberfläche des technischen Wandels und erhöht zugleich die Qualität für die Berufsorientierung und die berufliche Identität.

Es war die geniale Idee des Unternehmensberaters Frederik Taylor: Die Arbeit im Sinne bestmöglicher Rationalisierung so weit zu zergliedern, dass jeder nur noch eine genau beschriebene Verrichtung vor-nimmt. Das war Stand der Kunst vor über 100 Jah-ren. Heute ist für den Geschäftserfolg nicht mehr die extreme Arbeitsteilung wichtig, sondern der Überblick über die Arbeitsprozesse im Ganzen.

Die derzeitigen 344 Ausbildungsberufe sollen mittelfristig auf etwa 250 europaweit akzeptierte Kernberufe zusammen gezogen werden. Diese Kernberufe, erläutert Prof. Rauner, umfassen einen einheitlich geregelten Kernbereich (50-60%), je einen betriebs- und regionalspezifischen Anwen-dungsbereich (20-30%) sowie einen Integrations-bereich (20-30%), der das arbeits- und betriebsbe-zogene Zusammenhangwissen beinhaltet.

Insgesamt geht es bei dem neuen Verständnis von Beruflichkeit um die „Befähigung zur Mitgestaltung

„Kernberufe“ - ein offenes, dynamisches Konzept

der Arbeitswelt in ökonomischer, sozialer und öko-logischer Verantwortung“. Lag der Schwerpunkt der beruflichen Ausbildung bisher bei der Schlüs-selkompetenz „Bedienen“, so komme es künftig viel stärker auf die Schlüsselkompetenz „Gestalten“ an. Rauner spricht von den „Dimensionen des Arbeitens und Lernens im Kontext betrieblicher Geschäfts-prozesse“ und vom „situativen Experimentieren“.

Wichtig: Kernberufe bilden ein neues Fundament für die enge Verzahnung mit einer modularisierten Fort- und Weiterbildung. Ein Berufsleben lang.

Den gesamten Arbeitsprozess im Blick: Team am Leitstand

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Lernen 45 plus - weg vom Defizit-DenkenBis vor kurzem galt noch die Volksweisheit: „Mit 40 wird dr Schwoab gscheit.“ Das war die Reflexion darüber, dass man es in jungen Jahren mangels Le-benserfahrung noch nicht zu solider Klugheit und Weisheit gebracht haben kann. Jetzt aber ist auch für die gescheiten Menschen jenseits der 40 alles in Bewegung geraten. Jetzt sollen sie immer noch weiter lernen und sich neu orientieren. Geht das überhaupt? Bringt das was? Macht es Sinn?

Deutschland im 21. Jahrhundert. Draußen tobt die Globalisierung. Im internationalen Wettbewerb müs-sen wir uns immer schneller neue Sachen ausdenken und uns dabei ständig weiter entwickeln. Smartphones und Tablets jagen uns rund um die Uhr über die Daten-autobahn. Arbeiten, Lernen, Freizeit: auf dem Weg in die Wissensgesellschaft gerät alles durcheinander. Die Firmen im Lande sind vollauf mit Change Management beschäftigt. Die gesamte Betriebs- und Arbeitsorgani-sation steht auf dem Prüfstand. Mitten in diesen Tur-bulenzen haben wir zu wenig Kinder. Und wir werden immer älter.

Länger drin bleiben im Arbeitsprozess

Der beruflichen und persönlichen Weiterbildung kommt bei so viel Veränderungsdynamik eine zentrale Bedeutung zu, die in dem Leitbild des „Lifelong Lear-ning“ ihren Ausdruck findet. Wurden Arbeitnehmer jenseits der Lebensmitte vor wenigen Jahren noch in den Vorruhestand geschickt, damit auch die Jüngeren eine Chance bekommen, heißt es jetzt in Zeiten von demografischem Wandel und Fachkräftemangel für die Generation 45 plus: Länger drin bleiben im Arbeits-prozess - und dran bleiben an der Weiterbildung. „Mit 45 Jahren“, lautet die Botschaft in der aktuellen Kom-munikationskampagne „Lernen bedeutet leben“ des Baden-Württembergischen Finanz- und Wirtschaftsmi-nisteriums, „liegen noch 16,1 Berufsjahre vor uns. Viel Zeit, um weiter über uns hinauszuwachsen.“

Also ran an die Weiterbildung, und keine Angst vor der Vielfalt. Denn zu den großen Themenfeldern des lebensbegleitenden Lernens zählen heute berufsfach-liche Fragen ebenso wie Computer Know-how, Fremd-sprachenkenntnisse, Sozial- und Kommunikationskom-petenz und neuerdings auch Gesundheitsprävention.

Wie aber soll die Generation 45 plus angesichts dieser Fülle von Möglichkeiten und Herausforderungen nun vorgehen? Womit soll man anfangen beim über sich Hinauswachsen? Erst Sprachkenntnisse auffrischen und dann ran an die neue Software? Oder besser erst die Rückenschule und dann das Selbstmanagement?

Geht das überhaupt? Kann man mit 45 plus noch etwas Neues lernen? Kann man nach Jahren und Jahrzehnten des routinierten Vorgehens seine Arbeitsgewohn-heiten ändern? Kann man (und will man überhaupt) in der zweiten Lebenshälfte noch zu neuen Horizonten aufbrechen? Kinder wachsen jeden Tag ein Stück über sich hinaus. Aber Erwachsene?

Neues mit Bekanntem verknüpfen

Die moderne Hirnforschung sagt klipp und klar: Ja! Der Mensch kann ein Leben lang lernen. Das ist sozu-sagen seine Natur. Okay, junge Leute lernen schneller, ältere dagegen langsamer, aber genauer. Sie verknüp-fen Neues mit bereits Bekanntem. Und sie prüfen im-mer wieder, ob das Neue wirklich taugt. „Die kritische Abfrage verhilft dazu“, so der Ulmer Psychiater und Lernforscher Prof. Dr. Manfred Spitzer, „dass nicht be-ständig Neues ganz gelernt und alles Alte dabei ver-gessen wird.“

Menschen jenseits der 40 stehen also im Grunde ganz gut da. Durch jahrzehntelange Übung haben sie es zur Meisterschaft gebracht. Sie verfügen über den großen Schatz ihres Erfahrungswissen. Sie können komplexe Zusammenhänge immer besser verstehen. Sie erken-nen schneller, worum es insgesamt geht. Sie verfügen über eine hohe emotionale und soziale Kompetenz und wissen besser als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen, wann man sich beherzt einmischt und wann man sich besser zurückhält. Und wenn’s besonders gut läuft, können sie ihre verdichtete Lebenserfahrung zum Wohle der Gemeinschaft entfalten – als Weisheit.

Lernen ist neurobiologisch betrachtet die Modifikation neuronaler Synapsenstärke. Damit diese Modifikation auch im Alter von 45 plus gelingt, müssen wir vor allem

Bild-Zeitung: „Deutsche Firmen holen ihre Rentner zurück!“

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lernen wollen. Denn nur dann erfolgt im Hirn die Aus-schüttung jenes lernförderlichen Botenstoff-Cocktails, der sogenannten „Dopamin-Dusche“, die uns auch in reiferen Jahren frisch macht für die Auseinanderset-zung mit der Welt. Das Dopamin selbst, erklärt der Frei-burger Neurowissenschaftler Joachim Bauer, befördert die Vitalität und die Lust, etwas zu tun. Endogene Opi-oide sorgen für die Verbindung von Kraft und Wohlbe-finden. Dazu kommt das Freundschaftshormon Oxyto-zin, das die Motivation an die Qualität der Beziehung koppelt, die wir zu unserem jeweiligen Gegenüber haben, so Bauer.

Wenn wir wirklich lernen wollen, scheint also auch im fortgeschrittenen Alter alles möglich. Der Gehirnfor-scher Gerald Hüther spricht sogar von der „zeitlebens vorhandenen Fähigkeit, einmal im Hirn entstandene Verschaltungen und damit die von ihnen bestimmten Denk- und Verhaltensmuster, selbst scheinbar unver-rückbare Grundüberzeugungen und Gefühlsstruk-turen, wieder zu lockern, zu überformen und umzuge-stalten.“

Spielerisches Lernen - im gesetzten Alter

Aber lassen wir das überhaupt zu? Sind wir bereit, uns auch im gesetzten Alter wieder mit Vergnügen auf das spielerische Lernen einzulassen? Wagen wir es, in neu-en Lernfeldern herumzutollen und gemeinsam auszu-probieren, wie sich die auftauchenden Fragen und Pro-bleme am besten lösen lassen?

Mit oberflächlich herbeigeredeter Aufbruchsstim-mung in Sachen Weiterbildung allein lässt sich von „lernen können“ auf „lernen wollen“ nicht umschalten. Denn bei vielen Menschen gerade im „gescheiten“ Al-ter meldet sich beim Lern-Appell sogleich die Lebens-erfahrung und fragt: Was habe ich davon, wenn ich et-was Neues lerne? Was bringt mir die Veränderung? Die Antworten sind mitunter gar nicht so leicht zu geben.

Klar, lernbegierige Menschen jeden Alters gab es schon immer, die geradezu darauf brannten, Neues

zu lernen, sich weiter zu entwickeln, über sich hinaus zu wachsen. Die Geschichte der Erwachsenenbildung ist reich gefüllt mit Beispielen, individuell wie gesell-schaftlich. Anfangs strömten lernbeflissene Bürger zur Identitätsbildung in Lesevereine, dann strebten aufge-schlossene Arbeiter nach Bildung („Wissen ist Macht“), schließlich gab es im Wohlfahrtsstaat „Bildung für alle“. Aber dieses breite Angebot wurde und wird nicht von allen gleichermaßen genutzt.

Die soziologische Milieuforschung hat deutlich ge-macht, dass das hehre Ziel einer Bildung für alle nur dann erreicht werden kann, wenn bei den konkreten Lernvorhaben auf die Lebenserfahrungen und Wert-

haltungen der unterschied-lichen Zielgruppen (Sinus-Milieus) Bezug genommen wird. Wie aber sollen wir die Menschen ansprechen, wenn sie doch in ganz un-terschiedlichen Welten le-ben? Wie gestalten wir die entsprechenden Lehr- und Lernprozesse?

„Postmaterielle“ Menschen lieben auch beim Lernen In-dividualität und Abwechs-

lung. „Traditionsverwurzelte“ mögen klassischen Un-terricht. „Moderne Performer“ sehen „in Wikipedia ihre Abendschule und in Google ihre Universität“, wie es einer ihrer Protagonisten kürzlich erläuterte.

Erschwerend kommt hinzu, dass wir mit Blick auf die Generation 45 plus nicht sicher vorhersagen können, in welchem soziologischen Milieu nun welche psycho-logische Lernbereitschaft angetroffen wird. Denn gera-de in der zweiten Lebenshälfte sind Menschen zuneh-mend dabei, ihren Lebensstil entlang ihrer jeweiligen biographischen Erfahrungen, Veränderungen und Brüche weiter auszudifferenzieren.

Wo beispielsweise landet jemand, der eben noch mit gutem Job zu den „Etablierten“ zählte, nun aber seinen Job verloren hat? In der „Bürgerlichen Mitte“, bei den „Konservativen“ oder bei den „Experimentalisten“? Immer mehr Soziologen und Bildungsfachleute kom-men inzwischen zu der Erkenntnis: Eine Orientierung am „Milieu“ alleine reicht für Weiterbildungsangebote nicht aus. Wir brauchen ergänzend und differenzierend den offenen Blick auf das individuelle „Life Design“. Gerade an den einschneidenden Phasenübergängen und Brüchen der Biographie ist die Hilfestellung zur neuen Orientierung besonders wichtig.

Die Zukunftsforscher Oliver Dziemba und Eike Wenzel („Marketing 2020“) reden mit Blick auf die sich aus-differenzierenden Lebensentwürfe von einer „Multi-

> Lernen 45 plus - weg vom Defizit-Denken

Am Anfang ist alles möglich, danach verstärken sich die Verbindungen, die benötigt werden

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grafie“: Alles sei immer wieder möglich. Nach der ver-längerten Postadoleszenz (Jobphase 1) und der „Rush Hour“ mit Erwerbs- und Familienleben (Jobphase 2) sehen sie bei der Generation 45 plus einen „Zweiten Aufbruch“ (Jobphase 3), gefolgt von ausdifferenzierten Formen des Un-Ruhestandes.

Schon in der Rush-Hour des Lebens würden die Rollen neu verteilt. Da machen sich selbstbewusste Frauen um die 40 („Tiger Ladys“) auf und erobern die öffent-lichen Räume in Politik, Wirtschaft und Kultur, während sich die neuen Männer („Super-Daddys“) zwischen Kind, Karriere und Hausarbeit bewegen. Es gibt „VIB Fa-milien“, deren ganzes Sinnen und Trachten um ihr ein-ziges „very important Baby“ kreist. Daneben leben aber auch jede Menge Netzwerk-Familien und ersetzen als „Großfamilie 2.0“ das alte Familienideal.

Sind die Kinder aus dem Haus, folgt laut Dziemba / Wenzel nicht etwa das Empty-Nest-Syndrom, sondern der Zweite Aufbruch.

• Da gibt es die Silverpreneure, für die lebens-langes Lernen und berufliche Aktivität im dritten Lebensabschnitt immer selbstverständlicher wer-den. Man findet sie jetzt schon zuhauf in den Hör-sälen der Universitäten.

• Zu den Super-Grannys zählen erfahrene und selbstbewusste Frauen jenseits des 55. Lebens-jahres, die den sogenannten dritten Lebensab-schnitt aktiv und selbstbestimmt gestalten möch-ten. Zur späten Selbstverwirklichung gehören dabei die Enkel genauso wie das eigene Leben.

• Bei den Greyhoppern ist der zweite Aufbruch nach den Erkenntnissen der Zukunftsforscher ein „existenzieller Schlüsselmoment“. Sie möchten noch einmal ein neues Leben beginnen, haben dazu aber nur begrenzte Lebenszeit zur Verfü-gung. Ihre Grundhaltung ist ein Gemisch aus Neugierde, Abenteuerlust und Erfahrungshunger. Möglichst lange wollen sie fit bleiben.

Schön, wenn immer mehr Menschen wissen, wo es für sie lang geht. Und gut, wenn Silverpreneure, Super Grannys und Greyhopper millionenfach ihren persön-lichen Lebensweg finden. Aber nicht allen 45-Plus-Zeitgenossen gelingt dieses zukunftsorientierte Life Design gleich gut. Wieder einmal gehen die voran, die mit dem Lernen, mit der neuen Orientierung am we-nigsten Probleme haben.

Hier schließt sich der Kreis: Wer immer schon gerne gelernt hat, lernt auch im Alter mit großem Vergnü-gen immer weiter. Bildungsnah sind demnach die-

jenigen, die sich mutig aufmachen. Bildungsfern sind diejenigen, die verunsichert zurückbleiben. So kommt es dazu, dass manche nichts mehr lernen wollen, weil sie über viele Jahre gelernt haben, nicht lernen zu kön-nen. Sie sind der festen Überzeugung, „dass es ja doch nichts bringt“.

Lerntypen bei Erwachsenen

Prof. Dr. Josef Schrader von der Universität Tübingen hat in aufwendigen Untersuchungen bei Erwachsenen fünf unterschiedliche Lerntypen ausfindig gemacht, die mit den Angeboten und Herausforderungen des lebenslangen Lernens sehr unterschiedlich umgehen. (siehe auch Kasten nächste Seite)

• Der Theoretiker hat Freude am Lernen und inte-ressiert sich sehr für Zusammenhänge.

• Der Anwendungsorientierte möchte etwas aus-probieren und fragt, was er mit dem Erlernten an-fangen kann.

• Der Musterschüler lernt mit Eifer stets das, was abgefragt wird.

• Der Gleichgültige sieht nicht ein, warum er sich für die Weiterbildung besonders engagieren sollte.

• Der Unsichere weiß schon vorher, dass er beim Lernen große Schwierigkeiten haben wird.

Um den „Theoretiker“ und den „Anwendungsorien-tierten“ brauchen wir uns in der Weiterbildungsförde-rung keine Sorgen zu machen. Sie tummeln sich längst im weiten Feld des lebenslangen Lernens. Den „Muster-schüler“ dürfen wir hin und wieder an der Hand neh-men, wenn die Angst vor Uneindeutigkeit zu groß wird. Aber wirklich kümmern müssen wir uns um die „Gleich-gültigen“ und die „Unsicheren“. Wie können, wie sollen, wie wollen auch sie in den nächsten 16,1 Berufsjahren über sich hinauswachsen?

Bevor Menschen mit zurückhaltender Lernbegeiste-rung Dopamin-gestärkt, Opioid-erfreut und Oxyto-cin-geküsst zu neuen Höhenflügen starten können,

> Lernen 45 plus - weg vom Defizit-Denken

51,9

49,3

41,3

39,6

30,6

24,2

Kein Bedarf

Keine Zeit

Keine Planung

Kein Budget

Kein Interesse

Keine Angebote

0 20 40 60

Hemmnisse betrieblicher Weiterbildung

IW-Weiterbildungserhebung 2011: Kein Bedarf, Keine Zeit...

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müssten sie erst einmal ihre schlechten Lernerfah-rungen los werden. Aber die sind im Gehirn lebensge-schichtlich ziemlich fest eingespurt. Sie sind ein Teil der Identität. Und Menschen mögen es nicht, wenn man ihre Identität bedroht.

Angst und Beschämung

Lernen im Erwachsenenalter kann weh tun. Wenn die alte Angst zu versagen wieder hoch kommt. Oder die Beschämung. Wenn man innerlich vor Wut kocht, und sich doch wehrlos fühlt. Oder wenn man aufgrund schlechter Lernerfahrungen bereits jede Hoffnung auf eine wirklich zugewandte, vertrauensvolle Förderung aufgegeben hat.

Weiterbildungsappelle im Sinne einer „Du sollst“- oder „Sei doch“-Botschaft sind für Menschen mit schlechter Lernerfahrung mitunter sogar kontraproduktiv, weil sie alte Muster ansprechen, die auch früher schon zur Lernverweigerung geführt haben. Ja sogar der wohl-meinende Rat „Mach doch einen Excel-Kurs“ knüpft un-ter Umständen an die Erfahrung eines Defizites an. Ich

soll einen Excel-Kurs machen, weil ich Excel noch nicht kann. Ich soll eine Fremdsprache lernen, weil ich diese Fremdsprache bisher nicht spreche und verstehe. Ich soll teamfähig werden, weil ich bisher nicht teamfähig bin. Was lerne ich aus all diesen Zurufen und Ratschlä-gen: Ich kann offenbar nichts. Und das mit 45 plus!

Besser ist es, an vorhandene Ressourcen anzuknüpfen und die persönlichen Kompetenzen weiter zu entwi-ckeln. Die Firma Ulrich Alber GmbH beispielsweise, führender Hersteller von Elektro-Rollstühlen und Mo-bilitätshilfen im Alltag, hat sich bewusst davon ver-abschiedet, bei ihren Mitarbeitern nach Defiziten zu suchen. Vielmehr gilt im Hause Alber die Parole: Lerne einfach, was Du willst. Aber beschäftige Dich ernsthaft damit, mach etwas draus, finde Deinen Weg.

Ob das auch fürs Mountain-Biking oder fürs Energie-sparen zuhause gelte, wurde Alber-Geschäftsführer Rolf Ledda kürzlich bei einer Weiterbildungsmesse im Zollernalbkreis gefragt? „Na klar“, sagt der Chef des schon vielfach für unkonventionelle Ideen ausgezeich-neten Unternehmens. „Hauptsache, die Mitarbeiter sind mit Freude am Lernen bei der Sache. Dann kommt alles andere ganz von selbst.“ (akh)

In umfangreichen empirischen Analysen zum Lernen und Lehren in der beruflichen Weiter-bildung hat der Tübinger Erziehungswissen-schaftler Prof. Dr. Josef Schrader fünf Lern-typen bei Erwachsenen identifiziert.

Die Theoretiker haben Freude am Lernen, sind zuversichtlich und gelassen, haben konkrete Vorstellungen von dem, was sie lernen wollen. Sie versuchen, Zusammenhänge zu verstehen. Schwierigkeiten beim Lernen betrachten sie als Herausforderung ihres Verstandes, die zu bewälti-gen ihnen Freude bereitet.

Die Anwendungsorientierten lassen sich leiten von der Frage, was sie mit neuen Inhalten anfan-gen können. Sie lernen am besten, wenn sie etwas ausprobieren können. Dabei können die Anfor-derungen durchaus hoch sein, damit das Lernen auch ausreichend Ertrag bringt. Zeugnisse und Zertifikate sind ihnen weniger wichtig.

Die Musterschüler sind ehrgeizig, fleißig und strebsam, sie lernen für gute Noten, für Zeugnisse und Zertifikate. Lernprozesse dienen ihnen dazu, im Leben etwas zu erreichen. Schwierigkeiten

haben sie beim Lernen dann, wenn es trotz hartnä-ckigen Arbeitens keine eindeutige Lösung gibt. Dann werden die Musterschüler hektisch und nervös.

Das kann den Gleichgültigen nicht passieren. Sie lassen sich auf das Lernen nur in Maßen ein. Ihnen ist es am liebsten, wenn die Anforderungen nicht zu hoch sind. Sie wissen, dass sie erfolgreicher lernen könnten, aber nur um den Preis eines höheren Enga-gements, was sie wiederum nicht einsehen. Schwie-rigkeiten beim Lernen tauchen durchaus auf, wecken aber weder ihren Ehrgeiz noch sind sie Anlass für Hektik, Nervosität oder Selbstzweifel.

Und dann sind da noch die Unsicheren. Sie wissen, dass sie beim Lernen zahlreiche Schwierigkeiten ha-ben und vermutlich vieles nicht verstehen werden. Entsprechend ängstlich und unsicher gehen sie an Lernaufgaben heran. Sie wünschen sich Unterstüt-zung und Anleitung, arbeiten lieber in der Gruppe als allein. Ihnen ist es am liebsten, wenn die Inhalte genau erklärt werden. Sie versuchen dann, sich alles genau einzuprägen. Dabei verlieren sie sich manch-mal in den Details und schaffen es nicht, das Neue mit schon Gewußtem zu verbinden und dadurch Zu-sammenhänge herzustellen.

Lerntypen bei Erwachsenen

> Lernen 45 plus - weg vom Defizit-Denken

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Die große Herausforderung beim ESF Projekt „Bildungs-controlling“ bestand darin, eine qualifizierungsbezo-gene Bedarfsanalyse, eine systematische Bildungspla-nung und eine betriebswirtschaftliche Nutzenanalyse so einfach und überzeugend wie möglich zusammen zu führen.

Überzeugende Modularisierung

Die besondere Qualität der vorliegenden Projekter-gebnisse liegt in der überzeugenden Modularisierung. Das Vorgehen erfolgt in vier Schritten: Bedarfsanalyse, Planung, Transfer und Feedback. Jedes Unternehmen kann dabei für sich entscheiden, ob die Basisausstat-tung ausreicht oder ob weitere Unterlagen oder An-leitungen aus der Standard- oder der Expert-Toolbox hinzu genommen werden sollen.

Wichtigste Empfehlung an die Firmenchefs: Investieren Sie eine Stunde pro Jahr in Ihre Beschäftigten – und führen Sie ein Personalgespräch. So banal? Keines-wegs, denn gerade in kleinen Firmen, in denen man sich täglich sieht und spricht, fehlt in Fragen der Wei-terbildung oftmals die strukturierte Vorgehensweise. Die ist aber wichtig, damit man aus dem kurzfristigen Denken und Planen (heute / diese Woche) in eine für wirksame Weiterbildung erforderliche längerfristige Perspektive (dieses Jahr / nächstes Jahr) hinein findet.

Und weil systematisch angelegte Personalgespräche keine einfache Sache sind, wurden die Unterlagen und Handlungsanleitungen des ESF Projekts so einfach und übersichtlich wie möglich gestaltet. Aufgelistet werden Grundregeln wie „rechtzeitige Verabredung“, „unge-störter Rahmen“, „Vertraulichkeit“ und „Wertschätzung“.

Bildungscontrolling: Toolbox für KMU In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist die betriebliche Weiterbildung für den Erhalt und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit genauso wichtig und notwendig wie in Großunternehmen. Daher hat das Baden-Württembergische Finanz- und Wirtschafsministerium ein ESF-Projekt „Bil-dungscontrolling“ auf den Weg gebracht. Die Er-gebnisse liegen inzwischen vor als überzeugende Toolbox mit Checklisten und Handreichungen. Sie können von Unternehmen und von Weiterbil-dungsanbietern kostenfrei genutzt werden. (www.bildungscontrolling.team-training.de)

Man kennt sich. Man sieht sich. Man spricht auf dem Flur, im Hof, auf der Fahrt zum Kunden. Das ist der große Vorteil der kleinen Unternehmen. Und die be-streiten bekanntlich einen Großteil des wirtschaft-

lichen Geschehens. 51 Prozent aller Firmen in Baden-Württemberg zählen mit bis zu 10 Mitarbeitern zu den Kleinstunternehmen. Weitere 10 Prozent haben bis zu 20 Beschäftigte. In diesen zusammen fast 50.000 Un-ternehmen gibt es meist keine eigenständige Personal-abteilung. Weiterbildung der Mitarbeiter ist hier Chef-sache. Wie kann man diese Firmenchefs einfach und schnell für Weiterbildung gewinnen?

„Weiterbildung gilt bei kleinen Unternehmen vielfach als Kostentreiber und als oftmals wenig effizient“, be-richtet Marcus Vogel, Projektleiter beim beauftragten Bildungsunternehmen team training GmbH. „Gleich-zeitig erleben gerade diese Betriebe angesichts des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels einen immer größeren Bedarf an interner Qualifizie-rung.“

Unternehmerische Denkweise: „Break even“ von Weiterbildung

BildungscontrollingBW Rendite-Rechner BAE5

Ausgangsdaten Ergebnisse

Mitarbeiter/in Max MustermannPersonalnummer 05885 4455Jahresgehalt (AG-Brutto) 60.000,00 € 1% 2.495,77 €- Wochenstunden 39 2% 695,77 €-

3% 1.104,23 € Titel der Weiterbildung 4% 2.904,23 €

5% 4.704,23 € Datum der Weiterbildung 05.07.2011 7% 8.304,23 € Anzahl Teilnehmende 1 10% 13.704,23 € Seminardauer in Tagen 5 15% 22.704,23 €

20% 31.704,23 € 30% 49.704,23 €

Kosten Arbeitsausfall 1.230,77 € Seminarkosten 2.500,00 € Fahrtkosten 45,00 € Mit Mitarbeiter/in besprochen am 25.05.2011Übernachtung, Verpflegung) 466,00 € Sonstiges 54,00 € Gesamtkosten 4.295,77 €

3,0%ermittelt am 25.05.2011

Gewinn bzw. Verlust der Bildungsmaßmaßnahme 1.104,23 € Return-on-Investment (ROI) nach 290 Tagen

oder 0,8 Jahren

Die Instrumente zum Bildungscontrolling wurden entwickelt von einem Projektkonsortium unter Federführung der ttg team training GmbH. Das Projekt wurde unterstützt durch das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.

Abschreibung der Bildungs-investition nach Jahren

3Nachbesprechung

BAE5 | 2.0 | 09.07.2012

Zur Anleitung

Produktivitäts-steigerung pro Jahr

Gewinn bzw. Verlust

MS-Office Grundlagen

Mindestens notwendige Produktivitätssteigerung (Break-even)

Tatsächlich erreichte Produktivitätssteigerung in Prozent (Schätzung)

2,4%

Weiterbildung innerhalb Arbeitszeit?

ja

-10.000 €

- €

10.000 €

20.000 €

30.000 €

40.000 €

50.000 €

60.000 €

1% 2% 3% 4% 5% 7% 10% 15% 20% 30%

Produktivitätssteigerung in Prozent

Gewinn bzw. Verlust | Break-even

BAE5 | 1.0 | 15.06.2012BAE5 - Rendite-Rechner_2.0 18.08.2012

1/1

ESF Projektleiter Marcus Vogel erläutert den „Rendite-Rechner“

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Weiterbildung in Baden-WürttembergEindrücke – Übersichten – Ausblicke

InfoMagazin der Regionalbüros September 2012 Seite 9

Stuttgarts neuer (Weiter-)Bildungstempel

Exklusiver Erkundungsbesuch in der neuen Stuttgarter Stadtbibliothek: Der Club der Betriebswirte CDBW war schon da.

> Bildungscontrolling

Ein eleganter achtstöckiger Würfel als „Raum des Wissens“, ein „Leuchtturm der Demokra-tie“, errichtet auf dem „Fundament der Libera-lität“. Seit bald einem Jahr ist sie eröffnet, die neue Stuttgarter Stadtbibliothek am Haupt-bahnhof. Wer noch nicht da war: unbedingt mal hinfahren! (Mo-Sa, 9 - 21 Uhr)

Von Umberto Eco stammt das Grußwort: „Wenn die Bi-bliothek ein Modell des Universums ist, so sollten wir versuchen, sie in ein dem Menschen gemäßes Univer-sum zu verwandeln.“ Am ersten Öffnungstag, berichtet Bibliotheksleiterin Ingrid Bussmann, kamen 4500 Be-sucher in 5 Stunden. Das war die Feuertaufe. Seitdem

ist das Haus Leutetreffpunkt, Leseort, Lieblingsplatz. Es gibt ein umfangreiches Rahmenprogramm für jung und alt. Außerdem ist die Bibliothek (1,8 Kilometer Regale, Notebooks zum Ausleihen) spezialisiert auf Bücher und Medien zu nichtakademischen Berufen, also ein Mekka der Weiterbildung.

Die Orientierung ist denkbar einfach: 1. OG Musik, 2. OG Kinder, 3. OG Leben, 4. OG Wissen, 5. OG Welt. Da-rüber residieren noch Literatur, Verwaltung und Kunst. Ganz oben gibt‘s ein Cafe, das von der Caritas Stuttgart bewirtschaftet wird. Und wer noch höher hinaus will: Von der Dachterrasse hat man einen hervorragenden Blick auf das gerade entstehende Stuttgart 21.

Dazu gibt’s als Download einen klar gegliederten „Bildungsbogen“, auf dem Stichworte zu Rückblick, Anforderungsprofil / Weiterbildungsbedarf, Weiterbil-dungsziele und Transfer des gelernten am Arbeitsplatz notiert werden sollen.

Außerdem haben die Projektverantwortlichen bei team training noch etwas ganz besonderes entwickelt: einen „Rendite-Rechner“. Damit können die Unternehmer die realen Weiterbildungskosten inkl. Arbeitsausfall be-rechnen und gleichzeitig den zu erwartenden Gewinn bei einer Produktivitätssteigerung des Mitarbeiters er-mitteln.

Beispielrechnung: Nimmt ein Mitarbeiter (Jahresge-halt 34.000 €) während der Arbeitszeit an einer Weiter-bildung mit insgesamt 160 Stunden teil, so entstehen neben den Seminarkosten von 1.000 € für den Arbeits-ausfall zusätzlich kalkulatorische Kosten von 2.720 €.

Der Unternehmer kann nun in der Tabelle festlegen, über welchen Zeitraum die Inhalte der Weiterbildung voraussichtlich von Nutzen sein werden. Daraus ergibt sich ein Wert für die Abschreibung und man kann ab-lesen, wie weit die Wertschöpfung gesteigert werden muss, um die Kosten für die Weiterbildung wieder he-rein zu bekommen. Unser Beispiel: Bei 3,6 Prozent Pro-duktivitätssteigerung des Mitarbeiters haben sich die Kosten schon innerhalb eines Jahres amortisiert.

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InfoMagazin der Regionalbüros September 2012 Seite 10

zu einer begonnenen Tätigkeit zurückzukehren, nennt die Trainerin als Indizien für einen Leistungsabfall, der mit zum Burnout führen könne. Ihr Rezept gegen die-sen Prozess habe sich bewährt: „Suchen Sie sich immer wieder neue Herausforderungen“, ermuntert sie ihr Heilbronner Publikum.

Sinneswahrnehmung trainieren

Wohlfarth selbst wendet das Training als Tutorin der Jugendspieler bei SC Freiburg und bei der U-National-mannschaft des DFB an, arbeitet aber auch erfolgreich mit Schlaganfallpatienten oder bringt Life Kinetik in Verbindung mit Nachhilfe – mit „super Effekten.“ Ein-mal die Woche zu üben, zeige schon Wirkung. Wichtig sei es, Sinneswahrnehmungen zu schulen, auch im Alltag.

„Versuchen Sie doch mal, alles mit der anderen als der gewohnten Hand zu machen: Zähne putzen, die Haustür aufschließen. Oder duschen Sie öfter mal im Dunkeln.“

Auch, wer nicht dauernd Augenbewegungen mit einer Bewegung des Kopfes kompensiere, trainiere die Gehirnakti-vität, rät die dynamische junge Frau. Ein Beispiel erregt Interesse: Lese-Rechtschreibschwächen bei Kindern seien zum Teil darauf zurückzuführen, dass diese nicht fähig seien, fließende Augenbewegungen auszuführen.

Im Haus des Handwerks purzeln die Bälle beim Versuch, sie mit überkreuzten Armen zu fangen. Bewegungs-wechsel, Bewegungsketten, Bewegungsfluss. Das Ziel der Aufgaben ist nicht, sie im Schlaf zu beherrschen. „Wenn Sie eine Übung können, gehen Sie die nächste an.“

Life Kinetik setze auf Abwechslung statt auf Wiederho-lung, erklärt Miriam Wohlfarth. Nach und nach werde sich nicht nur die Kapazität von rechter und linker Ge-hirnhälfte steigern, sondern auch die Verbindung zwi-schen vorderer und hinterer Hirnhälfte verbessert und der Zugriff aufs Langzeitgedächtnis erleichtert. Kurz-zeitig zeigt Life Kinetik schon Wirkung: Aufgekratzt ge-hen die Heilbronner nach Hause. (ag)

Öfter mal im Dunkeln duschenBewegung, Abwechslung und Konzentration: Life Kinetik bringt das Gehirn in Schwung. Sobald dem Körper ungewohnte visuelle und koordinative Aufgaben gestellt werden, bilden sich im Gehirn neue Synapsen. Dadurch ver-bessert sich die Konzentrationsfähigkeit , man wird flexibler und kreativer und hat ein hö-heres Selbstbewußtsein. So einfach geht das?

Selten hat der Meistersaal im Haus des Handwerks so ein wildes Durcheinander gesehen: Mehr als 60 Er-wachsene werfen sich bunte Bälle zu, rufen Zahlen, Obst- oder Gemüsenamen und nehmen dabei wech-selnde Schrittstellungen ein. Gelächter beherrscht die Geräuschkulisse. Miriam Wohlfarth ist zufrieden. So muss das sein, wenn die Referentin für Life Kinetik in ihr Thema einführt.

Nadine König vom Regio-nalbüro des Netzwerks Fortbildung und die Unternehmerfrauen im Handwerk haben die Frei-burgerin nach Heilbronn eingeladen: „Es gibt schon viele Unternehmen, die die Grundlagen von Life Kinetik einsetzen“, weiß König. Wohlfarth erklärt, warum: Unter anderem helfe die von Diplom-Sportlehrer Horst Lutz konzipierte Methode, Stress zu bewältigen. Übten in Firmen ganze

Teams gemeinsam, würden Hierarchien ausgeblendet: Alle sind gleich, alle haben Spaß, alle lernen dazu.

Bewegen und Denken - gleichzeitig

Das Training verbindet leichte körperliche Bewegung mit Denkaufgaben – eine Herausforderung für das Ge-hirn. Das sei im Grunde faul, sagt Wohlfarth, „es macht nur, was wir verlangen.“ In der Regel liege ein Großteil der möglichen Gehirnleistung brach. Nur, wenn es neue Aufgaben bekomme, bilden sich neue Synap-sen zwischen den Nervenzellen im Gehirn: Wer Neues lerne, steigere also seine Leistungsfähigkeit. Routinen, die den (Berufs)Alltag prägen, haben ihren Sinn, um etwa Arbeitsabläufe zu strukturieren, machen aber das Gehirn träge, erklärt Wohlfarth.

Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit, mangelnde Kreativität oder Schwierigkeiten, bei Unterbrechungen

Abwechslung hilft: M. Wohlfarth Tipp: Im Dunkeln duschen

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InfoMagazin der Regionalbüros September 2012 Seite 11

spannenden und manchmal überraschenden Weg der Weiterbildung einzulassen. „Ich will etwas gegen den beruflichen Stillstand tun“, berichtet da zum Beispiel ein junger Mann. Eine Teilnehmerin sagt: „Ich bin 61 Jahre alt – und lerne zum ersten Mal in meinem Leben eine Fremdsprache“. Andere wollen „Horizonte erwei-tern, Kontakte knüpfen, persönlich weiterkommen“. Es gibt Einstiege, Umstiege, Aufstiege in den unterschied-lichsten Lebenssituationen.

Motivation durch Identifikation

So kann nun jeder sich anregen lassen, welches State-ment mit der eigenen beruflichen und persönlichen Lage zusammen passt, in welchen Haltungen und Aus-sagen man sich wieder findet. Der Wert für die State-mentgeber liegt darin, dass es für den eigenen Lern-prozess sehr förderlich ist, die Motivation in (wenige)

Worte zu fassen. Denn die Gehirnforscher bestätigen: Lernen ist das eine. Zu wissen, dass man lernen kann, ist das andere. Und so richtig happy ist das Gehirn, wenn auch noch die Erkenntnis hinzukommt: Ich lerne, weil ich lernen kann - und weil ich dies auch gerne und freiwillig tue.

Zu sehen ist die landesweite Ausstellung „Gesichter der Weiterbildung“ erstmals anlässlich des Deutschen Wei-terbildungstages am Freitag, 21. September 2012 im Stuttgarter Hauptbahnhof. Zur Eröffnung der Ausstel-lung spricht der Staatssekretär im Kultusministerium und Schirmherr des Bündnisses für Lebenslanges Ler-nen, Dr. Frank Mentrup. Dabei werden auch einige der mitwirkenden Weiterbildungsteilnehmer anwesend sein. Die Ausstellung vermittelt einen sehr authen-tischen Eindruck von den vielen Menschen, die sich in Baden-Württemberg in Sachen Weiterbildung schon auf den Weg gemacht haben.

Tausend gute GründeWie kann man die Vielfalt in der Weiterbildung auf den Punkt bringen? Wie lassen sich die unter-schiedlichen Lebenssituationen und Lernmotive der Menschen darstellen? Die Regionalbüros haben hierzu ein Kommunikationskonzept erar-beitet, das bewusst darauf verzichtet, eine einzige Erfolgsformel zu nutzen. Vielmehr steht die Vielfalt im Vordergrund: tausend gute Gründe für die Weiterbildung, zu sehen u.a. in der Ausstellung „Gesichter der Weiterbildung“.

Werbung für Weiterbildung verfolgt das Ziel, möglichst viele Menschen für die Teilnahme an Weiterbildungs-maßnahmen zu motivieren. Getreu der AIDA-Formel (Attention, Interest, Desire, Action) gilt es dabei vor allem, die Hürde vom Interesse (Interest) zum persön-lichen Wunsch (Desire) zu schaffen. Alle wissen, dass Weiterbildung wichtig ist. Aber das heißt noch lange

nicht, dass alle auch sofort hochmotiviert losspringen, wenn ihnen eine Weiterbildungswerbung entgegen winkt. Man muss sogar aufpassen: Werbung für Wei-terbildung kann kontraproduktiv sein, wenn sie sich zu nah an der Motivationslage nur einer bestimmten Zielgruppe orientiert.

Persönliche Erfahrungen

Entsprechend haben die Leiterinnen und Leiter der Regionalbüros in den vergangenen Monaten auf Bil-dungsmessen, in Seminaren und Veranstaltungen bereits über 500 Menschen angesprochen und dazu bewegt, von ihren persönlichen Erfahrungen mit einer konkreten Weiterbildung zu berichten.

Die Statements samt hochwertigen Fotos werden in Form von Flyern, Plakaten und Aufstellern in die Öf-fentlichkeit gebracht. Mit ihren Statements machen die Teilnehmer anderen Menschen Mut, sich auch auf den

Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozial-fonds und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

» Es ist die Chance für Mütter, eine Ausbildung in Teilzeit mit finanzieller Unterstützung nach-zuholen. «Tina Z., Steinen

Regionalbüro für berufl iche Fortbildung Emmendingen, Freiburg/ Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach und Waldshut

www.fortbildung-bw.de

Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozial-fonds und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

Regionalbüro für �����������������������Ortenau und Freudenstadt-Horb

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» Mein Fazit nach 4 Jahren in-tensiver Fortbildung: Horizonte erweitern, Kontakte knüpfen, persönlich weiterkommen. «Barbara H.-B., Kehl

Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozial-fonds und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

» Lebenslanges Lernen hält den Geist fit, nicht nur im Rahmen von Kursen, aber Kurse eröffnen neue Wege und Hoffnung. «Aster O., Senden

Regionalbüro für �����������������������Ulm / Biberach

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Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozial-fonds und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

» Auf Wanderschaft ist jeder Tag eine Weiterbildung nicht nur im Beruf, hauptsächlich menschlich und in persönlichen Dingen. «Patrick B., Frauenfelden

Regionalbüro für �����������������������Ulm / Biberach

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Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozial-fonds und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

Regionalbüro für �����������������������Heilbronn

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» Ich hatte das Gefühl, anderenMenschen helfen zu wollen undmeine Fähigkeiten sinnvoll ein-zusetzen. «Markus S., Kirchheim

Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozial-fonds und des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

Regionalbüro für �����������������������Heilbronn

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» Banken empfehlen die unter-schiedlichsten Finanzprodukte zur Sicherung der Existenz. Als ehemaliger Banker werbe ich für ein alternatives Investment mit garantiert hoher Rendite: Bildung, unschlagbar gegenüber allen anderen Anlagen, ob Gold, Silber oder Aktien. «Friedrich B., Flein

Page 12: InfoMagazin der Regionalbueros September 2012

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Weiterbildung in Baden-WürttembergEindrücke – Übersichten – Ausblicke

InfoMagazin der Regionalbüros September 2012 Seite 12

zum Schluss… Bindungs-Energie nutzen

„Die Voraussetzung für erfolgreiches gemeinsames Handeln liegt im Ur-Motiv der Bindung begründet, nämlich im Streben nach Zugehörigkeit, Geborgenheit und gegenseitigem Vertrauen.“ Dies sagt und begrün-det Dr. Klaus Dehner vom Institut für BioLogik der Füh-rung und Fortbildung. Was die Weiterbildungsbranche zur „Bindungsformel für Qualifizierung und Zugehö-rigkeit im Unternehmen“ wissen sollte, hat Dehner auf-geschrieben und publiziert. Seinen Vortrag gibt‘s als Download unter www.regionalbuero-bw.de

Leonardo-Brücken bauen

Die Aufgabe ist denkbar einfach - und gar nicht so leicht zugleich: 34 Holzlatten so zusammensetzen, dass eine stabile Brücke entsteht. Kein geringerer hat sich das ausgedacht als Leonardo da Vinci. Im Gieße-ner Mitmachmuseum „Mathematikum“ gibts das kleine Modell des großen Erfinders zum Ausprobieren und ei-nen Original Leonardo-Brücken-Bauplan dazu.

Auftakt also fürs Brückenbauen mit hohem Lern- und Erlebnisfaktor bei Weiterbildungsevents und Stadt-

Impressum

Dieses InfoMagazin wird herausgegeben von den Regionalbüros des Netzwerks Fortbildung Baden-Württemberg. Ausgabe 5/2012

Für die Redaktion ist eine Arbeitsgruppe zuständig, Mitglieder sind derzeit Achim Kühne-Henrichs und Dr. Gerhard Mehrke.

Ansprechpartner und Kontakt: Achim Kühne-Henrichs Regionalbüro des Netzwerks Neckar-Alb c/o Volkshochschule Reutlingen Im Wasen 10, 72770 Reutlingen Tel.: 07121 / 955357 Email: [email protected]

festen. Dabei ist ein mathematisch-geometrisches Ver-ständnis ebenso gefragt wie handwerkliches Geschick und Teamarbeit. Zunächst werden drei Hölzer in Form eines H auf die Wiese gelegt. Unter die zwei Füße des H wird ein weiteres Holz platziert, so dass ein A entsteht. Jetzt gilt es, den Kopf des A anzuheben und ein Holz zwischen Bauch und Kopf des A zu klemmen. Dieses wird dann angehoben und mit weiteren Hölzern ver-kantet... was man allerdings nur bedingt mit Worten erklären kann. Manche Sachen muss man einfach aus-probieren!

... demnächstTermine

Bildungsmarketing mit „Sinus-Milieus“ Seminar der Regionalbüros Stuttgart und Esslingen Mittwoch, 19. Sept. 2012, 13 - 17 Uhr, vhs StuttgartReferent: Peter Martin Thomas, Sinus-Akademie Ausstellung „Gesichter der Weiterbildung“ Zentrale Aktion zum Deutschen Weiterbildungstag Freitag, 21. Sept. 2012, 9 - 17 Uhr, Hbf Stuttgart

Faszination GehirnSeminar des Regionalbüros Ulm/Biberach in Koope-ration mit dem TransferZentrum für Neurowissen-schaften und Lernen. Dienstag, 25. Sept. 2012,19.30 Uhr, Bibliothek Biberach Referentinnen: Beate Kern, Simone Bergande

Weiterbildungskongressim Rahmen der Kampagne Lernen bedeutet Leben Dienstag, 9. Okt. 2012, 13.30 - 17.15 Uhr, StuttgartKönig-Karl-Halle, Haus der Wirtschaft Gastredner: u.a. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer

Fachtag „Virtuelle Lernumgebungen“ Seminar der Regionalbüros Donnerstag, 15. Nov. 2012, 10.00 - 16.30 Uhr, Literaturhaus Stuttgart Attraktion beim Stadtfest: Die „Leonardo-Brücke“