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Herausgegeben vom Deutschen Akademischen Austauschdienst in Zusammenarbeit mit dem Fachverband Deutsch als Fremdsprache Nr. 5 24. Jahrgang Oktober 1997 Inhalt Artikel Armin Wolff; Dietrich Eggers; Rolf Ehnert; Klaus Kirsch Deutsch als Fremdsprache und der Studienstandort Deutsch- land. Entwicklungslinien des Faches aus der Sicht (s)eines Ver- bandes 559 Inge Christine Schwerdtfeger Der Unterricht Deutsch als Fremdsprache: Auf der Suche nach den verlorenen Emotionen 587 DaF im Ausland Chris F. Majari Ein Blick über den Zaun: Eindrücke aus den USA vom Fremd- sprachenlernen mit Hypertext und Hypermedia 607 Tahir Balcÿ Das Germanistik- bzw. DaF-Studium in der Türkei. Probleme und Lösungsvorschläge 621 Jolanta Z 4 urek Polnische Stereotypenbilder über Deutschland und Deutsche 625 Didaktik DaF/ Aus der Praxis Hi-Youl Kim Die Problematik der Sprachpraxis im Fach Germanistik in Korea 640 Jörg Meuter TURBO, ein Videomagazin für Jugendliche. Zum Einsatz von landeskundlichen Videobeiträgen im DaF-Unterricht 652 Axel Barner Das Eigene als das Fremde sehen. Der »Stadtführer Bukarest« als Projektarbeit mit Studenten der Bukarester ›Politehnica‹ 656 (Fortsetzung umseitig)

Inhalt - DaFDaF im Ausland Chris F. Majari Ein Blick über den Zaun: Eindrücke aus den USA vom Fremd-sprachenlernen mit Hypertext und Hypermedia 607 Tahir Balcÿ Das Germanistik-

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Herausgegebenvom DeutschenAkademischen

Austauschdienstin Zusammenarbeit

mit demFachverband

Deutsch als Fremdsprache

Nr. 5 24. Jahrgang Oktober 1997

InhaltArtikel Armin Wolff; Dietrich Eggers; Rolf Ehnert; Klaus Kirsch

Deutsch als Fremdsprache und der Studienstandort Deutsch-land. Entwicklungslinien des Faches aus der Sicht (s)eines Ver-bandes 559

Inge Christine SchwerdtfegerDer Unterricht Deutsch als Fremdsprache: Auf der Suche nachden verlorenen Emotionen 587

DaF im Ausland Chris F. MajariEin Blick über den Zaun: Eindrücke aus den USA vom Fremd-sprachenlernen mit Hypertext und Hypermedia 607

Tahir BalcÿDas Germanistik- bzw. DaF-Studium in der Türkei. Problemeund Lösungsvorschläge 621

Jolanta Z4urekPolnische Stereotypenbilder über Deutschland und Deutsche 625

Didaktik DaF/Aus der Praxis

Hi-Youl KimDie Problematik der Sprachpraxis im Fach Germanistik in Korea 640

Jörg MeuterTURBO, ein Videomagazin für Jugendliche. Zum Einsatz vonlandeskundlichen Videobeiträgen im DaF-Unterricht 652

Axel BarnerDas Eigene als das Fremde sehen. Der »Stadtführer Bukarest« alsProjektarbeit mit Studenten der Bukarester ›Politehnica‹ 656

(Fortsetzung umseitig)

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Antoanita Topalova»Falsche Freunde« im Klassenzimmer. Fehler beim Internationa-lismen-Gebrauch deutschlernender Bulgaren 661

Aus der Arbeitdes FaDaF

Rechenschaftsbericht des Vorstandes des Fachverbandes Deutschals Fremdsprache (FaDaF) für das Geschäftsjahr 1996/97 667

Protokoll der Mitgliederversammlung des FachverbandesDeutsch als Fremdsprache (FaDaF) im Rahmen der 25. Jahresta-gung DaF 673

Berichte über die 25. Jahrestagung Deutsch als Fremdsprache ander Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 22. bis 24. Mai1997 677

Forum – Deutsch als Fremdsprache 687

Rezensionen Mavrodieva, Ljubov; Sretkova, Anna; Stankulowa, Krystina K.:Deutschland und der deutsche Alltag. Ein Landeskundeprogramm fürbulgarische Schüler. Bonn: Inter Nationes (Rainer Bettermann) 689

»Für Sie gelesen« – Nachträge zur Kommentierten Auswahl-bibliographie 1997 695

Tagungsankündigung Einladung zur 26. Jahrestagung Deutsch als Fremdsprache 741

Über die Autoren 744

Abstracts 746

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Deutsch als Fremdsprache und der Studienstand-ort Deutschland. Entwicklungslinien des Fachesaus der Sicht (s)eines Verbandes1

Armin Wolff; Dietrich Eggers; Rolf Ehnert; Klaus Kirsch

A) Der Arbeitskreis Deutsch alsFremdsprache beim DAAD von1972–1989

Armin Wolff

1.0 EinleitungFür die 25. Jahrestagung des Arbeitskrei-ses und späteren Fachverbandes Deutschals Fremdsprache ist es sicher angebrachtund richtig, Rückschau zu halten und ausder Sicht des Fachverbandes die Liniennachzuziehen, die die Entwicklung unse-res Faches deutlich machen, und in Erin-nerung zu rufen, mit welchen Vorstellun-gen, Motiven, Absichten und Zielen en-gagierte Fachleute für Deutsch alsFremdsprache Ende der 60er Jahre be-gannen, sich über das Fach Deutsch alsFremdsprache in seinem damaligen Zu-stand an den Hochschulen Gedanken zumachen.An der Tatsache, daß für dieses Unter-fangen vier Referenten aufgebotenwurden, mag man erkennen, daß essich allein organisatorisch um einmerkwürdig kompliziertes Fach han-delt, mit seinen Lehr- und Forschungs-

gebieten an den Hochschulen undFachhochschulen, den StudiengängenDeutsch als Fremdsprache (als volleStudiengänge, Teil-, Aufbau, Zusatz-studiengänge in allen Varianten vor-handen), mit seinen Studienkollegs,den Aufgaben der Mittlerorganisatio-nen im In- und Ausland (wie z. B.DAAD und Goethe-Institut), den priva-ten Einrichtungen, die sich der Sprach-vermittlung verschrieben haben. Wirwollen es wagen, dieses vielseitige Ge-bäude für Sie noch einmal entstehen zulassen und dies aus der Perspektiveund unter Darstellung der Aufgabendes Arbeitskreises Deutsch als Fremd-sprache und späteren FachverbandesDeutsch als Fremdsprache.

2.0 Das Fachstudium muß attraktiv sein,die deutsche Sprache ist es schonMit Überlegungen, wie das Fach Deutschals Fremdsprache entwickelt werdensollte, wollten eben diese Fachleute schonzu Beginn der 70er Jahre ihren Beitragdazu leisten, daß der StudienstandortDeutschland für ausländische Studienbe-werber trotz der immer wieder als Hin-

1 Bei diesem Beitrag handelt es sich um die vier überarbeiteten Teilbeiträge des Eröff-nungsvortrages für die 25. Jahrestagung Deutsch als Fremdsprache des FachverbandesDeutsch als Fremdsprache (FaDaF) vom 22. bis 24. Mai 1997 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Info DaF 24, 5 (1997), 559–586

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dernis gesehenen Sprachbarriere Deutschattraktiv bleibt. Ich sehe das – wenn Sieerlauben – aus einer anderen Perspektive:Die deutsche Sprache ist auch in denzurückliegenden Jahren nicht anders,nicht schwieriger, nicht weniger schöngeworden. Wenn sie heute – mehr alsfrüher – zum Hindernis für Studierwilli-ge aufgebaut wird, ist dies ein Operierenam falschen Gegenstand. Oder anders:Man schlägt den Esel und meint abereigentlich den Herrn. Was meine ich da-mit: In unserer internationaler geworde-nen Welt – wir nennen es heute gernGlobalisierung – ist auch die Konkur-renzsituation schärfer geworden. Diesbedeutet, daß nicht das vermeintlicheHindernis deutsche Sprache angegangenwerden muß. Die Hochschulen müssenmit ihren fachlichen Angeboten gegen-über ausländischen Studienbewerbernwieder in die Lage kommen, sich vonStudien- und Abschlußangeboten in eng-lisch- oder französischsprachigen Berei-chen positiv abzuheben oder sich mitdiesen mindestens vergleichen zu kön-nen. Nur durch eindeutige Leistungsan-gebote in den Fachdisziplinen1 und ei-nem bereits bestehenden und anpassendauszubauenden SprachlehrangebotDeutsch als Fremdsprache wird es gelin-gen, ausländische Studienbewerber andie deutschen Hochschulen zurückzuho-len, die bei außergewöhnlichen fachli-chen Angeboten das Hindernis Sprache –wie früher auch – nicht nur bereitwillig inKauf nehmen, sondern Deutsch als wich-tige Kultursprache gerne mit nach Hausenehmen werden. Das Fachstudium mußalso (wieder) attraktiver werden, diedeutsche Sprache ist es schon.

3.0 Warum mußte und konnte der AK-DaF gegründet werden?Wie hat das Ganze angefangen? Mit einergroßen Windstille. Denn noch im Jahre1970 ist im Bildungsbericht der Bundes-regierung, in dem diese ihr bildungspoli-tisches Konzept darlegt, von Deutsch alsFremdsprache nicht die Rede, obwohlspätestens seit Anfang der 60er Jahre einrapides Anwachsen der Zahl der auslän-dischen Studienbewerber und Studieren-den und vor allem der ausländischenArbeitnehmerInnen zu registrieren ist(Wierlacher 1975: 119).Es bestand damals folgende Situation:

3.1 Die wissenschaftliche Beschäfti-gung mit Deutsch als einer Fremdspra-che, seine Vermittlung, die Weiterent-wicklung des Faches Deutsch als Fremd-sprache, die Beschäftigung mit seinerMethodik und Didaktik, wurden einer-seits von außen erzwungen durch diewachsende Zahl der ausländischen Stu-dierenden. Sie brauchten, um hier ihrStudium erfolgreich absolvieren zu kön-nen, ausreichende Sprachkenntnisse, ummöglichst rasch in den Wissenschaftspro-zeß der Hochschulen integriert zu wer-den. Hinzu kam andererseits der Zwangvon innen, nämlich die wachsende Zahlder in Deutschland lebenden Arbeitneh-merInnen und ihre Familien, die bei dersozialen und sprachlichen Orientierungund Integration in die deutsche Umweltder Hilfe bedurften.

3.2 Deutschland ist in besonderer Weiseauf internationale Kontakte angewiesen.Das Ausländerstudium, d. h. der länger-fristige Aufenthalt von Ausländern zum

1 Dies hat z. B. der Ministerpräsident des Freistaates Bayern, Edmund Stoiber, am 6. Mai1997 im Rahmen einer Veranstaltung an der Universität Regensburg gefordert. Inähnlicher Weise äußerte sich der Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium fürUnterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Rudolf Klinger, anläßlich des diesjähri-gen DAAD-Stipendiatentreffens an der Universität Regensburg vom 9. bis 11. Mai 1997

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Zwecke der Ausbildung und des Studi-ums an unseren Hochschulen, ist vongroßer Bedeutung für unser Land. Beialler Attraktivität des deutschen Hoch-schulsystems und der wissenschaftlichenStudien- und Forschungsmöglichkeiten,die wir in unserem Lande haben, tun dieVerantwortlichen gut daran, sich um einebessere Kompatibilität des deutschen Bil-dungssystems gegenüber englisch oderfranzösisch geprägten Bildungssystemenzu bemühen und so die immer lauterbeklagte rückläufige Internationalität un-serer Hochschulen zu stoppen und posi-tiv zu wenden. Ob allerdings das ver-stärkte Angebot englischsprachiger Stu-diengänge an deutschen Hochschulender richtige Weg ist, den der DAAD mitseinem neuesten Aktionsprogramm vor-schlägt, muß man zunächst sehr kritischsehen, und dieser Weg bedarf erst nocheines überzeugenden Beweises für seineRichtigkeit.

3.3 Studien- bzw. Forschungswilligehaben darüber hinaus eine Schwierigkeitzu überwinden: Sie müssen sich die nöti-gen Sprachkenntnisse aneignen, die denStudienerfolg in vertretbarer Studienzeitgarantieren. Die Angebote der Lehrgebie-te Deutsch als Fremdsprache und derStudienkollegs sind daher für eine erfolg-reiche Integrationsphase und für einenerfolgreichen Verlauf des Hochschulstu-diums ein unverzichtbarer Bestandteildes Ausländerstudiums, den es quantita-tiv und qualitativ zu erhalten, zu sichernund den sich verändernden Bedürfnissenangepaßt auszubauen gilt.

»Ich sehe die Berechtigung solcher studien-vorbereitender und studienbegleitenderAngebote durch die Hochschulen vor allemdarin, daß ja ein solcher Sprachkurs nichtziellos angeboten wird, sondern daß imSprachkurs eine Orientierung angelegt ist,nämlich die Ausrichtung auf ein Fachstudi-um«. (Hansgert Schulte 1990: 15)

Dabei muß auch eine Überprüfbarkeit derstudienqualifizierenden Sprachkenntnis-se nach den für ein Hochschulstudium zusetzenden Anforderungen nach einheitli-chen Kriterien gegeben sein.Die Sprache des Gastlandes, in das einStudienbewerber oder ein Forscher ge-hen, spielt für den Studien- bzw. For-schungserfolg eine zentrale Rolle. Diesesprachlichen Anforderungen in bezugauf den Wissenschaftsbetrieb klar vorzu-geben und zu strukturieren, mußte gelei-stet werden. Die vielfältig gegebenenHochschulverhältnisse mußten in organi-satorisch-administrativer und fachbezo-gener Hinsicht transparent gemacht undkoordiniert werden. Es mußte ein Instru-ment gefunden werden, das Hilfestel-lung leisten konnte bei der Bewältigungder Eingangsvoraussetzung Sprache,und zwar in einer für alle Hochschulenmöglichst vergleichbaren Weise: Ein Ar-beitskreis Deutsch als Fremdsprachedrängte sich geradezu auf.

4.0 Vom Arbeitskreis zum FachverbandDeutsch als Fremdsprache

4.1 Die AnfängeVon einer großen Windstille und denMühen, die das Fach Deutsch als Fremd-sprache hatte, um auf den Weg zu kom-men, war die Rede. Um so erfrischenderfür uns alle klingt gegen Ende der 70erJahre die Feststellung Harald Weinrichswährend der 6. Jahrestagung Deutsch alsFremdsprache des AKDaF in Bonn beimDAAD, daß

»von einem leichten, angenehmen Rücken-wind bewegt sich der Forschungs- undLehrbereich Deutsch als Fremdsprache imletzten Jahrzehnt in das Gefüge der akade-mischen Disziplinen hineingeschoben hat«(Weinrich 1979: 17).

Dieser leichte, angenehme Rückenwindkonnte nur etwas bewirken, weil er enga-

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gierte, ideenreiche Fachleute für Deutschals Fremdsprache beflügeln konnte.Denn: Um etwas bewegen zu können,bedarf es nicht nur des frischen Windes,sondern insbesondere tatkräftiger Per-sönlichkeiten, die mit Initiativkraft undUmsicht Neues gestalten wollen undauch können.In den Jahren 1971/72, nach Diskussio-nen insbesondere mit ebenso engagiertenLeitern altehrwürdiger AkademischerAuslandsämter über den Stellenwert vonDeutsch als Fremdsprache und seine or-ganisatorische, fachlich richtige Einbin-dung in den Wissenschaftsbetrieb, ent-schlossen sich einige DaF-Lehrkräfte, dasAufgabenfeld Deutsch als Fremdspracheneu im akademischen Betrieb zu veran-kern (es bestand seinerzeit an den Hoch-schulen das Lehrgebiet Deutsch alsFremdsprache größtenteils als Verwal-tungsreferat bei den Akademischen Aus-landsämtern), und zwar möglichst alseigenständige Disziplin in der für einequalifizierte Sprachausbildung zuständi-gen Fakultät der Hochschulen. Dies ge-schah 1972 im Rahmen der bis dahin vomGoethe-Institut durchgeführten jährli-chen Tagung der Leiter der Lehrgebiete/Lektorate Deutsch als Fremdsprache. Da-mit war der AKDaF geboren, dessen ersteMitglieder von 1972 auf 1973 das vorbe-reiteten, was aus dem Unternehmen AK-DaF eine gesicherte Institution werdenlassen sollte.Sich aus der mütterlich-fürsorgendenUmgebung des Goethe-Instituts lösend,brach man auf, weil man sich erwachsengenug wähnte, eigene, selbständige Wegegehen zu können, beschloß während derletzten Tagung im Hause Goethe nochdas »›Strukturmodell Lehr- und For-schungsgebiet Deutsch als Fremdsprache‹vom 25. Mai 1972« (Info DaF 1/1974: 11–12) und machte sich damit auf den Weg,um für das neue Unternehmen AKDaFeinen väterlich-beratenden Partner zu su-

chen, der helfend, stützend und schüt-zend zur Seite stehen konnte und wollte.Man fand ihn in Bonn beim DAAD, deraus seinem Selbstverständnis heraus denAKDaF beim DAAD in seinem Hausgerne aufnahm und ihm die notwendi-gen Mittel für seine Arbeit an die Handgab und auch heute noch – unter völligveränderten Bedingungen – bereitstellt.»Die Unterstützung, die der DAAD demArbeitskreis Deutsch als Fremdsprache […]leistet, entspringt dem Selbstverständnisdes DAAD, nicht nur Förderungsprogram-me für ausgewählte Gruppen von ausländi-schen und deutschen Hochschulangehöri-gen durchzuführen, sondern auch eine Ge-sprächsplattform zu bieten für Fragen desinternationalen Hochschulaustausches, ins-besondere des Ausländer- und des Aus-landsstudiums«. (Schulte, Info DaF 1/1974)

Dieser AKDaF führte auf der Basis einerVerfahrensordnung seine Aufgaben durchund verstand sich als die auf der Jahresta-gung gewählte Vertretung der Lehr- undForschungsgebiete DaF der Hochschulenunter selbstverständlichem Einschlußder Lehrkräfte für Deutsch als Fremd-sprache an den Studienkollegs.

4.2 Das StrukturmodellDas Strukturmodell, mit dem man in denrauhen Wind der Wissenschaftsland-schaft segelte, enthält alle grundlegendenFragestellungen, die das Fach Deutsch alsFremdsprache beschäftigen und beschäf-tigen müssen:– Es wird darin die Vernachlässigung des

Faches beklagt (wir sehen uns – trotzaller Fortschritte und Erfolge – immerwieder gezwungen, diese Vernachlässi-gung zu beklagen, weil es ja nicht nurleichte, beflügelnde Rückenwinde gibt,sondern uns immer wieder auch heftigeGegenwinde ins Gesicht blasen);

– die zentrale Aufgabe der (einzurichten-den) Lehr- und Forschungsgebiete DaFan den Hochschulen wird definiert (undwir tun auch heute gut daran, diese im-

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mer wieder einmal an den tatsächlichenGegebenheiten zu überprüfen): Integra-tion der ausländischen Studierendenund Wissenschaftler in den gesellschaft-lichen und fachwissenschaftlichen Kom-munikationsprozeß, und zwar über eineangemessene, durch Forschung fundier-te Sprachvermittlung;

– eingeschlossen sind hierbei geeigneteMeßmethoden und Überprüfungsver-fahren (bis heute ist ein zentraler Diskus-sionspunkt das Prüfungswesen DaF);

– und es wurden Ausbildungsaufgabenim Bereich DaF postuliert und derenUmsetzung gefordert.

4.3 Die Aufgaben des ArbeitskreisesDer AKDaF hat seine Arbeit im wesentli-chen auf fünf Bereiche konzentriert, diebereits weitestgehend im Strukturmodellvorgegeben wurden:

4.3.1 Hochschulpolitische VertretungSeine wichtigste Aufgabe war und ist inerster Linie eine hochschulpolitische: DieLehrgebiete Deutsch als Fremdsprachebrauchten eine Vertretung in hochschulpo-litischen Fragen im Innenverhältnis zu denHochschulen, aber auch nach außen. Erhat sich daher stets darum bemüht, guteKontakte zu allen DaF-bezogenen Institu-tionen herzustellen und mit ihnen im Dia-log zu bleiben. Beteiligungen an Tagungen– wie der GAL und der IDT – gehören zumselbstverständlichen Tätigkeitsfeld desAKDaF genauso wie auf Deutsch alsFremdsprache bezogene Stellungnahmen,wie z.B. 1983 die Stellungnahme zum Be-richt der Bundesregierung zur Situationder deutschen Sprache in der Welt. In glei-cher Weise hat sich der AKDaF bereits 1974darum bemüht, Mitglied im Internationa-len Deutschlehrerverband (IDV) zu wer-den, was allerdings erst 1993 realisiert wer-den konnte.

4.3.2 Das Lehrangebot der HochschulenBei allen Aktivitäten des AKDaF war zuverdeutlichen, daß die Hochschulen gera-de durch ihre Lehrgebiete Deutsch alsFremdsprache und die kontinuierlicheEntwicklung des Faches Deutsch alsFremdsprache einen wesentlichen Bei-trag zur Vermittlung und Förderung derdeutschen Sprache leisten. SichtbarsterAusdruck dieser Bemühungen ist nachdem Strukturmodell die Erarbeitung des»Rahmenplans Deutsch als Fremdsprache für›Sprachlehrveranstaltungen vor Aufnahmedes Fachstudiums‹ und für studienbegleiten-de Lehrveranstaltungen an den Universitätenund Hochschulen der BundesrepublikDeutschland«, der einen Orientierungs-rahmen anbietet für diese Lehrveranstal-tungen und sie in einer im Wissenschafts-bereich gebotenen Weise transparentmacht. Er orientiert sich an den Bedürf-nissen der Lerner und schafft damit Vor-aussetzungen, die eine Ungleichbehand-lung der Adressaten möglichst geringhalten sollen. Wichtig war dabei die Pra-xisbezogenheit unseres Faches und seinewissenschaftliche Konturierung auf brei-ter Grundlage in den Fachrichtungen Lin-guistik, Sprachlehr- und Lernforschung,Literatur- und Kulturwissenschaft, Wis-senschaftstheorie und Didaktik.Parallel dazu hat sich der AKDaF Gedan-ken machen müssen über eine qualifizier-te und angemessene Aus- und Weiterbil-dung der im Bereich Deutsch als Fremd-sprache tätigen Lehrkräfte. Er hat diesemThema 1981 eine ganze Tagung gewidmetund hat »Leitlinien der Lehrerausbildungim Bereich Deutsch als Fremdsprache ent-wickelt« (Wolff 1982: 67–76).

4.3.3 Vergleichbare PrüfungsbedingungenDer AKDaF hat erhebliche Anstrengun-gen unternommen, eine Annäherung undVereinheitlichung bei den Anforderungenfür die Sprachprüfung zu erreichen. Erentwickelte 1972 die »Rahmenordnung

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für die Prüfung zum Nachweis deutscherSprachkenntnisse (PNdS) für ausländi-sche Studienbewerber an den Wissen-schaftlichen Hochschulen der Bundesre-publik Deutschland einschließlich Berlin(West)«, die am 12. Dezember 1972 vonder 101. WRK beschlossen und den Hoch-schulen zur Umsetzung empfohlen wur-de. Diese PNdS-Ordnung wurde inzwi-schen noch zweimal geänderten Bedin-gungen und Entwicklungen angepaßt,wobei für die Fassung der PNdS-Rahmen-ordnung 1983 und noch viel stärker beider seit 1. Juni 1996 geltenden Rahmen-ordnung für die Deutsche Sprachprüfungfür ausländische Studienbewerber (DSH)immer stärker darauf geachtet wurde, daßdie Prüfungsanforderungen, wie sie allge-mein gelten sollten, an den Hochschulenund den Studienkollegs für das FachDeutsch als Fremdsprache in gleicher Wei-se realisiert werden können. Gerade mitder neuen DSH erfolgte eine Öffnung inder Weise, daß kooperativ durchzufüh-rende DSH-Prüfungen auch im Auslandmöglich sind. Wichtig in diesem Zusam-menhang ist auch die Weiterentwicklungvon Fragen des Prüfungswesens, wie sieeine von der Kultusministerkonferenz ein-gerichtete sog. Expertenrunde als Auftraghat. In dieser Expertenrunde sind Lehrge-biete und Studienkollegs auf Ebene derHochschulrektorenkonferenz zusammen-geführt mit dem Goethe-Institut und derZentralstelle für das Auslandsschulwe-sen, um gemeinsam an der weiteren Ver-gleichbarkeit der verschiedenen DaF-Prü-fungen zu arbeiten.

4.3.4 Die TagungenDer AKDaF schuf für das Fach mit großerHilfe durch den DAAD eine Plattform fürwissenschaftliche Diskussionen. Er berei-tet vor, organisiert und veranstaltet – inZusammenarbeit mit einer jeweils gastge-benden Hochschule – seit 1973 regelmäßigdie Jahrestagung Deutsch als Fremdsprache.

Man kann sicher feststellen, daß sich dieJahrestagungen im Laufe der Jahre zu ei-ner zentralen und für die Fachwelt unver-zichtbaren Veranstaltung entwickelt ha-ben. Dies ist nicht nur so, weil wir an denTeilnehmerzahlen zu diesen Tagungen einmeist konstantes oder sogar steigendes In-teresse feststellen, dies ist vor allem des-halb so, weil der AKDaF sich von Anfangan bemüht hat, mit in der Regel vier The-menbereichen für jede Tagung Diskussi-onsmöglichkeiten für Grundsatzfragen zubieten, aktuelle methodische und didakti-sche Fragen zur Diskussion zu stellen,Theorie und Praxis unseres Faches immerwieder einer kritischen Betrachtung zu un-terziehen. Ergänzend richtete der AKDaF1985 erstmals in Saarbrücken das ForumDeutsch als Fremdsprache ein, eine Möglich-keit, sog. graue Materialien vorzustellen.Dieses Forum DaF ist auch für unsereFachverlage (neben der Buchausstellungim Rahmen der Tagungen) eine Möglich-keit, verlagsneue und im Entstehen begrif-fene Lehrbücher einer interessiertenFachöffentlichkeit erstmals zu präsentie-ren. Es muß hier darauf verzichtet werden,die Themenbereiche aufzulisten, mit de-nen sich unsere Jahrestagungen von Erlan-gen 1973 bis Mainz 1997 beschäftigt haben.Es wären immerhin fast 100 (natürlich sichteilweise wiederholende) Themenschwer-punkte zu nennen.Neben den Angeboten der jeweiligenJahrestagungen ergab sich die Notwen-digkeit, Spezialthemen in Fachtagungenanzubieten und diskutieren zu lassen.Der AKDaF hat dieses Angebot vonFachtagungen, die ihre Themen oft ausden Diskussionen während der Jahresta-gungen gewannen, ebenso zu einer stän-digen (möglichst jährlich ein- bis zwei-mal anzubietenden) Einrichtung werdenlassen wie die Jahrestagung selbst. The-men zur Methodik und Didaktik, zurFachsprache, zur Phonetik, zur Literaturund Landeskunde und zu Fragen der

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Prüfungen waren beispielsweise Inhaltederartiger fachlicher Angebote1.

4.3.5 Die Publikationsmöglichkeiten

»Allein die Diskussion der Verfahrensord-nung durch das Plenum der Jahrestagung1973 hat gezeigt, wie wünschenswert undnotwendig eine Rückkopplung des Arbeits-kreises zum Plenum der Jahrestagung ei-nerseits und zu den Lehrkräften im BereichDeutsch als Fremdsprache andererseits ist.Die gemeinsame Aufgabe aller Lehrkräftein diesem Bereich macht es notwendig, zurVerbesserung der Koordination und Koope-ration den Informationsaustausch zwischenden einzelnen Hochschulen und den ande-ren in gleicher Weise betroffenen Institutio-nen zu verbessern«. (Wolff/Hoffmann/Rug, Info DaF 1/1974: 2)

Damit war die Zeitschrift Info DaF gebo-ren, und zwar zunächst als Informations-blatt für den Bereich Deutsch als Fremd-sprache, als Forum begründeter Meinun-gen und als Informationsinstrument,durch das über den weiteren Auf- undAusbau von Deutsch als Fremdspracheberichtet werden konnte. Daß sich darauseinmal eine der wichtigsten Fachzeit-schriften für Deutsch als Fremdspracheentwickeln würde, war damals noch nichtzu erkennen. Immerhin erscheint Info DaFbereits im 24. Jahr mit 6 Heften jährlich.Eine Besonderheit dieser Zeitschrift ist dasDoppelheft 2/3 eines Jahrgangs, das –zunächst am Lehrgebiet Deutsch alsFremdsprache der Universität Mainz alsProjekt für den Arbeitskreis entwickelt –auch heute noch von hier aus betreut wird:Gemeint ist die »Kommentierte Auswahlbi-bliographie von Neuerscheinungen für dasFach Deutsch als Fremdsprache«. Es dürftenüber die Jahre hinweg ca. 3000 Rezensio-

nen und Besprechungen sein, die auf dieseWeise für unser Fach in Info DaF gesam-melt wurden.Mit der Entwicklung zur Fachzeitschrift,die der DAAD in Zusammenarbeit mitdem AKDaF herausgibt, hatte sich der AK-DaF unversehens seines Mitteilungsblattesberaubt. Es mußt hierfür Ersatz geschaffenwerden, zunächst in Form des Rundbriefesund seit Einrichtung der Geschäftsstelledes FaDaF in Münster in Gestalt der Infor-mationszeitschrift FaDaF Aktuell2.Entscheidend für einen erfolgreichen Stu-dienverlauf ist für ausländische Studien-bewerber bei der Unterschiedlichkeit dereinzelnen Hochschulangebote und bei derVielzahl von zu bewältigenden admini-strativen, organisatorischen und studien-relevanten Bedingungen und Vorausset-zungen, daß sie schon in ihrem Heimat-land klare und überschaubare Informatio-nen zur Verfügung haben. Für unser Fachhat sich der AKDaF gemeinsam mit demDAAD darum bemüht, indem er in mehr-fachen Auflagen die Sprachlehrangeboteund die Studiengänge Deutsch als Fremd-sprache dokumentiert und zuletzt dieDSH-Broschüre erstellt hat.Mit den Materialien Deutsch als Fremdspra-che mit inzwischen 46 Heften hat sich derAKDaF/FaDaF eine Publikationsreihegeschaffen, in der seit 1975 nicht nur dieJahrestagungen dokumentiert werdenund die Ergebnisse der Fachtagungen be-kannt gemacht werden können. Sie dientauch als Publikationsmöglichkeit für Un-terrichts- und Prüfungsmaterialien, ent-hält inzwischen eine Reihe von Disserta-tionen und Zusammenfassungen zu an-gefertigten Magisterarbeiten (Anlage 3).

1 Eine Übersicht über die Themenschwerpunkte der 25 Jahrestagungen und der Fachta-gungen, die der AKDaF/FaDaF durchgeführt hat, ist diesem Beitrag als jeweiligeAnlage beigegeben. Siehe Seite 578–582.

2 Geschäftsstelle des Fachverbandes Deutsch als Fremdsprache, Hüfferstr. 27/I, 48149Münster. FaDaF Aktuell erscheint dreimal jährlich als Verbandszeitschrift und dient alsInformationsinstrument für die Mitglieder des FaDaF.

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B) Der Fachverband Deutsch alsFremdsprache von 1989–1997

Dietrich Eggers

Nahezu zwei Jahrzehnte lang war derArbeitskreis Deutsch als Fremdspracheein Arbeitskreis beim DAAD. Dies hattevor allem den Vorteil finanzieller Absi-cherung bei gleichzeitiger Entlastungvon Sekretariatsaufgaben. Allerdingswar die Feinabstimmung zwischen Ar-beitskreis und DAAD nicht immer leicht,und so wuchs auf beiden Seiten die Ein-sicht, daß die Gründung einer Gesell-schaft oder eines Verbandes die einzigsinnvolle Fortentwicklung sei.Die Gründung des Fachverbands erfolgte1989. Auf der Verbandsebene ergaben sichdadurch weitere Möglichkeiten der wis-senschaftlichen Zusammenarbeit undAuseinandersetzung mit anderen natio-nalen Verbänden: Im Hochschulbereichmit der Gesellschaft für Angewandte Lin-guistik, im Bereich der Lehreraus- und-weiterbildung mit dem Fachverband Mo-derne Fremdsprachen. Konsequenterwei-se führte dies dazu, daß der FachverbandDeutsch als Fremdsprache nun als selb-ständige, eigenständige Gesellschaft 1993Mitglied des Internationalen Deutschleh-rerverbandes wurde, was weitere Aktivi-täten im Prozeß des wissenschaftlich-di-daktischen Austausches auch über dieGrenzen hinweg möglich werden läßt.Der Verband öffnete sich dann auch au-ßeruniversitären Anbietern von Deutschals Fremdsprache gegenüber. Die Interes-sengemeinschaft QualitätskriterienDeutsch als Fremdsprache gründete 1996einen Verein, dessen Aufgabe es ist, Insti-tute, die dies wünschen, durch einen neu-tralen Beirat überprüfen zu lassen undihnen bei positivem Urteil für einen mit-telfristigen Zeitraum ein Qualitätsmerk-mal zu bescheinigen.

In diese Zeit der Umstrukturierung fieldas Ereignis der deutschen Einheit. Einreger Gedankenaustausch setzte ein an-läßlich vieler Einzeltreffen, Jahrestagun-gen und Fachtagungen. Die Mitglieder-zahl des Fachverbands stieg sprunghaftan. Dann allerdings folgte bald die Phase,in der deutlich wurde, daß nur eine ver-gleichsweise geringe Zahl von Kollegin-nen und Kollegen auf feste Stellen über-nommen wurde und das Unwort »abge-wickelt« – und dies auf Personen bezo-gen – machte die Runde.Zu Beginn der 90er Jahre suchte man imBildungssektor generell nach einer Neu-bestimmung. Auch der FachverbandDeutsch als Fremdsprache bezog für sei-nen Bereich Position und formuliertezwanzig Thesen, die 1995 als DresdnerErklärung von der Mitgliederversamm-lung der Jahrestagung in Dresden verab-schiedet wurden.Bei diesen Thesen handelt es sich nichtum eine wissenschaftsbezogene Selbst-darstellung eines Verbandes, sondern umEinsichten und Forderungen, an derenpolitischer und hochschulpolitischerUmsetzung wir noch arbeiten müssen.Die ersten fünf Thesen zielen ab auf »Diedeutsche Sprache und ihre Bedeutung inder Welt«. Festgestellt wird, daß Deutschebenso Kultur- wie Wissenschaftsspracheist, Lehrgebiete sowohl die KulturspracheDeutsch als auch die Wissenschaftsspra-che Deutsch zu vermitteln haben.»Die Deutschen sollten ein bewußteres undloyaleres Verhältnis zu ihrer Sprache ent-wickeln, um sie als internationale Verkehrs-sprache zu gebrauchen und zu institutiona-lisieren.«

So lautet die These zwei, und LotharWittmann, Leiter der Kulturabteilung imAuswärtigen Amt, der diese These zi-tiert, fügt hinzu: »Ich möchte ergänzen:Wer die eigene Sprache verleugnet, über-zeugt keinen Partner in der Welt«. InThese fünf wird die Forderung erhoben,

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»das Bewußtsein zu stärken, daß Deutscheine international gepflegte Publikations-sprache und internationale Kongreßspra-che ist« (Wittmann 1996: 69). Wie not-wendig diese Forderung ist, belegt dieTatsache, daß anläßlich der internationa-len Studentenmesse 1996 in Brüssel derVertreter des Fachverbands laut Vorgabedes DAAD seinen Beitrag auf Englischhalten sollte, was gleichermaßen zu Pro-testen der Teilnehmer als auch der inBrüssel arbeitenden Simultandolmet-scher führte, so daß der Kollege danndoch Deutsch sprechen konnte.Der nächste Themenkomplex der Dresd-ner Erklärung befaßt sich mit der »wis-senschaftlichen Forschung und Ausbil-dung in Deutsch als Fremdsprache«. Ge-fordert wird:»Bestehende Einrichtungen zur Erfor-schung und Vermittlung des Deutschen alsFremdsprache an den Hochschulen zu-kunftsorientiert auszubauen und – wo siefehlen – neu zu schaffen« (7. These).

Gefordert wird weiterhin, daß »DaF-Lehr-kräfte ihrer Qualifikation entsprechendeingesetzt und […] nach bundesdeut-schen Maßstäben vergütet werden« (11.These). Zu erläutern gilt in diesem Zusam-menhang, daß 60 % aller Lehrveranstal-tungen im Inland über Zeitverträge durchLehrbeauftragte angeboten werden, einTatbestand, der dem IndustrielandDeutschland, das um eine Neubestim-mung des Studienstandorts bemüht ist, zudenken geben müßte. Deswegen beziehensich die Thesen des dritten Teils gezielt aufdie Vermittlung des Deutschen als Fremd-sprache an Hochschulen und fordern, daßdie Integrationsphase, also die Phase vorAufnahme des Fachstudiums, wie auchdie Begleitphase während des Studiumsflächendeckend in allen Bundesländernangeboten werden (12. These).Die abschließenden Thesen beinhaltenForderungen an staatliche Institutionen,den »Studienaufenthalt ausländischer

Studierender« dadurch zu erleichtern,daß bürokratische, aber auch soziale undmaterielle Hürden beseitigt werden.Mir kommt die Aufgabe zu, den Zeit-raum 1989 bis heute zu umreißen. Somitsei auch die »Deutsche Sprachprüfungfür ausländische Studienbewerber« er-wähnt, die als Rahmenordnung 1996 vonder Hochschulrektorenkonferenz undder Kultusministerkonferenz verabschie-det wurde und bis Ende Mai 1997 vonden Hochschulen umgesetzt werdenmuß. Diese Sprachprüfung – sie löst dieseit 1972 bzw. 1983 gültige Prüfung zumNachweis deutscher Sprachkenntnisse ab– gewährt den Lehrgebieten und Studien-kollegs einen größeren Handlungsspiel-raum, setzt zum anderen jedoch einenintensiven kritischen Erfahrungsaus-tausch zu Prüfungsaufgaben voraus, umdie Gleichwertigkeit der Prüfungen zugewährleisten. Der DAAD hat eine Bro-schüre über diese neue Prüfungsordnungmit mehreren Prüfungsbeispielen veröf-fentlicht und wird sie weltweit verteilen.Lassen Sie mich schließlich noch auf eineEntwicklung eingehen, die einem Para-digmawechsel gleichkommt. Ende der80er Jahre begannen die ERASMUS-Pro-gramme zu greifen. WesteuropäischeStudenten kamen in der Regel für zehnMonate an bundesdeutsche Hochschu-len; viele konnten sofort mit Erfolg ihrGrundstudium fortsetzen, für andere wa-ren Intensivkurse Deutsch und studien-begleitende Lehrveranstaltungen drin-gend erforderlich, um den Studienerfolgnicht zu gefährden. Im akademischenJahr 1996 wurden an der UniversitätMainz 650 ERASMUS-Studenten imma-trikuliert, von denen etwa die Hälfte anSprachlehrveranstaltungen Deutsch alsFremdsprache teilnahm. Dieser sprung-hafte Anstieg stellte uns – wie auch vieleandere Lehrgebiete – vor schwer lösbareProbleme, zumal auf Grund der geringenVerweildauer diese Gruppe nicht in die

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auf die Sprachprüfung vorbereitendenKurse integriert werden konnte.Was bedeutet diese Entwicklung für dieLehrgebiete Deutsch als Fremdsprache?Sie müssen – wie auch bisher – ausländi-sche Studierende während der sprachli-chen Integrationsphase auf die DeutscheSprachprüfung vorbereiten, zum ande-ren muß ein Kurssystem für europäischeSOKRATES-Studenten, wie das Pro-gramm ab 1997 heißt, ab 1998 gehörenauch Studierende der MOE-Staaten dazu,konzipiert und angeboten werden, einKurssystem, das auf Grund der vorgege-benen Programmstruktur andere Kom-ponenten ausweisen muß. Das Kursange-bot für SOKRATES-Studenten muß sichsowohl auf Deutsch als Kultur- als auchauf Deutsch als Wissenschaftssprache er-strecken. Wegen der zeitlichen Begrenzt-heit müssen Lehrgebiete Sprachlehrkerneerarbeiten, die zu sprachstandsangemes-senen fachorientierten Sprachmodulenspezifiziert werden können. Sprachmo-dule müssen auf Vernetzbarkeit hin ange-legt sein und die Nutzung interaktiverMedien mit einbeziehen. Während ihresAufenthalts in Deutschland sollte es SO-KRATES-Studenten ermöglicht werden,unterhalb der DSH-Ebene ein Universi-tätszertifikat Deutsch zu erwerben.SOKRATES-Partner sollten bei der Erstel-lung des Studienplans studienbegleiten-de Sprachlehrveranstaltungen mit be-rücksichtigen. Bei der Vergabe von Kre-ditpunkten – dies wird in Deutschlandnicht nach dem anglo-amerikanischenSystem, sondern nach Kriterien des Ar-beitsaufwandes und Arbeitsvolumens er-folgen – ist darauf zu achten, daß diePartnerhochschulen innerhalb des An-rechnungssystems ECTS (EuropeanCredit Transfer System) Anrechnungs-punkte vorsehen. Wenn dies geschieht,aber nur dann, hat die deutsche Hoch-schule die Pflicht, diese Lehrveranstal-tungen anzubieten, was für die Lehrge-

biete Chance und Herausforderung zu-gleich bedeutet.Die Lehrgebiete Deutsch als Fremdspra-che müssen, wie dies z. B. in Mainz derFall ist, in den SOKRATES- und ECTS-Gremien vertreten sein, um an diesenVeränderungen mitwirken zu können.Wir müssen – jenseits des kommerziellenMarktes – ein modulares System vonSprachlehrmaterialien erstellen, ein Pro-jekt, das der Fachverband koordinierensollte, denn es kann nur hochschulüber-greifend angegangen werden.Wir brauchen gezielt ausgebildete Sprach-lehrerinnen und Sprachlehrer, die nichtnur Allgemeinsprache, sondern vor allemfächerübergreifende und fachbezogeneWissenschaftssprache vermitteln können.Wir benötigen für diesen Aufgabenbe-reich dringend Stellen; denn die Teilneh-merzahl hat sich verdoppelt, während inanderen Fächern ein Rückgang von Stu-dentenzahlen festzustellen ist. Und, fallskurzfristig nicht mit Stellen zu rechnenist, benötigen wir erhebliche Finanzmit-tel, um durch ein adäquates Sprachlehr-angebot den Veränderungen im Hoch-schulbereich gerecht zu werden.Die Kultusministerkonferenz hat sich indem im März 1997 erschienenen Papier»Hochschulen und Hochschulpolitik vorneuen Herausforderungen« zur Stand-ortfrage Deutschland geäußert, auch zurStudiensituation, zur modularen Struk-tur des Lehrangebots, zum Credit-Trans-fer-System. Diese Bereiche sollten in derTat rasch geklärt werden, damit »deut-sche Hochschulen für ausländische Wis-senschaftler und Studenten attraktiveOrte wissenschaftlicher Tätigkeit« blei-ben oder es wieder werden (KMK Doku-mentation 3/1997: 3).Die Seitenhiebe, die bei der Frage desStudienstandorts Deutschland auf dieLehrgebiete niedergehen, empfinde ichals unnötig. Weder ist Deutsch so vielschwerer zu lernen als eine andere Spra-

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che, noch wurde durch die Rahmenord-nung für die Deutsche Sprachprüfungeine zu hohe Hürde geschaffen (wir kön-nen nachweisen, was geschieht bzw.nicht geschieht, wenn Studierende mitgeringer Sprachkompetenz in Vorlesun-gen sitzen oder an Seminaren teilneh-men), auch ist aus der Sicht der Sprach-lehrforschung und der Fremdsprachen-didaktik Deutsch so gut wie jede anderemoderne Fremdsprache zu vermitteln,noch sind es die Lerninhalte selbst, die soabschreckend wirken könnten. Hier irrtder Präsident des DAAD, wenn er, wiekürzlich, gegenüber einer überregionalenZeitung, die ihn wörtlich zitiert, sagt:»Wer bei uns im Grundstudium Physikbelegen will und den Abschluß in seinemHeimatland erwerben will, muß nichtunbedingt die Meerseburger Zauber-sprüche im Original lesen können«. (Ber-chem, SZ Nr. 15, 20.1.1997: 34)1. Recht hater, nur liegt er in der Sache falsch, denndie Lehrgebiete vermitteln kein Althoch-deutsch. Bei der Diskussion über dasAktionsprogramm des DAAD zur Förde-rung von Ausländern an deutschenHochschulen sollte der Fachverband kri-tischer Partner bleiben, was den Bereich»Hilfen zur Bewältigung der sprachli-chen Anforderungen« betrifft.Unser aller Anliegen sollte die Pflegedes Ausländerstudiums sein, das ja ge-setzlich verankert ist. So heißt es z. B. in§ 2 des Hochschulgesetzes von Rhein-land-Pfalz:»Die Hochschulen fördern die internationa-le, insbesondere die europäische Zusam-menarbeit im Hochschulbereich und denAustausch zwischen deutschen und auslän-dischen Hochschulen; sie berücksichtigendie besonderen Bedürfnisse ausländischerStudierender.« (Universitätsgesetz § 2(6): 14)

C) Einige (persönliche) Anmer-kungen zu den StudiengängenDeutsch als Fremdsprache

Rolf Ehnert

1972 wurde, nach zahlreichen konzeptu-ellen Überlegungen, nach viel inneruni-versitärem Widerstand auch, in Heidel-berg ein wohlbegründeter StudiengangDeutsch als Fremdsprache eingerichtet,zu dem aber bis heute nur Ausländerzugelassen werden.Bitte erlauben Sie mir eine kurze autobio-graphische Bemerkung; ich denke, daßich gerade auch wegen meines Werde-gangs eingeladen wurde, hier zu denStudiengängen Deutsch als FremdspracheStellung zu nehmen:Nach zwei Jahren als assistant in Frank-reich war ich neun Jahre lang Lektor aneiner finnischen Universität, hatte aberschon vorher, während des Studiums,ausländische Studierende, zunächst – ausdem Rückblick – sehr dilettantisch, unddann schon ein wenig kompetenter aus-ländische Kinder und Jugendliche unter-richtet. Als ich 1975 nach Deutschlandzurückkehrte, mit 15jähriger Erfahrungin einem »Beruf«, den ich nie erlernthatte, war es schon verwunderlich, daßsich seit der Einrichtung des Heidelber-ger Studiengangs in Sachen Ausbildungvon DaF-Lehrkräften nichts getan hatte.(In der DDR sah das ja anders aus.) Sobegann der damalige ArbeitskreisDeutsch als Fremdsprache (AKDaF) mitseiner Bonner Jahrestagung diesbezügli-che Überlegungen, die langsam aufkeim-ten, zu beobachten und voranzutreiben.1976 stellte ich an meiner Universitäteinen Antrag auf die Einrichtung einesMagisterstudiengangs, der 1979 anlaufen

1 Zitiert aus einer Glosse: »Campus: Überflüssige Zaubersprüche«, in: Süddeutsche ZeitungNr. 15 vom 20.1.1997, 34.

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konnte. Unmittelbar danach übernahmHarald Weinrich den Lehrstuhl an derMünchener Universität.Seither ging die Entwicklung schnell vor-an: Es wurden Voll- und Teilstudiengänge,Lehrstühle geschaffen. Nach den letztenBestandsaufnahmen von 1994 (Henrici/Koreik) existieren bei 19 Vollstudiengän-gen (nach Krumm 1994: 13) 18 Lehrstüh-le. Studiengänge, die, mit einigen Varian-ten, den Namen Deutsch als Fremdsprachetragen, gibt es lediglich sechs: Bayreuth,Bielefeld, Heidelberg, Jena, Leipzig,München. In Bremen gibt es einen Lehr-amtsstudiengang. Die übrigen 13 bettenDeutsch als Fremdsprache in einen an-ders benannten Studiengang, oft in einengermanistischen, ein. Daneben gibt es 31Aufbau-, Ergänzungs-, Erweiterungs-oder Zusatzstudiengänge, zusammenalso 50 Studiermöglichkeiten.Trotz der temperamentvollen Auseinan-dersetzung um die Konzeption des Fa-ches, gerade in den allerletzten Jahren,hat sich seit Heidelberg, Bielefeld undMünchen nichts wesentliches daran ge-ändert, daß die Inhalte des Studiums, wiebei anderen Fremdsprachenphilologienauch, linguistische, landeskundliche undliteraturwissenschaftliche, literaturge-schichtliche sind. Sie gruppieren sich, mitunterschiedlichen Gewichtungen, umden meist lehr-/lernwissenschaftlichenKern der Lehre und Forschung. Geradeweil die Diskussion so rege ist, durch eineReihe von Beiträgen in der ZeitschriftDeutsch als Fremdsprache, eine Monogra-phie (Henrici/Koreik) und zwei The-mennummern der Zeitschrift Germanisti-sche Linguistik wohl dokumentiert undleicht zugänglich ist, will ich über dieunterschiedlichen Standpunkte hiernichts sagen. Vielmehr möchte ich versu-chen, mit wenigen Sätzen eine kleineBilanz zu ziehen über die Leistungen desFaches, und in Form eines Ausblicks ge-

genwärtige Schwierigkeiten und darausresultierende Aufgaben skizzieren.Die frühen Arbeiten zur Konstitution desFaches z.B. von Dietrich (1975), Wierlacher(1975), Weinrich (1979) sind dabei ebensozu nennen wie die Etablierung einer Lehr-werkforschung (Mannheimer Gutachten), dieEntwicklung von Übungstypologien, Prü-fungen und Prüfungsordnungen. Es entste-hen neun Einführungen in das Studium,das Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache, zweiumfassende Handbücher, eine kaum mehrzu überblickende Fülle von Lehrbüchernund Lehrmaterialien, vier bedeutende Zeit-schriften, eine sonst wohl nirgendwo exi-stierende kommentierte Jahresbibliographievon Neuerscheinungen, eine umfangreicheDiskussion über Fachsprachen – ich be-schränke mich auf nur dieses – und ebeneine fundierte, theorie-praxisgeleitete, an-wendungsbezogene, mit intensiven Prak-tika verbundene Ausbildung von inzwi-schen zahlreichen Lehrkräften.Es kann nicht genug betont werden, wiewichtig für diese Ausbildung die Verzah-nung mit der Sprachlehre ist, mit denPNdS/DSH-Sprachlehrangeboten anden Universitäten und den Volkshoch-schulen, für Aussiedler und anderswo:Hospitations- und Praktikumsmöglich-keiten für die Studierenden, die ihrerseitsTutoren für die ausländischen Studienbe-werber sind, die wiederum als Proban-den der Spracherwerbsforschung zurVerfügung stehen und als lebendige Ver-treter ihrer jeweiligen Kulturen die Inter-nationalität und Interkulturalität des Fa-ches garantieren. Aus dem gleichenGrunde ist es auch so wichtig, daß mög-lichst viele ausländische Studierende inden Studiengängen eingeschrieben sind.Betrachtet man die Ausschreibungstextedes DAAD für Lektorate, so ist seit vielenJahren Unterrichtserfahrung eine Voraus-setzung für die Bewerbung. Schaut mansich die Voraussetzungen für die einzel-nen Lektorate und die Aufgabengebiete

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näher an, so entdeckt man nahezu immereine kaum erklärbare Diskrepanz:

Aufgaben: Sprachunterricht, Überset-zungsübungen, Landeskunde.Voraussetzungen: Studienabschluß in Ger-manistik im Hauptfach; Lehrerfahrungenin DaF.

Aufgaben: Fremdsprachendidaktik, Überset-zung, Computerlinguistik, Landeskunde.Voraussetzungen: Studienabschluß in Ger-manistik im Hauptfach (Schwerpunkt:Linguistik).

Aufgaben: Sprachunterricht, FachspracheWirtschaft, Landeskunde.Voraussetzungen: Studienabschluß Ger-manistik (DaF)

(Ausschreibungen für 1996)

Ich frage: Welche Germanistin, welcherGermanist hat in seinem Studium etwaserfahren über Fremdsprachenunterricht,Übersetzungstheorie und -technik,Translatorik (was zugegebenermaßen inden DaF-Studiengängen auch kaum vor-kommt), Landeskunde, Fachsprachenund Wirtschaftswissenschaften?Das Fach Deutsch als Fremdsprache hatsich im Bewußtsein der sog. Auslands-germanistik, von löblichen Ausnahmenabgesehen, kaum durchgesetzt. Grie-chenland erkennt die deutschen Magi-sterabschlüsse nicht an. Es besteht wei-terhin die Vorstellung, eine Lektorin, einLektor könne nur ein Germanist sein, inder Mehrzahl der Fälle sogar mit litera-turwissenschaftlicher Schwerpunktbil-dung. Die Zentralstelle für das Auslands-schulwesen/die Kultusministerkonfe-renz entsendet keine Magister nach Mit-tel- und Osteuropa usw.Hinzu kommt die mißliche Stellensitua-tion, die fehlende soziale Absicherung, jabereits Probleme mit der Berufsbezeich-nung: Fremdsprachenlehrerin, Dozentin fürDeutsch als Fremdsprache…? Nach wie vor

scheinen höchstens ein Drittel aller indem weiten Unterrichtsfeld Tätigen festeStellen zu haben. In manchen Ländernwerden die gut ausgebildeten Fachkräfteals bedrohliche Konkurrenz der einhei-mischen Lehrenden empfunden.Dabei sind die Anforderungen dank derbekannten weltweiten Veränderungenetwa gegenüber meiner Lektorentätigkeitvor 25 Jahren in Finnland gestiegen inso-fern, als sowohl neue Kenntnisse undFertigkeiten, aber auch Eigenschaftenund Fähigkeiten notwendig gewordensind – und die AbsolventInnen der Studi-engänge erfüllen sie!Trotz dieser Professionalisierung siehtdie Situation für Studienabgänger so auswie geschildert. Aus Briefen von Absol-ventinnen:

»Im allgemeinen muß ich zugeben, daß diePerspektiven für DaF-AbsolventInnen mei-nes Wissens nicht besonders gut sind. Klei-ne Honorarverträge und Unsicherheit sindan der Tagesordnung. Aufgrund der sozia-len Kürzungen, die die Regierung anstrebt,werden immer weniger Gelder für den Un-terricht mit Ausländern ausgegeben. Dasbekomme ich jetzt sehr deutlich zu spüren,denn ich arbeite für den Sprachverband,der bereits sehr drastisch zu kürzen ver-sucht.Außerdem werden ständig neue Leute ausden unterschiedlichsten Berufen für denDeutschunterricht mit Ausländern rekru-tiert. Das habe ich während einer Fortbil-dung im Goethe-Institut gehört. Sogar Leu-te, die nur das Abitur haben, werden zuDeutschlehrerInnen fortgebildet. Das trägtmeiner Meinung nach zu einer Verminde-rung des Ansehens dieses Faches bei. Viel-leicht sollte man den wissenschaftlichenCharakter des Studiums mehr betonen, Di-daktik und Sprachlehrforschung stärkermiteinander verbinden. Außerdem sollteDeutsch als Fremd-/Zweitsprache an denSchulen angeboten werden, das würde vie-le Vorteile mit sich bringen, vielleicht sollteman sich mehr in diesem Bereich engagie-ren. In Nordrhein-Westfalen würde viel-leicht so ein Engagement Früchte tragen.Ich denke, als DaF-Absolventin ist es ziem-

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lich schwierig, eine Stelle zu finden, die mitdiesem Beruf in Zusammenhang steht.«»Seit ersten Januar diesen Jahres arbeite ichals freie Lektorin an der Universität … DieAufgabenbereiche: Hörverstehen, Sprech-training, Wirtschaftsdeutsch, Anfängerkur-se für Nicht-Germanisten, Telefonkonversa-tion. Die Bezahlung entspricht meiner vor-herigen Arbeit [2000 DM netto, RE], wobeiletztere aber nur 15 Stunden à 60 min um-faßt (plus Vorbereitungszeit, Erstellung vonSkripts, Aufnahme von Fernsehsendun-gen…).Eine interessante Tätigkeit, die aber leideraufgrund einer französischen Regelung aufzwei Jahre begrenzt ist. Nach Ablauf diesesLimits ist auch keine neue Anstellung aneiner anderen Universität möglich. EinzigeChance: ein über den DAAD vermitteltesLektorat – eine Hürde, die ich trotz meinerAbschlußnote (1,0) bisher nicht zu über-springen vermochte. Ein Grund für dasbisherige ›Scheitern‹: fehlende Literatur-kenntnisse meinerseits und unzureichendeToleranz gegenüber ›neuen‹ didaktischenAnsätzen von seiten des französischen Aus-wahlgremiums. Es gilt eben, die Traditiondes französischen Bildungssystems zu re-spektieren (auch in meiner aktuellen Tätig-keit), was zuweilen allem bisher Gelerntenund selbst Entwickelten widerspricht.«

»Bisher habe ich leider keinen festen Jobgefunden. Ich halte mich mit diversen Ho-norar- und Aushilfsjobs (DaF-Unterrichtund auch anderes) über Wasser. Ich habemich zwar recht viel beworben (überregio-nal, allerdings nicht im Ausland), aber bis-lang ohne Erfolg. Ich bin noch nicht maleine Runde weitergekommen.Inzwischen überlege ich, eine andere Aus-bildung zu machen, da meine derzeitigeQualifikation offensichtlich völlig un-brauchbar ist. Dies ist allerdings finanziellrecht schwierig, da man als Hochschulab-solventin durch alle Maschen des sozialenNetzes fällt.Im Moment bin ich der Ansicht, daß derStudiengang DaF in bezug auf unsere Be-rufsaussichten nicht funktioniert – leider.«

Die Curricula müssen ständig überdachtund nach Möglichkeit angepaßt, die Fä-cherkombinationen müssen noch erwei-tert werden.Absolventen werden wie die nahezu alleranderen Fächer in eine Berufswelt entlas-sen, die dem herkömmlichen Bild innichts mehr entspricht. Der HamburgerFreizeit- und Zukunftsforscher Horst W.Opaschowski stellte kürzlich fest:»… Das Normalarbeitsverhältnis stirbt. Schonheute leisten mehr als zwei von fünf Be-schäftigten (43,5%) regelmäßig oder gele-

Was man „mitbringt“

„Allgemeinbildung“„Leserpersönlichkeit“politisch interessiertSteckenpferd(e)

Fremdsprachenkenntnisse

· Grammatik· Linguistik· „Kultur“· Literatur· Medien· Fachsprachen

DaF-LehrerInnenals

KulturmittlerInnen

„Pädagogik“Fremdsprachenlehr-/

lernforschungLernpsychologie

Bereitschaft und Fähigkeit, sich immer neuzu orientieren, ins Ausland zu gehen

Interesse an anderen: Neugier, Empathie,Toleranz

Lernorganisationen

Was man „erwirbt“

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gentlich Schicht-, Nacht- und Wochenendar-beit. Und jedes dritte Arbeitsverhältnis inDeutschland dauert kein ganzes Jahr, garan-tiert also auch kein kontinuierliches Ein-kommen mehr. Immer mehr Personen sindin Teilzeitverhältnissen beschäftigt oder ge-hen einer sozialversicherungsfreien Be-schäftigung nach.Die Arbeit für die Fulltime-Jobber wird im-mer intensiver und konzentrierter, zeitlichlänger und psychisch belastender, dafüraber auch – aus der Sicht der Unternehmen– immer produktiver und effektiver. DieserMinderheit der Fulltime-Jobber steht in Zu-kunft die Mehrheit der Gelegenheitsarbeitermit schlecht bezahlten Teilzeit- und Mehr-fachjobs gegenüber, die sich fast ein ganzesLeben lang mit dem Phänomen der Unter-beschäftigung und Unterbezahlung arran-gieren müssen.« (Unveröffentlichter Vortragvor der Handwerkskammer Bielefeld)

Epilog: Am Rande der Tagung wurde mirvorgeworfen, daß ich die Studierendeneines bestimmten Aufbaustudiengangesbitter enttäuscht habe.

D) Ausländers tudium inDeutschland im Wechselspielvon Angebot und Nachfrage

Klaus Kirsch

Es gehört zur Redekultur solcher Veran-staltungen wie dieser, daß man sich feiertoder feiern läßt, Verdienste und Leistun-gen Revue passieren läßt und sich gegen-seitiger Zustimmung in der – womöglichnoch besseren – Fortsetzung des Erreich-ten versichert. Erlauben Sie mir einenprosaischeren Beitrag zu diesem Anlaß,und gestatten Sie mir einige Überspit-zungen, die kritische Absicht und Kürzemeines Beitrages nahelegen.Aus einer bildungspolitischen Nischeund hochschulspezifischen Marginalie –will mir scheinen – ist das Ausländerstu-dium seit wenigen Jahren ins Licht einerbreiteren Öffentlichkeit getreten. »End-

lich, richtig«, möchte man applaudieren,wenn nicht die Motive dieser Öffentlich-keitsverstärkung – pädagogisch gespro-chen – extrinsisch anmuten würden.Schauen Sie mit mir auf die Sprache der»Reformpapiere«:Die gemeinsame Erklärung der Regie-rungschefs von Bund und Ländern zurSteigerung der internationalen Wettbe-werbsfähigkeit des StudienstandortsDeutschland vom Dezember 1996 stelltfest, »[…] in Deutschland ausgebildeteEntscheidungsträger sind angesichts zu-nehmender Globalisierung in Wirtschaft,Wissenschaft und Gesellschaft zentraleMittler und Kooperationspartner«.Die »internationale Konkurrenz« undStand der Lehre und Forschung an deut-schen Hochschulen habe zu einer Einbu-ße an Attraktivität bei dynamischenSchwellenländern Asiens und Lateinameri-kas geführt.Die Verbesserung der internationalenWettbewerbsfähigkeit der deutschen Hoch-schulen sei zentrale hochschulpolitischeAufgabe. »Der Ausländeranteil von 4,1 %an den Studierenden in der BRD […] iststeigerungsfähig.« »Marketing […] imAusland«, »regelmäßige Präsentationdeutscher Hochschulen auf Fachmessenund Tagungen im Ausland müssen vonBund und Ländern unterstützt werden«.Im Bericht der Kultusministerkonferenzvom 18.11.96 wird immerhin, bei den»Wettbewerbsfaktoren« des Studienstand-ortes, die »deutsche Sprache als Grundla-ge für Wissensvermittlung an deutschenHochschulen« genannt. Die AG ›Bewer-tung‹ der KMK schreibt am 11./12.03.97,»Überlegungen zum ›Standort‹ Deutsch-land seien nicht allein ausschlaggebend[…] für die Höherbewertung« ausländi-scher Bildungsnachweise.Die Wortwahl dieser Zitatenlese mit fach-spezifischer Terminologie der Wirtschaftlegt den Verdacht nahe, daß wirtschaftli-che Interessen fast wichtiger zu sein

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scheinen als sachbezogene Reforminter-essen. Ist vielleicht das eherne Marktge-setz von Angebot und Nachfrage, in un-serem Falle die mangelnde Nachfragenach Studienplätzen durch potentielleKundenländer, Motiv einer Studienre-form? Nicht von ungefähr werden dieWachstumsregionen Südostasiens undLateinamerikas immer wieder hervorge-hoben, deren künftige Eliten man andeutschen Hochschulen ausbilden möch-te. Es geht bei der Reform des Ausländer-studiums offenbar nicht um ausländischeStudenten schlechthin, sondern um diebestimmter Weltregionen; nicht um alleZielgruppen, sondern um die Eliten;nicht um Studienanfänger – wie anderePapiere belegen –, sondern vor allem umGraduierte und Postgraduierte. Dieseausländischen Studenten sollen der BRDGewinn bringen, aber möglichst wenigkosten. Sprachausbildung und Studien-vorbereitung in Deutschland sollen mög-lichst minimiert werden; denn die über-proportional langen Studienzeiten inDeutschland sollen zunächst einmal da-durch verkürzt werden, daß der direkteHochschulzugang für ausländische Stu-denten erweitert wird und die Sprach-ausbildung in Deutschland verkürztwird, wie aus der AK ›Bewertung‹ derKMK zu hören und in einem ihrer Papie-re zu lesen ist.Daraus läßt sich unschwer erkennen, daßdiese Reformankündigungen nicht alleFragen beantworten, sondern viele Fragennach Zielen und Chancen des Ausländer-studiums in Deutschland offen lassen:– Sind die gewünschten Eliten ausländi-

scher Studienbewerber durch Liberali-sierung der Studien- und Sprachvorbe-reitung nach Deutschland zu lenken?

– Genügt das Angebot an Deutschkursenim Ausland den quantitativen undqualitativen Erfordernissen einer Stu-dienvorbereitung?

– Wie steht es um die Realisierung derStudienvorbereitung im Ausland,wenn Goethe-Institute geschlossenwerden, deren Zertifikate aber anderer-seits obligatorische Voraussetzung fürdie Erteilung von Studentenvisa sind?

– Sind die Sprachkursangebote an deut-schen Hochschulen ausreichend?

– Sind die bisherigen studienbegleiten-den Maßnahmen der Hochschulen ge-eignet, das Ausländerstudium inDeutschland attraktiver zu machen?

– Sind internationale Titel, kürzere Aus-bildungszeiten, englischsprachige Stu-dienanteile ausreichende Zielsetzun-gen einer Reform des Ausländerstudi-ums in Deutschland?

– Wo bleiben bei diesen Reformüberle-gungen die Inhalte, Studienorganisati-on, die Lehr- und Prüfungsverfahren?

Lassen Sie mich bei meinen kritischenFragen bitte auch das eigene Denken undHandeln nicht ausnehmen und auf seineSachdienlichkeit und Reformtauglichkeitbefragen.– Ist eine einheitliche Rahmenordnung

eine Garantie auch für einheitliche An-forderungen und Standards?

– Haben nicht Teilnehmerzahlen – dieBetonung liegt auf Zahlen – auch fürSprach- und Vorbereitungskurse anden Lehrgebieten und Studienkollegseine Bedeutung sui generis, weil Zah-len über Stellen und Stellen über Fi-nanzmittel entscheiden?

– Beeinflussen nicht oft auch hier Kriterienvon Angebot (an Bewerbern) und Nach-frage (nach Bewerbern) Anforderungs-niveau und Bewertungsspielräume?

– Ist sprachliche Vorbereitung der jetzi-gen Art noch die sachgerechte Vorbe-reitung auf ein Fachstudium von kür-zerer Dauer als bisher?

Die Fragen zu reformrelevanten Proble-men lassen sich fortsetzen.Der Sinn dieser Sequenz könnte sein, vorkurzschlüssiger, monokausaler Problem-

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bewältigung zu warnen. Wenn jetzt inGremien wie Rektorenkonferenz, Konfe-renz der Ministerpräsidenten, der KMK,der Bundesregierung nach Lösungen ge-sucht wird, um das Ausländerstudium inDeutschland attraktiver zu machen, istdies zunächst uneingeschränkt zu begrü-ßen. Wenn aber – wie es aus diesen Gre-mien raunt – die Lösung der Problemevor allem in formalen, administrativenMaßnahmen gesehen wird und die Sach-kriterien aus dem Blick geraten sollten,dann wird dem Ausländerstudium inDeutschland ein fragwürdiger Dienst er-wiesen.Ein Reformhandeln, das z. B. durch Än-derung der Zeugnisbewertung, durchAnalogie der Schuljahre, Wochenstundenund durch die damit gegebene Vermeh-rung der Bewerberzahlen für den deut-schen Hochschulzugang, durch formaleAngleichung an internationale Studien-praxis die Probleme des Ausländerstudi-ums zu lösen glaubt, erinnert an das»Reformhandeln« nach dem sogenann-ten »Sputnikschock« vor über 30 Jahren.In der damaligen oft nur quantitativenMobilisierung der Bildungsreservendurch formales Reformhandeln scheinennoch heute viele Probleme der Hoch-schulen begründet. Es ist keine Therapievon Symptomen, sondern im Sinne unse-rer Arbeit und unter unserer selbstkriti-schen Mitarbeit eine Reform an Hauptund Gliedern nötig!Ich wünsche mir und uns allen, daß wirden Mut haben mögen, das Ausländer-studium nicht nur nach Marktgesetzen,sondern Reformen inhaltlicher, sachdien-licher Art mit langem Atem zu fördern.

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Fremdsprache Deutsch. Zeitschrift für die Pra-xis des Deutschunterrichts. Hrsg. vom Vor-stand des Goethe-Instituts und PeterBimmel, Hans-Jürgen Krumm, GerhardNeuner. München: Klett Edition Deutsch.

Für Sie gelesen: Kommentare und Rezensionenzu über hundert Neuerscheinungen für dasFach Deutsch als Fremdsprache (Nr. 2/3eines jeden Jahrgangs von Info DaF).

Glück, Helmut; Schmöe, Friederike: Vade-mecum Deutsch als Fremdsprache (Dr. Ra-bes Hochschulschriften 1). Bamberg 1995.

Handbuch Deutsch als Fremdsprache (hrsg.von Heinrich Aust, Lutz Götze, GerhardHelbig u. a.): Berlin; New York: de Gruy-ter (in Arbeit).

Henrici, Gert: Studienbuch: Grundlagen für denUnterricht im Fach Deutsch als Fremd- undZweitsprache (und anderer Fremdsprachen)(Studienbücher zu Sprach und Literaturdi-daktik 4). Paderborn: Schöningh, 1986.

Henrici, Gert; Riemer, Claudia (Hrsg.): Ein-führung in die Didaktik des UnterrichtsDeutsch als Fremdsprache mit Videobeispie-len. 2 Bde. Baltmannsweiler: SchneiderHohengehren, 1994.

Henrici, Gert; Koreik, Uwe (Hrsg.): Deutschals Fremdsprache. Wo warst Du, wo bist Du,wohin gehst Du? Baltmannsweiler: Schnei-der Hohengehren, 1994.

Heyd, Gertraude: Deutsch lehren. Grundwis-sen für den Unterricht in Deutsch als Fremd-sprache. 2. Auflage Frankfurt a. M.: Die-sterweg, 1991.

»Hochschulen und Hochschulpolitik vorneuen Herausforderungen». Beschlußder Kultusministerkonferenz vom28.2.1997. Dokumentation Nr. 3/1997, 14.März 1997. Hrsg von der Konferenz derRektoren und Präsidenten der Hochschu-len in der Bundesrepublik Deutschland.

Huneke, Hans-Werner; Steinig, Wolfgang:Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung.Berlin; Bielefeld; München: ErichSchmidt, 1997.

Ickler, Theodor: Deutsch als Fremdsprache.Eine Einführung in das Studium. Tübingen:Niemeyer, 1984.

Informationen Deutsch als Fremdsprache (InfoDaF). Hrsg. vom Deutschen Akademi-schen Austauschdienst in Zusammenar-beit mit dem Fachverband Deutsch alsFremdsprache. München: iudicium,1974ff. Redaktionsadresse: Deutscher

Akademischer Austauschdienst, Referat201, Kennedyallee 50, D-53175 Bonn.

Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache. Hrsg. vonAlois Wierlacher und Dietrich Eggers, Kon-rad Ehlich (seit 1997), Ulrich Engel, Andre-as F. Kelletat (seit 1995), Hans-JürgenKrumm, Dietrich Krusche, Robert Picht (bis1994), Kurt-Friedrich Bohrer (Dokumenta-tion). München: iudicium, 1975ff.

Kast, Bernd; Neuner, Gerhard (Hrsg.): ZurAnalyse, Begutachtung und Entwicklungvon Lehrwerken für den fremdsprachlichenDeutschunterricht (Fremdsprachenunter-richt in Theorie und Praxis). Berlin; Mün-chen: Langenscheidt, 1994.

Kleppin, Karin: »Lehrwerkkritik, Lehrwerk-analyse, Lehrwerkforschung. Ein Versuchzu einer empirisch begründeten For-schungseinrichtung«, Info DaF 1984, 16–23.

Lehrwerkforschung – Lehrwerkkritik. Deutschals Fremdsprache. Hrsg. von Hans-JürgenKrumm. München: Goethe-Institut, 1982.

Mannheimer Gutachten zu ausgewählten Lehr-werken Deutsch als Fremdsprache. (Im Auf-trag des Auswärtigen Amtes der Bundes-republik Deutschland). Band 1. Vorgelegtvon Ulrich Engel, Wolfgang Halm, Hans-Jürgen Krumm u. a., Heidelberg (4) 1977,Band 2. Erstellt von Ulrich Engel, Hans-Jürgen Krumm, Alois Wierlacher unterMitarbeit von Wolf-Dietrich Ortmann.Heidelberg 1979.

Materialien Deutsch als Fremdsprache (Mat-DaF), hrsg. vom Fachverband Deutsch alsFremdsprache. Redaktionsadresse: Dr.Armin Wolff, Universität Regensburg,Lehrgebiet Deutsch als Fremdsprache,Universitätsstr. 31, D-93053 Regensburg.(Ein Übersicht über die in dieser Reiheerschienenen Titel ist als Anlage 3 diesemBeitrag hinzugefügt.)

Nodari, Claudio: Perspektiven einer neuenLehrwerkkultur. Aarau: Sauerländer, 1995.

Rahmenordnung für ausländische Studien-bewerber, den Unterricht an den Studien-kollegs und die Feststellungsprüfung.Beschluß der KMK vom 15.4.1994.

»Rahmenordnung für die Prüfung zumNachweis deutscher Sprachkenntnisse(PNdS) für ausländische Studienbewer-ber an den Wissenschaftlichen Hochschu-len der Bundesrepublik Deutschland ein-schließlich Berlin (West)« (Beschluß der101. WRK vom 12.12.1972). Abgedrucktin: »Tests und Prüfungen 1974/75 aus

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den Lehrgebieten Deutsch als Fremd-sprache an den Hochschulen und Univer-sitäten«, MatDaF, Heft 5, Mainz 1975,137–141, und in: Jahrbuch Deutsch alsFremdsprache 1 (1975), 153–155.

»Rahmenordnung für die Prüfung zumNachweis deutscher Sprachkenntnisse(PNdS) für ausländische Studienbewer-ber an den wissenschaftlichen Hochschu-len der Bundesrepublik Deutschland ein-schließlich Berlin (West)« (Beschluß des140. Plenums RK vom 4./5. Juli 1983unter Zustimmung der Kultusminister-konferenz vom 27. Juni 1983). In: Deutschals Fremdsprache an den Hochschulen undStudienkollegs der Bundesrepublik Deutsch-land einschließlich Berlin (West): Die Sprach-lehrangebote. Zusammengestellt von Ar-min Wolff, Gabriele Neuf-Münkel undDietrich Eggers, hrsg. vom DeutschenAkademischen Austauschdienst. 3. Aufl.Bonn: DAAD, 1988, 177–181.

»Rahmenordnung für die Deutsche Sprach-prüfung für den Hochschulzugang aus-ländischer Studienbewerber (DSH)« (Be-schluß des 172. Plenums (21./22.2.1994)und des 72. Senats (30.5.1995) der Hoch-schulrektorenkonferenz (HRK), Info DaF23 (1996), 110–116. Außerdem in: Deutschals Fremdsprache an den Hochschulen undStudienkollegs in Deutschland: Die Sprach-lehrangebote. Zusammengestellt von Ar-min Wolff, hrsg. vom Deutschen Akade-mischen Austauschdienst. 4. Aufl. Bonn:DAAD, 1996, 185–190. (Alle im Jahr 1981geltenden Rahmenordnungen, Rahmen-pläne und Prüfungsordnungen wurdenin einer Zusammenstellung von Rolf Eh-nert und Gabriele Neuf-Münkel abge-druckt in: Info DaF 6 (1981), 1–158).

»Rahmenplan Deutsch als Fremdsprachefür ›Sprachlehrveranstaltungen vor Auf-nahme des Fachstudiums‹ und für studi-enbegleitende Lehrveranstaltungen anden Universitäten und Hochschulen derBundesrepublik Deutschland«, Info DaF1979, H. 2, 1–41.

Rösler, Dietmar: Deutsch als Fremdsprache.Stuttgart; Weimar: Metzler, 1994.

Special Language – Fachsprache. InternationaleZeitschrift für Fachsprachenforschung, Didak-tik und Terminologie. Wien: Braunmüller.

Strauß, Dieter: Didaktik und MethodikDeutsch als Fremdsprache. Eine Einführung.

Berlin; München; Wien; Zürich; NewYork: Langenscheidt, 1984.

»Strukturmodell Lehr- und Forschungsge-biet ›Deutsch als Fremdsprache‹«, InfoDaF 1974, H. 2, 11–12.

»Struktur- und Organisationsmodell für dieAusbildung ausländischer Studenten inder deutschen Sprache (›LehrgebietDeutsch als Fremdsprache‹)«, Info DaF1975, H. 2, 8–13.

Studien- und Wissenschaftsstandort Deutsch-land. Aktionsprogramm des DAAD zur För-derung des Studiums von Ausländern andeutschen Hochschulen. Bonn: DAAD, Ja-nuar 1997.

Studienvorbereitung an den Studienkollegsfür die Fachhochschulen. Hinweise fürausländische Studienbewerber. Hrsg.vom Deutschen Akademischen Aus-tauschdienst Bonn: DAAD 1995.

Schulte, Hansgert: »Einführung zum Startder ›Informationen Deutsch als Fremd-sprache‹«, Info DaF 1974, H. 1, 3.

Schulte, Hansgert: »Deutsch als Fremdspra-che und die Internationalität der Hoch-schulen: 15 Jahre Arbeitskreis Deutsch alsFremdsprache beim DAAD«, MatDaF Heft29, für den FaDaF hrsg. von Armin Wolffund Helmut Rössler. Regensburg 1990.

»Verfahrensordnung für die Jahrestagungund den Arbeitskreis Deutsch als Fremd-sprache«, Info DaF 1974, H. 1, 4–6.

Universitätsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz.Ministerium für Bildung, Wissenschaftund Weiterbildung (Hrsg).

Weinrich, Harald: »Deutsch als Fremdspra-che – Konturen eines neuen Faches«, Mat-DaF Heft 14, für den AKDaF hrsg. vonArmin Wolff. Regensburg 1979.

Welter Winfried; Moll, Birgitta: FaDaF Aktu-ell« Mitgliederzeitschrift des FachverbandesDeutsch als Fremdsprache (FaDaF). Mün-ster: FaDaF-Geschäftsstelle, 1995ff.

Wierlacher, Alois: »Sprachunterricht undKulturvermittlung. Prolegomena zu ei-ner Kritik deutscher Sprachlehren fürAusländer«, Info DaF, Sondernummer.Bonn: DAAD 1974, 4–9.

Wierlacher, Alois: »Germanistik und Aus-länderstudium«. In: Werner, Otmar; Fritz,Gert (Hrsg.), Deutsch als Fremdsprache undneuere Linguistik. München: Hueber 1975,289–297.

Wierlacher, Alois: »Überlegungen zur Be-gründung eines Ausbildungsfaches

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›Deutsch als Fremdsprache‹«, JahrbuchDeutsch als Fremdsprache 1 (1975), 119–136.

Wierlacher, Alois (Hrsg.): FremdspracheDeutsch. Grundlagen und Verfahren der Ger-manistik als Fremdsprachenphilologie. Mün-chen: Fink, 1980 (Band 1) und 1981 (Band 2).

Wittmann, Lothar: »Ein zentrales politi-sches Anliegen. Förderung der deutschenSprache im Ausland«, Forschung und Leh-re 2 (1996), 69–72.

Wolff, Armin; Neuf-Münkel, Gabriele; Eg-gers, Dietrich (Zusammenstellung):Deutsch als Fremdsprache an den Hochschu-len und Studienkollegs der BundesrepublikDeutschland einschließlich Berlin (West):Die Sprachlehrangebote. 1. Aufl. 1978; 2.Aufl. 1982; 3. Aufl. 1988. Hrsg. vom Deut-schen Akademischen Austauschdienst.Bonn: DAAD.

Wolff, Armin: »Leitlinien der Lehrerausbil-dung im Bereich Deutsch als Fremdspra-che«, MatDaF, Heft 19, für den AKDaFhrsg. von Armin Wolff, Aloys Beuers undRolf Ehnert: Regensburg 1982, 67–76.

Wolff, Armin; Hoffmann, Joachim; Rug,Wolfgang: »Einführung zur ersten Aus-gabe von Info DaF«, Info DaF 1 (1974), 2.

Wolff, Armin (Zusammenstellung): Deutschals Fremdsprache an den Hochschulen undStudienkollegs in Deutschland: Die Sprach-lehrangebote. Hrsg. vom Deutschen Aka-demischen Austauschdienst. 4. Aufl.Bonn: DAAD, 1996.

Wolff, Armin: »Die neue Rahmenordnungfür die ›Deutsche Sprachprüfung für denHochschulzugang ausländischer Studi-enbewerber (DSH)‹«, Info DaF 23 (1996),109–116.

Zielsprache Deutsch. Zeitschrift für Unter-richtsmethodik und angewandte Sprach-wissenschaft. Ismaning: Hueber, 1970ff.

Zugang zum Fachstudium an den wissen-schaftlichen Hochschulen in der Bundes-republik Deutschland über die Studien-kollegs für ausländische Studierende.Hinweise für ausländische Studienbe-werber. Hrsg. vom Deutschen Akademi-schen Austauschdienst Bonn: DAAD1995.

Anlage 1: Jahrestagungen des Arbeits-kreises / Fachverbandes Deutsch alsFremdsprachemit den folgenden Themenschwerpunk-ten:

1973 in Erlangen: »Didaktische und metho-dische Beiträge Deutsch als Fremdsprache«.In: Materialien Deutsch als Fremdspra-che, Heft 1, für den AKDaF hrsg. vonDietrich Eggers, Mainz 1975, 185 Seiten.

1974 in Trier: »Didaktische und methodischeBeiträge Deutsch als Fremdsprache«. In: Ma-terialien Deutsch als Fremdsprache, Heft4, für den AKDaF hrsg. von DietrichEggers, Mainz 1976, 126 Seiten.

1975 in Berlin: »Lernzielformulierung imBereich Deutsch als Fremdsprache« –»Deutsch für ausländische Arbeitnehmerund Kinder ausländischer Arbeitnehmer inder Bundesrepublik Deutschland«. In: Mate-rialien Deutsch als Fremdsprache, Heft 7,für den AKDaF hrsg. von Dietrich Eg-gers, Mainz 1977, 143 Seiten.

1976 in Bremen: »Kontrastivität, Fehlerana-lyse, Unterrichtspraxis Deutsch als Fremd-sprache«. In: Materialien Deutsch alsFremdsprache, Heft 9, für den AKDaFhrsg. von Wolfgang Rug und Kurt Wer-ner Jauß, Regensburg 1978, 304 Seiten.

1977 in Mainz: »Studienbegleitende Lehr-veranstaltungen Deutsch als Fremdsprache«– »Mündliche Leistungen und deren Beurtei-lung«. In: Materialien Deutsch als Fremd-sprache, Heft 11, für den AKDaF hrsg.von Armin Wolff und Dietrich Eggers,Regensburg 1978, 310 Seiten.

1978 in Bonn: »Forschungsergebnisse soge-nannter Nachbarwissenschaften (wie Lern-psychologie, Linguistik, Psycholinguistik)und ihre Applizierbarkeit auf die Bereiche desDeutschen als Fremdsprache« – »Grundsatz-diskussion über studienbegleitende Lehrver-anstaltungen Deutsch als Fremdsprache« –»Erfahrungsaustausch über Ansätze zu Stu-

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diengängen/Teilstudiengängen Deutsch alsFremdsprache«. In: Materialien Deutschals Fremdsprache, Heft 14, für den AK-DaF hrsg. von Armin Wolff und KurtWerner Jauß, Regensburg 1979, 309 Sei-ten.

1979 in Regensburg: »Diskussion des Rah-menplans Deutsch als Fremdsprache an denHochschulen« – »Ergebnisse empirischerFremdsprachenerwerbsforschung im BereichDeutsch als Fremdsprache« – »Literaturver-mittlung des Faches Deutsch als Fremdspra-che« – »Zur Ausbildung von DaF-Lehrernfür Kinder ausländischer Arbeitnehmer«. In:Materialien Deutsch als Fremdsprache,Heft 15, für den AKDaF hrsg. von ArminWolff, Regensburg 1980, 224 Seiten.

1980 in Bielefeld: »Analyse und Evaluationvon Lehrmaterialien für Deutsch als Fremd-sprache im In- und Ausland«. In: Materiali-en Deutsch als Fremdsprache, Heft 18,für den AKDaF hrsg. von Armin Wolff,Rolf Ehnert und Werner Jauß, Regens-burg 1981, 299 Seiten, ISBN 3-88246-044-X.

1981 in Münster: »Die Aus- und Weiterbil-dung von Lehrern für Deutsch als Fremd-sprache« In: Materialien Deutsch alsFremdsprache, Heft 19, für den AKDaFhrsg. von Armin Wolff, Aloys Beuers undRolf Ehnert, Regensburg 1982, 301 Seiten,ISBN 3-88246-057-1.

1982 in Aachen: »Schwierigkeiten ausländi-scher Studierender in der Anfangsphase desFachstudiums und Möglichkeiten studienbe-gleitender Lehrveranstaltungen« – »Vorkur-se (Sozialisationskurse) für ausländische Stu-dienanfänger« – »Literatur ausländischerArbeitnehmer in der BundesrepublikDeutschland (»Gastarbeiterliteratur«)«. In:Materialien Deutsch als Fremdsprache,Heft 22, für den AKDaF hrsg. von ArminWolff, Erhard Heilmann und Haluk Tu-rat, Regensburg 1983, 414 Seiten, ISBN 3-88246-077-6.

1983 in Bayreuth: »Deutsch als Fremdspra-che und Germanistik im Aus- und Inland«-»Studienprobleme ausländischer Studieren-der im Fachstudium« – »Aufgaben der Pho-netik im Sprachunterricht Deutsch alsFremdsprache« – »Offene Arbeits- undÜbungsformen, Übungstypologien und Pla-nung von Unterrichtssequenzen«. In: Mate-rialien Deutsch als Fremdsprache, Heft23, für den AKDaF hrsg. von ArminWolff, und Markus Motsch, Regensburg1984, 423 Seiten, ISBN 3-88246-088-1.

1984 in Stuttgart: Lexik im Fremdsprachen-erwerb« – »Sprachlehrveranstaltungen fürPostgraduierte« – »Sprachlernspiele« – »ZurDidaktik des Faches Deutsch als Fremdspra-che«. In: Materialien Deutsch als Fremd-sprache, Heft 24, für den AKDaF hrsg.von Armin Wolff, und Wolfgang Hor-nung, Regensburg 1985, 283 Seiten, ISBN3-88246-105-5.

1985 in Saarbrücken: »Interkulturelles Ler-nen am Beispiel von Korea und dem franko-phonen Afrika« – »Bildungsziel Zweispra-chigkeit? Zur Erziehung ausländischer Kin-der in der Bundesrepublik Deutschland« –»Forum Deutsch als Fremdsprache«. In: Ma-terialien Deutsch als Fremdsprache, Heft25, für den AKDaF hrsg. von ArminWolff, und Rainer Kohl, Regensburg1986, 516 Seiten, ISBN 3-88246-110-1.

1986 in Tübingen: »Vermittlung fremderKultur in Theorie, Didaktik und Praxis« –»Neue Lehr- und Lernmethoden und ihreUmsetzung für den DaF-Unterricht« – »Fo-rum Deutsch als Fremdsprache«. In: Mate-rialien Deutsch als Fremdsprache, Heft27, für den AKDaF hrsg. von Armin Wolffund Wolfgang Rug, Regensburg 1987, ix,309 Seiten, ISBN 3-88246-132-2.

1987 in Karlsruhe: »Rahmenbedingungendes Ausländerstudiums – Didaktik der Wis-senschaftspropädeutik und Sprachvermitt-lung« – »Leseverstehen, Textaufgaben,Schreiben« – »Forum Deutsch als Fremd-

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sprache«. In: Didaktik der Wissenschafts-propädeutik und Sprachvermittlung (=Materialien Deutsch als Fremdsprache,Heft 31), für den AKDaF hrsg. von ArminWolff, Klaus Dieter Justen und HaraldKlingel, Regensburg 1991, 350 Seiten,ISBN 3-88246-159-4.

1988 in Kiel: »Heterogene Lernergruppen« –Arbeitstechniken der Lehrenden; DeutscheDaF-Lehrende im Ausland« – »ForumDeutsch als Fremdsprache« In: MaterialienDeutsch als Fremdsprache, Heft 30, fürden AKDaF hrsg. von Armin Wolff undHorst Zindler, Regensburg 1991, V, 424Seiten, ISBN 3-88246-158-6.

1989 in Freiburg: »Deutsch als Fremdspra-che in Europa« – »Grammatik« – »Landes-kunde« – »Literatur« – »Empirische Aspekteim Bereich Deutsch als Fremdsprache« –»Arbeitstechniken« – »Forum Deutsch alsFremdsprache«. In: Materialien Deutschals Fremdsprache, Heft 29, für den AK-DaF hrsg. von Armin Wolff und HelmutRössler, Regensburg 1990, VII, 440 Seiten,ISBN 3-88246-150-0.

1990 in Bonn: »Deutsch als Fremdspracheim europäischen Binnenmarkt« – »Gramma-tik und Grammatikvermittlung« – »Fiktiona-le Texte im Sprachunterricht« – »Computerund Computerunterstützung im BereichDeutsch als Fremdsprache« – »ForumDeutsch als Fremdsprache«. In: Deutsch alsFremdsprache im europäischen Binnen-markt (= Materialien Deutsch als Fremd-sprache, Heft 33), für den FaDaF hrsg.von Armin Wolff, Regensburg 1993, IX,395 Seiten, ISBN 3-88246-161-6.

1991 in Berlin: »Prüfen und Testen« –»Wortschatzarbeit« – »Landeskunde neu« –»Deutsch als Fremdsprache im Ausland« –»Forum Deutsch als Fremdsprache«. In: Ma-terialien Deutsch als Fremdsprache, Heft35, für den FaDaF hrsg. von Armin Wolffund Barbara Gügold, Regensburg 1994,VII, 299 Seiten, ISBN 3-88246-165-9.

1992 in Münster: »Mündliche Kommunika-tion« – »Unterrichts- und ÜbungsformenDaF« – »Themen- und zielgruppenspezifi-sche Auswahl von Unterrichtsmaterialien« –»Modelle für studien- und berufsbegleitendenUnterricht« – »Forum Deutsch als Fremd-sprache«. In: Materialien Deutsch alsFremdsprache, Heft 40, für den FaDaFhrsg. von Armin Wolff und WinfriedWelter, Regensburg 1995, VI, 384 Seiten,ISBN 3-88246-180-2.

1993 in Erlangen: »Autonomes Lernen« –»Lernpsychologie im Fremdsprachenunter-richt« – »Deutsch als Fremdsprache im inter-nationalen Kontakt« – »Qualitätskriterienfür Sprachkurse DaF im außeruniversitärenBereich« – »Forum Deutsch als Fremdspra-che«. In: Materialien Deutsch als Fremd-sprache, Heft 42, für den FaDaF hrsg. vonArmin Wolff, Anette Köppel und Anne-liese Stein-Meintker, Regensburg 1996, V,221 Seiten, ISBN 3-88246-183-7.

1994 in Aachen: »Fach- und Sprachunter-richt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede« –»Studienkollegs Deutsch als Fremdsprache.Von der Theorie zur Praxis« – »ForumDeutsch als Fremdsprache«. In: MaterialienDeutsch als Fremdsprache, Heft 43, fürden FaDaF hrsg. von Armin Wolff undWalter Schleyer, Regensburg 1996, 480Seiten, ISBN 3-88246-186-1.

1995 in Dresden: »Ausländerstudium in ei-nem sich verändernden Deutschland« – »Mul-timedia und Fremdsprachenlernen« »Übenund Prüfen in Fach- und Berufssprachen« –»Landeskunde, kulturelle Kompetenz« – »Fo-rum Deutsch als Fremdsprache« (= DaF fürdie Zukunft. Eine Zukunft für DaF!). In:Materialien Deutsch als Fremdsprache,Heft 44, für den FaDaF hrsg. von ArminWolff und Dagmar Blei, Regensburg 1997,480 Seiten, ISBN 3-88246-187-X.

1996 in Göttingen: »Gehirn, Gedächtnis,Fremdsprachenlernen« – »ProzeßorientiertesFremdsprachenlernen« – »Deutschlehreraus-

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bildung in West- und Osteuropa« – »Einedeutsche Literatur, AutorInnen nichtdeut-scher Muttersprache«. In: MaterialienDeutsch als Fremdsprache, Heft 46, fürden FaDaF hrsg. von Armin Wolff, GiselaTütken und Horst Liedtke, Regensburg1997, VII, 440 Seiten, ISBN 3-88246-190-X.

1997 in Mainz: »Emotion und Kognitionbeim Fremdsprachenlernen« – »Lernen mitneuen Medien« – »Deutsch als Fremdspracheund die Attraktivität des Studien- und Lern-ortes Deutschland« – »Forum Deutsch alsFremdsprache«. In: Materialien Deutschals Fremdsprache, Heft 47, für den FaDaFhrsg. von Armin Wolff und Dietrich Eg-gers, Regensburg 1998 (in Vorbereitung).

A n l a g e 2 : F a c h t a g u n g e n d e sA r b e i t s k r e i s e s / F a c h v e r b a n d e sDeutsch als FremdspracheDer Arbeitskreis/Fachverband Deutschals Fremdsprache hat (teilweise in Zusam-menarbeit mit anderen Organisationen)folgende Fachtagungen durchgeführt:

1975 in Ludwigsburg: »Deutschlandkunde,Kulturwissenschaft und Sprachdidaktik, TeilI« (in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk).

1975 in Heidelberg: »Linguistische undpsychologische Bedingungen des Fremdspra-chenerwerbs« (in Zusammenarbeit mitdem Goethe-Institut und mit der Deut-schen Abteilung der Fachgruppe Ange-wandte Linguistik der Universität Hei-delberg).

1976 in Ludwigsburg: »Deutschlandkunde,Kulturwissenschaft und Sprachdidaktik, TeilII« (in Zusammenarbeit mit demDeutsch-Französischen Jugendwerk).

1977 in Freiburg: »Probleme des Deutsch-unterrichts für Lerner mit außereuropäischenAusgangssprachen in heterogenen Grup-pen«.

1979 in Königstein: »Landeskunde der Her-kunftsländer«.

1980 in München: »AdressatenspezifischerEinsatz von Videoaufzeichnungen in Lehr-Lern- und InformationsveranstaltungenDaF« (1. Internationale Fachtagung Vi-deo, in Zusammenarbeit mit dem Goe-the-Institut).

1981 in Göttingen: »Prüfung zum Nach-weis deutscher Sprachkenntnisse für auslän-dische Studierende«.

1981 in München: »Video im Fremdspra-chenunterricht« (2. Internationale Fachta-gung Video, in Zusammenarbeit mit demGoethe-Institut).

1983 in Radolfzell: »Didaktisierung vonFachtexten im Sprachunterricht Deutsch alsFremdsprache«.

1983 in Mainz: »Sprachlernspiele«.

1984 in München: »3. Internationale Video-Tagung« (in Zusammenarbeit mit demGoethe-Institut).

1984 in Aachen: »Deutsche Literatur ineinem fremden Land«

1985 in München: Workshop im Rahmender GAL: »Fachsprachen und ihre Vermitt-lung im Bereich DaF«.

1986 in Germersheim: »Übersetzungswis-senschaften und Deutsch als Fremdsprache«.

1986 in Wieseneck: »Didaktik des FachesDeutsch als Fremdsprache – Teil I: Praxisund Theorieansätze zu Hörverstehen undLeseverstehen«.

1986 in Mainz: Workshop im Rahmen derGAL: »Psycholinguistische Aspekte des Ler-nens im Bereich DaF/DaZ«.

1987 in Göttingen: Fachtagung zur PNdS:»Prüfung zum Nachweis deutscher Sprach-kenntnisse für ausländische Studienbewerber«.

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1987 in Mainz: »Didaktik des Faches Deutschals Fremdsprache – Teil II: Grammatik«.

1987 in Heidelberg: Workshop im Rah-men der GAL: »Deutsch als Fremdsprache –ein Wirtschaftsfaktor«.

1988 in Regensburg: »Didaktik des FachesDeutsch als Fremdsprache III: Landeskunde«.

1988 in Trier: Workshop im Rahmen derGAL: Landeskunde des deutschsprachigenRaumes«.

1989 in Mainz: »Studienbegleitende Lehr-veranstaltungen«.

1989 in Göttingen: Workshop im Rahmender GAL: »Interkulturelle Kommunikationim Bereich Deutsch als Fremdsprache«.

1990 in Regensburg: »Phonetik Ausspra-cheschulung, Sprecherziehung im BereichDeutsch als Fremdsprache« (in Zusammen-arbeit mit der Deutschen Gesellschaft fürSprecherziehung und Sprechwissen-schaft).

1990 in Bonn: Workshop im Rahmen derGAL: »Deutsch als Fremdsprache in den neun-ziger Jahren«.

1991 in Göttingen: »Schreiben«.

1991 in Leipzig: »StudienbegleitendeDeutschkurse«.

1991 in Mainz: Workshop im Rahmen derGAL: »Zu einigen Perspektiven des FachesDaF für die neunziger Jahre«.

1992 in Regensburg: »Reform der PNdS-Prüfung«.

1992 in Chemnitz: »Deutschsprachige Fach-kommunikation im universitären und au-ßeruniversitären Bereich«.

1993 in Leipzig: »DaF-Unterricht im Fach-unterricht«.

1995 in Jena: »Medieneinsatz im Fremdspra-chenunterricht unter besonderer Berücksich-tigung von Multimedia«.

1996 in Regensburg: Fachtagung zurDSH I: »Umsetzung der neuen DSH-Ord-nung in die Prüfungspraxis«.

1997 in Regensburg: Fachtagung zur DSHII: »Umsetzung der neuen DSH-Ordnung indie Prüfungspraxis«.

Anlage 3: Die Reihe MaterialienDeutsch als Fremdsprache (MatDaF)Bestellungen an:

Dr. Armin Wolff, Universität Regens-burg, Lehrgebiet Deutsch als Fremd-sprache Universitätsstraße 31, D-93053Regensburg, Tel.: (0941) 943-2426, Tel.(0941) 943-2425 oder (0941) 943-3008,Fax: (0941) 943-2410, e-mail: Ar-min.Wolff@ sprachl i t .uni-regens-burg.de.

Heft 1Eggers, Dietrich (Hrsg.): Didaktische undmethodische Beiträge Deutsch als Fremdspra-che. Arbeitsmaterialien der 1. Jahresta-gung DaF 1973 in Erlangen. 1. AuflageMainz 1975, broschiert DM 12,00, 185Seiten (vergriffen).

Heft 2Rug, Wolfgang: Deutsch als Fremdsprache –Eine Aufgabe für die Lehrerfortbildung. EinNachbericht zum FortbildungskursDeutsch als Fremdsprache in Mannheimvom 26.2. bis 9.3.1975. 1. Auflage Mainz1975, 3. Auflage 1998, broschiert DM 3,00,42 Seiten (vergriffen).

Heft 3Rug, Wolfgang (Hrsg.): Berichte aus denLehrgebieten. Teil 1: Heidelberg, Hamburg,FU Berlin. 1. Auflage Mainz 1975, bro-schiert DM 6,00, 67 Seiten (vergriffen)

Heft 4Rug, Wolfgang (Hrsg.): Didaktische und me-thodische Beiträge Deutsch als Fremdsprache.Arbeitsmaterialien der 2. Jahrestagung DaF

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1974 in Trier. 1. Auflage Mainz 1975, bro-schiert DM 10,00, 126 Seiten (vergriffen).

Heft 5Stein, Anneliese; Wiegand-Kanzaki, An-neliese; Wolff, Armin (Hrsg.): Tests undPrüfungen 1974/75 aus den LehrgebietenDeutsch als Fremdsprache an den Hochschu-len und Universitäten. 1. Auflage Mainz1975, broschiert DM 8,80, 143 Seiten,ISBN 3-88246-050-4 (vergriffen).

Heft 6Stein, Anneliese; Neuf-Münkel, Gabriele;Wolff, Armin (Hrsg.): Feststellungsprüfun-gen 1974/75 aus den Studienkollegs derHochschulen und Universitäten. 1. AuflageMainz 1976, broschiert DM 7,00, 89 Seiten(vergriffen).

Heft 7Dietrich, Rainer; Wolff, Armin (Hrsg.):Didaktische und methodische BeiträgeDeutsch als Fremdsprache. Arbeitsmateria-lien der 3. Jahrestagung DaF 1975 inBerlin. 1. Auflage Mainz 1976, broschiertDM 11,50, 143 Seiten (vergriffen).

Heft 9Rug, Wolfgang; Jauß, Kurt Werner:(Hrsg.): Kontrastivität – Fehleranalyse –Unterrichtspraxis Deutsch als Fremdsprache.Beiträge und Materialien der 4. Jahresta-gung DaF 1976 in Bremen. 1. AuflageRegensburg 1978, broschiert DM 10,80,304 Seiten (vergriffen).

Heft 10Wagner, Johannes: Spielübungen undÜbungsspiele im Fremdsprachenunterricht.1. Auflage Regensburg 1977; 6. Auflage1987, broschiert DM 9,00, 107 Seiten,ISBN 3-88246-049-0 (vergriffen).

Heft 11Eggers, Dietrich (Hrsg.): Studienbegleiten-de Lehrveranstaltungen Deutsch als Fremd-sprache – Mündliche Leistungen und derenBeurteilung. Beiträge der 5. JahrestagungDaF 1977 in Mainz. 1. Auflage Regens-

burg 1978, broschiert DM 13,20, 310 Sei-ten (vergriffen).

Heft 14Wolff, Armin; Jauß, Kurt Werner (Hrsg.):Forschungsergebnisse sogenannter Nachbar-wissenschaften (wie Lernpsychologie, Lingui-stik, Psycholinguistik) und ihre Applizierbar-keit auf die Bereiche des Deutschen als Fremd-sprache – Grundsatzdiskussion über studien-begleitende Lehrveranstaltungen Deutsch alsFremdsprache – Erfahrungsaustausch überAnsätze zu Studiengängen/TeilstudiengängenDeutsch als Fremdsprache. Beiträge der 6.Jahrestagung DaF 1978 in Bonn. 1. AuflageRegensburg 1979, broschiert, DM 13,50/10,00*, 309 Seiten (vergriffen).

Heft 15Wolff, Armin; Dietrich, Rainer; Ehnert,Rolf (Hrsg.): Diskussion des RahmenplansDeutsch als Fremdsprache an den Hochschu-len – Ergebnisse empirischer Fremdsprachen-erwerbsforschung im Bereich Deutsch alsFremdsprache – Literaturvermittlung des Fa-ches Deutsch als Fremdsprache – Zur Ausbil-dung von DaF-Lehrern für Kinder ausländi-scher Arbeitnehmer. Beiträge der 7. Jahres-tagung DaF 1979 in Regensburg. 1. Aufla-ge Regensburg 1980, broschiert DM12,50, 224 Seiten (vergriffen).

Heft 16Vorderwülbecke, Klaus; Wintermann,Bernd (Hrsg.): Vom Sprachunterricht zumKulturunterricht. Dokumentation der Fach-tagung des AKDaF 1979: ›Landeskundeder Herkunftsländer‹. 1. Auflage Regens-burg 1980, broschiert DM 13,50, 265 Seiten,ISBN 3-88246-041-5 (vergriffen)

Heft 17Arbeitsgruppe »Linguistik« des DAADin Frankreich: Verbwörterbücher undVerbvalenz im Deutschunterricht für Aus-länder. 1. Auflage Regensburg 1980, bro-schiert DM 8,50, 119 Seiten, ISBN 3-88246-046-6 (vergriffen).

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Heft 18Wolff, Armin; Ehnert, Rolf; Jauß, KurtWerner (Hrsg.): Analyse und Evaluationvon Lehrmaterialien für Deutsch als Fremd-sprache im In- und Ausland. Beiträge der 8.Jahrestagung DaF 1980 in Bielefeld. 1.Auflage Regensburg 1981, broschiert DM16,00, 299 Seiten, ISBN 3-88246-044-X(vergriffen).

Heft 19Wolff, Armin; Beuers, Aloys; Ehnert, Rolf(Hrsg.): Die Aus- und Weiterbildung vonLehrern für Deutsch als Fremdsprache. Bei-träge der 9. Jahrestagung DaF 1981 inMünster. 1. Auflage Regensburg 1982,301 Seiten, broschiert DM 19,50/16,00*,ISBN 3-88246-057-1.

Heft 20Zindler, Horst (Zusammenstellung): Tex-te zum Hörverstehen und zur Mitschrift. 2.verbesserte Auflage Regensburg 1987,223 Seiten, broschiert DM 15,00/12,00*,ISBN 3-88246-129-2.

Heft 21Großkopf, Sabine: Kulturschock undFremdverhaltensunterricht. AusländischeStudenten in der BRD. Diss. Hamburg1982. 1. Auflage Regensburg 1982, 425Seiten, broschiert DM 21,50/17,00*, ISBN3-88246-059-8.

Heft 22Wolff, Armin; Heilmann, Erhard; Turat,Halek (Hrsg.): Schwierigkeiten ausländi-scher Studierender in der Anfangsphase desFachstudiums und Möglichkeiten studienbe-gleitender Lehrveranstaltungen; Vorkurse(Sozialisationskurse) für ausländische Studi-enanfänger; Literatur ausländischer Arbeit-nehmer in der Bundesrepublik Deutschland(»Gastarbeiterliteratur«). Beiträge der 10.Jahrestagung DaF 1982 in Aachen, 1. Auf-lage Regensburg 1983, 414 Seiten, bro-schiert DM 23,50/19,00*, ISBN 3-88246-077-6.

Heft 23Wolff, Armin; Motsch, Markus (Hrsg.):Deutsch als Fremdsprache und Germanistikim Aus- und Inland; Studienprobleme aus-ländischer Studierender im Fachstudium;Aufgaben der Phonetik im SprachunterrichtDeutsch als Fremdsprache; offene Arbeits-und Übungsformen; Übungstypologien undPlanung von Unterrichtssequenzen. Beiträ-ge der 11. Jahrestagung DaF 1983 in Bay-reuth. 1. Auflage Regensburg 1984, 423Seiten, broschiert DM 25,00/20,00*, ISBN3-88246-088-1.

Heft 24Wolff, Armin; Hornung, Wolfgang (Hrsg.):Lexik im Fremdsprachenerwerb. Sprachlehrver-anstaltungen für Postgraduierte. Sprachlern-spiele. Zur Didaktik des Faches Deutsch alsFremdsprache. Beiträge der 12. JahrestagungDaF 1984 in Stuttgart. 1. Auflage Regens-burg 1985, 283 Seiten, broschiert DM 20,00/16,00*, ISBN 3-88246-105-5.

Heft 25Wolff, Armin; Kohl, Rainer (Hrsg.): Inter-kulturelles Lernen am Beispiel von Korea unddem frankophonen Afrika. BildungszielZweisprachigkeit? Zur Erziehung ausländi-scher Kinder in der Bundesrepublik Deutsch-land. Forum Deutsch als Fremdsprache. Bei-träge der 13. Jahrestagung DaF 1985 inSaarbrücken. 1. Auflage Regensburg1986, 516 Seiten, broschiert DM 34,00/26,00*, ISBN 3-88246-110-1.

Heft 26Ehnert, Rolf; Schleyer, Walter (Hrsg.):Übersetzen im Fremdsprachenunterricht.Beiträge zur Übersetzungswissenschaft –Annäherungen an eine Übersetzungsdidak-tik. Dokumentation der Fachtagung desAKDaF 1986. 1. Auflage Regensburg1987, 210 Seiten, broschiert DM 25,00,ISBN 3-88246-126-8 (vergriffen).

Heft 27Wolff Armin; Rug, Wolfgang (Hrsg.): Ver-mittlung fremder Kultur: Theorie – Didaktik

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– Praxis. Neue Lehr- und Lernmethoden undihre Umsetzung für den DaF-Unterricht.Beiträge der 14. Jahrestagung DaF 1986 inTübingen. 1. Auflage Regensburg 1987,IX, 309 Seiten, broschiert DM 25,00/20,00*, ISBN 3-88246-132-2.

Heft 28Eggers, Dietrich (Hrsg.): Didaktik desDeutschen als Fremdsprache. Hörverstehen –Leseverstehen – Grammatik. Beiträge derFachtagung »Didaktik Deutsch alsFremdsprache« 1988. 1. Auflage Regens-burg 1989, V, 220 Seiten, broschiert DM19,00/15,00*, ISBN 3-88246-151-9.

Heft 29Wolff, Armin; Rössler, Helmut (Hrsg.):Deutsch als Fremdsprache in Europa. Empi-rische Aspekte im Bereich Deutsch als Fremd-sprache. Arbeitstechniken. Beiträge der 15.Jahrestagung DaF 1987 in Freiburg. 1.Auflage Regensburg 1990, VII, 438 Seiten,broschiert DM 37,00/33,00*, ISBN 3-82246-150-0 (vergriffen).

Heft 30Wolff, Armin; Zindler, Horst (Hrsg.): Hete-rogene Lernergruppen: Probleme und Chan-cen; Arbeitstechniken; Deutsche DaF-Lehren-de im Ausland. Beiträge der 16. Jahresta-gung DaF 1988 in Kiel. 1. Auflage Regens-burg 1991, V, 424 Seiten, broschiert DM33,00/29,00*, ISBN 3-88246-158-6.

Heft 31Wolff, Armin; Justen, Klaus-Dieter; Klin-gel, Harald (Hrsg.): Rahmenbedingungendes Ausländerstudiums; Didaktik der Wis-senschaftspropädeutik und Sprachvermitt-lung; Phonetik- und Ausspracheschulung imDaF-Unterricht; Leseverstehen – Textaufga-ben – Schreiben. Beiträge der 17. Jahresta-gung DaF 1989 in Karlsruhe. 1. AuflageRegensburg 1991, 350 Seiten, broschiertDM 35,00/31,00*, ISBN 3-88246-159-4.

Heft 32Vorderwülbecke, Klaus (Hrsg.): Phonetik,

Ausspracheschulung und Sprecherziehungim Bereich Deutsch als Fremdsprache. Fach-tagung Didaktik Deutsch als Fremdspra-che IV. 1. Auflage Regensburg 1992, VIII,182 Seiten, broschiert DM 30,00/27,00*,ISBN 3-88246-160-8.

Heft 33Wolff, Armin (Hrsg.): Deutsch als Fremd-sprache im europäischen Binnenmarkt. Bei-träge der 18. Jahrestagung DaF 1990 inBonn. 1. Auflage Regensburg 1993, X, 395Seiten, broschiert DM 43,00/38,00*, ISBN3-88246-161-6 (vergriffen).

Heft 34Ebert, Harald; Hentschel, Uwe (Hrsg.):Ausländerstudium in interkulturellem Kon-text. 1. Auflage Regensburg 1991, 285Seiten, broschiert DM 28,00/25,00*, ISBN3-88246-162-4.

Heft 35Wolff, Armin; Gügold, Barbara (Hrsg.):Deutsch als Fremdsprache ohne Mauern.Beiträge der 19. Jahrestagung DaF 1991 inBerlin. 1. Auflage Regensburg 1993, VII,299 Seiten, broschiert, DM 40,00/32,00*,ISBN 3-88246-165-9.

Heft 36Müller-Küppers, Evelyn: Dependenz-/Va-lenz- und Kasustheorie im UnterrichtDeutsch als Fremdsprache. Diss. Mainz1989. 1. Auflage Regensburg 1991, III, 296Seiten, broschiert DM 25,00/22,00*, ISBN3-88246-168-3 (vergriffen).

Heft 37Tütken, Gisela; Neuf-Münkel, Gabriele(Hrsg.): Schreiben im DaF-Unterricht anHochschulen und Studienkollegs I: For-schungsergebnisse – Didaktische Konzeptio-nen – Übungsformen. Vorträge der Fachta-gung DaF 1991. 1. Auflage Regensburg1993, 277 Seiten, broschiert DM 34,00/27,00*, ISBN 3-88246-169-1.

Heft 38Tütken, Gisela; Neuf-Münkel, Gabriele

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(Hrsg.): Schreiben im DaF-Unterricht anHochschulen und Studienkollegs II: Texteausländischer Studierender. Materialien derFachtagung DaF 1991. 2. verbesserte Auf-lage Regensburg 1993, III, 150 Seiten,broschiert DM 28,00/22,50*, ISBN 3-88246-170-5.

Heft 39Fiß, Sabine (Hrsg.): Deutschsprachige Fach-kommunikation im universitären und au-ßeruniversitären Bereich. Beiträge derFachtagung DaF 1992. 1. Auflage Regens-burg 1994, VII, 140 Seiten, broschiert DM30,00/26,00*, ISBN 3-88246-178-0.

Heft 40Wolff, Armin; Welter, Winfried (Hrsg.):Mündliche Kommunikation; Unterrichts-und Übungsformen DaF; Themen- und ziel-gruppenspezifische Auswahl von Unter-richtsmaterialien; Modelle für studien- undberufsbegleitenden Unterricht; DaF im Aus-land. Beiträge der 20. Jahrestagung DaF1992 in Münster. 1. Auflage Regensburg1995, IV, 350 Seiten, broschiert DM 47,00/41,00*, ISBN 3-88246-180-2.

Heft 41Albers, Hans-Georg (Hrsg.): Fort- undWeiterbildung von Lehrkräften für Deutschals Fremdsprache. Beiträge der FachtagungDaF 1993. 1. Auflage Regensburg 1995,IV, 122 Seiten, broschiert DM 32,00/28,00*, ISBN 3-88246-182-9.

Heft 42Wolff, Armin; Köppel, Anette; Stein-Meintker, Anneliese (Hrsg.): AutonomesLernen. Lernpsychologie im Fremdsprachen-unterricht. Deutsch als Fremdsprache im in-ternationalen Kontakt. Qualitätskriterien fürSprachkurse DaF im außeruniversitären Be-reich. Beiträge der 21. Jahrestagung DaF1993 in Erlangen. 1. Auflage Regensburg1996, 260 Seiten, broschiert DM 39,00/35,00, ISBN 3-88246-183-7.

Heft 43Wolff, Armin; Schleyer, Walter (Hrsg.):Fach- und Sprachunterricht. Gemeinsamkei-ten und Unterschiede. – StudiengängeDeutsch als Fremdsprache: Von der Theoriezur Praxis. Beiträge der 22. JahrestagungDaF 1994 in Aachen. 1. Auflage Regens-burg 1996, 480 Seiten, broschiert DM49,00/43,00*, ISBN 3-88246-186-1.

Heft 44Wolff, Armin; Blei, Dagmar (Hrsg.): DaFfür die Zukunft. Eine Zukunft für DaF!Beiträge der 23. Jahrestagung DaF 1995 inDresden. 1. Auflage Regensburg 1997,ISBN 3-88246-187-X (in Vorbereitung).

Heft 45Ehlich, Konrad; Redder, Angelika(Hrsg.): »Schnittstelle Didaktik«. Empiri-sche Untersuchungen zum DaF-Unterricht.1. Auflage Regensburg 1997, 280 Seiten,broschiert DM 33,00/29,00*, ISBN 3-88246-189-6.

Heft 46Wolff, Armin; Tütken, Gisela; Liedtke,Horst (Hrsg.): Gedächtnis und Sprachenler-nen; Prozeßorientiertes Fremdsprachenler-nen; Deutschlehrerausbildung in West- undOsteuropa; eine Deutsche Literatur – Auto-rInnen nichtdeutscher Muttersprache. Bei-träge der 24. Jahrestagung DaF 1996 inGöttingen. 1. Auflage Regensburg 1997,480 Seiten, broschiert DM 49,00/43,00*,ISBN 3-88246-190-X.

Heft 47Wolff, Armin; Eggers, Dietrich (Hrsg.):Emotion und Kognition beim Fremdspra-chenlernen; Lernen mit neuen Medien;Deutsch als Fremdsprache und die Attrakti-vität des Studien- und Lernortes Deutsch-land. Beiträge der 25. Jahrestagung DaF1997 in Mainz. 1. Auflage Regensburg1998, ISBN 3-88246-191-8 (in Vorberei-tung).

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Der Unterricht Deutsch als Fremdsprache:Auf der Suche nach den verlorenen Emotionen

Inge Christine Schwerdtfeger

VorbemerkungSind wir gegenwärtig in einer Zeit, in derdie Emotionen als ein wissenschaftlichesSujet entdeckt werden, die Springflut derPublikationen weltweit spricht dafür,oder leben wir schon in einer postemotio-nalen Gesellschaft, wie Mestrovic (1997) sienennt und Gerhards (1988) sie, ohne die-ses Wort zu verwenden, schon zehn Jahrefrüher beschreibt? Leben wir bereits ineiner Gesellschaft, so fragen diese beidenAutoren, in der durch hochemotionaleMedienberichterstattungen die Gefühleder Mediennutzer systematisch »kolonia-lisiert« werden und der Ausdruck gesell-schaftlich angemessener Gefühle da-durch verhindert wird? Ist die Flut derForschungsarbeiten weltweit ein letztesAufbäumen der Emotionsforschung, be-vor der Bereich ganz untergeht, oder istdie Emotionsforschung gar schon ein Teilder wissenschaftlichen Archäologie? Daalles ein wenig stimmt, aber vieles auchganz anders ist, ist es bemerkenswert,daß der FaDaF auf seiner Jubiläumsta-gung gerade Emotionen und Kognitionin fremdsprachlichen Lernprozessen zuseinem Thema machte1.Die Erforschung der Emotionen und ihrewissenschaftliche und populärwissen-schaftliche Diskussion, hier die Entdek-

kung der emotionalen Intelligenz (Goleman1996), hat besonders in den vergangenenvier Jahren einen bemerkenswerten Auf-schwung genommen. In diesen vier Jah-ren hat sich die Forschungsausrichtunginnerhalb der Emotionsforschung sostark verändert, daß viele Forschungsre-sultate, die noch bis vor kurzem als gesi-chert galten, heute als zumindest frag-würdig angesehen werden müssen (vgl.Harré/Gillet 1994: 145). Genau zu diesemZeitraum die Emotionen für das fremd-sprachliche Lernen zu suchen, ist deshalbein spannender Vorgang, steht doch zuvermuten, daß Emotionen »neu ent-deckt« worden sind, die der Erklärungfremdsprachlicher Lernvorgänge eineneue Grundlage geben können.Auf der Suche nach verlorenen Emotionenbedeutet, daß Emotionen auch schon im-mer im fremdsprachlichen Forschungs-prozeß berücksichtigt werden. Sie blei-ben aber bisher auf eine sonderbare Wei-se unsystematisch, sie bleiben im Hinter-grund. Ich erwarte von der neuen Aus-richtung, die die Emotionsforschungnimmt, vor allem vier Impulse:1. Emotionen als integralen Bestandteil

des Fremdsprachenunterrichts zu ver-ankern;

1 Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Hauptvortrag im Themenschwerpunkt 1der 25. Jahrestagung Deutsch als Fremdsprache des FaDaF vom 22. bis 24. Mai 1997 ander Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Info DaF 24, 5 (1997), 587–606

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2. angesichts der Neuorientierung, diedie Erforschung der Emotionen nimmt,die Erforschung des Fremdsprachen-unterrichts mit dieser zu verknüpfen;

3. daß auf diese Weise Synergien geschaf-fen werden, die das Wissen über bei-des, die Emotionen und das fremd-sprachliche Lehren und Lernen, inneue Bahnen lenkt;

4. daß diese Forschungsergebnisse zu ei-ner veränderten Sicht der Lernendenund der zu lernenden Sprache führen,aus denen neue Forschungsfragen ab-geleitet werden können.

Die Suche nach den Emotionen:1. Fundstelle – Karikaturen, Lebensbe-richte und alternative MethodenFremdsprachenunterricht ist aus der Au-ßenperspektive besonders stark mit Ge-fühlen besetzt. Daß dieses der Fall ist,läßt sich an einer Reihe von Erscheinun-gen ablesen, einmal an literarischen Kari-katuren und zum anderen an Le-benszeugnissen und schließlich am Blickvon Psychiatern und Psychologen aufden Fremdsprachenunterricht, der zurEntwicklung der alternativen Methodenführte.Im Gegensatz zu anderen Unterrichtsfä-chern, die offenbar keinen hinreichendenStoff für diese Art der literarischen Pro-duktion bieten, liegt eine Vielzahl literari-scher Karikaturen über Fremdsprachenund den Fremdsprachenunterricht vor.Hören wir einen der frühesten und zu-gleich auch bedeutendsten dieser literari-schen Karikaturisten:»Deshalb wollen wir uns nun den Men-schen zuwenden, die im Ruf der Weisheitstehen und nach dem sogenannten golde-nen Zweig streben. An ihrer Spitze stehendie Grammatiker, ein Menschenschlag, wieer elendiger und gottverhaßter nicht vor-stellbar wäre, wenn ich nicht die Mühenund Leiden ihres so bedauernswerten Beru-fes durch einen süßen Wahn mildern wür-de. Denn nicht nur fünf Furien verfolgen sie

[…] sondern diese Lehrer sind mit einemhundertfachen Fluch belastet, so daß siehungrig und schmutzig in der Schule sitzen– in der Schule sagte ich? nein, im Sorgen-haus sollte ich sagen, besser in der Tretmüh-le und Folterkammer. Inmitten einer Kin-derherde altern sie früh vor Ärger, werdentaub vom Geschrei und vegetieren in derschlechten Luft und in dem Schmutz derSchule bei schnell abnehmender Gesund-heit mühsam dahin. […] Wenn aber jeman-dem ein winziger Wortfehler unterlaufen istund ein anderer durch großen Zufall undbesonders scharfe Augen es entdeckt […]welch Spektakel beginnt dann, bis auf Mes-ser tobt der Kampf, Beleidigungen werdenerhoben und persönliche Angriffe bleibennicht aus«. (Erasmus 1508/1979: 86–88)

Fremdsprachenunterricht als einen emo-tionalen Kampf beschreibt Erasmus vonRotterdam.Auf der anderen Seite wird immer wie-der in Biographien oder Autobiographi-en von persönlichen Kämpfen oder garLiebesaffären mit neuen Sprachen ge-sprochen, von ersteren mit Scham, dieaber immerhin der Erwähnung wert ist –so z. B. Disraeli –, von letzteren mit tief-ster persönlicher Befriedigung, so z. B.Canetti (Smith 1996; Canetti 1972).Psychiater und Psychologen entdecktenden Fremdsprachenunterricht als einFeld emotionaler Brache. In den alternati-ven Methoden der Fremdsprachenver-mittlung stellten sie Emotionen in denMittelpunkt (vgl. z. B. Schwerdtfeger1986). Allerdings sind zwei Merkmalebestimmend bei der Integration vonEmotionen in die alternativen Methoden:ein Merkmal ist, daß in den alternativenMethoden das unterrichtliche Geschehenvor allen Dingen auf eine oder zwei Stim-mungen und Emotionen gerichtet ist unddiese in den Lernenden hervorgerufenwerden sollen. Hierbei handelt es sichüberwiegend um Freude, Glück, Vertrau-en, Stolz. Das andere Merkmal ist dieGrundlage dieser Methoden. Diese istüberwiegend aus therapeutischen Bezü-

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gen abgeleitet. Beide Merkmale werdenim folgenden nicht im Mittelpunkt ste-hen, ich werde mich nicht auf einigeStimmungen und Emotionen beschrän-ken, auch werde ich nicht auf die thera-peutische Veränderung, Beeinflussungvon Stimmungen und emotionalen Ein-schätzungen in Lernenden und Lehren-den eingehen. Dennoch ist es hier wichtigfestzustellen, daß gerade wegen ihrerAusrichtung auf Emotionen diese Metho-den heute vielerorts immer noch mit demGeruch des nicht seriösen, des nicht»achtbaren« behaftet werden.Drei anekdotische Beweisführungen fürdie Störungen im Verhältnis von Emotio-nen und fremdsprachlichem Lehren undLernen wurden unternommen, einerseitsder schlechte Ruf des Fremdsprachenun-terrichts als Zielscheibe von literarischemSpott und die offenbar persönlich mittiefen schlechten oder guten Gefühlenerlebte Lernerfahrung von Sprachen,gleichgültig, ob in der Schule oder imEigenunterricht, dokumentiert in Biogra-phien und Autobiographien. Anderer-seits die Zurückweisung der alternativenMethoden von der offiziellen fremd-sprachlichen Lernpolitik nicht zuletztwegen ihrer Überfrachtung mit Emotio-nen.Wie es zu dieser sonderbaren Schieflagekommen kann, wird im Verlauf dieserArbeit geklärt.

Nicht verlaufen auf der Suche nach denEmotionen – DefinitionenNähern wir uns nun dem Thema durchDefinitionen. Was sind also Emotionen?Mein Bestreben in diesem Teil ist, hierbeian keiner Stelle das Feld, um das es geht,den Fremdsprachenunterricht, außeracht zu lassen. So wird deutlich werden,daß dieser definitorische Teil kein akade-misches Glasperlenspiel ist.Mein Ausgangspunkt ist der Umstand,daß in der Fremdsprachenunterrichtsfor-

schung der Begriff »Emotionen« kaumgebraucht wird. »Affektive Variablen«lautet das Stichwort, unter dem man ge-legentlich in der Literatur fündig wird.Sind nun Emotionen und affektive Varia-blen identisch? Wie stehen sie zueinan-der?Eine Unterscheidung zwischen Affekt,Stimmung und Emotion wird in der For-schung zum Fremdsprachenunterrichtoffenbar nicht getroffen. In der Alltags-sprache dagegen werden diese Begriffehäufig synonym verwandt. Dieses trifftauch zu für die Begriffe Affekt und Emo-tionen in psychologischen und sozialpsy-chologischen Fachpublikationen (vgl.zahlreiche Beiträge in Lewis/Haviland1993; Mandler 1992: 105). Etabliert ist inder psychologischen und sozialpsycholo-gischen Fachdiskussion die Unterschei-dung zwischen Stimmungen und Emotion.Unter Affekt verstehe ich mit Batson et al.und Frijda den allgemeinsten der dreigenannten menschlichen Zustände. Die-ser Begriff bezeichnet eine generelle Aus-richtung mit positiver oder negativerWertigkeit, Lust oder Unlust, und einerschwachen oder starken Intensität. Diejeweilige Ausrichtung ist offenbar abhän-gig von Zustandseinschätzungen zwi-schen Lust und Unlust, Schmerz. BeideStrömungen sind verknüpft. So kann eineSituation, zum Beispiel spontan Freundebesuchen, durch Lust in Gang gesetztwerden und auch weiter Lust hervorru-fen. Ein Besuch kann jedoch durchausmit Unlust besetzt werden und dann inLust einmünden. So entsteht positiverAffekt; Lust, wenn ein Zustand sich voneinem weniger zu einem mehr ge-wünschten Zustand, negativer Affekt,Schmerz, wenn sich die Wandlung in diegegenläufige Richtung vollzieht (vgl.Batson et al. 1992: 298; vgl. Frijda 1993,passim). Menschen haben eine Tendenz,dieses ist keine Überraschung für uns,positive Affekte, also Lust, den negati-

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ven, Schmerz, vorzuziehen. Ganz offen-bar, hierauf weist Frijda hin, ist dieserallgemeinste emotionale Zustand durchIntrospektion bei Menschen nicht erklär-bar (vgl. Frijda 1993: 382).Stimmungen sind mit diesen grundlegen-den affektiven Zuständen verbunden. Sieentstehen aus einer Erwartung von posi-tiven oder negativen Zuständen. Die ver-schiedenen Stimmungen können sich ausEreignissen, tatsächlichen oder erinner-ten, guten oder bösen Überraschungenentwickeln. Stimmungen unterscheidensich von Emotionen, dieses arbeitet Frijdaheraus, vor allen Dingen durch drei Kri-terien: sie haben eine längere Dauer, siehaben eine geringere Intensität und sindeher diffus (Frijda 1993: 381ff.). Emotionensind immer auf ein Ziel gerichtet, wieunten noch näher erläutert wird. Stim-mungen beeinflussen unsere Sicht auf dieWelt, die Deutung der uns umgebendenEreignisse. Wir alle kennen schlechteStimmungen, in denen wir die Men-schen, die uns umgeben, als unangenehmund nicht vertrauenswürdig einschätzen,wir uns deshalb von ihnen zurückziehenund kein Interesse an menschlichen Kon-takten haben. Sind wir dagegen in einerguten Stimmung, dann suchen wir Kon-takte, sogar mit den Menschen, die wir inschlechter Stimmung furchtbar fanden,wir sind redefreudig, erinnern uns schö-ner Dinge, sind aktiv.Emotionen nun sind im Gegensatz zu Af-fekt und Stimmungen immer sehr be-stimmt. Sie sind stets gerichtet auf etwas.Z. B. Sie freuen sich über die nette Einla-dung. Sie sind ärgerlich über den verpaß-ten Zug. Sie sagen dann in einem Ge-spräch: »Da habe ich mich sehr gefreut«bzw. in dem anderen Fall: »Mensch, warich sauer«. Ob Sie Ihre Gefühle nun soausdrücken können oder dürfen, ist vondem jeweils örtlichen System von Rech-ten, Verpflichtungen, Konventionen undmoralischen Grundüberzeugungen in

der Bewertung solcher Ereignisse abhän-gig (vgl. u. a. Harré/Gillet 1994: 144–161;Shweder 1994, passim).In jeweils ansteigender Weise werden diedrei hier voneinander abgegrenzten Ge-fühlszustände körperlich von den Men-schen erlebt. Am intensivsten werdenEmotionen erlebt. Sie werden je nach ihrerIntensität und Ausrichtung häufig vonkörperlichen Reaktionen begleitet, wiez. B.: Entspanntheit, Ruhe, Wachsein, Ak-tivität, Müdigkeit, Nervosität, Schwindel,Atemlosigkeit, Angespanntheit; häufigverändern sich in Abhängigkeit von Emo-tionen die Gesichtsfarbe und die Körper-haltung (vgl. u.v.a. Shweder 1994: 40–42).Wenn in der Fremdsprachenunterrichts-forschung von affektiven Variablen als Sam-melbegriff gesprochen wird, wird eineunangemessene Verkürzung von komple-xen Zusammenhängen vorgenommen.Was wird nun bei Vorgängen des Fremd-sprachenlehrens und -lernens genau un-tersucht, Affekte, Stimmungen, Gefühle?Ich stelle die These auf, daß mit der Sub-sumption unter diesen Sammelbegriff af-fektive Variablen der Versuch unternom-men wird, Affekte, Stimmungen, Emotio-nen in Untersuchungsparameter kogniti-ver Theorien zu verwandeln. Hierauf wer-de ich weiter unten noch eingehen.Zunächst verfolge ich den jetzt einge-schlagenen Weg der Klärung von Grund-begriffen und Konzepten weiter und be-trachte nach den soeben gegebenen Defi-nitionen Theorien über Emotionen undKognition.

Auf der Suche nach den verlorenenEmotionen: 2. Fundstelle – Theorienvon Emotionen und KognitionDie Forschungen und Theorien überEmotionen sind vielfältig orientiert.Averill (1992: 1) charakterisiert sie alseinen veritablen Turm zu Babel, weil Ver-ständigung zwischen diesen Theorienkaum möglich sei. Angesichts der Viel-

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zahl von Theorien werden zunehmendmetatheoretische Arbeiten unter ver-schiedenen Gesichtspunkten, z. B. untersprachlich-kommunikativen bzw. sozial-psychologischen, veröffentlicht, die je-doch zwangsläufig zu unterschiedlichenEinschätzungen der verschiedenen Theo-rien gelangen.Fiehler unternimmt in seiner Studie von1990 eine Charakterisierung des For-schungsstandes aus sprachlich-kommu-nikativer Sicht, der über Emotionen inder Psychologie, Soziologie, Anthropolo-gie und Philosophie erreicht wurde. Erordnet die vorliegenden Forschungsar-beiten nach folgenden Gesichtspunkten:

Kommunikation von Emotionen;Emotionsausdruck, stimmlich und intonato-

risch;Emotionsdeutung;verborgene und unbewußte Emotionen;Sprache und Emotionen:

emotive bzw. expressive Grundfunktionen;emotionsanzeigende Mittel;expressives Vokabular.

(Fiehler 1990: 16–19)

Averill legt 1992 eine Metaanalyse ausder Sicht der Sozialpsychologie vor undgelangt, naheliegend, zu von Fiehler un-terschiedlichen Konzeptualisierungen(vgl. Averill 1992: 2ff.). Er erstellt eineMatrix mit folgenden Kategorien, in dieer die verschiedenen Arbeiten einordnet:

systems of behavior (functional theories)enabling mechanisms (mechanistic theories)operating characteristics (trait theories)transient conditions (state theories)disintegration (conflict and deautomatization

theories);

innerhalb dieser verschiedenen Kategori-en ordnet er die Arbeiten noch jeweilsdrei Analyseebenen zu: biologische, sozialeund psychologische (vgl. Averill 1992: 7).

In beiden Analysen finden z. T. identischeArbeiten eine jeweils grundsätzlich un-terschiedliche Einordnung.Es kann daher nicht meine Aufgabe sein,die einzelnen Strömungen in den Theori-en der Emotionsforschung zu charakteri-sieren und voneinander abzugrenzen. Sostelle ich die Orientierung vor, von derich die größten Erklärungsmöglichkeitenfür das Handeln im Fremdsprachenun-terricht erwarte.In den vergangenen Jahren bildeten sichKonzeptualisierungen von Emotionenheraus, die sich unter dem Begriff: Dis-kursive Konzepte von Emotionen versam-meln lassen. Hierin verschränken sichkonstruktivistische und phänomenologi-sche Sichtweisen. Hierfür beziehe ichmich vor allem auf Averill 1996; Fridlund1992; Fridlund / Duchaine 1996; Frijda1993; Gerhards 1988; Harré / Parrott1996; Johnson Laird/Oatley 1989; Lutz1990/1996; Mees 1991; Merleau-Ponty1966; Shweder 1994; Vester 1991.

– Shweder charakterisiert das darin be-stimmende Verständnis von Emotionenzutreffend:»›Emotionen‹ sind weder ›Konzepte‹ oder›Dinge‹ oder ›Begriffe‹ in einer Sprache. Siesind komplexe narrative Strukturen, diekörperlichen und seelischen Zuständen(z. B. Anspannung und Leere) Form undBedeutung geben. Ihre Einheit wird nicht instreng logischen Kriterien gefunden, nochin wahrnehmbaren Merkmalen von Gegen-ständen, sondern in den Typen von Ge-schichten, die sich um das Selbst einer Per-son drehen, die es uns möglich machen,über unsere Gefühle zu sprechen«. (Shwe-der 1994: 37; Übersetzung von der Verfasse-rin)

So sind im diskursiven Ansatz Emotio-nen einverleibte Ausdrucksformen vonWertungen (vgl. Merleau-Ponty 1966;Harré/Gillett 1994). Sie sind an Narratio-nen gebunden (vgl. Merleau-Ponty 1966;Shweder 1994; Fridlund 1992; Fridlund/Duchaine 1996).

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– Dieser diskursive Ansatz hebt die Be-grenzung der Emotionsforschung aufeine Handvoll Emotionen auf. »Stan-dardforschungsgegenstände« der Emoti-onsforschung sind z. B. Furcht, Ärger,Liebe, Schmerz, Abscheu, Glücklichsein(vgl. Averill 1996). Die Emotionsfor-schung öffnet sich in ihrem narrativenVerständnis für die Vielzahl von Emotio-nen, die wir aus unserem alltagsweltli-chen Erleben kennen – Johnson Laird/Oatley 1989 haben für den englischenSprachraum 590 solcher Emotionen zu-sammengestellt und analysiert (vgl.Averill 1996: 36).

– In diesem diskursiven Ansatz vonEmotionen ist die Trennung in privateund öffentliche Demonstration von Ge-fühlen aufgehoben. Emotionen haben im-mer eine ›implizite Sozialität‹, wie Frid-lund (1992: 110) sagt, ein Verständnis, dasaus den unterschiedlichsten RichtungenZustimmung erfährt (vgl. z. B. Leven-thal/Scherer 1987). Die Demonstrationvon Gefühlen wird in der Emotionsfor-schung oft an dem mimischen Ausdruckfestgemacht, Ausdrucksformen des Ge-sichts, die in ihren Grundemotionen inallen Ländern identisch sein sollen. DieseForschungsannahme wird in der diskur-siven Emotionsforschung nachhaltig be-stritten. Die Mimik, die ich in der Öffent-lichkeit zeige, zeigt Gefühle,

»die immer durch die Gefühle mit gelenktwerden, die auch durch die Präsenz vonanderen ausgelöst werden« (Fridlund 1992:106; Übersetzung von der Verfasserin).

»Gefühle werden hervorgebracht durch dieInteraktion zwischen wirklichen oder vor-gestellten Personen in strukturierten Episo-den und spezifischen historischen Bedin-gungen«. (Harré/Gillett 1994: 150; Überset-zung von der Verfasserin)

– In diesem diskursiven Ansatz wirdnicht mehr davon ausgegangen, daß die-selben Vorgänge zu identischen emotio-

nalen Ausdrucksformen, emotionalenHandlungen, bei verschiedenen Perso-nen einer Region oder gar noch bei allenMenschen in allen Regionen der Weltführen (vgl. Shweder 1994: 37).

– In diesem diskursiven Ansatz sindEmotionen überwiegend soziale Hand-lungen, mit denen etwas erreicht werdensoll. Dieser Aussage von Harré/Gillett(1994) stimmen die eingangs zu diesemTeil genannten Autoren zu.

– Die diskursive Theorie der Emotionenist immer zugleich auch eine Theorieüber gesellschaftliche Macht. Macht isthierbei nicht als eine statische sozialePotenz verstanden, sondern als ein Ele-ment, das sich innerhalb des Diskurseskonstant verändert. So sind die Möglich-keiten, Emotionen auszudrücken, Emoti-onsnarrationen zu erzählen, fließend.Nicht jeder hat also das Recht, zu jederZeit und in jeder Situation seine Gefühlezu zeigen (vgl. Harré/Gillett 1994; Lutz1990/1996). In herkömmlichen Theorienüber Emotionen gelang es nicht, die Be-ziehungen zwischen Emotionen undMacht zu erklären. Dieser Zusammen-hang wurde entweder gar nicht gesehenoder er wurde nur angedeutet. Er wurdein den konstruktivistischen Theorien derEmotionen Mitte der 80er Jahre erstmaligin einem größeren konzeptuellen Zusam-menhang vorgestellt (vgl. Harré 1986).

– Im diskursiven Ansatz des Emotions-verständnisses wird eine geschlechtsspe-zifische Betrachtung der Emotionen zen-tral. Innerhalb der diskursiven Theorieder Emotionen werden Studien zur ge-schlechtsspezifischen Emotionszuwei-sung vorgelegt. Lutz konnte aufdecken,daß diskursiv emotionale Ausdrucksfor-men vor allem Frauen zugewiesen wer-den. Diese Zuschreibungen werden vonden Frauen »angenommen« und führenzu negativen Selbstbewertungen. Durch

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diese Zuschreibungen werden die negati-ven Merkmale, die den Emotionen zuge-wiesen werden, auch auf Frauen übertra-gen (vgl. Lutz 1990/ 1996). Der Mensch,das rationale Wesen, das ist das Höchste,der Mensch, das emotionale Wesen, wirddagegen als niedriger bewertet (vgl. auchAverill 1996: 24). Diese Gegenüberstel-lungen werden häufig illustriert mit fol-genden Adjektiven: Emotionen sind na-türlich, nicht zivilisiert; sie sind irratio-nal, nicht rational; sie sind chaotisch,nicht geordnet; sie sind subjektiv undnicht universell, sie sind physisch, nichtintellektuell/kognitiv, schließlich sindEmotionen unkontrolliert und deshalbauch zugleich gefährlich. Stellt Lutz dieseAdjektive 1990 zusammen und werdendiese unverändert von ihr 1996 wieder-holt, so finden sie sich in einer mehr alszwanzig Jahre älteren Schrift von Oertermit nahezu identischen Implikaten (Lutz1990: 69; 1996: 151; Oerter 1975: 16). EineBewertung, die, wie immer wieder betontwird, mit alltagspsychologischen Kon-zepten verbunden ist (vgl. Averill 1996;Oerter 1975).

Zwei Fragen wurden in der Charakteri-sierung dieses Ansatzes stillschweigendmitgeführt, die jetzt in den Vordergrundgestellt werden. Die Fragen lauten:In welcher Beziehung stehen Emotionenund Kognition? Gibt es »kulturspezifi-sche« Emotionen?Wenden wir uns der ersten dieser Fragenzu: In welcher Beziehung stehen Emotio-nen und Kognition?Über die tiefen Zusammenhänge zwi-schen Emotionen und Kognition beste-hen heute 1997 aus der Sicht der Emo-tionsforscher und vor allem auch in demdiskursiven Ansatz der Emotionsfor-schung keine Zweifel – so erscheint dieZeitschrift Cognition & Emotion seit 1987,in der diese Zusammenhänge breit gefä-chert diskutiert werden. Die traditions-

reiche platonische Teilung der Psyche desMenschen in Denken, Fühlen und Wol-len, die die Grundlage bildete für dieTrennung von Kognition und Emotion,sieht sich im diskursiven Ansatz endlichüberwunden (vgl. zum historischen Zu-sammenhang Mandl/Huber 1983: 2).Noch 1983 mußten Mandl und Huberkonstatieren, daß kein schlüssiges Mo-dell des Zusammenwirkens von Emotio-nen und Kognition vorliege (vgl. Mandl/Huber 1983: 8)Diese Trennung erfuhr über die Jahrhun-derte Verstärkung durch ein spezifischesVerständnis der Beziehung zwischenWahrnehmung und Wirklichkeit. Bis die-se Konzeption vor wenigen Jahren immerstärker in die Kritik geriet, wurde in derForschung selbstverständlich von derKonzeption einer Wirklichkeit a prioriausgegangen, eine Wirklichkeit, auf dieeine Person kognitiv oder emotional rea-giert. Dieses Verständnis von Wirklich-keit schließt das persönliche Schaffen vonWirklichkeit aus. Diesem wird dagegenim diskursiven Ansatz der Emotionsfor-schung Rechnung getragen. Zum ande-ren betont Averill, daß durch diese neueSichtweise von Emotionen

»[…] die heiße Debatte, ob Emotionen ko-gnitiv oder nicht-kognitiv sind, viel vonihrem ›Dampf‹ verliert. […] sie bewirkt einegrößere Betonung der sozialen Determinan-ten von Emotionen« (Averill 1996: 36; Über-setzung von der Verfasserin).

Wie stimmig dieser diskursive Ansatz imHinblick auf die Beziehung zwischenEmotion und Kognition ist, läßt sich aneiner von Mandl und Huber 1983 aufge-stellten Forderung zeigen:

»Modelle des menschlichen Handelns ver-weisen auf die Möglichkeit und Notwen-digkeit, Emotion und Kognition theoretischzu integrieren« (Mandl/Huber 1983: 2).

Die heutige Emotionsforschung zeigt,daß dieses nur gelingen kann, wenn

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menschliches Handeln als einverleibtesdiskursives Handeln gesehen wird.Sind Emotionen und die Verknüpfungvon Emotionen und Kognition ›kultur-spezifisch‹?Der diskursive Ansatz erlaubt, diese Fra-ge einer für unsere Zwecke wichtigenAntwort zuzuführen. Die Frage muß je-doch, um angemessen beantwortet zuwerden, sich dieses Kulturbegriffs an-nehmen, der in »kulturspezifisch« ent-halten ist. Obwohl in zahlreichen wissen-schaftlichen Disziplinen (der Anthropo-logie, der Sozialpsychologie und den in-terdisziplinären cultural studies) eine im-mer präzisere Klärung des Konzeptes»Kultur« vorgenommen wird, wird es in»kulturspezifisch« immer noch als einMantelbegriff gebraucht. Diesem Mantel-begriff liegt stets ein undifferenziertesVerständnis von Kultur als einem stati-schen Konglomerat »außerhalb« undvorwiegend »weit weg« zugrunde. Die-ser Fehler wird im diskursiven Verständ-nis von Emotionen nicht fortgesetzt.Durch eine differenzierte Sicht von regio-nalen Normen und Werten und den mitihnen verbundenen Machtbeziehungen,die den Ausdruck von Emotionen erlau-ben oder einschränken, werden Unter-schiede in Emotionsnarrationen grund-sätzlich allen Menschen zugestanden. Sogesehen, löst sich die Frage nach der»Kulturspezifik« von Emotionen auf(vgl. besonders Shweder 1994; Averill1996; Harré/Gillett 1994).

Auf der Suche nach den verlorenenEmotionen: 3. Fundstelle – Kognition inder Fremdsprachenunterrichtsfor-schung oder die Zivilisierung der Ge-fühleDie Fremdsprachenunterrichtsforschunghat schwerpunktmäßig die Erforschungkognitiver Prozesse im Blick, dennochwerden Emotionen nicht vollkommen

vernachlässigt. Ich will diese Beziehungjetzt Stufe um Stufe nachzeichnen.Wenden wir uns zunächst dem Verständ-nis von Kognition zu, das in der Erfor-schung des Fremdsprachenunterrichtszugrundeliegt. Hierbei stehen in derFremdsprachenforschung vor allem For-men des Wissens (deklaratives und pro-zedurales Wissen) im Vordergrund. Hier-an zeigt sich, daß der Kognitionsbegriff,an dem sich die Erforschung des Fremd-sprachenunterrichts orientiert, ein sehrenger ist. Bereits 1983 wurde von Huberund Mandl festgestellt:

»Die Bedeutung des Wortes ›Kognition‹umfaßt Phänomene der Informationsverar-beitung wie Prozesse des Aufmerkens, desLernens, des Speicherns, des Erinnerns, desAbstrahierens und der Problemlösung. Mit›Kognition‹ wird also weit mehr begrifflicherfaßt als Wissen«. (Mandl/Huber 1983: 3)

Heute fragen Kritiker der Kognitionswis-senschaften, ob »kognitive Prozesse einehinreichende Begründung für menschli-ches intelligentes Verhalten darstellen«(Krückels 1996: 63). Hierbei wird eine fürunseren Zusammenhang sehr wesentli-che Antwort gefunden, die, wenn ich dieBehauptung aufrecht erhalten will, daßder Kognitionsbegriff der Erforschungdes Fremdsprachenunterrichts ein engerist, kurz umrissen werden soll. Da sichkognitive Prozesse nicht von Wahrneh-mungsvorgängen trennen lassen,menschliche Wahrnehmungsvorgängevon Sinnesorganen abhängen, diese Sin-nesorgane leiblich im Menschen veran-kert sind, tritt die Komponente desmenschlichen Leibes zur Erklärung vonKognitionsprozessen hinzu:

»Wahrnehmung erfolgt durch Sinnesorga-ne, die als Teil des Leibes an ihn gebundensind. Als Konsequenz erscheint der Leib alsdas menschliche Bezugssystem […] DieMöglichkeiten, die der Leib besitzt, seineStellung zur Umwelt zu ändern, begrenzendie Möglichkeiten der Wahrnehmung«.(Krückels 1996: 66)

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Durch diese Einsicht wird mit demmenschlichen Leib eine zentrale Katego-rie in die Kognitionsforschung einge-führt, die sich, wie wir bereits sahen, inder diskursiven Emotionsforschungfruchtbringend erweist. Doch befragenwir auf diesem Hintergrund erneut dieErforschung des Fremdsprachenunter-richts.Ist die Erforschung des Fremdsprachen-unterrichts hoffnungslos blind, daß siefesthält an einem reduzierten kognitivenModell des Lernens? Diese Reduktionwird verständlich, wenn wir den Fremd-sprachenunterricht in seiner institutio-nellen Einbettung betrachten: die Institu-tion Schule bzw. jeder institutionalisierteFremdsprachenunterricht ist eine Instanzfür die Zivilisierung der Gefühle. Dieservon Norbert Elias (1976) geprägte Begriffmeint eine aus der immer komplexerwerdenden Gesellschaft im Laufe derJahrhunderte notwendig sich ergebendegleichmäßigere Beherrschung der Gefüh-le der Menschen. Ihr Ausdruck wird zu-nehmend durch kulturelle Vorschriftenkodifiziert, die geprägt sind von domi-nanten Werten, Normen und morali-schen Vorstellungen. Eine wichtige In-stanz für die Durchsetzung dieses Zivili-sierungsvorgangs der Gefühle ist dieSchule.Rumpf zeigt, daß in den zurückliegendenca. 165 Jahren die Sinnlichkeit und Kör-perlichkeit aus der Schule systematischverdrängt wurde. Dieser Vorgang spie-gelt sich in Vorschriften (den Schulord-nungen), die sehr genau das körperlicheSchüler- und Lehrerverhalten bestimm-ten. Diese Verdrängungen des Sinnlich-Körperlichen bestimmen institutionellesLernen bis heute:

»Grob gesagt werden dabei den Menschenin vielen tausend Lebensstunden zwei Ar-ten der Verinnerlichung ihrer Weltbezie-hungen einstudiert: Zum ersten werden siegelehrt […], den sinnlich-körperlichen

Weltaustausch mit seinen nicht recht kalku-lierbaren Erschütterungen nach Vorschrifteines Zeitplanes stillzustellen und ihn ver-läßlich greifenden Kontrollen zu unterwer-fen – zugunsten der Aneignung von zuse-hends verwissenschaftlichen Erkenntnissenund Denkregeln, […] Die zweite Verinnerli-chung […]: den Heranwachsenden wirdbeigebracht, daß sie, global gesprochen,zwischen dem 6. und dem 18. Lebensjahr[…] im Kampf um den optimalen Aufbaueiner bestimmten kognitiven Operationsba-sis ihre eigene unsichtbare Zukunft produ-zieren. […] Diese beiden Verinnerlichungen– der Aufbau einer kognitiven Operations-basis […] und die Arbeit an der eigenengestaltlosen Zukunft durchdringen dasSchul-Lernen in unserer Zivilisation vonder Vorschule bis zum Hochschuldiplom«.(Rumpf 1981, 7–8)

Lernen – und damit immer auch dasinstitutionelle Lernen von Fremdspra-chen – rückt in den Bereich des Schattens,des Unsinnlichen, des Freudlosen.Mit der fast ausschließlichen Erforschungder Kognitionsprozesse im Fremdspra-chenunterricht verstärkt die Forschungdas Bild einer letztlich durch die Zivili-sierung der Gefühle erhoffte Kontrolleund vor allen Dingen steuerbare Lern-prozesse. Die kognitiv orientierte Lern-forschung wird so zu einer Erfüllungsin-stanz der Bedingungen der Institution.Unsere Lernenden erleben also, so postu-liere ich jetzt, die Sprache, die sie lernen,in jeweils sehr unterschiedlichen emotio-nalen Zusammenhängen, einerseits imhäuslichen Kontext, in dem ein anderesSpektrum von Gefühlen zugelassen ist,und in der Schule, in der der Mensch alszweckrationales Wesen im Zentrumsteht, in dem Gefühle einer harschen Be-grenzung unterzogen werden. So wirddie Äußerung plausibel, die wir von Ler-nenden jeden Alters hören, die im Unter-richt versagen, daß sie die zu erlernendenSachverhalte zuhause konnten.Es ist auch nicht überraschend, daß sichein recht eigentümliches Menschenbild

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ergibt, wenn wir die spärliche Forschungzu Emotionen im Fremdsprachenunter-richt anschauen. Ein Menschenbild, dasein Produkt der Zivilisierung der Gefühleist, aber mit einem leibhaftigen Men-schen kaum etwas gemein hat.

Auf der Suche nach den verlorenenEmotionen: 4. Fundstelle – Emotionenin der Fremdsprachenunterrichtsfor-schungBeginnen wir mit der populistischen Wis-senschaftsmetapher von Krashens »af-fektivem Filter« (z. B. in Krashen 1981und Krashen/Terrell 1983). Das Men-schenbild, das dieser Konzeption unter-liegt, ist durch und durch mechanistisch.In ihrem Mechanismus schreibt sie dierigorose Trennung zwischen Kognitionund Emotion fort. Die Emotionen, dieden affektiven Filter bilden, sind Angst,Motivation und Selbstwertschätzung,wenn die Angst groß und die Motivationund Selbstwertschätzung gering sind,wird der affektive Filter hochgezogenund die Lernprozesse fallen schlecht aus.In ihrer Kritik dieses Ansatzes stellenLarsen-Freeman und Long eine Reihevon Fragen an diese Wissenschaftsmeta-pher:»Reicht es, um den Filter zu errichten, wennein Gefühl negativ ist, oder müssen es allesein? Wie stark negativ müssen die Gefühleüberhaupt sein? Kann ein positives Gefühl,z. B. hohe Motivation, ein negatives Gefühl,z. B. niedriges Selbstwertgefühl, ausglei-chen? Was heißt hierbei eigentlich ›hoch‹oder ›niedrig‹? Haben diese ›Maße‹ überallauf der Welt Geltung?« (Larsen-Freeman/Long 1991: 247; Übersetzung von der Ver-fasserin)

Larsen-Freeman und Long stellen Unter-suchungsergebnisse aus verschiedenenRegionen der Welt dar, in denen positiveund negative Haltungen zur Sprache,zum Zielland, zu den Lehrern, zu denKlassenkameraden, zur Lernsituationund zu verschiedenen Ethnien unter-

sucht wurden. Es führt in unserer Suchenach den verlorenen Emotionen imFremdsprachenunterricht nicht weiter,auf diese Untersuchungen näher einzu-gehen, da ich die Position von Larsen-Freeman und Long teile, die bei ihrerMetaanalyse zu dem Ergebnis kommen:

»Schwankungen in den Haltungen zu die-sen verschiedenen angeführten Bereichenführen zu Schwankungen beim Lerneneiner Sprache, diese wieder führen zuSchwankungen in den Haltungen und so adinfinitum«. (Larsen-Freeman/Long 1991:183; Übersetzung von der Verfasserin)

Es wird deutlich, daß wir in diesem Be-reich nach den heute vorliegenden Ergeb-nissen in der Fremdsprachenunterrichts-forschung nichts Gesichertes wissen.Schauen wir weiter und fragen, wie un-ser Mensch aussieht, der in anderen Stu-dien vor uns entsteht. So gibt es Studienzum Selbstwertgefühl und Lernen vonFremdsprachen, zur Bedeutung der Ex-troversion, zur Bedeutung von Angst,zur Bedeutung des Gefühls der Zurück-weisung, zur Bedeutung der Empathie,d. h. der Fähigkeit von Menschen, sich indie Lage von anderen zu versetzen,schließlich Studien zur Bedeutung vonScheu und Zurückhaltung für Fremd-sprachenlernen. Was sind die Resultateaus diesen Studien: moderate Ängstlich-keit und moderater Mut führen zu gutenErgebnissen beim Fremdsprachenlernen.Die bisherige Forschung der Bedeutungder Emotionen für fremdsprachlichesLernen verstärkt das Bild der Zivilisie-rung der Gefühle in der Institution. Abermehr noch, Larsen-Freeman und Longkommen bei ihrer Metaanalyse zu derErkenntnis, daß es kaum möglich ist, mitden bisherigen Forschungsinstrumentendas Verhalten von Menschen in speziel-len Situationen vorherzusagen. Sie räu-men ein, daß es bisher kein Instrumenta-rium gebe, das – wie sie sie nennen –»affektive Variablen« angemessen mes-

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sen kann (vgl. Larsen-Freeman/Long1991: 214; besonders 260ff.).So können wir bilanzieren: unser Fremd-sprachen lernender Mensch ist in derForschung bisher ein vor allen Dingenauf sehr wenige, ziemlich negative Emo-tionen atrophiertes Kunstwesen, ein We-sen institutioneller Dunkelheit.Aber was ist mit der Motivation, ist diesenicht, wenn sie angemessen erreichtwird, eine positive emotionale Größe, dieden Fremdsprachenunterricht auf dasGünstigste zu beeinflussen vermag? Si-cher ist sie das, jedoch müssen wir unsunter der hier anstehenden Thematik fra-gen, ob die Motivation, die intrinsische,die zu erreichen wir alle in unserem Un-terricht anstreben, auch wirklich für dieLernenden gedacht ist, zum Besten derLernenden. Was wollen wir in unseremFremdsprachenunterricht erreichen?Holzkamp hat dieses Ziel angemessenformuliert, angemessen für eine Welt, inder unsere Lernenden heute stehen, ineiner Welt, in der sie immer wieder, im-mer weiter lernen werden, wenn sie nichtan den Rand der Gesellschaft rükkenwollen. Wenn ich Holzkamps Aussageauf den Fremdsprachenunterricht erwei-tere, heißt das Ziel, das wir erreichenwollen: daß unsere Fremdsprachenler-nenden den »inneren Zusammenhangzwischen lernendem Weltaufschluß, Ver-fügungserweiterung und erhöhter Le-bensqualität« (Holzkamp 1991: 190) er-kennen und immer wieder neu erfahrensollten, daß unsere Lernenden in diesemSinne, wie Holzkamp es nennt, »expansivlernen«. Und genau an diesem Ziel desexpansiven Lernens scheitert das Kon-zept der »intrinsischen Motivation«:»Expansiv begründetes Lernen bedeutet jagerade nicht Lernen um ›seiner selbst‹, son-dern Lernen um der mit dem Eindringen inden Gegenstand erreichbaren Erweiterungder Verfügung/Lebensqualität willen. Da-mit im Zusammenhang geht es in expansiv

begründeten Lernhandlungen eben nichtum die Rückbeziehung des Lernens aufeinen bloß individuellen ›Spaß an der Sa-che‹ o. ä., sondern um die Überwindungmeiner Isolation in Richtung auf die mitdem lernenden Gegenstandsaufschluß er-reichbare Realisierung verallgemeinertergesellschaftlicher Handlungsmöglichkeitenin meinem subjektiven Erleben.« (Holz-kamp 1991: 191)

Das Konzept der intrinsischen Motiva-tion meint also gar nicht den lernendenMenschen, sondern meint seine jeweilssachbezogene Erfüllung der institutionel-len Normen.Wenn wir die Bemühungen der kognitivausgerichteten Fremdsprachenforschungum die Emotionen der Lernenden bilan-zieren, kommen wir zu folgendem Ergeb-nis: mit ihren an den Naturwissenschaf-ten ausgerichteten Forschungsdesignskann die Forschung über den Fremdspra-chenunterricht ganz offenbar nicht ange-messen mit den Emotionen der Lernen-den umgehen, ganz deutlich ausge-drückt, sie kann sie nicht verstehen! Siezeigt ein verzweifeltes Bemühen, dieseErforschung im Rahmen des kognitivenParadigmas zu leisten, stößt jedoch darinzugleich immer wieder an eine undurch-dringbare Wand. Es ist an der Zeit, daßdie Erforschung des Fremdsprachenun-terrichts sich die trockenen EinsichtenGilbert Ryles zu eigen macht:

»Man neigt zur Hoffnung oder Befürch-tung, biologische, psychologische oder so-ziologische Gesetze könnten eines Tages aufmechanische Gesetze ›zurückgeführt‹ wer-den – obwohl ungeklärt bleibt, welche Artvon Geschäft diese ›Zurückführung‹ seinwürde. […] Die Angst […] daß eines Tagesalles durch mechanische Gesetze erklärbarsein werde, ist grundlos. Und sie ist grund-los, […] weil es sinnlos ist, von einer solchenEventualität zu sprechen. Physiker könneneines Tages alle physikalischen Fragen be-antwortet haben, aber nicht alle Fragen sindphysikalische Fragen«. (Ryle 1969: 98)

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Auf der Suche nach den verlorenenEmotionen: 5. Fundstelle – Aspekte derNeuorientierung des Fremdsprachen-unterrichtsUm in eine neue Richtung zu gehen, dievon vornherein von einer Verknüpfungvon Emotionen und Kognition ausgeht,muß der Fremdsprachenunterricht, mußdie Erforschung des Fremdsprachenun-terrichts sich erst auf neue Grundlagenbesinnen. Diese liegen bereits alle vor. Siemüssen nur zusammengefügt werden,und schon steht vor uns ein ganzerFremdsprachenlernender, als einMensch, der Gefühle, Leib und Verstandhat und der eine Sprache spricht undlernt, die immer schon emotional-leiblichverfaßt ist.Diese verstreuten Stimmen, die wir jetztzusammenführen werden, schlagen eineBrücke zu dem diskursiven Verständnisvon Emotionen. Wir werden darin einebestehende Einheitlichkeit der Argumen-tation entdecken, in der alle Stränge, dieich hier entwickelt habe, wie in einemFluchtpunkt zusammenlaufen. Beginnenwir also mit dem Menschenbild, demBild des Lernenden.1988 schrieb Harald Weinrich, er wollenun endlich ein Ende machen mit lingui-stischen Erbaulichkeitssätzen wie: »ImMittelpunkt der Sprache steht derMensch«, und er verändert ihn deftig in:»Im Mittelpunkt der Sprache steht derMensch in seiner Leiblichkeit« (Weinrich1988: 80). Verändern wir diese Aussagefür unseren Zusammenhang angemes-sen, kommen wir zu folgender Aussage:»Im Mittelpunkt der Fremdsprache steht derLernende in seiner Leiblichkeit«. Dieses istaber noch nicht alles, dieses ist aber nochnicht die Präzision, die wir in der vorgän-gigen Diskussion erreicht haben. Der Satzmuß lauten: »Im Mittelpunkt der Fremd-sprache steht der Lernende in seiner Leiblich-keit, in der seine emotional-kogniti-ven Nar-rationen verankert sind, die sein Selbst immer

wieder neu konstituieren.« Der leiblicheMensch vollzieht sich in seiner Narrati-on, er wird darin, wer er ist.Hiermit haben wir für den Fremdspra-chenunterricht einen Quantensprungvollzogen, denn wir sind mitten darin,die emotionale Verfaßtheit von Sprache,auch der zu lernenden Fremdsprache, alsgegeben anzuerkennen. Sicher ist es rich-tig, was Fiehler 1990 feststellt, daß vonihrer grundsätzlichen Auffassung desMenschen als einem zweckrationalenWesen die Emotionen in der Sprachwis-senschaft »nur in die Debatte [kommen],weil ein Etikett gebraucht wird für eineRumpelkammer oder Schmutzecke, indie alle Phänomene gefegt werden, diedurch eine bestimmte Theorie nicht be-friedigend zu erfassen sind« (Fiehler1990: 14, Anmerkung 2).Aber diese Aussage stimmte schon vorsieben Jahren nur noch bedingt. In seinerbereits vor zwanzig Jahren vorgelegtenStudie geht Grayshon in ausdrücklicherAbgrenzung von traditionellen linguisti-schen Arbeiten von dem Leben der Men-schen in gesellschaftlichen Strukturenaus, das immer ein primär emotionalessei. Hieraus werden sprachliche Regel-haftigkeiten hervorgebracht.

»Die funktionale Abfolge ist Emotion, so-ziale Beziehungen, konkrete Ideen, abstrak-te Ideen. Aus dieser Abfolge beginnen wirdann, regelmäßige Muster festzuhalten, diewir später als Sprache produzieren und dievermutlich die Basis für das Generierenaller von uns gebrauchten Sätze sind«.(Grayshon 1977: 45; Übersetzung von derVerfasserin)

Letztlich, so Grayshon, werden es immerdie Emotionen sein, die den konventiona-lisierten Sprachgebrauch beherrschen,die sich über alle sozialen Konventionenvon Sprache hinwegsetzen bzw. durch siehindurchsetzen (vgl. Grayshon 1977: 59).Wir können heute, so stellt Pasucha fest,entsprechend dem Forschungsstand da-

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von ausgehen, daß Emotionen systemati-sche Bestandteile des alltagsweltlichenSprachgebrauchs sind (Pasucha 1995:51ff. vgl. dazu auch Fiehler 1990: 1ff.).Hierbei unterscheiden wir emotionaleRede – also Rede im Zorn – von Redeüber Emotionen – also von Rede überZorn (vgl. z. B. Fiehler 1990: 3).Die Aussage Fiehlers stimmte also nurfür eine rein analytisch orientierteSprachwissenschaft, aber für eine heute1997 zunehmend die Leiblichkeit desMenschen immer mitbedenkendeSprachforschung stehen verstärkt bisherwenig beachtete sprachliche Vorgänge imZentrum des Interesses, nämlich meta-phorische Prozesse. Zentral ist hierfür,sich von dem traditionellen Aristoteli-schen Metaphernverständnis zu lösen.Johnson faßt dieses – überwundene –traditionelle Verständnis zusammen:

»Eine Metapher ist ein elliptischer Ver-gleich, der nützlich für stilistische, rhetori-sche und didaktische Zwecke ist, der je-doch, ohne Verlust des kognitiven Gehalts,in eine wörtliche Paraphrase übersetzt wer-den kann«. (Johnson 1981: 4; Übersetzungvon der Verfasserin)

Metaphern werden heute als einverleibte,vorbewußte image schemata (Johnson 1987)gesehen, in denen somit die klassischeTrennung zwischen den kognitiven undemotiven Funktionen der Sprache nichtlänger gilt (vgl. u. a. Johnson 1981; John-son/Lakoff 1980). Sogar die Sprachstruk-tur wird, so argumentieren einige Lingui-sten, als »metaphorische Repräsentationunserer Körper und deren Interaktionmit der Umwelt gesehen« (Armstrong etal. 1995: 235; Übersetzung von der Verfas-serin; vgl. auch Stolz 1991). Diese meta-phorischen Prozesse sind mit der Leib-lichkeit des Menschen verbunden unddamit auch immer mit seinen Emotionen,wie die unterschiedlichsten Studien ver-deutlichen. Raum-zeitliche Konzepte,modale Bedeutungen haben ihren Ur-

sprung in der Leiblichkeit des Menschen,seiner sozio-physikalischen Wirklichkeit(vgl. Sweetser 1990; Hopper/Closs Trau-gott 1993: 77ff.).In dieser erweiterten Sicht des Menschen,in der die emotionale Verfaßtheit derSprache wirklich ernst genommen undzugleich darin die kognitive Bedeutungder Sprache für den Menschen nie ausge-klammert wird, liegen die neuen Mög-lichkeiten für den Fremdsprachenunter-richt.Die Frage der Lehrenden wird nun sein,wo bleiben hierbei die Regeln, die imFremdsprachenunterricht vermittelt wer-den sollen? Auch zur Beantwortung die-ser Frage greife ich zurück auf die obengetroffenen Feststellungen über die dis-kursiven Emotionstheorien: Menschenstiften Sinn, sie bilden, wenn wir es an-ders ausdrücken wollen, Regeln; dieseRegelbildungen sind immer emotionalund kognitiv bestimmt. So sagt Twadellschon 1967, daß grammatische Regelneine Folge sozialer Anthropologie sind,die der Lernende, der beginnt eine Spra-che zu lernen, zunächst fraglos hin-nimmt.

»Der fortgeschrittene Lernende jedoch be-ginnt diese Grenzen zu ignorieren und sichleicht über sie hinweg und zwischen diesenzu bewegen, so daß die wirklichen Mög-lichkeiten die einzigen Möglichkeiten wer-den, die er sieht«. (Twadell 1967; Überset-zung von der Verfasserin)

Dieses bedeutet für einen Fremdspra-chenunterricht, der diese neue Orientie-rung ernst nimmt, daß die Grammatikder zu lernenden Sprache nicht mehr»losgelöst« von den Lernenden präsen-tiert werden kann, sondern Vermittlungs-wege gefunden werden müssen, die dieEinverleibung der Grammatik und damitihr Erleben als emotional-kognitiven Be-sitz des Einzelnen von Beginn der Unter-weisung an ermöglichen.

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Warum, so könnte nun gefragt werden,diskutiere ich nicht das naheliegendsteAusdrucksmittel von Emotionen, dienonverbale Sprache. Sie, so wissen wiraus unserer Alltagswelt, ist doch derwichtigste Teil des Ausdrucks von Emo-tionen. Bezogen auf Gestik, Mimik undKörpersprache sind neue Erkenntnissegewonnen worden, die tief verbundensind mit der nicht länger aufrecht erhalte-nen Trennung von Mensch, Sprache undLeib. So kommen Armstrong, Stokoe undWilcox in ihrer Studie: Gesture and theNature of Language zu dem Ergebnis, daßSprache als eine Form von sichtbarer undzugleich hörbarer Geste die Ausgangs-punkte für die Entwicklung des mensch-lichen Selbst und des menschlichen Ver-standes sind (vgl. Armstrong et al. 1995:154). Sie erbringen in ihrer Studie denNachweis, daß Gesten die Grundlagenmenschlicher Sprachentwicklung über-haupt bilden. Erst die Kombination vonsichtbarer Geste und hörbarer Geste hatSynapsen für Sprachentwicklung immenschlichen Hirn geschaffen.McNeill sieht vokale und körperliche Ge-sten in einem dialektischen Bezug. Dieserdialektische Bezug von verbaler Äuße-rung und Geste ist das movens für dieEntstehung von gedanklichen Prozessendes Menschen (vgl. McNeill 1993/1995:246ff.). Diese Überlegungen wurden ausanderer Perspektive, der Erforschung derGesten, bereits vor 10 Jahren gleichsamvorbereitet. Sie verknüpfen sich eng mitden aus empirischem Material gewonne-nen Aussagen Kendons:

»[…] Die Studien zeigen, wie Gesten auf dergleichen Ebene wirksam sind wie gespro-chene Sprache. Damit will ich sagen, daßGesten keine alternativen Repräsentationenvon Konzepten liefern; sie werden in ge-sprochene Sprache eingeführt als funktio-nell gleichwertig mit den verbalen Bestand-teilen solcher Äußerungsformen«. (Kendon1987: 83; Übersetzung von der Verfasserin)

Wir können also nicht länger von einerTrennung von lautlicher Geste und kör-perlicher Geste ausgehen und der erste-ren vor allem Rationales und der zweitenvor allem Emotionales zuweisen. Diesestreffen wir allerdings noch immer in derFremdsprachendidaktik an, die sichstützt auf die Trennung von verbalemund nonverbalem Verhalten, wie sie inder analytischen Linguistik nahegelegtwird. Unstrittig bleibt die soziale Bedeu-tung der körperlichen Geste, die jedochimmer ein emotionales Potential in sichträgt.Die Körperfeindlichkeit der Lernsitua-tion, die ich weiter oben erläutert habe,klammert weitestgehend die körperlicheGeste aus und betont vor allem die voka-le Geste. Hiermit nimmt sie den Lernen-den, wie wir aus den soeben benanntenForschungsergebnissen ableiten können,wichtige Hilfen in der gedanklichen, d. h.kognitiv-emotionalen Durchdringungder Sprache, die gelernt wird.

Auf der Suche nach den verlorenenEmotionen: 6. Fundstelle – Anregungenfür die PraxisDie folgenden Anregungen für die Pra-xis lassen sich in drei Gruppen einteilen.Die erste Gruppe ist bezogen auf dasVerhalten der Lehrenden; die zweiteGruppe zeigt erste Umrisse von Übun-gen, in denen ich zentrale Merkmale derhier entwickelten Neuorientierung ver-wirklicht sehe; die dritte Gruppe umfaßtÜberlegungen zu Übungen über Emotio-nen.

Zur 1. Gruppe: Zum Verhalten von Lehren-denDie Aussagen zu der in unserer Leiblich-keit emotional und kognitiv verfaßtenSprache gelten auch für uns Lehrende. Wirmüssen uns darüber bewußt werden, daßwir in unseren vokalen und körperlichenGesten, die wir in unserer Unterrichts-

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sprache, hier besonders in unserer Erklär-sprache, verwenden, immer unsere per-sönliche Deutung der zu lernenden Spra-che vermitteln. Diesem Umstand muß inder Lehrerausbildung für den BereichDeutsch als Fremdsprache Rechnung ge-tragen werden, indem er bewußt gemachtwird. Die Erklärsprache der Lehrenden istals ein Untersuchungsbereich bisherkaum Gegenstand der fremdsprachenun-terrichtlichen Forschung.In einer von mir durchgeführten kleinenUntersuchung zur Erklärsprache vonLehrenden im Grammatikunterrichtstellte sich heraus, daß diese eine institu-tionalisierte Sprache spezifischer Art ist,in deren vokalen und körperlichen Ge-sten sich persönliche, d. h. emotional undkognitiv gefärbte Einstellungen zur Spra-che, die unterrichtet wird, spiegeln. Diejeweils gewählte Erklärsprache spiegeltauch die persönliche Nähe bzw. Ferneder Lehrenden zur Institution Schule. ImRahmen dieser Studie wurden Videomit-schnitte von französischen, britischen,schwedischen und niederländischenGrammatikunterrichtsstunden Deutschals Fremdsprache analysiert. Das franzö-sische Beispiel war überwiegend einerSicht von Grammatik zuzuordnen, dieGrammatik als ein System von Regelnsieht, das abgehoben vom menschlichenGebrauch ist. In der verbalen Sprache derLehrerin und auch in der Visualisierungdes grammatischen Problems an der Ta-fel offenbart sich das Regelsystem derSprache als ein Verbund von Gebotenund Verboten. Dieses Gebots- und Ver-botssystem läßt keinen Spielraum zu frei-er Bewegung in der Sprache. Die Spra-che, die hier vor den Lernenden wie einmathematisches System entwickelt wird,hat mit einem Verständnis von Spracheals einem einverleibten System grund-sätzlich nichts gemeinsam. Dominantsind vor allem in den ersten Phasen desUnterrichts Gesten, in denen das Phäno-

men der Sprache, das es zu erklären gilt,wie ein geometrisches System beschrie-ben wird. Die Sprache, die sich in denErklärungen spiegelt, ist ein Kanon vonGesetzen, dessen Mißachtung Sanktio-nen nach sich zieht. Diese Sanktionenwerden vor allem durch Gestik, Mimikund Tonfall vermittelt. Pausen, in denenden Lernenden Gelegenheit zum Nach-denken gegeben wird, gibt es nicht. DieAnspannung, die sich dadurch bei denLernenden aufbaut, löst sich punktuellgegen Ende der Stunde durch »Anfälle«von Kichern, die jedoch in keinem Bezugzu dem bearbeiteten sprachlichen Pro-blem stehen. In ihrer Weise gibt die Leh-rerin einen völlig homogenen Unterricht.Die lautlichen und körperlichen Gestender Erklärsprache und die Visualisierun-gen an der Tafel bilden eine Einheit in derAuffaltung der Gesetze, deren Übertre-tung Gefahren in sich birgt (vgl.Schwerdtfeger 1988b).

Zur 2. Gruppe: Umrisse bzw. Inhalte vonÜbungen, in denen sich die hier entwickeltenÜberlegungen spiegelnEine Adaptation der Oxforder Studenten-komödie Bellum Grammaticale (1625), (Dergrammatische Krieg oder der öffentlicheZwist der Nomen und Verben) kann sichfür den Unterricht Deutsch als Fremd-sprache im Sinne der hier vorgetragenenÜberlegungen als fruchtbringend erwei-sen. Kurz eine Inhaltsangabe dieses Stük-kes: Zu Beginn werden einige Gründe fürden Ausbruch des Bürgerkrieges genannt:Die Adjektive fühlen sich durch die Sub-stantive mit der Kongruenz unterdrücktund wollen nur noch im Neutrum stehen;die Nomen wollen sich ebenfalls nichtmehr nach den Verben richten; sowohl dieNomen als auch die Verben wollen dasPartizip als Verbündeten gewinnen und esverspricht beiden Seiten Loyalität. AmEnde des Dramas steht die Einsicht, daßalle Beteiligten sich mit den Widrigkeiten

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der Grammatik abfinden müssen, da siealle nur gemeinsam Bedeutung haben.Einige der Personen des lateinischen Dra-mas seien benannt: Im Lager der Nomenz. B.: Ego (ich): Führer der Pronomen; Pa-pae (potztausend): Führer der Interjektio-nen; Cis (innerhalb): Königin der Präposi-tionen. Im Lager der Verben z. B.: Amo (ichliebe): König der Verben; Edo (ich esse):ein Verb; Sum (ich bin): ein Ausreißer.Andere Personen sind z. B.: Participium:ein Führer, der im Hinterhalt lauert; Simul(zugleich): der friedliche Führer der Kon-junktionen1.Wenn die Erarbeitung eines Dramas nachdiesem Vorbild im Rahmen des Projekt-unterrichts im Fach Deutsch als Fremd-sprache und eine anschließende Auffüh-rung erfolgen, sind zahlreiche Bedingun-gen der oben getroffenen Aussagen er-füllt, z. B. die Einverleibung der Gram-matik, deren Ironisierung.Eine weitere Möglichkeit des szenischenErarbeitens von Grammatik entwickelteMartin Woesler während seines Prakti-kums am Goethe-Institut Peking2. Erbrauchte 1. ein Substantiv (Subjekt), 2. einModalverb (Hilfsprädikat), 3. ein Verb(Prädikat) und 4. ein Satzzeichen (Frage-zeichen/Punkt): z. B. Julia will lernen?Diese einzelnen Elemente schrieb er aufPapptafeln und gab sie Schülern, nach-dem er die Satzgliedstellung bearbeitethatte. Nach seiner Ansage jeweils grup-pierten sich die Schüler in neuen Forma-tionen: z. B. Julia will lernen. Julia willlernen? Will Julia lernen? Nach der Forma-tion in die Sätze wurden die Schüler, diedie Schilder trugen, gefragt, wie sie sich

fühlten. Je nach der Angemessenheit derFormation gaben die Schüler ihre Ant-worten. Eine zweite Frage beantwortetensie: In welcher Beziehung stehst Du zu … ?Diese Frage wurde ebenfalls nach derAngemessenheit der Formation beant-wortet.In einem Fremdsprachenunterricht, derdie hier entwickelten Überlegungen rea-lisieren will, gewinnen Modalpartikelneine erhebliche Bedeutung. Sie geben denSprechenden die Gelegenheit, ihr »seeli-sches Befinden« (von der Gabelentz) aus-zudrücken (vgl. Weydt 1977: 11). Wennwir einen Wandel im Fremdsprachenun-terricht entsprechend dem hier entwik-kelten Bild des Lernenden und damitverbundenen Bild von Sprache erreichenwollen, können wir uns nicht mehr dar-auf berufen, daß diese Partikel schwerbzw. kaum zu unterrichten seien. EineMöglichkeit ist z. B., einfache Dialoge mitModalpartikeln zu verfassen und hier-über ein Bewertungsgespräch mit denSchülern zu führen. Hier wäre es durch-aus empfehlenswert, Vergleiche zu denModalpartikeln in der Muttersprache derLernenden heranzuziehen3.Vergleichbares gilt für den Bedeutungs-gewinn der Modalverben.Hierzu wäre folgende Übung möglich:Die Klasse wird in fünf Gruppen aufge-teilt. Jede Gruppe bekommt eine Karte,auf der zwei Sätze stehen. Die Arbeitsan-weisung sieht so aus, daß die Sätze hin-sichtlich der Situation, der Implikationenund der möglichen Mißverständnisseanalysiert werden. Hier folgen nur zweiBeispiele:

1 Ich danke Sabine Kreutzer, Sabine Schieweck und Karola Gaede für die Übersetzungund Zusammenfassung dieses Stückes.

2 Ich danke Martin Woesler für die Demonstration dieses Verfahrens im Rahmen meinerLehrveranstaltung: Grammatikunterricht – geliebt – gehaßt? im Sommersemester 1996.

3 Ich danke Susanne Baumann, Ursula Blömeke, Mara Gonschior, Friederike Schneider,Hatto Sterling für die Ausarbeitung eines umfangreichen Unterrichtsversuchs zu dieserThematik.

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1. Gruppea. Ihnen dürfte diese Theorie bereits be-

kannt sein.b. Sie kennen diese Theorie wahrschein-

lich.zu a. Der Sprecher geht davon aus, daßdie Theorie bekannt ist. Hierbei könnte essich beispielsweise um eine Prüfungssi-tuation handeln. Das Modalverb wirktironisch und bedrohlich.zu b. Hier wird angenommen, daß dieTheorie bekannt ist. Die Aussage wirktharmloser.

Gruppe 2a. Magst Du das Brötchen noch?b. Willst Du das Brötchen noch?zu a. höfliches Angebot; es kann aberauch sein, daß das Brötchen alt ist.zu b. nicht so höfliches Angebot. Beibeiden Aussagen fällt auf, daß die Inten-tion stark von der Intonation abhängt1.

Einen völlig neuen Bereich der Gramma-tik, den es für einen Fremdsprachenun-terricht zu entdecken gilt, der den Ler-nenden die Einverleibung grammati-scher Strukturen zu verdeutlichen ver-mag, ist, wie oben bereits angesprochen,die Bedeutung der Metaphorisierung fürdie Grammatikalisierung der Sprache(vgl. Stolz 1991). Diese Grammatikalisie-rung verläuft in folgenden Phasen: Per-son → Objekt → Aktivität → Raum →Zeit → Qualität (vgl. Heine 1991).Beispiel: mit jemandem kämpfen (Per-son);mit einer Hausarbeit kämpfen (Objekt);sich durch den Wald kämpfen (Raum);gegen sein Alter ankämpfen (Zeit);umkämpft (Qualität)2.Hierzu bedarf es zukünftig der unter-richtsmethodischen Entwicklungsarbeit.

Zur 3. Gruppe: Übungen über EmotionenFür den Französischunterricht liegt eineGrammatik vor: Französisch zwischen denHügeln der Venus und den Lenden Adonis’(Bourcillier/Kamps 1991). TraditionelleGrammatikvermittlung wird darin in fri-vol-heitere Kontexte mit dem situativentsprechenden Wortschatz eingebettet.Eine Grammar of Love für den UnterrichtDeutsch als Fremdsprache liegt ebenfallsvor (Seletzky 1993). Auch hier sind »si-tuativ notwendige« Redewendungen ineher konventionelle Grammatikübungeneingebunden. Dieser Kontrast in beidenPublikationen gibt durchaus zur Heiter-keit Anlaß.Auch wenn ich durchaus anerkenne, daßdiese Schriften im Unterricht Heiterkeitauszulösen vermögen, stellt sich für michdie Frage danach, wie weit man eigent-lich im Fremdsprachenunterricht gehendarf, ohne sich dem Vorwurf auszuset-zen, daß in ihm die Gefühle der Lernen-den »kolonialisiert« (s. o.) werden. DieseGefahr muß gesehen werden, wenn imFremdsprachenunterricht grundsätzlichden Emotionen der ihnen angemesseneRaum gegeben werden soll. Eine delikateBalance muß im Zusammenhang der hierumrissenen Neuorientierung des Fremd-sprachenunterrichts zweifellos gefundenund eingehalten werden.

Abschließend und zurückschauend kannfestgestellt werden, daß die Erforschungdes Fremdsprachenunterrichts in ihrenZielen und Forschungsmethoden vor ei-nem Neubeginn steht, sollen die hierumrissenen Erkenntnisse über Emotio-nen und Kognitionen in sie Eingang fin-den. Die Aufgaben sind umfangreich,zweifellos, sie sind jedoch lohnend, da sie

1 Ich danke Heike Matucha, Gabi Planke und Friederike Jungtow für die Ausarbeitungeines umfangreichen Unterrichtsversuchs.

2 Ich danke Michaela Steiner für die Ausarbeitung von Grundlagen für Übungsentwürfe.

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Ein Blick über den Zaun: Eindrücke aus den USAvom Fremdsprachenlernen mit Hypertext undHypermedia

Chris F. Majari

Vorbemerkung(1)Als Gastdozent des Goethe-Instituts hatteder Verfasser des vorliegenden Berichtsein Jahr lang Gelegenheit, an der Univer-sity of Connecticut (UCONN) am Aufbaueines Multimedia-Labors mitzuwirkenund so Einblicke in den Einsatz moder-ner Medientechnologie im Fremdspra-chenunterricht zu gewinnen.Der folgende Text besteht aus 25 Karten,die nacheinander, aber auch in jederbeliebigen Reihenfolge gelesen werdenkönnen. Absicht ist, einen Hypertext zusimulieren. Leider findet die Simulationauf herkömmlichem Papier statt. Aufeinem Computer könnte der Leser die somarkierten Wörter mit der Maus anklik-ken, um sich in einem Netzwerk ausInformationen hin- und her zu bewegen.Meine Hyperlinks sind Verbindungenzu anderen Karten. Die zu einem linkpassende Karte würde in einem echtenHypertext auf Mausklick oder Tasten-druck ohne langes Suchen erscheinenund weiterführende Erklärungen undInformationen liefern. Wichtiger noch:

In einem echten Hypertext hätten dieLeserInnen Zugriff auf komplette Texteanderer Autoren nebst Abbildungen so-wie in zunehmendem Maße auch aufOriginalton und sogar Video. Der wirk-liche Charakter von Hypertext läßt sicheben mit der Technologie Gutenbergshöchstens ansatzweise veranschauli-chen.

(2) Utopie?Während die eine Hälfte der Klasse gera-de Zwischenergebnisse eines worldwide-web-Projekts mit der Lehrerin bespricht,arbeiten die anderen Kursteilnehmer imMultimedia-Labor.Eine Gruppe »downloaded« (»die Lehre-rin hatte einen deutschen Ausdruck da-für – erinnert sich jemand?«) gerade Fo-tos von alternativen Kraftwerken ausdem Web für eine Multimedia-Präsenta-tion zum Thema »Treibhauseffekt«.Yoshino und Pedro erkunden die BMW-Werke mit einem interaktiven Lernpro-gramm, während Songül und Kostasüberlegen, was für ein Ende sie dem Film»Yasemin« geben wollen. Da der Film

DaF im Ausland

Info DaF 24, 5 (1997), 607–620

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manchmal noch etwas schwer verständ-lich ist, lassen sie den Dialog ab und zulangsamer laufen oder klicken auf dieOption »Untertitel« auf der Menüleisteihres Computers. Natürlich können Sieneue Wörter mit Mausklick »nachschla-gen« und auf ihrer Vokabel-Diskette spei-chern. Tatjana und James finden schonlange, daß die Lehrerin viel zu viel Litera-tur behandelt und beschäftigen sich mitdem Lernmodul »Wie funktioniert einVerbrennungsmotor«. Jean und Fatimehlesen Wolfgang Borcherts Draußen vor derTür, wobei sie nicht nur unbekannte Le-xik, sondern auch Video-Aufzeichnun-gen von Theateraufführungen, histori-sches Hintergrundmaterial zum Nach-kriegsdeutschland sowie die Kurzge-schichten des Autors einspielen können.

(3) High-tech oder low-tech?Die auf Karte (2) erzählte Geschichte istvorerst nur Fiktion, obwohl Computermit exponentieller Geschwindigkeit inunser Leben eindringen. 35% aller Fami-lien und 50% aller Teenager haben inden USA einen Computer. 65% aller ver-kauften PCs sind für zu Hause; vondiesen sind 90% mit einem CD-driveausgestattet. 30 Millionen Amerikanersind ans internet angeschlossen. Wenndie Zahl derjenigen, die neu zur Inter-net-Gemeinde kommen, weiterhin mitgleicher Geschwindigkeit wächst, wirdsie 2003 die Einwohnerzahl übersteigen(Negroponte 1995: 5–6). In amerikani-schen Hochschulen fanden 1995 laut ei-ner Umfrage des Chronicle of Higher Edu-cation 24% aller Lehrveranstaltungen inHochschulen in mit Computern ausge-statteten Räumen statt; die »kritischeMasse«, ab der von einer wirklichenVerbreitung moderner Informations-technologie im Hochschulunterricht ge-sprochen werden kann, wird gerade er-reicht (DeLoughry 1996: A17). Die Gei-steswissenschaften und der Fremdspra-

chenunterricht hinken dieser Entwick-lung noch hinterher, so daß hier oft nocheine Diskrepanz zwischen einem relativhochtechnisierten Privatleben und low-tech-Unterricht erfahren wird. Bei allerEuphorie um computergestütztenFremdsprachenunterricht (oder CALL =Computer Assisted Language Learning) set-zen erst wenige SprachlehrerInnen mo-derne Computer ein. Neben einem en-gen finanziellen Spielraum und dermangelnden Bekanntschaft eines Groß-teils der Unterrichtenden mit modernenTechnologien dürfte es auch die »ehr-würdige Tradition einer stolzen Über-heblichkeit gegenüber dem Materiellen,Mechanischen oder Geschäftlichen« (Ei-senstein 1979: 706) sein, die ein Vordrin-gen des Computers in den Fremdspra-chenunterricht verzögert.Manche Kulturkritiker befürchten eine»Unterwerfung der Kultur unter dieTechnologie« (Postman 1992) oder eine»elektronische Sintflut, [in der] Spracheund Schrift ihre dominierende Kraft andie perfekte Beherrschung der techni-schen Medien verlieren« (Frühwald1996).Auch wenn gedruckte Media hoffentlichnicht obsolet werden, ist doch schon jetztabzusehen, daß immer mehr Informatio-nen in digitalisierter Form Verbreitungfinden werden. Wäre das nicht schonGrund genug, an den jetzigen und zu-künftigen Erfahrungswelten der Ler-nerInnen anzuknüpfen und bytes undbits mehr in den Fremdsprachenunter-richt aufzunehmen?

(4) Hypertext 1Als Vater von Hypertext gilt VannevarBush, der als Wissenschaftsberater T.Roosevelts schon kurz nach dem Endedes 2. Weltkriegs in einem bis heutevielzitierten Artikel sein Modell einesDatenverarbeitungssystems namensMemex beschrieb, das die Verwaltung

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der ständig wachsenden Flut an Infor-mationen auf assoziativem und damitdem menschlichen Gehirn vertrauteremWege ermöglichen sollte (Bush 1945:html).Der Begriff »Hypertext« für »nicht se-quentielles Schreiben« wurde 1965 vonTheodore Nelson geprägt, der seit denfrühen sechziger Jahren über alternativeWege, Informationen zu organisierenund zu visualisieren nachdachte – einUnterfangen, das nach und nach im le-gendären, nach dem Ort der Handlungvon S.T. Coleridge’s assoziativem undbildreichen Poem »Kubla Kahn« benann-ten Xanadu-Projekt mündete. Ted Nelsonbeschreibt Hypertext als

»eine neue libertäre Literatur mit alternati-ven Erklärungen, bei der jeder selbst denZugang oder Weg der ihm oder ihr ambesten paßt, bestimmen kann; mit für jeder-mann interessanten und zugänglichen Ide-en, so daß die menschliche Erfahrungswelteine neue Fülle und Freiheit erfährt. Manstelle sich die Wiedergeburt des Lesensvor.« (in: Tuman 1992: 55)

(5) Hypertext 2Der Hypertext-Autor gestaltet ein Netz-werk von Informationen und gibt somitKnotenpunkte vor, über die der Leserseinen Interessen und Assoziationen fol-gend durch den Text navigiert. Das be-kannteste Beispiel für Hypertext istHTML (Hypertext Mark-up Language), einProgramm, das zur Gestaltung von Sei-ten auf dem worldwide web (www) ver-wendet wird. Der Leser klickt mit derMaus auf markierte Wörter oder Bilder(hyperlinks oder hotlinks), um an weiter-führende Informationen zu gelangen.Diese können auf vom selben Autor ge-stalteten, aber auch auf fremden Seitenenthalten sein. Häufig wird im Zusam-menhang mit Hypertext die poststruktu-ralistische Auffassung vom Text als ei-nem offenen, nie endgültigen System er-wähnt:

»In diesem idealen Text sind die Beziehun-gen im Textgewebe so vielfältig und tretenso zueinander ins Spiel, daß keine vonihnen alle anderen abdecken könnte. DieserText ist eine Galaxie von Signifikanten undnicht Struktur von Signifikanten. Er hatkeinen Anfang und ist umkehrbar. Mangelangt zu ihm durch mehrere Zugänge,von denen keiner mit Sicherheit zumHauptzugang gemacht werden könnte.«(Barthes 1970: 9–10)

In dem Maße, in dem der Leser durch dasDatennetz reist, wird der Autor zuneh-mend Organisator von Informationen.Schreiben mit Hypertext bedeutet v. a.,Verbindungen herzustellen. Das hat Aus-wirkungen auf die Ästhetik von Hyper-texten: Wichtiger als die Verbindung vonIdeen und Informationen durch sprachli-che Mittel ist deren adäquate technischeVerbindung.Dadurch, daß die Wahl des Weges durchden Text vom Autor auf den Leser über-tragen wird, verwischt Hypertext dieGrenzen von Textproduktion und -rezep-tion. Trotzdem werden die Inhalte immernoch vom Autor vorgegeben. Prinzipielleröffnet Hypertext jedoch die endgültigeDurchbrechung dieser Grenzen, indemder Leser aufgefordert wird, seine An-merkungen durch Anfügen weiterer linksanderen zugänglich zu machen. Schonheute bieten einige websites diese Optionan. Langfristig dürfte das eine Neudefini-tion des Begriffs der Autorenschaft sowiedes Copyrights und des Urheberrechtsnötig machen.

(6) HypermediaHypermedia (oft wird auch die Bezeich-nung Multimedia gebraucht) vereinigenzwei oder mehr Medien (Wortdokumen-te, Ton, Bild, Video, Animation). Im Ge-gensatz zum linearen (Video)film ist dasMaterial bei computergestützten Multi-mediaprogrammen jedoch so angeord-net, daß der Zuschauer aus seiner bloßenBetrachterrolle erlöst wird und, von Pro-

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gramm zu Programm in unterschiedli-chem Maße, die Kontrolle über das Ge-zeigte erhält. Er kann mit dem Programminteragieren und im Falle von hochent-wickelten Multimedia-Anwendungensogar den Fortgang der narrativen Struk-tur bestimmen.

(7) HyperCard ist ein Hypertext-Pro-gramm für Macintosh Computer

»Das Modell für HyperCard ist die […]Karteikarte. Eine Karte entspricht einemMacintosh-Bildschirm. Wenn Sie durch die[…] Karten blättern, lesen Sie diese einenach der anderen, als ob es sich um einenStapel [stack] handelte. Karten können jedeArt von Informationen enthalten, in jedembeliebigen Format, einschließlich Bilder.[…] Informationen auf einer Hyperkartekönnen mit jeder beliebigen Stelle auf je-der beliebigen Karte verbunden werden.Der Verbindungspunkt kann ein Wort,mehrere Wörter oder ein Bild sein. Wennder cursor diesen Punkt berührt, erscheintdie […] Karte, mit der er verbunden ist.Diese Verbindungspunkte bilden einen Fa-den durch den Kartenstapel. Sie arbeitensich durch einen Stapel, springen von Kar-te zu Karte, Idee zu Idee und wählen Ihreneigenen Weg, indem Sie die Dinge berüh-ren, die Sie interessieren, wobei sie ständigneue Ebenen entdecken; oder Sie wählengezielt eine ganz bestimmte Karte. […]Eine andere Vorstellungshilfe wäre einBuch mit Fußnoten, die nur dann erschei-nen, wenn Sie auf eine Textstelle klicken,über die Sie mehr erfahren wollen. Siewürden zu interessanten Details geführt,die ihrerseits Fußnoten mit weiteren Fuß-noten haben, usw.« (Whole Earth Review 57, 1987: 102)

(8) Multimedia ToolBook ist für Win-dows und verwendet eine weniger pas-sende Metaphorik als Hypercard

»Die Grundmetaphern, die in ToolBookverwendet werden sind »Buch« und »Sei-te«. Ein mit ToolBook entwickeltes Pro-gramm wird als Buch bezeichnet. Ein Buchbesteht aus einer Anzahl von Seiten (DieSeite ist die Grundeinheit eines mit Tool-Book geschriebenen Anwendungspro-

gramms). Diese Metaphern sind hilfreich,um den Aufbau eines Anwendungspro-gramms zu verstehen. Allerdings rückendie meisten Multimedia-Autoren von denBegriffen Buch und Seite ab, da diese einelineare Organisation von Informationenimplizieren. Obwohl Sie natürlich ein li-neares Anwendungsprogramm mit Tool-Book schreiben können, besteht der anspre-chendste Aspekt von Multimedia-Pro-grammen gerade in ihrer Fähigkeit, ausden Beschränkungen von Linearität aus-zubrechen.« (Natal/Reitan 1995: 24)

(9) Hypermedia im Fremdsprachenun-terricht?Interessant für unsere Zwecke sind Au-torenprogramme wie HyperCard undToolBook, die es erlauben, selbst Hyper-text/mediaprogramme zu erstellen. Dereinfachste Einsatz ist die Verbindungvon Texten mit lexikalischen und gram-matikalischen Erschließungshilfen (aufMausklick werden Semantisierungshil-fen in Form von Bildern bzw. fremd-oder muttersprachlichen Erklärungengegeben). Spannender sind Anwendun-gen, die LernerInnen erlauben, ihren ei-genen Weg durch ein Programm zuwählen und selbst Themen und Übungs-formen auszuwählen, statt alle Benutzerdazu zu zwingen, das gleiche zu tun.Anspruchsvollere Programme beinhal-ten ein mehr oder weniger hohes Maßan Interaktivität, d. h. die Reaktion derLernerInnen beeinflußt den Fortgangdes Programms.

(10)Glaubt man CALL-Enthusiasten, so istdie Konstruktion von einfachen Hyper-text-Materialien mit authoring tools wieHyperCard, Digital Chisel (für Macin-tosh) und mit Einschränkungen auchmit ToolBook (für Windows) imwahrsten Sinne des Wortes kinderleicht,wie der Einsatz von HyperCard mitGrundschulkindern gezeigt habe (Nicol1995: 141–154 und Handler et al. 1995).

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Dennoch belegen Studien, daß LehrerIn-nen – Motivation und technische Ausrü-stung vorausgesetzt – durchschnittlichzwei Jahre brauchen, um diese neueTechnologie sinnvoll einsetzen zu kön-nen (Apple Classrooms of Tomorrow1992).Nicht ohne Grund hat sich in den USA,was den Einsatz von Computern im Un-terricht angeht, der Apple/Macintosh mitseiner intuitiven und anwenderfreundli-chen Benutzeroberfläche trotz sonst sin-kenden Marktanteils durchgesetzt, wes-halb überwiegend mit HyperCard gear-beitet wird. HyperCard beruht aufHyperTalk, einer sehr einfachen, am Eng-lischen orientierten Programmierspra-che. Mit Hilfe des ZusatzprogrammesHyperGasp lassen sich selbst relativ an-spruchsvolle Anwendungen sogar ohnejedes Programmieren bewerkstelligen.Als besonders hilfreich erweisen sichgebrauchsfertige Funktionen wie multi-ple choice- und Lückentests sowie die»pop-ups«, die es z. B. ermöglichen, aufMausklick die Bedeutung eines Worteserscheinen zu lassen. In Deutschlandstehen wir leider vor dem Problem, daßmit HyperCard geschriebene Lernpro-gramme nur auf den bei uns seltenenMacintosh-Computern abgespielt wer-den können, weshalb sich das deutlichkompliziertere und teurere ToolBookanbietet, dessen neuste Version (ToolBookII) als Ausgleich für die schwierigereHandhabung die leichte Übersetzung indie Sprachen des www (HTML und JA-VA) und damit die Verbreitung von Ma-terial über dieses Medium ermöglicht.

(11) Internet und worldwide webUnter internet wird die Gesamtheit allerdigitalen Datenübertragungswege ver-standen, wohingegen als worldwide web(www) der Teil des internet bezeichnetwird, der in Form eines gigantischen Hy-

pertexts v. a. privaten Anbietern offen-steht.Während man z. B. ohne den Protest vonTierschützern virtuell Frösche sezierenkann (http://webcrawler.com/select/teach.02.html), endet die Suche nachsinnvollen Hypermedia-Angeboten zumFremdsprachenlernen vorerst leidermeist frustrierend. Zwar gibt es immermehr Anbieter authentischer Materiali-en (mittlerweile bieten alle bedeutendendeutschen Zeitungen und Journale ko-stenlose online-Ausgaben an), doch fin-den sich kaum explizit auf Lernendezugeschnittene Angebote. Das www äh-nelt einem Museum, das wir mit Hilfevon browsern wie Netscape oder Mosaicbeliebig durchstreifen und dessen Expo-nate wir betrachten können, ohne dabeijedoch eine aktive Rolle übernehmen zukönnen (Ambach/Perrone/Reppening1995: 163). Auch die Angebote des Goe-the-Instituts gehen leider noch nichtüber Tasks und Übungen hinaus, dieauch auf Papier angeboten werdenkönnten (http://www.goethe.de/z/de-mindex.htm). Wünschenswert wären je-doch Erkundungsstätten, die aktiveLernerfahrungen zulassen. Ein wesentli-cher Grund für diesen Mißstand ist dieTatsache, daß wirklich interaktive Pro-gramme, mit denen der Lerner aktivund simultan operieren kann, nur miterheblichem Aufwand und Beschrän-kungen aufs internet zu bringen sind.Interaktive Hypermedia-Programmekönnen zwar (als ftp = file transfer proto-col) über das internet verbreitet werden,aber erst nach einem relativ komplizier-ten und zeitraubenden, viele Benutze-rInnen überfordernden Prozeß desdownloading abgespielt werden. Abhilfescheint ein Programm namens JAVA zuversprechen, das mehr Interaktivität aufdem www ermöglichen soll. In Hoch-schulen und bei Softwareentwicklernwird derzeit intensiv über die Verbrei-

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tung wirklich interaktiver Lernangeboteüber das www nachgedacht, die zu-gleich kolaborativ sein sollen, d. h. dieBenutzerInnen aus ihrer Vereinzelungvor dem Bildschirm herauslösen sollen,indem man ihnen den Austausch mitAnbietern und anderen Lernenden er-möglicht. Trotzdem dürfte weiterhin dieÜbertragungsgeschwindigkeit des inter-net, v. a. für Benutzer, die auf einen Tele-fonanschluß angewiesen sind, einenEngpaß und ein Hindernis für wirklichsynchrones und interaktives Lernen dar-stellen.Gegenwärtig bietet sich www in folgen-der Hinsicht für den Fremdsprachenun-terricht an:– als Quelle für aktuelle und authenti-

sche Materialien in der Zielsprache– als Medium, im Unterricht produzierte

Texte ins Netz zurückfließen zu lassenund so im Unterricht ein reales Projektzu verwirklichen und gleichzeitig an-deren LernerInnen Zugang zu diesenzu bieten

– als Möglichkeit, LehrerInnen über gro-ße Entfernungen hinweg mit Unter-richtsmaterial zu versorgen.

(12) Kommerzielle Sprachlernprogram-meAuf dem Markt befindliche Sprachlehr-programme lassen meist den Eindruckentstehen, sie seien von den selben Au-toren geschrieben worden, die sonst Pro-gramme zur Abwicklung des Lohnsteu-erjahresausgleichs entwickeln. DieseProgramme lassen nicht nur die immen-sen Möglichkeiten von Hypermediabrachliegen, sondern fallen auch nochweit hinter den Stand der Fachdidaktikzurück, indem sie dem Lerner zwar dieKontrolle über das Lerntempo, nichtaber über Inhalte und Formen der Akti-vitäten überlassen. Noch immer über-wiegt das »Paradigma der Instruktion«

(Blease 1986: 37), bei dem der Benutzermit Hilfe von Lückenübungen, multiplechoice-tests und eingebauter Ergebnis-messung instruiert, korrigiert und gete-stet wird. Obwohl diese Programme in-sofern sinnvoll sein können, als sie, imGegensatz zu gedruckten Übungen, be-liebig oft und ohne umständliches Blät-tern im Lösungsschlüssel verwendetwerden können, sind sie doch wenigmotivierend und tragen nicht dazu bei,divergierenden Lernerinteressen und-bedürfnissen gerecht zu werden. Mitam sinnvollsten und spannendsten, zu-mindest für fortgeschrittene Lerner,scheinen noch an Muttersprachler ge-richtete CD-ROMs zu naturwissen-schaftlichen oder allgemeinbildendenThemen zu sein.Lernsoftware wie das in den USA relativerfolgreiche Programm »TransparentLanguage« betreiben eher Hochstapelei,als daß sie die meist literarischen oderlandeskundlichen Texte wirklich trans-parent machten. Zwar kann man perMausklick die englische Bedeutung derWörter, allerdings ohne Angaben von Ge-nus oder Verbformen, erfragen und dasneue lexikalische Material in einem elek-tronischen Vokabelheft speichern. Mankann sich auch Wörter oder Sätze vor-sprechen lassen und anschließend dieeigene Aussprache mit Hilfe eines Oszil-lographen vergleichen. Doch die angebo-tenen Übungen könnten ebenso auf Pa-pier stehen, die Möglichkeiten von Multi-medialität werden nicht ausgeschöpft.Auf der CD-ROM »Weimar« sucht derBenutzer ewig nach Bildmaterial odereinem Stadtplan, bei »Faust« nach Bil-dern von Theateraufführungen oder we-nigstens einem Bild des Dichters, umschließlich akzeptieren zu müssen, daßdas Programm nicht mehr ist als einecomputerisierte Bleiwüste.

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(13) BeispieleIm Rahmen des Athena Language-LearningProjects (ALLP) wurden am Massachu-setts Institute of Technology (MIT) u. a.zwei computergestützte Sprachlernpro-gramme entwickelt, die LernerInnengleichsam »mit dem Fallschirm über Pa-ris oder Bogota abwerfen, wo sie sich ineiner kulturell und sprachlich völlig au-thentischen Umgebung wiederfindenund sich in sehr komplexen Situationenzurechtfinden müssen« (Murray et al.1989: 107).»A la rencontre de Philippe« (von Gil-bert Furstenberg) erzählt von einem jun-gen Franzosen, der verzweifelt eineWohnung in Paris sucht. Der Lerner istaufgefordert, dem Protagonisten bei der

Wohnungssuche zu helfen, wobei er sichmit Hilfe des Computers und interakti-vem Video durch Paris bewegt. Der Ver-lauf der fiktiven Geschichte hängt vonder Interaktion des Lerners und seinerReaktion auf sprachlichen Input ab. Somuß er z. B. wichtige Telefonanrufe fürseinen französischen Freund beantwor-ten oder verstehen, wo der Scheck ist,mit dem er den Klempner bezahlen soll.Das Spanischprogramm »No recuerdo«von Douglas Morgenstern verbindet do-kumentarische und fiktive Elemente. Er-zählt wird von einem lateinamerikani-schen Wissenschaftler, der sein Gedächt-nis verloren hat und dem Informationenüber eine drohende bakteriologische Ka-tastrophe entlockt werden müssen.

(14) Einsatz von Autorenprogrammen im Fremdsprachenunterricht

(15) Erste SchritteSind Sprachlernprogramme wie »A larencontre de Philippe« nur mit hohemfinanziellen und zeitlichen Aufwand undnur mit professionellen Programmierern,Filmemachern und Schauspielern herzu-stellen, so lassen sich doch sinnvolle An-wenderprogramme auch mit wesentlichbescheideneren Mitteln realisieren. AlsBeispiel für ein von einem »Computer-Neuling« geschriebenes Programm sei

hier die HyperCard-Anwendung »Wiefunktioniert ein Ottomotor« (http://www.ucc .uconn.edu:~langadm2/langlab.html) erwähnt.Ziel war es, für das neueingerichteteMultimedia-Labor am FachbereichFremdsprachen der University of Con-necticut ein erstes Lernmodul fürdeutschlernende StudentInnen der Inge-nieurswissenschaften zu entwickelnund gleichzeitig die Möglichkeiten von

Womit? Wer? Was? Wo?

ProfessionelleDesigner

Autorenprogramme(z. B. HyperCard,

ToolBook)

LehrerInnenSprachlabore,Mediotheken

zusätzlichesLernmaterial

MediothekSprachlabor

LernerInnen Präsentation Klassenraum

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HyperCard zu erkunden. Das Thema botsich für eine Umsetzung in Hypermediaan, da es bereits in mehreren Klassen aufgroßes Interesse gestoßen war, jedochdie Fülle an neuem sprachlichen Materi-al – angefangen von den technischenTermini bis hin zu Raumadverbien,Funktionsverbgefügen und Konjunktio-nen – die Frage nach einer geeignetenPräsentation des Materials sowie einereffektiven Vor-und Nachbereitung auf-warf. Die Anordnung des Materials ba-siert auf dem klassischen Stundenprofil»Einführung/Vorentlastung --> Präsen-tation --> Verstehensübungen --> schritt-weiser Übergang von gelenkten zu frei-en Übungsformen«. Die Präsentationdes Materials erfolgt mit Hilfe eines kur-zen Animationsfilms sowie Wort- undBildmaterial zu Geschichte und Funkti-onsweise des Benzinmotors. Unbekann-te Wörter werden auf Mausklick seman-tisiert. Der Text kann auf Wunsch auchgehört werden.Für jemanden, der seinen Computer bis-her nur als Schreibmaschine benutzt hat-te, waren die ersten Schritte schwierig.Trotz der Benutzerfreundlichkeit derSoftware ist einige Hingabe notwendig.Sind die ersten Schritte getan, liegt derTeufel meist im Detail: Wie digitalisiertman herkömmliche Videos oder wie las-sen sich Bilder beschriften bzw. editie-ren? Zum Glück gibt es an den meistenUS-amerikanischen Hochschulen facultylabs, die den Lehrkräften bei der Lösungsolcher Probleme hilfreich zur Seite ste-hen. Zeitaufwendig, aber unabdingbarist der Probelauf des fertigen Pro-gramms mit StudentInnen, der Fehler,Schwächen und mögliche Handha-bungsprobleme der Benutzer an den Tagbringt. Ein weiteres Problem ist das Co-pyright. Es bietet sich an, Bilder undFilme aus anderen Publikationen undv. a. aus dem internet zu verwenden,

wozu der schwierige und oft kostspieli-ge Erwerb von Rechten unumgänglichist.Das beschriebene Lernmodul wurde ne-ben der normalen Lehrtätigkeit im Ver-lauf von zwei Monaten geschrieben. DerZeitaufwand lohnt sich, denn jedes wei-tere Programm läßt sich aufgrund dergesammelten Erfahrungen und mit demwiederverwertbaren Rahmendesign miteinem Bruchteil der anfangs notwendi-gen Zeit herstellen. Gleiches oder ähnli-ches Design hat für die LernerInnen dar-über hinaus den Vorteil der leichterenNavigierbarkeit. Der »Ottomotor« er-leichtert den Lernern die Bewältigungeines sprachlich anspruchsvollen The-mas ohne demotivierendes Nachschla-gen im Wörterbuch. Es handelt sich hin-gegen noch keineswegs um einen Bau-stein, der die Möglichkeiten vonHypertext/media voll ausschöpft. DemLerner bleibt zwar überlassen, welcheMaterialien und Übungen er in welcherReihenfolge erledigen möchte, dochüberwiegt immer noch eine starke Pro-grammzentriertheit. Da ich als Hyper-media-Novize voll und ganz von derneuen Technik in Anspruch genommenwar, habe ich mich auf eher traditionelleÜbungstypen wie Lücken zum Ausfül-len und multiple choice beschränkt. Wei-tergehende Übungen im Bereich derTextproduktion müssen von den Benut-zerInnen ausgedruckt oder per E-mailzur Korrektur an den/die KursleiterIngeschickt werden. Der Vorteil gegenübereiner Präsentation des Materials inDruckform liegt in:– der Erleichterung für die LernerInnen

durch Integration von Text, Film, Bild,Ton, Übungsmaterial (mit Lösungs-schlüssel) und Wörterbuch

– der leichten Auffindbarkeit von Mate-rialien mittels eines Hauptmenüs.

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Thesen zum Einsatz von Hypermedia-Programmen im Fremdsprachenunter-richt:(17)Computergestützter Fremdsprachenun-terricht ist Binnendifferenzierung konse-quent zu Ende gedacht. Menschen lernenaus unterschiedlichen Gründen mit un-terschiedlichen Schwierigkeiten und un-terschiedlicher Geschwindigkeit Fremd-sprachen. Gerade in Sprachklassen imInland haben es die Unterrichtenden miteinem weiten Spektrum unterschiedli-cher Erwartungen und Voraussetzungenbei den Lernern zu tun. Computerge-stützte Fremdsprachprogramme habendas Potential, den Lernern bei der Vor-und Nachbereitung des Unterrichts dieWahl des Lerntempos und der Art dessprachlichen Materials zu überlassenund somit unterschiedlichen Lernstilengerecht zu werden.

(18)Hypermedia sind das »Schweizer Ar-meemesser« (The Whole World Review1989: 102 über HyperCard) für den Un-terricht. Sie vereinigen Tafel, Diaprojek-tor, Kassettenrecorder, Videorecorderund Arbeitsblätter usw. und helfen so,die Fertigkeiten Lesen und Hören sinn-voll zu integrieren. Dem Lerner ermögli-chen sie ein Lernen ohne mühseligesNachschlagen in Wörterbüchern undGrammatiken, ohne die Suche nach derrichtigen Kassette und der richtigen Stel-le auf dieser.

(19)Computergestützte Lernmaterialien ma-chen Sprachunterricht effektiver, kosten-günstiger und interessanter, da sie esermöglichen, Drillübungen und Seman-tisierungshilfen weitgehend aus dem

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Unterricht auszulagern, so daß mehrZeit für kreativere Aktivitäten bleibt.In Zeiten, in denen immer weniger Men-schen Zeit und Geld für Sprachkurseaufwenden (können), gewinnt derAspekt einer effektiven Vor- und Nachbe-reitung an Bedeutung.

(20)LernerInnen bringen nicht nur unter-schiedliche Lernerfahrungen und Fertig-keiten mit in den Unterricht, sondernauch unterschiedliches kulturelles Wis-sen. Besonders deutlich wird dies amBeispiel der Arbeit mit literarischen Tex-ten: »Leerstellen als ausgesparte An-schließbarkeit« (Iser 1976: 284ff.) appel-lieren an die Vorstellungskraft des Lesers,aber auch an sein kulturelles Wissen. Dieswirft im fremdsprachlichen UnterrichtProbleme auf.

»Was nun einen nicht-deutschen Leser an-geht, so ist seine fremdkulturelle Kompe-tenz gerade an den Stellen besonders gefor-dert, wo universelle Referenzschemata, dieeine spontane Identifikation mit dem Textnahelegen, an solche Schemata angrenzen,die auf historisch vermittelte Faktizität Be-zug nehmen«. (Krusche 1990: 121)

Das Aufeinandertreffen unterschiedli-cher fremdkultureller Leseweisen einesTexts kann zur Diskussion führen undden Unterricht spannend machen. Den-noch bedeutet es, dem Lerner zuviel auf-zubürden, wenn man ihm wichtige Vor-aussetzungen für das Textverständnisvorenthält. Hypermedia ermöglichen ei-nen leichten und schnellen Zugriff aufdie zur Herstellung von Sinn notwendi-gen Hintergrundinformationen (in Formvon Wortdokumenten, Bildern usw.) undtragen dazu bei, daß alle Kursteilnehmermit Gewinn am Sprachunterricht teilneh-men können. Als Anwendung für denFremdsprachenunterricht sei hier dasBansin-Projekt an der Brown Universityerwähnt: Das mit HyperCard entwickelte

Programm ermöglicht den StudentInnendes Faches Deutsch Zugriff nicht nur aufden Primärtext Bansiner Topographie vonHans Werner Richter, sondern auch zuHintergrundinformationen wie einer timeline mit relevanten historischen Daten,Landkarten, Biographie des Autors so-wie ein Glossar. Gleichzeitig gestattet dasNotizbuch den Benutzern, eigene Gedan-ken in den Gesamttext einfließen zu las-sen (Fraser/Polman 1989: 138ff.).

(21)Wer von uns war nicht schon einmal inder Situation, frustrierten Lernern nurmit Ratschlägen wie dem, noch einmalgenau zuzuhören, bzw. mit Ermunterun-gen wie »Hauptsache, Sie verstehen,worum es geht« »helfen« zu können. Oftsind LernerInnen ganz einfach mit Mate-rial konfrontiert, daß zuviele Schwierig-keiten aufweist. Sinnvoller Fremdspra-chenunterricht sollte jedoch auf eine»Feinabstimmung des sprachlichen in-puts« (Krashen/Terrel 1987: 33) abzielen.Computergestützter Fremdsprachenun-terricht ermöglicht es, dem einzelnenLerner seinen individuellen Erfordernis-sen und Schwierigkeiten entsprechenddosierten input zu geben und eröffnet soneue Perspektiven für das HV-Training.Hypermediaprogramme wie HyperCardoder ToolBook verfügen über ausreichen-de Tonqualität für Hörverstehensübun-gen. Die Vorteile liegen auf der Hand:– Die Hörverstehensübungen sind in das

Lernprogramm integriert, wodurchder/die BenutzerIn nicht mehr nachden passenden Audiokassetten bzw.der richtigen Stelle auf diesen suchenmuß. Statt vor und zurückzuspulen,reicht ein einfacher Mausklick, um dieTextstelle beliebig oft hören zu können.

– Die einfache Verbindung von Hörtex-ten mit landeskundlich stimmigen vi-suellen Materialien verdeutlicht den si-

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tuativen Kontext und schafft so we-sentliche Verstehenshilfen.

– Die Lerner sorgen selbst für ihre indivi-duelle »Feinabstimmung«, indem siedas Sprechtempo verlangsamen kön-nen und die Möglichkeit des Zugriffsauf den geschriebenen Text etwa inForm von Untertiteln zu Videos haben.Als letzte Hilfe können in der geschrie-benen Version Semantisierungshilfenangewählt werden.

(22)Weniger vielversprechend als bei den re-zeptiven Fertigkeiten sind die von Hy-permedia eröffneten Aussichten beimSchreib- und Sprechtraining. InhaltlicheSpracherkennung, handele es sich umgesprochene oder geschriebene Äuße-rungen, steckt trotz angestrengter For-schung auf dem Gebiet der künstlichenIntelligenz und ICALL (Intelligent Compu-ter Assisted Language Learning) noch inden Kinderschuhen und wird, trotz ersterexistierender Anwendungen für dasSprachenlernen, auf absehbare Zeit nichtEinzug in die Computerzentren undSprachlabors halten. Interaktion mit demComputer muß sich vorläufig auf vor-programmierte sprachliche oder außer-sprachliche Reaktionen des Rechners be-schränken.Einige Anwendungsmöglichkeiten imBezug auf Textproduktion durch die Ler-nenden lassen sich dennoch erkennen:– Die gemeinsame Gestaltung von web-

sites oder Multimedia-Präsentationenschafft reale Kommunikationssituatio-nen und macht das sich Verständigender Kursteilnehmer in der Zielsprachenötig.

– Im Unterricht erstellter Hypertext istdas Endprodukt eines kollektiven Pro-zesses der Materialsammlung und-verarbeitung, bei dem der/die Kurs-leiterIn seine/ihre zentrale Positionverliert und nur noch sprachliche(r)

BeraterIn ist. Die Lerner sind nichtmehr ausschließlich auf das angebote-ne Material angewiesen, sondern ha-ben über Internet und CD-ROMs Zu-griff auf eine beinahe unendliche Füllean Informationen.

– Das worldwide web (www) ermöglichtdie weltweite Kontaktaufnahme undKommunikation in der Zielsprache.(Allerdings sind über 80% aller Quel-len (URLs) in englischer Sprache.)

– Hypermedia-Produktionen lassen demeinzelnen Lerner die Wahl, in Gruppenzu arbeiten oder lieber alleine zuschreiben und sein Produkt mit demGesamttext per hyperlink zu verbin-den.

Genau wie das Lesen literarischer Texteist auch das Schreiben kulturell geprägt.Auch wenn man einmal dahingestellt las-sen will, ob Westeuropäer wirklich linea-rer schreiben als Angehörige andererKulturen (Kaplan 1966: 15), oder ob sichhinter dieser Feststellung nichts als Eth-nozentrismus verbirgt, kann doch jeder,der einmal Aufsätze von Lernern korri-giert hat, bestätigen, daß diese unter-schiedliche Muster der Anordnung vonGedanken und Argumenten aufweisen.Hypertext erleichtert die Anordnung dergedanklichen Einheiten eines Texts, wo-bei zugegebenermaßen die Gefahr be-steht, daß

»das richtige, gar das stilistisch schöneSchreiben […] unwillkürlich eine Kunst vongestern [wird], weil es nicht auf Stil undLektüre, sondern auf rasche Informationankommt. Sprache und Schrift verlierenihre bisher dominierende Kraft an die per-fekte, an europäische Kulturgewohnheitenkeineswegs gebundene Beherrschung dertechnischen Medien« (Frühwald 1996:html).

Die Beherrschung der Medien ist jedochheute zur unverzichtbaren Kulturtech-nik geworden, und eine ständig steigen-de Zahl von LernerInnen wird ihre

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Sprachkenntnisse in diesem Zusammen-hang verwenden. Da Fremdsprachenun-terricht immer auch die Antizipationund Simulation zukünftiger Kommuni-kationszusammenhänge ist, käme einVerzicht auf die Integration modernerKommunikationstechnologie einer Ver-nachlässigung von Lernerinteressengleich. Für Lernende aus unterentwik-kelten Ländern könnte die Bekannt-schaft mit den neuen Medien sogar einStück Emanzipation bedeuten. Im übri-gen soll hier auch nicht die Notwendig-keit von Stilistik im Unterricht in Abre-de gestellt werden. Hypertext bietet sichjedoch an, Schreiben im Klassenverbandzu trainieren.

(23) Probleme und GefahrenBei all den Chancen, die Hypertext bietet,sollten offensichtliche Probleme und Ge-fahren nicht übersehen werden.– Obwohl gerade das maßgeschneiderte

Angebot an unterschiedliche Voraus-setzungen und Interessen auf seitender Lerner propagiertes Ziel von Hy-pertext-Materialien ist, wird oft nurlehrerzentrierter Unterricht durch Ma-terialzentriertheit ersetzt, ja oft fälltLernmaterial in den Behaviorismus zu-rück.

– Es besteht die Gefahr eines ziellosenUmherirrens im Hypertext-Labyrinthohne echten Lernerfolg. Studien bele-gen, daß vor allem solche Lerner, de-nen das Konzept des Netzwerks neuist, nicht von diesen Angeboten profi-tieren (Charney 1994: 249). Gerade fürden Fremdsprachenunterricht sind re-lativ »dichtgeknüpfte« und leicht navi-gierbare Netze notwendig.

– Ein reiches Angebot von Hypertextma-terial erfordert ein hohes Maß an Ler-nerautonomie und Reflexion über deneigenen Lernstil, der nur durch zusätz-liche Beratung herbeizuführen ist.

(24) Stand der DingeZur Zeit befinden wir uns in einem Stadi-um, in dem einzelne Institutionen überVorzeigemodelle verfügen, nicht jedochüber einen Korpus an Lernsoftware, derwirklich für jede(n) LernerIn relevante,aufeinander aufbauende Angebote bie-ten könnte. Ein erstrebenswertes Zielkönnte sein, durch internationale Koope-ration von Schulen, Hochschulen, Verla-gen usw. eine Datenbank und ein Netz-werk zur Verteilung von solchen Materia-lien aufzubauen. Interessierte Teilnehmereines solchen Projekts könnten dann ausdem Internet Software – kostenlos, imAustausch oder gegen Gebühr – über-spielen und in ihren Sprachlabors instal-lieren. Da die wenigsten an öffentlichenEinrichtungen entwickelten Programmefür die kommerzielle Verwertung ge-dacht sind, wäre das Copyright kein Hin-dernis, zumal dieses System allen Teil-nehmern die Möglichkeit gäbe, ihren Be-stand zu vergrößern. Das Einverständnisder AutorInnen vorausgesetzt, könntendie Module entsprechend den Erforder-nissen vor Ort modifiziert werden (z. B.durch die Übersetzung von Semantisie-rungshilfen in die Sprache der Benutze-rInnen bzw. durch Ersetzung durch ziel-sprachige Erklärungen) und mit den be-stehenden hyperstacks oder -books ver-bunden werden, womit die Möglichkeitentstände, zwischen diesen hin- und her-zunavigieren oder zumindest aus einemMenü das gewünschte Programm auszu-wählen. Bei der Einrichtung eines neuenSprachlabors wäre es wahrscheinlichsinnvoll, neben dem Computersystem,mit dem man selbst entwickelt, einigeComputer des anderen Systems (Macoder IBM-compatibel) anzuschaffen, ummöglichst viel Software nutzen zu kön-nen. Gleichzeitig müßten auf den Ar-beitscomputern der LernerInnen Buch-zeichen (bookmarks) für sinnvolle Ange-bote auf dem Internet gespeichert sein.

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(25) AusblickDas Zusammenwirken von sozialemWandel und technologischen Verände-rungen wird (sogar) den DaF-Unterrichteinmal in eine Richtung verändern, wiesie Yonjei Masuda bereits 1980 für dasBildungswesen in der »PostindustriellenGesellschaft« prognostiziert hat:– Nicht mehr der geschlossene Klassen-

verband, sondern ein offenes Netz-werk des Lernens wird der vorherr-schende Ort des Lernens sein. DieseEntwicklung überbrückt nicht nur geo-graphischen Raum, sondern auch dasInformationsgefälle zwischen indu-strialisierten und nicht-industrialisier-ten Ländern (distance learning).

– Statt einheitlicher Lehrpläne werdenmaßgeschneiderte Unterrichtsformenentsprechend nicht mehr dem Alteroder der Klassenstufe, sondern den in-dividuellen Voraussetzungen der Ler-nenden existieren. Gleichzeitig wird le-benslangem Lernen eine neue Perspek-tive eröffnet.

– Das Selbststudium wird die dominie-rende Form des Lernens sein und dieRolle der Unterrichtenden von Wis-sensvermittlern zu Beratern und Mo-deratoren verändern.

Die von Masuda vorausgesagten positi-ven Auswirkungen moderner Lerntech-nologie werden sich jedoch nicht imSelbstlauf einstellen. Denkbar ist auchder Versuch von Bildungspolitikern, imBildungswesen mit Hilfe moderner In-formationstechnologie den Rotstift anzu-setzen und Arbeitsplätze von LehrerIn-nen durch Bildschirme zu ersetzen. Sol-che Bestrebungen können nur auf Kostender Unterrichtsqualität gehen: Compu-terunterstütztes Lernen ist mit erhebli-chem Kosten- und Arbeitsaufwand ver-bunden und kann dennoch Unterrichtnicht ersetzen, sondern nur ergänzen undbereichern.

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Das Germanistik- bzw. DaF-Studium in der Türkei

Probleme und Lösungsvorschläge

Tahir Balcÿ

Seit Jahren befindet sich das Germani-stik- bzw. das DaF-Studium in einer Kri-se, die die Motivation von Lehrendenund Lernenden zum Schwinden bringt.Um das Interesse am Deutschstudiumerneut zu wecken, werden seit einigenJahren einzelne Versuche gestartet (Kula1991; Polat 1996). Da diese jedoch überpunktuelle Änderungen im Curriculumnicht hinausgehen oder nicht praktiziertwerden, steht keine Besserung in Aus-sicht.Das türkische Erziehungsministeriumstellt etwa seit 1985 keine Deutschlehrermehr an. Die vor diesem Zeitpunkt ange-stellten Deutschlehrer werden als Sprin-ger eingesetzt und müssen fachfremdeThemen unterrichten.Um Abhilfe zu schaffen, sehen wir unsgezwungen, das Germanistikstudiumentsprechend den Anforderungen desArbeitsmarktes von Grund auf umzu-strukturieren.Um die Anforderungen des Arbeitsmark-tes festzustellen, haben wir eine schriftli-che Umfrage durchgeführt. An 35 privateund öffentliche Institutionen (Banken,Ministerien, Holdings) wurde ein Umfra-gebogen geschickt, durch den festgestelltwerden sollte, was für Personal sie be-

schäftigen, welche Sach- und Fachkennt-nisse also jemand erworben haben muß,um Aussicht auf eine Arbeit zu haben.Außerdem haben wir zwei Monate langdie Zeitungsanzeigen verschiedener In-stitutionen ausgeschnitten, aus denen dieEntwicklungstendenzen des Arbeits-marktes hervorgehen. Folgendes hat sichergeben:a) Unabhängig von Fachkenntnissen

sind sehr gute Fremdsprachenkennt-nisse eine Voraussetzung für eine An-stellung. Die Chancen vergrößernsich, wenn der Bewerber über Kennt-nisse in einer zweiten Fremdspracheverfügt.

b) Neben einer sehr guten Fach- undFremdsprachenkompetenz ist fach-sprachliches Wissen auf den GebietenJura, Wirtschaft, Kunst und Kultureine weitere Bedingung.

c) Es besteht ein großer Bedarf an simul-tanen Übersetzern.

d) Es soll auch die Fähigkeit erworbenwerden, ausländischen BeschäftigtenTürkischunterricht zu erteilen.

e) Für den Tourismus-Sektor brauchtman dringend Personal, das über sehrgute Fach- und Fremdsprachenkennt-nisse verfügt.

Info DaF 24, 5 (1997), 621–624

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Diese Ergebnisse können wir in Punktenzusammenfassen:1) Weil sich die Türkei der europäischen

Zollunion angeschlossen hat und auchdie Mitgliedschaft in der EU bezweckt,haben die Beziehungen zu den euro-päischen Ländern zugenommen.Dementsprechend braucht man (vorallem simultane) Übersetzer, die dieVerständigung zwischen den Partnernermöglichen und die juristischen bzw.Handelsbestimmungen ins Türkischeübertragen können. Um die Nachfragenach qualifizierten Übersetzern zudecken, wurden schon an der Bo-gaziçi-, Hacettepe-, Istanbul- und Mer-sin-Universität Abteilungen für Über-setzen-Dolmetschen eingerichtet.

2) Obwohl die Türkei aufgrund ihrer hi-storischen Monumente bzw. ihrer Na-turschönheiten und auch des geringenPreisniveaus touristischer Dienstlei-stungen das bevorzugte Reiseland vie-ler Europäer, aber besonders der Deut-schen ist, mangelt es ihr an qualifizier-ten Arbeitskräften im Tourismus-Be-reich.

3) Wenn man den türkischen Gegeben-heiten Rechnung tragen will, scheintes ein pragmatischer Ausweg zu sein,die Ausbildung des Tourismus-Perso-nals germanistischen Abteilungen zuübertragen. Die Kombination vonDaF-Studium und Tourismus ist inzweierlei Hinsicht notwendig: Aufdiese Weise kann nämlich nicht nurdie Krise, in der sich DaF befindet,überwunden werden, sondern partiellauch diejenige des türkischen Touris-mus. Ammon (1991) bezeichnet eben-falls diese Verbindung als einen denk-baren Ausweg aus der gegenwärtigenKrise.

Auf dem Tourismus-Markt kommt derdeutschen Sprache besondere Bedeutungzu.

1) Durch die starke Zunahme der Frei-zeit ändert sich auch das Verhaltender Menschen. Die durchschnittlicheJahresarbeitszeit betrug 1960 2100Stunden; vermutlich werden es imJahr 2000 um die 1500 Stunden sein.Man erwartet also ein Wachstum desFreizeit- und Urlaubsmarktes (Studi-engang München 1994: 4).

2) Deutsche Staatsbürger haben eineunübertreffliche Reiselust. Daß mehrals 65 % der Bundesbürger über 14Jahre mindestens eine Urlaubsreiseim Jahr unternehmen und mehr als40 Milliarden DM jährlich für Reisenausgegeben werden bzw. dies etwaeinem Fünftel der weltweiten Ausga-ben für Tourismus entspricht, ist eintriftiger Grund dafür (Opaschowski1989: 29).

3) Binnen der ca. 30-jährigen Geschich-te der drei Generationen türkischerStaatsbürger in Deutschland, derenAnzahl zwei Millionen übersteigt,sind zwischen Deutschen und Tür-ken zahlreiche soziokulturelle Bezie-hungen entstanden, die die Deut-schen dazu motivieren, Leben undKultur ihrer Mitmenschen vor Ortkennenzulernen.

4) Nach den Statistiken des türkischenMinisteriums für Tourismus kommtdie überwältigende Mehrheit derTouristen, die die Türkei als Reise-land wählen, aus deutschsprachigenLändern, hauptsächlich aus Deutsch-land. Auch die Anfang 1996 von N.Yavus vorgelegte Magisterarbeit, diedie Möglichkeiten des Beitrags desGermanistikstudiums in der Türkeizum Tourismus erforschte, hat erge-ben, daß über 80 % der in die TürkeiReisenden Muttersprachler des Deut-schen sind.

5) Rückkehrerkinder bilden das stu-dentische Potential für DaF. Einer-seits wollen sie ihre noch vorhande-

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nen guten Deutsch(land)kenntnissebewahren und lebendig erhalten, an-dererseits möchten sie ihr Wissen umKenntnisse ergänzen, die auf demArbeitsmarkt gefragt sind. Geradeder Tourismus ist der andere Kennt-nisbereich. Denn er setzt die Erfül-lung zweier Bedingungen voraus:sehr gute Deutschkenntnisse undQualifikation auf dem Tourismus-Sektor. Bei unseren Studenten ist dieerste Bedingung meistens weitge-hend erfüllt. Was ihnen fehlt, sindtouristische Fachkenntnisse.

6) Untersuchungen ergeben (Agaog1lu1993: 310; Bir 1993: 273), daß die imTourismus Beschäftigten zu 90 % kei-ne Fachkenntnisse besitzen. Sie sindentweder in den Fachhochschulenfür Tourismus und Hoteladministra-tion gewissermaßen als Buchhalterund Finanzfachleute ausgebildetund verfügen kaum über theoreti-sche und praktische Tourismus- undFremdsprachenkenntnisse oder siehaben trotz sehr guter Sprachbeherr-schung keine Ausbildung in Touri-stik. Das ist der Fall bei türkischenDaF-Absolventen, die den Bedarf anPersonal für den Tourismus-Bereichde facto decken.

7) Da die vorhandenen Tourismus-Fachhochschulen die nachgefragtenQualifikationen nicht vermitteln,bieten verschiedene Vereine zu die-sem Zweck Kurse an. Reiseleiterbzw. Reisekaufleute werden in drei-bis sechsmonatigen Kursen mit 3–4Wochenstunden ausgebildet. Aberdie Probleme sind zu vielfältig, alsdaß man sie durch Kurse in den Griffbekommen könnte. Sie müssen viel-mehr durch eine umfassende univer-sitäre Ausbildung gelöst werden, dieSprach- und Fachausbildung profes-sionell miteinander verbindet.

8) Daß die oben genannten Fachhoch-schulen den Bedarf an Tourismus-Personal nicht decken können, liegtam Inhalt ihrer Lehrveranstaltungen,die den tatsächlichen Anforderun-gen des Fremdenverkehrs-Sektorsnicht angemessen sind. Wie wäre essonst zu erklären, daß von den der-zeit über zehntausend Absolventenderartiger Fachhochschulen nur 20 %im Tourismus eine Anstellung fin-den, meist aber als freiberuflicheBuchhalter arbeiten (Hac ÿoglu 1993:91)? Hier zum Beispiel der Lehrplandes 1. Semesters der Fachhochschuleder Mersin-Universität: Einführungin die Wirtschaft, Einführung in dieMathematik, Einführung in die Be-triebslehre, Sozialpsychologie, Eng-lisch, Hoteladministration, Atatürki-sche Reformen, Musik und Gymna-stik.

9) Der Bedarf des touristischen Arbeits-marktes wird daher fast nur mit aus-gebildeten Germanisten (bzw. DaF-Absolventen) gedeckt, die die freienStellen einnehmen. Wenn man alsoDaF mit Touristik kombiniert, wer-den die Studenten nicht mehr nurstudieren, um später irgendein Di-plom in der Tasche zu haben, son-dern wegen der sich abzeichnendenBerufschancen. Die intendierte Kom-bination würde m. E. zu einem be-vorzugten Studiengang in der Tür-kei. Die Motivation zum Deutschler-nen würde automatisch enorm stei-gen.

10) Die wichtigste Voraussetzung füreine Tätigkeit im Tourismusbereichist die sehr gute Beherrschung derdeutschen Sprache. Im Widerspruchdazu ergaben diesbezügliche Unter-suchungen, daß die Absolventen derTourismus-Fachhochschulen nicht inder Lage sind, in einer Fremdspracheangemessen mündlich oder schrift-

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lich zu kommunizieren. Unterrichts-sprache ist dort entweder Türkisch(mit Englisch als 1. Fremdsprache)oder Englisch mit Deutsch oderFranzösisch als Wahlfach. Wie schonerwähnt, hat diese Ausbildungsvari-ante bisher keinen Erfolg gezeigt. Sieist auch in Zukunft zum Scheiternverurteilt.

Die türkischen Gegebenheiten forderndie Kombination von DaF und Touristik.Französisch und Englisch sollen alsWahlfächer fungieren.11) Nach neuesten Forschungen wird

man in der Türkei in den nächstenfünf Jahren 80.000 Tourismus-Fach-leute brauchen (vgl. Dall 1993: 321).Für Absolventen des geplanten Stu-dienganges ist also ein großer Ar-beitsmarkt vorhanden.

Fazit: Die Einrichtung einer Unterabtei-lung durch das Germanistische Seminarder Pädagogischen Fakultät der Çukuro-va-Universität, der bei einem persönli-chen Gespräch auch der Rektor zuge-stimmt hat, ist ein Desiderat. Die vorge-sehene Unterabteilung wird ausschließ-lich Studenten aufnehmen, die ihreDeutschkenntnisse bei der sogenannteninteruniversitären Aufnahmeprüfungnachgewiesen haben. Das erste Jahr wirdals Vorbereitungsklasse fundierteDeutschkenntnisse vermitteln und aufdas eigentliche Studium vorbereiten. DasCurriculum der weiteren acht Semestermuß noch in Zusammenarbeit mit Fach-leuten aus dem Tourismus-Bereich erar-beitet werden.

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Polnische Stereotypenbilder über Deutschlandund Deutsche

Jolanta Z4urek

Im Dezember 1993 wurden in einer Un-tersuchung zum Thema »Polnische natio-nale Stereotype« 147 Wirtschafts-, Rechts-wissenschafts- und Soziologiestudentendes ersten Semesters an der UniversitätŁódź befragt. 104 von ihnen lerntenDeutsch, die meisten über zwei Jahre. DieUmfrage erfolgte in schriftlicher Formund in polnischer Sprache. Es ging dabeivor allem um die Ermittlung der Vorstel-lungen über den deutschsprachigenRaum und seine Bewohner sowie umFeststellung der Quellen dieser Vorstel-lungen.Im Rahmen dieses Aufsatzes werden le-diglich die Ergebnisse bezüglich der Bil-der zu Deutschland und den Deutschenpräsentiert. Eine umfangreichere Aus-wertung findet sich in der Magisterarbeitder Autorin, in deren Rahmen diese Um-frage durchgeführt wurde.Selbstverständlich sind die Ergebnisse re-präsentativ lediglich für die befragteGruppe. Wenn im folgenden von »denPolen« gesprochen wird, so bezieht sichdas stets auf diese Probanden und ge-schieht nur, um den Text sprachlich nichtzu sehr zu belasten. Würde das mißver-standen, so würde ja der Stereotypenbil-dung geradezu wieder Vorschub gelei-stet.

1. Deutschland – der Nachbar PolensFast keine der zahlreichen deutsch-polni-schen Begegnungen in der tausendjähri-gen deutsch-polnischen Geschichte wer-

den aus polnischer Sicht positiv bewertet.Gemeint sind nicht nur die beiden Welt-kriege, sondern auch frühere häufigeÜberfälle und Auseinandersetzungen,z. B. die sog. Missionen der Kreutzritter(13.–16. Jh.) und nach deren Ablösungder preußische Einfluß in Polen. Hinzukommt noch die intensive Germanisie-rung Polens im 19. und Anfang des 20.Jahrhunderts, sowie die Abgrenzungzwischen den beiden Ländern als Folgedes Ost-West-Konflikts nach dem Zwei-ten Weltkrieg. Der Zusammenstoß derbeiden Kulturen und Sprachen bewirkte,daß schon im Mittelalter ein vorwiegendnegatives Stereotyp »des Deutschen« ent-stand (Bystron 8 1932: 394, zitiert in Brzezi-na 1989: 49). Dieses Bild wurde in der Zeitdes Kalten Krieges weiter kultiviert.Wie das heutige Bild über Deutschlandaussieht, ermittelt die oben genannteUmfrage. Bei der Befragung wurde nachder Verteilung der Sympathien und Anti-pathien zu Deutschland im Vergleich zuanderen Ländern Europas gefragt. Kon-kret ging es darum, wie gut die ausge-wählten Länder bekannt sind und wiedie Akzeptanz gegenüber deren Völkernist sowie das Interesse, sie kennenzuler-nen. Als »Vergleichsländer« dienten allesonstigen Nachbarstaaten Polens sowieEngland und Frankreich. Die zwei letztenwurden ausgewählt, weil Englisch undFranzösisch neben Deutsch zu den inPolen am häufigsten gelernten Sprachengehören.

Info DaF 24, 5 (1997), 625–639

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In dem Fragebogen wurden u. a. folgen-de Fragen gestellt:»Angenommen, Angehörige folgenderNationalitäten würden in demselbenHaus wohnen wie Du. Würdest Du sie alsNachbarn akzeptieren?«»Kennst Du persönlich Angehörige fol-gender Nationen?« und»Möchtest Du einen/mehr Bewohner dergenannten Nationen kennenlernen?«.Dabei sollte die dritte Frage nur als Kon-trollfrage zu der ersten dienen. Die Ak-zeptanz, mit Angehörigen einer Nationin einem Haus zu wohnen, hängt eng mitder Bereitschaft zusammen, Kontakte zudiesen aufzunehmen bzw. zu vertiefen.Die Ergebnisse zeigen, daß den PolenDeutsche am besten bekannt sind (s. Ta-belle 1), bei allgemein geringer Kenntnisder ausgewählten Nationen. Fast dieHälfte der Befragten kennt bereits einigeDeutsche persönlich. Verhältnismäßig

gut kennen sie auch Tschechen (28,1%),Russen (24,4%) und Slowaken (17,3%).20,9 Prozent sind mit Engländern, 16,2Prozent mit Franzosen und 15,0 Prozentmit Österreichern bekannt. Sehr viel sel-tener sind Kontakte mit Ukrainern,Schweizern, Weißrussen und Litauern.Im allgemeinen kann festgestellt werden,daß mit Ausnahme der Deutschen, mitdenen etwa die Hälfte der Probandenpersönliche Kontakte haben bzw. hatten,der größte Teil der Polen Menschen ande-rer Nationen persönlich nicht kennt.Die Antworten der Studenten auf die Fra-ge nach den Gründen der Bekanntschaf-ten lassen erkennen, daß die meisten Kon-takte auf die Urlaubszeit in Polen, inDeutschland oder in einem dritten Landzurückgehen. Einige Kontakte wurdendurch gemeinsame Freunde/Bekanntebzw. durch die Familie, die in Deutsch-land lebt, geschlossen. Im Falle derdeutschsprachigen Länder kam es in dreiFällen zu Schulkontakten, wo den Proban-den muttersprachliche Lehrer aus Eng-land und Rußland begegnet sind. MitRussen entwickelten fünf Studenten wäh-rend ihrer Schulzeit Brieffreundschaften.Einige Kontakte mit Engländern (4)1,Franzosen (3) und Deutschen (2) wurdenzufällig auf der Straße, in Geschäften oderim Pub geschlossen. Russen (6), Ukrainer(5) und Weißrussen (3) traf man auf denpolnischen Flohmärkten. Russen (3),Ukrainer (3) und Litauer (1) sind durchden Besuch derselben polnischen Schuleoder Universität bekannt.Der größten Sympathie der Polen erfreuensich dagegen Engländer. 79,8% der Stu-denten erklären sich mit der Antwort»sicher ja« und »ja« dazu bereit, mit ih-nen in einem Haus zu wohnen. An derzweiten Stelle rangieren Franzosen, dieeine Akzeptanz von 77% erreichen. Wei-

Land

Bekanntschaften von Polenmit Menschen anderer Na-tionalitäten

ja, einige ja, eine nein

Deutsche 46,8% 5,0% 48,2%

Tschechen 28,1% 5,6% 66,2%

Russen 24,5% 12,2% 63,3%

Engländer 20,9% 10,1% 69,1%

Slowaken 17,3% 0,7% 82,0%

Franzosen 16,2% 8,8% 75,0%

Österreicher 15,0% 6,4% 78,6%

Ukrainer 9,3% 6,4% 84,3%

Schweizer 8,7% 1,4% 89,9%

Weißrussen 7,2% 4,3% 88,4%

Litauer 6,5% 4,4% 89,1%

Tabelle 1: Verteilung der Bekanntschaftenvon Polen mit Menschen anderer Natio-nalitäten (Frage 2)

1 Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Anzahl der zutreffenden Antworten.

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ter folgen Schweizer (70%), Österreicher(68,1%), Slowaken (57,4%), Tschechen(53,2%) und Litauer (47,9%). Die Deut-schen mit 45,5% besetzen die achte Stelle.

Östliche Nachbarn erreichen einen nochgeringeren Prozentsatz: Weißrussen43,4%, Russen 39,9% und Ukrainer38,5%.

Die größte Antipathie wird Ukrainern(18,2%), Deutschen (16,1%), Russen undWeißrussen (je 14,0%) entgegengebracht.Auch Russen und Weißrussen werdennicht gerne im selben Haus gesehen. (Da-bei muß angemerkt werden, daß dieseFrage auf die polnischen Vpn, besondersdiejenigen, die keinen längeren Aus-landsaufenthalt hinter sich haben, ab-strakt wirkt. Der Anteil der Ausländerund Minderheiten im Land ist gering. Beider Wahl der Antwort werden also dievorgefaßten Meinungen und viel weni-ger eigene Erfahrungen abgerufen.Durch eine solche Formulierung der Fra-ge werden daher die emotionalen Einstel-lungen deutlich.)Die Ergebnisse der ersten Frage stimmenmit den Antworten auf die dritte Frageüberein. 91,5% der polnischen Studentenbegrüßten die Aufnahme bzw. die Vertie-fung der Kontakte zu Engländern (s. Ta-belle 3). An der zweiten Stelle stehenwiederum Franzosen (86,4%), und sie

werden von Schweizern (82,7%) undÖsterreichern (81,1%) gefolgt. An derfünften Stelle stehen mit 61,7% die Deut-schen, danach kommen Slowaken(56,9%), Litauer (51,8%), und Tschechen(48,2%). Die Liste endet, ähnlich wie im

Land ja egal eher nicht sicher nicht

Engländer 79,8% 13,3% 4,2% 2,8%

Franzosen 77,0% 18,2% 2,1% 2,8%

Schweizer 70,0% 29,4% 0,7% 0%

Österreicher 68,1% 26,4% 5,6% 0%

Slowaken 57,4% 31,5% 11,2% 0%

Tschechen 53,2% 28,0% 15,4% 3,5%

Litauer 47,9% 35,0% 15,4% 8,6%

Deutsche 45,5% 23,1% 8,6% 16,1%

Weißrussen 43,4% 25,2% 17,5% 14,0%

Russen 39,9% 23,1% 23,1% 14,0%

Ukrainer 38,5% 20,3% 23,1% 18,2%

Tabelle 2: Bereitschaft, mit Menschen verschiedener Nationen in einem Haus zuwohnen (Frage 1)

Land ja nein

Engländer 91,5% 8,5%

Franzosen 86,4% 13,6%

Schweizer 82,7% 17,3%

Österreicher 81,1% 18,9%

Deutsche 61,7% 38,3%

Slowaken 56,9% 43,1%

Litauer 51,8% 48,2%

Tschechen 48,2% 51,8%

Russen 36,7% 63,3%

Ukrainer 30,9% 69,1%

Weißrussen 30,0% 70,0%

Tabelle 3: Bereitschaft, den Kontakt zuvertiefen (Frage 3)

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Fall der Akzeptanz, im selben Haus zuwohnen, mit Russen (36,7%), Ukrainern(30,9%) und Weißrussen (30,0%).Die Frage, ob Menschen, die schon per-sönlichen Kontakt zu den einzelnen Na-tionen aufgenommen haben, eine andereemotionale Einstellung zu den Nationenhaben als diejenigen, die noch keinenKontakt hatten, kann leider nur begrenztbeantwortet werden. Die Verteilung inder Gruppe hinsichtlich vorhandenerbzw. nicht vorhandener Bekanntschaftstellt sich nämlich als sehr ungleichmäßigheraus.Aus der Umfrage geht hervor, daß sichdie Haltung zu den Ländern, bis auf eineAusnahme, nicht wesentlich ändert. DasKennen von zu einer Nation gehörigenMenschen scheint also zumindest nachden Ergebnissen der Untersuchung kei-nen großen Einfluß auf die Veränderungder Einstellung auszuüben. Bei den mei-sten Ländern ist die Position unverän-dert. Nur bei den Deutschen wird einerheblicher Sprung deutlich: Aus dervorletzten Position bei den Probanden,die keine Deutschen persönlich kennen,auf den mittleren Rang unter denen, dieeinige persönlich kennen. Dies zeigt, wel-che Rolle die Begegnung der beiden Na-tionen in bezug auf Stereotype spielenkann, und weist eine Möglichkeit derÜberwindung des Problems auf.Vergleicht man die Ergebnisse der beidenFragen, so fällt auf, daß die Listen mitWesteuropa beginnen und über Mittel-nach Osteuropa übergehen. Diese Ergeb-nisse entsprechen der allgemeinen Ten-denz der Öffnung gegenüber dem We-sten und der Vernachlässigung des Inter-esses am ehemaligen Ostblock. Sie stim-men auch mit der Erkenntnis überein,daß nationale Stereotype in großemMaße von der geopolitischen und gesell-schaftlichen Nähe oder Distanz zu denuntersuchten Nationen abhängen (Koch-Hillebrecht 1977: 89–92, Bassewitz 1990:

9). Größere Distanz trägt zu groben undunklaren, positiven oder negativen Vor-stellungen bei. Geographische Nähe bie-tet dagegen einen Grund für nationaleAuseinandersetzungen.Die emotionale Annäherung der Polen anEngland und Frankreich hat dabei einelange Tradition. Die Polen tendierten im-mer dazu, gute Kontakte mit diesen Na-tionen zu unterhalten (beispielsweise dieBildung der polnischen Legionen in derNapoleon-Armee oder französisch- undenglisch-polnische Solidaritätspakte, diekurz vor dem Ausbruch des ZweitenWeltkrieges geschlossen wurden undgroße Hoffnungen auslösten). In derNachkriegsgeschichte wurde Frankreichzu einem der wichtigsten Asylländer fürdie polnische Intelligenz, Künstler undLiteraten (vor allem für Filmregisseure:z. B. Andrzej Wajda, Roman Polan 8ski,Krzysztof Kies 8lowski sowie den Litera-turnobelpreisträger von 1980, CzesławMiłosz). Die Exilregierung hatte in denJahren 1945–1989 ihren Sitz in London.Im Vergleich dazu war Deutschland vor-wiegend ein Auswanderungsland für dieDeutschstämmigen, die oft (obwohl si-cherlich nicht immer) den Aufbau einerbesseren wirtschaftlichen Existenz such-ten.Eine weitere Erkenntnis des Fragebogensbetrifft die emotionale Einstellung der Po-len zu den Deutschen, was an dem Interes-se, mit ihnen zusammenzuwohnen, ge-messen wird. Deutsche stehen immer hin-ter den anderen genannten Westeuropä-ern zurück. Andererseits aber, wenn mannur die Nachbarländer Polens in Betrachtzieht, fällt der Vergleich für den westli-chen Nachbarn wesentlich positiver aus.Unter der Gruppe dieser Länder würdeman Deutsche am ehesten kennenlernenwollen. Zusammenwohnen würden dieje-nigen, die Angehörige der entsprechen-den Nationen schon kennen, aber liebermit Slowaken und Tschechen.

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Die Gründe des Interesses, Deutsche ken-nenzulernen, liegen, was aus weiterenAntworten des Fragebogens abzulesen ist,vorwiegend in der geographischen Nähe(»der direkte Nachbar«), aber auch in derwirtschaftlichen und politischen Zusam-menarbeit zwischen den Ländern. DieseErgebnisse stimmen mit den Ergebnissenanderer Untersuchungen, z. B. mit denendes Meinungsforschungsinstituts von1988 und 1993 (S8miłowski 1990: 12) über-ein.Eine weitere Analyse führt zu dem Ergeb-nis, daß Deutsche zwar das Interesse derPolen wecken, aber nicht den Wunschnach größerer Nähe (»Kennenlernen« –gerne, »Zusammenwohnen« – liebernicht). Allgemein gesehen ist aber keineextreme Haltung Deutschen gegenüberfeststellbar. Sie sind sicherlich nicht diebeliebtesten, nehmen aber mittlere Posi-tionen ein.

2. Deutschland und die Deutschen – die»typischen« EigenschaftenAuf eine offene Frage nach Assoziationenzu Deutschland werden insgesamt 380Antworten gegeben. 115 davon (30,2%,genannt von fast der Hälfte der Proban-den) beziehen sich auf die Charakterei-genschaften der Deutschen. Dieser hoheProzentsatz hängt wahrscheinlich damitzusammen, daß »Deutschland« und»Deutsche« in der polnischen Sprache nurdurch ein Wort (»Niemcy«) besetzt ist.Am häufigsten (29 mal) wird hierbei die»deutsche Ordnung« (auch die Parole»Ordnung muß sein«) genannt, die oftzusammen mit »Disziplin« (insgesamt 12mal), »passiver Gehorsam« und »strengeLebensprinzipien« (jeweils einmal) vor-kommt. 18 Studenten weisen auf die»deutsche Sauberkeit« hin, eine davongibt »übertriebene Sauberkeit« an. 11 Stu-denten nennen den »Fleiß«. Alle dieseEigenschaften fungieren schon seit lan-gem nicht nur in Polen (vgl. z. B. Koreik

1993: 455) als »typisch deutsch«. Danebensind auch siebenmal »Hochmut«/»Ein-gebildetheit« und ebenso siebenmal»Brutalität« (auch »Aggressivität«/»Be-stialität«) zu finden. »Genauigkeit« wirdsechsmal erwähnt, »Pedanterie« und»pedantisch gepflegte Gärten« jeweilseinmal. Außerdem kommen »Ehrlich-keit«, »Aufgeschlossenheit«, »Pünktlich-keit«, »Sparsamkeit«, »Geiz«, »Perfektio-nismus«, »Egoismus«, »Snobismus«, »In-toleranz« und »Chauvinismus« vor.Sehr häufig sind Nennungen zu finden,welche die Beziehungen zwischenDeutschland und Polen berühren (insge-samt 92). Sie werden von 57 Personengenannt. In dieser Gruppe befinden sich74 Assoziationen zu den Weltkriegen,Konzentrationslagern, zum Dritten Reich,Faschismus und zu Hitler. Eine Probandinverbindet Deutschland mit dem Tod ihresGroßvaters. Acht nennen »Polenfeindlich-keit«, weitere sieben gehen auf die »Tei-lung Polens« ein. Fünf Studenten geben»die ewigen deutsch-polnischen Konflik-te« (auch »wenig positive Assoziatio-nen«/»ganze Geschichte«/»der ewigeFeind Polens«) an.Viele der Assoziationen (»Konzentrati-onslager«, »Faschismus«, »SS-Waffen«oder »Hitler«) stellt auch Jonda (1991:101–116) in einer vergleichbaren Studiefest.Assoziationen wie »Ausländerfeindlich-keit«/»Gewalt«/»Aggression« sogar»Grausamkeit gegenüber Ausländern« (8Personen), »Unruhen gegenüber den Asy-lanten« (3), »negative Einstellung zu ande-ren Völkern« (2), »Skinheads« (3), »Neofa-schismus« (3), »Rassismus« (3), »Antise-mitismus« (3) und »Nationalismus« (1)spiegeln die durch Massenmedien vermit-telten Probleme des Landes wieder. »Bru-talität«, »Morde«, »Gewalt«, »negative,feindliche Haltung gegenüber den Polen«sind ebenso bei Jonda (1991: 101–116) zufinden.

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Die weiteren Merkmale beziehen sich auf»Wohlstand«/»Reichtum« (12), »Geld«(4) und »hohen Lebenskomfort« (6). Vonden Erzeugnissen der deutschen Indu-strie werden »Bier«/»gutes Bier« (18),»Mercedes« (5) und »gute Autos« (3) be-sonders genannt. Die deutschen Warensind den Polen aber viel zu teuer (1).Weniger bekannt ist auch das »Ruhrge-biet« (2) und »große Stadtagglomeratio-nen« (2). Die »wirtschaftliche Macht« (12)und »hohe Technik« (3) wird gelegentlichals »Bedrohung durch einen expansivenwirtschaftlichen Krieg« (1) empfunden.»Das ist eine kräftige Großmacht, in derviele Menschen leben, die Polen hassen«(1).Selten assoziieren die Polen Deutschlandmit Tourismus oder Kultur. Die erste Ka-tegorie wird nur von zehn Personen, diezweite von neun genannt. Es wurde acht-mal »Berlin« und jeweils einmal »Ham-burg«, »Rhein« und »interessantes Land«erwähnt. »Beethoven«, »Mozart«, »Kul-tur«, »Baukunst (gotischer Stil)«, »Litera-tur« und »Bayerische Volkslieder« kom-men jeweils einmal vor.Schließlich denken drei Probanden an die»deutsche Vereinigung« und einer an diedamit verbundenen Probleme. Siebenweitere bringen Deutschland mit der»Berliner Mauer« und drei mit »Kohl« inVerbindung. Sieben assoziieren das Landmit »Sport«/»Fußballklubs«: »BayernMünchen« oder »Werder Bremen«. Zehndenken gleich an den in Deutschland ver-brachten Urlaub, einem fällt seine »eigenenegative Einstellung zu Deutschen« ein.Darüber hinaus bringen sieben Proban-den »Deutschland« mit der deutschenSprache in Verbindung. Dabei ist die Asso-ziation fünfmal pejorativ (eine »unange-nehme«, »harte«, »schreckliche« oder »ge-haßte« Sprache). Bemerkenswert ist, daßvier Vpn dieser Gruppe Deutsch lernen.Sie erklären an einer anderen Stelle desFragebogens den Grund des Deutschler-

nens. Für eine war dies die geographischeNähe und die große Verwendungsmög-lichkeit der Sprache in Europa, für eineandere das Interesse an der deutschspra-chigen Literatur. Zwei hingegen mußtendie Sprache lernen, weil sie im Lyzeumkeine andere Wahl hatten.Bei der Ermittlung ihres Bildes über dieMenschen hatten die Vpn zwei offeneFragen zu beantworten, eine nach denpositiven und eine nach den negativenAssoziationen.Zum positiven Bild der Deutschen äußer-ten sich 121 Probanden und nannten ins-gesamt 253 Begriffe. Sie beschriebenDeutsche als ein sehr fleißiges Volk. Aufdiese Eigenschaft machen 54 Probanden(also mehr als ein Drittel) aufmerksam.Sie wurde auch am häufigsten bei derUntersuchung des Meinungsforschungs-instituts genannt (S8miłowski 1990: 12).Auf sie weisen auch Berichte über dasAnsehen der Deutschen im Mittelalterhin (Golczewski 1974: 64–102).Außerdem legen Deutsche in polnischenAugen sehr viel Wert auf »Sauberkeit«(41) und »Ordnung« (10). »Sie pflegenihre Häuser, Gärten und Anziehsachenmit großer Liebe« (6), so daß »im ganzenLand […] eine unbefleckte Sauberkeitund Ordnung [herrscht]« (1).Auffallend sind auch die Charakterzüge,die mit Wirtschaftlichkeit (12), Arbeit undHaushalt zusammenhängen. Die Polenschätzen deutsche »Genauigkeit«/»Präzi-sion«/ »Perfektionismus« (31) und »Soli-dität« (13). Darüber hinaus halten sie siefür »organisationsfähig« (12), »zielstre-big« (9) und »konsequent« (5). Da sie sichihrer Pflichten bewußt sind (7), handelnsie »verantwortungsvoll« (3), »zuverläs-sig« (3) und »gewissenhaft« (3). Ihre Ar-beit wird einwandfrei getan (1), da Deut-sche auch zu ihrem Beruf und ihren Pflich-ten eine verantwortungsbewußte Einstel-lung haben (1). Dies alles, ergänzt durcheinen hohen Grad an »Entscheidungsfä-

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higkeit« (2) und »Unternehmungssinn«(1), bringt gute wirtschaftliche Ergebnisse.Außerdem sind Deutsche »fähig, ihre Zeitsowie auch die Zeit und die Arbeit derGastarbeiter optimal zu nutzen« (3). Ähn-liche Ergebnisse erbrachten auch die Be-fragungen des Meinungsforschungsinsti-tuts. Weitere Merkmale, wie »Disziplin«(13) und »Gehorsam« (2) sowie »Sparsam-keit« (14) und »Pünktlichkeit« (12) werdenvon fast jedem zehnten der befragten Stu-denten genannt.Nur einige Probanden geben solche Ei-genschaften der Deutschen an, die in derpersönlichen Begegnung beobachtbarsind. Deutsche werden als »ehrliche« (5)und »höfliche« (5) Menschen gesehen, die»gastfreundlich« (3) und »aufgeschlos-sen« (2) sind. Sie besitzen die »Fähigkeit,Kontakte zu anderen leicht knüpfen zukönnen« (1) und »kümmern sich um denNächsten« (1). Sie sind »spontan« (1), »hu-morvoll« (1) und »feiern sehr gerne« (1).Insgesamt kommen aber diese Eigen-schaften selten vor. Weiterhin werdenDeutsche als »selbstbewußt« (6) gesehenund weisen »eine starke Persönlichkeit«(2) auf. Sie »pflegen ihre Kultur« (5), »ge-hen kultiviert mit anderen Menschen um«(4) und »fahren sehr gut Auto« (2). Sie sind»rationalistisch« (3) und »vorsorglich« (2).Von den negativen Adjektiven (insgesamt210 angegebenen von 125 Probanden) be-zieht sich ein Drittel auf den politischenBereich. Die jungen Polen kreiden denDeutschen immer noch negativ die in derVergangenheit liegenden Vorkommnisseder Kriege und Eroberung an. Sie kritisie-ren bei der Darstellung der Deutschen den»Nationalismus« (12) und »Chauvinis-mus« (12), den »Imperialismus« und die»Expansivität« (7). Diese Assoziationen,reichlich durch Literatur und Filme überden Zweiten Weltkrieg und Propagandaunterstützt, verstärken sich jedesmal,wenn über Angriffe der Rechtsextremi-sten berichtet wird. Gerade zur Zeit der

Datenerhebung brach eine Welle solcherAngriffe aus, die sicherlich einen Einflußauf die gegebenen Antworten hatte.Auch die »Aggressivität« (7), der »Neofa-schismus« (3) und »Fanatismus« (4) wer-den in der Umfrage oft genannt. WeitereBezeichnungen beziehen sich auf dendeutschen »Hochmut«, worunter der»Trotz« (36), »Eingebildetheit« (27), dieParole »Deutschland über alles« (9) und»zu hohes Selbstbewußtsein« (3) gemeintsind.Deutsche werden für eine »intolerante Na-tion« (13) gehalten, welche die »anderennicht akzeptieren« kann (1) und über sie»herrschen« will (1). Ihre »Eroberungs-lust« wird fünfmal erwähnt. Diese Asso-ziationen stehen in Übereinstimmung mitden Eindrücken von Krieg und Faschis-mus, die schon beim Bild von Deutsch-land auftauchten. Viele der Bezeichnun-gen (wie die »Überheblichkeit« (14%),»Hochmut« (12%) und »Eingebildetheit«(10%), »Aggressivität« (11%), »Polen-feindlichkeit« (9%), »Revisionismus«(9%), »Eroberungssucht« (8%) und »Na-tionalismus« (6%)) finden sich auch in derUntersuchung des Meinungsforschungs-instituts. Auch Begriffe wie »herrschsüch-tig«, »hochmütig/ eingebildet«, »aggres-siv«, »streitsüchtig« wurden von derMehrheit als zutreffend bestätigt.Im Umgang mit Mitmenschen mißfallenden Polen vor allem »fehlende Gast-freundlichkeit« (7), »Arroganz« (6) und»Verschlossenheit« (4). Nach Meinungeinzelner Personen sind sie »kalt« (1),»humor-« (1), »phantasielos« (1) und »we-nig spontan« (1). Sie »kümmern sich zuwenig um das Familienleben« (1). IhrHandeln ist ausschließlich durch das »Ei-geninteresse« (1) bestimmt und ihr »Den-ken wird durch Stereotype« geprägt (2).Andere Menschen und Nationen werden»sehr leichtsinnig und oberflächlich beur-teilt« (2). Deutsche sind »egoistisch« (5),»laut« (6) und »wenig individuell« (2).

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Vergleicht man das positive und das ne-gative Bild, so fällt auf, daß die Meinungin bezug auf Gastfreundlichkeit (sowieVer- und Aufgeschlossenheit) geteilt ist.Auch Genauigkeit, Sparsamkeit, Sauber-keit, Zielstrebigkeit und Gehorsam fin-den im negativen Bild ihre Gegenpaare.Die »zu pedantische Genauigkeit« wirdsiebenmal zur Sprache gebracht, »Geiz«und »Habgier« jeweils viermal, »über-triebene Sauberkeit«, »Zielstrebigkeit aufalle Kosten« und »leicht beeinflußbardurch Propaganda« jeweils einmal.So spiegeln die »Charakterfehler« derDeutschen die langjährigen Abneigungen,Erinnerungen an den Krieg sowie dasMinderwertigkeitsgefühl der Polen wider.Bei der Kritik handelt es sich eindeutig umdas vorhandene Stereotyp des deutschenSoldaten mit allen dazugehörigen negati-ven Eigenschaften. Der Hochmut und dieVerschlossenheit hängen damit ganz engzusammen.

2.1 Einfluß der Begegnung auf das Bildder DeutschenBei dem Versuch, die Beurteilung derDeutschen in Abhängigkeit davon festzu-stellen, ob man Angehörigen der entspre-chenden Kultur begegnet ist oder nicht,ergibt sich, daß die deutsche Disziplinhäufiger von denen genannt wird, diekeine Deutschen kennen (17,9% gegen-über 7,6% von denen, die schon Kontakthatten). Dasselbe gilt für Wirtschaftlich-keit (29,2% gegenüber 16,9%), Sauberkeit(37,3% gegenüber 27,7%) und Verantwor-tung (34,3% gegenüber 26,1%). Anderer-seits ist diese Gruppe weniger bereit,»andere Eigenschaften« (8,9% gegenüber24,6%) zu nennen, was damit zusammen-hängen kann, daß sie bei der Nachfragenach Charaktereigenschaften auf die ste-reotypen Merkmale zugreifen. Demge-genüber ist die Wahrnehmung der Men-schen, welche der Nation begegnet sind,differenzierter (s. Tabelle 4).

3. Quellen des WissensSchließlich wurde mit Hilfe des Fragebo-gens versucht, die Informationsquellenüber den deutschsprachigen Raum undseine Angehörigen zu ermitteln. Bei ei-ner Frage wurden die Quellen direkterfragt, während bei zwei anderen überdie Menschen, Filme und Bücher ausdem oder über den deutschsprachigenRaum informiert werden sollte. Heraus-zulesen ist, daß die Fernsehprogramme

(88,4%) sowie der Geschichtsunterricht(81,6%) bei der Prägung der Bilder vomdeutschsprachigen Raum überwiegen.Viele meinen auch, ihr Wissen haupt-sächlich aus der Presse (79,6%) und ausRadiosendungen (63,9%) zu beziehen.Die persönliche Begegnung trägt ebensowie die genannten Massenmedien zurbesseren Kenntnis der Menschen bei.Von den Probanden, die Deutsche,Österreicher oder Schweizer bereits ken-

angegebene Eigenschaften Probanden, die Deutsche kennen

Probanden, die keine Deutschen kennen

Disziplin 7,6% 17,9%

Wirtschaftlichkeit 16,9% 29,2%

Sauberkeit 27,7% 37,3%

Verantwortung 26,1% 34,3%

andere Eigenschaften 24,6% 8,9%

Tabelle 4: Verteilung der Zuordnung von deutschen Charaktereigenschaften in Abhän-gigkeit davon, ob persönliche Bekanntschaften mit Deutschen existieren oder nicht

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nenlernten, geben etwa 63% diese Quellean.Der Deutschunterricht dagegen scheintnicht intensiv genug auf landeskundlicheThemen einzugehen. Nur die Hälfte(53,4%) der deutschlernenden Studen-ten1 weist auf diese Quelle hin. An weite-ren Stellen stehen: Literatur (53,2%), Ge-spräche mit Freunden (51,0%) und mitder Familie (49,7%). Den letzten Rangnimmt mit 39,5 Prozent der Erdkundeun-terricht ein.Unter den populärsten Filmen und Bü-chern prägen sich diejenigen ein, die imZweiten Weltkrieg spielen. Jeweils zehn-mal werden das Buch von KazimierzMoczarski Gespräche mit dem Henker (Roz-mowy z katem) sowie der Film vonAgnieszka Holland Europa, Europa ge-nannt. Als nächstes kommt der polnischeFilmschlager über einen polnischen Spi-on in der deutschen Abwehr Ein höhererEinsatz als das Leben (Stawka większa niżżycie). Erwähnt werden auch Vier Panzer-grenadiere und ein Hund (Czterej pancerni ipies), Die polnischen Wege (Polskie drogi),Vergiß deinen Namen nicht (Zapamiętaj imięswoje) und Steine auf die Schanze (Kamieniena szaniec). Vier Personen nennen ganzallgemein: »Kriegsfilme« oder »Literaturüber Kriegslager«. Schließlich fallen denPolen jeweils viermal Titel aus der polni-schen Literatur ein: Medaillons (Meda-liony) von Zofia Naukowska, Die Deut-schen (Niemcy) von Leon Kruczkowskiund Die schöne Frau Seidenman (Poczatek)von Andrzej Szczypiorski.Von den Filmen, welche sich in der Zeitvor bzw. nach dem Krieg abspielen, nen-nen die Studenten insgesamt siebenmal:Im Labyrinth (W labiryncie) und Das Haus(Dom), von der Literatur Die Kreuzritter(Krzyz 4acy) von Henryk Sienkiewicz.

Bei den deutschen Werken wird am häu-figsten (7 mal) Mein Kampf genannt. (Eshandelt sich hierbei vermutlich um daszu der Zeit oft in Polen gespielte Theater-stück von George Tabori.) Viermal wei-sen die Studenten auf die Blechtrommelvon Günter Grass und ebenso viermalauf Die Leiden des jungen Werthers vonJohann Wolfgang von Goethe hin. Be-kannt ist auch Erich Maria Remarque,von dem mehrere Titel ein- bzw. zweimalgenannt werden: Arc de Triomphe, Der Wegzurück, Im Westen nichts Neues, Zeit zuleben, Zeit zu sterben, Liebe den Nächsten,Die Nacht von Lissabon. Thomas Mann istmit Die Buddenbrooks und Der Zauberbergjeweils zweimal vertreten, Heinrich Böllmit Wo warst du Adam?, Anna Seghers mitDas siebte Kreuz. Von Hermann Hesse istUnterm Rad, von Kafka Das Schloß undvon Michael Ende Momo bekannt. Vonden Fernsehserien werden Telefon 110und Schwarzwaldklinik, von den Kinofil-men Stalingrad genannt. Insgesamt kom-men diese Titel 38 mal vor.Bei den Nennungen fehlten auch nicht soberühmte Filme wie Wie habe ich denZweiten Weltkrieg angefangen? (5) und DieAbenteuer des braven Soldaten S7vejk (3). Eineinziges Mal wurden »Dokumentarfilmeund Publizistik« erwähnt.An berühmten Persönlichkeiten werdeninsgesamt 128 Personen genannt, wovon18 einmal erwähnt werden. Sie werdenvon 133 Probanden genannt. Dabei domi-nieren Politiker (222), mit Adolf Hitler(79) an der ersten Stelle. Es fällt auch diegroße Anzahl von Musikern, Dichternund Literaten auf. An die Philosophendagegen wird relativ selten gedacht, andie Naturwissenschaftler mit Ausnahmevon Albert Einstein überhaupt nicht.Der erste Rang von Hitler ist nicht nur fürPolen spezifisch. Bei Briten steht er bei

1 Einbezogen wurden nur diejenigen, welche Deutsch mehr als zwei Jahre lernen.

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einer vergleichbaren Studie mit 60% ander zweiten Stelle, bei den Deutschenselbst mit 38% an der dritten (Koreik 1993:452). Bei der Untersuchung von Friz (1991:46) rangierte er sowohl bei den Englän-dern mit 76% als auch bei den Amerika-nern mit 48% ebenso wie bei den polni-schen Studenten an der ersten Stelle.Ferner fielen den Polen Helmut Kohl (54),Otto von Bismarck (19), Richard vonWeizsäcker (11) und Willi Brandt (7) ein.Danach folgen Friedrich Barbarossa (2),Friedrich der Große (2), Franz Josef (2),Friedrich Wilhelm (1), Heinrich II. (2),Otto I. (5), Otto III. (3), Ulrich von Jungin-gen (2), Joachim von Ribbentrop (2), Jür-gen Stroop (3), Heinrich Himmler (4),Hermann Göring (3), Joseph Goebbels(1), Konrad Adenauer (3), Hans-DietrichGenscher (3) und Erich Honecker (4).Auch Bismarck wiederholt sich bei denanderen nationalen Gruppen. 66% derBriten und 56% der Deutschen aus derKoreik-Studie nennen den Namen, d. h.er befindet sich an der ersten Stelle beiden Briten und an der zweiten, hinterAdenauer, bei den Deutschen. Dabei sindaber die Assoziationen, die mit dieserPerson zusammenhängen, unterschied-lich. Bismarck bleibt in Erinnerung derPolen der preußische Kanzler, der Polenstark unterdrückte. Damit verkörpert erdas Stereotyp der nicht beliebten preußi-schen Disziplin, Ordnung sowie bedro-henden Stärke. Es werden daher aus-schließlich negative Assoziationen mitihm verbunden (Łysakowski 1992: 90–94,Golczewski 1974: 214–217).Der hohe Rang von Kohl dagegen hängtsicherlich mit seiner Einstellung zu politi-schen Änderungen im Europa der letztenJahre und vor allem mit dem Interesse ander Zusammenarbeit Deutschlands mit

Osteuropa zusammen. Demzufolge wirder von den Polen höher geschätzt als vonden englischen Probanden, bei denen ererst an der 8. Stelle plaziert war. Anderer-seits aber stieg die Antipathie ihm gegen-über von 18% im September 1989 auf 51%im Februar 1990, was mit den Befürchtun-gen der polnischen Gesellschaft vor derstarken Bundesrepublik erklärt wird. Die-se Änderung war vor allem eine Reaktionauf den Besuch des Bundeskanzlers inMoskau. Dieser wurde nämlich als ein fürPolen bedrohlicher Versuch der deutsch-russischen Annäherung empfunden, weiler an die bisherigen deutsch-russischenPakte und ihre negativen Auswirkungenauf die politische Existenz Polens erinner-te (Śmiłowski 1990: 12).Fast ebenso oft wie Politiker sind auf derpolnischen Liste Komponisten (207) zufinden. Hierzu zählen: Wolfgang Amade-us Mozart (59), Ludwig van Beethoven(41), Strauss1 (41) und Johann SebastianBach (34). Weiter kommen auch FranzSchubert (6), Robert Schumann (5), Ri-chard Wagner (7), Joseph Haydn (5) undCarl Maria von Weber (1) vor.Häufig sind Dichter und Schriftstellervertreten. Sie werden 135 mal genannt. Indieser Gruppe dominieren: Johann Wolf-gang von Goethe (57), Friedrich Schiller(23) und Thomas Mann (20). Assoziiertwerden aber auch Günter Grass (8),Franz Kafka (5), Bertolt Brecht (4), MaxFrisch (4), Friedrich Dürrenmatt (2), Her-mann Hesse (3), Erich Maria Remarque(3) und die Brüder Grimm (1). Aus derFilmbranche kommen Arnold Schwar-zenegger (9), Marlene Dietrich (5) undKlaus Kinski (1) vor (insgesamt 15 Er-wähnungen).Unter den Philosophen (31 Nennungen)erinnert man sich vor allem an Sigmund

1 Der Name »Strauss« stand am häufigsten ohne Vornamen. Manchmal kam »FamilieStrauss«, seltener »Johann Strauss« vor.

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Freud (14) und Friedrich Nietzsche (10)sowie auch an Immanuel Kant (2), ArturSchopenhauer (2) und Erich Fromm (1).Diese Gruppe ist jedoch wenig vertreten,wenn man die Bedeutung der deutschenPhilosophie berücksichtigt.Von den Sportlern dagegen (insgesamt21) fallen den Polen vereinzelt mehrereNamen ein. Genannt werden Boris Bek-ker, Franz Beckenbauer, Lothar Matthä-us, Katharina Witt, Steffi Graf, KatrinKrabbe, Andreas Brehme, Karl HeinzRummenigge und Rudi Völler.

4. Stereotype – das Thema im Fremd-sprachenunterrichtDie Ergebnisse der Umfrage führen zudem Schluß, daß bis zu einer Beseitigungvon Stereotypen in den deutsch-polni-schen Beziehungen und dem Aufbau ei-ner freundschaftlichen Grundeinstellungzwischen den beiden Völkern noch einweiter Weg ist. Dem liegen mehrere Ursa-chen zugrunde. Zum einen ist das die mitKonflikten behaftete historisch-politischeVergangenheit, zum anderen der unter-schiedliche Stand der deutschen und derpolnischen Wirtschaft.Der Fremdsprachenunterricht bietet dieMöglichkeit, die Lerner bezüglich desProblems zu sensibilisieren und zumNachdenken anzuregen.Die Auseinandersetzung mit Stereotypenund der Versuch der Meinungsänderungbilden ein Vorhaben, dessen Erfolg vonvielen Faktoren abhängt. Im Fremdspra-chenunterricht zählen dazu der Charak-ter des Lehrers und dessen Wahrneh-mung durch sein Publikum (Glaubwür-digkeit, Kompetenz) sowie seine Natio-nalität. Auch die Persönlichkeit der Ler-ner (Autorität, Angst, Aggressivität so-wie auch die familiären Verhältnisse)sind zu berücksichtigen (Allport 1971:285, Triandis 1975: 182–197 und 252–270).In Polen kommt erschwerend hinzu, daßder Unterricht als Quelle der Meinungs-

bildung und -änderung mißbraucht wur-de. Er diente jahrelang der Verbreitungvon Unwahrheiten und der Rechtferti-gung des politischen Systems. Das in derSchule erworbene Wissen über die ge-schichtlich-politischen Vorkommnissedes 20. Jahrhunderts stand häufig imWiderspruch zum Wissen (oder der eige-nen Erfahrung), das die Schüler im El-ternhaus, im Freundeskreis oder durchdie Untergrundliteratur, die als glaub-würdigere Quellen angesehen wurden,erfuhren. Im Endeffekt sind die polni-schen Lerner häufig mißtrauisch, wennInformationen vermittelt werden, die ih-ren Einstellungen und dem bisherigenWissen nicht entsprechen. Der Lehrer, alsQuelle solcher Informationen, muß sichgegenüber den Schülern als glaubwürdigerweisen.Aus den genannten Gründen kann auchkeine allgemein gültige Vorgehensweiseempfohlen werden. Der Lehrer sollte zwi-schen mehreren Methoden wählen unddiese flexibel variieren. Bei zahlreichensozialwissenschaftlichen Untersuchun-gen konnte ebenfalls keine Liste der »be-sten Methoden« angefertigt werden. IhreWirksamkeit läßt sich nämlich schwermessen. Diese Schwierigkeiten ergebensich daraus, daß die Probanden, bei denendurch einen Vor- und Nachtest die Ände-rungen beobachtet werden, auch noch an-deren Einflüssen unterliegen, die wenigkontrollierbar sind. Außerdem sind dieEinwirkungen langfristig, und es könnensowohl eine Einstellungsregression alsauch sog. »latente Wirkungen« (auch»schlafende Effekte« genannt) erfolgen.Das erste bedeutet, daß nach einer gewis-sen Zeit wieder die alte Meinung vertretenwird, während das zweite heißt, daß sichdie Wirkungen erst nach einer zeitlichenVerzögerung beobachten lassen (Allport1971: 478–479).Jedoch können bei der Beschäftigung mitStereotypen im Fremdsprachenunter-

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richt mehrere Sensibilisierungsversuchezum Thema gemacht werden. Dazu ge-hören z. B.:• Vermittlung von Informationen über den

deutschsprachigen Raum. Wie die Umfra-ge zeigt, fehlt den polnischen Proban-den landeskundliches Wissen über die-se Länder. Die von ihnen angegebenenBilder spiegeln fast ausschließlich ste-reotype Merkmale der Länder wider.Ein umfangreicheres Wissen könntedie Bilder differenzieren und entstereo-typisieren1.

• Sensibilisierung dafür, daß die eigeneWahrnehmung subjektiv und u. a. durchden eigenen Kulturkreis geprägt ist. Damitbietet sie nur eine der vielen Möglich-keiten der Weltstrukturierung und-wahrnehmung.

• Bewußtmachung der eigenen Stereotypen-bilder mit dem besonderen Schwerpunkt aufden nationalen Stereotypen im deutschspra-chigen Raum. Bewußt werden sollen vorallem die Quellen der Stereotype.

Für diese Lernziele haben sich folgendeVerfahren im Unterricht bewährt:2

1. Assoziogramme und Collagenzum Land und zu den Menschen sowiezu konkreten Themen wie z. B. »Familie«,»Freundschaft«, »Arbeit«, »Freizeit« inbezug auf die Deutschen.Sie bieten Möglichkeiten für die Lernen-den, sich ihrer Bilder bewußt werden.Wenn in Einzel- bzw. Kleingruppenarbeit

dabei unterschiedliche Bilder entstehen,kann zusätzlich auf die Subjektivität derWahrnehmung aufmerksam gemachtwerden.

2. Rollen- und SimulationsspieleHierbei gibt es mehrere Einsatzmöglich-keiten:– ein Spiel einer Situation ohne vorherige

inhaltliche Vorbereitung. Dadurch zeigensich, ähnlich wie bei Assoziogrammenund Collagen, die herausgebildetenStereotype;

– ein Spiel einer Situation, nachdem rele-vante Inhalte vorher besprochen wurden.Ein solches Spiel ermöglicht, das schontheoretisch erworbene Wissen über diefremde Kultur, Sitten und Werte emo-tional zu erleben und dadurch nach-vollziehbar zu machen;

– ein Spiel einer Situation, bei der dieLernenden die benötigten Informationen,zumindest teilweise, selbst sammeln. Siewerden durch Briefwechsel bzw. e-mail mit deutschen Ämtern, Verbän-den, Unis u. ä. angefordert. (Als proble-matisch beim Briefwechsel erweist sichdas Zeitintervall zwischen der Anfor-derung und dem Ankommen von In-formationen. Das Verfahren könnteaber mit Erfolg in Landeskundesemi-naren, im Germanistikstudium oder inKursen, die sich über mehrere Seme-ster erstrecken, eingesetzt werden.)

Beim Einsatz von Rollenspielen im Unter-richt muß die zu spielende Situation vor-

1 Informationsvermittlung als Quelle zur Relativierung von Stereotypen hat ihre Vor- undNachteile. Dagegen spricht, daß die Motivation der Lerner, etwas Neues wahrzuneh-men, von ihrer Einstellung zu dem Neuen abhängt. Bei fehlendem Interesse an derAuseinandersetzung mit den eigenen Stereotypen können die Informationen leichtvergessen, kontextlos gespeichert oder sogar so verdreht werden, daß sie die stereotypeEinstellung noch verfestigen. Andererseits aber kann nicht ausgeschlossen werden, daßInformationen auf die Dauer doch zur Veränderung der Stereotype beitragen (Allport1971: 482).

2 Bei der weiteren Darstellung der Vorgehensweisen im Fremdsprachenunterricht habeich vor allem die polnischen Probanden, die in Polen Deutschkurse besuchen, alsZielgruppe des Unterrichts vor Augen.

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her festgelegt werden. Dabei kann manentscheiden, ob einzelne, voneinander un-abhängige Szenen gespielt werden, oderob es sich eher um ein in mehreren Unter-richtseinheiten auszuarbeitendes Themahandelt. In beiden Fällen wird zuerst ge-klärt, in welchem Land sich die Szeneabspielt (Deutschland oder Polen) undwelche Nationalitäten miteinander inKontakt treten. Eine nächste Überlegungbetrifft die Tatsache, ob sich die Spielper-sonen schon kennen (wenn ja, woher undwie gut) oder erst kennenlernen. Eventu-ell kann auch der Gesprächsrahmen fest-gelegt werden. Auch Namen, Beruf, sozia-ler und familiärer Status, Nationalität undGeschlecht sollen entweder durch denLehrer oder den Lerner definiert werden.Dabei können die Spielenden entwederüber alle diese »Informationen« verfügenoder über einen für sie relevanten Teil. Imzweiten Fall bekommt jeder Spielende nurdie Informationen, die er im Laufe derSpielhandlung wissen, spielen bzw. aus-handeln soll.Neben der Simulation von einzelnen, von-einander unabhängigen Szenen kann eineUnterrichtsreihe konzipiert werden. Hier-bei kann man sich auf die Idee von Deby-sers »Mietshaus« stützen. Nach den Re-geln dieses Spiels, das von Schmale (1983:3–15) ins Deutsche übersetzt, überarbeitetund für das Deutsche adaptiert wurde,bewohnen die Lerner ein Haus mit selbsterfundenen Personen, beleben sie mit Na-men, Werdegang, Beruf, Familie usw. Sietreffen sich in unterschiedlichen Situatio-nen und versuchen, in Kontakt zu kom-men. Sehr gut eignet sich die Idee fürheterogene Gruppen, in denen jeder Ler-ner eine Wohnung mit Vertretern seinereigenen Kultur bewohnt. (Der Lehrermüßte dann den deutschen Mitbewohnererfinden.) Auf diese Weise entstünde eineMinipopulation, weil jeder Spielende sei-ne »Person« wahrscheinlich mit einigen»typischen«, kulturbedingten Eigenschaf-

ten ausstatten würde. Durch diese Simula-tionen können die Sitten und Bräuche, dieBedeutung von Gesten und Mimik sowieunterschiedliche Sichtweisen deutlich ge-macht und thematisiert werden.Bei der Simulation des Spiels in einerhomogenen polnischen Gruppe dagegenkann es den Spielteilnehmern schwer fal-len, sich in die Lage der gespielten Deut-schen zu versetzen. Besonders großeSchwierigkeiten werden vermutlich auf-treten, wenn die Szene ohne vorherigeThematisierung gespielt werden soll. Wiedie Umfrage gezeigt hat, wissen sie we-nig über diese Nationen. Es wären dannzwei Möglichkeiten vorstellbar. Entwe-der greifen die Lerner auf die ihnen be-kannten Stereotype zurück, oder sie spie-len die Bewohner des deutschsprachigenRaums auf dieselbe Art und Weise, aufdie sie auch die polnischen Charakterespielen würden. Im zweiten Fall würdensie einfach die kulturellen, ihnen unbe-kannten Unterschiede nicht berücksichti-gen und die aus der eigenen (polnischen)Erfahrung vertrauten Verhaltensweisenimitieren. Durch ein solches Spiel könnendie Wissenslücken entdeckt und themati-siert werden.Im Anschluß an den Unterricht/eine Un-terrichtsreihe sollen die Zielkultur-, Si-tuations- und Sprachadäquatheit sowiedie Darstellungsprobleme von den Zu-schauern und den Spielenden kommen-tiert werden. (Dieser Vorgang setzt aller-dings ein umfangreiches Wissen über dieZielkultur voraus, über welches die Leh-rer und Lerner, die vorher kaum Kontaktzu Deutschland/Deutschen hatten, nichtimmer verfügen.)

3. Aufsätze, Filme, Dramen, Romane, persön-liche BerichteSie bieten die Möglichkeit, aktuellere unddifferenziertere Informationen über dieZielkultur zu geben, als in den traditio-nellen Lehrwerken zu finden sind. Wenn

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sie eine emotionale Komponente haben,steigt ihre Wirksamkeit bei der Verände-rung der Stereotypenbilder. Besondersgroßer Erfolg ist bei Lernern zu erwarten,die sich mit einem in den Medien darge-stellten Mitglied der fremden Gruppeidentifizieren. Dies ist allerdings öfter beiKindern oder Jugendlichen als bei Er-wachsenen der Fall (Allport 1971: 484).Notwendig ist hierbei ein vorsichtigerUmgang mit der Materialauswahl. VieleMedien konzentrieren sich auf Problemeund Sensationen, weil dadurch das Inter-esse der Leser am einfachsten aktiviertwird. Aus demselben Grund kommt es inder Praxis des Fremdsprachenunterrichtsvor, daß solche Themen dominieren, dieauf Sorgen und Schwierigkeiten der Län-der der Zielkultur hindeuten (Husemann1990: 93–95). Häufig setzen sie Hinter-grundinformationen voraus, über welchedie Lerner im Ausland nicht immer ver-fügen. Das fehlende Wissen erschwertihnen, den Argumenten zu folgen unddiese zu relativieren. Solche Texte wer-den zu potentiellen Quellen der Verfesti-gung der alten und Schaffung neuer Ste-reotype (Husemann 1990: 96). Daher mußdafür gesorgt werden, daß eine ausgewo-gene Darstellung eines Themas aus un-terschiedlichen Blickwinkeln durch meh-rere Medien erfolgt. Darüber hinaus sollauf die Subjektivität jeder Wahrnehmungaufmerksam gemacht werden. Ein Bildüber eine Nation ist nur eins unter meh-reren möglichen und darf nicht als Normgesehen werden.Durch Darstellung konkreter Situationenund Informationen kann der Lerner zurReflexion über die eigene und die fremdeKultur angeregt werden. Auch Bilder, dieim Rahmen des Unterrichts entstehen,müssen relativiert werden und dürfensich nicht als »das Bild der Nation« verfe-stigen. Sonst käme es dazu, daß das frü-here Stereotypenbild durch ein neues er-setzt würde. Sensibilisierung, worauf

sich einige Lehrwerke, wie beispielswei-se Sichtwechsel, Sprachbrücke oder TypischDeutsch konzentrieren, ist bei der Ausein-andersetzung mit dem Fremden unddem Eigenen ein wichtiger Schritt. DieEinbeziehung des Eigenen ist dabei wün-schenswert. Die Fähigkeit, sich mit Ste-reotypen über die eigene Kultur ausein-andersetzen zu können, hilft bei der Dif-ferenzierung der Bilder über die fremdeKultur.

4. FeldforschungsprojekteSie können angewendet werden, wenn dieLernenden bald in ein deutschsprachigesLand reisen (z. B. im Rahmen eines Aus-tauschprogramms). In solchen Fällenkann man noch vor der Reise Stereotypen-bilder mit Hilfe von Assoziogrammen,Collagen, Rollenspielen oder Diskussio-nen feststellen. Dann sollen sich die Ler-nenden vornehmen, einige nach eigenerEntscheidung ausgewählte Merkmale/Charaktereigenschaften/Feststellungenwährend ihres Auslandsaufenthalts zuüberprüfen. Sie sollen auf diese Phänome-ne besonders achten und mit den Angehö-rigen der anderen Kultur darüber ins Ge-spräch kommen. Empfehlenswert wärensicherlich eigene Kassetten- und Video-aufnahmen. Nach der Rückkehr wird vorder Lerngruppe Bericht über die For-schungserkenntnisse erstattet. AndereGruppenteilnehmer können die Ergebnis-se aufgrund ihrer Erfahrungen kommen-tieren. Auf diese Art und Weise kommt eszum Erfahrungsaustausch und einer wei-teren Sensibilisierung.

5. DiskussionenEs ist schon mehrere Male darauf hinge-wiesen worden, daß eine spontane Dis-kussion über Stereotype immer wün-schenswert ist. Nachdem durch Assozio-gramme, Collagen, Spiele, Aufsätze, Fil-me, Berichte u. a. die Stereotypenbilderdeutlich geworden sind, soll immer die

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Gelegenheit zum Meinungsaustausch ge-geben werden. Je nach Gesprächsverlaufkönnen Ursprung und Angemessenheitvon Stereotypen diskutiert werden. Be-sonders wünschenswert ist eine Diskus-sion in einer Gruppe, die zumindest teil-weise eigene Erfahrungen hat. Ihr Beitragwürde, den Ergebnissen der Umfragenach, das Bild stark differenzieren.

6. SchlußbetrachtungenDie vorgeschlagenen Vorgehensweisen,auch wenn schon in ihren einzelnenAspekten lange bekannt, scheinen mirsehr wichtig zu sein. Die neue Phase derdeutsch-polnischen (Ost-West-) Bezie-hungen fördert neue Kontakte und Zu-sammenarbeit. Damit sie möglichst rei-bungslos ablaufen, reicht es nicht aus,den Wortschatz der Zielsprachen perfektzu erlernen, sondern es müssen auch diekommunikativen und interkulturellenAspekte in den Unterricht integriert wer-den. Die andere Denk- und Verhaltens-weise, welche durch die jahrelang dau-ernde politische Trennung unbekanntblieb, soll nachvollziehbar werden. DerEinfluß der Geschichte und der Propa-ganda auf die heutige Wahrnehmung desLandes und der Menschen muß revidiertwerden. Die bisher fehlenden Begegnun-gen müssen häufiger und stärker thema-tisiert, besprochen und »geübt« werden.

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Golczewski, Frank: Das Deutschlandbild derPolen 1918–1939. Eine Untersuchung derHistographie und der Publizistik. Düssel-dorf: Droste, 1974.

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Koch-Hillebrecht, Manfred: Das Deutsch-landbild: Gegenwart, Geschichte, Psycholo-gie. München: Beck, 1977.

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Schmale, Günter: »Blumen für die Hausge-meinschaft, Erfahrungen mit dem Pro-gramm ,Das Mietshaus’ in einem Inten-sivkurs für Studienanfänger im FachDeutsch«, Info DaF 2 (1993), 3–15.

S7miłowski, Eugieniusz: »Czy psychozaniepewnos 8ci. Polacy o Niemcach: emocjerosna ±, temperatura spada«, Polityka 15(1990), 12

Triandis, Harry C.: Einstellungen und Einstel-lungsänderungen. Weinheim; Basel: Beltz,1975.

Z4urek, Jolanta: Nationale Stereotype im Ver-gleich. Das polnische Bild über die Angehöri-gen des deutschsprachigen Raums. Magi-sterarbeit, Universität Bielefeld, 1994.

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Die Problematik der Sprachpraxis im Fach Germanistik in Korea

Hi-Youl Kim

0. EinführungAuch heute noch gilt bei den Koreanerndas Sprichwort »Reden ist Silber, Schwei-gen ist Gold«, denn das Schweigen wirdals wichtige Tugend im Alltagsleben undals ein Wahrheitsweg im Buddhismus,insbesondere im Zen-Buddhismus, ange-sehen, der in der koreanischen Gesell-schaft tief verwurzelt ist.Außerdem übte der Konfuzianismus gro-ßen Einfluß insbesondere auf traditionel-le Bildungsinhalte und das Familiensy-stem aus. Die in der gegenwärtigen Ge-sellschaft Koreas noch nachwirkendekonfuzianische Lehre, die in der gegen-wärtigen Gesellschaft Koreas noch nach-wirkt, beruht auf drei Aspekten:1. drei moralische Pflichten (sam-gang),2. fünf Grundsätze für familiäre und so-

ziale Ethik (o-ryun) und3. fünf moralische Richtlinien (o-sang).Die moralischen Pflichten (sam-gang)entstehen aus den patriarchalischen Be-ziehungen zwischen Fürst und Untertan(gun-ue-shin-gang), zwischen Vater undSohn (bu-ue-sa-gang) sowie zwischenMann und Frau (bu-ue-bu-gang).Die fünf Grundsätze zur familiären undsozialen Ethik (o-ryun) heißen

1. Gerechtigkeit zwischen Fürst und Un-tertan (gun-shin-yu-ui),

2. Vertrautheit zwischen Vater und Sohn(bu-sa-yu-tschin),

3. Unterschied zwischen Mann und Frau(bu-bu-yu-byol),

4. Rangordnung zwischen älterem undjüngerem Menschen (sang-yu-yu-so),

5. Treue zwischen Freund und Freund(bung-u-yu-shin).

Diese wurden in der koreanischen Wirk-lichkeit wie folgt praktiziert:1. Der Untertan (untergeordnete Posi-

tion) soll dem Fürsten (übergeordnetePosition) gehorchen.

2. Der Sohn (Kind/Schüler) soll den Vater(Eltern/Lehrer) respektieren.

3. Die Frau (Ehegattin) soll dem Mann(Ehegatten) gehorchen.

4. Der jüngere Mensch (Junior) soll denälteren (Senior) respektieren.

5. Der Gesellschaftskreis bzw. die Zuge-hörigkeit zu einer Gruppe ist wichtigerals das Persönliche bzw. die Individua-lität.

Die fünf moralischen Richtlinien (o-sang)heißen Wohltätigkeit bzw. Liebe (in), Ge-rechtigkeit (ui), Höflichkeit (ye), Weisheit(ji) und Vertrauen bzw. Treue (shin).

Didaktik DaF / Praxis

Info DaF 24, 5 (1997), 640–651

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Aufgrund dieser konfuzianischen Lehrespielen die Solidarität bzw. die Gruppen-zugehörigkeit, die mit den menschlichenBeziehungen eng verbunden sind, einewesentliche Rolle in der koreanischenFamilie, Schule und Gesellschaft. Durchdie menschliche Beziehung zwischenSchüler und Lehrer entsteht oft ein Ver-trauensverhältnis, das im allgemeineneine positive Auswirkung auf den Unter-richt hat (Franz 1984: 39).

1.0 Überblick über den Deutschunter-richt in Korea

1.1 Deutsch als zweite Fremdsprache ander SekundarschuleDas koreanische Erziehungssystem, dassich nach dem formalen Modell des ame-rikanischen Schulsystems richtet, bestehtaus 6–3–3–4 (2)-2–3 Schul- und Studien-jahren: Die Grundschule dauert 6 Jahre,die Mittelschule 3 Jahre. Im ersten Jahrder Mittelschule beginnen die Schülermit Englisch als erster Fremdsprache. DieOberschule dauert ebenfalls 3 Jahre; indieser Zeit lernen die Schüler außer Eng-lisch noch eine weitere Fremdsprache.Ein Universitätsstudium dauert 4 Jahre(B. A.), mit Ausnahme der Medizin (6Jahre), und neben den Hochschulen gibtes auch noch verschiedene Fachhoch-schulen, die auf eine zweijährige Ausbil-dung ausgelegt sind. Der Magisterkursdauert 2 Jahre (M. A.), der Doktorkurs(Dr.) 3 Jahre.In der Sekundarschule wird Englisch alsPflichtfach 6 Jahre lang mit wöchentlich 5Stunden (ca. 900 bis 1000 Unterrichtsein-heiten – UE) und die zweite Fremdspra-che als Wahlpflichtfach ca. ein Zehntel imVergleich zu Englisch als erster Fremd-sprache unterrichtet. Rein theoretisch ha-ben die Schüler die Möglichkeit, einezweite Fremdsprache unter den Spra-chen Deutsch, Französisch, Japanisch,Chinesisch und Spanisch zu wählen. In

der Realität haben sie aber keine freieWahl, da die meisten Schulen gewöhnlichnur eine Sprache als zweite Fremdspra-che anbieten und diese zweite Fremd-sprache als Wahlfach unter verschiede-nen Fächern in der Zentralprüfung (demAbitur in Deutschland vergleichbar) nurgeringes Gewicht hat. Daher spielt diezweite Fremdsprache in dieser Prüfungkaum eine Rolle für die Zulassung zumStudium an der vom Schüler gewünsch-ten Universität Das hat zur Folge, daß derzweiten Fremdsprache an der Sekundar-schule weniger Bedeutung beigemessenwird und ein starkes Desinteresse be-steht.1996 lernten 522.273 SekundarschülerDeutsch als zweite Fremdsprache an denOberschulen. Deutsch nimmt unter denzweiten Fremdsprachen nach Japanischund mit großem Abstand vor Franzö-sisch die zweite Position ein.Die enorme Anzahl (522.273) derDeutschlerner an den koreanischenOberschulen bedeutet nicht gleichzeitigeine hohe Unterrichtsqualität. Auch führtdas Desinteresse der Schüler, die hoheSchülerzahl pro Klasse (ca. 60) sowie diegeringe Stundenzahl zu einer Verminde-rung der Unterrichtsqualität (vgl. Am-mon 1991: 35).Nach Maßgabe des koreanischen Erzie-hungsministeriums, dem alle koreani-schen Schulen und Hochschulen unter-stellt sind, sollen Schüler über alle vierSprachfertigkeiten verfügen, d. h. einfa-che Texte über das Alltagsleben des frem-den Landes und allgemeine Themen ver-stehen (Hören und Lesen) sowie eigeneGedanken in der Zielsprache formulierenund aufschreiben (Sprechen und Schrei-ben) können. Darüber hinaus sollen sieein Verständnis für das Leben und dieKultur des fremden Landes entwickelnlernen (Lie 1987: 85 und Shin 1991: 67).Diese vorgegebenen Ziele sind weit ent-fernt von der Schul- und Lernrealität.

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Um Deutsch an einer Sekundarschuleunterrichten zu können, muß man dasFach Germanistik 4 Jahre an einer Hoch-schule studieren. Die Lehrbefähigungwird denen erteilt, die Pädagogik alsNebenfach studieren und ein vierwö-chiges Lehrpraktikum im betreffendenFachbereich an einer Sekundarschuleabsolvieren. Die meisten Deutschlehrerin Korea verfügen über sehr geringeKommunikationsfähigkeiten im Deut-schen. Dies liegt in der Tatsache begrün-det, daß das Fachstudium Germanistiküberwiegend literaturwissenschaftlichorientiert ist und dadurch vor allem dieschriftlichen Fertigkeiten ausgebildetwerden. Teilweise trägt das Goethe-In-stitut in Seoul durch Fortbildungskursefür die koreanischen Deutschlehrer zurVerbesserung ihrer kommunikativenFertigkeiten im Deutschen bei.

1.2 Deutsch im Fach GermanistikDie Geschichte der koreanischen Hoch-schulen ist im Vergleich zu den deutschenUniversitäten sehr jung, denn die meistenwurden erst kurz nach dem Zweiten Welt-krieg gegründet. Seit der Gründung derersten deutschen Abteilung 1946 stieg de-ren Zahl bis zu den 80er Jahren auf 60 an.1996 gab es bereits 65 deutsche Abteilun-gen innerhalb der Philosophischen Fakul-täten und 7 innerhalb der PädagogischenFakultäten, d. h. es gibt zur Zeit insgesamt72 deutsche Abteilungen an den koreani-schen Hochschulen. Einige Universitätenhaben 2 deutsche Abteilungen, die einer-seits in der Philosophischen Fakultät undandererseits in der Pädagogischen Fakul-tät angesiedelt sind. 1996 waren insgesamt13.750 Studierende (B. A.), 242 Studierendein Magisterkursen und 105 Doktorandenan den deutschen Abteilungen der korea-nischen Hochschulen immatrikuliert.

Tabelle 1: Statistik zur zweiten Fremdsprache 1996

G = Gymnasien; R = Realschulen/Berufsbildende Oberschulen(Quelle: Statistical Yearbook of Korean Ministry of Education 1996)

Schule Lehrer Schülerzahl Klassen

Japanisch 2.415 802.654(305.295: G497.359: R)

16.709(6.389: G10.320: R)

Deutsch 687 1.378(1.264: G114: R)

522.273 (481.007: G 41.266: R)

10.752(9.828: G924: R)

Französisch 848 318.883(292.076: G26.809: R)

6.4935.898: G595: R)

Chinesisch 254 86.438(67.690: G17.748: R)

1.735(1.361: G374: R)

Spanisch 51 14.812(12.883: G1.929: R)

306(263: G43: R)

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Tabelle 2: Zahl der Studierenden der Germanistik in Korea

(Quelle: Statistical Yearbook of Korean Ministry of Education 1996)

Das Studium an der koreanischen Hoch-schule (B. A.) besteht aus einem allgemei-nen Studium (30 bis 40% des gesamtenCurriculums), das alle Studenten über-wiegend im ersten und zweiten Studien-jahr absolvieren, und dem Fachstudium(60 bis 70%). Der relativ große Anteil desallgemeinen Studiums soll die Ausbil-dung von Generalisten gewährleisten,die unabhängig vom Fachstudienab-schluß in irgendeinem Bereich arbeitenkönnen. Auch beruht die Relevanz derGeneralistenausbildung darauf, daß dieakademische Bildung an den Hochschu-len im traditionellen Sinn eine rein gei-steswissenschaftlich-theoretische Bil-dung und keine praktische ist (Koch1996: 106). Diese Ausbildung zum Gene-ralisten verursacht oft ein Mißverhältnisvon allgemeinem Studium zum Fachstu-dium, wobei dem Fachstudium häufigeine zweitrangige Position eingeräumtwird. In der Tat beschäftigt sich die größ-te Zahl der Studenten der Philosophi-schen Fakultät häufig mehr mit dem all-gemeinen Studium, das für den entspre-chenden beruflichen Zweig gefordertwird, als mit dem eigentlichen Fachstudi-um, um eine Arbeitsstelle nach dem Stu-dienabschluß zu finden.Das Germanistikstudium ist zum größtenTeil auf die Literaturwissenschaft kon-

zentriert, da die Literatur als wesentli-ches Mittel der wissenschaftlichen Aus-bildung sowie zur interkulturellen Ver-ständigung angesehen wird. In der Ger-manistik betragen Vorlesungen zur Lite-raturwissenschaft über 60% des Lehrde-putats, gegenüber der Sprachpraxis mit20 bis 25% und der Sprachwissenschaftmit 15 bis 20%. Es gibt keine großenUnterschiede zwischen den deutschenAbteilungen der koreanischen Hoch-schulen im Lehrdeputat.

Tabelle 3: Germanistik in Korea: Studien-inhalte

(bei einer 4jährigen Studiendauer im Fach-bereich Germanistik an den koreanischenHochschulen)

Das Fachgebiet Germanistik für die Ma-gister- und Doktorkurse der Graduate-School ist in Literaturwissenschaft einer-seits und in Sprachwissenschaft anderer-seits aufgeteilt. Die Studierenden ent-scheiden sich für einen der beiden Berei-che. Die Sprachpraxis wird dort über-haupt nicht berücksichtigt.

Zahl der Studierenden

Deutsche Abteilung B. A. M. A. Dr.

Philosophische Fakultät 65 13.311

Pädagogische Fakultät 7 439

Magisterkurs 38 242

Doktorkurs 22 105

insgesamt 13.750 242 105

Literaturwissenschaft über 60%

Sprachpraxis 20–25%

Sprachwissenschaft 15–20%

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Tabelle 4: Germanistik in Korea: Studien-inhalte

(im 2jährigen Magister- und 3jährigen Dok-torkurs der Graduate-School an den korea-nischen Hochschulen)

Im Bereich Germanistik werden als Lite-raturkanon beispielsweise die Werke vonGoethe, Schiller, Novalis, Büchner, Kleist,Kafka, Mann, Böll, Rilke, Hesse undFrisch behandelt. Die Tendenz zum Lite-raturkanon ist insbesondere in Publika-tionen, Dissertationen und wissenschaft-lichen Aufsätzen und in Übersetzungendeutlich verfestigt.Die koreanischen Hochschulen bieten dasFach Deutsch zum einen als erste Fremd-sprache (Hauptfach) und zum anderen alszweite Fremdsprache (dann Wahlpflicht-fach) an. Seit Anfang der 90er Jahre beto-nen Bildungspolitiker und Wissenschaft-ler die Notwendigkeit, daß Studenten dieSprechfertigkeit im Englischen und auchin einer weiteren Fremdsprache erwerbenmüssen, um auf die Zukunft eines unbe-grenzten Weltmarktes vorbereitet zu sein.In der Tat ist dies aber sehr schwierig zurealisieren, denn die koreanischen Hoch-schulen haben keine Vorstellung, wie eineNeuorientierung der Fremdsprachenaus-bildung und des Fremdsprachenerwerbspraktisch verwirklicht werden könnte.In dieser kontroversen Situation hängtdie hohe Qualität des Deutschunterrichtsan den Hochschulen zum Teil von deut-schen bzw. deutschsprachigen Dozentenab, die für eine begrenzte Zeit eingestelltwerden. Diese Lehrkräfte unterrichtenzum größten Teil Germanistikstudenten,teilweise aber auch Studenten der unter-schiedlichen Fakultäten, die Deutsch alsWahlpflichtfach lernen. Zur Zeit sind 56muttersprachliche Lektorinnen und Lek-

toren, von denen vier vom DAAD ent-sandt sind, an den koreanischen Hoch-schulen tätig. Häufig beschweren diesesich über ihre Situation an den koreani-schen Hochschulen: Sie fühlen sich vonden koreanischen Lehrkörpern isoliertund in fachlichen und organisatorischenFragen ausgeschlossen.Generell betrachtet wird der Sprachpra-xis im Fremdsprachenstudium an denkoreanischen Hochschulen wenig Rele-vanz zugemessen; die Germanistik dientnur der Erweiterung des geistigen Hori-zonts im traditionellen akademischenSinn. Deutsch nimmt aber als Bildungs-sprache eine bedeutende, symbolischeStellung auf dem Gebiet der Geisteswis-senschaften, z. B. in der Philosophie, derMusikwissenschaft, der Rechtswissen-schaft, der Soziologie und der Politologieein. Deutsch als Verkehrssprache wirdnur in einem kleinen Kreis verlangt, bei-spielsweise falls Akademiker oder Be-rufstätige je nach Bedarf deutsche Bücherbzw. Materialien in der Originalsprachelesen oder schriftlich und mündlich mit-einander kommunizieren, eine Zugangs-prüfung zum Studium der Graduate-School bestehen, Germanistik weiter stu-dieren sowie ein Studium in einemdeutschsprachigen Land aufnehmenmöchten. Die motivierten Germanistik-studenten und andere Interessenten müs-sen private Sprachschulen oder das Goe-the-Institut Seoul besuchen, um Sprach-kompetenz zu erwerben; die wenigenund unsystematischen Veranstaltungenfür die Sprachpraxis an den Hochschulenreichen dazu nicht aus.

1.3 Besonderheiten der Didaktik und Me-thodik des Deutschunterrichts in KoreaDie Methode des Fremdsprachenunter-richts unterscheidet sich kaum von denanderen Unterrichtsfächern in Korea. DieLehrkraft steht im Mittelpunkt und we-sentliches Unterrichtsmittel ist das Lehr-

Literaturwissenschaft 100%

Sprachpraxis 100%

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werk. Obwohl Anfang der 80er Jahre infast allen Ober- und HochschulenSprachlabors installiert wurden, kamendiese nie richtig zum Einsatz.Im Deutschunterricht an der Oberschulearbeiten die Lehrkräfte mit einem vonfünf Lehrwerken, die von koreanischenGermanistik-Professoren erstellt wurden.Diese fünf Lehrwerke, die alle fünf Jahreneu erscheinen, sind aufgrund der Rah-menordnung des Erziehungsministeri-ums beispielsweise in Größe und Seiten-zahl festgelegt und werden von einerLehrwerkskommission überprüft undausgewählt (Kim 1985: 176). Im Vergleichdazu stehen an der Hochschule ganzunterschiedliche Lehrwerke zur Verfü-gung, und fast jeder Professor verwendetein von ihm ausgewähltes Lehrwerk.Abhängig von einem Lehrbuch lernenSekundarschüler und Studenten Deutschund legen zweimal pro Semester schrift-liche Prüfungen ab, die aus grammati-schen Multiple-Choice-Tests, Lückener-gänzung, Wortschatz und Textübersetzenbestehen. In diesen Prüfungen werdenweder Hörverstehen noch Sprechfertig-keit berücksichtigt. Im Gegensatz dazuverwenden die meisten deutschen Lekto-ren in ihrem Unterricht Lehrwerke, die inDeutschland erschienen sind, und bemü-hen sich um einen kommunikativ ausge-richteten Unterricht.Das Lernverhalten der koreanischenSchüler und Studenten kann folgender-maßen charakterisiert werden: sie sindgehemmt und zurückhaltend, gehorsamgegenüber den Lehrkräften, und sie ver-bergen ihre eigene Meinung. Dieses Ver-halten steht oft im Gegensatz zu denErwartungen des deutschen Dozenten,der an einen kommunikativen Schulun-terricht gewöhnt ist. Sprechängste, Passi-vität und Kritiklosigkeit der koreani-schen Lernenden liegen wesentlich inden patriarchalischen Verhältnissen be-gründet, die aus dem Konfuzianismus

entstanden. Denn reproduktives Denken,Wiederholung und Nachahmung sindBestandteile der anerkannten Lernme-thode in der konfuzianischen Bildungs-tradition (Koch 1996: 98).Fremdsprachenunterricht bedeutet inKorea: Wortschatz und Grammatik aus-wendig lernen, Übungen machen undTexte übersetzen. Diese Grammatik-Übersetzungsmethode, die als einzigeMethode des Fremdsprachenunterrichtseinen festen Platz einnimmt, vermitteltden Deutschlernenden ein falsches Ge-fühl der Sicherheit, da sie dazu neigen,sich – vom Erlernen der ersten Fremd-sprache (Englisch) an – zu stark an gram-matischen Regeln zu orientieren.Eine freie, selbständige und kommunika-tive Lernatmosphäre bedeutet für dieLerner eher eine Verunsicherung. Siescheuen nicht nur den freien, lockerenSprachkontakt, sondern sie haben auchgroße Angst, Fehler zu machen, obgleichdies beim Erlernen einer Fremdsprachedazugehört. Auswendiglernen und Imi-tation (Pattern-Drill) werden aufgrundder Grammatik-Übersetzungsmethodein Korea immer noch als angenehmerWeg für das Erlernen einer Fremdsprachebetrachtet. Das Problem aber besteht dar-in, daß die Sätze, die in den Grammatik-übungen ohne Berücksichtigung desfunktionalen Zusammenhangs mit Lexikund Phonetik behandelt werden, häufignicht der Sprachrealität entsprechen. Da-her lernt man häufig ein Deutsch, wel-ches die Deutschen im Alltagsleben nichtverwenden.

2.0 Perspektive zur Verbesserung derSprachpraxis in Korea

2.1 Sinn des Fremdsprachenlernens undAusbildungszielSprache ist von Kultur nicht zu trennen,da sie ein integrierter Bestandteil derKultur ist. In dieser Hinsicht eröffnet die

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Fremdsprache den koreanischen Lernen-den, die sich nur an eine einheitlicheKultur gewöhnen, den Zugang zu ande-ren Kulturen und macht sie offen fürneue Inhalte.Das Lernen einer Fremdsprache istgleichzeitig eine Begegnung mit demFremden und der Fremdheit. Der Erwerbeiner Fremdsprache erweitert nicht nurdie Kommunikationsmöglichkeiten, son-dern vertieft das Verständnis für diefremde Kultur. Folglich können die Ko-reaner die eigene Lebenswelt durch denStandpunkt von außen ›objektiv‹ erken-nen, so daß sie ›Selbstverstehen‹ durch›Fremdverstehen‹ vertiefen können.Um das ›Selbstverstehen‹ durch dieFremdsprache zu vertiefen, sind folgen-de Voraussetzungen in der koreanischenGegenwart erforderlich:1. eine offene Haltung dem Fremden ge-

genüber,2. die Fähigkeit, von der Denkweise eines

anderen auszugehen,3. umfangreiche, allgemeine Kenntnisse

über die Kultur des fremden Landes,4. alle Sprachfertigkeiten in der fremden

Sprache,5. Kommunikationsmöglichkeit mit Mut-

tersprachlern (Kaikkonen 1995: 160).Zu diesem Zweck muß das Fremdspra-chenstudium in Korea neu definiert wer-den, da die völlig auf die Philologie kon-zentrierte Germanistik weder die heuti-gen Bedürfnisse der koreanischen Gesell-schaft befriedigen noch dem eigentlichenSinn des Fremdsprachenstudiums ent-sprechen kann. Außerdem entsteht dieNotwendigkeit zu einer Neuorientierungin bezug auf eine mehr sprachpraxisbe-zogene Ausbildung aus der wirtschaftli-chen Veränderung. Heute benötigen diedeutschen Firmenniederlassungen in Ko-rea und die koreanischen Firmennieder-lassungen in Deutschland Arbeitskräfte,die sowohl die deutsche als auch dieenglische Sprache sehr gut beherrschen.

Bis vor kurzem wurden noch diejenigenbevorzugt, die vor allem Englischkennt-nisse vorweisen konnten. Daher solltedas Fachstudium Germanistik auch Lehr-veranstaltungen aus dem Bereich Fach-sprache (beispielsweise Wirtschafts-deutsch) berücksichtigen.Jedoch geraten die Abteilungen, die fürdas Fremdsprachenstudium verantwort-lich sind, angesichts der letztlich verab-schiedeten universitären Bildungsreformvon 1996 in ein großes Dilemma, dennaufgrund dieser Reform wird das Fach-studium Germanistik ab 1997 über weni-ger Unterrichtseinheiten verfügen. DasFachgebiet Germanistik muß sich wegender verkürzten Unterrichtszeit entschei-den, ob die sprachpraktische Ausbildungverstärkt oder die literaturwissenschaftli-che Seite forciert werden soll.Das Fremdsprachenstudium, das nichtauf einer systematischen Sprachpraxisbasiert, wird evtl. nur noch eine allgemei-ne Ausbildung ohne Spezialisierungs-möglichkeiten anbieten können, da dieStudenten gewisse Grundkenntnisse imDeutschen nicht erwerben. Die Entschei-dung zur praxisorientierten Ausbildungist nicht so einfach, da die meisten korea-nischen Germanisten zwar über sehr gro-ße Sachkompetenz im Bereich derFremdsprache verfügen, diese Spracheaber selbst aktiv nicht genügend beherr-schen. Trotzdem ist eine offene Diskus-sion und ein anschließender gemeinsa-mer Konsens der Germanisten in Koreanötig, um zu verhindern, daß »dieSprachpraxis ein Aschenputtel desFremdsprachenstudiums« (Vogel 1985:18) bleibt. Gleichzeitig muß das FachGermanistik auch einen inhaltsbezoge-nen Deutschunterricht entwickeln, um sozu verhindern, daß es eines Tages zueinem völligen Desinteresse am Germa-nistikstudium kommt, da dieses dannvon keinerlei Relevanz für das Berufsle-ben mehr wäre.

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2.2 Ausweitung der Sprachpraxis imFach GermanistikInwieweit und in welchem Rahmen dieSprachpraxis in das traditionelle Curricu-lum der koreanischen Germanistik stär-ker eingebunden werden kann und wel-che Fremdsprachenmethode zugrundegelegt werden soll, wird im folgendennäher ausgeführt:Bis zum 5. Semester sollte das Fachstudi-um Germanistik nur sprachpraktischeÜbungen anbieten. Um diese praxisorien-tierte Ausbildung anbieten zu können,müßte das Lehrdeputat im BereichDeutschunterricht verstärkt werden. DieSprachpraxis könnte somit 50 bis 60% desLehrdeputats, die Literaturwissenschaft25 bis 30% und die Sprachwissenschaft 10bis 15% betragen, wenn man die 4jährigeStudiendauer im Fachbereich Germanistikan den koreanischen Hochschulen zu-grunde legt (vgl. Tabelle 5). Diese Auswei-tung des Lehrdeputats für die Sprachpra-xis würde bedeuten, daß die Curricula derLiteraturwissenschaft im Vergleich zu dengegenwärtig geltenden (vgl. Tabelle 3) umdie Hälfte reduziert werden müßten.

Tabelle 5: Germanistik in Korea: Studien-inhalte

(bei einer 4jährigen Studiendauer im Fach-bereich Germanistik an den koreanischenHochschulen)

Im Fachbereich Germanistik der Grad-uate-School könnte die Sprachpraxis 30bis 40%, die Literaturwissenschaft unddie Sprachwissenschaft zusammenge-nommen 60 bis 70% betragen (vgl. Tabel-le 6). Hier müßte das Lehrdeputat für denBereich der Sprachpraxis erst einmal an-gelegt werden.

Tabelle 6: Germanistik in Korea: Studien-inhalte

(im 2jährigen Magister- und 3jährigen Dok-torkurs der Graduate-School an der korea-nischen Hochschule)

Im Rahmen der Sprachpraxis könntendie Lehrveranstaltungen zur Literatur,die das Leseverständnis und die schriftli-che und mündliche Textwiedergabe inden Vordergrund stellen, selbstverständ-lich weiterhin stattfinden. Die Auswahlder literarischen Texte, welche im GebietSprachpraxis einerseits und im GebietLiteraturwissenschaft andererseits be-handelt werden, sollte im Kollegium derbetreffenden Abteilung diskutiert undentschieden werden.Um die sprachpraktische Ausbildung anden koreanischen Schulen zu verstärken,ist eine geeignete Unterrichtsmethode nö-tig. Selbstverständlich kann nicht so ein-fach beantwortet werden, welche Fremd-sprachenmethode für Korea am bestengeeignet ist. Es steht jedoch fest, daß diebisherige Unterrichtsrealität, die stark vonder Grammatik-Übersetzungsmethodebeherrscht wird, die Kommunikationsfä-higkeit der koreanischen Lerner nicht för-dert, sondern vielmehr eine passive Lern-haltung verstärkt. Um das zu verbessern,müßte über eine neue Unterrichtsmetho-de nachgedacht werden. Das von Kelz(1982: 132) entwickelte Methodik-Modelldes Fremdsprachenunterrichts für asiati-sche Studenten wird für die koreanischeLernsituation als geeignet angesehen, sodaß es in der folgenden Tabelle übernom-men wird. Die sieben W-Fragen nach demUnterrichtsgegenstand (was) und der Ver-mittlungsstrategie (wie), nach Ort (wo)und Zeit (wann), nach Lehrendem (wer)

Literaturwissenschaft 50–60%

Sprachpraxis 25–30%

Sprachwissenschaft 10–15%

Sprachpraxis 30–40%

Literaturwissenschaft 60–70%

Sprachwissenschaft 60–70%

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und Lernenden (wen) sowie nach denUnterrichtsmedien (womit) stehen in Be-ziehung zu zwei Grundbereichen, näm-lich der Didaktik und der Methodik (Kelz

1982: 128). Die den Deutschunterricht inKorea beeinflussenden Faktoren könntendementsprechend folgendermaßen dar-gestellt werden:

Tabelle 7: Sprachpraxis des Deutschunterricht in Korea

Didaktik (was)Lern- und Lehrinhalt

Methodik (wie)Lern- und Lehrformen

1. Sprachkomponenten:– Lexik– Grammatik– Phonetik

1. Lehrer– Klassenraum mit Overhead-Projektor– Kommunikative Unterrichtsführung– Tests (Erfolgskontrolle/Klausur)

2. Sprachfertigkeiten (Kommunikationsfähigkeiten):

– Hören– Sprechen– Lesen– Schreiben

2. Lehrwerke:– Lehrbuch– Arbeitsbuch/Übungsbuch– Lesebuch/Lektüre

3. Landeskunde:– Informationen über das Land der Ziel-

sprache– nicht fachwissenschaftliches Wissen,

sondern allgemeines Wissen über Kul-tur, Bildung, Geographie, Geschichte, Literatur, Gesellschaft, Politik, Umwelt usw.

3. Medien:– Tonbandgerät/Kassettenrecorder– Videorecorder– Diaprojektor– Overhead-Projektor– Computer– Dias– Folien für Overhead-Projektor– Video-Filme/Video– Bilder/Zeichnungen

4. Fachsprache:– in Bezug auf das Wissenschaftsgebiet,

z. B. Wirtschaft, Naturwissenschaft, Musikwissenschaft, Philosophie, Jura, Medizin usw.

– in Bezug auf Berufe,z. B. Korrespondenz, Dolmetschen, Übersetzen usw.

4. Selbstlernmaterialien im Sprachlabor:– Hörverständnisübungen– Ausspracheübungen– Pattern-Drill-Übungen (Strukturmu-

sterübungen)– Sprachlernprogramme (Computer,

Multimedia)

5. Zusatztexte:– einfache Literatur (Kurzgeschichten,

Erzählungen, Hörspiele, Dramen)– Texte für die Umgangssprache

5. Sekundäre Lernmittel:– Zeitungen– Satellitensendungen (Fernsehsendun-

gen, z. B. Sendungen der Deutschen Welle)

– aktuelle Materialien von Inter Natio-nes, DAAD, Goethe-Institut, Zentral-stelle für politische Bildung usw.

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Wenn die gegenwärtige Sprachpraxis vordem Hintergrund dieses Modells neu ori-entiert würde, könnte sich ein geeignetesModell des Fremdsprachenstudiums fürdie koreanischen Lerner schrittweise eta-blieren. Die wichtigste Bedingung dafürwäre zunächst die Begrenzung der Teil-nehmerzahl am sprachpraktischen Un-terricht auf 20–30; zudem müssen dietechnischen Geräte im Klassenraum zurVerfügung stehen.

2.3 Einführung eines ZertifikatsDeutsch als FremdspracheUm die Sprachpraxis im Fach Germani-stik in Korea zu stabilisieren und zustandardisieren und die Grundkenntnis-se der Deutschlerner zu evaluieren, istdie Einführung von Sprachprüfungen,z. B. des Zertifikats Deutsch als Fremd-sprache (ZDaF), nötig, da dies den infor-mativen Deutschunterricht beschleuni-gen und das Interesse an der Sprachpra-xis erhöhen könnte. Darüber hinaus hättediese Einführung von Sprachprüfungeneine neue Unterrichtsmethode und einepassende Auswahl an Lehrwerken undUnterrichtsmaterialien zur Folge.Es könnten zwei Möglichkeiten in bezugauf die Sprachprüfungen berücksichtigtwerden:1. Die Zusammenarbeit der deutschen

Abteilungen bzw. der deutschen Do-zenten mit dem Goethe-Institut, umdas ZDaF zu erweitern. Im November1996 wurde im Rahmen eines Symposi-ums der deutschen Lektoren und derkoreanischen Germanisten darüberdiskutiert, ob das Goethe-Institut dendeutschen Lektoren ein Fortbildungs-seminar anbieten könnte, damit sie sichfür die Sprachprüfungen in Zusam-menarbeit mit dem Goethe-Institutqualifizieren könnten. Da die Sprach-prüfungen des Goethe-Instituts welt-weit anerkannt werden, ist die Erweite-rung des ZDaF als sinnvoll anzusehen.

Das Problem besteht darin, ob das Goe-the-Institut in Seoul der Nachfrage derkoreanischen Deutschlerner gerechtwerden könnte.

2. Die deutschen Abteilungen, die miteiner Verstärkung der praxisorientier-ten Ausbildung einverstanden wären,könnten Sprachprüfungen einführen,die das Niveau der Germanistik-Stu-denten dahingehend überprüfen, obsie ausreichende Grundkenntnisse derdeutschen Sprache erworben haben.Wenn die Sprachprüfungen bzw. dasZDaF im universitären Curriculum in-tegriert oder eine entsprechende Ver-einbarung im Fachgebiet Germanistikgetroffen würde, könnten sich die Stu-dierenden nicht nur im Hauptstudiumerfolgreich mit der deutschen Literaturbeschäftigen, sondern sie könnten auchfür die Berufe, in denen hauptsächlichaktuelle Deutschkenntnisse gefordertwerden, ausgebildet und qualifiziertwerden. Dabei könnte man Prüfungenberücksichtigen, wie sie z. B. an franzö-sischen Universitäten (DEUG nachdem zweiten Studienjahr, LICENCEnach dem dritten) (Zeyringer 1991: 44)und an der japanischen UniversitätHiroshima (Reformprojekt: Dillmann1988: 236–246) durchgeführt werden.

Um das ZDaF und die anderen Sprach-prüfungen an den koreanischen Hoch-schulen optimal zu etablieren oder zufördern, ist vorher durch Untersuchun-gen herauszufinden, welche Form derSprachprüfungen und welche Qualifika-tion der Sprachpraxis am besten zur ko-reanischen Lernsituation passen.Schließlich muß der Erwerb einer Fremd-sprache auch in Korea sowohl schriftlicheals auch mündliche Fertigkeiten fördern.Bis jetzt liegt der Schwerpunkt des Fremd-sprachenunterrichts in Korea überwie-gend auf der geschriebenen Sprache, diein traditioneller, konfuzianischer Atmo-sphäre der koreanischen Akademie gut

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angesiedelt ist. Aber dadurch konnte we-der der Wunsch der Deutschlerner, diespäter in einem mit der deutschen Spracheeng verbundenen Gebiet tätig werdenwollen, noch die gesellschaftliche Erwar-tung erfüllt werden. In der heutigen ko-reanischen Gesellschaft, in der die Globa-lisierung bzw. die Internationalisierungzu einem Staatsziel geworden ist, ist dieKommunikationsfähigkeit dringlicher alsfrüher. Das Fremdsprachenstudium inKorea braucht eine gestärkte Position derSprachpraxis, denn diese Innovation er-öffnet einen neuen Weg zur Weltkenntnis.

LiteraturAmmon, Ulrich: Die internationale Stellung

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Kelz, Heinrich P.: Deutschunterricht in Süd-ostasien. Bonn 1982.

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Nellen, Franz P.: Kontrastive Phonetik alsdidaktische Hilfestellung beim DaF-Unter-richt. Diss. Bonn 1990.

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TURBO, ein Videomagazin für Jugendliche

Zum Einsatz von landeskundlichen Videobeiträgen im DaF-Unterricht1

Jörg Meuter

0. EinleitungTURBO ist die zweite Videoreihe vonInter Nationes e.V. Es erscheint als Ju-gendmagazin in lockerer Reihenfolgeseit 1992 in bisher zehn Folgen. Einlei-tend ist daran zu erinnern, daß landes-kundliches Film- und Videomaterial ei-nen hohen informativen Gehalt hat,wenn es über Regionen, Landschaftenoder kulturelle Ereignisse berichtet. ImSprachunterricht kombiniert es bewegteBilder und Tonmaterial und ist dadurchgegenüber anderen Medien in der Lage,verbale und nonverbale Kommunika-tion in einem realen Kontext zu präsen-tieren. Es kann somit einen Ausschnittder Lebenswirklichkeit in den Unterrichtbringen und die Kultur des Zielspra-chenlandes präsentieren. Seit einigenJahren reichen die Lernziele bei der Ar-beit mit dem Video von der Entwicklungdes Seh- und Hörverständnisses über dieSensibilisierung für nonverbale Formender Kommunikation und ihre Wirkungbis hin zur Aktivierung der Sprechfertig-keit. Hierzu wurden Übungstypen ent-wickelt, die ein passives Sehverhaltender Schüler vermeiden helfen und dar-auf abzielen, sich vor, während und nach

dem Sehen mit dem Video auseinander-zusetzen2.

1. BeschreibungDas Besondere an einem Videomagazin,das jugendspezifische Themen ausDeutschland aufgreift, liegt gegenüber an-deren Produktionen in der Authentizitätdes Materials und der Möglichkeit, einendokumentarischen Einblick in die Realitätdeutscher Jugendlicher und der Jugend-szene zu erhalten. TURBO richtet sichdeshalb an junge Zuschauer im Ausland.Als Zielgruppe wird die Oberstufe imBereich Deutsch als Fremdsprache ge-nannt, wobei gute bis sehr gute Deutsch-kenntnisse vorausgesetzt werden. Esdient nach Angaben von Inter Nationesder Unterhaltung und Information, sollaber aufgrund des Begleitheftes, das u. a.Worterläuterungen und zusätzliche Hin-tergrundinformationen für den Lehrerbietet, auch im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht eingesetzt werden können.

1.1 ThemenauswahlDie Auswahl der Themen wie Jugendstraf-vollzug, Freizeitgestaltung oder Behinder-tenprobleme verzichten auf ein geschöntes

1 Der Beitrag ist eine erweiterte Fassung des Workshops »TURBO, ein Videomagazin fürJugendliche«. Deutschlehrertagung ADILT/ Goethe-Institut, Ischia 26.–29.10.1995.

2 Eine Einführung in Arbeitsformen mit Videosequenzen bietet Brandi (1996).

Info DaF 24, 5 (1997), 652–655

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und idealisierendes Deutschlandbild, sodaß im interkulturellen Vergleich Sprech-anlässe gesichert erscheinen, denn Sprech-motivation wird verstärkt dort evoziert,wo zu einer Auseinandersetzung mit dereigenen Kultur und den eigenen Erfahrun-gen angeregt wird. Andererseits bringtgerade diese Themenauswahl Problememit sich: der Erfahrungshorizont der Ziel-gruppe ist für eine kritische Auseinander-setzung nicht groß genug.Polarisierende Beiträge wie die Vorstellungder Musikgruppe Tekkno SBX 80 in TUR-BO 2 stoßen zwar bei den meisten Lehren-den auf Ablehnung, knüpfen jedoch aufder Schülerseite an deren eigene Erfahrun-gen an. Die Internationalität von Musik-clips dürfte daher kaum Schwierigkeiten inder Unterrichtsstunde bereiten, sondernvielmehr einen Erfolg garantieren.Schwieriger erscheint die Auswahl undAufbereitung für den Unterricht bei The-men wie dem Jugendstrafvollzug, der z. B.in Italien den meisten Schülern unbekanntist. Dies mag auch für deutsche Schülerzutreffen, doch kommt hinzu, daß die indeutschen Schulen entwickelte Sensibili-tät für Außenseiterthemen im Ausland oftnicht gegeben ist. Ein weiterer, durch dasitalienische Bildungssystem bedingterGrund liegt offensichtlich in dem nurschwach entwickelten Lernziel, im Unter-richt über Themen zu diskutieren, wohin-gegen das enzyklopädische Wissen weit-aus gefragter ist und abgefragt wird.Die Aufgabe des nicht muttersprachli-chen Lehrers besteht demzufolge in derBeurteilung und Auswahl des Materialsund der didaktischen Vorbereitung undAnpassung an den Kenntnisstand seinerKlasse und deren Eigenerfahrungen. Da-mit erhält das der Unterhaltung dienende

Videomagazin eine neue Dimension, daes nicht als Pausenfüller oder Verlegen-heitsthema dient, sondern als Quasi-Roh-material den eigenen Lehr- und Lernzie-len angepaßt werden muß.Inter Nationes hat im Begleitheft die voll-ständigen Transkripte der einzelnenFilmbeiträge und zudem als Kopiervorla-ge Arbeitsbögen für den Einsatz im Un-terricht beigefügt. Die Videokassettenmit durchschnittlich drei Themen undeinem Musikclip aus der aktuellen deut-schen Musikszene haben eine Dauer vonca. 30 Minuten. Begrüßenswert ist, daßdie einzelnen Beiträge nicht in bereinig-ten Sprachfassungen erscheinen, sonderndurch ihre originalen Redebeiträge, z. T.in Umgangs- und Jugendsprache, Inter-esse an der »echten« Sprache weckenkönnen. Dies macht aber zugleich eineverstärkte Vorentlastung durch Bildma-terial und Vokabelhilfen oder das vorher-gehende Lesen des Textes notwendig.

2. DidaktisierungsmöglichkeitenAnhand des Beitrags »Jugendliche in U-Haft« aus dem Video TURBO 2 soll exem-plarisch gezeigt werden, wie sich eineUnterrichtseinheit mit diesen Beiträgengestalten läßt: Der straffällig gewordeneDaniel (18) stellt sich und seine familiäreSituation, die kriminelle Karriere undden Tagesablauf in der Untersuchungs-haft in sechs kurzen Redebeiträgen vor.Zwei Kommentare aus dem Off schaffeneinen Rahmen zu den Reflexionen desJugendlichen. Die Dauer des Beitrags be-trägt 7.15 Minuten.

2.1 Notwendige Vorbereitung1

Die Worterläuterungen des Begleitheftesmüssen von den Lehrenden ausgewählt

1 Inter Nationes ergänzte das Videomaterial ab Folge 8 durch eine konkretere didaktischeKonzeption, die in das Begleitheft eingeflossen ist. Durch eine entsprechende Vorentla-stung im Unterricht könnten ausgewählte Themen auch bereits in der Mittelstufeeingesetzt werden.

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und erarbeitet werden. Hilfreich sind diebereits erwähnten Kopiervorlagen, diein Klassensatzstärke zu vervielfältigensind. Ein aussagekräftiges Standbild, dasdem Themeneinstieg dienen soll, ist ausdem Videobeitrag auszuwählen. AlsZusatzmaterialien eignen sich mögli-cherweise Zeitungsartikel oder Fallbei-spiele.

2.2 Vor dem SehenÜber ein Photo oder das Standbild desVideos lassen sich Assoziationen zu demThema Strafvollzug, Jugendgefängnisund -kriminalität sammeln. An der Tafeloder auf dem Tageslichtprojektor könnendie Beiträge der Schüler aufgelistet undkommentiert werden. Um den Videobei-trag vorzuentlasten, können die Schülerso auf das Thema eingestimmt werden,daß ihr Interesse geweckt und der an-schließende Verstehensprozeß erleichtertwird.In einem zweiten Schritt teilt der Lehrerden transkribierten Text aus und läßt ihngemeinsam lesen. Alternativ dazu bietetes sich an, die sechs Redebeiträge Dani-els im genannten Videobeitrag als Sinn-abschnitte zu verstehen und den Schü-lern einzeln auszuteilen. Die Arbeitsauf-gabe besteht darin, die Textstücke vordem Sehen des Videos und in Partnerar-beit in eine sinnvolle Reihenfolge zubringen.

2.3 Während des SehensWährend der Videopräsentation habendie Schüler die Arbeitsaufgabe, ihre Rei-henfolge der Textteile mit dem Video zuüberprüfen. Da es sich bei diesem Bei-spiel um eher einzelne Kommentare han-delt, deren Reihenfolge nicht eindeutigist, wird sich eine Diskussion über diegesehene Reihenfolge nach dem Sehenfast automatisch ergeben.Wenngleich die Aufmerksamkeit teil-weise von dem Video abgelenkt wird,

erleichtert das vorgelegte Textmaterialnatürlich das Textverständnis. Das Wie-dererkennen der Argumente in dieserSeh- und Hörverständnis-Übung bietetauch schwächeren Schülern ein Erfolgs-erlebnis, wenn sie aus den einzelnenRedebeiträgen Schlüsselwörter heraus-hören.

2.4 Nach dem SehenAuf die kurze Überprüfung der gesehe-nen Reihenfolge folgt eventuell ein zwei-tes Sehen und neben der inhaltlichenDiskussion die Weiterarbeit mit ergän-zenden Texten oder Aufgaben (siehe 3.).Deutlich wird, daß durch videobeglei-tende Aufgaben eine passive Rezepti-onshaltung vermieden werden soll. So-fern die Redetexte bei einer solchen Vi-deoarbeit nicht transkribiert vorliegen,können natürlich einfache Text- oderHandlungskarten mit Schlüsselwörternvorbereitet werden. Das Begleitmaterialvon Inter Nationes sieht als fortsetzendeAufgabe einen Lückentext vor, in dem ineinen leicht variierten Text 8 Schlüssel-wörter eingesetzt werden müssen. An-schließend sollen in einem »(fingierten)Interview mit einem U-Häftling« dessenumgangssprachliche Kommentare, wie»ich bin wieder eingefahren«, in einenzweiten Lückentext eingesetzt werden.Schließlich muß in einer Multiple-Choice-Aufgabe die richtige Bedeutungder umgangssprachlichen Wendungenerkannt werden. Da es sich bei allen dreiAufgaben um die Erarbeitung umgangs-und jugendsprachlicher Wendungenhandelt, ist der Übergang zu den folgen-den drei Aufgabenstellungen sehrschwierig: Sie gehen über die Verständ-niskontrolle und Wortarbeit hinaus undgehen davon aus, daß die Schüler sich inder Fremdsprache Deutsch eine differen-zierte Meinung von dem Jugendlichengebildet haben:

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Beispiel:Du hast Dir von dem U-Häftling Danielein Bild gemacht, und Du hast Dir auchGedanken gemacht, warum Daniel straf-fällig wurde und wie ihm zu helfen wäre.

� Daniel hat einen schlechten Charak-ter. Am besten, er bleibt hinter Gittern.

� Was Daniel braucht, ist ein Beruf, derihm Spaß macht.….

Diese Textbögen dienen als Argumentati-onshilfen für eine anschließende Diskus-sion in der Klasse oder in Partnerarbeit.Sie regen zu weiterführender Arbeit an,in der man sich mit dem Gesehenenauseinandersetzt und eigene Meinungenäußert. Die Gefahr besteht darin, daß dieSchüler die Alternative wählen, die siesprachlich erfassen können, weshalbAusdrücke wie hinter Gittern bleiben na-türlich zunächst erklärt werden müssen.Notwendig erscheint aber vor allem alsZwischenaufgabe eine intellektuelle Aus-einandersetzung mit der Problematik,die durch zusätzliche Aufgabenstellun-gen erreicht werden kann.

3. Ergänzende ArbeitsformenSchriftliche Aufgaben, die über diesprachliche Erarbeitung des Videomate-rials hinausgehen, können die Erstellungeines Fragebogens zur Person, der Ent-wurf einer Biographie oder ein fiktiverBrief an die Hauptfigur sein. Sie regen dieschriftliche Produktion an und forderndazu auf, sich ein Bild zu schaffen.Weitere Möglichkeiten liegen im szeni-schen Spiel (vgl. Lonergan 1987: 49f.).

Eine besonders interessante Aufgabe be-steht darin, die Hauptfigur(en) des Filmsdurch (einen) Schüler ersetzen zu lassenund diese(n) zu interviewen. Die Klassewird zu Journalisten, die Fragen stellen.Einige Schüler können die Rollen derEltern, des ehemaligen Lehrers, des Rich-ters usw. übernehmen und Kommentareund Erklärungen abgeben. Im Rampen-licht der Presse darf sich der Schülerhinter einer Sonnenbrille verstecken, undselbst sprachlich schwächere Schülerdürften Gefallen daran finden. In Klein-gruppenarbeit haben die Schüler zuvorfür diese Situation Rollenkärtchen mitArgumenten entworfen. Alternativ müß-ten diese vom Lehrer vorbereitet werden.Erst im Anschluß an diese spielerischeAuseinandersetzung, deren Lernziele imSchreiben und im szenischen Spiel liegen,können Diskussionen angestrebt werden,wie sie von Inter Nationes im Begleitma-terial vorgeschlagen werden.

Bezugsmöglichkeit:TURBO – Ein Videomagazin für Jugend-liche. Bestellkatalog: Inter Nationes e.V.Bildungsmedien und Film, Kennedyallee91–103, D-53175 Bonn, Tel. 0049/228–880–0, Preis pro Video ca. DM 20,–

LiteraturBrandi, Marie Luise: Deutschunterricht. Eine

Übungstypologie zur Arbeit mit fiktionalenund dokumentarischen Filmsequenzen. Fern-studieneinheit 13. Goethe-Institut Mün-chen, Berlin: Langenscheidt, 1996.

Lonergan, Jack: Fremdsprachenunterricht mitVideo. Ein Handbuch mit Materialien. Fo-rum Sprache. München: Hueber, 1987.

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Das Eigene als das Fremde sehen

Der »Stadtführer Bukarest« als Projektarbeit mit Studentender Bukarester ›Politehnica‹

Axel Barner

Der Stadtführer Bukarest1 ist aus einemProjekt hervorgegangen, das der Verfasserdieses Beitrages im Wintersemester 1993/94 mit Studenten des deutschsprachigenStudiengangs an der Universität ›Poli-tehnica‹ durchgeführt hat. Um es gleichvorwegzunehmen: Von der Konzeptionbis zur endgültigen Fertigstellung des Bu-ches war ein dornenreicher, aber um sointeressanterer Weg zurückzulegen – in-teressant vor allem deshalb, weil die Ar-beit ein wertvoller Intensivkurs in rumä-nischer Landeskunde war; eine Erfah-rung, die sich immerhin über zwei Jahrehinzog, denn so lange dauerte es vomBeginn der Arbeiten bis zum Erscheinendes Buches Ende August 1995.Der Stadtführer ist zuerst aus einem Ge-fühl des Mangels entstanden: Als ichmich im Sommer 1992 auf meine Ausrei-se nach Bukarest vorbereitete, mußte ichfeststellen, daß keine aktuelle Reiselitera-tur zu dieser Stadt erhältlich war. Für dieersten Jahre nach der »Wende« (bis etwa1994), konnte ich nur zwei neu erschiene-ne Reiseführer ermitteln2.

Die vor 1990 erschienene Reiseliteraturkann in ihren praktischen Angaben nurals hoffnungslos überholt gelten; die bei-den oben zitierten Reiseführer bieten lei-der auch kaum neuere Hinweise. Reise-führer zu Bukarest erschienen meinesWissens nach 1990 nicht. In der Stadteingetroffen, erwiesen sich die älteren,vor 1990 erschienenen Reiseführer alsweitgehend unbrauchbar, denn durchCeausescus Abrißpolitik in den achtzigerJahren, welche ganze Stadtviertel ver-schwinden ließ, durch die Umbenennungvieler Straßen, deren Namen an die kom-munistische Vergangenheit erinnerten,durch die Änderung sämtlicher Telefon-nummern Ende 1992, durch die Schlie-ßung vieler alter Restaurants, Hotels undGeschäfte und die Eröffnung neuer wares für einen fremden Besucher in derStadt kaum möglich, sich in der Stadtzurechtzufinden. Daß es mir dennochgelang, mich relativ leicht einzuleben,verdanke ich den Hinweisen und Hilfenmeiner rumänischen Kollegen und Stu-denten. In dieser Zeit kam mir die Idee,

1 Barner, Axel (Hrsg.): Stadtführer Bukarest. Bukarest: Kriterion, 1995. – ISBN 973-26-0436-0. 121 Seiten, 2 Pläne.

2 Hoffstadt, S.; Zippel, E.: Reiseland Rumänien. Moers: Edition Aragon, 1992; Müller, R.:Rumänien. O.O.: Conrad Stein Verlag, 1992.

Info DaF 24, 5 (1997), 656–660

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daß man doch all diese Tips auch fürandere sammeln und weitergeben könn-te.Im Wintersemester 1993/94 unterrichteteich Studentengruppen der Jahrgänge I bisIII, entweder im Fach Landeskunde oderSprachpraxis. Dem Kurs des II. Studien-jahres schlug ich nun vor, in Kleingrup-pen bestimmte Themen zu einem Stadt-führer zu bearbeiten. Die Festlegung derThemen ergab sich sozusagen automa-tisch aus dem beinahe »klassischen Ka-non« anderer Reiseführer; diese Themenwurden später, mit wenigen Ausnahmen,in das Inhaltsverzeichnis übernommen:1. Allgemeines: Lage, Geographie, Kli-

ma, Bevölkerung usw.2. Geschichte der Stadt3. Kunstdenkmäler und Sehenswürdig-

keiten4. Museen und Galerien5. Unterkunft (Hotels, Pensionen, Zim-

mervermittlung)6. Restaurants7. Bukarest »by night«: Bars, Kneipen,

Diskotheken8. Kulturprogramm: Theater, Oper, Ka-

barett9. Freizeitmöglichkeiten: Sport, Vereine

10. Einkäufe: Kaufhäuser, Fachhandel,Souvenirs

11. Verkehrsverbindungen innerhalb derStadt: Metro, Bus, Taxi; Verkehrsver-bindungen ins Land: Eisenbahn, Stra-ßen, Flugzeug

12. Die Umgebung von Bukarest: Snagov,Mogosoaia, Buftea

13. Praktische Tips: Einreise, Polizei, Er-ste Hilfe, Geldwechsel, Tanken, Post,Telefon, wichtige Adressen

Diese Liste legte ich den Studenten zuSemesterbeginn Anfang Oktober vor undgab ihnen eine Woche Zeit, sich zu klei-nen Gruppen zusammenzuschließen undeines der Themen auszuwählen. Da derKurs aus 25 Studenten bestand, (die Na-men der beteiligten Studenten finden

sich im Stadtführer S. 121), schlug ichGruppengrößen zwischen zwei und vierPersonen vor.Eine Woche später wurden die Arbeits-gruppen festgelegt. Ich sagte den Studen-ten, daß die Ergebnisse als Semesterhaus-aufgabe benotet und neben der Ab-schlußklausur zu einem Drittel in dieSemesterendnote einfließen würden. Indieser Sitzung wurden auch die einzel-nen Arbeitsschritte besprochen und dieTerminvorgaben festgelegt:1. Material sammeln (z. B. bei: O.N.T., der

staatlichen Touristikorganisation, Flug-hafen, Hotels, Restaurants, Bürgermei-steramt, Bibliotheken usw.)

2. Material sichten und ordnen (Bespre-chungstermin: 1.12.1993)

3. Vorlage einer Gliederung/eines Kon-zepts für den Text (letzte Semesterwo-che vor den Weihnachtsferien)

4. Abgabe des Gruppentextes zum The-ma (ca. 5–10 Seiten, Abgabetermin:15.1.1994)

Den einzelnen Gruppen stellte ich, so-weit vorhanden, Material zur Verfügung,das ich älteren Reiseführern (z. B. zu denThemen Stadtgeschichte, Kunstdenkmä-ler), Prospekten von Reiseveranstalternund Zeitungen und Zeitschriften (z. B.Bucharest – What, Where, When) entnom-men und für die Studenten kopiert hatte.Einige Gruppen waren dadurch natürlichin einem gewissen Vorteil, da sie nur eineKompilation aus den ihnen zur Verfü-gung stehenden Texten herzustellen hat-ten, andere waren im Nachteil, da sie ihrThema ganz neu recherchieren mußten.So war z. B. die Gruppe »Kunstdenkmä-ler und Sehenswürdigkeiten« sehr gutmit Material versorgt, während ich derGruppe, die das Thema »Unterkunft« be-arbeiten sollte, keine Unterlagen zur Ver-fügung stellen konnte.Erste Schwierigkeiten ergaben sich dar-aus, daß die Studenten die vorgegebenenTermine für die Vorarbeiten zum Teil

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nicht ernst nahmen und nicht einhielten,mich gleichzeitig aber auf die Weih-nachtsferien vertrösteten, da sie dannmehr Zeit hätten und »es schon schaffenwürden.« Ich ließ mich auf diese Argu-mentation ein, was ich besser nicht getanhätte, denn als die Arbeiten zum Seme-sterende vorlagen, stellte ich fest, daß sieerstens von äußerst unterschiedlicherQualität waren und daß zweitens dieArbeiten, welche ich während des Seme-sters nicht betreut hatte, qualitativ deut-lich hinter den anderen abfielen. EinigeArbeiten waren so schwach, daß ich siemit der Note »3« (auf der Notenskala 1–10) bewertete. So gab mir die Gruppe»Unterkunft« lediglich eine lange Listemit den Namen und Anschriften der Bu-karester Hotels ab, die sie sich von derstaatlichen Touristikorganisation O.N.T.hatte kopieren lassen. Die Arbeit derGruppe »Einkäufe« bestand aus einerDIN-A4-Seite mit den Namen von dreiKaufhäusern und den Adressen mehre-rer Wochenmärkte.Am besten hatte die Gruppe »Bukarest›by night‹«, die aus drei Studenten be-stand, gearbeitet – vielleicht lag dies andem für junge Leute motivierenden The-ma! Hier deckte sich das Ergebnis derGruppenarbeit mit meinen Erwartungen.Die Studenten dieser Gruppe sagten mirhinterher, daß sie tatsächlich mehrereAbende die Kneipen, Bars und Diskothe-ken besucht hatten, die sie in ihrer Arbeitbeschrieben. Bei diesem Textteil handeltes sich also um eine eigenständige Re-cherche.Insgesamt mußte ich jedoch bei den Kor-rekturen der Semesterarbeiten feststellen,daß erstens meine Erwartungen nicht er-füllt waren und daß sich zweitens dieTexte in der Regel nicht für eine Veröf-fentlichung eignen würden. (Zu diesemZeitpunkt hatte ich mich noch nicht umeine Publikation bemüht, da ich die Er-

gebnisse der Arbeitsgruppen erst abwar-ten wollte.)Die Mängel der Arbeitsgruppenergebnis-se hatten, so denke ich, verschiedeneGründe: Die größte Schwierigkeit be-stand für die rumänischen Studentendarin, sich in die Rolle eines mitteleuro-päischen Touristen oder Geschäftsreisen-den zu versetzen, der zum ersten Maleeiner ihm so fremden Stadt wie Bukarestbegegnet. Es gelang den Studenten nicht,das Eigene als das Fremde zu sehen, dennfür sie war das Leben in dieser Stadt derAlltag, während doch etwa ein Reisenderaus Deutschland in Bukarest auf eine ihmfremde Welt trifft, die ihn verwirren mußund die ihm ggf. auch Schwierigkeitenbereiten kann. Um einige Beispiele zugeben:– Einem Deutschen erscheint die Art, in

der die Bukarester ihre Autos fortbe-wegen, sicher anfangs mehr als aben-teuerlich, und es scheint angebracht,ihm zum Verkehrsverhalten einigeHinweise zu geben.

– Viele Gäste sehen bereits bei ihrer An-kunft ihr negatives Rumänienbild be-stätigt, wenn sie am Flughafen in dieHände der dort wartenden »Taxi-Ma-fia« geraten, die sicher kein typischesErscheinungsbild der Rumänen abgibt.Zu den Taxifahrern am Flugplatz hätteich mir einige Sätze gewünscht, doch inden Texten der Studenten präsentiertesich immer wieder eine heile Welt.

– Wenn auch die Bukarester Hotelpreisefür Ausländer durchaus internationa-les Niveau erreichen, so gilt dies fürStandard und Ausstattung der Hotelsnicht in jedem Falle. Auch hier hatte icherwartet, daß die Studenten sowohl diePreise als auch die Qualität einigerHotels in zentraler Lage recherchierenwürden. Statt dessen wurde von derentsprechenden Gruppe die Liste einerWerbebroschüre unkritisch übernom-men.

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Die Studenten taten sich auch schwer mitder Vorstellung, ein fremder Touristkönnte sich allein und ohne Begleitungdurch die Stadt bewegen. Es liegt sicher-lich in der rumänischen Gastfreundschaftbegründet, wenn die Studenten vieleHinweise für überflüssig hielten, da dochein Fremder immer von einem rumäni-schen Bekannten begleitet werden wür-de…Vielen Teams gelang es auch nicht, dieArbeiten innerhalb der Gruppe selbstän-dig aufzuteilen und die Ergebnisse zukoordinieren. Aus anderen Erfahrungenähnlicher Art weiß ich, daß sicher nochviel zu tun bleibt, um das Sozialverhaltender Studenten in Richtung auf eine pro-duktivere Kooperation unter Kollegen zuverändern, was angesichts des raschenWandels im wirtschaftlichen Leben desLandes von großer Bedeutung ist. Ichhatte häufig den Eindruck, daß entwederein Mitglied der Gruppe die Arbeiten füralle erledigte oder daß die Gruppenmit-glieder einzeln für sich arbeiteten undihre Ergebnisse nicht aufeinander ab-stimmten. Dementsprechend wurdenmir von einigen Gruppen Einzelergebnis-se abgegeben. In diesen Zusammenhanggehört auch, daß die Studenten ihre Ver-wunderung äußerten, als ich ihnen mit-teilte, daß natürlich alle Mitglieder einerGruppe die gleiche Note für die gemein-same Gruppenarbeit bekämen. Dies ist inRumänien gänzlich unüblich.Weiterhin war mir aufgefallen, daß dieStudenten bei der Abfassung ihrer Arbei-ten mit Textvorlagen sehr unkritisch um-gegangen waren. Einige der Materialien,die ich den Studenten zur Verfügunggestellt hatte, entstammten der national-kommunistischen Epoche Ceausescusund enthielten deutliche Geschichtsver-fälschungen, die nach der Wende von1989 allerdings aufgedeckt worden wa-ren und durch die Medien in das Bewußt-sein der breiten Öffentlichkeit gelangt

waren. Obwohl ich die Studenten aufdiesen Tatbestand aufmerksam gemachthatte, wurden diese Texte häufig einfachnur abgeschrieben. So enthielt z. B. derAbschnitt »Stadtgeschichte nach 1945«keinen Hinweis auf Ceausescus Abrißpo-litik, sondern statt dessen ein Lob auf denBau der U-Bahn und neuer Wohnviertel.Vlad III. Tepes, von dem die erste Urkun-de stammt, die Bukarest erwähnt (1459),wird in den Texten der Studenten alsNationalheld gefeiert, der den Abwehr-kampf gegen die Türken organisierte.Daß Tepes seinen Zeitgenossen als grau-sam, ja blutrünstig galt und seinen Beina-men (»der Pfähler«) erhielt, weil er seineFeinde durch eine besondere Folterme-thode zu Tode brachte, erwähnten dieStudenten ebenso wenig wie die für ei-nen »westlichen Leser« interessante Tat-sache, daß dieser walachische Woiwodein Mitteleuropa vor allem durch die Re-zeption der Legenden bekannt wurde,die sich um den »Pfähler« ranken undaus denen Bram Stoker seinen berühmtenDracula-Roman schuf.Zu diesen inhaltlichen Mängeln kamenzahlreiche stilistische in den Arbeitenhinzu, die einerseits durch fehlerhafteKompilation abgeschriebener Texte, an-dererseits durch die sprachlichen Schwä-chen der von den Studenten selbstverfaß-ten Texte verursacht waren.Um die Semesterarbeiten in eine einiger-maßen druckreife Vorlage zu bringen,mußten alle Texte von mir stilistisch starküberarbeitet werden, die schwächstenTeile wurden von mir gänzlich neu re-cherchiert und verfaßt.Bevor ich mich an diese – aufwendige –Arbeit machte, galt es zuerst einmal Ver-öffentlichungsmöglichkeiten zu erkun-den und mögliche Sponsoren für dasBuch zu finden. Der damalige Verlagslek-tor für das deutschsprachige Programmdes Bukarester Kriterion-Verlags, H. H.Gruenwald, ließ sich für unser Stadtfüh-

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rer-Projekt sogleich begeistern und ver-sprach, das Buch im Verlagsprogrammunterzubringen, falls sich eine Teilspon-sorisierung sichern ließe. Es gelang mirdanach auch einige Sponsoren für unserProjekt zu gewinnen, deren tatkräftigeHilfe dessen Realisierung überhaupt erstermöglichte. Die deutsche Botschaft stell-te aus ihrem Kulturmittelfonds einengrößeren Geldbetrag für die Druckkostenzur Verfügung und unsere Partnerhoch-schule, die TH Darmstadt, vermittelteüber ihren Präsidenten, Herrn Prof. Dr.

H. Böhme, eine umfangreiche Papier-spende der deutschen Papierindustrie,die die Adventistische Entwicklungs-und Katastrophenhilfe über einen Um-weg über Sarajewo/Bosnien schließlichim Frühjahr 1995 nach Bukarest schaffte.Diese mit der Veröffentlichung des Bu-ches verbundenen Erlebnisse des Her-ausgebers allerdings sind ein anderes Ka-pitel landeskundlicher Erfahrungen, dasin diesem Zusammenhang seinen Platznicht hat.

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»Falsche Freunde« im Klassenzimmer

Fehler beim Internationalismen-Gebrauch deutschlernenderBulgaren

Antoanita Topalova

0. EinleitungDie Bedeutung der in den meisten euro-päischen Sprachen existierenden Interna-tionalismen für den Fremdsprachenun-terricht ist unbestreitbar. Bekanntlich lei-sten diese Lexeme einen wesentlichenBeitrag zur Erleichterung der Kommuni-kation, da sie eine Stütze bei der Analysefremdsprachiger Rede sind und sich amschnellsten bei deren Synthese aktivierenlassen (Akulenko 1972: 140). Die Interna-tionalismen können nicht nur die »All-tagskommunikation zwischen Menschenverschiedener Herkunftssprachen er-leichtern, sondern haben im Hinblick aufden Fremdsprachenerwerb und denFremdsprachenunterricht multiplizier-ten Gebrauchswert« (Braun 1990: 32).Trotz der zweifellos positiven Rolle derInternationalismen hat ihr Gebrauchnicht selten den entgegengesetzten Ef-fekt. Wegen der unterschiedlichen se-mantischen Entwicklung einer Aus-gangsform bei ihrer Migration in ver-schiedene Sprachsysteme können form-ähnliche Lexeme gleicher Herkunft inzwei oder mehreren Sprachen stark diffe-

rierende Bedeutungen haben. Diese Er-scheinung ist unter dem Namen »falscheFreunde des Übersetzers« bekannt, dasolche Lexeme leicht Mißverständnisseverursachen können. Zwei Beispiele1 sol-len dies verdeutlichen:*In der vierten Etage sehen Sie eine Tabellemit meinem Namen (statt Namensschild)*Ich habe diese Stelle nach einem Konkursbekommen (statt (Ausschreiben), Ausschrei-bung)Die angeführten, der Redeproduktiondeutschlernender Bulgaren entnomme-nen Beispiele zeigen, daß die Formähn-lichkeit der Lexempaare tabela – Tabelleund konkurs – Konkurs tatsächlich irrelei-tend ist. Das Vorhandensein zahlreicherFälle, in denen zwischen zwei Sprachensemantische Äquivalenz besteht, führtoft zu mechanischer Übertragung der Be-deutungen aus der einen Sprache auf dieandere und ruft dadurch kommunikativrelevante Fehler hervor. Da das Deutscheund das Bulgarische keine nah verwand-ten Sprachen sind, gehört die Mehrheitder formähnlichen Wörter in ihnen zuminternationalen Wortbestand.

1 In den Beispielen wurden die orthographischen und grammatikalischen Fehler bereitskorrigiert.

Info DaF 24, 5 (1997), 661–666

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1. Ziel und Objekt der UntersuchungEine Untersuchung der lexikalischenFehler erwachsener Bulgaren, dieDeutsch erwerben, zeigt, daß falsch ge-brauchte Internationalismen 65 % allerFehler verursachen (vgl. Topalova 1996).Ich sehe das als ausreichenden Grundan, das Funktionieren dieses lexikali-schen Subsystems in der freien Redepro-duktion der Lernenden zu analysieren.Dabei strebe ich in erster Linie eine Klas-sifizierung und Systematisierung derfalsch gebrauchten Internationalismenan. Als fehlerhaft werden jene Formenbetrachtet, die die Kommunikation er-schweren und die Realisierung der Kom-munikationsabsicht verhindern, indemsie die Ausgangsinformation oder denbeabsichtigten kommunikativen Effektentstellen. Dies bedeutet, daß Fehler inder Lexemform (z. B. phonetisch-phono-logische, orthographische, morphologi-sche Fehler, etwa *Docteur anstatt Doktor)außer Acht gelassen werden, da sie dieKommunikation nicht oder zumindestnicht in hohem Maße zu erschwerenvermögen.Die Probanden, deren gesprochene undgeschriebene Texte analysiert werden,sind zwischen 18 und 45 Jahre alt undhaben Deutsch in einem dreimonatigenIntensivkurs mit 360 Unterrichtsstundenam Fremdsprachenzentrum des Institutsfür ausländische Studierende in Sofia ge-lernt1.Die Analyse basiert auf einem Korpusvon etwa 700 Fehlern und erfaßt dieproduktiven Zieltätigkeiten Schreibenund Sprechen.Alle Deutschlernenden haben das Gym-nasium oder eine Hochschule beendet,wo sie mindestens zwei Fremdsprachengelernt haben. Meist handelt es sich dabei

um die Sprachenkombinationen Eng-lisch-Russisch, Französisch-Russischoder Deutsch-Russisch. Folglich hattendie Lernenden schon die Möglichkeit,sich vom Vorhandensein internationalerLexeme nicht nur in der eigenen, sondernauch in (mindestens) einer anderenFremdsprache zu überzeugen.

2. FehlerklassifizierungDie Fehler können nach verschiedenenGesichtspunkten klassifiziert werden,z. B. nach der Häufigkeit ihres Auftre-tens, nach ihrer Akzeptabilität, nach lin-guistischen oder psycholinguistischenKriterien (Grozewa 1987/1988: 99).Im vorliegenden Beitrag betrachte ich siezunächst aus linguistischer Sicht undgehe anschließend auf einige psycholin-guistische Ursachen für ihre Entstehungein.

2.1 Fehlerklassifizierung aus linguisti-scher SichtNach dem Äquivalenzgrad zwischendem falsch gebrauchten und dem jeweili-gen richtigen Wort lassen sich vier Feh-lergruppen unterscheiden: semantischeNulläquivalenz, partielle Äquivalenz, sti-listisch-pragmatische Fehler und Fehlerin der lexikalischen Kompatibilität derLexeme.

2.1.1 NulläquivalenzHier handelt es sich um Fehlleistungen,die den Inhalt der Aussage völlig verun-klaren, z. B.:*Ich wohne in einem ruhigen Quartal. (bul-garisch kvarta = ›Stadtteil, Wohnviertel‹)*Sie müssen auf den roten Bouton drücken.(bulgarisch buton = ›Taste, Druckknopf‹)Bei diesen Wortpaaren haben sich diezwei Lexeme so stark von der ursprüng-

1 Dort können bulgarische Erwachsene, denen ein Auslandsaufenthalt bevorsteht, eineReihe von Fremdsprachen in Intensivkursen erlernen.

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lichen etymologischen Quellenform ent-fernt, daß die semantische Komponen-tenanalyse das Vorhandensein lediglichallgemeinerer Seme nachweisen kann(bei Bouton – buton – <+ KONKRET>,<+ RUND>, <– GROSS>; bei Quartal –kvartal – <+ TEIL VON ETWAS>). Diebeiden Lexeme gehören in der Gegen-wartssprache unterschiedlichen Wortfel-dern an.

2.1.2 Partielle ÄquivalenzIn diese Gruppe lassen sich zwei Fehler-arten vereinen, je nachdem, in welcherHinsicht partielle Äquivalenz zwischenden Einheiten beider Sprachen besteht:innerhalb eines Semems oder innerhalbdes ganzen Lexems. Im ersten Fall habendas deutsche und das bulgarische Lexemmehrere deckungsgleiche semantischeKomponenten, aber gleichzeitig sindwichtige differentielle Komponenten ih-rer Bedeutungen unterschiedlich, z. B.*Ich habe einen Keks gebacken (›Kuchen‹) –im Bulgarischen bedeutet keks ›Napf,Sandkuchen‹.Im zweiten Fall haben die Lexeme so-wohl gemeinsame als auch abweichendeSememe, vgl.*Ein Herr in einem grauen Kostüm hat nachdir gefragt (›Anzug‹) – das Lexem kostjumkann sich im Unterschied zu deutschKostüm sowohl auf Herren- als auch aufDamenbekleidung beziehen.In diesen Beispielen wird die Kommuni-kation trotz abweichender Bedeutungennicht erschwert, da sich die WortpaareKeks – keks und Kostüm – kostjum aufähnliche Denotate beziehen und in bei-den Sprachen zum gleichen Wortfeldgehören. Immerhin liegt hier falscheWiedergabe der Ausgangsinformationund folglich inkorrekter Sprachgebrauchvor.Eine Übertragung von Bedeutungen ei-nes polysemen Lexems auf sein form-ähnliches Gegenstück ist z. B. im Satz

*Ins Schlafzimmer stellen wir die Gardero-be zu finden. Beim Lexempaar Garderobe– garderob existieren zwei gleiche Seme-me – »(gesamte) Oberbekleidung, diejemand besitzt« und »abgeteilter Raumim Theater, Museum o. ä. für die Mäntelder Besucher« (Duden 1989). Danebenhat bulgarisch garderob eine weitere Be-deutung, die im Deutschen durch dasLexem Kleiderschrank wiedergegebenwird.

2.1.3 Stilistisch-pragmatische FehlerSehr oft verletzen die falsch gebrauchtenLexeme nicht die Semantik des deut-schen Lexems, sondern seine stilistischeund/oder pragmatische Markierung. Soz. B. ist das Wort Billett im Satz *Wirmüssen noch Billette für den Zug kaufen(›Fahrkarten‹) fehl am Platz, wenn es aufdeutsche Verhältnisse bezogen wird, daes in Deutschland als veraltet bzw. regio-nal markiert gilt. Dagegen wäre Billett inder Kommunikation mit Schweizerndurchaus richtig, da dies dort die üblicheBezeichnung ist.Die Beispiele aus meinem Korpus zeigen,daß folgende Parameter der Lexemenicht beachtet werden können:– Zugehörigkeit zu unterschiedlichen

Stilschichten– unterschiedlicher zeitlich-historischer

Bezug– Zugehörigkeit zu bestimmten Ge-

brauchssphären– regionale Differenzierung in Bedeu-

tung oder Gebrauch.Bei der Zugehörigkeit der Lexeme zuunterschiedlichen Stilschichten handeltes sich um Markierungen der Lexeme,die »im Kompetenzlexikon des Sprechersals Regeln registriert sind und seine kom-munikative Kompetenz ausmachen«(Rossipal 1973: 14). Das ist z. B. im Satz*Ich kaufe meiner Freundin ein Bukett derFall, da bulgarisch buket neutral ist undfolglich die richtige Entsprechung nicht

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das als gehoben markierte Wort Bukett,sondern Blumenstrauß wäre.In anderen Fällen wurden wieder unterdem Einfluß der Muttersprache Interna-tionalismen auf das Deutsche übertra-gen, die dort als veraltet bzw. veraltendmarkiert sind, z. B. *Wo kann ich meineBagage lassen? (›Gepäck‹) oder *In demCoupé waren 4 Personen (›Abteil‹). Hierhaben die Einheiten der beiden Spracheneinen unterschiedlichen zeitlich-histori-schen Bezug: im Bulgarischen sind sieneutral, im Deutschen dagegen veraltet.In meinem Korpus gibt es vereinzelteBeispiele für Fehler, bei denen die Zuge-hörigkeit des jeweiligen Internationalis-mus im Deutschen zu einer begrenztenGebrauchssphäre und somit seine Mar-kiertheit als Terminus nicht beachtet wur-de: *Ich brauche eine Vakzination (›Imp-fung‹, bulgarisch vaksinacija ist neutral).Zahlreiche Fehler betreffen die Verlet-zung der regionalen Markiertheit derdeutschen Lexeme, z. B. *Ich bin Advokatvon Beruf (›Rechtsanwalt‹) und *Auf wel-chem Perron fährt der Zug nach Berlin?(›Bahnsteig‹).

2.1.4 Fehler in der lexikalischen Kompatibili-tät der LexemeDie lexikalische Kompatibilität besteht inder Fähigkeit eines Lexems in einer Be-deutung, sich syntaktisch mit bestimm-ten anderen Wörtern zu verbinden. Hierkommt die Sprachtradition zur Geltung,da nicht alle potentiellen, sondern nureinige Wortkombinationen tatsächlich imSprachgebrauch realisiert werden. Des-halb kommen manche Unterschiede zwi-schen den formähnlichen Wortpaarenerst auf der syntagmatischen Ebene zumVorschein (Dentschewa/Kilewa 1994:112).Ein Beispiel für die Verletzung der lexika-lischen Kompatibilität deutscher Wörterist im Satz *Kennen Sie seinen Postkode?zu finden, da die Lexeme kod – Kode zwar

semantisch gleich sind, doch das bulgari-sche Syntagma postenski kod im Deut-schen nicht Postkode, sondern Postleitzahlals Entsprechung hat.

3. Klassifizierung nach FehlerursachenIn Anlehnung an Selinkers (1972: 209ff.)Einteilung der Prozesse in der Interlan-guage sind die registrierten Fehler auffolgende Ursachen zurückzuführen, diemanchmal miteinander kombiniert wir-ken: Interferenz, Übergeneralisierung,Lernstrategien, Kommunikationsstrate-gien, Unterrichtsspezifik.

3.1 InterferenzDie Interferenzfehler beim Internationa-lismen-Gebrauch können sowohl durchdie Muttersprache als auch durch eineandere vorher erlernte Fremdsprache be-dingt sein. Allerdings betreffen im letztenFall 96% der Fehler lediglich die Formder deutschen Lexeme, z. B.: *Conferenceaus englisch conference, *Professeur ausfranzösisch professeur. Vereinzelte, die in-haltliche Seite deutscher Lexeme verlet-zende Fehler, die nachweislich durch dieInterferenz aus dem Englischen bedingtsind, begegneten bei Personen mit sehrguten Englischkenntnissen, z. B. in denSätzen *Ich bin Konduktor (›Dirigent‹, bul-garisch auch dirigent) oder *Wir müssenfür die Prüfung studieren (›lernen‹, bulga-risch uca).Dagegen ist die Interferenz aus der Mut-tersprache die stärkste Fehlerquelle, diein der gesamten Unterrichtsperiodewirksam ist.

3.2 ÜbergeneralisierungNachdem die Teilnehmer Einsicht in dieRegeln oder Strukturen der deutschenSprache bekommen, versuchen sie, dieseso oft wie möglich anzuwenden, umihren mangelhaften Wortschatz durchselbstgebildete Lexeme zu kompensie-ren. So wurde das Wort, *Kanzelarium in

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dem Satz *Wo ist das Kanzelarium?(›Kanzlei‹, ›Büro‹) in Anlehnung an diedeutschen Substantive auf -arium durchÜbergeneralisierung des ihnen zugrun-de liegenden Wortbildungsmodells ge-prägt.Auch die Semantik von Lexemen wirdeiner Übergeneralisierung unterzogen,was bei polysemen Wortpaaren oft vor-kommt, die sowohl gleiche als auch ab-weichende Bedeutungen besitzen. In sol-chen Fällen können alle Sememe desmuttersprachlichen Lexems auf sein for-mähnliches Äquivalent übertragen wer-den, wie der unter 2.1.2 zitierte Fehler indem Satz *Ins Schlafzimmer stellen wir dieGarderobe (›Kleiderschrank‹) deutlichmacht.

3.3 LernstrategienDie Anwendung bestimmter Lernstrate-gien ist nicht direkt beobachtbar undbedarf daher zusätzlicher Erfragung.Nach Aussagen von KursteilnehmerIn-nen möchten sie sich oft die Anstrengungzum Lernen neuer Wörter ersparen undkonzentrieren sich deshalb auf das Behal-ten von Hyperonymen bzw. sinnver-wandten Wörtern, die in zahlreichenKommunikationssituationen eingesetztwerden können, z. B. das Verb reparieren,das auch in Fällen wie *Haben Sie dasDiktat schon repariert? (›korrigieren‹) oder*Ich muß den Zahn reparieren (›eine Fül-lung machen‹) gebraucht wurde.

3.4 KommunikationsstrategienDer Internationalismen-Gebrauch selbstkann als eine Kommunikationsstrategieangesehen werden, insbesondere wenndas fremdsprachige Wort von vornhereinnicht bekannt ist. Hierbei handelt es sichum eine Leistungsstrategie, mit der dieKommunikation aufrechterhalten wird.Es ist zu beobachten, daß mehrsprachigePersonen, die internationalen Lexemenauch in anderen Fremdsprachen begeg-

net sind, öfter zu ihrem Gebrauch nei-gen.

3.5 UnterrichtsspezifikEs können Unzulänglichkeiten des Un-terrichts selbst (Lehrmethoden, -mittel,-bücher usw.) sein, die die Lernenden zuFehlern verleiten. So z. B. führt der inten-sive Internationalismen-Einsatz seitensder LehrerInnen bei Semantisierung neu-er Wörter zur Gleichsetzung aller Be-deutungen und stilistischer Nuancen desmuttersprachlichen und fremden Wortes.Ich habe die Erfahrung gemacht, daßauch die Wahl eines Grundstufenlehr-werks überraschenderweise den Interna-tionalismen-Gebrauch der Lernendenmitbestimmen kann. So z. B. neigenGruppen, die nach dem LehrbuchDeutsch für Bulgaren (Grozewa et al. 1992)unterrichtet werden, zum intensiverenEinsatz von internationalen Lexemen.Die Zahl der lexikalischen Einheiten indem genannten Lehrwerk ist im Ver-gleich zu deutschen Lehrwerken wesent-lich kleiner. Offensichtlich spüren dieLernenden den Mangel an Wortschatzund versuchen ihn zu kompensieren, in-dem sie gern zu Internationalismen grei-fen.

4. EvaluierungDieser Beitrag hat versucht, die Relevanzder Erscheinung »falsche Freunde desÜbersetzers« nicht nur für die Praxis derÜbersetzung, sondern auch für denDeutschunterricht nachzuweisen. Für dieLehrplanung und Entwicklung von Un-terrichtsmaterialien sind solche Analysenvon großer Bedeutung, wenn ihre Ergeb-nisse berücksichtigt werden.Es lassen sich folgende Beobachtungenzusammenfassen, die den fehlerhaftenInternationalismen-Gebrauch bulgari-scher Deutschlernender betreffen:– Etwa 62% aller analysierten Fehllei-

stungen verletzen die inhaltliche Seite,

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35% die stilistisch-pragmatischen Para-meter und 3% die lexikalische Kompa-tibilität der deutschen Internationalis-men.

– Bei 7% der Fehler besteht Nulläquiva-lenz zwischen falsch gebrauchtem undrichtigem Wort und bei 55% partielleÄquivalenz. Und trotzdem ist zu beob-achten, daß die Fehler, die den Sinn derÄußerung völlig entstellen, sehr fre-quent sind, weil die jeweiligen bulgari-schen Lexeme zum Grundwortschatzgehören, (vgl. buton, konkurs, magazin).

– Der große Anteil der Fehler, die diestilistisch-pragmatischen Parameterder Lexeme verletzen, ist auf die dies-bezüglichen Unterschiede zwischenbeiden Sprachen zurückzuführen.Zum einen sind die Internationalismenim Bulgarischen besser assimiliert,weshalb sie öfter stilistisch neutralsind, und zum anderen weist das Deut-sche mehrere Standardnormen auf, diesich gerade im Subsystem der Interna-tionalismen unterscheiden.

– Der überwiegende Teil aller Fehler istauf die Interferenz aus der Mutterspra-che zurückzuführen. Das betrifft nichtnur die Lernenden, deren Fremdspra-chenkenntnisse gering waren, sondernauch die Personen mit sehr guter Be-herrschung der englischen oder fran-zösischen Sprache. Auch bei solchenLernenden ist das Bulgarische alsHauptquelle der Fehler zu nennen.Folglich muß nicht auf die Ausklam-merung der Muttersprache aus demUnterricht, sondern eher auf ihre ange-messene Integrierung in das Unter-

richtsgeschehen hingearbeitet werden,u. a. durch explizite Vergleiche von Be-deutung und Gebrauch formähnlicherlexikalischer Einheiten.

LiteraturAkulenko, Valerij Viktorovic: Internacionali-

zacija slovarnogo sostava jazyka. Har’kov1972.

Braun, Peter: »Internationalismen – gleicheWortschätze in europäischen Sprachen«.In: Braun, Peter; Schaeder, Burkhard;Volmert, Johannes (Hrsg.): Internationalis-men. Studien zur interlingualen Lexikologieund Lexikographie. Tübingen: Niemeyer,1990, 13–33.

Dentschewa, Emilia; Kilewa, Renata: »ZurLösung konzeptueller Probleme einesWörterbuchs der ›Falschen Freunde‹(Bulgarisch-Deutsch)«. In: Germanisti-sches Jahrbuch. Schriften bulgarischer unddeutscher Germanisten. Sofia: Universitäts-verlag »St. Kliment Ohridski«, 1994, 109–116.

Grozewa, Maria: »Über die kontrastive Lin-guistik und die Effektivität des Fremd-sprachenunterrichts«. In: GermanistischesJahrbuch der Volksrepublik Bulgarien. Sofia1987/1988, 96–104.

Grozewa, Maria; Stankulowa, Krystina; To-schewa, Maria; Angelowa, Krassimira;Boshaschka, Anastassija: Deutsch für Bul-garen. Sofia 1992.

Rossipal, Hans: »Konnotationsbereiche, Sti-loppositionen und die sogenannten›Sprachen in der Sprache‹«. In: Germani-stische Linguistik. Marburg/Lahn 1973/4.

Selinker, Larry: »Interlanguage«. In: Interna-tional Review of Applied Linguistics X, 3(1972), 209–231.

Topalova, Antoanita: »Kâm leksikalnijakomponent na bâlgarskija nemski mezdi-nen ezik«. In: Cuzdoezikovo obucenie 1–2(1997), Sofia, 28–33.

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Rechenschaftsbericht des Vor-standes des FachverbandesDeutsch als Fremdsprache(FaDaF) für das Geschäftsjahr1996/97

(Bernd Wintermann, München, Vorsitzenderdes FaDaF)

Auf der Mitgliederversammlung desFachverbands im Rahmen der Jahresta-gung Deutsch als Fremdsprache inMainz am 23. Mai 1997 gab der Vorsit-zende – Dr. Bernd Wintermann, Mün-chen – einen Rechenschaftsbericht, ausdem wir im folgenden die wichtigsteninhaltlichen Teile abdrucken. Der voll-ständige Bericht kann über die Ge-schäftsstelle des FaDaF – Hüfferstr. 27,48149 Münster, Tel. 02351/833 2045 –angefordert werden.

GeschäftsstelleIn der Geschäftsstelle arbeiten einehauptamtliche Mitarbeiterin, BirgittaMoll, mit 19 Stunden pro Woche undzwei ehrenamtliche Mitarbeiter, BrigitteKrefting und Winfried Welter. FolgendeAufgaben sind zu bewältigen:– Posteingang (durchschnittlich 5 Schrei-

ben pro Tag)Telefonanrufe/E-mails (durchschnittl.6 pro Tag)

– Mitgliederbetreuung (Korrespondenz,110 Aufnahmen und Abmeldungen,Pflege der Mitgliedskartei)

– komplette Buchhaltung, Abwicklungdes Zahlungsverkehrs, Mahnaktionen

– Produktion und Versand von 4 Ausga-ben von fadaf-aktuell

– Rundschreiben an verschiedene Mit-gliedsgruppen

– organisatorische Vorbereitung der Jah-restagung (Plakate, Einladungen, Pro-gramme, Broschüren, Mitgliederver-sammlung)

– Erstellung und Versand der Vorstands-protokolle

An der Präsentation des FaDaF im Inter-net wird weiter gearbeitet. Bisher ist eine»Begrüßungsseite« fertiggestellt, die un-ter der Adresse: http://www.buene.muen-ster.de/fadaf aufgerufen werden kann.

Publikationen1. fadaf-aktuell: Im Berichtszeitraum er-

schienen 3 Ausgaben, die bei den Mit-gliedern auf ein reges Echo stießen.

2. Die gemeinsam mit dem DAAD her-ausgegebene Informationsbroschürezur Deutschen Sprachprüfung für denHochschulzugang ist nunmehr endlicherschienen und hier auf der Tagungerhältlich. Weitere Exemplare könnenbeim DAAD angefordert werden.

3. Die Neuauflage der Broschüre Deutschals Fremdsprache an außeruniversitärenInstitutionen in Deutschland ist im No-vember 1996 erschienen und kann überden DAAD bezogen werden.

4. Info DaF: Der 23. Jahrgang der Zeit-schrift Info DaF (1996) und die erstendrei Hefte für 1997 sind rechtzeitiggeplant und erstellt worden. Die Ab-sprachen in der Redaktionsgruppe(Buscha, Ehnert, Neubauer, Neuf-Münkel, Roggausch, Wolff sowie Mül-ler-Küppers und Bhatti-Küppers fürdie Kommentierte Auswahlbibliographie)erfolgte wie in den vergangenen Jahrenschriftlich und telefonisch. Im Rahmender Jahrestagung findet wieder eineRedaktionsbesprechung statt. Die Zu-sammenarbeit mit dem iudicium-Ver-

Aus der Arbeit des FaDaF

Info DaF 24, 5 (1997), 667–688

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lag gestaltet sich weiterhin ausgespro-chen positiv, auch wenn eine Erhöhungder Abonnementspreise für den Jahr-gang 1997 unausweichlich war. DerRabatt für FaDaF-Mitglieder beträgtnach wie vor DM 13.

5. In der Reihe »Materialien Deutsch alsFremdsprache« (MatDaF) erschienenim Berichtszeitraum die Hefte43: Armin Wolff; Walter Schleyer(Hrsg.): Fach- und Sprachunterricht. Bei-träge der 22. Jahrestagung Aachen1994,45: Konrad Ehlich (Hrsg.): DaF in Lehreund Forschung. Berichte über For-schungsarbeiten,46: Armin Wolff; Gisela Tütken; HorstLiedtke (Hrsg.): Gedächtnis und Sprach-lernen; Prozeßorientiertes Fremdsprachen-lernen; Deutschlehrerausbildung in West-und Osteuropa; Eine deutsche Literatur –AutorInnen nichtdeutscher Mutterspra-che. Beiträge der 24. Jahrestagung Göt-tingen 1996 (befindet sich in der Her-stellung),44: Armin Wolff; Dagmar Blei (Hrsg.):DaF für die Zukunft. Eine Zukunft fürDaF! Beiträge der 23. JahrestagungDresden 1995 (geht im Juli 1997 inDruck).

Zusammenarbeit mit anderen Institu-tionen1. Mitgliedschaft im Internationalen Deutsch-lehrerverbandDie Mitgliedschaft des FaDaF im IDVzeigt erst ganz allmählich erste Ergebnis-se. So wird der FaDaF mit zwei Beiträgenauf der XI. Internationalen Deutschlehrer-tagung in Amsterdam präsent sein, undzwar mit einer Informationsveranstaltungzur DSH und – gemeinsam mit der Fach-gruppe DaF im Fachverband moderneFremdsprachen (fmf) – mit einer Poster-präsentation zu Fortbildungsangeboten.Im Juni 1998 wird der FaDaF für den IDVein Fachsprachensymposium zum The-

ma »Erstellung von Unterrichtsmateriali-en und Lehrwerken für den fachbezoge-nen studienbegleitenden Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht« veranstalten.Ausrichter ist die Technische UniversitätChemnitz/Zwickau. Mit der Vorberei-tung ist insbesondere das BeiratsmitgliedDr. Sabine Fiß betraut.Der FaDaF hat – vermittelt durch Vor-standsmitglied Brigitte Krefting – für denDeutschlehrerverband Armeniens die Pa-tenschaft übernommen. Er zahlt für diearmenischen Kolleginnen und Kollegenden Mitgliedsbeitrag für den IDV. DieMitgliedschaft ist für den armenischenVerband einerseits unbedingt notwendig,um den Anschluß an die internationaledidaktische Diskussion nicht zu verlie-ren, andererseits sind für ihn die IDV-Beiträge unerschwinglich hoch. DerFaDaF möchte den armenischen Kolle-ginnen und Kollegen auch in den kom-menden Jahren diese Solidarität bezeu-gen und bittet daher sehr herzlich umSpenden für diese Patenschaft.2. Im Rahmen eines EU-Projekts war derFachverband über mehrere Jahre im »Eu-ropean Consortium for the Certificate of At-tainment in Modern Languages« (ECL) ver-treten. Das Konsortium hält nach einheit-lichen Kriterien Sprachprüfungen in 8europäischen Sprachen ab und stellt dar-über Zertifikate aus. Nach Beendigungder Pilotphase hat der Vorstand nocheinmal eingehend über die weitere Mitar-beit in dem Konsortium beraten. Er istdabei zu der Ansicht gekommen, daß dieweitere Mitarbeit zu viele Kräfte bindenwürde und sich zudem nicht mit denübrigen Aktivitäten des Verbands im Be-reich Sprachprüfungen vertrüge. Er hatdaher die Beteiligung am ECL im Herbst1996 beendet. Dessenungeachtet danktder Vorstand Frau Elvira Gehrke, Düssel-dorf, sehr herzlich für die in diesem Zu-sammenhang geleistete engagierte undkompetente Arbeit.

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3. Die Zusammenarbeit mit der FachgruppeDaF im Fachverband moderne Fremdsprachenwird kontinuierlich weiterentwickelt. Ar-beitsvorhaben werden abgesprochen,FaDaF-Vorstandsmitglieder nehmen anden Mitgliedsversammlungen der Fach-gruppe teil; der zweite Vorsitzende derFachgruppe, Dr. Roland Goll, ist ständigerGast bei den FaDaF-Vorstandssitzungen.4. Auf der Jahrestagung der Gesellschaft fürangewandte Linguistik (GAL) im Septemberin Bielefeld wird der Fachverband wiedermit einem workshop vertreten sein. Aufdem von Rolf Ehnert moderierten work-shop werden referieren: Professor ErwinTschirner/Iowa, Dr. Gabriele Graefen/München, Claudia Hilker/Bielefeld.

Arbeitsschwerpunkte des VorstandsNeben der Vorbereitung und Organisa-tion der Mainzer Jahrestagung, die einenGroßteil der Arbeitskapazität bean-sprucht hat, hat sich der Vorstand imBerichtszeitraum v. a. mit den folgendenThemenbereichen beschäftigt:1. Mittelfristige Planung der themati-

schen Arbeit2. Umsetzung der DSH-Rahmenordnung

in die Prüfungspraxis3. Deutsch als Fremdsprache und die At-

traktivität des StudienstandortsDeutschland

4. Berufsprofile und berufliche Aussich-ten im Bereich DaF

1. Mittelfristige thematische Arbeit: Fach-und Jahrestagungen, ständige AGs Vorstand/Beirat zur thematischen PlanungDie bereits im Rechenschaftsbericht 1996erwähnten ständigen Arbeitsgruppenhaben sich wie folgt konstituiert:– Wissenschafts- und Fachsprache:

Beirat: Ehlich, Fiß, Eggers, WolffVorstand: Braun

– Zweitsprachenerwerb:Beirat: GötzeVorstand: Welter

– Methodik/Didaktik:Beirat: Eggers, NeufVorstand: Königs, Stöver-Blahak

– Medien:Beirat: EhnertVorstand: Vorderwülbecke

– Lehreraus- und -fortbildung:Beirat: PaleitVorstand: Krefting

– Qualitätssicherung:Beirat: EhlichVorstand: Albers

– Literatur, Landeskunde:Beirat: WolffVorstand: Schreiber

Von der Einrichtung dieser Arbeitsgrup-pen erhofft sich der Vorstand eine konti-nuierlichere und konsistentere Planungder thematischen Arbeit für Jahrestagun-gen, Fachtagungen und Publikationen.Erste Ergebnisse – insbesondere zurFachsprache und zum Zweitsprachener-werb – liegen bereits vor.Für Hinweise und Anregungen aus derMitgliedschaft sind alle Genannten jeder-zeit dankbar.

2. Umsetzung der Rahmenordnung für dieDeutsche Sprachprüfung für den Hochschul-zugang ausländischer Studienbewerber(DSH)Auch wenn die Rahmenordnung ein Jahrnach ihrem Inkrafttreten vielerorts nochnicht in örtliche Prüfungsordnungen um-gesetzt ist, bemüht sich der Vorstanddarum, über die in der Rahmenordnunggetroffenen Regelungen hinaus auch zueiner möglichst einheitlichen undsachangemessenen Prüfungspraxis bei-zutragen. Diesem Ziel diente insbesonde-re die Fachtagung »Umsetzung der neu-en DSH-Ordnung in die Prüfungspraxis«vom 28.–30.11.1996 in Regensburg. DieErgebnisse dieser Tagung sind in fadaf-aktuell 4/1996 dokumentiert. ZusätzlicheExemplare dieses Hefts können in derGeschäftsstelle angefordert werden. Eine

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Folgetagung ist für den Herbst 1997 ge-plant. Sie steht auch denjenigen offen, dienicht selbst mit der Abhaltung der Prü-fung befaßt sind aber in Kursen auf dieDSH vorbereiten, und wird wiederum inRegensburg stattfinden. Allerdings nicht,wie im fadaf-aktuell 1/1997 angegeben,vom 5. bis zum 7. Juni, sondern vom 2. biszum 4. Oktober 1997. Nähere Auskünfteerteilt Dr. Armin Wolff, Lehrgebiet DaFder Universität Regensburg. Für den Ab-druck des falschen Datums und die dar-aus resultierende Verwirrung bittet derVorstand um Entschuldigung.Zur Information von Interessentinnen/In-teressenten wie auch von Unterrichtendenhaben DAAD und FaDaF die bereits unterPunkt 2 (Publikationen) erwähnte Informa-tionsbroschüre zur DSH herausgegeben.Der besseren Information und der Trans-parenz, was die Prüfungsanforderungenund die Prüfungsorganisation der DSHwie auch der als Befreiungsgrund aner-kannten anderen Prüfungen betrifft, dientdie von der HRK einberufene Expertenrun-de zu Prüfungsfragen. Dieser Expertenrun-de gehören an: Dr. Sybille Bolton für dasGoethe-Institut, Diethelm Kaminski fürden Zentralen Ausschuß für das Sprachdi-plom der KMK, Harald Klingel für dieStudienkollegs und Dr. Armin Wolff fürdie Lehrgebiete DaF der Universitätenund für den FaDaF. Die Runde hat inzwi-schen dreimal getagt und eine verglei-chende Übersicht über die verschiedenenPrüfungen erarbeitet, die als Heft 1/1997der Zeitschrift Begegnung Mitte Juli/Au-gust 1997 erscheinen wird. Ergänzend istdie Produktion einer Video-Kassette zuden Prüfungen geplant.

3. Deutsch als Fremdsprache und die Attrak-tivität des Studienstandorts DeutschlandDiese Thematik hat den Vorstand nichtnur bei der Vorbereitung des entspre-chenden Themenschwerpunkts für dieJahrestagung intensiv beschäftigt.

Der Vorstand hat in Schreiben und inGesprächen – insbesondere mit dem Lei-ter der Kulturabteilung des AuswärtigenAmtes, Herrn Dr. Bertram, am 27.1.1997und mit dem Generalsekretär des DAAD,Herrn Dr. Bode, am 22.4.1997 – seineAnsichten zu dieser Thematik verdeut-licht. Er bezog sich dabei auf– die Vorlage der Interministeriellen Ar-

beitsgruppe (IMA) unter Federführungdes BMBFT vom 14.3.

– die Regierungserklärung der Bundes-regierung zur Auswärtigen Kulturpoli-tik vom 13.6.1996

– die Plenarempfehlung der HRK »At-traktivität durch internationale Kom-patibilität« vom 19.6.1996

– das Aktionsprogramm des DAAD zurFörderung des Studiums von Auslän-dern an deutschen Hochschulen vom14.1.1997.

Da im Verlauf der Jahrestagung alleAspekte ausführlich zur Sprache kom-men, hier nur thesenartig zusammenge-faßt die Stellungnahme des derzeitigenFaDaF-Vorstands:– Der Vorstand beschäftigt sich mit die-

ser Frage nicht unter standespoliti-schen Aspekten – Sicherung von Ar-beitsplätzen –, sondern im Hinblick aufdie notwendige weitere Internationali-sierung der Hochschulen.

– Der Vorstand begrüßt alle Aktivitätenzur Förderung des Ausländerstudiumsund zur Förderung der Attraktivitäteines Studiums in Deutschland, inso-weit sie auf den Abbau bürokratischerund ausländerrechtlicher Hemmnisse,auf die wechselseitige internationaleAnerkennung von Studienleistungenund auf die Verbesserung der Betreu-ung vor und während des Studiumsgerichtet sind. Auch eine flexible Hand-habung der Immatrikulationsregelun-gen wird befürwortet, sofern diesprachliche Vorbereitung und Beglei-tung dadurch nicht beeinträchtigt wird.

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– Der Vorstand ist nicht der Meinung,daß die sog. Sprachbarriere, die Not-wendigkeit Deutsch zu lernen, einegravierende Ursache für das nachlas-sende Interesse an einem Studium inDeutschland darstellt. Auch in den»goldenen Zeiten des Ausländerstudi-ums« haben sich die Studierenden be-reitwillig der Mühe unterzogen,Deutsch zu lernen, und waren stolzdarauf, diese Sprache zu beherrschen.Insofern hat es der Vorstand bedauert,daß dieser Aspekt in ersten Pressereak-tionen auf das DAAD-Aktionspro-gramm eine so große Rolle gespielt hat,wie es umgekehrt zu begrüßen ist, daßer in jüngeren Presseberichten wiederin den Hintergrund tritt.

– Der Vorstand ist mit dem DAAD derMeinung, daß die sprachliche Vorberei-tung intensiviert werden muß undmöglichst hochschulnah, in enger Ko-operation zwischen Lehrgebieten, Stu-dienkollegs und Fachbereichen derHochschulen stattfinden soll. DiesemZweck dient auch die Umfrage zu denstudienvorbereitenden Deutschkursenan den Hochschulen, die kurz vor die-ser Jahrestagung von DAAD undFaDaF gemeinsam gestartet wurde.Der Vorstand bittet alle Lehrgebiete,die den Fragebogen noch nicht zurück-geschickt haben, dies noch nachzuho-len. (Da von den Studienkollegs bereitsumfangreiches statistisches Materialvorliegt, brauchten die Kollegs in dieseUmfrageaktion nicht mit einbezogenzu werden).

– Der Vorstand ist nicht der Meinung,daß – wie es in Stellungnahmen derKultusministerkonferenz heißt – »dienötigen Sprachkenntnisse bereits imHeimatland erworben werden [sollen]und nicht erst in Deutschland«.Deutschland wäre damit das einzigeLand, in dem die Meinung vertretenwird, eine Fremdsprache lernt man

besser im Heimatland als im Zielspra-chenland. Mit dieser Einstellung hilftman den Studienbewerberinnen und-bewerbern nicht, und so läßt sich ausdiesen Bestrebungen auch keinerleiHoffnung auf zunehmende Attraktivi-tät ableiten. Diese Auffassung verkürztzudem den Sprachlernprozeß auf denreinen Kenntniserwerb und unter-schlägt die Orientierungs- und Beglei-tungsfunktion der studienvorbereiten-den Veranstaltungen. Wenn gerade diefehlende Betreuung als Ursache für dienachlassende Attraktivität ausgemachtwird, hat es wenig Sinn, gerade diejeni-gen Einrichtungen zu schwächen, diesich dieser Aufgabe in besonderer Wei-se widmen. Viele ausländische Studie-rende kommen zudem gerade mit demVorsatz nach Deutschland, hier ihreDeutschkenntnisse zu vertiefen.

– Der Vorstand ist daher umgekehrt ganzsicher: Eine Hochschule wird nur dannfür ausländische Wissenschaftlerin-nen/Wissenschaftler und Studierendeattraktiv bleiben oder wieder attraktivwerden, wenn sie ein attraktives Ange-bot zum Deutschlernen vorzuweisenhat.

– Unter diesen Vorzeichen beteiligt sichder Vorstand mit kritischem Interessean den vom DAAD initiierten Gesprä-chen über die Einführung eines »Test-daf« – eines weltweit durchzuführen-den standardisierten Sprachtests nachdem Vorbild z. B. des amerikanischenTOEFL, für den eine eigene Strukturaufgebaut werden soll. Eine erste Ge-sprächsrunde dazu ist für den24.5.1997 angesetzt. Der Vorstand wirddie Mitgliedschaft über den Fortgangdieser Gespräche kontinuierlich unter-richten.

– Da zur Frage der sprachlichen Vorbe-reitung ausländischer Studierendernur wenig statistische Daten vorliegen,wurden auf Vorschlag des FaDaF in

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den Fragebogen zur 15. Sozialerhe-bung des Deutschen Studentenwerkserstmals auch Fragen zur sprachlichenVorbereitung und Begleitung ausländi-scher Studierender aufgenommen. Ineinem Gespräch mit den Mitarbeiterndes Hochschul-Informationssystems(HIS), das diese Erhebungen durch-führt, soll erörtert werden, wie sich derZusammenhang zwischen sprachlicherVorbereitung und Studienerfolg detail-lierter ermitteln läßt. Dieses Gesprächwird im Juni 1997 stattfinden.

4. Berufsprofile und berufliche Aussichten imBereich Deutsch als FremdspracheDer Vorstand mißt diesem Bereich großeBedeutung zu und setzt sich im Rahmenseiner Möglichkeit unter dem Stichwort»Professionalisierung« für die Verbesse-rung der Ausbildungs-, Arbeits- und An-stellungsbedingungen der im BereichDaF Tätigen ein.Ausbildung: Der Vorstand bereitet einSymposium mit den für die Studiengän-ge Deutsch als Fremdsprache verant-wortlichen Hochschullehrerinnen und-lehrer vor, auf dem insbesondere dieAusbildungsprofile dieser Studiengängethematisiert werden sollen. Das Symposi-um wird vom 9. bis zum 11. Oktober 1997in Leipzig stattfinden.Arbeits- und Anstellungsbedingungen: ImVordergrund stand für den Vorstand dasBemühen, eine Änderung in der Entsen-depraxis des Bundesverwaltungsamtesund der Bundesländer zu erreichen, wasdie Entsendung von Programmlehrkräf-ten in die MOE- und GUS-Staaten be-trifft. Dieser Bereich steht bisher fast aus-schließlich Bewerberinnen und Bewer-bern mit dem 2. Staatsexamen für dendeutschen Schuldienst offen und ist da-mit denjenigen, die über eine Ausbildungund Unterrichtserfahrungen im BereichDeutsch als Fremdsprache verfügen,weitgehend verschlossen.

Ebenso wie die Lehrstuhlinhaber fürDeutsch als Fremdsprache hält der Vor-stand diesen Zustand für nicht sachge-mäß und für inakzeptabel, ebenso wiedie Lehrstuhlinhaber setzt sich der Vor-stand für eine Änderung dieser Aus-wahlkriterien ein. Die intensiven Bemü-hungen in dieser Richtung haben bishernoch nicht viel gefruchtet, sie müssendeshalb verstärkt fortgesetzt werden.Geplant war für die diesjährige Jahresta-gung ferner auch ein Vorstoß zur Verbes-serung der Situation der Lehrbeauftrag-ten, Honorarkräfte und freien Mitarbeite-rinnen/Mitarbeiter im Bereich Deutschals Fremdsprache. Der Vorstand bedau-ert, daß sich dieser Programmteil nichthat realisieren lassen, hält aber die The-matik nach wie vor für außerordentlichwichtig.

5. StellenpoolIm Stellenpool sind zur Zeit 56 Stellensu-chende registriert. Neuzugänge 1996: 16;1997: 6. Leider ist die Zahl der uns gemel-deten freien Stellen deutlich niedriger:1996: 8; 1997: 2. Stellenangebote wurdenzwischen vier- und zwanzigmal ver-schickt; es gibt Karteikarten, auf denenseit 1991 10 Angebote aus dem In- undAusland vermerkt sind. (Über den Erfolgder Bewerbungen liegen uns allerdingskeine Informationen vor.)Sowohl Bewerberinnen/Bewerber alsauch Anbieterinnen/Anbieter könnenalso in diesem stellenbezogenen Informa-tionssystem eine Chance sehen. Es wäreaber unbedingt zu wünschen, daß zubesetzende Stellen in noch größeremMaße als bisher gemeldet würden – undzwar sowohl aus dem universitären alsauch aus dem außeruniversitären Be-reich. Ein breiteres Angebot machte denStellenpool für beide Seiten noch interes-santer und würde die Vermittlungs-chan-cen weiter erhöhen.

Mainz, 23. Mai 1997

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Protokoll der Mitgliederver-sammlung des FachverbandesDeutsch als Fremdsprache(FaDaF) im Rahmen der 25. Jah-restagung DaF

Ort:Johannes Gutenberg-Universität Mainz,Philosophicum, Hörsaal P1Zeit:23.5.1997, 18.00–21.30 UhrVersammlungsleitung:Dr. Bernd Wintermann (mit Ausnahmevon TOP 6)Protokoll:Brigitte KreftingAnwesende:89 Mitglieder und einige Gäste

Zur Mitgliederversammlung war ord-nungsgemäß unter Bekanntgabe einervorläufigen Tagesordnung mit Schreibenvom 7.2.1997 eingeladen worden.

Tagesordnung:TOP 1: Tätigkeitsbericht des VorstandsTOP 2: FinanzberichtTOP 3: Bericht der KassenprüfungTOP 4: AusspracheTOP 5: Entlastung des VorstandsTOP 6: Wahl des Vorstands und zweier

Kassenprüfer für die Amtszeit1997–1999

TOP 7: Festlegungen zur Jahrestagung1998

TOP 8: Anträge der Mitgliederversamm-lung

TOP 1: Tätigkeitsbericht des VorstandsDer Tätigkeitsbericht lag den anwesen-den Mitgliedern seit Tagungsbeginn vor.Er wird in Info DaF 5 (1997) abgedruckt.Der Vorsitzende des Fachverbandes, Dr.Bernd Wintermann, erläuterte den vorlie-genden Tätigkeitsbericht und ging dabeiauf Fragen der Anwesenden ein.

TOP 2: FinanzberichtDer Kassenbericht lag den anwesendenMitgliedern seit Tagungsbeginn vor. DerFinanzbeauftragte Hans-Georg Alberserläuterte den Kassenbericht.

TOP 3: Bericht der KassenprüfungWalter Schleyer gab für die Kassenprüfer(Walter Schleyer und Bruna Batistella-Allgeier) den Bericht über die vorgenom-mene Kassenprüfung. Die Buchführungwurde ausdrücklich als übersichtlich undim einzelnen nachvollziehbar charakteri-siert. Es wurde allerdings darum gebeten,die Abrechnung für die »MaterialienDaF« in Zukunft in die Gesamtabrech-nung zu integrieren.

TOP 4: AusspracheRückfragen gab es insbesondere zu denAktivitäten des Vorstands zur Verbesse-rung der Situation der Lehrbeauftragten,Honorarkräfte und freien MitarbeiterIn-nen im Bereich DaF (Punkt 9.4. des Re-chenschaftsberichts). Zur Jahrestagungwurde angemerkt, daß in den Veranstal-tungen zu wenig Zeit für Diskussionenblieb; es wurden andere Zeitraster ange-regt.

TOP 5: Entlastung des VorstandsAus der Mitte der Mitgliederversamm-lung wurde Antrag auf Entlastung desFinanzbeauftragten und des Vorstandesfür das Geschäftsjahr 1996/97 gestellt.Diesem Antrag wurde einstimmig ent-sprochen.

TOP 6: Wahl des Vorstands und zweierKassenprüfer für die Amtszeit1997–1999

(Für diesen TOP übernahm Dr. Rolf Eh-nert die Leitung.)Aus der Mitgliederversammlung werdenfolgende Personen zur Wahl für den Vor-stand des FaDaF vorgeschlagen:

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Vorschläge für die Wahl des Vorstandes1997 bis 1999

Bereich der Lehrgebiete:Brigitte Krefting, MünsterDr. Evelyn Müller-Küppers, MainzProf. Dr. Frank G. Königs, LeipzigAnnette E. Köppel, ErlangenWinfried Welter, MünsterEva-Maria Willkop, MainzDr. Bernd Wintermann, München

Bereich der Studienkollegs:Ursula Kurtenbach, BonnAnke Stöver-Blahak, Hannover

Bereich der außeruniversitären Einrichtun-gen:Hans-Georg Albers, KölnDoris van de Sand, TübingenJürgen M. Schneider, Frankfurt

Von den 89 abgegebenen Stimmen waren86 gültig.

Die gültigen Stimmen verteilten sich aufdie Kandidaten wie folgt:Dr. Bernd Wintermann, München: 80Winfried Welter, Münster: 68Prof. Dr. Frank G. Königs, Leipzig: 59Dr. Evelyn Müller-Küppers, Mainz: 57Brigitte Krefting, Münster: 42Eva-Maria Willkop, Mainz 30Annette E. Köppel, Erlangen 12Anke Stöver-Blahak, Hannover: 72Ursula Kurtenbach, Bonn: 56Hans-Georg Albers, Köln: 76Doris van de Sand, Tübingen: 53Jürgen M. Schneider, Frankfurt: 58

Dem FaDaF-Vorstand für die Amtszeit1997–1999 gehören somit an: Albers, Kö-nigs, Müller-Küppers, Stöver-Blahak, Welter,Wintermann, Kurtenbach, Schneider, van deSand.Als Kassenprüfer wurden gewählt: Wal-ter Schleyer (Aachen) und RüdigerSchreiber (Münster).

TOP 7: Festlegungen zur Jahrestagung1998

Die Jahrestagung 1998 wird, unter Vorbe-halt einer endgültigen Zusage der Ver-antwortlichen vor Ort, vom 4. bis 6. Juni1998 an der Universität Jena stattfinden.

TOP 8: Anträge der Mitgliederver-sammlung

Antrag 1: AG zum Themenkomplex ECTS,Unicert und DaF(eingebracht vom FaDaF-Vorstand; bei 3Enthaltungen angenommen)Die Mitgliederversammlung möge be-schließen: Der Vorstand wird beauftragt,eine Arbeitsgruppe zum Thema: ECTS,Unicert und Deutsch als Fremdspracheeinzurichten.

Antrag 2: Verbesserung des Ausländerstudi-ums(eingebracht vom FaDaF-Vorstand; bei 4Enthaltungen angenommen)Die Mitgliederversammlung möge be-schließen: Der Vorstand wird beauftragt,sich gemeinsam mit dem DAAD verstärktum die politische Durchsetzung der be-kannten Forderungen zur Verbesserungdes Ausländerstudiums, insbesondere imsprachlichen Bereich, zu bemühen.

Antrag 3: Internet(eingebracht vom FaDaF-Vorstand; ange-nommen bei 8 Enthaltungen)Die Mitgliederversammlung möge be-schließen: Der Vorstand wird beauftragt,ein Experten- und Interessententreffenzur Repräsentation von Lehrgebieten,Studienkollegs und FaDaF im Internet zuorganisieren, auf dem Empfehlungendazu erarbeitet werden sollen.

Antrag 4: Themenschwerpunkte für die Jah-restagung 1998

4.1 Wissenschaftssprache – Fachspracheeingebracht vom FaDaF-Vorstand; mehr-heitlich angenommen

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– »wissenschaftliche Alltagssprache« fürKurzzeitstudierende?

– Fachsprachenvermittlung bei außeru-niversitären Anbietern

– Rahmenplan Deutsch als Fremdspra-che für Studienkollegs

– studienbegleitende Sprachlehrangebo-te fachbezogen?

– Doppelausbildung / ZusatzstudiumDeutsch als Fremdsprache für Fachleh-rer

4.2 Alternative Vermittlungsmethodenund Lernformen auf dem Praxis-Prüf-standeingebracht vom FaDaF-Vorstand; mehr-heitlich angenommen– Welche Vermittlungskonzepte haben

den Weg in die Praxis gefunden? Auswelchen Gründen?

– Welche haben sich dort bewährt? Auswelchen Gründen?

– In welchem Umfang tragen alternativeMethoden und Lernformen zur Effekti-vierung der Sprachvermittlung bei?– Lehreraus- und -fortbildung– Materiallage– Lernstile und Lerngewohnheit

4.3 Studienintegrierte Sprachqualifizie-rung (für Kurzzeit-/Langzeit-Studieren-de)eingebracht von Dietrich Eggers; mehr-heitlich angenommenDiesen TSP mit dem TSP Wissenschafts-sprache-Fachsprache zusammenzulegenwurde mehrheitlich abgelehnt.

4.4 Landeskunde aktuelleingebracht von Gabriele Neuf-Münkel,Rüdiger Schreiber, Armin Wolff; mehr-heitlich angenommenIm Rahmen eines solchen Themen-schwerpunktes sollen möglichst die fol-genden Aspekte bearbeitet werden kön-nen:– Bestandsaufnahme zur konzeptionel-

len Arbeit im Teilbereich Landeskunde

– Das Deutschlandbild im Jahre 7 nachder Wiedervereinigung

– Landeskunde im deutschsprachigenRaum: D A C H

– interkulturell orientierte Landeskunde– Landeskunde in neueren Lehrwerken– Landeskunde in literarischen Darstel-

lungen

4.5 Literatur im DaF-Unterricht – Vor-schläge aus der Praxiseingebracht von Gisela TütkenDieses Thema als eigenständigen TSPvorzusehen wurde mehrheitlich abge-lehnt.

Münster, den 25.6.1997gez.Brigitte Krefting; Schriftführerin

Vorstand des Fachverbandes Deutschals Fremdsprache (FaDaF) 1997/99

Hans-Georg AlbersCarl Duisberg Centren KölnHansa-Ring 49–51D-50670 KölnTel.: 0221/1626–242Fax: 0221/1626–256

Hans-Georg AlbersWiener Weg 4D-50858 KölnTel.: 0221/486558– Postadresse –

Prof. Dr. Frank G. KönigsHerder-InstitutUniversität LeipzigLumumbastr. 2D-04105 LeipzigTel.: 0341/973–7534

0341/973–7570 (Sekretariat)Fax: 0341/973–7548e-mail: [email protected]

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Prof. Dr. Frank G. KönigsFlötz Finefrau 1bD-44866 BochumTel. und Fax: 02327/10518

Dr. Evelyn Müller-Küppers (KAB)Sprachlehranlage/DaFUniversität MainzJakob-Welder-Weg 18D-58128 MainzTel.: 06131/39–3188Fax: 06131/39–2648

Dr. Evelyn Müller-KüppersBinger Str. 10D-58257 BudenheimTel.: 06139/6045– Postadresse –

Jürgen M. SchneiderReichenberger Str. 5D-63500 SeligenstadtTel.: 06182/924940Fax: 06182/924942

Anke Stöver-BlahakUniversität HannoverNiedersächsisches Studienkolleg für ausländische StudierendeBismarckstr. 2D-30173 HannoverTel.: 0511/762–8440Fax: 0511/762–8444

Anke Stöver-BlahakAm Papehof 8dD-30459 HannoverTel.: 0511/427916– Postadresse –

Doris van de SandSprachinstitut Tübingen (S. I. T.)Eugenstr. 71D-72072 Tübingen

Doris van de SandIQ DeutschKleiststr. 15

D-72072 TübingenTel.: 07071/22804 (privat: 07071/22223)Fax: 07071/23913e-mail: [email protected]– Postadresse –

Winfried WelterLehrgebiet DaFWestfälische Wilhelms-Universität MünsterHüfferstr. 27D-48149 MünsterTel.: 0251/83–2108Fax: 0251/83–8349e-mail: [email protected]– Postadresse –

Winfried WelterWörthstr. 8D-48151 MünsterTel.: 0251/794131

Dr. Bernd WintermannDeutschkurse für Ausländer bei der Universität MünchenAdelheidstr. 13 bD-80798 MünchenTel.: 089/271–2642 oder 089/2718054Fax: 089/271–1936e-mail: [email protected]– Postadresse –

Dr. Bernd WintermannAntonienstr. 5D-80802 MünchenTel.: 089/390354

Geschäftsführender VorstandVorsitzender: Dr. Bernd WintermannStellvertreterin: Anke Stöver-BlahakWeiteres Mitglied des geschäftsführen-den Vorstandes: Winfried WelterFinanzbeauftragter: Hans-Georg AlbersSchriftführerin: Ursula KurtenbachÖffentlichkeitsarbeit: Jürgen SchneiderKassenprüfer: Rüdiger Schreiber, Walter

Schleyer

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Ständige GästeFür den Deutschen Akademischen Aus-tauschdienst:Dr. Werner RoggauschDeutscher Akademischer AustauschdienstKennedyallee 50D-53175 Bonn-Bad GodesbergTel.: 0228/882–358

0228/882–356 (Frau Henk)Fax: 0228/882–442

Für das Goethe-Institut:Dr. Roland M. GollBereich 21Goethe-Institut MünchenHelene-Weber-Allee 1D-80637 MünchenTel.: 089/15921–318Fax: 089/15921–265

Mit der Wahrnehmung spezieller Auf-gaben vom Vorstand beauftragt sind:Prof. Dr. Joachim Buscha, UniversitätLeipzig:Vertretung des Vorstandes in der Redak-tion für die Zeitschrift InformationenDeutsch als Fremdsprache (Info DaF);Dr. Armin Wolff, Universität RegensburgHerausgabe der Reihe »MaterialienDeutsch als Fremdsprache«Anschrift: Universität Regensburg, Lehr-gebiet DaF, Universitätsstr. 31, 93053 Re-gensburg

Organisatorin der Jahrestagung 1998 inJenaDie Tagung findet vom 4. bis 6. Juni 1998an der Friedrich-Schiller-Universität Jenastatt.Institut für AuslandsgermanistikFriedrich-Schiller-Universität JenaGrieggasse 6D-07740 JenaTel.: 03641/630–656

03641/630–658Fax: 03641/630–738

Berichte über die 25. Jahresta-gung Deutsch als Fremdsprachean der Johannes Gutenberg-Uni-versität Mainz vom 22. bis 24.Mai 1997

Die 25. Jahrestagung Deutsch als Fremd-sprache des Fachverbandes Deutsch alsFremdsprache (FaDaF) fand vom 22. bis24. Mai 1997 an der Johannes Gutenberg-Universität statt und bot drei Themen-schwerpunkte in Vorträgen, Diskussio-nen und Berichten sowie das Forum DaFan:

Themenschwerpunkt 1: Emotion undKognition beim Fremdsprachenlernen –Gegensätze und Gemeinsamkeiten

(Frank G. Königs, Leipzig; Gabriele Neuf-Münkel, Bonn; Anke Stöver-Blahak, Hanno-ver)

Nachdem die Göttinger Jahrestagung1996 sich in einem Themenschwerpunktinsbesondere mit kognitiven Aspektender Sprachverarbeitung und des Sprach-lernens auseinandergesetzt hatte, war esZiel des diesjährigen Themenschwer-punkts, der Frage nachzugehen, in wel-chem Spannungsverhältnis Emotion undKognition stehen. Dabei sollte dem Be-reich der Emotion besondere Aufmerk-samkeit gewidmet werden. In einer Reihevon Vorträgen wurde das Phänomen derEmotion beim Fremdsprachenlernen ausunterschiedlichen Perspektiven beleuch-tet.In ihrem Beitrag »›Ach, Du verstehst michnicht!‹ – Emotionalität funktional gesehen«setzte sich Eva-Maria Willkop (Mainz) mitunterschiedlichen Aspekten des psycho-logischen Konzepts »Emotion« auseinan-der. Ihre Ausführungen galten den cha-rakteristischen Merkmalen von Emotio-nen, der Unterscheidung Emotion/Stim-mung, den Auswirkungen von Emotion

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auf Gedächtnis, Fragen der Bewältigungund des Selbstkonzepts sowie der Kul-turspezifizität von Emotionen undschließlich ihrer Bedeutung in Interaktio-nen. Aus ihren theoretischen, insbeson-dere psychologisch basierten Überlegun-gen leitete die Verfasserin abschließendeinige mögliche Konsequenzen für dieBehandlung und Berücksichtigung vonEmotionen im Deutsch als Fremdspra-che-Unterricht ab.Im Vortrag von Burkhard Tewes (Berlin)ging es um »Große Wörter – Kleine Wörter.Überlegungen zur Sprachauffassung imDaF-Unterricht«. Der Referent ging vonder These aus, daß der ZeichenbegriffSaussures zu eng sei, um den Sprachge-brauch angemessen zu beschreiben. Ins-besondere der Aspekt der Zeitlichkeitfehle. In seinen Ausführungen verwiesTewes auf Positionen von Sprachwissen-schaftlern vorangehender Generationen,in denen der Aspekt der Zeitlichkeit be-reits besser berücksichtigt sei. Tewes ver-suchte, dies insbesondere an den soge-nannten »Plastikwörtern« zu zeigen,Wörtern, die zwar häufig gebraucht wer-den, die jedoch in der Regel sinnentleertseien. Er kritisierte ihre Generierung undihren Gebrauch, auch in DaF-didakti-schen Texten. Der Rückgriff auf »Plastik-wörter« würde Probleme von Sprachauf-fassung und Sprachvermittlung eher ver-decken. Die angekündigten Überlegun-gen zur unterrichtsbezogenen Sprachauf-fassung müssen allerdings noch konkre-tisiert werden.Hans-Eberhard Piepho (Garching) unter-suchte die affektiven Komponenten imLehrwerk Elemente 1. Dabei ging es ihminsbesondere um die Berücksichtigungemotionaler Faktoren durch Übungsan-gebote, die es dem Schüler gestatten,seine Person und seine Auffassungen inden Unterricht zu integrieren. Aus die-sem Grunde verzichtet das Lehrwerk aufeine grammatische und/oder lexikalisch

orientierte Progression. Vielmehr sei esder Lernende selbst, der durch offeneÜbungsangebote Umfang und Mengeder zu erwerbenden lexikalischen odergrammatischen Einheiten bestimme, undzwar aus dem tatsächlichen eigenen Be-dürfnis nach Kommunikation. Dabei seiinsbesondere in heterogenen Lernergrup-pen von Bedeutung, daß die kulturspezi-fische Sicht auf die Welt mit ihren unter-schiedlichen Ausprägungen thematisiertwerde.Volker Eismann (Evry) behandelte »Emo-tionale Komponenten im Lehrwerk ›Die Su-che‹«. Er legte dar, daß in diesem Lehr-werk bereits von Anbeginn an Übungs-angebote gemacht werden, die einen Ein-bezug emotionaler Komponenten nichtnur gestatten, sondern geradezu unum-gänglich machen. Diese emotionalenKomponenten richten sich allerdingsstärker auf die präsentierten Texte und/oder Ereignisse, nicht so sehr auf dasSelbst der Lernenden. An einigenHörübungen demonstrierte Eismann,wie die emotionale Befindlichkeit vonSprechern durch Fremdsprachenlernen-de erkannt werden könne.Anke Kleinschmidt, Birgit Rek und BirgitSekulski (Warschau) fragten: »Wie konven-tionell darf ein Lehrwerk sein?« Anhand desin Polen erstellten Lehrwerks MeinDeutsch zeigten sie, daß auch Übungendurchaus lernerangemessen sein können,die vom Standpunkt der Fremdsprachen-didaktik aus als »veraltet« oder »konven-tionell« bewertet werden. Wenn die je-weils spezifischen Lerntraditionen undLerngewohnheiten dies forderten, sei esgerechtfertigt, mit konventionellenÜbungen zu arbeiten, insbesonderedann, wenn sie nicht zur Verletzung vonTabus führen. Die Autorinnen zeigtenauf, daß der vergleichsweise hohe Anteilan Grammatikvermittlung einem Lerner-bedürfnis der polnischen Adressaten ent-spreche.

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Gert Solmecke (Frankfurt) plädierte für»Fertigkeiten Schulen ohne Frust? EinigeBemerkungen zum Problem der Motivationim Deutschunterricht«. Solmecke ging voneinem Motivationsmodell aus, das unterZugrundelegung einer Differenzierungvon Motivation, Motiv und MotivierungHandlungsketten beschreibt, in die Ler-nende eingebunden sind. Anhand unter-richtspraktischer Beispiele konnte er zei-gen, daß es häufig nicht der Lerner ist,der aufgrund mangelnder Motivation zusprachlichen Minderleistungen kommt,sondern daß die Ursache für solche Min-derleistungen ebenso häufig auf Lehrer-seite liegen kann, wenn die zuvor skiz-zierten Handlungsfolgen durch unange-messene lehrerseitige Reaktionen verletztwerden.Kerstin Reinke (Leipzig) beschrieb ein-drucksvoll »Die Musik hinter den Worten.Phonetische Mittel der Emotionalität imDeutschen und ihre Rezeption durch deutsch-lernende Russen«. Die Referentin legte anzahlreichen praktischen Beispielen dar,welche Bedeutung den unterschiedlichenphonetischen Mitteln bei der Realisie-rung von Sprache bzw. beim Aufbauenvon Verstehen und Verständnis zukom-men. Gleichzeitig dokumentierte sie aneinigen Hörbeispielen, daß Intonations-muster und phonetische Mittel häufigaus der Muttersprache in den Gebrauchder Fremdsprache übertragen werden.Hier sei nach spezifischen Verfahren zusuchen, mit deren Hilfe man die Verfüg-barkeit über zielsprachlich angemessenephonetische Mittel erhöhen könne.Gabriele Neuf-Münkel (Bonn) beschriebihre Unterrichtserfahrungen bei der Be-handlung von »Friedrich Dürrenmatts›Der Besuch der alten Dame‹«. Es ging ihrum kognitive und affektive Komponen-ten bei der Lektüre einer Ganzschrift. Sielegte dar, daß die Behandlung einerGanzschrift Emotionalität auf unter-schiedlichen Ebenen hervorrufe, ange-

fangen bei der äußerlichen Textgestal-tung über inhaltliche Fragen bis hin zudarüber hinausreichenden kulturbeding-ten Einstellungen gegenüber der Weltbzw. Weltsichten. An ganz konkretenPunkten zeigte die Referentin auf, anwelchen Stellen der unterrichtlichen Aus-einandersetzung mit der ausgewähltenGanzschrift emotionale Komponenten jenach Fragestellung und Aufgabenbe-handlung von besonderer Bedeutung fürdas Unterrichtsgeschehen waren.Wolf Dieter Otto (Bayreuth) befaßte sichmit »Toleranz als Lernziel des Fremdspra-chenunterrichts«. Ottos Überlegungensetzten beim Toleranzbegriff an, dessenFundierung er sowohl individual- alsauch gruppenpsychologisch zu leistenbemüht war. Gleichzeitig befaßte er sichmit der Lernzielsetzung im (Fremdspra-chen-)Unterricht, in deren Rahmen dieErziehung zur Toleranz eine wichtigeRolle spiele. Unter Bezug auf einen Zei-tungstext zur deutschen Wiedervereini-gung stellte er dar, welche Konsequenzensich seiner Auffassung nach aus einerangemessenen Berücksichtigung des vonihm vertretenen Toleranzkonzeptes fürdie Gestaltung des Fremdsprachenunter-richts ergeben.»Eine Träne ist eine intellektuelle Angele-genheit«. Mit diesem an die Tafel ge-schriebenen Zitat von W. Blake (und an-deren) verdeutlichte Manfred Schewe(Cork), wie eng Emotion und Kognitionverbunden sind. In seinem »Workshopzum dramapädagogischen Fremdsprachen-unterricht« ging er von der These aus, daßin der Fremdsprachenforschung vielüber Emotionen geredet werde, es aberan Praxisvorschlägen mangele. Nach ei-ner kurzen Einführung in das Konzeptdes dramapädagogischen Unterrichtsmachte er mit einer Gruppe praktischeÜbungen. In verschiedenen aufeinanderaufbauenden Sequenzen (Standbild bau-en, Dialog sprechen, Dialog sprechen im

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Gehen usw.), wurde – auch der zuschau-enden Gruppe – eindrucksvoll deutlich,wie durch die Aktion im Raum Emotio-nen/Energie freigesetzt wurden. In denkurzen Auswertungs- oder Interpretati-onsphasen wurde das »Gespielte« be-wußt gemacht, die Imaginationskraft mitder Realität verbunden – so entstand dasfür den Unterricht wichtige Zusammen-spiel von Sinnlichkeit, Emotion und Ver-stand. Im dramapädagogischen Unter-richt müssen Lernende und Lehrendeihre Gefühle einbringen. Die ästhetischeErziehung distanziert sich von der Split-tung in linke und rechte Gehirnhälfte.In dem Vortrag von Heike Rohmann mitdem Titel »Sprechmut, Sprechfreude, Sprech-vertrauen« stand der Zusammenhang vonSprechen und Spracherwerb im Mittel-punkt. In Anlehnung an konnektionisti-sche Modellvorstellungen wurde von ei-nem Netz von Beziehungen zwischenSprachformen, Funktionen, Konzeptenund situativem Kontext ausgegangen, dasdurch exploratives Sprechen aufgebautwird. Exploratives Sprechen sei jedocherst auf der Grundlage einer bestimmtenEinstellung zum Sprechen in der Fremd-sprache möglich. Freude am Sprechen, amEntwickeln der eigenen fremdsprachli-chen Fähigkeiten und fokussierte Auf-merksamkeit bzw. Konzentration solltensich dabei unter günstigen Bedingungengegenseitig verstärken und stabilisieren.Zum Themenschwerpunkt 1 gehörte derPlenarvortrag von Inge ChristineSchwerdtfeger (Bochum). Ihr ging es umden »Unterricht Deutsch als Fremdsprache:Auf der Suche nach den verlorenen Emotio-nen«. Sie legte dar, daß die psychologi-sche Forschung nicht selten ein unüber-schaubar gewordenes Labyrinth unter-schiedlicher Konzeptionen und Ergebnis-se zum Thema Emotion vorgelegt habe.In der Fremdsprachenunterrichtsfor-schung seien diese Aspekte fast gänzlichunberücksichtigt geblieben. Insbesonde-

re kritisch ging sie in diesem Zusammen-hang mit einseitig kognitiv orientiertenAnsätzen um, bei denen emotionaleKomponenten des Sprachgebrauchs unddes Spracherwerbs gänzlich unberück-sichtigt blieben. Sie argumentierte füreine stärkere Berücksichtigung emotio-naler Komponenten im Fremdsprachen-unterricht und in der Erforschung dessel-ben, nicht zuletzt durch Berücksichti-gung einer Sprachauffassung, die es denLernenden stärker erlaube, die eigenePerson und damit auch den ganzen Men-schen in seiner Leiblichkeit in den Unter-richt zu integrieren. Damit wendete siesich gegen solche Verfahren, in denenSprache ausschließlich zum Instrumentdegradiert werde, jedoch nicht mehr Dar-stellungsobjekt eigener Befindlichkeitensei. Der Vortrag wurde abgerundet durcheine Reihe von unterrichtsbezogenen Bei-spielen, die es nach Ansicht der Referen-tin erlauben, unterschiedliche Aspekteder Emotion stärker in den Unterricht zuintegrieren, ohne dabei jedoch den Ler-nenden in seiner ureigensten Befindlich-keit zu verletzen oder gar zu brüskieren.

Themenschwerpunkt 2: »Lernen mitneuen Medien«

(Christiane Braun, Frankfurt; RüdigerSchreiber, Seligenstadt; Klaus Vorderwülbek-ke, Schwetzingen)

Der Themenschwerpunkt wollte beson-ders die didaktischen Möglichkeiten derneuen Medien ausloten. Deshalb war diegrundsätzliche Fragestellung: »Wie kön-nen Lehrende und Lernende ihre Aufga-ben und Ziele mit Hilfe der neuen Medi-en besser erreichen?«Für den verhinderten Bernd Weiden-mann hielt Manuela Paechter den angekün-digten Vortrag über »Interaktives Lernenmit Multimedia im Fremdsprachenunter-richt«. Als Forderung hob die Referentinbesonders konstruktivistische Elemente,

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Eigentätigkeit der Lerner und die Mög-lichkeit zu Teamwork hervor. GuteLernsoftware sollte darüber hinaus mul-tiperspektiv sein und verschiedene An-wendungsbereiche mit einbeziehen. Dar-aufhin wurden einige Lernprogrammeuntersucht (z. B. »Deutsch 1«, »Ruf malan« und »Wer ist Oscar Lake«. Letzteresschnitt in der Erfüllung der genanntenKriterien am besten ab, weil der Benutzerdie Rolle des Protagonisten in einer fikti-ven Geschichte übernehmen kann undweil er die Möglichkeit hat, den Gang derDinge zu beeinflussen. Als generellenMangel stellte Paechter heraus, daß esnoch keine Programme mit Spracherken-nung gebe.Eva van Leewen arbeitete unter dem The-ma »Wie lehrt und lernt es sich mit PC-Programmen« in didaktisch eingängigerForm die verschiedenen Entscheidungs-und Frageparameter beim Einsatz vonComputerprogrammen zu Sprachlern-zwecken heraus. Dies immer auch inHinblick auf die Entwicklung der letztenzehn Jahre. So diskutierte sie Fragen, diesich auftun bei der Entscheidung über dieGeräte, über die Technik der Programme,über die Inhalte der Programme undschließlich zum Lehren und Lernen mitdiesen Programmen. Sie kritisierte unteranderem, daß es an einer methodisch-didaktischen Fundierung dieser Lernpro-gramme mangelt. Bei der Entwicklungdieser Programme sei man oft hinter Er-kenntnisse zurückgefallen, die dieSprachlehr- und -lernforschung schonvor zehn oder 15 Jahren erarbeitet habe.»Lehren und Lernen mit Standardsoftware –Methoden und Techniken für PC-Normalver-braucher« war das Thema von Hans Gött-mann. Er zeigte, wie man im Rahmen desFachunterrichts an Studienkollegs mitStandardsoftware Leseverstehen undTextbearbeitung üben kann. Die Aufgabefür die Lerner besteht aus folgenden Ein-zelschritten: gezieltes Suchen, Sichten

und Ordnen, Sachgerechtes Verarbeitenund Weitergabe dieser Inhalte auf ver-ständliche Weise. Göttmann demon-strierte das anhand verschiedener The-men aus Physik und Ökologie. Im Ideal-fall kann der PC auch als Präsentations-medium für die Ergebnisse der Arbeiteingesetzt werden. Eine Gefahr sah Gött-mann darin, daß die Aufbereitung derTexte mit Einbindung von Grafiken, Fo-tos und Tabellen z. T. zu solch attraktivenErgebnissen führt, daß die Lerner ihresprachlichen Fähigkeiten und Defizitenicht mehr richtig einschätzen. Im übri-gen regte er an, daß der Zugang zu denNetzen für den DaF-Unterricht auch eineAufgabe des Fachverbandes sein könneund solle.Timm Hassert und Klaus Vorderwülbeckestellten den neuen im Entstehen begriffe-nen »Fernsehsprachkurs ›Einblicke‹« vor,der von Goethe-Institut und Inter Natio-nes mit Unterstützung des AuswärtigenAmtes erstellt wird. Vorderwülbeckeskizzierte kurz die Zielgruppen, die The-men, die didaktische Konzeption und dieKomponenten des Medienverbundes.Anschließend zeigte er einige Aufgaben-typen aus dem Begleit- und Arbeitsbuch.Hassert stellte zunächst zwei Kategorienvon Merkmalen multimedialer Program-me vor, nämlich technisch-technologi-sche auf der einen und didaktisch-gestal-terische auf der anderen Seite. Dann wur-den verschiedene Typen von Aufgabenaus der fast fertiggestellten CD-ROMzum Thema »Miteinander« vorgeführt.Es gibt Übungsbatterien zu allen vierFilmen der jeweiligen Folge des Kurses.Die Aufgaben sind durchgängig auf dreiSchwierigkeitsniveaus ausgelegt. DieLerner können also das Niveau wechseln,wenn die Aufgaben sich als zu leicht oderzu schwer erweisen. Durch eine extensi-ve Einbindung von Videosequenzen,durch Module zu einzelnen Fertigkeits-bereichen wie Grammatik, Wortschatzar-

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beit und Sprechhandlungen, und durchein sprechendes Wörterbuch können die-se Programme auch unabhängig vomFernseh- bzw. Videofilm eingesetzt wer-den. In der Diskussion wurde die Quali-tät des Programms gelobt, aber auch kri-tisiert, daß der Lerner kaum Möglichkei-ten zu autonomem Handeln habe. NachHassert sind diese Programme nicht sokonzipiert, daß sie den Kriterien des au-tonomen Lernens in vollem Umfang ge-recht werden.Reinhard Donath machte in dem Beitrag»World Wide Web und DaF« seine Erfah-rungen aus dem Einsatz von PCs imgymnasialen Englischunterricht für denBereich DaF nutzbar. Durch Kontakteüber das World Wide Web, durch E-MailPartnerschaften und durch Recherche-möglichkeiten im Netz wird seiner Mei-nung nach ein sehr hoher Grad an Ak-tualität und Authentizität in der Kom-munikation erreicht. »InterkulturellesLernen beginnt da, wo die Schüler an-fangen zu fragen«. Der Beitrag schloßmit nützlichen Hinweisen zu Adressenund Institutionen zu World Wide Webund DaF.In seinem Beitrag zum Thema »Dasdeutschsprachige Web in Deutschkursen fürWirtschaftsstudierende« zeigte JoachimSchlabach die spezifischen Möglichkeitendes Netzes in der Auslandssituation(Helsinki). Er stellte verschiedene Aufga-ben bzw. Projekte vor, in denen Informa-tionsangebote im deutschsprachigenWeb für Landeskunde- und Wirtschafts-fachkurse genutzt wurden. Das sind z. T.sehr praktische Aufgabenstellungen wiez. B. bestimmte Zugverbindungen zu re-cherchieren, das aktuelle Börsengesche-hen zu dokumentieren oder günstigeKonditionen bei verschiedenen Bankenzu recherchieren. Ziel dieser Übungen istalso, die Lernenden im Ausland zu befä-higen, sich über die Angebote im NetzInformationen zu beschaffen und für be-

stimmte Entscheidungen zu nutzen. Wie-weit diese virtuellen Deutschlandbesu-che auch die Probleme bei realen Aufent-halten in Deutschland reduzieren, willSchlabach später erkunden.Im Beitrag »Evaluation von PC-Lernpro-grammen« von Beate Zeidler und Gerd vonder Handt stellten die Referenten ver-schiedene Evaluationsaspekte aus derMedien- und Fachdidaktik vor. Dabeiwurden Aspekte, wie z. B.– interkulturelle kommunikative Kom-

ponente– sozio-linguistische Komponente– elementare/komplexe und kommuni-

kative Lernziele und– medienspezifische Charakteristikaerläutert.Die Kriterien basieren auf der Didaktikeines Verbundes von angeleitetem Ler-nen in der Gruppe und in Grenzen lenk-barem Selbstlernen. Anhand von aktuel-len Software-Programmen wurde dieAnwendung der Kriterien präsentiertund diskutiert.Meinolf Mertens stellte in seinem Beitrag»Der PC als Übungsgenerator« ein selbsterstelltes und leicht zu erstellendesÜbungsprogramm vor. Mit Hilfe einerReihe von selbst entwickelten Makroskönnen Texte auf verschiedene gramma-tische Phänomene hin untersucht wer-den, z. B. Präpositionen, Konjunktionen,Artikelwörter oder Flexionsendungen.Diese Analyse zeigt dann, welche Phä-nomene sich gehäuft in dem jeweiligenText finden und für welche Übungen ersich eignet. Dazu stehen verschiedeneder klassischen Übungstypen zur Verfü-gung wie Lückentext, Cloze-Test, Rei-henfolge von Sätzen ordnen oder Wör-terschlangen segmentieren. Für dieseÜbungsformen können dann quasi miteinem Knopfdruck Arbeitsblätter für dieLerner erstellt werden. Als Textvorlagenkann man schriftliche Texte einscannen,aber natürlich auch alle schon digitali-

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sierten Texte aus Zeitungen, Zeitschrif-ten, Lexika und Enzyklopädien einge-ben.Werner Hess zeigte sich in seinem Referat»Computergestütztes Lernen unter nicht-ex-perimentellen Bedingungen« äußerst skep-tisch gegenüber dem Nutzen neuer Me-dien im Unterricht (»alter Quark, mitneuen Medien breitgetreten«). Er bezogsich auf ältere Software für den BereichDeutsch als Fremdsprache, also Lücken-texte und »Textarbeiter« sowie »Themen-arbeiter«. Er beklagte den hohen Zeitauf-wand beim Einlegen einer CD-ROM oderbeim Zugang zum Internet. Der Lernzu-wachs einer chinesischen Lernergruppe,die die in Hongkong zur Verfügung ste-hende Software nutzte, sei identisch mitdem einer traditionell unterrichteten Ver-gleichsgruppe gewesen, so daß ein Nut-zen des Computers für den Unterrichtnicht erkennbar sei. Das vom Referentenvorgelegte Zahlenmaterial basierte aller-dings auf einer sehr kleinen Zahl vonKursteilnehmern.Im Auditorium gab es im Anschluß hefti-gen Beifall und zustimmende Äußerun-gen, die von ähnlichen Erfahrungen mitLernsoftware berichteten. Es gab aberauch starke Kritik, die sich auf die Be-schränkung der Untersuchung auf eineAuswahl vorgefertigter älterer Softwareund mangelnde Integration der Arbeitam Computer in ein medienpädagogi-sches Konzept bezog. Diese heterogenenReaktionen machten deutlich, wie sehrdas Thema neue Medien immer noch zuPolarisierungen führen kann.Ulrich Engelen stellte in seinem Referat»Medienprojekte in einer Schule« heraus,daß Medienerziehung, besonders die Be-schäftigung mit neuen Medien, erst ineinem pädagogischen Gesamtzusam-menhang eine Rechtfertigung erfährt.Der PC sei ein Medium unter vielen.Schule müsse sich mit Multimedia aus

politischen und aus ethischen Gründenbefassen. Aus politischen, weil der Zu-gang zu den Medien nicht vom Geldbeu-tel der Eltern abhängig sein dürfe, undaus ethischen, weil besonders im Internetunvertretbares Material ungefiltert er-reichbar sei, dessen Validität in keinerWeise gesichert sei.Das Evangelisch Stiftische Gymnasiumin Gütersloh betreibt eine fachintegrierteMedienpädagogik, in der analytischeund produktive Verfahren (z. B. Herstel-lung von Filmen, virtuellen Ausstellun-gen, Präsentation von Arbeitsergebnis-sen im Internet) integrale Bestandteiledes Schullebens sind. Die Selbständigkeitder Lerngruppe und die Selbstorganisa-tion des Unterrichts stehen im Vorder-grund. Die Arbeit mit Multimedia orien-tiert sich also wie die mit den anderenMedien an reformpädagogischen Ansät-zen der Veranschaulichung (sehenswerteProdukte herstellen), der Lernerorientie-rung, der Binnendifferenzierung, derTeamarbeit sowie der Problemorientie-rung (Fragestellungen und Problemlö-sungsstrategien selbständig entwickelnlassen).Für die Arbeit mit dem Internet geltendieselben Grundsätze: Die Legitimationfür die Nutzung des Internet ergibt sichaus Fragestellungen in den verschiede-nen Unterrichtsfächern, nicht aus einervermeintlichen Faszination durch dasMedium und seine Möglichkeiten selbst.Regelungen für den Zugang zum Inter-net sollen einem Mißbrauch vorbeugen.(Eine Software namens »Cybercontrol«ist z. B. in der Lage, bestimmte Reizwör-ter zu erkennen und diese Internet-Seitendem Zugriff durch die Lerner zu entzie-hen. Mit einer Verpflichtungserklärungwurden gute Erfahrungen gemacht.) In-teressenten haben die Möglichkeit, sichnach Voranmeldung in Gütersloh selbstzu informieren.

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Themenschwerpunkt 3: Deutsch alsFremdsprache und die Attraktivität desLern- und Studienstandorts Deutsch-land

(Hans-Georg Albers, Köln; Brigitte Krefting,Münster; Bernd Wintermann, München)

Der Themenschwerpunkt 3 stand unterder Überschrift »Deutsch als Fremdspra-che und die Attraktivität des Lern- undStudienstandorts Deutschland« und griffdie aktuelle Diskussion auf, wie ein Stu-dium in Deutschland für ausländischeStudierende wieder attraktiver werdenkann.Der Beitrag des Faches Deutsch alsFremdsprache dazu kann mit den Stich-worten Bedarfsorientierung – Innovation –Qualität umschrieben werden.Zur Bedarfsorientierung stellte Barbara Gü-gold (Berlin) gleichsam idealtypisch dasBerliner Programm des Instituts für Eu-ropäische Studien vor, mit dem amerika-nische Studierende für ein bis zwei Seme-ster nach Berlin kommen und dort eingenau auf ihre Interessen und Bedürfnis-se zugeschnittenes Fachstudien-, Prakti-kums-, Kultur- und Sprachlernpro-gramm geboten bekommen. Allerdingsmüssen sie für dieses Programm aucheinen entsprechenden Preis zahlen(9.000 $ für ein Semester).Gügold plädierte eindringlich für einegrößere Differenzierung und Flexibilisie-rung hinsichtlich der sprachlichen Anfor-derungen.Die Bedürfnisse hinsichtlich der sprachli-chen Vorbereitung und Begleitung von Sti-pendiaten der Alexander-von-Humboldt-Stiftung beschrieb Gisela Janetzke. Ein-drucksvoll, wie in den zufällig herausge-griffenen Abschlußberichten der Stipen-diaten einhellig die Wichtigkeit fundier-ter Deutschkenntnisse betont wurde –quer durch alle Fachbereiche. Janetzkehob daneben auch die Bedürfnisse mit-einreisender Familienangehöriger nach

sprachlicher Förderung hervor – eben-falls eine Aufgabe, der sich die Hoch-schulen nicht verschließen dürfen.Daß insbesondere Kurzzeitstudierende,z. B. im Rahmen europäischer Mobilitäts-programme, auch ein legitimes Interessedaran haben, in Deutschland erbrachteStudienleistungen auf ihr Studium imHeimatland angerechnet zu bekommen,machte Andreas Kelletat, Germersheim,deutlich. Er erläuterte das »ECTS« (Euro-päisches Credit-Transfersystem), mit demStudienleistungen unterschiedlicherHochschulsysteme vergleichbar gemachtwerden sollen, und sprach sich entschie-den dafür aus, auch die studienbegleiten-den Sprachkursangebote, die ein Haupt-motiv für die Teilnahme an den Aus-tauschprogrammen darstellen, in diePartnerschaftsverträge und in das ECTSmit aufzunehmen. Mit welchen Erwar-tungen, Zielsetzungen und (Vor-)Urtei-len Erasmus- bzw. Socrates-Stipendiatennach Deutschland kommen, zeigte CarolaNiedenthal anhand eines Videofilms, derals Unterrichtsprojekt in einem Deutsch-kurs für Erasmus-Stipendiaten an derUniversität Mainz entstanden ist.Welche Anstrengungen an den Lehrge-bieten Deutsch als Fremdsprache unter-nommen werden, Sprachlernprogrammeinnovativ zu gestalten und genau auf diesich wandelnden Bedürfnisse der Studie-renden zuzuschneiden, wurde in drei Be-richten aus der Praxis deutlich, die aufein reges Interesse stießen, so daß wederder gesteckte Zeitrahmen noch der vor-gesehene Hörsaal ausreichten:1. Eine Arbeitsgruppe des Lehrgebiets der

Universität Mainz (Claudia Wiemer, Eve-lyn Müller-Küppers, Dietrich Eggers) be-richtete unter der Überschrift »Vorle-sungssprache Sozialwissenschaften« übereinen vorlesungsbegleitenden Kurs, derauf einer detaillierten Untersuchungder sprachlichen Mittel sozialwissen-schaftlicher Vorlesungen aufbaut.

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2. In seinem Beitrag »Kommunikationspäd-agogik in Deutsch als Fremdsprache« plä-dierte Roland Forster, Saarbrücken, füreine stärkere Förderung der Ge-sprächs- und Redefähigkeit in studien-vorbereitenden Deutschkursen undstellte dazu ein Übungsprogramm vor,das sich in der Praxis als ausgespro-chen erfolgreich erwiesen hat.

3. Paul Mog und Donato Donatelli, Tübin-gen, haben einen integrierten Deutsch-landkundekurs entwickelt, durch dendie Teilnehmerinnen und Teilnehmer»Deutschland besser verstehen lernen«,d. h. deutsche Lebenswelten systemati-scher und genauer wahrnehmen sol-len.

Neuland wird auch betreten in den neueingerichteten integrierten zweisprachi-gen Studiengängen. Exemplarisch be-richtete Rolf Metzler über den integriertenBachelor-/Masterstudiengang für Chemie-In-genieurwesen. Die Lehrveranstaltungenfinden teils auf Deutsch, teils auf Eng-lisch statt, der Spracherwerb – Englischfür deutsch Studierende, Deutsch fürausländische Studierende – wird in dasStudium integriert.Der Studiengang »Magister legum für aus-ländische Juristen« an der UniversitätMainz existiert, wie Maren Tschiene be-richtete – dagegen schon seit längererZeit, die erforderlichen Deutschkenntnis-se müssen vor Beginn des Fachstudiumsin der üblichen PNdS/DSH nachgewie-sen werden.Zur Frage der Qualität und der Qualitätssi-cherung gab es zunächst Berichte überQualitätsstandards, deren Sicherung unddie Konsequenzen für den Bereich desDeutsch als Fremdsprache-Unterrichtsaußerhalb der Hochschulen. Drei unter-schiedliche Systeme von Qualitätsnor-mierungen wurden vorgestellt. Dabeistand jeweils die Fragestellung nach denAuswirkungen dieser Qualitätsstan-dards für die jeweiligen privaten Spra-

chenschulen (bzw. Sprachschulorganisa-tionen) im Vordergrund.Zunächst stellten Stefan Brummund vonder Eurosprachschule Hamburg sowieAxel Freudenfeld vom did deutsch institutBerlin das Qualitätsmanagementsystemnach DIN EN ISO 9001 vor. In den rund 80Euro-Schulen in Deutschland hatte dieEinführung eines Qualitätsmanagement-systems vor allem nach innen Auswir-kungen: der Stellenwert der Qualität dergeleisteten Arbeit wurde stärker als vor-her in den Mittelpunkt der gemeinsamenAnstrengungen gerückt, wobei sowohldie internen Abläufe der einzelnen Insti-tute als auch das Zusammenwirken derSchulen untereinander verbessert wer-den konnte. Wichtige Stichworte sind da-bei: Transparenz interner Abläufe, konse-quente Offenlegung und anschließendeBeseitigung erkannter Schwachstellenund – übergeordnet – Nutzung von Syn-ergieeffekten. Dabei läßt sich das Quali-tätsmanagementsystem auf Schulen undKurse mit den unterschiedlichsten Ziel-gruppen anwenden.Ein zweites Qualitätsmanagementsystemstellte Wieland Raatz vor, Leiter des Euro-zentrums Köln, der einzigen Sprachschu-le für Deutsch als Fremdsprache, die bis-her im Rahmen der »European Associationfor Quality Language Services« EAQALSzertifiziert wurde. Diese 1991 gegründeteQualitätsgemeinschaft umfaßt insgesamt21 Vollmitglieder aus 7 Ländern sowie 8assoziierte Mitglieder in 6 Ländern (inDeutschland das Goethe-Institut). AlsZiel hat sich EAQUALS die Förderungvon Qualität im Unterricht modernerFremdsprachen gesteckt. Die Erreichungdieses Ziels wird angestrebt durch alledrei Jahre stattfindende Inspektionen, beidenen nach einem umfangreichen In-spektionskatalog die qualitätsrelevantenKriterien überprüft werden. Danebenbietet EAQUALS seinen Mitgliedsinstitu-tionen Dienstleistungen wie Seminare,

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Dokumentationen und Fortbildungen an,die Qualitätssicherung zum Ziel haben.Die Organisation arbeitet sprach- undländerübergreifend und wird mit Mittelnaus dem europäischen »Lingua«-Pro-gramm gefördert.In bewußter Anlehnung an (und mit Un-terstützung durch) EAQUALS ist vor guteinem Jahr die Interessengemeinschaft Qua-lität Deutsch als Fremdsprache e. V. (IQDeutsch) als weitere Qualitätsgemeinschaftins Leben gerufen worden. Ihr Vorsitzen-der Jürgen M. Schneider erläuterte Aufbauund Zielsetzungen. Die bisher 6 Mit-gliedsschulen haben im Laufe des ver-gangenen Jahres die Inspektionsproze-dur überstanden, die sich an einer um-fangreichen Liste von Qualitätsstandardsausrichtet und nach genau festgelegtenInspektionsrichtlinien durchgeführtwird. Diese Sprachschulen sind damitberechtigt, das Qualitätssiegel des IQDeutsch zu führen, von dem sie in ersterLinie positive Auswirkungen auf dieKurswahl potentieller Kunden erwarten.Die Neutralität und die Aussagekraft desQualitätssiegels werden garantiert durchdie Zusammensetzung des Beirats, derfür die Inspektionen verantwortlich istund das Ergebnis feststellt. In diesemGremium sind namhafte Persönlichkei-ten aus dem universitären und außeruni-versitären DaF-Bereich vertreten.Jürgen Schneider wies darauf hin, daßdie Mitgliedsinstitutionen neben der Ge-legenheit zur selbstkritischen Überprü-fung der eigenen Leistung anhand exaktvorgegebener Kriterien auch eine hoch-qualifizierte externe Unternehmensbera-tung erhalten.Als Fazit aller drei Berichte – dies wurdeauch in der kurzen anschließenden Dis-kussion herausgestellt – dienen die Qua-litätssicherungssysteme vor allem dendaran beteiligten Firmen zur Identifizie-rung und Beseitigung möglicherSchwachstellen und damit zur langfristi-

gen Sicherstellung einer qualitativ hoch-stehenden und gleichbleibenden Lei-stung. Sie geben gleichzeitig auch denKunden dieser Institutionen mehr Sicher-heit, ein gutes Produkt zu erhalten undim Falle von Unzufriedenheit und Strei-tigkeiten einen neutralen Ansprechpart-ner außerhalb des besuchten Instituts zuhaben. Selbstverständlich ist damit auchein Werbeeffekt verbunden. Alle Referen-ten boten an, Interessenten näheres Infor-mationsmaterial über das von ihnen dar-gestellte Qualitätssicherungssystem zu-kommen zu lassen.Dagmar Paleit vom ›SprachverbandDeutsch für ausländische Arbeitnehmer‹referierte über Anstrengungen zur Quali-tätssicherung in den vom Sprachverband ge-förderten Kursen für ausländische Arbeitneh-mer. Dabei geht es vor allem um dieOrganisation und den Ablauf der Kurse,die (Mindest-) Qualifikation der Kurslei-terinnen und Kursleiter, die verwendetenKursmaterialien, Unterrichtsformen(z. B. Teamteaching) und sozialpädagogi-sche Begleitung (wie z. B. Kinderbetreu-ung). Insbesondere im Hinblick aufGruppengrößen und Mindeststunden-zahlen sowie mit dem (teilweise ver-pflichtenden) Angebot von Fort- undWeiterbildungsmaßnahmen für die Kurs-leitenden kann der Sprachverband in be-grenztem Maß diese Qualitätsansprücheauch durchsetzen. In vielen praktischenFragen sind – wie Paleit anschaulich zeig-te – die formulierten – und sicher auchgut begründeten – Ansprüche häufignicht mit der Realität des Kursbetriebesidentisch.Einen weiteren Aspekt der Qualität vonSprachkursen, der für die Kursteilneh-mer oft von besonderer Bedeutung ist,beleuchtete Professor Bernd Voss von derUniversität Dresden, nämlich die Frageder Anerkennung erworbener sprachli-cher Fertigkeiten im Rahmen internatio-naler Hochschulbeziehungen. Als

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sprachübergreifendes Akkreditierungs-und Zertifizierungssystem für Fremd-sprachenausbildung im Hochschulbe-reich stellt UNICERT ein System dar, dassprach-, institutions- und fachübergrei-fend hochschulspezifische (nicht-philolo-gische) Fremdsprachenkenntnisse inter-national vergleichbar bewertet. Auf dreiEbenen sind die inhaltlichen und forma-len Anforderungen für derartige Sprach-kurse für verschiedene Sprachen be-schrieben. Auf Antrag der durchführen-den Institutionen werden die Kurs- undPrüfungsleistungen bewertet und bei er-folgreicher Prüfung entsprechende Zerti-fizierungen vergeben. In seinem Referatstellte Voss den Hintergrund und dieEntstehung des vom AKS verwaltetenAkkreditierungs- und Zertifizierungssy-stems dar und beschrieb den aktuellenStand der Entwicklung des Systems.Festzuhalten bleibt vor allem, daß Kurseund Prüfungen für Deutsch als Fremd-sprache in dieses System bisher nur insehr geringem Umfang einbezogen sind.Nach Aussage von Voss steht jedoch ei-ner stärkeren Einbeziehung von Deutschals Fremdsprache prinzipiell nichts imWege.Die kultur- und bildungspolitische Dimen-sion der Thematik wurde in der Plenums-veranstaltung am Freitag vormittag deut-lich. Der Generalsekretär des DAAD,Christian Bode, und Konrad Ehlich vomInstitut für Deutsch als Fremdspracheder Universität München lösten mit ihren– bei Übereinstimmung in vielen Zielen –doch auch kontroversen Beiträgen zurFrage »Wie muß ein attraktives Angebotin Deutsch als Fremdsprache aussehen?«ein lebhaftes Echo aus, das auch noch inden anschließenden Pausengesprächenspürbar blieb. Da beide Beiträge in Heft 5(Bode) bzw. Heft 6 (Ehlich) dieser Zeit-schrift im Wortlaut abgedruckt werden,brauchen sie an dieser Stelle nicht eigensreferiert zu werden.

Das Angebot von Dr. Bode, gemeinsammit einem Aktionsprogramm an die poli-tisch Verantwortlichen heranzutreten,wurde jedenfalls von der Mitgliederver-sammlung des FaDaF gern aufgegriffen.Sie beauftragte den Vorstand, auch indieser Hinsicht mit dem DAAD verstärktzusammenzuarbeiten.

Forum – Deutsch als Fremd-sprache

(Renate Henkenborg-Schröder, Oldenburg)

Nahezu 20 Beiträge im »Forum – DaF«,das ist ein Novum. Diese Fülle zeugt aberzum einen davon, wie wichtig es ist, DaF-lerinnen aus dem In- und Ausland eineMöglichkeit zu bieten, ihre Erfahrungenund deren Umsetzungen in einem the-matisch uneingegrenzten Rahmen vorzu-stellen. Aber auch die BesucherInnen derJahrestagung scheinen dieses freie Kon-zept anzunehmen, denn alle »Forum«-Vorträge waren mit ca. 40–60 Teilnehme-rInnen außerordentlich gut besucht. Daszeigt, daß das »Forum« auf keinen Fallein »Nebenschauplatz« der Tagung ist,sondern ein wesentlicher Bestandteil.Wie auch in den vergangenen Jahren fan-den sich im »Forum« 97 einige Beiträge,die durchaus auch einem der Themen-schwerpunkte zuzuordnen gewesen wä-ren und sozusagen aus der dortigen»Raumnot« im »Forum« plaziert wurden.So gab es Beiträge zu den Bereichen»Neue Medien« (Bleicher: Film/Video undLiteraturunterricht, Gaßdorf: Möglichkei-ten durch e-mail, Richert/Jung: Internet-Bibliographie Wirtschaftsdeutsch) und»Emotion und Kognition« (Aifan: Emotio-nen und Fremdwahrnehmung, Momberg:Affektive Komponenten und Altersfakto-ren, Luchtenberg: Tabus in interkulturellerKommunikation).

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Darüber hinaus spiegelte das »Forum«die große Bandbreite unseres Faches wi-der. Besonders gefragt waren die Beiträgezum Thema »Phonetik«, dem langjährigen»Stiefkind« des Deutschunterrichts (Jan:Neue Materialien für die Grundstufe,Rug: Kontrastive Phonetik für 20 Spra-chen).Den Bereich »Grammatik« vertrat der Bei-trag »Das Grammatik-Karussel« von Hen-ning Gloyer. Der Begriff »Karussel« dienthierbei als Metapher für den deutschenSatz, dessen Verb gewissermaßen dieAchse darstellt, um die die übrigen Satz-teile kreisen können.Eine weitere Gruppe von Vorträgen be-schäftigte sich mit den »Fertigkeiten Hö-ren, Lesen und Schreiben« (Bräuer: Unter-richtsmodell – Schreiben in DaF, Bover-mann: HV – Entwicklung in der Grund-stufe). Insbesondere im Hinblick auf dieUmsetzung der Aufgabenbereiche in derneuen DSH gab es im »Forum« vieleAnregungen (Eggers/Müller-Küppers/Wiwmwe/Zöllner: Materialien zur DSH-Vorbereitung).

Beiträge zur »Unterrichtspraxis und Metho-dik« reichten von dem spezifischen Be-reich »Berufliche Handlungsfelder« (Brau-nert) über alternative Unterrichtsorganisa-tion (Roos: Projektunterricht – Unterrichts-projekte) und die Beschäftigung mit neu-en Unterrichtsmodellen im Umgang mitSach- und Fachtexten (Krischer) bis hin zuumfassenden Angeboten an methodi-schen Vorbildern und »Rezepten« aus al-len Bereichen von DaF (Häussermann).Schließlich kamen auch die DaF-Kollegenaus dem Ausland zu Wort. Durch die stän-dig wachsende ökonomische AusrichtungAustraliens in Richtung Asien ist die deut-sche Sprache dort stark unter Druck gera-ten. Es bedarf dringend des Ausbaus vonbestehenden und der Entwicklung vonneuen Kontakten. Internet und Satelliten-TV sind dabei wichtige Hilfsmittel(Schmidt: DaF in Australien). Ein positivesBeispiel für DaF im Ausland stellt dieZusammenarbeit des IIK-Düsseldorf undder HongKong Baptist Universität dar(Döveling/Jung: Studien-/Praktikumspro-gramm European Studies).

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Mavrodieva, Ljubov; Sretkova, Anna;Stankulowa, Krystina K.:Deutschland und der deutsche Alltag.Ein Landeskundeprogramm für bulga-rische Schüler. Bonn: Inter Nationes,1993/94.

(Rainer Bettermann, Jena)

Kulturkontrastiver Folieneinsatz:Deutschland und der deutsche Alltag.Ein Landeskundeprogramm für bulga-rische Schüler

Vor geraumer Zeit ist in dieser Zeitschrifteine kritische Besprechung von Landes-kundemappen von Inter Nationes er-schienen (Koreik u. a. 1993). Damals wur-de u. a. vor kulturbedingten »Rezeptions-fehlern« und Mißverständnissen ge-warnt, die beim Einsatz der universellkonzipierten Folien fast unvermeidlichsind, da die Wahrnehmungs-, Deutungs-und Wertungsraster der Produzenten(Autoren) gegenüber den Rezipienten(Schülern), von (Deutsch-)Land zu (Aus-)Land, von eigener zu fremder Kultur usw.unterschiedlich sind.Im gleichen Jahr ist bei Inter Nationeseine kulturkontrastive Variante einesFolienprogramms in der Probefassungvorgelegt worden, die von bulgarischenAutoren für den Einsatz in Bulgarienentwickelt worden ist (Mavrodieva u. a.1993) und hier trotz des zeitlichen Ab-stands besprochen werden soll, da die-ser Weg mir vielversprechend scheint,einer allzu theoretischen Tendenz derTrennung von kognitivem vs. emotiona-lem, kommunikativem und interkultu-rellem Herangehen im landeskundli-chen Deutschunterricht entgegenzuwir-ken.

Die Verfasser wählten aus den Folienpro-grammen die am ehesten kommunikati-ven Zielen verpflichtete Thematik aus,den Alltag in Deutschland. Das gesamteProgramm ist diesem Ziel entsprechendauch in Schülerhefte und Lehrerhefte un-terteilt, was an sich schon einen Fort-schritt gegenüber einem rein vermitteln-den, d. h. lehrerzentrierten und zum Mo-nolog verführenden Konzept bedeutet.Es werden 12 Themen angeboten, wobeidem Alltagsthema im engeren Sinne diegeringere Anzahl von Doppelheften ge-widmet ist (Wohnen, Essen, Einkaufen,Freizeit) und die übrigen Themen tradi-tionelle Rahmenthemen im Sinne einer»kognitiven« Landeskunde erwarten las-sen (Geographisches, Bildung und Aus-bildung, Arbeit und Soziales, Politik undGeschichte, Medien, Wirtschaft, Umwelt-schutz und Kultur). Der Anspruch, densich die Autoren gestellt haben, ist sehrhoch. Sie wollen informieren, ein vielsei-tiges Deutschlandbild präsentieren, bul-garische Deutschlehrer für die deutscheWirklichkeit sensibilisieren und eine ver-tiefte interkulturelle Reflexion ermögli-chen. Wie diese Ziele realisiert werden,das soll exemplarisch an einzelnen The-men besprochen werden.

1. Deutschland – ein Land in EuropaEs ist schade, daß dieses Thema mit einerDeutschland-Fotocollage beginnt, diezwar vielfältig, ja verwirrend, aber nichtvielsichtig ist und den Schüler zwingt,einem vorgegebenen Bild zu folgen. Ver-mutlich verfestigen die dazu vorgeschla-genen Arbeitsaufgaben dieses vorge-prägte Bild der Unübersichtlichkeit. Fürdie Schüler dürfte es schwer werden, densich anschließenden Aufgaben folgend,

Rezensionen

Info DaF 24, 5 (1997), 689–694

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gegen das stereotype deutsche Selbstbildanzugehen. Der umgekehrte Weg, näm-lich von den Bildern im Kopf auszugehen(vgl. Krumm 1992), könnte das Selbstbe-wußtsein der Schüler stärken, wenn sieihre Bilder mit den vorgefundenen ver-gleichen und feststellen, daß das deut-sche Selbstbild zum Teil ein Wunschbildist und ganz bestimmte Absichten ver-folgt. Warum nicht mit dem eigenenLand beginnen? Der hier gewählte An-satz führt, wie ich meine, zwingend zurFaktologie. Diesem Trend, der ein Grund-problem einer »transparenten Landes-kunde« zu sein scheint, folgt leider auchdie Sprache, die streckenweise enzyklo-pädisch trocken ist. Hier hätte man ande-re Vorbilder finden können, die dem glei-chen Anliegen dienen, z. B. die KleineDeutschlandkunde (Schmid 1992).Daß die Autoren etwas anderes beabsich-tigten, wird aber dennoch recht balddeutlich.Viele abwechslungsreiche Aufgaben so-wie handlungsorientierte Übungen sol-len den Schülern den Transfer zum eige-nen Land ermöglichen und knüpfen ver-mutlich auch an Wissen aus anderenSchulfächern (z. B. Geographie) an.

2. WohnenDas Lehrerheft enthält – wie auch dieanderen Lehrerhefte – neben dem In-haltsverzeichnis eine sehr praktischeÜbersicht der Materialien (Folien undHörkassetten) und der Arbeitsformenzur Ausprägung der Grundfertigkeiten(hier vor allem Hören und Sprechen)sowie verschiedener kommunikativerStrategien (Argumentieren, Vermutenusw.). Die vorgeschalteten »Tips für denUnterricht« und die Transkriptionen derHörtexte stellen für den Deutschlehrereine gute Hilfe dar, zumal erstere nichtbelehrend und zu perfekt didaktisierteinherkommen, sondern die Kompeten-zen und Erfahrungen der Lehrer respek-

tieren. Alles ist übersichtlich und in ver-ständlicher Sprache dargeboten. Die Auf-gaben und Übungen zu den beiden gutgewählten Folien sind mehr als beimersten Thema geeignet, die Welt derSchüler einzubeziehen, wenn beispiels-weise nach einigen Aufgaben zum Text-und Bildverstehen eigene Wohnwünscheangesprochen werden. Hier werden dieAufgaben und Übungen so präsentiert,daß sie auch für Techniken des interkul-turellen Lernens wie der Bedeutungsana-lyse in verständlicher Weise nutzbar ge-macht werden könnten (vgl. Müller1994).Auch das (noch schüchterne) Einbezie-hen der Muttersprache zwecks Gegen-überstellung von deutschen und bulgari-schen Wohnungsmarktanzeigen bietetAnsätze für praxisorientierte oder an-thropologisch begründete Anregungenfür einen Fremdsprachenunterricht unterBerücksichtigung der Muttersprache(vgl. Swerlowa 1995; Schwerdtfeger1996).Sehr gut sind die dem Thema innewoh-nenden Möglichkeiten zu einer problem-orientierten und differenzierten Sicht aufDeutschland genutzt worden, wenn zumBeispiel das Subthema »Wohnungsnot inDeutschland« behandelt wird.

3. EssenMit Recht haben die Autoren ein Schau-bild über die Eß- und Trinkgewohnheitender Ost- und Westdeutschen in den Tipsuntergebracht. An diesem Beispiel wirdnämlich die Gefahr von Pauschalisierungund Überalterung statistischer Materiali-en sehr deutlich. Die dem Schaubild ab-zulesenden Unterschiede sind inzwi-schen nicht mehr so relevant, da sichgerade auf diesem Sektor eine Annähe-rung vollzogen hat und die Unterschiedeeher regional als historisch-sozial be-gründet sind. Der angebotene Begleittextbaut jedoch durch seine historische Ein-

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ordnung fehlerhaften Deutungen durch-aus etwas vor. Positiv fallen bei den Tipsdie Anregungen zur eigenen Recherchedurch die Schüler auf, wodurch dem vonFolien fast immer ausgehenden suggesti-ven Anspruch auf korrekte Wirklichkeits-abbildung gegengesteuert wird. Das The-menmaterial wird vor allem durch au-thentische Texte (Speisenkarte) und nichtauf den Folien enthaltene Fotos berei-chert. Selbstredend eignet sich das The-ma besonders für handlungsorientiertesVorgehen, was durch das gute Angebotan situativen und handlungsorientiertenÜbungen (z. B. »Sie haben einen Gast ausDeutschland«, »Kartoffelrezept zumNachmachen« u. a) auch genutzt wordenist. Tatsächlich werden die eher als Zu-satzmaterialien konzipierten universel-len Folien zu flexiblen Unterrichtseinhei-ten oder -sequenzen, wobei auch dieSpracharbeit nicht zu kurz kommt. Wiebei fast allen explizit landeskundlichenMaterialien kann auch hier keine durch-organisierte Sprachprogression verlangtwerden. Einpassungsmöglichkeiten inlaufende Unterrichtsprogramme sindaber vielleicht von den Autoren in Erwä-gung gezogen worden; und es wäre inter-essant, etwas über eventuelle Erfahrun-gen bei der Abstimmung von landes-kundlicher und sprachlicher Progressionzu hören.

4. EinkaufenZunächst fiel mir bei der Übungsgestal-tung wiederum die Vielfalt der Metho-den auf, z. B. kann durch Gruppenarbeitdas kritische Rezeptionsverhalten ge-schärft werden. Bereits bei Koreik u. a.(1993: 640) wurde kritisch angemerkt,daß die Wahl einer deutschen Durch-schnittsfamilie vom Typ 2 (Bubner 1991:21) zur Veranschaulichung der Lebens-haltungskosten in die Irre führt. Leiderberuft sich auch die bulgarische Varianteauf dieses Schaubild. Die dort angegebe-

ne Nettoeinnahme einer vierköpfigen Fa-milie von 4.586 DM ist weder typischnoch längerfristig aussagekräftig. Grund-legende Tendenzen wie die Zunahme derSingle-Haushalte werden gänzlich aus-geblendet. Der im Schülerheft angeregteVergleich der deutschen Familie Typ 2mit der eigenen Familie dürfte zu einemschiefen Bild führen. Dagegen ist dasAnliegen, unterschiedliche Kaufkraft inDeutschland (z. B. in Ost und West)durch Zusatztexte anzudeuten, näher ander Wirklichkeit angesiedelt. Ob den bul-garischen Schülern sächsischer Dialektzugemutet werden kann, das steht aufeinem anderen Blatt. Positiv habe ich denpädagogischen Ansatz empfunden, dasfremde und das eigene Konsumverhaltenkritisch wahrzunehmen.

5. Bildung und AusbildungHier sind Hintergrundinformationen fürdie Lehrer besonders wichtig, da es dochum solch komplizierte Strukturen wie diedes föderalen Bildungssystems inDeutschland geht.Erfahrungsgemäß gehört das Themanicht eben zu den »Rennern« unterdeutschlernenden Schülern. Der moder-ne Deutschunterricht setzt darauf, stär-ker den Schüler selbst in den Mittelpunktzu stellen als das schulische System (vgl.Ehnert/Wazel 1994: 275f.). Das Materialversucht dem nachzukommen, indemz. B. authentische Materialien und Textewie Zeugnisse, Stundenpläne und Zitatevon Abiturienten zum Bildungsalltagaufgenommen wurden. Davon würdeman sich im Verhältnis zu den statisti-schen Materialien einen größeren Anteilwünschen. Ein Minimum an Rahmenin-formationen sollte sich mehr danach rich-ten, was die Schüler unbedingt wissenmüssen, um den Schulalltag und dendeutschen Schüler zu verstehen, undnicht dem repräsentativen und komple-xen Anspruch aus Deutschland folgen.

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6. Arbeit und SozialesÜber die »Tips für den Unterricht« wer-den Differenzierungsvorschläge ge-macht, die auch für Thema 4 von Wich-tigkeit sind. In einer eventuellen aktuali-sierten Fassung dürften die Ost-West-Unterschiede immer noch eine Rolle spie-len, wenngleich mit anderem Zahlenma-terial, es sollten aber dann auch verstärktsoziale Differenzierungen beachtet wer-den, die standortbedingt oder überregio-naler Natur sind und eventuell die Pro-blematik des Sozialstaates im europäi-schen Kontext stärker verdeutlichen.Diesbezüglich finden sich bereits Ansät-ze in der Arbeit mit Schautafeln undTexten (z. B. »Arbeitsmarkt im Wandel«).Der Erfahrungshorizont der Schüler wirdeinbezogen, indem sie z. B. zur Reflexionüber die Arbeitswelt in Bulgarien ange-regt werden, selbst Texte produzierensollen und zu Umfragen animiert wer-den, die sich übrigens wohltuend durchihre Erfüllbarkeit auszeichnen (z. B. Er-stellen einer »Hitliste über Traumberu-fe«).

7. Politisches System und Geschichte derBundesrepublik DeutschlandWiederum ein Thema, das Schüler ge-meinhin wenig interessiert. Wie wird eshier präsentiert? Die Tips für den Unter-richt führen zu dem ersten Eindruck, daßauch in diesem Falle mit sprachlich ödenTexten gearbeitet werden soll (Grundge-setz). Auch die Gegenüberstellung derbulgarischen Verfassung wird darannichts ändern. Um keinen Zweifel auf-kommen zu lassen: Ich halte Rahmenin-formationen für notwendig. Wenn sie je-doch nicht von Beginn am Erfahrungsho-rizont der Lernenden ansetzen, hängendie Texte in der Luft. Es wäre vielleichtwirksamer, statt vom politischen Systemvon konkreten Erscheinungen der politi-schen Kultur auszugehen (Was bedeutetdiese Politik für mich?). Ansätze finden

sich in dem von den Autoren nicht vorge-fundenen, sondern den zusätzlich zu er-arbeitenden Sequenzen (»Stellen Sie ei-nen bulgarischen Politiker vor.«). Diedeutschen Raster sind jedoch selten le-bendig, z B. die trockenen und sterilenPolitikerbiographien von Adenauer,Brandt, Richard von Weizsäcker und Hel-mut Kohl. Der geschichtliche Teil ist aufdas Thema »Von der Teilung zur Vereini-gung Deutschlands« begrenzt worden.Das ist vermutlich auch der zeitge-schichtliche Abschnitt, der am ehestendie Schüler bewegen kann, Überlegun-gen zu ihrer eigenen jüngsten Vergangen-heit anzustellen. In anderen Ländernkönnten andere Zeitabschnitte relevantersein.

8. FreizeitIn diesem Kapitel finden sich sehr inter-essante Lösungen, wie sprachbezogen,kreativ und lernerzentriert mit statisti-schen Daten umgegangen werden kann.Beispielsweise sollen die Schüler Vermu-tungen darüber anstellen, womit dieDeutschen ihre Freizeit verbringen. Erstdann werden sie mit der Statistik kon-frontiert und zur Reflexion über das Er-gebnis aufgefordert. Gleichzeitig zeigensich aber auch die Grenzen des Konzeptsund der Vergleichbarkeit, denn die Schü-ler gehen individuell vor, die Statistikjedoch bezieht sich auf einen »gemittel-ten« Deutschen und ist demnach stereo-typbildend (vgl. Glunk 1996). An dieserStelle wären noch Aufgaben angebracht,welche die Position der Schüler stärken,indem sie die kritische Verarbeitung ste-reotyper Informationen trainieren.

9. MedienDie Umsetzung dieses Themas gefällt mirdeshalb besonders, weil konsequent kul-turkontrastiv vorgegangen wird. Schondie Tips für den Lehrer enthalten z. B.Informationen über die Medienentwick-

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lung in Bulgarien, die als Kontrasthinter-grund benötigt werden. Die Schüler wer-den nicht nur angeregt, die deutsche Me-dienlandschaft mit der bulgarischen zuvergleichen, sondern auch kritisch-eman-zipatorisch (Ammer 1988: 110) vorzuge-hen, wenn zum Beispiel gefragt wird, obdie These von der »vierten Gewalt« auchin Bulgarien gilt oder ob der Presse-Jour-nalist wirklich frei ist.

10. WirtschaftDa dieses Thema wenig personenbezo-gen ist und hauptsächlich Informationenstatistischer Art bietet, haben sich dieAutoren offenbar, und wie ich glaubeauch zu Recht, auf eine große Vielfalt vonArbeitsformen konzentriert. Geübt wer-den vor allem die Informationsentnahmeaus Texten und Schaubildern sowie dasLesen von Karten und Schemata. DenSozialformen wird bei diesem recht sper-rigen, in Bulgarien aber vielleicht sehrwichtigen Thema ebenfalls besondereAufmerksamkeit geschenkt. Dem immerum fremdkulturelle Kompetenz bemüh-ten Lehrern werden wertvolle Hinter-grundinformationen geliefert. Logischer-weise findet auch bei diesem Thema eineÜberalterung der Informationen statt.Manchmal läßt sich dies relativ leichtlösen, indem beispielsweise bei den In-formationen über die inzwischen nichtmehr existierende Treuhandanstalt stattdes Präsens das Präteritum verwendetwird. Hin und wieder lassen sich dieVerfasser eine Chance entgehen, dieSpannung des Themas zu erhöhen. Diedeutschen Geldscheine werden abgebil-det und es werden auch einfache Fragendazu gestellt, auch das Finanzwesenwird angesprochen. Gerade am Beispieldes Geldes ließen sich aber auch Ängsteund Sorgen der Deutschen im Zusam-menhang mit der (von »oben«) vorgese-henen Einführung des Euros thematisie-ren.

11. UmweltschutzOhne dieses Thema hier näher zu bespre-chen, möchte ich pars pro toto die Be-hauptung aufstellen, daß dieses deutsch-bulgarische Kontrastprogramm auch fürviele andere Einsatzländer von Interesseist, wobei manche Passagen, Texte undMaterialien ersetzt und den jeweiligenBedingungen angepaßt werden müßten.Die Art und Weise des Herangehens zeigtkonkrete, regionalspezifische Wege, das»universelle« Programm von Inter Natio-nes tatsächlich universell, was stets heißt:adaptiert, einsetzen zu können.

12. KulturDer Gestaltung des Themas liegt ein weitgefaßter Kulturbegriff zugrunde, wie dieerste Folie, eine Collage mit Bildelemen-ten von Luther über Marlene Dietrich biszum Kaffeeservice, ausweist. Die Schülersollen dazu gebracht werden, über denKulturbegriff und damit über ihre Hal-tung zur »Kultur« nachzudenken. Eingelungener Einstieg, der zu situativenAufgaben und Rollenspielen führt (z. B.einem deutschen Gast ein bulgarischesKulturprogramm empfehlen). Ange-nehm ist mir aufgefallen, daß im Schwer-punkt Literatur Ost und West repräsenta-tiv vertreten sind, wenn auch leider diejüngere »ungespaltene« Schriftstellerge-neration nicht vertreten ist. Auf dem Sek-tor von Sitten und Bräuchen besticht dasProgramm u. a. durch Pluralismus derideologieträchtigen Themen (Konfirmati-on, Kommunion, Jugendweihe).Zahlreiche Informationen im didakti-schen Vorspann helfen auch hier denLehrern bei der Realisierung eines The-mas, das nicht nur im Anfängerunterrichtgefragt ist (Ostern, Weihnachten usw.),sondern auch identitätsstiftend (großeDeutsche und große Bulgaren) wirkenkann. Das Auftreten eines bulgarischenKinderchores in Schleswig-Holstein unddie Reichstagsverhüllung durch den bul-

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garischen Künstler Christo sind Glücks-fälle direkter Kontrastivität, welche sichdie Verfasser nicht entgehen ließen. Daßdies auch noch zweisprachig realisiertwird, sehe ich als einen weiteren Plus-punkt der Adaptation.Wie steht es also mit den Ansprüchen derAutoren und deren Umsetzung? Abgese-hen von den partiellen kritischen Anmer-kungen ist das Material sehr informativ,wenngleich noch zu viele allgemeine Fak-ten enthalten sind. Die Lehrer werden,nicht zuletzt durch die »Tips für den Un-terricht«, wirksam für die deutsche Wirk-lichkeit sensibilisiert. Ob dies auch bei denSchülern gelingt, das wird die Praxis zei-gen oder schon gezeigt haben. Viele Mög-lichkeiten der kontrastiven Anlage sind inkonzeptioneller Klarheit genutzt worden.Auch der Anspruch, die interkulturelleReflexion möglich zu machen, wird über-zeugend durch die Materialkonstellationund vor allem durch handlungsorientierteAufgaben und Übungen realisiert.Aus einem rein informativen Folienpro-gramm ist ein gutes Lehr- und Lernmate-rial in Baukastenform geworden.

Literatur

FolienprogrammeBeile, Werner; Beile, Alice: Alltag in Deutsch-

land. Bonn: Inter Nationes, 1992.Bubner, Friedrich: Transparente Landeskunde.

Überarbeitet und erweitert von Helga Sell.6. Auflage. Bonn: Inter Nationes, 1991.

Wicke, Rainer E.: Übersichten. Die Bundesre-publik Deutschland und ihre Länder. Bonn:Inter Nationes, 1991.

SekundärliteraturAmmer, Reinhard: Das Deutschlandbild in

den Lehrwerken für Deutsch als Fremdspra-che. München 1988. – ISBN 3-89129-206-6.

Ehnert, Rolf; Wazel, Gerhard: »Landeskun-de«. In: Henrici, Gert; Riemer, Claudia(Hrsg.): Einführung in die Didaktik des Un-terrichts Deutsch als Fremdsprache mit Vide-obeispielen. Band 2. Baltmannsweiler 1994,273–281. – ISBN 3-87116-958-7.

Glunk, Fritz R.: Der gemittelte Deutsche. Einestatistische Spurensuche. München 1996. –ISBN 3-423-30567-3.

Koreik, Uwe; Mielke, Frank; Schroth, Sig-run: »Folien der Wirklichkeit? Bild- undTextinformationen in den Landeskunde-mappen von Inter Nationes«, Info DaF 20,6 (1993), 636–650.

Krumm, Hans-Jürgen: »Bilder im Kopf. In-terkulturelles Lernen und Landeskun-de«, Fremdsprache Deutsch 6 (1992), 16–20.

Müller, Bernd-Dietrich: Wortschatz und Be-deutungsermittlung. Berlin u. a. 1994. –ISBN 3-468-49672-9.

Schmid, Gerhard Friedrich: Kleine Deutsch-landkunde. 2. Aufl. Stuttgart u. a. 1992. –ISBN 3-12-487200-2.

Schwerdtfeger, Inge C.: »Ansätze für eineanthropologische Begründung der Di-daktik des Unterrichts Deutsch alsFremdsprache«, Info DaF 23,4 (1996), 430–442.

Swerlowa, Olga: »Landeskunde im An-fangsunterricht«, Fremdsprache Deutsch 2(1995), 24–27.

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Nachträge zur Kommentierten Auswahl-bibliographie »Für Sie gelesen« 1997

Baurmann, Jürgen; Weingarten, Rüdiger(Hrsg.):Schreiben. Prozesse, Prozeduren, Pro-dukte. Wiesbaden: Westdeutscher Ver-lag, 1995. – ISBN 3-531-12627-X. 367 Sei-ten, DM 58,–

(Eva-Maria Willkop, Mainz)

In den letzten Jahren sind zahllose Publi-kationen zum Thema Schreiben erschie-nen. Ziel dieses Buches ist es, eine Zwi-schenbilanz speziell im Bereich der kog-nitionswissenschaftlichen Schreibpro-zeß- und Textproduktionsforschung zuziehen, weshalb auch die meisten Auto-ren aus entsprechenden Publikationeneinschlägig bekannt sind. Die Beiträgedieses Sammelbandes sind im Zusam-menhang mit zwei Tagungen entstanden,einer Tagung der Studiengruppe »Ge-schriebene Sprache« 1993 zum ThemaSchreibprozesse und des »SymposionsDeutschdidaktik« 1994.In ihrer Einführung halten die Herausge-ber fest, daß Prozesse und Prozedurendes Schreibens in dem Buch von zentra-lem Interesse sind. Zum Schreibenbraucht es kognitive und sprachliche Fä-higkeiten sowie metakommunikativeKenntnisse über den Prozeß des Schrei-bens. In diesem Sinne sind Schreibproze-duren als stabilisierte Muster und Sche-mata zu betrachten, die die Verbindungvon einzelnen Schreibprozessen zuSchreibprodukten schaffen. Die einzel-nen Prozesse müssen in einem Schreib-modell identifiziert, in parallele und se-quentielle Abfolgen periodisiert und inTeilprozesse segmentiert werden. Prozes-se, Prozeduren und Produkte (auch Zwi-schenprodukte) sollten in individuellen

und kooperativen Formen des Schreibensin professionellen und didaktischen Zu-sammenhängen, insbesondere auch beimmedial unterstützten Schreiben, betrach-tet werden.Die Herausgeber sehen den Beitrag der»Schreibforschung als angewandtersprach- und kognitionswissenschaftlichgeprägte[r] Forschung« (14) unter ande-rem darin, das Wissen zu erweitern undHilfen für die Praxis in der Ausbildungzu geben. Die Mehrzahl der Einzelbeiträ-ge schlägt deshalb einen Bogen zwischenTheorie und Praxis. Nach einer Einlei-tung zu Grundkonzepten folgen 14 Arti-kel, die drei Kapiteln zugeordnet sind:»Anwendungen« (I), »Empirische Unter-suchungen« (II) und »Theoretische Über-legungen« (III). Der Teil II nimmt dabeiden größten Umfang ein.Im ersten Teil werden einige anwen-dungsbezogene Projekte vorgestellt. Ja-kob Ossner bezieht sich in seinem Artikel»Prozeßorientierte Schreibdidaktik inLehrplänen« zwar auf muttersprachli-ches Schreiben, dennoch sind seine Aus-führungen auch für Deutsch als Fremd-sprache interessant, da er eine Abkehrvon der textsortenorientierten Schreibdi-daktik fordert. Bei der curricularen Pla-nung sollten als Basis die verschiedenenSchreibfunktionen herangezogen wer-den. Ossner unterscheidet 1) das »Für-sich-Schreiben« (psychische Funktion), 2)das »Für-andere-Schreiben« und das»An-andere-Schreiben« (soziale Funktio-nen) sowie 3) das Schreiben zur Gedächt-nisentlastung und das Schreiben, um Er-kenntnisse zu gewinnen (kognitive Funk-tionen). Dem lassen sich nur zum TeilTextsorten zuordnen, z. B. zu 2) Erzäh-

Info DaF 24, 5 (1997), 695–740

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lungen oder Beschreibungen in Briefen,Einladungen etc. Prototypisch für 3) sindExzerpte und Notizen einerseits, Ab-handlungen andererseits. Es gibt alsoprototypische Realisierungsformen, je-doch unterscheidet sich der Schreibpro-zeß je nach Situation, Adressaten, Zwecketc. Durch metakognitive Auseinander-setzung wird der komplexe Schreibvor-gang jedoch durchsichtiger und insge-samt entlastet. Eine weitere Entlastung istdie Bereitstellung von »Bausteinen« (45),d. h. thematischen und strukturellen Vor-gaben, die den Aufbau eines prozedura-len Wissens unterstützen. Das Ziel einer(muttersprachlichen) Schreibdidaktiksollte dabei Schriftlichkeit in Abgren-zung zur Mündlichkeit sein.Der zweite Beitrag, »Mustertexte undSchreibprozeduren. StandardisiertesSchreiben als Modell zur Aneignung vonSchreibprozeduren« von Gerd Antos,gibt zunächst einen Überblick über dielange Tradition von Mustertexten für dieeigene Textproduktion über Briefstellerbis zu Computer-Textbausteinen. Auto-matisiertes oder standardisiertes Schrei-ben ist als globales Resultat von Schreib-prozeduren aufzufassen, die Routinenbereitstellen. Rezeption und Imitationvon Mustertexten haben damit lernpsy-chologisch ihren Stellenwert, insbeson-dere für Schreibnovizen. Aber auch Krea-tivität setze »die Verfügbarkeit über einmöglichst großes Repertoire an entspre-chenden Mustern voraus« (76). Aller-dings sind laut Antos Mustertexte alsVorlagen zu global, um eine Hilfestellungbeim konkreten Schreibprozeß leisten zukönnen. Schreibprozeduren als Teilein-heiten von Mustertexten hingegen gebenVorbilder für spezifischere Problemlö-sungen ab und entlasten so den Schrei-benden. Sie haben den Vorteil, als eherlokale Einheiten besser speicher- und ab-rufbar zu sein als ganze Textvorlagen

und ermöglichen eine situationsadäqua-tere, flexiblere Textproduktion.

»Schreibprozeduren sind von transferge-eigneten Schreibprodukten induktiv ableit-bare Schreibprogramme, die sich als Ele-mente zur Gestaltung von Schreibprozes-sen in funktionaler, kognitiver wieemotionaler Hinsicht anbieten.« (77)

Der Erwerb von Prozeduren setzt außerder Erfahrung über die eigene Textpro-duktion eine »Schriftgutanalyse« voraus.In der Schreibdidaktik läßt sich das z. B.in Schreibwerkstätten, auch am Compu-ter, über die Dekomposition von Textendurch Herausarbeiten sich wiederholen-der Textteile in Vergleichstexten oderauch die Analyse des eigenen Schreibens(z. B. die Häufigkeit bestimmter Schreib-anlässe, bestimmte Vorlieben etc.) be-werkstelligen.Gabriela Ruhmann stellt in ihrem Beitrag»Schreibprobleme – Schreibberatung«am Beispiel einer fiktiven Studentin eininteressantes Projekt zur Verbesserungder Studierfähigkeit vor. Ruhmann rea-giert auf die Unfähigkeit vieler heutigerStudierender, einen umfangreicherenwissenschaftlichen Text zu verfassen. Siezeigt auf, wie in der Beratung gezieltFaktoren wie Motivation und Emotion(Schreibangst etc.) einbezogen werdenmüssen und wie insbesondere durch eineZerlegung des Schreibens in Teilprozes-se, durch Zielreflexionen etc. und auchdurch gezielte (Ein-)Übung eine Entla-stung und damit eine individuelle Förde-rung möglich ist. Das von Ruhmann vor-geschlagene Verfahren scheint mir gro-ßen praktischen Wert zu haben. Leiderwerden derartige Projekte an unserenUniversitäten eher als Luxus angesehenund daher wohl nie zu ständigen Veran-staltungen ausgebaut.Weitere Beiträge in diesem Kapitel sindein Beitrag von Jürgen Baurmann zum»Schreiben in der Schule: Orientierung anSchreibprozessen« mit Bezug auf Mutter-

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sprachunterricht, ein Artikel zum»Schreibprozeß und seine[n] Störungen.Ein kognitiv-therapeutischer Ansatz zurDiagnose und Förderung des Schrei-blernprozesses von erwachsenen An-alphabeten und Kindern« von SusanneRomberg sowie ein eher literaturwissen-schaftlicher Beitrag von Catherine Viol-let, »Textgenetische Mutationen einer Er-zählung: Ingeborg Bachmanns ›EinSchritt nach Gomorrha‹«.Der zweite Teil des Buches stellt einigeempirische Untersuchungen vor.Eigler et al. beschreiben einen Versuchzu »Textentwicklung und Nutzung ex-terner Information«, der den Einfluß vonInstruktionen auf den Schreibprozeßzeigt und für die praktische Schreibför-derung interessante Implikationen hat.In drei Gruppen wurden verschiedeneTechniken einer elaborierten Textarbeituntersucht. Alle Gruppen hatten in fünfSitzungen einen Text zu verfertigen, wo-bei sie auf eine Datenbank mit Informa-tionen zum Thema zurückgreifen soll-ten. Eine der Gruppen sollte vor derSichtung des Materials eine erste Versionerstellen. Bei dieser Gruppe lenkte diesenur mit eigenem Wissen erstellte Text-version auch den Umgang mit der exter-nen Information und äußerte sich ineinem gezielteren und direkteren Ein-satz der Zusatzinformation. Diese Grup-pe machte kaum Notizen, während dieVersuchsgruppe, die nicht in der erstenSitzung mit dem Schreiben beginnendurfte, über die ganze Zeit hin mehrNotizen machte, viel mehr externe Infor-mation sichtete und daher auch auf einegrößere Auswahl an Wissensbestandtei-len zurückgriff. Diese Gruppe beschäf-tigte sich wesentlich länger mit demLesen als mit dem Textproduzierenselbst. Dieses ging in dieser Gruppe we-sentlich schneller und fortlaufender von-statten, wobei offensichtlich die Interak-tion mit den Notizen eine große Rolle

spielte. Somit stellen Notizen also eineEntlastung des Schreibprozesses dar.Weiterhin zeigte sich, wie stark der Ein-fluß von Instruktionen auf das Schreibensein kann.Baer et al. stellen in ihrem Artikel »›Or-chestermodell‹ der Textproduktion« eineLangzeituntersuchung darüber vor, wiein verschiedenen Altersgruppen ver-schiedene Faktoren, die Einfluß auf dasSchreiben haben (kognitives Wissen, Er-fahrung etc.) interagieren und wie dieSchreibtätigkeit durch gezielte praktischeund theoretische Vermittlung und Übungeinzelner Komponenten beeinflußt wer-den kann.Zwei weitere Beiträge untersuchen Un-terschiede zwischen geschriebener undgesprochener Sprache. Die Untersu-chung von Schüler, Wolf und Bouekevergleicht Elaborationen in »Mündli-che[n] und schriftliche[n] Erzähltexte[n]von Kindern und Erwachsenen« undsieht die herausgearbeiteten Unterschie-de in erster Linie in der Gedächtnisbe-grenzung begründet. Zu einem ähnlichenErgebnis kommt Rüdiger Weingarten inseiner Untersuchung zur »Syntax im Pro-zeß des Schreibens und Sprechens«, woer Mündlichkeit und Schriftlichkeit an-hand von syntaktisch motivierten Pausenuntersucht. Der letzte Beitrag in diesemTeil beschäftigt sich ebenfalls mit demPausenverhalten, allerdings unter einemanderen Gesichtspunkt: Gisbert Keselingarbeitet in »Pausen und Pausenorte inschriftlichen Wegbeschreibungen« denEinfluß der Informationsstruktur desTextes auf das Pausenverhalten heraus.Der dritte Teil des Werkes umfaßt dreiArtikel zu theoretischen Fragestellungen,von denen ich auf den zweiten wegenfehlender DaF-Relevanz nicht eingehenwerde, denn Almuth Grésillon beschäf-tigt sich in »Was ist Textgenetik?« mitmethodischen Fragen der Textgenetik,insbesondere mit der Bedeutung von

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Handschriften als »avant-textes« für lite-rarische Texte.Otto Ludwig hinterfragt in »Integriertesund nichtintegriertes Schreiben. Zu einerTheorie des Schreibens: eine Skizze« dieGleichsetzung von Schreiben mit Text-produzieren. Schreiben umfaßt seinerAnsicht nach vier Dimensionen: a) einehandwerklich-technologische, die denerlernten Umgang mit Materialien vor-aussetzt; b) eine semiotische, die dieKenntnis des jeweiligen konventionellenSchriftzeichensystems meint; c) die lin-guistische Dimension, die Schreiben alssprachliche Handlung umfaßt; und d)die operative Dimension, die Schreibenals eine Teilhandlung unter anderenmeint. Letzteres nennt Ludwig das inte-grierte Schreiben, wo Schreiben im Rah-men der Textproduktion als eine Teil-handlung neben anderen wie z. B. Pla-nen und Formulieren gesehen werdenkann. Nicht-integriertes Schreiben findetsich heutzutage nur noch selten, z. B.beim Kopieren, Verfassen von Mitschrif-ten oder bei Diktaten. Hier ist derSchreibprozeß zwar durchaus funktio-nal, aber vom Textproduktionsprozeßgetrennt. (Als Beispiel führt Ludwig dasBeschriften eines Pakets an, das nicht indie Handlung des Einpackens oder desBeförderns integriert ist.) IntegriertesSchreiben im Rahmen der Textprodukti-on hingegen setzte sich erst im 15. Jahr-hundert durch, zuvor diktierte der Au-tor dem »Schreiber«. Nicht immer aberist integriertes Schreiben gleich Textpro-duzieren (auch wenn letztendlich dasProdukt ein Text sein kann), z. B. in derMathematik oder beim epistemischenSchreiben, wo Schreiben primär als eineTeilkomponente der Wissensgewinnunganzusehen ist. Für Ludwig ist es daherwichtig, eine Theorie des Schreibenshandlungstheoretisch zu fundieren. Ent-sprechend könnte eine Schreibdidaktikvom einfachen zum komplexen, vom

Produzieren von Zeichenexemplaren(Schreibunterricht) über nicht-integrier-tes zum integrierten Schreiben in ver-schiedenen Ausprägungen geplant wer-den.Schon in ihrer Einleitung zu diesem Bandhatten Baurmann und Weingarten dieBedeutung der epistemischen Funktiondes Schreibens betont, da sich beimSchreiben »Konzepte und Leitideen aus-differenzieren, Ideen und Wissen gene-riert werden« können (9f.). HanspeterOrtners Artikel »Die Sprache als Produk-tivkraft. Das (epistemisch-heuristische)Schreiben aus der Sicht der PiagetschenKognitionspsychologie« widmet sich die-ser Funktion des Schreibens als Stimu-lans, Antriebskraft, Denkhilfe etc. Ortnerkritisiert die »finalistisch-instrumentali-stische Weltsicht«, welche die Darstel-lungs- und Instrumentfunktion von Spra-che zu sehr ins Zentrum der Aufmerk-samkeit rückt. Gerade in der Schreibfor-schung wird die Konzentration auf daszielgerichtete, strategische Schreiben inBegrifflichkeiten wie »Planen«, »Ver-sprachlichung von Ideen« etc. deutlich.Ketzerisch wirft Ortner daher derSchreibforschung vor, sie sei trotz ihrerBekenntnisse zum Prozeßcharakter desSchreibens »zu wenig prozessual interes-siert, zu phasenorientiert, zu sequenziali-stisch und zu deterministisch« (323),denn Abfolgen wie Motiv – Intention –Plan – Durchführung – Kontrolle sindseines Erachtens nicht wirklich interaktiv,sondern implizit sequentiell angelegt.Als Alternative schlägt Ortner ein Modellvor, das mit den Begriffen ›Tätigkeit‹ so-wie ›Mehrstöckigkeit‹ und ›Raumviel-falt‹ arbeitet. Schreiben als Aktivität wirdals probierende Bewegung durch ver-schiedene Wissensbereiche mit dem Zielder Herstellung eines Gleichgewichts(»Äquilibre«) gesehen. Diesem Ausgleichdienen die Assimilations- und Akkomo-dationsprozesse (Ortner rekurriert auf

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Piagetsche Begriffe) auf der Basis kom-plexer Schemata. Erfolgreiche Schreiberhalten sich dabei an ihre individuellenerprobten und erfolgversprechendenSchreibschemata, wie Ortner u. a. an Zita-ten über die Arbeitsweise verschiedenerSchriftsteller zeigt.Erprobte Schemata sind individuell sehrverschieden, aber einerseits stabil, d. h.sie weisen eine Wiederholbarkeit vonEinzelschritten und Strategien z. B. beider Ausarbeitung von Teilthemen oderder Strukturfindung auf, andererseitsflexibel, denn sie sind »Stätten und Spu-ren von Assimilations- und Akkomoda-tionsprozessen« (337), der Einpassungvon Neuem in das Schema bzw. dernotwendigen Anpassung des Schemas.Texte als komplexe Zeichen erzeugeneinen neuen Sinn und erzeugen dadurcheine Akkomodation. Das gilt insbeson-dere für das epistemische Schreibenbeim eher egozentrischen, der innerenSprache vergleichbaren »unsauberen«(»dirty«) Textplanen, wo im Unterschiedzur – sozialen – Reinschrift alle Assozia-tionen unbewertet möglich sind. Hierwird das Probieren, die »allmählicheVerfertigung der Gedanken beim Schrei-ben« deutlich. Auch Vertreter des bei unsso beliebten kreativen Schreibens be-schäftigen sich in der Regel eher mitMitteln der Freisetzung von Kreativitätals mit durchaus zielorientiertem Probe-handeln und Schemaausdifferenzieren.Daß jedoch gerade das epistemischeSchreiben ein Mittel der Wissensfindungund -entwicklung ist und in der Fremd-sprache auch zur metasprachlichen Sche-mabildung bzw. »Akkomodation« bei-tragen könnte, wird in der Fremdspra-chendidaktik meines Erachtens weitge-hend ignoriert. Ortners Beitrag könntehier auch für Deutsch als FremdspracheAnregungen liefern.Das Interesse am Schreiben ist seit Jahrenungebrochen. Trotzdem gibt es in

Deutsch als Fremdsprache praktisch kei-ne Lehrbücher oder Zusatzmaterialien,die eine klare Schreibprogression (sei sietextsorten-, schreibstil- oder funktions-orientiert) vorschlagen und lernpsycho-logische Erkenntnisse berücksichtigen.Auch neu erscheinende Lehrwerke be-handeln das Schreiben immer noch stief-mütterlich und eher produktorientiert.Dieser Sammelband, immerhin eine Zwi-schenbilanz aus mittlerweile jahrelangerForschung und Anwendung, sollte derDaF-Didaktik zu denken geben.

Besançon, Anne:La compréhension de l’allemand.Langue et culture. Frankfurt/M.: Lang,1995. – ISBN 3–906753–53–0. 378 Seiten,DM 84,–

(Walter Schleyer, Aachen)

Die Untersuchung von Anne Besançonsteckt sich ein hohes Ziel: die Strategienfremdsprachlichen Verstehens – hier vondeutschen Texten bei frankophonen Le-sern – zu ermitteln. Sie verfolgt ihr Zielunter Heranziehung von Übersetzungs-leistungen aus der Fremdsprache in dieMuttersprache und von Beobachtungender Schwierigkeiten des Textverstehensin der freien Lektüre journalistischer Tex-te. Für den ersten Teil würde man vondaher zusätzlich einen Beitrag zur Feh-lerlinguistik oder zur interlingualen In-terferenz erwarten, vom zweiten TeilAuskunft über fremdkulturelle Interfe-renzen aufgrund divergierender Welt-wissensbestände bzw. unterschiedlichersprachlicher Mittel in Metaphern, Re-densarten usw., sowie schließlich überden Einfluß der Präsuppositionen in denTexten auf das Fremdverstehen. Die flei-ßige Arbeit versucht sich unter Verarbei-tung wichtiger deutsch- und französisch-sprachiger Fachliteratur (u. a. Krings,

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Westhoff, Heringer, B. D. Müller, Neuner,Zemb usw.) bei allerdings nur einem eng-lischsprachigen Artikel (was nicht in die-sen beiden Sprachen veröffentlicht wur-de, wird nicht rezipiert) mit einem zwei-felhaften methodologischen Ansatz aneiner Aufgabe, die so nicht gelöst werdenkann. Bereits in der Besprechung derPutzerschen Arbeit zur Fehlerlinguistikhatte Königs auf den spekulativen Aus-sagewert von Übersetzungsleistungenhingewiesen, wenn es an der erforderli-chen empirischen Absicherung mangelt.Ähnliches dürfte auch für BesançonsWertschätzung der Übersetzung gelten:»[…] la traduction (version) est un exercicede production particulier, moyen de testerla compréhension dans une certaine mesu-re, de contrôler les connaissances de languematernelle (comprises largement) dans uneplus large mesure«. (27)

So gesehen wären Verstehensleistungender fremdsprachigen Mitteilungen ohne-hin fragwürdig, was die Autorin auchfreimütig zugesteht:»Les erreurs relevées dans les traductionsen français de textes allemands doit (!)fournir les données sur les stratégies qui,par étapes, ont mené le lecteur du texteallemand au texte français, ce dernier repré-sentant, idéalement, l’état de la ›compré-hension‹ du texte original. Il apparaît que lapression de la situation de ›traduction‹ afaussé les résultats de la lecture.« (7)

Trotz dieser aus translatorischer Sichtfragwürdigen Hinweise geben aber zweiBeobachtungen, die die Autorin an 513schriftlichen Übersetzungsleistungen ge-macht hat, den Ausschlag: daß nämlich 1)unabhängig von der gerade untersuchtenTeilgruppe gewisse Fehler mit einer na-hezu vorhersagbaren Häufigkeit immerwieder auftreten und daß 2) sich inner-halb der Texte die Fehler auf einige Stel-len besonders konzentrieren,»si bien que toutes les épreuves présentent,à quelques dispersions près, la même imageavec les mêmes faisceaux à l’encre rouge,

seule la graveur de l’erreur étant variable(allant du ›mal dit‹ au ›non sens‹)« (32).

Der relative Ausagewert der roten Stellenergibt sich aus dem Zitat ohne weiterenKommentar. Fragt man weiter nach denBedingungen, unter denen die Überset-zungsleistungen erbracht werden (muß-ten!), so erfährt man, daß es sich um(Zwischen-, Abschluß-)Prüfungsklausu-ren handelte, »avec pour seul objectif: lanote« (32) Es kommt also der möglicher-weise verfälschende Faktor der Wert-maßstäbe noch dazu. Die ausgezeichne-ten Sprachkenntnisse von Frau Besançonlassen nun gewiß eine auf ihre Personbezogene Annahme von grundsätzlichmöglichen Fehldeutungen des Aus-gangstextes nicht zu. Dennoch offenbartsich bereits hier in der fehlenden Absi-cherung der Bewertung der Korrektoreneine der Schwächen der Arbeit. In einemText von J. Roth heißt es: »Er [d. i. derKaiser] liegt begraben in der Kapuziner-gruft…«, was zu der Übersetzung »dansle tombeau des Habsbourg« (45), aberauch »dans le sépulcre des Habsbourg«(40) führen soll. Die Frage der stilisti-schen Bewertung könnte sich bereits aneiner solchen Kleinigkeit stellen. AlsFehlleistungen unterliegen der Interpre-tation Besançons Varianten wie »le tom-beau des Capétiens«, »la crypte des capu-ciens«, »le caveau des capucines« (40, 45).Diese Bewertung liest sich dann so:

»L’acceptation de ›Capétiens‹ est unepreuve de la confiance de l’étudiant dansses facultés de discriminations auditives,éveillée par une succession de lettres iden-tique à quelques unités près, le choix nepeut plus être mis en doute ou, si cela a étéle cas, cela a été sans doute rapidementrefusé parce que l’adjectif royal se justifiepar contexte impérial du texte 6« (47).

Die Interpretation zieht interimsprachli-che Erscheinungen heran, ist aber speku-lativ, da nicht entschieden werden kann,ob eine sprachliche Interferenz zur Fehl-

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deutung geführt hat, oder ob mangels»besseren« Wissens eine Vokabelglei-chung »Kapuziner – Capétiens« anzu-nehmen ist. Zu diesem konstruktivisti-schen Lösungsversuch später mehr. DieErreichbarkeit des in den Texten vorge-gebenen Wortschatzes hat die Verfasse-rin offenbar nicht untersucht. Wir befas-sen uns daher hier zunächst mit den inden Texten versammelten Wissensbe-ständen. Das Textkorpus umfaßt 15 lite-rarische Texte mit den Autoren I. Bach-mann, Borchert, Brecht, Canetti, S.Freud, Fried, Hesse, F. Gg. Jünger, S.Lenz, A. Lernet-Holenia, J. Roth und St.Zweig. Nicht mitgeteilt wird, ob diesewohl nicht ganz alltägliche Auswahl ihreBegründung im Programm des jeweili-gen Studienjahres findet. Die Auswahlstellt hinsichtlich der Textsorte (litera-risch), des Wortschatzes (»Er war nur einSpan von einem Mann …«, T3), derStilebene (»Man hielt in jeder begütertenFamilie schon um des Gesellschaftlichenwillen sorglich darauf, ›gebildete‹ Söhnezu haben…«, T5) als auch des erforderli-chen Hintergrundwissens aus einemZeitraum vom Ausgang des 19. Jahrhun-derts bis in die allerersten Nachkriegs-jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, überdie Jahre der Wirtschaftskrisen derzwanziger Jahre bis zu Hugenbergs Hil-fe in der Unterstützung des Hitlerre-gimes erhebliche Anforderungen, dieman in ihrem historischen Teil nichtleicht einem vergleichbaren deutschenStudierenden bereits in seiner Mutter-sprache, geschweige denn in der ver-gleichbaren französischen Zeitgeschich-te abverlangen dürfte. Ausgehend vondem realistischerweise anzunehmendenWissenshintergrund ist die vorgestellteErsatzlösung daher eher zufriedenstel-lend als verwunderlich. Schließlich istauch der gewählte Textausschnitt bis-weilen textlinguistisch fragwürdig. Sobeginnt Text 14 mit einem anaphorischen

Verweis, der den Übersetzer vor einekaum lösbare Aufgabe hinsichtlich deszu wählenden Anschlusses stellt. Ob-wohl Anne Besançon diesen Mangel ex-plizit registriert, bezieht sie die darausresultierenden Fehlleistungen in ihreDarstellung ein (75ff.).Die Ausführungen zu den Verstehens-prozessen auf der Wortschatzebene ver-mögen ebensowenig zu überzeugen. Sowerden bei den Primärassoziationen beider Verarbeitung fremdsprachiger Voka-beln u. a. die zuerst gelernten Bedeutun-gen zuerst assoziiert (es sind bei Einsatzvon Wörterbüchern auch andere, z. B.didaktogene (Hönig) Verhaltensweisenzu beobachten). Besançon bezieht sichauf eine Beobachtung von H. P. Krings,»que cette forme d’association ›interlingua-le‹ porte essentiellement sur les mots lesplus courants, se demandant si ce n’est pasun cheminement typique de l’apprentissageen milieu non naturel; en effet, c’est essenti-ellement sur le vocabulaire de base usuelque porte l’enseignement, du moins durantles premières années.« (86)

Nach Besançon läßt sich dies auch in denüberprüften Klausuren feststellen:»Dans nos copies, il est remarquable quec’est toujours le premier sens appris quiémerge. Nous en restons au niveau duplacage immédiat de la première significa-tion rencontrée en mémoire, la plus saillan-te sinon la plus fréquente, sur une unitélocalement reconnue.« (128)

Der scharfsinnige Schluß dürfte sich nursehr schwer empirisch absichern lassen,bleibt also im wesentlichen spekulativ.Vor allem wird gar nicht geprüft, ob diePrüflinge überhaupt über mehr als dieaktivierte Wortbedeutung verfügten, sodaß sie tatsächlich eine Auswahl hättentreffen können. Im Unterschied zu demVersuchsdesign von Krings verfügen dieTeilnehmer auch über keinerlei Hilfsmit-tel, die z. B zu dem bereits skizziertendidaktogenen Fehlverhalten hätten füh-ren können, wo man aus einem vermit-

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telten Mißtrauen gegenüber der erstenLösung des Wörterbuchs heraus einerzweiten oder dritten Lösung den Vorzuggibt. Das Auftreten von Primärassozia-tionen müßte besser als durch die bloßeBehauptung abgesichert sein. Nehmenwir gar einen fehlenden Eintrag im Ge-dächtnis des Lerners an, so bliebe ihm inder vorgegebenen Extremsituation nurder Versuch, in einem konstruktivisti-schen Vorgehen zu einer »wilden« sinn-stiftenden Lösung um jeden Preis zukommen.Diese Annahme wird gestützt durch die»Versuchssituation« selbst: Die Textewurden in einer Prüfungssituation »sansaides (dictionnaires, grammaires et autrematériel auxiliaire)« (32) geschrieben,stellen also eine wahrhaft konstruktivisti-sche Aufgabenstellung dar, die die Pro-banden auf nahezu allen Textebenengleichzeitig hoffnungslos überfordert wiezur Suche nach der Lösung um jedenPreis gezwungen haben dürfte:

»[…] il ne faut pas oublier que les étudiantssont dans la situation contraignante d’ex-amen où le jeu est de ne pas laisser de blanc,de compléter la lacune de quelque manière;sauf i), tous ont joué ce jeu.« (155)

Rückschlüsse über Verstehensleistungenund die bei Fehlleistungen eingesetztenVerstehensstrategien zu ziehen, halte ichin dieser Situation für unzulässig, zumalder Maßstab auch noch das Verstehendes Korrektors ist. Der Auftrag des Pro-banden lautete, mit untauglichem Werk-zeug (sprachliche und landeskundlicheKenntnisse, fehlende Hilfsmittel) undungeeigneten Werkstoffen (literarischeTextauswahl) ein Produkt (Übersetzung)zu liefern, wobei bei der Herstellung dieVorschriften für die Qualitätssicherungan dem neuesten Stand von DIN EN9000 gemessen werden. Davon einmalabgesehen, ob der Auftrag überhaupterfüllt werden kann, ist das Verfahrenäußerst unfair, der Aussagewert der

Qualitätsbeurteilung infolgedessen ge-ring. Die Produkte gemahnen an Ent-würfe des »wilden Denkens«, die durcheinen ungeeigneten methodologischenFilter betrachtet zu elaborierten, abernichtssagenden Fehldeutungen führenmüssen.Der zweite Teil der Untersuchung wen-det sich den Verstehensproblemen zu, dieausgehend vom »Material« bei der freienLektüre von journalistischen Texten der»gehobenen« Presse auftreten. Die Unter-suchung ist auf die verschiedenartigenEinflüsse des landeskundlichen Wissensauf das Verstehen gerichtet:»l’étanchéité des deux systèmes de savoirainsi définis, celui du lecteur réel et celuivéhiculé par le texte représentant l’auteurallemand et son lecteur fictif associé, vontfaire l’objet de notre réflexion.« (183)

Die Darstellung steht sehr stark unterdem Einfluß der Überlegungen B. D.Müllers, wobei heute allerdings schon alsBasiswissen angesehen werden kann,was unter Berufung auf Y. Bertrand aus-geführt wird:»J’ai ainsi appris à mes dépens que la con-naissance du vocabulaire et de la grammai-re ne suffisait pas quand manquait l’arrière-plan culturel.« (184)

Vor allem die in den jeweiligen Kontex-ten nicht explizierten, weil als bekanntvorausgesetzten Wissensbestände des je-weiligen Weltwissens erschweren beifremdsprachigen Texten das Verstehenzusätzlich. Daß die Bilder und Meta-phern ihr einzelsprachliches Eigenlebenführen (im abendländischen Kontextaber auch sprachübergreifend gelten)können, daß etwa Farben unterschiedli-che Empfindungswerte und Assoziatio-nen besitzen mögen (im Falle von »Blau-mann« und »homme en bleu« noch ver-gleichbar, im Falle des »blauen Briefes«bereits nicht mehr), dies alles sind Er-kenntnisse, die uns spätestens seit MarioWandruszka bekannt sein sollten und

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die hier an einer anderen Textauswahlmit einem eher politischen und auf dieInstitutionen bezogenen Zuschnitt neuerarbeitet werden. Die »Kulturhaltig-keit« des Lexikons, die in der Wiederbe-lebung Humboldts, Meads, Wygotskysu. a. für den Sprachunterricht einen derBeiträge des Faches Deutsch als Fremd-sprache zum Fremdsprachenunterrichtausmacht, rechtfertigt dann sicher auchim Gefolge von B. D. Müller die Forde-rung nach einem interkulturell ausge-richteten Fremdsprachenunterricht. In-sofern kann man der Forderung der Au-torin nach Einbeziehung der sozioprag-matischen Aspekte in den Fremdspra-chenunterricht zustimmen, unter derVoraussetzung, daß die Erwartungennicht zu hoch gesteckt werden: »Langueet culture ne peuvent pas être enseignéesséparément….« (318). Daß zu den Gram-matikregeln auch die »Spielregeln« desfremdkulturellen Verhaltens gehören, seiunbestritten. »La culture acquise ne faitpas de signes« (317) – die Begründunggreift jedoch in zweierlei Hinsicht zu-mindest zu kurz. So einfach verhält essich nun doch nicht, daß (nonverbales)Verhalten sozusagen komplexer als diesprachliche Mitteilung darüber ist, daßInhalte kollektiv gewußt und deshalbnicht sprachlich gefaßt würden. Dage-gen sprechen allein schon die herange-zogenen Textsorten, deren Aufgabe inder schriftlichen Kommunikation liegt.Anne Besançon führt auch zu Recht dieGefahr der Grenzüberschreitung beiÜberidentifikation mit der fremden Kul-tur an, die, wie Kotthoff dargelegt hat,möglicherweise gar nicht erwartet odergar als ungehörig empfunden wird. Grö-ßer erscheint mir indes eine Gefahr, derauch das Konzept der Völkerverständi-gung durch Fremdsprachenunterricht(vgl. dazu Ammer) erlegen war: die Illu-sion, anzunehmen, ein solcher Fremd-sprachenunterricht könne fremdkultu-

relles Verständnis erreichen, wo er allen-falls für deren Dimensionen zu sensibili-sieren vermag. Verstehen fremder Le-bensverhältnisse setzt zumeist eine lang-fristige Beschäftigung (und diese mußnicht unmittelbar gelebte Erfahrungsein) voraus. Nicht einmal die individu-elle Einstellung zur fremden Kultur undihrer Sprache kann ein solcher Unter-richt ohne die aktive Bereitschaft derUnterrichteten zur Mitwirkung an die-sem Prozeß erreichen. UnterrichtlicheZiele dürften sich in dieser Hinsichtkaum von Unterrichtsformen und ihremgesellschaftlichen Hintergrund trennenlassen: das gilt für den muttersprachli-chen Unterricht ebenso wie für denfremdsprachlichen. Mit der Erweiterungdes Wissenshorizonts – darauf hat Mei-nert A. Meyer in einer sorgfältigen empi-rischen Studie hingewiesen – ist nichtzwangsläufig eine Einstellungsände-rung verbunden.Somit erbringt die Arbeit von Anne Be-sançon in ihrem ersten Teil aufgrund dermethodologischen Mängel nicht den Ein-blick in die sprachlichen Strategien derVerstehensprozesse – sieht man von denerstaunlichen Fähigkeiten zu konstrukti-vistischen Leistungen der unfreiwilligenProbanden einmal ab, die auch die Lei-stungen überforderter Schüler in Klas-senarbeiten vielfach kennzeichnen. Imzweiten Teil führt sie über bekannte Sach-verhalte nicht hinaus, während sie in denSchlußfolgerungen des letzten Teils unterBerufung auf B. D. Müller Erwartungenin die pädagogische Leistungsfähigkeitdes Fremdsprachenunterrichts weckt, dievon diesem nur ansatzweise in einer viel-leicht erreichbaren Sensibilisierung um-gesetzt werden können. Am Ende bleibtnach aufmerksamer Lektüre anstelle ei-nes Buches dank der liederlichen Binde-technik des Verlags eine Loseblattsamm-lung übrig, die zu einem Ganzen nimmersich füget.

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LiteraturAmmer, Reinhard: Das Deutschlandbild in

den Lehrwerken Deutsch als Fremdsprache.München: iudicium, 1988.

Hönig, Hans G.: Konstruktives Übersetzen.Tübingen: Stauffenburg, 1995 (Studienzur Translation 1), 50ff.

Kotthoff, Helga: »Interkulturelle deutsch-›sowjetische‹ Kommunikationskonflikte.Kontexte zwischen Kultur und Kommu-nikation«, Info DaF 20, 5 (1993), 471–485.

Krings, H. P.: Was in den Köpfen von Überset-zern vorgeht. Eine empirische Untersuchungzur Struktur des Übersetzungsprozesses anfortgeschrittenen Französischlernern. Tübin-gen: Narr, 1986 (TBL 291).

Meyer, Meinert A.: Shakespeare oder Fremd-sprachenkorrespondenz? Zur Reform desFremdsprachenunterrichts in der Sekundar-stufe II. Wetzlar: Büchse der Pandora,1986.

Putzer, Oskar: Fehleranalyse und Sprachver-gleich. Linguistische Methoden im Fremd-sprachenunterricht am Beispiel Italienisch –Deutsch. Ismaning: Hueber, 1994. Bespr. v.Frank G. Königs, FuH 44 (1995), 187–191.

Watzlawick, Paul (Hrsg.): Die erfundeneWirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zuwissen glauben? Beiträge zum Konstruktivis-mus. München: Piper, 1984 (SP 373), darinbes. der Beitrag von Rupert Riedl: »DieFolgen des Ursachendenkens«, insb. S.76f.

Wandruszka, Mario:: »Wer fremde Sprachennicht kennt…« Das Bild des Menschen inEuropas Sprachen. Darmstadt: Wissen-schaftliche Buchgesellschaft, 1991.

Wygotski, L. S.: Denken und Sprechen. Frank-furt/M.: Fischer, 1986, (Fischer Wissen-schaft 7368). (Der Autor ist den deut-schen Lesern bereits seit 1964 zugänglichund in der Rezeption wohl teilweise einOpfer der deutschen Teilung geworden.Über den angloamerikanischen Sprach-raum erfolgte dann ein Reimport: Vy-gotsky, Lev. S.: Mind in Society. Cam-bridge: Harvard University Press, 1978).

Demandt, Alexander (Hrsg.):Mit Fremden leben. Eine Kulturge-schichte von der Antike bis zur Gegen-wart. München: Beck, 1995. – ISBN 3-406-39859-6. 314 Seiten, DM 48,–

(Sylvia Bräsel, Sofia/Bulgarien)

Das Thema des Buches greift eine ge-wichtige Frage auf, die inzwischen weiteBereiche des kulturellen, wirtschaftlichenund politischen Lebens in einer sich glo-balisierenden Welt tangiert und neueKonzepte herausfordert.In dem vorliegenden Band, der aus einerVorlesungsreihe an der Freien Universi-tät Berlin entstand, unternehmen fünf-zehn Historiker den Versuch, eine Brückevon der Antike bis in die unmittelbareNeuzeit zu schlagen. Ihr Ansatzpunkt ist»Geschichte in weltbürgerlicher Absicht«(7).Das ist gewiß ein lobenswerter Aus-gangspunkt, zumal die Vorlesungen ausaktuellem Anlaß – über den Weg dergeistigen Durchdringung von Ge-schichtsprozessen – zu »Herzensgüteund Augenmaß«, zu Toleranz und gutemWillen (8) im Umgang mit dem Fremdenin unserem heutigen Alltag hinführenmöchten. Zur Realisierung des Projektswird eine Vielzahl von detaillierten Ein-zeluntersuchungen dargeboten, die be-denkenswerte Einsichten in die Mecha-nismen des Umgangs mit Fremden inden verschiedenen Zivilisationen undEpochen der menschlichen Entwicklungerbringen. Besonders die fundierten Ein-zelbeiträge zur Frühzeit der Begegnungmit dem Fremden machen deutlich, daßein Austausch der Kulturen die Entwick-lung der Zivilisation letztlich maßgeblichbefördert hat und keine Erfindung derNeuzeit ist. So weist Funck überzeugendam Leben mit Fremden im Perserreichnach, wie in diesem Vielvölkerstaat übereine kluge Politik der Koexistenz aktivediplomatische, militärische und wirt-

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schaftliche Verbindungen aufgebautwurden, die im Alltäglichen funktionier-ten. Die Akzeptanz des Fremden war anein Nützlichkeitsdenken gebunden, dasdie Grundlage für die von Wandel undHandel bestimmte Mobilität im AltenOrient bildete. In dieses System warenfolgerichtig religiöse Toleranz wie Beach-tung der ethnischen Besonderheiten derunterworfenen Völker im beträchtlichenMaße eingebunden. Die konsequentmehrsprachigen Erlasse reflektieren einehohe politisch-kulturelle Bewußtheit, dieden »Anderen« ernst nimmt, weil letzt-lich Tüchtigkeit für den Platz in der Ge-sellschaft – natürlich bei Loyalität gegen-über dem herrschenden System – einemaßgebliche Rolle spielte. Die von Funckgewonnene Erkenntnis, daß »Fremdheit«im Altertum »weniger ethnisch als viel-mehr sozial definiert gewesen zu sein«(29) scheint, legt zeitübergreifende Über-legungen zum Thema nahe.Überhaupt weisen die zum Teil sehr spe-zifischen Beiträge, die u. a. den histori-schen Bogen von Griechenland über dasbyzantinische Reich, Toleranz im Islam,Umgang mit Fremden im Mittelalter undin der frühen Neuzeit bis zur Einwande-rungspolitik in Brandenburg-Preußenund in Latein- und Nordamerika zuschlagen versuchen, auf eine Vielzahlvon Schwerpunktfragen hin. So wirdzum Beispiel von Spahn in einer auf-schlußreichen Studie der Zusammen-hang zwischen der Demokratie in Athenund der Institutionalisierung einer wirk-samen, auf ökonomische Interessen aus-gerichteten Fremdenpolitik dargelegt.Gleichzeitig macht er am behandeltenMetöken-Status deutlich, daß »wachsen-de Demokratisierung im Innern eine ver-stärkte Abgrenzung nach außen« (48) zurFolge hatte.Wichtige Denkansätze erbringen zudemu. a. die Arbeiten von Demandt, Lilie,Lübke, Schaser und Adams. So werden

auch Grenzen der Übernahme des Frem-den wie Ausgrenzung und Fremdseinvon sozialen (nicht ethnischen) Rand-gruppen als alltägliches Phänomen in ei-ner Gesellschaft angesprochen. Anderer-seits wird das Bedingungsgefüge vonProsperität und Fremdenpolitik viel-schichtig belegt und dem Gastrecht als»Produkt von Handelsinteressen« (110)an den multiethnischen frühmittelalterli-chen Handelszentren in Ost- und Mittel-europa nachgegangen. Wenn Adams mitBlick auf die Einwanderungen in dieUSA vom »ökonomischen Kalkül« (197)spricht und keine besondere Fremden-freundlichkeit als Grund sehen kann, soschließt sich hier ein weiterer gedankli-cher Kreis beim Leser. Adams Verweisauf »angelsächsisch-rassistische Überle-genheitsvorstellungen« (197) fährt zu-dem konsequent bis zur Benennung desVersagens demokratischer Werte im Um-gang mit dem Fremden am Beispiel derApartheid hin.Leider fehlt dem vorgestellten Band »MitFremden leben« eine durchgängige Bün-delung und komplexe Wiederaufnahmeder Einzelfragen, die den Anspruch desUntertitels »Eine Kulturgeschichte vonder Antike bis zur Gegenwart« einlösenkönnte. Auf der anderen Seite bleiben inder Sammlung wichtige Kulturen (z. B.Ostasien, Südostasien) Randerscheinun-gen oder gelangen nicht in das auch abund an vom Eurozentrismus geprägteBlickfeld. Eine die Weit in ihrer Komple-xität wahrnehmende Sichtweise, die Eu-ropa und europäische Werte nicht zumalleinigen Maßstab erklärt und Raum fürdie Geschichtsaufarbeitung aus einer»Fremdperspektive« läßt, wäre wohl pro-duktiv im Sinne des auf Toleranz undVerstehen abzielenden Gesamtanliegens.Eine zielorientierte Bearbeitung eines sol-chen Projekts, die ausländische Wissen-schaftler in den Dialog einbezieht, könntefür alle beteiligten Seiten Gewinn erbrin-

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gen. Auf diese Weise wäre zudem einerSchwarz-weiß-Zeichnung der Problema-tik über differenzierte Sichtweisen bis hinzur Einordnung von Gegenwartsprozes-sen zu begegnen. Letztlich fordern mei-nes Erachtens die Prozesse in einer sichgleichzeitig globalisierenden wie regio-nalisierenden Welt in ihrer Komplexitätein interdisziplinäres Herangehen. Nureine Sichtweise, die konstatiert, daß sichDeutschland wie die Welt in den letztenJahren in vielen Bereichen entscheidendverändert haben, und daraus neue Auf-gaben und konstruktive Lösungsvor-schläge auf verschiedensten Gebieten ab-leitet, kann den notwendigen, von über-greifenden Einsichten getragenen Dialogder Kulturen produktiv befördern. Einein Abgrenzungen oder nationaler Engeoperierende Sicht kann leicht in eine (un-gewollte) Bestätigung der Thesen Hun-tingtons einmünden. Deshalb sollten ausgemeinsamer Verantwortung den Be-schreibungen fundierte und komplexeAnalysen folgen. Wie sagte doch schonCicero: »Neue Probleme erfordern neueLösungen« (80).

Effenberger, Sabine:Fremdsprachenunterricht in den USA.Bedingungen und Strukturen an denHochschulen der USA unter besondererBerücksichtigung des Faches Deutsch.Frankfurt/M.: Lang, 1995 (EuropäischeHochschulschriften: Reihe 11, Pädagogik644). – ISBN 3-631-48958-7. 185 Seiten,DM 65,–

(Anneliese Stein-Meintker, Erlangen)

Das Buch beginnt mit einem Vorwort vonProf. W. Sanke, Universität Kassel, dasdeutschen Lesern Stoff zur Diskussiongeben könnte im Hinblick auf die vonvielen Seiten geforderten Veränderungenim deutschen Hochschulwesen. Mit Si-

cherheit hat gerade der Sektor Fremd-sprachen in den USA keinen Modellcha-rakter für das deutsche und europäischeBildungswesen. Effenbergers Buch istnicht als Modellangebot zu verstehen,sondern, wie Sanke betont,

»bietet [sie] ein farbiges und differenziertesBild des amerikanischen Bildungswesensaus der Teilperspektive des Fremdspra-chenunterrichts in den U. S. A.« (7).

Den Hauptteil umrahmen das Inhaltsver-zeichnis, die Einleitung sowie ein An-hang mit Graphiken und Statistiken undein Literaturverzeichnis. Der Hauptteilist in neun Kapitel gegliedert.Inhaltlich teilen sich die neun Kapitel indrei Teile auf:1. Rahmenbedingungen – eine kurze Be-

schreibung des Bildungssystems, einkurzer Abriß zur Geschichte desFremdsprachenunterrichts, zur Ausbil-dung und Berufssituation von Fremd-sprachenlehrern (Schule/Hochschule)

2. Lehrwerkanalyse – dahin führen eineknappe Darstellung der Fremdspra-chendidaktik und -methodik und eineEinführung zur Stellung und Kritikvon Lehrbüchern

3. Analyse einer Fragebogenerhebungzum DaF-Unterricht.

Sinnvollerweise hat die Autorin bei ihrerAbhandlung den im Titel eingegrenztenAspekt Hochschule auf Schule erweitert,denn die Situation ist nicht zu verstehenohne diesen »Rückblick«. Bei ihren insge-samt 1½-jährigen Aufenthalten in denUSA konnte Effenberger persönlich Ein-blick nehmen in das System, das sieaufgrund sorgfältiger Literaturrecher-chen in ihrem Buch darlegt. Sie stützt sichim wesentlichen auf einschlägige moder-ne amerikanische und deutsche Literatur.Die Literatursuche schloß sie im Dezem-ber 1993 ab (12).Obwohl sie versucht, sich dem Thema soobjektiv wie möglich zu nähern (14) und

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nicht vergleichend zu arbeiten, wird derBezugspunkt (für den deutschen Leser)zum deutschen Bildungssystem herge-stellt. Diese Objektivität scheint manchanderem Autor nicht zu gelingen, dahermüßten gelegentlich Positionen ausführ-licher diskutiert werden. Dies betrifft vorallem die von Effenberger referiertenDarlegungen von H. Dichanz (1991) undO. Holl (1974) und das Kapitel »DasBildungssystem«. Auf sechs Seiten stelltdie Autorin knapp Ziele und Aufgabendieses Systems dar. Dies aus geographi-scher, geschichtlicher und philosophi-scher Bedingtheit betont liberale Systemhat als allgemeines Ziel, dem Individu-um eine Erziehung zu geben,

»that will enable each person to achieve hisor her highest potential in a free society andto function as an effective citizen in themodern world« (15).

Amerikaner setzen ihren Werte-Akzentdarauf, daß Menschen (Individuen) Ge-meinschaftswesen sind. »Citizen« und»citizenship« kann nicht auf »Staatsbür-ger« eingeengt werden, zudem haftet denBegriffen keineswegs Patriotismus an,wie Dichanz glauben machen möchte. Esgeht um ein friedliches Miteinander inGemeinwesen, sei es der »local commun-ity« oder »as citizen of the modernworld«. Zudem ist das Bildungsziel nicht»zwiegespalten« (16), sondern im Gegen-teil in sich schlüssig, aber eben anders. Imgrundlegenden Unterschied zum deut-schen Bildungssystem, für das die Kul-turhoheit der Länder gilt, teilen sichBundesstaaten (States) und schooldistricts die Aufgaben für die Schulen,die jeweiligen Aufsichtsgremien und diehochschuleigene Verwaltung für dieHochschulen, wobei auf lokaler Ebeneder Entscheidungsfreiraum sehr großsein kann. Selbstverständlich findet inden USA eine bildungspolitische Diskus-sion statt; da aber sehr viele Ebenen (19)

betroffen sind, verläuft sie anders alshierzulande. Warum die referierten Au-toren sich so auf Jefferson berufen, istnicht einsichtig, allen ist aber ein Besuchin Monticello und mehr Auseinanderset-zung mit Gründervätern oder der Ge-schichte des Bildungswesens zu empfeh-len. Nur diese erste Abhandlung »Zieleund Aufgaben« hat Schwächen und Ein-seitigkeit, die Kritik herausfordern müs-sen. Bei der Lektüre dieses ersten Teilka-pitels könnte jedoch ein falscher Ein-druck über die Qualität des Buches ent-stehen: es folgen 143 Seiten, auf denender Autorin die angestrebte Objektivitätund Wissenschaftlichkeit gelungen ist.Sie schildert prägnant und sachkundigStruktur und Aufbau des Schulwesens(20–25) sowie gegenwärtige Krise undReformansätze (25–30). In den Diskussio-nen hierzulande werden normalerweisenur die Aspekte hervorgehoben, die je-weils passen. Effenberger dagegen erläu-tert die Aufgaben, die die moderne ame-rikanische Gesellschaft dem Bildungswe-sen stellt, die Rahmenbedingungen fürdiese Arbeit sowie die Selbstkritik, da dieProbleme dieser Gesellschaft das Bil-dungsniveau und -wesen nachhaltig be-einflussen: ›drop-outs‹, die es nicht mehrerreichen kann, Probleme mit der Famili-enstruktur, Drogen, Alkohol, Gewalt;Jobs und Fernsehgewohnheiten und dieSchwierigkeiten des Lehrberufs. Durchdie Medien erreichen diese erheblichenProbleme – einer prozentualen Minder-heit – weltweit Beachtung, dagegen nichtdie Bemühungen zu deren Bewältigungund Ansätze zu Reformen und die peri-odischen Veränderungen im amerikani-schen Bildungswesen, wie die Autorinsie umfassend darlegt. Bei der gewalti-gen Größe des Landes (geographisch/Einwohnerzahl) sowie der inhärentenEntscheidungskompetenz der schooldistricts kann die Lösung kaum in Gel-dern und Anordnungen aus Washington

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bestehen (siehe Zitat aus Dichanz, 30).Amerikaner lösen die Misere derzeit, wieMedienberichten seit Schulbeginn ’96 zuentnehmen ist, indem sie wegen/mitihren Kindern in ›gute‹ school districtsziehen, deren Schulen aus allen Nähtenplatzen, oder sie entziehen sich ganz demöffentlichen Schulwesen. Beides ge-schieht unter erheblichen finanziellenOpfern der Eltern.Neben dem Schulwesen führt die Auto-rin auch das Hochschulwesen (22ff.) mitseinen Traditionen (24), Nach- und Vor-teilen (25) ein. Nur schwerlich läßt sichentnehmen, mit welchem Fleiß, welcherBegeisterung und Freude an vielen Ortengearbeitet wird. »Das ganze Klima trägtdazu bei, daß sich ehemalige Studentenspäter ein ganzes Leben lang ›ihrer‹Universität verbunden fühlen« (25), wo-bei sich diese Dankbarkeit und Verbun-denheit auch in finanziellen Zuwendun-gen ausdrückt.Anschaulich und konzentriert zeichnetsie die geschichtliche Entwicklung desFremdsprachenunterrichts (31–44) biszum Status quo nach, insbesondere dietraurige Bilanz (und Statistik) des FachesDeutsch, und referiert Untersuchungenzu den Meinungsbildern (45–51). Wel-cher nachhaltige Effekt das Fach DaF anSchule und Hochschule in den USA seit1912 belastet, machen die Zahlen deut-lich (32ff., bes. 46): Deutschlerner an highschools 1915 – 24,4%; 1922 – 0,6%; 1934 –2,4%; 1948 – 0,8%. Für heute werden 6,6%der 38,4% Schüler, die überhaupt eineFremdsprache wählen, angegeben (42).

»Den Höchststand an Hochschulen hatteDeutsch 1968 mit 212 263 Studenten. 1980waren es 126 910.« (36)

Somit hatte der »Sputnik-Effekt« starknachgelassen. (Das ganze Ausmaß dieserEinbrüche war mir glücklicherweisewährend meines Studiums und meinerLehrtätigkeit in den USA nicht bewußt

und wird erst in der neueren Fachlitera-tur angegeben.) Vertretern deutscherKulturpolitik dürfte die traurige Situa-tion bekannt sein. Mögen die zuständi-gen Finanzressortchefs in Kapitel 3, 4 undTeilen von 5 dieses Buches lesen! Ohnefreundliche und massive Unterstützungvon deutscher Seite werden sich Ände-rungen schwer herbeiführen lassen, dieprimär dem Deutschunterricht zugutekämen, aber weitreichendere wirtschaft-liche Auswirkungen haben könnten.Der Lehrberuf in den USA hat eigeneGesetzmäßigkeiten (67ff.) wie unter-schiedliche Bezahlung nach schooldistrict, durchschnittliche Arbeitszeit von46 Std. pro Woche, Auflagen zur privatfinanzierten Fortbildung u. a. Arbeits-platzsicherheit wie beim deutschen Be-amtenstatus existiert nicht, der Arbeits-platz ist gebunden an ›tenure‹ bzw. dieNachfrage nach einem bestimmten Fach.Wenn Effenberger sagt: »Einen wichtigenBeitrag zur Fortbildung der Deutschleh-rer leisten auch die Goethe-Institute inden USA« (65), so kann ich dies auseigener Erfahrung nur bekräftigen. Diestrifft nicht nur für die großen Goethe-Institute zu, sondern diese wertvolleAufgabe erfüllen vorbildlich auch kleine-re Institute in gelungener Zusammenar-beit mit amerikanischen Universitäten,z. B. in Seattle mit der DSaP der PortlandState University. Auch Hochschullehrerfür Deutsch als Fremdsprache stehen inden USA unter besonderen Zwängen,wobei neben der Forschung – »publish orperish« – die erfolgreiche Lehre entgegender Annahme von Effenberger (72) einegroße Rolle spielt. Es gibt dabei auchschriftliche Beurteilungen durch Vorge-setzte, Kollegen und Studenten. Die Au-torin widerspricht sich, wenn sie (73) dashohe Interesse der Hochschullehrer ander Lehre und die Gefahren bezüglicheines Arbeitsplatzverlustes darlegt.

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Der kurze Abriß zu Fremdsprachendi-daktik und -methodik spricht eher ande-re Leser als Fremdsprachenlehrer an;vielleicht hätte die Autorin den selbstver-ständlichen Umgang mit Technik (87)und Popkultur näher schildern können,ebenso wie die in den USA geforderteAuseinandersetzung mit Pädagogik undPsychologie im Studium.Für DaF-Lehrer und -Verlage sind dieKapitel 7: Lehrwerke und 8: Lehrwerk-analyse von größtem Interesse. Die Seiten94–95 beweisen, daß deutsche Verlage amUS-amerikanischen Bedarf vorbei produ-zieren, bei Ergänzungsmaterialien trifftdies u. U. auch für das sonst sehr ge-schätzte InterNationes zu. Ihrer Forde-rung nach mehr Hochdeutsch (100) aufKosten authentischer Hörtexte mit leichtregionaler Färbung kann ich mich leidernicht anschließen, dagegen würde ich dieListe für »Einsparungen« im Grammatik-unterricht ggf. erweitern wollen. DieLehrwerke Deutsche Sprache und Landes-kunde und Wie, bitte? sind vor 1990erschienen und daher im Bereich Landes-kunde überholt. Für Leser, die sich nichtim Detail für die 34seitige ausführlicheAnalyse interessieren, bietet die Autorinsehr geschickt auf Seite 140 ein Resümeeund auf Seite 141 eine Tabelle. Obwohldie Fragebogenerhebung (143–156) aufeine machbare Größe zugeschnitten warund notgedrungen klein sein mußte, hatsie folgende Vorteile: Es wurden Institu-tionen im Westen, der Mitte und imOsten der USA ausgewählt, und dieErhebung spiegelt die Motive, Erfahrun-gen und Wünsche der Deutschlernerwider. Alarmierend für viele GermanDepartments müßte das Desinteresse anLiteratur sein, gegenüber den bevorzug-ten Bereichen »Sprache selbst«, Landes-kunde und Kultur (151), samt der prag-matischen Einstellung zum Gebrauchs-wert (156) des Gelernten. Die Autorin

setzt sich in einem kritischen Resümeemit ihrer Erhebung auseinander.Mit ihrer »Schlußbetrachtung« beschließtsie ein straff gegliedertes, anschaulichund verständlich geschriebenes Buch,das sich gut in die Reihe der »Europäi-schen Hochschulschriften« des P. LangVerlages einfügt und das zur Lektürenachdrücklich zu empfehlen ist.

Gutknecht, Christoph:Lauter Böhmische Dörfer. Wie die Wör-ter zu ihrer Bedeutung kamen. Mün-chen: Beck, 1995 (Beck’sche Reihe 1106). –ISBN 3-406-39206-7. 212 Seiten, DM 17,80

(Inula Wolter, Bielefeld)

Im Klappentext dieses kleinen Taschen-buchs ist zu lesen, daß der Autor Chri-stoph Gutknecht Professor für Linguistikdes Englischen an der Universität Ham-burg ist und daß er hier Beiträge veröf-fentlicht, die er zuvor schon »in seinerseit Jahren beliebten Radioserie im Nord-deutschen Rundfunk« (2) zu Gehör ge-bracht hat.Die Kurzbeschreibung betont, daß dieDarstellung mit Beispielen quer durchdie europäischen Sprachen populär ge-halten ist und daß der Autor »ohne Fach-jargon und unakademisch […] überra-schende und vergnügliche Geschichtenaus den ›böhmischen Dörfern‹ der Spra-che erzählt« (2). Wer bei dem Titel alsoetwa an Rudyard Kiplings Just so stories(Wie der Leopard seine Flecken bekam) erin-nert wird, der/die liegt nicht ganz falschmit dieser Assoziation. Wie der Autor desDschungelbuches verfaßte Gutknecht sei-ne Texte für ein zuhörendes Publikum,und der englische Sprachschatz liefertihm ausnehmend viele, zum Teil rechtskurril anmutende Beispiele.Gutknecht teilt die rund 180 Textseiten inelf Hauptkapitel von recht unterschiedli-

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cher Länge ein. Ihre jeweiligen linguisti-schen Inhalte und Anliegen betitelt er wiefolgt:1. »Sprache im Wandel« (Erweiterung,

Veränderung und Einschränkung ei-nes ursprünglichen Bedeutungsum-fanges, sowie untergegangene Wör-ter).

2. »Wortzauber und Sprachbilder« (einmit »geflügelten Worten« und Sprach-bildern reich illustriertes Kapitel).

3. »Herkunft und Bedeutung« (z. B. vomSchrittschuh zum Schlittschuh und dieGeschichte der »Hängematte«).

4. »Sind Namen Schall und Rauch?« (be-handelt u. a. »›Eponyme‹, die Men-schen, die Wörtern ihre Namen lei-hen« (63), und erhellt die Herkunftdes Ausdrucks »Böhmische Dörfer«aus dem Buchtitel (66f.)).

5. »Was ist ein Wort?« (zeigt die Schwie-rigkeit, das »Wort« linguistisch zu de-finieren, und wie Wörterbücher sichaus der Affäre ziehen, indem sie Kom-posita zusammen-, mit Bindestrichoder »auseinanderschreiben«, undwelche Mißverständnisse unklareWortgrenzen insbesondere im gespro-chenen Text verursachen können).

6. »Tabus und Schönrederei« (das Ent-stehen fester Redewendungen, dieaus Umschreibungen eines Gegen-standes resultieren, dessen direkte Be-nennung (Tod, Sterben, Teufel …) ge-sellschaftlich gemieden wird).

7. »Dialekte – ›Atem der Seele‹?« (kurzerAusflug zu den verschiedensten Lo-kalfärbungen – Stichwort Reiberdatschi– und zu Soziolekten).

8. »Jid(d)isch und Yinglish« (Durchdrin-gung zweier Sprachen, in letzteremFall z. B. von Englisch mit jiddischenWörtern, Beispiel: »I am meshugge formy sugar …« (115).

9. »›Eindringlinge‹ oder ›Internationa-lismen‹?« (behandelt relativ ausführ-lich Fremd- und Lehnwörter sowie

die in vielen Ländern geführten De-batten um die Reinheit der Sprache,ferner Abkürzungen und so manchesAkronym, also Kunstwort wie *dinksfür double income-no kids (136).

10. »Poeten und die Sprache« (läßt ver-schiedenste Künstler zu Wort kom-men, wie sie »Sprachgebilde«,»Schallkunstwerke« und Metaphern»vielfarbig« zum Ausdruck bringen).

11. »Ironisches und Parodistisches« (hiergeht es schließlich um das Bestrebenvon Sprachartisten, den Leser oderHörer zum Lachen, Lächeln, Schmun-zeln oder wenigstens Grinsen heraus-zufordern).

Der Textteil schließt mit einem Gedichtdes Sprachmeisters Kurt Tucholsky – undzwar im damaligen wie zukünftigen bun-desdeutschen »Hauptstadtdialekt«:

»Es wird nach einem happy endim Film gewöhnlich abjeblendt …«

Nicht erst an dieser Stelle wünschte sichdie Rezensentin eine begleitende Hörkas-sette, CD oder dergleichen, welche diereichlich in den Text eingestellten histori-schen Quellentexte, linguistischen Zitate,(jiddischen) Lieder, englischen und fran-zösischen Gedichte, Dialektdenkmaleund Sprachkunstwerke »echt« zu Gehörbrächte. Insbesondere für nicht-mutter-sprachliche Leser wäre solch ein beglei-tendes Tondokument geradezu eine Be-dingung für die volle Würdigung diesesBuches.»Um den Zugang zum vertieften Studi-um der historischen Bezüge zu erleich-tern«, schreibt der Verfasser, werden imAnhang ein Literaturverzeichnis, ein lin-guistisches Glossar und Namenregistersowie ein Verzeichnis der »aufgeführtenWörter« mit Seitenangaben hinzugefügt.Dies sind die Lemmata, die im Buchtextkursiv markiert wurden. Solche Hilfsmit-tel erleichtern natürlich das Hin- undHerblättern zwischen den verschiedenen

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Kapiteln sowie das spätere Nachschlagenund gezielte Ansteuern einzelner Passa-gen.Insgesamt bleibt aber der (offenbar auchintendierte) Eindruck der Unterhaltungs-lektüre bestehen, denn vielfach wird dieIntention der linguistischen Wissensver-mittlung durch »lautstarkes« Wortge-pränge übertönt (z. B. bei »schlägefaulerNebenmensch« (20) zur Erläuterung,warum Begriffe absterben können).Gerade im ersten Kapitel haben die je-weils kursiv gesetzten Zwischenüber-schriften »Affengeil« (zweimal) und »geiloder nicht geil? – das ist die Frage« allzuoffensichtlich reißerischen Charakter.Überhaupt bilden die in sehr kurzen Ab-ständen wie in einen Zeitschriftentexteingeblendeten, stets kursiven Lemmataaus o. g. Wörterverzeichnis zwar einenwirkungsvollen Blickfang, tragen aberdennoch nicht zur Erhellung der jeweili-gen inhaltlichen Absicht des Autors unddamit zur tieferen Gliederung des Textesbei.Fazit für die Info-DaF-Leserschaft: Das,was für deutsche MuttersprachlerInneneben den Lesegenuß ausmachen wird,nämlich die meist gehobene, bildreicheund illustrierende Ausdrucksweise Gut-knechts, der so manche (deutsche) Re-densart nur sinngemäß benutzt, anstattsie herzuleiten und zu erklären (Beispiel:»Tacheles reden« 9, 113), das macht dasBuch auch für fortgeschrittene Deutsch-lernerInnen problematisch.Als Fundgrube für »Wörtersammler«mag das Buch taugen, der Lerneffekt istallemal ein Blick über den landessprach-lichen Tellerrand. Als »Steinbruch« fürUnterrichtsbausteine eines Lehrendendes Deutschen als Fremdsprache kommtes aber aus den genannten Gründenkaum in Betracht.Gutknecht legt kein »Sprachdschungel-buch« vor, aber »Böhmische Dörfer« sindja auch nicht ganz so weit her wie der

indische Urwald, nur ihr slawischerKlang und ihr fremdartiges Namensbildsind für Deutschsprachige ähnlich ge-heimnisvoll und undurchdringlich.

Hönig, Hans G.:Konstruktives Übersetzen. Tübingen:Stauffenburg, 1995 (Studien zur Transla-tion 1). – ISBN 3–86057–240–7. 195 Seiten,DM 36,80

(Walter Schleyer, Aachen)

Eher ein berufspolitisches denn ein imengeren Sinne übersetzungswissen-schaftliches Buch legt Hönig vor. Er ver-folgt damit ein doppeltes Ziel: das Selbst-bewußtsein der übersetzerisch oder dol-metschend professionell Tätigen zu festi-gen und die besonderen Bedingungendieser Aktivitäten denen näherzubrin-gen, die daran partizipieren: Auftragge-bern und Abnehmern. Berufspolitischschon deshalb, weil dem Verständnis Hö-nigs zufolge allein übersetzungswissen-schaftliche Ausbildung in die Lage ver-setzt, die Forderungen zu erfüllen, die anden Beruf gestellt werden, berufspoli-tisch aber auch, weil diesem Stand – sei esunter wirtschaftlichem Druck, sei es ausmangelnder Einsicht in die Probleme derTranslation – bei den Auftraggebern wieden Abnehmern allzu oft die gebührendeAnerkennung sowohl in der Honorie-rung als auch in der Kritik versagt bleibt.Diese doppelte Zielsetzung kommt aller-dings einer Gratwanderung gleich, diesich aus dem Übergang von der Binnen-perspektive zur Außenperspektive ergibtund die das Vorhaben schnell von allenSeiten der Kritik aussetzen kann. Dabeierscheint mir der globale Ansatz, wie ihnHönig im Kapitel XI (Aufbauendes) fürein Studium »Mehrsprachige Kommuni-kation« konzipiert, durchaus überzeu-gend zu sein. Hönig gelingt es auf dem

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Wege einer Modularisierung geschickt,die natürliche Konkurrenz zwischen demfremdsprachenkundigen Fachmann unddem qualifizierten Übersetzer abzufan-gen, die ja bereits in den Bemühungenum die Einbindung fremdsprachigerbzw. fremdkultureller Kenntnisse in dieStudiengänge selbst thematisiert ist(KMK-Sprachdiplom, Fachsprachenzer-tifikat).Als These steht zunächst:»Die Übersetzung eines Textes ist brauch-bar, wenn sie funktioniert. Und zwar fürdiejenigen, die ein berechtigtes Interesse amGebrauch des übersetzten Textes nachwei-sen können.« (74)

Der Übersetzer arbeitet als Textbauexper-te. Übersetzung ist von daher nicht län-ger die punktgenaue Projektion aus derEbene der einen Sprache in die andere,weil z. B. die Standards für die Textgestal-tung interkulturell verschieden sind (Bei-packzettel für Medikamente, Produktin-formationen bei Textilien usw.). Hönigfügt dem die unvermeidliche Subjektivi-tät des Verständnisses in jeder Kommuni-kationssituation hinzu, der auch derÜbersetzungsprozeß unterliegt. VomVerständnis des »Senders« nimmt derText im Translationsprozeß zwangsläufigden Weg durch den Filter der Subjektivi-tät des Übersetzers, ehe er dem Verste-hensprozeß des Empfängers unterliegt.Dies den am Translationsprozeß Beteilig-ten begreiflich zu machen, ist das Anlie-gen Hönigs. Freilich vermag auch ernicht zu erklären, warum der Übersetzereinen Text übersetzen kann, den er selbstnicht zu schreiben vermöchte. Der Hin-weis auf die Kompetenz der Textbauex-perten bleibt zu unbestimmt (168).Für die Binnenperspektive bedeutet dies,Verständnis zu gewinnen für die Not-wendigkeit einer theoretischen Reflexiondes Geschehens, anschaulich vorgeführtim Kapitel IV (»Fluß-Diagramme«), woHönig sehr überzeugend ein Wechsel-

spiel von Makro- und Mikrostrategienvertritt und auch der Intuition in Formeiner Assoziationskompetenz den ge-bührenden Platz einräumt. Wollte manden bei Hönig schon reichlich eingesetz-ten Metaphern ein weiteres Bild hinzufü-gen, so handelt es sich bei den Makrostra-tegien um den Wald, den man vor derBetrachtung der einzelnen Bäume über-haupt erst einmal in den Blick bekommenmuß. Der Besitz einer Ebene der theoreti-schen Reflexion vermittelt das Selbstver-trauen für die Praxis. Theoretische Refle-xion ist notwendiger Bestandteil einerübersetzungswissenschaftlichen Ausbil-dung – auch wenn manche Studierendesich nur widerwillig auf diesen Weg be-geben (156ff.) und dem Praktiker die Be-reitschaft dazu fehlt. Übersetzung ist kei-ne symmetrische Abbildung:

»Die Subjektivität des Übersetzens und dieIndividualität der Übersetzer ist also keineÜbersetzer-Willkür, […] nein, sie ist Aus-druck der notwendigen Subjektgebunden-heit der Verstehensvorgänge, die nur selbst-referentiell funktionieren können.« (100)

Für die Darstellung der psycholinguisti-schen Vorgänge orientiert sich Hönig anOeser/Seitelberger, wird aber dem dortvorliegenden monistischen Ansatz nichtgerecht. »Die Gehirnphysiologie weistnach, daß jede Form des Bewußtseins das›Ich‹ zur Voraussetzung hat.« (98) DieseAnnäherung an Popper/Eccles (1982) istgeradezu die Umkehr des monistischenAnsatzes. Nicht dem Ich gehört sein Ge-hirn, »sondern es ist genau umgekehrt:Das ›Ich‹ gehört seinem Gehirn als bloßfunktionale Realität an« (Oeser/Seitel-berger 190). Das Selbstbewußtsein ent-steht als »substantielle Funktion«.Problematisch ist auch der in Kapitel VIII(»Bodenproben«) unternommene Ver-such, eine Interlingua als Illusion zu ent-larven. Die dazu bemühte unmögliche»suprakulturelle Tasse Kaffee« (102) solldie Tätigkeit des Übersetzens als autono-

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mes und opportunes Handeln vor derGefahr der Automatisierung retten. DerVersuch ist kulturhistorisch so richtig wieer falsch ist. Wir haben eben beides: inter-linguale Abweichung wie Übereinstim-mung, auf einer tieferen Ebene der Se-mantik ebenso wie beim Lexikon derOberfläche. In der Tradition der Überset-zungswissenschaft wird dies nicht zu-letzt dokumentiert in den Arbeiten vonNida (1964) und Nida/Taber (1969). Dieszu untersuchen macht einen Teil derSprachvergleichung aus. Nicht zu leug-nen ist aber auch, daß neue Weltzusam-menhänge neue interlinguale Gemein-samkeiten schaffen, die zumindest inTeilbereichen standardisiert Wirklichkeitabbilden. Und dort – Europa läßt grüßen– sind auch die computergestützten Hil-fen sinnvoll. Daß die Wiedergabe festerTermini durch eindeutige Entsprechun-gen in der Übersetzung etwa in theologi-schen Texten des Mittelalters ebenso einAnliegen wie ein Problem sein kann, er-weist der Hinweis eines der Herausgeberder Summe gegen die Heiden des Thomasvon Aquin: »Der Wunsch, Begriffe immerin jeweils eine einzige deutsche Entspre-chung zu übertragen, grenzt häufig ansUnlösbare.« Einer der Auswege ist, »daßmanche festen Termini der Eindeutigkeitzuliebe lateinische Fremdwörter bleiben«(Aquin, XV). Ohne Datenbank und ohneRechnerunterstützung wäre aber die an-gestrebte Einheitlichkeit heute kaumnoch wirtschaftlich zu erreichen gewe-sen. Gegenüber dem Zettelkasten ist dieArbeitserleichterung unverkennbar. Daßderartige Verfahren nicht schlechthin aufalle translatorischen Prozesse – und aufliterarische Texte eher nicht – übertragenwerden können, muß aus der Zielsetzungdes Buches heraus allerdings auch ver-deutlicht werden.Eines der Ziele der Erarbeitung einertheoretischen Basis für das Überset-zungsgeschehen ist auch die Suche nach

einer sachgerechten Grundlage für dieÜbersetzungskritik. Es gilt eine Basis fürdie Arbeit der Übersetzer zu schaffenund zugleich ihre Partner vor vorschnel-len und unangemessenen Urteilen zu be-wahren. Dieser Aufgabenstellung wid-met Hönig das Kapitel IX (»Sanierung«)mit fünf lesenswerten Abschnitten. ImMittelpunkt steht dabei eine Kritik anHanswilhelm Haefs vielgescholtenerÜbersetzung von »Lemprière’s Wörter-buch«. Hönig verbindet sein Bekenntniszu einer begründet wertenden Kritik miteiner Kritik an der weit verbreiteten Un-verbindlichkeit. Zu oft stünden sich ge-gensätzliche Auffassungen zu ein unddemselben Text gegenüber. Erstaunlichsei auch – so unter Bezugnahme auf dieKritik von Gerzymisch-Arbogast – dieZurückhaltung der Fachleute selbst.Fraglich bleibt indes, ob Hönig hier wirk-lich einen Ausweg bieten kann:

»Rettung kann hier nur von einer wissen-schaftlich fundierten Übersetzungskritikkommen. Aber es muß eine Übersetzungs-kritik sein, die […] sich zu Bewertungenbekennt.« (125)

So einfach scheint die Angelegenheit ausrezeptionsästhetischer Sicht indes nichtzu sein. Wie die Originale unterliegenauch ihre Übersetzungen dem Wandelder Rezeption und die Vorbehalte vonHeidrun Gerzymisch-Arbogast gegeneine abschließende Bewertung scheinenbedenkenswert, zumal die literarischeWirkungsgeschichte einer Übersetzungkeinesfalls immer in Abhängigkeit vonihrer Qualität gegeben ist, wie alleinschon der Wunsch nach einer revidiertenFassung gerade bei in den Kanon aufge-nommenen Werken verrät. Wirkungsge-schichte findet trotz der Mängel derÜbersetzung statt, und eine andere anzu-nehmen, wäre Spekulation. Ob sich danndie neue, »bessere« Übersetzung durch-setzen kann, bleibt als Frage durchausoffen, kann andererseits aber überset-

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zungswissenschaftlich auch kaum beant-wortet werden. Schließlich wirken auchim literarischen Betrieb oft andere, wirt-schaftliche Gesetze, die Hönig eher unbe-rücksichtigt läßt, wenn er einen Überset-zer von Trivialromanen zu Wort kommenläßt, in dessen Ermessen scheinbar dieVerkürzung von Texten gestellt ist. Das»heilige Original« unterliegt auch bei lite-rarischen Texten verlegerischen Gewinn-überlegungen. Das war schon immer so,im Falle der Erstrezeption von Balzacz. B. durchaus auch auf Kosten der litera-rischen Qualität. Über diesen Aspekt teiltder befragte Übersetzer soweit erkennbarnichts mit, stellt er doch den Text als seineEntscheidung vor. Vermutlich ist er nachden Hintergründen für seine Verkürzungauch nicht gefragt worden (125f.).Bei seinem Versuch, die professionelleÜbersetzung für einen Berufsstand zureklamieren, neigt Hönig allerdings da-zu, in der Beurteilung funktionierenderÜbersetzungen den eigenen Kriteriennicht mehr gerecht zu werden, wenn dieständischen Grenzen überschritten wer-den. Bereits im Kapitel I (Eröffnungen)wird ein Ausrutscher konstatiert undmangelnder Professionalität zugeschrie-ben. Die deutschen Nachrichten vermel-deten am 11.5.94, der Parteivorsitzendeder Labour-Party, John Smith, sei einem»Herzanfall« erlegen, für Hönig Anlaß,einen groben Schnitzer zu konstatieren,da dem englischen Original »heart at-tack«, das deutsche Wort »Herzinfarkt«entspreche, der deutsche Leser also überdie wahre Todesursache falsch infor-miert worden sei. Dem mag aus Exper-tensicht so sein, jedoch beeinträchtigt dieUngenauigkeit den Nachrichtenwert fürden Durchschnittsleser wohl kaum, ganzabgesehen davon, daß man laut Dudenauch an einem Herzanfall sterben kann.Der Adressat der Nachricht ist wohlkaum die Ärzteschaft, und die wird sichvon ihrem Fachwissen ausgehend gege-

benenfalls einen eigenen Reim machen,wenn die Aussage medizinisch allzu lai-enhaft erscheinen sollte. Und Hönig lie-fert noch einen zweiten Beleg für zwei-felhafte Überlegenheit des Experten,wenn er aus einer regionalen Tageszei-tung die Überschrift eines Artikels zuStewart Grangers 85. Geburtstag zitiert:»Beau, Brummel und Rebell« (117). Siehtman von den wenigen Spezialisten fürdas Dandywesen in der ersten Hälfte des19. Jahrhunderts und deren Wissen umBeau Brummel einmal ab, wird derdurchschnittliche Leser die zwar falscheÜbersetzung, aber nachvollziehbareCharakterisierung des Filmstars wohlgerade in dieser falschen Form ebensooriginell wie treffend finden können.Dies sei nun nicht als Plädoyer für diefalsche Übersetzung mißverstanden.Sprachlich richtig sollte eine Überset-zung schon sein, aber auch die falschefunktioniert. Sie erleichtert in unseremFalle dem Durchschnittsleser geradezudie Rezeption, was freilich den »gebilde-ten« und besserwissenden Leser amüsie-ren oder gar stören mag. »Akzeptablesakzeptieren« ist denn auch wohl zuRecht die von Hönig vorgeschlageneFormel, die vor kleinlicher Kritik amehesten bewahrt.

»Es ist offenbar sehr schwierig, zu akzeptie-ren, daß die überwiegende Mehrheit derTexte – Ausgangs- oder Zieltexte – keine›heiligen Originale‹ sind, für die es nur eineund diese Form gibt. Das Gegenteil ist rich-tig: Die weitaus überwiegende Mehrheitaller Texte läßt in vielen Teilen eine mehroder weniger weite Bandbreite von Varia-tionen zu, ohne daß sich an ihrer Funktionetwas ändert.« (138)

Dies gilt sogar für falsche Übersetzungenund deren Folgen für die Rezeption. Daßandererseits auch undiplomierte »Laien«– und zumal auf dem Gebiete der literari-schen Übersetzungen – große Leistungenvollbrachten und es immer noch tun,

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bleibt bei der standespolitischen Betrach-tungsweise Hönigs zu wenig beachtet.Für den Studienanfänger wie für interes-sierte Partner des Kommunikationsvor-gangs Übersetzung scheint mir hier einegelungene Einführung vorzuliegen, die»Gesprächsstoff« liefert. Sie macht deut-lich, warum Übersetzungskompetenzeine untrennbare Einheit von theoreti-scher Reflexion und von gediegenensprachpraktischen und fachlichen Kennt-nissen ist. Dabei findet sich allerdings amEnde die von Hönig behauptete eigen-ständige Übersetzungswissenschaft un-vermeidlich wieder als ein faszinierenderAusschnitt einer allgemeineren ange-wandten Sprachwissenschaft. Überzeu-gend wirkt die Darstellung auch, weil sieüber die engere traditionelle Überset-zungstheorie hinausweist und u. a. psy-cholinguistische Aspekte mit einbezieht.Ob der Text allerdings zu einer nachhalti-gen Besserung der Situation der Überset-zer am Markt beitragen kann, muß offenbleiben. Dennoch sei das Buch als anre-gende Einführungslektüre empfohlen.

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Inglehart, Ronald:Kultureller Umbruch. Wertewandel inder westlichen Welt. Frankfurt/M.:Campus, 1995. – ISBN 3-593-35223-0. 546Seiten, DM 78,–

(Marlis Wilde-Stockmeyer, Kassel)

Im Zentrum dieser umfangreichen, imweitesten Sinne politologischen und sozi-alwissenschaftlichen Untersuchung zurKultur von Ronald Inglehart stehen Nor-men, Wertungen, Grundeinstellungen,Einschätzungen der Menschen aus unter-schiedlichen Ländern und damit verbun-den die Frage nach den Gründen und denZusammenhängen, die zu einer Verände-rung von Kulturen führen. Als ebensowichtig wird die Frage nach den Folgendieser kulturellen Veränderungen ange-sehen. Konkret geht es um die Auswir-kungen wirtschaftlicher, gesellschaftli-cher und politischer Veränderungen aufdie Kulturen und den Einfluß dieser Kul-turen wiederum auf die Wirtschaft, Ge-sellschaft und Politik. Kultur wird somit,wie in der aktuellen DaF-Diskussionauch, nicht als eine statische, sondern alseine dynamische Größe definiert: Kulturist veränderbar und sie verändert sich.Schwerpunktmäßig werden Industrie-länder untersucht, aus denen auch dasmeiste Datenmaterial stammt. Übereinen Zeitraum von 20 Jahren hinwegwurden regelmäßig repräsentative Um-fragen zu Einstellungen, Wertvorstellun-gen und Verhaltensmustern von Bürgern

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und Bürgerinnen in zwölf westlichen In-dustrieländern durchgeführt (»Eurobaro-meter«). Darüber hinaus bezieht Ingle-hart empirische Daten aus anderen Studi-en, die in fünf Kontinenten ermittelt wur-den, in die Untersuchung ein. Langzeit-untersuchungen betreffen u. a. Fragennach gesellschaftlichen Prioritäten, nachEinstellungen zum Beruf, zum Geld, aberauch nach der Lebenszufriedenheit unddem Glück.Warum das Beharrungs- bzw. Verände-rungspotential in verschiedenen Ländernund zu verschiedenen Zeiten unter-schiedlich ist, wird mit Hilfe dieser um-fangreichen Datenmaterialien analysiert.Faszinierend sind dabei sowohl die inter-kulturellen als auch die diachronen Ver-gleiche. Eine Fülle von Faktoren wird beiden Untersuchungen zum kulturellenWertewandel berücksichtigt, z. B. Ände-rungen von religiösen Einstellungen undGeschlechterrollen. Inglehart unterschei-det im intrakulturellen Kontext lang- undkurzfristige Veränderungen, d. h. Verän-derungen, die sich sehr langsam überGenerationen hinweg oder aber inner-halb der Generationen auswirken. Da derAutor die festgestellten Veränderungenimmer im gesellschaftspolitischen Kon-text analysiert und interpretiert, entgehter auch der Gefahr, unterschiedlicheMentalitäten als völkische Wesensschaumißzuverstehen. Zu aufschlußreichenaktuellen Ergebnissen führen die Analy-sen materialistischer und postmateriali-stischer Wertprioritäten in westlichen In-dustrieländern und im Vergleich dazu inJapan, China, Hongkong bzw., stellver-tretend für osteuropäische Länder, in Po-len und Ungarn.Fazit: DaF/DaZ-Lehrenden, die sich mitLandeskunde und insbesondere der in-terkulturellen Thematik befassen, bietetdiese umfangreiche Untersuchung so-wohl vielfältige Anregungen als auch

Material zum Nachschlagen. Das Buchsollte in keiner DaF-Bibliothek fehlen.

Keller, Rudi:Zeichentheorie. Zu einer Theorie semio-tischen Wissens. Tübingen; Basel: Fran-cke, 1995 (UTB 1849). – ISBN 3-8252-1849-5. 276 Seiten, DM 29,80

(Enrique Huelva Unternbäumen, Bielefeld)

Will man das hier zu würdigende Werkvon Rudi Keller in eine bestimmte(post-)theoretische Bewegung einordnen,so könnte das Prädikat »Doppelpostis-mus« legitim erscheinen.Die hiermit suggerierten Diskontinuitäten,welche die geistesgeschichtliche Plazie-rung des Werkes zu determinieren helfenkönnten, entstünden aus der Auseinander-setzung mit den im Kategoriengerüst derstrukturalistischen Semiotik beobachtba-ren Paradoxien und aus der Absage an dieneuen und letztlich in der Radikalität ihrerErneuerungsabsicht als nicht gelungen be-trachteten poststrukturalistischen Ansätze.Daß Semiotik nur entweder strukturali-stisch oder poststrukturalistisch betriebenwerden kann und daß das bereits allerortsangekündigte Ende des Poststrukturalis-mus zugleich auch den Tod der Semiotik ineiner postpoststrukturalistischen Epocheimpliziere, ist eine Position, die, wenn-gleich nicht explizit geäußert, doch denimpliziten Rahmen der vom Autor darge-legten Reflexionen bildet. Semiotik in sei-ner substantivischen Form braucht ja nichtumsonst in Kellers Buch keine einzige Er-wähnung zu finden.Worin besteht nun das angestrebte No-vum? So wie die erste Diskontinuität,jene nämlich zwischen Strukturalismusund Poststrukturalismus, handelt es sichhierbei um keine markante Akzentver-schiebung im Haupterkenntnisinteresse.Wie in der Strukturalismuskritik gilt die-

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ses dem Prozeß der Sinnschaffung, denBedeutungspraktiken im Diskurs. Be-stand der Übergang von der strukturali-stischen zur poststrukturalistischen Zei-chenanalyse in einer Umgewichtung in-nerhalb des dichotomalen Apparats derstrukturalistischen Semiotik (von derSynchronie zur Diachronie, von derlangue zur parole), ohne dieses jedochletztlich mit dem Vollzug einer theoreti-schen Neuformulierung zu überwinden,so versucht man nun aus den Auseinan-dersetzungen mit den alten Paradoxiendes semiotischen Strukturalismus theore-tische Fruchtbarkeit zu gewinnen. Als einsolcher Beitrag »zu einer Theorie semioti-schen Wissens« (wobei in diesem Fall dieBetonung auf »Wissen« zu legen ist) prä-sentiert sich das Opus von Rudi Keller.Den Ausgangspunkt für die Überlegun-gen des Autors und zugleich das Kalei-doskop für die Betrachtung einer durch-aus umfangreichen Literatur zum Themabildet die Grundannahme, daß

»die Fähigkeit zu kommunizieren eine ex-ploitative Nutzung der Interpretationsfä-higkeit des anderen [darstellt], in dessenZügen Zeichen emergieren« (Hervorhebungvom Rez., 253).

Zeichen mit ihren beiden Aspekten Formund Bedeutung »sind nicht Vorausset-zungen unserer kommunikativen Bemü-hungen, sondern deren (meist uninten-dierte) Folge« (9). Diese Grundannahmeimpliziert: 1) daß eine (zu bestimmende)Korrelation zwischen den Formen (derNutzung) der Kommunikationsfähigkei-ten, den Zeichentypen und ihren »Meta-morphosen« besteht, und 2) daß aus derBestimmung der Einheit dieser Differenzdie Bestimmung dessen resultiert, wasein Zeichen ist. Die Ausarbeitung undUntermauerung dieser beiden zentralenPunkte strukturieren das Werk Kellers inzwei thematische Hauptteile (mit Punkt 2befassen sich Kap. 1 und 2; mit Punkt 1Kap. 3 bis 5).

Die hohe Komplexität und Mannigfaltig-keit der Thematik des Buches zwingt denRezensenten zu einer selektiven (und mitSicherheit auch sehr subjektiven) Vorge-hensweise bei der inhaltlichen Wiederga-be. Mein Augenmerk möchte ich im fol-genden auf die Reflexionen des Autorsüber die Natur und Genese der Bedeu-tung der Symbole richten. Bedeutung istfür Keller generell eine Folge der kom-munikativen Bemühungen. In einemzweiten Schritt wird daher zu überprüfensein, ob und gegebenenfalls auf welcherAbstraktionsebene die von Keller vorge-schlagenen kommunikativen Tätigkeiten,welche die symbolische Bedeutungsge-nese und -veränderung voraussetzen, all-gemeine Bedingungen für den Entste-hungsprozeß von Zeichen (welcher Artauch immer) repräsentieren. Gefragt isthier nach der Einheit der Differenz.Bedeutung ist für Keller ein konstituti-ves Element des Zeichens. Sie ist »dieEigenschaft, vermöge derer das Zeicheninterpretierbar ist« (109). Damit ist dieKategorie der Bedeutung weder auf derontologischen Ebene der Dinge angesie-delt, noch auf der epistemologischen derGedanken, wie von mentalistisch bzw.kognitivistisch konzipierten Zeichen-theorien vertreten wird (vgl. Kap. 3).Bedeutung ist dem Zeichen inhärent, zuihm gehörend, also nur linguistisch (imFalle von natursprachlichen Zeichen) zukonzipieren. Daß etwas ein Zeichen istund damit ein Ding mit einer Bedeu-tung, heißt demnach nicht, daß es außerdem Ding noch ein weiteres (konkretesoder abstraktes) Ding gibt, das seineBedeutung ist und das wir kennen müs-sen, damit wir seine Bedeutung kennen.Diese Auffassung ist – wie aus demhistorischen Teil der einleitenden Kapi-tel des Buches hervorgeht – nichts Neu-es. In der nach-wittgensteinschen Dis-kussion ist sie vor allem von jenen Auto-ren vertreten und entwickelt worden,

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welche auf der Basis einer instrumentali-stischen Interpretation der bedeutungs-theoretischen Postulate des Wittgen-steins der Philosophischen Untersuchun-gen eine handlungs- bzw. eine ge-brauchstheoretische Semantik zu konzi-pieren versucht haben.In vielen Aspekten bleiben allerdings dieÜberlegungen des Autors hinter den Er-gebnissen dieser Arbeiten zurück, wo-durch – wie ich meine – einige Problemetheoretischer Natur entstehen, v. a. imBezug auf den Entwurf einer allgemeinenTheorie der Zeichengenese und -meta-morphose.Wie bereits erwähnt, besteht für den Au-tor die Bedeutung eines Zeichens in dem,was es interpretierbar macht. In ge-brauchstheoretischer Manier kommt Kel-ler bei der Spezifizierung dieser allgemei-nen Aussage hinsichtlich der Bedeutungvon Symbolen auf die Formel: »Was dasSymbol interpretierbar macht, ist die Re-gel seines Gebrauchs in der Sprache«(128), und weist darüber hinaus daraufhin, daß das Determinationssystem Be-deutung seine Existenz der kommunikati-ven Praxis verdankt. Sie ist es auch, die esmacht, daß Bedeutungen sich ändern(vgl. 189–202). Die Bedeutung eines Sym-bols, d. h. in dem hier anvisierten Sinnedie Regel seines Gebrauchs in der Spra-che, muß folglich mit Konzepten derkommunikativen Praxis in Verbindunggebracht werden. Die mit diesen Konzep-ten erschlossenen Phänomene bedingen(wie stark und direkt auch immer) dieGenese und Veränderung des Determina-tionssystems Bedeutung. Der Autor rekur-riert hier auf bekannte Kandidaten:

»Was der Sprecher meint, nenne ich Sinnder Äußerung. Ich will somit das, was derInterpret kennt, wenn er sein Interpreta-tionsziel erreicht hat, Sinn der Äußerungnennen. Mittels der Bedeutung der Zeichenversucht der Interpret, den Sinn ihrer Ver-wendung zu entschlüsseln. Gegenstand der

Interpretation ist der geäußerte Satz mitseiner Bedeutung; Ziel der Interpretation istder Sinn. Der Sinn einer Symbolokkurrenzist die Kommunikationsintention, die derSprecher mit der Verwendung des Symbolsverfolgt. […] Der Sinn ist der Zweck desEinsatzes sprachlicher Mittel; der Sinn istnicht der Gegenstand, ›für‹ den das Zeichen›steht‹. Allerdings gehört zum Erkenneneiner Intention auch das Erkennen des Ob-jekts der Intention, d. h. die Referenzfixie-rung. […]Wenn ich die Bedeutung nicht kenne, d. h.wenn ich nicht weiß, zu welchem Zweck einSymbol normalerweise regelkonform ver-wendet wird, werde ich auch nicht heraus-finden können, wozu du es gerade verwen-dest«. (130)

Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen,sei zunächst auf einige definitorische Un-klarheiten hingewiesen. Offensichtlichkann man die beiden Bezeichnungsaktein den ersten zwei Sätzen dieses Zitatsnicht mit der logischen Partikel »und«verbinden. Dies ist mit Sicherheit nichtdie vom Autor präferierte Interpretati-onsweise. Aus den weiteren Erläuterun-gen kann man vielmehr entnehmen, daßfür Keller bereits im Äußerungsakt dasGeäußerte »sinnvoll« wird, unabhängigvon einer (wie auch immer festzustellen-den) gelungenen oder mißglückten Inter-pretationstätigkeit. Ziel dieser Tätigkeitist ja der (bereits im Äußerungsakt kon-stituierte) »Sinn« (130).Der für die Bedeutungsgenese und -ver-änderung relevante Äußerungssinn (Me-taphorizität als erste Stufe in einem Be-deutungsveränderungsprozeß ist ja prag-matischer und nicht semantischer Natur;vgl. hierzu 174ff.) ist demnach der imÄußerungsakt vom Sprecher produzier-te.Ich möchte auf die interne Struktur dieservom Autor vorgeschlagenen monologi-schen Konzeptualisierung der Sinnkon-stitution nicht weiter eingehen. Hinge-wiesen sei lediglich auf die meines Erach-tens nicht vertretbare Identifizierung von

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Sinn, Kommunikationsintention undkommunikativem Zweck. Sinn entsteht(oder auch nicht) im Akt des Kommuni-zierens, in der Kommunikation selber.Zwecke und Intentionen sind dagegender Kommunikation prinzipiell etwasFremdes. Sie beeinflussen mit Sicherheitdie Sinnkonstitution, sind aber mit dieserund ihren Ergebnissen nicht gleichzuset-zen. Entscheidender scheint mir ihre Va-lidität und Brauchbarkeit für die vomAutor präsentierte Gesamtkonzeptuali-sierung. Denn, wenn der Sprachgebrauchund die Sinnkonstitution – als eine seinermöglichen Folgen – der Ursprung vonBedeutungsphänomenen sind – so wieder Autor es nahelegt –, dann darf dieserSinn kein individueller sein, sondern ei-ner, der Gegenstand eines Konventionali-sierungsprozesses werden kann. Es gibtweder eine okkasionelle Verwendung ei-ner Zeichenokkurrenz, noch Verwen-dungsweisen, welche nicht intersubjekti-ven Charakter besitzen. Gegenstand ei-ner Konvention kann per definitionemnur das sein, was geteilt ist. Das Gleichegilt für den Gegenstand eines Konventio-nalisierungsprozesses, auch wenn es sich– wie beim Fall einer metaphorischenVerwendung und der daraus unter be-stimmten Bedingungen resultierendenEntmetaphorisierung (219–252) – um sei-ne embryonische Phase handelt, d. h. umdie Konstitution des Gegenstandes einesmöglichen Konventionalisierungspro-zesses.Die metaphorische bzw. metonymischeÄußerungsbedeutung einer Zeichenok-kurrenz als Ergebnis der Anwendung desikonischen bzw. symptomischen Inter-pretationsverfahrens auf das Resultat ei-ner symbolischen Sinnkonstitution(174ff.) kann nur in und durch Kommuni-kation zustandekommen. Etwas wirdnicht durch seine »interpretative Nut-zung« zum Zeichen (wie der Autor fürSymptome postuliert, vgl. 118–123) oder

etwa dadurch, daß man die Absicht hat,es als solches zu verwenden (wie für dieIkone nahegelegt wird, vgl. 123–128),sondern nur in dem Maße, wie sie Kom-munikation konstituieren. Auf dieser Ba-sis läßt sich vielleicht eine Einheit derDifferenz der auf der Grundlage ver-schiedener Interpretationsverfahren eta-blierten unterschiedlichen Zeichentypenfinden.

Kraft, Helga:Ein Haus aus Sprache. Dramatikerinnenund das andere Theater. Stuttgart; Wei-mar: Metzler, 1996. – ISBN 3-476-01279-4.233 Seiten, DM 48,–

(Astrid Volmer, Aix-en-Provence)

Wohlklingende und vielversprechendeTitel können einer Abhandlung schaden,wenn der neugierige Leser (im vorliegen-den Fall wird es sich wohl meist um eineLeserin handeln) vor allem die Unange-messenheit des Titels erkennt.Ein Haus aus Sprache. Dramatikerinnen unddas andere Theater – dieser schöne Titel,der eine Äußerung Gerlind Reinshagensaufnimmt (38), läßt erwarten, daß es umdie sprachliche Gestalt von Theaterstük-ken von Frauen geht, deren Andersartig-keit durch eine genaue Textanalyse unddurch den Vergleich mit Theaterstückenmännlicher Autoren erwiesen werdensoll. Um Theaterstücke von Frauen gehtes wirklich (meist), ihre Andersartigkeitist tatsächlich Gegenstand der Untersu-chung, doch wird diese selten analytischbegründet, sondern trotz feststellbarer»Anpassungsstrategien« (56, Bezug aufCarlotte Birch-Pfeiffer) nur wortgewaltigpostuliert. Der Vergleich mit dem »anpatriarchalischen Belangen orientiertenKanon« (Vorwort, XI), der eine Begrün-dung der Andersartigkeit bringen könn-te, scheint in den Augen der Autorin

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Helga Kraft, Leiterin des Center forWomen’s Research an der University ofFlorida (so die Information des Klappen-textes) ideologisch jedoch nicht opportunzu sein.Das Projekt dieses Buches von gut 200Seiten ist sehr ehrgeizig: Es handelt sichum nichts Geringeres als einen Parcoursdurch die Theaterproduktion von Frauenvom Mittelalter (Hrotsvith von Ganders-heim) bis heute (Bettina Fless). Die Dar-stellung ist in sieben Kapitel und zweiTeile gegliedert, von denen der erste un-bekannte oder vergessene Autorinnender Literatur bis »nach 1945« (so diePeriodisierung in Kapitel 4) vorstellt undder zweite exemplarisch unter den Ge-sichtspunkten der normativen Heterose-xualität (Kapitel 5), des (Sprach-) Experi-ments (Kapitel 6) und des Faschismus(Kapitel 7) Stücke von Gegenwartsauto-rinnen bespricht. Else Lasker-Schüler(1869–1945) und Marieluise Fleißer(1901–1974) mit dem Argument, daß sie»erst in den 70er Jahren durch die Frau-enbewegung wiederentdeckt und neugewürdigt« wurden (101), zu den zeitge-nössischen Autorinnen zu zählen, ist einliteraturgeschichtlicher Anachronismus,der jedoch zeigt, daß es Kraft viel mehrum die Wirkung der Autorinnen geht alsum ihre Texte. Angesichts des giganti-schen Bearbeitungszeitraums von rund1000 Jahren und der begrenzten Seiten-zahl (mathematisch stünden jedem Jahr-hundert zwanzig Seiten zur Verfügung)rechtfertigt sich nicht der Vorwurf, Wich-tiges übergangen zu haben. Im übrigenlassen sich bedeutsame Auslassungennicht feststellen, womit ein erster Hin-weis auf die Marginalisierung der vonFrauen verfaßten Theaterliteratur gege-ben ist und die Berechtigung einer Ab-handlung wie der vorliegenden folglichaußer Frage steht. Würde sich Kraft dar-auf beschränken, auf Lücken im kulturel-len Gedächtnis aufmerksam zu machen,

würde sich die interessierte Leserin (undmöglicherweise ja sogar auch der einoder andere Leser) vermutlich schnell indie Bibliothek begeben, um die Lückenzu schließen. Diese Ergänzung zur kano-nisierten Literaturgeschichte hätte gewißeinen bereichernden Effekt. Aber leiderwird das Bedürfnis, die besprochenenTexte zu lesen oder als Theaterinszenie-rung zu erleben, gebremst, weil Kraft dieTexte häufig dazu benutzt, entweder Ka-tegorien der von ihr bevorzugten GenderStudies zu illustrieren oder in analytischmeist unscharfer Weise Bezüge zu post-theoretischen Theoremen »im Sinne« – soeine oft verwandte Formulierung – La-cans (z. B. 105) oder Kristevas (z. B. 123)herzustellen. Ihre Textanalysen sind – so-fern sie über eine Inhaltsangabe hinaus-gehen (daß Kraft viele Inhaltsangabengibt, ist keinesfalls zu kritisieren, da es ihrja darum geht, unbekannte Autorinnenbekannt zu machen) – Applikationen ei-nes bestimmten Wissenschaftsverständ-nisses und stehen nicht im Dienst derTexte, deren »Eigenwert« (6) doch eigent-lich erwiesen werden sollte.Anliegen ihres »Buches« (der häufigeund undifferenzierte Gebrauch des Ter-minus Buch für jede Art selbständig pu-blizierter Texte ist bei einer Philologinmerkwürdig) ist es, »exemplarisch denProzeß zu analysieren, der die Dramati-kerinnen in den deutschsprachigen Län-dern der Vergessenheit preisgab« (4).Krafts Anliegen besteht also darin, eineArt Verdrängungsgeschichte der vonFrauen verfaßten Theaterstücke zuschreiben. Dies ist eher eine soziologisch-kulturwissenschaftliche denn eine genu-in literaturwissenschaftliche Fragestel-lung. Sie erklärt jedoch, warum Kraftbesonders im ersten Teil ihrer Studie fastohne Primärzitate auskommt (aber rela-tiv viele Zitate anderer Forscherinnenanführt) und bei den bibliographischenAngaben am Schluß eines Kapitels nicht

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Primär- und Sekundärliteratur trennt.Letzteres ist kein unbedeutender Form-fehler, sondern symptomatisch dafür,daß Kraft literarische Texte vorrangig alsDokumente für die soziale und psycholo-gische (Unterdrückungs-) Situation vonFrauen liest. Primär- und Sekundärlitera-tur haben für sie somit die gleiche Funk-tion und brauchen folglich nicht von ein-ander getrennt zu werden. Die literari-schen Texte von Frauen werden so aberzum Vorwand eines im Prinzip in denverschiedenen Lebensbereichen einklag-baren Feminismus, der sich für das Spezi-fische der Literatur wenig interessiert.Auch der oft beschworene innovativeCharakter der Analysen vom »postmo-dernen Standpunkt« (11) aus ist nichtüberzeugend. Erstens bleibt es der Phan-tasie des Lesenden überlassen, sich vor-zustellen, was mit dieser Kategorie ande-res gemeint sein könnte als der Verweisauf einen bestimmten Jargon, und zwei-tens finden sich in Krafts Darstellungwiederholt sehr konventionelle l’hommeet l’oeuvre-Vorstellungen, die innerhalbder Literaturwissenschaft gewiß nicht alsinnovativ gelten können (12, erstes Bei-spiel). Hinter den als avantgardistischausgegebenen Kategorien stehen zweikonservative Denkmuster, nämlich dieVorstellung, Literatur könne als Doku-ment gelesen werden und die Annahme,Literatur sei Ausdruck der Lebenswirk-lichkeit ihrer Autorin.Die interessanten Fragen, die eine Unter-suchung, die sich in ihrem Titel explizitauf Sprache bezieht, mindestens aufwer-fen sollte, kann auch Kraft nicht ganzvermeiden. Kapitel 6, das sich mit derSprache im Theater von Frauen befassenwill, beginnt mit folgendem Satz:

»Die Frage, ob und warum sich denn Stückevon Frauen von Männerstücken im allge-meinen ästhetisch unterscheiden, soll hiernicht gestellt werden.« (132)

Man kann jedoch nur, wenn man sichdieser Frage nähert, erfahren, ob es das»andere Theater«, auf das der Titel ver-weist, gibt und worin seine andere ästheti-sche Qualität liegt. Es wäre interessant zuwissen, ob und ggf. in welcher Weiseliterarisch produktive Frauen ein anderesVerhältnis zur Sprache haben als Männer.Diese Frage kann jedoch nur beantwortetwerden, wenn man die Texte in ihrersprachlichen Gestalt ernst nimmt undnicht sogleich einen modisch gewordenenWissenschaftsdiskurs auf sie appliziert.Dieses Verfahren, vorgegebene Musterauf Texte anzuwenden, überschreitet dieGrenze zur Lächerlichkeit, wenn dieTextfiktion von der aktuellen Wirklich-keit nicht mehr deutlich getrennt wird.Dies unterläuft Kraft im siebten Kapitel,das eine Auseinandersetzung mit dem»fremde[n] Ich auf der Bühne« (Kapitel-überschrift) und dem Faschismus ist,wiederholt und besonders auffällig (ver-mutlich, weil sie sich bei diesem Gegen-stand weniger hinter Versatzstücken derForschung versteckt). Ein Beispiel:

»Obgleich in Reinshagens Stück [Sonntags-kinder] der Antisemitismus ausgespart istund Xenophobie nur kurz in einer Szenemit einem Polen gestreift wird, gelingt esihr jedoch zu zeigen, daß die deutsche na-tionale Identität nach dem Zweiten Welt-krieg viele alte Charakteristiken [sic] auf-weist. Die ›Obrigkeit‹ wendet weiter Ge-walt an: z. B. konnte noch am 12. November1995 konstatiert werden, daß der Mord anfünf türkischen Frauen in Solingen (1993)zwar der bisher letzte in einer Reihe vonAusländermorden war, jedoch die Gewalt-anwendung und Belästigungen durch diePolizei seit 1990 um das vierfache zuge-nommen haben.« (196/197)

Ein literarischer Text wird als Beleg füreine außerliterarische Wirklichkeit ge-nommen, von der im Text nicht einmaldie Rede ist!Wenn auch vom philologischen Stand-punkt aus grundsätzliche Einwände ge-

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gen Krafts Argumentation erhoben wer-den müssen, bleibt ihr doch das Ver-dienst, auf nur gut 200 Seiten auf verges-sene Texte aufmerksam gemacht zu ha-ben.

Latzel, Sigbert:Lernschwierigkeiten mit deutschenSynonymen. Teil I: Eine Analyse von 30Gruppen sinnverwandter stammglei-cher Verben. Heidelberg: Groos, 1995. –ISBN: 3-87276-740-2. 157 Seiten, DM 28,–.Teil II: Übungen zu 30 Verbgruppen.Heidelberg: Groos, 1995. – ISBN 3-87276-741-0. 91 Seiten, DM 18,80

(János Mohácsi / Zsuzsanna Antal, Buda-pest/Ungarn)

Sigbert Latzel veröffentlicht nicht zumersten Mal ein Buch, das den Lernendender deutschen Sprache eine große Hilfebietet. 1986 erschien Sprechen von? Spre-chen über? 1987 Die Verben ›wissen‹, ›ken-nen‹ und ›können‹ beim Hueber Verlag inMünchen. Er hat in verschiedenen Fach-zeitschriften (Deutsche Sprache, Zielspra-che Deutsch) zahlreiche Artikel publiziert,in denen er sich auch mit dem Gebrauchder deutschen Verben befaßte.Sein neues Werk in zwei Bänden mit demTitel Lernschwierigkeiten mit deutschenSynonymen ist nach Ansicht des AutorsGermanistikstudenten, praktizierendenDeutschlehrern, und Lexikographen mitdeutscher Muttersprache zu empfehlen.Der Band analysiert dreißig Gruppenstammgleicher synonymer Verben. DieZielsetzung besteht darin, zu untersu-chen, inwiefern sich die Bedeutungenund der Gebrauch der Verben innerhalbder einzelnen Verbgruppen voneinanderunterscheiden.Einzelne Gruppen der Verben mit ver-schiedenen Präfixen wurden schonmehrmals von anderen Autoren unter-

sucht, aber unter anderen Gesichtspunk-ten. Hierzu kann als Beispiel das Buchvon W. Müller: Leicht verwechselbare Wör-ter (Duden-Taschenbücher, Bd. 17) ange-führt werden, in dem die Verben mitPräfixen aufgrund ihrer Verwechselbar-keit analysiert werden. Im vorliegendenBuch von Sigbert Latzel ist dieser Aspektnicht das Kriterium der Bearbeitung.Der erste Band enthält die Analyse vondreißig Verbgruppen, je nach der Ge-meinsamkeit der Bedeutungen, nachdem Gebrauch der gleichstämmigen Ver-ben, nach den syntaktischen und seman-tischen Abweichungen und nach denMöglichkeiten ihrer Austauschbarkeit.Unseres Wissens hat bisher noch nie-mand die Verben mit Präfixen unter die-sen Gesichtspunkten analysiert, obwohleben diese Annäherung an das Themafür die Deutschlernenden von großer Be-deutung ist.Wie der Autor eingesteht, hat er nachkeiner einheitlichen linguistischen Theo-rie gearbeitet. Die syntaktischen Musterwurden je nach ihrer Bedeutung ausge-wählt. In jedem Kapitel seiner Analysewerden unter dem Titel »Differenzie-rung« Faustregeln aufgestellt, die dannunter dem Titel »Erläuterungen« aus-führlich – durch Beispiele illustriert –erklärt werden.Die Abschnitte, in denen die einzelnenVerbgruppen behandelt werden, sind fol-gendermaßen aufgebaut:1. »Gemeinsamer Kern« – hier wird die

gemeinsame Bedeutung der sinnver-wandten Verben mit Präfixen angege-ben;

2. »Die wichtigsten Satzmuster« – hierwerden Satzstrukturen, in denen diebehandelten Verben mit ihren Rektio-nen stehen können, vorgestellt;

3. »Differenzierung« – hier werden dieden Gebrauch der Verben bestimmen-den Grundregeln formuliert;

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4. »Erläuterungen« – hier wird der Ge-brauch der Verben ausführlich erklärtund mit zahlreichen literarischen Bei-spielen unterstützt;

5. »Gebrauchsabgrenzung« – hier wer-den Situationen, konkrete Beispiele an-geführt, in denen die Verben miteinan-der ausgetauscht werden können, ohnedaß die Bedeutung der Mitteilung ver-ändert wird.

Die die einzelnen Verbgruppen behan-delnden Abschnitte sind logisch struktu-riert, klar gegliedert und auch optisch gutübersehbar. Die zahlreichen literarischenZitate tragen wesentlich zum Verständnisder Analyse und der Erörterungen bei.Die Beispiele des Buches stammen fastohne Ausnahme aus authentischen Tex-ten, was unter dem Gesichtspunkt desDeutschlernens wiederum sehr wichtigist. Der Quellennachweis ist am Ende desBandes zu finden.Der zweite Band enthält Übungen fürfortgeschrittene Lerner zum Gebrauchder Verbgruppen des ersten Bandes. Eini-ge Übungen können auch mit Deutsch-kenntnissen auf Mittelstufenniveau ge-löst werden, aber die meisten sind für dieOberstufe gedacht, für Lernende, dieschon mindestens 800 Stunden Deutsch-unterricht hatten.Auch in diesem Band war die Synonymie,nicht die leichte Verwechselbarkeit dasKriterium für die Auswahl der Verben.Deshalb sind z. B. in der Gruppe »bearbei-ten« – »überarbeiten« – »umarbeiten« dieVerben »abarbeiten«, »aufarbeiten«, »aus-arbeiten«, »durcharbeiten«, »einarbeiten«usw. nicht zu finden. In dem zweiten Bandwerden – anders als im ersten – nur dieeinfachen, knappen, klaren Formulierun-gen der Grundregeln bezüglich des Ge-brauchs der Verben angegeben, sie erleich-tern es den Deutschlernenden, jeweils dasVerb mit dem richtigen Präfix auszuwäh-

len. In den kurzen syntaktischen und se-mantischen Einleitungen der einzelnenAbschnitte hat der Autor absichtlich mög-lichst wenige Fachtermini verwendet, da-mit die Deutschlernenden die Erläuterun-gen leichter verstehen.Die Abschnitte des zweiten Bandes beste-hen aus den folgenden Teilen:1. »Gemeinsamer Kern« – hier wird die

gemeinsame Bedeutung der sinnver-wandten Verben mit Präfixen angege-ben;

2. »Syntaktische Charakteristika« – hierwerden Satzmodelle angeführt, in de-nen die behandelten Verben mit ihrenRektionen stehen können;

3. »Differenzierung« – hier werdenGrundregeln formuliert, nach denenman die Verben gebrauchen soll, sowiekurze Hinweise gegeben, in welchenFällen die Mitglieder der einzelnenVerbgruppen miteinander austausch-bar sind.

Diesen Teilen folgen Übungen, die haupt-sächlich so strukturiert sind, daß man inauthentischen Sätzen bzw. Textabschnit-ten die Verben mit den passenden Präfi-xen ergänzen, also die Verben sinnvoll inden Kontext einsetzen soll.Das Übungsmaterial stammt aus authen-tischen, anspruchsvollen, literarischenTexten. Am Ende des Bandes findet manzusätzliche Aufgaben sowie den Lö-sungsschlüssel, so können die Deutsch-lernenden sich selbst kontrollieren. DasBuch ist daher sowohl für das individuel-le Lernen als auch für den Gruppenunter-richt geeignet. Es ist ratsam, die zweiBände parallel zu benutzen, so kann manam schnellsten Erfolg erreichen. Wirempfehlen das Werk – im Einklang mitder Absicht des Autors – zukünftigenund praktizierenden Deutschlehrern undGermanisten.

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Merten, Stephan:Fremdsprachenerwerb als Element in-terkultureller Bildung. Eine Studie zurVersprachlichung der Grunddaseins-funktionen des Menschen im Hinblickauf deren Thematisierungsmöglichkei-ten im Unterricht Deutsch als Fremd-sprache. Frankfurt/M.: Lang, 1995. –ISBN 3-631-48723-1. 323 Seiten, DM 89,–

(Marlis Wilde-Stockmeyer, Kassel)

Dieses Buch möchte ich allen DaF/DaZ-Lehrenden empfehlen. Darüber hinaussollte es in keiner Bibliothek fehlen, umauch den Studierenden den Zugang zuden Untersuchungen zu ermöglichen.Seit Erscheinen der Studie gehört sie inmeinen Seminaren zur Standardliteratur-empfehlung.Warum nun diese Euphorie? Merten ver-sucht, die Bereiche Sprachwissenschaft,Sprachdidaktik sowie Sozial- und Gesell-schaftswissenschaft so miteinander zuverknüpfen, daß er seinem Anspruch –die Untersuchung universaler Versprach-lichungen menschlicher Grunddaseins-funktionen – gerecht werden kann. SeinZiel ist es einerseits herauszufinden, wiedie sprachlichen, kulturellen und sozia-len Aspekte miteinander verbundensind, und andererseits, wie diese Ergeb-nisse für den Fremdsprachenerwerbspro-zeß aufgegriffen und genutzt werdenkönnen.Die zentrale Forschungsfrage zielt auf ei-gene und fremde Lebenswelten. Gefragtwird nach Gemeinsamkeiten: in welchenBereichen gibt es sie, wie können sie her-ausgefunden und dann im Fremdspra-chenunterricht, anknüpfend an schon vor-handenes Wissen, thematisiert werden.Die Untersuchung ist dann für alle Leh-renden interessant, wenn diese Themennicht nur für den Landeskundeunterrichtreserviert, sondern in den Fremdspra-chenunterricht insgesamt integriert wer-den (11). Die im Fremdsprachenunterricht

häufig noch praktizierte Trennung zwi-schen Sprach- und Kulturerwerb ist fürden Verstehensprozeß hinderlich.

»Fremdsprachliche Kenntnisse erhalten ei-nen besonderen Stellenwert, wenn sie mitkulturellen Kenntnissen, mit einem Wissenüber Verhaltensweisen, Vorstellungen undStereotypen der Zielsprachensprecher ver-knüpft werden. Die Verbindung zwischenSprachgebrauch und Sozialverhalten spieltdabei eine entscheidende Rolle. Daraus re-sultiert eine wichtige Zielsetzung desfremdsprachlichen Unterrichts: das Erlan-gen von sprachlicher Handlungskompe-tenz. […] Das Erlangen dieser umfassendensprachlichen Handlungskompetenz, diesich gerade nicht ausschließlich auf gram-matisches Wissen beschränkt, sondern aufkomplexes Sprach- und Kulturwissen ab-hebt, ist Ziel des fremdsprachlichen Unter-richts. Eine derartige Kompetenz kannnicht monokulturell orientiert sein. Sie istvielmehr interkulturell.« (218)

Der lernerorientierte Ansatz führt gleich-zeitig zu einer starken Einbindung all-tagsrelevanter Themen sowie der All-tagserfahrungen von Lernern. Mertenstimmt grundsätzlich dem Konzept derEuroparat-Studie Kontaktschwelle Deutschals Fremdsprache (Baldegger u. a. 1981) zu,da die dort als Ziel formulierte kommu-nikative Kompetenz inhaltlich-kognitiv,sozial-affektiv und sprachlich definiertwird und ebenfalls von Alltagsthemenund Alltagssituationen ausgeht (222). Be-stehen für den westeuropäischen Bereichrelativ viele Übereinstimmungen mit denInhalten der Studie, so gilt dies nicht fürden außereuropäischen – und auch nureingeschränkt für den osteuropäischen.Für Merten sind aber neben den Wortfel-dern die Assoziationen, die mit einemWort verbundenen Konnotationen, vonbesonderem Interesse. Der Autor befaßtsich mit verschiedenen Wortfeldtheorien,konkretisiert die Versprachlichung vonGrunddaseinsfunktionen des Menschen(Räume; fleißig und faul; essen und trin-ken; lernen; Freizeit und Ferien, Norm

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und Konvention) in einem Sprach- undKulturvergleich und verbindet die Wort-feldarbeit mit Konzepten interkulturellenLernens.Selbstverständlich sind nicht alle The-men für alle Lerner gleichermaßen inter-essant. Lerner, Lernziele, Lernumfeldund Lerntradition sind wichtige Aspekte,die bei der Auswahl und Umsetzung zuberücksichtigen sind.Sprachenlernen ist kulturelles Lernen.Der Autor setzt sich deshalb intensiv mitder Problematik der InterkulturellenKommunikation bzw. des Interkulturel-len Lernens auseinander, weil die oft un-scharfen und mehrdeutigen Definitionendes zugrundeliegenden Kulturbegriffshäufig Angriffsflächen bieten in der wis-senschaftlichen Diskussion.Die Studie gibt darüber hinaus, sehr kon-zentriert, einen guten Überblick über dieverschiedenen Ansätze zum Erst- undZweitspracherwerb (Piaget, Wygotski,Lenneberg, Skinner, Chomsky) und zurweiteren Entwicklung der Zweitspra-cherwerbsforschung (Kontrastivhypo-these, Identitätshypothese, Interlangua-ge-Hypothese, Monitor-Theorie).Fazit: Sehr zu empfehlen.

Otto, Wolf-Dieter:Wissenschaftskultur und Fremde. Aus-wärtige Kulturarbeit als Beitrag zur in-terkulturellen Bildung. Auch eine päd-agogische Reflexion asiatischer Lehr-jahre in Korea. München: iudicium,1995. – ISBN 3-89129-260-0. 189 Seiten,DM 42,–

(Sylvia Bräsel, Sofia/Bulgarien)

Das durch ein Stipendium des DAADgeförderte Buch von Wolf-Dieter Ottokommt zur rechten Zeit. Es belebt fach-kundig eine Diskussion, die bekanntlichinzwischen nicht mehr eine alleinige Do-

mäne der schöngeistigen Wissenschaftenist. Ausgelöst durch die Thesen des Har-vard-Professors Huntington wurde spä-testens klar, daß nach der » Zeitenwendevon 1989« der »Kalte Krieg« der Systemezwar der Geschichte angehört, sich aberdie »Faszination der Szenarien großerweltumspannender Konfrontation […]damit offenbar nicht erledigt« hat. Wenndem »Kulturdialog« von Bundespräsi-dent Roman Herzog sogar »die Qualitäteines sicherheitspolitischen Imperativs«eingeräumt und eine vertrauensbildendeZusammenarbeit auf der Grundlage vonWissen über die andere Kultur eingefor-dert wird (Herzog 1997: 24–25), so erhelltdas den politisch-globalen Hintergrundder konkreten Untersuchung, die Ottomit solider Fachkenntnis wie überzeu-gender Argumentation aus eigener Er-fahrung für die komplexen Anforderun-gen an Theorie und Praxis auswärtigerKulturarbeit erstellt. Otto, der im Auftragdes DAAD fünf Jahre an einer Universitätin Südkorea lehrte, versucht in seinervorliegenden Publikation auf der Basisvon kulturellen Differenzerfahrungenund daraus erwachsenden EinsichtenBrücken für eine neue Qualität des Dia-logs zu schlagen. Das wiederum verlangtdas Abschiednehmen von manch beque-mem Klischee und verweist in der Konse-quenz recht deutlich auf den Nachholbe-darf gerade westlicher Kulturen mit Blickauf die Kompetenz zur interkulturellenBegegnung.Dieses Problemnetz macht Otto in einerkomplexen und durchdachten Darstel-lung zu ausgewählten Fragestellungen indiesem Kontext produktiv. Die am Insti-tut für Internationale Kommunikationund Auswärtige Kulturarbeit Bayreuthentstandene Arbeit besticht durch einenkonsequent auf Dialog ausgerichtetenAufbau, den Einbezug von Sichtweisenaus zwei Kulturkreisen und eine zielori-entierte Wiederaufnahme einzelner

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Schwerpunkte, die von der eigenenFremderfahrung als Lektor in einem an-deren Kulturkreis engagiert gebündeltwerden.Bereits im Einleitungskapitel benenntOtto unumwunden Schwachstellen der-zeitiger Kulturmittlung. Er wendet sichgegen »pauschalen Erwartungsdruck«auswärtiger Kulturarbeit, wonach Dialo-ge grundsätzlich »fruchtbar und Mei-nungsaustausch erfolgreich« (46) seien.Andererseits hebt er hervor, daß eine»hermeneutische Neugierde« oder die»psychisch-physische Installation einerverstehenden Haltung gegenüber demfremden Bildungssystem« (48) beim Leh-renden entstehen muß.Damit plädiert Otto auch für ein interdis-ziplinäres Herangehen an die andereKultur in Reibung an der Eigenkultur,das zwar gefordert, aber noch zu wenigpraktisch gelebt wird. Es gilt wohl nichtnur für im Wissenschafts- und Bildungs-bereich im Ausland tätige Experten,wenn ein »Kennenlernen« (129) der frem-den Kultur im Wortsinn gefordert wird.Letztlich sollte Berufsausübung unterFremdbedingungen in einen interkultu-rellen Lernprozeß einmünden. MitKrumm spricht Otto so vom kulturellenMittler und Vermittler als »Grenzgänger«(14), der nicht nur an Universitäten undSchulen, sondern auch in Medien, Wirt-schaft oder Politik anzutreffen ist.Je mehr die »Welt zu einem Marktplatzwird« (Sommer 1994: 1), desto eher ge-hört also auch kulturelle Differenzerfah-rung zum Alltagsgeschäft.Folgerichtig verweist Otto unter Beru-fung auf das Madrider Manifest (Robert-Bosch-Stiftung 1987) auf die für dieseTätigkeit notwendige Befähigung zur in-terkulturellen Kommunikation, die übernicht-ethnozentrische Einstellung, Wahr-nehmung und die Kenntnis der Eigen-wie der Zielkultur zu praktischer Hand-lungsfähigkeit führen soll. Die in der

Studie festgestellten diesbezüglichenVersäumnisse an Universitäten undHochschulen in der Bundesrepublik, dieder Anglist und sächsische Staatsmini-ster für Wissenschaft und Kunst H.-J.Meyer so treffend als »selbstgefälligenProvinzialismus« und »Filzpantof-felmentalität« (Meyer 1995: 387–393) be-zeichnete, werden von Otto als produkti-ve Herausforderung begriffen und in derArbeit weiterweisend thematisiert bzw.problematisiert.Indem Otto die Fremderfahrung ganzbewußt auch als pädagogische Erfahrungbegreift, die in die Erfahrung kulturellerDifferenz eingeht, wird die Auslotungalltäglicher Lehrmechanismen in eineranderen Kultur- und Bildungstraditionkonkret handhabbar. Andererseits provo-zieren gerade die auf einigen Lektorenbe-richten basierenden Aussagen ein Nach-denken über die konkreten Beispiele derostasiatischen Region hinaus. Durch dieAusrichtung auf das Beziehungsgefügevon Gesellschaftsstruktur und Bildungs-tradition – und damit auch auf Fragender kulturellen Identität – entstehenDenkkonstellationen, die über den Be-reich der Auslandsgermanistik zu allge-meinen Fragen kultureller Transformati-onsprozesse den Bogen schlagen. AmBeispiel des letzten Kaisers von Chinaund der Beziehung zu seinem britischenLehrer macht Otto u. a. deutlich, daßWelthaltigkeit aus mehr als der einfachenReibung zweier Kulturen oder gar Bü-cherwissen entsteht. Das vom Verfassergeprägte Begriffspaar vom »Standbein«und »Spielbein« bzw. der »kulturellenSpielfähigkeit« (31) weist u. a. auf dieRelativität kultureller Verwurzelung hin,da Reflexionsvermögen wie damit ver-bundene interkulturelle Kommunikati-onsfähigkeit durch vielfältige Kontaktemit anderen Kulturen gewinnen. Aktuellgesehen wäre ein solcher auf Verstehenund nicht Belehren ausgerichteter Kul-

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turdialog eine notwendige Antwort aufdie Herausforderungen der Globalisie-rung nach Beendigung der Nachkriegs-zeit.Otto geht stärker historisch vor, indem erdie durch den Konfuzianismus maßgeb-lich geprägte Bildungstradition Ostasiensim Vergleich zum Humboldtschen Bil-dungsideal untersucht. Die durch einen»Blickwechsel« stringenten Darlegungenlassen besonders für den Insider gegen-wärtiger ostasiatischer Bildungsverhält-nisse differenzierte Einsichten in Hand-lungsmechanismen und Wertkriterienzu, die heutige Problemstellungen undReformversuche in beiden Bildungstradi-tionen letztlich in einem »Kulturdialog«einbinden könnten. Andererseits sind ge-rade das Wissen über die Position desLehrenden, die Ausrichtung des koreani-schen Bildungssystems auf soziales Pre-stige bzw. Reformversuche zwischen Tra-dition und Moderne etc. eine wichtigeGrundlage für die Positionierung derausländischen Lehrkraft im fremdkultu-rellen Alltag, der er sich als »teilnehmen-der Beobachter« (27) stellen muß.Wenn auch die Selbsterfahrung – wie dieRezensentin aus eigenen »Lehrjahren« inSeoul weiß – durch keine Theorie aufge-wogen werden kann, so vermittelt dieStudie von Otto doch wesentliche kom-plexe Zusammenhänge, die vor wie nacheinem Einsatz in dieser Region mit spezi-fischem Gewinn zu lesen sind. Darüberhinaus öffnet das Buch am koreanischenBeispiel den Blick für übergreifende Fra-gestellungen.Während in den Kapiteln eins bis drei denSchwierigkeiten interkultureller Aus-tauschprozesse, die aus dem Zusammen-treffen unterschiedlicher Bildungsverhält-nisse resultieren, bzw. gegensätzlichenBildungsbegriffen und deren Traditionen,die zur Formierung spezifischer Wissen-schaftskulturen führten, exakt nachgegan-gen wird schließen die drei Folgekapitel

substanzielle Überlegungen zum lern-theoretischen Fundament interkulturellerBildung bzw. für eine auswärtige Kultur-arbeit als Deutscher an. Hier könnte zubedenken gegeben werden, inwieweit im»Blickwechsel« der Kulturen (vgl. 90–98)eine stärkere Einbindung europäischer(neben deutschen) Sichtweisen die »Spiel-beine« der auf Ostasien orientierten Arbeitim Sinne von interkultureller Kommuni-kation und Kulturbeziehung noch deutli-cher in Bewegung und Vernetzung gezeigthätten. Andererseits könnte ein solchesVorgehen zur Relativierung von Positio-nierungen hinführen. Denn wie Otto über-zeugend an dem »Substanzverlust« (56)des Humboldtschen Bildungsideals seitdem 19. Jahrhundert nachweist, ist es auchan der Zeit, sich des »eigenen pädagogi-schen Wertesystems zu vergewissern«(97). Vielleicht sind die Ursachen für denverklärten Blick auf ostasiatische Bil-dungssysteme vielschichtiger, als es diezitierten Quellen aufzeigen. Wenn deut-sche Beobachter sich von »verhaltensregu-lierenden Erziehungszielen« faszinierenlassen, »mit deren Ergebnissen die wirt-schaftlichen Erfolge asiatischer Länder er-klärt werden« (96), so könnte meines Er-achtens auch intuitiv wahrgenommenesUnbehagen über die Entleerung von Wer-ten in der eigenen Gesellschaft mitspielen.Letztlich transportiert der (Wunsch)-Blickauf das Fremde erfahrungsgemäß sehrviel Eigenes. Darüber hinaus ist der Stel-lenwert anderer Kulturen – ich denke hierbesonders an außereuropäische Länderund Regionen – gewachsen und hat eineneue Wertigkeit in Beziehung zur europäi-schen und das heißt auch zur deutschenKultur angenommen (vgl. Bräsel 1997: 99).Die von Otto mit Bezug auf Arbeiten vonWeggel, Matthes und Wierlacher getroffe-ne Einsicht, daß nicht-westliche Handels-partner recht gut über unsere kulturellenRegeln informiert sind und sich daraufeinzustellen wissen, während die Westeu-

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ropäer in der Regel wenig vom anderenwissen und den eigenen Regelbestand mitAnspruch auf Allgemeingültigkeit vertre-ten (112), führt so zu einer schmerzhaften,aber notwendigen Erkenntnis:

»Im Blick auf die Kompetenz zur ›interkul-turellen Begegnung‹ sind also eher wir es,die sich in einem Status der ›Unterentwick-lung‹ befinden« (113).

Mit Blick auf Weggel, der von einer »Ver-schichtung der Kulturen« (1994: 331–334)als einem in weiten Teilen Asiens gängi-gen Weg für die Rezeption westlicherElemente spricht – ohne die eigene Per-sönlichkeit zu verlieren –, fährt Otto dieThese von der »Verwestlichung« Asiensauf ein »eigenkulturelles Desiderat vonWesterners« (176) zurück.Damit schließt sich der Kreis zu denAufgaben und Anforderungen an dieauswärtige Kulturarbeit.In seinen Überlegungen zum lerntheore-tischen Fundament interkultureller Bil-dung plädiert Otto überzeugend für ein»entdeckendes Lernen« (115). Dieserüberaus produktive Zugang wird zu-gleich als Möglichkeit zur Überbrückungwissenschaftskultureller Fremde etc. ver-standen. Vernetzung von Wissen, Hin-führung zu komplexen Denkprozessen inAnbindung an die jeweils vorhandenenMöglichkeiten und die Eigenkultur desLerners etc. werden als Organisationsfor-men einer auf interkulturelle Prozesseausgerichteten Lehre dargestellt, die al-len beteiligten Seiten von Nutzen ist. Ottostellt klar, daß es auswärtiger Kulturar-beit nicht um »Verbesserungen« des an-deren Bildungssystems gehen kann, son-dern »um besseres Verständnis von (päd-agogischen und wissenschaftlichen)Handlungsbedingungen« (175). Eine all-gemeine Feststellung, die praktische Er-kenntnisse der Rezensentin in der Lehreuntermauert (vgl. Bräsel 1997: 105–113).

Wenn Otto letztlich als eine gewichtigeSchlußfolgerung benennt:»Den Vermittlerorganisationen und Kultur-instituten der auswärtigen Kulturarbeit istdaher dringend eine Erweiterung ihrerAusbildungsgänge um die vielfältige Kom-ponente des Fremdheitswissens anzuraten,das für die internationale Zusammenarbeitunabdingbar ist« (113),

so schließt sich hier wohl der Kreis zueiner Feststellung von BundespräsidentRoman Herzog: »Sich diesem Dialog stel-len, heißt nicht offensiver, sondern offe-ner zu werden« (1997: 25).

LiteraturBräsel, Sylvia: »Blickwechsel – Überlegun-

gen zur Landeskunde in einer sich verän-dernden Welt«, Info DaF 24, 1 (1997), 99–113.

Herzog, Roman: »Kultur lebt vom Dialog«,Kulturchronik 1 (1997), 24–25.

Meyer, Hans-Joachim: »Politische Verant-wortung für das Ausländerstudium«,Info DaF 22, 4 (1995), 387–393.

Sommer, Theo: »Noch hat die Zukunft kei-ne Kontur«, Die Zeit 49, 1 (30.12.1994), 1.

Weggel, Oskar: Die Asiaten. München: dtv,1994.

Punkki-Roscher, Marja:Nominalstil in populärwissenschaftli-chen Texten. Zur Syntax und Semantikder komplexen Nominalphrasen. Frank-furt/M.: Lang, 1995 (WerkstattreiheDeutsch als Fremdsprache 49). – ISBN 3-631-47922-0. 162 Seiten, DM 54,–

(Zenon Weigt, Lódz / Polen)

Die jüngst auf dem bunten Markt derFachsprachen-Publikationen erschieneneArbeit von Marja Punkki-Roscher befaßtsich mit einem in unserer Zeit sehr aktu-ellen Thema: der Verständlichkeit vonpopulärwissenschaftlichen Texten. Diesbildet das Anliegen der Untersuchung

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von Frau Punkki-Roscher, die dazu fol-gendes schreibt:

»In dieser Untersuchung wird analysiert,welche Faktoren die sprachliche Gestaltungder wissenschaftlichen Informationen fürden Laien so ›schwerverdaulich‹ machen.Die jeweilige wissenschaftliche Fachspra-che als Grundlage spielt dabei eine ent-scheidende Rolle. Etwas von ihrer Abstrakt-heit bleibt meistens auch in der populari-sierten Version hängen«. (9)

Fachsprachen besitzen bekanntlich einenhohen Grad an Abstraktheit, nicht nur inder Lexik (unverständliche Fachtermini),sondern auch in der Syntax, was sich u. a.durch den Nominalstil manifestiert. Dafür die Autorin der Nominalstil den Kernder linguistischen Analyse bildet, führtsie den Leser in die Problematik ein,indem sie zuerst solche Termini klärt wieNominalphrase und Nominalstil. Hierzudiskutiert sie den historischen Überblickzu dieser Problematik, in dem sie diewichtigsten Tendenzen in der Entwick-lung des Nominalstils und dessen Kritikdarstellt. Dabei berücksichtigt sie solcheNominalphrasen, »die im besonderenMaße die Verständlichkeit eines Textesbeeinflussen« (10). Präziser gesagt, sindfür sie vor allem die Häufigkeit und dieKompliziertheit der Nominalphrasen so-wie der Anteil von Appositionen undAttributsätzen von Interesse.Für die Ermittlung von wesentlichenFaktoren für die Schwerverständlichkeitpopulärwissenschaftlicher Texte stellt sieneun Hypothesen auf, deren Bestätigungsie in der durchgeführten syntaktischenund semantischen Analyse erwartet.Das Korpus für die Analyse bilden dreizeitgenössische populärwissenschaftli-che Zeitschriften, nämlich bild der wissen-schaft, Spektrum der Wissenschaft undGEO. Zur syntaktischen und semanti-schen Analyse hat die Autorin solcheNominalphrasen gewählt, die als einehierarchische Struktur interpretiert wer-

den können, d. h. die schon vorhandenenAttribute im Vor- und Nachfeld einerNominalphrase haben noch eigene Be-stimmungen. In Anlehnung an Helbig/Buscha (1984: 602) berücksichtigt die Au-torin im Vorfeld einer Nominalphrasenur die Möglichkeit der Erweiterung (dieKoordination und Subordination liegennicht in ihrem Interessenfeld), z. B. dieNominalphrase der gekleidete Mann wirdzum Untersuchungsobjekt genommen,wenn sie im Vorfeld eine Erweiterung(Attribut) zweiten Grades, hier durch dasAdverb gut, bildet. Dann hat die Nomin-alphrase folgende Struktur A → b → X (X= Kernsubstantiv in der Nominalphrase;a, b usw. = Attribute ersten Grades; A, Busw. = Erweiterungen der Attribute, alsoAttribute zweiten Grades). Die Erweite-rungen können auch andere Strukturenhaben wie:

Im Vorfeld einer Nominalphrase kannden Kern ein Adjektivattribut, ein attri-butiv gebrauchtes Gerundivum oder Par-tizip bilden. Sie können in drei verschie-denen Formen vorkommen: als Adverb,als Präpositionalgefüge oder als Phrasein Casus obliqui.Im Nachfeld einer Nominalphrase dage-gen hat die Autorin sowohl die Koordi-nation als auch die Erweiterung bei derAnalyse berücksichtigt:

A + b → X

A → b → X

C usw.

A → b → X

C → d usw.

der kilometerdicke Schich-tenstapel

die anschließend von denWeibchen freigesetztenLarven

industriell gefertigte, che-misch äußerst stabile Gase

X ← a b

X ← a ← B

die Wanderung zur Wein-lese nach Freyburg

der Verzicht auf die Reiseins Ausland

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In diesem Fall sind A und B usw. Ergän-zungen oder Angaben des Verbs, daszum Kernsubstantiv nominalisiert wor-den ist. Im Nachfeld tritt der Kern alsGenitiv- oder Präpositionalattribut auf.Die Erweiterungen werden auch als Ge-nitiv- oder Präpositionalphrase realisiert.Die Autorin nimmt in die Analyse auchdie Infinitivsätze, Attributsätze und dieApposition auf.Für die semantische Analyse der Erweite-rungen wendet die Autorin die Tiefenka-sustheorie an. Sie bemerkt dazu folgen-des:

»In der semantischen Analyse ermittle ichdie semantischen Rollen, die die Erweite-rungen vertreten. Diese semantischen Rol-len, auch Tiefenkasus genannt, dienen hierals ›tertium comparationis‹ für Belege, diean der Oberfläche verschiedene syntakti-sche Strukturen aufweisen. Zugleich liefernsie eine Art kurze Inhaltsangabe zu denErweiterungen«. (65)

Aus den o. a. Zeitschriften exzerpierte sie2418 Propositionen: 847 Propositionen(192 Belege – bild der wissenschaft), 851Propositionen (220 Belege – Spektrum derWissenschaft) und 720 Propositionen (157Belege – GEO). Dazu kommen 68 Attri-butsätze. Dieses Belegmaterial wurde mitden 2414 Propositionen (525 Belege) und48 Attributsätzen in der Gartenlaube ver-glichen.Dabei wird die in den heutigen Zeit-schriften zunehmende Tendenz deutlich,

»daß bei zunehmender Wissenschaftlich-keit auch die Nominalphrasen mit erweiter-ten Attributen zunehmen. […] Auch dieHäufigkeit der Attributsätze scheint mit derWissenschaftlichkeit zu korrelieren: Je wis-senschaftlicher die Zeitschrift, desto weni-ger Attributsätze« (83–84).

Es ist wegen Platzmangels nicht möglich,die einzelnen Etappen der syntaktischenund semantischen Analyse von Erweite-rungen zu besprechen. Eines muß abergesagt werden: Die einzelnen Schrittedieser Analyse lassen sich leicht nach-

vollziehen. Die erreichten Ergebnisse faßtdie Autorin zu Entwicklungstendenzenzusammen. Die in der Einleitung derArbeit aufgestellten Hypothesen, die aufden Annahmen beruhen, daß »Nebensät-ze zunehmend durch Nominalgruppenersetzt werden und daß die zentrifugaleTendenz stärker wird« (135), haben sichin den von ihr zusammengestellten Ent-wicklungstendenzen bestätigt. Die Er-gebnisse werden von der Autorin aus-führlich besprochen und in bezug auf dieerwähnten Zeitschriften dargestellt.Ohne auf die detaillierte Darstellung die-ser Ergebnisse hier näher einzugehen,wiederholen wir die wichtigsten Ent-wicklungstendenzen im Nominalstil:A. Änderungen aufgrund der Bevorzu-

gung der Parataxe1. Erweiterte Nominalphrasen kom-men heute häufiger vor; 2. Die Nomi-nalphrasen sind komplexer gewor-den; 3. Appositionen werden häufigerbenutzt; 4. Attributsätze kommenhäufiger vor.

B. Änderungen innerhalb der Nominal-phrase5. Die meisten erweiterten Attributebefinden sich heute im Nachfeld; 6.Die Anteile der verschiedenen Vor-feldkerne haben sich geändert; 7. Zu-sammengesetzte Adjektiv- und Parti-zipialattribute sind häufiger zu fin-den; 8. Präpositionalattribute sind üb-licher geworden.

C. Änderungen im Gebrauch der Tiefen-kasus9. Die realisierten Tiefenkasus spie-geln die syntaktische Entwicklung inden Nominalphrasen wider.

Im Fazit schreibt sie zu ihren Ergebnissenfolgendes:

»Die festgestellten Entwicklungstendenzenstimmen im wesentlichen mit den Hypo-thesen überein. Bei keiner Hypothese konn-te eine konsequente gegensätzliche Ent-wicklung gezeigt werden. Hier und da ist

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die Entwicklung nicht so stark wie in derForschungsliteratur beschrieben, aber diegrundsätzliche Tendenz stimmt überall. Diezunehmende Verdichtung des sprachlichenAusdrucks kommt deutlich zum Vorschein,und zwar besonders im Nachfeld der No-minalphrase. Das spricht wieder für einestärkere zentrifugale Tendenz. Dieses wech-selseitige Verhältnis kann so interpretiertwerden, daß der stärkere Hang zum kom-primierten Ausdruck die Tendenz zur zen-trifugalen Wortfolge hervorgerufen hat undsie dann ständig unterstützt«. (140)

Fazit: Das besprochene Werk gehört zuder Reihe der Arbeiten, die jedem Ger-manisten, besonders aber auch DaF-Stu-dierenden, einen Einblick in die kompli-zierte, da durch verschiedene sprachlicheMittel dargestellte Welt eines Fachtextesermöglicht. Dieses Werk wird vielen Wis-senschaftlern Anregungen für eigeneForschungen geben. Die Arbeit schließtmit einer umfangreichen Bibliographie,die das Gesamtbild der Untersuchungvervollständigt.

LiteraturHelbig, G.; Buscha, J.: Deutsche Grammatik.

Ein Handbuch für den Ausländerunterricht.8. neubearb. Auflage. Leipzig: Verlag En-zyklopädie, 1984.

Rösch, Heidi:Interkulturell unterrichten mit Gedich-ten. Zur Didaktik der Migrationslyrik.Frankfurt/M.: Verlag für InterkulturelleKommunikation, 1995. – ISBN 3-88939-019-6. 142 Seiten, DM 32,–

(Karin Yesilada, Istanbul)

Daß Migrationsliteratur nach wie vor einmehr von den Randgebieten der Germa-nistik als von der germanistischen Litera-turwissenschaft selbst wahrgenommenesThema ist, mag Betrachter außerhalb derBundesrepublik verwundern. Im deut-

schen Diskurs ist es jedoch nach wie vorein Verdienst, wenn sich eine von derinterkulturellen Literaturdidaktik kom-mende Wissenschaftlerin umfassend mitdem Thema Migrationsliteratur beschäf-tigt. Die in Berlin lehrende Heidi Röschhat nach ihrer Dissertation zur interkul-turellen Migrationsliteratur nun eineSpezifizierung vorgelegt, in der sie denliterarischen Korpus auf die Lyrik einge-wanderter Autoren eingegrenzt und fürden interkulturellen Literaturunterrichtdidaktisiert hat. Röschs didaktischer An-satz ist handlungsorientiert und gehtzum Großteil aus konkreten Unterrichts-erfahrungen in interkulturellen Lern-gruppen des Lehramtsstudiums an derTU Berlin hervor.Im einleitenden Abschnitt über »Funkti-on, Kontext und Aufbau dieser Arbeit«präzisiert Rösch ihr Konzept des inter-kulturellen Lernens, das sich dezidiertgegen den herkömmlichen minderhei-tenpädagogischen Ansatz, also gegen dieTrennung zwischen dem Fremden unddem Eigenen, richtet. Ihr Ziel ist stattdessen die »multiperspektivische Dis-kussion« im Seminarraum, die zu einer»selbstkritischen Reflexion« bei allenTeilnehmern führt und im Idealfall eine»emphatische Auseinandersetzung mitMinderheitenpositionen« auf seiten derEinheimischen bzw. eine »identitätsstif-tende Annäherung« auf seiten der Min-derheitenangehörigen bewirkt. Interkul-tureller Unterricht soll somit zur Gestal-tung eines »gleichberechtigten Miteinan-ders zumindest im Seminarraum« beitra-gen. Textgrundlage hierfür bildet die Ly-rik von in die Bundesrepublik immigrier-ten Autoren, die erstmals auch um Mi-grantenautoren der ehemaligen DDR(wie Adel Karasholi) erweitert ist. Ihrezwanzigjährige Entwicklung wird im Ka-pitel »Migrationslyrik als Teil der inter-kulturell produzierten Literatur« nachge-zeichnet. Röschs Betrachtungsweise

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kreist um den Begriff der »interkulturel-len Formanalyse«, mittels derer »inter-kulturelle Schreibformen« analysiertwerden. Ihre Aufteilung der Literatur indie Bereiche Migranten-, Migrations- undInterkulturelle Literatur erscheint mir da-bei allerdings nur insofern erhellend, alssie die Einschränkung auf interkulturell»ergiebige« Literatur ermöglicht; auf Tex-te also, die Interkulturalität (dazu gehö-ren Themen wie Heimatverlust, Fremd-heit, Minderheit-Mehrheit-Diskurs undReflexion der Sprache) explizit themati-sieren. Daß besonders die Autoren derzweiten Generation auch andere Themenin ihrer Lyrik behandeln, wird nur amRande erwähnt. Bereits hier deutet sicheine Problematik an, die symptomatischfür die Rezeption sogenannter »Interkul-tureller Literatur« ist: Dort wo die Litera-tur die Funktion des Katalysators fürinterkulturelle Prozesse nicht erfüllt undüber die migrationsspezifische Thematikhinausgeht, endet zumeist auch ihre In-terpretation. »Formalisierung und Ästhe-tisierung« werden zwar als literarischePhänomene benannt, nicht aber für dieDidaktisierung im Literaturunterrichtaufgegriffen.Entsprechend der thematischen Ver-pflichtung zum Migrationsthema stehtdie Lyrik des italienischen Autors GinoChiellino im Zentrum eines eigenen Ka-pitels (»Sich die fremde Sprache nehmen– Gino Chiellinos Lyrik als kritische An-eignung der deutschen Sprache«), das dieAußenperspektive auf die fremde deut-sche Sprache zum Thema interkulturellerReflexion im Seminarraum macht. Wienun didaktisiert Rösch diesen sprachli-chen Aspekt? Die im Anschluß an dieWerkinterpretation gestellten »Produkti-ve[n] Aufgaben zu Gedichten von GinoChiellino« folgen der Methode des verzö-gerten Lesens und steuern auf konkreteBegegnungsmomente der Seminarteil-nehmer mit den Texte hin: Sie sollen

Verse und Zeilenenden in die in Prosa-form gesetzten Texte einfügen und sichüber den Austausch von Personalprono-mina im Text Gedanken über die mögli-che Adressatengruppe von Chiellinos Ly-rik machen. Mit Aufgabenstellungen wieUmformulierung eines lyrischen Textesin einen Prosatext oder Gedichtprodukti-on durch Seminarteilnehmer »in denSprachen Ihres Lebens« greift Rösch gän-gige Methoden des creative writing auf.Offen bleibt allerdings, wohin dieseÜbungen genau führen sollen.Sprachliche Aspekte bilden auch im Ka-pitel »Deutsch als Zweitsprache (DaZ) inOst- und Westdeutschland« den Themen-schwerpunkt. Rösch wählt hierfür Ge-dichte der Autoren Franco Biondi undRafik Schami aus, die seinerzeit das»Gastarbeiterdeutsch« als Gegensprachezum herrschenden Sprachdiskurs derMehrheit postulierten. Der Konflikt zwi-schen Mehrheit und Minderheit findetauf der sprachlichen Ebene im Gedichtstatt. Sowohl in der Auswahl der Textewie auch in ihrem Sprachduktus bleibtdie Autorin jedoch zu sehr in der empha-tischen Anteilnahme für ein sprachliches»Politikum« verhaftet, das sich gegenSprache als »Instrument der Herrschen-den« richtet. Migrationsliteratur bewegtsich hier ausschließlich im Begriffsfeldvon »Arbeitsmigration«, »Ausländerge-setzgebung« und »Ausländerfeindlich-keit« usw. Eine andere Dimension erhältLyrik in dieser Engführung nicht. Esbleibt die Frage, ob das allen Autoren derMigrationslyrik gerecht wird.Zwei- und Mehrsprachigkeit werden ineinem weiteren Abschnitt unter denStichworten »Inter- und Multilinguali-tät« thematisiert. Texte von José Oliver,Aysel Özakin, Zehra Çirak sowie die vi-suelle Poesie Fruttuoso Piccolos werdenin vergleichenden Sprachversionen gele-sen und aufbereitet. Damit sollen dieEntwicklungsstufen ein und desselben

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Textes in bezug auf seinen Adressaten-kreis (Deutsche, Gastarbeiter usw.) nach-vollziehbar werden. Der im vorherigenKapitel stark strapazierte Sprachbegrifferhält hier erstmals eine Differenzierung;dennoch bleibt das den Gedichten unter-stellte Spannungsverhältnis von Mehr-heit gegen Minderheit stets präsent. Mitdem Kapitel Identitätsentwicklung in unddurch Migrationslyrik schließlich wird ei-nes der klassischen Themen der Migra-tionsliteraturforschung für den Unter-richt didaktisiert. Rösch überschreitet da-bei nicht den herkömmlichen, eng abge-steckten Rahmen germanistischer Vor-stellungen von »Identität« als Bewußt-sein »zwischen zwei Welten«, als ausge-grenztes Subjekt einer Mehrheit gegen-ü b e r u s w. D o r t , w o d i e s eDeutungsmuster von den Seminarteil-nehmern überwunden werden, wird die»migrationsspezifische Interpretation«von der Seminarleiterin ergänzt.Die Problematik der insgesamt verdienst-vollen Studie wird im theoretischen Ab-schlußkapitel (»Migrationslyrik im Un-terricht – ein didaktisches Konzept«)deutlich: Sie liegt in der grundsätzlichenFehlrezeption von Migrationsliteratur,die unter dem gesellschaftspolitischenAnspruch der Aufklärung und Läute-rung durch die Interkulturelle Literatur-didaktik vollständig vereinnahmt wird.Wo die Zielsetzung der interkulturelleDialog ist, wird Interkulturalität als The-ma der Migrationsliteratur zur Prämisse:Der Migrantenautor hat per se einen»Beitrag zu Multiethnizität, Einwande-rungsgesellschaft, Minderheitenidentitätund Mehrsprachigkeit« zu leisten; freieThemenwahl wird ihm nicht gestattet.Während sich Rösch einerseits gegen dieFestschreibung der Migrationsliteraturausspricht, zieht sie an anderer StelleParallelen zur »sozialkritischen Literaturdieses Jahrhunderts und der Frauenlite-ratur der siebziger Jahre«. Was aber ist

mit Autoren, die nicht in dieses themati-sche Raster passen? Sie werden einfachignoriert. Ebenso wie eine umfassendeEinordnung der Migrationslyrik in denGesamtkontext bundesdeutscher (oderitalienischer, spanischer, türkischer) Ly-rik – zu der dann auch Autoren dersubjektiven Lyrik zu zählen hätten – fehltder Verweis auf Autoren, die sich jenseitsdes interkulturellen Ghettos literarischetabliert haben. Daß ein international an-erkannter Lyriker wie Zafer Senocak völ-lig aus Röschs Studie herausfällt (er wirdzwar im Autorenverzeichnis genannt,keiner seiner Texte ist jedoch Gegenstandeiner Interpretation), ist ein ebenso pein-liches wie symptomatisches Defizit dessoziopolitisch überfrachteten Ansatzes.Literaturdidaktik sollte jedoch literarischeBezüge zu Autoren wie Bachmann, Ce-lan, Huchl ebenso herstellen können wiezur deutschen und orientalischen Mystikoder zum Metaphernbegriff allgemein.Andernfalls erschafft sie nur das literari-sche Ausländerghetto aufs neue.

Rost-Roth, Martina (unter Mitarbeit vonOliver Lechlmair):Sprachenlernen im direkten Kontakt.Autonomes Tandem in Südtirol. EineFallstudie. Meran: Alpha & Beta, 1995. –ISBN 88-7223-017-9. 158 Seiten, Ital. Lire29.000 i. c.

(Karin Aguado, Bielefeld)

Unter Tandem versteht man ein »Sprach-lehr- und -lernprinzip«, bei dem Sprecherunterschiedlicher Muttersprachen – hierdeutsch und italienisch – miteinanderinteragieren, um die Sprache des jeweilsanderen zu lernen und zu praktizieren.Die wachsende Popularität dieses alter-nativen, auf den Prinzipien der Gegensei-tigkeit und der Lernerautonomie basie-renden Verfahrens läßt sich sowohl an

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der steigenden Zahl von Arbeiten able-sen, die im Zusammenhang mit dieserMethode verfaßt werden (vgl. z. B. Apfel-baum 1993 oder Herfurth 1993) als auchan der Etablierung von internationalenKooperationen wie z. B. dem von der EUfinanzierten Lingua-Projekt »Internatio-nal E-Mail Tandem Network«, das dieFörderung des Fremdsprachenlernens imTandem über das Internet zum Ziel hat(vgl. Brammerts & Little 1996).Die in der vorliegenden Studie von Mar-tina Rost-Roth analysierten Daten wur-den im Rahmen des vom Sprach- undKulturinstitut Alpha & Beta begleitenderforschten Projekts »Tandem in Südti-rol« erhoben. Hinsichtlich der leitendenFragestellung nach dem Spracherwerbs-potential von Gesprächssituationen insolchen Tandems wurde eine Material-sammlung angelegt, die einerseits ausTagebuchnotizen der Tandem-Partnerund andererseits aus Tonbandaufzeich-nungen verschiedener Gesprächssitua-tionen und deren Transkriptionen be-steht.Um es gleich vorwegzunehmen: es han-delt sich bei der im folgenden näherbetrachteten Fallstudie um eine sehr le-senswerte und erkenntnisreiche Arbeit,die im Hinblick auf verschiedene Aspek-te des Fremdsprachenerwerbs interes-sant und sowohl für Fragestellungen derSprachlehr- und -lernforschung als auchder Zweitsprachenerwerbsforschung re-levant ist, da es sich beim Tandem sowohlum eine Form des Lehrens und Lernenshandelt – nämlich eine autonome und aufsymmetrischer Rollenverteilung beru-hende – als auch um einen bestimmtenTyp von Fremdsprachenerwerb – näm-lich einen weitgehend ungesteuerten undnatürlichen.Ausgehend von der inzwischen aner-kannten wichtigen Rolle der Interaktionfür den Spracherwerb (zur aktuellen For-schungslage vgl. den Überblick in Henri-

ci 1995) wird hier besonderes Erwerbspo-tential der Behandlung von solchen kom-munikativen Störungen zugeschrieben,die auf unterschiedliche Sprachkompe-tenzen der Interaktanten zurückzuführensind. Dabei wird zwischen drei Typenvon Störungen unterschieden, deren Be-handlungen in der ethnomethodologi-schen Konversationsanalyse als »Repara-turen« bezeichnet werden, und zwarAusdrucksschwierigkeiten, Verständnis-schwierigkeiten und Korrekturen. DieBearbeitung solcher Störungen findet insogenannten Nebensequenzen statt, d. h.der Fortgang des inhaltlichen Gesprächswird zeitweise unterbrochen. Es sind die-se Nebensequenzen, die in der vorliegen-den Arbeit mit Hilfe eines gesprächsana-lytischen Untersuchungsinstrumentari-ums näher betrachtet und analysiert wer-den. Die Fragen, denen dabei nachgegan-gen wird, lauten: Wie signalisieren dieTandem-Partner solche Störungen undwie beseitigen sie diese? und: WelchesLernpotential kommt solchen Sequenzenzu? oder genauer: Welche interaktivenVerfahren innerhalb solcher Sequenzensind für den Lernprozeß notwendigund/oder begünstigend? (vgl. 11f.).Der Einleitung folgen sechs Kapitel(nämlich: 2. »Forschungsüberblick«, 3.»Datenbasis und methodische Überle-gungen«, 4. »Die Interaktionssituation:Gesprächsthemen und Gesprächsfor-men«, 5. »Ausdrucksschwierigkeiten«, 6.»Verständnisschwierigkeiten« und 7.»Korrekturen«) und ein Anhang mit ta-bellarischen Übersichten zu den ver-schiedenen zuvor behandelten Fragestel-lungen und Aspekten, in denen die an-hand der vorliegenden Daten gewonne-nen Ergebnisse mit Befunden aus »freienKonversationen« im konventionellenGruppenunterricht verglichen werden(vgl. Rost 1989).Dem Analyseteil wird ein – sehr knappgehaltener – Überblick über einige

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grundlegende Fragestellungen derZweitsprachenerwerbsforschung undder Sprachlehr- und -lernforschung imHinblick auf die Rolle der Interaktion fürden Fremdsprachenerwerb vorangestellt(Kapitel 2). Als eine empirisch fundierteUntersuchung von Spracherwerbsmög-lichkeiten im direkten Kontakt verstehtsich die Studie als ein Beitrag zur Über-prüfung der von Ellis (1985: 127ff.) alsoptimal bezeichneten Voraussetzungenfür einen erfolgreichen Spracherwerb.Dazu werden neben einer hohen Quanti-tät von direkt an den Lernenden gerichte-tem Input, der Notwendigkeit, in derZielsprache zu kommunizieren, der Kon-trolle der Lernenden über die Themen-wahl, einer Variationsbreite von Sprech-akten bei Lernenden und Muttersprach-lern, der Auseinandersetzung mit An-weisungen und Aufforderungen, derKonfrontation mit einer hohen Quantitätvon »extended utterances« auch dieMöglichkeit, ohne Einschränkungen dieZielsprache zu praktizieren, gerechnet(vgl. 18).Die in Kapitel 3 näher erläuterte Datenba-sis besteht einerseits aus Tonbandauf-zeichnungen und Transkriptionen voninsgesamt 12 Tandem-Gesprächen(durchschnittliche Länge: 20 bis 45 Minu-ten) und Tagebuchaufzeichnungen, dieals »ethnographische Notizen die subjek-tiven Einschätzungen der Beteiligten inHinblick auf die kommunikativen Ereig-nisse« (21) dokumentieren sollen.Die zugrundegelegten Transkriptions-konventionen des Berliner P-Moll-Pro-jekts sind – wie alle gängigen Transkripti-onsnotationen – stellenweise gewöh-nungsbedürftig. Leider werden nicht alleder verwendeten Sonderzeichen erklärt –es fehlen beispielsweise Erklärungen für% und ? (24ff.) – was eventuell zu Schwie-rigkeiten hinsichtlich der Nachvollzieh-barkeit der Analyse führen könnte. Wün-schenswert wäre aus Gründen der Trans-

parenz außerdem eine Erläuterung deram Rand der zitierten und analysiertenTagebuchaufzeichnungen und Transkrip-tionen verwendeten Notationen gewe-sen.Was die in Kapitel 4 besprochenen Ge-sprächsthemen und Gesprächsformen(z. B. Interview, Expertengespräch, Dis-kussion, lockere Unterhaltung, organisa-torische Absprachen) in Tandem-Interak-tionen betrifft, so fällt eine große themati-sche Variationsbreite auf. In aller Regelwählen die untersuchten TandempartnerThemen aus, die auf persönlichen Erfah-rungen und aktuellen Ereignissen beru-hen. Darüber hinaus verwenden sie sol-che Texte als Interaktionsanlässe, die das»Prinzip der Lebensweltorientierung«(60) aufweisen, d. h. an den Interessenund der Lebenswelt der Interaktantenausgerichtet sind (z. B. literarische Texte,Gebrauchstexte, Zeitungstexte, selbstver-faßte Texte). Je unmittelbarer ein Bezugzur Wirklichkeit und damit verbundenein Handlungszwang hergestellt wird,desto größer ist laut Rost-Roth auch dasErwerbspotential (vgl. 61). Dasselbe giltselbstverständlich auch für die Interak-tionen vor und nach den eigentlichenLehr-/Lern-Situationen, in denen organi-satorische Absprachen getroffen werdenmüssen, die ein hohes Maß an Authenti-zität aufweisen und hinsichtlich dererdas Gelingen von Verständigung bzw. dieVermeidung von Mißverständnissen be-sonders wichtig ist.Die in Kapitel 5 betrachteten Ausdrucks-schwierigkeiten werden als »Anlaß fürinteraktiv durchgeführte Reparaturse-quenzen« gesehen, denen ein »beachtli-ches Erwerbspotential« (67) beigemessenwird, weil sie nicht nur der Schließunglexikalischer Lücken, sondern auch demTesten von Äußerungshypothesen die-nen. Erwartungsgemäß liegen die mei-sten Ausdrucksschwierigkeiten im lexi-kalischen Bereich – insbesondere bei den

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Substantiven –, was damit erklärt wird,daß es sich bei den gewählten Gesprächs-themen häufig um sehr spezielle Inhalteund ein dementsprechend spezifischesVokabular handelt.Ob diese Art Schwierigkeiten erwerbs-fördernde Funktion haben oder nicht,wird nicht zuletzt auch als abhängig vonder Kooperationsbereitschaft der Mutter-sprachler und der Art der interaktivenWeiterbearbeitung neuer zielsprachlicherInformation gesehen.In Kapitel 6 »Verständnisschwierigkei-ten« werden drei Formen der Verständ-nissicherung bzw. Arten von Nachfragenzwecks Einleitung von Reparaturen nä-her betrachtet, nämlich Rückfragen (bit-te?), Rezipientenkontrollen (meinst du x?)und Produzentenkontrollen (hast du ver-standen, was ich meine?), die sowohl durchden Muttersprachler als auch durch denNichtmuttersprachler realisiert werdenkönnen.Wie schon bei den Ausdrucksschwierig-keiten, so beziehen sich auch hier mehrals die Hälfte aller Reparaturen auf denlexikalischen bzw. idiomatischen Bereich.Längere Interaktionssequenzen könnenzu einer gezielten Auseinandersetzungmit der Zielsprache genutzt werden, undfür den Fall, daß der auf diese Weiseausgehandelte sprachliche Ausdruckwiederverwendet wird, schreibt Rost-Roth Verständnisschwierigkeiten im Hin-blick auf den Spracherwerb eine ganzähnliche Relevanz zu wie den zuvor be-trachteten Ausdrucksschwierigkeiten(97).Was die in Kapitel 7 behandelten »Kor-rekturen« betrifft, so deuten verschiede-ne Tagebuchaufzeichnungen darauf hin,daß Unterbrechungen zum Zwecke derKorrektur aufgrund der damit verbunde-nen Gesichtsbedrohung als problema-tisch empfunden werden, und zwar beieinem gleichzeitig bestehenden Bedürf-nis nach Korrektur (vgl. 126).

Korrekturen im Tandem können nichtnur psychologisch, sondern auch »tech-nisch« als problematisch bezeichnet wer-den. Das Verfahren der Sammelkorrek-tur, das häufig gewählt wird, um denreibungslosen Verlauf der Konversationzu sichern, erweist sich in mehrerlei Hin-sicht als wenig günstig (vgl. 112f.). Insge-samt betrachtet weisen die im Tandempraktizierten Korrekturformen eine gro-ße Vielfalt auf und zeigen »oft wenigerUnterschiede zum Verhalten professio-neller Unterrichtender als erwartet«(119), wobei jedoch interessanterweiseeinige aus dem schulischen Kontext be-kannte Korrekturmuster – wie z. B. Auf-forderung zur Selbstkorrektur – im allge-meinen vermieden werden.Zusammenfassend läßt sich feststellen,daß zumeist aus Gründen der Scheu bzw.Unsicherheit zu unterbrechen in Tan-dem-Situationen im Vergleich zu »freienKonversationen« weniger, dafür jedochausführlicher korrigiert wird. Außerdemführt die Tatsache, daß die Nebense-quenz »Korrektur« in der Mehrheit derFälle erst dann beendet wird, wenn es zueiner korrekten Wiederholung durch denNichtmuttersprachler gekommen ist, zueiner recht hohen durchschnittlichen Er-folgsquote von über 75% (vs. ca. 51% imVergleichskorpus).Eine der leitenden Fragestellungen, näm-lich »Welche Chancen und Möglichkeitenbietet das Tandem-Prinzip als Sprachlehr-und -lernmethode?« wird abschließenddahingehend beantwortet, daß die Au-thentizität der Interaktionssituation unddie Orientierung an den individuellen,persönlichen Bedürfnissen erwerbsför-dernd wirkt, weil es durch eigene Sprach-produktionen, korrektives feedback undverständnissichernde Maßnahmen zu er-werbsbegünstigenden Erfahrungen aufseiten der Lernenden kommt. Die Bezeich-nung von Ausdrucks- und Verständi-gungsschwierigkeiten als Erwerbspoten-

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tial liegt darin begründet, daß solcheSchwierigkeiten Anlaß zu deren interakti-ver Bearbeitung sind und sie der Erweite-rung der Sprachkompetenz dienen unddamit langfristig Störungen vermeidenhelfen. Die Vielfalt der Gesprächsthemen,-anlässe und -formen garantiert einen va-riationsreichen Input. Im Unterschiedzum traditionellen Fremdsprachenunter-richt, wo die Auswahl der Gesprächsthe-men und die Verteilung der Gesprächsrol-len mit einer asymmetrischen Rollenver-teilung einhergehen, wird in Tandem-Si-tuationen sowohl das qualitative als auchdas quantitative Spektrum an interaktivenAufgaben auf seiten des Nichtmutter-sprachlers erhöht.Neben dem Ausbau lexikalischer undmorphosyntaktischer Fähigkeiten kön-nen die Interaktionen auch der Förde-rung der pragmatischen Kompetenz die-nen, da sowohl einzelne Sprechhandlun-gen (z. B. Fragen stellen) als auch kom-plexe diskursive Aktivitäten (z. B. organi-satorische Absprachen treffen) für Tan-dem-Interaktionen nicht nur typisch,sondern sogar konstitutiv sind.Rost-Roth zeigt anhand ihrer ausführli-chen Analysen, daß die von Ellis (1985)theoretisch als optimal angenommenenBedingungen für erfolgreichen Spracher-werb im Rahmen der im Tandem beob-achtbaren Interaktionen erfüllt werden,und zieht daraus den Schluß, daß solchenInteraktionssituationen ein hohes Er-werbspotential immanent ist.Der von Rost-Roth als »unschätzbar«(131) bezeichnete Vorteil, den Tandem-Situationen gegenüber Gruppenunter-richt haben, ist die Orientierung am indi-viduellen lernersprachlichen Erwerbs-stand und damit die Möglichkeit zurgezielten Verbesserung lernersprachli-cher Fähigkeiten. Insbesondere durch die»quantitative« Gegenüberstellung mitzuvor gewonnenen Ergebnissen aus ei-nem von der Autorin selbst ausgewerte-

ten Vergleichskorpus werden die Vorteileder Tandem-Methode erkennbar. Gleich-zeitig wird jedoch auch deutlich, daßdiese Methode als eine mögliche Formdes Sprachenlernens im direkten Kontakterst ab einem bestimmten Sprachniveaumöglich und sinnvoll ist.Kritisch anzumerken wäre lediglich dieTatsache, daß die Nachvollziehbarkeitder italienischsprachigen Tagebuchauf-zeichnungen und Transkriptionsaus-schnitte für diejenigen Leser und Leserin-nen, die des Italienischen nicht mächtigsind, zuweilen etwas eingeschränkt ist.Allerdings wird dies an den meisten Stel-len durch eine inhaltliche Zusammenfas-sung auszugleichen versucht. Eine weite-re – allerdings ausschließlich rein formaleund damit eigentlich zu vernachlässigen-de – Kritik betrifft vermeidbare Tippfeh-ler und die Gestaltung des Literaturver-zeichnisses. In bezug auf die Nennungvon Verlagsnamen, Seitenzahlen und dietypographische Unterscheidung von Mo-nographien und Aufsätzen scheinen kei-ne festen Konventionen angewendetworden zu sein.Insgesamt betrachtet handelt es sich hierum eine sehr sorgfältig durchgeführteund sowohl in ihrer methodologischenHerangehensweise als auch in bezug aufdie Analyse und die Interpretation derDaten überzeugende Studie.Es zeigt sich, daß das Instrumentariumder Gesprächsanalyse dazu beitragenkann, Erkenntnisse über solche fremd-sprachlichen Interaktionen zu gewinnen,innerhalb derer sich Partner mit verschie-denen sprachlichen Kompetenzen in au-thentischen Gesprächssituationen ab-wechselnd Sprache(n) vermitteln und er-werben.Eine für zukünftige Forschungsarbeiteninteressante Fragestellung wäre es nunzu untersuchen, wie das von Rost-Rothfestgestellte und analysierte Erwerbspo-tential von den Tandem-Partnern ge-

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nutzt wird und ob interaktiv durchge-führte Aushandlungen aufgrund vonStörungen tatsächlich als Basis auch fürdie langfristige Erweiterung lerner-sprachlicher Kompetenzen fungierenkönnen. Die Tatsache allein, daß es zuAusdrucks- oder Verständnisschwierig-keiten kommt, aufgrund derer – zumeistzielsprachliche – Aushandlungsproze-duren eingeleitet und durchgeführt wer-den, muß nämlich nicht zwangsläufigbedeuten, daß die interaktiv bearbeite-ten Ausdrücke und Sequenzen auch tat-sächlich erworben und längerfristig me-morisiert werden. Ob und wann über-haupt von Erwerb gesprochen werdenkann, ist natürlich nicht zuletzt auch vonder jeweils zugrundegelegten Definitiondieses Prozesses abhängig. So ließe sichbeispielsweise darüber streiten, ob alleindie vom Nichtmuttersprachler vollzoge-ne unmittelbare Wiederholung einer in-teraktiv ausgehandelten sprachlichenStruktur am Ende einer Reparaturse-quenz ein hinreichendes Kriterium ist,um von Erwerb zu sprechen, oder obnicht vielmehr die – zeitlich stärker ver-setzte – eigene kreative (Wieder-)Ver-wendung einer solchen Einheit zu einernotwendigen Bedingung erhoben wer-den sollte (vgl. dazu auch Henrici 1995:24ff.).

LiteraturApfelbaum, Birgit: Erzählen im Tandem.

Sprachlernaktivitäten und die Konstruktioneines Diskursmusters in der Fremdsprache.Tübingen: Narr, 1993.

Brammerts, Helmut; Little, David (Hrsg.):Leitfaden für das Sprachenlernen im Tandemüber das Internet. Bochum: Brockmeyer,1996.

Ellis, Rod: Understanding second languageacquisition. Oxford: Oxford UniversityPress, 1985.

Henrici, Gert: Spracherwerb durch Interak-tion? Eine Einführung in die fremdsprachen-erwerbsspezifische Diskursanalyse. Balt-mannsweiler: Schneider, 1995.

Herfurth, Hans-Erich: Möglichkeiten undGrenzen des Fremdsprachenerwerbs in Be-gegnungssituationen. Zu einer Didaktik desFremdsprachenlernens im Tandem. Mün-chen: iudicium, 1993.

Rost, Martina: Sprechstrategien in ›freien Kon-versationen‹. Eine linguistische Untersu-chung zu Interaktionen im zweitsprachlichenUnterricht. Tübingen: Narr, 1989.

Stöpfgeshoff, Dieter; Schmiedecke, Ma-nuela; Kantoreitis, Peter:Einblicke und Ansichten. Sechs Filmezur Landeskunde für kulturell Interes-sierte und Deutschlernende mit fortge-schrittenen Kenntnissen. Ismaning: Hue-ber, 1992. – Paket: ISBN 3-19-001541-4.Preis der sechs Filme im Paket: DM 480,–

(Georg Schmidt, Aix-en-Provence)

Es mag gewiß schwierig sein, Landes-kundematerialien zu erstellen, die nichtüber Nacht ihre Gültigkeit verlieren. Undeine »touristische« Präsentation landes-kundlicher Gegebenheiten bietet zwei-felsohne Möglichkeiten, dem frühzeiti-gen Veralten solcher Materialien vorzu-beugen. Eine derartige »touristische«Darbietung, die sich auf die Vorstellungschöner Landschaften und Bauwerke so-wie hervorragender Orte der Geistesge-schichte konzentriert, läßt sich jedochkaum mit den Zielen eines gegenwarts-bezogenen Landeskundeunterrichts ver-einbaren.In den sechs Videofilmen von DieterStöpfgeshoff, Michaela Schmiedecke undPeter Kantoreitis über die fünf neuenLänder und Berlin dominiert aber geradedie Perspektive des Tourismusmanagersderart, daß man schon von touristischenWerbefilmen sprechen muß und sich alsDaF-Lehrer gezwungen sieht, vom Ein-

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satz dieser Materialien – ausgenommenvielleicht das Band über Sachsen-Anhalt– im Unterricht abzusehen.In all diesen Filmen dominiert das Präter-itum so sehr, daß der Verdacht einermöglicherweise ideologisch motiviertenAusgrenzung der Gegenwart aufkommt.Die Vorherrschaft des Präteritums bringtdie Filme zugleich um ein Gutteil ihressprachdidaktischen Potentials, weil dieseso bedeutend weniger Sprechanlässe bie-ten als eine stärker auf die Aktualitätbezogene Darbietung.Alle sechs Videos wollen »Einblicke undAnsichten« vermitteln, und zwar »aufabwechslungsreiche, unterhaltsame undinformative Weise«, wobei »sowohl ge-sellschaftliche als auch kulturelle, ge-schichtliche und wirtschaftliche Aspek-te« behandelt und »Interviews mit wich-tigen Vertretern aus dem wirtschaftlichenund kulturellen Leben […] für kulturellInteressierte und Deutschlernende mitfortgeschrittenen Kenntnissen« gebotenwerden. Doch erlauben die vorgestellten»Einblicke und Ansichten« leider nicht,»Land und Leute kennenzulernen, wie indem Video über Thüringen angekündigtwird.Vom Land sieht man – in der Konsequenzder hier gewählten Präsentationsweise –nur die schönsten Flecken. Die Leute, diein diesem Land leben, sieht und hört manindes nicht. Man erfährt nur äußerst we-nig über ihr Leben nach der Wende;nichts über ihren Alltag, nichts über dieviele DaF-Lerner interessierende Frage,wie die Menschen in den fünf neuenBundesländern es schaffen, sich auf dieneue, kapitalistische Wirtschaft, auf dieveränderte Gesellschaft und den neuenStaat einzustellen.– Gewiß, da kommen Schriftsteller undSachbuchautoren zu Wort (Günter deBruyn, Jurij Brezan, Eric Neutsch, EgonRichter), da äußern sich Wirtschaftsver-treter (aus der damaligen Stralsunder

Volkswerft, von der Porzellanmanufak-tur Meissen und der ehemaligen Filmfa-brik Wolfen), da werden ein Ex-Akade-miepräsident (Prof. Bethge), eine Galeri-stin (Ingrid Boeckh), ein Malerpaar (Man-fred Kandt und Susanne Kandt-Horn)und auch ein Museumsdirektor (Falk Ho-hensee), ja sogar ein Hydrobiologe (Dr.Günter Otto) interviewt, da werdenselbst Produktionsprozesse (bei CarlZeiss, Jena) und ihre Abfälle/Abwässerabgelichtet. – Die Menschen aber, die inden entsprechenden Fabrikhallen produ-zieren, die in den Landschaften lebenund arbeiten, kommen nicht zu Wort.So verliert denn auch die Sprache, die indiesen Videos zu hören ist, an Lebendig-keit; dialektale Einfärbungen sind nur beieinem Sprecher festzustellen, und folg-lich kann anhand dieser Videos im Unter-richt nicht thematisiert werden, wie Iden-tität sich – auch sprachlich – in den nochimmer recht wenig bekannten neuenBundesländern auf eine andere Weisekonstituiert (hat) als etwa im Westen.Inhaltlich ist an den einzelnen Filmenaußerdem zu bemängeln, daß die dochbedeutende Berliner Alternativszeneebenso wie auch Zahl und Situation derAusländer in dieser Stadt gänzlich uner-wähnt bleiben, daß mit keinem Wort aufdie im wirtschaftlichen Umstellungspro-zeß extrem wichtige Treuhandanstalthingewiesen wird, daß im Thüringen-Video kein Wort über die Bauernkriegeund Thomas Münzer verloren wird – wasdie hier gewählte historisch-touristischePerspektive ja gerade verlangt hätte. Die-se Perspektive führt andererseits zu einerüberzogenen Darstellung ausgestorbeneroder aussterbender Handwerke: So wirdzwar ausführlich von den traditionellen.Handwerken (in Thüringen) gehandelt;welche Umstrukturierungen die Autoin-dustrie aber im einzig wegen Luther undder Wartburg vorgestellten Eisenach oder

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auch im sächsischen Zwickau durch-macht, davon kein Wort.Auf besonders gravierende inhaltlicheSchwächen stößt man im Brandenburg-Video, wo nationalsozialistische und so-wjetische Verbrechen vermischt werden.In diesem Band ist sowohl vom Konzen-trationslager Sachsenhausen als auchvom Speziallager Nr. 7 der sowjetischenBesatzung die Rede. Während der Kom-mentar sich dabei dem sowjetischen Spe-ziallager zuwendet, erscheinen im Bilddie Verbrennungsöfen der Nazis. – Solltedamit etwa suggeriert werden, die So-wjets hätten in ihren Speziallagern Kre-matorien betrieben?Solche Fehler resultieren aus einer man-gelhaften Schnittechnik, die auch an an-deren Stellen Mißverständnisse hervor-ruft: Beispielsweise muß der Betrachterden Bildern entnehmen, daß das SchloßRheinsberg am Neuruppiner See liege.Die Diskrepanz zwischen Wort und Bild,die in nur einem Falle, in der Passageüber das Bauhaus in Dessau nämlich,gerechtfertigt scheint, provoziert in je-dem dieser Filme immer neue Mißver-ständnisse. (Liegt Berlin am NeuruppinerSee? Was hat die Pickelhaube mit einerInsel zu tun? etc.)Schließlich weichen auch die beigefügtenTexte gelegentlich von den gesprochenen

ab (vgl. etwa das Zitat von Günter deBruyn) und sind nicht gerade sehr gutlektoriert: Im Berlin-Film hört man dieForm »streng bewachtest«; GerhartHauptmanns Vorname wird falsch ge-schrieben; es bleibt zu fragen, ob »[dieSowjets] nach dem Zweiten Weltkrieg[…] die Bodenreform nach sozialisti-schem Vorbild durch[setzten]« oder obdiese nicht etwa doch von den Sozialistennach sowjetischem Vorbild durchgeführtwurde; darüber hinaus wüßte jeder wohlgern, aus welcher Sprache das Wort»Pommern« kommt, wenn er erfährt, daßes »aus der (sic!) slawischen Sprache«stamme.Interessant ist gelegentlich auch die Aus-sprache der Kommentatoren: Joggen wirdals <schoggen> gesprochen und Instru-mente werden zu <Inschdrumenten> – soin den Filmen über Berlin bzw. Sachsen.Abschließend ist zu bemerken, daß die480 DM für die sechs Videos besser ange-legt wären, wenn in einer notwendigenNeuauflage der immerhin schon fünfJahre alten Produktion zu Beginn jedesFilms kurz und knapp »facts undfigures« zu jedem Land gegeben undmehr Alltagsinhalte dargeboten würden,und wenn vor allem Menschen in ihrerUmwelt mit ihrer Sprache zu sehen undzu hören wären.

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Einladung zur 26. JahrestagungDeutsch als Fremdsprache

Friedrich-Schiller-Universität Jena undFachverband Deutsch als Fremdspra-che, 4. bis 6. Juni 1998

»Sind wir noch attraktiv?« – Diese recht»kundenorientierte« Fragestellungtauchte in vielen Diskussionen und Ge-sprächen während der 25. Jahrestagungin Mainz auf. In diesem Kontext wurdenvon den Mitgliedern für die Gestaltungder 26. Jahrestagung Themenschwer-punkte vorgeschlagen, die sich theore-tisch wie praktisch mit Ideen, Konzeptenund Methoden für Lehr- und Lernange-bote befassen.Der Vorstand des FaDaF und das Institutfür Auslandsgermanistik/DaF an derFriedrich-Schiller-Universität Jena berei-ten die Tagung gemeinsam vor. Interes-senten, die einen Beitrag zu einem derThemenschwerpunkte leisten können,wenden sich möglichst direkt an die je-weils zuständigen KoordinatorInnen.Nach dem bisherigen Stand der Planungsind fünf Schwerpunktthemen vorgese-hen.

1. Wissenschaftssprache – FachspracheFolgende Aspekte sollen erörtert werden:– »Wissenschaftliche Alltagssprache« für

Kurzzeitstudierende– Fachsprachenvermittlung bei außeru-

niversitären Anbietern– Rahmenplan Deutsch als Fremdspra-

che an Studienkollegs– Studienbegleitende Sprachlehrangebo-

te fachbezogen?– Doppelausbildung/Zusatzstudium

Deutsch als Fremdsprache für Fachleh-rer

Vorbereitung und Koordination des The-menschwerpunktes:

Dr. Sabine FißAkademisches AuslandsamtTU Chemnitz09107 ChemnitzTel.: 0371 / 5311303Fax: 0371 / 5311868

Ursula KurtenbachStudienkolleg BonnAdenauerallee 1053113 BonnTel.: 0228 / 73 75 50Fax: 0228 / 73 92 41

2. Studienintegrierte Sprachqualifizie-rungMit den geplanten Differenzierungen dersprachlichen Eingangsvoraussetzungenfür ausländische Studierende nach Studi-enfächern, Studienzielen und Studiendau-er wird eine Flexibilisierung und Differen-zierung der studienbegleitenden Kursan-gebote erforderlich. Wie wichtig ist dieBeherrschung der Alltagssprache für denStudienerfolg? Was muß unbedingt beiStudienbeginn beherrscht werden, waskann studienbegleitend erworben werden?Gibt es neue Ideen, Konzepte und Modellefür fachstudienintegrierten Spracherwerb?

Vorbereitung und Koordination des The-menschwerpunktes:

Dr. Evelyn Müller-KüppersDr. Dietrich EggersUniversität MainzSprachlehranlagePostfach 39 8055099 MainzTel.: 06131 / 39 3188 oder 39 2648Fax: 06131 / 39 4327

Tagungsankündigung

Info DaF 24, 5 (1997), 741–743

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3. Alternative Vermittlungsmethodenund Lernformen auf dem Praxis-Prüf-standDie Formulierung »alternative Methodenund Formen« läßt großen Interpreta-tionsspielraum. In einem Feld, in dem esum Experimente, Neuerungen und Neu-entwicklungen geht, ist dies sicher ange-bracht. Dabei soll allerdings dieses Malsehr direkt an den praktischen Erfahrun-gen gearbeitet werden. Es sind folgendeAspekte vorgesehen:– Welche Vermittlungskonzepte haben

den Weg in die Praxis gefunden? Auswelchen Gründen?

– Welche haben sich dort bewährt? Auswelchen Gründen?

– In welchem Umfang tragen alternativeMethoden und Lernformen zur Effekti-vierung der Sprachvermittlung bei?

– Welche Angebote zur Lehreraus- und-fortbildung in alternativen Lehrme-thoden gibt es? Wo haben solche Kon-zepte Eingang in die allgemeine Aus-und Fortbildung gefunden?

– Wie sieht die Materiallage aus?– Inwieweit berücksichtigen alternative

Konzepte unterschiedliche Lernstileund Lerngewohnheiten?

Vorbereitung und Koordination des The-menschwerpunktes:

Anke Stöver-BlahakStudienkolleg HannoverAm Papehof 8d30459 HannoverTel.: 0511 / 42 79 16Fax: 0511 / 234 53 00

Prof. Dr. Frank G. KönigsHerder-Institut der Universität LeipzigLumumbastraße 204105 LeipzigTel.: 0341 / 973 7534Fax: 0341 / 973 7548

4. Landeskunde aktuellGeplant ist die Erörterung der folgendenAspekte in Vorträgen und Diskussionen:– Bestandsaufnahme zur konzeptionel-

len Arbeit im Teilbereich Landeskunde– Das Deutschlandbild im Jahr 7 nach

der Wiedervereinigung– Landeskunde im deutschsprachigen

Raum: D A CH– Interkulturell orientierte Landeskunde– Landeskunde in neueren Lehrwerken– Landeskunde in literarischen Darstel-

lungen

Vorbereitung und Koordination des The-menschwerpunktes:Dr. Gabriele Neuf-MünkelStudienkolleg BonnMönckemöllerstr. 4853129 BonnTel. + Fax: 0228 / 23 32 18Winfried WelterLehrgebiet DaFUniversität MünsterHüfferstr. 2748149 MünsterTel.: 0251 / 83 32108Fax: 0251 / 82 38349

5. Interkulturelles Lehren und Lernenim DaF- und DaZ-UnterrichtDie Erfahrungen mit interkulturellenLernkonzepten haben gezeigt, daß esneben der Beschäftigung mit sog. Criti-cal Incidences oder unterschiedlichenNormen und Werten vor allem auf dieFähigkeit ankommt, mit Fremdem um-zugehen. Welche Strategien es hierfürgibt, ob und wie die psychischen Grund-dispositionen im Unterricht entwickeltwerden können, welche vergleichbarenund welche unterschiedlichen Ansätzees hierfür in den Bereichen Deutsch alsZweitsprache und Deutsch als Fremd-sprache gibt, dies alles soll Gegenstandder Erörterung in diesem Themen-schwerpunkt sein.

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743

Vorbereitung und Koordination des The-menschwerpunktes:

Dr. Barbara BiecheleInstitut für Auslandsgermanistik / DaFUniversität Jena07740 JenaTel.: 03641 / 63 2880Fax: 03641 / 63 2882

Jürgen M. SchneiderIQ DeutschReichenberger Str. 563500 SeligenstadtTel.: 06182 / 92 49 40Fax. 06182 / 92 49 42

6. Forum Deutsch als FremdspracheIn den vergangenen Jahren hat sich nebenden Schwerpunktthemen das Forum alsPlattform für aktuelle Themen und neueLehrmaterialien, neue Konzepte etc. be-währt.

Vorbereitung und Koordination:

Renate Henkenborg-SchröderHeynes Weg 1926129 OldenburgTel. + Fax: 0441 / 71678

Doris van de SandSprachinstitut TübingenKleiststraße 1572074 TübingenTel.: 07071 / 22223Fax: 07071 / 23913

Im Rahmen der 26. Jahrestagung werdenaußerdem folgende Treffen und Ver-sammlungen stattfinden:– Regionaltreffen der Lehrgebiete und

Studienkollegs– Treffen der Lehrbeauftragten– Treffen der DaF-Studierenden– Treffen der außeruniversitären DaF-

Anbieter– Mitgliederversammlung des FaDaF– Mitglieder- und Beiräteversammlung

des IQ Deutsch

Weitere Auskünfte erteilen:Geschäftsstelle des Fachverbandes Deutschals FremdspracheHüfferstr. 2748149 MünsterTel.: 0251 / 83 2108Fax: 0251 / 83 8349sowie:Dr. Bernd WintermannDeutschkurse für Ausländer bei der Uni-versität MünchenAdelheidstr. 13b80798 MünchenTel.: 089 / 271 2642Fax: 089 / 2711936Dr. Barbara BiecheleFriedrich-Schiller-Universität JenaInstitut für Auslandsgermanistik/DaF07740 JenaTel.: 03641 / 63 2880Fax: 03641 / 63 2882

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Tahir BalcÿGeboren 1962 in Antakya/Türkei. Nachdem Diplomstudium der Germanistik inKonya Assistent an der Abteilung fürDeutschdidaktik der Pädagogischen Fa-kultät in Diyarbakir. Magisterstudium inEskişehir, 5monatiger Aufbaulehrgangam Goethe-Institut. 1987–1990 Disserta-tion in Österreich. 1993 Habilitation, da-nach Leiter der Abteilung für Deutschdi-daktik in Diyarbakir. Seit 1995 Leiter dergleichen Abteilung an der UniversitätÇukurova.

Axel BarnerGeb. 1955; Studium der Germanistik undGeschichtswissenschaften an der TU Ber-lin. 1982 Erstes Staatsexamen. 1984 Zwei-tes Staatsexamen in Offenbach/Hessen.1985–89 als Lehrer für DaF an einer türki-schen Schule in Istanbul. 1989–92 Studi-enrat für Deutsch und Geschichte an ei-nem Gymnasium in Berlin-Reinicken-dorf. 1992–97 DAAD-Lektor an der Uni-versität ›Politehnica« Bukarest.

Dr. Dietrich EggersLeitender Akademischer Direktor, Leiterder Sprachlehranlage der Johannes Gu-tenberg-Universität Mainz. Von 1974–1979 Mitglied des AKDaF und von 1974–1977 dessen Vorsitzender. Für den AK-DaF Begründer und Mitherausgeber derKommentierten AuswahlbibliographieDeutsch als Fremdsprache im Rahmen vonInfo DaF.

Dr. Rolf EhnertAkademischer Direktor am StudiengangDeutsch als Fremdsprache der Universi-tät Bielefeld. Von 1978–1982 Mitglied desAKDaF und von 1980–1982 dessen Vor-

sitzender. Mitglied der Redaktionsgrup-pe für die Zeitschrift Info DaF.

Hi-Youl KimGeb. 1953; Studium der Germanistik ander Universität Sogang in Seoul; von1986–1988 Studienaufenthalt an der Uni-versität Göttingen und 1996–1997 zu For-schungszwecken an der UniversitätBonn. Seit 1983 Professorin für Germani-stik an der staatlichen Universität Cheju,Korea.

StD Klaus KirschLeiter des Studienkollegs an der Univer-sität Münster. Von 1994–1996 Vorsitzen-der der Arbeitsgemeinschaft der Direkto-ren der Studienkollegs an den Wissen-schaftlichen Hochschulen.

Chris F. MajariLehrer für Englisch und Russisch anGymnasien. Seit 1991 Dozent am Goethe-Institut. Dienstorte: München, Ankara,University of Connecticut. Z. Zt. Referentfür Kulturprogramme am Goethe-Insti-tut Moskau.

Jörg MeuterGeb. 1962; nach dem Studium (Sprach-lehrforschung, Deutsch und Spanisch) ander Ruhr-Universität Bochum seit 1992als DAAD-Lektor für deutsche Spracheund Literatur an der Universität Salernotätig. Didaktisch-methodische Schwer-punkte der Arbeit: Medieneinsatz imSprach- und Landeskundeunterricht,Lehrerfortbildung.

Inge Christine SchwerdtfegerProfessorin für Sprachlehrforschung ander Ruhr-Universität Bochum.

Über die Autoren/Abstracts

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745

Antoanita TopalovaDr. phil.; Studium der Germanistik undAnglistik an der Universität Sofia. 1992Stipendiatin des DAAD an der Universi-tät Mannheim; 1996 Promotion zum The-ma »Wortbildung und Semantik der In-ternationalismen im Deutschen und Bul-garischen«. Oberassistentin für Deutscham Institut für ausländische Studierendeder Universität Sofia.

Dr. Armin WolffAkademischer Direktor. Leiter des Lehr-gebietes Deutsch als Fremdsprache ander Universität Regensburg. Von 1974–

1995 Mitglied des AKDaF/FaDaF undvon 1977–1980 sowie 1993–1995 dessenVorsitzender. Schriftleiter für die Redak-tion der Zeitschrift Info DaF. Mitglied dervon der KMK eingesetzten Expertenrun-de zu Prüfungsfragen.

Jolanta Z4urekStudium der Wirtschaftswissenschaftenin Polen und DaF, Linguistik und Wirt-schaftswissenschaften in Bielefeld; z. Zt.Mitarbeiterin am Projekt »Sprachmuse-um« in Bielefeld und Lehrerin fürDeutsch als Fremdsprache für Aussied-lerkinder.

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