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Antibiotikaverordungen in Österreich_4 Polypharmazie an der Schnittstelle_11 Praxis aktuell: TNF-alpha-Blocker _12 FORUM Arztpraxis www.gesundheitskasse.at Informationen aus Forschung, Praxis und Ökonomie 1/2021 Oberösterreich

Informationen aus Forschung, Praxis und Ökonomie 1/2021

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Antibiotikaverordungen in Österreich_4

Polypharmazie an der Schnittstelle_11

Praxis aktuell: TNF-alpha-Blocker _12

FORUMArztpraxis

www.gesundheitskasse.at

Informationen aus Forschung, Praxis und Ökonomie1/2021Oberösterreich

Basiswissen zum Kassenrezept

FORUM Arztpraxis 01_20212

AKTUELLES

Dieser auf Initiative des Arzneidialoges erstellte Leitfaden fasst die Prinzipien über die ökonomische Verschreibung von Medikamenten zusammen. Grundlegendes Basiswissen zum Kassenrezept soll Ordinationsassistenten in ihrer täglichen Praxis unterstützen. Die Entscheidung, was für einen Patienten am geeig-netsten ist, liegt beim Arzt.

Sie können den Leitfaden herunterladen unter https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.856564&portal=oegkoportal oder anfordern bei Frau Petra Treitinger, [email protected], Tel. 050766-14102072.

01_2021 FORUM Arztpraxis

Editorial

Sehr geehrte Ärztinnen undÄrzte, liebe Vertragspartnerinnenund Vertragspartner

Seit mehr als einem Jahr wird die Welt von einem Thema beherrscht: Covid-19. Die Pandemie hat auch bei uns das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben sowie in besonderem Maß das Gesundheitswesen bis an die Grenzen beansprucht. Wir können stolz darauf sein, dass das Netz in Österreich gehalten hat – nicht zuletzt wegen Ihrer engagierten Arbeit als unser Vertragspartner. Die Österreichische Gesundheitskasse möchte sich auch an dieser Stelle herzlich für Ihren Einsatz in der Krise bedanken.

Corona hat natürlich auch unsere Arbeit auf allen Ebenen beherrscht und tut es noch immer. Trotzdem haben wir auch abseits davon wichtige Projekte vorangetrieben. So hat die Österreichische Gesundheitskasse schon während des ersten Lockdowns für ihre Vertragspartner die Möglichkeit geschaffen, Patientinnen und Patienten mittels Telemedizin zu beraten und auch zu behandeln. Visit-e bietet dazu einen einfachen und sicheren Zugang. In mehreren Bundesländern wurden mit den Landesärztekammern bereits Vereinbarungen zur Telemedizin abgeschlossen.

Eine besondere Bedeutung hat die e-Medikation. Die elektronische Übermittlung der Medikamenten- verordnungen ist aus dem Alltag der verschreibenden Ärztinnen und Ärzte und ihrer Patienten nicht mehr wegzudenken. Die unbürokratische e-Medikation spart Zeit und verhindert unnötige Kontakte – was in Zeiten einer Pandemie zum Schutz aller Beteiligten beiträgt.

Auch das Jahr 2021 wird für uns alle enorme Herausforderun-gen bringen. Die Österreichische Gesundheitskasse ist mit dem dichten Netz an Vertragspartnern und dem engagierten Einsatz von jeder/jedem Einzelnen von Ihnen gut aufgestellt. Gemeinsam werden wir es schaffen, die medizinische Versor-gung der Bevölkerung auch weiterhin auf höchstem Niveau sicherzustellen.

Dr. Rainer ThomasGeneraldirektor-Stellvertreter

Inhalt

Aktuelles: Basiswissen zum Kassenrezept 2

Editorial 3

Antibiotikaverordnungen in Österreich 4

Neu am Markt: Cholesterol-Senkung mit Bempedoinsäure 10

Polypharmazie an der Schnittstelle 11

Praxis aktuell: TNF-alpha-Blocker 12

Gut begleitet von Anfang an! Frühe Hilfen in OÖ 14

Medizin aktuell: Erhöhtes Risiko für CED-Patienten durch Covid-19? 16

Praxis aktuell: Medikamente und Hitze 17

Heilmittelökonomievereinbarung mit Krankenhäusern 18

Praxis aktuell: Tipps für Ihre Patienten Leichter leben! und Leichter leben! + 20

Aktuelles: Parallelimporte und Preismodelle 22

EKO-Aktuell: Ezeato in der Grünen Box 23

Aktuelles: neue E-Learnings 24

Impressum Medieninhaber & Herausgeber: Österreichische Gesundheitskasse, Haidingergasse 1, 1030 Wien, www.gesundheitskasse.at/impressum Redaktion: ÖGK Landesstelle Linz, Gruberstraße 77, 4020 Linz, Dr. Thomas Weichselbaumer • Fotos/Bilder (wenn nicht in den Fotocredits anders angegeben): Shutterstock • Hersteller: BTS, Engerwitzdorf • Nr. 1/2021.

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FORUM Arztpraxis 01_20214

Fast schon traditionell haben Antibio-tikaverordnungen im Jahresverlauf ihr Maximum in den Wintermonaten, also im vierten und im sich anschließen-den ersten Quartal, wobei von Jänner bis März die absolut meisten Verord-nungen erfolgen. Die niedrigsten Ver-ordnungszahlen werden im dritten Quartal verzeichnet. Die erhöhten Ver-ordnungszahlen in kälteren Monaten sind zumindest teilweise auf den Ein-

satz von Antibiotika bei (unter anderem viral bedingten) Erkältungskrankheiten zurückführen, die in dieser Zeit weitaus häufiger auftreten als im Rest des Jah-res.

Für das Jahr 2020 zeigen erste Auswer-tungen, dass die Verordnungszahlen von Antibiotika weiter abnehmen, so-gar in verstärktem Maße. Allerdings war dieses Jahr maßgeblich von der Coro-

na-Pandemie geprägt. Diesbezügliche Maßnahmen wie Kontaktbeschränkun-gen und die häufige Verwendung von Gesichtsmasken haben sicherlich ihren Teil dazu beigetragen, Infektionen und konsekutive Antibiotika-Verordnun-gen zu verringern. Ob und wie sich die Pandemie längerfristig auf die Verord-nungshäufigkeit von Antibiotika auswir-ken wird, bleibt abzuwarten.

Veränderungen im Verordnungsspektrum

Interessante Veränderungen lassen sich auch im Verordnungsspektrum von An-tibiotika erkennen (Abbildung 2, Seite 6). Nach wie vor entfallen mehr als 95 Prozent aller Antibiotikaverordnungen auf die fünf Wirkstoffklassen Penicilline, Cephalosporine und andere Betalac-tamantibiotika (Monobactame und Carbapeneme), Makrolidantibiotika (inkl. Lincosamide und Streptogramine), Fluorchinolone und sonstige Antibioti-ka (Antibiotika, die keiner der anderen Klassen zuordenbar sind, z. B. Fusidins-äure, Nitrofurantoin, Fosfomycin, Met-ronidazol, Linezolid und Tedizolid).

Bei insgesamt rückläufigen Verord-nungszahlen wurden relativ mehr Peni-cilline verordnet, ihr Anteil stieg von 2015 bis 2019 von 38,8 auf 46,4 Prozent. Während der Anteil von Cephalosporin-en und sonstigen Betalactamantibiotika leicht von 12,3 auf 13,9 Prozent stieg, nahm der Anteil der Makrolidantibio-tika von 27,1 auf 22,4 Prozent merklich

Antibiotikaverordnungen in Österreich Rückgang auf unter fünf Millionen PackungenVerordnungen von Antibiotika zur oralen Anwendung sind in Österreich erfreulicherweise seit einiger Zeit konstant rückläufig (Abb. 1). Wurden 2015 österreichweit noch rund 5,5 Millionen Packungen Antibiotika auf Kosten der Krankenversicherung verordnet, sank dieser Wert auf rund 4,9 Millionen Packungen im Jahr 2019, was einem Rückgang um rund elf Prozent entspricht.

Abb. 1: Antibiotikaverordnungen auf Kosten der österreichischen Kranken- versicherungsträger nach Jahr und Quartalen. Quelle: BIG.

6.000.000

5.000.000

4.000.000

3.000.000

2.000.000

1.000.000

0

vero

rdne

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acku

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2015 2016 2017 2018 2019

n 1. Quartal n 2. Quartal n 3. Quartal n 4. Quartal

01_2021 FORUM Arztpraxis 5

Anwendungseinschränkung von Fluorchinolonen

Aufgrund einer Neubewertung des Nutzen-Risiko-Profils von Fluorchinolonen (das betrifft die in Österreich vermark-teten Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin und Prulifloxacin) durch die europä-ische Zulassungsbehörde EMA und der Finalisierung durch die Europäische Kommission gelten seit 2019 Einschrän-kungen für die systemische und inhalative Verwendung dieser Wirkstoffe1:

● keine Anwendung um Infektionen zu therapieren, die auch ohne Behandlung abklingen oder nicht schwerwiegend sind (z. B. Halsentzündungen)

● keine Anwendung zur Behandlung nicht bakteriell verursachter Infektionen, wie z. B. nicht-bakterielle (chronische) Prostatitis

● keine Anwendung zur Vorbeugung von Reisediarrhoe oder wiederkehrenden Infektionen der unteren Harnwege (Harninfektionen, die nicht über die Harnblase hinausgehen)

● keine Anwendung zur Behandlung leichter oder mittelschwerer bakterieller Infektionen, es sei denn, andere üblicherweise für diese Infektionen empfohlene Antibiotika können nicht angewendet werden.

Anwenderinnen und Anwendern wird geraten, bei ersten Anzeichen von Nebenwirkungen, die Muskeln, Sehnen oder Gelenke bzw. das Nervensystem betreffen, die Behandlung abzubrechen und sich an ihre Ärztin oder ihren Arzt zu wenden. Bei Personen, die zuvor bereits schwerwiegende Nebenwirkungen mit einem Fluorchinolon gezeigt hatten, soll eine erneute Exposition vermieden werden. Bei älteren Personen, Personen mit Nierenerkrankungen und solchen, die eine Organtransplantation hatten, sollen Fluorchinolone mit besonderer Vorsicht angewendet werden, da bei die-sen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Sehnenschäden vorliegt. Aus dem gleichen Grund sollte auch die gleich-zeitige Gabe mit einem Kortikosteroid vermieden werden.

FORUM Arztpraxis 01_20216

ab. Leichte Zuwächse konnten auch die sonstigen Antibiotika verzeichnen. Auch die veränderten Empfehlungen zum Einsatz von Fluorchinolonen (sie-he Kasten Seite 5), machen sich in der Statistik bemerkbar: Der Verordnungs- anteil sank von 11,6 auf nur mehr 7,2 Prozent. Dieser Anteil sollte bei konse-quenter Umsetzung der Anwendungs-einschränkungen in den kommenden Jahren noch weiter sinken.

Bei den verordneten Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen (Abbildung 3, Seite 7) dominiert nach wie vor Amoxi-cillin in Kombination mit Clavulansäure. Präparate mit dieser Wirkstoffkombi-nation waren 2019 allein für 31 Prozent der Antibiotikaverordnungen verant-wortlich, 2019 wurden absolut mehr

Packungen verordnet als 2015, bei all-gemein abnehmenden Antibiotikaver-ordnungen. Weitere Wirkstoffe, deren absolute Verordnungszahlen in diesem Zeitraum stiegen, sind die Penicilline Pi-vmecillinam und Amoxicillin (als Einzel-wirkstoff), die Cephalosporine Cefalexin und Cefuroxim sowie die unter „Sonsti-ge Antibiotika“ klassifizierten Wirkstoffe Fosfomycin, Nitrofurantoin und Metro-nidazol.

Azithromycin war 2019 das am zweit-häufigsten verordnete Antibiotikum. Die moderaten Steigerungen im Ver-gleich zu 2015 werden von den sehr starken Rückgängen der anderen Ma-krolidantibiotika deutlich übertroffen. Ebenfalls rückgängige Verordnungs-zahlen gab es vor allem für Ciprofloxacin

und die anderen Fluorchinolone sowie die Tetrazyklin-Derivate Doxycyclin und Minocyclin.

Rationaler Einsatzvon Antibiotika

Die unnötige Einnahme von Anti-biotika, z. B. bei viral bedingten In-fektionen, aber auch der unkorrekte Einsatz von Antibiotika bei eigentli-cher Indikation, z. B. in einer falschen Dosierung, haben nicht nur negative Auswirkungen auf das Individuum, wie beispielsweise Nebenwirkungen, denen nur ein geringer oder gar kein Nutzen gegenübersteht, sondern tra-gen auch zur fortschreitenden Resis-tenzentwicklung bakterieller Erreger bei. Darüber hinaus werden auch zu-sätzliche Kosten im Gesundheitssys-tem verursacht.

Einige generelle Grundsätze sollten da-her bei jeder Verordnung beachtet wer-den:

1. Antibiotika sollten nur eingesetzt wer-den, wenn ein klarer Nutzen erwartet werden kann.

2. Wenn ein Antibiotikum zum Einsatz kommt, soll ein dem wahrscheinli-chen Erregerspektrum entsprechen-des Mittel eingesetzt werden. Das Wirkspektrum des Antibiotikums sollte dabei so breit wie nötig und so schmal wie möglich sein. Lokale Re-sistenzdaten sollen dabei berücksich-tigt werden.

Abb. 2: Verordnungsanteile nach Packungen für Antibiotikaverordnungen auf Kosten der österreichischen Krankenversicherungsträger nach Jahr und Antibiotikaklassen (aggregiert auf Ebene 3 der ATC-Klassifikation der WHO). Der Anteil der Aminoglykosidantibiotika liegt im Auswertungszeit- raum konsequent bei 0,1 Prozent und ist daher nicht sichtbar. Quelle: BIG.

100 %

90 %

80 %

70 %

60 %

50 %

40 %

30 %

20 %

10 %

0 %2015 2016 2017 2018 2019

38,8 % 40,3 % 42,2 % 44,0 % 46,4 %

12,3 % 12,7 % 12,9 %13,4 %

13,9 %

27,1 % 25,7 % 24,5 % 23,1 % 22,4 %

11,6 % 11,1 % 10,7 % 10,1 % 7,2 %

5,0 % 5,4 % 6,0 % 6,3 % 7,0 %

n Tetrazykline n Penicilline n Cephalosporine, Monobactame und Carpabeneme n Sulfonamide und Trimethoprim n Makrolide, Lincosamide und Streptogramine n Aminoglykoside n Fluorchinolone n Sonstige Antibiotika

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3. Die Darreichungsform und die Do-sierung des Antibiotikums soll nach patientenindividuellen Merkmalen gewählt werden.

4. Die Therapiedauer sollte so lang wie nötig und so kurz wie möglich sein, da eine zu kurze Anwendung den Thera-pieerfolg gefährdet, während eine zu lange Antibiotikaeinnahme die Ent-wicklung von Resistenzen begünstigt.

LeitliniengerechteAnwendung von Antibiotika beim unkompliziertenHarnwegsinfekt

Ein Beispiel für die Anwendung dieser Grundsätze bietet die Therapie des un-komplizierten Harnwegsinfekts (HWI), die auch in aktuellen Leitlinien umge-setzt sind.2,3 Ein unkomplizierter HWI liegt insbesondere bei nicht-schwange-ren Frauen vor, wenn die Symptome nur auf den unteren Harntrakt beschränkt sind, keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien im Harn-trakt, keine Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Vor- bzw. Beglei-terkrankungen vorliegen, die eine Harn-wegsinfektion oder gravierende Kom-plikationen begünstigen.2

Anhand der typischen Symptome (Dysurie/Algurie, Pollakisurie, impera-tiver Harndrang, Schmerzen oberhalb der Symphyse), eventuell unter Zuhil-fenahme eines Harnteststreifens (Leu-kozyten, Nitrit, Erythrozyten/Hb), wird die Diagnose gestellt. Eine Harnkultur

ist beim unkomplizierten HWI primär nicht erforderlich, da das Erregers-pektrum relativ einheitlich ist: Esche-richia coli stellt zum überwiegenden Teil den Hauptverursacher von HWI dar, daneben finden sich noch Proteus mirabilis, Staphylococcus saprophyti-cus (und andere Staphylokokken), Klebsiella pneumoniae sowie Entero-

kokken, andere Erreger sind selten.2

Das Hauptziel der Behandlung liegt in einer möglichst schnellen Linderung der Symptomatik. Obwohl Spontanhei-lungsraten von 30 bis 50 Prozent nach einer Woche berichtet werden, wird generell eine antibiotische Behand-lung empfohlen, allenfalls bei Patien-tinnen mit leichten bis mittelschweren

WIRKSTOFF(E) KLASSE 2015 2019 2015–2019

Amoxicillin + Clavulansäure Penicillin 1.432.576 1.483.341 +50.765

Clarithromycin Makrolid 491.007 216.305 -274.702

Azithromycin Makrolid 470.768 490.696 +19.928

Clindamycin Lincosamid 384.991 327.304 -57.687

Ciprofloxacin Fluorchinolon 348.005 193.873 -154.132

Cefaclor Ceph., 2. Gen. 242.333 221.507 -20.826

Amoxicillin Penicillin 223.489 248.466 +24.977

Penicillin V Penicillin 177.437 147.230 -30.207

Cefalexin Ceph., 1. Gen. 173.936 192.776 +18.840

Cefuroxim Ceph., 2. Gen. 149.206 153.566 +4.360

Doxycyclin Tetrazyklin 148.479 35.190 -113.289

Moxifloxacin Fluorchinolon 134.709 68.449 -66.260

Pivmecillinam Penicillin 125.721 186.492 +60.771

Cefpodoxim Ceph., 3. Gen. 106.528 76.786 -29.742

Penicillin V-Benzathin Penicillin 102.533 96.373 -6.160

Fosfomycin Sonstige 99.942 144.606 +44.664

Metronidazol Sonstige 98.055 102.874 +4.819

Josamycin* Makrolid 97.373 10.979 -86.394

Levofloxacin Fluorchinolon 88.578 58.041 -30.537

Sultamicillin Penicillin 74.115 54.439 -19.676

Minocyclin Tetrazyklin 68.112 6.338 -61.774

Nitrofurantoin Sonstige 51.652 64.972 +13.320

Roxithromycin Makrolid 45.167 29.665 -15.502

Trimethoprim Trimethoprim** 39.104 35.850 -3.254

Norfloxacin Fluorchinolon 31.099 5.921 -25.178 Abb. 3: Verordnungszahlen von Antibiotika auf Kosten der österreichischen Krankenversicherungsträger nach Jahr und Wirkstoff gereiht nach der Verordnungsmenge 2015. Ceph. = Cephalosporin; Gen. = Generation. Quelle: BIG.* In Österreich sind aktuell keine Arzneispezialitäten mit dem Wirkstoff Josamycin mehr verfügbar.** Trimethoprim wird nach ATC-Klassifizierung zusammen mit Sulfonamiden in eine Klasse gestellt.

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Symptomen kann die alleinige sympto-matische Therapie (z. B. mit NSAR oder Phytopharmaka unter Beachtung der Kontraindikationen) als Alternative zur antibiotischen Behandlung erwogen werden. Die Entscheidung sollte aber im Konsens mit der Patientin erfolgen. 2

Regionale Unterschiededer Resistenzlage

Wie erwähnt, orientiert sich die Auswahl des Antibiotikums am Erregerspektrum und der Resistenzlage. Wirkstoffe, für die Resistenzraten über zehn Prozent dokumentiert sind, sollen nur nach Aus-testung im Antibiogramm eingesetzt werden.4,5 Aktuelle österreichische Re-sistenzdaten für die Leitkeime E.coli und K. pneumoniae gegenüber ausge-wählten Antibiotikaklassen bzw. Einzel-wirkstoffen finden sich in Abbildung 4 oben. Es ist aber zu beachten, dass es durchaus regionale Unterschiede ge-ben kann.

Es zeigen sich kritische Resistenzra-ten gegenüber Aminopenicillinen (z. B. Amoxicillin), auch in Kombination mit Betalactamase-Inhibitoren (z. B. Amo-xicillin + Clavulansäure), Fluorchinolo-

nen (z. B. Ciprofloxacin, Moxifloxacin), Cephalosporinen der 2. Generation (z. B. Cefuroxim, Cefaclor) sowie für Trimethoprim allein und in Kombina-tion mit Sulfamethoxazol (Cotrimoxa-zol). Aminoglykoside (z. B. Gentamicin) weisen niedrige Resistenzraten auf, al-lerdings sind diese Wirkstoffe aufgrund ihrer schlechten Bioverfügbarkeit nur begrenzt anwendbar (keine orale An-wendung möglich) und kommen nur äußerst selten zum Einsatz.

Als Antibiotika der ersten Wahl werden daher Wirkstoffe empfohlen, die nied-rige Resistenzraten aufweisen und oral verfügbar sind: Fosfomycin (3 g einma-lige Abendgabe nach entleerter Harn-blase), Nitrofurantoin (100 mg 2 x täg-lich für 5 bis 7 Tage) sowie Pivmecillinam (400 mg 2 bis 3 x täglich für 3 Tage).2, 3

Dass diese Empfehlungen umgesetzt werden, zeigt sich auch an den steigen-den Verordnungszahlen dieser Wirk-stoffe entgegen dem allgemeinen Trend (Abb. 3, Seite 7).

WIRKSTOFFKLASSE E.-COLI RESISTENT K. PNEUMONIAE RESISTENT

Aminoglykoside 5,1 % a 4,4 % a

Aminopenicilline 42,6 % a n.d.

Aminopenicilline + BLI 13,2 % a 13,4 % a

Cephalosporine, 2. Generation 10,1 % a 11,9 % a

Fluorchinolone 16,4 % a 11,1 % a

Fosfomycin 2 % b n.d.

Nitrofurantoin 1,4 % a n.d.

Pivmecillinam 6,6 % a 9,7 % a

Sulfamethoxazol + Trimethoprim 22,5 % a 13,6 % a

Trimethoprim 24,1 % a 12 % b

Abb. 4: Resistenzraten von E.coli und K. pneumoniae gegenüber ausgewählten Antibiotikaklassen und Einzelwirkstoffen. BLI: Betalactamase-Inhibitoren, n.d.: keine Daten verfügbar. a AURES 20184, die Daten beziehen sich auf aus Harnproben gewonnenen Isolaten aus dem intra- und extramuralen Bereich in Österreich. b labors.at: Jahresbericht 20195, die Daten beziehen sich auf aus Harnproben bei unkompliziertem HWI gewonnenen Isolaten aus Wien und umgebenden Regionen.

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Literatur1. European Medicines Agency: Disabling and potentially permanent side effects lead to

suspension or restrictions of quinolone and fluoroquinolone antibiotics (11.03.2019). Online verfügbar unter https://www.ema.europa.eu/en/documents/referral/quinolone-fluoroquinolo-ne-article-31-referral-disabling-potentially-per-manent-side-effects-lead_en.pdf.

2. Deutsche Gesellschaft für Urologie: Inter- disziplinäre S3-Leitline – Epidemiologie, Diag-

nostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erwor-bener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Aktualisierung 2017. Online verfügbar unter https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/043-044.html.

3. Arznei und Vernunft: Leitlinie Antiinfektiva. Wien 2018. Online verfügbar unter http://www.

arzneiundvernunft.at/uploads/190902_Leitli-nie_Antiinfektiva_Onlineversion_610_DE.pdf.

4. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: Resistenzbe-

richt Österreich AURES 2018 – Antibiotikaresis-tenz und Verbrauch antimikrobieller Substanzen in Österreich. Wien, 2020. Online verfügbar unter https://www.analyse.eu/content/inhalte/nationales_referenzzentrum/antibiotikaresis-tenz/index_ger.html.

5. Labors.at: Antibiotika-Resistenz häufiger bakterieller Erreger – Jahresbericht 2019. Wien,

2020. Online verfügbar unter https://www.labors.at/wp-content/uploads/2020/08/Anti-biotika-Jahresbericht-2019_V9.pdf.

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Beide Präparate sind indiziert bei Er-wachsenen mit primärer Hypercholes-terinämie (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) oder gemischter Dys-lipidämie. Sie können mit einem Statin kombiniert eingenommen werden oder auch bei Statinintoleranz (oder wenn ein Statin kontraindiziert ist). Nilemdo als Monotherapie und Nustendi als Fix-kombination mit Ezetimib sind einmal täglich oral einzunehmen.1,2,3

Wenn Bempedoinsäure zusätzlich zu Statinen gegeben wird, kommt es zu einer durchschnittlichen zusätzlichen Reduktion des LDL-Cholesterins um 28 Prozent.4

Bempedoinsäure hemmt wie die Stati-ne die Cholesterolbiosynthese, ist aller-dings im Gegensatz zu diesen hepato-selektiv. Das Prodrug Bempedoinsäure wird durch selektive hepatische Meta-bolisierung mithilfe des Enzyms ACS-VL1 (very long-chain acyl-CoA Synthe-tase) in die Wirkform ETC-1002-CoA übergeführt. Da ACSVL1 nicht in den Skelettmuskelzellen exprimiert wird, kommt es anders als bei den Statinen zu keiner Beeinflussung der muskulären Cholesterolbiosynthese. Die für Statine typische Nebenwirkung von Muskel-schmerzen (im schlimmsten Fall: Rhab-domyolyse) ist daher nicht zu erwarten. Bempedoinsäure ist gut verträglich.3,4,5

Zu den häufigsten unerwünschten Wir-kungen zählen Hyperurikämie, Anämie, Erhöhung der Lebertransaminasen und Schmerzen in Schultern, Beinen

oder Armen. Bempedoinsäure erhöht die Plasmakonzentration von Stati-nen. Simvastatin-Dosen von mehr als 40 mg dürfen in Kombination mit Ni-lemdo nicht angewendet werden. Nilemdo ist während der Schwanger-schaft und Stillzeit kontraindiziert.1,3,6

Eine weltweite Studie zum Einfluss von Bempedoinsäure auf die Inzidenz kar-diovaskulärer Ereignisse (CLEAR Out-come) läuft noch und die Ergebnisse werden für 2022 erwartet.7

Quellen (Stand 08.02.2021):

1 https://www.gelbe-liste.de/nachrichten/nilem-do-bei-hypercholesterinaemie

2 https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/nilemdo-nustendi-neue-the-rapien-bei-hypercholesterinamie-sen-kung-von-ldl-cholesterin

3 https://arznei-news.de/bempedoinsaeure/4 https://www.kup.at/kup/pdf/14729.pdf5 https://www.pharmazeutische-zeitung.de/

eu-zulassungsempfehlung-fuer-bempedoin-saeure/

6 https://www.daiichi-sankyo.at/fileadmin/dai-ichi-sankyo-contents/DS_AT/Downloads/Pro-ducts/Nilemdo_PIL_AT_0100_118594_KA_okA-RAC_okDSAT.pdf

7 https://www.kardiologie.org/praevention---reha-bilitation/cholesterinsenker-bempedoinsaeu-re-in-europa-zugelassen/17874232

Neuer Ansatz zur Cholesterol-SenkungBempedoinsäure gut verträglich

Seit 1. November 2020 ist der neue oral verfügbare Choles-terol-Synthesehemmer Bempedoinsäure in der roten Box des Erstattungskodex. Nilemdo ist das Monotherapeutikum und Nustendi die Fixkombination mit Ezetimib.

NEU AM MARKT

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Bereits 2006 wurde von der WHO das „High 5s“-Projekt initiiert, das auf die Entwicklung und Implementierung von Standardarbeitsanweisungen (SOPs) abzielt – für eine nachhaltige Reduzie-rung herausfordernder Probleme der Patientensicherheit. Eine dieser SOPs befasst sich mit der „Medikationsge-nauigkeit bei Übergängen der Pflege“, sprich beim Wechsel eines Patienten vom extra- in den intramuralen Bereich und retour. Kritisch ist dieser Übergang in punkto Medikationssicherheit vor al-lem bei Vorliegen von Polypharmazie, die als „gleichzeitiger und regelmäßiger Gebrauch von vier oder mehr rezept-freien, rezeptpflichtigen oder traditio-nellen Arzneimitteln“ definiert wird.

Grundvoraussetzung für eine sichere Arzneimittelverordnung während des stationären Aufenthalts ist die Erfas-sung der aktuellen Medikation des Pa-tienten (BPMH – best possible medica-tion history), die entsprechend der High 5s-SOP idealerweise von einem Apo-theker erfolgen sollte. Dieser Empfeh-lung wurde das Krankenhaus der Barm-herzigen Brüder Linz im März 2015 durch Implementierung des pharma-zeutischen Aufnahmemanagements für geplante stationäre Aufnahmen an der Abteilung für Chirurgie gerecht.

Neben der korrekten und vollständigen Erfassung der gesamten Medikation un-ter Nutzung multipler Informationsquel-

len (Patient, Medikationsliste, Befunde früherer Aufenthalte aus der elektroni-schen Patientenakte), überprüft der wäh-rend der Aufnahme anwesende Pharma-zeut insbesondere das Vorliegen von:● Möglichen Wechselwirkungen

(z. B. erhöhtes Blutungsrisiko, QT- Zeitverlängerung, Elektrolytverschie-bungen)

● Doppelverordnungen (z. B. inhala-tive Beta-2-Sympathomimetika, RAAS-Inhibitoren)

● Arzneimitteln ohne Indikation (z. B. PPIs)

● Dosierungs- oder Anwendungsfeh-lern (z. B. NOAKs)

● Potenziell inadäquater Medikation für ältere Menschen lt. PRISCUS-Lis-te (z. B. Hydroxyzin)

Das Herzstück der klinisch-pharmazeu-tischen Betreuung stellt der sogenann-te „Pharmazeutische Medikations-check“ dar, der kontaktlos anhand der in der elektronischen Patientenakte vor-liegenden Medikationsdaten und Be-funde für möglichst jeden stationären Patienten von einem Krankenhausapo-theker durchgeführt wird. Zusätzlich zu den angeführten Kontrollen erfolgt eine Überprüfung der Laborparame-ter, gegebenenfalls wird eine Dosisan-passung bei verminderter glomerulärer Filtrationsrate oder Leberschäden vor-geschlagen. Diese Informationen wer-den als Befund für das Ärztepersonal eingelesen und sollen bei bestehender

Polypharmazie zur Vermeidung Arznei-mittel-bedingter Zwischenfälle vor al-lem durch erweiterte Medikation wäh-rend des Spitalsaufenthalts beitragen.

Die Wichtigkeit dieser intramuralen Maßnahmen wurde mit der Verleihung des „Austrian Patient Safety Awards 2019“ in der Kategorie „Medikations-sicherheit“ sowie des „INTEGRI – Ös-terreichischer Preis für Integrierte Ver-sorgung 2020“ unterstrichen. Um alle Facetten der Polypharmazie - Proble-matik in den Griff zu bekommen bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit al-ler am Medikationsprozess Beteiligten, nicht zuletzt des Patienten selbst, der im Sinne einer gestärkten Gesundheits-kompetenz auch für die kontinuierliche Aktualisierung seiner Medikationsliste sensibilisiert werden sollte.

Mag. pharm. Stefanie Schulz-Wulkow, MSc

Anstaltsapotheke Barmherzige Brüder Linz

Quellen:https://www.who.int/patientsafety/topics/ high-5s/en/World Health Organization (WHO): Medication without Harm; 2017https://www.plattformpatientensicherheit.at/patientensicherheit-apsa-2019.phphttps://www.integri.at/

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personen- bezogenen Hauptwörtern die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.

Polypharmazie an der SchnittstelleMedikationsgenauigkeit bei Übergängen der Pflege

Risiken und Nebenwirkungen der Polypharmazie sind in medizinischen Fachkreisen hinlänglich bekannt – eine besondere Herausforderung stellen sie an den „transitions of care“ dar. Im Krankenhaus der Barmherzigen Brü-der Linz begegnet man dieser mit klinisch-pharmazeutischer Betreuung.

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Derzeit im Erstattungskodex verfüg-bar sind die Wirkstoffe Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab und Infliximab. Sowohl die Orginal-präparate als auch die Biosimilars, von Adalimumab und Etanercept sind in der

grünen Box gelistet. Nur Certolizumab und Golimumab befinden sich in der gelben Box (RE1). Die österreichische Sozialversicherung hat orientierende Kriterien für den zweckmäßigen Einsatz von Adalimumab, Infliximab und Eta-nercept unter folgendem Link verfasst:https://www.sozialversicherung.at/cds content/?contentid=10007.844502& portal=svportal

Nach Ausschöpfung der Basistherapie bei den jeweiligen Erkrankungen stellen TNF-alpha-Blocker eine sehr effiziente, aber gleichzeitig teure Therapieoption dar.

In Oberösterreich betrugen die Kosten für diese Medikamentengruppe im Jahr 2019 rund 17,5 Millionen Euro (Quelle: BIG).

Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von TNF-alpha-Blockern zählen In-fektionen, vor allem bakterielle oder virale Infekte der unteren und oberen Atemwege, Reaktionen an der Injekti-onsstelle sowie allergische Reaktionen. Auch schwere Infektionen mit zum Teil lebensbedrohlichem oder tödlichem Verlauf, wie Tuberkulose, Sepsis und opportunistische Infektionen können aufgrund der supprimierten Infektions-abwehr vermehrt auftreten.

TNF-alpha-BlockerEffiziente Biosimilars gelistet

TNF-alpha-Blocker sind entzündungshemmende und im-munsuppressive Arzneimittel, die durch gezielte Hemmung des pro-inflammatorisichen Zytokins TNF-alpha ihre Wir-kung entfalten und das Entzündungsgeschehen positiv beeinflussen. Eingesetzt werden sie bei rheumatischen Erkrankungen, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Psoriasis. PRAXIS

AKTUELL

1 Abklärung der Gegenanzeigen ●● bekannte Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem anderen Bestandteil● ● aktive/latente Tuberkulose● ● aktive HBV-Infektion, HIV-Infektion ● schwere Infektionen wie Sepsis aufgrund von bakteriellen, myko-

bakteriellen, invasiven Pilz-, Parasiten-, viralen oder anderen opportunisti- schen Infektionen, wie z. B. Listeriose, Legionellose und Pneumocystis-

infektion● ● Herzinsuffizienz (NYHA III oder IV)

→keine Initiierung der Therapie bei Vorliegen einer Kontraindikation Vorsicht geboten ist bei:● neurologischen Erkrankungen● Malignomen in der Anamnese● chronischen Lebererkrankungen● Schwangerschaft und Stillzeit

2 Überprüfung/Aktualisierung des Impfstatus

3 Erfassung des klinischen und eventuell radiologischen Status, sowie Blutabnahme

Bei den regelmäßig erforderlichen Verlaufskontrollen, die durch entsprechende FachärztInnen erfolgen, sollten neben dem Ansprechen der Therapie unbedingt das Auftreten von Nebenwirkungen beachtet werden.

Checkliste vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie

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Zu beachten:

Die Verkehrstüchtigkeit und die Fähig-keit Maschinen zu bedienen, sind nach Gabe von TNF-alpha-Blockern beein-trächtigt.

Im Rahmen der Therapie ist die Bildung von patienteneigenen Antikörpern möglich, welche in der Regel zur Min-derung des Therapieeffektes führen. Dieser Wirkverlust entsteht in Folge ei-ner Komplexbildung von Wirkstoff und Antikörper, welche die Konzentration an biologisch aktivem Wirkstoff senkt.

Bei allen TNF-alpha-Blockern ist eine Kombinationstherapie mit Methotrexatzugelassen und wird bei Infliximab auf-grund der Gefahr der Antikörperbildung und der abnehmenden Wirkung bei ei-ner Monotherapie sogar gefordert.PatientInnen müssen darüber infor-

miert werden, bei Symptomen wie z. B. anhaltendem Fieber, Hämatome, Blu-tungen oder Blässe, unverzüglich einen Arzt zu konsultieren.

Ökonomische Einsparpotenziale

● Durch die Preisdifferenz zwischen Referenzbiologika und Biosimilars können bei gleicher Behandlungs-qualität Kosten gespart werden. Da-her bitten wir Sie, insbesondere bei Neueinstellungen, die als Biosimilar verfügbaren Infliximab, Adalimumab und Etanercept-Produkte vorrangig zu verordnen (siehe Tabelle unten).

● Bei Erreichung einer anhaltenden Remission kann bei einzelnen Krank-heitsbildern unter engmaschiger Verlaufskontrolle eventuell eine Aus-dehnung der Applikationsintervalle

angedacht werden. Die therapie-begleitende Überwachung durch Fachärzte ermöglicht eine individuel-le Anpassung der Medikamentendo-sierung oder des Injektionsintervalls. Auf diese Weise kann eine individua-lisierte, zielgerichtete und kostenspa-rende Patientenversorgung gewähr-leistet werden.

Medikament Wirkstoff Box Applikation Wirkstärke Therapiekosten

Hulio, Imraldi, PM Adalimumab G s.c. 40 mg günstig Idacio PM Adalimumab G s.c. 40 mg Amgevita, Benepali Etanercept G s.c. 40 mg, 50 mg Enbrel, Humira, Hyrimoz PM Adalimumab G s.c. 50 mg, 40 mg Remsima, Inflectra Infliximab G i.v. 100 mg Zessly Infliximab G i.v. 100 mg Flixabi Infliximab G i.v. 100 mg Cimzia Certolizumab Y RE1 s.c. 200 mg Simponi Golimumab Y RE1 s.c. 50/100 mg teuer

Preisstand 02/2021

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Frau A., eine alleinerziehende Mutter mit zwei kleinen Kindern kommt in die Ordination ihres Hausarztes, da eines ihrer Kinder starke Bauchschmerzen hat. Frau A. wirkt auf ihn niederge-schlagen, energielos und zerstreut. Der Hausarzt kann bei der Untersuchung des Kindes keinerlei organische Ursa-chen feststellen und entlässt die junge Mutter mit ein paar hilfreichen Ernäh-rungstipps.

Wenige Tage nach diesem Besuch meldet sich Frau A. wieder in der Or-dination. Das Kind habe immer noch Bauchschmerzen. Beim erneuten Be-such bricht Frau A. in der Ordination in Tränen aus und meint, dass sie das alles nicht mehr schaffe. Neben den finanzi-ellen Nöten, die Frau A. aufgrund der unterbliebenen Unterhaltszahlungen des Vaters der Kinder treffen, hat Frau A. gerade ihren Arbeitsplatz in einem Unternehmen verloren – und jetzt ist auch noch das Kind erkrankt und er-schwert ihr die Jobsuche. Frau A. ist ratlos und verzweifelt.

Solche oder ähnliche Fälle können von den Mitarbeiterinnen des kostenlosen Programms „Gut begleitet von Anfang an (Frühe Hilfen OÖ)“ übernommen und begleitet werden:

Familien brauchen mitunter zusätzliche Unterstützung, damit sie ihren Kindern gute Rahmenbedingungen für das Aufwachsen bereitstellen können. Man hat erkannt, dass es sich in vielfacher Hinsicht als sehr wirkungsvoll heraus-stellt, wenn der Kontakt zu Familien sehr

früh hergestellt werden kann – im Opti-malfall bereits in der Schwangerschaft. Hier setzen Frühe Hilfen an.

Frühe-Hilfen-Netzwerke dienen der bedarfsgerechten Unterstützung von Familien in belastenden Situationen in der Lebensphase der frühen Kindheit (Schwangerschaft und erste Lebensjah-re eines Kindes). Was dabei als Belas-tung verstanden werden kann, ist sehr breit angelegt. So können Fragen zum Stillen oder Schlafen des Babys genau-so darunter fallen wie körperliche oder psychische Erkrankungen eines Eltern-teils oder andere zentrale Lebensthe-men (z. B. Arbeitslosigkeit, Sucht, Tod eines nahen Angehörigen).

Im Zentrum der Maßnahme steht ein regionales Netzwerk, das als multipro-fessionelles Unterstützungssystem mit gut koordinierten, vielfältigen Ange-boten für Eltern und Kinder fungiert. Ein Netzwerk-Management kümmert sich um den Aufbau und die laufende Pflege der Kooperationen. Kern der vertiefen-den Unterstützung ist eine Familienbe-gleitung über einen längeren Zeitraum, die eine Beziehungs- und Vertrauens-basis mit den Familien herstellt.

Darüber hinaus gibt es in den jeweiligen Bezirken auch spezifische Angebote für spezifische Problemlagen. Diese Ange-bote sind sehr wertvoll, erreichen aber nicht immer jene Familien, die eine Un-terstützung am dringendsten und not-wendigsten brauchen würden. Die regi-onalen Frühe-Hilfen-Netzwerke bauen auf diesen verfügbaren Angeboten auf,

gehen aber einen Schritt weiter, indem sie versuchen, belastete Familien ak-tiv und systematisch zu erreichen und dann auch über längere Zeit kontinu-ierlich und umfassend zu begleiten. Zusätzlich wird viel in die fallübergrei-fende wie fallbezogene Kooperation und Vernetzung investiert (sogenannte Lotsenfunktion).

Der Hausarzt von Frau A. kennt das Programm „Gut begleitet von Anfang an (Frühe Hilfen OÖ)“ und spricht Frau A. auf das Angebot an. Frau A. willigt ein, dass der Hausarzt mit der zuständigen Netzwerkmanagerin Kontakt aufnimmt. Diese meldet sich umgehend bei Frau A. und vereinbart einen Termin. In einem persönlichen Gespräch klären die Netzwerkmana-gerin und Frau A. die Sachlage. Frau A. erhält unmittelbar eine Familienbe-gleiterin zur Seite gestellt, die die Fa-milie regelmäßig aufsucht. Die Famili-enbegleitung hilft Frau A., ihren Alltag zu strukturieren und vermittelt rasch einen Termin beim AMS.

Darüber hinaus unterstützt die Fa-milienbegleiterin Frau A. dabei, für das kleinere Kind einen Platz in einer Krabbelstube zu finden. Auch stellt sie den Kontakt zur Kinder- und Jugend-hilfe her, um einen geordneten Weg aus den finanziellen Nöten von Frau A. zu finden und die Situation mit dem Vater der Kinder zu klären.

Die Maßnahme „Gut begleitet von Anfang an (Frühe Hilfen OÖ)“ wird in Oberösterreich derzeit in den Re-

Gut begleitet von Anfang an Frühe Hilfen OÖBedarfsgerechte Unterstützung

Ein Beratungs- und Unterstützungsprogramm für Schwangere, Familien mit kleinen Kindern – und eine Erleichterung für Ärztinnen und Ärzte.

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gionen und Bezirken Linz und Um-gebung, Wels und Wels-Land, Steyr und Steyr-Land sowie in den Bezirken Vöcklabruck und Kirchdorf angebo-ten. Ab dem Jahr 2024 ist es geplant, diese Maßnahme flächendeckend an-zubieten.

Auftraggeber dieses Projekts sind die oö. Krankenversicherungsträger sowie das Land OÖ. Das Netzwerkmanage-ment sowie die Familienbegleitung erfolgt durch geschultes Fachperso-nal des Diakonie Zentrum Spattstraße. Die Finanzierung des Projekts erfolgt über Vorsorgemittel der Bundesge-sundheitsagentur (BGA) und Mittel des Landesgesundheitsförderungs-fonds.

Die Fachkräfte des Programms „Gut begleitet von Anfang an (Frühe Hilfen OÖ)“ stehen für Fragen und zur Unter-stützung sehr gerne zur Verfügung.

Helfen aber auch Sie mit, das Netzwerk der Frühen Hilfen noch enger zu knüpfen, indem Sie Schwangere und Familien mit kleinen Kindern auf das Angebot aufmerksam machen!

Ihre Kontakte in den Regionen:Linz/Linz-Land/Urfahr-Umgebung: Doris Rögner 0676 512 38 45Wels/Wels-Land: Veronika Ehrengruber 0676 512 39 13Steyr/Steyr-Land: Elisabeth Wurzer 0676 512 38 50Vöcklabruck und Kirchdorf: Alexandra Wambacher 0676 512 12 03

Sie sind näher an dieser Thematik interessiert?Auf der Seite des Nationalen Zentrums für Frühe Hilfen finden Sie ein umfang-reiches Fortbildungsangebot:https://www.fruehehilfen.at/de/Service/Fortbildungen/Literaturstudium-zu-ACE.htm

Nähere Informationen zum Angebot in den anderen Bundesländern erhalten Sie unter: www.gesundheitskasse.at/fruehehilfen

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Erhöhtes Risiko für CED- Patienten durch Covid-19?Addendum zu den S3-Leitlinien Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Nach wie vor hält die COVID-19-Erkrankung die Welt in Atem. Vor allem Menschen mit bestehen-den Erkrankungen wie z. B. CED sind verunsichert und stellen sich viele Fragen. Um eine bestmögliche Betreuung der CED- Patienten gewährleisten zu können, haben Experten ein Addendum zu den aktuellen Leitlinien erstellt.

MEDIZIN AKTUELL

Die 10 wichtigsten Empfehlungen Zustimmungsgrad

Quellen (Stand 04.03.2021):https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7416209/#OR475-22https://link.springer.com/article/10.1007/s15036-020-1400-z#Sec7https://covidibd.org/https://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(20)30655-7/pdf

In dieser S2k-Leitlinie besteht insgesamt eine nur schwache Evidenz für die Empfehlungen. Handlungsempfehlungen basieren meist auf persönlichen Erfahrungen und Analogieschlüssen zu anderen Krankheitsbildern. Notwendige Entscheidungen zur Anpassung der Therapie (medikamentös oder operativ) sollten somit immer der aktuellen Datenlage angepasst werden. Starker Konsens (98 %)Patienten mit einer CED haben generell kein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV-2. Dennoch sollten Patienten sorgfältig individuelle Schutzmaßnahmen ergreifen. Starker Konsens (95 %)Patienten mit einer CED und einer immunsuppressiven Therapie haben ein erhöh-tes Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion und sollten deshalb sorgfältig individuelle Schutzmaßnahmen umsetzen. Der Grad der Risikoerhöhung scheint dabei für einzel-ne Immunsuppressiva unterschiedlich zu sein. Konsens (86 %)Patienten mit einer CED und einer SARS-CoV-2-Infektion haben unter bestimmten Bedingungen (Komorbiditäten/Risikofaktoren) ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung. Diese Patienten sollten sorgfältig bezüglich einer raschen Verschlechterung ihrer Erkrankung überwacht werden. Konsens (93 %)Während der Pandemie sollten Patientenvorstellungen in Einrichtungen des Gesund-heitswesens restriktiv erfolgen. CED-Sprechstunden sollten unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der Vorstellung und unter Optimierung der Infektionsschutzmaß-nahmen wie räumlicher Distanzierung und nach Ausnutzen von Möglichkeiten der Telemedizin fortgeführt werden. Konsens (86 %)Während der Pandemie sollten sämtliche endoskopischen Untersuchungen unter besonderen Schutzmaßnahmen stattfinden. Das Ausmaß der Schutzmaßnahmen sollte risikoadaptiert erfolgen. Starker Konsens (98 %)Patienten mit einer CED und einer immunsuppressiven Therapie haben generell kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer SARS-CoV-2-Infekti-on. Eine immunsuppressive Therapie sollte deshalb bei einer leichten bis moderaten COVID-19-Erkrankung nicht reduziert werden. Eine Ausnahme bilden die länger dauernde Therapie mit systemischen Steroiden insbesondere in Dosierungen größer 20 mg Prednisonäquivalent/Tag. Diese sollte daher möglichst vermieden oder, soweit klinisch vertretbar, reduziert und beendet werden. Konsens (84 %)Bei Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung sollte die Therapie mit Thiopuri-nen, Methotrexat und Tofacitinib pausiert und nach Überwinden der Infektion wieder aufgenommen werden. Konsens (94 %)Während der SARS-CoV-2-Pandemie sollte eine Biologikatherapie mit zu erwartendem raschem Wirkeintritt gegenüber einer hochdosierten systemischen Steroidtherapie im akuten Schub bevorzugt eingesetzt werden. Konsens (85 %)Hospitalisierte Patienten mit einer CED und COVID-19-Erkrankung sollten mindestens eine Thromboseprophylaxe erhalten. Bei ambulanten COVID-19- erkrankten CED-Patienten sollte entsprechend ihres individuellen Risikoprofils und ihrer Begleitmedikation die Entscheidung für eine Thromboseprophylaxe großzügig getroffen werden. Starker Konsens (95 %)

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Beispiele

● Magistrale Zubereitungen z. B. Salben, Cremen und Gele können bei hohen Temperaturen ihre Konsistenz verän-dern oder sich verfärben.

● Besonders hitzeempfindlich reagieren Zäpfchen. Sie ver-flüssigen sich und ihre Wirkstoffe können sich anschlie-ßend verhärten.

● Hormonpräparate wie z. B. die Pille haben wegen ihrer Wirkstoffzusammensetzung eine höhere Temperatur-empfindlichkeit als andere Medikamente und können bei unsachgemäßer Aufbewahrung ihre Wirkung verlieren.

● In Pflastern gegen Schmerzen oder zur Empfängnisverhü-tung kann sich die Wirkstoffverteilung ändern und es kann zur Dosisschwankungen kommen.

Einige Arzneimittel müssen kühl gelagert werden

Insuline, Latanoprost-Augentropfen (z. B. Xalacom®), Salben (z. B. Venobene®), Probiotika (z. B. Döderlein®), Antibioti-ka-Suspensionen nach der Zubereitung (z. B. Augmentin®), Dosieraerosole (z. B. Foster Druckg.Inhal®), Cannabis-Mund-spray (Sativex®), Biologika wie Proteinhormone, Blutgerin-nungsfaktoren, Enzyme, Monoklonale Antikörper, Verhü-tungsring (Nuva-Ring®) und auch Impfstoffe.

Tipps zur optimalen Lagerung von Medika-menten

● Geben Sie Acht, wenn Sie an heißen Tagen ihre Medika-mente im Auto transportieren müssen. Auf jeden Fall un-geeignet sind Armaturenbrett oder Handschuhfach, denn hier können Temperaturen bis 70 Grad erreicht werden. Bei längeren Reisen empfiehlt sich die Mitnahme einer Kühltasche für besonders empfindliche Medikamente. Allerdings sollte der Kühlakku nicht direkt mit dem Arz-neimittel in Berührung kommen, da dieses sonst gefrieren kann. Auch das beeinträchtigt die Wirkung.

● Besondere Vorsicht ist auch bei der Lagerung von diver-sen Sprays (z. B. Asthmasprays) geboten. Durch Hitze kann sich in den Behältern Druck aufbauen und hier ist die Gefahr zu groß, dass die Spraydose explodiert. Außerdem kann das Ventil Schaden nehmen und dann ist die Dosie-rungsgenauigkeit nicht mehr gegeben.

● Am besten lagern Sie Arzneimittel lichtgeschützt und für Kinder nicht erreichbar in einem Medizinschrank. Dieser sollte sich an einem trockenen und kühlen Platz befinden.

● Ungeeignet ist das Badezimmer, denn die hohe Luft-feuchtigkeit sowie die oft zu hohe Raumtemperatur, kön-nen zum Wirkverlust der Medikamente führen.

Es ist unerlässlich, alle Medikamente vor Hitze zu schützen. Beachten Sie die Lagerungshinweise im Beipackzettel, denn nur so kann gewährleistet werden, dass Arzneimittel bis zu ihrem Verfallsdatum wirksam und qualitativ einwandfrei bleiben.

Quellen (Stand 15.02.2021):https://www.phago.at/fileadmin/user_upload/ PHAGO_Studie_Temperatur.pdfhttps://aspregister.basg.gv.at

Medikamente und HitzeAuf sachgemäße Lagerung achten

Da im Sommer die Temperaturen oft weit über 30 Grad klettern, sollte unbedingt auf eine sachgemäße Lagerung von Medikamenten geachtet werden, denn Hitze kann die Qualität und Wirksamkeit beeinträchtigen.

PRAXIS AKTUELL

Erhöhtes Risiko für CED- Patienten durch Covid-19?Addendum zu den S3-Leitlinien Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

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Alle oberösterreichischen Krankenan-stalten haben eine Rezepturbefugnis. Spitalsärzte empfehlen im Arztbrief und verordnen Heilmittel auf Kassen-rezept zur extramuralen Verwendung auf Kosten der Österreichischen Ge-sundheitskasse.

Diese Empfehlungen und Verordnun-gen sind rechtlich reglementiert, z. B. durch den EKO (Erstattungskodex) und die Heilmittel-Bewilligungs- und Kontrollverordnung. Die Heilmittel-ökonomievereinbarung führt die ver-schiedenen Rechtsregeln zusammen und wandelt sie in konkrete, praxisna-he Handlungsgrundsätze betreffend Verordnungen und Empfehlungen um.

Monitoring-Gesprächemit Krankenhäusern

Für jedes Krankenhaus wurde ein ei-genes Krankenhaus-Monitoring-Blatt mit krankenhausspezifischen Daten entwickelt. Die dargestellten Kosten umfassen nur die rezeptierten Medi-kamente der Krankenhaus-Stationen und Ambulanzen. Die tatsächlichen medikamentösen Behandlungskosten nach dem Krankenhausaufenthalt lie-gen wesentlich höher, da die Therapie-empfehlungen der Krankenhausärzte und die Folgeverordnungen nur dem niedergelassenen Bereich zugeordnet werden.

Aufgrund der Daten und der daraus resultierenden Ökonomiepotenziale werden mit den Verordnern Kranken-haus-Monitoring-Gespräche geführt. Dabei werden gemeinsam Ziele für zwei Jahre vereinbart.

Beispiele fürMedikamenten-Ziele:

● Weitere Steigerung des Generika-anteils um z. B. fünf Prozent inner-halb von zwei Jahren.

● Steigerung des Biosimilaranteils bei Neueinstellungen auf Biologika.

● Routinemäßige Anwendung des Öko-Tools in der Rezeptiersoftware.

Beispiele für Zielezur Behandlungsqualität:

● 100-Prozent-Einhaltung der Regel-texte bei RE-1 Präparaten.

● Weiterführung der personellen Unterstützung (klinische Pharma-zeuten) zur Durchführung eines Medikationschecks zur Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie bei multimorbiden Patienten.

Krankenhaus-Arzneidialog, gemeinsame Maßnahmen

Nach dem Vorbild des Arzneidialoges mit der Ärztekammer OÖ wurde von

Heilmittelökonomie- vereinbarungMonitoring-Gespräche mit den oö. Krankenhäusern 2016 wurde die Heilmittelökonomievereinbarung mit den Rechts- trägern der Krankenhäuser, dem Oberösterreichischen Gesundheits-fonds, dem Dachverband der Österreichischen Sozialversicherung und der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (Rechtsnachfolge Österreichische Gesundheitskasse) abgeschlossen. Sie ist ein nachhaltiges Instrument zur Steuerung der Heilmittelkosten in Oberösterreich.

den verantwortlichen Entscheidungs-trägern der Krankenhaus-Arzneidialog 2016 gegründet.

Vertreter der Krankenhäuser, des OÖ Gesundheitsfonds, der Ärztekammer und der ÖGK treffen sich zweimal pro Jahr. Es werden gemeinsam Maßnah-men gesetzt, um die Ziele der Heilmit-telökonomievereinbarung umzusetzen.

Anteil der Generika deutlich gestiegen

Die vereinbarten Maßnahmen bieten die Möglichkeit, gemeinsam an der qualitätsneutralen Dämpfung der Heil-mittelkostensteigerung zu arbeiten. Dadurch kann die Finanzierung des Ge-sundheitssystems abgesichert werden. Zudem werden finanzielle Mittel für neue innovative Versorgungsangebote, Gesundheitsförderung und Prävention freigemacht.

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Was die Daten betrifft, zeigt sich seit Beginn der Krankenhaus-Monito-ring–Gespräche beispielsweise eine starke Steigerung des Generikaanteils. So lag der Generika-Verordnungsanteil im ersten Quartal 2016 bei allen ober-österreichischen Krankenanstalten bei 43,2 Prozent. Im dritten Quartal 2020 beträgt der Anteil 60,7 Prozent.

Die größte Herausforderung oder auch die größte Chance sehen wir in Zukunft darin, wirklich alle Spitalsärzte mit un-seren Informationen zu erreichen und auch Jungmediziner und Medizinstu-denten für die Synthese von Behand-lungsqualität und -ökonomie zu sensi-bilisieren.

Denn die entscheidende Frage ist: Was können wir als Österreichische Ge-sundheitskasse tun, damit Vertragsärz-te und Spitalsärzte ökonomisch verord-nen wollen und können?

Lecture Board:

OA, Dr. Michael GirschikofskyÄrztlicher KH Direktor und Standortleiter der I. Interne Abteilung Ordensklinikum Linz

Prim. Dr. Ernst RechbergerAbteilungsleitung Innere Medizin, Kranken-haus der Barmherzigen Schwestern Ried

Dieser Artikel bietet Ihnen die Mög-lichkeit zum Erwerb von Punkten für das Diplom-Fortbildungs-Programm der Österreichischen Ärztekammer.Sie haben auf www.meindfp.at die Möglichkeit, den ausführlichen Ar-tikel zu lesen und die zugehörigen Testfragen online zu beantworten. Bei richtiger Beantwortung wird Ihnen der DFP-Punkt automatisch auf Ihr ÖÄK-Online-Fortbildungskonto gut-geschrieben.

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PRAXIS AKTUELL:

Tippfür IhrePatienten

Lebensstil als ZielDie Dyslipidämie im Griff

Die Behandlung einer Dyslipidämie erfolgt immer mit dem Ziel, das kardiovaskuläre Risiko zu verringern. Erste Mittel der Wahl bei einer Störung des Fettstoffwechsels sind eine Ände-rung des Lebensstils (siehe Abbildung unten) sowie Statine.

Ein gesundheitsfördernder Lebensstil umfasst neben einer ausgewogenen Ernährung die Senkung von Überge-wicht/Adipositas und Kontrolle des Körpergewichts sowie ausreichend Be-wegung. Dazu gehört auch ein Verzicht auf Tabakrauch und weitgehender Ver-zicht auf Alkohol.

Zu ausgewogener Ernährung bietet die ÖGK diverse Folder an, beispielsweise Vollkorn-Grundrezepte, feine Salate, leichte Vollkost usw. Diese können Sie bei uns unter ÖGK-Regionalbereich OÖ, Frau Petra Treitinger (05 0766-14102072, [email protected]) für Ihre PatientInnen bestellen.

Zu Reduzierung des Körpergewichts,

Bewegung und Ernährung bietet die ÖGK in Oberösterreich das Programm „Leichter Leben“ an. Es gibt zwei Kurse für die Versicherten: einen für Personen mit mäßigem Übergewicht (Kurs Leich-ter leben!) und einen für Personen mit deutlichem Übergewicht (Kurs Leichter leben! +). Der Leichter leben! Kurs dau-ert acht Wochen und kostet 20,– Euro, der Leichter Leben! + Kurs dauert 18 Wochen und kostet 50,– Euro. Der Kos-tenbeitrag entfällt bei Rezeptgebüh-renbefreiung.

Die ÖGK bietet in Oberösterreich auch eine ambulante Raucherentwöhnung „Rauchfrei durchs Leben“ und eine sta-tionäre Raucherentwöhnung im ÖGK „Mein Gesundheitszentrum Linzer-

Maßnahme Effekt auf LDL-C und TC Effekt auf TG Effekt auf HDL-C

Gesunde Ernährung* Senkung der gesättigten Fette, ++ ++ ++ Vermeidung von Transfetten, Erhöhung des Ballaststoffsanteils Körpergewicht** Senkung eines massiv erhöhten ++ + ++ Körpergewichts** Bewegung*** Steigerung der körperlichen Aktivität + ++ +++ im Alltag*** Rauchstopp reduziert kardiovaskuläres Risiko + allgemein und erhöht HDL Alkoholreduktion < 10g/Tag, bei Hypertriglyceridämie: +++ ++ Alkoholverzicht

Übersicht, modifiziert aus ESC-Leitlinie Dyslipidämie 2019HDL-C = high-density lipoprotein cholesterol, LDL-C = low-density lipoprotein cholesterol, TC = total cholesterol, TG = triglyceride Größe des Effekts (+++ > 10 %, ++ = 5-10%, + < 5 %) bezieht sich auf die Auswirkung der Lebensstiländerung auf den Plasmaspiegel einer spe-zifischen Lipoprotein-Klasse * gesunde Ernährung mit geringem Anteil gesättigter Fette und reich an Vollkornprodukten, Gemüse, Obst und Fisch ** BMI 20-25 kg/m2 und Taillienumfang < 94 cm (m) und < 80 cm (w) wird empfohlen *** empfohlen wird: moderates Training 3,5-7h/Woche oder 30-60 Min. an den meisten Tagen

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heim“ in Bad Schallerbach an. Für die Inanspruchnahme dieses dreiwöchigen stationären Programmes ist ein vom behandelnden Arzt mit dem Vermerk „Stationäre Raucherentwöhnung“ aus-gestellter Kurantrag erforderlich. Das Rauchfrei Telefon der Österreichischen Gesundheitskasse gibt Tipps und zeigt, wie man auch langfristig dem Tabak wi-dersteht. Die kostenlose Nummer lautet 0800 810 013.

Wenn eine Lebensstilmodifikation nicht ausreicht, erfolgt als erste medikamen-töse Therapie ein Statin (siehe Abbil-dung unten).

Statine gelten nach wie vor als Gold-standard. Sie sind gut verträglich und bei einem Großteil der Patienten ist eine Statintherapie möglich. Der Patient sollte zur Erreichung einer dem Gesam-trisiko angepassten Senkung erhöhter LDL-Cholesterin Werte auf die maximal verträgliche Dosis eingestellt werden.

Maßnahmen zur gesundheitsfördern-den Lebensstilmodifikation und Stati-ne sind die erste Wahl zur Erreichung einer dem Gesamtrisiko angepassten Senkung erhöhter LDL-Cholesterin Werte. Weitere wichtige Bestandteile der Therapie zur Reduktion des kar-

diovaskulären Risikos sind die Kontrolle des arteriellen Blutdrucks, eine adäqua-te Blutzuckereinstellung bei Diabetes und die Tabakrauchabstinenz.

Quelle (Stand 08.02.2021):https://leitlinien.dgk.org/2019/2 019-esceas-gui- delines-for-the-managementof-dyslipidaemias-li-pid-modification-to-reducecardiovascular-risk/

Wirkstoff Hypercholesterinämie Homozygote Heterozygote Kardiovaskuläre Dosierung nach Dyslipidämie Kostengünstige familiäre familiäre Prävention einer Nachfolge - Hypercholes- Hypercholes- Transplantation produkte terinämie terinämie

Simvastatin Anfangsdosis 40 mg 1 x tägl. – 20 - 40 mg – – 5,50 - 5,85 € 10 - 20 mg abends 1 x tägl. abends 1 x tägl. abends 20 - 40 mg* 1 x tägl. abends 80 mg** 1 x tägl. abends Lovastatin Anfangsdosis - - - - - 10,60 € 10 mg - 20 mg 1 x tägl. abends Tageshöchstdosis von 80 mg entweder 1 x oder 2 x tägl. Pravastatin 10 - 40 mg 1 x tägl. - - 40 mg 1 x tägl. 20 - 40 mg 1 x tägl. 8,00 - 8,05 €Fluvastatin 20 - 80 mg 1 x tägl. - 20 - 80 mg 80 mg 1 x tägl. - 20 - 80 mg 5,35 € 1 x tägl. 1 x tägl.***Atorvastatin 10 - 80 mg 1 x tägl. 10 - 80 mg 10 - 80 mg 10 mg 1 x tägl. - - 5,55 € 1 x tägl. 1 x tägl. Rosuvastatin Anfangsdosis 5 mg - - 20 mg 1 x tägl. - - 5,35 € oder 10 mg 1 x tägl. max. 40 mg 1 x tägl.

Übersicht, modifiziert aus ESC-Leitlinie Dyslipidämie 2019 und Fachinformationen* LDL soll um mehr als 45% gesenkt werden** Die Dosis von 80 mg wird nur für Patienten mit schwerer Hypercholesterinämie und hohem Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen empfohlen, die ihr Behandlungsziel mit einer niedrigeren Dosis nicht erreicht haben und wenn zu erwarten ist, dass der Nutzen der Behandlung die potenziellen Risiken überwiegt*** Für Patienten, deren LDL-C-Werte um weniger als 25 % gesenkt werden müssen, kann eine Anfangsdosis von 20mg als eine Kapsel abends angewendet werden. Für Patienten, deren LDL-C-Werte um 25 % gesenkt werden müssen, beträgt die empfohlene Anfangsdosis 40 mg als eine Kapsel abends. Die Dosis kann bis 8 mg täglich auftitriert werden, verabreicht in einer Einzeldosis (eine Retardtablette) zu jeder beliebigen Tageszeit oder als eine 40-mg-Kapsel 2x tägl.

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Parallelimporte

Wenn Medikamente über einen Paralle-limport aus dem Ausland im österreichi-schen Warenverzeichnis geführt werden, spricht man von Parallelimportmedika-menten. Sie sind im Warenverzeichnis mit einer „2“ markiert. Bei Verwendung eines Ökotools in Ihrer Ordination kann die Kennzeichnung eventuell anders lauten. Die Parallelimportmedikamen-te können auf den ersten Blick kosten-günstiger sein als die im EKO gelisteten Vergleichsmedikamente.

Preismodelle

Es werden vom Dachverband der ös-terreichischen Sozialversicherung für einige Medikamente Preismodelle mit der Industrie bei Aufnahme in den EKO ausverhandelt. Dadurch können Kosten gespart werden. Diese sind mit einem „PM“ im Ökotool oder mit einem „M“ im Warenverzeichnis gekennzeichnet. Die effektiven Medikamentenpreise sind im Rahmen von Preismodellen für den Ver-ordner nicht einsehbar.

Die ökonomische Reihung mit den Preismodellen ist seit 1.10.2020 im Öko-tool, in der EKO2go App und der Re-zeptiersoftware implementiert. Was soll man nun verordnen, wenn ein Medikament sowohl Parallelimport-medikament in der NoBox, als auch Preismodell-Medikament im EKO ist, wie zum Beispiel Tagrisso®? Im Sinne der Richtlinie über die ökonomische Verschreibweise, sollte immer das im EKO gelistete Medikament mit dem Preismodell verordnet werden, da in der Regel mehr Kosten gespart werden können.

Parallelimporte und PreismodelleWorauf sollte man achten?

Sowohl mit Parallelimporten als auch mit sogenannten Preismodellen lassen sich Medikamentenkosten einsparen. Die Richtlinie über die ökonomische Versschreibweise gibt Preismodellen den Vorzug.

AKTUELLES

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Atozet – die häufig eingesetzte Wirk-stoffkombination aus Atorvastatin und Etizimib – hat seit 01.02.2021 ein Gene-rikum als kostengünstige Alternative im EKO.Das Nachfolgerpräparat Ezeato (Ta-bletten) ist in allen Stärken (10/10mg; 10/20mg; 10/40mg und 10/80mg) in der 30 Stück Packung erhältlich und ist in der Grünen Box gelistet.

Würde statt Atozet das kos-tengünstigere Generikum verordnet werden, würde sich in der meistverordneten Wirkstärke oberösterreich-weit eine Kostenersparnis von rund 123.000 Euro pro Quartal ergeben.

EKO AktuellEzeato in der Grünen Box

* 10/40 mg zu 30 Stück

kostengünstiges Generikum 10/40 mg

Atozet 10/40 mg

Preisvergleich der meistverordneten Wirkstärke*

48,80 €11,40 €

Bitte beachten Sie bei der Verordnung die Preisdifferenz mit Hilfe des Öko-tools, um durch die Kostenersparnis fi-nanzielle Ressourcen für wichtige neue Investitionen im Gesundheitssystem zu ermöglichen.

FORUM Arztpraxis 01_202124Österreichische Post AG Info. Mail Entgelt bezahlt. ÖGK, Gruberstraße 77, 4021 Linz

Neue E-Learnings

AKTUELLES

Folgende von Ärztekammer OÖ, ÖGK-OÖ bzw. Ober-österreichische Gesundheitsholding gemeinsam erstellten E-Learnings stehen Ihnen kostenlos zur Verfügung:

Psoriasis: Krankheit und Therapie (Schwerpunkt Biologika)Inhalte/Lernziele● Verstehen des Krankheitsbildes der Psoriasis vulgaris● Erlernen der Therapieoptionen (mit Fokus auf neue Therapieoptionen)● Beachten von Nebenwirkungen und Kontraindikationen der Psoriasistherapie

Antipsychotika im ÜberblickInhalte/Lernziele● Überblick und Wirkweise von Antipsychotika ● Indikationen, off-label use und Auswahlkriterien von Antipsychotika ● Nebenwirkungen von Antipsychotika erkennen und zuordnen können● Besonderheiten beim geriatrischen Patienten

Versorgung chronischer HautwundenInhalte/Lernziele● Nach welchen Kriterien sind Wunden zu klassifizieren● Nach welchen Schritten der Wundbehandlung ist bei der Versorgung chronischer Hautwunden vorzugehen● Welche Verbandsmaterialien sind bei welchen Wundsituationen zu verwendenDas E-Learning steht Ihnen auf meindfp.at zur Verfügung.

Kommunikation für Ärztinnen, Ärzte und Pflege bei der DiabeteserkrankungInhalte/Lernziele● Umgang mit dem Patienten nach Erstdiagnose von Diabetes mellitus ● Aufklärung des Patienten, die Beantwortung seiner Fragen und das weitere

Vorgehen nach dem Erstgespräch werden praxisnah dargestellt

Literaturstudien: Heilmittelökonomieverein-barung mit Krankenhäusern

Migräne - eine grosse Herausforderung

COPD - Mehr Luft zum Leben

Psoriasis vulgaris:Behandlung im Überblick

Diese Literaturstudien stehenauf meindfp.at zur Verfügung