249
Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur Optimierung der Kundenzufriedenheit Dissertation zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum von Stefan Schulte aus Münster Bochum 2006

Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

  • Upload
    dodien

  • View
    214

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

zur Optimierung der Kundenzufriedenheit

Dissertation zur Erlangung des Grades

Doktor-Ingenieur

der Fakultät für Maschinenbau

der Ruhr-Universität Bochum

von Stefan Schulte

aus Münster

Bochum 2006

Page 2: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Dissertation eingereicht: 24. Mai 2006

Tag der mündlichen Prüfung: 20. Juli 2006

Erster Referent: Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici

Zweiter Referent: Prof. Dr.-Ing. Horst Meier

Page 3: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Stefan Schulte

Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

zur Optimierung der Kundenzufriedenheit

Page 4: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 5: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Vorwort

Zunehmend kürzere Produktlebenszyklen gepaart mit steigendem Kostendruck erfordern heute von produzierenden Unternehmen eine strategische Ausrichtung der Produktentwicklung, die eine schnelle und flexible Reaktion auf sich stetig ändernde Marktbedingungen ermöglicht. Dabei steht nicht mehr nur die Verbesserung der Prozesseffizienz, sondern vielmehr die Stei-gerung der Effektivität, d. h. das aus Kundensicht optimale Produkt, im Vordergrund. Die Forderung nach kundenorientierten Produkten, die sich durch einen hohen Kundennutzen und eine gesteigerte Kundenzufriedenheit auszeichnen, lässt den Kunden als unternehmensexterne Problemlösungskompetenz vermehrt in den Mittelpunkt traditioneller Produktentwicklungs-prozesse rücken. Die Berücksichtigung aktueller Kundenanforderungen und -bedürfnisse so-wie die systematische Überprüfung der Kundenzufriedenheit in den frühen Phasen der Pro-duktentstehung werden dabei zum Schlüsselfaktor für den Erfolg eines Unternehmens.

Die vorliegende Arbeit liefert einen neuen Lösungsansatz zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung mit dem Ziel, die Effektivität der Produktentwicklung unter Einhal-tung unternehmerischer Rahmenbedingungen bei gleichzeitiger Optimierung des Kundennut-zens und der Kundenzufriedenheit zu steigern. Hierzu wurde eine Methodik entwickelt, die eine Akquisition von prospektivem Kundenfeedback zu zukünftigen (virtuellen) Produkten und von retrospektivem Kundenfeedback zu bestehenden (realen) Produkten ermöglicht. Kern des Konzeptes ist die Bereitstellung digitaler Produkttestmodelle für den Kunden und die Ge-winnung von Kundenfeedback durch einen multimedialen, webbasierten Feedback-Assistenten. Die extrahierten Kundenanforderungen, Produktpräferenzen und Kundenzufrie-denheiten werden in die Sprache des Produktentwicklers übersetzt und durch Erweiterung der PLM-Technologie direkt in die Prozesse und PDM-Systeme des Produktentwicklers einge-bunden. Die gewonnenen Feedbackinformationen erlauben sowohl eine frühzeitige Produktva-lidierung vor der Markteinführung als auch eine Analyse dynamischer Kundenanforderungen über mehrere Produktgenerationen hinweg, um Rückschlüsse für zukünftige Entwicklungspro-jekte ziehen zu können.

Das erarbeitete Konzept zeichnet sich insbesondere durch seine Interdisziplinarität aus. Lö-sungsansätze, Methoden und IT-Werkzeuge der technisch ausgerichteten Produktentwicklung, des Qualitätsmanagements und des Marketings wurden adaptiert, durch Kundenfeedback-spezifische Methodenbausteine ergänzt und zu einem ganzheitlichen Gesamtkonzept zusam-mengeführt. Diese Arbeit liefert wesentliche Impulse für ein Umdenken in der Produktent-wicklung, das sich vom bisherigen Kundenverständnis als reiner Produktabnehmer abkehrt und die Kundenzufriedenheit als Zielgröße der Produktentwicklung neu definiert.

Bochum, November 2006 Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici

Page 6: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 7: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Maschinenbauinformatik (ITM) der Ruhr-Universität Bochum und wurde von der dortigen Fakultät für Maschinenbau als Dissertation angenommen.

Ich möchte mich bei meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici, dem Leiter des Lehrstuhls für Maschinenbauinformatik (ITM), für die zahlreichen Anregungen und Denkimpulse, seine langjährige Unterstützung, die Förderung meiner wissenschaftlichen Ar-beiten und das uneingeschränkte Vertrauen, das er mir entgegen gebracht hat, herzlich bedan-ken.

Herrn Prof. Dr.-Ing. Horst Meier, dem Leiter des Lehrstuhls für Produktionssysteme (LPS) der Ruhr-Universität Bochum, danke ich für die Übernahme des Koreferats, für das meiner Arbeit entgegengebrachte Interesse und für die anregenden Diskussionen im Rahmen gemeinsamer Forschungsaktivitäten.

Darüber hinaus gilt mein Dank allen Kolleginnen und Kollegen, die mich bei meiner Arbeit immer unterstützt, mich durch wertvolle Anregungen und kreative Diskussionen stets aufs Neue motiviert und für ein ausgesprochen harmonisches Arbeitsklima gesorgt haben. Ich be-danke mich zudem bei den studentischen Hilfskräften für die enge Zusammenarbeit und Un-terstützung bei der Umsetzung dieser Arbeit.

Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, meiner Schwester Anke, meinen Freunden und be-sonders Nici und Nico, die auf eine Menge gemeinsamer Zeit verzichtet und mir stets den Rü-cken freigehalten und gestärkt haben. Ihnen ist dieses Buch gewidmet.

Waltrop, November 2006 Stefan Schulte

Page 8: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 9: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

"Der Mensch ist ein zielstrebiges Wesen, aber meistens strebt es zu viel und zielt zu wenig."

– Günter Radtke, dt. Journalist und Schriftsteller –

Page 10: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 11: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Inhalt I

Inhalt

1 Einleitung ............................................................................................1

1.1 Problemstellung ............................................................................................. 2

1.2 Zielsetzung und Abgrenzung.......................................................................... 4

1.3 Vorgehensweise............................................................................................. 7

2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung...............................................9

2.1 Grundlagen der Produktentwicklung .............................................................. 9

2.2 Grundlagen der Kundenorientierung ............................................................ 18

3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung .........................................................................27

3.1 Fallsbeispiel aus der Mobilfunkbranche ....................................................... 27

3.2 Anforderungen an die Feedbackgewinnung................................................. 30

3.3 Anforderungen an die Analyse und Aufbereitung des Feedbacks................ 33

3.4 Anforderungen an das produktentwicklungsinterne Management des Feedbacks................................................................................................... 35

4 Stand der Forschung und der Technik...........................................39

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung.......................................... 40

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen...... 55

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit ........................................ 66

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration .................................................. 76

4.5 Bewertung der Lösungsansätze und resultierender Handlungsbedarf ......... 87

5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung .........................................................................95

5.1 Gesamtkonzept ............................................................................................ 95

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration ....................................... 102

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feedback-Kunden ................................ 114

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen ........................................ 125

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung .......................................................... 145

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks....................... 162

5.7 Maßnahmen für eine erfolgreiche Anwendung der Methodik ..................... 180

Page 12: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

II Inhalt

6 Prototypische Realisierung........................................................... 189

6.1 IT-Systemarchitektur .................................................................................. 189

6.2 Implementierung und Funktionsweise der IT-Module ................................. 192

6.3 Anwendung des Prototypen anhand eines Entwicklungsszenarios............ 197

7 Verifikation und Bewertung .......................................................... 205

8 Zusammenfassung und Ausblick................................................. 211

9 Literatur........................................................................................... 217

Page 13: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Abbildungsverzeichnis III

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1-1: Verantwortlichkeiten für Fehlerentstehung und -behebung im Produktlebenszyklus ....................................................................... 3

Abbildung 1-2: Abgrenzung der vorliegenden Arbeit zu Marketing und Mass Customization ................................................................................. 6

Abbildung 1-3: Gliederung und Vorgehensweise der Arbeit.................................... 7 Abbildung 2-1: Abgrenzung der in dieser Arbeit betrachteten Produkttypen......... 10 Abbildung 2-2: Einordnung der Produktentwicklung in den Produktlebenszyklus . 13 Abbildung 2-3: Vernetzte Teilproduktmodelle in der Produktentwicklung und

das virtuelle Produkt...................................................................... 16 Abbildung 2-4: Klassifizierung von Anforderungen anhand ihrer Wichtigkeit am

Beispiel von PKW-Kopfstützen ..................................................... 17 Abbildung 2-5: Konzeptualisierung des Konstrukts der Kundenbindung............... 21 Abbildung 2-6: Dimensionen des Kundenwertes .................................................. 22 Abbildung 2-7: Grundkriterienstruktur der Kundennutzenanalyse......................... 24 Abbildung 2-8: Traditionnelles Confirmation/Disconfirmation-Paradigma ............. 26 Abbildung 3-1: Heterogene Anforderungen im Entwicklungsprozess eines

Mobiltelefons................................................................................. 28 Abbildung 4-1: Übersicht der im Stand der Forschung und Technik

behandelten Themengebiete ........................................................ 39 Abbildung 4-2: Value und Competence Engineering in der technologischen

Wertschöpfungskette .................................................................... 43 Abbildung 4-3: Testmodelle eines Mobiltelefons und das aus den Usability-

Tests resultierende Endprodukt .................................................... 43 Abbildung 4-4: Einordnung der Engineering-Prozesse in die

Unternehmensprozesse und Abgrenzung von PLM zum Digital Engineering................................................................................... 45

Abbildung 4-5: PLM-IT-Architektur und -Infrastruktur............................................ 47 Abbildung 4-6: Eingliederung von radikalen und inkrementellen Innovationen in

das Technologielebenszykluskonzept........................................... 50 Abbildung 4-7: Innovationscontrolling und Entwicklungstrichter............................ 51 Abbildung 4-8: Evolutionsstufen des Lean Innovation Ansatzes........................... 53 Abbildung 4-9: Modell des Stage-Gate-Prozesses nach Cooper .......................... 54 Abbildung 4-10: Phasen des systematischen Empathic Designs............................ 57 Abbildung 4-11: Kano-Modell der Kundenzufriedenheit/Anforderungserfüllung...... 60 Abbildung 4-12: Exemplarischer Fragebogen und Auswertungsmethodik nach

Kano.............................................................................................. 61

Page 14: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

IV Abbildungsverzeichnis

Abbildung 4-13: Grundkonzept des Quality Function Deployment als „House of Quality“.......................................................................................... 63

Abbildung 4-14: Ablauf einer Conjoint-Analyse am Beispiel eines Mobiltelefons (Handys)........................................................................................ 65

Abbildung 4-15: Übersicht der Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit ... 66 Abbildung 4-16: Beispiel für eine Vignette............................................................... 69 Abbildung 4-17: Problemrelevanz/-Frequenz-Matrix und Pareto-Diagramm der

FRAP-Analyse am Beispiel der Nutzung eines Mobiltelefons ....... 74 Abbildung 4-18: Komponenten eines CRM-Systems .............................................. 78 Abbildung 4-19: Aufgaben eines Konfigurationssystems ........................................ 83 Abbildung 4-20: Beispiele für industrielle Kundenintegration, „mi-Adidas“ und

„Infotainment Produktkonfigurator“ von Audi ................................. 86 Abbildung 5-1: Hypothese zur Wirkung der Kundenfeedback-Integration ............. 96 Abbildung 5-2: Grobkonzept für die Integration von Kundenfeedback-

Informationen in die Produktentwicklung....................................... 97 Abbildung 5-3: Einordnung von prospektiver und retrospektiver

Feedbackakquisition für mehrere Produktgenerationen in die Kunden- und Unternehmensprozesse........................................... 99

Abbildung 5-4: Vorgehensmodell für die Entwicklung der Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung ....... 101

Abbildung 5-5: Grundlegende Neuausrichtung der Produktentwicklungsprozesse am Kunden.................................. 105

Abbildung 5-6: Einfluss der Produktkomplexität auf die Feedbackintegration ..... 108 Abbildung 5-7: Dominanz von Hersteller und Kunden in Innovationsprozessen . 110 Abbildung 5-8: Klassifizierung der Kundenrollen anhand des Grads der

Kundenbeteiligung an der Innovation .......................................... 111 Abbildung 5-9: Wissensgrad des Kunden im Innovationsprozess....................... 112 Abbildung 5-10: Zusammenhang zwischen Innovationserfolg und Grad der

Kundenintegration ....................................................................... 113 Abbildung 5-11: Drei Dimensionen der Kundenklassifizierung für die

Kundenauswahl........................................................................... 115 Abbildung 5-12: Bindungspotenziale von Feedback-Kunden ................................ 116 Abbildung 5-13: Zusammenhang zwischen Proaktivitätspotenzial und

Kundenbindungsstatus................................................................ 121 Abbildung 5-14: Integriertes Scoring/Portfolio-Modell für die Kundenauswahl ...... 124 Abbildung 5-15: Auswahl und Zuordnung von Produktdaten zu definierten

Eigenschaftsfeldern..................................................................... 127

Page 15: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Abbildungsverzeichnis V

Abbildung 5-16: Eigenschaftsbezogenes Test- und Bewertungsmodell mit Ontologien zur Abbildung der Korrelationen zwischen Eigenschaften und Produktdaten ................................................ 128

Abbildung 5-17: UML-Klassendiagramm des Test- und Bewertungsmodells........ 129 Abbildung 5-18: Schließung von Wissenslücken auf der Seite des

Produktentwicklers und des Kunden........................................... 130 Abbildung 5-19: Lösungsraum für die Variation des Test- und

Bewertungsmodells..................................................................... 131 Abbildung 5-20: Möglichkeiten des automatisierten Produktnutzungsfeedbacks

am Beispiel des Mobiltelefons..................................................... 136 Abbildung 5-21: Konzeptionelle Architektur des multimedialen Feedback-

Assistenten ................................................................................. 142 Abbildung 5-22: Transformation von Problemen in Aufgaben durch die Analyse

und Aufbereitung des Kundenfeedbacks .................................... 145 Abbildung 5-23: Operationalisierung der Feedbackdaten ..................................... 146 Abbildung 5-24: Klassifizierung und Verdichtung/Formalisierung der

Feedbackdaten ........................................................................... 148 Abbildung 5-25: Hierarchische, gewichtete Indikatorstruktur des formalen

Feedbacks .................................................................................. 152 Abbildung 5-26: Angepasstes und erweitertes „House of Quality“ für die

semantische Abbildung des Feedbacks auf Produktanforderungen und -strukturen ....................................... 153

Abbildung 5-27: Dreistufiges multiattributives Modell zur Bestimmung von prospektiven und retrospektiven Zufriedenheits-Indizes der Produktstruktur............................................................................ 159

Abbildung 5-28: Mikro- und Makrointegration des Feedbacks im Kontext mehrerer Produktgenerationen ................................................... 163

Abbildung 5-29: Darstellung des Kundenzufriedenheits-Index zur Ableitung des Handlungsbedarfs ....................................................................... 165

Abbildung 5-30: Regelkreis für die Kundenfeedbackintegration zur Produktvalidierung ...................................................................... 166

Abbildung 5-31: Zufriedenheitskenner der Makrointegration................................. 168 Abbildung 5-32: Erkenntnisse und Entscheidungen für zukünftige Produktent-

wicklungsprojekte auf der Basis des Zufriedenheitskenners....... 169 Abbildung 5-33: Alternative Konzepte zum Management der aufbereiteten

Feedbackdaten ........................................................................... 170 Abbildung 5-34: Automatisierte Erzeugung von Präferenz-Konfigurationen im

PDM-System............................................................................... 172

Page 16: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

VI Abbildungsverzeichnis

Abbildung 5-35: Erweiterung des Freigabeprozesses durch prospektiven Feedbackprozess am Beispiel der Produktdaten ........................ 173

Abbildung 5-36: UML-Klassendiagramm eines erweiterten Metadatenmodells zur Integration und Abbildung des Feedbacks in PDM-Systemen .................................................................................... 175

Abbildung 5-37: Einordnung der Feedback-Bereitstellung in die Arbeitsschritte beim Planen und Konstruieren .................................................... 177

Abbildung 5-38: Ampelschema zur Visualisierung der Kundenzufriedenheiten .... 179 Abbildung 5-39: Anreiz-/Beitrags-Matrix mit exemplarischer Verschiebung des

Anreiz-/Beitragverhältnisses und Punkt der Koalitionsauflösung ..................................................................... 181

Abbildung 5-40: Maslow-Pyramide zur Klassifizierung der für die Kundenmotivation relevanten Bedürfnisse .................................. 182

Abbildung 5-41: Anreizarten für Produktentwickler unter Berücksichtigung extrinsischer und intrinsischer Motivation.................................... 185

Abbildung 5-42: Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Kundenfeedback- Integration ................................................................................... 187

Abbildung 6-1: Architektur und IT-Infrastruktur des prototypischen Feedback-Systems ...................................................................................... 191

Abbildung 6-2: Definition von Feedback-Lebenszyklusstatus in Windchill .......... 192 Abbildung 6-3: Lebenszyklusstatus und Basiskonfigurationen in Windchill......... 193 Abbildung 6-4: Aufbau und Funktionsweise der Feedback-Manager-

Applikation................................................................................... 194 Abbildung 6-5: Benutzungsoberfläche des Feedback-Assistenten im

Feedback-Client .......................................................................... 196 Abbildung 6-6: Explosionszeichnung eines CAD-Modells des Mobiltelefons

„Panther II“ .................................................................................. 198 Abbildung 6-7: Initiierung des Feedbackprozesses und Produktdaten-Export .... 199 Abbildung 6-8: Korrelation zwischen Eigenschafts- und Komponenten-

Präferenz..................................................................................... 200 Abbildung 6-9: Integrierte Feedbackdaten (Präferenz-Konfiguration, Ampel-

Signale) und Produktkomponenten-spezifische Feedback-Details ......................................................................................... 202

Page 17: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Tabellenverzeichnis VII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-1: Verfahren zur Messung des Kundenwertes ...................................... 23 Tabelle 3-1: Anforderungsliste für den Zeitpunkt und die Quellen der

Feedbackgewinnung ......................................................................... 31 Tabelle 3-2: Anforderungsliste für eine kundenorientierte Feedbackartikulation... 32 Tabelle 3-3: Anforderungsliste für die Qualität der Feedbackinformationen.......... 32 Tabelle 3-4: Anforderungsliste für die Bewertung des Feedbacks ........................ 33 Tabelle 3-5: Anforderungsliste für die Formalisierung des Feedbacks.................. 34 Tabelle 3-6: Anforderungsliste für die Transformation des Feedbacks ................. 34 Tabelle 3-7: Anforderungsliste für die Speicherung und Verwaltung des

Feedbacks......................................................................................... 35 Tabelle 3-8: Anforderungsliste für die Bereitstellung des Feedbacks.................... 36 Tabelle 3-9: Anforderungsliste für die Verwendung des Feedbacks ..................... 37 Tabelle 4-1: Übersicht der Techniken zur Ermittlung von Anforderungen ............. 41 Tabelle 4-2: Prozess-, produkt- und organisationsorientierte PLM-Methoden ...... 47 Tabelle 4-3: Critical Incident Technique mit Minimum- und

Werterhöhungsqualität ...................................................................... 72 Tabelle 4-4: Formen der Kundenintegration.......................................................... 77 Tabelle 4-5: IT-Werkzeuge für Communities......................................................... 81 Tabelle 4-6: Einstufung der Managementansätze in der Produktentwicklung....... 88 Tabelle 4-7: Einstufung der Methoden zur Identifikation und Bewertung von

Kundenanforderungen....................................................................... 89 Tabelle 4-8: Einstufung der Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit ..... 90 Tabelle 4-9: Einstufung der Lösungsansätze für die Kundenintegration ............... 91 Tabelle 5-1: Interne Anforderungen an kundenorientierte

Organisationsstrukturen im Unternehmen....................................... 103 Tabelle 5-2: Zusammenhang zwischen Innovationsart und Möglichkeit der

Kundenfeedback-Integration ........................................................... 107 Tabelle 5-3: Klassifizierung von Pilotkunden für das Kundenfeedback ............... 119 Tabelle 5-4: Verschiedene Kundenbindungsstatus als Auswahlkriterien für die

proaktive Feedbackgewinnung........................................................ 121 Tabelle 5-5: Test- und Variationsfunktionen sowie resultierender

Interpretationsaufwand.................................................................... 132 Tabelle 5-6: Abdeckung der retrospektiven Aufgabenschwerpunkte durch die

dreiteilige Vorgehensweise ............................................................. 134

Page 18: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

VIII Tabellenverzeichnis

Tabelle 5-7: Funktionen zur Produktbewertung auf verschiedenen Abstraktionsebenen und exemplarische Ausführungen der Funktionen für ein Mobiltelefon ....................................................... 139

Tabelle 5-8: Verfahren zur Verdichtung und Formalisierung der Feedbackdaten................................................................................ 149

Tabelle 5-9: Beispiele für die symbolische Darstellung von semantischen Korrelationen ................................................................................. 156

Tabelle 5-10: Ausgewählte Komponenten eines Anreizsystems zur Motivation des Kunden ..................................................................................... 183

Tabelle 5-11: Anforderungen an ein kundenorientiertes, kombiniertes Anreiz- und Vergütungssystem.................................................................... 184

Tabelle 7-1: Verifikation der Anforderungen an die Feedbackgewinnung ........... 205 Tabelle 7-2: Verifikation der Anforderungen an die Feedbackaufbereitung und

-analyse........................................................................................... 207 Tabelle 7-3: Verifikation der Anforderungen an das Management des

Feedbacks....................................................................................... 208

Page 19: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

1 Einleitung 1

1 Einleitung

Der Erfolg eines Unternehmens in einem sich stetig wandelnden, globalen Markt ist heute im Wesentlichen davon abhängig, wie flexibel das Unternehmen auf veränderte Kundenbedürf-nisse mit neuen Innovationen reagieren kann. Der Kunde ist auf der Suche nach einem Pro-dukt, das ein potenzielles Problem löst oder ein Bedürfnis erfüllt und somit messbaren Nutzen verspricht. Kunden fordern zunehmend individuell auf sie zugeschnittene Produkte. Gleichzei-tig sieht sich der Kunde heute mit einer Palette von Produkten unterschiedlicher Anbieter kon-frontiert, die sich in Technologie, Funktion und Design kaum noch unterscheiden. Kunden treffen daher ihre Kaufentscheidungen vermehrt auf der Basis subjektiver Empfindungen und legen vermehrt Wert auf den Komfort, die Zuverlässigkeit oder Sicherheit eines Produktes. Dabei rücken bei der Produktauswahl die Erfüllung des Nutzens sowie die Zufriedenheit mit einem Produkt in den Vordergrund des Kundenempfindens bei der Produktauswahl. Innova-tionsgehalt oder technische Raffinesse aus Unternehmenssicht stellen allenfalls sekundäre Pa-rameter bei der Kaufentscheidung des Kunden dar. Nicht zuletzt hat insbesondere im Kon-sumgüterbereich der Preisverfall durch die Internationalisierung der Märkte zu der Notwen-digkeit neuer, kundenorientierter Produktstrategien beigetragen.

Die daraus resultierende Heterogenität der Kundenprofile in Verbindung mit steigendem Kos-tendruck und verschärftem, globalen Wettbewerb stellt produzierende Unternehmen vor die Herausforderung, neben der durch den Kunden vorausgesetzten hundertprozentigen Qualität einen signifikanten Nutzen bringenden Vorteil vermitteln zu müssen [CORN2000]. Die wahr-nehmbare Differenzierung neuer Produktmerkmale gegenüber bereits bestehenden Produkten im Markt ist deshalb viel bedeutsamer als in der Vergangenheit angenommen. Um den Kun-den wettbewerbsfähige und möglichst überragende Produkte bieten zu können, ist das Anfor-derungsprofil an die proaktive Kreativität der Unternehmen deutlich gestiegen. Die zuneh-mende Suche nach neuen Nischen im Markt zur Abdeckung individueller Kundenbedürfnisse mündet zwangsläufig in einem verstärkten Verdrängungswettbewerb [KURE2004].

Um diesem stetig steigenden Wettbewerbsdruck entgegenzuwirken, streben Unternehmen eine gesteigerte Innovationsrate an. Oftmals resultiert aus dieser Neuproduktinflation eine Verkür-zung der Produktlebenszyklen aufgrund der beschleunigten Alterung bestehender Produkte. Um ein nachhaltiges Überleben am Markt durch dauerhafte Produkterfolge gewährleisten zu können, müssen Unternehmen die richtigen Innovationsfelder erschließen, diese mit entspre-chend hohem Nutzen für den Kunden bedienen und gleichzeitig die Profitabilität des Unter-nehmens sicherstellen. Letztendlich stellen aus Unternehmenssicht eine ausgeprägte Kunden-orientierung und die Befriedigung der Kundenbedürfnisse die Mittel zu Erreichung des Unter-nehmensziels der nachhaltigen Gewinnerwirtschaftung dar. In der Vergangenheit sind jedoch

Page 20: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2 1 Einleitung

zahlreiche Innovationsvorhaben gescheitert. Die Gründe dafür liegen einerseits in der man-gelnden Kundenorientierung der Innovationsvorhaben. Besonders europäische Unternehmen sind stark technisch getrieben und weisen eine zu geringe Kundennähe auf. Andererseits fehlt es an einer strategischen Ausrichtung von Innovationen. Zwar überarbeiten viele Unternehmen regelmäßig ihre Unternehmensstrategie, verfügen aber über keine ganzeinheitliche Innova-tionsstrategie, die auch den Bereich der Produktentwicklung sinnvoll einschließt.

1.1 Problemstellung

Das Streben nach immer neuen Innovationen in zunehmend kürzeren Innovationszyklen ist sowohl mit hohem Aufwand als auch mit erheblichen unternehmerischen Risiken verbunden. Zum einen erfordert das Innovationsbestreben einen beträchtlichen finanziellen Einsatz, zum anderen schaden erfolglose Neuprodukte dem Image des Unternehmens erheblich. Weiterhin führt eine Beschleunigung der Innovationszyklen zu einer Motivation der Wettbewerber, die-sem Innovationsbestreben zu folgen. Die genannten Risiken haben in zahlreichen Unterneh-men zu neuen Initiativen zur Verbesserung der Effizienz1 („die Dinge richtig tun“) von Pro-duktentwicklungsprozessen geführt. Durch die Verkürzung von Entwicklungszeiten und die Reduktion von Entwicklungskosten wurde versucht, den entscheidenden Vorsprung im Wett-bewerb zu sichern. Gleichzeitig ist die Effektivität2 („die richtigen Dinge tun“) vermehrt aus dem operativen und insbesondere strategischen Blickwinkel der Produktentwicklung geraten. Die dauerhaft profitable Platzierung erfolgreicher Produkte mit hohem Kundennutzen im Markt wurde durch die Ausrichtung der Produktentwicklungsprozesse an kurzfristige Wettbe-werbserfolge gehemmt. Diese entgegengesetzte Entwicklung von Effizienz und Effektivität beruht auf dem Effektivitäts-Effizienz-Dilemma, das besagt, dass sich optimale effektivitäts-orientierte und optimal effizienzorientierte Betriebsgrößen gegenseitig ausschließen [KEUP2005].

Obwohl die Bedeutung von Innovationen für den langfristigen Unternehmenserfolg hinrei-chend bekannt ist, führt nur eine von sieben Produktideen zum Erfolg im Markt [COOP2002]. Zahlreiche Produkte sind entweder „overengineered“ oder weisen elementare Leistunglücken auf. In Anbetracht der enormen Innovationskosten und des intensiven Ressourceneinsatzes in der Produktentwicklung stellt diese Erfolgsquote für zahlreiche Unternehmen ein existenziel-les Risiko dar. Der Grundstein für den Erfolg oder Misserfolg eines Produktes wird bereits in der Produktdefinition und -entwicklung gelegt. 75 Prozent der Fehlerentstehung liegen in dem Verantwortungsbereich der frühen Phasen des Produktlebenszyklus (Fehlentwicklungen). 80 Prozent dieser Fehler werden wiederum erst in den nachfolgenden Phasen Produktion und

1 Effizienz spiegelt sich im ökonomischen Prinzip wider und fokussiert den strategischen Erfolgsfaktor Kosten. 2 Effektivität korrespondiert mit dem Erfolgsfaktor Qualität bzw. Kundenorientierung. Im Kontext der Kun-

denorientierung ist unter Effektivität die optimale Erfüllung des Kundennutzens und damit die Entwicklung eines auf die Kundenbedürfnisse zielgerichteten Produktes zu verstehen.

Page 21: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

1.1 Problemstellung 3

Service korrigiert, wobei die Hauptverantwortung für die Fehlerbehebung in den Serviceleis-tungen nach der Produkteinführung liegt (vgl. Abbildung 1-1).

Abbildung 1-1: Verantwortlichkeiten für Fehlerentstehung und -behebung im Produktle-benszyklus (angelehnt an [EISE1999], [VDI1994] )

Die Ursachen für den Misserfolg von Innovationen sind vielfältig. Einerseits bestehen Diskre-panzen zwischen den durch Marketingaktivitäten oder Marktanalysen erfassten Kundenanfor-derungen und den tatsächlich von Kunden geforderten Lösungen, was zu falschen Produktspe-zifikationen führt. Zudem entsteht durch sich schnell ändernde Trends und Moden eine hohe Marktdynamik, sodass die in der Produktentwicklung berücksichtigten Kundenanforderungen häufig nicht mehr aktuell sind. Andererseits besteht ein tief greifendes Kommunikations- und Verständnisdefizit zwischen Produktentwicklern und Kunden, da beide unterschiedliche Spra-chen sprechen. Kunden fordern eine Gesamtlösung für ein individuelles Problem, während Produktentwickler häufig den Innovationserfolg anhand dem Erreichen eigener, technischer Zielvorstellungen bewerten. Der Erfolg einer Innovation erklärt sich jedoch nicht durch die Akkumulation technologischer und funktionaler Produktmerkmale, sondern durch die Antizi-pation eines Kundennutzens, dessen sich der Kunde bis zur ersten Produktnutzung nur vage bewusst war und in der Produktentwicklung bisher nicht oder nur bedingt artikulieren konnte [WILD1999].

Die frühe Einbeziehung von Kundenfeedback-Informationen („Customers Voice“) in den Pro-duktentwicklungsprozess sowie ein permanentes Controlling der Kundenzufriedenheit sind daher Voraussetzungen für die richtige und erfolgreiche Gestaltung von Produkten. Heute ein-

Page 22: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4 1 Einleitung

gesetzte Controlling-Mechanismen fokussieren jedoch primär prozess-, produkt- oder organi-sationsspezifische Messgrößen und sind nicht für ein Controlling der Kundenzufriedenheit ausgelegt. In der wissenschaftlichen Literatur existieren vereinzelte Empfehlungen zum Vor-gehen bei der Integration von Kunden in den Produktentwicklungsprozess sowie theoretische Methoden zur Messung der Kundenzufriedenheit. Insbesondere auf dem Sektor des Marke-tingmanagements sind bereits zahlreiche Instrumente für die kundenorientierte Unterneh-mensorganisation bekannt. Allerdings fehlt es bisher an einer ganzheitlichen Verknüpfung der Methoden und informationstechnischen Werkzeuge, die eine durchgängige Integration von Feedbackinformationen in die Produktenwicklung ermöglichen.

Aus der beschriebenen Problematik leiten sich folgende wissenschaftliche Fragestellungen ab:

Welches sind die entscheidenden Einflussgrößen auf Produkt-, Kunden- und Unterneh-mensebene für die Gestaltung einer Integration von Kundenfeedbackinformationen in die Produktentwicklung?

Welche bereits verfügbaren Methoden der Kundenintegration und Kundenzufriedenheits-messung sind für eine gezielte Rückführung von Kundenfeedback in die Produktentwick-lung geeignet bzw. in erweiterter Form anwendbar?

Welche Kommunikationskanäle und informationstechnischen Werkzeuge eignen sich für eine Erfassung und Analyse der Feedbackinformationen?

Wie lassen sich die Barrieren und Fehlinterpretationen zwischen Kunden und Produkt-entwicklern überwinden und Feedbackinformationen in die Sprache des Produktentwick-lers übersetzen?

Wie können Kundenfeedbackinformationen in die Prozesse und IT-Umgebung der Pro-duktentwicklung integriert werden?

1.2 Zielsetzung und Abgrenzung

In der Investitionsgüterindustrie werden die Kunden in den Produktentwicklungsprozess auf-grund der meist kundenindividuellen Fertigung bereits intensiv einbezogen. Daher beschränkt sich diese Arbeit auf den Bereich der Konsumgüter sowie auf Market-Pull3-Innovationen und auf inkrementelle Innovationen. Eine Integration der Kunden für radikale Innovationen er-scheint wenig sinnvoll, da der technische Erfahrungshorizont und das Vorstellungsvermögen der Kunden hierfür zumeist nicht ausreichend sind.

Der kausale Zusammenhang zwischen einer Integration von Kunden als externe Ressource in den Innovationsprozess und dem wirtschaftlichen Unternehmenserfolg ist seit mehreren Jahren empirisch belegt [GEHH1992]. Eine Untersuchung des „Berliner Kreises – Wissenschaftliches

3 Market-Pull (nachfrageorientiert): Die Marktnachfrage entscheidet über die Innovationsaktivitäten des Unter-

nehmens, welches das Nachfragepotential nicht selber weckt, sondern z. B. über Marktforschung ermittelt.

Page 23: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

1.2 Zielsetzung und Abgrenzung 5

Forum für Produktentwicklung e. V.“ zeigt, dass Entscheidungsträger aus der Geschäftsfüh-rung und Produktentwicklung führender produzierenden Unternehmen in Deutschland eine Kundenorientierung in der Produktentwicklung als den bedeutendsten Erfolgsfaktor einstufen, diese jedoch eine eindeutige Schwäche darstellt [GAUS1998].

Obwohl die elementare Bedeutung von Anwenderinformationen für die Produktentwicklung und den Erfolg von Neu- und Weiterentwicklungen hinreichend bekannt ist, wird die Kunden-zufriedenheit als Zielgröße der Produktentwicklung nur mangelhaft berücksichtigt. Hieraus leiten sich die Ziele der vorliegenden Arbeit ab. Ihr Anspruch ist es, einen Beitrag zur Steige-rung der Effektivität in der Produktentwicklung und zur Optimierung der Kundenzufriedenheit zu leisten, indem ein Lösungsansatz zur Integration von Kundenfeedback-Informationen in die Produktenwicklung zur Verfügung gestellt wird. Ziele des Lösungsansatzes sind:

1. die Bestimmung und Auswahl von geeigneten Kunden, die qualitativ hochwertige und innovative Feedbackinformationen liefern können,

2. die Akquisition von prospektiven Kundenbedürfnissen vor der Markteinführung eines Produktes und retrospektiven Kundenerfahrungen aus der Produktnutzungsphase,

3. die detaillierte Feedbackanalyse, Übersetzung des Feedbacks in die Sprache des Produkt-entwicklers sowie Bestimmung der Kundenzufriedenheit und

4. die Integration des aufbereiteten Feedbacks in die Prozesse und IT-Umgebung der Pro-duktentwicklung.

Die Anwendung einzelner Informations- und Kommunikationstechnologien sowie heterogener Marketinginstrumente genügen dem Anspruch einer durchgängigen Feedbackintegration nicht. Daher wird in dieser Arbeit ein Konzept erarbeitet, das auf Qualitätsmanagementansätzen, Methoden zur Messung der Kundenzufriedenheit sowie Product Lifecycle Managementansät-zen basiert und diese durch spezifische Methoden der Feedbackintegration erweitert und ver-knüpft. Des Weiteren soll das Konzept in Form eines informationstechnischen Feedback-Systems unter Einbeziehung und Erweiterung eines Produktdatenmanagement-Systems proto-typisch realisiert werden. Durch die Umsetzung des Konzepts sollen folgende übergreifende Ziele erreicht werden:

Neugewinnung und Zugang zu Kundenbedürfnissen sowie Definition von Indikatoren, welche die Kundenzufriedenheit direkt beeinflussen,

bedarfsgerechte, systematische Aufbereitung und Bereitstellung der Kundenzufrieden-heitsindikatoren für die Produktentwicklung,

Reduzierung von Produktentwicklungszeiten und Fehlentwicklungen durch eine frühzeiti-ge Produktvalidierung unter Berücksichtigung ökonomischer Rahmenbedingungen,

Entwicklung qualitativ hochwertiger Produkte, die den Anforderungen und Wünschen der Kunden möglichst exakt entsprechen und einen maximalen Kundennutzen versprechen.

Page 24: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6 1 Einleitung

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt nicht in der Erfassung anonymer Marktanfor-derungen oder in der Konzeption von Lösungen zur Entwicklung kundenindividueller Produk-te sondern in der frühzeitigen Berücksichtigung und aktiven Integration von ausgewählten, individuellen Kunden in die Produktentwicklung (vgl. Abbildung 1-2).

Abbildung 1-2: Abgrenzung der vorliegenden Arbeit zu Marketing und Mass Customization

Verfügbare Marketingmanagementansätze bieten bereits ausgereifte Instrumente zur Erfas-sung von breiten Marktanforderungen. Allerdings orientiert sich das Marketing im Konsumgü-terbereich größtenteils an den Anforderungen des anonymen Marktes und bietet keine Mög-lichkeit der direkten Verknüpfung von Kundenanforderungen und technischen Produktent-wicklungsprozessen sowie -daten. Bestehende Ansätze des Mass Customization konzentrieren sich auf die Produktindividualisierung in der Produktionsphase und basieren überwiegend auf der Konfiguration von vordefinierten Produktkomponenten. Diese Arbeit grenzt sich daher von den Methoden und Werkzeugen des Marketingmanagements sowie vom Ansatz des Mass Customization ab.

Das vorliegende Konzept zur Feedbackintegration baut auf der Erkenntnis auf, dass für das Erreichen einer hohen Kundenzufriedenheit ein bidirektionaler Informationsaustausch zwi-schen Kunden und Produktentwicklern notwendig ist. Diese Arbeit verfolgt daher die perma-nente Anforderungsvalidierung auf der Basis der Kundenzufriedenheit innerhalb der Produkt-entwicklung. Auch wenn die Lösungsansätze des Marketings und des Mass Customization die Integration des Kunden mit dem Ziel einer Kundennutzenerfüllung beinhalten, so ist ihr An-

Page 25: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

1.3 Vorgehensweise 7

wendungsbereich im Kontext der Kundenorientierung klar von dem Ansatz der Kundenfeed-back-Integration zu differenzieren (vgl. Abbildung 1-2).

1.3 Vorgehensweise

Zur Erreichung der beschriebenen Zielsetzung wird die in Abbildung 1-3 dargestellte Vorge-hensweise verfolgt. Die Abbildung zeigt zudem den Aufbau und die Gliederung der Arbeit.

Abbildung 1-3: Gliederung und Vorgehensweise der Arbeit

Ausgehend von der in Kapitel 1 beschriebenen Problemstellung und Zielsetzung dieser Arbeit werden in Kapitel 2 zunächst die relevanten Begrifflichkeiten der Kundenfeedback-Integration definiert und abgegrenzt, die Grundlagen der Produktentwicklung erläutert und die Zusam-menhänge der wichtigsten Kundenorientierungsaspekte dargestellt.

In Kapitel 3 werden die Anforderungen an eine Integration von Kundenfeedback in die Pro-duktentwicklung formuliert und analysiert. Anhand eines Anwendungsbeispiels aus der Mo-bilfunkbranche werden Anforderungen an eine Feedbackgewinnung, -analyse und -aufberei-tung sowie an das Management der Kundenfeedback-Informationen beschrieben.

Auf der Basis der entwickelten Anforderungen wird in Kapitel 4 der Stand der Technik und Forschung untersucht und bewertet. Neben den existierenden Lösungsansätzen im Produktle-benszyklus werden Methoden und Instrumente des Qualitätsmanagements, der Kundenorien-tierung und Kundenintegration eingehend analysiert sowie die Verfahren zu Messung der

Page 26: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

8 1 Einleitung

Kundenzufriedenheit auf ihre Eignung hinsichtlich einer Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung überprüft. Die Analyse umfasst sowohl ganzeinheitliche Managementan-sätze als auch die dazugehörigen Methoden und Werkzeuge. Aus den identifizierten Defiziten der bestehenden Lösungsansätze leitet sich der Handlungsbedarf für eine Feedback-Integration ab.

Aufbauend auf dem Handlungsbedarf wird in Kapitel 5 eine Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung entwickelt. Zunächst werden die grundlegenden Voraussetzungen für eine Kundenfeedback-Integration und die Einflussgrößen für deren Ge-staltung dargelegt. Hieran schließt sich die Vorstellung eines Vorgehensmodells zur Integrati-on von Feedbackinformationen in die Produktentwicklung an. Neben der Auswahl von geeig-neten Feedbackkunden beschreibt das Vorgehensmodell die Funktionen zur Akquisition, Ana-lyse und Aufbereitung sowie zum Management von Feedbackinformationen. Zudem wird ein durchgängiges IT-Konzept entwickelt, das die digitale Feedbackerfassung und -integration in die IT-Umgebung des Produktentwicklers unterstützt. Zur erfolgreichen Anwendung der Me-thodik werden am Ende dieses Kapitels Motivationskonzepte für Produktentwickler und Kun-den beschrieben und die Wirtschaftlichkeit der Kundenfeedback-Integration untersucht.

Kapitel 6 beschreibt die prototypische Realisierung der Kernkomponenten der entwickelten Methodik in Form eines webbasierten Feedback-Systems und unter Verwendung eines PDM-Systems. Die Funktionsweise der prototypischen Implementierung wird anhand eines exem-plarischen Anwendungsszenarios verdeutlicht. In Kapitel 7 erfolgt eine Validierung der Me-thodik sowie der prototypischen Implementierung unter Berücksichtigung der in Kapitel 3 beschriebenen Anforderungen. Abschließend wird der vorgestellte Lösungsansatz zur Integra-tion von Kundenfeedback in die Produktentwicklung bewertet.

Page 27: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung 9

2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

Zur Schaffung eines eindeutigen Verständnisses der Begrifflichkeiten und Grundlagen einer Kundenfeedback-Integration ist es notwendig, die relevanten Disziplinen der Produktentwick-lung und Kundenorientierung im Vorfeld zu erläutern. In diesem Kapitel wird daher zunächst eine Abgrenzung und Definition der relevanten Begrifflichkeiten vorgenommen.

2.1 Grundlagen der Produktentwicklung

2.1.1 Produktdefinition und -abgrenzung

Da der Begriff des Produktes in der Literatur sehr unterschiedlich verwendet wird, erfolgt an dieser Stelle zum einen die genaue Definition des Produktes, zum anderen wird der in dieser Arbeit adressierte Produkttyp eingegrenzt. Zunächst kann alles als Produkt bezeichnet werden, was auf dem Markt angeboten werden kann und geeignet ist, Bedürfnisse zu befriedigen [MATY2005]. Im Sinne der Kundenorientierung stellen Produkte Träger akquisitorischer Ei-genschaften dar, die vom Kunden wahrgenommen werden und in die Kaufentscheidung ein-fließen. Ein Produkt lässt sich somit folgendermaßen definieren:

Ein Produkt ist eine im Hinblick auf eine erwartete Bedürfnisbefriedigung beim bekann-ten oder unbekannten Verwender von einem Anbieter gebündelte Menge von Eigenschaf-ten, die zum Gegenstand eines Tausches werden soll, um mit der im Tausch erlangten Gegenleistung zur Erfüllung der Anbieterziele beizutragen [BROC1999a].

Produkte lassen sich traditionell in Sachleistungen und Dienstleistungen, die Sachleistungen wiederum in Konsum- und Investitionsgüter unterteilen (vgl. Abbildung 2-1). Konsumgüter werden in rein individuelle, konfigurierbare oder standardisierte Produkte differenziert. Eine besondere Produktform stellen hybride Leistungsbündel (HLB) dar, die sich aus integrierten Sach- und Dienstleistungsanteilen zusammensetzten [MEUK2005].

Konfigurierbare Produkte und Standardprodukte, die sich durch Kombination (z. B. durch Mass Customization) bzw. Variation von Produktkomponenten an die Kundenbedürfnisse anpassen lassen, bieten das größte Potenzial, durch die Kundenfeedback-Integration eine Pro-duktverbesserung und eine Steigerung der Kundenzufriedenheit zu erreichen. Rein kundenin-dividuelle Konsumgüter (z. B. Prothesen) implizieren bereits eine starke Kundenorientierung innerhalb der Produktentwicklung [KOBL2001]. Sie werden daher in dieser Arbeit ebenfalls nicht betrachtet.

Page 28: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

10 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

Abbildung 2-1: Abgrenzung der in dieser Arbeit betrachteten Produkttypen (nach [ABRA2005d])

Aufgrund der angestrebten informationstechnischen Unterstützung der Kundenfeedback-Integration fokussiert die vorliegende Arbeit insbesondere solche Produkte, die sich durch den Kunden in digitaler, virtueller Form und durch Softwareanwendungen testen und bewerten lassen. Hierzu eignen sich besonders mechatronische Produkte, die einen hohen elektronischen Komponenten- und Softwareanteil aufweisen. Diese Produkte bieten zudem die Möglichkeit einer dynamischen Anpassung an die veränderlichen Kundenbedürfnisse. Der Berücksichti-gung von produkterweiternden Dienstleistungen wird insofern Rechnung getragen, indem funktionale Produktanforderungen häufig mit einer entsprechenden Dienstleistung verknüpft sind (z. B. der Netzbetrieb für ein Mobiltelefon).

2.1.2 Innovation

Der Begriff der Innovation wird in der wissenschaftlichen Literatur häufig mit dem Begriff der Entwicklung vermischt. Da die Entwicklung eines Produktes nicht zwangsläufig innovativen Charakter besitzt, erfolgt an dieser Stelle eine genaue Definition und Abgrenzung des Innova-tionsbegriffes. Zunächst sind die Begriffe der Invention und Innovation zu unterscheiden. In-ventionen bezeichnen beliebige Erfindungen, die aus neuen Ideen resultieren und eine konkre-te Konzeptentwicklung, erstmalige technische Realisierung und prototypische Ausarbeitung in

Page 29: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.1 Grundlagen der Produktentwicklung 11

der Presales-Phase einschließen [PEPE2000]. Innovationen4 ergeben sich aus der Umsetzung bzw. Verwertung der Invention und beschreiben die Durchsetzung einer technischen oder or-ganisatorischen Neuerung [PLSA1996]. Schumpeter definiert die Innovation wie folgt:

Innovation ist die Planung, Erzeugung und Durchsetzung neuer Produkte, neuer Pro-duktqualität, neuer Produktionsverfahren, neuer Methoden für Organisation und Mana-gement sowie die Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte [SCHU1964].

Klassifizierung der Innovation

Entsprechend der obigen Definition zeichnen sich Innovationen durch eine Neuartigkeit aus. Aus der Sicht dieser Neuartigkeit lassen sich drei unterschiedliche Innovationsarten unter-scheiden [WEKP1999]:

1. Subjektbezogene Innovationen (Für wen ist es neu?): Bei subjektbezogenen Innovationen wird zwischen Marktinnovation und Unternehmensinnovation unterschieden. Marktinno-vationen stellen ein erstmals am Markt verfügbares Angebot dar [HAUS1993] und werden als absolute Innovation bezeichnet. Unternehmensinnovationen beschreiben ein Angebot, das nur für das Anbieterunternehmen neuartig ist, nicht jedoch für den Markt. Sie werden auch relative Innovationen genannt [PEPE2000].

2. Objektbezogene Innovationen (Was ist neu?): Die objektbezogene Innovation ist als das Ergebnis eines Innovationsprozesses, also als das innovative Produkt zu betrachten, das am Ende der Produktentwicklung steht. Sie wird auch als Produktinnovation bezeichnet. Produktinnovationen sind vermarktungsfähige Produkte, die am Markt absolut oder rela-tiv neu sind [PEPE2000]. Von den Produktinnovationen sind Managementinnovationen abzugrenzen, die sich auf die Neuerung von organisatorischen Unternehmensrahmenbe-dingungen und -strukturen beziehen.

3. Prozessbezogene Innovationen (Wie werden Neuerungen generiert?): Prozessinnovatio-nen resultieren aus Neuerungen im betrieblichen Produktentstehungsprozess, z. B. neue Methoden zur Verbesserung der Produktqualität oder die Berücksichtigung neuer umwelt-schutzspezifischer Aspekte bei der Produktherstellung. Sie werden auch als Verfahrensin-novation bezeichnet und sind selbst nicht marktfähig.

Innovation aus Kunden- und Unternehmenssicht

Aus Kundensicht zeichnet sich eine Innovation durch die vom Kunden wahrgenommene Neu-artigkeit (Marktinnovation) des Produktes aus. Diese äußert sich in der Regel durch die Zu-nahme oder Verbesserung des Anwendungsnutzens [HAUS1993]. Für den Kunden sind daher primär Produktinnovationen von Interesse. Allerdings können auch Verfahrensinnovationen bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen (z. B. Verzicht des Unternehmens auf gesund- 4 Der Begriff Innovation leitet sich aus dem Lateinischen novus („neu“) und innovatio („etwas neu Geschaffe-

nes“) ab.

Page 30: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

12 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

heitsgefährdende Produktionsmittel, die als Rückstände im angebotenen Produkt vorhanden sein könnten).

Aus Unternehmenssicht sind zum einen eigene Produktinnovationen (Unternehmensinnovatio-nen), d. h. Produkte, die bisher nicht Bestandteil des unternehmensinternen Produktprogramms waren [KÖHL1972], zum anderen Management- und Prozessinnovationen relevant. Das produ-zierende Unternehmen fungiert als Träger und Promotor von Veränderungsprozessen, d. h. es verdrängt mit dynamischen, neuen Kombinationen alte, überholte Produktentstehungsstruktu-ren und löst auf diese Weise Entwicklungsschübe aus. Eine Produktinnovation durchläuft un-terschiedliche Stadien (von der Produktidee bis zur Marktdurchsetzung) [WILD2001], die das Ergebnis einzelner Aktivitäten des Produktinnovationsprozesses sind. In der Produktentwick-lungsphase werden Produktideen aus Marketing und Forschung in Inventionen transformiert, die dann durch die Markteinführung zu Produktinnovationen werden [BROC1999b]. Die Aus-führungen in dieser Arbeit konzentrieren sich auf Produktinnovationen in der Produktent-wicklungs- und -nutzungsphase.

Innovationsgrad

Der Innovationsgrad beschreibt die Leistungssteigerung eines Produktes gegenüber Vorgän-gerprodukten. In der Innovationsforschung wurde in den letzten Jahren der Innovationsgrad durch die Unterscheidung von radikalen und inkrementellen Innovationen geprägt [KONI2004]. Eine Innovation lässt sich als radikal einstufen, wenn neue Funktionen das Pro-dukt wesentlich erweitern, drastische Kosteneinsparungen möglich sind (mehr als 30%) oder Leistungsparameter stark verbessert werden (mindestens fünffache Leistungssteigerung) [LMOP2000]. Erfüllt ein innovatives Produkt keines der genannten Kriterien, wird es als in-krementelle Innovation bezeichnet. In der Praxis überwiegen zahlenmäßig inkrementelle Pro-duktinnovationen [KONI2004].

2.1.3 Prozesse und Methoden der Produktentwicklung

Die Produktentwicklung verkörpert den planerischen, gestalterischen und produktionsorgani-satorischen Anteil der Produktentstehung. Sie berücksichtigt dabei sämtliche produktrelevan-ten Einflussgrößen, um eine ganzeinheitliche Betrachtungsweise im Sinne der Produktoptimie-rung zu ermöglichen [SPKR1997]. Die VDI-Richtlinie 2221 definiert die Produktentwicklung folgendermaßen:

Die Produktentwicklung (Entwickeln und Konstruieren) umfasst die Gesamtheit aller Tätigkeiten, die ausgehend von einer Aufgabenstellung für die Entwicklung eines techni-schen Produktes die für die Herstellung, die Nutzung und das Recycling notwendigen In-formationen erarbeitet und dokumentiert [VDI1993].

Page 31: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.1 Grundlagen der Produktentwicklung 13

Produktentwicklungsprozess

Der Produktentwicklungsprozess gliedert sich in die Teilprozesse Produktplanung, -konstruk-tion und -erprobung (vgl. Abbildung 2-2).

Abbildung 2-2: Einordnung der Produktentwicklung in den Produktlebenszyklus

In der Produktplanung erfolgt die gedankliche Vorwegnahme und Systemkonfiguration des angestrebten Produktes und seiner Eigenschaften. Sie beinhaltet sämtliche Aufgaben, die zur marktbezogenen Festlegung des Gestaltungsrahmens für das zukünftige Produkt und zur Ab-wicklung der Produktentwicklung organisatorisch notwendig sind. Die Konstruktion beinhaltet die Gestaltung des Produktes bzw. einzelner Produktkomponenten. Im Konstruktionsprozess werden Teilfunktionen identifiziert, Prinzipien erarbeitet und diese zu Gesamtfunktionen zu-sammengeführt, als Funktionsstruktur dargestellt und dokumentiert. Hieran schließt sich die Gestaltung des Produktes und dessen Detaillierung an. In der Produkterprobung werden auf Basis der in der Konstruktion erarbeiteten virtuellen Produktdefinition Prototypen gefertigt und getestet [SPKR1997].

Der Prozess der Produktentwicklung ist Teil des Produktlebenszyklus, der das gesamte Pro-duktleben von der Marktanforderung über die erste Produktidee bis zur Produktnutzung und -entsorgung beschreibt (vgl. Abbildung 2-2). An die Produktentwicklung schließt sich die Produktherstellung an, die durch iterative Aktivitäten in Wechselwirkung mit der Produktent-wicklung steht. Beide Phasen stellen zusammen den Produktentstehungsprozess dar. Dieser wird von den Prozessen des Marketings, der Beschaffung und des Einkaufs sowie des Ver-triebs begleitet.

Produktentwicklungsmethoden

Das grundlegende Vorgehen beim Entwickeln und Konstruieren ist durch die VDI-Richtlinie 2221 detailliert beschrieben [VDI1993]. Sie enthält einen siebenstufigen Vorgehensplan, der

Page 32: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

14 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

die Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse definiert. Die Arbeit des Produktentwicklers wird durch zahlreiche Methoden unterstützt5. Dabei stehen sowohl phasenspezifische (z. B. Pro-duktmodellierung- oder Simulation) als auch phasenübergreifende Methoden wie das Simulta-neous und Concurrent Engineering6 zur Verfügung [GRGE1997]. Im Mittelpunkt der Produkt-entwicklungsmethoden steht die Konstruktionsmethodik, die Handlungsanweisungen für die Entwicklung technischer Systeme unter Berücksichtigung von psychologischen Erkenntnissen und Anwendungserfahrungen beschreibt [PABE1997].

In den frühen Phasen der Produktentwicklung kommen insbesondere präventive Methoden mit dem Ziel, potenzielle Fehler zu vermeiden und so aufwendige Nacharbeiten zu reduzieren, zum Einsatz. Hierzu zählen u. a. qualitätssichernde Methoden (z. B. FMEA7, QFD8), Kreativi-tätstechniken (z. B. Morphologie, Synektik, etc.) zur Ideefindung oder das Ishikawa-Diagramm und die Paretoanalyse zur systematischen Lösungsfindung bei komplexen Prob-lemstellungen. Hieran schließen sich beim Übergang zu den späten Produktentwicklungspha-sen Modellierungsmethoden (z. B. parametrische 3D-Modellierung) für die Gestaltung und Detaillierung des Produktes an [SPKR1997]. Diese werden durch Design for X Methoden un-terstützt, um produktspezifische Anforderungen bezüglich Fertigung, Montage, Test, Service, Recycling, usw. frühzeitig berücksichtigen zu können. Zudem existieren analytische Metho-den zur Berechnung und Simulation, die zum Teil durch IT-Werkzeuge unterstützt werden [HEIM2003].

Die Produkterprobung erfolgt überwiegend anhand von Prototypen. Sie dienen als physisches oder auch digitales Produktmodell, Versuchsträger und als Anschauungsobjekt für den Kun-den. Ein Prototyp im engeren Sinne vereint alle Funktionen eines Produktes und soll dem rea-len Produkt möglichst vollständig entsprechen [SPKR1997]. Zur Erzeugung eines Prototyps werden sowohl konventionelle als auch generative Fertigungsverfahren, wie das Rapid Proto-typing, eingesetzt. Zum einen können durch Concept Modeling Modelle hergestellt werden, die der äußeren Form des neuen Produktes relativ gut entsprechen, aber nicht belastbar sind. Zum anderen werden durch Functional Modeling die mechanisch- technologischen Eigen-schaften des Produktes simuliert [GEBH2000].

5 Die Anzahl der verfügbaren Produktentwicklungsmethoden ist sehr hoch und richtet sich nach Art und Kom-

plexität des Produktes. Auf eine detaillierte Ausführung aller Methoden wird daher an dieser Stelle verzichtet. 6 Simultaneous und Concurrent Engineering: Parallelisierung von Arbeitsabläufen in der Produktentwicklung 7 FMEA: Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse, analytische Methode zum Auffinden potentielle Schwach-

stellen innerhalb der Produktentwicklung 8 QFD: Quality Function Deployment, Methode zur Qualitätssicherung (siehe auch Kapitel 4.2.5)

Page 33: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.1 Grundlagen der Produktentwicklung 15

2.1.4 Virtuelle Produktentwicklung und virtuelles Produkt

Unter dem Begriff der virtuellen Produktentwicklung9 wird die technologische und organisato-rische Integration von Informationstechnologien in ein Gesamtkonzept zur durchgängigen Informationsverarbeitung innerhalb der Produktentwicklung verstanden:

Die virtuelle Produktentwicklung umfasst die durchgehend dreidimensionale Konstruk-tion sowie die Simulation der Entstehung und des Verhaltens künftiger Produkte anhand digitaler Modelle und mit Hilfe von Softwarewerkzeugen. Die digitalen Modelle bilden die Grundlage der virtuellen Produktentwicklung, beginnend von ersten CAD-Entwürfen bis zu umfassenden digitalen Prototypen, zur Verkürzung und Optimierung der Produkt-entwicklungsabläufe [ABST2004].

Die virtuelle Produktentwicklung basiert auf der ausschließlich digitalen Erzeugung, Weiter-leitung und Verarbeitung von Produktmodellen [ANDE1993]. Die Methoden in den einzelnen Funktionsbereichen der Produktentwicklung werden durch CAx-Systeme unterstützt. Zu den wichtigsten CAx-Systemen zählen CAD (Computer Aided Design), CAE (Computer Aided Engineering), CAP (Computer Aided Planning), CAM (Computer Aided Manufacturing) und CAQ (Computer Aided Quality Assurance) [SPKR1997]. Zusätzlich kommen Basiswerkzeuge, wie Berechnungs- und Simulationssoftware, FEM10- oder Kinematik-Software zum Einsatz. Die digitale Erprobung von Produkten (z. B. Verhaltenssimulation) erfolgt zunehmend durch Anwendungen für das Digital-Mock-Up11 (DMU) und ersetzt teilweise die Überprüfung an physischen Prototypen. Im Mittelpunkt der virtuellen Produktentwicklung stehen die digitalen Produktmodelle. Sie entstehen durch die Abbildung und Repräsentation der anwendungsspezi-fischen (z. B. CAD-spezifischen) Produktdaten auf unterschiedliche Datenstrukturen. Digitale Produktmodelle sind von integrierten Produktmodellen zu differenzieren. Der Ansatz des in-tegrierten Produktmodells (Digital Master) als einziges Produktmodell zur Abbildung aller Produktdaten hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt und wird durch mehrere vernetzte Teil-produktmodelle ersetzt (vgl. Abbildung 2-3).

9 In der wissenschaftlichen Literatur wird der Begriff der virtuellen Produktentwicklung häufig synonym zu

den Begriffen „rechnerintegrierte Produktentwicklung“ und „digitale Produktentwicklung“ verwendet. Die virtuelle Produktentwicklung zeichnet sich aber im Gegensatz zur digitalen bzw. rechnerintegrierten Produkt-entwicklung durch den zusätzlichen Einsatz der Produktsimulation aus.

10 FEM: Finite Elemente Methode 11 Digital-Mock-Up (DMU) bezeichnet ein digitales Versuchsmodell zur wirklichkeitsgetreuen Beschreibung

eines Produktes und seiner physikalischen Eigenschaften. Es repräsentiert die Produktattribute, die Produkt-struktur und deren lagerichtige Geometrie.

Page 34: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

16 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

Abbildung 2-3: Vernetzte Teilproduktmodelle in der Produktentwicklung und das virtuelle Produkt

Die vernetzten Teilproduktmodelle bilden die Basis für das virtuelle Produkt. Es ist als nur in der Möglichkeit vorhandenes Produktmodell zu verstehen, das jedoch in der Lage ist, reale Eigenschaften abzubilden:

Das virtuelle Produkt bezeichnet die rechnerbasierte, realistische Darstellung eines Produktes mit allen geforderten Funktionen im Produktlebenszyklus. Es ist durch Eigen-schaften gekennzeichnet, die dem wirklichen Verhalten entsprechen [SPKR1997].

Zur Bildung des virtuellen Produktes ist neben der exakten, vollständigen Repräsentation des Produktes und seiner assoziierten digitalen Daten ein umfassendes, interdisziplinäres Wissen notwendig. Dieses Wissens erstreckt sich auf alle Phasen des Produktlebenszyklus und fließt in die Definition des virtuellen Produktes ein. Das virtuelle Produkt dient zum einen als Basis für detaillierte, realitätsnahe Abbildung des neuen Produktes. Zum anderen kann es als virtuel-ler Prototyp getestet und simuliert werden sowie als Eingangsgröße für den Produktionspro-zess dienen [SPKR1997] [GAEK2001].

2.1.5 Klassifizierung und Beschreibung von Produktanforderungen

Anforderungen beschreiben die Fähigkeiten, Eigenschaften und Leistungen eines Produktes. Negativ-Anforderungen beschreiben die Fähigkeiten, Eigenschaften und Leistungen, die ein Produkt nicht erfüllen soll bzw. darf. Die Summe aller Anforderungen stellt die abstrakte Um-schreibung eines Produktes dar. Wesentlicher Lieferant von Anforderungen ist der Endkunde.

Page 35: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.1 Grundlagen der Produktentwicklung 17

Seine Anforderungen werden durch die des produzierenden Unternehmens und die der Zulie-ferer ergänzt12 [AHRE2000].

Abbildung 2-4: Klassifizierung von Anforderungen anhand ihrer Wichtigkeit am Beispiel von PKW-Kopfstützen [LINDE2001]

Anforderungen lassen sich auf unterschiedliche Weise klassifizieren, wie beispielsweise nach Wichtigkeit, technisch-wirtschaftlichen oder organisatorischen Aspekten [EHRL2003]. In der Praxis hat sich überwiegend die Klassifizierung anhand der Wichtigkeit durchgesetzt. Abbildung 2-4 zeigt exemplarisch die Gliederung von Anforderungen nach ihrer Wichtigkeit.

Zur Beschreibung von Anforderungen wird zwischen Lastenheft, Pflichtenheft und Anforde-rungsliste unterschieden. Das Lastenheft stellt eine Beschreibung des Liefer- und Leistungs-umfangs durch den Kunden dar. Hieraus leitet sich das Pflichtenheft ab, das alle relevanten Aktivitäten zur Umsetzung der Anforderungen im Lastenheft enthält. Die daraus resultierende Anforderungsliste bildet die Ausgangsbasis für den Produktentwicklungsprozess. Sie detail-liert die Ansprüche an Produktfunktionen und Leistungen, Schnittsstellen sowie technische, wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen. Anforderungslisten stellen das interne Verzeichnis der Kundenanforderungen und -wünsche dar und dürfen nach einem definierten Zeitpunkt nicht mehr verändert werden. Kundenwünsche, die nach diesem Zeitpunkt eingehen, können nur bedingt und unter großem Mehraufwand berücksichtigt werden [EVSC1999a].

12 Zusätzlich werden Anforderungen von Zwischenkunden berücksichtig, da zwischen produzierendem Unter-

nehmen und Endkunden häufig mehrstufige Kunden-Lieferanten-Beziehungen bestehen.

Page 36: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

18 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

2.2 Grundlagen der Kundenorientierung

2.2.1 Definition der Kundenorientierung

Die Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung ist als Bestandteil der Kun-denorientierung eines Produktanbieters zu verstehen. Da in der Literatur häufig der Begriff der Kundenorientierung im gleichen Kontext mit der Marktorientierung verwendet wird, werden die beiden Begriffe an dieser Stelle voneinander abgegrenzt.

Die Marktorientierung ist im Gegensatz zur Kundenorientierung in einen erweiterten Kontext einzubetten. Dieser beinhaltet nicht nur die Ausrichtung des Unternehmens auf aktuelle und potenzielle Kunden, sondern auf alle Markteilnehmer, die mit dem Unternehmen in Kontakt treten. Die Kundenorientierung ist damit nur ein Teilbereich der Marktorientierung, die auch die Ansprüche der Konkurrenz, Absatzermittler, Unternehmensmitarbeiter, Anteilseigner oder Fremdkapitalgeber berücksichtigt. Primäres Ziel der Marktorientierung ist der Aufbau dauer-hafter Wettbewerbsvorteile zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unter-nehmens [PLIN1992].

Der Begriff der Kundenorientierung hingegen zeichnet sich durch eine dyadische Beziehung zwischen Kunden und Unternehmen aus. Primäres Ziel der Kundenorientierung ist die Erfül-lung des Kundennutzens bzw. der Kundenerwartungen. Die Schaffung eines allgemeinen Wettbewerbsvorteils resultiert hier aus der konsequenten Ausrichtung aller Kundenaktivitäten von innen nach außen [BRUH2003a]. Nach Bruhn definiert sich die Kundenorientierung wie folgt:

Kundenorientierung bezeichnet die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensaktivi-täten an den Kundenbedürfnissen, die bei der Planung und Erstellung der unternehmeri-schen Leistung Berücksichtigung finden, mit dem Ziel, langfristig stabile und ökono-misch vorteilhafte Kundenbeziehungen zu etablieren [BRUH2003a].

2.2.2 Kunden und Kundenfeedback

Die umgangssprachliche Verwendung des Kundenbegriffes ist problematisch, da er sehr weit gefasst ist und der Kunde oft mit Unternehmen, einer Organisation oder einer Person (Indivi-duum) gleichgesetzt wird [CROS1994]. Grundsätzlich werden unternehmensinterne (Mitarbei-ter eines Unternehmens) und -externe Kunden (Marktteilnehmer) unterschieden. Beispiele für externe Kunden sind Verbraucher, Endanwender, Einzelhändler, Nutznießer oder Käufer. Aus Sicht des Qualitätsmanagements werden Kunden als Empfänger eines Produktes oder einer Dienstleistung, die ein Anbieter bereitstellt, betrachtet [DINE2006]. Nach betriebswirtschaftli-cher Auffassung ist der Kunde eine tatsächliche oder potentielle Marktpartei auf der Nachfra-geseite eines Marktes, die individuell entscheidend eine Leistung bezieht und entsprechend bezahlt [DILL1992]. Aus der Sicht der Produktentwicklung ist der Kunde als Quelle für Pro-

Page 37: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.2 Grundlagen der Kundenorientierung 19

duktanforderungen zur Erstellung des Lastenheftes sowie als Anwender des entwickelten Pro-duktes bzw. der Produktfunktionen zu verstehen [EVSC1999a]. Im Kontext dieser Arbeit wer-den ausschließlich unternehmensexterne Kunden betrachtet und wie folgt definiert:

Der Begriff Kunde bezeichnet individuelle, private Endverbraucher oder Gruppen von Endverbrauchern auf der Nachfrageseite des Marktes, die Anwender oder potentielle Nutzer eines von einem produzierenden Unternehmen angebotenen Konsumgutes ent-sprechend der in dieser Arbeit betrachteten Produkttypen sind.

Kunden werden in der Literatur auch als (unternehmens-) externer Faktor bezeichnet. Externe Faktoren können Personen in Form von Kunden oder Know-how bzw. Informationen des Kunden sein, die er für einen begrenzten Zeitraum dem Anbieter zur Verfügung stellt und die in den Leistungsentstehungsprozess integriert werden [ENKR1993]. Das durch den Kunden formulierte Feedback stellt nach obiger Definition den externen Faktor für das Anbieterunter-nehmen dar. Das Kundenfeedback ist dabei als Rückkopplung in Form von Anforderungen, Verbesserungsvorschlägen und Zufriedenheit bezogen auf ein im Markt oder in der Entwick-lung befindliches Produkt (virtuelles Produktmodell) zu verstehen. In dieser Arbeit konzen-triert sich die Feedbackrückführung auf den Unternehmensbereich der Produktentwicklung. Weiterhin ist das Feedback von den im Marketing extrahierten Anforderungen abzugrenzen. Im Sinne der Produktentwicklung beschreibt das Kundenfeedback den vom Kunden geforder-ten Soll-Zustand eines Produktes, der als Führungsgröße die Maßnahmen zur Verbesserung und Optimierung von Produkten in laufenden Entwicklungsprozessen (Ist-Zustand) und von zukünftigen Produktgenerationen bestimmt.

Differenzierung von Bedürfnissen, Wünschen und Nachfrage

Entscheidungen des Kunden für ein Produkt sind in der Regel nicht rational zu erklären. Viel-mehr stützen sich Kunden beim Kauf eines Produktes auf Präferenzurteile von ihnen bereits bekannten Produkten im Markt und auf subjektive Produktempfindungen sowie Emotionen. Kunden haben mehr oder minder präzise Vorstellungen über das Ausmaß von Eigenschaften, welches die von ihnen erworbene Leistung besitzen soll. Den Anspruch an diese Produktei-genschaften formuliert der Kunde in Form von Bedürfnissen, Wünschen und Nachfrage [KOBL2001]:

Bedürfnis wird als Ausdruck des Mangels an Zufriedenstellung verstanden. Bedürfnisse sind in der menschlichen Natur fest verankert und meist implizit vorhanden (z. B. Nah-rung oder Anerkennung).

Wünsche stellen ein Verlangen nach einer konkreten Befriedigung dar. Ein Mensch braucht Nahrung und wünscht sich z. B. einen Hamburger; er braucht Annerkennung und wünscht sich z. B. einen Porsche. Während der Mensch nur wenige Bedürfnisse hat, sind seine Wünsche zahlreich, da sie durch das Einwirken gesellschaftlicher Einflüsse (Fami-lie, Werbung, etc.) kontinuierlich geprägt werden.

Page 38: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

20 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

Nachfrage beschreibt den Wunsch bzw. explizite Forderung nach einem spezifischen Pro-dukt oder seinen Eigenschaften, begleitet von der Fähigkeit und der Bereitschaft zum Kauf.

Im Verlauf dieser Arbeit werden die Aspekte der Bedürfnisse, Wünsche und Nachfrage unter dem Begriff Kundenanforderungen zusammengefasst. Zur Differenzierung der Anforderungen wird weiterhin zwischen Muss-, Soll- und Kann-Anforderungen unterschieden.

2.2.3 Kundenbindung

In der Literatur wird der Begriff der Kundenbindung bzw. des Kundenbindungsmanagements fälschlicherweise häufig synonym zu den Begriffen Relationship Marketing, Retention Marke-ting, Geschäftsbeziehungsmanagement, Marken-/Produkttreue oder Kundenzufriedenheit ver-wendet. Homburg und Bruhn definieren den Begriff der Kundenbindung in Anlehnung an Dil-ler [DILL1996] und Meyer/Oevermann [MEOE1995] wie folgt:

Kundenbindung umfasst sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzie-len, sowohl die Verhaltensabsichten als auch das tatsächliche Verhalten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistung positiv zu gestalten, um die Beziehun-gen zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren bzw. auszuweiten [BRHO2005].

Im Gegensatz zur Kundenloyalität, welche die nachfragebezogene Perspektive einer Bindung beschreibt, bezieht sich das Kundenbindungsmanagement ausschließlich auf die anbieterseiti-gen Aktivitäten. Zu diesen Aktivitäten zählen die systematische Analyse, Planung, Durchfüh-rung und Kontrolle sämtlicher auf den aktuellen Kundenstamm gerichteten Maßnahmen. Ziel dieser Maßnahmen ist Aufrechterhaltung und Pflege derzeitiger und zukünftiger Geschäftsbe-ziehungen [BRHO2005]. Die Kundenbindung kann als defensiver Konzeptbaustein der Kun-denstrategie betrachtet werden. Während der offensive Baustein der Kundenstrategie die Ge-winnung von Neukunden verfolgt, zielt der defensive Baustein auf die Bindung des Kunden an das Unternehmen ab. Dazu stehen zwei grundsätzliche Vorgehensweisen zur Verfügung [FORN1992]:

1. Errichtung von Hürden gegen den Wechsel des Kunden zu Konkurrenten,

2. Erhöhung der Kundenzufriedenheit.

Die Einführung von Hürden zur Bindung von Kunden stellt im Kontext der Kundenorientie-rung eine vom Kunden unerwünschte Barriere dar, die nur die ökonomischen Interessen des Unternehmens berücksichtigt. Die Erhöhung der Kundenzufriedenheit hingegen ermöglicht einen langfristigen Vertrauensaufbau auf Kundenseite und reduziert das Bestreben der Kun-den, nach alternativen Wettbewerbern zu suchen. Für die Bindung eines Kunden an ein Unter-nehmen existieren verschiedene Ursachen. Diese lassen sich folgendermaßen gliedern [HOBR2005]:

Vertragliche Bindungsursachen (Hürde): Bindung des Kunden durch verbindliche Ver-

Page 39: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.2 Grundlagen der Kundenorientierung 21

einbarungen, sodass der Kunde keine rechtliche Möglichkeit des Anbieterwechsels hat.

Technisch-funktionale Bindungsursachen (Hürde): Technische Abhängigkeit des Kunden von einem Anbieter, da ein Anbieterwechsel zu Beschaffungsschwierigkeiten oder Kom-patibilitätsproblemen führen kann (z. B. Computer-/IT-Bereich).

Situative Bindungsursachen (Zufriedenheitserhöhung): Äußere Faktoren, die eine bevor-zugte Frequentierung eines bestimmten Anbieters bewirken (z. B. günstiger Anbieter-standort aus Sicht des Kunden).

Ökonomische Bindungsursachen: Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter wäre für den Kunden finanziell unvorteilhaft, da die Wechselkosten objektiv oder subjektiv zu hoch eingeschätzt werden.

Psychologische Bindungsursachen: Zu diesen Bindungsursachen zählen die Kundenzu-friedenheit, persönliche Beziehungen und Gewohnheiten des Kunden.

Kundenbindung ist als komplexes, mehrdimensionales Konstrukt zu verstehen, das aus den beiden grundlegenden Dimensionen „Bisheriges Verhalten“ (Ex-post-Zeitebene) und „Verhal-tensabsicht“ (Ex-ante-Zeitebene) besteht (vgl. Abbildung 2-5) [HOGI1996].

Abbildung 2-5: Konzeptualisierung des Konstrukts der Kundenbindung [HOFÜ2005]

Die Dimension „Bisheriges Verhalten“ lässt sich durch die Faktoren Wiederkaufverhalten und Weiterempfehlungsverhalten messen. Die „Verhaltensabsichten“ werden durch die Faktoren Wiederkaufsabsicht, Zusatzkaufabsicht (Cross-Buying-Absicht) und Weiterempfehlungsab-sicht beschrieben.

Die alleinige Interpretation der Kundenbindung durch den Faktor des Wiederkaufverhaltens und der Wiederkaufabsichten ist nicht ausreichend, da die Wiederholungsmuster des Kaufver-haltens auch auf situative Faktoren zurückgeführt werden können, die nicht im Zusammen-hang mit der Kundenbindung stehen. Neben dem Kaufverhalten des Kunden wird daher das Weiterempfehlungsverhalten bzw. die Weiterempfehlungsabsicht zur Bestimmung der Kun-denbindung herangezogen.

Page 40: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

22 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

2.2.4 Kundenwert

Die Notwendigkeit der Kundenwertbetrachtung resultiert aus dem zeitlichen und materiellen Ressourceneinsatz, den eine Integration des Kunden in den Produktenwicklungsprozess mit sich bringt, und führt zwangsläufig zu einer wirtschaftlichen Rechtfertigung [ZERN2004]. Dem Kunden wird als Ressourcenverbraucher ein entsprechender Wert zugewiesen, dem der jewei-lige Aufwand für die Kundenbindung auf der Seite des Unternehmens gegenübersteht [CORN2000]. Der Begriff des Kundenwertes unterliegt keiner eindeutigen Definition, sondern wird als Methodensammlung zur Bestimmung des Kundenwertes verstanden.

Abbildung 2-6: Dimensionen des Kundenwertes [TÖPF2004]

Grundsätzlich muss der Kundenwertbegriff aus Anbieter- und Kundensicht differenziert wer-den. Aus Kundensicht kann die Bereitschaft, eine Beziehung zum Unternehmen aufgrund ei-nes Nettonutzens aufrechtzuerhalten, als kundenseitige Wertdimension (Customer Value) be-schrieben werden [KOBL2001]. Aus Anbietersicht stellt der Kundenwert den Kundenbeitrag zur Erreichung der monetären und nicht monetären Ziele des Unternehmens (Customer Equi-ty) dar. Hierzu zählen auch qualitative Beiträge wie beispielsweise Informationen [CORN2000]. Zusammen mit dem Kundennutzen (Customer Benefit) bilden der Customer Va-lue und Customer Equity die entscheidenden Dimensionen des Kundenwertes (vgl. Abbildung 2-6).

In der klassischen Betrachtung des Kundenwertes wird dieser überwiegend durch monetäre Kennzahlen beschrieben [ZERN2004]. Bestehende Ansätze zur Kundenwertbestimmung lassen sich in monokriterielle (eindimensionale) und multikriterielle (mehrdimensionale) Lösungsan-sätze unterscheiden. Monokriterielle Ansätze wiederum differenzieren monetäre und nicht-monetäre Verfahren [MEKW2005] (vgl. Tabelle 2-1).

Page 41: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.2 Grundlagen der Kundenorientierung 23

Kundenbewertung

Monokriterielle

Monetär Nicht-monetär Multikriterielle

• Umsatzanalyse (ABC-Analyse) • Kundenerfolgsrechnung (Kun-

dendeckungsbeitragrechnung) • Kunden-Lebenszyklus-

Rechnung

• ABC-Analysen bezüglich ver-schiedener nicht-monetärer Kriterien

• Loyalitätsleiter

• Scoring-Modelle • Portfolio-Modelle • Kundenkubus • Monetäre Kundenbewertungs-

systeme

Tabelle 2-1: Verfahren zur Messung des Kundenwertes

Monokriterielle Kundebewertungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie lediglich einen Aus-schnitt der Kundenbeziehung betrachten (Partialanalytische Bewertungsansätze). Sie basieren zum einen auf den monetären Kennzahlen kundenbezogener Umsätze, Kunden-Profitabilität, Kundendeckungsbeitrag und Kunden-Rentabilität. Diese Kennzahlen sind im Sinne der zeitli-chen Dimension abschnittsorientierte Kenngrößen, deren Erfolgsbeiträge nicht in Relation zueinander gestellt werden. Die Kunden-Lebenszyklus-Rechnung bietet die Möglichkeit, den Kundenwert periodenübergreifend zu berechnen.

Zum anderen fokussieren nicht-monetäre Verfahren die langfristige Entwicklung der Kunden-beziehung und eignen sich für die Abbildung von schwer quantifizierbaren Elementen des Kundenwertes (z. B. Informationswert, Cross-Buying-Potenzial).

Multikriterielle Kundebewertungen ermöglichen die Kombination von monetären und nicht-monetären Bewertungskriterien, die auf verschiedenen Skalenniveaus gemessen werden. Im Idealfall lassen sich alle Effekte berücksichtigen, die kundenseitig auf den Anbieter wirken. In die multikriteriellen Bewertungsverfahren fließen verstärkt qualitative Determinanten ein [MEKW2005] [ZERN2004].

2.2.5 Kundennutzen

Streng genommen stellt der Kundennutzen die Orientierungsgröße für den Markterfolg eines Unternehmens dar. In der wissenschaftlichen Literatur wird der Kundennutzen daher überwie-gend durch monetäre Kenngrößen beschrieben und auf die Kaufentscheidung des Kunden be-zogen. Mit seiner Kaufentscheidung strebt ein Kunde einen möglichst hohen, von ihm wahr-genommenen Nutzen an. Der Kundennutzen kann somit als Differenz zwischen Marktbedürf-nissen und einem Produktangebot definiert werden [SCHA2004]. Ein Gesamtnutzen setzt sich dabei aus mehreren Teilnutzen zusammen, da Kunden kompensatorisch denken. Sie kombinie-ren aus einzelnen Leistungsmerkmalen einen Gesamtnutzen (Nettonutzen), in dem Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden [KOBL2001]:

Page 42: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

24 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

Der Nettonutzen beschreibt den positiven Nutzen aller Wertelemente abzüglich des ne-gativen Nutzens aller Kostenelemente. Das monetäre Äquivalent des Nutzens ist der Wertgewinn und die damit verbundenen Folgewirkungen, die der Kunde durch den Kauf erwartet bzw. erzielt.

Kunden kompensieren demnach einen Nachteil bei einem Nutzenkriterium durch einen Vorteil bei einem anderen Kriterium. Kunden sind bereit, z. B. einen höheren Preis zu zahlen, wenn sich dadurch eine bessere Technik verwirklichen lässt oder auch Betriebskosten verringert werden können. Zur Messung des Kundennutzens hat sich das Verfahren der Kundennutzen-analyse (KNA) etabliert [SCHA2004]. Sie basiert auf der Differenzierung des durch den Kun-den wahrgenommenen Nutzens in Teilnutzen, die sich in einer Grundkriterienstruktur wider-spiegeln (vgl. Abbildung 2-7).

Abbildung 2-7: Grundkriterienstruktur der Kundennutzenanalyse [SCHA2004]

Der Kundennutzen gliedert sich demnach in zwei Hauptbestandteile [SCHA2004]:

Produktnutzen: er umfasst alle Kriterien, die von einem Kunden mess- oder einschätzbar sind. Hierzu zählen z. B. technische Leistungsdaten, Preise, Dokumentationen, etc. Hier-bei handelt es sich um explizite Kriterien.

Marktposition: beschreibt die Zuverlässigkeit, Leistungsstärke und Sicherheit des Anbie-ters, wie z. B. die Verfügbarkeit, den Service, positive Referenzen oder das Garantiewe-sen. Die Marktposition umfasst implizite Kriterien und wird vom Kunden zur strategi-schen Vermeidung von Kaufrisiken und Unsicherheiten herangezogen. Eine starke Marktposition kann mitunter sehr weitgehend technische, kommerzielle oder operationelle Defizite kompensieren.

Meffert definiert den vom Kunden wahrgenommenen Produktnutzen aus ästhetisch sozialer Sicht als Folge „einer gebündelten Menge von Eigenschaften“, der sich aus Grund- und Zu-satznutzen zusammensetzt:

Page 43: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

2.2 Grundlagen der Kundenorientierung 25

Produktnutzen = Grundnutzen + Zusatznutzen (Erbauungsnutzen + Geltungsnutzen)

Der Grundnutzen beschreibt die aus den physikalisch-funktionellen Produktmerkmalen resul-tierende Bedürfnisbefriedigung. Zusatznutzen entsteht durch eine über den Grundnutzen hi-nausgehende Bedürfnisbefriedigung aufgrund von ästhetischen Produkteigenschaften (Erbau-ungsnutzen), wie beispielsweise Styling des Produktes, und sozialen Eigenschaften (Geltungs-nutzen) [MEFF1998].

2.2.6 Kundenzufriedenheit

Unter Kundenzufriedenheit kann das Resultat eines komplexen psychischen Vergleichsprozes-ses verstanden werden, bei dem der Kunde seine Erfahrungen bei der Nutzung eines Produktes mit einem Standard vergleicht. Die Zufriedenheit kann sich dabei nicht nur auf ein einzelnes Konsumerlebnis beziehen, sondern sich auch kumulativ aus mehreren Beurteilungsergebnissen zusammensetzen [HOFÜ2005]. Meffert und Bruhn definieren die Zufriedenheit eines Konsu-menten als Übereinstimmung zwischen den subjektiven Erwartungen und der tatsächlich er-lebten Motivbefriedigung [MEBR1981]. Weitere Definitionen beziehen emotionale und kogni-tive Aspekte ein und unterscheiden zusätzlich zwischen Zufriedenheit und Unzufriedenheit des Kunden. Unzufriedenheit wird durch zu hohe Erwartungen des Kunden, eine zu geringe Leistung des Unternehmens oder einer Kombination von beidem hervorgerufen [SCHN2000].

Zur Beschreibung des Konstrukts der Kundenzufriedenheit unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte hat sich das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) als theoretischer Modellierungsrahmen etabliert (vgl. Abbildung 2-8). Ausgangspunkt des C/D-Paradigmas ist der Vergleich der Erwartungshaltung des Kunden (Soll-Komponente) mit dem wahrgenommenen Leistungsniveau (Ist-Komponente).

Das C/D-Paradigma basiert auf drei Phasen [KAIS2002] [HOBH2005]:

1. Unter dem Gesichtspunkt der Bedürfnisbefriedigung und dem Wissen um Alternativen entscheiden sich Kunden für ein Produkt mit der besten Zielerfüllung. Innerhalb dieser Alternativen entwickelt der Kunden eine Erwartungshaltung, die durch Konsumerfahrun-gen, Mund-zu-Mund-Kommunikation und Einflüsse des Anbieters gekennzeichnet ist.

2. Durch den Produktgebrauch und die Auseinandersetzung mit Produktalternativen nimmt der Kunde ein Leistungs- bzw. Qualitätsniveau wahr, das als Ist-Komponente der Erwar-tungshaltung gegenübersteht. Dieser Prozess ist durch kognitive Ansätze der Assimilati-ons-, Kontrast- und Assimilations-Kontrasttheorie geprägt13.

13 Die Assimilationstheorie beschreibt das individuelle Streben des Kunden nach einem kognitiven Gleichge-

wicht. Liegt ein Ungleichgewicht vor, da verschiedene Kognitionen im Widerspruch zueinander stehen, ent-steht ein psychischer Spannungszustand, den der Kunde durch Maßnahmen zu beseitigen versucht. Die Kon-trasttheorie geht ebenso von einer Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Komponenten aus. Allerdings gleicht sich diese Diskrepanz nicht aus, sondern vergrößert sich, woraus eine Polarisierung von Unzufriedenheitsur-teilen entsteht. Die Assimilations-Kontrasttheorie vereint die beiden o. g. Aspekte. Bei geringer Diskrepanz

Page 44: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

26 2 Grundlagen und Begriffsabgrenzung

3. In einem Vergleichsprozess werden das wahrgenommene Leistungsniveau (L) und die Erwartungshaltung (E) verglichen. Übertrifft das Leistungsniveau die Erwartungen, resul-tiert eine positive Diskonfirmation und damit eine Zufriedenheit. Umgekehrt führt das Unterschreiten der Erwartungshaltung zu negativer Diskonfirmation und zu Unzufrieden-heit. Entsprechen sich Soll- und Ist-Komponente, stellt sich eine Konfirmation ein, die beim Kunden ein Gefühl der Neutralität erzeugt.

Abbildung 2-8: Traditionnelles Confirmation/Disconfirmation-Paradigma [KAIS2002]

wird der Assimilationseffekt zum Tragen kommen. Liegt die Diskrepanz im Indifferenzbereich, ist mit keiner nachträglichen Veränderung der Erwartungen oder des Leistungsniveaus zu rechnen [MEKA2005].

Page 45: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung 27

3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung

Grundsätzlich müssen bei der Formulierung der Anforderungen an eine Methodik für die In-tegration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung die Sicht des Produktentwicklers und die des Kunden berücksichtigt werden. Für Kunden stehen die Befriedigung ihres Pro-duktnutzens bei begrenztem finanziellen Aufwand und eine möglichst große Zufriedenheit im Vordergrund. Produktentwickler verfolgen mit der Feedbackintegration primär das Ziel der Gewinnung von nützlichem, unverfälschtem Zusatzwissen, dass sie zur Optimierung des Pro-duktes nutzen können. Zur Bewältigung der Anforderungen muss die Methodik prinzipiell drei Aufgaben erfüllen:

Gewinnung von Feedbackinformationen,

Analyse und Aufbereitung der extrahierten Feedbackinformationen und

Einbindung des Feedbacks in die Produktentwicklungsumgebung.

Da sich die Anforderungen des Kunden und Produktentwicklers hinsichtlich dieser Aufgaben teilweise überschneiden, orientieren sich die in diesem Kapitel erläuterten Anforderungen an der Dreiteilung der methodischen Aufgabenstellung.

3.1 Fallsbeispiel aus der Mobilfunkbranche

Der Konsumgütermarkt ist durch eine hohe Dynamik, sich stetig ändernde Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden und damit durch immer kürzere Produktlebenszeiten im Markt sowie zunehmend schneller aufeinander folgende Produktentwicklungszyklen gekennzeichnet. Besonders anschaulich lässt sich dieser Sachverhalt am Beispiel der Mobilfunkbranche fest-machen: in regelmäßigen Abständen (meist 2 Jahren) agiert eine breite Masse an Kunden als Abnehmer für neue, innovative Mobiltelefone, fast täglich bringt der Markt neue Funktionen und produktbegleitende Dienstleistungen hervor. Hinzu kommt – bedingt u. a. durch die ex-pandierende Globalisierung – die fortschreitende Entwicklung und Verfügbarkeit von neuen Mobilfunktechnologien (z. B. UMTS).

Durch folgende Eigenschaften zeichnet sich die Mobilfunkbranche als Anwendungsbeispiel für die Kundenfeedback-Integration aus:

hohe Marktdynamik mit wechselnden Kundenanforderungen sowie kurzen, vermehrt pa-rallelen Produktentwicklungszyklen,

Page 46: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

28 3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung

interdisziplinäres Produkt mit hohem Softwareanteil, wodurch sich eine besondere Eig-nung für die digitale Feedbackerfassung sowie die Möglichkeit der vereinfachten Funkti-onsvariation ergibt,

heterogene Zielgruppen aller Altersklassen mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Anfor-derungen, Designerwartungen und Funktionsvorstellungen,

Produkte der Serienfertigung mit breitem Abnehmermarkt, sodass eine kritische Masse an Kunden für die Auswahl von geeigneten Feedbackkunden vorhanden ist,

Berücksichtigung des erweiterten Produktes bzw. der Leistungsbündelung in Form von Mobiltelefonen als Sachleistung in Kombination mit Dienstleistungen, wie beispielsweise dem Netzbetrieb, Vertragsleistungen oder SMS-Service.

Anforderungen im Entwicklungsprozess eines Mobiltelefons

Bezeichnend für Entwicklung eines Mobiltelefons ist die Vielfalt der unterschiedlichen An-forderungsquellen. Anbieter von produktbegleitenden Services (SMS, Klingeltöne, etc.) erhe-ben primär funktionale Anforderungen an die Entwicklung, Netzbetreiber fordern die Unter-stützung ihrer Funknetztechnologien. Weiterhin müssen in der Produktentwicklung durch Meinungsforschungsinstitute identifizierte Markttrends und unternehmensinterne Produktstra-tegien in Einklang gebracht werden. Besondere Bedeutung kommt den Mobilfunkanbietern (Providern) zu. Diese fungieren als eigentliche Anbieter des Mobiltelefons und stellen speziel-le Anforderungen, um sich von anderen Providern abzugrenzen. Hiervon sind zum einen De-signaspekte, zum anderen Softwarefunktionen- und Konfigurationen betroffen.

Abbildung 3-1: Heterogene Anforderungen im Entwicklungsprozess eines Mobiltelefons

Page 47: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

3.1 Fallsbeispiel aus der Mobilfunkbranche 29

Zusätzlich resultieren unternehmensinterne Vorgaben aus den produktionstechnischen Mög-lichkeiten, den internen Entwicklungsrichtlinien und ökonomischen Rahmenbedingungen des Unternehmens, die ebenfalls in der Entwicklung des Mobiltelefons zu berücksichtigen sind. Der Produktentwickler muss all diese Anforderungen in designspezifische sowie technische Anforderungen überführen und dabei die vielfältigen Anforderungsaspekte der unterschiedli-chen Anforderungsquellen berücksichtigen (vgl. Abbildung 3-1).

Die Entwicklung des Mobiltelefons erfolgt zumeist in isolierten, disziplinspezifischen Projek-ten auf der Basis entsprechend unterschiedlicher Teilproduktspezifikationen. Designkompo-nenten, Elektrik und Elektronik sowie Software werden getrennt voneinander entwickelt und die resultierenden Entwicklungsergebnisse anschließend adaptiert. Auf der Basis der Anforde-rungen erfolgt die Vorentwicklung von Telefonvarianten und Erprobung von ersten, physikali-schen Prototypen in experimentellen Umgebungen. Hieraus resultieren wiederum Usability-Anforderungen, die iterativ in die Vorentwicklung einfließen. Schließlich werden für jeden Mobilfunkanbieter spezielle Produkte entwickelt und gefertigt.

Erst am Ende der Wertschöpfungskette, die zahlreiche Iterationsschleifen durchlaufen und eine Vielzahl heterogener Anforderungen verarbeitet hat, steht der Endkunde. Die Informatio-nen der unterschiedlichen Anforderungsquellen gehen teilweise auf die Anforderungen des Kunden zurück. Sie können aber aufgrund der langen, verzweigten Informationswege, der zahlreichen Interpretationen durch Dritte und der Anreicherung durch nicht-kundenbezogene Anforderungen nicht mehr als aktuelle und konsistente Kundenanforderungen betrachtet wer-den.

Resultierende Defizite und Motivation für die Integration von Kundenfeedback

Aufgrund der weltweit verfügbaren Technologien und Mobiltelefonangebote steht das produ-zierende Unternehmen im enormen Wettbewerbsdruck und ist somit gezwungen, sich durch innovative Entwicklungen im Markt abzugrenzen. Allerdings versperrt die extreme Orientie-rung an technischen Details und neuen Technologien den Blick auf die realen Kundenanforde-rungen. Die Folge ist eine Unzufriedenheit des Kunden, die sich in der Abwanderung des Kunden zu anderen Anbietern äußert. Dabei ist zu beobachten, dass sich Kunden kaum an einen Hersteller von Mobiltelefonen binden, sondern entsprechend der Veränderung ihrer An-forderungen diesen sehr häufig wechseln.

Das fehlende Verständnis der Kundenanforderungen äußert sich z. B. in dem ausbleibenden Erfolg von angebotenen, multimedialen Handy-Spielen. Auch wenn eine Nachfrage besteht, hemmen unzureichende Displays, komplizierte Bedienerführung und die langsame Funknetz-geschwindigkeit den Markterfolg. Zudem haben Unternehmen den Fehler begangen, die Kun-denanforderungen an Spielkonsolen auf Mobiltelefone zu übertragen, ohne dabei die Kunden-forderung nach kleinen, leichten Telefonen zu berücksichtigen [FABE2005]. Eine europaweite Untersuchung von Capgemini und der Hochschule INSEAD, in der Kundenbedürfnisse und Angebote der Mobilfunkanbieter gegenübergestellt wurden, zeigt, dass Mobilfunkanbieter die Bedürfnisse ihrer Kunden falsch einschätzen: 44% der befragten Handynutzer gaben an, dass

Page 48: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

30 3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung

sie für niedrigere Verbindungspreise auf erweiterte Handyfunktionen verzichteten würden. 74% der Handynutzer würden mehr telefonieren, wenn sie auch in U-Bahnen oder Gebäuden eine funktionierende Netzverbindung hätten. Fast 80% der Verbraucher wünschen sich eine PKW-Freisprecheinrichtung im Lieferumfang des Mobiltelefons [AABS2005].

Diese Zahlen belegen, dass die oben beschriebene Anforderungsbreite an Mobiltelefone kei-neswegs die Wünsche des Kunden widerspiegelt. Die Komplexität an Produktfunktionen und -features, die durch die Umsetzung der beschriebenen Anforderungen entsteht, steht im Wi-derspruch zu den eigentlichen Kundenforderungen nach einfachen, preiswerten Mobiltelefo-nen. Da die Mobilfunkanbieter die Schnittstelle zum Kunden darstellen, tritt das produzierende Unternehmen zudem nicht in unmittelbaren Dialog mit dem Endkunden. Dieser Aspekt unter-streicht zusätzlich die Notwendigkeit einer frühen, direkten Einbeziehung des Kunden in den Produktentwicklungsprozess, um unverfälschte Kundeninformationen berücksichtigen zu kön-nen.

3.2 Anforderungen an die Feedbackgewinnung

Um die Bedürfnisse des Kunden erfassen zu können, muss das produzierende Unternehmen in einen direkten Dialog mit den Kunden treten und sowohl momentan aktuelle als auch langfris-tige Kundenanforderungen gewinnen. Die extrahierten Informationen des Kunden sollen dazu dienen, die Wissensbasis der Produktentwicklung dahingehend zu erweitern, dass eine kun-denorientierte Produktoptimierung möglich ist. Dazu muss das Unternehmen den Kunden Pro-duktinformationen zur Verfügung stellen, welche diese bewerten können.

Im Folgenden werden die Anforderungen an eine Feedbackgewinnung erläutert. Weiterhin erfolgt eine Gewichtung der Anforderungen, die auf der Klassifizierung von „Muss-Anforderungen“ (A), „Soll-Anforderungen“ (B) und „Kann-Anforderungen“ (C) aufbaut. Muss-Anforderungen sind für die Kundenfeedback-Integration zwingend. Eine Nichterfüllung von Soll- und Kann-Anforderungen gefährdet zwar nicht die Kundenfeedback-Integration, allerdings sollte sie sich an diesen Anforderungen orientieren.

Zeitpunkt und Quellen der Feedbackgewinnung (I)

In der Praxis finden Kundenzufriedenheitsumfragen unter Kunden in der Regel in einem re-gelmäßigen Zyklus von zwei bis drei Jahren statt [SCHN2000]. Die Gewinnung von Feedback-informationen muss sich jedoch an dem jeweiligen Produktentwicklungsprojekt orientieren, um frühzeitig wertvolle Informationen für eine kundenorientierte Produktentwicklung vor der Produkteinführung erhalten zu können (I-1). Zusätzlich müssen die Wünsche und Anforderun-gen, die durch die Nutzung des Produktes, den dynamischen Informationsstand und Umwelt-einflüsse des Kunden entstehen, in die Entwicklung der nächsten Produktgeneration einfließen (I-2). Aufgrund dieser Dynamik der Kundenanforderungen ist es notwendig, das Feedback in Echtzeit zu erheben, um mögliche Zeiteffekte zu minimieren (I-3). Zeitlich veränderte Kun-

Page 49: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

3.2 Anforderungen an die Feedbackgewinnung 31

denanforderungen sollten daher flexibel erfasst werden können und nicht einem fest vorge-schriebenen Feedbackzyklus folgen (I-4). Um die Vollständigkeit der gewonnenen Feedback-informationen sicherzustellen, wird empfohlen, alle unternehmensexternen (Kunden) und -internen Feedbackquellen (z. B. Service-Bereiche) in die Feedbackgewinnung einzubeziehen (I-5). Dabei muss eine Feedbackgewinnung unabhängig von der geografischen Verteilung der Kunden bzw. von der organisatorischen und räumlichen Verteilung der internen Quellen mög-lich sein (I-6).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

I-1 Frühzeitigkeit Gewinnung von Feedback in den frühen Phasen der Produktentwicklung zur Produktbewertung. A

I-2 Produktnutzung Berücksichtigung und Analyse der Anforderungen, die in der Produktnutzung entstehen. A

I-3 Echtzeit Die Feedbackinformationen müssen unmittelbar und in Echtzeit von Kunden erhoben werden A

I-4 Flexibilität Zeitliche Veränderungen der Kundenanforderungen sollten flexibel berücksichtigt werden. B

I-5 Vollständigkeit der In-formationsquellen

Identifikation und Einbeziehung aller unternehmens-internen und -externen Feedbackquellen. B

I-6 Verteilung der Informa-tionsquellen

Die Feedbackgewinnung muss unabhängig von der räumlichen Verteilung der Quellen möglich sein. A

Tabelle 3-1: Anforderungsliste für den Zeitpunkt und die Quellen der Feedbackgewinnung

Kundenorientierte Feedbackartikulation (II)

Kunden bewerten ein Produkt nicht anhand von technischen Merkmalen, sondern anhand von Eigenschaften, die einer Problemlösungssicht entsprechen. Das Unternehmen muss dem Kun-den daher entsprechend eigenschaftsbasierte Produktinformationen zur Verfügung stellen, anhand derer der Kunde das Produkt aus seiner Sicht innerhalb der technischen und organisa-torischen Rahmenbedingungen des Herstellers bewerten kann (II-1). Dabei ist darauf zu ach-ten, dass die Produktinformationen für den Kunden klar und verständlich formuliert werden, um mögliche Fehlinterpretation durch den Kunden auszuschließen (II-2). Dies kann durch eine geeignete Visualisierung des Produktes und seiner Eigenschaften unterstützt werden (II-3).

Um den Kunden zur Partizipation an der Produktenwicklung zu motivieren, sollten Anreize geschaffen werden, welche die Integration in den Produktentstehungsprozess für den Kunden interessant und profitabel gestaltet (II-4). Hierzu ist ebenfalls eine möglichst große Reduzie-rung des zum Feedback notwendigen Aufwandes (Zeit, Kosten, etc.) auf Kundenseite zu emp-fehlen (II-5). Sowohl die Bereitstellung von Produktinformationen durch das Unternehmen als auch die Preisgabe von individuellen Kundeninformationen unterliegen einem gewissen Sicherheitsrisiko, das durch geeignete Datenschutzmechanismen eingegrenzt bzw. vermieden werden muss (II-6).

Page 50: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

32 3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

II-1 Eigenschaftsorientie-rung

Produktbeschreibung/-darstellung entsprechend der Sichtweise des Kunden. A

II-2 Verständlichkeit Einfache und verständliche Darstellung von Pro-duktinformationen für den Kunden. A

II-3 Visualisierung Ansprechende Visualisierung zur Unterstützung des Produktverständnisses und -bewertung. C

II-4 Motivation Anreize für den Kunden, Feedbackinformationen zu liefern. B

II-5 Minimierung des Auf-wands

Möglichst Vermeidung von Zeit- und Kostenauf-wand für den Kunden. B

II-6 Sicherheit Sicherheit unternehmenseigener Informationen und Daten, Schutz der Kundendaten. A

Tabelle 3-2: Anforderungsliste für eine kundenorientierte Feedbackartikulation

Qualität der Feedbackinformationen (III)

Zur Gewährleistung einer für die Produktentwicklung ausreichenden Qualität der Feedbackin-formationen muss die Aktualität des Kundenfeedbacks zum Zeitpunkt der Feedbackgewin-nung sichergestellt sein (III-1). Diese Forderung geht einher mit der bereits erläuterten Anfor-derung einer Feedbackgewinnung in Echtzeit (siehe I-3). Des Weiteren ist die Qualität von dem Innovationsgehalt der Informationen abhängig. Je höher der Innovationsgehalt ist, desto gesicherter ist die Informationsbasis für die Entwicklung eines kundenorientierten Produktes mit langfristigem Markterfolg (III-2). Entscheidend für das richtige Verständnis der Kunden-bedürfnisse ist die direkte, unverfälschte Feedbackakquisition (III-3). Eine vorherige Interpre-tation durch Dritte (z. B. Marktforschungsinstitute) würde die Bedeutung der Feedbackinfor-mationen verzerren. Zudem sollte sichergestellt werden, dass eine ausreichende Informations-menge für eine statistische Aussagefähigkeit vorhanden ist (III-4) und die Feedbackinformati-onen ausreichende Relevanz für die Produktentwicklung besitzen (III-5).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

III-1 Aktualität Die Feedbackinformationen müssen zum Zeitpunkt der Gewinnung aktuell sein. A

III-2 Innovationsgehalt Gewährleistung eines hohen Innovationsgehalts des Feedbacks. B

III-3 Unverfälschte Informati-onen

Direkte Feedbackgewinnung ohne Interpretation und Anreicherung des Feedbacks durch Dritte. A

III-4 Repräsentative Informa-tionen

Kritische Informationsmasse zur Sicherstellung der statistischen Aussagefähigkeit. B

III-5 Relevanz Die extrahierten Informationen sollten ausreichend Relevanz für die Produktentwicklung besitzen. B

Tabelle 3-3: Anforderungsliste für die Qualität der Feedbackinformationen

Page 51: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

3.3 Anforderungen an die Analyse und Aufbereitung des Feedbacks 33

3.3 Anforderungen an die Analyse und Aufbereitung des Feedbacks

Die gewonnenen Feedbackinformationen müssen einer eingehenden Analyse und Aufberei-tung unterzogen werden, damit sie ohne intensive Interpretationen durch die Produktentwick-ler genutzt werden können. Dazu müssen die Feedbackinformationen bewertet und in eine für den Produktentwickler verständliche, verwendbare Form überführt werden.

Bewertung des Feedbacks (IV)

Die Heterogenität der Kundenanforderungen führt zu der Forderung einer Bewertung des Feedbacks hinsichtlich der Verwendungsmöglichkeit. Hierzu müssen zunächst die Feedback-informationen gefiltert und nicht relevante Informationen von der weiteren Verwendung aus-geschlossen werden (IV-1). Weiterhin ist eine Systematik notwendig, um die Bedeutung der unterschiedlichen Feedbackinformationen für die Produktentwicklung zu gewichten (IV-2). Durch die Dynamik der Kundenanforderungen kann es zu zeitlich veränderten Feedbackin-formationen kommen. Diese müssen einer Plausibilitätsprüfung unterzogen und ihr Bezug zu den technischen Produktmerkmalen analysiert werden (IV-3). In diesem Zusammenhang sollte die Bewertung eine gewisse Entscheidungssicherheit auf der Basis der Feedbackinformationen gewährleisten und vage Informationen ausschließen (IV-4).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

IV-1 Filterung Reduktion und Ausschluss von nicht relevanten Feedbackinformationen. A

IV-2 Gewichtung Bedeutung der Feedbackinformationen für die Pro-duktentwicklung A

IV-3 Plausibilitäten Zusammenhänge zwischen Feedbackinformationen untereinander und Bezug zu Produktmerkmalen. A

IV-4 Entscheidungssicherheit Sichere Informationsbasis für Entscheidungen bzw. Maßnahmen in der Produktentwicklung. B

Tabelle 3-4: Anforderungsliste für die Bewertung des Feedbacks

Formalisierung des Feedbacks (V)

Für eine systematische Verwendung des Feedbacks ist eine Formalisierung der Feedbackin-formationen notwendig. Um zum einen die Informationsbreite zu reduzieren und zum anderen eine Informationsdichte zu schaffen, sollten ähnliche Feedbackinformationen zusammenge-führt und in Klassen gleicher Informationen strukturiert zusammengefasst werden (V-1). Ent-scheidend für eine objektive Beurteilung des Feedbacks ist dessen Quantifizierbarkeit. Hierzu müssen Indikatoren definiert und abgeleitet werden, die quantitativ messbar sind (V-2). Feed-backinformationen, die einer kundenseitigen, subjektiven, qualitativen Einschätzung unterlie-

Page 52: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

34 3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung

gen (z. B. weiche Anforderungsfaktoren), sind in quantitative, messbare Größen zu überführen (V-3). Die aufbereiteten Feedbackinformationen müssen für den Produktentwickler eindeutig zu verstehen sein und dürfen keiner zusätzlichen, subjektiven Interpretation unterzogen wer-den (V-4). Als einheitliche Bemessungsgrundlage und Zielgröße der Feedbackakquisition wird die Bestimmung der Kundenzufriedenheit angestrebt (V-5).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

V-1 Verdichtung Zusammenführung und Klassifizierung gleicher oder ähnlicher Feedbackinformationen. B

V-2 Messbare Indikatoren Definition von quantifizierbaren Indikatoren. A

V-3 Quantifizierung von Informationen

Nicht quantifizierbare Feedbackinformationen müs-sen in quantifizierbare überführt werden. A

V-4 Eindeutigkeit Aufbereitete Feedbackinformationen müssen ein-deutig sein. A

V-5 Kundenzufriedenheit Ableitung der Kundenzufriedenheit aus den Feed-backinformationen. B

Tabelle 3-5: Anforderungsliste für die Formalisierung des Feedbacks

Transformation des Feedbacks (VI)

Kunden und Produktentwickler sprechen unterschiedliche Sprachen, woraus sich die Notwen-digkeit der Transformation der Feedbackinformationen ergibt. Damit der Produktentwickler das Feedback des Kunden verstehen kann, muss dieses in die Sprache des Produktentwicklers übersetzt werden (VI-1). Die auf die Produkteigenschaften (aus Kundensicht) bezogenen Feed-backinformationen müssen dazu den technischen Produktmerkmalen zugeordnet bzw. auf das Produkt abgebildet werden (VI-2). Zur Unterstützung dieser Zuordnung wird die Abbildung der Semantik zwischen Feedbackinformationen und Produktmerkmalen aus der Sicht der Pro-duktentwicklung angestrebt (VI-3). Wenn möglich, kann dieser Vorgang durch eine Automati-sierung vereinfacht werden (VI-4).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

VI-1 Übersetzung Transformation des Feedbacks in die Sprache des Produktentwicklers. A

VI-2 Zuordnung Abbildung der Feedbackinformationen auf Produkte und deren Merkmale. A

VI-3 Semantik Semantik zwischen Feedbackinformationen und Produktmerkmalen. B

VI-4 Automatisierbarkeit Automatische Überführung des Feedbacks in tech-nische Anforderungen. C

Tabelle 3-6: Anforderungsliste für die Transformation des Feedbacks

Page 53: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

3.4 Anforderungen an das produktentwicklungsinterne Management des Feedbacks 35

3.4 Anforderungen an das produktentwicklungsinterne Management des Feedbacks

Ziel der Kundenfeedback-Gewinnung ist die direkte Nutzungsmöglichkeit der Feedbackin-formationen in der Produktentwicklung. Hierzu müssen die Feedbackinformationen in die Prozesse sowie Arbeits- und IT-Umgebung des Produktentwicklers eingebunden, gespeichert und verwaltet werden. Sie sind in geeigneter Form dem Produktentwickler zur Verfügung zu stellen, sodass dieser die Feedbackinformationen für die Optimierung und Verbesserung des Produktes nutzen kann.

Speicherung und Verwaltung des Feedbacks (VII)

Zur Vermeidung von langen Informationswegen und -liegezeiten sollte die Speicherung und Verwaltung des Feedbacks in der Umgebung der Produktentwicklung erfolgen. Dazu wird eine logische und informationstechnische Verknüpfung der Feedback- und Produktdaten ange-strebt, um einen einheitlichen und kontrollierten Zugriff auf die Feedbackdaten zu ermögli-chen (VII-1). Um die Eindeutigkeit der Feedbackdaten sicherzustellen und die Informationssu-che zu vereinfachen, müssen die Feedbackdaten redundanzfrei gespeichert werden (VII-2). Zusätzlich ist die Konsistenz der Feedbackdaten sicherzustellen, da widersprüchliche, zeitlich differierende und lückenhafte Daten die effektive Verwendung erheblich einschränken (VII-3). Die Feedbackdaten müssen dem Produktentwickler nachhaltig zur Verfügung stehen, um sie für die Entwicklung weiterer Produktgenerationen nutzen zu können (VII-4). Zur Vermeidung von Schnittstellen und für die Zuordnung des Feedbacks zu den Produktdaten bietet sich die Verwendung einer gemeinsamen Datenbasis für Feedback- und Produktdaten an (VII-5).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

VII-1 Verknüpfung Für die Integration des Feedbacks sollten die Feed-backdaten mit den Produktdaten verknüpft werden. B

VII-2 Redundanzfreiheit Vermeidung von Redundanzen zur Gewährleistung der Eindeutigkeit der Daten. A

VII-3 Konsistenz Gewährleistung der Konsistenz aller gespeicherten Feedbackdaten. A

VII-4 Nachhaltigkeit Die Feedbackdaten müssen nachhaltig der Pro-duktentwicklung zur Verfügung stehen. A

VII-5 Integrierte Datenbasis Verwendung einer gemeinsamen Datenbasis für Produkt- und Feedbackdaten C

Tabelle 3-7: Anforderungsliste für die Speicherung und Verwaltung des Feedbacks

Page 54: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

36 3 Anforderungen an die Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung

Bereitstellung des Feedbacks (VIII)

Die gewonnenen Feedbackinformationen sowie die durchgeführten Analysen des Feedbacks müssen fortlaufend dokumentiert werden (VIII-1). Die Dokumentation trägt dazu bei, dass die Feedbackinformationen und die daraus resultierenden Produktentwicklungsmaßnahmen auch anderen Entwicklungsprojekten zur Verfügung stehen. Weiterhin ist sicherzustellen, dass die Feedbackinformationen zu jeder Zeit verfügbar sind (VIII-2). Die Bereitstellung der Feedback-informationen muss integriert in der Umgebung des Produktentwicklers erfolgen, um operati-ve Aktivitäten (z. B. Informationssuche) zu minimieren (VIII-3). Die Integration bezieht sich sowohl auf die Produktentwicklungsprozesse als auch auf die verwendeten Methoden und IT-Werkzeuge. Der Zugriff auf die Feedbackinformationen sollte im Kontext der Produktent-wicklungsaktivität erfolgen (VIII-4). Dies bedeutet, dass zum einen die Sichtweise und Rolle des Produktentwicklers bei der Feedbackbereitstellung zu berücksichtigen ist. Zum anderen sollte der Zugriff auf die Feedbackdaten in Relation zum Produkt und zu den zugehörigen Entwicklungsdaten möglich sein. Hilfreich für eine kontextbezogene und einfache Feedback-bereitstellung ist eine anwendungsbezogene, benutzerfreundliche Visualisierung der aufberei-teten Feedbackinformationen (VIII-5).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

VIII-1 Dokumentation Die Feedbackinformationen und -analysen sollten fortlaufend dokumentiert werden. A

VIII-2 Verfügbarkeit Die Feedbackinformationen müssen zu jeder Zeit im Produktentwicklungsprozess verfügbar sein. A

VIII-3 Integrierte Bereitstellung Integrierte Bereitstellung des Feedbacks in der Um-gebung des Produktentwicklers. A

VIII-4 Kontextbezug Berücksichtigung der Sicht des Produktentwicklers

bzw. seiner operativen Tätigkeiten und Rolle, Bezug zum Produkt und seinen Daten.

B

VIII-5 Visualisierung Anwendungsbezogene Darstellung der Feedback-ergebnisse. B

Tabelle 3-8: Anforderungsliste für die Bereitstellung des Feedbacks

Verwendung des Feedbacks (IX)

Aus produktpolitischer Sicht führt der Ansatz der Kundenfeedback-Integration zu der Forde-rung, einem Kunden Produkte anbieten zu können, welche exakt die von ihm gewünschten Eigenschaften und keine von ihm nicht gewünschte Eigenschaft besitzen. Dazu müssen Pro-dukte bereits im Entwicklungsstadium auf der Basis der Feedbackinformationen hinsichtlich des Kundennutzens und der Zufriedenheit validiert werden (IX-1). Entspricht der Produktent-wurf nicht den Anforderungen des Kunden, sollten entsprechende Verbesserungs- und Opti-mierungsmaßnahmen eingeleitet werden (IX-2). Dazu müssen nicht nur aktuell erhobene, son-dern auch Feedbackinformationen vorheriger Produktgenerationen in den Maßnahmen berück-

Page 55: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

3.4 Anforderungen an das produktentwicklungsinterne Management des Feedbacks 37

sichtigt werden (IX-3). Auf diese Weise kann der Produktentwickler Rückschlüsse aus zurück-liegenden Produktbewertungen ziehen und diese zu aktuellen Feedbackinformationen in Be-ziehung setzten. Zur Unterstützung der Bewertung zeitlicher Feedbackentwicklungen kann die Dokumentation und Analyse der zeitlichen Kundenzufriedenheitshistorie dienlich sein (IX-4). Bei der Anwendung der Kundenfeedback-Integration sollte die Einhaltung der wirtschaftli-chen Rahmenbedingungen des Unternehmens gewährleistet werden, um mögliche Effizienzde-fizite in der Produktentwicklung zu vermeiden (IX-5).

Anf.-Nr. Anforderung Erläuterung Gewichtung

IX-1 Validierung Überprüfung des Produktentwurfs bzgl. des Kun-dennutzens/der -zufriedenheit. A

IX-2 Entwicklungsmaßnah-men

Ableiten von Maßnahmen auf Basis der Feedback-/ Kundenzufriedenheitsdaten. B

IX-3 Wiederverwendung Verwendung zurückliegender, relevanter Feed-backdaten für Folgeprojekte. A

IX-4 Zufriedenheits-Monitoring

Dokumentation und Analyse der zeitlichen Kunden-zufriedenheitshistorie C

IX-5 Wirtschaftlichkeit Einhaltung unternehmerischer, ökonomischer Rah-menbedingungen B

Tabelle 3-9: Anforderungsliste für die Verwendung des Feedbacks

Page 56: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 57: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4 Stand der Forschung und der Technik 39

4 Stand der Forschung und der Technik

Sowohl in der Praxis als auch in Wissenschaft und Forschung wird die Meinung vertreten, dass die frühe Berücksichtigung von Kundenbedürfnissen einen elementaren Erfolgsfaktor für das Unternehmen darstellt. Die verfügbaren Lösungsansätze zur Integration des Kunden in den Phasen der Produktentwicklung sind jedoch stark heterogen und resultieren aus sehr verschie-denen Blickwinkeln. Insbesondere die disziplinspezifische Herangehensweise an die Proble-matik der Kundenorientierung erfordert eine eingehende Analyse der unterschiedlichen Lö-sungsansätze zur Identifizierung derer Differenzen, möglicher Synergiepotenziale und des daraus resultierenden Handlungsbedarfs. Als wesentliche, relevante Sichtweisen sind die tech-nischen Disziplinen mit dem Fokus auf die Produktentwicklung und betriebswirtschaftliche Disziplinen mit dem Schwerpunkt des Marketings zu nennen. Im Rahmen der Analyse des Stands der Forschung und der Technik erfolgen eine detaillierte Untersuchung der Manage-mentansätze, Methoden und Werkzeuge dieser Disziplinen sowie die Analyse disziplinüber-greifender Lösungsansätze zur Integration des Kunden in den Produktentwicklungsprozess. Abbildung 4-1 zeigt eine Übersicht der für den Stand der Forschung und Technik relevanten Themengebiete und Lösungsansätze.

Abbildung 4-1: Übersicht der im Stand der Forschung und Technik behandelten Themenge-biete

Page 58: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

40 4 Stand der Forschung und der Technik

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung

Mit der Festlegung der Produktidee und einer konkreten Konstruktionsaufgabe erfolgt zu Be-ginn des Produktentwicklungsprozesses die Planung, Klärung und Präzisierung der Aufgaben-stellung. Dies beinhaltet die Zusammenführung verfügbarer, unternehmensinterner Informati-onen, die Identifizierung von Informationslücken sowie die Überprüfung und Ergänzung von Kundenanforderungen [EVSC1999a]. Die Ermittlung, Analyse und Umsetzung von Produktan-forderungen wird durch unterschiedliche Managementansätze in der Produktentwicklung un-terstützt.

Die Ermittlung und Analyse von Anforderungen findet im Rahmen des Requirement Enginee-rings und Managements statt. Die Verwaltung und Integration der zu dieser Umsetzung not-wendigen Prozesse, IT-Werkzeuge, Produktinformationen und organisatorischen Unterneh-mensbereiche ist Aufgabe des Product Lifecycle Managements (PLM). Insbesondere die PLM-Teildisziplin des Produktdatenmanagements bildet einen Schwerpunkt der digitalen Produkt-entwicklung. Die Planung, Bewertung und Kontrolle von innovativen Produktideen und Tech-nologien sind Inhalt des Technologie- und Innovationsmanagements. Einen Ansatz zur Quali-tätssicherung eines kundenorientierten Produktentwicklungsprozesses liefert der Stage-Gate-Ansatz.

4.1.1 Requirements Engineering und Management

Das Requirements Engineering beschreibt ein systematisches Vorgehen zur Identifikation, Dokumentation und Überprüfung von Anforderungen sowie die Formulierung von Abnahme-kriterien für ein technisches System. Das System kann Software, Hardware oder eine Kombi-nation von beidem sein. Requirements Engineering kam ursprünglich in der Softwareentwick-lung zum Einsatz, wird aber mittlerweile auch in der Anforderungsanalyse sachleistungsorien-tierter Produkte angewandt. Requirements Engineering stellt Analytikern Methoden und Werkzeuge zur Verfügung, mit deren Hilfe Anforderungen in einem bestimmten Anwen-dungsfall extrahiert werden können. Zusätzlich stellt Requirements Engineering in Verbin-dung mit Requirements Management ein etabliertes Verfahren dar, um Anforderungen kom-plexer Produkte oder Prozesse zu beherrschen [RUPP2002] [HAUM2000].

Ermittlung von Anforderungen

Zur Ermittlung von Anforderungen stehen zahlreiche Techniken zur Verfügung. Die richtige Wahl der Ermittlungstechnik richtet sich nach einigen Rahmenbedingungen, wie der Anforde-rungsanzahl, dem verfügbaren Budget, der Motivation und der Artikulationsfähigkeit des Kunden oder dem Innovationsgrad des Produktes. Zusätzlich sind funktionale und nicht funk-tionale Anforderungsarten, die schwerer zu quantifizieren sind, zu unterscheiden.

Page 59: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 41

Ermittlungstech-niken Ziele Eigenschaften Werkzeuge

Brainstorming

Perspektivenwechsel

Kreativitätstech-niken

Entwicklung neuer, innovati-ver Ideen durch Aufbrechen herkömmlicher Denkweisen

Eignet sich zur Sammlung erster Ideen, einzige Mög-lichkeit zur Entwicklung von Begeisterungsfaktoren Mind Mapping

Feldbeobachtung Beobachtungs-techniken

Erfassung von Abläufen zur Ermittlung von Vorgängen u. Verbesserungen

Eignet sich zur Ermittlung von detaillierten und unbewussten Anforderungen Apprenticing

Fragebogen

Interview

Selbstaufschreibung

Befragungstech-niken

Ermittlung von Wünschen und Bedürfnissen der Kun-den durch gezielte Fragen, Schilderung von Sachverhal-ten und Abläufen

Eignet sich zur Ermittlung von Anforderungen mit beliebigen Detaillierungsgrad, nicht funk-tionale Anforderungen sind schwer zu ermitteln

On-Site-Customer

Systemarchäologie Vergangenheits-techniken

Ausschluss von Produktfeh-lern, Kosteneinsparung

Bieten die Möglichkeit, Erfah-rungen erfolgreicher Produkte wieder zu verwenden Anforderungs-Reuse

Simulationsmodelle Feedback-Techniken

Anforderungs-Validierung, Qualitätssicherung

Vermeidung von Fehlinterpre-tationen/Missverständnissen Anforderungsreview

NLP14

Workshop

CRC15-Karten

Snowcards

Audio-Aufzeichnung

Video-Aufzeichnung

Anwendungsfälle

Essenzbildung

Unterstützende Techniken

Qualitätsverbesserung der Ergebnisse der o. g. Ermitt-lungstechniken, Verbesse-rung der Effektivität verwen-deter Ermittlungstechniken

Dienen als Hilfstechniken, sind primär nicht für die Er-mittlung von Anforderungen geeignet, werden in Kombi-nation mit den o. g. Ermitt-lungstechniken eingesetzt, Vereinfachung der Kommuni-kation mit den Kunden

Analogieschluss

Tabelle 4-1: Übersicht der Techniken zur Ermittlung von Anforderungen [RUPP2002]

Tabelle 4-1 zeigt eine Übersicht der Ermittlungstechniken und der entsprechenden Werkzeuge. An dieser Stelle soll nicht explizit auf alle Werkzeuge eingegangen werden. Nähere Informati-onen können der Literatur entnommen werden [RUPP2002]. In den Phasen der Produktent-wicklung verfolgen die Techniken zur Anforderungsermittlung primär das Schließen von An-forderungslücken. Hierzu kommen traditionelle Instrumente, wie Checklisten, Interviews, Fragebögen für Endkunden sowie direkte Gespräche mit Kunden und Service-Verantwortlichen zum Einsatz [EHRL2003] [STEI1996].

14 NLP: Neurolinguistische Programmierung, Methode und Techniken zur Förderung einer zielgerichteten

Kommunikation auf der Basis eines „Sprach-Metamodells“ 15 CRC: Class Responsibility Collaboration, Hilfsmittel für die objektorientierte Analyse in Gruppenarbeit durch

spielerisches Erkunden von Anforderungen

Page 60: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

42 4 Stand der Forschung und der Technik

Requirements Management

Aufgabe des Requirements Managements ist es, die durch die Ermittlungstechniken gewon-nen Anforderungen sowie die dazugehörigen Informationen zu pflegen und zu verwalten. Es etabliert ein definiertes Verfahren zur Beherrschung komplexer Entwicklungsprojekte, in de-nen die Anzahl extrahierter Anforderungen unüberschaubar wird. Zusätzlich werden Anforde-rungsänderungen durch Requirements Management systematisch handhabbar. Ziele des Re-quirements Management sind:

Überwachung und Vereinfachung von komplexen Produktentwicklungsprojekten,

Verbesserung der Qualität von Anforderungen, Produkten und Prozessen,

Reduzierung von Projektkosten und -durchlaufzeiten,

Verbesserung der Teamkommunikation.

Zu den wichtigsten Hilfsmitteln zur Erreichung dieser Ziele zählen das Rollen- und Workflowmanagement, Speicherung von Anforderungsinformationen in Formulartypen, so-wie Traceability16-Werkzeuge. Durch diese Hilfsmittel wird eine parallele und verteilte Bear-beitung der Anforderungen ermöglicht. [RUPP2002].

Weiterführende Lösungsansätze im Requirements Engineering

Die zunehmende Kundenorientierung in Wissenschaft und Praxis hat im Requirements Engi-neering zu Weiterentwicklungen der bestehenden Ansätze geführt. Einen Ansatz zu Orientie-rung der Anforderungsanalyse am Kunden liefert der Ansatz des Value Engineerings. Dieser Ansatz verfolgt die Erfassung der Zusammenhänge zwischen Kundenanforderungen, Leis-tungsprozessen und Technologien für die Identifikation besonders kritischer Parameter der Wertschöpfungskette [ADAM2005]. Der Ansatz basiert auf einer rekursiven Betrachtung des Wertschöpfungsprozesses. Die Methodik erlaubt eine gleichzeitige, parallele Analyse ausge-hend vom Markt (rekursiv, Value Engineering) sowie ausgehend von den Technologiepotenzi-alen (Competence Engineering) (vgl. Abbildung 4-2). Diese Vorgehensweise ermöglicht eine offene Planung technologischer Leistungsprozesse, die von erwarteten zukünftigen Zuständen ausgeht und differenziert sich damit von gängigen Verfahren der Produktplanung. So lassen sich bereits in einem sehr frühen Stadium der Produktentwicklung kundenorientierte Funkti-onsstrukturen erstellen [SCHÖ2003]. Im Gegensatz zu nicht veränderlichen Anforderungsspe-zifikationen, die frühzeitig die Prozesse der Produktentwicklung determinieren, kann durch Value Engineering auch auf Anforderungsänderungen adäquat reagiert werden [GERY2004].

16 Traceability: Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und Abhängigkeiten über alle Informationen und Rep-

räsentationsformen der Darstellung [RUPP2002]

Page 61: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 43

Abbildung 4-2: Value und Competence Engineering in der technologischen Wertschöp-fungskette [GERY2004]

Zur Erfassung von Kundenanforderungen in den späten Phasen der Produktentwicklung wer-den in der Praxis vermehrt Usability-Tests eingesetzt. Ziel ist die Überprüfung von Benutzer-freundlichkeit und Bedienbarkeit von Konsumgütern. Hierzu werden ausgewählte Versuchs-personen eingeladen, unterschiedliche Ausprägungen von Produktprototypen zu testen und zu bewerten (vgl. Abbildung 4-3). Aus den Beobachtungen und Antworten der Testpersonen las-sen sich Verbesserungsvorschläge ableiten, die direkt in die Überarbeitung des Produktdesigns einfließen können [GRRW2004].

Abbildung 4-3: Testmodelle eines Mobiltelefons und das aus den Usability-Tests resultie-rende Endprodukt [ASCH2003]

Page 62: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

44 4 Stand der Forschung und der Technik

Um Fehler in der Anforderungsanalyse zu vermeiden und Anwender stärker in die Analyse einzubinden, entwickelte die SOPHIST GROUP [SOPH2006] eine Methode, die direkt auf der Grundlage der in natürlicher Sprache verfassten Anforderungen arbeitet. Hierzu wurden Er-kenntnisse der Linguistik und Psychologie für IT-Werkzeuge nutzbar gemacht und Software-werkzeuge zur eindeutigen, vollständigen und widerspruchsfreien Aufdeckung von Anforde-rungen entworfen. Dieser Ansatz stellt eine Weiterentwicklung der Neurolinguistischen Pro-grammierung (NLP) dar [RUPP2002] [SOPH2006].

Den Aspekt der intensiven Kundeneinbindung greift Dünser auf. Sein Lösungsansatz zeichnet sich durch die Modellierung der kognitiven menschlichen Strukturen und deren Einbindung in das Einflussnetz des Produktes aus. Ziel ist das frühzeitige Erkennen späterer Akzeptanzbar-rieren beim Kunden durch die direkte Verbindung zwischen menschlichem Urteil und techni-schen Lösungen. Kern des Lösungsansatzes ist das „Grundinteresse“ des Kunden als theoreti-sche Erklärung der Ursache von Akzeptanzproblemen [DÜNS2004].

4.1.2 Product Lifecycle Management (PLM)

Der Ansatz des Product Lifecycle Managements entstand aus der konsequenten Weiterent-wicklung bestehender Ansätze des Engineering Data Managements (EDM) und Produktda-tenmanagement (PDM), die auf die Produktentwicklung bzw. Produktentstehung ausgerichtet waren. PLM adressiert hingegen den gesamten Produktlebenszyklus (vgl. Abbildung 4-4). Ins-besondere die zunehmende Komplexität von Engineering-Prozessen und von vernetzten, digi-talen Modellen sowie IT-Systemen führte zu dem integrierten Managementansatz PLM. Die-ser fokussiert global verteilte Engineering-Prozesse und berücksichtigt neben den unterneh-mensinternen Prozessen auch die der Zulieferer und Kunden. Dabei umfasst PLM die dazu erforderliche IT-Infrastruktur, die betroffenen Mitarbeiter und dynamischen Organisations-strukturen [ABRA2005a]. PLM ermöglicht die ganzeinheitliche Betrachtung des Produktle-benszyklus. Funktional verwaltet es nicht nur das vollständige Stamm- und Entwicklungsda-tenmanagement, sondern unterstützt und verbessert auch die Prozesse in der Produktentste-hung. Dabei zielt PLM nicht nur auf die Integration technischer Daten und Prozesse ab, son-dern ermöglicht ebenfalls die Vernetzung und Korrelation mit betriebswirtschaftlichen Kenn-größen, insbesondere durch Schnittstellen zu ERP17-Systemen [SBMS2006]. PLM lässt sich wie folgt definieren:

PLM umfasst Konzepte, Methoden und Werkzeuge zum Management von produktdefinie-renden Daten und von Engineering-Prozessen sowie zur Integration operativer Metho-den und Anwendungssysteme in kooperativen, global verteilten Produktlebenszyklen un-ter Einbeziehung von Herstellern, Kunden, Zulieferern und Partnern. [ABRA2005b] [MILL2003].

17 ERP: Enterprise Resource Planning

Page 63: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 45

Prozessorientierte Abgrenzung von PLM und Digital Engineering

Diese Definition bedingt eine Abgrenzung von PLM zum Digital Engineering. Die beiden Ansätze sind als komplementäre Konzepte zu verstehen, zwischen denen enge wechselseitige Beziehungen bestehen. Während PLM die Management-Prozesse des Engineerings unter-stützt, beinhaltet das Digital Engineering die operativen Engineering-Prozesse und Aufgaben (vgl. Abbildung 4-4). Zu diesen operativen Aufgaben zählen z. B. Anforderungs- und Funkti-onsmodellierung, Produktdesign, Modellierung und Simulation von Maschinen- und Produkti-onsprozessen (digitale Fabrik) sowie technische Produktdokumentationen.

Abbildung 4-4: Einordnung der Engineering-Prozesse in die Unternehmensprozesse und Abgrenzung von PLM zum Digital Engineering (angelehnt an [ABRA2005c])

Die Auswahl und Ausgestaltung von PLM-Bausteinen orientieren sich an den jeweiligen Be-trachtungswinkeln der zugrunde liegenden Prozesse und variieren je nach Branche und Eigen-schaften des Produktes (Komplexität, Standardisierungsgrad, Interdisziplinarität, etc.). Die Einteilung der Prozesse, die durch PLM verwaltet und gesteuert werden, orientiert sich am Beitrag zur Wertschöpfung in einem Unternehmen [SBMS2006]:

Kernprozesse, welche die operativen wertschöpfenden Prozesse im Sinne von End-to-End-Prozessen umfassen (z. B. Konstruktionsprozesse),

Managementprozesse, welche im Sinne der PLM-Strategie diese Kernprozesse steuern (z.B. Änderungs- und Freigabeprozesse),

Supportprozesse, die der Unterstützung der Kernprozesse dienen (z.B. Personalentwick-lungsprozesse).

Page 64: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

46 4 Stand der Forschung und der Technik

Methoden und Aufgaben von PLM

Neben den Methoden zur Unterstützung dieser Prozesse stellt PLM Methoden und Werkzeuge zur Verwaltung von Produkten und Produktinformationen sowie zur Organisation des Pro-duktlebenszyklus bereit. Die folgenden Tabellen zeigen eine Übersicht der wichtigsten PLM-Methoden:

Produktorientierte Methoden

Methode Ziele/Aufgaben

Variantenmanagement Abbildung und Verarbeitung von Produktvarianten (Strukturvarianten, Teilevarianten, Mengenvarianten) und deren Strukturen

Dokumentenmanagement Verwaltung von logischen Objekten (Metadaten) und deren Beziehun-gen untereinander sowie Handling von physikalischen Daten (Nutzda-ten)

Klassifikationsmanage-ment

Zusammenführung durch Ordnungssysteme von gleichen oder ähnli-chen Teilen zu Klassen (z. B. Gruppentechnik, Sachmerkmalleisten)

Versionsmanagement Kontrolle der Entstehungsgeschichte von Produkten, Baugruppen und Teilen sowie Dokumenten und Management von Beziehungen zwi-schen verschiedenen Versions(Änderungs-)ständen

Struktur-/Stücklisten-management

Abbildung, Verwaltung und Visualisierung von Beziehungen zwischen Produkten, Baugruppen und Teilen in einer Produktstruktur sowie Er-zeugung von anwendungsspezifischen Stücklisten

Produktportfoliomanage-ment

Hilfsmittel zur Abschätzung und Bewertung von Erfolgsaussichten eines Produktes sowie zur Planung der Produktstrategie

Prozessorientierte Methoden

Methode Ziele/Aufgaben

Freigabemanagement Definition und Steuerung von Freigabeabläufen für Dokumente, Projek-te und Produkte

Änderungsmanagement Konsistente Verwaltung von Konstruktionsänderungen sowie Speiche-rung von Änderungszeitpunkt, Änderungsgrund und beteiligten, verant-wortlichen Mitarbeitern

Konfigurationsmanage-ment

Verwaltung verschiedener, veränderlicher Konfigurationen einer Pro-duktstruktur und deren Gültigkeitszeiträume im Produktlebenszyklus

Workflowmanagement Organisation, Steuerung und Kontrolle von Arbeitsflüssen (Prozessen) zwischen organisatorischen Einheiten nach einem fest definierten Ab-lauf

Frontloading Integration von Simulation und Analyse bereits in der frühen Konstrukti-onsphase zur Absicherung möglichst vieler wichtiger Produktentschei-dungen durch virtuelle Versuche

Concurrent/Simultaneous Engineering

Parallelisierung einzelner Phasen des Produktenstehungsprozesses zur Reduzierung von Durchlaufzeiten durch gleichzeitig ablaufende Prozessaktivitäten

Page 65: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 47

Organisationsorientierte Methoden

Methode Ziele/Aufgaben

Collaborative Engineering Unterstützung der Kooperation zwischen Mitarbeitern des Unterneh-mens, Entwicklungspartnern, Zulieferern und Kunden durch virtuelle Projekträume, die eine gemeinsame Arbeit von verteilten Entwicklungs-teams ermöglichen

Multidisziplinäres Engi-neering

Integration von Methoden und IT-Werkzeugen und Mitarbeitern ver-schiedener Entwicklungsdisziplinen (z. B. Mechanik, Elektrik & Elektro-nik, Software)

Projektmanagement Planung, Steuerung und Überwachung von Ressourcen innerhalb eines Produktentwicklungsprojektes

Rollen- und Zugriffsmana-gement

Definition und Verwaltung von unterschiedlichen Mitarbeiterrollen im Produktlebenszyklus sowie Kontrolle von Zugriffen auf Prozess- und Produktdaten durch fest definierte Zugriffsregeln

Tabelle 4-2: Prozess-, produkt- und organisationsorientierte PLM-Methoden [ABRA2005a] [SAIM2002] [EIOV2005] [EVSC1999a] [KONS2004]

PLM-IT-Architektur und -Infrastruktur

Die beschriebenen PLM-Methoden werden durch eine PLM-IT-Architektur und -Infrastruktur unterstützt. Zentrales Element der Infrastruktur ist die logische Vernetzung und Integration primärer und sekundärer Datenmodelle auf einer übergeordneten Managementebene durch Metadatenmodelle (vgl. Abbildung 4-5).

Abbildung 4-5: PLM-IT-Architektur und -Infrastruktur [ABRA2005c]

Page 66: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

48 4 Stand der Forschung und der Technik

Zu den primären Daten zählen die Produkt-, Prozess- und Projektdaten. Diese Daten stellen Referenzdaten (Mastermodelle) dar, aus denen weitere spezielle oder vereinfachte Daten (se-kundäre Daten) für weitergehende Engineering-Anwendungen (z. B. virtuelle Prototypen für Simulationen oder Digital Mockup-Modelle) abgeleitet werden [ABRA2005a]. Sowohl die Referenzdaten als auch abgeleitete Daten sind physikalische Nutzdaten, die durch die Metada-ten integriert beschrieben werden. Die Verwaltung der Metadatenmodelle sowie der zugeord-neten Nutzdaten erfolgt durch Produktdatenmanagement-Systeme (PDM-Systeme). Sie bilden das datentechnische Rückrat der PLM-IT-Infrastruktur und ermöglichen durch föderierte Techniken die Integration verteilter Datenbestände und Prozesse. Gleichzeitig sind PDM-Systeme die Integrationsdrehscheibe für die Anwendungen des Digital Engineerings und bil-den die Schnittstelle zwischen der PLM-IT-Infrastruktur und externen Anwendung (z. B. CRM, SCM, etc.) [EIST2001].

Erweiterte Lösungs- und Forschungsansätze im PLM-Umfeld

Produktinformationen aus den organisatorischen Engineering-Bereichen stellen für die Unter-nehmensbereiche Service und Aftersales wertvolle Informationen dar, deren Beschaffung ohne die Schnittstellenunterstützung lange Informationswege und -brüche nach sich ziehen würde [BERG2004]. Aktuelle Forschungsprojekte im PLM-Umfeld adressieren daher verstärkt die Schaffung eines durchgängigen, bidirektionalen Informationsflusses bis hin zum Endkunden unter Verwendung von bereichsübergreifenden PLM-Lösungen und „Design for X Methoden“ [FREY2005]. Der Sonderforschungsbereich (SFB) 361 beschäftigte sich mit der Entwicklung neuer Modelle und Methoden für eine am Kunden ausgerichtete, integrierte und parallele Pro-dukt- und Prozessgestaltung [SOND2001].

Insbesondere die Anbindung von kundenorientierten IT-Systemen, wie den CRM-Systemen, wird stetig vorangetrieben. Schwerpunkte bilden die Transformation von Engineering-Stücklisten in Vertriebs-Stücklisten sowie das bereichsübergreifende Management von Kun-denanforderungen. Die Integration von CRM und PLM basiert auf einer generischen Produkt-struktur im PLM, die eine Generierung von kundenorientierten Produktkonfigurationsmög-lichkeiten erlaubt (z. B. für Produktkonfiguratoren) [RAPC2004]. Weitere Ansätze verfolgen die Implementierung eines kundenorientierten Produktmodells durch Reduzierung der Pro-duktkomplexität, um eine Konfiguration von Produktmodulen direkt auf der Basis des Pro-duktmodells zu ermöglichen. Dazu werden aus Kundenprofilen personalisierte „Produktmo-dellmasken“ für Produktkonfiguratoren abgeleitet, die unmittelbar auf das Produktmodell zugreifen [LELA2003]. In dem Forschungsprojekt CAWICOMS wurde der Ansatz kundenori-entierter Produktkonfiguratoren um den Aspekt des Collaborative Engineerings erweitert. Hierzu werden über einen XML18-Datenaustausch Produktinformationen der Zulieferer zu-sammengeführt und von einem Provider als kundenindividueller, vertriebsorientierter Pro-duktkonfigurator konsistent zur Verfügung gestellt [CAWI2006]. 18 XML: Extensible Markup Language, erweiterbare Auszeichnungs-Sprache und Standard des World Wide

Web Consortium (W3C)

Page 67: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 49

4.1.3 Technologie- und Innovationsmanagement

In der wissenschaftlichen Literatur findet man eine starke Vermischung der Begriffe Techno-logie- und Innovationsmanagement. Technologiemanagement beinhaltet die Planung, Steue-rung und Kontrolle von technologischen Aktivitäten in einem Unternehmen mit dem Ziel, normative Informationen und Folgerungen für das Management bereitzustellen [ALLE1998]. Zu den Aufgaben des Technologiemanagements zählen die Technologiefrüherkennung, Tech-nologieentwicklung, Technologieplanung und Technologiebewertung. Das Management von Technologien charakterisiert sich durch die Schaffung einer technologischen Know-how-Grundlage in oberen Führungsgremien und die originäre Willensäußerung zu Technologie-grundlagen innerhalb der Unternehmenspolitik. Zusätzlich spielen schutzrechtliche Fragen wie bestehende Patente, Lizenzen oder auch Forschungsergebnisse eine wesentliche Rolle.

Aufgabe des Innovationsmanagements ist die Bildung der erforderlichen Basis für das gezielte und schnelle Hervorbringen einer geplanten Innovation in einem Unternehmen. Es umfasst die systematische Planung, Umsetzung und Kontrolle von Ideen und ist auf die Verwertung dieser Ideen ausgerichtet [SCHW2002]. Das Innovationsmanagement wird als Teil der Unterneh-mensstrategie aufgefasst und kann sich auf Produkte, Services, Fertigungsprozesse, Organisa-tionsstrukturen oder Managementprozesse beziehen. Während Produktinnovationen darauf ausgerichtet sind, Kundenbedürfnisse zu befriedigen, sind Prozessinnovationen meist auf Ver-besserung der Effizienz und Effektivität von Produktentwicklungs- und Produktionsverfahren ausgerichtet. Von Wartburg greift diesen Aspekt auf und stellt in seiner Arbeit einen Ansatz zur Integration von interdisziplinären Unternehmensbereichen (Produktentwicklung, Ferti-gung, Marketing) und Kunden auf der Basis des Wissensmanagements unter Einbeziehung der JINI19-Technologie vor [WART2000].

Zu den Schwerpunkten der Innovationsmanagementaufgaben zählen:

Messung des Innovationsgrades und Management des Technologielebenszyklus,

Bewertung von Innovationsideen und

Innovationscontrolling.

Technologielebenszyklus

Wie in Kapitel 2.1.2 beschrieben lassen sich Innovationen anhand ihres Innovationsgrades in radikale und inkrementelle Innovationen differenzieren. Die Darstellung und Einordnung die-ser beiden Innovationsstufen erfolgt in der Regel in Form der technologischen S-Kurve (vgl. Abbildung 4-6).

19 JINI (Java Intelligent Network Infrastructure) wurde von Sun Microsystems basierend auf der Programmier-

sprache Java entwickelt und stellt ein Framework zum Programmieren von verteilten Anwendungen dar, die besondere Anforderungen an die Skalierbarkeit und die Komplexität der Zusammenarbeit zwischen den ver-schiedenen Komponenten stellen. JINI bietet eine flexible Infrastruktur, über die Services in einem Netzwerk bereitgestellt werden können. [SUNM2005]

Page 68: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

50 4 Stand der Forschung und der Technik

Abbildung 4-6: Eingliederung von radikalen und inkrementellen Innovationen in das Tech-nologielebenszykluskonzept (angelehnt an [SPBE1996], [FOST1988])

S-Kurven-Modelle basieren auf der Idee der Technologielebenszyklen und gehen davon aus, dass Technologien ähnlich wie Produkte einen typischen Lebenszyklus aufweisen [WART2000]. Die technologische S-Kurve beschreibt die Leistungsfähigkeit einer Innovation in Abhängigkeit vom kumulierten Forschungs- und Entwicklungsaufwand. Die Leistungsfä-higkeit der Technologie wird in Abhängigkeit von dem jeweiligen Produkt durch einen oder mehrere Leistungsparameter beschrieben (z. B. Betriebsdauer, Funktionsumfang, Display-Auflösung eines Mobiltelefons) und anhand der parameterspezifischen Leistungsmaße gemes-sen. Weil der kumulierte Forschungs- und Entwicklungsaufwand teilweise schwer zu erfassen ist, wird häufig die Ersatzgröße „Zeit“ verwendet. Die technologische S-Kurve lässt sich in die drei Phasen „langsames, anfängliches Wachstum“ (Schrittmacher), „rasches, exponentielles Wachstum“ (Schlüssel) und „langsames Wachstum bei asymptotischer Annäherung der Leis-tungskurve an eine natürliche Grenze“ (Basis-/verdrängende Technologie) unterteilen.

Innovationsbewertung

Die Bewertung von Innovationsideen beinhaltet technische, ökonomische und psychologische Bewertungsverfahren. Die technischen Verfahren lassen sich in externe (unternehmensunab-hängig) und interne (unternehmensabhängige) Verfahren unterteilen. Die externe Bewertung verfolgt die Analyse unterschiedlicher firmen- und branchenübergreifende Potentiale, wie Technologie- und Folgepotentiale, Innovationsaufwand und Bedarfspotenziale. Die internen, technischen Verfahren orientieren sich am Ressourcen- und Innovationsaufwand sowie an der relativen Technologieposition des Unternehmens im Konkurrenzvergleich [SEPF1992]. Öko-

Page 69: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 51

nomische Bewertungsverfahren zielen auf die wirtschaftliche Evaluierung einer Innovation ab und stützen sich u. a. auf Kosten-Nutzenanalysen und Scoring-Modelle bzw. Nutzwertanaly-sen. Psychologische Bewertungsverfahren befassen sich mit dem Käuferverhalten und stellen das potentielle Kundenverhalten in den Mittelpunkt der Betrachtung. Eine systematische Me-thode zur strategischen Innovationsbewertung stellt die Verwendung von Innovationsbewer-tungsmatrizen dar. Sie dient der Analyse von Wechselbeziehungen zwischen Wettbewerbspo-sition, Erfolgsfaktoren der Innovation und innovatorischen Gestaltungsbereichen [EVSC1999b].

Innovationscontrolling

Das Controlling von Innovationen ist als Dienstleistungsfunktion in einem Unternehmen zu verstehen. Es übernimmt im Bereich des Innovationsmanagement die Funktionen der Bereit-stellung von innovationsspezifischen Informationen und trägt so zur Planung, Koordination und Kontrolle des betrieblichen Innovationsgeschehens bei. Zu den beiden wichtigsten Kom-ponenten des Innovationscontrollings zählen das operative und das strategische Controlling [BOVV1999]. Das operative Controlling verwaltet die Abwicklung von Forschungs- und Ent-wicklungsprojekten, während das strategische Controlling die effektive Gestaltung des For-schungs- und Entwicklungsprogramms zur Sicherung des Unternehmenserfolgs steuert.

Abbildung 4-7: Innovationscontrolling und Entwicklungstrichter

Der Unterschied kann anhand des „Entwicklungstrichters“ verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 4-7). Das operative Controlling ist dafür verantwortlich, die Projekte möglichst schnell und effizient durch den Trichter zu bringen. Das strategische Controlling steuert die Position des Trichters und die angemessene Verteilung der Projekte im Trichter. Die Phase der

Page 70: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

52 4 Stand der Forschung und der Technik

Ideengenerierung wird auch als Fuzzy Front-End bezeichnet [KOEN2001]. Die Aktivitäten im Fuzzy Front-End bilden das Bindeglied zwischen der Unternehmensstrategie und dem Pro-duktentwicklungsprozess [KONI2004]. Es beinhaltet die Bewertung sowie Auswahl von neuen Geschäftsfeldern und Produktideen. Die daran anschließende Projektierung und die operativen Entwicklungstätigkeiten werden anhand der Kennzahlen Qualität, Kosten, Effizienz, Durch-laufzeit und Markteinführungszeitpunkt beurteilt und ggf. korrigiert.

Kundenorientierte Forschungsansätze des Innovationsmanagements

Hahner erweitert die erläuterten Bewertungsansätze durch ein Konzept zur Bewertung von Innovationsideen mit Hilfe von Lebenszyklusaufwand. Dabei werden Produktlebenszykluskos-ten auf Unternehmens- und Kundenebene so zusammengefasst, dass das wirtschaftliche Risiko von Innovationen bestimmt werden kann. Die Marktorientierung stellt durch den Vergleich von Nutzengrößen und Innovationsidee den Kern des Bewertungsverfahrens dar [HAHN2000].

Eric von Hippel greift den Aspekt der Kundenorientierung in Innovationsvorhaben auf und liefert einen Lösungsansatz zur Identifizierung und Gewinnung von „sticky information“. Hierunter wird schwer zu verbalisierendes, implizites Wissen des Kunden verstanden. Der Ansatz beruht auf der Erkenntnis, dass zwischen der „Stickiness“ („Klebeverhalten“) von In-formationen und dem Ort der innovationsbezogenen Problemlösungsaktivität ein direkter Zu-sammenhang besteht. Der Ansatz beschreibt daher ein Vorgehensmodell zur Aufteilung von Innovationsprojekten und -prozessen auf die Lokalitäten, an denen „sticky information“ ver-fügbar sind. Von Hippel entwickelte neue Prozessmuster, die eine verteilte, IT-gestützte Ent-wicklung und Konfiguration maßgeschneiderter Produktlösungen durch den Kunden anstreben [HIPP1998] [MORH2000].

Im Zusammenhang mit der IT-Unterstützung ist in der wissenschaftlichen Literatur der Ansatz der virtuellen Kundenintegration zu finden [FÜMB2004]. Sie zeichnet sich gegenüber der klassischen Vorgehensweise bei Market-Pull-Innovationen zum einen durch eine verstärkte Kundenorientierung aus. Zum anderen ermöglicht sie eine Vielfalt und Flexibilität von Inno-vationen zur Differenzierung im Wettbewerb [MEPF1998]. Die Integration erfolgt in den meis-ten Fällen über das Internet in Form von virtuellen Kundengruppen20 und zielt auf die Gewin-nung von Kundeninformationen für den Innovationsprozess ab [FÖKR2004].

Einen Ansatz zur Steigerung de Innovationsmanagementeffizienz liefert die Methode des Lean Innovation [SCKP2005]. Diese verfolgt die Idee der Übertragung von „Lean Thinking“, das bisher primär in der Produktion zur Anwendung kommt, auf das Innovationsmanagement. Lean Thinking steht für die Erhöhung des Kundennutzens und die konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf die wertschöpfenden Prozesse. Da auch das Hervorbringen von Innova-tionen der Steigerung des Kundennutzens dient, setzt der erste Teil des Lean Innovation an dieser Analogie an: Fokussierung auf den wahrgenommenen Kundennutzen von Innovationen. Der zweite Teil des Ansatzes konzentriert sich auf den Wertschöpfungsbeitrag der Innovati- 20 Siehe auch Kapitel 4.4.2: Communities (Virtuelle Kundengruppen)

Page 71: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.1 Managementansätze in der Produktentwicklung 53

onsprozesse, um zu analysieren, welche Unternehmensprozesse tatsächlich zu Innovationen beitragen, den Kundennutzen erhöhen und Produktkosten senken. Um das Prinzip des Lean Thinking auf das Innovationsmanagement anzuwenden, müssen die in Abbildung 4-8 darge-stellten Evolutionsstufen durchlaufen werden [SCKP2005].

Abbildung 4-8: Evolutionsstufen des Lean Innovation Ansatzes [SCKP2005]

4.1.4 Das Stage-Gate-Modell

Das Stage-Gate-Modell wurde von Robert G. Cooper im Jahre 1986 mit dem Ziel entwickelt, Entwicklungsprozesse von Produkten, Abläufen und Organisationsstrukturen zu systematisie-ren und zu verbessern. Das Stage-Gate-Modell kann sowohl auf den Unternehmenssektor als auch auf den Umfang eines Projektes angepasst werden. Durch die Einbindung von verschie-denen organisatorischen Unternehmensbereichen (z. B. Konstruktion, Marketing, etc.) und Know-how-Trägern in den Produktentwicklungsprozess verbessert der Stage-Gate-Ansatz die unternehmensinterne Kommunikation und Kooperation [KLGC1996].

Kern des Ansatzes ist der Stage-Gate-Prozess, der im Unterschied zum traditionellen Innova-tionsprozess in festgelegte Stufen („Stages“) unterteilt ist. Jedes Stage enthält einen fest defi-nierten Anfangs- und Endpunkt sowie Richtlinien für die bereichsübergreifende Bearbeitung des Stages. Diese Richtlinien enthalten ein Repertoire an vorgeschriebenen, krossfunktionalen, parallel ablaufenden Aktivitäten und projektspezifischen Methoden. Zwischen den einzelnen Stages befinden sich Entscheidungs- bzw. Kontrollpunkte, die sog. „Gates“. Sie dienen als Qualitätskontrolle des davor liegenden Stages und der „stop or go“-Entscheidung für das nächste Stage [COKL2001]. Der Stage-Gate-Prozess beginnt stets mit einer Idee und endet mit einem Review (Rückblick). Abbildung 4-9 zeigt das Modell des Stage-Gate-Prozesses.

Page 72: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

54 4 Stand der Forschung und der Technik

Abbildung 4-9: Modell des Stage-Gate-Prozesses nach Cooper [COOP2002] [SEID2005]

Jedes Projektmitglied hat eine Schüsselposition zur Informationsgewinnung inne, um das Pro-jekt zum nächsten Gate zu führen. Dabei existieren keine isolierten Entwicklungs- oder Mar-keting-Stages. Vielmehr erfolgt in den einzelnen Stages eine Bündelung von multifunktionalen Aktivitäten, die von einzelnen Teammitgliedern aus unterschiedlichen Abteilungen und Hie-rarchieebenen parallel bearbeitet werden. Die bereichsübergreifende Strukturierung des Pro-zesses verfolgt die Gewährleistung von bewährten Praktiken, die Berücksichtigung von 15 Erfolgsfaktoren (z. B. frühzeitige Produktdefinition) und das Erreichen von 8 Zielen (z. B. überlegendes Produkt). Um die Risiken minimieren zu können, müssen die parallel ablaufen-den Aktivitäten so entworfen werden, dass essentielle Informationen (technische, marktspezi-fische, finanzielle, operative) im adäquaten Umfang generiert werden. Jedes Stage benötigt mehr finanzielle Ressourcen als das Vorgänger-Stage. Gleichzeitig sinkt das Investitionsrisiko mit der Abnahme von Unsicherheiten im Laufe des Stage-Gate-Prozesses [COOP2002].

Page 73: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen 55

An den Gates erfolgt die Überprüfung der Ergebnisse des vorangegangenen Stages. Produkt-ideen, die nur als durchschnittlich oder nicht Erfolg versprechend identifiziert werden, werden an den Gates beendet. Zudem erfolgt an jedem Gate die Zuweisung und Verteilung von Res-sourcen durch Vertreter des Top Managements und durch den Projektleiter. Am Ende des Sta-ge-Gate-Prozesses steht ein Review zur kritischen Betrachtung des Gesamtprojektes.

Die schematische Darstellung des Stage-Gate-Modells charakterisiert sich durch den linear, sequentiellen Ablauf der Stages. In der Praxis ist jedoch eine parallele, sich überlappende Be-arbeitung von Entwicklungsaufgaben die Regel. Dadurch kann es dazu kommen, dass Aktivi-täten in einem Stage bereits durchgeführt werden, bevor das vorgelagerte Gate passiert worden ist. Im Falle eines Nicht-Bestehens der Prüfkriterien dieses Gates werden jedoch die nachgela-gerten Aktivitäten des Stages eingestellt [STEI1996].

Das Stage-Gate-Modell wurde in unterschiedlichen Generationen weiterentwickelt. Derzeit stellt das Modell der dritten Generation das aktuelle dar. Es unterscheidet sich von der zweiten Generation durch die Flexibilisierung des Modells, da die sequentiellen Stages den Innovati-onsprozess verlangsamen können. Das Modell der dritten Generation charakterisiert sich durch fließende Übergänge zwischen Stages und die zunehmend Parallelisierung von Tätigkeiten, was zur Beschleunigung des Gesamtprozesses beiträgt21 [SEID2005] [COOP2002].

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kun-denanforderungen

In der wissenschaftlichen Literatur herrscht weitestgehend Einigkeit darüber, dass das unter-schiedliche Bewerten eines Produktes und die damit verbundene Kaufentscheidung des Kun-den auf differenzierten Kundenbedürfnissen beruhen [HIMA2004]. In Wissenschaft und Praxis existieren bereits einige Lösungsansätze zur Identifikation und Analyse von Kundenanforde-rungen und deren Strukturen. Dieses Kapitel erläutert die wichtigsten Methoden und Verfah-ren zur Ermittlung von Kundenanforderungen sowie deren Bewertung und Überführung in technische Anforderungen für die Produktentwicklung. Dazu werden disziplinübergreifend sowohl marketingorientierte als auch technisch orientierte Lösungsansätze näher untersucht.

4.2.1 Beobachtung von Kunden

Die Methode der Kundenbeobachtung ist den objektiven Verfahren zuzuordnen, da Kunden eine passive Rolle einnehmen und die Beobachtungsergebnisse nicht durch das subjektiv ge-prägte Produktempfinden des Kunden beeinflusst werden. Die Beobachtung von Kunden bzw. Anwendern ist eine spezielle Form der Situationsanalyse und wird meist durch videotechni- 21 Gates der dritten Generation („Fuzzy Gates“) können nicht nur die Zustände „offen“ oder „geschlossen“,

sondern auch Zwischenstände annehmen. Entscheidungen an einem Gate können in Abhängigkeit vom Ein-treten späterer Ereignisse und in Abwesenheit relevanter Informationen getroffen werden.

Page 74: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

56 4 Stand der Forschung und der Technik

sche Aufzeichnung des Produktnutzungsverhaltens und der Reaktionen der Kunden durchge-führt [HERS1991] [KAIS2002]. Dabei wird zum einen die Nutzung von Produktfunktionen analysiert, die sich in dem logischen Anwendungsverhalten des Kunden widerspiegelt. Zum anderen adressiert die Beobachtung emotionale Aspekte des Kundenverhaltens, wie z. B. Tast- und Geräuschempfinden [BELH2002].

Die Methode der Kundenbeobachtung kommt dann zum Einsatz, wenn Informationen nicht oder nur unbefriedigend auf kommunikativem Weg ermittelt werden können. Sie gibt dabei nicht nur Aufschluss über Schwierigkeiten bei der Produktanwendung, sondern dient auch der Erkennung von Fehlanwendungen. Zur Durchführung der Beobachtung werden ausgesuchte, kooperative Probanden eingesetzt. Die Protokollierung und Auswertung der ermittelten Beo-bachtungsdaten erfolgt durch geschulte Mitarbeiter, i. d. R. mittels detaillierter Funktions- und Ablaufanalysen. Dabei können grundsätzlich zwei Vorgehensweisen unterschieden werden:

1. Beobachtung in künstlicher Umgebung (Labor bzw. Produktklinik)

2. Beobachtung in natürlicher Umwelt des Kunden (Empathic Design)

Produktklinik

Die von Wildemann entwickelte Methode der Produktklinik stellt ein Konzept für einen funk-tionsübergreifenden institutionalisierten Lernort dar, bei dem Versuchspersonen in eine für sie künstliche Umgebung gebracht werden. Durch Lernen an einem konkreten Produkt werden kundennutzenrelevante Faktoren mit technischen Kennzahlen kombiniert, um Effekte der an-wendertypischen Wahrnehmung zu selektieren. Das Team der Produktklinik setzt sich neben den Versuchspersonen interdisziplinär aus Unternehmensmitarbeitern der Produktlebenspha-sen, in denen Nutzen stiftende Produktmerkmale festgelegt werden, zusammen. Zur Ermitt-lung von Problemlösungsanforderungen der Kunden kommen das Conjoint Measurement und Quality Function Deployment zum Einsatz. Auf diese Weise ermittelte Best Practice Lösun-gen werden durch Reverse Engineering auf die eigenen Produkte und Prozesse angewendet [WILD1999].

Empathic Design

Empathic Design eignet sich besonders zur Identifikation latenter Bedürfnisse, die im natürli-chen Umfeld des Anwenders entstehen. Kunden gewöhnen sich häufig an die Nutzung der aktuellen Produkte, sodass ihnen Verwendungsprobleme nicht mehr bewusst sind und sie im-plizite Strategien entwickeln, um die Probleme zu lösen. Vorteil gegenüber der Produktklinik ist die Möglichkeit, auch unentdeckte Informationen identifizieren zu können, da die Interakti-on des Produktes mit der Nutzungsumwelt des Kunden berücksichtig wird. Weiterhin ist es möglich, alternative Produktverwendungen der Kunden zu ermitteln. Die Prozesse, die beim Empathic Design durchlaufen werden, können in vier Schritte - von der Vorbereitung über die Beobachtung bis zur Entwicklung erster Problemlösungen für neue Produkte - unterteilt wer-den [LÜTH2004a] (vgl. Abbildung 4-10).

Page 75: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen 57

Abbildung 4-10: Phasen des systematischen Empathic Designs (in Anlehnung an [LÜTH2004a])

4.2.2 Kundenbefragungen

Bei der Kundenbefragung nimmt der Kunde im Vergleich zur Beobachtung eine aktivere Rol-le ein. Die Initiative für die Integration und Steuerung der Interaktion geht jedoch vom Anbie-ter aus. Befragungsmethoden dienen primär der Ermittlung der Kundenzufriedenheit und stüt-zen sich auf Verfahren zur Kundenzufriedenheitsmessung22.

Die Befragung von Kunden bietet gegenüber der Kundenbeobachtung den Vorteil, die Mei-nung des Kunden bereits in der Phase der Produktentstehung berücksichtigen zu können. Al-lerdings resultieren aus der Befragungstechnik zumeist nur Vorschläge für Produktverbesse-rungen, aber nur selten weiterführende Erkenntnisse für echte Produktneuerungen. Dies lässt sich auf die durch die Befragungstechnik bedingte Einschränkung der Möglichkeit des Kunden zurückführen, zukunftsorientierte Problemlösungen formulieren zu können [FÖKR2004]. Zu-dem sind sich die Befragten häufig nicht der Bedürfnisse oder unbefriedigten Probleme be-wusst oder verfügen nicht über eine ausreichende Fachkompetenz zur Problemanalyse. Die Qualität der Befragungsergebnisse hängt somit entscheidend von dem Wissen, Kenntnisstand, den Erfahrungen und Einsichten der befragten Anwender ab [HERS2004].

Die Durchführung von Befragungen erfolgt entweder durch strukturierte oder unstrukturierte sowie direkte oder indirekte Fragen und bedient sich – je nach Kundengruppe und Marktseg-ment – unterschiedlicher Medien [ZIBÄ2004]:

Telefonische Umfrage durch ein unabhängiges Institut,

Schriftliche Umfrage durch ein unabhängiges Institut,

Kundenworkshops unter neutraler Moderation,

Kundebefragung durch dem Produkt beiliegende Fragebögen,

22 Siehe Kapitel 4.3: Methoden zur Messung der Kundenzufriedenheit

Page 76: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

58 4 Stand der Forschung und der Technik

Befragung durch das Service-Personal des Unternehmens,

Online/elektronische Befragung im Internet.

Produktpositionierungsmodelle

Zur Verbesserung der Befragungsergebnisse kann die Kundenbefragung methodisch zusätz-lich unterstützt werden. Ein Lösungsansatz hierzu sind sog. Produktpositionierungsmodelle, die verwendet werden, um Produkte in Wahrnehmungsräume (meist Matrizen) einzuordnen. Die Achsen der Räume bilden die Produktmerkmale ab, welche die Kaufentscheidung der Kunden wesentlich beeinflussen. Die verschiedenen Positionen der Produktangebote in den Räumen liefern erste Hinweise für mögliche Innovationsfelder. Zur Bestimmung der Produkt-wahrnehmungsräume stehen alternativ die Faktorenanalyse oder die multidimensionalen Ska-lierung zur Verfügung [HERS1991] [LÜTH2004a].

Means-End-Ansatz

Der Means-End-Ansatz stellt einer Erweiterung der Befragungstechniken dar. Er basiert auf dem Grundgedanken, dass Kunden erst innerhalb des Informationsverarbeitungsprozesses eine Vorstellung über die Eignung des Produktes als Mittel („means“) zur Verwirklichung ihrer persönlicher Wünsche und Ziele („end“) entwickeln.

Im ersten Schritt erfolgt die Befragung von Kunden nach subjektiv wahrgenommenen Pro-dukteigenschaften. Im zweiten Schritt werden unter Verwendung des vertikalen Laddering-Verfahrens23 diese Produkteigenschaften auf funktionale und soziale Nutzenkomponenten bzw. wahrgenommene Konsequenzen und die dahinter stehenden Werterhaltungsmotive abge-bildet. Im Rahmen des horizontalen Laddering-Verfahrens wird im Anschluss untersucht, in-wieweit die ermittelten Produkteigenschaften aus Kundensicht den realen Produkteigenschaf-ten aus Unternehmenssicht entsprechen. Diese Informationen werden als Bezugsrahmen für den Block der Kundenanforderungen im QFD24 verwendet.

4.2.3 Auswertung von Service- und Aftersales-Daten (Felddaten)

Zur Auswertung von Kunden- und Produktnutzungsinformationen (Felddaten) nutzen produ-zierende Unternehmen schon seit einigen Jahren den Service- und Aftersales-Bereich. Die engen, vertrauensvollen und langjährigen Kontakte der Service- und Aftersales-Mitarbeiter zu Kunden bieten gute Voraussetzungen für ein besseres Verständnis der spezifischen Kundenan-forderungen [HERS2004]. Allerdings erfolgt die Analyse dieser Informationen überwiegend durch betriebswirtschaftlich orientierte Unternehmensbereiche zur Ableitung einer Produkt-strategie und -politik, auch wenn technisch ausgerichtete Unternehmensbereiche, wie die Pro- 23 Laddering stellt eine strukturierte, qualitative Befragungs- und Analysemethode zur systematischen Generie-

rung und Analyse hierarchisch organisierter Kognitionen dar. 24 Siehe auch Kapitel 4.2.5: Quality Function Deployment

Page 77: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen 59

duktentwicklung, die Bedeutung einer systematischen Informationsrückführung aus den späten Produktlebenszyklusphasen bereits erkannt haben [PABE1997].

Die Ermittlung und Analyse von Felddaten verfolgt prinzipiell folgende Ziele [EDLE2001]:

Identifizierung von Fehlern und Produktschwachstellen, die weder während der Produkt-entstehung noch bei Qualifikationstests erkannt wurden,

Gewinnung von Informationen über das Produktverhalten (z. B. Zuverlässigkeit, Lebens-dauer, Kosten),

Ermittlung von Informationen über Konkurrenten, Kunden und deren Anforderungen,

Rückmeldung über die Wirksamkeit getroffener Maßnahmen,

Dokumentation der Produktqualität (u. a. zur Abwehr von Haftungsansprüchen).

Management von Service-bezogenem Wissen

Die Extraktion von relevanten Felddaten für die Produktentwicklung gestaltet sich mitunter schwierig, da das Wissen über Anwenderprobleme bei den entsprechenden Service-Mitarbeitern meist implizit vorhanden ist und somit nicht einfach abgerufen werden kann. Ab-gesehen von der fehlenden Zeit, dieses Wissen durch Mitarbeiter dokumentieren zu lassen (z. B. durch Formulare), mangelt es den Außendienstmitarbeitern häufig an dem notwendigen Bewusstsein für die Bedeutung von Kundeninformationen [HERS2004]. Bestehende For-schungsansätze konzentrieren sich daher auf die Implementierung eines bereichsübergreifen-den Wissensmanagementsystems (z. B. durch die Modellierung von Wissenskarten) oder die systematische Erfassung und Nutzung von Informationen über Störfälle während der Produkt-nutzung (Konzept des Service Driven Designs) [ASED2003] [EISE1999].

Informationsfluss zur Produktentwicklung

Die Nutzung von Felddaten in der Produktentwicklung setzt einen durchgängigen und effi-zienten Informationsfluss zu den für die Produktinnovation zuständigen Stellen voraus. Die korrekte Aufnahme und Weitergabe der Anwenderinformationen ist hierbei eine zentrale Vor-aussetzung für die effiziente Informationsverarbeitung. Zur Gewährleistung der Informations-rückführung existieren bereits wissenschaftliche Ansätze, die sich vorrangig auf die Entwick-lung eines erweiterten Datenmodells zur Abbildung von Felddaten und kausalen Zusammen-hängen stützen sowie eine Web-basierte Erfassung von Felddaten anstreben [EDLE2001] [WOLL1994].

4.2.4 Kano-Methode

Die Methode der Kano-Analyse wurde Ende der siebziger Jahre von Noriaki Kano entwickelt. Sie stellt ein Verfahren dar, um den Einfluss von Kundenanforderungen auf die Zufriedenheit der Kunden zu bestimmen [BEWE2004]. Die Wechselwirkung zwischen Anforderungen und

Page 78: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

60 4 Stand der Forschung und der Technik

Kundenzufriedenheit wird durch das Kano-Modell beschrieben (vgl. Abbildung 4-11). Das Anwendungsgebiet der Kano-Methode liegt in der Produktentwicklung zur Strukturierung von Kundenanforderungen sowie zur Produktprofilplanung und ist besonders bei komplexen Pro-dukten mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Kundenanforderungen geeignet.

Strukturierung der Anforderungen

Die Strukturierung der Anforderungen erfolgt anhand folgender Klassifizierung [BRUH2003b] [RUPP2002] (vgl. Abbildung 4-11):

Basisanforderungen sind grundlegende Kundenanforderungen (Muss-Kriterien), die der Kunde als selbstverständlich voraussetzt und in den meisten Fällen nicht explizit äußert. Die Nichterfüllung der Basisanforderungen führt zu einer hohen Unzufriedenheit.

Leistungsanforderungen stellen bewusste Anforderungen (Soll-Kriterien) dar, die der Kunde deutlich artikuliert. Bei Leistungsanforderungen verhält sich die durch den Kunden wahrgenommene Produktqualität proportional zum Erfüllungsgrad. Je höher der Erfül-lungsgrad ausfällt, desto höher ist die Kundenzufriedenheit.

Begeisterungsanforderungen können als unerwartete, angenehme Überraschungen be-schrieben werden, die erst in der Produktnutzung sichtbar werden (Kann-Kriterien). Die Erfüllung dieser Anforderungen führt zu einer überproportional hohen Wahrnehmung der Produktqualität. Werden die Begeisterungsanforderungen nicht erfüllt, entsteht keine Un-zufriedenheit, da der Kunde die entsprechenden Produktfeatures nicht kennt.

Abbildung 4-11: Kano-Modell der Kundenzufriedenheit/Anforderungserfüllung [KSTT1984]

Page 79: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen 61

Ausgehend von dieser Klassifizierung wird die Produktqualität als dynamisches, bewegliches Ziel betrachtet. Das Kano-Modell verdeutlicht, dass sich die Kundenzufriedenheit durch Ba-sis- und Leistungsfaktoren nur begrenzt steigern lässt [KABR2003]. Zudem bewirkt die zeit-lich abhängige Durchsetzung von Begeisterungsfaktoren im Markt bzw. die Nachahmung von Wettbewerbern, dass sich Begeisterungsfaktoren zuerst zu Leistungs- und schließlich zu Ba-sisfaktoren entwickeln [RUPP2002]. Ein Praxisbeispiel hierfür stellen SMS25 auf dem Mobil-funksektor dar.

Durchführung der Kano-Methode

Die Durchführung der Kano-Methode erfolgt in den vier Schritten Anforderungsidentifikation, Konstruktion eines Kano-Fragebogens, Interviewdurchführung und -auswertung. Der Frage-bogen enthält zwei Fragen: die erste Frage zielt auf der Reaktion des Kunden ab, wenn die Produkteigenschaft vorhanden ist (funktionale Form), die zweite auf die Reaktion bei Nicht-vorhandensein der Produkteigenschaft (dysfunktionale Form) [MASS2004]. Der befragte Kunde hat für beide Fragen fünf Antwortmöglichkeiten (vgl. Abbildung 4-12).

Abbildung 4-12: Exemplarischer Fragebogen und Auswertungsmethodik nach Kano (ange-lehnt an[BHMS1996] [STEI1996])

25 SMS (Short Message Service): Telekommunikationsdienst zur Übertragung von Textnachrichten in Mobil-

funknetzen und mittlerweile auch im Fetsnetz

Page 80: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

62 4 Stand der Forschung und der Technik

Durch die Kombination der beiden Antworten ergeben sich Anforderungskategorien, die in eine Auswertungstabelle übertragen werden. Dabei wird die oben beschriebene Anforderungs-klassifizierung durch die Kategorien „Indifferent“ (unerhebliche Produkteigenschaft), „Rever-se“ (nicht gewünschte Produkteigenschaft) und „Questionable Result“ (missverstandene Frage oder falsche Antwort) erweitert [STEI1996]. Die Ergebnisse der Auswertungstabelle werden wiederum in einer Ergebnistabelle aufgelistet, woraus sich die Gesamtverteilung der Anforde-rungskategorien ergibt (vgl. Abbildung 4-12).

Vorteile der Kano-Methode sind ein besseres Verständnis der Kundenanforderungen durch die Anforderungsklassifizierung, die Möglichkeit flexibel auf Kundenanforderungen reagieren und somit einen Richtungsweiser für die Priorisierung von Produkteigenschaften identifizieren zu können. Allerdings birgt die Methode das Risiko, je nach Auswahl der zu befragenden Kunden und deren Auskunftsbereitschaft unterschiedliche Ergebnisse zu erzielen. Weiterhin muss die Dynamik der Kundenanforderungen berücksichtigt werden, da Begeisterungsfakto-ren nach gewisser Produktnutzungszeit durch den Kunden als selbstverständlich erachtet wer-den.

4.2.5 Quality Function Deployment (QFD)

Quality Function Deployment (QFD) ist eine Methode zur systematischen und ganzeinheitli-chen Produkt- und Qualitätsplanung und orientiert sich konsequent an den Kundenwünschen. QFD koordiniert und steuert unter Einbeziehung aller Beteiligten den Produktentstehungspro-zess durch die systematische Anwendung aufeinander abgestimmter Hilfsmittel bzgl. Zeit-, Kosten-, und Qualitätszielen [KLEI1999] [HETB1999]. Der Kern dieses Verfahrens besteht darin, die im Lastenheft festgelegten Kundenanforderungen an ein Neuprodukt („Stimme des Kunden“) in technische Spezifikationen bzw. messbare Produkt- und Prozessparameter eines Pflichtenheftes („Sprache des Ingenieurs“) zu transformieren. Dazu werden gewichtete Kun-denanforderungen in lösungsneutrale Konstruktionsmerkmale überführt und frühzeitig Kon-flikte bei der Realisierung aufgezeigt.

Die QFD-Methodik baut auf mehreren Planungsschritten auf, die sich in vier Entwicklungs-phasen unterteilen lassen [KABR2003]:

1. Qualitätsplanung Produkt: Die im Rahmen von Marktforschungsaktivitäten ermittelten, vagen Kundenwünsche werden in messbare Qualitätsmerkmale des Produktes umgesetzt. Kritische Qualitätsmerkmale werden identifiziert.

2. Qualitätsplanung Konstruktion/Teile: Die kritischen Qualitätsmerkmale des Produktes fließen in die Entwicklung der Baugruppen und Teile ein, bei denen erneut kritische Qua-litätsmerkmale ermittelt werden.

3. Qualitätsplanung Prozess: Basierend auf den kritischen Qualitätsmerkmalen aus Phase 2 werden Prozess- und Prüfabläufe erstellt. Zusätzlich werden die kritischen Prozessmerk-male identifiziert.

Page 81: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen 63

4. Qualitätsplanung Produktion: Aus den kritischen Prozessmerkmalen und Prozess- und Prüfabläufen werden die Arbeitsvorgänge abgeleitet, welche die Ablaufpläne ergänzen. Sie bestimmen die Arbeitsvorgänge in der Produktion.

Das zentrale Instrument des QFD ist das „House of Quality“ (HoQ) (vgl. Abbildung 4-13). Es stellt ein aus mehreren Tabellen aufgebautes Analyse-, Kommunikations- und Planungswerk-zeug zur Visualisierung der Systematik und der Zusammenhänge von Vorgehensweisen in allen Phasen der Produktentstehung dar [KABR2003]. Dazu wird das HoQ in jeder der oben erläuterten Phasen angewendet.

Abbildung 4-13: Grundkonzept des Quality Function Deployment als „House of Quality“

Ausgangspunkt des HoQ sind die Kundenanforderungen (Was?). Diese Anforderungen wer-den zunächst hierarchisch gruppiert und nach ihrer relativen Bedeutung aus der Sicht der Kun-den mit Gewichtungsfaktoren versehen (1). Im Anschluss erfolgt eine kritische Bewertung des eigenen Produktes durch den Vergleich mit den Produkten der Wettbewerber (2). Der Ver-gleich sollte – wenn möglich – durch den Kunden erfolgen, da Produktentwickler durch ihr technisches Wissen das Urteil beeinflussen. Aus dem Vergleich lassen sich zukünftige Ver-kaufsschwerpunkte und eine Servicegewichtung ableiten. Im dritten Schritt werden die techni-

Page 82: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

64 4 Stand der Forschung und der Technik

schen Produktmerkmale aufgelistet (Wie?) (3). Dazu werden die Kundenanforderungen in produktorientierte Qualitätsmerkmale (messbare Größen) überführt. Die Beziehungen zwi-schen den Kundenanforderungen und technischen Merkmalen werden in Form von Symbolen oder Zahlen in die Korrelationsmatrix eingetragen (4). Die Matrix gibt Auskunft über den Er-füllungsgrad der entsprechenden Kundenanforderung. Durch Pfeilsymbole wird nun für jedes Produktmerkmal angegeben, ob sein Zielwert für die Erfüllung der Kundenwünsche ausrei-chend ist (5). Zusätzlich werden im „Dach“ des HoQ die Wechselbeziehungen zwischen den Produktmerkmalen durch Symbole dargestellt (6). Sie verdeutlichen, welche Merkmale sich entsprechend ihrer Optimierungsrichtung unterstützen (gleiche Pfeilrichtung) oder miteinander im Konflikt stehen (entgegengesetzte Pfeilrichtung). Die Produktmerkmale werden hinsicht-lich ihrer technischen Schwierigkeit bei der Realisierung durch Produktentwickler bewertet (7) und durch einen objektiven, messbaren Zielwert charakterisiert (8) (Wieviel?). Schließlich erfolgt – ähnlich wie in Schritt 2 – ein Wettbewerbsvergleich aus technischer Sicht (9) sowie eine Bewertung der technischen Bedeutung [KABR2003] [HETB1999] [CLAU1994].

Quality Function Deployment nimmt gegenüber anderen Methoden und Verfahren eine über-geordnete Stellung in der Produktentwicklung ein. Dadurch steht QFD durch einen Informati-onsaustausch in Beziehung zu weiteren Entwicklungs- und Qualitätswerkzeugen (z. B. FMEA oder Q726).

4.2.6 Conjoint-Analyse

Die Conjoint-Analyse (Conjoint Measurement) dient der quantitativen Untersuchung von spe-zifischen Produkteigenschaften hinsichtlich ihrer Bedeutung und ihres Nutzens für den An-wender in Abhängigkeit der Produkteigenschaftsgestaltung und -ausprägung. Bei den Pro-dukteigenschaften handelt es sich um solche, die durch Hersteller beeinflusst werden können [GAEK2001]. Das Verfahren der Conjoint-Analyse ermöglicht die Ermittlung, wieviel die einzelnen Produktmerkmale dem Kunden wert sind. Bei der Umsetzung des Produktkonzeptes können dann nur diejenigen neuen Funktionen verwirklicht werden, die aus der Sicht der Kunden einen hohen Nutzen mit sich bringen [LÜTH2004a] [THKM2004].

Die Conjoint-Analyse beruht auf der Bewertung von Produktkonzepten, die durch die Kombi-nation von Eigenschaftsausprägungen verschiedener Produktmerkmale entstehen (vgl. Abbildung 4-14). Dazu werden in einem ersten Schritt durch die Mitarbeiter des Unterneh-mens die wichtigsten Produktmerkmale ausgewählt und deren mögliche Ausprägungen festge-legt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ausprägungen sich nicht gegenseitig ausschließen und realistische Dimensionen aufweisen. In einem zweiten Schritt werden durch Kombination der verschiedenen Merkmalausprägungen fiktive Produkte in Form von Produktkonzepten gebildet. Im Anschluss erfolgt eine Beurteilung der Produktkonzepte durch befragte Kunden,

26 Q7 sind die elementaren Werkzeuge der Qualitätssicherung: Fehlersammelliste, Histogramm, Qualitätsregel-

karte, Pareto-Diagramm, Korrelationsdiagramm, Brainstorming, Ursache-Wirkungs-Diagramm.

Page 83: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.2 Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen 65

indem diese ihre bevorzugten Produktkonzepte in eine Rangfolge bringen (Präferenzaussa-gen). Im vierten Schritt werden auf der Basis der Präferenzurteile durch Statistikanwendungen die Teilnutzwerte für jede Ausprägung des entsprechenden Produktmerkmals berechnet [LÜTH2004a] [TAPO2004].

Abbildung 4-14: Ablauf einer Conjoint-Analyse am Beispiel eines Mobiltelefons (Handys)

Zusätzlich können die analysierten Produktkonzepte mit Preisen versehen werden, sodass Nut-zenbeiträge monetär ausgedrückt werden können. Für die Produktentwicklung liefert die Con-joint-Analyse wichtige Hinweise, welche Eigenschaften für die Produktakzeptanz entschei-dend sind und wie diese Eigenschaften ausgeprägt sein sollten.

Problematisch an der Conjoint-Analyse ist der hohe Aufwand an Zeit und Kosten, der nur teilweise durch entsprechende Softwarewerkzeuge aufgefangen werden kann. Insbesondere bei zunehmender Produktkomplexität stoßen konventionelle Untersuchungsdesigns an ihre Grenzen, da Produktkonzepte nicht mehr mündlich oder schriftlich beschrieben werden kön-nen und das Vorstellungsvermögen des Kunden dadurch eingeschränkt ist [LÜTH2004a] [GAEK2001]. Daher wird der Verwendung Internet-basierter Befragungsverfahren erhöhte Bedeutung zugemessen. Sie bieten neben besseren Visualisierungstechniken (z. B. in 2-D- oder 3-D-Modellen) auch neue Möglichkeiten der Simulation (Bewegung, Sound, etc.).

Page 84: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

66 4 Stand der Forschung und der Technik

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit

In der Literatur existieren zahlreiche Ansätze zur Messung der Kundenzufriedenheit. Einige dieser Ansätze sind allerdings sehr weit gefasst, da sie mit den Ansätzen der Kundenbindung vermischt werden, und weisen nur partiell eine systematische Vorgehensweise auf. An dieser Stelle werden nur die expliziten Verfahren der Kundenzufriedenheitsmessung berücksichtigt.

Die Methoden zur Messung der Kundenzufriedenheit lassen zunächst in kundenorientierte und unternehmensorientierte Messungen einteilen. Weiterhin existieren Ansätze, welche die Mit-arbeiter des Unternehmens in die Kundenzufriedenheitsmessung einbeziehen. Beim Einsatz der unternehmensorientierten Verfahren erfolgt die Messung aus Sicht des Unternehmens und orientiert sich an der Produktqualität27 [BRUH2003b]. Da diese Ansätze jedoch nicht die Kun-denzufriedenheit in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, wird auf eine eingehende Unter-suchung verzichtet. Kundenorientierte Verfahren unterscheiden objektive und subjektive Messansätze (vgl. Abbildung 4-15).

Abbildung 4-15: Übersicht der Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit

In der Literatur werden die unterschiedlichen Messverfahren teils im Kontext der Sachleistun-gen, teils der Dienstleistungen beschrieben. Insbesondere die ereignisorientierten Verfahren kommen aufgrund ihrer prozessualen Ausrichtung überwiegend auf dem Dienstleistungssektor zum Einsatz. Hier sei anzumerken, dass sich die überwiegende Anzahl der Messverfahren für beide Gebiete eignet bzw. auf den Sachleistungssektor übertragen werden können.

27 Unternehmensorientierte Messungen erfolgen entweder durch Unternehmensmitarbeiter oder das Manage-

ment. Zu den wichtigsten Verfahren zählen das Benchmarking, Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA), der Fishbone-Ansatz, Statistical Control, Poka-Yoke-Verfahren und sowie interne und externe Qua-litätsmessungen.

Page 85: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit 67

Subjektive Verfahren basieren auf der kundenindividuellen Bildung von Zufriedenheitsurtei-len. Hier hat sich eine Differenzierung zwischen merkmal-, ereignis- und problemorientierten Verfahren durchgesetzt [BEUT2003]. Objektive Verfahren erfassen die Kundenzufriedenheit durch umsatz- und marktspezifische Indikatoren, die im Zusammenhang mit der Kundenzu-friedenheit stehen. Sie stellen aber keinen direkten Bezug zum Konstrukt der Kundenzufrie-denheit her und werden durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst [MEKA2005]. Objektive Verfahren spielen in der Kundenzufriedenheitsforschung eine untergeordnete Rolle und wer-den daher als Betrachtungsgegenstand an dieser Stelle ausgeschlossen28.

4.3.1 Merkmalorientierte Verfahren

Merkmalorientierte Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit beziehen sich meist auf ein breites Spektrum an Produkt-, aber auch Service- und Interaktionsmerkmalen, über die sich Kunden im Laufe der Nutzung eine Meinung bilden. Sie werden daher in der Literatur auch als kumulative Ansätze bezeichnet [HOFÜ2005]. Merkmalorientierte Messverfahren ba-sieren auf der Annahme, dass sich das kundenseitige Zufriedenheitsurteil aus der Beurteilung einzelner der Leistung inhärenter Merkmale zusammensetzt. Die kundenorientierte Bewertung wird in der Regel durch Kundenbefragungen erhoben. Nachteil dieser Verfahren ist die be-grenzte Anzahl von Merkmalen, die im Rahmen von Kundenbefragungen berücksichtigt wer-den können. Hierdurch können möglicherweise entscheidende zufriedenheits- oder unzufrie-denheitsverursachende Kriterien außer Acht gelassen werden [KAIS2002] [BRUH2003b].

Nachfolgend werden die wichtigsten Verfahren der merkmalorientierten Zufriedenheitsmes-sung erläutert.

Multiattributive Modelle

Multiattributive Modelle greifen den Grundgedanken des Konstrukts der Kundenzufriedenheit auf und basieren auf der Annahme, dass die Gesamtzufriedenheit aus einer Aggregation merk-malpezifischer Teilzufriedenheiten resultiert (Aggregationshypothese)29.

Einige multiattributiven Verfahren ermöglichen eine Gegenüberstellung von ex ante erhobe-nen Erwartungen und ex post erhobenen Beurteilung der Leistungserfüllung durch das Unter-nehmen. Sie werden als indirekte Messverfahren bezeichnet und erfassen neben der wahrge-nommenen auch die als ideal empfundene Ausprägung bzw. Wichtigkeit eines Produktmerk-mals. Vorteil des indirekten Verfahrens ist, dass der befragte Kunde nicht zwingend über Er-fahrungen mit dem Produkt verfügen muss. Direkte Messverfahren arbeiten ausschließlich mit

28 Objektive Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit stützen sich vor allem auf die Beobachtung von

Kunden und Warentest. Sie sind nur bedingt für die Messung der Kundenzufriedenheit geeignet und werden in dieser Arbeit im Kapitel 4.2 betrachtet.

29 Siehe auch: Kapitel 2.2.6 Kundenzufriedenheit

Page 86: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

68 4 Stand der Forschung und der Technik

der ex post Messung und verzichten auf die Erhebung der Erwartungskomponente [HOFÜ2005] [BRUH2003b].

Zusätzlich unterscheidet das multiattributive Verfahren zwischen kompensatorischen und nicht-kompensatorischen Modellen. Kompensatorische Modelle legen zugrunde, dass Teilzu-friedenheiten durch eine linear-additive Aggregation zu einer Gesamtzufriedenheit zusam-mengeführt werden. Negative und positive Diskonfirmationen gleichen sich aus. Nicht-kompensatorische Modelle berücksichtigen diesen Ausgleich nicht. Durch eine zusätzliche Gewichtung der Teilzufriedenheiten wird deren Intensität bei der Berechnung der Gesamtzu-friedenheit berücksichtig. Das zugrunde liegende Modell berechnet sich über folgende Funkti-on [KAIS2002]:

)( ijkijkiJ EZWGZ ∗= ∑ mit k = 1 bis n

Dekompositionelle Verfahren

Dekompositionelle Verfahren zeichnen sich durch eine im Vergleich zu den multiattributiven Verfahren konträre Vorgehensweise aus. Dabei bilden nicht die merkmalpezifischen Teilzu-friedenheiten die Grundlage zur Berechnung der Kundenzufriedenheit, sondern die auf einer globalen Gesamtbeurteilung basierenden Berechnung einzelner Leistungen [KAIS2002].

Dazu wird zunächst anhand globaler Qualitätsurteile eine Rangliste verschiedener Leistungen mit unterschiedlichen Merkmalausprägungen gebildet. In Anschluss werden dann Teilzufrie-denheiten berechnet. Dies kann z. B. mit Hilfe der Methode des Conjoint Measurements erfol-gen30. Vorteil dieses Verfahrens gegenüber dem Multiattributivansatz ist die Ganzheitlichkeit und Einfachheit der Rangordnungsaufgabe für die befragten Kunden. Als Nachteile sind ins-besondere die Beliebigkeit der Kombinationsmöglichkeiten relevanter Produktmerkmale und -ausprägungen bei gleichzeitiger Begrenztheit des Befragungsdesigns im Rahmen einer Unter-suchung zu nennen [BRUH2004a].

Vignette-Methode

Die Vignette-Methode, die vorrangig im Dienstleistungsbereich verwendet wird, stellt eine Variante der dekompositionellen Verfahren dar und unterstellt ebenfalls, dass sich die Teilzu-friedenheiten aus einer Gesamtzufriedenheit ableiten lassen. Sie basiert auf der Hypothese, dass menschliche Urteile aus einer relativ geringen Anzahl von Kriterien resultieren und die Abweichungen der Urteile konsistent und richtungsspezifisch gleich bleibend sind [KAIS2002].

30 Siehe auch: Kapitel 4.2.6 Conjoint-Analyse

GZij = Gesamtzufriedenheit des Kunden bzgl. Produkt j EZijk = Einzelzufriedenheit des Kunden i bei Produkt j

mit dem Merkmal k Wijk = Bedeutungsgewichtung des Merkmals k für den

Kunden i bzgl. des Produktes j

Page 87: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit 69

Voraussetzung für die Vignette-Methode ist die Ermittlung von „Critical Characteristics“, die als kritische und für den Kunden mit unterschiedlicher Bedeutungsgewichtung versehene Be-urteilungsmerkmale beschrieben werden können. Diese kritischen Charakteristika (Beurtei-lungskriterien) in Verbindung mit den jeweils zugeordneten Werturteilen bilden die Grundlage für die Erstellung einer Vignette und die anschließende Kundenbefragung [BRUH2004b]. Die Anzahl der Vignetten richtet sich dabei nach der Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten von Beurteilungskriterien und Werturteilen (vgl. Abbildung 4-16).

Abbildung 4-16: Beispiel für eine Vignette

Analog zur Conjoint-Analyse beurteilt der Kunde die unterschiedlichen Vignetten. Durch eine auf einer Häufigkeitstabelle basierende, multiplikative Auswertung kann im Anschluss der Einfluss der Beurteilungskriterien auf die globale Zufriedenheit analysiert werden.

Willingness-to-pay-Ansatz

Beim Willingness-to-pay-Ansatz handelt es sich um ein Verfahren, das auf dem wertorientier-ten Zufriedenheitsbegriff („value“-Konstrukt) beruht. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Zufriedenheitsurteil des Kunden aus einem Vergleich der empfangenen Leistung (Produkt) mit den entsprechenden finanziellen, psychischen, zeitlichen und physischen „Opfern“ entsteht [KAIS2002]. Die „Opfer“ werden in der Regel durch den Preis der Leistung beschrieben. Die Zufriedenheit des Kunden ergibt sich somit aus dem Verhältnis des Produktnutzens und dem dafür gezahlten Preis. Die Beurteilung des Produktes berücksichtigt somit zwei Herangehens-weisen:

1. Der Produktnutzen, der sich aus der gewichteten Bewertung einzelner Produktmerkmale zusammensetzt, wird zu dem Preis des Produktes in Beziehung gesetzt.

2. Der Preis wird in die Merkmalliste der multiattributiven Verfahren aufgenommen.

Page 88: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

70 4 Stand der Forschung und der Technik

Die Anwendung des Willingness-to-pay-Ansatzes ist nur dann sinnvoll, wenn eine Auswahl zwischen mehreren vorliegenden Alternativen in Form von entsprechenden Beurteilungsindi-zes vorgenommen wird. In diesem Fall kann durch die Verwendung des Ansatzes festgestellt werden, ob eine Verbesserung von Produktmerkmalen oder -komponenten zu erhöhten Zah-lungsbereitschaft des Kunden führt [BRUH2004b] [KAIS2002].

Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz

Der von Brandt entwickelte Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz ist den Multiattributiven Model-len ähnlich und orientiert sich an der Trennung von Routine- und Ausnahmekomponenten einer Leistung31. Er basiert auf der Annahme, dass bei jeder Leistung Qualitätsattribute exis-tieren, deren Nichterfüllung beim Kunden Unzufriedenheit verursacht. Diese Attribute werden als Penalty-Faktoren bezeichnet. Im Gegensatz dazu stellen Reward-Faktoren diejenigen Att-ribute dar, die beim Kunden in Form einer Zusatzleistung eine erhöhte Zufriedenheit erzeugen [BRUH2004b] [KAIS2002].

Die Zielsetzung dieses Messverfahrens ist die Identifizierung der Penalty-Faktoren. Dazu wird zunächst ein Gesamtqualitätsurteil auf einer fünfstufigen Zufriedenheitsskala erhoben und danach die Abweichung (positiv und negativ) der Teilleistungsqualitäten von den kundenseiti-gen Erwartungen ermittelt. Im Anschluss erfolgt eine multiple Regressionsanalyse unter Ver-wendung von „Dummy-Variablen“ (Penalty-Reward-Contrast-Analyse). Auf der Basis der Ergebnisse können dann die Leistungsattribute den Penalty- und Reward-Faktoren zugeordnet werden:

Penalty-Faktoren sind diejenigen Faktoren, die den Kunden nicht zu einer Abgabe eines höheren Zufriedenheitsurteils veranlassen, obwohl die Leistung, bezogen auf das entspre-chende Attribut, besser als erwartet ausfiel. Dagegen sinkt die globale Zufriedenheit, falls das Attribut schlechter ist als erwartet.

Reward-Faktoren zeichnen sich dadurch aus, dass die globale Kundenzufriedenheit bei einem besseren (als erwartet) Leistungsattribut steigt. Aus dem Fehlen bzw. der Nichter-füllen dieser Faktoren würde aber kein schlechteres Zufriedenheitsurteil des Kunden re-sultieren.

4.3.2 Ereignisorientierte Verfahren

Ereignisorientierte Verfahren berücksichtigen Kundenerlebnisse durch die Beurteilung des Leistungserstellungsprozesses aus Kundensicht und haben damit prozessualen Charakter. Sie verwenden das so genannte „Story-Telling“, bei dem Kunden ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit einem Anbieter und dessen Leistung ohne konkrete Fragestellung unstrukturiert schildern

31 Der Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz fokussiert primär den Dienstleistungsbereich. Der Ansatz kann jedoch

direkt auf Sachleistungen übertragen werden. Routinekomponenten einer Dienstleistung entsprechen bei Sachleistungen den Basiskomponenten eines Produktes.

Page 89: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit 71

können. Ereignisorientierte Verfahren zeichnen sich durch explorative und qualitative Eigen-schaften aus und erlauben einen tieferen Einblick in die Entstehung bzw. Ursachen von Quali-tätsurteilen. Sie sind daher besonders gut für die Ableitung konkreter Optimierungsmaßnah-men geeignet [SCJA2004].

Die Methoden der ereignisorientierten Verfahren adressieren in erster Linie Dienstleistungs-prozesse und die darauf bezogenen Kundenerlebnisse. Das Erleben von positiven und negati-ven Ereignissen kann jedoch auch auf die Nutzung von Sachleistung, in besonderer Form auf das subjektive Empfinden von Konsumgütern, übertragen werden. Da die Verfahren sich nicht an der Leistung selbst sondern an dem Qualitätsempfinden des Kunden durch die Verarbeitung konkreter Ereignisse im Verlauf der Nutzung orientieren, können die ereignisorientierten ver-fahren direkt auf Konsumgüter angewandt werden.

Zu den bekanntesten Messverfahren zählen die Methode der kritischen Ereignisse („Critical Incident Technique“) und der Sequence-Oriented Problem Identification.

Critical Incident Technique (CIT)

Die Critical Incident Technique (Methode der kritischen Ereignisse) wurde bereits 1954 von Flanagan mit der Zielsetzung der Identifikation von Kriterien eines effektiven Arbeitsverhal-tens entwickelt. Sie stellt eine Methode zur Erfassung und Auswertung kritisch wahrgenom-mener Ereignisse positiver und negativer Ausprägung dar [KAIS2002]. Sie eignet sich beson-ders bei Dienstleistungen als Instrument zur Ermittlung von Kundenerwartungen und -problemen, kann aber grundsätzlich auch für produzierende Unternehmen eingesetzt werden, wenn der gesamte Transaktionsprozess zwischen Kunden und Unternehmen in die Betrach-tung einbezogen wird [MABA2004].

Kritische Ereignisse können als Vorfälle verstanden werden, die vom Kunden als außerge-wöhnlich positiv oder negativ wahrgenommen und somit im Gedächtnis behalten werden. Ne-gative Erlebnisse sind diejenigen, bei denen grundlegende Kundenerwartungen verletzt wur-den. Positive Erlebnisse spiegeln sich in einer Leistung wider, die ihre Erwartungen übersteigt. Sie werden im Rahmen von mündlichen Befragungen mittels standardisierter, offener Fragen ermittelt und entweder per Video oder Tonaufzeichnung sowie anschließender schriftlichen Dokumentation festgehalten. Alternativ können Kunden ihre Erlebnisse auch selbst nieder-schreiben [MASS2004] [MEBE2004].

Zunächst werden auf der Grundlage der Befragung Hauptkategorien gebildet und die kriti-schen Ereignisse diesen Kategorien zugeordnet. Die Auswertung der Häufigkeit der einzelnen Ereignisse gibt Aufschluss über Minimum- oder Werterhöhungsqualität (vgl. Tabelle 4-3).

Dabei bezeichnen Minimumfaktoren ausschließlich negative Ereignisse, die im Falle einer positiven Wahrnehmung nicht als positiv kritische Ereignisse in Erscheinung treten. Werter-höhungsfaktoren werden nur als positiv kritische Ereignisse erwähnt, da sie im Falle einer Nicht-Leistung vom Kunden nicht als negatives Erlebnis betrachtet werden [MASS2004].

Page 90: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

72 4 Stand der Forschung und der Technik

Minimumqualität

• Kern des Angebots • Vom Kunden grundsätzlich erwartete Leistung • Kaum Ansatzpunkt zur Profilierung • Bei fehlerhafter Leistung: „Strafpunkte“ vom Kunden

Nicht-Erfüllung der Erwartung: unzufrieden

Bei Erfüllung der Erwartung: nicht zufrieden

Negative kritische Ereignisse

Bei Nichtleistung: nicht unzufrieden

Bei Leistung: zufrieden

• Erhöht den Wert der Kernleistung • Wird vom Kunden nicht grundsätzlich erwartet • Ansatzpunkt für Profilierung im Wettbewerb • Bei Leistung: „Bonuspunkte“ vom Kunden

Positiv kritische Ereignisse

Werterhöhungsqualität

Tabelle 4-3: Critical Incident Technique mit Minimum- und Werterhöhungsqualität

Sequence-Oriented Problem Identification (SOPI)

Die Methode des Sequence-Oriented Problem Identification (SOPI) stellt eine Weiterentwick-lung der Critical Incident Technique dar und kombiniert deren episodischen Informationen mit den Vorteilen des Blue Printing32. SOPI vergrößert die Vollständigkeit bei der Identifizierung von Problemen, da sie Kundenbewertungen für alle Stufen der Leistungserstellung berücksich-tigt und im Gegensatz zur CIT-Methode auch vom Kunden weniger bedeutsam bewertete Probleme berücksichtigt [BOTS2004]. Untersuchungen haben gezeigt, dass vom Kunden weni-ger kritisch eingestufte oder nicht präsente Ereignisse ebenfalls Einfluss auf die Kundenbewer-tung haben [THKM2004]. Die sich aus der SOPI-Anwendung ergebende Liste von Kunden-problemen kann besonders für die Identifizierung von Potenzialen für Detailverbesserungen hilfreich sein. Durch die sequentielle Ereignismethode für Innovationen (SITI) können zusätz-lich Vorschläge und Ideen von Kunden erhoben werden, um Probleme in den extrahierten Vorfällen zu lösen. Diese erweiterte Methode ist durch folgende Schritte gekennzeichnet:

Identifizierung der Leistungsstufen, die ein Kunde erlebt (z. B. durch Blue Printing),

Sammlung kritischer Ereignisse entlang des identifizierten Blueprints (besonders erfreuli-che oder ärgerliche Vorkommnisse aus Kundensicht),

32 Blue Printing (engl. Blaupause) stellt ein Verfahren zur Abbildung eines Leistungserstellungsprozesses sowie

seiner Teilaktivitäten dar. In einer graphischen Darstellung werden Kontaktverlauf und Interaktionen zwi-schen Unternehmen und Kunden in einer konkreten Situation beschrieben. Die sog. „line of visibility“ ver-deutlicht, welche Aktivitäten der Kunde selbst wahrnimmt und welche für ihn im Verborgenen stattfinden [KLEI2004].

Page 91: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit 73

Bewertung der kritischen Ereignisse nach dem Grad der Kundenzufriedenheit,

Ideensammlung zur Lösung der identifizierten Vorfälle.

4.3.3 Problemorientierte Verfahren

Problemorientierte Verfahren stellen eine Spezifizierung bzw. Weiterentwicklung der ereig-nisorientierten Messverfahren da. Sie verfolgen aufbauend auf den oben beschriebenen Me-thoden die Offenlegung zufriedenheitsrelevanter Problemfelder. Sie gehen wie die ereignisori-entierten Verfahren davon aus, dass sich das Zufriedenheitsurteil aus der Wahrnehmung und psychischen Verarbeitung von Ereignissen während der Leistungsnutzung ergibt [KAIS2002]. Wie auch bei den ereignisorientierten Verfahren liegt der überwiegende Anwendungsbereich in der Analyse von Problemen von Dienstleistungsprozessen. Auch hier gilt die bereits erläu-terte Übertragbarkeit auf den Sachleistungssektor.

Problem Detecting Methode

Die Methode des Problem Detecting stellt die Befragung des Kunden bzgl. des Auftretens von spezifizierten Problemfällen und deren Beurteilung in den Mittelpunkt der methodischen Be-trachtungsweise. Dabei ist zum einen die Häufigkeit („frequence“) relevant, mit der ein Prob-lem auftritt, zum anderen wird die Wichtigkeit („valenz“) des Problems in der Wahrnehmung des Kunden analysiert. Voraussetzung zur Anwendung des Verfahrens ist die Kenntnis von Problemklassen, die den entsprechenden Nutzungsperioden zugeordnet werden. Diese Klassen müssen zuvor mit Hilfe geeigneter Verfahren (z. B. Critical Incident Technik) ermittelt wer-den [BRUH2004a] [KAIS2002]. Die Messung der Kundenzufriedenheit erfolgt durch die Be-rechnung des Lindqvist-Index33:

Lindqvist-Index n

ban

iii∑

=

+= 1

)(

Bei der Bestimmung des Lindqvist-Index ist zu beachten, dass die Erfassung der Häufigkeit eines Problems mit einem zuvor eindeutig definierten Zeitraum assoziiert wird [KAIS2002]. Anhand der Lindqvist-Indizes erfolgt im Anschluss eine Auflistung der Einzelprobleme in absteigender Rangfolge der Indizes.

In dem Fokus auf die vom Kunden wahrgenommenen Problembereiche liegt die Gemeinsam-keit der Problem Detecting Methode mit den bereits geschilderten ereignisorientierten Verfah-ren zur Messung der Kundenzufriedenheit. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die

33 Der Lindqvist-Index geht auf eine Erhebung von Lindqvist zurück, der unter Kreuzfahrt-Teilnehmern exem-

plarisch eine Vielzahl von Leistungsparametern untersucht hat.

ai = Grad der Zustimmung zu den Problem-Statements bi = Bedeutsamkeit der Beseitigung des Problems n = Anzahl der Befragten

Page 92: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

74 4 Stand der Forschung und der Technik

Problem Detecting Methode primär nicht der Identifizierung der Probleme dient, sondern die Ermittlung der Problembedeutsamkeit in den Vordergrund stellt. Sie bietet damit eine nützli-che Ergänzung, die Entscheidungsträgern entscheidende Informationen bzgl. der Dringlichkeit von Maßnahmen zur Problemlösung liefert [KAIS2002].

Frequenz-Relevanz-Analyse (FRAP-Analyse)

Die Problem Detecting-Methode wurde in Form der Frequenz-Relevanz-Analyse weiterentwi-ckelt. Diese umfasst neben der Ermittlung von Problemklassen auch deren Positionierung in-nerhalb eines Bewertungsrasters durch Überführung der Problemklassen in Relevanz- und Frequenzwerte. Die Methode basiert auf der Grundüberlegung, dass mit steigender Häufigkeit und zunehmender Intensität eines Problems, das durch den Kunden beschrieben wird, die Dringlichkeit der Problemlösung für das Unternehmen steigt [BRUH2003b].

Zur Bestimmung der Relevanzwerte müssen die Fragekategorien „Ausmaß der Verärgerung“ und „Reaktionsverhalten“ mit Punktwerten belegt und anschließend multiplikativ verknüpft werden. Hieraus ergibt sich die Kennzahl für die Problemrelevanz, die zusammen mit der Problemfrequenz in einer zweidimensionalen Matrix dargestellt wird (vgl. Abbildung 4-17).

Abbildung 4-17: Problemrelevanz/-Frequenz-Matrix und Pareto-Diagramm der FRAP-Analyse am Beispiel der Nutzung eines Mobiltelefons

Das Vorgehen der Frequenz-Relevanz-Analyse erfolgt in fünf Stufen [KAIS2002]:

1. Ermittlung der Problemliste durch die Verwendung ereignis- und problemorientierter Messverfahren,

2. Komprimierung der identifizierten Einzelprobleme zu Problemclustern unter Berücksich-tigung der Bedeutsamkeit und Redundanz,

Page 93: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.3 Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit 75

3. Entwicklung eines Fragebogens auf der Basis der zuvor ermittelten Problemklassen mit den Fragekategorien „Problemeintritt“, „Ausmaß der Verärgerung“ und „Reaktionsverhal-ten“,

4. Datenerhebung mittels schriftlicher, mündlicher oder telefonischer Befragungen,

5. Auswertung der Daten durch Überführung in Relevanz- und Frequenzwerte sowie grafi-sche Visualisierung.

Zur weiterführenden Analyse und zur Darstellung des verhältnismäßigen Anteils der einzelnen Problemklassen und zur Verdichtung von Problemursachen an der Gesamtproblematik wird das Pareto-Diagramm verwendet. Es gibt Aufschluss über die Dringlichkeit, mit der Problem-felder durch das Unternehmen behandelt werden müssen. Hierzu werden Problemwertindizes („Problem Scores“) als Quotient aus der Summe der einzelnen Relevanzwerte (der entspre-chenden Problemklassen) und der Gesamtanzahl der befragten Kunden berechnet und im Pare-to-Diagramm eingetragen [BRUH2003b].

Beschwerde-Analyse

Beschwerden enthalten wertvolle Informationen für das Unternehmen und sind von hoher Re-levanz, da sie gravierende Probleme zum Vorschein bringen und originäre Marktinformatio-nen widerspiegeln. Stärken der Beschwerdeinformationen sind ihre Kostengünstigkeit, Aktua-lität und Marktnähe. Zudem sind Beschwerdeinformationen in der Regel sehr eindeutig, weil Beschwerdeführer ein klares Problemverständnis aufweisen und Sachverhalte sehr genau schildern können. Neben aktuellen Qualitätsschwächen können Kundenbeschwerden auch Informationen zu dem generellen Marktverhalten des Unternehmens sowie sich abzeichnenden Marktentwicklungen vermitteln und bieten damit wichtige strategische Frühwarnindikatoren zur Wahrnehmung von Marktchancen sowie zur Vermeidung von Marktrisiken [JESC2004] [MABA2004].

Beschwerden betreffen sowohl objektive als auch subjektive Mängel an bestehenden Produk-ten, wodurch ihnen primär Relevanz für Produktverbesserungen zukommt. Sie können jedoch auch Auslöser für neue Produkte sein, wenn sich die Beseitigung von Produktmängeln nicht oder nur durch unverhältnismäßig großen Aufwand bewerkstelligen lässt [HERS1991].

Die Intensität der Beschwerden kann nicht als direkt proportional zum Ausmaß der Zufrieden-heit angesehen werden, sondern wird durch verschiedene Determinanten nach erlebter Unzu-friedenheit beeinflusst [MASS2004] [KAIS2002]:

Eindeutigkeit der Ursachenattribution: Je eindeutiger die Unzufriedenheitsursache dem Anbieter zugerechnet wird, desto so eher beschweren sich die Kunden.

Relevanz des Konsumereignisses: Der Schritt zu einer Beschwerde hängt von der finan-ziellen und sozialen Bedeutung des Konsumereignisses für den Kunden ab.

Problemart: Manifeste Probleme mit geringem subjektiven Ermessens- und Bewertungs-spielraumes führen eher zu Kundenbeschwerden.

Page 94: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

76 4 Stand der Forschung und der Technik

Beschwerdekosten: Je geringer die materiellen und zeitlichen Beschwerdekosten für den Kunden ausfallen, desto höher ist die Beschwerdebereitschaft.

Erfolgswahrscheinlichkeit: Die Beschwerdetätigkeit steigt mit der subjektiv eingeschätz-ten Erfolgswahrscheinlichkeit einer Problemlösung.

Persönlichkeitsvariablen: Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, psychographische Merkma-le (z. B. Selbstbewusstsein), Verhaltensmerkmale und soziale Umgebung beeinflussen das Beschwerdeverhalten.

Aufgrund der Tatsache, dass sich nur ein geringer Teil der Kunden beschwert, muss davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse eines Beschwerde-Monitorings nur begrenzte Aus-sagekraft besitzen [MABA2004]. Die Auswertung von Kundenbeschwerden als alleinige Qua-litätskontrollinformation zur Bestimmung der Kundenzufriedenheit bzw. -unzufriedenheit ist daher nicht hinreichend. Beschwerdeinformationen müssen durch die Verknüpfung mit reprä-sentativ ermittelten Daten eines Kundenzufriedenheitsmanagements zur Globalzufriedenheit von Kunden sowie mit denen aus dem Qualitäts- und Servicemanagement gewonnenen inter-nen Qualitätskontrollinformationen abgeglichen und ergänzt werden [JESC2004]. Zudem ist die Nutzung von Beschwerdeinformationen für Neuprodukte und innovative Produkte stark eingeschränkt, da sich Beschwerden üblicherweise an bestehenden Produkten orientieren.

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration

Bisher waren die Wertschöpfungsstrukturen produzierender Unternehmen – insbesondere auf dem Sektor der Massenproduktion – durch die traditionellen Organisationsstrukturen der Auf-bau- und Ablauforganisation geprägt, die auf F. W. Taylor zurückgehen. Auch wenn bisher Unternehmen überwiegend an diesem Modell festhalten, adressieren einige Forschungsaktivi-täten eine neue Form der industriellen Wertschöpfung, die sich an der zunehmenden Forde-rung nach einer Kundennutzenbefriedigung durch Integration des Kunden in die Wertschöp-fungsketten orientieren. Die bestehenden Lösungs- bzw. Forschungsansätze variieren je nach disziplinspezifischer Sichtweise (technisch und betriebswirtschaftlich) und nach dem Zeit-punkt der Kundeneinbindung im Produktlebenszyklus (vgl. Tabelle 4-4).

Produktentwicklungsorientierte Forschungsansätze verfolgen dabei primär die Kundenintegra-tion in den Phasen vor der Produktplanung zur Identifikation und Analyse von Kundenanfor-derungen, während produktionsorientierte Ansätze auf die Integration im Rahmen von Mass Customization setzen [VACZ2003] [PIMÜ2003]. Betriebswirtschaftlich ausgerichtete Ansätze wiederum fokussieren zum einen die Ermittlung von Marktanforderungen, zum anderen das Management von Kundeninformationen in den Aftersales-Bereichen. Charakteristisch für die bestehenden Lösungsansätze ist die Betrachtung des Kunden als Wertschöpfungspartner [RE-

PI2002].

Page 95: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration 77

System of Customer Integration Interaction Point

Degree of Integration

Integration ap-proach

Made-to-stock: manufacturing and sale of standardized products to anonymous customers

traditional mass production system

match-to-order / locate-to-order: Selection of existing (standard) products accord-ing to customer requirements

sales, retail

bundle-to-order: Bundling of existing products to customer specific product (based on situation of use)

sales, retail

Customer Relationship Management (CRM) Communities

assemble-to-order: Assembling of customized products from stan-dardized, pre-fabricated parts

final assembling

made-to-order: Manufacturing of customized products including component manufacturing

manufacturing

Mass Customi-zation

development-to-order: Customer co-design of product construction, fol-lowed by customized made-to-order

design, deve-lopment

Deg

ree

of C

usto

mer

Inte

grat

ion

Lead User ap-proach, Co-designer

Tabelle 4-4: Formen der Kundenintegration [TSPI2001]

4.4.1 Customer Relationship Management (CRM)

Die Entwicklung des CRM-Ansatzes wurde durch die vier Forschungstraditionen Relationship Marketing, Wissensmanagement, kundenorientierte Informationssysteme und Business Pro-cess Management beeinflusst [SEXA2002]. Der CRM-Ansatz basiert dabei auf der grundlegen-den Überlegung, dass nicht nur Unternehmen über Leistungsaustauschprozesse, sondern auch Kunden über Prozesse verfügen, die Leistungen empfangen und entgegennehmen [ÖSBG1995]. Schulz definiert CRM wie folgt:

CRM ist ein kundenorientierter Managementansatz, bei dem Informationssysteme (CRM-Systeme) das erforderliche Wissen zur Unterstützung der Frontoffice-Prozesse im Marketing, Verkauf, und Service sammeln, analysieren und integriert bereitstellen. Un-ternehmen verwenden das Wissen zur Verbesserung der Kundengewinnung, der Kun-denbindung, zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit sowie zur Verbesserung der Interakti-onsmöglichkeit mit den Kunden [SCHU2000].

Wörtlich übersetzt bedeutet CRM Kundenbeziehungsmanagement. Unternehmen verfolgen mit CRM eine engere Bindung der Kunden an das Unternehmen und damit den Aufbau profi-tabler, langfristiger Kundenbeziehungen. CRM dient der Verbesserung kundenbezogener Un-ternehmensprozesse sowie der Flexibilisierung des Umgangs mit Kunden und der Interaktion zwischen Anbietern und Nachfragern [KRAF1999] [GRKÖ2004]. Zentrale Größe von CRM ist die Kundenzufriedenheit, die einen Indikator für Kundenbindung und somit für den langfristi-

Page 96: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

78 4 Stand der Forschung und der Technik

gen Unternehmenswert darstellt. Die drei elementaren Ziele zur Erreichung der Kundenzufrie-denheit durch CRM sind die Kundenbindung, -neugewinnung und -rückgewinnung [HEDA2001]. Diese Ziele werden durch verschiedene Aufgaben unterstützt, die den organisa-torischen Unternehmensbereichen Marketing, Vertrieb und Service zuzuordnen sind. CRM zielt auf die Zusammenführung einzelner Insellösungen in den genannten Unternehmensberei-chen, um für alle Unternehmensbereiche eine einheitliche Kundeninformationsbasis zu ermög-lichen. Zu den integrativen Aufgaben von CRM zählen [HIWI2005]:

Synchronisation und operative Unterstützung der zentralen Kundenkontaktpunkte (Customer Touch Points) Marketing, Vertrieb und Service,

Einbindung aller Kommunikationskanäle zwischen den Kunden und dem Unternehmen,

die dazu erforderliche Zusammenführung und Auswertung aller Kundeninformationen.

Unterstützt wird der CRM-Ansatz durch informationstechnische CRM-Systeme, die sich in die drei Komponenten analytisches, operatives und kollaboratives CRM gliedern lassen [BU-

SA2005] (vgl. Abbildung 4-18).

Abbildung 4-18: Komponenten eines CRM-Systems (angelehnt an [HeDU2002], [HIRW2004])

Page 97: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration 79

CRM-systeme werden als Weiterentwicklung der CAS-Systeme (Computer Aided Selling Systeme) verstanden. Im Unterschied zu CRM-Systemen, welche die Marketing-, Verkaufs- und Serviceprozesse unterstützen, sind CAS-Systeme primär auf den Verkaufsprozess ausge-richtet. CRM-Systeme dienen dazu, Informationen über Kunden effizienter in die Unterneh-mensorganisation zu integrieren und sie im Rahmen der Bearbeitung der Kundenbeziehungen effektiver zu nutzen. In der wissenschaftlichen Literatur existieren neben CRM die Begriffe des eCRM34 (Electronic CRM) und mCRM35 (Mobile CRM).

Analytisches CRM

Analytische CRM-Funktionen haben die Aufgabe, Kundendaten zu erheben und anwendungs-orientiert auszuwerten. Diese Auswertungen können z. B. zur effizienten Kampagnegestaltung oder optimalen Marktsegmentierung genutzt werden. Analytisches CRM dient der Vorberei-tung, Unterstützung und Optimierung von kundenbezogenen, unternehmensinternen und -übergreifenden Entscheidungsprozessen.

Die Basis bildet die Implementierung eines unternehmensweiten Datenpools (Data Warehou-se) zur Analyse der Kundendaten. Für die Analyse werden die Werkzeuge des Data Minings36 und OLAP37 sowie gegebenenfalls die erweiterten Funktionen Planung, Optimierung und Si-mulation eingesetzt. Ein weiterer Bestandteil des analytischen CRM ist die Einteilung von Kunden in homogene Kundensegmente in Verbindung mit der Bestimmung des Kundenwer-tes. Die Ergebnisse des analytischen CRM bilden die Grundlage für das operative CRM [TÖPF2004].

Operatives CRM

Die operativen CRM-Funktionen umfassen alle Anwendungen, die den direkten Kontakt des Kundenbearbeiters mit dem Kunden unterstützten (Front Office) sowie die operativen IT-Systeme (Kundendatenbank und Content Management Systeme). Diese Funktionalitäten ha-ben zum Ziel, den Dialog zwischen Kunde und Unternehmen sowie die dazugehörigen Ge-schäftsprozesse zu optimieren [BUSA2005]. Um Insellösungen zu vermeiden, werden die Back-Office-Systeme in das operative, aber auch analytische und kollaborative CRM über 34 Unter eCRM werden Online-CRM-Systeme oder Systeme für E-Commerce bzw. E-Business verstanden. 35 mCRM-Systeme sind als CRM-Systeme für Transaktionen auf Basis der Informationsübertragung über Mo-

bilfunknetze mit mobilen Endgeräten zu sehen. Sie sind eng verzahnt mit den eCRM-Systemen. 36 Data Mining: Data Mining erlaubt die automatisierte Erkennung von Mustern und statistischen Zusammen-

hängen in Datenbeständen. Es umfasst weiterhin die Erstellung von Hypothesen, die Suche in festgelegten Datenbereichen und die Darstellung der Ergebnisse in einer vorab definierten Repräsentationsform [VO-GU2001].

37 OLAP (Online Analytical Processing): OLAP beschreibt eine Softwaretechnologie, die es betrieblichen Ana-lysten, Managern und Führungskräften ermöglicht, Einsicht in relevante Daten zu erhalten. Eine breite Palette angebotener Sichten auf die vorhandenen Informationen, die aus den Basisbeständen per Transformation ge-wonnen und mit externen Informationen angereichert werden, ist mittels schneller, konsistenter und interakti-ver Zugriffe direkt nutzbar. Zu den typischen OLAP-Funktionen zählen die dynamischen, multidimensionalen Analysen von konsolidierten Datenbeständen [GLGC1997].

Page 98: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

80 4 Stand der Forschung und der Technik

Schnittstelle eingebunden. Im operativen CRM werden die im analytischen CRM gewonnen Kenntnisse über den Kunden in konkrete Handlungsmaßnahmen umgesetzt. Dies umfasst vor allem die kundenorientierte Ausgestaltung und Veränderung der Unternehmensprozesse, um die vom Kunden geforderte Leistungsqualität in Verbindung mit möglichst kurzen Durchlauf-zeiten und ausreichendem Ertragsniveau zu gewährleisten [TÖPF2004].

Kollaboratives CRM

Das kollaborative CRM umfasst alle Funktionen, die eine direkte Interaktion zwischen Kun-den und Unternehmen ermöglichen. Es ergänzt das analytische und operative CRM durch das Management der Kontaktkanäle zum Kunden. Ziel dieser Funktionen ist der Aufbau einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen den Kunden und dem Unternehmen durch die ganz-einheitliche Steuerung, Unterstützung und Synchronisation aller Kommunikationskanäle zum Kunden. Durch die Integration aller Kontaktkanäle soll ein kundenspezifischer intensiver Dia-log hergestellt werden, der eine einheitliche Aussage der Mitarbeiter im Kundenkontakt si-cherstellt [TÖPF2004]. Von besonderer Bedeutung ist die Zusammenarbeit mit Privat- und Geschäftskunden (E-Commerce, E-Marketing, E-Service) und mit Vertriebspartnern über das Internet [BUSA2005].

Neben der geschilderten, aufgabenspezifischen Beschreibung von CRM existiert in der For-schung ein weiterer Ansatz auf der Basis einer prozessorientierten CRM-Definition. Diese Definition differenziert sich von der Einteilung in Marketing-, Vertriebs- und Serviceprozesse, da diese aufbauorganisatorische Sichtweise zu grob erscheint. Der prozessorientierte Ansatz basiert auf den sechs Kernprozessen Kampagnenmanagement, Lead-Management, Angebots-management, Vertragsmanagement, Beschwerdemanagement und Servicemanagement.

Zusätzlich werden die Aktivitäten des Interaktionsmanagements, Kanalmanagements und Multikanalmanagements berücksichtigt. Die genannten Prozesse steuern die CRM-Aktivitäten, Kommunikation und Interaktionen mit den Kunden über verschiedene Kanäle. Dabei steuert das Interaktionsmanagement, über welche Kanäle38 das Unternehmen mit Kunden kommuni-ziert und das Kanalmanagement, in welcher Form die unternehmensinterne Abstimmung der Kanäle erfolgt. Da sich die einzelnen Kanäle bezüglich ihrer Stärken und Schwächen für un-terschiedliche Anwendungsgebiete und Branchen unterscheiden, wird der kombinierte Einsatz durch das Multi Channel Management unterstützt. Es gewährleistet einerseits die einheitliche Sicht des Kunden auf das Unternehmen über unterschiedliche Medien, andererseits die konsi-stente Sicht des Unternehmens auf die Kunden über alle Kanäle [SCHU2000] [BUKS2005].

4.4.2 Communities (Virtuelle Kundengruppen)

Unter Communities wird der Zusammenschluss mehrerer Kunden verstanden, die sich zu ei-nem bestimmten Themengebiet bzw. Produkt auf elektronischem Wege (Internet) austauschen. 38 Kanäle des Kollaborativen Customer Relationship Managements

Page 99: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration 81

Ursprünglich geht die Idee auf eine virtuelle Gemeinschaft zurück, die durch soziale Zusam-menschlüsse im Internet entsteht, wenn ausreichend Kunden öffentliche Diskussionen pflegen und dabei ihre Gefühle und Meinungen einbringen. Dabei beschreiben Kunden Produktpro-bleme, liefern Hilfestellungen oder äußern Verbesserungsvorschläge und neue Produktideen [HESA2004]. Communities im Internet werden entweder von Anbieterunternehmen selbst oder von Drittanbietern betrieben.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass Innovationen häufig von Anwendern ausgehen und damit in einer Community umfangreiches Innovationspotenzial vorhanden ist, nutzen Unternehmen Communities, um Kunden in ihren Innovationsprozess zu integrieren. Zudem lässt sich relativ einfach eine kritische Masse am Kunden akquirieren, die durch ein generell hohes Involve-ment Produkte kritisch analysieren und evaluieren sowie ein unmittelbares Feedback zu neuen Produkten liefern. Hieraus ergeben sich nicht nur neue Marktforschungsmöglichkeiten, sonder auch neue Organisationsformen von Teamstrukturen im Unternehmen [HESA2004] [PA-

PA2004] [FÜMB2004].

Communities bieten den Vorteil der Langfristigkeit, Kontinuität sowie der Möglichkeit einer elektronischen Aufzeichnung und automatisierten Auswertung. Dabei können nicht nur ein-zelne Kundenanforderungen erhoben, sondern auch Muster und Trends innerhalb der erfassten Daten identifiziert und sichtbar gemacht werden [MEPF1998].

Community-Werkzeuge

Die informationstechnischen Werkzeuge unterscheiden „Communication Rings“, bei denen Informationen direkt zwischen den Kunden ausgetauscht werden, und „Content Trees“, die eine indirekte Kommunikation unterstützen. Dabei handelt es sich um einen zentralen Ort (z. B. Webseite), an dem Informationen dargestellt und gespeichert werden (vgl. Tabelle 4-5) [HESA2004].

Communication Rings Content Trees

• E-Mail-Lists • Net Pagers • Groupware • Spiele und Simulationen

• Usenets • Bulletin Boards • Chat Rooms • Virtuelle Welten • Web-Seiten

Tabelle 4-5: IT-Werkzeuge für Communities

Auswertung von Nutzerprofilen

Mit zunehmender Interaktion der Mitglieder wird es möglich, Mitgliederprofile über Interes-sen, Informationsverhalten und Kaufgewohnheiten abzuleiten, die für eine Angebotsindividua-

Page 100: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

82 4 Stand der Forschung und der Technik

lisierung und damit zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit genutzt werden können. Als Datenquellen für Nutzerprofile von Community-Mitgliedern eigenen sich [PAPA2004]:

Explizite Profilaufzeichnung:

• Eingabe demografischer Daten bei der Registrierung,

• Eingabe psychografischer Daten (Interessen, Vorlieben) zur Personalisierung der Community-Interaktion,

• Zusätzliche Befragungen bei konkreten Anlässen, z.B. Produktauswahl.

Implizite Profilaufzeichnung:

• Nutzer-Tracking (z.B. Werbungs- und Content-Klickrate),

• Aufzeichnung von Transaktionen,

• Erkennung von Schlüsselwörtern in Groupware-/Chat-Beiträgen.

4.4.3 Mass Customization durch Konfigurationssysteme

Der Begriff des Mass Customization ist ein Oxymoron, das die grundsätzlich gegensätzlichen Begriffe „Mass Production“ und „Customization“ verbindet [PIMÜ2003]. Mass Customization zielt auf die Individualisierung des Produktangebots ab und wird damit als kundenindividuelle Massenproduktion verstanden:

Mass Customization ist die Produktion von Gütern und Leistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfra-gers dieser Produkte treffen, zu Kosten, die ungefähr denen einer massenhaften Ferti-gung eines zugrunde liegenden Standardproduktes entsprechen. Die Informationen, die im Zuge des Individualisierungsprozesses erhoben werden, dienen dem Aufbau einer dauerhaften, individuellen Beziehung zu jedem Abnehmer [PILL2001].

Mass Customization ist von der herkömmlichen Einzel- sowie Variantenfertigung zu differen-zieren. Sie kombiniert die Konzepte des assemble-/made-to-order-Prinzips, der modularen Produktarchitektur und Bündelung standardisierter und individualisierter Produktkomponenten sowie der kundenspezifischen Leistungserstellung. Zur Lösung des vermeintlichen Wider-spruchs zwischen Effizienz und individueller Produktion adressiert Mass Customization das Zusammenspiel von vier Ebenen [ROPI2003]:

1. Differenzierungsebene (individuelle Produkte/Leistungen),

2. Kostenebene (Massenproduktions-Effizienz),

3. Beziehungsebene (Kundenloyalität),

4. Potenzialebene (stabile Prozesse und modulare Produktarchitekturen).

Page 101: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration 83

Mit der kundenindividuellen Produktfertigung geht ein Wandel der zentralen Fertigungseinheit hin zu verteilten, lokal marktnahen Fertigungssystemen einher, um effizient und effektiv auf Markttrends reagieren zu können. Im Sonderforschungsbereich 582 der TU München „Markt-nahe Produktion individualisierter Produkte“ wurden Methoden, Werkzeuge und innovative Fertigungsverfahren mit dem Ziel der kundenindividuellen Produktion entwickelt. Das Kon-zept beruht auf sog. „Minifabriken“, welche diese individualisierten Produkte für jeden ein-zelnen Kunden konfigurieren, anpassen und herstellen sollen [LINDE2004]. Mass Customizati-on ersetzt die traditionelle Produktion und den Vertrieb von Leistungen durch die Bereitstel-lung von Leistungspotenzialen. Für die Bereitstellung ist eine Interaktion des Kunden mit dem produzierenden Unternehmen notwendig, um Informationen bzgl. der gewünschten Produktei-genschaften des Kunden zu erhalten [REPM2000]. Diese Interaktion wird durch Konfigurati-onssysteme unterstützt, über welche die Kunden in die Wertschöpfung integriert werden.

Konfigurationssysteme

Konfigurationssysteme bestehen aus den drei Komponenten Konfigurationskomponente zur konsistenten Kombination von Produktmodulen, Präsentationskomponente zur grafischen Darstellung der gültigen Produktkonfiguration und Auswertungswerkzeug zur Umsetzung der Konfiguration in Stücklisten, Konstruktionszeichnungen und Arbeitspläne [PILL2001]. Diese Komponenten sind die Grundlage für die Aufgaben des Konfigurationssystems, deren Ziel die Begleitung des Kunden durch den Spezifikationsprozess und Prüfung der generierten Konfigu-ration ist [BLDM2003] (vgl. Abbildung 4-19). Über kundenseitige Benutzungsoberflächen kann der Kunde eine Auswahl und Kombination von Produktkomponenten treffen oder para-metrische Abmessungen variieren (z. B. in der Bekleidungsindustrie).

Abbildung 4-19: Aufgaben eines Konfigurationssystems [ROPI2003]

Page 102: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

84 4 Stand der Forschung und der Technik

Konfigurationssysteme werden üblicherweise anhand der verwendeten Kerntechnologie unter-schieden [WÜPP2000]:

Wissensbasierte Systeme: Expertensysteme werden als Anwendung der künstlichen Intel-ligenz für produktspezifische Abhängigkeiten eingesetzt.

Regelbasierte Systeme: Programmalgorithmen prüfen produktspezifische Abhängigkeiten in einem sog. „constraint solver“.

Entscheidungstabellenbasierte Systeme: Produktabhängigkeiten werden über verknüpfte Entscheidungstabellen abgebildet.

In der Praxis werden die verschiedenen Technologien häufig miteinander kombiniert einge-setzt. Dabei haben sich überwiegend Online-Konfigurationssysteme, die auf einer Client-Server-Architektur basieren, etabliert. Eine in den letzten Jahren entwickelte Methode zur Ver-waltung des Konfigurationswissens bildet die Konfigurations- und Verträglichkeitsmatrix (K- & V-Matrix). Sie basiert auf drei Matrizen, mit deren Hilfe die technische Sicht und die funk-tionale Kundensicht auf ein Produkt sowie das Mapping zwischen diesen beiden Sichten be-schrieben werden. Die K-Matrix dient der Abbildung der direkten Korrelationen (technische, funktionale und strategische Korrelationen) beider Sichten. In der V-Matrix werden die Ele-mente der gleichen Sicht auf die gegenseitige Kombinierbarkeit überprüft, wobei jede Sicht eine eigene V-Matrix besitzt [BONG2002] [PULS2002].

4.4.4 Lead User Ansatz von Hippel

Der Lead User Ansatz wurde von Hippel in den achtziger Jahren entwickelt und basiert auf umfangreichen Untersuchungen, die gezeigt haben, dass zahlreiche Innovationen nicht von produzierenden Unternehmen, sondern vom Kunden ausgehen und teilweise sogar von ihnen entwickelt werden. Als Beispiele für solche Innovationen führt Hippel die Entwicklung der Open-Source-Software „Apache Server“ oder die Entwicklung von Sportgeräten (z. B. Moun-tain Bike) durch Kunden an [FRHI2003].

Der Begriff des Lead Users bezeichnet Nachfrager, dessen momentane Anforderungen bzgl. eines Produktes ein Vorgriff auf zukünftige Bedarfe des gesamten Kundenspektrums darstel-len [HIPP1986]. Lead User können auch als Pionieranwender oder Frühanwender bezeichnet werden und zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Zukunft liegende Erfolgsfaktoren be-reits zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Produktentwicklung aufgrund individueller Bedarfe antizipieren können [ZERN2004]. Lead User können damit als „Bedürfnisvorhersage“ genutzt werden, ohne dazu in zukünftige Verwendungssituation hineinversetzt werden zu müssen. Zudem geht Hippel davon aus, dass Lead User signifikant von einem nach ihren Wünschen gestalteten Produkt profitieren. Der Produktnutzen kann so groß sein, dass Lead User aufgrund mangelnder Herstellerangebote selber innovativ tätig werden [FRHI2003].

Page 103: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.4 Lösungsansätze für die Kundenintegration 85

Lead User Vorgehensmodell

Im Kern der Lead User Methode steht die Identifizierung der Lead User. Für die Umsetzung der Lead User Methode wird ein vierstufiges Vorgehen vorgeschlagen [MABA2004] [HERS2004] :

1. Phase I: Im ersten Schritt muss sich das Unternehmen einen Überblick über die neusten Technologie- und Markttrends hinsichtlich der jeweiligen Produktgruppe verschaffen (z. B. durch den Einsatz von Delphi-Befragungen oder Szenarioanalysen). Hiezu werden in-terdisziplinäre Teams im Unternehmen gebildet, die das entsprechende Suchfeld eingren-zen und die Projektziele definieren.

2. Phase II: Im zweiten Schritt werden die identifizierten Trends durch erste Recherchen detailliert validiert. Hierzu kommen Interviews mit Branchen- und Technologieexperten sowie ein Scanning von Patenten, dem Internet, Messen, Literatur und Datenbanken zum Einsatz. Ziel dieser Phase ist die Schaffung eines tieferen Verständnisses von der Höhe des Nutzens, der durch die Innovation beim Kunden geschaffen werden kann.

3. Phase III: Anhand der vorangegangenen Analysen werden im dritten Schritt die Lead User identifiziert. Als Auswahlindikatoren werden dazu die Unzufriedenheit mit bisheri-gen Produkten, ein hohes Problemverständnis und die Eigenentwicklung von Produktver-besserungen herangezogen. Zur Identifikation von Lead Usern stehen zwei Ansätze zur Verfügung: Der Screening-Ansatz überprüft bei einer großen Anzahl von Produktanwen-dern die Existenz der zuvor festgelegten Lead User-Indikatoren. Beim Networking-Ansatz werden zunächst einige wenige Kunden gefragt, ob sie weitere Produktanwender kennen, die neue Bedürfnisse haben oder bereits innovativ tätig geworden sind. Dieses Vorgehen führt sehr schnell zu geeigneten Lead Usern.

4. Phase IV: Im letzten Schritt erfolgt die Entwicklung von Produktkonzepten unter Einbe-ziehung der Lead User. Dazu werden die ausgewählten Lead User in einem mehrtätigen Workshop zusammengebracht, in dem sie in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Unter-nehmens Ideen weiterentwickeln und kombinieren. Am Ende des Workshop steht die Do-kumentation der Ergebnisse in Form von Skizzen, Konzeptbeschreibungen oder Model-len.

4.4.5 Einbindung des Kunden als Co-Designer

Mit zunehmender Integration des Kunden in ein Unternehmen findet eine erhöhte Verschmel-zung der Wertschöpfungsprozesse von Anbietern und Abnehmern statt. Im Zusammenhang mit der Einbindung des Kunden in die Produktentwicklung ist in der wissenschaftlichen Lite-ratur die Bezeichnung des Kunden als „Co-Designer“ (Co-Entwickler) zu finden [REPI2002] [BMPR2005]. Unter Co-Designer ist ein Kunde zu verstehen, der aktiv an der Entwicklung eines Produktes beteiligt ist und damit zum temporären Mitarbeiter des Unternehmens wird. Die Integration des Kunden erfolgt in unterschiedlichen Integrationstiefen. Sie kann bei gerin-

Page 104: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

86 4 Stand der Forschung und der Technik

ger Integrationstiefe in Form von Diskussionsgruppen (Fokusgruppen) oder bei tiefer Integra-tion durch einen direkten Eingriff in die Produktgestaltung durch spezifische Werkzeuge (Tool-Kits) stattfinden.

Als wichtigstes Forschungsprojekt auf diesem Gebiet ist das deutsche WINserv-Projekt zu nennen. Ziel des Projektes ist die Entwicklung wissensintensiver Dienstleistungen zur Integra-tion von Kunden in Innovationsprozesse. Durch digitalisierte bzw. virtuelle Dienstleistungen sollen kundeninhärente Wünsche, Bedürfnisse und Nutzenvorstellungen des Kunden in digita-le Daten transformiert und für innovationstätige Mitarbeiter bereitgestellt werden [REIC2004]. Beispiel für Lösungsansätze zur kundenindividuellen Produktgestaltung sind „mi-Adidas“ zur maßgeschneiderten Entwicklung von Sportschuhen oder der „Infotainment Produktkonfigura-tor“ von Audi (vgl. Abbildung 4-20).

Abbildung 4-20: Beispiele für industrielle Kundenintegration, „mi-Adidas“ und „Infotain-ment Produktkonfigurator“ von Audi

Fokusgruppen

Fokusgruppen sind eine häufig angewandet Technik der Marktforschung und werden allge-mein mit der Neuproduktentwicklung assoziiert. In Gruppen von acht bis zwölf Teilnehmern, die sich aus Produktentwicklern, Marketingmitarbeitern und Kunden zusammensetzen, werden

Page 105: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.5 Bewertung der Lösungsansätze und resultierender Handlungsbedarf 87

unter der Leitung eines Moderators Probleme, Erwartungen und Wünsche bzgl. eines Produk-tes diskutiert. In der Regel werden durch den Einsatz von Fokusgruppen qualitative Ergebnis-se bei Fragestellungen angestrebt, die schlecht strukturierbar und daher einer standardisierten Befragung kaum zugänglich sind [MABA2004] [BOTS2004].

Die Verwendung dieser Methode zielt auf eine Generierung qualitativ hochwertigerer Infor-mationen ab, als es vergleichsweise mit Einzelinterviews möglich ist. Durch die Diskussion in der Gruppe sollen sich die Teilnehmer gegenseitig stimulieren und so eine größere Vielfalt an Anregungen einbringen. Allerdings haben Untersuchungen gezeigt, dass gerade bei komple-xen Produkten Fokusgruppen nicht zum gewünschten Erfolg führen, da offensichtlich das Konzentrationsvermögen der Kunden in Verbindung mit einem geringen Zeitrahmen in der Gruppe eingeschränkt ist. Zudem treten bei Gruppendiskussionen Tendenzen zur Gruppenkon-formität auf, wodurch die Ideenvielfalt sinkt [LÜTH2004a].

Tool-Kits für Produktinnovationen

Um die zeitintensiven Iterationsschleifen des traditionellen Produktentwicklungsprozesses zu reduzieren, wurden sog. „Tool-Kits“ entwickelt, die es dem Kunden ermöglichen, selbst Pro-dukte zu entwickeln oder zu konstruieren. Tool-Kits kommen aufgrund der starken Individua-lisierung überwiegend in Business-to-Business-Märkten zur Anwendung. Durch die Übertra-gung von Design-Aktivitäten auf den Kunden verfolgen Unternehmen eine Erhöhung der Entwicklungseffizienz sowie eine Herstellung kundenindividueller Produkte für heterogene Bedürfnisse [LÜTH2004b] [HIKA2002]. In dem Tool-Kit werden verschiedene Werkzeuge integriert angeboten, die neue Technologien, wie z. B. Computersimulationen oder das Rapid Prototyping, verwenden [THHI2002].

Janitza greift in seiner Arbeit den Gedanken des Tool-Kits auf und stellt ein Konzept zur Ein-bindung des Kunden auf der Basis der Produktmodellierung durch CAD vor. Kern des Kon-zeptes ist die Bereitstellung von vorentwickelten, parametrischen CAD-Modellen, die durch Ingenieurwissen angereichert werden und schließlich einen definierten Lösungsraum darstel-len, in dessen Grenzen der Kunden sein Produkt durch Konfiguration definieren kann [JANI2004].

4.5 Bewertung der Lösungsansätze und resultierender Handlungsbedarf

Bewertung der Managementansätze in der Produktentwicklung

Die Managementansätze in der Produktentwicklung adressieren die Planung, Steuerung und Verwaltung von Produkten, von zugehörigen Entstehungsprozessen und von Produktinforma-tionen. Sie berücksichtigen aufgrund ihrer technisch ausgerichteten Methoden und Werkzeuge die Wünsche und Anforderungen des Kunden nur sekundär in Form von Anforderungen, die überwiegend aus den organisatorischen Unternehmensbereichen des Marketings in die Pro-

Page 106: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

88 4 Stand der Forschung und der Technik

duktentwicklung einfließen. Defizite hinsichtlich eines Einsatzes für die Kundenfeedback-Integration bestehen daher besonders in der Feedbackgewinnung und Feedbackaufbereitung (vgl. Tabelle 4-6). Eine Formalisierung des Feedbacks mit dem Ziel der Kundenzufrieden-heitsbestimmung wird durch keinen der Ansätze unterstützt.

Lösungsansätze Anforderungen

Managementansätze in der Produktentwicklung

Zeitp

unkt

/ Q

uelle

n

Art

ikul

atio

n

Qua

lität

Bew

ertu

ng

Form

alis

ie-

rung

Tran

sfor

ma-

tion

Spei

cher

ung/

Ve

rwal

tung

Ber

eits

tellu

ng

Verw

endu

ng

Requirements Engineering und Management

Product Lifecycle/Data Manage-ment (PLM/PDM)

Technologie- und Innovations-management

Stage-Gate-Modell

Legende: geeignet teilweise geeignet nicht geeignet

Tabelle 4-6: Einstufung der Managementansätze in der Produktentwicklung

Das Requirements Engineering und Management stellen durch Feedbacktechniken Methoden zur Akquisition von Kundeninformationen zur Verfügung und unterstützen teilweise das Ma-nagement von Anforderungen durch die Überwachung von Produktentwicklungsprojekten. Allerdings fehlt es an einer durchgängigen und informationstechnischen Unterstützung des Feedbackprozesses. In der IT-Unterstützung und dem Informationsmanagement liegt wieder-um die Stärke des Product Lifecycle Managements, insbesondere der Produktdaten Manage-mentsysteme. Sie stellen eine prozessorientierte Basis für die Bereitstellung von Produktin-formationen für den Kunden und die Integration und Verwaltung von Feedbackinformationen zur Verfügung. Das Technologie- und Innovationsmanagement kann nur sehr eingeschränkt der Feedbackintegration dienlich sein. Durch die überwiegende Konzentration auf unterneh-mensinterne Innovationsaktivitäten fehlt es diesem Ansatz an der nötigen Einbeziehung des Kunden, auch wenn für die frühen Produktplanungsphasen etablierte Werkzeuge zur Bewer-tung und Kontrolle von Produktideen (z. B. Fuzzy Front-Ends) verfügbar sind. Die qualitäts-orientierte Strukturierung des Produktentwicklungsprozesses durch das Stage-Gate-Modell bildet eine geeignete Ausgangsbasis zur kundenorientierten Neuausrichtung der Entwick-lungsprozesse. Allerdings ist dieser Ansatz für die Gewinnung und Aufbereitung von Feed-backinformationen nicht geeignet.

Page 107: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.5 Bewertung der Lösungsansätze und resultierender Handlungsbedarf 89

Bewertung der Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforde-rungen

Die Methoden zur Identifikation und Bwertung von Kundenanforderungen (Kundenbeobach-tung/-befragung, Kano-Methode, Conjoint-Analyse) sind nur bedingt für die Gewinnung von Feedbackinformationen einsetzbar (vgl. Tabelle 4-7). Zum einen sind Methoden überwiegend auf den Einsatz in den Phasen vor der Produktkonstruktion (Marketing, Produktplanung) aus-gelegt. Zum anderen sind die Artikulationsmöglichkeiten für den Kunden durch die Konzent-ration auf einige wenige Produkteigenschaften sehr eingeschränkt. Aufgrund ihres spezialisier-ten Anwendungsfeldes im Bereich der Marktforschung können diese Methoden nicht direkt auf die Gewinnung von Kundenfeedback-Informationen übertragen werden. Auch die Aus-wertung von Service- und Aftersales-Daten liefert nur begrenzt brauchbare Feedbackinforma-tionen, da sich dieser Ansatz durch einen reaktiven Charakter auszeichnet und ausschließlich auf die Phase der Produktnutzung anwendbar ist.

Lösungsansätze Anforderungen

Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kunden-

anforderungen

Zeitp

unkt

/ Q

uelle

n

Art

ikul

atio

n

Qua

lität

Bew

ertu

ng

Form

alis

ie-

rung

Tran

sfor

ma-

tion

Spei

cher

ung/

Ve

rwal

tung

Ber

eits

tellu

ng

Verw

endu

ng

Kundenbeobachtung

Kundenbefragung

Auswertung von Service- und Aftersales-Daten

Kano-Methode

Quality Function Deployment (QFD)

Conjoint-Analyse

Tabelle 4-7: Einstufung der Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforde-rungen

Die Vorteile der Kundenbeobachtung, -befragung und der Kano-Methode liegen in der relativ hohen Informationsqualität, da die verwendeten Werkzeuge auf einem direkten Kontakt mit den Endkunden aufbauen und Feedbackinformationen damit unverfälscht ermittelt werden können. Weiterhin können die methodischen Funktionalitäten zur Gewichtung und Klassifizie-rung von Anforderungen für die Feedbackbewertung genutzt werden. Für die Transformation

Page 108: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

90 4 Stand der Forschung und der Technik

von Feedbackinformationen eignet sich insbesondere das Quality Function Deployment zur Abbildung von Kundenanforderungen auf technische Produktmerkmale.

Eindeutige Schwächen zeigen sich in der Speicherung, Verwaltung und Bereitstellung von Feedbackinformationen. Zudem ist eine Integration der extrahierten Feedbackinformationen in die Produktentwicklung durch die Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenan-forderungen weder methodisch noch informationstechnisch möglich. Die Verwendungsmög-lichkeit der Feedbackinformationen, die durch die Beobachtung und Befragung von Kunden, die Kano-Methode sowie durch die Auswertung von Servicedaten gewonnen werden können, muss als stark eingeschränkt betrachtet werden, da diese Methoden i d. R. ohne Bezug zu den Produktentwicklungsprozessen angewandt werden und die gewonnenen Informationen so ei-ner intensiven Interpretation des Produktentwicklers bedürfen.

Bewertung der Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit

Die Anwendung der Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit erfolgt i. d. R. in Kom-bination mit den Methoden zur Identifikation und Bewertung von Kundenanforderungen (sie-he oben). Dementsprechend sind die Verfahren zu Messung der Kundenzufriedenheit nur ein-geschränkt für die Gewinnung von Kundenfeedback-Informationen anwendbar (vgl. Tabelle 4-8). Bedingt durch den überwiegenden dienstleistungsorientierten Anwendungsbereich fehlen spezielle Funktionalitäten und Werkzeuge für die Bewertung von Sachleistungen. Besonders die ereignis- und problemorientierten Verfahren zeichnen sich durch eine prozessorientierte Zufriedenheitsanalyse aus. Vorteil dieser Verfahren ist die hohe Qualität der Feedbackinfor-mationen, die sich auf die Vollständigkeit und tief greifende Analyse von kundenseitigen Be-wertungsurteilen zurückführen lässt.

Lösungsansätze Anforderungen

Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit

Zeitp

unkt

/ Q

uelle

n

Art

ikul

atio

n

Qua

lität

Bew

ertu

ng

Form

alis

ie-

rung

Tran

sfor

ma-

tion

Spei

cher

ung/

Ve

rwal

tung

Ber

eits

tellu

ng

Verw

endu

ng

Merkmalorientierte Verfahren

Ereignisorientierte Verfahren

Problemorientierte Verfahren

Tabelle 4-8: Einstufung der Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit

Page 109: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.5 Bewertung der Lösungsansätze und resultierender Handlungsbedarf 91

Die Stärke aller drei Verfahren liegt in der umfangreichen, vielfältigen Möglichkeit der Feed-backbewertung und -formalisierung. Mit Hilfe systematischer, mathematischer Funktionen kann die Kundenzufriedenheit unter Berücksichtigung verschiedenster Einflussfaktoren ein-deutig quantifiziert werden. Allerdings sind die Integration und das Management der Messer-gebnisse in der Produktentwicklung durch die Verfahren nicht gegeben. Hierzu fehlen sowohl die informationstechnische Unterstützung als auch die logische Verknüpfung mit den Produkt-entwicklungsprozessen, was sich auch in der eingeschränkten Verwendbarkeit der gemessenen Kundenzufriedenheit in der Produktentwicklung äußert.

Bewertung der Lösungsansätze für die Kundenintegration

Insgesamt stellen die Lösungsansätze zur Integration des Kunden erste geeignete Vorgehens-modelle zur Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse zur Verfügung. Vorteile bestehen be-sonders in der kundenorientierten Artikulationsmöglichkeit sowie in der Aktualität und dem hohen Innovationsgehalt der Informationen, die durch die Integrationsansätze erreicht werden können. Eindeutige Schwächen sind in der Aufbereitung für die Produktentwicklung und dem Feedback-Management zu sehen (vgl. Tabelle 4-9).

Lösungsansätze Anforderungen

Lösungsansätze für die Kun-denintegration

Zeitp

unkt

/ Q

uelle

n

Art

ikul

atio

n

Qua

lität

Bew

ertu

ng

Form

alis

ie-

rung

Tran

sfor

ma-

tion

Spei

cher

ung/

Ve

rwal

tung

Ber

eits

tellu

ng

Verw

endu

ng

Customer Relationship Mana-gement (CRM)

Communities (Virtuelle Kunden-gruppen)

Mass Customization / Konfigura-tionssysteme

Lead User Ansatz von Hippel

Kunden als Co-Designer

Tabelle 4-9: Einstufung der Lösungsansätze für die Kundenintegration

Die Ansätze unterscheiden sich stark in Bezug auf die adressierte Produktlebenszyklusphase. Customer Relationship Management (CRM) fokussiert ausschließlich die Service- und After-sales-Bereiche und eignet sich damit nur für die Auswertung von Beschwerden und Reklama-tionen. Stärken des CRM sind softwaregestützten Analyse- und Bewertungswerkzeuge (Data Mining, OLAP). Allerdings beschränkt sich die informationstechnische Integration von CRM-

Page 110: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

92 4 Stand der Forschung und der Technik

Systemen in die IT-Umgebung der Produktentwicklung bis dato nur auf den Austausch von Stücklisten. Communities bieten eine sinnvolle Möglichkeit einer elektronischen Erfassung von aktuellen Kundenanforderungen und Kundenprofilen, eignen sich aber primär nur für die Bewertung bereits im Markt befindlicher Produkte. Ihr Einsatzgebiet ist vornehmlich auf die Phasen vor der Produktentwicklung begrenzt. Communities können daher der Forderung einer Integration und eines Managements von Feedbackinformationen in der Produktentwicklung nicht gerecht werden.

Die Lösungsansätze des Mass Customization konzentrieren sich auf die Wertschöpfungspro-zesse nach der Produktentwicklung mit dem Schwerpunkt Produktion. Eine grundlegende Produktanpassung unter Berücksichtigung der Kundenzufriedenheit ist in dieser Phase nicht mehr möglich. Mass Customization berücksichtigt die Kundeninteraktion auf der Basis von Informations- und Kommunikationstechnologien, allerdings werden methodische Lösungsan-sätze zur Ermittlung von Kundenbedarf und -nutzen als Input in den Produktentwicklungs-prozess explizit ausgeklammert.

Die Einbeziehung von Kunden als Lead User oder Co-Designern ist bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Produktentwicklung möglich und liefert qualitativ hochwertige, innovative Feedbackinformationen. Insbesondere die Verwendung von „Tool-Kits“ enthält deutliche Vor-teile für eine eigenschaftsbasierte Visualisierung von Produktinformationen auf Seiten der Kunden. Allerdings beschränken sich diese Lösungsansätze bisher weitestgehend auf die Ent-wicklung kundenindividueller Produkte in Business-to-Business-Märkten, da der Kunde über ein signifikantes Produkt-Know-how verfügen muss.

Fazit und resultierender Handlungsbedarf

Die Untersuchung und Bewertung des Stands der Technik und Forschung hat gezeigt, dass die existierenden Lösungsansätze stark heterogen sind. Zum einen unterscheiden sie sich hinsicht-lich des Grades der Kundenorientierung, zum anderen adressieren sie unterschiedliche Phasen des Produktlebenszyklus. Zusammenfassend weisen alle Lösungsansätze starke Defizite bei der Formalisierung, dem Management und der Integration von Kundenfeedback in die Umge-bung des Produktentwicklers auf. Zwar zeigen einige Unternehmen Aktivitäten zur Neuaus-richtung ihrer Unternehmensstrategie, Prozesse und Produkte, jedoch erfolgen diese häufig nur sporadisch und damit ohne langfristigen Erfolg. Ein Indikator hierfür ist die fehlende informa-tionstechnische Unterstützung der Kundenintegration, insbesondere die langfristige und sys-tematische Speicherung und Pflege gewonnener Feedbackformationen.

Zudem wird die Zufriedenheit des Kunden sowohl in der Wissenschaft als auch in der Unter-nehmenspraxis undifferenziert als rein statisch ausgerichtetes Nachkaufphänomen betrachtet. Aufgrund der dynamisch veränderlichen Kundenanforderungen muss jedoch auch die Kun-denzufriedenheit als zeitlich variable betrachtet und bereits bei der Entwicklung eines Produk-tes zukunftsorientiert als Zielgröße berücksichtigt werden.

Page 111: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

4.5 Bewertung der Lösungsansätze und resultierender Handlungsbedarf 93

Im Zusammenhang mit den Anforderungs- bzw. Feedbackquellen der verschiedenen Lösungs-ansätze ergibt sich die Problematik der Reaktivität. Der Großteil der untersuchten Methoden und Verfahren muss als reaktiv bezeichnet werden, da sie lediglich die Reaktion des Kunden auf existierende Produkte bzw. Probleme aufgreifen. Reaktive Vorgehensmodelle sind aber in ihrem Ursprung nicht für Einbindung des Kunden in die Entwicklung von Innovationen ge-dacht.

Die Konzentration der Lösungsansätze auf verschiedene organisatorische Unternehmensberei-che (Marketing, Produktentwicklung, Produktion und Service) sowie fehlende IT-Schnittstellen und Verknüpfungen der Prozesse ermöglichen keine integrierte Berücksichti-gung der Kundenzufriedenheit innerhalb der Produktentwicklung. Eine einfache Verknüpfung der isolierten Managementansätze, Methoden und IT-Werkzeuge genügt dem Anspruch einer Kundenfeedback-Integration daher nicht. Ein gezieltes Management von Kundenfeedback-Informationen innerhalb der Produktentwicklung ist derzeit weder Stand der Technik noch hinreichend wissenschaftlich erforscht.

Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit eines durchgängigen Lösungsansatzes, der die Zufrie-denheit des Kunden in den Mittelpunkt der Produktentwicklung stellt. Dazu müssen sowohl methodische Vorgehensmodelle als auch informationstechnische Werkzeuge und Infrastruktu-ren zur Gewinnung, Aufbereitung und Nutzung von Feedbackinformationen aus der Sicht der Produktentwicklung entwickelt werden. Sie sollen dazu dienen, auf der Basis digitaler Pro-dukt- und Feedbackinformationen eine frühzeitige Validierung eines Produktentwurfes zu er-möglichen. Die konzeptionelle Methodik zur Integration von Kundenfeedback soll folgende Alleinstellungsmerkmale aufweisen:

durchgängige Digitalisierung des Feedbackgewinnungsprozesses sowie der Ablage, Ver-waltung und Pflege des Feedbacks,

Quantifizierung der Feedbackinformationen durch die produktbezogene Bestimmung der Kundenzufriedenheit,

direkte Integration des Feedbacks und der Kundenzufriedenheitswerte in den Kontext und die Informationssysteme der Produktentwicklung,

kundennutzenorientierte Validierung von Produkten und dessen Merkmalen vor der Pro-duktion.

Für die Entwicklung der Methodik sind bereits verfügbare Lösungsansätze einzubinden und ggf. anzupassen oder zu erweitern. Zu diesen Lösungsansätzen zählen u. a. das Produktdaten-management als Prozess- und Datenbasis in der Produktentwicklung, das Quality Function Deployment mit geeigneten Transformationsmechanismen, ausgewählte Verfahren zur Be-stimmung der Kundenzufriedenheit sowie Methoden zur Identifikation und Integration von innovativen Kunden (z. B. Lead Usern).

Page 112: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 113: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung 95

5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.1 Gesamtkonzept

Die Ursachen für den Misserfolg eines Produktes im Markt sind primär in dem fehlenden Ver-ständnis sowie der mangelnden Kenntnis der Kundenanforderungen, der falschen Produktqua-lität aus Kundensicht und der mangelhaften Aktualität bereits bekannter Kundenbedürfnisse zu suchen. Zu lange Informationsliegezeiten und Kommunikationsdefizite im Unternehmen füh-ren dazu, dass Produktspezifikationen in der Produktentwicklung oft nicht mehr den aktuellen Anforderungen des Marktes entsprechen. Da die genannten Problemfelder ihren Ursprung in der Produktentwicklung haben, setzt das Konzept ebenfalls in den Phasen der Produktentwick-lung an. Grundlage des Konzeptes ist die frühe Einbeziehung des Endkunden in die Produkt-entwicklung, um Produktentwürfe anhand der aktuellen Kundenanforderungen und -wünsche sowie der daraus resultierenden Kundenzufriedenheit direkt validieren zu können. Diese Inte-gration des Kunden dient der Steigerung der Effektivität in der Produktentwicklung, also dem Bestreben, das aus Kundensicht “Richtige zu tun“.

Die Akzeptanz eines Produktes und die damit verbundene Kundenzufriedenheit basieren zu einem großen Teil auf individuellen, subjektiven Empfindungen des Kunden. Diese Empfin-dungen sind jedoch nicht statisch, da sie von einer Reihe von Einflussfaktoren der Umgebung, wie z. B. Trends, persönliche Weiterentwicklung des Kunden oder zusätzliche Informations-verfügbarkeit, abhängig sind. Dies bedeutet, dass die Qualität eines Produktes aus Kunden-sicht zeitlich variabel ist, obwohl das Produkt selbst unverändert bleibt. Diese Dynamik der produktspezifischen Kundenempfindung wird in dem Konzept berücksichtigt und spiegelt sich in der Produktgestaltung sowie den zugehörigen Produktentwicklungsprozessen wider. Sie erfordert einen permanenten Abgleich vergangener Qualitätsbeurteilungen durch den Kunden mit den aktuellen Kundenbedürfnissen. Das Konzept beschreibt daher die Ausrichtung der Produktentwicklung an den aktuellen Kundenzufriedenheitsfaktoren und berücksichtigt gleichzeitig den zeitlichen Verlauf der veränderten Kundenzufriedenheit. Dadurch lassen sich etwaige Wiederholungen von Fehlentwicklungen auszuschließen und Tendenzen für zukünfti-ge Entwicklungen identifizieren.

Page 114: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

96 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.1.1 Hypothese zur Wirkung der Kundenfeedback-Integration

Ausgehend von dieser Erkenntnis wird an dieser Stelle eine Hypothese zur Wirkung der Kun-denfeedback-Integration auf den Kunden und das produzierende Anbieterunternehmen aufge-stellt. Die Wirkungskette ist in Abbildung 5-1 dargestellt.

Es wird davon ausgegangen, dass die Integration von Kundenfeedbackinformationen für die Produktentwicklung eines Unternehmens den Zugang zu bestehenden, veränderten und neuen Bedürfnissen bzw. Anforderungen von Kunden ermöglicht. Die Gewinnung von Kundenin-formationen auf der Basis der Kundenzufriedenheitsmessung in den Phasen der Produktent-wicklung liefert den elementaren Beitrag zur Erhöhung des Wissenstandes bzgl. dieser Kun-denbedürfnisse. Ausgehend von dem erhöhten Wissensstand und einer tief greifenden Integra-tion der Feedbackinformationen in die Produktentwicklungsprozesse kann die Qualität der Produkte durch eine frühzeitige Kundenorientierung radikal verbessert und damit die Effekti-vität der Produktentwicklungsprozesse gesteigert werden. Die frühzeitige Validierung der Produkte ermöglicht eine Reduzierung des Innovationsrisikos, da eine Fehlinterpretation der vom Marketing erhobenen Kundenanforderungen vermieden wird. Dies wirkt sich direkt auf die Anzahl der Fehlproduktentwicklungen39 aus, die erheblich reduziert werden kann.

Abbildung 5-1: Hypothese zur Wirkung der Kundenfeedback-Integration

Die gesteigerte Qualität der Produkte bzw. die Ausrichtung der Gestaltung der Produktfunkti-onen und des Produktdesigns an den validierten Kundenbedürfnissen verspricht einen maxi-malen Kundennutzen und eine damit verbundene höhere Produktakzeptanz. Diese haben un-mittelbare Wirkung auf die Zielgröße der Kundenzufriedenheit, die sowohl kurzfristig auf-grund des hohen Produktnutzens als auch langfristig durch die Zufriedenheit mit dem Anbie-terunternehmen wächst. Die Zunahme des Kundennutzens und der Kundenzufriedenheit füh- 39 Produkte können als Fehlentwicklungen bezeichnet werden, wenn sie „overengineered“ sind (z. B. zu um-

fangreiche Funktionen, die dem Kunden keinen Zusatznutzen bieten) oder elementare Leistungslücken auf-weisen, die zu einem Misserfolg im Markt führen.

Page 115: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.1 Gesamtkonzept 97

ren in Verbindung mit dem reduzierten Innovationsrisiko und der verringerten Anzahl der Fehlentwicklungen zu einem gesteigerten Markterfolg und ermöglichen eine positive Kunden-bindung an das Unternehmen. Langfristig lässt sich auf diese Weise ein erheblicher Vorteil des Anbieterunternehmens gegenüber Wettbewerbern erzielen.

5.1.2 Grobkonzept für die Kundenfeedback-Integration

Das Konzept basiert auf der Bereitstellung von digitalen Produktinformationen, die von aus-gewählten Kunden bewertet, durch neue Kundenanforderungen ergänzt und im Anschluss in die Umgebung des Produktentwicklers in Form von Feedbackinformationen integriert werden (vgl. Abbildung 5-2).

Abbildung 5-2: Grobkonzept für die Integration von Kundenfeedback-Informationen in die Produktentwicklung

Page 116: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

98 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Test- und Bewertungsmöglichkeiten von physischen Prototypen sind heute durch Rapid Proto-typing-Verfahren und Usability-Tests gegeben. Allerdings sind zum Zeitpunkt dieser Produkt-erprobung die konstruktiven und technologischen Merkmale des Produktes bereits soweit fest-gelegt, dass sich Produktänderungen nicht oder nur unter erheblichem Zeit- und Kostenauf-wand umsetzen lassen. Das Konzept der Kundenfeedback-Integration konzentriert sich daher auf die Phase der Produktplanung und -konstruktion sowie auf die rein digitale Produktbewer-tung durch den Kunden. Die durchgängige Digitalisierung der Kundenfeedback-Integration gewährleistet zudem die Vermeidung von Kommunikationsbrüchen und die vereinfachte In-tegration in die IT-Umgebung des Produktentwicklers.

Digitales Test- und Bewertungsmodell

Als Quelle für die Bereitstellung von Produktinformationen bieten sich PDM-Systeme an, die als Datendrehscheibe in der Produktentwicklung eine geeignete, konsistente Datenbasis dar-stellen. Die im PDM-System verwalteten, digitalen Produktdaten werden anhand ihrer Rele-vanz für die Feedbackartikulation gefiltert und aggregiert. Da sich die eigenschaftsorientierte Sichtweise des Kunden auf ein Produkt stark von der technisch orientierten Sichtweise des Produktentwicklers unterscheidet, werden auf der Grundlage der aggregierten Produktdaten eigenschaftsbezogene Produktmodelle erzeugt. Diese Produktmodelle beschreiben alle Pro-dukteigenschaften, die aus Kundensicht für ein Produktverständnis und eine Produktbewer-tung notwendig sind. Sie bilden als digitales Test- und Bewertungsmodell das Referenzobjekt für die Feedbackgewinnung.

Prospektive und retrospektive Feedbackakquisition

Das digitale Test- und Bewertungsmodell dient dem Kunden zum einen als virtueller Prototyp zur Artikulation seiner Anforderungen und Änderungswünsche. Zum anderen werden Infor-mationen aus der Nutzungsphase des Produktes auf das Test- und Bewertungsmodell abgebil-det. Die Akquisition der Feedbackinformationen lässt sich somit anhand des Zeitpunktes der Feedbackgewinnung wie folgt differenzieren (vgl. Abbildung 5-3):

1. Prospektive Akquisition des Kundenfeedbacks und

2. Retrospektive Akquisition des Kundenfeedbacks.

Die prospektive Akquisition von Kundenfeedbackinformationen erfolgt während der Produkt-entwicklung vor der Produktion (SOP40) und damit vor der Nutzung des Produktes durch den Kunden. Durch die Bewertung des zukünftigen Produktes kann der Kunde Anforderungen und Verbesserungsvorschläge unmittelbar in die Produktentwicklung einfließen lassen. Die Ge-winnung von kundenspezifischen Anforderungen und Wünschen in Echtzeit, parallel zu den

40 SOP: engl. Start of Production, bezeichnet den Beginn der Produktion/Serienproduktion. SOP stellt einen

wichtigen Meilenstein im Produktlebenszyklus dar. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen alle Produktkomponen-ten den Stand der Serienreife erreicht haben, und der Produktionsprozess muss optimiert sein, um Serienabru-fe abdecken zu können.

Page 117: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.1 Gesamtkonzept 99

Produktentwicklungsprozessen gewährleistet die Aktualität der Kundenbedürfnisse und ver-meidet unnötige Brüche im Informationsfluss zwischen Unternehmen bzw. Produktentwick-lern und den Kunden. Die direkte Kommunikation zwischen Produktentwicklern und Kunden vereinfacht die Interpretation der Kundenbedürfnisse und ermöglicht einen unmittelbaren Zu-gang zum Wissen derjenigen Kunden, die bereit sind, einen innovativen Beitrag zu Produkt-verbesserungen zu leisten.

Die retrospektive Akquisition von Kundenfeedback fokussiert die Gewinnung von Informatio-nen aus der Nutzungsphase eines Produktes nach der Produktion und Markteinführung. Dies erfolgt einerseits direkt durch den Kunden, indem er seine Produkterfahrungen sowie Produkt-vor- und -nachteile formuliert. Andererseits werden Nutzungsinformationen der Kunden (z. B. Beschwerden oder Reklamationen) indirekt aus dem Service- und Aftersales-Bereich des Un-ternehmens extrahiert und in die Produktentwicklung zurückgeführt (vgl. Abbildung 5-2 und Abbildung 5-3).

Abbildung 5-3: Einordnung von prospektiver und retrospektiver Feedbackakquisition für mehrere Produktgenerationen in die Kunden- und Unternehmensprozesse

Mikro- und Makrointegration

Die durch die retrospektive Feedbackakquisition gewonnen Informationen dienen als Ein-gangsgröße für die Entwicklung neuer Produktgenerationen. Das Konzept beschränkt sich daher nicht nur auf die Integration von Kundenfeedback (prospektiv und retrospektiv) für eine einzelne Produktgeneration (Mikrointegration), sondern beinhaltet gleichermaßen die Aufbe-

Page 118: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

100 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

reitung und Integration der Feedbackinformationen in die Entwicklung der nächsten Produkt-generation (Makrointegration) (vgl. Abbildung 5-3). Im Laufe der verschiedenen Produktge-neration ermöglicht das Konzept auf diese Weise den systematischen Aufbau einer Wissens-basis und die Analyse der zeitlichen Entwicklung der Kundenzufriedenheit.

Einbindung des Feedbacks in die Produktentwicklung

Die Einbindung des Feedbacks in die Produktentwicklung bedarf einer systematischen Aufbe-reitung der gewonnen Feedbackinformationen. Neben der detaillierten Analyse der Feedback-daten beinhaltet die Aufbereitung die Übersetzung des Feedbacks in die Sprache des Produkt-entwicklers sowie die Abbildung der Feedbackdaten auf technische Produktstrukturen. Ausge-hend von den gewonnenen Feedbackinformationen werden die Kundenzufriedenheiten in Be-zug auf das Gesamtprodukt sowie für spezifische Produktkomponenten der Produktstruktur bestimmt. Die informationstechnische Integration des Feedbacks erfolgt unter Verwendung erweiterter Metadatenmodelle im PDM-System. Das Metadatenmodell41 repräsentiert die logi-schen Verknüpfungen von Metadaten42 und Nutzdaten und wird durch die ausgewerteten, auf-bereiteten Feedbackinformationen und Kundenzufriedenheiten ergänzt.

Der Produktentwickler erhält so eine konsistente Informationsbasis, anhand dessen er die in der Produktplanung definierten Produktanforderungen prüfen und gegebenenfalls korrigieren kann. Die gemessene Kundenzufriedenheit und der damit verbundene Kundennutzen sind die direkten Einflussgrößen für Produktverbesserungsmaßnahmen und Innovationsaktivitäten in der Produktentwicklung.

5.1.3 Vorgehensmodell für die Entwicklung der Methodik

Die entwickelte Methodik basiert auf der Verknüpfung von Methoden der Kundenintegration, Anforderungsgewinnung und -bewertung, die ihren Ursprung im Marketing haben, mit den Managementansätzen und Methoden der Produktentwicklung. Die verwendeten Methoden werden hinsichtlich ihrer Verwendung für eine Kundenfeedback-Integration in die Produkt-entwicklung angepasst, erweitert und durch neue Methodenbausteine zu einer konsistenten Methodik ergänzt. Das Vorgehensmodell zur Entwicklung der Methodik ist in Abbildung 5-4 dargestellt.

41 Metadatenmodelle bilden den Mittelpunkt des PLM-Ansatzes (Product Lifecycle Management) und sind die

Drehscheibe für die Integration von Daten und Prozessen im Lebenszyklus eines Produktes. Im Metadaten-modell erfolgen die logische Verknüpfung verteilter Produkt- und Prozessmodelle sowie die Beschreibung der Relationen zwischen diesen Modellen [ABRA2005].

42 Metadaten sind beschreibende, klassifizierende bzw. attributive Informationen zur Verwaltung und Organisa-tion von Produkten, Prozessen und den zugehörigen Dokumenten. Sie enthalten u. a. Informationen über Ersteller, Erstellungsdatum, Freigabestatus, Aufbewahrungsort etc. von Dokumenten und verweisen auf die Dateien, welche die jeweiligen produktdefinierenden Dokumente bzw. Modelldaten (Nutzdaten) enthalten [SCSI2002].

Page 119: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.1 Gesamtkonzept 101

Abbildung 5-4: Vorgehensmodell für die Entwicklung der Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Die Eingangsgröße des entwickelten Vorgehensmodells stellen die Endkunden im Markt und deren Anforderungen an bestehende und zukünftige Produkte dar. In Kapitel 5.1 werden zu-nächst die kunden-, unternehmens- und produktspezifischen Einflussgrößen der Kundenfeed-back-Integration eingehend analysiert. Kapitel 5.2 beschreibt die Auswahl von geeigneten Kunden auf der Basis einer differenzierten Potenzialanalyse unter Verwendung eines integrier-ten Scoring/Portfolio-Modells. In Kapitel 5.3 erfolgt die Entwicklung eines Konzepts zur Ak-quisition von Feedbackinformationen. Das Konzept beinhaltet sowohl eine prospektive als auch retrospektive Betrachtung der Kundenanforderungen im Verlaufe mehrerer Produktgene-rationen. Hieran schließt sich in Kapitel 5.4 die Analyse, Bewertung und Aufbereitung der Feedbackinformationen an. Das Kapitel erläutert zudem die Abbildung des Feedbacks auf die technischen Anforderungen der Produktentwicklung bzw. auf die Produktstrukturen sowie die Bestimmung der aus dem Feedback resultierenden Kundenzufriedenheit. In Kapitel 5.5 wer-den sowohl die Speicherung und Einbindung des gewonnenen Feedbacks in die Produktent-wicklungsumgebung als auch deren Verwendung zur Ableitung von Produktverbesserungs-maßnahmen und Innovationsaktivitäten beschrieben. Die Auswertung des Feedbacks und der berechneten Kundenzufriedenheiten ermöglicht dem Produktentwickler eine iterative Validie-rung der technischen Produktmodelle, welche die Ausgangsgröße des Vorgehensmodells dar-stellen. Abschließend zeigt das Kapitel 5.6 Maßnahmen für die erfolgreiche Anwendung der Methodik auf. Schwerpunkt dieser Maßnahmen stellen Anreizsysteme für Kunden und Pro-duktentwickler sowie die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Kundenfeedback-Integration dar.

Page 120: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

102 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration

5.2.1 Unternehmensinterne Rahmenbedingungen und Vorausset-zungen

Mit steigender Integration des Kunden in die Produktentwicklung wächst auch der Umfang der notwendigen Aktivitäten im Unternehmen. Um die Effizienz der Produktentwicklungspro-zesse gewährleisten zu können, müssen Unternehmen sowohl strategisch als auch auf operati-ver Prozessebene eine grundlegende Kundenorientierung vorweisen. Gegebenfalls sind Pro-duktstrategie, Produktentwicklungsprozesse und IT-Umgebung an der Kundenorientierung neu auszurichten. Diese interne Kundenorientierung adressiert alle Aktivitäten, die sich auf unternehmensinterne Gruppen beziehen. Hierzu zählen Mitarbeiter, Abteilungen oder überge-ordnete Hierarchieebenen. Insbesondere Unternehmen, die eine sehr dynamische und schnelle Veränderung der Bedürfnisse ihrer Kunden erwarten, sind auf eine flexible, interne Kunden-orientierung angewiesen. Eine Verbesserung der internen Faktoren äußert sich wiederum di-rekt positiv in der externen Kundenorientierung, d. h. in den durch den Kunden positiv wahr-genommenen Unternehmenseigenschaften. Die interne Kundenorientierung ist wie folgt defi-niert:

Interne Kundenorientierung ist die Fähigkeit eines Unternehmens und seiner Mitarbei-ter, die innerbetrieblichen Voraussetzungen durch die Ausrichtung am internen Kunden dafür zu schaffen, dass eine kontinuierliche, an den Erwartungen der externen Kunden (Anspruchsgruppen) ausgerichtete Unternehmensstrategie am Markt umgesetzt wird [BRUH2002].

Unternehmen sind daher gefordert, funktionsübergreifend die Voraussetzung für eine interne Kundenorientierung in der Produktentwicklung zu schaffen. Für die entwickelte Methodik der Kundenfeedback-Integration wird angenommen, dass diese Vorraussetzungen bereits erfüllt sind. Zu den wichtigsten Voraussetzungen zählen eine kundenorientierte Unternehmensfüh-rung, kundenorientierte Unternehmensstrukturen, ein Reengineering der Produktentwick-lungsprozesse und die informationstechnische Unterstützung der internen Kundenorientierung in der Produktentwicklung sowie in weiteren betroffenen Unternehmensbereichen.

Kundenorientierte Unternehmensführung

Die Problematik einer kundenorientierten Unternehmensführung besteht nicht in der Konzept-ionisierung der Kundenorientierung, sondern vielmehr in deren realen Umsetzung. Hierzu sind entsprechende Anpassungen der Unternehmenskultur, der Managementsysteme und Organisa-tionsstrukturen notwendig. Zur Anpassung der Unternehmenskultur können grundsätzlich zwei Personengruppen herangezogen werden. Zum einen eignen sich einzelne Führungsper-sönlichkeiten des Unternehmens mit ausgeprägter Vorbildfunktion, welche den gewünschten Wandel hin zur Kundenorientierung leben und vorantreiben. Zum anderen kann der Verände-

Page 121: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration 103

rungsprozess auch partizipativ von sämtlichen Mitarbeitern durch beispielsweise die Erarbei-tung eines neuen Unternehmensleitbildes oder durch Corporate-Identity-Konzepte erreicht werden. Im Rahmen der Neuausrichtung der Managementkonzepte ist u. a. die Anpassung bestehender Kontrollmechanismen vorzunehmen. Hierzu sind Kontrollsysteme dahingehend zu erweitern, dass Systeme zur Messung der Kundenzufriedenheit integriert werden können. Weiterhin ist eine Erweiterung traditioneller Kostenrechnungssysteme notwendig, um kun-denbezogene Erfolgsgrößen analysieren und Kundenwerte ermitteln zu können [BRUH2004b].

Eine besondere Bedeutung kommt den Strukturen der Unternehmensorganisation zu. Hierzu werden die Instrumentalvariablen der Organisationsgestaltung (Gestaltungsdimensionen) dif-ferenziert und deren Einfluss auf die interne Kundenorientierung bewertet, woraus sich die entsprechenden Anforderungen zur Gestaltung der Organisationsstruktur ableiten (vgl. Tabelle 5-1) [BRUH2002].

Gestaltungsdi-mension Definition

Einfluss auf die Kunden-orientierung

Interne Anforderungen

Konfiguration Äußere Form des Stellengefüges (Aufbaustruktur) Negativ Flache Hierarchien

Koordination Koordinationsbedarf in Form von Regelungen, die der Abstim-mung arbeitseiliger Prozesse und der Ausrichtung von Aktivitä-ten auf die Organisationsziele dienen.

Negativ Übergreifende Abstimmung

Spezialisierung Art der Arbeitsteilung in einer Organisation Negativ

Geringe Spezialisie-rung

Entscheidungs-delegation

Ausmaß, in dem Entscheidungs-befugnisse offiziell an untere hierarchische Ebenen abgege-ben werden

Positiv

Hohe Ent-scheidungs-delegation u. Dezentrali-sation

Formalisierung Ausmaß, in dem Regeln, Proze-duren, Anweisungen und Kom-munikation schriftlich niederge-legt sind

Negativ Geringe Formalisie-rung

Erweiterung des individuellen Handlungs- und Entscheidungs-spielraumes

Tabelle 5-1: Interne Anforderungen an kundenorientierte Organisationsstrukturen im Unter-nehmen

Zur Verkürzung von Informationswegen und zur Komplexitätsreduzierung von Arbeitsaufga-ben in starren Einliniensystemen ist eine Vereinfachung der Aufbaustruktur gefordert. Eine komplexe Unternehmenskonfiguration führt zu Überlastung des Top Managements durch irre-levante Problemstellungen bei gleichzeitigen Motivationsverlusten in den operativen Ebenen. Eine kundenorientierte Unternehmensführung erfordert daher den Abbau von Hierarchieebe-

Page 122: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

104 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

nen sowie deren flache Gestaltung. Die Koordination von Entscheidungen erfolgt durch die Zuteilung von Verfügungsrechten über Ressourcen oder durch Vorgabe von Verhaltensnor-men. Koordinationsaktivitäten können dabei in Form einer Selbstkoordination (Abstimmung zwischen betroffenen Mitarbeitern) oder Fremdkoordination (durch übergeordnete Instanzen) auftreten. Für eine Kundenorientierung sind eine hohe Selbstkoordination und unternehmens-weite Kooperationen anzustreben. Die Spezialisierung beschreibt die Arbeitsteilung im Unter-nehmen. Eine geringe Spezialisierung von Abteilungen führt zu einer erhöhten Autonomie und damit zu einer Reduzierung des Koordinationsaufwands, da die Schnittstellen zu anderen Ab-teilungen verringert werden. Autonome Abteilungen sind in der Lage, veränderte Kundenbe-dürfnisse zu einem großen Teil zu absorbieren, ohne dass mehrere Organisationseinheiten auf einander abgestimmt werden müssen. Gleichzeitig ermöglicht eine ausgeprägte Entschei-dungsdelegation die schnelle und flexible Reaktion auf veränderte Kundenwünsche. Zusätz-lich fördert die Dezentralisation die Motivation der Mitarbeiter sowie die Flexibilität des Un-ternehmens. Nicht zuletzt stellt die Reduzierung von bürokratischen Formalismen eine wesent-liche Grundlage für die Kundenorientierung dar. Formalisierungen hemmen die frühzeitige und schnelle Antizipation von Kundenanforderungen.

Reengineering der Produktentwicklungsprozesse

Die Notwendigkeit der Kundenorientierung aus Sicht des produzierenden Unternehmens ver-leitet zu der Schlussfolgerung, den Kunden in die eigenen Produktentwicklungsprozesse integ-rieren zu müssen. Die kundenorientierte Betrachtung des Wertschöpfungsprozesses impliziert jedoch eine entgegengesetzte Integrationsrichtung. Konsequenterweise muss sich der Produkt-entwicklungsprozess des produzierenden Unternehmens an den Prozessen des Kunden orien-tieren und nicht umgekehrt. Die Folge der systematischen Kundenintegration ist die Auflösung ursprünglich starrer und statischer Unternehmensgrenzen.

Hieraus resultieren der Bedarf einer Neuausrichtung der Produktlebenszyklusprozesse sowie ein Reengineering der traditionellen Produktentwicklungsprozesse. Die tradierte Technikori-entierung der Unternehmen muss aufgebrochen und die Kundenbedürfnisse mit den technisch umsetzbaren Produktentwicklungsaufgaben wirkungsvoll verknüpft werden. Diese Neugestal-tung der Prozesse beinhaltet zum einen die Auslagerung von Subprozessen an den Kunden und zum anderen die Integration von Kundenprozessen in die Produktentwicklungsprozesse des Unternehmens (vgl. Abbildung 5-5).

Die Auslagerung von Subprozessen betrifft sowohl die Phase der Produktkonstruktion als auch die der Produkterprobung. Je nach Intensität der Einbindung wird der Kunde zum Mitarbeiter im Produktentwicklungsprozess, indem er frühzeitig an der Gestaltung und Validierung des Produktes partizipiert. Zusätzlich wird die Verantwortung der Produktentwickler in Richtung Produktnutzung erweitert. Produktentwickler tragen nun nicht mehr nur die Verantwortung für das Erreichen technischer Ziele oder Innovationen unter ökonomischen Rahmenbedingungen, sondern werden direkt in den Prozess der Kundeninteraktion und Kundenbedürfnisbefriedi-gung eingebunden.

Page 123: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration 105

Abbildung 5-5: Grundlegende Neuausrichtung der Produktentwicklungsprozesse am Kunden

Die Ausrichtung der Unternehmensprozesse an den Prozessen des Kunden stellt einen kriti-schen Erfolgsfaktor dar. Für die Anwendung der nachstehend vorgestellten Methodik zur Inte-gration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung wird daher die Annahme getroffen, dass die Voraussetzungen für die beschriebene Neuorganisation der Produktentwicklungspro-zesse im Vorfeld bereits geschaffen wurden (z. B. Flexibilisierung, Modularisierung, Bereini-gung der Prozesse).

Informationstechnische Infrastrukturen und IT-Systeme in der Produktentwick-lung

Die Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung verfolgt eine durchgängige informationstechnische Unterstützung. Zur Realisierung informationstechni-scher Werkzeuge für die Erfassung, Aufbereitung, Speicherung und Bereitstellung von Kun-denfeedback ist eine grundlegende IT-Infrastruktur gefordert. Es wird daher angenommen, dass eine Digitalisierung der Produktentwicklung bereits im Unternehmen vorhanden ist.

Hierzu zählt zum einen der Einsatz von IT-Systemen zur rechnerintegrierten Produktentwick-lung (CAD-Systeme, DMU-Systeme, Simulationswerkzeuge, etc.). Die in Verbindung mit der Anwendung dieser Systeme erzeugten digitalen Produktmodelle sind Voraussetzung für die Erzeugung der in Kapitel 5.1.2 beschriebenen eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungs-modelle. Zum anderen wird der Einsatz produktdatenverwaltender IT-Systeme, wie beispiels-weise Produktdatenmanagement-Systeme (PDM-Systeme), vorausgesetzt. Sie sind notwendig, um die konsistente Zusammenführung von verteilten Produktdaten zu eigenschaftsbezogenen Produktmodellen zu gewährleisten und dienen gleichzeitig als Schnittstelle zur Integration des Feedbacks in die IT-Umgebung der Produktentwicklung. Zudem bieten sie durch die Verwen-dung von Metadatenmodellen eine optimale Basis zur Abbildung der aufbereiteten Feedback-informationen.

Page 124: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

106 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Neben den IT-Systemen, die direkt in der Produktentwicklung zum Einsatz kommen, erfordert die Methodik der Kundenfeedback-Integration geeignete Informationssysteme zur Erhebung und Pflege von Kundendaten. Diese sind in der Regel den betrieblichen Organisationsberei-chen Vertrieb oder Service und Aftersales zugeordnet. Hier kommen CRM43-Systeme oder weiterführende Kundendatenbanken zum Einsatz, welche für die Auswahl von Feedbackkun-den genutzt werden können.

5.2.2 Produktspezifische Einflussgrößen auf die Gestaltung der Kundenfeedback-Integration

Die Bedeutung eines neu zu entwickelnden Produktes oder einer Produktweiternetwicklung beeinflusst auch die Intensität der Feedbackgewinnung. Bezüglich der Wichtigkeit des Pro-duktes für ein Unternehmen bestehen in Wissenschaft und Praxis unterschiedliche Auffassun-gen, wie intensiv der Kunde in den Produktentwicklungsprozess einzubinden ist. Zum einen wird angeführt, dass bei bedeutenden Produkten der Kunde möglichst stark zu integrieren ist, um sämtliche Anforderungen und erfolgsrelevanten Aspekte erfassen zu können. Zum anderen wird die Meinung vertreten, dass durch die Auseinandersetzung des Kunden mit einem Neu-produkt nach der Markteinführung erst ein Aufbau des Produktverständnisses und des Nut-zungsempfindens beim Kunden möglich ist. Aufgrund der empirisch belegten positiven Wir-kung einer Kundenorientierung in der Produktentwicklung wird jedoch davon ausgegangen, dass sich die Integration von Kundenfeedback grundsätzlich positiv auf die Produktqualität auswirkt. Zur näheren Betrachtung der produktspezifischen Einflussgrößen auf die Gestaltung der Kundenfeedback-Integration werden an dieser Stelle die Produkteigenschaften

Innovationsgrad,

Produktkomplexität,

Standardisierungsgrad und Modularisierung

eingehend analysiert.

Innovationsgrad des Produktes

Grundsätzlich kann angenommen werden, dass mit steigendem Innovationsgrad auch die In-tensität der Kundenfeedback-Integration zunimmt. Diese Zunahme ergibt sich aus fehlenden Erfahrungen auf Anbieterseite bezüglich des Nutzungsverhaltens der Kunden. Durch die Er-schließung von Kundeninformationen kann dieses Defizit teilweise kompensiert werden. Al-lerdings sind der Integration des Kunden bei hohem Innovationsgrad natürliche Grenzen ge-setzt, da die Bewertung eines neuen Produktes von den Kunden ein grundlegendes Produkt-verständnis und eine Vorstellungskraft der Funktionsweise des Produktes voraussetzt.

43 CRM: Customer Relationship Management, siehe auch Kapitel 4.4.1

Page 125: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration 107

Für die Bestimmung einer sinnvollen Intensität der Feedbackintegration wird die Differenzie-rung von radikalen und inkrementellen Innovationen (vgl. auch Kapitel 2.1.2) und der not-wendige Aufwand beim Kunden zur Nutzung der Innovation herangezogen. Der Aufwand des Kunden bei der Nutzung einer Innovation führt zu der Unterscheidung zwischen nachhaltigen und disruptiven Innovationen. Ist die Innovationsnutzung für den Kunden mit einer zusätzli-chen Investition, dem Erlernen von neuem Wissen oder der Neustrukturierung seiner Prozesse verbunden, spricht man von disruptiven Innovationen. Kann der Kunde ein altes Produkt ohne zusätzlichen Aufwand durch ein neues Ersetzen, ist eine nachhaltige Innovation gegeben. In Tabelle 5-2 ist der Zusammenhang der unterschiedlichen Innovationsarten und der möglichen Anwendung der Kundenfeedback-Integration dargestellt.

Art der Innovation nachhaltig disruptiv

inkrementell Feedbackintegration sinn-voll

Feedbackintegration selten möglich, weil Kunden noch nicht bekannt sind

radikal Kundenintegration häufig nicht sinnvoll, da Kunden keinen ausreichenden Er-fahrungshorizont besitzen

Kundenintegration weder möglich noch sinnvoll

Tabelle 5-2: Zusammenhang zwischen Innovationsart und Möglichkeit der Kundenfeedback-Integration (angelehnt an [KONI2004])

Die meisten Neuprodukte sind der Gruppe der nachhaltigen und inkrementellen Innovation zuzuordnen. Hier erscheint die Akquisition von Feedbackinformationen sinnvoll und richtig, weil Kunden bereits mit der Technologie vertraut sind, Schwachstellen identifizieren können und so in der Lage sind, ihre Wünsche und Verbesserungsvorschläge zu artikulieren. Disrupti-ve Innovationen führen häufig zu einer Veränderung der Kundenprozesse und Geschäftsmo-delle. Dies führt dazu, dass die Endanwender der zukünftigen Innovation noch nicht bekannt sind und somit nicht für eine Feedback-Integration zur Verfügung stehen.

Die Einbeziehung des Kunden bei radikalen Innovationen gestaltet sich schwierig, da radikale Innovationen in der Regel aus neuen technologischen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen resultieren und weniger aus den Kundenanforderungen. Hier eignet sich die Integration des Kunden nur dann, wenn er im Detail mit der neuen Technologie vertraut ist. Zur Bewertung radikal neuer Produktfunktionalitäten fehlen den meisten Kunden der notwendige Erfahrungs-horizont und ein Vorstellungsvermögen. Ein Beispiel hierfür ist der Wechsel von GSM44 zu UMTS45. Die reine Technologiebewertung ist für den Kunden kaum möglich. Erst durch neue auf UMTS aufbauende Funktionen kann der Kunde eine Vorstellung der neuen Nutzungsmög- 44 GSM - Global System for Mobile Communications, volldigitaler Mobilfunknetz-Standard der zweiten Gene-

ration 45 UMTS - Universal Mobile Telecommunications System, Mobilfunkstandard der dritten Generation

Page 126: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

108 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

lichkeiten entwickeln. In der frühen Konzeptphase radikaler Innovationen ist daher die An-wendung der Kundenfeedback-Integration nicht sinnvoll. Insbesondere bei gleichzeitig radika-len und disruptiven Innovationen würde die Integration nicht zum gewünschten Erfolg führen. Die Feedback-Integration für radikale, nachhaltige Innovationen ist zumindest in der Phase der Produkterprobung möglich [KONI2004].

Produktkomplexität

Die Komplexität eines Produktes wird durch die Vielfalt an Teilen, Funktionen und Materialen sowie durch die Anzahl der Relationen (Vernetzung, Konnektivität) zwischen diesen Kompo-nenten bestimmt [EHRL2003]. Sie ist dabei von der Kompliziertheit zu differenzieren, die ein Maß für subjektive Schwierigkeit bei der Nutzung eines Produktes durch den Kunden darstellt. Zusätzlich beeinflussen der Wissensbedarf in den unterschiedlichen technischen Disziplinen und die spezifischen Kundenanforderungen die Komplexität. Insbesondere die fortschreitende Erhöhung von Elektrik-, Elektronik- und Softwareanteilen in Produkten führen zu einer zu-nehmenden Vielfalt an Schnittstellen und Verknüpfungen innerhalb des Produktes.

Mit steigender Anzahl der Schnittstellen und der daraus folgenden Produktkomplexität besteht eine erhöhte Notwendig der Kundenfeedback-Integration, weil bezüglich der Produktqualität eine Unsicherheit mit der hohen Komplexität einhergeht (vgl. Abbildung 5-6). Zudem zeich-nen sich komplexe Produkte zumeist durch eine geringe Standardisierung sowie starke Hete-rogenität der Produktkomponenten und -funktionen aus, woraus sich die Notwendigkeit einer Akzeptanzprüfung durch den Kunden ergibt.

Abbildung 5-6: Einfluss der Produktkomplexität auf die Feedbackintegration

Aus einer hohen Produktkomplexität resultiert häufig auch eine hohe Kompliziertheit bei der kundenseitigen Produktanwendung. Ein kompliziertes Produkt bedeutet jedoch für den Kun-den, dass es schwierig zu verstehen, zu nutzen und damit auch zu bewerten ist. Je komplexer das Produkt ist, desto höher fällt das technische Anspruchsniveau an den Kunden aus. Zusätz-

Page 127: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration 109

lich erfordern vielfältige Schnittstellen und heterogene Produkteigenschaften einen hohen, iterativen Abstimmungsaufwand zwischen Kunden und Produktentwicklern. Die effiziente Gewinnung von Feedbackinformationen gestaltet sich daher mit zunehmenden Komplexitäts-grad des Produktes schwieriger. Es ist davon auszugehen, dass ein extrem komplexes Produkt aufgrund seiner ausgeprägten Erklärungsbedürftigkeit keine Feedbackgewinnung erlaubt (vgl. Abbildung 5-6). Dieser konträre Zusammenhang von möglicher und notwendiger Feedback-gewinnung bei steigender Produktkomplexität führt zur der Forderung einer detaillierten Komplexitätsanalyse im Vorfeld der Kundenfeedback-Integration.

Standardisierungsgrad und Modularität des Produktes

Das Verständnis des Standardisierungsgrades eines Produktes muss je nach Produktent-wicklungs- und Kundensicht unterschieden werden. Aus dem Blickwinkel der Produktent-wicklung ist unter Produktstandardisierung primär die Verwendung von standardisierten Technologien, die Vereinheitlichung von Bauteilen und die Anwendung von Normen oder Richtlinien zu verstehen. Aus Kundensicht bedeutet der Standardisierungsgrad das Ausmaß bereits etablierter Produkteigenschaften. Kunden verbinden mit einem hohen Standardisie-rungsgrad den Abbau von Unsicherheiten bzgl. der Nutzung und der Nachhaltigkeit eines Pro-duktes. Der Standardisierungsgrad steht damit in enger Wechselwirkung zu den oben be-schriebenen Einflussgrößen Innovationsgrad und Produktkomplexität. Ein hoher Standardisie-rungsgrad weist folgende Vorteile für die Integration des Kundenfeedbacks auf:

Die Möglichkeit der Qualitätsbeurteilung eines Produktes durch den Kunden kann durch einen hohen Standardisierungsgrad gesteigert werden.

Durch die Reduzierung der Unsicherheit auf Kundenseite wird der Kunde zusätzlich zur Teilnahme an der Feedbackgewinnung motiviert.

Informationsstände der unterschiedlichen Kunden werden mit zunehmenden Standardisie-rungsgrad vereinheitlicht und vereinfachen so die Interpretation des Feedbacks.

Gewonnene Feedbackinformationen lassen sich relativ einfach auf technischen Produkt-komponenten abbilden, da technologische und technische Produktmerkmale dem Pro-duktentwickler und Kunden annähernd gleichermaßen bekannt sind.

Eine Modularisierung des Produktes wirkt sich zusätzlich positiv auf die Gewinnung, Analyse und Verwendung des Kundenfeedbacks aus. Modular strukturierte Produkte ermöglichen die Vereinfachung von Schnittstellen zwischen Produktkomponenten und damit die Flexibilisie-rung eines Produktes. Durch die Variation von Produktmodulen kann der Kunde das Produkt entsprechend seinen Vorstellungen konfigurieren und individualisieren. Dies vereinfacht die Feedbackartikulation für den Kunden enorm und vermittelt dem Produktentwickler gleichzei-tig ein direktes Verständnis der Kundenvorstellung. Für die kundenorientierte Produktkonfigu-ration in der Produktentwicklung lassen sich auf diese Weise Fehlinterpretationen und auf-wendige Feedbackzuordnungen zu Produktkomponenten reduzieren. Zudem gestaltet sich der Austausch negativ bewerteter Produktmodule wesentlich einfacher. Im Falle einer nicht vor-

Page 128: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

110 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

handenen Produktmodularität müsste das Gesamtprodukt entsprechend dem Kundenfeedback angepasst werden.

5.2.3 Einflussmöglichkeiten des Kunden auf Produktinnovationen

Traditionell sehen sich produzierende Unternehmen selbst als Ausgangspunkt einer Innova-tion, die versucht, die durch Marketingaktivitäten extrahierten Kundenbedürfnisse zu befrie-diegen. Zahlreiche empirische Studien haben jedoch belegt, dass ein Großteil der Innovationen von Anwendern initiiert werden, in manchen Branchen sogar der überwiegende Teil [HITS1999]. Die Frage des Innovationsursprungs unterliegt daher unterschiedlichen Lehrmei-nungen. Zum einen geht der Ansatz des „Technology Push“ davon aus, dass der Innovations-impuls aus der Anwendung unternehmensinterner oder -externer technologischer Grundlagen-forschung herrührt. Zum anderen vertritt der Ansatz des „Market Pull“ die Meinung, dass Kundenbedürfnisse den elementaren Ausgangspunkt einer Innovation darstellen. Beide Ansät-ze müssen als Extremausprägung eines Innovationsprozesses verstanden werden, in denen teils der Hersteller, teils der Kunde dominieren [WART2000] (vgl. Abbildung 5-7).

Abbildung 5-7: Dominanz von Hersteller und Kunden in Innovationsprozessen [BROC1994]

Je nach Produkt, Markt und verwendeter Technologie variiert die Dominanz des Herstellers oder Kunden. Aufgrund der erwiesenen positiven Wirkung der Kundenorientierung auf die Produktqualität fokussiert diese Arbeit kundendominierte und kooperative Innovationstypen.

Rolle des Kunden im Innovationsprozess

Der Erfolg der Methodik zur Kundenfeedback-Integration ist von der Wahl der richtigen Kun-dengruppe abhängig. Die identifizierte Kundengruppe muss jedoch sowohl bzgl. ihrer Anfor-derungen als auch bzgl. ihrer Eignung und Bereitschaft zur Integration als inhomogen betrach-tet werden. Die Tiefe der Kundeneinbindung in den Innovationsprozess kann wie folgt unter-schieden werden:

Page 129: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration 111

Innovation für den Kunden,

Innovation mit dem Kunden,

Innovation durch den Kunden.

Zur Bestimmung der Einflussmöglichkeit des Kunden auf den Innovationsprozess ist jedoch eine detailliertere Betrachtung sinnvoll, die Kunden anhand ihrer unterschiedlichen Rollen klassifiziert. Dabei wird unterschieden, in welcher Rolle der Kunde in den Innovationsprozess eingreift (vgl. Abbildung 5-8).

Abbildung 5-8: Klassifizierung der Kundenrollen anhand des Grads der Kundenbeteiligung an der Innovation

Im Zentrum aller Innovationsvorhaben steht stets der Kunde. Dieses gilt auch für Kunden, die im Rahmen der Kundenfeedback-Integration nur die Rolle des Anwenders übernehmen und damit eher passiv am Innovationsprozess selbst beteiligt sind. Die Innovation wird zwar vom Kunden durch die Äußerung von Bedürfnissen und Wünschen initiiert. Reine Anwender grei-fen aber im späteren Innovationsverlauf nicht mehr aktiv in den Produktentstehungsprozess ein. Der Grund für die passive Anwenderrolle kann einerseits die eingeschränkte Bereitschaft oder Kompetenz des Kunden zur Mitgestaltung des Produktes sein, andererseits kann im Falle einer „Technology Push Innovation“ die Rolle durch das Anbieterunternehmen beschränkt werden. Aufgrund der Initiierung der Innovation durch den Kunden wird dessen Rolle als Anwender jedoch in die Betrachtung der Feedbackintegration einbezogen. Kunden in Form von reinen Käufern eignen sich nicht als Feedbackkunden, da die Innovation ausschließlich durch das Unternehmen vorangetrieben wird.

Page 130: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

112 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Eine aktive Rolle im Innovationsprozess übernehmen Kunden, die ihre Ideen explizit formu-lieren oder zusätzlich an der Produktentwicklung beteiligt sind. Hier kann von einer Kunden-Innovation gesprochen werden. Im ersten Fall der Ideenformulierung durch den Kunden stellt der Kunde den Ausgangspunkt der Innovation dar. Kunden als Co-Entwickler greifen zusätz-lich aktiv in den Prozess der Produktentwicklung ein und dominieren durch ihre Vorstellung die Entwicklung des Produktes. Diese beiden Rollen werden zwingend in Rahmen der Kun-denfeedback-Integration berücksichtigt, da ihr Einfluss in der Produktentwicklung am größten ist. Kunden als Co-Produzenten, die in die Produktion des Produktes eingreifen, werden im Rahmen dieser Arbeit nicht weitergehend behandelt, da der Schwerpunkt der Produktion zum Großteil durch den Ansatz des Mass Customization berücksichtigt wird und in der Investiti-onsgüterindustrie stärker ausgeprägt ist.

Wissensgrad des Kunden

Im engen Zusammenhang mit den oben definierten Rollen des Kunden im Innovationsprozess steht der Wissensgrad des Kunden. Er beschreibt den Wissenstand des Kunden in Bezug auf die Möglichkeit, Produktanforderungen formulieren sowie eine Innovation eingehend mitzu-gestalten und bewerten zu können. Bedürfnisträger verfügen über einen geringen Wissensgrad und sind, wie oben bereits beschrieben (siehe „Kunden als Anwender“), nur eingeschränkt für die Feedbackintegration geeignet. Ein hoher Wissengrad qualifiziert den Kunden als Innova-tor, der in der Lage ist, den Innovationsprozess durchgehend mitzugestalten (vgl. Abbildung 5-9). Eine reaktive Integration des Kunden eignet sich umso mehr (z. B. Auswertung von Be-schwerden), je passiver seine Rolle ist. Ein hoher Wissensgrad des Kunden ermöglicht hinge-gen eine aktive Integration (z. B. Einbindung von Lead-Usern46).

Abbildung 5-9: Wissensgrad des Kunden im Innovationsprozess (angelehnt an [REIC2002])

Der Wissensstand des Kunden stellt insbesondere bei der Entwicklung neuartiger Produkte einen erheblichen Einflussfaktor dar. Sind dem Kunden Produktfunktionen, -eigenschaften, -design, etc. nicht bekannt, ist das Vorstellungsvermögen des Kunden bzgl. der Lösungsmög-lichkeiten extrem eingeschränkt, woraus sich eine Verzerrung des kundenseitigen Bedürfnis-

46 Siehe auch Kapitel 4.4.4, Lead User Ansatz von Hippel

Page 131: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.2 Einflussgrößen der Kundenfeedback-Integration 113

bildes ergibt. Dieser Effekt wird unter dem Begriff der „radikalen Unwissenheit“ zusammen-gefasst („Der Nachfrager weiß nicht, dass er etwas nicht weiß.“) [RESE2000]. Kunden be-schreiben ihre Wünsche bzw. ihren Bedarf eher in Form einer Problemlösung als einer Prob-lembeschreibung. Der eingeschränkte Wissenstand des Kunden über mögliche Produktalterna-tiven verzerrt daher die Bedürfniswahrnehmung. Die detaillierte Analyse des Wissenstandes und der damit verbundenen Innovationskompetenz des Kunden muss daher im Rahmen der Kundenauswahl erfolgen. Zusätzlich verfolgt das Konzept die Bereitstellung von Produktin-formationen (Produktvorentwürfen) für den Kunden, um den beschriebenen Verzerrungseffekt zu minimieren.

Zusammenhang zwischen Innovationserfolg und Grad der Kundenintegration

Die frühzeitige Einbindung des Kunden in den Innovationsprozess gewährleistet die Entwick-lung von marktgerechten Produkten, deren Spezifikationen die Anforderungen des Marktes erfüllen. Diese Aussage kann jedoch nicht pauschalisiert werden, da der Erfolg einer Innovati-on zusätzlich von der Intensität und dem Zeitpunkt der Kundenintegration abhängig ist. Er-kenntnisse der Innovationsforschung zeigen, dass die Integration des Kunden in den Produkt-entwicklungsprozess und der Innovationserfolg keine lineare Beziehung aufweisen (vgl. Abbildung 5-10) [ATUA1995] [ERNS2001].

Abbildung 5-10: Zusammenhang zwischen Innovationserfolg und Grad der Kundenintegrati-on (angelehnt an [KONI2004])

Im Falle einer zu geringen Kundenintegration besteht die Gefahr einer zu starken Technolo-gieorientierung und mangelhaften Berücksichtigung der aktuellen Kundenanforderungen. Nicht validierte Produkte und falsche Produktstrategien führen zum Misserfolg der Innovation im Markt. Fällt der Grad der Kundenintegration sehr hoch aus, wirkt sich der „übertriebene“ Fokus auf den Kunden ebenfalls negativ auf den Innovationserfolg aus. Der Grund hierfür liegt in der bereits beschriebenen, eingeschränkten Sichtweise des Kunden auf alltägliche

Page 132: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

114 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Problemstellungen. Kunden sind in ihrer Erfahrungswelt gefangen und weisen häufig kein ausreichendes Erfahrungsspektrum auf. Zudem führen Innovationen häufig zu einer Änderung des Bezugsrahmens beim Kunden und erfordern daher neue Beurteilungskriterien, die der Kunde in den frühen Phasen des Innovationsprozesses noch nicht bewerten kann. Ein zu hoher Grad der Kundenintegration birgt die Gefahr einer nicht zielgerichteten Produktstrategie und von Differenzierungsdefiziten im Markt. Der Grad der Kundenintegration richtet sich vor al-lem nach dem Produktinnovationsgrad und der Phase des Innovationsprozesses [KONI2004].

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feed-back-Kunden

Die richtige Auswahl der Kunden für die Feedback-Integration ist ein essentiell wichtiger Baustein für den Erfolg der Feedback-Integrationsmethodik, da bereits hier die Qualität und die Verwendungsmöglichkeit der Feedbackinformationen festgelegt werden. Der kontaktierte Kunde muss einige Charakteristika besitzen, welche die Feedbackakquisition zum Erfolg füh-ren [FÖKR2004]:

Verspüren neuer Bedürfnisse: Kunden, deren Bedürfnisse bisher nicht durch Produkte am Mark befriedigt werden, verlangen nach einer Produktneu- oder -weiterentwicklung und eignen sich daher als Impulsgeber für Innovationen.

Unzufriedenheit: Die Unzufriedenheit von Kunden resultiert aus der o. g. mangelnden Bedürfnisbefriedigung. Unzufriedene Kunden sind bestrebt, durch eine aktive Feedback-beteiligung eine Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu erreichen.

Verwendungswissen: Das durch die Nutzung von Produkten aufgebaute Verwendungswis-sen ermöglicht dem Kunden die Formulierung neuer Produktanforderungen oder Verbes-serungsvorschläge, da er Funktionen und Attribute eines Produktes kennt.

Objektwissen: Dieses Wissen umfasst die Kenntnis über den physischen Aufbau oder die Funktionsstruktur des Produktes. Durch das kundenseitige Know-how, z. B. bzgl. Materi-al, Technologie oder auch Produktionsverfahren, kann der Kunde direkte Beiträge zur Lö-sungsfindung liefern, die das Unternehmen unmittelbar nutzen kann.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die identifizierten Kunden alle oben genannten Eigenschaften besitzen. Je nach Kundenzielgruppe, Bindungsintensität an das Unternehmen und Innovationspotenzial des Kunden werden die Kundencharakteristika mehr oder weniger ausgeprägt sein. Die Kundenauswahl darf daher keinesfalls zufällig stattfinden, sondern muss einem systematisch aufgebauten Auswahlverfahren folgen. Hierzu eignet sich eine dreidimen-sionale Herangehensweise bei der Kundenauswahl, die sich in den Dimensionen Marktpoten-zial, Innovationspotenzial und Proaktivitätspotenzial widerspiegelt (vgl. Abbildung 5-11).

Page 133: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feedback-Kunden 115

Abbildung 5-11: Drei Dimensionen der Kundenklassifizierung für die Kundenauswahl

Die Dimension des Marktpotenzials beschreibt die ökonomische Bedeutung von Kunden für das Unternehmen. Das Innovationspotenzial gibt Auskunft über die innovationsrelevanten Eigenschaften und das Wissen der Kunden, während das Proaktivitätspotenzial Aufschluss über das derzeitige Verhältnis des Kunden zum Unternehmen und die draus resultierende Möglichkeit gibt, vorausschauend Informationen für Produktverbesserungen gewinnen zu können. Im Folgenden werden diese Dimensionen und entsprechende Klassifizierungsmuster erläutert sowie ein integriertes Scoring/Portfolio-Modell zu Auswahl von Feedback-Kunden vorgestellt.

5.3.1 Marktpotenzial des Kunden

Neben der qualitativen Betrachtung von Kundencharakteristika spielt die ökonomische Beur-teilung von Kunden für das Kundenfeedback eine wesentliche Rolle. Ziel der Kundenfeed-back-Integration aus Sicht des Unternehmens ist ein langfristiger Markterfolg, der durch eine erhöhte Kundenzufriedenheit gefördert wird. Bei der Auswahl der Feedbackkunden muss da-her der Wert des Kunden für den Unternehmenserfolg berücksichtigt werden.

Das Marktpotenzial eines Feedback-Kunden bezeichnet den wirtschaftlichen Erfolg, den der Kunde durch die Bereitstellung seiner Feedbackinformationen für das produzierende Unter-nehmen generiert. Dieser Erfolg wird durch das Bindungs-, Cross-Selling- und Ertragspoten-zial des Kunden determiniert.

Bindungspotenzial

Das Bindungspotenzial muss aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden. Zum einen beinhalt es die weichen Faktoren Vertrauen, Commitment und Kundenzufriedenheit, die als psychologi-sche Faktoren bezeichnet werden können. Zum anderen basiert das Bindungspotential auf Ab-hängigkeiten und der Existenz möglicher Produktalternativen (vgl. Abbildung 5-12).

Page 134: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

116 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Abbildung 5-12: Bindungspotenziale von Feedback-Kunden

Dabei kann davon ausgegangen werden, dass bei fehlenden Alternativen und einem ausrei-chenden Imitationsschutz des Produktes das Bindungspotenzial als relativ hoch eingestuft werden kann. Die weichen Faktoren stellen daher die entscheidenden Komponenten des Bin-dungspotenzials dar. Sie verstärken das Interesse des Kunden an einer stabilen Kunden-Anbieter-Beziehung und beinhalten eine gewisse Opferbereitschaft des Kunden, vorüberge-hend Nachteile kurzfristig zu akzeptieren [ZERN2004].

Cross-Selling-Potenzial

Das Cross-Selling-Potenzial ist eine zukunftsgerichtete Größe und stellt ein Maß für die mög-liche Erweiterung bestehender Geschäftsbeziehungen auf andere Produkte des Anbieters dar [GERT2004]. Es bezeichnet den Verkauf ergänzender Produkte oder Dienstleistungen an be-stehende Kunden. Kunden zeigen bei bekannten Anbietern eine erhöhte Bereitschaft, Produkte abzunehmen (z. B. den Zukauf einer Freisprechanlage zu einem Mobiltelefon des gleichen Anbieters). Das Cross-Selling-Potenzial zeichnet sich durch die strikte Unabhängigkeit der Produkte aus. Cross Selling ist als dynamisches, zeitraumbezogenes Konzept zu betrachten, das sich durch einen sequentiellen und nicht parallelen Produktverkauf definiert. Das sich dar-aus ergebene Potenzial lässt sich direkt aus positiven Umsatzeffekten bemessen.

Ertragspotenzial

Das Ertragspotenzial des Kunden ergibt sich aus seinem Umsatz, seiner spezifischen Rentabi-lität oder seinem Deckungsbeitrag. Da dieses Potenzial jedoch nur eine Momentaufnahme der wirtschaftlichen Kundenbedeutung bietet und die langfristige Anbieter-Kunden-Beziehung nicht berücksichtigt, wird an dieser Stelle der erweiterte Ansatz des Customer Lifetime Value (CLTV) zur Bestimmung des Marktpotenzials herangezogen. Die Berechnung des Customer Lifetime Value stellt eine Methode dar, die sicht nicht nur an dem kurzfristigen, in einer Peri-

Page 135: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feedback-Kunden 117

ode mit einem Kunden erzielten Erfolg, sondern an dem langfristigen Wert der Kundenbezie-hung orientiert. Dieses Lebenszykluskonzept ist ein Beschreibungsmodell für den phasenbe-zogenen, zeitlichen Ablauf einer Anbieter-Kunden-Beziehung und beinhaltet eine ganzeinheit-liche Betrachtung sämtlicher Aktivitäten und Interaktionen zwischen Anbieter und Kunden. Die Phasen zur Bestimmung des Customer Lifetime Value gliedern sich in

Kennenlernphase (vereinzelter Informationsaustausch zwischen Unternehmen und Kun-den, Kunden verursachen primär Anbahnungskosten),

Startphase (Generierung erster Umsätze, relativ instabile Kundenbindung),

Penetrationsphase (Intensivierung der Geschäftsbeziehungen, Umsatzsteigerung und Sta-bilisierung der Geschäftsbeziehungen),

Reifephase (Maximum der Kundenloyalität, maximale Überdeckung zwischen Leistungs-spektrum des Anbieters und den spezifischen Kundenanforderungen),

Krisenphase (Rückgang der Kundenrentabilität, Anstieg der Kundenkontakte zur Auf-rechterhaltung der Geschäftsbeziehungen)

Trennungsphase (Auslaufen bzw. Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch Ablauf von Verträgen oder Abwanderung der Kunden).

Der Vorteil der Verwendung des Customer Lifetime Value beruht auf der Berücksichtigung der oben genannten Bindungs- und Cross-Selling-Potenziale bei der Bestimmung des Kun-denwertes (Customer Value) und ermöglicht so eine ganzeinheitliche Bestimmung des kun-denspezifischen Marktpotenzials. Weiterhin kann der geforderten wirtschaftlichen Anwen-dung der Kunden-Feedback-Integration Rechnung getragen werden. Das CLTV-Konzept über-trägt die Prinzipien der Investitionsrechnung auf die Kundenbeziehung und baut auf der Kapi-talwertmethode auf. Demnach setzt sich der Wert des Kunden aus diskontierten, dem Kunden zugeordneten Ein- und Auszahlungsströmen während der gesamten Kundenbeziehung zu-sammen [LISC2004]. Der CLTV ist somit ein prognostizierter, auf die Gegenwart abgezinste Nettobarwert einer Kundenbeziehung [KRAL2004]. Unter dieser Messgröße können alle direk-ten und indirekten Wirkungen des Kunden auf die monetäre Zielsetzung des Unternehmens subsumiert werden. Der CLTV berechnet sich wie folgt [RUDO2001]:

∑ ∑= =

−+

−+∗

∗=T

t

T

tKAt

KBt

t Kr

Kr

QPCLTV t

1 1 )1()1(π

Wesentliche Steuergröße für die dynamischen Lebenszyklusverläufe ist der Diskontierungs-faktor, bzw. die ihn bestimmende Höhe des Kalkulationszinsfußes r. Bei einer Wahrschein-lichkeit P < 1 ist der Diskontierungsfaktor risikoneutral dimensioniert, so dass die unter-

P = kundenspezifische EintrittswahrscheinlichkeitT = prognostizierte Dauer der Geschäftsbeziehungt = Jahr Qt = Abnahmeprognose für das Jahr T π = kundenindividuelle Gewinnspanne r = Kalkulationszinsfuß KKBt = Kosten der Kundenbindung im Jahr t KKA = Kosten der Kundenakquisition

Page 136: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

118 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

schiedlichen Phasen im Lebenszyklus der Geschäftsbeziehung in die Bewertung integriert werden. Unterschiedliche Bindungsintensitäten können über die Variation der Wahrschein-lichkeit P berücksichtigt werden.

5.3.2 Innovationspotenzial des Kunden

Produkterfolge im Markt rühren zu einem großen Teil nicht aus einer technischen Innovation, sondern lassen sich häufig auf eine Gruppendynamik im Markt zurückführen. Diese Gruppen-dynamik lässt sich als eine Art Kettenreaktion von erzeugten Kundenbedürfnissen beschrei-ben, die von einigen wenigen Produktanwendern ausgeht. Dieses soziale Phänomen äußert sich in der Form, als dass Trendsetter erstmals ein Produkt nutzen und diese Produktnutzung von weiteren Anwendern als soziale oder technologische Überlegenheit empfunden wird. Dies führt zu einer Art Nachahmungseffekt und setzt sich von einem Anwender zum nächsten fort.

Klassifizierung von Pilotkunden

Hieraus ergeben sich bzgl. des Innovationspotenzials generell zwei Möglichkeiten bei der Auswahl geeigneter Kunden für die Feedbackakquisition. Zum einen kann die breite Masse im Markt in die Kundenfeedback-Integration einbezogen werden, falls das zu verifizierende, neue Produkt nur eine marginale Weiterentwicklung eines bereits im Markt befindlichen Produktes darstellt. Diese Herangehensweise ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn keine neuen gruppendy-namischen Effekte zu erwarten und eine aus statistischer Sicht gesicherte Erhebung erforder-lich sind. Zum anderen können die Trendsetter identifiziert und in Form von Pilotkunden in den Produktentwicklungsprozess eingebunden werden. Dieser Weg ist vor allem dann geeig-net, wenn sich eine Produktidee noch nicht in der breiten Masse des Marktes durchgesetzt hat und der Pilotkunde somit als Vorreiter dass Potenzial besitzt, wertvolle Informationen zur Pro-duktverbesserung oder für neue Innovationen zu liefern. In Tabelle 5-3 ist die Klassifizierung von Pilotkunden dargestellt.

Bedürfnisse des Kundentypen Ideenlieferant sind primär als Eingangsgröße für Marketingak-tivitäten zu verstehen, da zur Extraktion der Bedürfnisse Marktforschungsmethoden notwen-dig sind und die gewonnen Kundenideen vorrangig in der Produktplanung Verwendung fin-den. Ideenlieferanten sind daher nicht der Gruppe der Pilotkunden zuzurechnen. Referenzkun-den hingegen verfügen zusätzlich über ein umfangreiches, für die Produktentwicklung ver-wertbares Anwendungswissen. Dieses Wissen stellt einen Impulsgeber für Neu- und Weiter-entwicklungen dar und basiert häufig auf der Ersterprobung von Produkten.

Co-Designer und Lead User unterscheiden sich von den erst genannten Kunden durch eine aktive Beteiligung am Produktentwicklungsprozess. Sie stellen dem Unternehmen eigene Res-sourcen (z. B. Zeit) zur Verfügung und liefern konkrete Problemlösungen. Lead-User47 zeich-nen sich zusätzlich durch ein hohes Kreativitätspotenzial gegenüber anderen Kunden aus. Erst- 47 vgl. Kapitel 4.4.4: Lead User Ansatz von Hippel

Page 137: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feedback-Kunden 119

interessenten verfügen nur dann über ein hohes Innovationspotenzial, wenn sie ihre Produkt-anforderungen hinreichend artikulieren. Da dies nicht zwingend der Fall ist, haben Erstinteres-senten vornehmlich strategischen Wert, ohne dass ein verwertbarer Input für die Produktent-wicklung vorausgesetzt werden kann.

Kundentyp Definition Merkmale Ideenlieferant Bedürfnisse artikulieren-

de Nachfrager I.d.R. Erschließung der Kundenbedürfnisse über einschlägige Marktforschungsmethoden. Kundenbedürfnisse werden nicht zwingend ex-plizit ausgesprochen, z. T. Kundenbeobachtung notwendig.

Referenzkunde Lieferant von Anwen-dungserfahrungen

Anwendungswissen wird primär zum Redesign von Produkten erschlossen. Informationsweitergabe erfolgt über Erfahrungs-austausch. Erfahrungswissen basiert oft auf den im Rah-men der Produktersterprobung ermittelten Da-ten.

Co-Designer Aktive Mitgestalter am Produktentwicklungs-prozess

Integration des Kunden in den Entwicklungspro-zess des Unternehmens. Kunde ist aktiver Problemlöser.

Lead User Kunden als Innovatoren mit fertigen oder quasi-fertigen Problemlösun-gen

Intensive Auseinandersetzung des Kunden mit dem Produkt. Selbstständige Entwicklung tragfähiger Problem-lösungen. Herausragende Befähigung zur Antizipation zukünftiger Bedürfnisse (hohes Kreativitätspo-tenzial).

Pilo

tkun

den

Erstinteressent Kunden als Helfer bei der Überwindung von Innovationswiderstän-den im Unternehmen

Kernleistung des Kunden liegt in der Reduktion der Unsicherheit über Markterwartungen durch Kommunikation real existierender Bedürfnisse.

Tabelle 5-3: Klassifizierung von Pilotkunden für das Kundenfeedback (angelehnt an [ZERN2004] [BROC1998])

Die Auswahl des richtigen Kundentyps richtet sich nach dem Innovationsgehalt des zu vali-dierenden Produktes. Für ein Redesign und eine Weiterentwicklung von Produkten ist die Feedbackgewinnung bei Referenzkunden ausreichend. Produktentwicklungen mit hohem In-novationsgehalt verlangen hingegen die aktive Mitgestaltung durch den Kunden. Hier ist der Einsatz von Co-Designern und Lead Usern sinnvoll.

Kooperationsbereitschaft und Informationswert des Kunden

Neben der reinen Betrachtung des Innovationsgehalts des Kundenwissens muss im Rahmen der Kundenauswahl ebenso die Kooperationsbereitschaft des Kunden berücksichtigt werden. Ist der Kunden nicht bereit, an der Produktentwicklung des Anbieterunternehmens zu partizi-

Page 138: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

120 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

pieren, ist im ungünstigsten Fall der Kunde für das Unternehmen wertlos. Der Kunde stellt dann eine unzugängliche Ressource dar, auch wenn er hohes Innovationswissen besitzt. Dieses umfasst sowohl personelle Ressourcen als auch zeitliche oder eventuelle materielle Ressour-cen. Zusätzlich wird das Innovationspotenzial durch die Qualität der zu erwartenden Feed-backinformationen beeinflusst. Ein begrenzter Informationswert bzw. -nutzen reduziert das Innovationspotenzial des Kunden erheblich. Daher muss der Informationswert im Vorfeld an-nähernd analysiert werden, um eine erfolgreiche Verwendung für Produktverbesserungen und Innovationsaktivitäten im Unternehmen sicherstellen zu können.

5.3.3 Proaktivitätspotenzial des Kunden

Wissenschaftliche Ansätze zur Kundenauswahl als auch gängige Anwendungen in der Praxis beschränken sich vornehmlich auf die Befragung von Kunden, die bereits zum festen Kunden-stamm des Unternehmens zählen. Der Grund hierfür ist neben der vereinfachten Kontaktie-rungsmöglichkeit von Kunden die relative statistische Sicherheit von Zufallsstichproben bei eigenen Kunden. In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Vorgehensweise unter dem Begriff des reaktiven Kundenzufriedenheitsmanagements zusammengefasst [MABA2004]. Jedoch ist eine Beschränkung auf eigene Kunden des Unternehmens für eine umfassende Feedbackgewinnung nicht ausreichend, da auf diese Weise nur Ansätze zur Beseitigung von produktspezifischen Unzulänglichkeiten erreicht werden können.

Klassifizierung von Kunden anhand der Relation zum Unternehmen

Die Einbeziehung von verlorenen, neuen oder Konkurrenzkunden hingegen ermöglicht die Identifikation von Produktschwachstellen und Produktverbesserung in den Phasen der Pro-duktentwicklung. Durch dieses proaktive Vorgehen und die Verwendung von vielseitigen In-formationsquellen können grundlegende Neuerungen und Verbesserungen von Produkten er-reicht werden. Für die Integration von proaktiven Feedbackinformationen in die Produktent-wicklung ist daher bei der Kundenauswahl der unternehmensspezifische Status des Kunden zu berücksichtigen. Tabelle 5-3 zeigt die verschiedenen Bindungsstatus der Kunden hinsichtlich ihrer Relation zum Anbieterunternehmen sowie die entsprechenden, zu erwartenden Kunden-zufriedenheiten, Verwendungsmöglichkeiten des Feedbacks und Aufwände für die Feedback-akquisition.

Tabelle 5-3 veranschaulicht, dass der Bindungsstatus des Kunden an das Unternehmen direk-ten Einfluss auf die Qualität der Feedbackinformationen und damit auf die Verwendungsmög-lichkeit dieser Informationen ausübt. Das Proaktivitätspotenzial, welches die Möglichkeit der frühzeitigen, vorausschauenden und initiativen Feedbackgewinnung beschreibt, ist bei aktuel-len, aktiven Kunden relativ gering und erhöht sich, je schwächer die Bindung des Kunden an das Unternehmen ist (vgl. Abbildung 5-13).

Page 139: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feedback-Kunden 121

Aktuelle Kun-den

Inaktive Kun-den

Neukunden Verlorene Kunden

Konkurrenz-kunden

Kundenzu-friedenheit

Quellen von Zufriedenheit

Quellen von partieller Unzu-friedenheit

Quellen nicht verfügbar

Quellen von Unzufriedenheit

Quellen von Unzufriedenheit

Verwen-dungsmög-lichkeit des Feedbacks

Nur marginale Ansätze für Produktverbes-serungen

Teilweise Ver-besserungsan-sätze, Hinweis auf Substituti-onsprodukte

Neue Ansätze für Produktin-novationen und Produktweiter-entwicklungen

Grundlegende Ansätze für Produktverbes-serungen

Neue Ansätze für Produktver-besserungen

Aufwand für Feedbackak-quisition

gering mittel hoch hoch sehr hoch

Tabelle 5-4: Verschiedene Kundenbindungsstatus als Auswahlkriterien für die proaktive Feedbackgewinnung

Zusammenhang zwischen Proaktivitätspotenzial und Kundenbindungsstatus

Mit steigendem Proaktivitätspotenzial steigt der Aufwand für die Feedbackgewinnung. Daher ist mit steigendem Proaktivitätspotenzial auch eine zunehmende Systematik bei der Feedback-akquisition notwendig (vgl. Abbildung 5-13).

Abbildung 5-13: Zusammenhang zwischen Proaktivitätspotenzial und Kundenbindungsstatus

Feedbackinformationen aktueller Kunden lassen sich zwar relativ leicht akquirieren, eignen sich jedoch nur geringfügig, um echte Produktinnovationen oder grundlegende Produktverbes-serungen zu erreichen. Kunden dieser Kategorie sollten hinsichtlich ihres Marktpotenzials detailliert analysiert werden, um nur die Kunden zu identifizieren, die durch ihr Feedback zu

Page 140: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

122 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

einem Unternehmenserfolg beitragen können. Es wird empfohlen, nur A-Kunden48 der Kate-gorie „aktuelle Kunden“ in die Feedbackgewinnung einzubeziehen, da diese erfahrungsgemäß ca. 80 % des Unternehmensumsatzes generieren. Zudem haben unterschiedlichste Zufrieden-heitsanalysen gezeigt, dass sich A-Kunden eines Unternehmens bezüglich ihrer Anforderun-gen, Erwartungen und Anregungen stark unterscheiden. Von A-Kunden ist daher unter Be-rücksichtigung des erläuterten eingeschränkten Produktverbesserungspotenzials zumindest ein breites Spektrum an Feedbackinformationen zu erwarten.

B- und C-Kunden, die erwartungsgemäß zu einem großen Teil der Gruppe der inaktiven Kun-den zuzurechnen sind, verfügen über das Potenzial, partielle Verbesserungsvorschläge für Produkte liefern zu können, da sie mit dem derzeitigen Produktangebot unzufrieden sind. Die-se Kunden eigenen sich besonders, um Gründe für die ausbleibende Produktverwendung und Hinweise auf Substitutionsprodukte identifizieren zu können. Da sie noch zum Kundenstamm des Unternehmens zählen, wird der Feedbackgewinnungsaufwand mittelmäßig ausfallen.

Verlorene und Neukunden erfordern dagegen einen hohen Aufwand für die Feedbackakquisi-tion. Hier sind gezielte Maßnahmen notwendig, um eine Re-Akquistion der verlorenen bzw. Neu-Akquisition von Kunden zu erreichen. Verlorenen Kunden stellen generell eine Quelle für ausgeprägte Produktunzufriedenheit dar und eigenen sich daher sehr gut für die Erfassung von grundlegenden Produktverbesserungsvorschlägen. Neukunden dienen als Informations-quellen für Produktinnovationen und Anregungen für die Weiterentwicklung bestehender Pro-dukte. Die Gewinnung von Feedbackinformationen bei Konkurrenzkunden erfordert ein hohes Maß an Akquisitionsaufwand. Gleichzeitig sind jedoch hier wertvolle Informationen bezüglich der Verbesserung von Produkten zu erwarten, da das Konkurrenzprodukt wesentliche Vorteile gegenüber dem eigenen Produkt beinhaltet. Verlorene und Neukunden bieten das höchste Pro-aktivitätspotenzial.

5.3.4 Integriertes Scoring/Portfolio-Modell für die Kundenauswahl

Bei der Bestimmung einer Kundengruppe, welche die Auswahlkriterien des Markt-, Innovati-ons- und Proaktivitätspotenzials erfüllt, muss berücksichtigt werden, dass sich die genannten Potenziale gegenseitig stark beeinflussen. Ein gerade verlorener Kunde mit hohem Proaktivi-tätspotenzial könnte beispielsweise aufgrund fehlender Kooperationsbereitschaft nur ein ein-geschränktes Innovationspotenzial bieten, auch wenn der Innovationsgehalt der Feedbackin-formationen hoch wäre. Dies führt wiederum zu einer Reduzierung des Marktpotenzials, da die prognostizierte Dauer der Geschäftsbeziehung vermutlich gering ausfällt. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Wechselwirkungen zwischen Markt-, Innovations- und Proaktivitätspo-tenzial keine Kundenauswahl auf der Basis einer isolierten Bestimmung der einzelnen Poten-ziale zulassen. Vielmehr muss die Auswahl der Feedbackkunden integriert bei gleichzeitiger 48 Die Einteilung von Kunden in die Kategorien A, B und C basiert auf der umsatzbezogenen Kundenwertanaly-

se (ABC-Analyse), bei der alle Kunden eines Unternehmens nach der Maßgabe der Umsatzhöhe klassifiziert werden. Ziel der ABC-Analyse ist die schnelle Identifizierung von profitablen, bedeutenden Kunden.

Page 141: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.3 Differenzierung und Auswahl von Feedback-Kunden 123

Betrachtung aller Potenzialeigenschaften erfolgen. Die integrierte Bestimmung der Potenziale erfolgt unter Verwendung von Scoring-Modellen in Verbindung mit der Portfolio-Technik. Auf diese Weise können monetäre und qualitative Kriterien bei der Kundenauswahl gleicher-maßen berücksichtig und eingeordnet werden.

Entwicklung von Kunden-Scorecards

Bei dem Einsatz von Scoring-Modellen (Punktbewertungsmodellen) werden die verschiede-nen Kriterien zur Auswahl eines Kunden mittels Scorecards zu einem Gesamtwert zusam-mengefügt und denjenigen Kunden mit dem höchsten Score die höchste Priorität eingeräumt. Der Score stellt eine metrische Maßzahl dar, die unabhängig von dem Inhalt der Kundenbe-wertungskriterien eine Wertbeimessung ermöglicht und so quantifizierbar ist. Die Vorgehens-weise zur Erstellung eines Scoring-Modells für die integrierte Kundenauswahl beinhaltet fol-gende Schritte (vgl. Abbildung 5-14):

1. Definition der Bewertungsgruppen (Scoring-Matrizen für Markt-, Innovations- und Proak-tivitätspotenzial),

2. Auswahl von Bewertungskriterien für jede Bewertungsgruppe (zeilenweise Auflistung der quantitativen und qualitativen Variablen sowie Kennzeichnung der K.O.-Kriterien),

3. Gewichtung der Bewertungskriterien mittels Gewichtungsfaktoren,

4. Durchführung der Bewertung (Zuordnung eines Punktwertes zu einem Kriterium je nach Erfüllungsgrad und anschließende Multiplikation mit dem Gewichtungsfaktor),

5. Auswertung (Summenbildung aus allen gewichteten Kriterien zu einem potenzialspezifi-schen Scoring-Index),

Die Definition von K.O.-Kriterien dient dem frühzeitigen Ausschluss von Kunden, die essen-tielle Bedingungen für ein Kundenfeedback nicht erfüllen. Die multiplikative Verknüpfung von gewichteten Punktwerten mit „Null“-Werten im Falle eines nicht erfüllten K.O.-Kriteriums stellt zusätzlich sicher, dass Kunden mit ausgewogenem Profil gegenüber Kunden mit Extremausprägungen bevorzugt werden. Die Auswahl der Kriterien für die einzelnen Po-tenziale variiert je nach Unternehmen und Zielkundengruppe. Die Bestimmung der Marktpo-tenzialkriterien ist z. B. davon abhängig, welche Kundenwertanalysen im Unternehmen ver-fügbar sind. Da in das Markpotenzial auch qualitative Größen einfließen, müssen die monetä-ren Größen in ordinale Größen überführt und in eine Rangfolge gebracht werden. Die Krite-rienauswahl, Bewertung und Definition der Gewichtungsfaktoren sollte durch interdisziplinäre Teams erfolgen, da die integrierte Betrachtung der Potenziale technische, betriebswirtschaftli-che und auch soziale Kompetenzen erfordert.

Dreidimensionales Kunden-Portfolio

Die unter Berücksichtigung aller Potenzialkriterien vereinfachten Kundenpotenziale bilden die Grundlage für den Kundenvergleich und die Kundenauswahl. Im Anschluss an die Bildung der

Page 142: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

124 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Scorecard erfolgt die Übertragung der summierten Scoring-Indizes in das dreidimensionale Portfolio. Dabei werden der Scoring-Index für das Innovationspotenzial auf die Abszisse und der Scoring-Index für das Marktpotenzial auf die Ordinate aufgetragen. Die Größe der jeweili-gen Datenpunkte im Portfolio entspricht dem Scoring-Index für das Proaktivitätspotenzial. Die auf diese Weise ermittelte Position des Kunden im Portfolio erlaubt eine rein objektive Aus-wahl von geeigneten Kunden für die Feedbackgewinnung.

Abbildung 5-14: Integriertes Scoring/Portfolio-Modell für die Kundenauswahl

Page 143: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 125

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen

Nachdem eine eingegrenzte Menge an geeigneten Feedbackkunden durch das oben beschrie-bene Auswahlverfahren bestimmt wurde, erfolgt die Akquisition der Feedbackinformationen für ein spezifisches Produkt. Hierzu werden zunächst die relevanten Produktdaten durch den Produktentwickler identifiziert und in eigenschaftsbezogene Test- und Bewertungsmodelle überführt.

Im nächsten Schritt erfolgt die Definition und Entwicklung von Test- und Bewertungsfunktio-nen (Feedbackfunktionen), die je nach Art und Umfang der Produkteigenschaften variieren können. Ziel dieser Feedbackfunktionen ist es, dem Kunden ein Bewertungswerkzeug an die Hand zu geben und ihn gezielt durch die Feedbackartikulation zu begleiten und zu steuern. Testfunktionen sind dabei der prospektiven Feedbackakquisition zuzuordnen, da das Produkt vor der Produktion und Markteinführung auf der Basis der Feedbackinformationen noch Än-derungen und Optimierungen zulässt. Durch die Testfunktionen wird ein produktspezifischer Lösungsraum festgelegt, in dessen Grenzen der Kunde das eigenschaftsbezogene Modell ziel-gerichtet testen und bewerten kann. Die Bewertungsfunktionen werden sowohl bei der pro-spektiven als auch retrospektiven Feedbackgewinnung verwendet.

Die Bereitstellung des Test- und Bewertungsmodells für den Kunden wird durch einen multi-medialen Feedback-Assistenten unterstützt, welcher der Visualisierung und Simulation des Test- und Bewertungsmodells sowie der Umsetzung der Feedbackfunktionen dient. Durch den Feedback-Assistenten erfolgt sowohl die Akquisition als auch Speicherung der prospektiven und retrospektiven Feedbackinformationen in einer Feedbackdatenbank. Die Kommunikation mit dem Kunden erfolgt über das Internet. Die retrospektive Feedbackakquisition berücksich-tigt aber auch weitere mobile Kommunikationsmöglichkeiten, z .B. die direkte Kommunikati-on über das Produkt unter Verwendung von Funktechnologien.

5.4.1 Eigenschaftsbezogene Test- und Bewertungsmodelle für die Feedbackaufnahme

Innovationen müssen in den Produkteigenschaftsfeldern generiert werden, die den Kundenbe-dürfnissen entsprechen und somit eine Steigerung der Kundenzufriedenheit versprechen. Da Kunden ein Produkt und seine Qualität durch die wahrgenommenen Produkteigenschaften und nicht anhand technischer Features beschreiben, müssen sich Produktentwickler zur Bereitstel-lung von Produktinformationen von der traditionellen Bauteil- und Strukturorientierung lösen. Ein Produkt würde dann z. B. im Falle des Mobiltelefons nicht mehr aus technischer Sicht durch mechanische Tasten und Elektronikbauteile, sondern aus Kundensicht durch die Eigen-schaft „Bedienkomfort“ beschrieben.

Page 144: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

126 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Identifikation und Definition von Eigenschaftsfeldern

Um dem Kunden die Artikulation von Feedback und die Bewertung des digitalen Produktes zu ermöglichen, müssen ihm Produktinformationen bereitgestellt werden, die der beschriebenen Eigenschaftsorientierung entsprechen. Diese Bereitstellung erfolgt durch digitale eigen-schaftsbezogene Test- und Bewertungsmodelle. Um die Entwicklung von Produkten bzw. Pro-dukteigenschaften systematisch am Kundennutzen auszurichten, werden daher zunächst Pro-dukteigenschaftsfelder durch den Produktentwickler definiert und ihre Eignung hinsichtlich einer Kundenfeedback-Integration analysiert. Zur Identifikation der Eigenschaftsfelder können zum einen priorisierte Kundenanforderungen aus dem Marketingbereich des Unternehmens (z. B. aus Marktuntersuchungen oder Kundeninterviews) und zum anderen Feedbackinformatio-nen aus vorangegangenen Produktentwicklungsprojekten herangezogen werden. Aus der Auswahl und Definition der Eigenschaftsfelder entsteht ein kundenorientiertes Eigenschafts-raster für die gezielte Gewinnung von Feedbackinformationen. Die Verwendung von eigen-schaftsbezogenen Modellen bietet zudem den Vorteil, dass die Feedbackkunden nicht über detailliertes, technisches Produkt-Know-how verfügen müssen, um das Produkt „verstehen“ und bewerten zu können. Kunden können so eine Vorstellung von dem Produkt, seinen Eigen-schaften und Funktionen entwickeln ohne über die Kenntnis detaillierter Produktspezifikatio-nen zu verfügen. Nicht bekannte Eigenschaftsfelder, die aus veränderten Kundenbedürfnissen resultieren oder dem Unternehmen schlichtweg nicht zugänglich waren, können durch das Feedback des Kunden ermittelt und ergänzt werden.

Auswahl und Aggregation von Produktdaten

Für die Erzeugung der eigenschaftsbezogenen Modelle werden die digitalen Produktmodelle aus der Produktentwicklung verwendet (vgl. Abbildung 5-15). Sie bilden die Grundlage für die Entwicklung von Produkten sowie für die Speicherung, Verwaltung und den Austausch von Produktinformationen im gesamten Produktlebenszyklus. Zu den digitalen Produktmodel-len zählen unter anderem CAD-, Simulations-, DMU- oder auch Berechnungsmodelle. Neben den digitalen Modellen sind weiterhin technische Dokumente (z. B. Office-Dokumente) und gegebenenfalls nicht-technische Informationen aus weiteren Unternehmensbereichen einzube-ziehen (z. B. Preisinformationen aus den ERP-Systemen).

Die digitalen Produktmodelle zeichnen sich durch eine Heterogenität aus, da jedes datener-zeugende System (z. B. CAD-System) spezifische Produktmodelle verwendet. Die Heteroge-nität besteht bezüglich des Inhalts (z. B. Geometriedaten), der repräsentativen Struktur, des verwendeten Formats und der adressierten Verwendung des Modells. Um eine Konsistenz der verschiedenen Produktmodelle sicherzustellen, wird als Quelle für die digitalen Produktmo-delle auf das in der Produktentwicklung verwendete PDM-System zugegriffen. PDM-Systeme pflegen und verwalten die erzeugten Produktmodelle durch die logische Verknüpfung auf Me-taebene. Sie eigenen sich daher besonders als einheitliche, konsistente Datenbasis. Ist in der Produktentwicklung kein PDM-System im Einsatz, muss im Vorfeld ein informationstechni-

Page 145: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 127

sches Werkzeug oder ein Mechanismus zu Sicherstellung der Datenaktualität und zur konsi-stenten Zusammenführung der verteilten Produktdaten implementiert werden.

Abbildung 5-15: Auswahl und Zuordnung von Produktdaten zu definierten Eigenschaftsfel-dern

Aufgabe des Produktentwicklers ist die gezielte Auswahl und Aggregation von relevanten Produktdaten bzw. -modellen und Produktattributen im Hinblick auf die zu besetzenden Ei-genschaftsfelder. Hierzu muss er eingehend untersuchen, durch welche technischen Produkt-merkmale die identifizierten Eigenschaftsfelder gefüllt werden können (vgl. Abbildung 5-15). Ziel ist es, möglichst alle Eigenschaftsfelder vollständig abzudecken. Die Auswahl der Pro-duktdaten muss zudem unter Berücksichtigung einer Visualisierungsmöglichkeit des eigen-schaftsbezogenen Modells erfolgen. Diese Aufgabe erfordert einen relativ großen Analyse-aufwand und setzt ein grundlegendes Verständnis des Produktentwicklers für die Charakteris-tika der Eigenschaftsfelder voraus. Allerdings ist diese Aufgabe für die Erzeugung von eigen-schaftsbezogenen Produktmodellen unumgänglich und informationstechnisch nicht automati-sierbar. Die Zuordnung von Produktdaten zu den entsprechenden Eigenschaftsfeldern kann jedoch dokumentiert und damit für die Erzeugungen von eigenschaftsbezogenen Modellen in nachfolgenden Entwicklungsprojekten genutzt werden.

Erzeugung der eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodelle durch die Abbildung von Ontologien

Aufgrund der bereits erläuterten eigenschaftsorientierten Kundensicht auf ein Produkt eignen sich die extrahierten, technischen Produktmodelle und -daten nicht für eine direkte Bewertung durch den Kunden. Die Produktdaten und deren technische Attribute werden deshalb in eigen-schaftsbezogene Produktparameter (Produkteigenschaften) überführt, die der Sichtweise des

Page 146: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

128 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Kunden entsprechen und eine Beurteilung der Produktqualität durch den Kunden ermöglichen. Hierzu werden in jedem Eigenschaftsfeld spezifische Produkteigenschaften festgelegt und die Produktdaten und -attribute des entsprechenden Eigenschaftsfeldes auf diese Eigenschaften abgebildet. Die Abbildung erfolgt durch die Verwendung von Ontologien, welche die kausalen Korrelationen zwischen den Produktdaten/-attributen und den Produkteigenschaften beschrei-ben. Auf diese Weise entsteht ein semantisches Netz, das eindeutig beschreibt, durch welche Produktkomponenten und durch welches technisches Produktmerkmal eine kundenorientierte Produkteigenschaft beeinflusst bzw. realisiert werden kann (vgl. Abbildung 5-16). Die syste-matische Abbildung der Ontologien vereinfacht zusätzlich die Rückführung und Zuordnung von gewonnen Kundenfeedback-Informationen zu den betroffenen Produktkomponenten.

Abbildung 5-16: Eigenschaftsbezogenes Test- und Bewertungsmodell mit Ontologien zur Ab-bildung der Korrelationen zwischen Eigenschaften und Produktdaten

Auf der Basis der Produkteigenschaften, der Ontologien und der extrahierten Produktdaten erfolgt die Erzeugung des eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodells. Das Modell wird getrennt vom PDM-System in einer Datenbank gespeichert und die extrahierten Produkt-daten (Nutzdaten) redundant abgelegt. Das eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmo-dell basiert – wie auch die Datenmodelle des PDM-Systems – auf der Trennung von Nutz- und Metadaten und besteht aus drei Schichten (vgl. Abbildung 5-16):

1. Schicht 1: Hier werden die Eigenschaftsfelder sowie die entsprechenden Eigenschaften als Metadaten hinterlegt.

2. Schicht 2: Sie beinhaltet die Ontologien zur Abbildung der semantischen Korrelationen zwischen Eigenschaften und Produktdaten sowie Zuordnungstabellen zur Abbildung der

Page 147: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 129

Zugehörigkeit von Produktdaten und -modellen zu den Eigenschaftsfeldern. Ontologien und Zuordnungstabellen werden ebenfalls als Metadaten gespeichert.

3. Schicht 3: Diese Schicht dient der Speicherung der relevanten Produktdaten und Produkt-modelle (Nutzdaten).

Da die heterogenen Produktmodelle nicht in einer vollständig integrierten Form verfügbar sind, werden die einzelnen Produktmodelle und -daten über die abgebildeten Ontologien ver-knüpft (vgl. Abbildung 5-17). Je nach verwendeter Feedbackfunktion erfolgt über die Eigen-schaften und die zugehörigen Ontologien der Zugriff auf die entsprechenden Produktdaten. Das dazu notwendige Format der Produktdaten ist von der verwendeten Technologie des Feedback-Assistenten abhängig. Sollten die Produktdaten nicht direkt für eine Visualisierung und Beschreibung der Produkteigenschaften geeignet sein, müssen sie angepasst (z. B. durch Formatkonvertierung) oder durch den Produktentwickler ergänzt werden.

Abbildung 5-17: UML-Klassendiagramm des Test- und Bewertungsmodells

5.4.2 Prospektive Feedbackakquisition

Die Gewinnung von prospektiven Feedbackinformationen verfolgt die Akquisition von Kun-denanforderungen und -zufriedenheiten vor der Produktfreigabe für die Produktion, um im Vorfeld den zukünftigen Kundennutzen und die Kundenzufriedenheit zu analysieren. Ziel ist es, durch das Kundenfeedback ein geprüftes Produktmodell zu erhalten, das die Grundlage für Optimierungsmaßnahmen und Produktverbesserungen bildet. Hierzu werden die ausgewählten Endkunden bezüglich der Auswahleigenschaften (z. B. Produktdesign), Vertrauenseigenschaf-ten (z. B. Sicherheit, Zuverlässigkeit) und Nutzungseigenschaften (z. B. Funktionen) des Pro-duktes befragt. Durch die prospektive Feedbackgewinnung werden zum einen Wissenslücken auf der Kundenseite geschlossen, indem dem Kunden Produktlösungen und -eigenschaften präsentiert werden, die er zuvor evtl. noch nicht kannte oder dessen er sich bis dato nicht be-wusst war. Zum anderen erschließt sich dem Produktentwickler eine umfangreiche Wissensba-

Page 148: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

130 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

sis des Kunden, wodurch Anforderungslücken in den Eigenschaftsfeldern identifiziert und durch Ergänzung der gewonnen Feedbackinformationen geschlossen werden können (vgl. Abbildung 5-18). Zudem erhält der Produktentwickler direkte Informationen über den pro-duktbezogenen Kundennutzen sowie die Zufriedenheit des Kunden.

Abbildung 5-18: Schließung von Wissenslücken auf der Seite des Produktentwicklers und des Kunden

Die prospektive Feedbackgewinnung erfolgt in zwei grundlegenden Schritten:

1. Im ersten Schritt wird dem Kunden das eigenschaftsbezogene Test- und Bewertungsmo-dell präsentiert, das er zunächst testen, variieren und anpassen kann.

2. Im zweiten Schritt bewertet der Kunden die flexiblen Eigenschaften des Produktes, die sich aus der Variation und Anpassung des eigenschaftsbezogenen Modells ergeben49.

Test des eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodells

Der Test bzw. die Variation des Produktes vor der Bewertung ist notwendig, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass fest vorgeschriebene Produkteigenschaften den Vorstellungen des Kunden entsprechen. Weiterhin unterscheiden sich die Anforderungen der verschiedenen Kunden, sodass die bevorzugten Produkteigenschaften je nach Kunden variieren. Dem Kun-den wird daher nicht ein „virtuell fertiges“ Produkt präsentiert, sondern die Möglichkeit gege-ben, das Produkt entsprechend seinen Anforderungen und wünschen anzupassen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist die Vermeidung langwieriger Iterationsschleifen, da sich der Pro-duktentwickler nicht den Vorstellungen des Kunden annähern muss, sondern dieser die ge-wünschten Produkteigenschaften selbst bestimmt. Auf diese Weise erhält der Produktentwick-ler Informationen über das vom Kunden präferierte Produkt.

Lösungsraum zur Variation des Test- und Bewertungsmodells

Da der Gestaltung des Produktes durch die technischen, technologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen des Unternehmens Grenzen gesetzt sind, wird dem Kunden ein Lösungs- 49 Die Funktionen zur Bewertung des eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodells sind in Kapitel 5.4.4

beschrieben. Sie sind für die prospektive und retrospektive Feedbackakquisition identisch.

Page 149: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 131

raum für die Variation des Test- und Bewertungsmodells innerhalb definierter Freiheitsgrade zur Verfügung gestellt (vgl. Abbildung 5-19). Die Varianz dieses Modells ist von der Varianz des technischen Produktmodells zu differenzieren, das sie auf den kundenorientierten Produkt-eigenschaften basiert und somit eine Lösungsvarianz darstellt. Hieraus leitet sich die produkt-entwicklungsinterne Varianz ab, die sich primär in der Variation von Produktstrukturen und technischen Attributen widerspiegelt.

Abbildung 5-19: Lösungsraum für die Variation des Test- und Bewertungsmodells (angelehnt an [LIPO2004] )

Der Lösungsraum ist in sieben verschiedene Bereiche unterteilt:

1. Im Zentrum steht der fixe Eigenschaftsbereich, der durch die technischen und technologi-schen Rahmenbedingungen des Produktes festgelegt ist und nicht variiert werden kann. Die Eigenschaften dieses Bereiches beschreiben die Plattform des Produktes und müssen vom Kunden als unveränderbar hingenommen werden.

2. Der Bereich der prinzipiellen Eigenschaften beschreibt grundlegend definierte Produktei-genschaften auf einer konzeptionellen Ebene, die erst bei Vorliegen des Feedbacks weiter ausgearbeitet werden (z. B. Menüführung des Mobiltelefons).

3. Durch skalierbare Eigenschaften wird dem Kunden die Möglichkeit gegeben, Produktei-genschaften innerhalb bestimmter Grenzen zu variieren. Dies kann z. B. durch die Ände-rung geometrischer Abmessungen oder Leistungsparamter erfolgen.

4. Optionale Eigenschaften stellen „Kann-Alternativen“ dar, die der Kunden wählen kann, um die Eigenschaften seines bevorzugten Produktes zu erweitern (z.B. Handy-Kamera).

5. Obligatorische Eigenschaften hingegen müssen in jedem Fall vorhanden sein, da das Pro-dukt sonst grundsätzliche Charakteristika oder Funktionen verlieren würde. Der Kunde

Page 150: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

132 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

muss hier zwischen verschiedenen, vordefinierten Alternativen wählen (z.B. Akku-Lebensdauer).

6. In dem definierten Eigenschaftsraum hat der Kunden die Möglichkeit, Anforderungen und Wünsche bezüglich explizit bestimmter Produkteigenschaften frei zu formulieren.

7. Der allgemeine Eigenschaftsraum wird implizit durch die Grenzen des Produktspektrums beschrieben. In diesen Grenzen kann der Kunde Anforderungen und Wünsche bezüglich des Gesamtproduktes oder spezifischer Produkteigenschaften frei äußern.

Test- und Variationsfunktionen

Entsprechend den unterschiedlichen Bereichen des Lösungsraums stehen dem Kunden ver-schiedene Test- bzw. Variationsfunktionen zur Verfügung (vgl. Tabelle 5-5). Die Variation der optionalen und obligatorischen Eigenschaften wird über Konfigurationswerkzeuge reali-siert. Hierzu wird ein Regelwerk hinterlegt, das den Konfigurationsvorgang steuert und die Plausibilitäten der kombinierten Produkteigenschaften prüft50. Durch die Konfiguration kann der Kunde von ihm gewünschte und bevorzugte Produkteigenschaften kombinieren. Für die Skalierung von Produkteigenschaften werden zum einen Skalierungswerkzeuge, z. B. in Form von „virtuellen Reglern“ mit definierten Anfangs- und Endpunkten, genutzt. Zum anderen bieten sich einfache CAD-Funktionen an, mit denen der Kunde z. B. geometrische Produktei-genschaften variieren oder Produktkomponenten positionieren kann. Im Bereich der prinzi-piellen Eigenschaften sollte zuerst eine Auswahl der für den Kunden relevanten Eigenschafts-vorschläge erfolgen, die er im Anschluss durch freie Beschreibung detaillieren und kommen-tieren kann. Innerhalb der definierten und allgemeinen Eigenschaftsräume kann der Kunde ebenfalls durch freie Formulierung seine Anforderungen beschreiben. Hierzu eigenen sich Werkzeuge zur Texteingabe (Textfelder).

Funktion IT-Werkzeuge Lösungsbereich Interpretations-aufwand

Konfiguration Eigenschaftsbezogene Produktkonfiguratoren

Optionale Eigenschaften Obligatorische Eigenschaften keiner

Skalierung Virtuelle Regler einfache CAD-Werkzeuge

Skalierbare Eigenschaften gering

Auswahl Options-/Auswahlmenüs prinzipielle Eigenschaften mittel

Freie Formulierung Textfelder prinzipielle Eigenschaften definierter Eigenschaftsraum allgemeiner Eigenschaftsraum

hoch

Tabelle 5-5: Test- und Variationsfunktionen sowie resultierender Interpretationsaufwand

50 Siehe auch Kapitel 5.4.5: Multimedialer Feedback-Assistent

Page 151: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 133

Das durch die beschriebenen Funktionen gewonnene Feedback ist durch unterschiedlichen Interpretationsaufwand für den Produktentwickler geprägt. Konfigurations-, Skalierungs- und CAD-Funktionen eigenen sich primär zur Erfassung „harter“, objektiver Kundenanforderun-gen, die einer geringen Interpretation bedürfen. Die freie Formulierung durch den Kunden ermöglicht dagegen die Erfassung von „weichen“, subjektiven Kundenanforderungen, zeich-net sich jedoch durch einen erhöhten Interpretationsaufwand aus. Grundsätzlich sollten in dem definierten Eigenschaftsraum und im Bereich der prinzipiellen Eigenschaften nur die Produkt-eigenschaften enthalten sein, die ein wertvolles Feedback erwarten lassen, um den nachträgli-chen Interpretationsaufwand möglichst gering zu halten. Tabelle 5-5 zeigt eine Übersicht der Test- und Variationsfunktionen, der entsprechenden Lösungsraumbereiche und des resultie-renden Interpretationsaufwandes.

Die beschriebenen Bereiche des Lösungsraumes sind zunächst als vordefinierte, festegelegte Grenzen zu betrachten. Durch die Test- und Variationsfunktionen generiert der Kunde eine spezielle Produktkonfiguration, die das bevorzugte Produkt des Kunden abbildet. Sollten sich jedoch aus den Feedbackinformationen – insbesondere in den definierten und allgemeinen Eigenschaftsräumen – essentiell neue Anforderungen und Verbesserungsvorschläge ergeben, die nicht durch den Lösungsraum abgedeckt werden, muss eine Adaption der Lösungsraumbe-reiche vorgenommen werden. Dies erfolgt durch Anpassung, Erweiterung oder auch Reduzie-rung der unterschiedlichen Lösungsraumbereiche (z. B. Ergänzung einer optionalen Eigen-schaft oder Erweiterung des Skalierungsbereiches).

5.4.3 Retrospektive Feedbackakquisition

Da die Bedürfnisse des Kunden einer permanenten Veränderung unterliegen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die durch das prospektive Feedback gewonnenen Erkenntnisse auch noch in der Produktnutzungsphase gültig sind. Ziel der retrospektiven Feedbackgewinnung ist daher die Erfassung der veränderten und neuen Kundenanforderungen, die sich aus der Nut-zung des Produktes ergeben. Die retrospektive Betrachtung bezieht sich daher ausschließlich auf die Nutzung des Produktes durch den Kunden. Hieraus ergeben sich folgende Aufgaben-schwerpunkte der retrospektiven Feedbackakquisition:

Verifikation der prospektiven Feedbackinformationen: Zeitlich veränderte Kundenbedürf-nisse führen zu einer veränderten subjektiven Wahrnehmung des Produktes und seiner Qualität. Hiervon sind zum einen die Anforderungen an die verschiedenen Produkteigen-schaften, die Notwendigkeit und Bedeutung vorhandener oder fehlender Produkteigen-schaften sowie die damit verbundene Kundezufriedenheiten betroffen. Daher werden ä-quivalent zur prospektiven Feedbackakquisition die Anforderungen und die Zufriedenheit aus der Produktnutzung erfasst, um eventuelle Abweichungen von den prospektiven Feed-backinformationen identifizieren zu können.

Identifikation von Problemen: Während der Produktnutzung können sich Probleme bei der Anwendung des Produktes ergeben, die im Vorfeld, d. h. vor der Markteinführung, nicht

Page 152: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

134 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

vorhersehbar waren. Dies können z. B. funktionale Probleme, Schwächen in der Produkt-bedienbarkeit oder eindeutige, konstruktive Produktfehler sein. Anwendungsprobleme äu-ßern sich i. d. R. in Form von Beschwerden und Reklamationen, die in die retrospektive Betrachtung einbezogen werden.

Analyse des Produktnutzungsverhaltens: Kunden zeigen während der Nutzung eines Pro-duktes charakteristische Verhaltensweisen, die sich in der bevorzugten Anwendung von Produktkomponenten und -funktionen äußern. Hieraus lassen sich Rückschlüsse über Produkteigenschaftspräferenzen des Kunden, die Qualität verschiedener Produkteigen-schaften und die Effizienz sowie Effektivität der Produkttechnologien ziehen.

Durch die Gewinnung von Feedbackinformationen aus der Nutzungsphase werden Erkenntnis-se gewonnen, die zwar nicht mehr für das im Markt befindliche Produkt relevant sind, aber für die Entwicklung der nächsten Produktgeneration genutzt werden können. Hierdurch stellt sich auf der Seite des Produktentwicklers eine Art „Lerneffekt“ ein, da er einen Abgleich der virtu-ell entwickelten mit den real genutzten Produkteigenschaften erhält. Zur Umsetzung der oben beschriebenen Aufgaben verfolgt die retrospektive Feedbackakquisition eine dreiteilige Vor-gehensweise, die sowohl den Kunden als direkte, unternehmensexterne Feedbackquelle als auch unternehmensinterne Bereiche, die im Kundenkontakt stehen und indirekt Feedbackin-formationen liefern können, berücksichtigt:

1. Feedbackartikulation durch den Kunden (direkte, aktive Feedbackakquisition),

2. Automatisiertes Produktnutzungs-Monitoring (direkte, passive Feedbackakquisition)

3. Auswertung unternehmensinterner Feedbackquellen (indirekte Feedbackakquisition)

Durch diese drei Vorgehensweisen werden die Aufgaben der retrospektiven Feedbackakquisi-tion mit unterschiedlichem Schwerpunkt umgesetzt (vgl. Tabelle 5-6).

Aufgabenschwer- punkte

Vorgehensweise

Verifikation des prospektiven Feedbacks

Identifikation von Problemen

Analyse des Produktnut-

zungsverhaltens

Feedbackartikulation durch den Kunden

Automatisiertes Produkt-nutzungs-Monitoring

Unternehmensinterne Feedbackquellen

Legende: geeignet teilweise geeignet nicht geeignet

Tabelle 5-6: Abdeckung der retrospektiven Aufgabenschwerpunkte durch die dreiteilige Vor-gehensweise

Page 153: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 135

Retrospektive Feedbackartikulation durch den Kunden

Die direkte Artikulation von produktbezogenem Feedback durch den Kunden ist durch seine aktive Rolle charakterisiert. Schwerpunkt dieser Vorgehensweise ist die Verifikation des vor der Produktnutzung erfassten prospektiven Feedbacks. Aus der prospektiven Feedbackgewin-nung resultierte eine Produktkonfiguration, die in ihren Eigenschaften annähernd exakt den Anforderungen des Kunden zum Zeitpunkt der prospektiven Betrachtung entsprach. Durch die retrospektive Bewertung dieser Produkteigenschaften erfolgt nun deren Überprüfung auf Ak-tualität und Gültigkeit. Hierzu werden die Kunden bezüglich ihrer Erfahrungen mit dem realen Produkt befragt, um neue und veränderte Anforderungen zu identifizieren, Probleme bei der Produktnutzung zu analysieren und letztendlich die Zufriedenheit des Kunden mit dem realen Produkt zu messen.

Die aktive Feedbackartikulation eignet sich besonders zur Extraktion von explizitem Anwen-dungswissen des Kunden. Die Befragung des Kunden erfolgt daher – ähnlich wie bei der retro-spektiven Feedbackakquisition – auf der Basis des eigenschaftsbasierten Test- und Bewer-tungsmodells. Allerdings hat der Kunde hier nicht mehr die Möglichkeit, Produkteigenschaf-ten zu variieren (Testfunktionen). Die retrospektiven Funktionen konzentrieren sich auf die Formulierung neuer und veränderter Produktanforderungen, die Erläuterung von Anwen-dungsproblemen und die Beschreibung des Nutzungsverhaltens. Die Aufnahme dieser Feed-backinformationen erfolgt bezogen auf die Eigenschaften des Test- und Bewertungsmodells in Textform durch Textfelder und durch Angabe quantitativer Nutzungshäufigkeiten von Produkt-funktionen (z. B. 30 SMS pro Monat). Die Abfrage der Nutzungshäufigkeiten kann unter Zu-hilfenahme von Funktionsauswahlfeldern und vordefinierten Wertebereichen (z. B. 0-10, 11-20, etc.) erfolgen.

Zusätzlich werden die Zufriedenheiten des Kunden mit den einzelnen Produkteigenschaften abgefragt. Die dazu verwendeten spezifischen Funktionen der Produktbewertung bzw. Erfas-sung der Kundenzufriedenheit sind identisch mit den Bewertungsfunktionen der prospektiven Feedbackakquisition51. Dadurch ist eine direkte Vergleichbarkeit der prospektiv und retro-spektiv gemessenen Kundenzufriedenheit gegeben.

Automatisiertes Produktnutzungs-Monitoring

Das Monitoring des Kunden bei der Produktnutzung stellt eine spezielle Form der Kundenbe-obachtung dar und konzentriert sich auf die Gewinnung von Funktionsnutzungsinformationen, ohne dass der Kunde aktiv in den Feedbackprozess eingreifen muss (passive Kundenrolle). Die Auswertung des Produktnutzungsverhaltens des Kunden liefert wertvolle Informationen, die im Vorfeld der Produktentwicklung nicht bekannt sind. Sie eignet sich besonders zur Er-fassung von implizit vorhandenen Kundeninformationen sowie zur Identifikation von latent vorhandenen Bedürfnissen des Kunden, die er nicht explizit formuliert oder die ihm nicht be-wusst sind. Zudem kann diese Möglichkeit der Feedbackgewinnung genutzt werden, wenn die 51 Siehe Kapitel 5.4.4: Funktionen zur Bewertung von Produkteigenschaften

Page 154: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

136 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

kommunikativen Möglichkeiten des Kunden begrenzt sind oder die Kundenbereitschaft zur Nutzung des Kommunikationsmediums Internet fehlt.

Die Erfassung der Nutzungsinformationen erfolgt durch im Produkt eingebettete Funktionen („Embedded Feedback-Functions“), welche die Anwendung verschiedener Produktfunktionen stetig überwacht und analysiert. Voraussetzung ist die Existenz von Softwarekomponenten und/oder Sensoren im Produkt, welche die Funktionsüberwachung und Speicherung der Nut-zungsinformationen realisieren. Die Analyse bezieht sich auf folgende Nutzungsindikatoren:

Häufigkeit der Funktionsnutzung bezogen auf einen definierten Zeitraum (z. B. Anzahl der Verwendung der Handy-Kamera pro Monat),

Intensität der Funktionsanwendung (z. B. Länge einer geschriebenen SMS),

Dauer der Funktionsnutzung (z. B. Dauer von Telefongesprächen).

Die Übermittlung der Nutzungsinformationen an das Unternehmen erfolgt automatisiert in einem fest definierten Zyklus entweder über das Internet und/oder über bestehende Funkver-bindungen. Als weitere Informationsquelle können dritte Service-Anbieter (z. B. SMS-/MMS-Provider) dienen, die Nutzungsinformationen ihrer Kunden speichern und an das produzieren-de Unternehmen übertragen (vgl. Abbildung 5-20).

Abbildung 5-20: Möglichkeiten des automatisierten Produktnutzungsfeedbacks am Beispiel des Mobiltelefons

Die Nutzung der fortschreitenden RFID52-Technologie wäre grundsätzlich möglich, würde aber aufgrund der zu geringen Übertragungsweiten sekundäre Übertragungsgeräte beim Kun-den erfordern, die Nutzungsinformationen über RFID erfassen und diese im Anschluss über

52 RFID (Radio Frequency Identification): Methode, um Daten auf einem Transponder berührungslos und ohne

Sichtkontakt lesen und speichern zu können.

Page 155: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 137

das Internet oder über weitere Funkverbindungen an das Unternehmen liefern. Im Konsumgü-terbereich stellt dies einen erheblichen, ineffizienten Mehraufwand und wird daher von der automatisierten Feedbackgewinnung ausgeschlossen.

Das Produktnutzungs-Monitoring bedarf zwingend einer Einwilligung des Kunden, da sonst datenschutzrechtliche Aspekte verletzt würden. Hierzu ist eine schriftliche Einverständniser-klärung des Kunden notwendig, in der genau festgehalten wird, in welchem Zeitraum und zu welchen Produktfunktionen eine automatisierte Feedbackübertragung erfolgt. Die ESOMAR-Gruppe53 hat bereits Standards zum Schutz von Kundeninformationen entwickelt (u. a. für Kundenbeobachtungen), die hier genutzt werden können. Da evtl. nicht genügend Kunden bereit sind, sich einer automatisierten Beobachtung zu unterziehen oder Produkte technisch nicht für eine automatisierte Feedbackübermittlung geeignet sind, sollte diese Feedbackfunkti-on als optional betrachtet werden.

Auswertung unternehmensinterner Feedbackquellen

Als dritte retrospektive Feedbackquelle werden unternehmensinterne Bereiche genutzt, die im Kontakt zu den Kunden stehen, um Beschwerden und Reklamationen zu erfassen und zu ana-lysieren. Zu diesen Bereichen zählen der unternehmenseigene Vertrieb und Service bzw. Af-tersales-Bereiche. Die Auswertung von Beschwerden lässt explizite Rückschlüsse auf die Zu-friedenheit des Kunden mit dem Gesamtprodukt oder spezifischen Produkteigenschaften zu. Weiterhin können aus Beschwerden Produktverbesserungspotentiale abgleitet und für zukünf-tige Produktentwicklungen genutzt werden. Aus Herstellersicht sind Beschwerden des Kunden umso wertvoller, je früher sie lokalisiert werden und in die Anpassung und Optimierung von Produkten einfließen können. Hierzu ist es notwendig, die Beschwerdeerfassung in die pro-duktentwicklungsinternen Feedbackgewinnungsprozesse einzubeziehen und einen konsisten-ten Informationsfluss von den relevanten Unternehmensbereichen in die Produktentwicklung sicherzustellen. Dabei soll diese Feedbackfunktionalität nicht das Beschwerdemanagement des Unternehmens ersetzen, sondern lediglich die zielgerichtete Rückführung von Beschwerdein-formationen in die Produktentwicklung gewährleisten.

Dazu sind grundlegend zwei alternative Vorgehensweisen möglich:

1. Anbindung von CRM-Systemen über Schnittstellen: Zur Erfassung und Verwaltung von Beschwerden werden in den kundennahen Unternehmensbereichen vorrangig CRM-Systeme54 eingesetzt. Diese Systeme bieten eine konsistente, aktuelle Datenbasis (operati-ves CRM), die für die Feedbackgewinnung genutzt werden kann. Der Zugriff auf die Be-schwerdedaten erfolgt über eine direkte Schnittstelle zwischen dem CRM-seitigen Con-tent Managementsystem und der Feedbackdatenbasis.

53 ESOMAR (European Society for Opinion and Marketing Research) ist ein 1948 gegründeter Zusammen-

schluss von heute 4000 internationalen Partnern, die sich auf die Entwicklung von Vorgehensmodellen und Standards für die Marktforschung spezialisiert haben [ESOM2006].

54 Siehe auch Kapitel 4.4.1: Customer Relationship Management (CRM)

Page 156: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

138 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

2. Manuelle Eingabe von Beschwerden über das Test- und Bewertungsmodell: Sollte kein CRM-System verfügbar oder die Schnittstellen-Implementierung nicht möglich sein, muss die Beschwerdeerfassung manuell durch den entsprechenden Servicemitarbeiter erfolgen. Hierzu werden die Eingabefunktionen des Test- und Bewertungsmodells genutzt (siehe „Retrospektive Feedbackartikulation durch den Kunden“), wodurch der Servicemitarbei-ter die Beschwerden eins zu eins hinterlegen kann.

Die erste Alternative ist aufgrund ihrer Automatisierbarkeit und Effizienz in jedem Fall zu bevorzugen. Zudem kann durch die analytische CRM-Funktionen (OLAP, Data Mining) be-reits eine Aufbereitung und Zuweisung der Beschwerden zu den entsprechenden Eigenschafts-feldern erfolgen.

5.4.4 Funktionen zur Bewertung von Produkteigenschaften

Neben den bereits erläuterten Funktionen zur Akquisition von Kundenanforderungen, Pro-dukteigenschaftspräferenzen, Nutzungsinformationen und Beschwerden werden dem Kunden Bewertungsfunktionen zur Verfügung gestellt, durch die er seine Zufriedenheit mit dem Ge-samtprodukt und den Produkteigenschaften äußern kann. Ziel dieser Funktionen ist die Mes-sung der Kundenzufriedenheit vor der Markteinführung des Produktes („virtuelle Kundenzu-friedenheit“) und während der Produktnutzung („reale Kundenzufriedenheit“). Dementspre-chend werden die Bewertungsfunktionen mit folgenden Feedbackfunktionen kombiniert:

Testfunktionen der prospektiven Feedbackgewinnung,

Funktionen zur Feedbackartikulation durch den Kunden für die retrospektive Feedback-gewinnung.

Die Funktionen zur Bewertung von Produkteigenschaften sind mit dem eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodell verknüpft. Die zu bewertenden Produkteigenschaften entspre-chen damit exakt den Eigenschaften dieses Modells. Die retrospektive Bewertung des realen Produkts erfolgt daher – äquivalent zur prospektiven Bewertung – anhand des Test- und Be-wertungsmodells. Durch die Produktbewertung sollen sowohl objektive Zufriedenheitskrite-rien als auch subjektive Kriterien, die sich auf der Kundenseite in einer emotionalen Beurtei-lung des Produktes äußern, identifiziert werden.

Bewertungsfunktionen auf verschiedenen Abstraktionsebenen

Die Bewertung des virtuellen Test- und Bewertungsmodells sowie des realen Produktes erfolgt auf Gesamtprodukt-, Eigenschaftsfeld- und Eigenschaftsebene sowie auf der Ebene der Eigen-schaftsausprägung (vgl. Tabelle 5-7). Jede dieser Ebenen ist durch ein spezifisches Abstrakti-onsniveau der Bewertung gekennzeichnet, da mit jeder Stufe ausgehend vom Gesamtprodukt bis zum Eigenschaftsmerkmal die Produktcharakteristika konkretisiert werden.

Page 157: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 139

Bewertungsebene Bewertungsfunktion

Ebene Beispiel Funktion Beispiel

Abstraktions-grad

Gesamtprodukt Mobiltelefon Freie Formulierung

Eigenschaftsfeld Bedienung Numerisches Sco-

ring

Eigenschaft Menüführung Minimum/Maximum-Scoring

Eigenschaftsaus-prägung

Notwendige Interak-tionsschritte

Qualitätseinstufung

Tabelle 5-7: Funktionen zur Produktbewertung auf verschiedenen Abstraktionsebenen und exemplarische Ausführungen der Funktionen für ein Mobiltelefon

Dem Kunden werden für jede Ebene spezifische Bewertungsfunktionen zur Verfügung ge-stellt:

Gesamtproduktebene: Diese Ebene ist durch einen hohen Abstraktionsgrad der Bewertung gekennzeichnet. Die Bewertung erfolgt nicht bezogen auf spezielle Charakteristika des Produktes, sondern adressiert den Gesamtnutzen und das emotionale Erlebnis, die der Kunde mit dem Produkt verbindet. In dieser Bewertung spiegelt sich die subjektive Wir-kung des Produktes auf den Kunden wieder. Aufgrund des hohen Abstraktionsniveaus bietet sich als Bewertungsfunktion die freie Artikulation von positiven und negativen Ein-drücken und Erlebnissen an. Diese Formulierung kann durch Eingabe in einem Textfeld erfolgen. Im Hinblick auf die retrospektive Bewertung kann der Kunde subjektive Emp-findungen und Nutzenindikatoren angeben, die sich in der Produktnutzung ergeben haben.

Eigenschaftsfeldebene: Die Eigenschaftsfelder klassifizieren die kundenorientierten Ei-genschaften des Produktes. Sie beschreiben damit grundlegende Produktcharakteristika, die als übergeordnete Elementareigenschaften verstanden werden können. Der Abstrakti-onsgrad dieser Ebene ist nicht ausreichend, um konkrete qualitative Bewertungsinforma-tionen zu gewinnen. Er ist jedoch für eine grobe Zuweisung von definierten Beurtei-lungswerten ausreichend (numerisches Scoring). Das numerische Scoring basiert auf der Vergabe von Noten (z. B. 1 bis 6), die der Kunde aus einer vorgegebenen Skala wählen kann. Die Bedeutung jedes Wertes der Skala muss dabei eindeutig beschrieben werden, um Fehlinterpretation durch den Kunden auszuschließen (z. B. 1 „sehr gut“, 6 „un-genügend“).

Eigenschaftsebene: Der Abstraktionsgrad der Eigenschaftsebene erlaubt eine nutzen- und anwendungsorientierte Bewertung spezifischer Produkteigenschaften. Somit ist eine kon-kretere Bewertung als auf Eigenschaftsfeldebene möglich. Da jede Produkteigenschaft

Page 158: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

140 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

durch entsprechende Charakteristika beschrieben wird, basiert die Bewertung der Eigen-schaften auf der Auswahl einer positiv oder negativ behafteten Eigenschaftscharakteristik durch den Kunden. Dazu werden auf einer Skala wertende Eigenschaftsbeschreibungen vorgegeben und diese mit positiven und negativen Extremwert versehen (z. B. „einfach“ bis „komplex“), welche die Skala begrenzen (Minimum/Maximum-Scoring). Im Gegen-satz zum numerischen Scoring zeichnet sich diese Bewertungsfunktion durch eine höhere Aussagefähigkeit aus. Die Bewertung der Eigenschaft „Größe“ beispielsweise durch den numerischen Score „5 – mangelhaft“ wäre unverständlich, da sie die Beurteilungsursache (zu klein oder zu groß) unberücksichtigt ließe.

Ebene der Eigenschaftsausprägung: Aus der Anwendung der prospektiven Testfunktio-nen resultieren spezifische Ausprägungen jeder Produkteigenschaft, die sich schließlich im realen Produkt widerspiegeln. Diese Ausprägungen lassen auf einem niedrigen Abs-traktionsgrad eine qualitative Bewertung zu. Basierend auf einer Auswahl klassifizieren-der Qualitätsurteile kann der Kunde eine Qualitätseinstufung des Eigenschaftsmerkmals vornehmen.

Die Funktionen der unterschiedlichen Ebenen sollten immer in Kombination angeboten wer-den. Eine ausschließliche abstrakte Bewertung durch freie Formulierung würde zwar kunden-individuelle Produkteinschätzungen liefern, aber einen erheblichen Auswertungsaufwand nach sich ziehen. Abstrakte Bewertungen auf Gesamtproduktebene sind daher als Ergänzung zu den quantitativ und qualitativ einfacher zu verwertenden Bewertungen der übrigen Ebenen zu se-hen. Durch den geringen Abstraktionsgrad liefern die Bewertungen von Eigenschaften und deren Ausprägungen neben den Kundenzufriedenheiten auch Hinweise auf konkrete Produkt-verbesserungspotentiale.

Gewichtung der Bewertung

Kunden messen den Eigenschaften eines Produktes bedingt durch individuelle Bedürfnisse unterschiedliche Bedeutung zu. So legt ein Kunde z. B. mehr Wert auf das Design eines Pro-duktes, während ein anderer die Funktionen in den Mittelpunkt seiner Kaufentscheidung stellt. Um die Produkteigenschaften und ihre Bewertung entsprechend ihrem Beitrag zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse und der Marktbedeutung priorisieren zu können, werden die Bewer-tungen des Kunden mit einer Gewichtung versehen. Die Bewertungsgewichtung bezieht sich ausschließlich auf die Ebene der Produkteigenschaften. Eine Bewertungsgewichtung auf Ge-samtproduktebene wäre nicht zielführend, da eine eindeutige Differenzierung von Bewer-tungsaspekten hier nicht möglich ist. Weiterhin bleibt die Gewichtung von Bewertungen der Eigenschaftsausprägungen unberücksichtigt, da diese bereits durch die Gewichtung der Eigen-schaftsbewertung impliziert wird. Eine Gewichtung der Eigenschaftsfelder ist nicht notwen-dig, da sich diese aus den untergeordneten Gewichtungen der Eigenschaften ergibt.

Page 159: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 141

Die Gewichtung der Eigenschaften erfolgt unter Anwendung der Kano-Methode55. Die Kun-den nehmen die Gewichtung nicht direkt, sondern indirekt durch die Beantwortung einer funk-tionalen und dysfunktionalen Frage vor. Diese Fragen beschreiben entweder das Vorhanden-sein oder die positive Extremausprägung einer Eigenschaft (funktional), bzw. das Fehlen oder die negative Extremausprägung (dysfunktional).

Durch diese Vorgehensweise können folgende Zufriedenheitsfaktoren identifiziert werden:

Basisfaktoren, die der Kunde als implizit voraussetzt,

Leistungsfaktoren, welche die Kundenzufriedenheit proportional beeinflussen und

Begeisterungsfaktoren, die zu einer überproportionalen Zufriedenheitssteigerung führen.

Neben der Erkenntnis, welche Produkteigenschaften die Kundenzufriedenheit mehr oder min-der beeinflussen, liefert die Kano-Methode zusätzlich Informationen, anhand derer die Kun-denanforderungen an Produkteigenschaften klassifiziert werden können (Muss-, Kann- und Soll-Anforderungen).

5.4.5 Multimedialer Feedback-Assistent

Für die Bereitstellung der Produktinformationen in Form des Test- und Bewertungsmodells sowie für die Akquisition der prospektiven und retrospektiven Feedbackinformationen wird ein multimedialer Feedbackassistent verwendet, der auf der Nutzung der Internettechnologie aufbaut. Das Internet gewährleistet einen einheitlichen Kommunikationskanal mit geringer Hemmschwelle und kommt der Forderung einer Feedbackgewinnung in Echtzeit nach. Die so gewonnenen Feedbackinformationen versprechen daher eine hohe Aktualität.

Architektur des multimedialen Feedback-Assistenten

Die Architektur des multimedialen Feedbackassistenten baut auf der Client-Server-Technologie auf, die sich zur internetbasierten Kommunikation bereits etabliert hat. Die Ar-chitektur des Assistenten gliedert sich daher in einen Assistenz-Server, -Client und ein Data Warehouse56 (vgl. Abbildung 5-21).

Assistenz-Server und Data Warehouse bilden die unternehmensinternen Komponenten des Assistenten, während der Assistenz-Client den kundenseitigen Assistenzdienst darstellt. Das Internet stellt die Kommunikationsschnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden dar. Die Multimedialität des Assistenten resultiert aus der Notwendigkeit, das Produkt und seine Ei-genschaften dem Kunden verständlich und anschaulich vermitteln zu müssen. Durch die Ver-wendung multimedialer Komponenten im Assistenz-Client (User-Front-End) soll der Kunde 55 Siehe Kapitel 4.2.4: Kano-Methode 56 Ein Data Warehouse stellt ein (auf speziell formatierter Datenbanken basierendes) Konzept zur Integration

von Daten aus verteilten und unterschiedlich strukturierten Datenbeständen und Informationsquellen dar, um eine globale Sicht auf die Quelldaten und damit übergreifende Auswertungen zu ermöglichen.

Page 160: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

142 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

das Test- und Bewertungsmodell intuitiv nutzen können. Die Anwendung ist dadurch für den Kunden ohne erheblichen Mehraufwand nutzbar und unter unterschiedlichen, kulturellen As-pekten (z. B. multilingual) einsetzbar.

Abbildung 5-21: Konzeptionelle Architektur des multimedialen Feedback-Assistenten

Assistenz-Server

Der Assistenz-Server stellt die zentrale, unternehmensinterne Einheit des Feedbackassistenten dar und dient sowohl der Verwaltung der Produktinformationen für den Kunden als auch der Feedbackinformationen von den Kunden. Folgende Applikationen bilden den Aufgaben-schwerpunkt des Assistenz-Servers:

Front-End-Erzeugung: Zur Darstellung des Test- und Bewertungsmodells sowie zur Ab-bildung der Feedbackfunktionen erzeugt der Assistenz-Server eine kundenspezifische Be-nutzungsoberfläche, die dem Kunden als Feedback-Front-End präsentiert wird. Je nach Feedbackkontext und Visualisierung einer Produkteigenschaft erfolgt der Zugriff auf das Data Warehouse und die integrierte Darstellung der dazu notwendigen, entsprechenden Produktdaten.

Funktionsdienst: Dieser Dienst dient der Umsetzung der Feedbackfunktionen. Er weist den unterschiedlichen Lösungsraumbereichen und Bewertungsebenen die entsprechenden Feedbackfunktionen zu und übergibt dies an die Applikation zur Front-End-Erzeugung.

Feedback-Kollektor: Er gewährleistet die konsistente Feedbackaufnahme und Speiche-

Page 161: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.4 Akquisition von Kundenfeedback-Informationen 143

rung in der Feedbackdatenbank des Data Warehouse. Der Kollektor sammelt die ungefil-terten Feedbackinformationen ohne diese weitergehend zu analysieren.

Daten-Integration: Die Integration von Daten bezieht sich zum einen auf die prospektive Phase der Feedbackgewinnung. Hier werden die vom Produktentwickler identifizierten Produktdaten aus dem PDM-System in den Feedbackassistenten integriert und redundant gespeichert. Zum anderen erfolgt im Zuge der retrospektiven Betrachtung die Übernahme von Beschwerdeinformationen aus den unternehmensinternen CRM-Systemen.

Assistenzdaten-Management: Die Speicherung, Pflege und Bereitstellung aller relevanten Daten des Assistenten ist Aufgabe des Assistenzdaten-Managements.

Assistenz Data Warehouse

In den Data Warehouse-Datenbanken des multimedialen Feedback-Assistenten sind die Pro-duktdaten, die Kundenprofile der ausgewählten Feedbackkunden, das Regelwerk für die pro-spektiven Testfunktionen und die gesammelten prospektiven sowie retrospektiven Feedback-daten abgelegt. Der Zugriff auf diese Daten sowie die zugehörigen Zugriffsrechte werden durch das oben beschriebene Assistenzdaten-Management kontrolliert. Durch die redundante Ablage der Produktdaten in einer von dem PDM-System getrennten Datenbasis wird die Da-tensicherheit des Unternehmens gewährleistet. Ein unkontrollierter, direkter Zugriff auf die Datenbasis der Produktentwicklung wird somit vermieden. Die Auswahl der relevanten Pro-duktdaten durch den Produktentwickler stellt zudem sicher, dass keine sensiblen Daten aus der Produktentwicklung z. B. durch Konkurrenzunternehmen genutzt werden können.

Das Regelwerk für die prospektiven Testfunktionen (insbesondere für die Konfiguration) kann sich prinzipiell auf die Ebene der Produkteigenschaften oder auf die Ebene der technisch ori-entierten Produktstrukturen und -attribute beziehen. Im ersten Fall müssen die Konfigurations-regeln auf die technischen Verträglichkeiten innerhalb der Produktstruktur abgebildet werden. Im zweiten Fall sind die Plausibilitäten innerhalb der Produktstruktur in Korrelation zu den entsprechenden kundenorientierten Produkteigenschaften zu setzen. Für die Abbildung der Zusammenhänge zwischen Produktstruktur- und eigenschaftsbezogenen Plausibilitäten kön-nen die bereits erläuterten Ontologien genutzt werden, müssen aber durch die spezifischen Plausibilitätsrelationen ergänzt werden. Die Abbildung des Regelwerks und das Mapping zwi-schen der technischen eigenschaftsbezogenen Sichtweise erfolgt durch eine Konfigurations- und Verträglichkeitsmatrix (K- & V-Matrix)57. Die Entscheidung, auf welcher der beiden Ebe-nen die Verträglichkeiten geprüft oder ob beide Ebenen einer Verträglichkeitsprüfung unter-zogen werden, sollte in Abhängigkeit von dem resultierenden Implementierungsaufwand ge-troffen werden.

57 Auf eine ausführlichere Beschreibung des Konfigurationsregelwerks und der K- & V-Matrix wird an dieser

Stelle verzichtet. Sie basieren auf den zur Verfügung stehen Methoden und IT-Werkzeugen für Konfigurato-ren. Detaillierte Informationen können dem Stand der Technik (siehe Kapitel 4.4.3) und der Literatur ent-nommen werden [BONG2002] [PULS2002].

Page 162: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

144 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Die gesammelten Feedbackdaten im Data Warehouse stellen die Grundlage für die weiterfüh-rende Feedbackintegration dar. Sie werden nach erfolgreicher Feedbackakquisition an die Funktionen zur Analyse, Aufbereitung und Bereitstellung der Feedbackinformationen für die Produktentwickler übergeben58.

Assistenz-Client

Der Assistenz-Client bildet die kundenseitige Anwendung des multimedialen Feedback-Assistenten (Feedback-Client). Er dient der Visualisierung des erzeugten eigenschaftsbezoge-nem Test- und Bewertungsmodells sowie der Bereitstellung der prospektiven und retrospekti-ven Feedbackfunktionen (vgl. Abbildung 5-21). Im Rahmen der prospektiven Feedbackge-winnung wird auf der Basis der aus dem PDM-System integrierten Produktmodelle und der definierten Produkteigenschaften das Test- und Bewertungsmodell simuliert. Die Simulation soll der Veranschaulichung der unterschiedlichen Produkteigenschaften und des Produktan-wendungsverhaltens dienen. Hierzu können u. a. Funktionen, Bewegungsabläufe, Bedienungs-elemente, Leistungsstufen oder auch haptische Produkteigenschaften simuliert werden.

Das simulierte Test- und Bewertungsmodell fungiert somit als virtueller Prototyp. Das Kon-zept des Feedback-Assistenten berücksichtigt dabei zwei alternative Formen des virtuellen Prototyps:

1. Digitaler Prototyp: Das Test- und Bewertungsmodell wird in rein digitaler Form zur Ver-fügung gestellt. Der Zugriff auf das Modell bzw. die Darstellung und Simulation sowie die Abbildung der Feedbackfunktionen erfolgt in Form einer Webseite, auf die der Kunde über einen Browser zugreift.

2. Hybrider Prototyp: Dieser Prototyp stellt eine Mischung aus physikalischem Produkt und digitalem Prototypen dar. Er eignet sich insbesondere, wenn nicht das gesamte Produkt, sondern nur ausgewählte Produktkomponenten einem Kundenfeedback unterzogen wer-den sollen. Z. B. könnte die Softwarekomponente eines Mobiltelefons als digitaler Proto-typ in einem realen, physischen Mobiltelefon integriert werden.

Die beiden Alternativen können auch kombiniert werden. So könnten beispielsweise prospek-tive Feedbackinformationen auf der Grundlage des digitalen Prototypen gewonnen und retro-spektive Feedbackinformationen durch einen hybriden Prototyp ermittelt werden, wobei hier weniger die Funktionalität des Prototypen als die Bewertungsfunktionalität im Vordergrund steht. Die vom Kunden eingegebenen Feedbackinformationen (Produktpräferenzen, Anforde-rungen, Beschwerden, Bewertungen) werden an den Assistenz-Server übermittelt und im An-schluss gespeichert.

58 Siehe Kapitel 5.5: Feedbackanalyse und -aufbereitung und Kapitel 5.6: Produktentwicklungsinternes Mana-

gement des Feedbacks

Page 163: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 145

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung

Die im Data Warehouse gesammelten Feedbackdaten bilden die Grundlage für die Verbesse-rung und Optimierung des Produktes. Der Produktentwickler steht dabei vor dem Problem, dass den eigenschaftsorientierten Feedbackinformationen der direkte Bezug zum Produktent-wicklungskontext fehlt. Die „Sprache des Kunden“ stellt bei der Verwertung des Feedbacks durch den Produktentwickler eine Barriere dar. Da dem Produktentwickler bisher keine analy-tischen Verfahren zur Anwendung des Feedbacks auf das zu entwickelnde Produkt bekannt sind, müsste er diese Barriere durch eigens initiierte, neue Lösungen auf der Basis rein indivi-dueller Problemlösungsfähigkeiten (Heurismus) umgehen (vgl. Abbildung 5-22).

Abbildung 5-22: Transformation von Problemen in Aufgaben durch die Analyse und Aufbe-reitung des Kundenfeedbacks (angelehnt an [JANI2004], [DÖRN1987])

Um die Feedbackinformationen der Produktentwicklung zugänglich zu machen, wird in die-sem Kapitel daher eine Kombination von Operatoren zur Analyse und Aufbereitung der Feed-backinformationen vorgestellt, die eine systematische Anwendung des Feedbacks in der Pro-duktentwicklung ermöglichen. Diese Operatoren beinhalten:

die Operationalisierung der gewonnenen Feedbackinformationen,

die semantische Abbildung des Feedbacks auf technische Produktanforderungen und -strukturen,

die Bestimmung hierarchischer Kundenzufriedenheits-Indizes.

Durch die Analyse und Aufbereitung der Feedbackinformationen wird die Problematik der Feedbackverwendung in eine definierte Aufgabe überführt, die der Produktentwickler entspre-chend der vorgegebenen Systematik bearbeiten kann. Zudem können diese Aufgaben im Ge-gensatz zu Problemen durch Algorithmen informationstechnisch unterstützt werden.

Page 164: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

146 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.5.1 Operationalisierung der Feedbackinformationen

Die gewonnenen Feedbackinformationen unterliegen aufgrund der unterschiedlichen Feed-backfunktionen und Akquisitionszeitpunkte (prospektiv und retrospektiv) einer gewissen He-terogenität. Auch wenn durch die Definition von Produkteigenschaften und Eigenschaftsfel-dern die Feedbackgewinnung bereits kanalisiert wird, kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle erhaltenen Informationen ein einheitliches Qualitätsniveau besitzen. Sie zeichnen sich zudem durch einen unterschiedlichen Granularitätsgrad und durch eine uneinheitliche Quantifizierbarkeit der Daten aus. Ähnliche oder gleiche Feedbackinformationen sind redun-dant und nicht klassifiziert vorhanden. Um die zielgerichtete Anwendung des Feedbacks für Produktverbesserungen oder Neuentwicklungen zu gewährleisten, werden die Feedbackinfor-mationen daher einer Operationalisierung59 unterzogen. Ziel der Operationalisierung ist die Bildung von Feedback-Indikatoren, die Systematisierung und Vereinheitlichung der Feed-backdaten sowie deren Formalisierung (vgl. Abbildung 5-23). Das Ergebnis der Operationali-sierung ist eine formale, gewichtete Indikatorstruktur des Feedbacks.

Abbildung 5-23: Operationalisierung der Feedbackdaten

Zur Bildung der Indikatoren wird das gewonnene Feedback zunächst auf Funktionsebene her-unter gebrochen. Aus den drei Funktionen der prospektiven und retrospektiven Feedbackge-winnung resultieren spezifische Feedbackergebnisse, die zu den in Abbildung 5-23 dargestell-ten Indikatoren zusammengefasst werden. Da sich diese Indikatoren in ihrer Formatausprä-gung unterscheiden (z. B. Freitext, numerischer Werte etc.) und gleichzeitig Überschneidun-gen hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Produktentwickler aufweisen, werden sie in eine

59 Unter Operationalisierung wird allgemein die Schaffung von Vorraussetzungen zur Gewährleistung der

Messbarkeit von Sachverhalten anhand von Indikatoren verstanden. Die Operationalisierung beschreibt die Vorgehensweise zur Messung, Skalierung und Indexbildung eines theoretischen Konstrukts.

Page 165: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 147

formale und eindeutige Indikatorstruktur überführt (formale Ebene). Die formale Ebene unter-scheidet Produktpräferenz, Zufriedenheit und Anforderungen der Kunden. Jeder Indikator wird formalisiert und einem bzw. mehreren übergeordneten, formalen Indikatoren zugeordnet, um ein einheitliches Quantifizierungsniveau zu erreichen. Dieser Transformationsprozess be-inhaltet vier Schritte:

1. Zunächst werden die Feedbackinformationen hinsichtlich ihrer Verwendungsmöglichkeit für die Produktentwicklung bewertet und gefiltert.

2. Der zweite Schritt beinhaltet die Klassifizierung der unstrukturierten Feedbackdaten an-hand der Produkteigenschaften, formalen Indikatoren und des Akquisitionszeitpunktes.

3. Im dritten Schritt erfolgt eine Verdichtung der Feedbackdaten durch die Analyse von Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten sowie die Formalisierung der Daten.

4. Im Anschluss werden die aufbereiteten Feedbackdaten gewichtet und in eine formalisier-te, gewichtete Indikatorstruktur überführt.

Bewertung und Filterung der Feedbackinformationen

Die Bewertung und Filterung des Feedbacks verfolgt die Eliminierung ungeeigneter Feed-backinformationen, die zu einer Verfälschung oder Verzerrung des Feedbacks führen würden. Der Ausschluss von Feedbackinformationen erfolgt anhand folgender Bewertungskriterien:

Relevanz: Feedbackinformationen müssen für die Verwendung in der Produktentwicklung eine ausreichende Relevanz besitzen. Hierzu sind primär die Feedbackinformationen zu untersuchen, die durch freie Artikulation des Kunden erfasst wurden (z. B. Formulierung von Anforderungen). Sind diese Informationen für die Produktentwicklung nicht von Be-deutung (z. B. Äußerungen, die sich nicht auf das Produkt beziehen), werden sie von der weiteren Verwendung ausgeschlossen.

Plausibilitäten: Die Analyse von Plausibilitäten ist notwendig, um eventuelle Widersprü-che innerhalb der Feedbackinformationen zu identifizieren. Z. B. könnte die negative Be-wertung einer durch den Kunden gewählten Produktkonfiguration hinfällig sein, wenn ei-ne andere mögliche Konfiguration den Anforderungen des Kunden entsprechen würde.

Eindeutigkeit: Die Feedbackinformationen müssen einem Feedbackkontext (Test, Bewer-tung, etc.) eindeutig zuzuordnen sein. Mehrdeutige Informationen (z. B. gleichzeitige po-sitive und negative Bewertung) können nicht eindeutig interpretiert werden und sind daher von der weiteren Verwendung auszuschließen.

Statistische Aussagefähigkeit: Um eine Verzerrung der statistischen Feedbackauswertung zu vermeiden, werden extreme Informationen (z. B. extrem positive oder negative Bewer-tung), die nicht in das durchschnittliche Allgemeinbild des Feedbacks passen, ausge-schlossen. Hierbei ist jedoch die Ursache für die Extremausprägung zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu analysieren.

Vollständigkeit: Die auf einen Kunden bezogenen Feedbackinformationen müssen einer

Page 166: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

148 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

definierten Vollständigkeit unterliegen. Unvollständige Informationen können dazu füh-ren, dass die Aussagefähigkeit des Feedbacks nicht gegeben oder deren Bedeutung unklar ist.

Klassifizierung der Feedbackdaten

Je nach Umfang der Feedbackgewinnung bzw. nach Anzahl der befragten Kunden resultiert eine große Menge an unstrukturierten Feedbackdaten im Data Warehouse. Um den Weiterver-arbeitungsaufwand zu reduzieren, werden die Feedbackdaten zunächst in vordefinierten Feed-backklassen zusammengefasst. Als Grundlage für das Klassifizierungsmuster dienen hier die bereits im Rahmen der Feedbackakquisition definierten kundenorientierten Produkteigenschaf-ten, die formalen Indikatoren und der Akquisitionszeitpunkt (vgl. Abbildung 5-24). Das Klas-sifizierungsmuster enthält damit 18 Feedbackklassen, denen die unstrukturierten Daten ein-deutig zugeordnet werden.

Abbildung 5-24: Klassifizierung und Verdichtung/Formalisierung der Feedbackdaten

Innerhalb der gebildeten Feedbackklassen werden nun Daten gemeinsamer, gleicher oder ähn-licher Ausprägung zu Gruppen verdichtet und auf ein einheitliches Messniveau transformiert (Formalisierung). Auf diese Weise entsteht für jede Feedbackklasse ein konsistenter, formaler Datensatz.

Verdichtung und Formalisierung der Feedbackdaten

Die gewählten Verfahren zur Verdichtung und Formalisierung der Feedbackdaten richten sich in erster Linie nach den Datenformaten der jeweiligen Indikatoren, die aus den entsprechenden Feedbackfunktionen resultieren. Die Datenformate lassen sich in numerische Werte (z. B.

Page 167: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 149

Häufigkeiten bei Nutzungsinformationen), definierte Strings (z. B. vordefinierte, textuell be-schriebene Qualitätsstufen) und Freitexte (z. B. freie Formulierung von Anforderungen oder Beschwerden) differenzieren. Die Feedbackdaten unterliegen daher einem unterschiedlichen Quantifizierungsgrad. Numerische Werte sind einfach und eindeutig zu quantifizieren, wäh-rend definierte Strings nur durch die statistische Häufigkeit ihrer Nennung messbar sind. Frei-texte sind nicht quantifizierbar. Je nach Datenformat, Quantifizierbarkeit und Zuordnung zum entsprechenden Indikator der formalen Ebene kommen Verfahren der Statistik, des Data Mi-nings und der Kundenzufriedenheitsmessung für die Verdichtung und Formalisierung zum Einsatz (vgl. Tabelle 5-8).

Indikatoren Daten-format Verdichtungsverfahren Formalisierungs-

verfahren

Skalierte Eigenschaften numerisch

Konfigurierte Eigenschaften def. String

Eigenschaftsauswahl def. String

Nutzungsinformationen numerisch

• Gruppenbildung (Clustering) • Arithmetische Mittel • Berechnung von relativen

Häufigkeiten

keine Formalisierung not-wendig

Numerische Scores numerisch

Qualitätseinstufung def. String

Min/Max-Scores def. String

• Arithmetische Mittel • Skalentransformation • Normierung

Gewichtung numerisch Kano-Methode

Frequenz-Relevanz-Analyse Skalentransformation Beschwerden Freitext

Eigenschaftsanforderungen Freitext

Freie Bewertung Freitext

Neue Anforderungen Freitext

• Text-Mining • Mustererkennung • Gruppenbildung (Clustering)

• Vereinheitlichung der syntaktischen Abbildung von Textkomponenten

• Indexierung / Verschlag-wortung

Tabelle 5-8: Verfahren zur Verdichtung und Formalisierung der Feedbackdaten

Skalierte Eigenschaften werden durch die vom Kunden gewählten Skalenwerte und somit durch eine numerische Eigenschaftsausprägung beschrieben. Die skalierten Eigenschaften werden zum einen zu Gruppen gleicher Skalenausprägungen zusammengefasst und ihre relati-ven Häufigkeiten im Gruppenvergleich berechnet. Zum anderen wird ein arithmetisches Mittel der Skalenwerte bestimmt, das dem Produktentwickler später als Orientierungsgröße für die Dimensionierung des technischen Produktmerkmals dient. Konfigurierte und durch den Kun-den ausgewählte Eigenschaften, die durch vordefinierte Strings beschrieben werden, sind ebenfalls auf der Grundlage ihrer relativen Häufigkeiten bezogen auf das Gesamtfeedback zu gruppieren. Nutzungsinformationen werden analog zu den skalierten Eigenschaften arithme-tisch gemittelt. Die genannten Indikatoren beschreiben die Produktpräferenz des Kunden. Da

Page 168: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

150 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

die verdichteten Daten numerisch eindeutig beschrieben sind, ist an dieser Stelle keine weiter-führende Formalisierung notwendig.

Die auf die Bewertungsfunktion bezogenen Indikatoren werden zur Bestimmung der Kunden-zufriedenheit herangezogen. Da die Bewertungsfunktionen auf verschiedenen Bewertungsska-len basieren, resultieren aus der Bewertung auch unterschiedliche Ergebniswerte, die nicht direkt zu aggregieren und nicht vergleichbar sind. Um eine einheitliche Bemessungsgrundlage zu schaffen, werden die Daten der Bewertungsskalen durch Skalentransformation und Nor-mierung auf ein gemeinsames Messniveau überführt. Dabei wird jedem kleinsten/negativsten Wert der Bewertungsskala der Wert „0“ und jedem größten/positivsten Skalenwert der Wert „1“ zugewiesen. Durch die folgende Funktion werden alle Werte der Feedback-Bewertungsskalen auf die normierte Skala abgebildet:

minmax

min)(xx

xxxT−

−=

Bewertungsskalen, die nicht auf numerischen Werten, sondern auf der textuellen Beschrei-bung von Skalenpunkten basieren (z. B. Minimum/Maximum-Scoring), müssen zuvor in Or-dinalskalen überführt werden, indem jedem textuellen Skalenpunkt oder Intervall ein numeri-scher Wert zugeordnet wird.

Die Auswertung der Gewichtungen erfolgt durch die Kano-Methode (vgl. Kapitel 4.2.4). Hie-zu werden die Antworten bzgl. der Gewichtung (Kano-Befragung) in eine Auswertungstabelle übertragen. Anhand einer Ergebnistabelle wird eine Klassifizierung der entsprechenden An-forderungen vorgenommen.

Die Verdichtung und Formalisierung der Beschwerden beinhaltet zweierlei Vorgehensweisen. Einerseits werden die Beschwerden anhand der Frequenz-Relevanz-Analyse (vgl. Kapitel 4.3.3) aufbereitet. Dabei werden identifizierte Problemklassen den betroffenen Produkteigen-schaften zugewiesen und für jede Problemklasse auf der Grundlage der Problemrelevanz und -frequenz der Problemindex berechnet und anschließend auf die normierte Skala transformiert. Andererseits werden die Beschwerden wie auch die Anforderungen und Bewertungen in Frei-textform durch ausgewählte Data Mining-Funktionen verdichtet. Da es sich bei diesen Feed-backdaten um unformatierte Daten (Freitext) handelt, werden zunächst durch Text-Mining60 explizit vorhandene Informationen sichtbar gemacht und Beziehungen sowie Wechselwirkun-gen zwischen Begrifflichkeiten analysiert. Weiterhin werden die Daten einer Mustererkennung unterzogen und schließlich ähnliche oder gleiche Daten zu Gruppen zusammengefasst (Cluste-

60 Text-Mining stellt eine erweiterte Form des Data Minings dar und beinhaltet sämtliche Methoden, mit denen

unbekannte Informationen, die implizit in unformatierten Datenbeständen vorhanden sind, extrahiert werden können. Die Methoden des Text-Minings umfassen Themen aus der Computer-Linguistik, Informationsex-traktion, des Data Minings und des maschinellen Lernens. Zu den Grundfunktionen zählen die Assoziations-analyse, Klassifikation, Clustering und Zeitreihenanalysen [VOGU2001].

T = transformierter, normierter Skalenwert x = Wert der Ursprungsskala xmin = Minimalwert der Ursprungsskala xmax = Maximalwert der Ursprungsskala

Page 169: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 151

ring). Hierbei kommen u. a. possibilistische Verfahren (Fuzzy-Cluster-Verfahren) zum Ein-satz, die eine Zuordnung von Feedbackdaten zu mehreren Gruppen ermöglichen. Dieses Ver-fahren kann zusätzlich dazu genutzt werden, um Feedbackdaten, die nicht eindeutig einer Pro-dukteigenschaft zugeordnet sind, in die Eigenschaftsklassifizierung einzuordnen. Um die An-forderungen, Beschwerden und freien Bewertungen annähernd zu formalisieren und so für den Produktentwickler verständlich zu machen, können die Daten mit Deskriptoren versehen (Verschlagwortung, Indexierung) und die Abbildung von syntaktischen Textkomponenten ver-einheitlicht werden.

Bildung der formalisierten, gewichteten Indikatorstruktur

Die verdichteten und formalisierten Feedbackdaten bilden die Grundlage zur Bildung der for-malisierten Indikatorstruktur. Wie in Abbildung 5-23 bereits verdeutlicht, sind die Feedback-daten einem oder mehreren der übergeordneten Indikatoren auf formaler Ebene zugeordnet:

Produktpräferenz: Sie beschreibt die vom Kunden bevorzugte Produktcharakteristik. Kon-figurierte und durch den Kunden ausgewählte Eigenschaften beschreiben dabei die Forde-rung nach dem Vorhandensein bzw. Ausschluss einer Produkteigenschaft. Qualitätseinstu-fungen und Nutzungsinformationen geben zusätzlich Aufschluss über geforderte Eigen-schaftsausprägungen. Hieraus ergibt sich eine weitere Detaillierung des Produktpräferenz-Indikators in Eigenschaftskonfiguration, -präferenz und -ausprägung (vgl. Abbildung 5-25).

Kundenzufriedenheit: Diese wird durch die numerischen Scores, Min/Max-Scores, Quali-tätseinstufungen und Beschwerden definiert. Zur Gewichtung der Kundenzufriedenheiten werden die formalisierten Skalenwerte und Beschwerde-Indizes der Frequenz-Relevanz-Analyse auf der Basis der Kano-Auswertung klassifiziert. Dabei wird analysiert, ob es sich bei der bewerteten Produkteigenschaft um einen Basis-, Leistungs- oder Begeiste-rungsfaktor handelt. Innerhalb jeder dieser Klassen werden nun die formalisierten Ska-lenwerte und Beschwerde-Indizes durch arithmetische Mittelung zusammengefasst.

Kundenanforderungen: Sie werden durch die aufbereiteten Daten der Eigenschaftsanfor-derungen (prospektiv und retrospektiv), der freien Bewertung und der Beschwerden de-terminiert. Anhand der Kano-Gewichtung werden die Anforderungen in Muss-, Kann- und Soll-Anforderungen differenziert.

Abbildung 5-25 zeigt den strukturellen Indikatoraufbau des formalisierten Feedbacks. Pro-duktpräferenz und Kundenzufriedenheit stellen die „harten“ Bedürfnisfaktoren des Kunden dar, während die Kundenanforderungen überwiegend die „weichen“ Faktoren beschreiben. Die Gewichtung der Kundenzufriedenheit und -anforderungen ermöglicht dem Produktent-wickler eine Priorisierung der daraus resultierenden Produktverbesserungs- und Produktopti-mierungsmaßnahmen. Entsprechend der prospektiven und retrospektiven Feedbackakquisiti-onszeitpunkte existieren für jede Produkteigenschaft zwei formalisierte Feedbackdatensätze, die der gleichen Indikatorstruktur zugrunde liegen. Durch die einheitliche, formale Indikator-

Page 170: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

152 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

struktur sind das prospektive und retrospektive Feedback damit direkt vergleichbar. Zudem bietet sie den Vorteil, dass die Operationen im weiteren Verlauf der Feedbackaufbereitung gleichermaßen auf alle Feedbackinformationen angewandt werden können.

Abbildung 5-25: Hierarchische, gewichtete Indikatorstruktur des formalen Feedbacks

An dieser Stelle sei angemerkt, dass das klassifizierte, formale Feedback noch der produktei-genschaftsbezogenen Sichtweise des Kunden entspricht. Produktpräferenz, Kundenanforde-rungen und -zufriedenheit sind den Eigenschaften des Produktes zugeordnet. Um die formalen Feedbackinformationen für den Produktentwickler verständlich und anwendbar zu machen, wird im nachfolgenden Kapitel ein Konzept zur Transformation der formalisierten Feedback-informationen in die Sprache des Produktentwicklers entwickelt.

5.5.2 Semantische Abbildung des Feedbacks auf technische Pro-duktanforderungen und -strukturen

Wie bereits erläutert differieren die Sichtweise des Kunden und des Produktentwicklers bei der Beschreibung eines Produktes. Während Kunden das Produkt als Eigenschaftsbündelung zur Lösung von individuellen Problemen betrachten, orientieren sich Produktentwickler pri-mär an der hierarchischen Struktur des Produktes und den technischen Merkmalen (Attribu-ten) der einzelnen Produktkomponenten. Da die kundenorientierten Produkteigenschaften und das dazugehörige Feedback für die verschiedenen Produktkomponenten eine spezifische Be-deutung aufweisen, wird eine semantische Abbildung (Mapping) des Feedbacks auf technische Produktanforderungen und -strukturen vorgenommen. Ziel dieses Mappings ist es, die Feed-backinformationen zum einen für den Produktentwickler verständlich zu machen und zum anderen den einzelnen Produktkomponenten und ihren Attributen zuzuordnen. Neben der Ab-leitung einer technischen Produktspezifikation, die den Erwartungen des Kunden entspricht, ermöglicht die Abbildung des Feedbacks auf die Produktstrukturen die direkte Integration der

Page 171: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 153

Feedbackinformationen in die IT-Systemumgebung der Produktentwicklung. Meta- und Nutz-datenmodelle orientieren sich ebenfalls an dem strukturellen Aufbau des Produktes (z. B. Pro-duktstrukturen im PDM-System).

Abbildung 5-26: Angepasstes und erweitertes „House of Quality“ für die semantische Abbil-dung des Feedbacks auf Produktanforderungen und -strukturen

Als Grundlage für das semantische Mapping dient das im Quality Function Deployment ver-wendete „House of Quality“ (HoQ), das an die spezifischen Anforderungen der Feedback-übersetzung und der Abbildung auf Produktstrukturen angepasst und erweitert wird. Da bei dem semantischen Mapping weniger der Vergleich des anbietereigenen Produktes mit denen der Wettbewerber als die Übersetzung des Feedbacks im Vordergrund steht, wird auf die Ta-bellen des kundenbezogenen und technischen Wettbewerbervergleiches verzichtet. Stattdessen wird das HoQ um Tabellen für die formalen Feedbackindikatoren, die kundenorientierten Pro-dukteigenschaften und die technischen Produktstrukturen erweitert (vgl. Abbildung 5-26).

Page 172: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

154 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Die ursprünglich im HoQ vorgesehene Abbildung von Kundenanforderungen auf allgemeine Produktmerkmale ist für eine tief greifende Integration des Feedbacks in die Umgebung des Produktentwicklers nicht ausreichend, da sich dieser primär an Produktstrukturen und spezifi-schen, technischen Produkt- bzw. Bauteilattributen orientiert. Weiterhin ist die alleinige Ver-wendung von rein gewichteten Beziehungen61 für die Abbildung von Feedbackinformationen auf Produktstrukturen unzureichend. Zur Abbildung der semantischen Korrelationen zwischen kundenorientierten Produkteigenschaften bzw. Feedback und der Produktstruktur wird daher eine zusätzliche Beziehungstabelle eingeführt. Das semantische Mapping beinhaltet zehn Schritte, die im Folgenden näher erläutert werden.

Zehn Schritte zur semantischen Abbildung des Feedbacks

1. Auflistung der Produkteigenschaften: Zunächst werden alle kundenorientierten Produkteigenschaften aufgelistet und mit einer eindeutigen Identifizierungs-Nummer versehen (E1 bis En). Die hier aufgeführten Pro-dukteigenschaften entsprechen den Eigenschaften des Test- und Bewertungsmodells bzw. den Eigenschaftsklassen der Datenklassifizierung (siehe vorheriges Kapitel). Zur Verein-fachung kann bei umfangreichen Eigenschaften zusätzliche eine Grobeinteilung durch die übergeordneten Eigenschaftsfelder vorgenommen werden.

2. Festlegung und Einordnung des formalen Feedbacks: Im zweiten Schritt erfolgt die Festlegung des formalen Feedbacks. Dazu werden über den Produkteigenschaften die Feedbackinformationen bzgl. der Produktpräferenz, die Kun-denzufriedenheiten und die Kundenanforderungen aufgetragen. Jede Feedbackinformation wird in die entsprechende Spalte der zugehörigen Produkteigenschaft eingetragen. Die Zugehörigkeit wird durch die im vorherigen Kapitel erläuterte Klassifizierung definiert. Die Produktpräferenz beinhaltet zum einen den Absolutwert der Eigenschaftsausprägung und zum anderen die prozentuale Angabe der Eigenschaftspräferenz. Fixe Eigenschaften, die aufgrund ihrer Invarianz nicht mit einer Präferenzinformation verknüpft sind, werden in der Zeile der Eigenschaftspräferenz durch ein schwarzes Feld gekennzeichnet. Die An-gabe der bevorzugten Eigenschaftskonfiguration wird durch die Eintragung der Eigen-schaftspräferenzen impliziert. Die Eintragung der Kundenzufriedenheiten erfolgt differen-ziert nach Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren. Kundenanforderungen werden auf der Grundlage des formalen Indikators mit einer zusätzlichen Gewichtung (Muss, Soll, Kann) versehen.

3. Hierarchische Auftragung der Produktstruktur: Der dritte Schritt beinhaltet die detaillierte Darstellung der technischen Produktstruktur. In verschiedenen Hierarchieebenen werden die einzelnen Komponenten der Struktur (Pro-

61 Im herkömmlichen House of Quality erfolgt die Zuordnung der Kundenanforderungen zu Produktmerkmalen

nur durch die gewichteten Beziehungen „stark“, „mittel“ und „schwach“; siehe auch: Kapitel 4.2.5: Quality Function Deployment (QFD)

Page 173: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 155

dukt, Baugruppen, Teile) so in die Tabelle eingetragen, dass in jeder Spalte nur eine Pro-duktkomponente enthalten ist. Grundsätzlich darf die Darstellung der Produktstruktur nur bis zu einem sinnvollen Detaillierungsgrad erfolgen, um die Komplexität des semanti-schen Abbildungsprozesses einzugrenzen. Baugruppen oder Bauteile, die aufgrund ihres hohen Detaillierungsgrads keine aussagekräftige Feedbackanalyse zulassen, sind hier aus-zuschließen. Dies kann beispielsweise elektrische bzw. elektronische Produktbauteile betreffen, die durch ihre feine Granularität keine sinnvolle Analyse zulassen (z. B. elektri-sche Widerstände).

4. Festlegung der technischen Anforderungen: Nun werden die aufgelisteten Kundenanforderungen in signifikante, technisch orientierte Anforderungen übersetzt. Diese zeichnen sich dabei durch einen relativen hohen Abstrak-tionsgrad aus, da sie bislang noch keiner speziellen Produktkomponente zugeordnet sind. Dieser Abstraktionsgrad vereinfacht es dem Produktentwickler, die Kundenanforderungen zu übersetzen und den technischen Anforderungen zuzuordnen.

5. Beziehungen zwischen Kundenanforderungen und technischen Anforderungen: Die Beziehungen zwischen den Kundenanforderungen und technischen Anforderungen werden in der Korrelationsmatrix eingetragen, die von den Tabellen der beiden Anforde-rungsarten eingeschlossen wird. Dazu werden die Schnittpunkte der betroffenen Anforde-rungen mit Symbolen versehen, welche die Gewichtung der Beziehung zum Ausdruck bringen. Die Gewichtung (stark, mittel, schwach) und entsprechende Wahl der Symbole erfolgt in Analogie zum herkömmlichen HoQ.

6. Wechselwirkungen zwischen den technischen Anforderungen: Im sechsten Schritt werden die wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen technischen Anforderungen im traditionellen Dach des HoQ dargestellt. Die Visualisie-rung von positiven oder negativen Relationen dient der Veranschaulichung von Konflik-ten oder von sich gegenseitig unterstützenden Anforderungen. Die Darstellung der Wech-selwirkungen erfolgt analog zum ursprünglichen HoQ.

7. Zuordnung von technischen Anforderungen zu Produktkomponenten/Attributen: Um die direkte Zuordnung der technischen Anforderungen zu den betroffenen Kompo-nenten der Produktstruktur und deren technischen Attributen zu ermöglichen, wird das Dach des HoQ um eine weitere Zuordnungsmatrix erweitert. In der Tabelle über der Pro-duktstruktur werden die betroffenen Attribute der jeweiligen Produktkomponente aufge-tragen und über ein optionales Symbol in der Zuordnungsmatrix mit der entsprechenden technischen Anforderung in Relation gesetzt. Hierdurch ist ebenso die direkte Zuordnung der Anforderungen zu den Komponenten der Produktstruktur möglich.

8. Semantische Korrelationen zwischen Produktstruktur und Feedback: Im achten Schritt erfolgt die eigentliche semantische Verknüpfung der Produktstruktur mit den Elementen des Feedbacks und den Produkteigenschaften. Dazu werden zum einen die bereits bekannten Ontologien des Test- und Bewertungsmodells genutzt. Zum anderen

Page 174: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

156 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

wird aus der Zuordnung der Anforderungen zur Produktstruktur die Beziehung der einzel-nen Produktkomponenten zur betreffenden Produkteigenschaft ersichtlicht. In einer Be-ziehungsmatrix werden dazu die semantischen Korrelationen zwischen Produktstruktur und Produkteigenschaften eingetragen. Um die Semantik der Korrelationen anschaulich darstellen zu können, bieten sich vordefinierte Symbole an, die an den Schnittpunkten zwischen Produktkomponente und Eigenschaft eingetragen werden und die Semantik vi-suell beschreiben. Tabelle 5-9 zeigt exemplarisch einige Symbole für einfache semanti-sche Beziehungen.

Korrelation Symbol Korrelation Symbol

Bestimmt Erhöht

Beeinflusst Reduziert

Steuert Verbindet

Gewährleistet Verhindert

Ermöglicht … …

Tabelle 5-9: Beispiele für die symbolische Darstellung von semantischen Korrelationen Über diese Relationen können der Produktstruktur alle Feedbackinformationen eindeutig zugeordnet werden. Die Symbole beschreiben zudem, welche Bedeutung die verschiede-nen technischen Produktkomponenten für die Produkteigenschaft haben. Die Verbindung zwischen Eigenschaftspräferenzen und zugeordneten Produktkomponenten wird anders-farbig gekennzeichnet (vgl. Abbildung 5-26), um zu verdeutlichen, welche technische Komponente vom Kunden gefordert oder nicht gewünscht ist. Bei diesen Komponenten kann es sich um optionale Produktbausteine, Baugruppen- und Teilevarianten oder auch um Produktkomponenten handeln, die bisher durch die Produktentwicklung nicht als vari-abel oder optional definiert wurden.

9. Bestimmung objektiver Zielwerte: Auf der Grundlage der Eigenschaftsausprägungen, der technischen Anforderungen und der zugeordneten Attribute wird für jede Komponente der Produktstruktur ein objektiver Zielwert bestimmt. Dieser Zielwert ist als Orientierungsgröße für den Produktentwickler zur Umsetzung der Kundenanforderungen zu verstehen und wird üblicherweise als Ein-heit oder Maßgröße angegeben.

10. Bewertung der technischen Bedeutung: Um die Verbesserungs- und Optimierungsmaßnahmen in der Produktentwicklung priori-sieren zu können, werden alle Produktkomponenten hinsichtlich ihrer Bedeutung gewich-tet. Zunächst werden für jede Produkteigenschaft die Gewichtung jeder Kundenanforde-

Page 175: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 157

rung mit der entsprechenden Gewichtung der Beziehung zur technischen Anforderung multipliziert und die resultierenden Ergebnisse aufaddiert. Der Einfachheit halber werden den Gewichtungen numerische Werte zugewiesen (z. B. „3“ für Mussanforderungen, „2“ für Soll-Anforderungen, usw.). Da jeder Produktkomponente mehrere Eigenschaften zu-geordnet sein können, müssen die Ergebnisse dieser Eigenschaften wiederum addiert wer-den, woraus sich die absolute sowie relative Gewichtung und schließlich die Rangfolge einer Produktkomponente ergibt.

Beispiel zur Veranschaulichung der Abbildungsschritte

Die erläuterten Schritte zur Abbildung des formalisierten Feedbacks können anhand des fol-genden Beispiels eines Mobiltelefons veranschaulicht werden (vgl. Abbildung 5-26):

Eine der Mobiltelefoneigenschaften ist die Auswahlmöglichkeit von Klingeltönen (Schritt 1). Aus den verdichteten Feedbackdaten resultiert die Anforderung, Klingeltöne aus dem Internet downloaden zu können. Diese Anforderung ist der Eigenschaft „Klingeltonauswahl (E2)“ zugeordnet (Schritt 2). Nachdem die technische Produktstruktur des Mobiltelefons aufgetragen wurde (Schritt 3), wird eine starke Beziehung der Kundenanforderung „Klingeltöne downloa-den“ zu der technischen Anforderung „Webzugang“ identifiziert (Schritte 4 und 5). Die tech-nische Anforderung „Webzugang“ wird nun auf Wechselwirkungen mit der technischen An-forderung „email-Client“ geprüft (Schritt 6) und dem Bauteil T3 sowie dem zugehörigen Att-ribut „UMTS-Funktion“ zugeordnet (Schritt 7). Neben der bereits bekannten Relation der Ei-genschaft E2 zur Baugruppe B2 resultiert die semantische Korrelation („ermöglicht“) zwi-schen dem Bauteil T3 und der Eigenschaft E2 (Schritt 8). Hierüber können die Feedbackin-formationen (z. B. Produktpräferenz von 78%) dem Bauteil T3 direkt zugeordnet werden. Aus der Anforderung, Klingeltöne downloaden zu können, ergibt sich u. a. ein Zielwert für die notwendige Datenübertragungsgeschwindigkeit (Schritt 9). Das Bauteil T3 wird aufgrund der hohen Präferenz Bestandteil der Produktstruktur bleiben und eine relativ hohe technische Be-deutung haben (Schritt 10).

Selektion von kundennutzenrelevanten Produktkomponenten

Durch die semantische Abbildung des Feedbacks auf die Produktstruktur können jeder Kom-ponente der Struktur (Produkt, Baugruppe oder Teil) die entsprechende Kundenzufriedenheit, die komponentenbezogene Kundenpräferenz und die Anforderungen zugeordnet werden. Die anschauliche Darstellung der semantischen Korrelationen zwischen der Produktsstruktur und den Produkteigenschaften bzw. dem Feedback zeigt dem Produktentwickler, wie Produkt-, Baugruppen- und Teilattribute hinsichtlich einer Kundenorientierung ausgearbeitet werden müssen (Effektivität). Sie gibt zusätzlich Aufschluss darüber, welche Produktkomponenten mit dem Feedback in Beziehung stehen, d. h. welche Komponenten überhaupt einen Einfluss auf den Nutzen und die Zufriedenheit des Kunden haben. Auf diese Weise kann der Produktent-wickler betroffene Produktbaugruppen und -teile einfach selektieren, was der Effizienz not-wendiger Verbesserungs- und Optimierungsmaßnahmen zugute kommt.

Page 176: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

158 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.5.3 Bestimmung hierarchischer, Produktstruktur-bezogener Kun-denzufriedenheits-Indizes

Im vorherigen Kapitel wurde die Zuordnung der Feedbackinformationen zu den Komponenten der Produktstruktur beschrieben. Während die Kundenanforderungen und Produktpräferenzen durch das oben beschriebene semantische Mapping direkt auf die Produktstruktur abgebildet werden können (Produktpräferenzen z. B. durch die Mittelung der einer Produktkomponente zugeordneten Eigenschaftspräferenzen), erfordert die Kundenzufriedenheit eine gesonderte Betrachtung.

Die Notwendigkeit dieser gesonderten Betrachtung ergibt sich aus der wissenschaftlichen Er-kenntnis, dass sich die Zufriedenheit des Kunden mit einem Produkt aus mehreren, produktei-genschaftsspezifischen Teilzufriedenheiten zusammensetzt. Übertragen auf die Produktstruk-tur bedeutet dies, dass sich auch die Kundenzufriedenheit einer Komponente der Produktstruk-tur aus der Aggregation der Zufriedenheiten aller hierarchisch untergeordneten Produktkom-ponenten ergibt. Beispielsweise wird die Zufriedenheit einer Baugruppe durch die Teilzufrie-denheiten der enthaltenen Bauteile determiniert. Dieser Aspekt muss bei der Bestimmung der produktstrukturspezifischen Kundenzufriedenheiten berücksichtigt werden.

Multiattributives Modell zu Bestimmung prospektiver und retrospektiver Zufrie-denheits-Indizes

In der wissenschaftlichen Literatur werden zur Berechnung von Gesamtzufriedenheiten, die sich aus der Aggregation von Teilzufriedenheiten ergeben, multiattributive Modelle als merk-malforientierte Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit empfohlen62. Multiattributive Modelle unterscheiden dabei kompensatorische Modelle, bei denen sich positive und negative Zufriedenheiten ausgleichen, und nicht-kompensatorische Modelle, welche diesen Ausgleich ausschließen und stattdessen auf der Gewichtung der Teilzufriedenheiten basieren. Für die Bestimmung der Produktkomponenten-spezifischen Kundenzufriedenheiten wird der Ansatz der nicht-kompensatorischen Modelle angewandt, da sich die Zufriedenheit einer Produkt-komponente aus den Zufriedenheiten verschiedener Produkteigenschaften zusammensetzt. Die Produkteigenschaften stehen in unterschiedlich stark ausgeprägten Beziehungen zu den zuge-ordneten Produktkomponenten, weshalb eine Gewichtung zwingend zu berücksichtigen ist63. Eine linear-additive Aggregation (kompensatorisches Modell) würde das Ergebnis der Pro-duktstruktur-bezogenen Zufriedenheitsbestimmung verfälschen, weil eine Kompensation der Zufriedenheiten nur auf der Ebene der kundenorientierten Produkteigenschaften sinnvoll und zulässig ist.

62 Siehe auch Kapitel 4.3.1: Merkmalorientierte Verfahren, Multiattributive Modelle 63 Jeder technischen Produktkomponente sind eine oder mehrer Produkteigenschaften zugeordnet. Die Intensität

der Wechselwirkungen zwischen Produkteigenschaften und entsprechenden technischen Produktkomponenten bestimmt auch die technische Bedeutung der einzelnen Produktkomponenten (siehe Kapitel 5.5.2, angepasstes und erweitertes House of Quality).

Page 177: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 159

Neben den für eine Produktkomponente relevanten Produkteigenschaften werden die nach Kano klassifizierten Kundenzufriedenheiten jeder Produkteigenschaft sowie die zu aggregie-renden Produktkomponenten-spezifischen Zufriedenheiten ebenfalls gewichtet. Hieraus ergibt sich ein dreistufiges multiattributives Modell, dass auf jeder Stufe einen Gewichtungs- und Aggregationsvorgang enthält (vgl. Abbildung 5-27):

1. Gewichtung der nach Kano klassifizierten Zufriedenheiten und Aggregation zu einer ge-meinsamen eigenschaftsspezifischen Zufriedenheit.

2. Gewichtung der einzelnen, für eine Produktkomponente relevanten Eigenschaftszufrie-denheiten und Aggregation zu einer Produktkomponenten-spezifischen Zufriedenheit.

3. Gewichtung und Aggregation aller Zufriedenheiten der Produktkomponenten, die inner-halb der Produktstruktur der Zielkomponente untergeordnet sind.

Durch dieses Verfahren lassen sich für alle in der Produktstruktur übergeordneten Produkt-komponenten Zufriedenheits-Indizes bestimmen, welche die Teilzufriedenheiten der unterge-ordneten Baugruppen und Teile berücksichtigen. Auf der untersten Produktstrukturebene ent-fällt entsprechend die letzte Stufe der Strukturgewichtung und -aggregation.

Abbildung 5-27: Dreistufiges multiattributives Modell zur Bestimmung von prospektiven und retrospektiven Zufriedenheits-Indizes der Produktstruktur

Die Anwendung des multiattributiven Modells erfolgt sowohl für die prospektive (ex ante Messung) als auch für die retrospektive Kundenzufriedenheit (ex post Messung). Hieraus re-sultieren damit ein prospektiver und ein retrospektiver Kundenzufriedenheits-Index für jede Komponente der Produktstruktur (vgl. Abbildung 5-27). Die formale und normierte Form der Kundenzufriedenheiten als Eingangsgröße für das multiattributive Modell vereinfacht das be-

Page 178: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

160 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

schriebene Verfahren enorm. Im Folgenden werden die notwendigen Berechnungen zur Be-stimmung der Teilzufriedenheiten jeder Modellstufe näher erläutert.

Bestimmung der eigenschaftsspezifischen Zufriedenheiten

Zur Bestimmung der eigenschaftsspezifischen Zufriedenheiten werden die Kano-Zufriedenheiten jeder Eigenschaft zunächst einzeln gewichtet und anschließend aufaddiert. Die Basiszufriedenheit ist dabei mit der stärksten Gewichtung zu versehen, da sie aus Kunden-sicht ein „Muss-Kriterium“ beschreibt, das bei Nicht-Erfüllung zu einer hohen Unzufrieden-heit führt. Die Gewichtung der Begeisterungszufriedenheit erhält die schwächste Gewichtung. Die Produkteigenschaft als „Kann-Kriterium“ führt bei Nicht-Erfüllung nicht zu einer Unzu-friedenheit des Kunden. Als sinnvolle Einteilung der Gewichtung werden die Gewichtungsfak-toren 1 (für Basiszufriedenheit), 2/3 (für Leistungszufriedenheit) und 1/3 (für Begeisterungszu-friedenheit) empfohlen. Die Summe der gewichteten Kano-Zufriedenheiten wird zusätzlich durch die Summe der Gewichtungen dividiert, um die Einhaltung der normierten Form der eigenschaftsspezifischen Zufriedenheit zu gewährleisten (relative Gewichtung). Die eigen-schaftsspezifische Zufriedenheit folgt somit nachstehender Funktion:

BeLeBa

BeBeLeLeBaBae GGG

EZGEZGEZGEZ++

∗+∗+∗=

)()()()( mit: GBa > GLe > GBe > 0

Bestimmung der Produktkomponenten-spezifischen Zufriedenheiten

Die spezifische Zufriedenheit einer Produktkomponente wird durch eine oder mehrere eigen-schaftsspezifische Zufriedenheiten determiniert. Die relevanten Eigenschaften (e = 1 bis n) für eine Produktkomponente werden über das angepasste und erweiterte HoQ ermittelt. Die Bil-dung der Gewichtungsfaktoren für die einzelnen eigenschaftsspezifischen Zufriedenheiten erfolgt durch die Multiplikation der Anforderungsgewichtungen mit der zugehörigen Gewich-tung der Beziehung zur technischen Anforderung und der anschließenden Addition der Ergeb-nisse64. Im Anschluss wird die Summe über alle relevanten, gewichteten eigenschaftsspezifi-schen Zufriedenheiten gebildet. Zusätzlich erfolgt auch hier – analog zur Bestimmung der ei-genschaftsspezifischen Zufriedenheiten – die Division durch die Summe der Gewichtungsfak-toren. Hieraus ergibt sich für die Produktkomponenten-spezifische Zufriedenheit folgende Funktion:

64 Siehe auch Kapitel 5.5.2, Zehn Schritte zur semantischen Abbildung des Feedbacks: die Bestimmung der

Gewichtungsfaktoren für die eigenschaftsspezifischen Zufriedenheiten entspricht dem ersten Schritt zur Be-wertung der technischen Bedeutung.

Ze = eigenschaftsspezifische Zufriedenheit E = Produkteigenschaft GBa = Gewichtung der Basiszufriedenheit ZBa = Basiszufriedenheit

GLe = Gewichtung der Leistungszufriedenheit ZLe = Leistungszufriedenheit GBe = Gewichtung der Begeisterungszufriedenheit ZBe = Begeisterungszufriedenheit

Page 179: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.5 Feedbackanalyse und -aufbereitung 161

ZIK = Zufriedenheits-Index für die Produktkomponente K GK = Gewichtung der Zufriedenheit der Produktkomponente K ZK = Produktkomponenten-spezifische Zufriedenheit der Pro-

duktkomponente K Gk = Gewichtung der Zufriedenheit der untergeordneten Pro-

duktkomponente k Zk = Zufriedenheit der untergeordneten Produktkomponente k k = untergeordnete Produktkomponente l = Anzahl der untergeordnete Produktkomponenten

( )∑

∑ ∗=

e

eek G

ZGKZ )( mit: ( )∑

=

∗=m

ieieie GBGAG

1 und e = 1 bis n

Bestimmung der Produktstruktur-bezogenen Zufriedenheits-Indizes

Auf der letzten Stufe des multiattributiven Modells erfolgt die Berechnung der Kundenzufrie-denheits-Indizes für alle relevanten Komponenten der Produktstruktur einschließlich des Ge-samtproduktes. In Analogie zu den oben beschriebenen Berechnungen werden die einzelnen Produktkomponenten, die der Zielkomponente in der Struktur untergeordnet sind, gewichtet und aufsummiert. Als Gewichtungsfaktoren werden dazu die technischen Bedeutungen der Produktkomponenten herangezogen, die im HoQ berechnet wurden (siehe Kapitel 5.5.2). Ne-ben den Zufriedenheiten der untergeordneten Komponenten fließt auch die Zufriedenheit der Komponente in die Berechnung ein, für die der Zufriedenheits-Index zu bestimmen ist. Sie unterscheidet sich von dem Index dadurch, dass sie die Zufriedenheiten der untergeordneten Struktur unberücksichtigt lässt. Nachstehende Funktion beschreibt die Bestimmung der Pro-duktstruktur-bezogenen Zufriedenheits-Indizes:

( )∑∑+

∗+∗=

kK

kkKKK GG

ZGZGZI

mit: k = 1 bis l

Die Bestimmung der Zufriedenheits-Indizes folgt dabei einer Berechnungsrichtung ausgehend von der untersten Hierarchieebene der Produktstruktur bis zum Gesamtprodukt. Durch diese gerichtete Vorgehensweise kann bei den Index-Berechnungen auf bereits bestimmte Indizes untergeordneter Produktkomponenten zurückgegriffen werden, was die Komplexität und den Aufwand der Berechnungen erheblich reduziert.

Die berechneten Kundenzufriedenheits-Indizes besitzen – bedingt durch die Verwendung von relativen Gewichtungen – weiterhin die normierte Form und werden durch einen Wert zwi-schen 0 (starke Unzufriedenheit) und 1 (hohe Zufriedenheit) beschrieben.

Zk = Produktkomponenten-spezifische Zufriedenheit K = Produktkomponente e = relevante Produkteigenschaft Ge = Gewichtung der eigenschaftsspezifischen Zufrie-

denheit Ze = eigenschaftsspezifische Zufriedenheit

GA = Gewichtung der Anforderung GB = Gewichtung der Anforderungsbeziehungn = Anzahl relevanter Produkteigenschaftenm = Anzahl der Anforderungen/Beziehungen

je Produkteigenschaft

Page 180: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

162 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks

Die kundenseitigen Informationen bezüglich Anforderungen, Produktpräferenz und Zufrie-denheit mit einem Produkt stellen für die Produktentwicklung eine wertvolle Wissensbasis für die Gestaltung und Weiterentwicklung von Produkten dar. Verfügt der Kunde zudem über ein hohes Niveau an technischem Know-how sowie über eine ausgeprägte Artikulationsfähigkeit zur Vermittlung der erfolgsrelevanten Produktanforderungen, wird der Kunden für das Anbie-terunternehmen nahezu unverzichtbar. Wechselt der Kunde den Anbieter, ist mit der Abwan-derung ein erheblicher Verlust von Know-how des Kunden verbunden. Je „wertvoller“ ein Kunde als Informationsquelle ist, desto größer ist auch die Gefahr des Wissensverlustes für das Unternehmen [ZERN2004].

Neben einer Bindung des Kunden an das Unternehmen ist es daher notwendig, gewonnene Feedbackinformationen systematisch und langfristig in die Produktentwicklung zu integrieren, nachhaltig zu speichern und anwendungsorientiert zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgaben werden unter dem Begriff des produktentwicklungsinternen Feedback-Managements zusam-mengefasst. In diesem Kapitel werden die oben genannten Aufgaben des Feedback-Managements beschrieben:

Die Integration des Feedbacks in die Produktentwicklung folgt einem zweiteiligen Ansatz, der sowohl den Lebenszyklus eines einzelnen Produktes als auch eine multiple Betrach-tung mehrerer Produktlebenszyklen der Feedbackintegration zugrunde legt (Mikro- und Makrointegration).

Für die Speicherung, Integration und Anwendung des Feedbacks innerhalb der Produkt-entwicklung erfolgt eine Erweiterung der traditionellen PLM-Methoden und Metadaten-modelle, die zur Beschreibung und Verwaltung von Produktlebenszyklus-Informationen in PDM-Systemen verwendet werden.

Die Integration und Bereitstellung der Feedbackinformationen orientiert sich an den Ar-beitsschritten des operativen Engineerings sowie an den übergeordneten PLM-Prozessen. Dementsprechend werden die Feedbackinformationen kontextsensitiv bereitgestellt und visualisiert.

5.6.1 Mikro- und Makrointegration des Kundenfeedbacks

Die Integration des Feedbacks in die Produktentwicklung basiert auf zwei konzeptionellen In-tegrationsrichtungen. Zum einen fließt das Feedback durch die prospektive und retrospektive Gewinnung in das Entwicklungsprojekt einer Produktgeneration ein. Hier dient das Feedback der Validierung von virtuellen Produkten (Vorentwicklungen) und realen, im Markt befindli-chen Produkten. Diese Integration wird als Mikrointegration bezeichnet. Zum anderen fließen die gewonnenen Feedbackinformationen einer Produktgeneration in die Entwicklungen nach-

Page 181: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 163

folgender Produktgenerationen ein. Ziel dieser Integrationsrichtung ist die Analyse der zeitli-chen Veränderungen von Kundenanforderungen, -zufriedenheiten und Produktpräferenzen, um daraus Rückschlüsse für aktuelle und zukünftige Entwicklungsprojekte ziehen zu können. Die-se multiple Betrachtung von Produktlebenszyklen in Verbindung mit historischen Feedback-veränderungen beschreibt die Makrointegration (vgl. Abbildung 5-28).

Abbildung 5-28: Mikro- und Makrointegration des Feedbacks im Kontext mehrerer Produkt-generationen

Das prospektive Feedback stellt eine zukunftsgerichtete Größe dar, da sich das Produkt noch nicht in der Anwendung durch den Kunden befindet. Das retrospektive Feedback kann somit als Korrekturgröße des prospektiven Feedbacks verstanden werden, dass die real im Markt durch die Produktnutzung entstandenen Anforderungen, Änderungswünsche und Verbesse-rungsvorschläge des Kunden widerspiegelt. Im Rahmen der Makrointegration fließt daher nur der retrospektive Anteil der Feedbackdaten aus der vorangegangenen Produktgeneration in die Entwicklung der nächsten Produktgeneration ein. Hierzu werden die prospektiven Feedback-daten in Bezug auf die Relevanz und Verwendungsmöglichkeit für die nächste Produktgenera-tion gefiltert und analysiert. Die prospektiven Feedbackdaten der Produktgeneration n+x in

Page 182: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

164 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Verbindung mit den gefilterten, aggregierten Feedbackdaten vorangegangener Produktgenera-tionen n bis n+x-1 bilden die Feedbackdatenbasis für die neue Entwicklung eines Produktes der Generation n+x.

Die Makrointegration ermöglicht den sukzessiven, kumulativen Aufbau einer umfangreicheren Feedbackdatenbasis, die mit der Zeit eine zunehmend sicherere Entscheidungsgrundlage für die Entwicklung von neuen Produktgenerationen bildet. Durch die Filterung der retrospektiven Feedbackdaten werden Anforderungen an das Produkt der neuen Generation extrahiert und mit den Anforderungen, die aus der retrospektiven Feedbackgewinnung resultieren, verglichen und kombiniert. Abbildung 5-28 zeigt diesen Vorgang exemplarisch am Beispiel des Mobilte-lefons: die aus der retrospektiven Betrachtung (Mikrointegration) resultierende Kundenun-zufriedenheit mit einer Produktkomponente (Menüführung über Tastatur) führt zu der neuen Anforderung eines Joysticks. Diese Anforderung in Kombination mit dem neuen prospektiven Bedürfnis des Kunden (einfache, kleine Schalenform ohne externe Antenne) ergeben die Ba-sisanforderungen der neuen Produktgeneration.

Produktvalidierung durch Mikrointegration

Die Analyse der Feedbackinformationen im Rahmen der Mikrointegration zielt auf die Beant-wortung der Frage ab, ob das entwickelte (prospektiv) und produzierte (retrospektiv) Produkt im Einklang mit den Kundenbedürfnissen ist. Die Mikrointegration besitzt im Gegensatz zur langfristig ausgerichteten Makrointegration einen kurzfristigen Betrachtungshorizont. Durch die Feedbackinformationen kann das virtuelle bzw. reale Produkt validiert und unter Einhal-tung der technischen sowie wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens optimiert werden.

Der Kundenzufriedenheitsindex des Gesamtproduktes (Gesamtindex) liefert dabei einen direk-ten Überblick, in welchem Maße das Produkt den Anforderungen und Wünschen des Kunden entspricht. Auf der Grundlage der prospektiven Indizes kann der Produktentwickler unmittel-bar die notwendigen Aufwände für eventuelle operative Entwicklungsaktivitäten zur Produkt-optimierung im aktuellen Entwicklungsprojekt abschätzen. Die Teilzufriedenheits-Indizes der Produktstruktur geben zusätzlich Aufschluss darüber, welche organisatorischen Bereiche der Produktentwicklung hiervon betroffen sind (z. B. Bereich der Softwareentwicklung). Die ret-rospektiven Indizes bilden wiederum die Eingangsgröße für die nächste Produktgeneration.

Die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit der Kunden mit dem Produkt und seinen Eigenschaf-ten wird durch das traditionelle Confirmation/Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) beschrieben, das auf dem Vergleich des durch den Kunden wahrgenommenen Produktleis-tungsniveaus (L) mit der Erwartungshaltung (E) des Kunden beruht65. Um diesen Vergleich auf der Basis der berechneten formalen Zufriedenheits-Indizes durchführen zu können, werden die Zufriedenheits-Indizes in einen positiven und negativen Diskonfirmations-Bereich unter-teilt (vgl. Abbildung 5-29). Indexwerte von 0 bis 0,5 beschreiben dabei den Bereich der Kun- 65 Siehe auch Kapitel 2.2.6: Kundenzufriedenheit

Page 183: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 165

denunzufriedenheit (negative Diskonfirmation), in dem die Erwartungen des Kunden durch das Produkt nicht erfüllt werden (L<E). Indexwerte zwischen 0,5 und 1,0 stehen für die Zu-friedenheit (positive Diskonfirmation), da die Erwartungshaltungen des Kunden übertroffen werden (L>E). Nimmt ein Index den exakten Wert 0,5 an (Konfirmation), so spricht man von dem Indifferenzbereich (L=E), der eine Zufriedenheit verbunden mit dem Gefühl der Neutrali-tät beim Kunden erzeugt.

Abbildung 5-29: Darstellung des Kundenzufriedenheits-Index zur Ableitung des Handlungs-bedarfs

Die Kundenzufriedenheits-Indizes der einzelnen Produktkomponenten und des gesamten Pro-duktes stellen die zentrale Orientierungs- und Steuerungsgröße für den Produktentwickler dar. Als objektiver, quantifizierbarer Wert bilden sie die Grundlage für Entscheidungen, in wel-chen Produktbereichen (Produktkomponenten) ein zwingender Handlungsbedarf besteht und wo sich ein Handlungsraum zur Produktoptimierung bietet (vgl. Abbildung 5-29). In Verbin-dung mit den technischen Anforderungen und Präferenzen der einzelnen Produktkomponenten definieren sie das Ausmaß der erforderlichen Produktentwicklungsmaßnahmen. Zu diesen Maßnahmen zählen:

Festlegen und Entfernen von Produktkomponenten auf der Basis der Produktpräferenzen der Kunden: nicht gewünschte oder erforderliche Komponenten müssen aus dem Pro-duktkonzept entfernt oder der für den Kunden sichtbarer Einfluss auf die entsprechende Produkteigenschaft reduziert werden.

Realisierung der vom Kunden gewünschten Eigenschaftskonfiguration durch die Anpas-sung, Variation und Kombination der entsprechenden technischen Produktkomponenten.

Umsetzung der technischen Anforderungen in konstruktive und funktionale Produktattri-bute sowie Ausarbeitung der technischen Zielgrößen, die aus der Anwendung des erwei-terten HoQ resultieren.

Der Vorgang der Produktvalidierung kann auch als Regelkreis verstanden werden (vgl. Abbildung 5-30). Dabei stellen die gewonnenen Feedbackinformationen die Rückführgröße dar, die mit den unternehmensinternen Ausgangsanforderungen und den gesammelten Feed-

Page 184: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

166 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

backdaten der Makrointegration (Führungsgrößen) abgeglichen werden. Sie werden durch die Feedbackaufbereitung und -integration (Regler) in die formalen Feedbackdaten überführt und dem Produktentwickler (Stellglied) zur Verfügung gestellt. Dieser leitet auf der Basis der Feedbackdaten die notwendigen Maßnahmen (Stellgrößen) ein, die in der Produktentwicklung (Regelstrecke) umgesetzt werden. Die Ausgangsgröße des Regelkreises (Regelgröße) in Form von Kundennutzen-orientierten Produkteigenschaften wirkt sich bei der prospektiven Betrach-tung auf das aktuell zu entwickelnde Produkt, bei der retrospektiven Betrachtung auf das Pro-dukt der nächsten Generation aus.

Abbildung 5-30: Regelkreis für die Kundenfeedbackintegration zur Produktvalidierung

Filterung und Konformitätsprüfung der retrospektiven Feedbackdaten

Anhand der retrospektiven Feedbackdaten erhält der Produktentwickler Informationen über die Kundenbedürfnisse, die durch die Nutzung des physischen Produktes entstehen. Um diese Informationen für die Entwicklung eines neuen Produktes verwerten zu können, muss er zu-nächst analysieren, welche retrospektiven Feedbackinformationen für das neue Produkt rele-vant sind (Feedback-Filterung). Der Vergleich der prospektiven und retrospektiven Feedback-informationen der vorherigen Produktgenerationen liefert dabei Anhaltspunkte, wie sich die Kundenanforderungen und -zufriedenheiten während der Nutzung verändert haben. Hieraus lässt sich ableiten, ob und wie Produktkomponenten und -funktionen angepasst oder neu ent-wickelt werden müssen. Im Rahmen der Makrointegration findet in jedem Schritt zur nächsten Produktgeneration eine Zusammenführung der gefilterten retrospektiven Feedbackdaten der Produktgeneration n-1 mit den prospektiven Feedbackdaten der Produktgeneration n statt. Die Kombination der beiden Feedbackdatenbestände ist zwingend notwendig, denn durch die pro-spektive Betrachtung ist nur bedingt eine Kundennutzenanalyse möglich, da sich Vor- und Nachteile des Produktes aus Kundensicht häufig erst durch die reale Produktanwendung erge-

Page 185: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 167

ben oder dem Kunden bewusst werden. Die Verwendung der retrospektiven Datenbestände kompensiert dieses Defizit.

Die Zusammenführung der prospektiven und retrospektiven Datenbestände unterliegt einer detaillierten Konformitätsprüfung. Ziel dieser Prüfung ist Identifikation eventueller Wider-sprüche zwischen den Kundenanforderungen der beiden Feedbackdatenbestände. Nonkonfor-mität entsteht dann, wenn sich im Rahmen der prospektiven Feedbackgewinnung neue Pro-duktwünsche und -präferenzen des Kunden ergeben, die zu veränderten, technischen Anforde-rungen an eine Produktkomponente führen. Beispielsweise könnte sich durch das retrospektive Feedback die Anforderung ergeben, dass die Auflösung des Mobiltelefon-Displays 352 x 416 Pixel betragen soll. Die prospektive Forderung (innerhalb der nächsten Produktgeneration) des Kunden nach einer integrierten Megapixel-Kamera führt jedoch zu der Anforderung eines hö-her auflösenden Displays.

Bedingt durch die hohe Dynamik von Kundenbedürfnissen und technologischen Neuerungen ist zu erwarten, dass sich relativ viele, vernetzte Nonkonformitäten ergeben. Diese müssen eingehend analysiert werden, wobei den prospektiven Kundenanforderungen aufgrund der größeren Informationsaktualität i. d. R. eine höhere Priorität einzuräumen ist.

Historische Analyse und Dokumentation der Kundenzufriedenheiten durch Makrointegration

Durch die Dynamik der Kundenanforderungen, die sich aus der natürlichen Veränderung des Kundenumfelds und der zunehmenden Informationsverfügbarkeit bzgl. neuer oder konkurrie-render Technologien ergibt, unterliegt auch die Zufriedenheit des Kunden einer zeitlichen Veränderung. Dabei nimmt der Kunde Produkteigenschaften, die zuvor Begeisterungs- oder Leistungsfaktoren darstellten, mit der Zeit nur noch als Basisfaktoren wahr. Gleichzeitig er-öffnen sich dem Kunden während der Produktanwendung neue Produktvorteile, welche die Kundenzufriedenheit dynamisch steigern können. Im Rahmen der Makrointegration erfolgt daher nicht nur der oben beschriebene Vergleich der prospektiven und retrospektiven Kunden-anforderungen und -präferenzen, sondern auch eine langfristig angelegte Analyse und Doku-mentation der dynamisch veränderlichen Kundenzufriedenheiten. Dazu wird die Kunden-zufriedenheits-Historie (Zufriedenheits-Indizes) in Verbindung mit den in der Vergangenheit eingeleiteten Produktverbesserungs- und Optimierungsmaßnahmen über alle zurückliegenden Produktgenerationen abgebildet. Die Darstellung erfolgt auf Produkt-, Baugruppen sowie Bau-teilebene in Form eines Zufriedenheitskenners (vgl. Abbildung 5-31). Durch die anschauliche Visualisierung auf den verschiedenen Ebenen der Produktstruktur lässt sich auch die zeitliche Entwicklung der Kundenzufriedenheiten für einzelne Produktkomponenten nachvollziehen. Neben der Darstellung des Zufriedenheitsverlaufes ermöglicht das Verfahren die Analyse der Veränderung von Produkt- und Komponentenpräferenzen der Kunden. Die multiple Betrach-tung von mehreren Produktlebenszyklen und den damit verbundenen Kundenzufriedenheiten verdeutlicht, welche Produktstrategien, -komponenten und Optimierungsmaßnahmen langfris-tig den Erfolg (Steigerung der Kundenzufriedenheit) bzw. Misserfolg des Produktes (Abnah-

Page 186: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

168 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

me der Kundenzufriedenheit) im Markt beeinflussen. Diese systematische, zeitliche Aufberei-tung des Feedbacks ermöglicht es dem Produktentwickler, Rückschlüsse für die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten zu ziehen, zukünftige Produkttrends zu identifizieren und Prognosen für die zu erwartenden Kundenanforderungen an neue Produktgenerationen zu tref-fen. Auf der Basis der gesammelten Feedbackdaten (Prädiktoren) werden dazu die Zufrieden-heits-Indizes extrapoliert, sodass erste Voraussagen für den zukünftigen Erfolg des Produktes im Markt möglich sind. Zur Bestimmung der prognostizierten Kundenzufriedenheiten kann die Regressionsanalyse66 herangezogen werden, um Zusammenhänge zwischen Zufriedenhei-ten und Attributen der Produktkomponenten als Basis für die Prognose zu identifizieren. Sie ist zudem algorithmisch relativ einfach aufgebaut und somit leicht anwendbar.

Abbildung 5-31: Zufriedenheitskenner der Makrointegration67 66 Die Regressionsanalyse stellt ein statistisches Verfahren zur Analyse von Daten dar. Aufgabe der Regressi-

onsanalyse ist die Beschreibung von einseitigen statistischen Abhängigkeiten (Ursache-Wirkung-Beziehungen) durch Regressionsfunktionen.

67 Die sprunghafte Zufriedenheitszunahme an jeder Stufe zur nächsten Produktgeneration geht auf die erfolgrei-che Anwendung der Kundenfeedback-Integration zurück. Durch die Verfahren der prospektiven Feedback-gewinnung und Makrointegration können die Kundenzufriedenheiten im Moment der Markteinführung des Produktes gesteigert werden.

Page 187: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 169

Die dokumentierte und prognostizierte Zufriedenheitsentwicklung dient dazu, konkrete Ent-wicklungsvorgaben für den Produktentwickler abzuleiten. Zudem liefert sie wichtige Mana-gementinformationen für die Unternehmensführung als Entscheidungsgrundlage für die Aus-richtung des Produktportfolios und der Produktstrategie. Nachstehende Erkenntnisse und Ent-scheidungen können auf der Grundlage des Zufriedenheitskenners gewonnen bzw. getroffen werden (vgl. Abbildung 5-32):

Abbildung 5-32: Erkenntnisse und Entscheidungen für zukünftige Produktentwicklungsprojek-te auf der Basis des Zufriedenheitskenners

Priorisierung von zukünftigen Entwicklungsschwerpunkten: Aus dem zeitlich dokumen-tierten Verlauf der Kundenzufriedenheit kann abgelesen werden, welche getroffenen Pro-duktverbesserungsmaßnahmen für eine elementare Erhöhung der Kundenzufriedenheit ausschlaggebend waren. Weiterhin zeigt der Zufriedenheitskenner welche Produktkom-ponenten ein erhöhtes Potenzial zu Steigerung der Kundenzufriedenheit besitzen. Auf der Grundlage dieser Informationen können zukünftige Optimierungs- und Entwicklungs-schwerpunkte priorisiert werden.

Definition von Optimierungsgrenzen: Der Verlauf der Kundenzufriedenheiten gibt Auf-schluss darüber, ob für spezifische Produktkomponenten eine Steigerung der Kundenzu-friedenheit überhaupt möglich ist. Eine Optimierungsgrenze ist dann erreicht, wenn die Kundenzufriedenheit einen maximal möglichen Wert angenommen hat und eine weitere Komponentenoptimierung nicht zu einer Kundenzufriedenheitszunahme oder sogar zu ei-ner Abnahme führen würde. Z. B. hat die Verkleinerung der Mobiltelefone in der Vergan-genheit in hohem Maße zur Steigerung der Kundenzufriedenheit beigetragen, weil sie zu Beginn ihrer Entwicklung sehr unhandlich waren. Aus heutiger Sicht würde eine weitere Reduzierung die Bedienbarkeit einschränken und damit die Zufriedenheit senken.

Identifikation von irrelevanten Produktkomponenten: Führt die zeitliche Analyse der Kundenzufriedenheiten zu der Erkenntnis, dass die mehrfache Optimierung einer Pro-duktkomponente oder deren Funktion nicht zu einer äquivalent höheren Kundenzufrie-denheit geführt hat, kann davon ausgegangen werden, dass diese Produktkomponente kei-nen fulminanten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit besitzt.

Page 188: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

170 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.6.2 Erweiterung der PLM-Methoden und Metadatenmodelle

Durch die Integration des Feedbacks in die Produktentwicklung ergibt sich ein weit reichender Anpassungsbedarf der PLM-Methoden. Hierzu zählt u. a. die Anpassung des Workflowmana-gements und des Concurrent/Simultaneous Engineerings zur Einbindung der Feedbackgewin-nungs- und -verarbeitungsprozesse in die traditionellen Prozesse der Produktentwicklung. Weiterhin werden die Methoden und Werkzeuge des Collaborative Engineerings um die Feed-backfunktionalitäten und eigenschaftsbasierten Test- und Bewertungsmodelle erweitert sowie das Änderungs- und Versionsmanagement mit neuen Attributen zur Abbildung von Feedback-indizierten Änderungsgründen und -maßnahmen versehen. Eine tiefer greifende Anpassung bzw. Erweiterung ist für die Methoden des Produktstruktur- und Konfigurations- sowie des Freigabemanagements erforderlich.

Integration der Feedbackdaten in die PDM-Systemumgebung

Die informationstechnische Integration des Feedbacks basiert auf der Erweiterung und Anpas-sung des im Unternehmen eingesetzten PDM-Systems. Hierzu werden die Funktionalitäten, welche die oben beschriebenen Methoden abbilden, angepasst und die Metadatenmodelle zur Speicherung und Verwaltung der Feedbackdaten erweitert.

Abbildung 5-33: Alternative Konzepte zum Management der aufbereiteten Feedbackdaten

Die Speicherung und Verwaltung der aufbereiteten Feedbackdaten kann dazu in zweierlei Form erfolgen (vgl. Abbildung 5-33):

Konzept des zentralen Datenmanagements: Die Feedbackdaten werden nach der Aufbe-reitung direkt in der Datenbasis des PDM-Systems abgelegt und gepflegt. Die Funktionen zur Bereitstellung und Visualisierung werden durch erweiterte Funktionen des PDM-Systems gewährleistet.

Page 189: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 171

Konzept des verteilten Datenmanagements: Die Speicherung der Feedbackdaten erfolgt in einem externen Feedback-Repository, dass durch eine eigenständige Applikation (i. d. R. ein Applikationsserver kombiniert mit einer Datenmanagement-Komponente) verwaltet wird. Die Bereitstellung und Visualisierung der Feedbackdaten übernimmt diese Applika-tion.

Sowohl bei der Speicherung der Feedbackdaten in dem PDM-System als auch bei der Ver-wendung eines PDM-externen Feedback-Repositorys wird die Verknüpfung der PDM-spezifischen Produktdaten und Prozesse mit den Feedbackdaten über die erweiterten Metada-tenmodelle gewährleistet.

Erweiterung des Produktstruktur- und Konfigurationsmanagements

Neben den Kundenzufriedenheits-Indizes und technischen Anforderungen enthält das Kunden-feedback Informationen über die vom Kunden bevorzugten Produktkomponenten, die aus der Variation und Konfiguration des Test- und Bewertungsmodells resultierten. Die Präferenz der Kunden für ausgewählte Teile der Produktstruktur führt zu einer neuen Produktkonfiguration68 (Präferenz-Konfiguration), die dem Produktentwickler bis zum Zeitpunkt der Kundenfeed-back-Integration nicht bekannt war. Dies bedeutet, dass innerhalb des Entwicklungsprozesses eine zusätzliche Produktkonfiguration existiert, die sich nicht aus produktentwicklungsinter-nen Änderungen der Produktstruktur ergibt. Sie ist somit in ihrer strukturellen Ausprägung und ihrem Gültigkeitszeitraum bisher nicht durch das Konfigurationsmanagement erfasst und damit für den Produktentwickler nicht zugänglich. Um dem Produktentwickler den Zugriff auf die Präferenz-Konfiguration zu ermöglichen, wird das Konfigurationsmanagement daher um zwei neue Konfigurationen erweitert (vgl. Abbildung 5-34):

Prospektive Präferenz-Konfiguration,

Retrospektive Präferenz-Konfiguration.

Dabei beschreibt die prospektive Präferenz-Konfiguration die von Kunden geforderte Pro-duktkonfiguration, die sich aus den Testfunktionen der prospektiven Feedbackgewinnung er-gibt („As required“). Die retrospektive Präferenz-Konfiguration ergibt sich aus der Bewertung des realen Produktes durch den Kunden und die Auswertung der Produktnutzungsinformatio-nen („As used/favored“). Die Präferenz-Konfigurationen stellen ein technisches Abbild der Kundenanforderungen und -wünsche dar. Dabei können auch solche Bauteile oder Baugrup-pen betroffen sein, die ursprünglich nicht als optionale Produktkomponenten oder Varianten ausgelegt, sondern in der konstruktiven Konfiguration („As designed“) fest verankert waren. Nach der Integration der Präferenzinformationen muss der Produktentwickler daher die Präfe-renz-Konfiguration auf Verträglichkeiten der kombinierten Bauteile und -gruppen untereinan-der analysieren und die technische Machbarkeit der geforderten Konfiguration überprüfen. 68 Eine Produktkonfiguration ist eine Momentaufnahme einer über die Zeit veränderlichen Produktstruktur zu

einem bestimmten Zeitpunkt T. Die Konfiguration wird durch die identifizierenden Attribute (Seriennummer, Datum) den Strukturen eindeutig zugeordnet, d. h. es wird ein Gültigkeitszeitraum (Effectivity) definiert.

Page 190: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

172 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Die bereits im Rahmen der Feedbackanalyse- und Aufbereitung vorgenommene Verknüpfung der Kundenpräferenzen mit der technischen Produktstruktur vereinfacht die Integration der Präferenz-Konfigurationen in das Konfigurationsmanagement. Auf der Grundlage der Teile- und Baugruppenpräferenzen kann bei der Integration der Feedbackdaten in das PDM-System die entsprechende Präferenz-Konfiguration automatisch erzeugt werden. Dazu werden den einzelnen Komponenten der im PDM-System verwalteten Produktstruktur die Präferenzwerte des Feedbacks zugewiesen und anschließend die resultierende Präferenz-Konfiguration gene-riert (vgl. Abbildung 5-34).

Abbildung 5-34: Automatisierte Erzeugung von Präferenz-Konfigurationen im PDM-System

Die Festlegung des Gültigkeitszeitraumes („Effectivity“) der Präferenz-Konfiguration ist ab-hängig von der angrenzenden Konfiguration. Für die prospektive Präferenz-Konfiguration liegt der Gültigkeitszeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Integration des prospektiven Feed-backs und den eingeleiteten Produktoptimierungsmaßnahmen bzw. der Freigabe für die Pro-duktion. Der Gültigkeitszeitraum der retrospektiven Konfiguration beginnt mit der Marktein-führung und endet grundsätzlich mit der Rücknahme oder mit Ablauf der ökonomischen Le-bensdauer des Produktes.

Durch die beschriebene Erweiterung des Konfigurationsmanagements kann der Produktent-wickler eine feedbackspezifische Sichtweise auf die Produktstruktur wählen und direkt eine feedbackspezifische Stückliste generieren, welche die bevorzugte Produktkonfiguration bzw. präferierten Bauteile (z. B. ausgewählte Teilevarianten) der Kunden repräsentiert.

Page 191: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 173

Erweiterung und Anpassung des Prüf- und Freigabemanagements

Mit der Integration des Kundenfeedbacks in die Produktenwicklung geht eine Veränderung der organisatorischen PLM-Prozesse einher. Insbesondere die Prüf- und Freigabeprozesse der Produktentwicklung beschränken sich nun nicht mehr allein auf die unternehmensinternen Freigabekriterien, wie z. B. konstruktive Anforderungen der Produktplanung, produktions-technische Rahmenbedingungen, Qualitätsvorgaben oder wirtschaftliche Zielwerte. Vielmehr orientiert sich die Freigabe eines Produktes zusätzlich an den Anforderungen und Zufrieden-heiten der Kunden. Der Freigabeprozess bezieht sich dabei auf Produktdaten (Dokumente, Produktmodelle, etc.), Bauteile und -gruppen aber auch auf das Gesamtprodukt. Der traditio-nelle Freigabeprozess in der Produktentwicklung steht damit in enger Wechselwirkung mit dem Feedbackgewinnungs- und -integrationsprozess. Abbildung 5-35 zeigt exemplarisch ei-nen erweiterten Freigabeprozess zur Integration des prospektiven Feedbackprozesses.

Abbildung 5-35: Erweiterung des Freigabeprozesses durch prospektiven Feedbackprozess am Beispiel der Produktdaten

Page 192: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

174 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Die ursprünglichen Status des Freigabeprozesses „in Arbeit“, „in Prüfung“ und „freigegeben“ bzw. zurückgewiesen“ bleiben im erweiterten Freigabeprozess erhalten. Allerdings beinhaltet der Prüfvorgang zusätzlich die Validierung der Produktdaten anhand des Kundenfeedbacks. Dazu wird beim Statusübergang „in Prüfung“ ein Parallelprozess initiiert, der die Freigabe und Bereitstellung der Produktdaten für den multimedialen Feedback-Assistenten sowie die Inte-gration der Feedbackdaten in die Produktentwicklung bzw. in das PDM-System beschreibt. Entspricht das durch die Produktdaten definierte Produkt nicht den Kundenanforderungen und/oder den intern definierten Anforderungen69, werden Produktoptimierungsmaßnahmen eingeleitet. Ob die erneute Prüfung der daraus resultierenden Produktdaten einer weiteren Feedbackgewinnung bedürfen, ist von dem Ausmaß der Produktverbesserungen abhängig. Nur im Falle einer grundlegenden Änderung des Produktkonzeptes (z. B. aufgrund eines stark ne-gativen Feedbacks) ist eine weitere Feedbackschleife anzustreben. Grundsätzlich sollte eine zu hohe Anzahl von Feedback-Iterationen vermieden werden. Es ist davon auszugehen, dass das erstmalig gewonnene Feedback eine ausreichend detaillierte Informationsbasis für die iterative Validierung der Produktdaten bietet.

Der Prozess für das retrospektive Feedback entspricht weitestgehend den Teilprozessschritten der prospektiven Feedbackgewinnung und -integration. Der retrospektive Feedbackprozess wird nach der Markteinführung des Produktes initiiert. Da zu diesem Zeitpunkt die Produkt-entwicklung abgeschlossen und die technischen Produktmerkmale festgelegt sind, entfällt hier der Teilprozess der Prüfung.

Erweiterung der Metadatenmodelle

Aus der Integration des Feedbacks in die PLM-IT-Infrastruktur und der oben beschriebenen Anpassung bzw. Erweiterung der PLM-Methoden ergibt sich die Notwendigkeit eines erwei-terten PLM-Metadatenmodells. Dies dient der Speicherung, Verwaltung und Verknüpfung aller produkt- und prozessbezogenen Daten im Produktlebenszyklus. Da auch die Feedbackda-ten zu diesen Daten zählen, werden die Metadatenmodelle hinsichtlich einer Integration des Feedbacks erweitert. Ziel der Metadatenerweiterung ist die informationstechnische Abbildung der Verknüpfungen zwischen den Feedbackdaten und der Produktstruktur, die Integration der von den Kunden bevorzugten Produktkonfigurationen und die Einbindung von Feedbackpro-zessen in den Kontext der traditionellen PLM-Prozesse (z. B. Freigabeprozesse).

Die klassischen Objekte der Produktmetadaten werden durch die Klassen Produkt, Teil, Do-kument und zugeordnetes File sowie Produktstruktur und deren Konfiguration beschrieben. Ein Teil kann dabei wiederum aus mehreren Teilen bestehen, sodass sich eine Baugruppe er-gibt. Die prozessorientierten Objekte werden durch die Klasse Workflow definiert. Zu den klassischen Workflows zählt der Freigabe-Workflow, der den Lebenszyklusstatus eines PDM-Items bestimmt und steuert. Das PDM-Item bildet die übergeordnete Klasse und wird u. a.

69 Zu den intern definierten Anforderungen zählen auch die verdichteten Feedbackinformationen der Makroin-

tegration. Sie fließen als gefilterte, dokumentierte Feedback-Historie in die Anforderungsliste ein.

Page 193: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 175

durch die Attribute Version, Revision, Lifecycle Status (LC-Status) und eine eindeutige Identi-fikations-Nummer beschrieben. Diese traditionellen Klassen des Metadatenmodells werden um die Klassen zur Beschreibung der Feedbackobjekte und der zugehörigen Feedbackprozesse ergänzt. Abbildung 5-36 zeigt den für die Feedback-Integration relevanten Ausschnitt eines exemplarischen Metadatenmodells, dass durch die Feedback-spezifischen Klassen erweitert wurde.

Abbildung 5-36: UML-Klassendiagramm eines erweiterten Metadatenmodells zur Integration und Abbildung des Feedbacks in PDM-Systemen70

70 Die erweiterten Klassen des Metadatenmodells zur Abbildung und Integration des Feedbacks sind in dem

obigen UML-Klassendiagramm grau hinterlegt.

Page 194: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

176 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Das zentrale Objekt Feedback wird durch die Klasse Feedback abstrahiert, die ebenfalls ein PDM-Item darstellt und sich aus einer Zufriedenheit, einer Präferenz und einer oder mehreren Anforderungen zusammensetzt. Die Klasse Feedback kann sowohl als prospektives als auch als retrospektives Objekt instanziiert werden. Ein Feedback kann mehrere Partial-Feedbacks enthalten, die den Feedbacks für einzelne Baugruppen oder -teile entsprechen und mit einem Teil oder dem Produkt assoziiert sind. Die Klasse Anforderung wird zusätzlich durch das Att-ribut technische Bedeutung beschrieben, die Klasse Zufriedenheit durch den formalen Zufrie-denheits-Index. Die Klasse Präferenz enthält die Attribute Zielwert, Teilpräferenz und Konfi-guration. Aus der Zusammenführung mehrerer Präferenzen für die entsprechenden Kompo-nenten der Produktstruktur resultiert die Präferenz-Konfiguration, dessen Klasse von der Klas-se Konfiguration erbt.

Wie bereits im vorangegangenen Kapitel beschrieben spiegelt sich auch die Erweiterung der PLM-Prozesse im Metadatenmodell wieder. Neben der Klasse Freigabe-Workflow wird daher eine neue Klasse Feedback-Workflow eingeführt, welche die Feedback-spezifischen Operatio-nen enthält. Entsprechend der assoziierten Klasse Feedback wird sie durch die Attribute pro-spektiv und retrospektiv beschrieben. Der Feedback-Workflow bestimmt den Feedbackstatus, der als Attribut ebenso wie der LC-Status das PDM-Item beschreibt. Das dargestellte UML-Klassendiagramm zeigt die Wechselbeziehungen zwischen Freigabe- und Feedback-Workflow. Der Freigabe-Workflow ist abhängig von dem Feedback-Status. Der Prüfvorgang kann z. B. erst erfolgen, wenn der Feedback-Status auf „Feedback_Import“ gesetzt ist („Feed-back ist im PDM-System hinterlegt“). Weiterhin kann der retrospektive Workflow erst initiiert werden, wenn das Produkt für die Produktion freigegeben ist.

5.6.3 Kontextsensitive Feedback-Bereitstellung und -Visualisierung

Die erfassten und aufbereiteten Feedbackinformationen sollen direkt für Produktanpassungen oder Neuentwicklungen genutzt werden und den Produktentwickler in seiner operativen Arbeit unterstützen. Die Bereitstellung des Feedbacks muss daher anwendungsspezifisch und in Form einer anschaulichen Visualisierung erfolgen, sodass der Produktentwickler je nach Kontext der Produktentwicklung das Feedback selektieren und verwenden kann.

Der Erfolg der Kundenfeedback-Integration ist wesentlich davon abhängig, zu welchem Zeit-punkt des Engineering-Prozesses die Feedbackinformationen dem Produktentwickler zur Ver-fügung stehen. Je nach gewähltem Zeitpunkt können entweder unnötig Komplexitäten in die Produktentwicklung hineingetragen werden oder es ergeben sich Ineffizienzen aufgrund wie-derholt erforderlicher Iterationsschleifen. Für die optimale Verwendung des gewonnenen Feedbacks und die Integration der organisatorischen PLM- und -Feedback-Prozesse ist es da-her notwendig, den Zeitpunkt der Kundenfeedback-Integration in Abhängigkeit des Produkt-entwicklungskontextes genau zu spezifizieren.

Page 195: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 177

Einordnung der Feedbackbereitstellung in die operativen Arbeitsschritte der Produktentwicklung

Die Integration des Feedbacks fokussiert grundsätzlich auf die Prozesse der Produktplanung und Konstruktion (vgl. Abbildung 5-37). Die Bereitstellung der im Rahmen der Makrointegra-tion verdichteten Feedbackinformationen erfolgt während der Produktplanung sowie in den frühen Arbeitsschritten der Produktkonstruktion zur Präzisierung der Aufgabenstellung und zur Ermittlung von Funktionen und Funktionsstrukturen. Dabei fließen die gefilterten Anfor-derungen der retrospektiven Feedbackbetrachtung in die Anforderungsliste ein.

Abbildung 5-37: Einordnung der Feedback-Bereitstellung in die Arbeitsschritte beim Planen und Konstruieren (angelehnt an [VDI1993])

Die Bereitstellung der Produktdaten für die prospektive Feedbackgewinnung richtet sich nach der Verfügbarkeit und dem Detaillierungsgrad der Produktdaten, damit die Kunden effizient an der Produktentwicklung partizipieren können. Vorentwürfe bieten hierzu i. d. R. einen aus-reichenden Konkretisierungsgrad, um den Kunden eine Vorstellung des zukünftigen Produktes vermitteln zu können. Die Bereitstellung der prospektiven Feedbackinformationen für den Produktentwickler erfolgt entsprechend in den anschließenden Arbeitsschritten zur Gestaltung

Page 196: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

178 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

des Gesamtproduktes und zur Ausarbeitung der Ausführungs- und Nutzungsaufgaben. Die Gestaltung des Gesamtentwurfes wird dabei nicht allein durch den Produktentwickler, sondern ebenfalls durch die kundenseitige Variation und Konkretisierung des Test- und Bewertungs-modells bestimmt.

Steuerung der Feedbackbereitstellung und des Feedbackzugriffs durch das PDM-System

Die anwendungsspezifische Bereitstellung des Feedbacks und die Kontrolle der Zugriffsrechte übernehmen die Funktionalitäten des PDM-Systems. Dieses verfügt bereits über ausgereifte Rollen- und Rechtekonzepte, welche sowohl die kontextsensitiven Zuständigkeiten und Rech-te des Produktentwicklers in einem Entwicklungsprojekt verwalten als auch Funktionen für die Zugriffssteuerung beinhalten. Die zeitliche und organisatorische Steuerung der Feedbackpro-zesse erfolgt durch die Feedback-Workflow-Funktionen innerhalb des PDM-Systems. Die Prozesspunkte der Freigabe der Produktdaten für den multimedialen Feedback-Assistenten und der Integration der Feedbackdaten in das PDM-System stehen in enger Wechselwirkung zu den technischen Freigabe-Workflows, weshalb eine PDM-interne Feedbackprozess-Steuerung sinnvoll erscheint. Weiterhin ist das Feedback durch die Erweiterung der Metada-tenmodelle direkt in die PDM-spezifische Produktstruktur und in das Konfigurationsmanage-ment eingebunden, sodass die Auswahl und Darstellung der Feedbackinformationen in Ab-hängigkeit von der im PDM-System gewählten Produktkomponente oder einer bestimmten, zeitlich definierten Produktkonfiguration gewährleistet ist.

Durch die enge Integration der Produkt- und Prozessdaten mit den Feedbackdaten wird sowohl ein prozessualer als auch ein eindeutiger produktbezogener Kontext sichergestellt. Die Ver-wendung des PDM-Systems bietet zudem den Vorteil, dass der Produktentwickler direkt aus seiner informationstechnischen Arbeitsumgebung auf die Feedbackinformationen zugreifen kann. Je nach Integrationstiefe der operativen, Daten erzeugenden Anwendungssysteme (z. B. CAD-Systeme) in die PLM-IT-Architektur ist sogar ein Zugriff auf die Feedbackdaten aus dem operativen Anwendungssystem möglich.

Ampelschema zur verdichteten Visualisierung der Kundenzufriedenheiten

Die Kundenzufriedenheits-Indizes sind eindeutige Indikatoren dafür, ob das Produkt und ein-zelne Komponenten der Produktstruktur angepasst oder optimiert werden müssen. Um diese Information für den Produktentwickler in verdichteter Form direkt zugänglich zu machen, erfolgt auf der Basis der Zufriedenheits-Indizes eine visuelle Signalisierung, die drei Zustände unterscheidet:

1. Signal 1 (optimaler Zufriedenheitsbereich): Das Produkt bzw. die Produktkomponente entspricht weitestgehend den Anforderungen und Vorstellung des Kunden, sodass eine weitere Bearbeitung nicht notwendig ist. Das Produkt darf für die Produktion freigegeben werden.

Page 197: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.6 Produktentwicklungsinternes Management des Feedbacks 179

2. Signal 2 (kritischer Zufriedenheitsbereich): Es bestehen Verbesserungs- und Optimie-rungspotenziale, welche die Zufriedenheit der Kunden steigern können. Der Produktkom-ponenten-spezifische Zielwert (Soll-Wert) weist im Vergleich zum Ist-Wert eine Diffe-renz auf und die Kundenanforderungen sind nicht vollständig erfüllt. Eine Freigabe für die Produktion ist nur bedingt möglich.

3. Signal 3 (Unzufriedenheitsbereich): Das Produkt und/oder einzelne Produktkomponenten entsprechen nicht den Anforderungen der Kunden. Es besteht zwingender Produktverbes-serungs- und Optimierungsbedarf. Eine Produktionsfreigabe darf nicht erfolgen.

Diese Form der Visualisierung entspricht dem klassischen Ampelschema (vgl. Abbildung 5-38). Die Darstellung der Signale ist abhängig von der Komponente der Produktstruktur. Zu jeder Produktkomponente, zu der ein Feedback verfügbar ist, wird das entsprechende Signal grün (Signal 1), gelb (Signal 2) oder rot (Signal 3) angezeigt. Für den Produktentwickler ist auf diese Weise unmittelbar ersichtlich, welche Produktkomponenten weiterer Optimierungen bedürfen. Zudem können in den Workflow-Funktionalitäten des PDM-Systems Regeln defi-niert werden, die eine Warnungsmitteilung auslösen, falls sich eine Produktkomponente im roten oder gelben Signalbereich befindet.

Abbildung 5-38: Ampelschema zur Visualisierung der Kundenzufriedenheiten

Zur Definition der Signalbereiche müssen die Wertebereiche des Zufriedenheits-Index auf die Signale des Ampelschemas abgebildet werden. Das rote Signal entspricht dem Wertebereich von 0 bis 0,5 des Zufriedenheits-Index, also der Unzufriedenheit des Kunden. Für das gelbe Signal wird eine Einteilung des Indexbereiches von 0,5 bis 0,75 vorgeschlagen. Oberhalb ei-nes Zufriedenheits-Index von 0,75 kann eine annähernd ausreichende Zufriedenheit des Kun-den angenommen und das Signal auf grün gesetzt werden.

Page 198: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

180 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

5.7 Maßnahmen für eine erfolgreiche Anwen-dung der Methodik

Die erfolgreiche Anwendung der im Kapitel 5 beschrieben Methoden und Vorgehensmodelle zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung sind von einigen grundlegen-den Faktoren abhängig. Zu diesen Erfolgsfaktoren zählen:

die Bereitschaft des Kunden, Feedbackinformationen preiszugeben und sich aktiv an dem Prozess der Produktentwicklung zu beteiligen,

das strategische Umdenken der Produktentwickler, von der technisch orientierten Zielgrö-ße „perfektes Produkt“ hin zu einer kundennutzenorientierten Produktentwicklung,

die Einhaltung der ökonomischen Rahmenbedingungen in der Produktentwicklung, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kundennutzen bzw. -zufriedenheit und der Wirt-schaftlichkeit der Kundenfeedback-Integration zu erreichen.

In diesem Kapitel werden daher zunächst der Zusammenhang zwischen dem Anreiz der Feed-backintegration für den Kunden und dem notwendigen Kundenbeitrag erläutert sowie mögli-che Anreizsysteme für den Kunden vorgestellt. Analog schließt sich hieran ein Konzept zur Motivation der Produktentwickler, den Prozess der Feedbackintegration zu unterstützen, an. Abschließend werden die Aspekte einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für die Kundenfeed-back-Integration detailliert erläutert.

5.7.1 Koalitionsverhalten und Anreizsysteme für den Kunden

Die Motive und Verhaltensweisen des Kunden haben direkte Auswirkung auf die Integration des Feedbacks in die Produktentwicklung. Der Kunde muss daher im Sinne der kundenorien-tierten Produktentwicklung und strategischen Unternehmensführung als Koalitionspartner betrachtet werden. Der Bestand einer Kunden-/Unternehmenskoalition ist maßgeblich von der erreichten Kundenzufriedenheit abhängig. Sowohl auf Anbieter- als auch Kundenseite besteht das Bestreben, diese Koalition effektiv und langfristig zu erhalten. Für das Anbieterunterneh-men bedeutet die Kundenbindung einen langfristigen, durch den Kunden generierten Umsatz, für den Kunden ergeben sich aus der Bindung Vorteile durch einen zuverlässigen Leistungslie-feranten, einen gezielten Ansprechpartner und einen hohen Nutzen aufgrund gezielter Prob-lemkommunikation.

Koalitionsverhalten von Unternehmen und Kunden

Die Stärke der Bindungskraft ist abhängig von den subjektiv wahrgenommenen Anreizen, die sich Unternehmen und Kunden gegenseitig bieten. Der Nettoanreiz wird als subjektiv wahrge-nommene Differenz zwischen dem geleisteten Beitrag (z. B. Kosten) und dem Nutzen aus der Koalition definiert [SCHÜ1992]. Die Beiträge beider Koalitionspartner sind die Anreize des anderen Partners und umgekehrt. Sind diese Anreize auf Kundenseite grundsätzlich höher als

Page 199: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.7 Maßnahmen für eine erfolgreiche Anwendung der Methodik 181

die durch den Kunden eingebrachten Leistungen, wie beispielsweise finanzielle oder zeitliche Investitionen, ist der Kunde bestrebt, diese Bindung zu verstärken. Sinkt der Anreiz unter den Beitrag, den der Kunde bereit ist zu leisten, besteht die Gefahr, dass der Kunde die bestehende Koalition auflöst. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 5-39 in Form der Anreiz/Beitrags-Matrix dargestellt. Solange sich der Koalitionszustand im positiven Koalitionssektor befindet, wird der Kunde die Bindung aufrechterhalten. Sinkt der Anreiz im Verhältnis stärker als der Beitrag, wird der kritische Koalitionspunkt erreicht und das Verhältnis zwischen Kunde und Unternehmen wird instabil.

Abbildung 5-39: Anreiz-/Beitrags-Matrix mit exemplarischer Verschiebung des Anreiz-/ Beitragverhältnisses und Punkt der Koalitionsauflösung

Differenzierung von Bedürfnissen und Motivationen des Kunden

Für das Unternehmen ist es von essentieller Bedeutung, ein Anreizsystem zu schaffen, das ei-nen höheren Nettoanreiz als Wettbewerber erzielt und kundenseitig einen dauerhaften Nutzen sichert. Dieses Anreizsystem soll den Kunden motivieren, aktiv einen Beitrag in Form des Feedbacks zu liefern, ohne dies als belastenden Mehraufwand zu empfinden. Wie auch beim Konsum- bzw. Kaufverhalten stellt die Motivation den psychologischen Kernprozess bei der Beteiligung an der Feedbackformulierung dar. Diese Motivation entsteht durch wahrgenom-mene Reize, die durch unterschiedliche Motive aktiviert werden. Zu diesen Motiven zählen [REIS2005]:

Konsummotive setzen sich aus mehreren Teilmotiven wie Ökonomik, Sparsamkeit, Ratio-nalität, Prestige oder soziale Anerkennung zusammen. Weiterhin sind Emotionen (z. B. Lust, Erregung oder Neugier) von grundlegender Bedeutung.

Der eigene Nutzen beschreibt die Erwartung des Kunden, das Produkt optimal nutzen zu

Page 200: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

182 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

können. Hierbei spielt der Zusatznutzen, der aus einer bisherigen Unzufriedenheit mit ei-nem Produkt resultiert, eine wesentliche Rolle. Ein Zusatznutzen kann auch durch mate-rielle Gegenleistungen (z. B. Bonuspunkte) erreicht werden.

Spaß und Kreativität führen zu einer positiven Grundeinstellung des Kunden. Diese errei-chen einen „Flow“-Zustand, indem sie sich von Umgebungseinflüssen lösen und für eine Aufgabe begeistern.

Kosten stellen zunächst eine natürliche Hemmschwelle dar. Durch eine Kostenreduzie-rung kann jedoch erreicht werden, dass Kunden auf die Feedbackbeteiligung besonderen Wert legen und nicht nur auf das Ergebnis in Form des innovativen Produktes.

Durch die Motivation des Kunden werden menschliche Bedürfnisse geweckt, die einer Abstu-fung der Dringlichkeiten unterliegen. Zur Klassifizierung dieser Dringlichkeiten wird die Mo-tivationspyramide von Maslow herangezogen (vgl. Abbildung 5-40). Diese beschreibt fünf Bedürfnisebenen, die sukzessiv aufeinander aufbauen [MASL1954].

Abbildung 5-40: Maslow-Pyramide zur Klassifizierung der für die Kundenmotivation relevan-ten Bedürfnisse

Aufgaben und Komponenten eines Kunden-Anreizsystems

Da die Beteiligung des Kunden an der Feedbackintegration nicht auf eine existenzielle Not-wendigkeit zurückgeführt werden kann, müssen die Anreizsysteme emotionale Aspekte adres-sieren. Hierdurch wird dem Kunden die Möglichkeit gegeben, sich selbst zu verwirklichen, Mitverantwortung bei der Entwicklung eines Produktes zu empfinden und an der Realisierung eigener Bedürfnisse zu partizipieren. Zur Motivation des Kunden wird davon ausgegangen, dass die Bedürfnisse der beiden untersten Ebenen der Maslow-Pyramide erfüllt sind und bzgl. der Beteiligung an der Feedbackartikulation keinen Einfluss ausüben. Die Anreizsysteme ad-ressieren daher die Ebenen der sozialen Bedürfnisse, Achtung und Selbstverwirklichung (vgl. Abbildung 5-41). In Tabelle 5-10 sind einige ausgewählte Anreize, deren Zuordnung zu den

Page 201: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.7 Maßnahmen für eine erfolgreiche Anwendung der Methodik 183

Bedürfnisebenen der Motivationspyramide sowie Beispiele aus dem Bereich der Mobilfunk-branche dargestellt.

Anreiz Bedeutung für Kunden Bedürf-nisebene Beispiel

Produktindividualisie-rung

Kreative Ausgestaltung der eigenen Pro-duktvorstellung; Verwirklichung eines individuellen Lebensstils; Miterleben der Produktentstehung

5

Kundenindividuelle Farbwahl für das Mobiltelefon

Modularisierung von Produkt- und Leis-tungskomponenten

Reduzierung der Anwendungskomplexi-tät eines Produktes; Optimierung der Leistungszusammenstellung

5 Konfiguration von Softwarefunktionen

Exklusivrechte und Vorzugsbehandlung

Empfinden technologischer Überlegen-heit gegenüber Umwelt; Belohnung und Genießen einer Sonderstellung

4 Erhalt eines Mobilte-lefons vor Marktein-führung

Finanzielle Anreize Kosteneinsparungen; Nutzung von Pro-dukt- oder Leistungselementen, die zu-vor zu kostenintensiv waren

3 Kostenloser SMS-Versand

Produktbezogene Zu-satzleistungen

Erweiterung des Anwendungsraumes für ein Produkt; Nutzung innovativer An-wendungsfelder

4 Kostenloses Headset

Produktfremde Zusatz-leistungen

Verwirklichung von Wünschen; Erhöhung des Komforts; positive Emotionen und Begeisterung aufgrund von Geschenken

4 Tankgutscheine

Tabelle 5-10: Ausgewählte Komponenten eines Anreizsystems zur Motivation des Kunden

Die aufgeführten Anreize zeigen, dass die Relevanz einer Erlebnisorientierung, Selbstverwirk-lichung und individueller Sonderstellung im Umfeld des Kunden sehr hoch ist. Die aktive Be-teiligung an der Produktenwicklung ermöglicht es dem Kunden zudem, seine dynamisch Ver-änderlichen Anforderungen und Wertvorstellungen zeitnah zu realisieren. Weiterhin bedeuten die Anreize für den Kunden direkte Einsparpotenziale (Preisnachlässe), aber auch indirekte Kosteneinsparung (z. B. durch Geschenke). Kundenanreize sind für das Anbieterunternehmen daher auch mit finanziellem Aufwand verbunden. Für das produzierende Unternehmen bedeu-tet die Gewinnung von Anwenderwissen in Form von Feedbackinformationen einen finanziel-len Vorteil, da die gezielte Verwertung des Kundenfeedbacks neben der effektiven, kundenge-rechten Produktentwicklung eine Verkürzung der Durchlaufzeiten und Reduktion von Schnitt-stellen (z .B. zum Marketing) ermöglicht. Dieser finanzielle Vorteil kann im Rahmen der öko-nomischen Machbarkeit an den Kunden weitergegeben werden.

Neben der Motivation des Kunden im Vorfeld der Feedbackgewinnung sollte eine Rückmel-dung an den Kunden erfolgen, in welcher Form seine Anforderungen umgesetzt wurden. Kun-den erwarten bei der Kommunikation mit einem Anbieterunternehmen schnelle, wenn nicht sogar Echtzeit-Informationen bzw. -Reaktionen auf die Formulierung ihrer Bedürfnisse oder

Page 202: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

184 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Produktänderungswünsche. Auf diese Weise wird dem Kunden die hohe Relevanz seiner Be-teiligung veranschaulicht und die Verwertung seiner Informationen belegt.

5.7.2 Anreizkonzept für Produktentwickler

Die Integration von Kundenfeedbackinformationen stellt für Produktentwickler einen Mehr-aufwand dar. Dies bezieht sich zum einen auf die Pflege und Verwendung der Feedbackinfor-mationen, zum anderen auf die Anwendung neuer oder erweiterter Softwarewerkzeuge. Neben den bereits in Kapitel 5.2.1 erläuterten organisatorischen Maßnahmen zur Implementierung einer kundenorientierten Unternehmensführung sind daher Anreizsysteme notwendig, die di-rekt in der Produktentwicklung auf Mitarbeiterebene greifen. In der Literatur wird dem An-reizsystem der Vergütung bei der Durchsetzung eines kundenorientierten Mitarbeiterverhal-tens eine hohe Bedeutung beigemessen [KOJA1990]. Dieser isolierte Ansatz zeigt allerdings starke Schwächen, weil er das taktische Verhalten honoriert und ausschließlich auf finanziel-len Ergebnisindikatoren (z. B. Umsatzrendite) beruht. Um Mitarbeiter der Produktenwicklung zu motivieren, die Integration des Kundefeedbacks aktiv zu unterstützen, sind die Anreize jedoch zusätzlich an der erreichten Kundenzufriedenheit auszurichten.

Anforderungen an ein Anreizsystem für den Produktentwickler

Bei der Planung und Umsetzung eines kombinierten Anreiz- und Vergütungssystems sind ei-nige zentrale Anforderungen zu beachten. Diese sind in Tabelle 5-11 dargestellt.

Anforderung Beschreibung

Motivation Anreize und zusätzliche Vergütungen sollen das Mitarbeiterverhalten beeinflus-sen und steuern (siehe auch Ebenen 4-5 der Maslow-Pyramide, Abb. 5-40).

Flexibilität Entsprechend der Unternehmensflexibilität sind Anreizsysteme ebenfalls flexi-bel zu gestalten, um veränderte Umweltbedingungen/Kundenanforderungen widerspiegeln zu können.

Differenzierung Aufgabengebiete (z. B. Produktplanung, Konstruktion, etc.) und Position (z. B. Projektleiter oder Abteilungsleiter) von Mitarbeitern müssen bei der Gestaltung des Systems unterschieden werden.

Transparenz Das Anreiz- und Vergütungssystem muss den Mitarbeitern bekannt, verständ-lich und nachvollziehbar sein.

Effizienz Anreiz und Vergütung sind klar mit einem Leistungsanspruch zu verbinden und müssen durch die Mitarbeiter erwirtschaftet werden.

Zurechenbarkeit Die individuelle Einzelleistung eines Mitarbeiters muss in der Gesamtleistung identifizierbar sein. Es ist darauf zu achten, dass Mitarbeiter ihren Anteil an der Gesamtleistung erkennen können.

Gerechtigkeit Die Komponenten des Anreiz- und Vergütungssystems sind fair zu gestalten, damit es von allen Mitarbeitern als gerecht empfunden und akzeptiert wird.

Tabelle 5-11: Anforderungen an ein kundenorientiertes, kombiniertes Anreiz- und Vergütungs-system (angelehnt an [BRUH2002])

Page 203: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.7 Maßnahmen für eine erfolgreiche Anwendung der Methodik 185

Die Zufriedenheit des Kunden steht in einem direkten Zusammenhang mit der Zufriedenheit der Mitarbeiter in dem Anbieterunternehmen, da zufriedene Mitarbeiter in der Regel ein höhe-res Leistungsniveau aufweisen und so eine höhere Produktqualität erzeugen. Das Anreiz- und Vergütungssystem ist daher an der Mitarbeiterzufriedenheit auszurichten. Dazu sind im Sys-tem Bemessungskriterien festzulegen, anhand derer verfolgt werden kann, welcher Anreiz zu welcher Motivation geführt hat.

Motivationen für den Produktentwickler

Zunächst sind extrinsische und intrinsische Motivationen zu unterscheiden [WILD2004]:

Extrinsische Motivation wird durch Faktoren außerhalb der konkreten Arbeitsinhalte be-einflusst. Hierzu zählen z. B. Entlohnung und Gehalt, die zwischenmenschliche Bezie-hungen zu Mitarbeitern und Vorgesetzten, verbesserte Arbeitsbedingungen oder die Si-cherheit des Arbeitsplatzes.

Intrinsischen Motivation entsteht durch die Arbeitsinhalte selbst und erzeugt primär eine Selbstzufriedenheit. Zu den Motivatoren gehören z. B. die Anerkennung von Leistung und Erfolg, kreative Arbeitsinhalte, die Übernahme von Verantwortung oder auch der berufli-che Aufstieg.

Die Bedeutung der intrinsischen Motivation ist deutlich höher einzustufen als die der extrinsi-schen Motivation, da äußere Anreize nur bereits vorhandene Motive verstärken, diese aber nicht aktiv erzeugen können. Vielmehr verspricht die Einbeziehung beteiligter Mitarbeiter in die Feedbackintegration in Form von Qualitätsverantwortung und der Erweiterung von Befug-nissen ein deutlich höheres Motivationsergebnis. Abbildung 5-41 zeigt einige Anreizarten zur Motivation der Produktentwickler.

Abbildung 5-41: Anreizarten für Produktentwickler unter Berücksichtigung extrinsischer und intrinsischer Motivation

Page 204: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

186 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

Arbeitsbedingungen und -inhalte sind somit derart zu gestalten, dass die Mitarbeiter aus einer inneren Überzeugung heraus das Kundenfeedback und die Kundenzufriedenheit als elementare Steuerungsgröße für die Produktqualität betrachten. Die Anreize können sowohl für individu-elle Personen als auch für Mitarbeitergruppen (Abteilungen, Arbeitsgruppen, Projektteams) ausgearbeitet werden. Gruppenbezogene Anreize können beispielsweise Teamprämien sein.

5.7.3 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Kundenfeedback-Integration

Neben der bereits erwähnten Effektivitätssteigerung berücksichtigt das Konzept der Kunden-feedback-Integration gleichzeitig die Einhaltung der unternehmerischen Rahmenbedingungen. Neben der Wirtschaftlichkeit der Produktentwicklung steht hierbei insbesondere die Wahrung der Effizienz im Vordergrund, die sich letztendlich auch wieder in den ökonomischen Werten der Produktentwicklung widerspiegelt. Das erläuterte Konzept soll dazu beitragen, Fehlinter-pretationen der Kundenbedürfnisse zu vermeiden und eine aus Kundensicht optimale Produkt-qualität zu gewährleisten, die sich in der Ausgewogenheit von Produktfunktionalität, Design und Preis äußert. Ziel ist daher die Schaffung eines maximal möglichen Kundennutzens bei gleichzeitig gesicherter Wirtschaftlichkeit der Produktentwicklung für das Unternehmen.

Mit der Bestrebung, den Kundennutzen und die Kundenzufriedenheit bereits in den Phasen der Produktentwicklung zu optimieren, geht unternehmensseitig ein zeitlicher und materieller Ressourceneinsatz einher, der zwangsläufig zu einer wirtschaftlichen Rechtfertigung der Kun-denfeedback-Integration führt. Dem Nutzen und der Zufriedenheit auf der Kundenseite steht daher die Wirtschaftlichkeit der Kundenfeedback-Integration auf Unternehmensseite gegen-über. Diese beiden Faktoren müssen sich die Waage halten, sodass durch die Wahrung der Wirtschaftlichkeit des Produktentwicklungsprozesses der angestrebten Kundenzufriedenheit eine ökonomische Grenze gesetzt wird (vgl. Abbildung 5-42). Auch wenn die kundenorientier-te Ausrichtung des Unternehmens die Maximierung der Kundenzufriedenheit adressiert, muss die Erfüllung der Kundenbedürfnisse für das Unternehmen profitabel bleiben. Im Extremfall wünscht sich der Kunde eine maximale Leistung zum geringsten Preis, was für das Unterneh-men das Ausbleiben der Gewinne und damit eine Existenzgefährdung bedeuten würde. Um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Kundennutzen/-zufriedenheit zu gewährleisten, sind daher entsprechende Controlling-Instrumente im Unternehmen einzurich-ten, welche eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Feedbackintegration ermöglichen71.

Durch die Integration von Kundenfeedback-Informationen in die Produktentwicklung muss für das produzierende Unternehmen ein finanzieller Nettoerfolg resultieren. Dies bedeutet, dass die finanziellen Vorteile und Kosteneinsparungen, die sich aus der Feedbackintegration erge- 71 Von einer detaillierte Ausführung der Methoden und Instrument zur Wirtschaftlichkeitsberechnung wird an

dieser Stelle abgesehen. Je nach Unternehmen und Anwendungsfall sind geeignete Finanzkennzahlen für die Bildung eines Business Case zu wählen und die relevanten organisatorischen Bereiche der Produktentwick-lung zu bestimmen. Für eine Kosten-/Nutzen-Analyse dienen die in Abbildung 5-42 dargestellten Indikatoren.

Page 205: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

5.7 Maßnahmen für eine erfolgreiche Anwendung der Methodik 187

ben, die finanziellen Aufwände und Investitionen für die Feedbackintegration mindestens kompensieren müssen. Abbildung 5-42 zeigt die wichtigsten Indikatoren für die in die Wirt-schaftlichkeitsberechnung negativ einfließenden Aufwände und Kosten sowie die positiv ein-fließenden Vorteile und Einsparpotentiale.

Abbildung 5-42: Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Kundenfeedback-Integration

Der Grossteil der Kosten für die Kundenfeedback-Integration resultiert aus der notwendigen Interaktion und Kommunikation mit den Kunden. Aufwände entstehen hier durch die Einrich-tung der Kommunikationskanäle und -medien (z. B. Hard- und Software für den multimedia-len Feedback-Assistenten) sowie durch den zeitlichen und personellen Einsatz für die Kun-denkommunikation. Sowohl die Aufbereitung der Produktdaten für die Feedbackgewinnung als auch die Analyse der Feedbackdaten erfordern zusätzliche produktentwicklungsinterne Ressourcen. Weiterhin sind die aus den Feedbackinformationen abgeleiteten Maßnahmen für Produktoptimierungen und die Steigerung der Produktqualität mit einem zeitlichen und finan-ziellen Aufwand verbunden. In Einzelfällen kann die Ausrichtung der Produktentwicklung an den Kundenanforderungen zu einer Zunahme der Produktkomplexität führen, was zu einem erhöhten Produktentwicklungs- und Datenverwaltungsaufwand führt. Diese indirekten Folgen der Feedbackintegration sind bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung ebenfalls zu berücksichti-gen.

Den beschriebenen Aufwänden und Kosten stehen die Vorteile und Einsparpotentiale der Feedbackintegration gegenüber. Als elementarer Vorteil ist die Erweiterung des Wissens bzgl. der Kundenbedürfnisse zu nennen. Es dient der Reduzierung des Innovationsrisikos – insbe-sondere in heterogenen Märkten – sowie der Vermeidung von Fehlentwicklungen und wirkt sich damit positiv auf die Effektivität der Produktentwicklungsprozesse aus. Auf der Basis der Feedbackinformationen können sowohl die strategische Produktplanung als auch die operati-ven Produktentwicklungsprozesse zielorientiert ausgerichtet werden, was wiederum der Effi-

Page 206: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

188 5 Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung

zienz und der Vermeidung von Streuverlusten im Markt zugute kommt. Zudem können Zu-satzgewinne durch den vermehrten Absatz eines kundenorientierten Produktes und eventuelle Preiszuschläge, die der Kunde für ein optimales Produkt zu zahlen bereit ist, ereicht werden. Die Ausrichtung der Produktentwicklung an den Kundenbedürfnissen verhilft dem produzie-renden Unternehmen zu einer vorteilhaften Wettbewerbsposition. Dieser Vorteil kann in Form höherer Produktpreise genutzt werden. Als weitere Vorteile sind ein steigendes Kundenbin-dungs- und Cross-Selling-Potenzial zu nennen. Die Zufriedenheit des Kunden mit einem Pro-dukt und dem Herstellerunternehmen steigert die Kundenloyalität und erhöht die Wahrschein-lichkeit des Wiederkaufs bei einem Neubedarf des Kunden.

Page 207: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6 Prototypische Realisierung 189

6 Prototypische Realisierung

In diesem Kapitel wird die prototypische Realisierung der in Kapitel 5 entwickelten Verfah-ren, Vorgehensmodelle und informationstechnischen Konzepte der Methodik zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung dargelegt. Im Vordergrund der verwendeten und entwickelten Softwarebausteine stehen ein modularer Aufbau, eine Betriebssystemunab-hängigkeit und eine flexible Systemimplementierung, sodass weitere externe Softwareanwen-dungen über Schnittstellen an das System angebunden werden können. Aus Anwendersicht verfolgt die Systemimplementierung eine Benutzerfreundlichkeit, die sich sowohl in der einfa-chen, anwenderorientierten Gestaltung der Benutzungsoberflächen für Kunden als auch in der tief greifenden Integration des Systems in die IT-Umgebung des Produktentwicklers wider-spiegelt. Im Folgenden werden zunächst die IT-Architektur und deren Systembausteine sowie die eingesetzten IT-Standards und -Werkzeuge beschrieben. Im Anschluss wird für das Fall-beispiel der Entwicklung eines Mobiltelefons ein exemplarisches Anwendungsszenario entwi-ckelt, das die Arbeitsweise und Funktionen des prototypischen Feedback-Systems veranschau-licht.

6.1 IT-Systemarchitektur

Die Implementierung des prototypischen Feedback-Systems verfolgt konsequent die Nutzung der Internet-Technologie, um der Forderung einer verteilten Feedbackgewinnung nachzu-kommen und eine Plattformunabhängigkeit zu gewährleisten. Die verwendeten Softwaremo-dule und Infrastrukturen für die Interaktionen zwischen den Modulen wurden daher durchgän-gig webbasiert ausgelegt und realisiert. Die Auswahl der IT-Standards und -Werkzeuge für die Implementierung des Feedback-Systems erfolgte unter Berücksichtigung der oben beschriebe-nen Systemanforderungen. Weitere Auswahlkriterien waren die freie Verfügbarkeit der Soft-warebausteine (Open Source Software) und die Gewährleistung einer ausreichenden System-performance, um den kundenseitigen zeitlichen Feedbackartikulationsaufwand zu minimieren.

6.1.1 Eingesetzte IT-Standards und -Werkzeuge

PDM-System Windchill

Als exemplarisches PDM-System für die Simulation der informationstechnischen Umgebung des Produktentwicklers wurde das System Windchill der Firma PTC ausgewählt. Windchill ist vollständig in Java implementiert und damit plattformunabhängig einsetzbar. Zudem basiert es

Page 208: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

190 6 Prototypische Realisierung

auf einer durchgängig webbasierten Architektur, sodass der Zugriff auf das System über einen einfachen Webbrowser möglich ist. Diese Eigenschaften des Windchill-Systems ermöglichen die Anwendung und Verknüpfung offener Softwaresysteme und die Nutzung allgemeingülti-ger Standards, um das PDM-System in die Infrastruktur des Feedback-Systems integrieren zu können. Zudem ist der Datenaustausch zwischen dem PDM-System und den weiteren Soft-waremodulen des Feedback-Systems auf einem rein webbasierten Weg sichergestellt. Das verwendete Windchill-System beinhaltet die Windchill-Module „PDM-Link” und “Project-Link”, welche bereits vordefinierte Objekte und PDM-Funktionen für den Engineering-Bereich zur Verfügung stellen.

XML und XSL

Für den Datenaustausch und die Speicherung der gewonnenen Feedbackinformationen werden XML-Dokumente verwendet. XML (Extensible Markup Language) stellt eine erweiterbare Meta- und Auszeichnungssprache dar und ist ein Standard zur Erstellung maschinen- und menschenlesbarer Dokumente in Form einer Baumstruktur, der vom World Wide Web Con-sortium (W3C) definiert wird. Vorteil der Verwendung von XML ist die einheitlich festgelegte Struktur der zu speichernden und auszutauschenden Daten, wodurch die Integration der Feed-backdaten in die PDM-Umgebung wesentlich erleichtert wird. Die anforderungsgerechte Vi-sualisierung der XML-Daten erfolgt durch XSL (Extensible Stylesheet Language).

Web Services und SOAP

Web Services stellen eine Möglichkeit dar, über Internet verteilte Anwendungen zur Verfü-gung zu stellen. Sie kommen in heterogenen Systemumgebungen zum Einsatz und ermögli-chen die automatisierte Kommunikation zwischen Applikationen sowie Funktionsaufrufe auf verteilten Rechneranwendungen (Remote Procedure Calls) über das Internet. Als Mechanis-mus für die Remote-Prozeduraufrufe wird der Protokollstandard des W3C SOAP (Simple Ob-ject Access Protocol) eingesetzt. Er verschlüsselt mit dem Datendarstellungsprotokoll XML die Anfrage und das Ergebnis der Applikationskommunikation und basiert in der hier vorge-stellten Systemarchitektur auf den Internetprotokollen HTTP72 und TCP/IP73. SOAP ist unab-hängig von Betriebssystemen, Programmiersprachen und Objektmodellen.

Apache Tomcat Server

Apache Tomcat wurde innerhalb eines Open-Source-Projektes der Apache Software Foundati-on entwickelt und stellt eine Umgebung zur Ausführung von Java-Code auf Webservern be-reit. Es handelt sich um einen in Java geschriebenen Servlet-Container und verfügt über einen HTTP-Server.

72 HTTP: Hypertext Transfer Protocol 73 TCP/IP: Transmission Control Protocol/Internet Protocol

Page 209: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.1 IT-Systemarchitektur 191

6.1.2 Modularer Aufbau und IT-Infrastruktur des Feedback-Systems

Der informationstechnische Aufbau des Feedback-Systems gliedert sich in die drei grundle-genden Module:

PDM-System Windchill,

Feedback-Manager (Serverapplikation auf dem Tomcat Server, Produktdaten-/Feedback-Repository),

Feedback-Clientapplikation, die in einem Webbrowser ausgeführt wird.

Der Aufbau des Feedback-Systems basiert auf einer Service-orientierten Architektur, die es den verschiedenen IT-Anwendungen des Produktentwicklers und des Kunden erlaubt, unab-hängig vom verwendeten Betriebssystem Daten über das Internet auszutauschen und die Dienste des Feedback-Managers zu nutzen (vgl. Abbildung 6-1).

Abbildung 6-1: Architektur und IT-Infrastruktur des prototypischen Feedback-Systems

Der Feedback-Manager stellt die zentrale Komponente der Architektur dar und dient der Be-reitstellung von Produktinformationen für den Kunden, der Sammlung und Verwaltung des Feedbacks sowie der Bereitstellung der Feedbackinformationen für den Produktentwickler. Die Übernahme der Produktdaten aus dem PDM-System Windchill basiert auf dem FTP-Protokoll und erfolgt durch die Exportfunktionen von Windchill, bei der im PDM-System hin-terlegte Konfigurationsregeln und Produktstrukturen (Metadaten) als XML-Dokumente und Produktmodelle und Dokumente (Nutzdaten) als komprimierte Dateien in einem Produktda-ten-Repository des Feedback-Managers abgelegt werden.

Page 210: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

192 6 Prototypische Realisierung

Der Feedback-Manager erzeugt als Webserver den kundenseitigen, webbasierten Feedback-Client, den der Kunde in einem einfachen Webbrowser zum Produkttest und für die Feedback-artikulation nutzen kann. Die Bereitstellung der Test- und Bewertungsdienste und die Auf-nahme der Feedbackinformationen aus dem Feedback-Client basieren auf SOAP. Die gewon-nenen Feedbackinformationen werden strukturiert als XML-Dateien in einem Feedback-Repository gespeichert und aufbereitet. Die Bereitstellung der aufbereiteten Feedbackdaten für den Produktentwickler erfolgts dabei unter Berücksichtigung beider in Kapitel 5.6.2 vorge-stellten Alternativen des zentralen und verteilten Feedback-Datenmanagements. Zum einen werden verdichtete Feedbackdaten direkt über eine Importfunktion in Windchill integriert, um den Kontextbezug zur Produktentwicklung zu gewährleisten. Zum anderen kann der Produkt-entwickler aus dem Windchill-Client heraus auf detaillierte Feedbackinformationen, die der Feedback-Manager als HTML-Seiten dynamisch erzeugt, über das Internet zugreifen.

6.2 Implementierung und Funktionsweise der IT-Module

6.2.1 Feedback-spezifische PDM-Erweiterung

Für die Feedback-spezifischen Funktionalitäten wurde das PDM-System Windchill angepasst und durch neue Funktionen sowie Feedback-Objekte erweitert. Die Integration und Steuerung des Feedbackprozesses wird durch die Einrichtung eines Feedback-Workflows und die Defini-tion von Feedback-Lebenszyklusstatus, die in Wechselwirkung zu den Freigabestatus von Windchill stehen, erreicht.

Abbildung 6-2: Definition von Feedback-Lebenszyklusstatus in Windchill

Page 211: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.2 Implementierung und Funktionsweise der IT-Module 193

Abbildung 6-2 zeigt die Implementierung der Feedback-Status im Lebenszyklus-Administrator von Windchill. Jeder Status ist mit spezifischen Aufgaben für den Produktent-wickler verbunden, die er im Rahmen des Feedbackprozesses bearbeiten muss.

Die Bereitstellung der Produktdaten für die Erzeugung des eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodells erfolgt aus Windchill heraus. Die Möglichkeit der detaillierten Produktda-tenprüfung und der Auswahl einer feedbackspezifischen Produktkonfiguration hat zu der Ent-scheidung geführt, die Datenübergabe an den Feedback-Manager durch einen manuellen Da-tenexport zu realisieren. Über den Funktionsaufruf „Aktion Feedback anfordern“ wird automa-tisch der Export-Manager von Windchill gestartet, in dem der Produktentwickler die Produkt-konfiguration für die Feedbackgewinnung definieren muss. Die Konfigurationsregeln für die Feedback-Client-Funktionen sind als XML-Dateien in Windchill dem Produkt zugeordnet und werden ebenfalls beim Datenexport an den Feedback-Manager übergeben.

Abbildung 6-3: Lebenszyklusstatus und Basiskonfigurationen in Windchill

Die Integration der Feedbackdaten in das Windchill-System erfolgt ähnlich der oben be-schriebenen Exportfunktion. Dabei werden XML-Dateien mit verdichteten Feedbackdaten importiert, den einzelnen Produktkomponenten zugewiesen und eine feedbackspezifische Pro-duktkonfiguration erzeugt, welche die Präferenzen der befragten Kunden widerspiegelt (vgl. Abbildung 6-3). Für die Visualisierung der Zufriedenheits-Indizes wurde das konzeptionell erarbeitete Ampelschema umgesetzt, das für jede vom Feedback betroffene Produktkompo-nente den Zufriedenheitsstatus signalisiert. Gleichzeitig kann der Produktentwickler Produkt-komponenten-bezogen über einen Link in der Windchill-Benutzungsoberfläche detaillierte Feedback-Informationen, die der Feedback-Manager generiert, abrufen.

Page 212: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

194 6 Prototypische Realisierung

6.2.2 Feedback-Manager

Der Feedback-Manager stellt die funktionale, kommunikative Schnittstelle zwischen Produkt-entwickler und Kunden dar. Um die geforderte Systemunabhängigkeit zu gewährleisten, wur-de die Applikation des Feedback-Managers auf der Basis des Webservers Tomcat in Java im-plementiert. Der Tomcat-Server besteht aus zwei grundlegenden Komponenten, einem Java-basierten Application-Server und einem HTTP-Server, der die Kommunikation zwischen Feedback-Client bzw. Windchill-Client und dem Feedback-Manager aufbaut (vgl. Abbildung 6-4).

Abbildung 6-4: Aufbau und Funktionsweise der Feedback-Manager-Applikation

Die einzelnen Funktionen des Feedback-Managers sind als Servlets74 implementiert worden. Der Tomcat-Server stellt hierzu eine Servlet-API75 sowie eine Servlet-Engine bereit. Die Serv-lets werden durch die Servlet-Engine instanziiert, die Antworten für den Client zur Laufzeit dynamisch erzeugt und an den Tomcat-eigenen HTTP-Server übergeben, der wiederum die generierten SOAP-Nachrichten oder HTML-Seiten an den Feedback-Client übermittelt. Die Web-Services des Application-Servers dienen der Erzeugung der Konfigurationsfunktionen für den Feedback-Client (Abfrage der möglichen Kombinationen von Produkteigenschaften), der

74 Servlets sind serverseitige Java-Programme, die nach einem Request-Response-Schema arbeiten und meist als

Erweiterung von Webservern (z. B. zum dynamischen Erzeugen von Webseiten) in sog. Servlet-Containern eingesetzt werden.

75 API (engl. Application Programming Interface): Schnittstelle zur Anwendungsprogrammierung

Page 213: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.2 Implementierung und Funktionsweise der IT-Module 195

Plausibilitätsprüfung auf der Basis der XML-basierten Konfigurationsregeln und der Aufnah-me bzw. Speicherung der Feedbackinformationen im Feedback-Repository. Die Informationen der Clientanfrage und Serverantwort werden dabei im XML-Format über SOAP (SOAP-Envelope) ausgetauscht. Die Benutzungsoberfläche des Feedback-Clients erzeugt der HTTP-Server als HTML-Seiten, wobei er zur Erzeugung des Test- und Bewertungsmodells über den Application-Server auf das Produktdaten-Repository zugreift. Detail-Informationen des Feed-backs für den Produktentwickler werden auf Anfrage des Windchill-Clients hin aus den aufbe-reiteten Feedback-XML-Dateien unter Verwendung von XSL anwendungsbezogen erzeugt und als HTML-Seiten zur Verfügung gestellt.

Auf der Grundlage der beschriebenen technologischen Server-Elemente übernimmt der Feed-back-Manager die in Kapitel 5.4.5 beschriebenen Aufgaben des multimedialen Feedback-Assistenten und bietet gleichzeitig als Feedback-Provider die Dienste zur Verwaltung und Bereitstellung des Feedbacks an:

Feedback-Assistenzdienst:

• Import, Verwaltung und Aufbereitung der Produktdaten für die Feedbackgewinnung,

• Abbildung der Feedbackfunktionen und der Regelwerke zur Konfiguration des Test- und Bewertungsmodells,

• Erzeugung des eigenschaftsbezogenen Test- und Bewertungsmodells,

• Generierung der Web-Seiten und Benutzungsoberfläche des Feedback-Assistenten,

Feedback-Providerdienst:

• Sammlung, Aufbereitung und Speicherung der Feedbackinformationen,

• Zuordnung des Feedbacks zur Produktstruktur,

• Übergabe der aufbereiteten Feedbackdaten an das PDM-System,

• Kontextsensitive Visualisierung der Feedbackdaten für den Produktentwickler.

Durch die Internet-basierte Servicearchitektur und die Verwendung von Web-Services ermög-licht der Feedback-Manager zudem die Einbindung weiterer verteilter, unternehmensinterner oder -externer Applikationen (z. B. CRM- oder ERP-Systeme) in die IT-Architektur des Feed-back-Systems.

6.2.3 Feedback-Client und Front-End des Feedback-Assistenten

Der Feedback-Client ist Teil einer einfachen Client-Server-Architektur, sodass der Kunde über einen Web-Browser die Assistenzdienste des Feedback-Managers nutzen kann, ohne zusätzli-che Software installieren zu müssen. Die serverseitige Erzeugung der Benutzungsoberfläche

Page 214: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

196 6 Prototypische Realisierung

des Feedback-Assistenten (Front-End) wird durch einen einfachen URI76-Aufruf des Client angestoßen. Die Oberfläche ist in drei Bereiche gegliedert, über die der Kunde entsprechend der folgenden Reihenfolge schrittweise geführt wird (vgl. Abbildung 6-5)77:

1. Auswahlmenü zur Selektion von Produkteigenschaften sowie Test- und Konfigurationsbe-reich,

2. Visualisierungsbereich zur Darstellung und Simulation des Test- und Bewertungsmodells,

3. Bewertungsbereich für die Bewertung und Gewichtung von Produkteigenschaften.

Abbildung 6-5: Benutzungsoberfläche des Feedback-Assistenten im Feedback-Client

Die Test- bzw. Konfigurations- und Bewertungsfunktionen sind als Java-Applets, die zur Lauf-zeit basierend auf den bereitgestellten Web-Services in Abhängigkeit von der gewählten Pro-dukteigenschaft dynamisch erzeugt werden, implementiert worden. Im ersten Schritt kann der Kunde die Auswahl einer Produkteigenschaft optional entweder über das Auswahlmenü oder per Selektion (Mouseklick) einer Komponente des durch Defaultwerte generierten Test- und Bewertungsmodells vornehmen. Die Gliederung des Auswahlmenus folgt dabei der in Kapitel 76 URI (engl. Uniform Resource Identifier): Zeichenfolge zur Identifizierung und zur Bezeichnung von Ressour-

cen im Internet 77 Die hier beschriebenen Schritte des Feedbackvorgangs beziehen sich auf die prospektive Feedbackgewin-

nung. Die Schritte und Benzungsoberflächen des retrospektiven Feedback-Assistenten gestalten sich analog. Allerdings beinhalten sie nicht die Konfigurationsfunktionen, sondern sind um einfache Eingabefunktionen zur Abfrage von Nutzungsinformationen erweitert.

Page 215: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.3 Anwendung des Prototypen anhand eines Entwicklungsszenarios 197

5.4 erläuterten Klassifizierung von Eigenschaftsfeldern und Produkteigenschaften. In dem Konfigurations-Applet stehen dem Kunden verschiedene Funktionen (Auswahlmenus, Check-Boxen, etc.) zur Verfügung, über die er eine individuelle Produktkonfiguration erstellen kann. Diese Konfiguration prüft der Feedback-Manager auf Plausibilität und versendet gegebenen-falls eine Warnmeldung bei Nonkonformität. Zudem hat der Kunde durch eine Texteingabe die Möglichkeit, Anforderungen frei zu formulieren.

Im zweiten Schritt wird bei gültiger Konfiguration im Visualisierungsbereich das dreidimensi-onale Test- und Bewertungsmodell auf der Grundlage der vom Kunden gewählten Produktei-genschaften dynamisch erzeugt und simuliert. Zusätzlich werden die Bezeichnung der gewähl-ten Produktkomponente sowie der zugehörige Produkteigenschaftskontext im Visualisierungs-bereich in Textform angezeigt. Für die Erzeugung und Simulation des Modells wurde ein 3D-Browser-Plugin verwendet, das auf einem vereinfachten CAD-Modell aufbaut. Um sich von dem Aufbau und den Funktionen des Produktes ein Bild machen zu können sowie für die Mit-gestaltung des Produktes stellt das Plugin einige einfache, kundenorientierte CAD- und Simu-lations-Funktionalitäten zur Verfügung. U. a. sind ein Ausblenden und Zuweisungen von Transparenzen zur Darstellung versteckter Modellelement, selektive Darstellungen von ein-zelnen Komponenten und Positionierungen möglich sowie klassische Zoom- und Bewegungs-funktionen gegeben. Neben den Design- und technisch orientierten Produkteigenschaften kön-nen über die Oberfläche des Feedback-Assistenten auch funktionale Eigenschaften (z. B. soft-waregesteuerte Menüführungen eines Mobiltelefons) simuliert und getestet werden.

Der dritte Schritt des Feedbackvorgangs beinhaltet die Bewertung des konfigurierten Produk-tes. Dazu hat der Kunde die Möglichkeit, Eigenschaftsfelder, Produkteigenschaften und deren Ausprägungen auf der Grundlage eigenschaftsspezifischer Skalen und Bemerkungen zu beur-teilen. Weiterhin erfolgt (entsprechend des in Kapitel 5.4.4 erarbeiteten Bewertungskonzeptes) eine Kano-basierte Abfrage der Bedeutung der bewerteten Produkteigenschaft/-ausprägung, um das Kundenfeedback gewichten zu können. Der kundenseitige Feedbackvorgang schließt mit der Betätigung des „Senden“-Buttons („Feedback abgeben“), wobei die Test-Informationen (Konfiguration, Anforderungen, etc.) und die Bewertungen des Kunden über SOAP an den Feedback-Manager übermittelt werden.

6.3 Anwendung des Prototypen anhand eines Entwick-lungsszenarios

Die Funktionsweise des prototypischen Feedback-Systems und der Feedbackprozesse soll an dem Beispiel eines Mobiltelefons veranschaulicht werden. Dazu wurde mit Unterstützung der Firma Motorola GmbH ein exemplarisches Produktentwicklungsszenario entwickelt, dass aus-gehend von dem Anwendungsbeispiel in Kapitel 3.1 die Entwicklung eines Mobiltelefons un-ter Einbeziehung von Kundenfeedback-Informationen simuliert. Für die Umsetzung des Sze-narios wurde von der Firma Motorola ein exemplarischer Produktdatensatz des Mobiltelefons „Panther II“ zur Verfügung gestellt. Das nachgehend vorgestellte Anwendungsszenario be-

Page 216: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

198 6 Prototypische Realisierung

schreibt die exemplarische Anwendung des prototypisch entwickelten Feedback-Systems für die Entwicklung dieses Mobiltelefons. Als informationstechnische Produktentwicklungsum-gebung wurde auch hier das PDM-System Windchill verwendet.

6.3.1 Szenariobeschreibung

Ein produzierendes Unternehmen der Mobilfunkbranche plant die Markteinführung des in der Entwicklung befindlichen Mobiltelefons „Panther II“. Dieses Mobiltelefon stellt eine Weiter-entwicklung bereits im Markt existierender Produkte dar, soll jedoch um einige neue Funktio-nalitäten und Features erweitert werden. Die Anforderungen an das neue Mobiltelefon wurden sowohl auf der Basis verschiedenster technischer Anforderungen, Marktanforderungen aus der internen Marketingabteilung sowie durch in der Vergangenheit gewonnene und verdichtete Feedbackinformationen der Kunden bestimmt. Zu den wesentlichen Neuerungen zählen zum einen Navigationselemente, insbesondere ein neu entwickelter Joystick, und zum anderen ver-längerte Betriebszeiten des Mobiltelefons, die durch größere und leistungsstärkere Akkus er-reicht werden können. Allerdings geht die Verwendung von größeren Akkus mit der Notwen-digkeit größerer Akku-Abdeckungen (Akku-Cover) einher, welche die Produktabmessungen und damit das Handling des Mobiltelefons wesentlich beeinflussen. Es wurden daher drei Va-rianten des Akku-Covers entwickelt, deren Größe von dem verwendeten Akku abhängig ist (vgl. Abbildung 6-6).

Abbildung 6-6: Explosionszeichnung eines CAD-Modells des Mobiltelefons „Panther II“

Bezüglich der Akzeptanz der innovativen Navigationselemente und der Kundenpräferenz für Betriebszeiten in Kombination mit unterschiedlichen Produktabmessungen besteht jedoch Un-sicherheit bei den Produktentwicklern. Die Entwicklungsabteilung des Unternehmens strebt daher die Integration von Kundenfeedback in die internen Entwicklungsabteilungen an, um die entwickelten Vorentwürfe auf der Basis der Kundenfeedback-Informationen validieren zu

Page 217: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.3 Anwendung des Prototypen anhand eines Entwicklungsszenarios 199

können und Kundenpräferenzen für die variablen Betriebszeiten bzw. Akku-Cover zu erhalten. Ziel der Feedbackintegration ist eine sichere Entscheidungsgrundlage für die weiterführende Entwicklung und Optimierung oder die Einstellung von Entwicklungstätigkeiten für die be-schriebenen Produktkomponenten.

6.3.2 Feedbackprozesses-Initiierung durch die Produktentwicklung

Die grundlegenden Kundenanforderungen an das Telefon wurden bereits im Rahmen der Mak-rointegration aus verdichteten Feedbackinformationen und Beschwerdedaten des Service-Bereiches extrahiert und in digitale Vorentwürfe umgesetzt. Die Informationen der Makroin-tegration sind im PDM-System als Dokument hinterlegt und mit dem Mobiltelefon verknüpft, sodass ein Zugriff im Kontext des Projektes „Panther II“ möglich ist (vgl. Abbildung 6-7).

Abbildung 6-7: Initiierung des Feedbackprozesses und Produktdaten-Export

Page 218: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

200 6 Prototypische Realisierung

Für den Feedback-Integrationsprozess ist bereits ein entsprechender Workflow im unterneh-menseigenen PDM-System Windchill hinterlegt. Nachdem der Produktentwickler nach einge-hender Prüfung die Eignung der digitalen Produktmodelle für die Feedbackgewinnung geprüft hat, gibt er die Produktdaten für den Feedbackprozess frei und initiiert diesen über die Aktion „Feedback anfordern“ im Windchill-System. Dabei gehen nur die Komponenten der Produkt-struktur in den Feedbackprozess ein, die zum einen durch den Kunden getestet und bewertet werden sollen und zum anderen für die Visualisierung und Simulation des Test- und Bewer-tungsmodells notwendig sind, um einen Gesamteindruck von dem Mobiltelefon zu erhalten. Durch den Start des Feedback-Workflows wird die Export-Funktion von Windchill aufgeru-fen, die der Übergabe der Produktdaten an den Feedback-Manager dient. Im Windchill-Export-Manager wählt der zuständige Produktentwickler die Produktkonfiguration für die Feedbackgewinnung, die zuvor in der Produktstruktur festgelegt wurde.

6.3.3 Test und Bewertung des Mobiltelefons durch Kunden

Für die Auswahl von Feedback-Kunden wurde zunächst auf die unternehmensinternen Kun-denprofile aus den Service- und Aftersales-Bereichen und der Marketingabteilung des Unter-nehmens zurückgegriffen. Dabei ist der Kundenstamm auf eine ausgewählte Menge geeigneter Feedbackkunden eingegrenzt worden, die gezielt für die Feedbackgewinnung kontaktiert wer-den. Diese werden durch Kundenkontakte aus externen Meinungsforschungsinstituten ergänzt, um eine kritische Masse an Feedbackkunden zu erreichen und auch Konkurrenzkunden befra-gen zu können. Zudem wurde der Feedback-Assistent in die Homepage des Unternehmens eingebunden, um auch interessierte Neukunden in die Feedbackgewinnung einzubeziehen.

Abbildung 6-8: Korrelation zwischen Eigenschafts- und Komponenten-Präferenz

Page 219: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.3 Anwendung des Prototypen anhand eines Entwicklungsszenarios 201

Über die Oberfläche des Feedback-Assistenten können die kontaktierten Kunden und neuen Interessenten das digitale Produkt und seine Eigenschaften testen und bewerten. Wie erwähnt stehen dabei die Navigationselemente und das Produktdesign in Verbindung mit den Betriebs-zeiten im Vordergrund. Die Konfiguration der Eigenschaft „Betriebsdauer“ im Feedback-Assistenten führt automatisch zu der Auswahl des entsprechenden Akkus und des zugehörigen Akku-Covers durch die Konfigurationsregeln des Feedback-Assistenten. Diese basieren auf den semantischen Korrelationen (Ontologien des Test- und Bewertungsmodells) zwischen kundenorientierter Produkteigenschaft und technischer Produktkomponente. Je nach gewählter Stand-by-Zeit des Mobiltelefons wird daher das entsprechende Akku-Cover im Test und Be-wertungsmodell generiert (vgl. Abbildung 6-8). Aus der kundenspezifischen Variation der gewünschten Stand-by-Zeit resultiert damit eine Präferenz für das zugehörige Akku-Cover, die der Kunde zusätzlich bewertet. Der Test und die Bewertung des Joysticks erfolgt in Analogie zu den in Kapitel 6.2.3 beschriebenen Schritten.

6.3.4 Validierung des Mobiltelefons auf der Basis des Feedbacks

Ist eine kritische Masse an Kundenfeedback erreicht, wird der Produktentwickler über einen Notification-Service informiert und ihm die Aufgabe der weiteren Feedbackprüfung bzw. -verarbeitung über den Feedback-Workflow von Windchill zugewiesen. Teilprozess dieses Workflows ist der manuelle Import der aufbereiteten Feedbackdaten aus dem Feedback-Repository des Feedback-Managers in das PDM-System.

Nach dem Import der Feedbackdaten wird in Windchill automatisch die feedbackspezifische Produktkonfiguration („03_Feedback_Präferenz“) erzeugt, welche unmittelbar Aufschluss über die bevorzugten Produktkomponenten gibt. Im Falle der Akku-Cover resultiert aus den kundenseitigen Konfigurationen der Betriebszeiten und der Bewertung der zugehörigen Akku-Cover eine Präferenz für das Akku-Cover 1100, das mit der längsten Stand-by-Zeit (8 bis 12 Tage) verknüpft ist. Auch die Akzeptanz des Joysticks in Kombination mit weiteren Navigati-onselementen (Tastatur und „Up/Down-Button“) konnte sichergestellt werden. Allerdings äu-ßerten die Kunden bzgl. des Joysticks grundlegende Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Bauteilgröße und des Bedienkomforts.

Die extrahierten Kundenzufriedenheitsstatus werden für die Komponenten der Produktstruk-tur, die Gegenstand des Feedbackprozesses sind, in Windchill als Ampelsignale angezeigt (vgl. Abbildung 6-9). Für das Bauteil Joystick resultiert entsprechend ein rotes (Unzufriedenheit), für das Akku-Cover 1100 ein grünes Signal (Zufriedenheit). Feedbackinformationen für Kom-ponenten, die nicht Bestandteil der Präferenz-Konfiguration sind (z. B. die beiden von den Kunden nicht gewünschten Akku-Cover), werden durch ein Fragezeichen signalisiert. Das Ampelsignal für das Gesamtprodukt ergibt sich aus den einzelnen Signalen der untergeordne-ten Bauteile und -gruppen. D. h., dass die Freigabe des Gesamtproduktes erst erfolgen kann (grünes Signal), wenn keine Komponente der Produktstruktur mehr ein rotes Signal besitzt und die Anzahl der gelben Signale (kritischer Zufriedenheitsbereich) einen definierten Grenz-

Page 220: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

202 6 Prototypische Realisierung

wert nicht überschreitet. Die Produktfreigabe ist bei Komponenten mit kritischem Zufrieden-heitsbereich weiterhin von der technischen Bedeutung78 und der bestehenden Zielwertabwei-chung der Komponenten abhängig, die sich aus der Anwendung des in Kapitel 5.5.2 vorge-stellten erweiterten HoQ ergeben.

Abbildung 6-9: Integrierte Feedbackdaten (Präferenz-Konfiguration, Ampel-Signale) und Produktkomponenten-spezifische Feedback-Details

Über einen hinterlegten Link kann der Produktentwickler für eine Produktkomponente spezifi-sche Detailinformationen des Feedbacks abrufen, (in Abbildung 6-9 für das Bauteil Joystick). Zu diesen Detailinformationen zählen neben den genauen Zufriedenheits-, Präferenz-, Ziel-wertangaben und der technischen Bedeutung die verdichteten, gewichteten Kundenanforde-rungen. Zusätzlich werden dem Produktentwickler die der Bewertung zugrunde liegenden Ei- 78 Die technische Bedeutung einer Produktkomponente ergibt sich aus ihrem Einfluss auf die kundenorientierte

Produkteigenschaft und der Gewichtung der Kundenanforderungen, sodass sie hier auch als Maß zur Beurtei-lung der Bedeutung für den Kunden betrachtet werden kann (siehe Kapitel 5.5.2).

Page 221: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

6.3 Anwendung des Prototypen anhand eines Entwicklungsszenarios 203

genschaftsfelder und Produkteigenschaften angezeigt, um den kundenseitigen Feedback-Kontext zu veranschaulichen und das Verständnis für die Kundensichtweise zu fördern.

Der Joystick entspricht noch nicht den Anforderungen der Kunden und muss in weiteren Ent-wicklungsaktivitäten entsprechend des Kundenfeedbacks optimiert werden. Die beschriebenen Schritte ermöglichen dem Produktentwickler eine direkte Prüfung und Validierung der Pro-duktdaten des Mobiltelefons „Panther II“ auf der Basis der gewonnenen Feedbackinformatio-nen. Mit der Feedbackintegration wird ihm eine in die Produktentwicklungsumgebung integ-rierte Entscheidungshilfe an die Hand gegeben, um das Mobiltelefon an den Bedürfnissen des Kunden ausrichten zu können. Die Weiterentwicklung der Varianten für die Akku-Cover kön-nen auf ein Cover beschränkt und damit Fehlentwicklungen und unnötigen Entwicklungs- und Produktionskosten vermieden werden. Die Optimierung und Verwendung des Joysticks ver-spricht einen gesteigerten Kundennutzen und Markterfolg, der sich zusätzlich in dem wirt-schaftlichen Unternehmenserfolg niederschlagen wird.

Page 222: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 223: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

7 Verifikation und Bewertung 205

7 Verifikation und Bewertung

Verifikation der Anforderungen an die Feedbackgewinnung (Tabelle 7-1)

Durch die konzeptionelle Auslegung der entwickelten Methodik für die Phasen der Produkt-planung und Konstruktion und die Verwendung von ersten digitalen Produktentwürfen für den multimedialen Feedback-Assistenten ist eine frühzeitige Feedbackgewinnung von Feedbackin-formationen sichergestellt. Der Ansatz der prospektiven und retrospektiven Betrachtung der Kundenbedürfnisse ermöglicht den direkten Vergleich von Kundenanforderungen vor der Pro-duktnutzung mit Anwendungserfahrungen des Kunden während der Produktnutzungsphase. Die beiden Integrationsverfahren der Mikro- und Makrointegration berücksichtigen dabei so-wohl die kurzfristigen Änderungen der Kundenanforderungen als auch die langfristigen Be-dürfnisentwicklungen der Kunden. Allerdings orientiert sich die Feedbackgewinnung an den jeweiligen Prozessschritten des Produktentwicklungsprojektes und nicht an den Zeitpunkten der Anforderungsänderungen. Eine flexible Reaktion der Produktentwicklung in Abhängigkeit von einer Anforderungsveränderung ist daher nur bedingt möglich. Eine vollständige Ausrich-tung der Produktentwicklungsaktivitäten an diesen Änderungen würde auch die Effizienz der Produktentwicklung maßgeblich verringern, zumal nicht alle Kunden zum gleichen Zeitpunkt ihre Anforderungen ändern.

Zeitpunkt/Quellen Feedback-Artikulation Feedbackqualität

Frühzeitige Gewinnung Eigenschaftsorientierung Aktualität des Feedbacks

Produktnutzung Verständlichkeit f. Kunden Innovationsgehalt

Gewinnung in Echtzeit Visualisierung Unverfälschte Infos

Flexibilität der Anford. Motivation des Kunden Repräsentative Infos

Quellenvollständigkeit Aufwandsminimierung Relevanz des Feedbacks

Verteilung der Quellen Sicherheit der Daten

Legende: vollständig erfüllt zum Großteil erfüllt teilweise erfüllt

Tabelle 7-1: Verifikation der Anforderungen an die Feedbackgewinnung

Die detaillierte Vorgehensweise zur Auswahl von geeigneten Feedback-Kunden und die Inte-gration von produktentwicklungsexternen Feedbackquellen (CRM-Systemen) liefert eine In-formationsbasis, die als annähernd vollständige Feedbackquelle betrachtet werden kann. Zwar werden nur ausgewählte Kunden in die Feedbackgewinnung einbezogen, allerdings gewähr-leistet die gezielte Kundenauswahl durch die Potenzialanalyse und das integrierte Sco-

Page 224: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

206 7 Verifikation und Bewertung

ring/Portfolio-Modell einen hohen Innovationsgehalt und eine gesicherte Relevanz der Feed-backinformationen. Die Bedeutung einer kritischen, repräsentativen Kundenmasse ist in die-sem Zusammenhang als sekundär einzustufen. Der multimediale Feedback-Assistent mit sei-nen variablen Darstellungsmöglichkeiten, globaler Zugänglichkeit sowie niedrigen Kommuni-kations- und Informationsverarbeitungskosten bietet ideale Voraussetzungen, um mit einer Vielzahl an räumlich verteilten Kunden in Echtzeit in Kontakt zu treten. Die direkte Interakti-on des Produktentwicklers mit den Kunden stellt zudem die Aktualität der Feedbackinformati-onen sicher und verhindert die Verfälschung des Feedbacks durch produktentwicklungsexterne Interpretationen.

Das eigenschaftsbezogene Test- und Bewertungsmodell wurde durch die Transformation der Produktdaten in kundenorientierte Produkteigenschaften erzeugt, wodurch eine optimale Ab-bildung der Kundensichtweise und eine Eigenschaftsorientierung erreicht wird. Die Möglich-keit der anschaulichen Darstellung und Simulation des Modells fördert die verständliche Ver-mittlung der Produkteigenschaften. Der Kunde muss für den Test, die Konfiguration und die Bewertung des Modells einen gewissen zeitlichen Aufwand investieren, der jedoch aufgrund des einfach handhabbaren webbasierten Assistenz-Clients als relativ gering zu bewerten ist. Unterstützend können hier die entwickelten Anreizsysteme zur Motivation des Kunden einge-setzt werden. Verbesserungspotenzial besteht in Bezug auf die Datensicherheit im Rahmen der Produktdatenbereitstellung, da hier die Datenauswahl hinsichtlich der Datensensibilität ledig-lich individuell durch den Produktentwickler vorgenommen werden kann.

Verifikation der Anforderungen an die Feedbackaufbereitung und -analyse (Tabelle 7-2)

Im Rahmen der Operationalisierung wurden die Feedbackinformationen einer detaillierten Bewertung und Filterung unterzogen, die einen Ausschluss ungeeigneter Informationen si-cherstellt. Die Bewertungskriterien zur Feedbackfilterung wurden dabei so ausgewählt, dass die Eindeutigkeit der Feedbackinformationen gegeben ist und Widersprüche innerhalb des Feedbacks ausgeschlossen sind (Plausibilitätsprüfung). Die Plausibilitätsprüfung beschränkt sich dabei auf die Analyse der Zusammenhänge innerhalb der Feedbackinformationen und lässt den Bezug zum Produkt zunächst unberücksichtigt. Hierzu wurden die Bewertungskrite-rien zusätzlich zu den Anforderungen an die Feedbackfilterung um die Kriterien „Relevanz“, „statistische Aussagefähigkeit“ und „Vollständigkeit“ der Informationen erweitert. Die Anfor-derung einer Entscheidungssicherheit auf der Grundlage der Feedbackinformationen kann durch diese zusätzlichen Bewertungskriterien zum Großteil erfüllt werden. Die eingesetzten Verfahren zur Klassifizierung und Verdichtung der Feedbackdaten liefern einen ausreichenden Komprimierungsgrad der Daten, um die Effizienz der weiteren Feedbackverwendung sicher-zustellen. Die Feedbackinformationen werden zusätzlich sowohl aus Kundensicht durch die Kano-Methode als auch durch das erweiterte House of Quality hinsichtlich ihrer technischen Bedeutung gewichtet.

Page 225: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

7 Verifikation und Bewertung 207

Das entwickelte Formalisierungsverfahren ermöglicht die vollständige Abbildung der Feed-backinformationen auf die gewichtete, formale Indikatorstruktur. Der Anforderung einer durchgängigen Quantifizierung konnte erwartungsgemäß nur eingeschränkt nachgekommen werden. Hintergrund ist die charakteristische Formulierung von Anforderungen in Form von geforderten Produkteigenschaften durch den Kunden, die überwiegend nicht messbar sind. Die Quantifizierung konzentriert sich daher auf die Indikatoren „Kundenzufriedenheit“ und „Pro-duktpräferenz“. Insbesondere die Produktstruktur-bezogenen Kundenzufriedenheits-Indizes stellen eine optimale, messbare Orientierungs- und Steuerungsgröße für die Produktentwick-lung dar. Die Algorithmen zur Bestimmung der Kundenzufriedenheits-Indizes erlauben zudem eine Automatisierung, die informationstechnisch relativ einfach zu implementieren ist.

Feedback-Bewertung Feedback-Formalisierung Feedback-Transformation

Filterung des Feedbacks Verdichtung Feedbackübersetzung

Gewichtung Messbare Indikatoren Zuordnung zum Produkt

Plausibilitäten Quantifizierung Semantische Abbildung

Entscheidungssicherheit Eindeutigkeit Automatisierbarkeit

Kundenzufriedenheit

Tabelle 7-2: Verifikation der Anforderungen an die Feedbackaufbereitung und -analyse

Die Erweiterung und Anpassung des House of Quality (HoQ) bietet ein systematisches Vor-gehensmodell für die Transformation des Feedbacks in eine produktentwicklungsorientierte Darstellung und Struktur, die exakt der Sichtweise des Produktentwicklers entspricht. Die se-mantische Abbildung der Korrelationen zwischen dem Kundenfeedback und der technischen Produktstruktur durch das erweiterte HoQ erfüllt die Anforderungen der Feedback-Transformation vollständig und ermöglicht zusätzlich die Zuordnung des Feedbacks zu ein-zelnen Produktkomponenten. Mit der Übersetzung der eigenschaftsorientierten in technische Anforderungen kann das Feedback direkt in die Sprache des Produktentwicklers überführt werden. Lediglich die Automatisierbarkeit des Transformationsprozesses ist an dieser Stelle als eingeschränkt zu bewerten, da die Anwendung des HoQ größtenteils eines manuellen Ein-griffs in den Feedbackaufbereitungsprozess durch den Produktentwickler bedarf.

Verifikation der Anforderungen an das Management des Feedbacks (Tabelle 7-3)

Der Grundstein für die geforderte Verknüpfung der Feedbackdaten mit den Produktdaten wird bereits durch die semantische Abbildung im erweiterten HoQ gelegt. Die hier methodisch vor-genommene Zuordnung von Feedback und Produktstruktur wird im Rahmen der Feedbackin-tegration in die PLM-Umgebung des Produktentwicklers durch die Erweiterung der Metada-tenmodelle informationstechnisch umgesetzt. Die erweiterten Metadaten beschreiben eindeu-

Page 226: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

208 7 Verifikation und Bewertung

tig die Relationen zwischen Produktkomponenten-spezifischem Feedback und Elementen der Produktstruktur, wodurch eine Redundanzfreiheit und Konsistenz der Feedbackdaten gewähr-leistet sind. Die Versions- und Änderungsmanagement-Funktionen des eingesetzten PDM-Systems unterstützen zusätzlich die Erfüllung dieser Anforderungen. Die Kann-Anforderung einer integrierten Datenbasis zur gemeinsamen Verwaltung von Produkt- und Feedbackdaten ist in der Hinsicht erfüllt, als dass die Feedbackdaten entweder direkt im PDM-System oder in einem externen Feedback-Repository abgelegt werden können. Im zweiten Fall würde der Feedbackzugriff über die Metadaten und Datenmanagementfunktionen des PDM-Systems gesteuert, sodass die Verfügbarkeit der Feedbackdaten im Produktentwicklungsprozess auch bei PDM-externer Speicherung gegeben ist.

Die Verwendung von erweiterten Metadatenmodellen gewährleistet zudem die integrierte Be-reitstellung des Feedbacks in der informationstechnischen Umgebung des Produktentwicklers. Durch die zusätzliche Feedback-spezifische Erweiterung der Freigabe-Workflows und des Konfigurationsmanagements wird weiterhin der Zugriff auf die Feedbackdaten im Kontext der Produktentwicklung ermöglicht. Die Visualisierung des Feedbacks erfolgt dabei sowohl in verdichteter Form durch das dreistufige Ampelschema als auch in Abhängigkeit der Produkt-komponenten-spezifischen Abfrage zur Darstellung detaillierter Feedbackinformationen.

Speicherung / Verwaltung Feedback-Bereitstellung Feedback-Verwendung

Datenverknüpfung Feedback-Dokumentation Validierung des Produktes

Daten-Redundanzfreiheit Verfügbarkeit Entwicklungsmaßnahmen

Daten-Konsistenz Integrierte Bereitstellung Wiederverwendung

Nachhaltigkeit Kontextbezug Zufriedenheits-Monitoring

Integrierte Datenbasis Visualisierung Wirtschaftlichkeit

Tabelle 7-3: Verifikation der Anforderungen an das Management des Feedbacks

Die Validierung des Produktes ist Ziel der Mikrointegration. Auf der Basis der Feedbackin-formationen können die entwickelten Produktentwürfe mit den Kundenanforderungen abge-glichen und Entwicklungsmaßnahmen zur Produktoptimierung eingeleitet werden. Die Kun-denzufriedenheits-Indizes bieten hier zusätzlich die Möglichkeit der Maßnahmenpriorisierung. Das Konzept der Makrointegration kommt der Forderung einer Nachhaltigkeit des Feedbacks nach. Der stufenweise Aufbau einer Feedback-Datenbasis ermöglicht die Wiederverwendung des Feedbacks in Folgeprojekten und liefert zusätzlich wertvolle Informationen für die strate-gische Produktplanung. Die zeitliche Feedback-Dokumentation bezieht sich primär auf die veränderlichen Kundenzufriedenheiten, die im Rahmen der Erstellung des Zufriedenheitsken-ners analysiert werden. Die dokumentierte und prognostizierte Zufriedenheitsentwicklung er-möglicht damit ein langfristiges Zufriedenheits-Monitoring. Zur Gewährleistung der Wirt-schaftlichkeit der Produktentwicklung wurden die relevanten ökonomischen Indikatoren der

Page 227: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

7 Verifikation und Bewertung 209

Feedbackintegration dargelegt. An dieser Stelle besteht weiteres Potenzial zur Entwicklung einer detaillierten Wirtschaftlichkeitsberechnung und zur Implementierung eines Kosten-/ Nutzen-Controllings für die Kundenfeedback-Integration.

Bewertung der prototypischen Implementierung und des Anwendungs-szenarios

Die methodisch entwickelten Verfahren zur Akquisition und zum Management von Feedback-informationen wurden im Rahmen der prototypischen Implementierung größtenteils informa-tionstechnisch umgesetzt. Sowohl die Bereitstellung und Simulation des eigenschaftsbezoge-nen Test- und Bewertungsmodells als auch die Feedbackfunktionen sind durch den multimedi-alen Feedback-Assistenten anwenderfreundlich realisiert worden. Von einer Anbindung weite-rer unternehmensinterner Systeme (z. B. CRM-Systeme) wurde bei der Implementierung abgesehen, da keine vollständige IT-Umgebung eines unternehmensspezifischen Service-Bereiches zur Verfügung stand. Die serviceorientierte Architektur des prototypischen Feed-back-Systems bietet hier jedoch geeignete Schnittstellen zur Integration weiterer IT-Anwendungen.

Das webbasierte Konzept des Feedback-Systems trug wesentlich zu der erfolgreichen Integra-tion des Feedbacks in die PDM-Umgebung von Windchill bei. Die Funktionsweise eines inte-grativen PDM- und Feedback-Systems wurde am Beispiel des Anwendungsszenarios anschau-lich verdeutlicht. Die tiefe Integration der Feedbackinformationen in das PDM-System bietet ideale Voraussetzungen für den Produktentwickler, aus seiner gewohnten Arbeitsumgebung heraus auf die gewonnenen Feedbackinformationen zugreifen zu können. Zudem ergaben sich durch die zentrale Steuerung des Feedbackprozesses innerhalb des PDM-Systems weitere po-sitive Nebeneffekte, da auf diese Weise ein durchgängiger Gesamtprozess geschaffen wurde, der den Produktentwicklungs- und Feedbackprozess vereint. Informationsliegezeiten, welche die Aktualität des Feedbacks beinträchtigen würden, organisatorische Schnittstellenproblema-tiken und verfälschende Feedback-Interpretationen konnten durch die durchgängige System-unterstützung des Feedbackprozesses vermieden werden. Feedbackinformationen können so-wohl als Momentaufnahme als auch zeitlich dokumentiert einem Produkt, einer Baugruppe oder einem Bauteil direkt zugeordnet werden. Diese fein granulare Zuordnung bietet den Vor-teil, bei Produktverbesserungen oder Neuentwicklungen nur ausgewählte Produktteilbereiche oder Funktionen berücksichtigen zu müssen. Dem Produktentwickler bieten sich durch die Feedbackintegration in das PDM-System flexible Feedback-Zugriffsmöglichkeiten, die ihn in seiner operativen Arbeitsweise keinesfalls einschränken, sondern vielmehr durch die integrier-te Bereitstellung bei Umsetzung von Produktanforderungen entlasten.

Zusammenfassende Bewertung

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die entwickelte Methodik ein geeignetes Vorgehensmodell zur Integration des Kunden und zur frühzeitigen Validierung von Produkten bietet. Die Erweiterung und Verknüpfung von bestehenden Managementansätzen in der Pro-

Page 228: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

210 7 Verifikation und Bewertung

duktentwicklung mit kundenorientierten Lösungsansätzen des Marketings und der Kundenzu-friedenheitsmessung hat sich als ideales Konzept erwiesen, um den Anforderungen einer Kun-denfeedback-Integration gerecht zu werden. Fehlende Methodenbausteine, die nicht für ein durchgängiges Konzept verfügbar waren, wurden neu entwickelt und mit den verfügbaren, erweiterten Lösungsansätzen zu einem konsistenten Vorgehensmodell zusammengeführt. Zu den neu entwickelten Methodenbausteinen zählen:

die dreidimensionale Potenzialanalyse für die Auswahl der Feedbackkunden,

die prospektive und retrospektive Feedbackgewinnung auf der Basis des eigenschaftsbe-zogenen Test- und Bewertungsmodells,

die semantische Feedbackabbildung auf Produktstrukturen durch das erweiterte HoQ,

das erweiterte multiattributive Modell zur Bestimmung Produktstruktur-bezogener Kun-denzufriedenheits-Indizes,

die Methode der Mikro- und Makrointegration und

die Erweiterungen der PLM-Methoden und Metadatenmodelle.

Alleinstellungsmerkmal dieses neuen Vorgehensmodells ist seine Interdisziplinarität, welche die Sichtweisen des Kunden, des Produktentwicklers und marketingorientierter Unterneh-mensbereiche integriert. Das Anwendungsszenario auf der Basis des prototypischen Feedback-Systems hat zudem gezeigt, dass durch die Integration des Feedbacks und der Feedbackpro-zesse in die PLM-Umgebung eines Unternehmens eine deutliche Effektivitätssteigerung der Produktentwicklung erzielt werden kann. Unsichere Marketinginformationen und Produktan-forderungen werden durch eindeutige Feedbackinformationen ergänzt oder ersetzt. Sowohl die Methodik als auch deren informationstechnische Umsetzung ermöglichen den Aufbau einer umfangreichen Wissensbasis bzgl. der Kundenbedürfnisse, auf deren Grundlage eine Ent-scheidungssicherheit für die Entwicklung von Produkten erreicht werden kann. Zusätzlich können durch die frühzeitige Produktvalidierung teure und aufwendige Produktänderungen nach SOP vermieden werden. Hierdurch ergibt sich ein enormes zeitliches und finanzielles Einsparungspotenzial, das sich direkt in der Erhöhung von Effektivität und Effizienz in der Produktentwicklung niederschlägt. Die zu Beginn dieser Arbeit formulierte Forderung der Steigerung der Effektivität bei gleich bleibender Effizienz ist damit nicht nur erfüllt, sondern die vorgestellte Methodik kann zusätzlich zu einer Verkürzung der Durchlaufzeiten und Kos-tenreduzierung beitragen.

Page 229: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

8 Zusammenfassung und Ausblick 211

8 Zusammenfassung und Ausblick

Die zunehmende Verkürzung von Produktlebenszyklen gepaart mit steigendem Kostendruck und der immer lauter werdenden Forderung nach kundenorientierten Produkten erfordert von produzierenden Unternehmen eine flexible Reaktion auf veränderte Marktbedingungen. Dabei rückt der Kunde als unternehmensexterne Problemlösungskompetenz vermehrt in den Mittel-punkt traditioneller Wertschöpfungsprozesse. Während marketingorientierte Unternehmensbe-reiche bereits eine Kundenorientierung mit dem Ziel der unternehmerischen Wettbewerbssi-cherung verfolgen, herrscht in der Produktentwicklung zumeist noch eine technische Produkt-orientierung vor. Der Irrglaube, mit der Orientierung an dem technisch Machbaren die Kun-denerwartungen erfüllen zu können, schließt die notwendige Produktausrichtung an der Zu-friedenheit des Kunden aus. Das Resultat ist ein Overengineering der Produkte, wodurch der Kundennutzen nicht signifikant gesteigert werden kann und die ungenutzten Produktkompo-nenten oder -funktionen als reine Kostentreiber wirken. Letztendlich spiegelt sich in diesem Konflikt die Frage wider, wer die Bedürfnisse des Kunden besser kennt: der Kunde selbst – auch bei häufig eingeschränktem technischen Verständnis – oder der Produktentwickler, wie es die oft vorherrschende Meinung in der Produktentwicklung ist.

Für eine Neuausrichtung der Produktentwicklung an dem Kunden ist ein elementares Umden-ken erforderlich, dass den Kunden als Know-how-Kapazität im Produktentwicklungsprozess begreift und sich von dem bisherigen Kundenverständnis als reiner Produktabnehmer abkehrt. Obwohl die strategische Kundenorientierung mittlerweile zu einem der wichtigsten Unter-nehmensziele gezählt wird und die elementare Bedeutung einer umfangreichen Wissensbasis über Kundenanforderungen in der Produktentwicklung in Forschung und Praxis hinreichend bekannt ist, existieren zahlreiche Mängel bei der Implementierung der Kundenintegration in die Produktentwicklung. [BRUH2002]. In einer Umfrage zur Speicherung von Kundeninforma-tionen stuften 73% der Befragten die Zufriedenheit des Kunden als sehr wichtig ein, aber nur 23% konnten eine systematische, datenbankgestützte Speicherung der Kundenzufriedenheits-parameter vorweisen [BAUE2001]. Insbesondere die frühzeitige Einbeziehung von Kunden in den Produktentwicklungsprozess zur Validierung von Produkten noch vor der Markteinfüh-rung wurde bisher weder methodisch verfolgt noch informationstechnisch unterstützt. Hieraus ergibt sich die Forderung nach einer tief greifenden, informationstechnisch gestützten Integra-tion von Kundeninformationen in die Produktentwicklung.

Die Erfassung von Kundenzufriedenheiten und -anforderungen stellt nur den ersten Schritt eines weit reichenden Integrationsprozesses dar. Ohne die gezielte Weiterleitung und anwen-dungsorientierte Aufbereitung sind die Kundeninformationen für das Unternehmen wertlos. Erst durch ihre systematische, kontextorientierte Einbindung in die Arbeitsumgebung des Pro-

Page 230: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

212 8 Zusammenfassung und Ausblick

duktentwicklers ist eine effektive Nutzung von Kundeninformationen möglich. Bisher stellten dabei die verschiedenen disziplinspezifischen Sichtweisen der Produktentwicklung und des Marketings sowie die lösungsorientierte Sichtweise des Kunden eine unüberwindliche Integra-tionsbarriere dar. Die unterschiedlichen Sprachen von Kunden und Produktentwicklern zur Beschreibung von Produktanforderungen erwiesen sich als essentielles Kommunikationsdefi-zit, das eine Partizipierung des Kunden an der Produktentwicklung unmöglich erscheinen ließ.

Entwickelte Methodik und IT-Konzepte

Mit der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, eine interdisziplinäre Brücke zwischen Produktentwicklung, kundenorientierten Marketingansätzen und dynamischen Kun-denbedürfnissen zu schlagen, um die erörterten Sprachbarrieren zu überwinden. Eine isolierte Betrachtung einzelner disziplinspezifischer Aspekte ist unzureichend, da sie nicht zum Ge-samtziel eines kundenorientierten Produktes führt. Die kundenseitige Formulierung von Pro-duktanforderungen kann durch ein Bewusstsein des Kunden bzgl. möglicher Problemlösungs-alternativen wesentlich vereinfacht werden, da in vielen Fällen erst die Existenz von Lösungs-alternativen zu der Erzeugung von neuen oder veränderten Anforderungen führt. Diese Er-kenntnis hat zu der Entscheidung geführt, Kundeninformationen in Form von Feedback zu zukünftigen (virtuellen) und bestehenden (realen) Produkten zu akquirieren und der Produkt-entwicklung zugänglich zu machen. Ziel der Arbeit ist die Steigerung der Effektivität in der Produktentwicklung und die Optimierung der Kundenzufriedenheit. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich dabei auf den Sektor der Konsumgüterindustrie und konzentriert sich auf die Phasen der Produktplanung und Konstruktion.

Auf der Grundlage einer detaillierten Anforderungsanalyse wurden bestehende Lösungsansät-ze aus Forschung und Technik im Hinblick auf ihre Verwendungsmöglichkeit für die Metho-dikentwicklung untersucht. Entsprechend der interdisziplinären Problemstellung wurden tech-nisch ausgerichtete Produktentwicklungsansätze, marketingorientierte Verfahren für die Kun-denzufriedenheitsmessung und disziplinübergreifende Methoden zur Identifikation und Inte-gration von Kundenanforderungen in die Untersuchung einbezogen. Es zeigte sich, dass die bestehenden Ansätze in Bezug auf die adressierten Produktlebenszyklusphasen und die Inten-sität der Kundenorientierung bzw. -integration stark heterogen sind und kein einheitliches Vorgehensmodell zur Kundenfeedback-Integration in die Produktentwicklung bieten. Wäh-rend die Managementansätze der Produktentwicklung einen Kundenbezug vermissen lassen, betrachten marketingorientierte Lösungen die Kundenzufriedenheit größtenteils als statisches Nachkaufphänomen. Die disziplinübergreifenden Ansätze adressieren mit der Kundenintegra-tion überwiegend eine Individualisierung von Produkten, was nicht Gegenstand dieser Arbeit ist.

Ausgehend von diesen Defiziten verfügbarer Lösungsansätze wurden die relevanten Einfluss-größen auf eine Feedbackintegration analysiert und eine Methodik einschließlich konzeptio-neller IT-Lösungen zur Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung erarbeitet. Die Methodik beinhaltet eine dreistufige Potenzialanalyse sowie ein integriertes Sco-

Page 231: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

8 Zusammenfassung und Ausblick 213

ring/Portfolio-Modell zur Differenzierung und Auswahl von geeigneten Feedbackkunden. Kern der Methodik ist die prospektive und retrospektive Gewinnung von Kundenfeedback-Informationen und deren zielgerichtete Rückführung und Integration in die Prozesse und IT-Umgebung der Produktentwicklung. Die prospektive Feedbackgewinnung während der Pro-duktentwicklungsphase dient der frühzeitigen Validierung von ersten Produktentwürfen durch den Kunden und der Ableitung von Produktverbesserungs- und -optimierungsmaßnahmen. Durch die retrospektive Akquisition von Feedbackinformationen während der Produktnutzung können veränderte Anforderungen und Nutzungsgewohnheiten des Kunden extrahiert werden. Für die Feedbackaufnahme wurde konzeptionell ein webbasierter multimedialer Feedback-Assistent entworfen, der auf der Erzeugung eines eigenschaftsbezogenen Test- und Bewer-tungsmodells basiert. Dieses Modell ermöglicht es dem Kunden, aus seiner Produkteigen-schafts-orientierten Sichtweise heraus das Produkt digital zu testen und zu bewerten.

Für die notwendige Überwindung der Sprachenbarrieren und unterschiedlichen Sichtweisen von Kunden und Produktentwicklern beschreibt die Methodik ein Vorgehensmodell zur Klas-sifizierung, Verdichtung, Formalisierung und Übersetzung der gewonnen Feedbackdaten. Hierzu wurde ein formales, gewichtetes Indikatorsystem entwickelt. Die Übersetzung des Feedbacks erfolgt unter Verwendung eines erweiterten „House of Quality“, das die semanti-sche Abbildung des Feedbacks auf technische Anforderungen und Produktstrukturen ermög-licht. Die Produktstruktur-bezogenen Kundenzufriedenheiten werden über ein erweitertes mul-tiat-tributives Modell bestimmt, das auf den merkmalorientierten Verfahren der Zufrieden-heitsmessung aufbaut. Durch die beschriebenen Verfahren können der Produktstruktur die entsprechenden transformierten Feedbackdaten in Form von Kundenanforderungen, bevorzug-ten Produktkomponenten und Kundenzufriedenheits-Indizes zugeordnet werden. Die Einbin-dung des Feedbacks in die Produktentwicklung beruht auf der Erweiterung der in der Produkt-entwicklung verwendeten PLM-Methoden und Metadatenmodelle. Die Steuerung und Integra-tion des Feedbackprozesses wird durch erweiterte Freigabemanagement- und Konfigurations-management-Funktionen erreicht. Die erweiterten Metadatenmodelle gewährleisten eine an-wendungsorientierte Verknüpfung des Feedbacks mit den technischen Produktdaten und er-möglichen den Zugriff auf die Feedbackinformationen im Kontext der Produktentwicklung. Die beschriebene Integration des Feedbacks in die Produktentwicklung folgt einem zweiteili-gen Konzept, dass zum einen die Mikrointegration innerhalb einer Produktgeneration, zum anderen die zeitliche Aufbereitung der Feedbackinformationen für nachfolgende Entwick-lungsprojekte durch Makrointegration beinhaltet.

Die beschriebenen Methodenbausteine und IT-Lösungsansätze wurden anhand eines durch-gängigen Beispiels der Entwicklung eines Mobiltelefons veranschaulicht und auf der Grundla-ge einer serviceorientierten Systemarchitektur und eines PDM-Systems als webbasiertes Feedback-System prototypisch realisiert. Ein abschließendes Anwendungsszenario zeigt die Funktionsweise des Feedback-Systems anhand eines exemplarischen Entwicklungsprojektes aus der Mobilfunkindustrie.

Page 232: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

214 8 Zusammenfassung und Ausblick

Kritische Betrachtung und weitere Forschungspotenziale

Die Nutzung der Web-Technologie und der mobilen Breitbandkommunikation für die Akqui-sition von Feedbackinformationen erfordern von den Kunden eine grundlegende Kenntnis und Verwendungsbereitschaft der recht innovativen Kommunikationswege. Kundengruppen, die nicht mit dieser Technologie vertraut sind oder den digitalen Kommunikationsweg ablehnen, könnten hier evtl. benachteiligt sein. In diesen Fällen muss abgewogen werden, ob die Befra-gung dieser Kunden auf persönlichem Wege oder durch Briefe und Telefoninterviews eine effektivere Feedbackgewinnung zulässt. Allerdings sind die Test- und Simulationsmöglichkei-ten durch nicht-digitale Medien so stark eingeschränkt, dass ein prospektiver Produkttest kaum sinnvoll wäre. Hier sollte auf Usability-Tests in Kombination mit persönlichen Zufrieden-heitsbefragungen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Gewinnung von Kundenem-pfindungen, die Produkteigenschaften betreffen, welche nicht auf digitalem Wege beschrieben und bewertet werden können. Hierzu zählt z. B. das Tast- oder Temperaturempfinden von Ma-terialien und Produktoberflächen. An dieser Stelle besteht ein weiterführender Forschungsbe-darf, um zukünftig auch diese Produktempfindungen (z. B. Gerüche, haptische Produkteigen-schaften) digital simulieren zu können.

Die Bereitstellung von Produktinformationen in den frühen Phasen der Produktentwicklung birgt ein gewisses Risiko in sich, da sie in vielen Fällen mit der Gefahr des Abfließens von Know-how verbunden ist. Insbesondere die Verwendung des Internets für die Informationsbe-reitstellung muss kritisch betrachtet werden, da hier ein unkontrollierter Zugriff weitaus einfa-cher möglich ist, als es z. B. bei persönlichen Kundeninterviews der Fall wäre. Die sensiblen Entwicklungsdaten spiegeln die Kernkompetenzen eines Unternehmens wider, sodass ein nicht autorisierter Zugriff auf Produktinformationen einen erheblichen Verlust des Wettbe-werbsvorteils bedeuten würde. Aus diesem Grund stehen die Entwicklungsabteilungen eines Unternehmens der Informationsbereitstellung äußerst kritisch gegenüber und sind zu einer Preisgabe – auch für den Kunden – verständlicherweise oft nicht bereit. An dieser Stelle be-steht daher noch ein weit reichender Forschungsbedarf zur Entwicklung geeigneter Sicher-heitsmechanismen und zur Gewährleistung eines sicheren Kommunikationsmediums Internet. Ein Lösungsansatz könnte die sicherheitsorientierte Aufbereitung der Produktdaten sein, so-dass ein Schutz vor Plagiaten möglich ist. Moderne Virtual Reality-Techniken sind in diese Überlegung einzubeziehen, da sie bereits etablierte Aufbereitungsverfahren anbieten und zu-dem zu einer realitätsnahen Simulation des virtuellen Produktes für den Kunden beitragen können.

Ein weiterer Forschungsbedarf ergibt sich aus der Dynamik der veränderlichen Kundenanfor-derungen. Die entwickelte Methodik zur Kundenfeedback-Integration orientiert sich bisher an den zeitlichen Abschnitten der Produktentwicklungsprojekte, da Anforderungsänderungen nicht vorhersehbar sind. Um Kundenanforderungen in Abhängigkeit ihrer zeitlichen Verände-rung berücksichtigen zu können, bietet sich eine dynamische Produktrekonfiguration während der Produktnutzung an. Der zunehmende Anteil von elektronischen und softwarebasierten Produktkomponenten eröffnet hier ein enormes Forschungspotenzial für die Entwicklung dy-

Page 233: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

8 Zusammenfassung und Ausblick 215

namischer Produktkonfigurationen, um flexibel auf Änderungswünsche reagieren zu können. Neben einer optimalen Befriedigung der Kundenzufriedenheit würde dieser Ansatz auch den zunehmenden Trend der Produktindividualisierung unterstützen.

Die vorliegende Arbeit adressiert explizit den Sachleistungsbereich und hat den Dienstleis-tungssektor bisher aus der Betrachtung ausgeschlossen. Hintergrund für diese Abgrenzung ist die bereits implizierte Kundenorientierung von Dienstleistungen. Auch wenn in der wissen-schaftlichen Literatur die Kundenzufriedenheit zumeist im Kontext der Dienstleistungsent-wicklung und -erbringung behandelt wird, besteht im Sachleistungsbereich ein weitaus größe-res Handlungspotenzial für die Integration des Kunden in den Leistungsentstehungsprozess. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind jedoch durchaus auf den Dienstleistungsbereich übertragbar. Allerdings weist der Dienstleistungssektor auf dem Gebiet des Informationsmanagements er-hebliche Defizite auf. Eine zu den PLM-Ansätzen des Sachleistungsbereichs äquivalente Mög-lichkeit des durchgängigen Informationsmanagements für Dienstleistungen ist derzeit nicht gegeben [KRBÖ2005], weshalb eine informationstechnische Realisierung der Feedbackintegra-tion in die Dienstleistungserstellung aus heutiger Sicht nicht sinnvoll erscheint.

Im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsbereich sei auf die neue, disziplinübergreifende Leistungsbetrachtung zur Befriedigung der Kundenwünsche und -anforderungen in Form von hybriden Leistungsbündeln (HLB) hingewiesen [MEUK2005]. Diese zeichnen sich durch eine untrennbare Integration von Sach- und Dienstleistungskomponenten als kundenspezifische Gesamtlösung sowie durch eine Variabilität und Dynamik im gesamten HLB-Lebenszyklus aus. Der Grundgedanke der Leistungsbündel resultiert aus der Notwenigkeit, spezielle Nach-fragebedürfnisse befriedigen zu müssen [ENKR1994]. Auf dem Sektor des Maschinen- und Anlagenbaus wird der Ansatz der Leistungsbündelung bereits in Form von Betreibermodellen verfolgt, da Kunden der Investitionsgüterindustrie zunehmend integrierte Problemlösungen mit austauschbaren Prozesselementen fordern [MEIE2004]. Produktionsbetreibermodelle stel-len eine Form des Outsourcings dar und zielen auf eine Neukonfiguration der Wertschöp-fungsarchitektur ab, indem das Betreiben von Produktionsmaschinen und -anlagen auf einen Anbieter übertragen wird [WERD2005]. Hybride Leistungsbündel bieten eine optimale Aus-gangslage für eine kundenorientierte Leistungserstellung, allerdings sind die Lösungsansätze für eine integrierte HLB-Entwicklung derzeit noch Gegenstand der Grundlagenforschung.

Die Integration von Kunden in die Produktentwicklung darf nicht als einmaliges Projekt, son-dern muss als langfristige, kontinuierliche Managementaufgabe betrachtet werden. Die Kun-denorientierung als Teil der Unternehmensstrategie wird in den nächsten Jahren zu einer Wandlung der Unternehmensorganisationen von einer traditionellen, monolithischen Organi-sationsform zu einer kundengetriebenen Organisationsform führen. Diese Organisationsform wird sich zum einen durch eine intensive Vernetzung der relevanten Wissensträger für die Produktentwicklung und dabei insbesondere durch die Integration des Kundenwissens in die Produktentstehungsprozesse auszeichnen. Zum anderen werden Produkte sich zu integrierten, kundenorientierten Gesamtlösungen entwickeln, die sowohl Sach- als auch Dienstleistungen in flexibler Kombination enthalten werden.

Page 234: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur
Page 235: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 217

9 Literatur

[AABS2005] Aafjes, M. / Bensaou, B. M. / Shaikh, J.: Study “Recharging Mobile Innova-tion”, Capgemini & Insead Business School, 2005

[ABRA2005a] Abramovici, M.: Innovation durch Product Lifecycle Management, In: Intel-ligenter produzieren 5/2005, VDMA-Verlag, Frankfurt am Main, 2005

[ABRA2005b] Abramovici, M.: PLM-Strategien in einer veränderten Engineering-Welt, In: Proceedings zu Product Life live 2005 Kongress, 7. - 8.11.2005, Mainz

[ABRA2005c] Abramovici, M.: Digital Engineering und PLM – Zwei unterschiedliche An-sätze, In: Digital Engineering Magazin, WIN-Verlag, Vaterstetten, 2005

[ABRA2005d] Abramovici, M.: Vorlesung „Rechnerintegrierte Produktentwicklung“, Lehr-stuhl für Maschinenbauinformatik, Ruhr-Universität Bochum, 2005

[ABST2004] Abramovici, M. / Stekolschik, A.: Methodische Ansätze für die Weiterver-wendung der digitalen Produktmodelle in der Produktentwicklung, In: Ta-gungsband 2. Gemeinsames Kolloquium Konstruktionstechnik, Dresden, 23. - 24.09 2004

[ADAM2005] Adami-Sampson, M.: Compliance – Doing what you need to do, In: Pro-ceedings of PDT Europe 2005, Amsterdam, 26. - 28.09.2005

[AHRE2000] Ahrens, G.: Das Erfassen und Handhaben von Produktanforderungen – Me-thodische Voraussetzungen und Anwendungen in der Praxis, Dissertation, Technische Universität Berlin, 2000

[ALLE1998] Allen, T. J.: Technology Management Research in the New Millenium. In: Franke, N. / von Braun, C.-F. (Hrsg.): Innovationsforschung und Technolo-giemanagement, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 1998

[ANDE1993] Anderl, R.: CAD-Schnittstellen – Methoden und Werkzeuge zur CA-Integration, Carl Hanser Verlag, München, 1993

[ASCH2003] Aschenbrenner, N.: Was Kunden wollen, In: Pictures of the Future, Siemens AG, München, 2003

[ASED2003] Aslanidis, S. / Edelmann, C.: Know-Map – Nutzung von Erfahrungswissen in der frühen Phase der Produktentstehung, In: Zeitschrift für wirtschaftli-chen Fabrikbetrieb (ZWF), 98. Jg., Carl Hanser Verlag, München, 2003

[ATUA1995] Atuahene-Gima, K.: An Exploratory Analysis of the Impact of Market Ori-entation on New Product Performance – A Contingency Approach, In: Jour-nal of Product Innovation Management, Blackwell Publishing, Oxford, 1995

[BAUE2001] Bauer, F.: Bedeutung des Kundendialogs für Ihre Kundenbindungsstrategie, Vocatus Benchmarkstudie, München, 2001

Page 236: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

218 9 Literatur

[BELH2002] Berry, L. L. / Carbone, L. P. / Haeckel, S. H.: Managing the Total Customer Experience, In: MIT-Sloan Management Review, Vol. 43, No. 3, Massachu-setts Institute of Technology, 2002

[BERG2004] Berg, B.: Reusing product data in sales & after sales support, In: Proceedings of PDT Europe 2004, Stockholm, 18. - 20.10.2004

[BEUT2003] Beutin, N.: Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit im Überblick, In: Homburg, C. (Hrsg.): Kundenzufriedenheit, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2003

[BEWE2004] Benz, C. / Weigand, A.: Produktentwicklung mit QFD und Target Costing. In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[BHMS1996] Bailom, F. / Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. / Sauerwein, E.: Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit, In: Marketing ZFP, Nr. 2, Franz Vahlen Verlag, München, 1996

[BLDM2003] Blecker, T. / Dullnig, H. / Malle, F.: Kundenkohärente und kundeninhärente Produktkonfiguratoren in der Mass Customization, In: Industrie Manage-ment, 19/2003, Gito Verlag, Berlin, 2003

[BMPR2005] Berger, C. / Möslein, K. / Piller, F. / Reichwald, R.: Co-designing modes of cooperation at the customer interface – learning from exploratory research, In: European Management Review, 2/2005, Palgrave Macmillan Ltd, Bas-ingstoke, UK, 2005

[BONG2002] Bong, L.: Die Konfigurations- & Verträglichkeitsmatrix als Beitrag zur Dar-stellung konfigurationsrelevanter Aspekte im Produktentstehungsprozess, Dissertation, ETH Zürich, 2002

[BOTS2004] Botschen, G. / Botschen. M.: Kundenintegrierte Neuproduktentwicklung von Dienstleistungen, In: Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kundenorien-tierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[BOVV1999] Boutellier, R. / Völker, R. / Voit, E.: Innovationscontrolling – Forschungs- und Entwicklungsprozesse gezielt planen und steuern, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 1999

[BRHO2005] Bruhn, M. / Homburg, C.: Begriff und Grundlagen des Kundenbindungsma-nagements, In: Bruhn, M. / Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbin-dungsmanagement - Strategien und Instrumente für ein erfolgreiches CRM, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[BROC1994] Brockhoff, K.: Forschung und Entwicklung. Planung und Kontrolle, Olden-bourg Verlag, München, 1994

[BROC1998] Brockhoff, K.: Der Kunde im Innovationsprozess, Bericht aus den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften e. V., Jg. 16, H. 3, Hamburg, 1998

[BROC1999a] Brockhoff, K.: Produktpolitik, Lucius &Lucius Verlag, Stuttgart, 1999

Page 237: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 219

[BROC1999b] Brockhoff, K.: Forschung und Entwicklung – Planung und Kontrolle, Ol-denbourg Verlag, München, Wien, 1999

[BRUH2002] Bruhn, M.: Integrierte Kundenorientierung – Implementierung einer kun-denorientierten Unternehmensführung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2002

[BRUH2003a] Bruhn, M.: Kundenorientierung – Bausteine eines exzellenten Unterneh-mens, Beck Verlag, München, 2003

[BRUH2003b] Bruhn, M.: Qualitätsmanagement für Dienstleistungen – Grundlagen, Kon-zepte, Methoden, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2003

[BRUH2004a] Bruhn, M.: Messung von Dienstleistungsqualität, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[BRUH2004b] Bruhn, M.: Das Konzept der kundenorientierten Unternehmensführung, In: Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kundenorientierte Unternehmens-führung – Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[BUKS2005] Buhl, H. U. / Kreyer, N. / Schroeder, N.: Erfolgreiches Multi-Channel-Customer-Realtionship-Management als Grundlage für eine wertorientierte Unternehmensführung, In: Keuper, F. / Roesing, D. / Schomann, M. (Hrsg.): Integriertes Risiko- und Ertragsmanagement – Kunden- und Unternehmens-wert zwischen Risiko und Ertrag, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[BUSA2005] Buck-Emden, R. / Saddei, D.: Informationstechnologische Perspektiven von CRM, In: Bruhn, M. / Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsma-nagement - Strategien und Instrumente für ein erfolgreiches CRM, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[CAWI2006] CAWICOMS: Customer Adapted Web Interface for the Configuration of Products and Services with Multiple Suppliers http://www.cawicoms.org, Stand Februar 2006

[CLAU1994] Clausing, D.: Total Quality Development – A Step-By-Step Guide to World-Class Concurrent Engineering, 4th printing, ASME Press, New York, 1994

[COKL2001] Cooper, R. G. / Kleinschmidt, E. J.: Stage-Gate Process for new Product succes, Innovation Management U3, Copenhagen, 2001

[COOP2002] Cooper, R. G.: Top oder Flop in der Produktentwicklung, Wiley-VCH Ver-lag, Weinheim 2002

[CORN2000] Cornelsen, J.: Kundenwertanalyse im Beziehungsmarketing - Theoretische Grundlegung und Ergebnisse einer empirischen Studie im Automobilbereich, Dissertation, GIM Schriftenreihe, Band 3, Nürnberg, 2000

[CROS1994] Crosby, P.: Qualität 2000 – kundennah, teamorientiert, umfassend, Carl Hanser Verlag, Wien, 1994

[DILL1992] Diller, H. (Hrsg.): Vahlens Grosses Marketinglexikon, Franz Vahlen Verlag, München, 1992

[DILL1996] Diller, H.: Kundenbindung als Marketingziel, In: Marketing ZFP, 19. Jg., Nr.1, Franz Vahlen Verlag, München, 1997

Page 238: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

220 9 Literatur

[DINE2006] DIN EN ISO 9000 ff. – Qualitätsmanagement, DIN, Beuth Verlag, Berlin, Wien, Zürich, 2006

[DÖRN1987] Dörner, D.: Problemlösen als Informationsverarbeitung, 3. Auflage, Kohl-hammer Verlag, Stuttgart, 1987

[DÜNS2004] Dünser, T.: Unterstützung der Zielorientierung und -formulierung in der Entwicklung komplexer Produkte am Beispiel einer neuen Aufzugtechnolo-gie, Dissertation, ETH Zürich, 2004

[EDLE2001] Edler, A.: Nutzung von Felddaten in der qualitätsgetriebenen Produktent-wicklung und im Service, Dissertation, Technische Universität Berlin, 2001

[EHRL2003] Ehrlenspiel, K.: Integrierte Produktentwicklung – Denkabläufe, Methoden-einsatz, Zusammenarbeit, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2003

[EIOV2005] Eigner, M. / Ovtcharova, J.: Next Generation PLM, In: Proceedings zu Pro-duct Life live 2005 Kongress, Mainz, 7. - 8.11.2005

[EISE1999] Eisenhut, A.: Service Driven Design: Konzepte und Hilfsmittel zur informa-tionstechnischen Kopplung von Service und Entwicklung auf der Basis mo-derner Kommunikations-Technologien, Dissertation, ETH Zürich, 1999

[ESOM2006] ESOMAR: European Society for Opinion and Marketing Research, http://www.esomar.org, Stand April 2006

[EIST2001] Eigner, M. / Stelzer, R.: Produktdatenmanagement-Systeme – ein Leitfaden für Product Development und Lifecycle Management, Springer Verlag, Ber-lin, Heidelberg, 2001

[ENKR1993] Engelhardt, W. H. / Kleinaltenkamp, M. / Reckenfelderbäumer, M.: Leis-tungsbündel als Absatzobjekte, In: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebs-wirtschaftliche Forschung, Jg. 45, Nr. 5, Verlagsgruppe Handelsblatt, Düs-seldorf, 1993

[ENKR1994] Engelhardt, W. H. / Kleinaltenkamp, M. / Reckenfelderbäumer, M.: Leis-tungsbündel als Absatzobjekte, In: Corsten, H. (Hrsg.): Integratives Dienst-leistungsmanagement, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[ERNS2001] Ernst, H.: Erfolgsfaktoren neuer Produkte – Grundlagen für eine valide em-pirische Forschung, Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden, 2001

[EVSC1999a] Eversheim, W. / Schuh, G.: Produktmanagement, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 1999

[EVSC1999b] Eversheim, W. / Schuh, G.: Integriertes Management, Springer Verlag, Ber-lin, Heidelberg, 1999

[FABE2005] Fabel, M.: Krieg in den Hosentaschen, In: Handelsblatt, 12.09.2005, Ver-lagsgruppe Handelsblatt

[FÖKR2004] Förster, A. / Kreuz, P.: Customer Integration, In: Kundenorientierung – Stra-tegie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[FORN1992] Fornell, C.: A National Customer Satisfaction Parameter – The Swedish Ex-perience, In: Journal of Marketing, Vol. 56, 1992

Page 239: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 221

[FOST1988] Foster, R.: Innovation - The Attacker's Advantage, Summit Books, New York, 1988

[FREY2005] Frey, M.: IMS Project PROMISE, Product Lifecycle Management – the in-dustrial User Perspective, In: Proceedings of the Conference on Advanced Manufacturing, Leuven, Belgium, 16. - 17.11.2005

[FRHI2003] Franke, N. / von Hippel, E.: Finding Commercially Attractive User Innova-tions – An Exploration and Test of „Lead User“ Theory, Paper 183, Center of e-Business@MIT, Massachusetts Institute of Technology, USA, 2003

[FÜMB2004] Füller, J. / Mühlbach, H. / Bartl, M.: Beziehungsmanagement durch virtuelle Kundenbindung in den Innovationsprozess, In: Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kundenorientierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[GAEK2001] Gausemeier, J. / Ebbesmeyer, P. / Kallmeyer, F.: Produktinnovation – Stra-tegische Beratung und Entwicklung der Produkte von morgen, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2001

[GAUS1998] Gausemeier, J.: Neue Wege zur Produktentwicklung, Untersuchung im Rahmenkonzept „Produktion 2000“, Heinz Nixdorf Institut, Universität-GH Paderborn, 1998

[GEBH2000] Gebhardt, A.: Rapid Prototyping – Werkzeuge für die schnelle Produktent-stehung, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2000

[GEHH1992] Gemünden, H. G. / Heydebreck, P. / Herden, R.: Technological Interweave-ment: A means of achieving innovation success, In: R&D Management Jhg. 22 (4/1992), Blackwell Publishers, Oxford, 1992

[GERT2004] Gerth, N.: Kundenwertmanagement, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[GERY2004] Gerybadze, A.: Technologie- und Innovationsmanagement – Strategie, Or-ganisation und Implementierung, Franz Vahlen Verlag, München, 2004

[GLGC1997] Gluchowski, P. / Gabriel, R. / Chamoni, P.: Management Support Systeme – Computergestützte Informationssysteme für Führungskräfte und Entschei-dungsträger, Springer Verlag, Berlin, 1997

[GRGE1997] Grabowski, H. / Geiger, K. (Hrsg.): Neue Wege zur Produktentwicklung, Raabe Verlag, Stuttgart, 1997

[GRKÖ2004] Gronover, S. / Kolbe, L. M. / Österle, H.: Methodisches Vorgehen zur Ein-führung von CRM. In: Hippner, H. / Wilde, K. D. (Hrsg.): Management von CRM-Projekten - Handlungsempfehlungen und Branchenkonzepte, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[GRRW2004] Green, M. G. / Rajan, P. / Wood, K. L.: Product Usage Context: Improving Customer Needs Gathering and Design Target Settings, In: Proceedings of the 2004 ASME International Design Engineering Technical Conferences & Computers and Information In Engineering Conference, Salt Lake City, USA, 28.09.04 - 2.10.2004

Page 240: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

222 9 Literatur

[HAHN2000] Hahner, C. A.: Bewertung von Innovationsideen mit Hilfe von Lebenszyk-lusaufwand, Dissertation, Universität Stuttgart, 2000

[HASL2001] Hasler, R.: Der Schlüssel zum Quantensprung – Lead User, In: Roland Ber-ger & Partners Executive Review, Ausgabe 2/2001,

[HAUM2000] Haumer, P.: Requirements Engineering with Interrelated Conceptual Models and Real World Scenes, Dissertation, RWTH Aachen, 2000

[HAUS1993] Hauschildt, J.: Determinanten des Innovationserfolges. In: Hauschildt, J. / Grün, O. (Hrsg.): Ergebnisse empirischer betriebswirtschaftlicher Forschun-gen zu einer Realtheorie der Unternehmung, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 1993

[HEDA2001] Helmke, S. / Dangelmaier, W.: Marktspiegel Customer Relationship Mana-gement, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2001

[HEDU2002] Helmke, S. / Dangelmaier, W. / Uebel, M.: Effektives Customer Relation-ship Management – Instrumente, Einführungskonzepte, Organisation, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2002

[HEIM2003] Heimann, R.: Sprache zur Optimierung von Produktentwicklungsprozessen, Dissertation, Technische Universität Berlin, 2003

[HERS1991] Herstatt, C.: Anwender als Quellen für die Produktinnovation, Dissertation, Universität Zürich, ADAG Administration & Druck AG, 1991

[HERS2004] Herstatt, C.: Kundendialog, In: Kundenorientierung – Strategie und Umset-zung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[HESA2004] Herstatt, C. / Sander, J. G.: Produktentwicklung mit virtuellen Communities, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[HETB1999] Hering, E. / Triemel, J. / Blank, Qualitätsmanagement für Ingenieure, 4. ü-berarbeitete Aufl., Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1999

[HIJW2004] Hippner, H. / Jaeck, H.-F. / Wilde, K. D.: CRM-Erfolsfaktoren – Eine empi-rische Untersuchung bei deutschen Unternehmen, In: Hippner, H. / Wilde, K. D. (Hrsg.): Grundlagen des CRM – Konzepte und Gestaltung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[HIMA2004] Hinterhuber, H. H. / Matzler, K.: Kundenorientierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[HIPP1986] von Hippel, E.: Lead Users – A Source of Novel Product Concepts, In: Man-agement Science, Vol. 32, No. 7, 1986

[HIPP1998] von Hippel, E.: Explorations of the Impact of „Sticky“ Local Information on the Locus of Innovation, In: Franke, N. / von Braun, C.-F. (Hrsg.): Innova-tionsforschung und Technologiemanagement, Springer Verlag, Berlin, Hei-delberg, 1998

[HIKA2002] von Hippel, E. / Katz, R.: Shifting Innovation to Users via Toolkits, In: Management Science, Vol. 48, No. 7, 2002

Page 241: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 223

[HITS1999] von Hippel, E. / Thomke, S. / Sonnack, M.: Creating Breakthroughs at 3M, In: Harvard Business Review, Vol. 77, 1999

[HIWI2005] Hippner, H. / Wilde, K. D.: Informationstechnologische Grundlagen der Kundenbindung, In: Bruhn, M. / Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kunden-bindungsmanagement - Strategien und Instrumente für ein erfolgreiches CRM, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[HIRW2004] Hippner, H. / Rentzmann, R / Wilde, K. D.: Aufbau und Funktionalitäten von CRM-Systemen, In: Hippner, H. / Wilde, K. D. (Hrsg.): IT-Systeme im CRM – Aufbau und Potenziale, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[HOBH2005] Homburg, C. / Becker, A. / Hentschel, F.: Der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, In: Bruhn, M. / Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement - Strategien und Instru-mente für ein erfolgreiches CRM, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[HOBR2005] Homburg, C. / Bruhn, M.: Kundenbindungsmanagement – Eine Einführung in die theoretischen und praktischen Problemstellungen, In: Bruhn, M. / Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement - Strategien und Instrumente für ein erfolgreiches CRM, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[HOFÜ2005] Homburg, C. / Fürst, A.: Überblick über die Messung von Kundenzufrieden-heit und Kundenbindung, In: Bruhn, M. / Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement - Strategien und Instrumente für ein erfolgrei-ches CRM, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[HOGI1996] Homburg, C. / Giering, A.: Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte – Ein Leitfaden für die Marketingforschung, In: Mar-keting ZFP, 18. Jg., Nr. 1, Franz Vahlen Verlag, München, 1996

[JANI2004] Janitza, D.: Der Kunde als Konstrukteur – Kundenintegration durch erwei-terte CAD-Modelle, Dissertation, Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 20, Nr. 392, VDI-Verlag, Düsseldorf, 2004

[JESC2004] Jeschke, K.: Beschwerdemanagement, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[KABR2003] Kamiske, G. F. / Brauer, J.-P.: Qualitätsmanagement von A bis Z, Erläute-rungen moderner Begriffe des Qualitätsmanagements, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2003

[KAIS2002] Kaiser, M.-O.: Erfolgsfaktor Kundenzufriedenheit – Dimensionen und Messmöglichkeiten, Dissertation, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2002

[KEUP2005] Keuper, F.: Strategisches Effektivitäts- und Effizienz-Controlling im Lichte des integrierten Risiko- und Ertragsmanagements, In: Keuper, F. / Roesing, D. / Schomann, M. (Hrsg.): Integriertes Risiko- und Ertragsmanagement, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[KLEI1999] Klein; B.: QFD - Quality Function Deployment, Expert Verlag, Renningen, 1999

Page 242: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

224 9 Literatur

[KLEI2004] Kleinaltenkamp, M.: Leistungsindividualisierung und Kundenintegration, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düssel-dorf, 2004

[KLGC1996] Kleinschmidt, E. J. / Geschka, H. / Cooper, R.: Erfolgsfaktor Markt - Kun-denorientierte Produktinnovation, Springer Verlag, Berlin, 1996

[KOBL2001] Kotler, P. / Bliemel, F.: Marketing-Management, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2001

[KÖHL1972] Köhler, R.: Das Informationsverhalten im Entscheidungsprozess vor der Markteinführung eines neuen Artikels: Bericht über eine empirische Erhe-bung, Schriftenreihe der Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1972

[KOEN2001] Koen, P. et al.: Providing Clarity and a Common Language to the Fuzzy Front End, In: Research-Technology Management, Vol. 44, Nr. 2, Industrial Research Institute Inc., 2001

[KOJA1990] Kohli, A. K. / Jaworski, B. J.: Market Orientation – The Construct, Research Propositions and Managerial Implications, In: Journal of Marketing, Vol. 54, 1990

[KONI2004] Kohn, S. / Niethammer, R.: Aufgabengerechte Kundeneinbindung, In: Kun-denorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[KONS2004] Erfolgsfaktor Frontloading, In: Konstruktionspraxis, 4/2004, Vogel Industrie Medien, Würzburg, 2004

[KRAF1999] Krafft, M.: Der Kunde im Fokus – Kundennähe, Kundenzufriedenheit, Kun-denbindung und Kundenwert, In: Die Betriebswirtschaft, Nr. 4, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 1999

[KRAL2004] Krafft, M. / Albers, S.: Kundensegmentierung, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[KRBÖ2005] Krcmar, H. / Böhmann, T.: Service Data Management, In: Informations-management und Consulting, 20. Jg., Sonderausgabe 4/2005, IMC-Verlag, Saarbrücken, 2005

[KSTT1984] Kano, N. / Seraku, N. / Takahashi, S. / Tsuji, S.: Attractive Quality and Must-be-Quality, In: The Journal of the Japanese Society for Quality Con-trol, 14 Jg., Nr. 2, 1984

[KURE2004] Kurek, R.: Erfolgsstrategien für Automobilzulieferer - Wirksames Manage-ment in einem dynamischen Umfeld, Springer Verlag, Heidelberg, 2004

[LELA2003] Leckner, T. / Lacher, M.: Simplifying configuration through customer ori-ented product models, In: Proceedings of International Conference on Engi-neering Design (ICED) 2003, Stockholm, 19.- 21.08.2003

[LINDE2001] Lindemann, U.: Vorlesung „Methoden der Produktentwicklung“, Teil 1, Technische Universität München, 2001

Page 243: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 225

[LINDE2004] Lindemann, U.: Marktnahe Produktion individualisierter Produkte, Indus-triekolloquium des Sonderforschungsbereiches 582, München, 29.04.2004, Herbert Utz Verlag, München, 2004

[LIPO2004] Lindemann, U. / Ponn, J.: Produktindividualisierung – wirtschaftliche Pla-nung und Gestaltung, In: Lindemann, U. (Hrsg.): Marktnahe Produktion in-dividualisierter Produkte, Industriekolloquium des Sonderforschungsberei-ches 582, München, 29.04.2004, Herbert Utz Verlag, München, 2004

[LISC2004] Link, J. / Schmidt, S.: Der Trend zur Individualisierung von Kundenbezie-hungen, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[LMOP2000] Leifer, R. / McDermott, C. M. / O’Connor, G. C. / Peters, L. S. / Rice, M. / Veryzer, R. W.: Radical Innovation - How mature companies can outsmart upstarts, Harvard Business School Press, Boston 2000

[LÜTH2004a] Lüthje, C.: Der Weg zum kundenorientierten Produkt. In: Kundenorientie-rung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[LÜTH2004b] Lüthje, C.: Innovationserfolg durch Kundenintegration, Vortrag im Rahmen der WINServ-Tagung „Innovationserfolg durch Kundenintegration“, Mün-chen, 25.03.2004

[MABA2004] Matzler, K. / Bailom, F.: Messung von Kundenzufriedenheit, In: Hinterhu-ber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kundenorientierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[MASL1954] Maslow, A. H.: Motivation and Personality, Harper Verlag, New York, 1954

[MASS2004] Matzler, K. / Sauerwein, E. / Stark, C.: Methoden zur Identifikation von Ba-sis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren, In: Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kundenorientierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[MATY2005] Matys, E.: Praxishandbuch Produktmanagement – Grundlagen und Instru-mente, Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2005

[MEBE2004] Meyer, A. / Blümelhuber, C. / Ertl, R.: Kundenzufriedenheit und wie sie sich messen lässt, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposi-on Verlag, Düsseldorf, 2004

[MEBR1981] Meffert, H. / Bruhn, M.: Beschwerdeverhalten und Zufriedenheit von Kon-sumenten, In: Die Betriebswirtschaft, 41. Jg., Nr. 4, Schäffer-Poeschel Ver-lag, 1981

[MEFF1998] Meffert, H.: Marketing – Grundlagen marktorientierter Unternehmensfüh-rung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1998

[MEIE2004] Meier, H.: Service im globalen Umfeld – Innovative Ansätze einer zukunfts-orientierten Dienstleistungsgestaltung, In: Meier, H. (Hrsg.): Dienstleis-tungsorientierte Geschäftsmodelle im Maschinen- und Anlagenbau, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2004

Page 244: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

226 9 Literatur

[MEKA2005] Meyer, A. / Kantsperger, R.: Kundenzufriedenheit, In: Frey, D. / von Rosen-stiel, L. / Hoyos, C. (Hrsg.): Wirtschaftspsychologie, Beltz Verlag, Wein-heim, Basel, 2005

[MEKW2005] Meyer, A. / Kantsperger, R. / Wilkoszewski, A.: Strategien zur Messung und Ausschöpfung des Kundenwertes, In: Keuper, F. / Roesing, D. / Schomann, M. (Hrsg.): Integriertes Risiko- und Ertragsmanagement – Kunden- und Un-ternehmenswert zwischen Risiko und Ertrag, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2005

[MEOE1995] Meyer, A. / Oevermann, D.: Kundenbindung, In: Tietz, B. / Köhler, R. / Zen-tes, J. (Hrsg.): Handwörterbuch des Marketing, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 1995

[MEPF1998] Meyer, A. / Pfeiffer, M.: Virtuelle Kundenintegration – Formen und Er-folgspotentiale zur Gestaltung einer neuen Generation von market-pull-Innovationen, In: Franke, N. / von Braun, C.-F. (Hrsg.): Innovationsfor-schung und Technologiemanagement, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 1998

[MEUK2005] Meier, H. / Uhlmann, E. / Kortmann, D.: Hybride Leistungsbündel - Nutzen-orientiertes Produktverständnis durch interferierende Sach- und Dienstleis-tungen, In: wt Werkstattstechnik online, 7/2005, Springer-VDI-Verlag, Düs-seldorf, 2005

[MILL2003] Miller, E.: State of the PLM Industry, In: Proceedings of the CIMdata PLM-Conference 2003, 23.06.03, Dearborn, USA, 2003

[MORH2000] Morrison, P. D. / Roberts, J. H. / von Hippel, E.: Determinants of User Inno-vation and Innovation Sharing in a Local Market, In: Management Science, Vol. 46, No. 12, 2000

[ÖSBG1995] Österle, H. / Brenner, C. / Gaßner, C.: Business Engineering, Prozess- und Systementwicklung, Springer Verlag, Heidelberg, 1995

[PABE1997] Pahl, G. / Beitz, W.: Konstruktionslehre – Methoden und Anwendung, 4. Aufl., Springer Verlag, Berlin, 1997

[PAPA2004] Panten, G. / Paul, C.: Customer Collaboration und virtuelle Communities, In: Kundenorientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düssel-dorf, 2004

[PEPE2000] Pepels, W.: Produktmanagement, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, Mün-chen, 2000

[PILL2001] Piller, F. T.: Mass Customization – ein wettbewerbsstrategisches Konzept im Informationszeitalter, 2. aktualisierte Aufl., Gabler Verlag, Wiesbaden, 2001

[PIMÜ2003] Piller, F. T. / Müller, M.: Mass Customization und Kundenintegration – Neue Wege zu konsequenter und effizienter Kundenorientierung, In: Infor-mation Management & Consulting, 18/2003, IMC Verlag, Saarbrücken, 2003

Page 245: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 227

[PLIN1992] Plinke, W.: Ausprägungen der Marktorientierung im Investitionsgüter-Marketing, In: Zeitschrift für Betriebswirtschaftliche Forschung, 44.Jg., Ver-lagsgruppe Handelsblatt, Düsseldorf, 1992

[PLSA1996] Pleschak, F. / Sabisch, H.: Innovationsmanagement, UTB Verlag, Stuttgart, 1996

[PULS2002] Puls, C.: Die Konfigurations- Verträglichkeitsmatrix als Beitrag zum Mana-gement von Konfigurationswissen in KMU, Dissertation, ETH Zürich, 2002

[RAPC2004] Rao, V. S. / Pillai, S. / Chaudhari, A.: CRM Integration with PLM, In: Pro-ceedings of PDT Europe 2004, Stockholm, 18. - 20.10.2004

[REPI2002] Reichwald, R. / Piller, F. T.: Der Kunde als Wertschöpfungspartner – For-men und Prinzipen, In: Albach, H. (Hrsg.): Wertschöpfungsmanagement, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2002

[REPM2000] Reichwald, R. / Piller, F. T. / Möslein, K: Information as a Critical Success Factor for Mass Customization, In: Proceedings of International Federation of Scholarly Associations of Management (ASAC / IFSAM) Joint Confe-rence 2000, Montreal, Canada, 8. - 11.07.2000

[RESE2000] Rese, M.: Anbietergruppen in Märkten – Eine ökonomische Analyse, Mohr Siebeck Verlag, Tübingen, 2000

[REIC2002] Reichart, S.: Kundenorientierung im Innovationsprozess, Deutscher Univer-sitäts-Verlag, Wiesbaden, 2002

[REIC2004] Reichwald, R.: Projekt WINserv, Vortrag im Rahmen der WINServ-Tagung „Innovationserfolg durch Kundenintegration“, München, 25.03.2004

[REIS2005] Reichwald, R. / Ihl, C. / Seifert, S.: Innovation durch Kundenintegration, In: Frey, D. / von Rosenstiel, L. / Hoyos, C. (Hrsg.): Wirtschaftspsychologie, Beltz Verlag, Weinheim, Basel, 2005

[ROPI2003] Rogoll, T. / Piller, F. T.: Konfigurationssysteme für Mass Customization und Variantenproduktion, 2. Aufl., Marktstudie, ThinkConsult, München, 2003

[RUDO2001] Rudolf-Sipötz, E.: Kundenwert – Konzeptionen, Determinanten und Praxis, Dissertation, Thexis Verlag, St. Gallen, 2001

[RUPP2002] Rupp, C.: Requirements-Engineering und -Management, Carl Hanser Ver-lag, München, Wien, 2002

[SAIM2002] Saaksvuori, A. / Immonen, A.: Product Lifecycle Management, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2002

[SBMS2006] Scheer, A.-W. / Boczanski, M. / Muth, M. / Schmitz, W.-G. / Segelbacher, U.: Prozessorientiertes Product Lifecycle Management, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 2006

[SCHA2004] Schauenburg, J.: Die Kundennutzenanalyse, In: Kundenorientierung – Stra-tegie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[SCHN2000] Schneider, W.: Kundenzufriedenheit – Strategie, Messung, Management, Moderne Industrie Verlag, Landsberg/Lech, 2000

Page 246: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

228 9 Literatur

[SCHÖ2003] Schöler, H. R.: Erfolgreiche Produktkonzepte durch frühzeitige Berücksich-tigung der Kundenanforderungen und des Kostenmanagements, In: Procee-dings zur Konferenz Prozessoptimierung in der Vorentwicklung, Augsburg, 24. - 25.02.2003

[SCHÜ1992] Schütze, R.: Kundenzufriedenheit – After Sales Marketing auf industriellen Märkten, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1992

[SCHU1964] Schumpeter, J. A.: Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Duncker & Humblot, Berlin, 1964

[SCHU2000] Schulze, J.: Prozessorientierte Einführungsmethode für das Customer Relati-onship Management, Dissertation, Difo-Druck, Bamberg, 2000

[SCHW2002] Schweinberger, D.: Eine Methodik zur Unterstützung der Suche und Aus-wahl von Partnern für kooperative Produktinnovationsprojekte, Dissertation, Grässer Druck, Karlsruhe, 2002

[SCJA2004] Schögel, M. / Jazbec, M.: Qualitätssicherung im E-Commerce, In: Kunden-orientierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[SCKP2005] Schuh, G. / Canales, F. / Kobusch, A. / Paulukuhn, L.: Lean Innovation, Less Complexity, In: Industrie Management, 21/2005, Gito Verlag, Berlin, 2005

[SCSI2002] Schulte, S. / Sieg, O.: Technology Monitoring – Product Lifecycle Manage-ment, Lehrstuhl für Maschinenbauinformatik, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, 2002

[SEID2005] Seidel, M.: Methodische Produktplanung – Grundlagen, Systematik und Anwendung im Produktentstehungsprozess, Dissertation, Universitätsverlag Karlsruhe, 2005

[SEPF1992] Servatius, H. G. / Pfeiffer, S.: Ganzheitliche und evolutionäre Technologie-bewertung, In: VDI-Technologiezentrum (Hrsg.): Technologiefrühaufklä-rung, VDI-Verlag, Düsseldorf, 1992

[SEXA2002] Sexauer, H. J.: Entwicklungslinien des Customer Relationship Management (CRM), In: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 31. Jg., Nr.4, Franz Vah-len Verlag, München, 2002

[SOND2001] Sonderforschungsbereich 361: "Modelle und Methoden zur integrierten Pro-dukt- und Prozessgestaltung", Arbeits- und Ergebnisbericht 1999 - 2001, Aachen 2001

[SOPH2006] Sophist Group: Das SOPHIST Regelwerk – Linguistische Methode http://www.sophist.de, Stand Februar 2006

[SPBE1996] Specht, G. / Beckmann, C.: F&E-Management, UTB Verlag, Stuttgart 1996

[SPKR1997] Spur, G. / Krause, F.-L.: Das virtuelle Produkt – Management der CAD-Technik, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 1997

[STEI1996] Stein, E.: Product Development – A Customer Driven Approach, Harvard Business School Press, Boston 1996

Page 247: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

9 Literatur 229

[SUNM2005] Sun Microsystems: Jini Network Technology, http://www.sun.com/software/jini, Stand: November 2005

[TAPO2004] Tacke, G. / Pohl, A.: Conjoint-Measurement, In: Kundenorientierung – Stra-tegie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[THHI2002] Thomke, S. / von Hippel, E.: Customers as Innovators – A new way to create Value, In: Harvard Business Review, Vol. 4, 2002

[THKM2004] Thelen, E. / Koll, O. / Mühlbacher, H.: Prozessorientiertes Management von Kundenzufriedenheit, In: Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kunden-orientierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufrieden-heit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[TÖPF2004] Töpfer, Vision und Realität von CRM-Projekten, In: Hippner, H. / Wilde, K. D. (Hrsg.): Management von CRM-Projekten - Handlungsempfehlungen und Branchenkonzepte, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[TSPI2001] Tseng, M. M. / Piller, F.: Economics of Mass Customization, IEEM-Working Paper 08/2001, Hong Kong University of Science and Technology, Hong Kong, 2001

[VACZ2003] Vanalli, S. / Cziulik, C.: Seven Steps to the Voice of the Customer, In: Pro-ceedings of International Conference on Engineering Design (ICED) 2003, Department of Machine Design, Royal Institute of Technology, KTH, Stock-holm, 19.- 21.08.2003

[VDI1993] VDI-Gesellschaft Entwicklung Konstruktion Vertrieb: VDI-Richtlinie 2221, Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Pro-dukte, Beuth Verlag, Berlin, 1993

[VDI1994] VDI-Gesellschaft Entwicklung Konstruktion Vertrieb: VDI-Richtlinie 2247, Qualitätsmanagement in der Produktentwicklung, Beuth Verlag, Berlin, 1994

[VIPR2003] Vip-RoaM - The future of Virtual Product Creation - strategic roadmap, Ab-schlussbericht des EU-Projektes IST-2002-37605, Fraunhofer IPK, Berlin, 2003

[VOGU2001] Voß, S. / Gutenschwager, K.: Informationsmanagement, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 2001

[WART2000] Wartburg, I.: Wissensbasiertes Management technologischer Innovationen, Dissertation der Universität Zürich, 2000

[WEKP1999] Weiber, R. / Kollmann, T. / Pohl, A.: Das Management technologischer In-novationen, In: Kleinaltenkamp, M. / Plinke, W. (Hrsg.): Markt- und Pro-duktmanagement, Springer Verlag, Berlin, 1999

[WERD2005] Werding, A.: Bewertung von Betreibermodellen in Produktionsbetrieben, Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, Shaker Verlag, Aachen, 2005

[WILD1999] Wildemann, H.: Produktklinik – Wertgestaltung von Produkten und Prozes-sen, TCW-Verlag, München, 1999

Page 248: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

230 9 Literatur

[WILD2001] Wildemann, H.: Innovationsmanagement – Leitfaden zum Aufbau eines ef-fektiven und effizienten Innovationsmanagementsystems, TCW-Verlag, München, 2001

[WILD2004] Wildemann, H.: Controlling im Total Quality Management, In: Kundenori-entierung – Strategie und Umsetzung, Symposion Verlag, Düsseldorf, 2004

[WOLL1994] Woll, R.: Informationsrückführung zur Optimierung der Produktentwick-lung, Dissertation, Carl Hanser Verlag, München, Wien, 1994

[WÜPP2000] Wüpping, J.: Konfigurationstechnik für die individuelle Serienfertigung, In: IT Management, 4/2000, IT Verlag für Informationstechnik, Sauerlach, 2003

[ZERN2004] Zernott, C.: Kundenintegration in die Produktentwicklung – Empirische A-nalyse und Gestaltungsempfehlungen, Dissertation, TCW-Verlag, München, 2004

[ZIBÄ2004] Zink, K. J. / Bäuerle, T.: Kundenorientierung und -zufriedenheit in Business Excellence-Konzepten, In: Hinterhuber, H. H. / Matzler, K. (Hrsg.): Kun-denorientierte Unternehmensführung – Kundenorientierung, Kundenzufrie-denheit, Kundenbindung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 2004

[ZWIC1998] Zwicker, E.: Unterstützung der unternehmensübergreifenden Produktent-wicklung durch den Einsatz moderner Informationstechnologien, Dissertati-on, ETH Zürich, 1998

Page 249: Integration von Kundenfeedback in die Produktentwicklung zur

Lebenslauf

Persönliche Angaben

Name Stefan Schulte

Geburtsdatum 12. Dezember 1972

Geburtsort Münster

Familienstand ledig

Staatsangehörigkeit deutsch

Bildungsgang

10/1993 - 12/2000 Studium des Maschinenbaus an der Ruhr-Universität Bochum Fachrichtung: Konstruktionstechnik / Kraftfahrzeugtechnik Abschluss: Diplom-Ingenieur

09/1983 - 05/1992 Naturwissenschaftliches Wilhelm-Hittorf-Gymnasium Münster Abschluss: Abitur

Berufstätigkeiten

seit 07/2006 Oberingenieur am Lehrstuhl für Maschinenbauinformatik (ITM) der Ruhr-Universität Bochum

02/2001 – 07/2006 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Maschinenbau-informatik (ITM) der Ruhr-Universität Bochum

Waltrop, November 2006 Stefan Schulte