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Professor Dr. Dietmar Wellisch, StB
International Tax Institue (IIFS), Hamburg
www.iifs.de
Internationale Besteuerung II: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen
unter besonderer Berücksichtigung internationaler Mitarbeiterentsendungen
Wintersemester 2005/2006
I
Inhaltsübersicht
Teil A: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen
1. Betriebstättenbesteuerung
2. Verrechnungspreise zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften
Teil B: Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen
1. Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer (Schwerpunkt: Sonderformen der Vergütung)
2. Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber
3. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung
II
Teil A: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen
1. Betriebstättenbesteuerung
1.1 Motivation
1.2 Gewinnabgrenzung Stammhaus – Betriebstätte
1.3 Begriff der Betriebstätte
1.4 Vertreter
1.5 Gewinnermittlung für ausländische Betriebstätten und inländische Betriebstätten ausländischer Steuerpflichtiger
1.5.1 Steuerliche Gewinnermittlung
1.5.2 Prinzipien der Gewinnabgrenzung
1.6 Konkretisierung der direkten Methode durch das „dealing at arm’s length“- Prinzip
1.6.1 Eigenkapitalüberlassung
III
1.6.2 Fremdkapitalüberlassung
1.6.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern
1.6.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern
1.6.5 Allgemeine Verwaltungs- und Geschäftsführungskosten
1.6.6 Spezielle Dienstleistungen
1.7 Gewinnermittlung bei einer Vertreterbetriebstätte
1.8 Währungsumrechnung des Betriebstättenergebnisses
2. Verrechnungspreise zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften
2.1 Motivation
2.2 Direkte Gewinnabgrenzung
2.2.1 Standardmethoden
2.2.1.1 Preisvergleichsmethode
2.2.1.2 Wiederverkaufspreismethode
2.2.1.3 Kostenaufschlagsmethode
2.2.2 Andere Methoden
IV
2.3 Konkretisierung der direkten Methode
2.3.1 Eigenkapitalüberlassung
2.3.2 Fremdkapitalüberlassung
2.3.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern
2.3.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern
2.3.5 Verwaltungs- und Dienstleistungen
2.3.6 Kostenumlagen
2.3.7 Besondere Situationen (Verluste, Vorteilsausgleich)
2.4 Korrekturnormen
2.4.1 Grundsätzliche Anmerkungen
2.4.2 Verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG
2.4.3 Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a KStG
2.4.4 Verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG
2.4.5 Berichtigung von Einkünften gem. § 1 AStG
2.4.6 Nicht erfasste Korrekturrichtung
V
Teil B: Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von internationalen Mitarbeiterentsendungen
1. Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer
(Schwerpunkt: Sonderformen der Vergütung)
1.1 Motivation
1.2 Grundsätze der Besteuerung bei Vorliegen keines DBA
1.2.1. Entsendung aus Deutschland
1.2.2. Entsendung nach Deutschland
1.3 Grundsätze der Besteuerung bei Vorliegen eines DBA
1.3.1. Entsendung aus Deutschland
1.3.2. Entsendung nach Deutschland
1.4 Besonderheiten der Besteuerung bei Sonderformen der Vergütungen
1.4.1 Sachbezüge (fringe benefits)
1.4.2 Stock Options
VI
1.4.3 Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung
1.4.4 Guthaben auf Arbeitszeitkonten
2. Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber
2.1 Motivation
2.2 Steuerliche Abzugsfähigkeit von Arbeitnehmervergütungen in Deutschland
2.2.1 Grundsätzliches und Abzugsfähigkeit sofort ausgezahlter Geldleistungen
2.2.2 Sachleistungen
2.2.3 Stock Options
2.2.4 Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung
2.2.5 Guthaben auf Arbeitszeitkonten
2.3 Verrechenbarkeit von Arbeitnehmervergütungen
2.3.1 Verrechenbarkeit bei Dienstleistungen
2.3.2 Verrechnung bei Entsendungen
2.3.3 Verrechenbarkeit bei Arbeitnehmervergütungen im Ausland
VII
2.3.4 Korrekturvorschriften
2.4 Exkurs: Lohnsteuerabzug in Deutschland
3. Sozialversicherungsrechtliche Behandlung
3.1 Motivation
3.2 Regelung der Sozialversicherungspflicht
3.2.1 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor
3.2.1.1. Grundsatz
3.2.1.2. Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip in Deutschland
3.2.1.3. Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip in anderen Staaten
3.2.1.4. Mögliche Probleme: Doppelversicherung oder vollständige Befreiung
3.2.2 Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor
3.2.2.1. Grundsatz
3.2.2.2. Ausnahmen vom Arbeitsortprinzip
3.2.2.3. Nicht unter das SVA fallende Teilbereiche der
VIII
Sozialversicherung
3.2.3 Entsendungen innerhalb der EU/des EWR
3.3 Gestaltungsmöglichkeiten
3.3.1 Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des entsendenden Unternehmens
3.3.1.1. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor
3.3.1.2. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor
3.3.1.3. Entsendungen innerhalb der EU/des EWR
3.3.2 Entsendung im wirtschaftlichen Interesse des aufnehmenden Unternehmens
3.3.2.1. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt nicht vor
3.3.2.2. Ein Sozialversicherungsabkommen liegt vor
3.3.2.3. Entsendung innerhalb der EU/des EWR
3.3.3 Vorteilhaftigkeitsüberlegungen zur Entsendung zwischen Deutschland und den USA
IX
Ausgewählte Literatur:
Lehrbücher:
Fischer/Kleineidam/Warneke, Internationale Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 5. Aufl., Erich Schmidt Verlag, Berlin 2005;
Grotherr/Herfort/Strunk/, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Verlag Fleischer, Achim, 2003;
Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 5. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 2002;
Scheffler, Besteuerung der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit, 2., völlig überarb. und erw. Aufl., Verlag Vahlen, München 2002;
Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 1998;
Wellisch, Besteuerung von Erträgen, Verlag Vahlen/Beck, München 2002.
X
Kommentare:
Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Loseblattsammlung, Verlag C.H. Beck, München;
Lenski/Steinberg, Kommentar zum GewStG, Loseblattsammlung, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln;
Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, Loseblattsammlung, Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart;
Schmidt, Kommentar zum EStG, 24. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 2005;
Streck, Kommentar zum KStG, 6. Aufl., Verlag C.H. Beck, München, 2003;
Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 4. Aufl., Verlag C.H. Beck, München 2003.
Aufsätze, Verwaltungsanweisungen, Urteile.
XI
Teil A: Einkommensabgrenzung international tätiger Unternehmen
1. Betriebstättenbesteuerung
1.1 Motivation
− International ausgerichtete Unternehmen agieren über nationale Grenzen hinweg.
− Aus dieser internationalen Tätigkeit folgt eine Beteiligung von mehreren Steuerjurisdiktionen mit
deren jeweiligen Steuergesetzen.
− Dadurch wird eine Einkommensabgrenzung aufgrund der unterschiedlichen Interessen der
beteiligten Länder und des international tätigen Unternehmens notwendig.
1
Gründe:
o Die fiskalischen Interessen der beteiligten Länder führen dazu, dass jedes der beteiligten
Länder einen angemessenen Teil des Einkommens des Unternehmens seiner
Besteuerung unterwerfen möchte.
o Das Unternehmen möchte hingegen das Einkommen derart auf die Länder aufteilen,
dass es einer möglichst geringen Steuerlast unterliegt.
− Wirtschaftsbeziehungen zu einem anderem Land kann ein international tätiges Unternehmen
alternativ begründen durch:
o Direktgeschäft
o Ausländische Betriebstätte
o Ausländische Tochtergesellschaft
− Die steuerliche Behandlung der internationalen Tätigkeit ist abhängig von der Wahl eines dieser
Durchführungswege:
2
o Direktgeschäft
Die Gewinnbesteuerung erfolgt ausschließlich im Sitzstaat des Stammhauses.
o Ausländische Betriebstätte
Der Betriebstättenstaat besteuert den Gewinnanteil, den die Betriebstätte erwirtschaftet.
Das Stammhaus unterliegt grundsätzlich mit dem gesamten Welteinkommen der
Besteuerung in seinem Sitzstaat.
Besteht ein DBA, wird der Betriebstättengewinn (ggf. unter Beachtung des
Progressionsvorbehalts) i.d.R. von der Besteuerung im Sitzstaat ausgenommen.
Besteht kein DBA, rechnet die Bundesrepublik Deutschland als Sitzstaat die
ausländische Steuer an bzw. zieht sie auf Antrag von den Einkünften ab.
o Ausländische Tochtergesellschaft
Der Gewinn der Tochtergesellschaft wird vollständig im Sitzstaat der Tochtergesellschaft
besteuert.
3
Die Ausschüttungen der Tochtergesellschaft werden in der Bundesrepublik Deutschland
von der Steuer befreit, wenn der Anteilseigner eine juristische Person ist.
Beispiel:
Die Bora AG verkauft ihre in Deutschland hergestellten Einspritzpumpen auch in Luxemburg. Die
Einspritzpumpen werden nach einer Bestellung von einem luxemburgerischen Kunden per Kurier
aus Deutschland direkt an den Kunden geliefert.
Der Gewinn aus diesem Direktgeschäft wird allein in Deutschland besteuert. Eine Gewinn-
verteilung auf Deutschland und Luxemburg ist hier prinzipiell nicht möglich. Selbst der Anteil des
Gewinns, der auf die Exporte nach Luxemburg entfällt, muss in Deutschland versteuert werden. Es
besteht somit keine unmittelbare Gestaltungsmöglichkeit, den Gewinn zu verlagern.
Die Gewinnverlagerung in ein anderes Land ist allerdings möglich, wenn eine Betriebstätte
gegründet wird:
4
Beispiel:
In Abwandlung des vorherigen Beispiels vertreibt das Stammhaus der Bora AG die Einspritz-
pumpen nicht mehr selber auf dem luxemburgerischen Markt, sondern errichtet eine Zweignieder-
lassung in Luxemburg. Diese Zweigniederlassung übernimmt aktiv das Vertriebsgeschäft.
Die Zweigniederlassung stellt gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) bb) DBA Luxemburg eine
Betriebstätte dar. Gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Luxemburg können die Betriebstättengewinne im
Betriebstättenstaat (Luxemburg) besteuert werden. Der Sitzstaat (Deutschland) hat diese Gewinne
freizustellen (Art. 20 Abs. 1 DBA Luxemburg). Im Ergebnis werden die Betriebstättengewinne
somit nur in Luxemburg besteuert.
Somit besteht durch die Gründung einer Betriebstätte ein Gestaltungsspielraum, den Gewinn
durch die entsprechende Wahl des Verrechnungspreises für die Einspritzpumpen nach Luxemburg
zu verlagern und dem geringeren luxemburgischen Steuerniveau zu unterwerfen. Um so niedriger
der Verrechnungspreis für die Einspritzpumpen vom Stammhaus gewählt wird, um so höher ist der
Anteil am Gesamtgewinn des Unternehmens, der der luxemburgischen Betriebstätte zugeordnet
5
wird. Soweit die Wahl des Verrechnungspreises von den deutschen und luxemburgischen
Steuerbehörden anerkannt wird, resultiert daraus eine niedrigere Gesamtsteuerbelastung des
Unternehmens, weil durch den geringeren Verrechnungspreis ein größerer Teil des
Gesamtgewinns der niedrigeren luxemburgischen Steuer zu unterwerfen ist.
Beispiel:
In Abwandlung des vorherigen Beispiels vertreibt die Bora AG die Einspritzpumpen nicht über eine
Zweigniederlassung, sondern gründet die 100%ige Tochtergesellschaft Bora Luxembourg société
anonyme (Aktiengesellschaft) in Luxemburg. Diese übernimmt das Vertriebsgeschäft in
Luxemburg.
Das Besteuerungsrecht der Gewinne der luxemburgerischen Tochtergesellschaft liegt gemäß
Art. 5 DBA Luxemburg allein bei Luxemburg. Werden die Gewinne von der Bora Luxembourg
société anonyme an die Bora AG ausgeschüttet, hat gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA Luxemburg der
Wohnsitzstaat des Empfängers (Deutschland) das Besteuerungsrecht. Gemäß Art. 13 Abs. 2
6
i.V.m. Abs. 4 DBA Luxemburg steht dem Quellenstaat (Luxemburg) das Recht zu, eine
Quellensteuer von höchsten 10 % der Dividende zu erheben. Auf Grund der Mutter-Tochter-
Richtlinie (Richtlinie 90/435/EWG vom 23. Juli 1990) reduziert sich die Quellensteuer tatsächlich
allerdings regelmäßig auf 0%.
In Deutschland werden die Dividenden nach § 8b Abs. 1 KStG von der Besteuerung freigestellt.
Obwohl Deutschland das Besteuerungsrecht besitzt, kann es dieses somit aufgrund der nationalen
Steuergesetze nicht nutzen. Zu beachten ist allerdings, dass gem. § 8b Abs. 5 KStG 5% der
Dividenden als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten.
Erneut besteht ein Gestaltungsanreiz, durch die Wahl der Verrechnungspreise den Gewinn nach
Luxemburg zu verlagern, um den Vorteil der niedrigeren luxemburgerischen Gewinnbesteuerung
(22 % normaler Körperschaftsteuersatz zuzüglich Zuschlag 4 % des Steuerbetrags für
Arbeitslosenfonds = 22,88 %; sowie eine niedrigere Gewerbesteuer) zu nutzen. Auf Grund der
Mutter-Tochter-Richtlinie steht diesem Vorteil auch kein möglicher Nachteil einer etwaigen
Quellenbesteuerung auf die späteren Dividendenzahlungen gegenüber, wenn der Gewinn wieder
nach Deutschland repatriiert wird. 7
− Die Bestimmung, ob eine Betriebstätte vorliegt, ist von steuerlicher Relevanz bei:
o der Anknüpfung der beschränkten Steuerpflicht an die im Inland unterhaltene
Betriebstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG).
o der Abgrenzung ausländischer Einkünfte für den Zweck der Steueranrechnung bzw. des
Steuerabzugs einer gezahlten ausländischen Steuer gem. § 34c EStG.
o der Zuordnung des Besteuerungsrechts im Rahmen eines DBA (Betriebstättenvorbehalt
Art. 7 OECD-MA).
− Werden die Betriebstättenkriterien nicht erfüllt, und kommt auch kein ständiger Vertreter zum
Einsatz, dann liegt keine Betriebstätte, sondern ein Direktgeschäft vor. Die Gewinne können
dann nur von dem Staat steuerlich erfasst werden können, in dem das exportierende
Unternehmen seinen Sitz hat. Eine Erfolgsabgrenzung erübrigt sich in diesem Fall.
8
9
− Nach diesem so genannten „dealing at arm’s length“-Prinzip sind die Gesamteinkünfte des
Unternehmens unter der Annahme, dass die ausländische Betriebstätte als ein in jeder Hinsicht
1.2 Gewinnabgrenzung Stammhaus – Betriebstätte
− Die Feststellung einer ausländischen Betriebstätte und die resultierende Zuordnung des
Besteuerungsrechts ist nicht ausreichend zur Bestimmung des Steueranspruchs.
− Da die Höhe der Betriebstätteneinkünfte für die jeweilige nationale Besteuerung und für
Maßnahmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen herangezogen werden, ist es
notwendig, den Anteil der Betriebstätte am Gesamterfolg des Unternehmens zu bestimmen.
− Aufgrund der rechtlichen Unselbständigkeit der einzelnen Unternehmensteile ist eine klare
Abgrenzung der Erfolgsbeiträge der einzelnen Betriebstätten jedoch nicht ohne weiteres
möglich.
− Im Abkommensrecht wird aus diesem Grund ein Maßstab für die Gewinnabgrenzung – der
Fremdvergleich – festgelegt (Art. 7 Abs. 2 OECD-MA).
selbständiges Unternehmen zu behandeln ist, teils dem Stammhaus und teils der Betriebstätte
zuzuordnen.
− Demnach sind der Betriebstätte die Gewinne zuzurechnen, die sie hätte erzielen können, wenn
sie:
o eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit
o unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen
o als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und
o im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, völlig unabhängig
gewesen wäre.
Beispiel:
Ein inländisches Unternehmen berechnet seiner ausländischen Betriebstätte überhöhte Preise für
die Weitergabe von Halbfertigprodukte. Folglich erhöht sich der Gewinn des Stammhauses und
10
verringert sich der Gewinn der ausländischen Betriebstätte. Bei einem fremden dritten
ausländischen Unternehmen hätte das Stammhaus auf Grund der allgemeinen Marktsituation nur
einen geringeren Preis erzielen können. Der Gewinnermittlung der ausländischen Betriebstätte ist
folglich der geringere Preis zugrunde zu legen.
− Eine Konkretisierung und in gewisser Weise Einschränkung des Grundsatzes des
Fremdvergleichs enthält Art. 7 Abs. 3 OECD-MA. Die für die Betriebstätte entstandenen
Aufwendungen, einschließlich der Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten,
sind unabhängig davon, von wem sie getragen wurden, der Betriebstätte zuzurechnen.
− Durch das Gefüge des Art. 7 Abs. 2 und 3 OECD-MA soll erreicht werden, dass die tatsächlich
erzielten Einnahmen und die tatsächlich angefallenen Aufwendungen steuerlich zwischen
Stammhaus und Betriebstätte nach dem Veranlassungsprinzip verursachungsgerecht aufgeteilt
werden (Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, DBA, MA Art. 7, Rz. 272).
11
− Ein Fremdvergleichspreis ist dann anzusetzen, wenn das Unternehmen im Rahmen seiner
normalen Geschäftstätigkeit von einem Dritten für die Leistung einen Fremdpreis verlangen
würde (z.B. Fertig- und Halbfertigprodukte; vgl. Art. 7, Nr. 17.1 MK).
− Leistungen, die nicht im normalen Geschäftsgang an Dritte erbracht worden wären, sind mit den
tatsächlichen Aufwendungen zu verrechnen. So dürfen beispielsweise in den Fällen, in denen
die Darlehensvergabe oder eine Lizenzgewährung nicht dem Geschäftszweck des
Unternehmens entsprechen, nur die tatsächlich entstandenen Aufwendungen an die
Betriebstätte verrechnet werden. Dies gilt auch nur insoweit, wie diese Aufwendungen speziell
für die Betriebstätte entstanden sind (vgl. Art. 7, Nr. 12.2, 17.1 MK).
− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip ist allerdings nicht hinreichend operational, so dass eine
Konkretisierung dieses Prinzips anhand einzelner Leistungsaustauschbeziehungen notwendig
ist.
− Auf diese Konkretisierung des „dealing at arm’s length“-Prinzips wird nach der Klärung des
Begriffs der Betriebstätte eingegangen.
12
1.3 Begriff der Betriebstätte
− Betriebstätten eines Unternehmens sind rechtlich unselbständige Bestandteile eines einzigen
Unternehmens. Der Austausch von Waren oder Dienstleistungen zwischen Stammhaus und
Betriebstätte sind In-sich-Geschäfte und begründen daher keine Forderungen oder
Verbindlichkeiten.
− Definition des Begriffs „Betriebstätte“ im:
Deutschen internationalen Steuerrecht: § 12 AO
Abkommensrecht: in den einzelnen DBA, Art. 5 OECD-MA
a) Deutsches internationales Steuerrecht
− In den Fällen, in denen kein DBA vorliegt, bestimmt sich der Begriff „Betriebstätte“
ausschließlich nach den nationalen Vorschriften.
− Nach § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der
Tätigkeit des Unternehmens dient.
13
14
Vielmehr ist die Erfüllung dieses Kriteriums – unabhängig von
einer starren Zeitgrenze – nach den Umständen des Einzelfalls
zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei allein die verfolgte Absicht.
− Für das Vorliegen einer Betriebstätte sind somit folgende Merkmale zu erfüllen:
⇒ feste Geschäftseinrichtung oder Anlage,
räumliche Komponente: Die Geschäftseinrichtung/Anlage ist ein körperlicher Gegenstand,
der sich regelmäßig an einem bestimmten Punkt der Erde
befindet. Nicht notwendig ist eine feste Verbindung zur
Erdoberfläche.
Beispielsweise können auch Marktstände oder fahrbare Ver-
kaufsstätten Betriebstätten sein.
zeitliche Komponente: Die Geschäftseinrichtung/Anlage muss auf eine gewisse Dauer
angelegt sein.
Eine festgelegte zeitliche Mindestgrenze existiert nicht.
Die Finanzverwaltung hingegen sieht das Kriterium der gewissen
Dauer in jedem Fall dann als gegeben an, wenn die Geschäfts-
einrichtung länger als 6 Monate besteht (Tz. 1.1.1.1 Betriebs-
stätten-Verwaltungsgrundsätze).
⇒ die unmittelbar dem Unternehmensgegenstand dient
Unerheblich ist, ob die Einrichtungen oder Anlagen Haupt- oder
Nebentätigkeiten / wesentliche oder unwesentliche Tätigkeiten
ausüben.
Beispielsweise können Werkstätten, Vertriebsbüros und
Einrichtungen, in denen Informations-, Koordinations- oder
Forschungstätigkeiten ausgeübt werden, Betriebstätten sein.
Einrichtungen/Anlagen, die nur mittelbar dem Unternehmen
dienen, können hingegen keine Betriebstätten sein.
Beispielsweise erfüllen unternehmenseigene Mitarbeiter-
15
wohnungen, Hygienische Einrichtungen oder Umkleideräume für
die Arbeitnehmer die Betriebstättenkriterien nicht.
⇒ die nicht nur in einer vorübergehenden Verfügungsmacht des Unternehmens steht.
Das Unternehmen muss eine Rechtsposition (durch Kauf, Miete,
Pacht oder unentgeltliche Überlassung) innehaben, die ihm ohne
seine Mitwirkung nicht mehr ohne weiteres entzogen oder
verändert werden kann.
Die bloße Berechtigung zur Nutzung eines Raumes im Interesse
eines anderen begründen für sich genommen noch keine
Betriebstätte.
Beispiel
Die Swiss-Consulting-AG mit Sitz in der Schweiz ist auf dem
Gebiet der Unternehmensberatung tätig. Die Swiss-Consulting-
AG berät u.a. laufend und in erheblichem Umfang die deutsche
Leu-GmbH in deren Geschäftsräumen. Die Beratung besteht aus 16
Besprechungen, die Vertreter der Swiss-Consulting-AG mit
Vertretern der Leu-GmbH führen. Die aus Anlass der
Besprechungen genutzten Räume werden von der Leu-GmbH
ausgesucht und zur Verfügung gestellt.
Da die Swiss-Consulting-AG über die Besprechungsräume der
Leu-GmbH keine Verfügungsmacht besitzt, begründet sie in
Deutschland – nach nationalem Recht – auch keine Betriebstätte.
Eine Besteuerung des Gewinns aus Beratungsgesprächen
kommt daher in Deutschland nicht in Betracht. (Gleiches gilt auch
für das Abkommensrecht, wie im folgendem Abschnitt zu sehen
sein wird.)
− In § 12 Satz 2 AO werden beispielhaft Sachverhalte aufgezählt, die als Betriebstätten
anzusehen sind. Dazu zählen u.a. die Stätte der Geschäftsleitung, Zweigniederlassungen,
Fabrikations- oder Werkstätten, Ein- oder Verkaufsstellen und Warenlager, Bauausführungen
oder Montagen (wenn die Dauer 6 Monate überschreitet).
17
b) Abkommensrecht
− Der in einem DBA verwendete Betriebstättenbegriff ist ausschließlich nach der Begriffsdefinition
im DBA auszulegen.
− Gemäß der Generalklausel des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA ist eine Betriebstätte eine feste
Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt
wird.
− Die Definition verlangt (Art. 5, Nr. 2 MK):
o das Bestehen einer „Geschäftseinrichtung“, d.h. einer Einrichtung wie Räumlichkeiten
oder in gewissen Fällen maschineller Anlagen oder Ausrüstungen;
o die Geschäftseinrichtung muss fest sein, d.h. sie muss sich an einem bestimmten Ort für
eine gewisse Dauer befinden;
o das Unternehmen muss seine Tätigkeit durch diese Geschäftseinrichtung ausüben.
18
− Abweichend von der Definition des § 12 Satz 1 AO, nach der die feste Geschäftseinrichtung
oder Anlage der Tätigkeit des Unternehmens lediglich dienen muss, wird somit gefordert, dass
die Tätigkeit eines Unternehmens durch eine feste Geschäftseinrichtung ausgeübt werden
muss.
− In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein Personaleinsatz erforderlich ist, damit die
Tätigkeit eines Unternehmens durch eine feste Geschäftseinrichtung ausgeübt werden kann.
− Die vom Art. 5 Abs. 1 OECD-MA geforderte Ausübung der Tätigkeit setzt einen Personaleinsatz
jedoch nicht zwingend voraus. Nach der Auffassung der OECD kann nämlich ein Server auch
dann eine Betriebstätte darstellen, wenn an dessen Aufstellungsort kein Personal für dessen
Betrieb notwendig ist (Art. 5, Nr. 42.6 MK).
Beispiel
Die dänische Webhosting AG betreibt einen Server, der Websites aufnimmt. Sie stellt sowohl
deutschen wie auch dänischen Unternehmen Speicherplatz auf diesem Server zur Verfügung. Der
Server, der die Websites aufnimmt, steht in Deutschland. Der Betrieb des Servers erfolgt von
19
Dänemark aus. Es wird kein Personal am Standort des Servers in Deutschland benötigt. Für
Wartungs- und Reparaturarbeiten werden Fremdunternehmen von Dänemark aus beauftragt.
Gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark bedeutet der Ausdruck Betriebstätte eine feste
Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt
wird. Da der Server ein körperlicher Gegenstand ist, stellt er eine Geschäftseinrichtung dar. Die
Geschäftseinrichtung ist fest, wenn sie sich an einem bestimmten Ort für eine gewisse Dauer
befindet. Annahmegemäß soll der Server über eine hinreichend lange Zeit an seinem Standort in
Deutschland stehen, um als feste Geschäftseinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark
zu gelten. Auch die Tätigkeit des Unternehmens wird durch den Server ausgeübt, da das
Aufnehmen von Websites anderer Unternehmen den Unternehmensgegenstand der Webhosting
AG darstellt. Der Server der Webhosting AG in Deutschland ist somit eine Betriebstätte im Sinne
des Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark.
Anders hingegen ist die Frage zu beurteilen, ob ein dänisches Unternehmen, das Serverkapazität
bei der Webhosting AG auf dem in Deutschland stehenden Server anmietet, eine Betriebstätte in
Deutschland begründet. Da das dänische Unternehmen keine feste Geschäftseinrichtung im Sinne
20
eines körperlichen Gegenstandes, sondern lediglich immaterielle Vermögensgegenstände
anmietet, unterhält es gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Dänemark keine Betriebstätte in Deutschland.
− Eine grundsätzliche Abweichung zwischen der allgemeinen Begriffsdefinition im deutschen
Steuerrecht und im Abkommensrecht kann nicht festgestellt werden.
− Trotz der unterschiedlichen Formulierung steht somit einer analogen Auslegung der allgemeinen
Betriebstättendefinition im deutschen Steuerrecht und im Abkommensrecht aufgrund der
inhaltlichen Übereinstimmung nichts entgegen.
− Wie im nationalem Recht enthält auch der Art. 5 OECD-MA eine beispielhafte Aufzählung von
Betriebstätten. Dazu zählen u.a. der Ort der Leitung, Zweigniederlassungen, Fabrikations- und
Werkstätten.
− Die abkommensrechtliche Betriebstättendefinition ist allerdings in Bezug auf Bauausführungen
und Montagen enger. Während abkommensrechtlich eine Bauausführung oder Montage nur
dann eine Betriebstätte begründen, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet (Art. 5
21
Abs. 3 OECD-MA), beträgt die Frist nach deutschem Recht nur 6 Monate (§ 12 Satz 2 Nr. 8
AO). Die einzelnen Abkommen können allerdings davon abweichen.
− Einen bedeutenden Unterschied zur nationalen Begriffsdefinition enthält der Art. 5 Abs. 4
OECD-MA.
− Demnach begründen Tätigkeiten vorbereitender Art sowie Hilfstätigkeiten allein ausdrücklich
keine Betriebstätten, auch wenn alle vorstehenden Merkmale einer Betriebstätte erfüllt werden.
− Hierzu zählen Lagerung, Ausstellung, Auslieferung und Einkauf von Gütern oder Waren (Art. 5
Abs. 4 OECD-MA).
Beispiel
Die niederländische Candy Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft) vertreibt ihre
Gebäckmischungen ausschließlich nach Österreich. Für diesen Zweck unterhält sie in
Deutschland ein Warenlager, in dem die hergestellten Gebäckmischungen zwischenlagert. Bei
Bedarf erfolgt eine Lieferung aus dem deutschen Lager direkt an den Handel in Österreich.
22
Gemäß Art. 2 Abs. 2 DBA Niederlande ist unter dem Begriff Betriebstätte eine feste Geschäfts-
einrichtung zu verstehen, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt
wird. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa DBA Niederlande gilt die Benutzung von
Einrichtungen ausschließlich zur Lagerung ausdrücklich nicht als Betriebstätte. Das in Deutschland
unterhaltene Warenlager kann somit auch dann nicht als Betriebstätte gelten, wenn die
allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebstätte erfüllt sind. Eine Betriebstätte
im Sinne des DBA Niederlande liegt folglich in Deutschland nicht vor. Deutschland steht somit kein
Besteuerungsrecht gemäß Art. 5 Abs. 1 DBA Niederlande zu.
Da das Doppelbesteuerungsrecht den nationalen Steuergesetzen vor geht, kann ein deutsches
Besteuerungsrecht auch nicht daraus abgeleitet werden, das gemäß § 12 Satz 2 Nr. 5 AO ein
Warenlager als Betriebstätte anzusehen ist. Deutschland hat keine Möglichkeiten, den auf die
nach innerstaatlichen Recht bestehende Betriebstätte entfallenden Gewinn zu besteuern.
− Durch die Ausnahmetatbestände wird die allgemeine Begriffsdefinition eingeschränkt.
23
− Die abkommensrechtliche Definition ist somit in der Regel enger gefasst als die Definition im
nationalen Steuerrecht.
− Daraus folgt, dass in der Regel immer dann, wenn Deutschland nach dem DBA das
Besteuerungsrecht für einen Betriebstättengewinn zugewiesen bekommt, nach deutschem
Steuerrecht auch eine Betriebstätte vorliegt.
1.4 Vertreter
− Neben dem sachlichen Anknüpfungsmerkmal der Betriebstätte kennt sowohl das deutsche
Steuerrecht als auch das Abkommensrecht das persönliche Anknüpfungsmerkmal des
ständigen Vertreters.
− Durch das Anknüpfungsmerkmal des ständigen Vertreters sollen die in einem Staat ohne feste
Einrichtung (Betriebstätte) gewerblich tätigen Unternehmen auch dann zu dessen Steuer
herangezogen werden, wenn die wirtschaftliche Verknüpfung mit dem Belegenheitsstaat im
Wesentlichen der einer inländischen Betriebstätte entspricht. 24
− Im Gegensatz zum deutschen Steuerrecht stellen im Abkommensrecht die Betriebstätte und der
Vertreter kein getrenntes Steueranknüpfungsmerkmal dar. Vielmehr werden Unternehmen nach
Art. 5 Abs. 5 OECD-MA so behandelt, als hätten sie in einem Staat eine Betriebstätte
(Vertreterbetriebstätte), wenn sie dort von Personen vertreten werden, die über bestimmte
Vertragsvollmachten verfügen.
Begriff des Vertreters
a) Deutsches internationales Steuerrecht
− Entsprechend dem Begriff „Betriebstätte“ bestimmt sich der Begriff „Ständiger Vertreter“ in den
Fällen, in denen kein DBA vorliegt, ausschließlich nach den nationalen Vorschriften.
− Nach § 13 Satz 1 AO ist ein ständiger Vertreter eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines
Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt.
25
− Beispielhaft werden Personen genannt, die nachhaltig Verträge abschließen bzw. vermitteln,
Aufträge einholen oder Bestände von Gütern und Waren unterhalten und davon Auslieferungen
vornehmen (§ 13 Satz 2 AO).
− Neben natürlichen kommen grundsätzlich auch juristische Personen als ständige Vertreter des
ausländischen Unternehmens im Inland in Betracht.
− Ausschlaggebend ist die faktische Geschäftsbesorgung, nicht die rechtliche Ausgestaltung.
− Auch Handelsvertreter, Makler und Kommissionäre können ständige Vertreter im Sinne des
§ 13 AO sein, soweit sie den Sachweisungen des Vertretenen unterliegen.
− Das Kriterium der Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer
angelegt ist. Maßgeblich ist dabei die verfolgte Absicht zu Beginn der Vertretertätigkeit oder
alternativ die Dauer der tatsächlich durchgeführten Vertretung. Eine festgelegte zeitliche
Mindestgrenze existiert jedoch nicht.
− Nach dem Kriterium der sachlichen Weisungsgebundenheit muss der Vertreter derart an die
geschäftlichen Weisungen des ausländischen Unternehmens gebunden sein, dass der Wille des 26
ausländischen Unternehmens das Handeln des Vertreters entscheidend bestimmt.
Dies ist stets gegeben, wenn der Vertreter Angestellter des ausländischen Unternehmens ist
und seine Weisungsbefugnis aus dem Arbeitsverhältnis resultiert.
Ist der Vertreter ein selbständiger Unternehmer, kann die Weisungsbefugnis aus einem
Auftrags- bzw. entgeltlichen Geschäftsbesorgungsverhältnis (§§ 662, 675 BGB) oder aus einem
sonstigen Rechtsverhältnis resultieren.
Beispiel:
Die Jewel-Sociedad de responsabilidad limitada (GmbH) mit Sitz in Nicaragua produziert
indianischen Schmuck. Für den Vertrieb des Schmucks in Deutschland schließt sie mit der
deutschen Meyer Distribution-GmbH einen Vertrag ab. Danach unterhält die Meyer Distribution-
GmbH, die auch im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Produkte anderer Hersteller
vertreibt und Reparaturen durchführt, ein Auslieferungslager für die Jewel-Sociedad de
responsabilidad limitada und liefert in deren Namen und für deren Rechnung Waren an Kunden
aus. Die Meyer Distribution-GmbH ist lt. Vertrag in Bezug auf den Schmuckvertrieb unmittelbar an
die Weisungen der Jewel-Sociedad de responsabilidad limitada gebunden.
27
Durch die Tätigkeit der Meyer Distribution-GmbH als ständiger Vertreter nach § 13 AO wird die
nicaraguanische Jewel-Sociedad de responsabilidad limitada mit den inländischen Einkünften, die
sie durch die Meyer Distribution-GmbH i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG im Inland erzielt,
beschränkt steuerpflichtig.
− Im Hinblick auf den Ausschluss unabhängiger Vertreter im Abkommensrecht (vgl. folgenden
Abschnitt) hat die Finanzverwaltung in R 222 Abs. 1 Satz 2 EStR auch für den Nicht-DBA-Fall
insoweit einen Steuerverzicht für die Einkünfte eines ausländischen Unternehmens ausge-
sprochen, als dessen ständiger Vertreter ein Kommissionär (§ 383 HGB) oder Makler (§ 93
HGB) ist, der das ausländische Unternehmen im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit
im Inland vertritt. Das gilt auch, wenn der ständige Vertreter ein Handelsvertreter ist, der weder
eine allgemeine Vollmacht zu Vertragsverhandlungen und Vertragsabschlüssen für das
ausländische Unternehmen besitzt noch über ein Warenlager dieses Unternehmens verfügt, von
dem er regelmäßig Bestellungen für das Unternehmen ausführt.
28
b) Abkommensrecht
− Wann abkommensrechtlich aufgrund einer Vertretung eine Betriebstätte fingiert wird, bestimmt
sich ausschließlich nach der Definition im DBA.
− Gemäß Art. 5 Abs. 5 OECD-MA wird ein Unternehmen so behandelt, als habe es eine
Betriebstätte, wenn eine für dieses Unternehmen tätige Person in einem Vertragsstaat die
Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, und die Vollmacht
dort gewöhnlich ausübt.
− Der Abkommensbegriff einer Vertreterbetriebstätte ist allerdings insofern im Vergleich zum
deutschen Steuerrecht enger gefasst, als
o bei dem Vertreter Abschlussvollmacht und deren gewöhnliche Ausübung vorausgesetzt
werden,
o bloße Vorbereitungs- und Hilfstätigkeiten ausdrücklich nicht zur Annahme einer
Vertreterbetriebstätte führen (Art. 5 Abs. 5 i.V.m. 4 OECD-MA) und
29
o ein unabhängiger Vertreter grundsätzlich keine Vertreterbetriebstätte begründet, es sei
denn, die vertretende Tätigkeit wird außerhalb seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit
ausgeübt (Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA).
Beispiel
Die Izmir Limited Sirket (GmbH) mit Sitz und Geschäftsleitung in Istanbul vertreibt in Deutschland
landwirtschaftliche Produkte. Für ihre Vertriebstätigkeit schließt sie mit der deutschen Lüdger
GmbH einen Vertrag ab.
Die Lüdger GmbH ist von der Izmir Limited Sirket unabhängig, da die geschäftlichen Tätigkeiten
der Lüdger GmbH weder eingehenden Anweisungen noch einer umfassenden Aufsicht von der
Izmir Limited Sirket unterliegen.
Sofern die Lüdger GmbH die Vertriebstätigkeit für die türkische Gesellschaft im Rahmen ihrer
ordentlichen Geschäftstätigkeit eigenverantwortlich ausübt, hat die Izmir Limited Sirket keine
”Vertreterbetriebstätte” im Inland (Art. 5 Abs. 5 DBA-Türkei). Liegt aber beispielsweise die
eigentliche Geschäftstätigkeit der Lüdger GmbH in der Erstellung von Gutachten für
30
Sanierungsmaßnahmen, so überschreitet sie mit dem Abschluss von Verträgen im Namen der
Izmir Limited Sirket den Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. In diesem Fall ist die
Lüdger GmbH abhängiger Vertreter i. S. d. Art. 5 Abs. 4 DBA-Türkei und begründet für die
türkische Gesellschaft eine ”Vertreterbetriebstätte” im Inland (Art. 5 Abs. 4, 5 DBA-Türkei).
1.5 Gewinnermittlung für ausländische Betriebstätten und inländische Betriebstätten ausländischer Steuerpflichtiger
1.5.1 Steuerliche Gewinnermittlung
− Der Zuordnung der Einkünfte des international tätigen Unternehmens auf die einzelnen
Betriebstätten muss die Gewinnermittlung des (Gesamt-)Unternehmens vorausgehen.
− Bei der Ermittlung des Gewinns für deutsche Besteuerungszwecke (Besteuerung der Gewinne
des Stammhauses bzw. inländische Betriebstätten von Steuerausländern) und Bestimmung des
31
Anrechnungsbetrags der ausländischen Steuer sind immer die deutschen
Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 4 Abs. 1 und 3, 5 EStG) anzuwenden.
− Nach deutschen Rechtsnormen ist die Ermittlung des gesamten Unternehmensgewinns nur im
Fall einer unbeschränkten Steuerpflicht notwendig.
− Betreibt ein ausländisches Unternehmen im Inland nur eine Betriebstätte, genügt die
Berechnung des Betriebstättengewinns. Die Pflicht zur Ermittlung des gesamten Unternehmens-
gewinns besteht dann i. d. R. nach dem Steuerrecht des Domizilstaates des Unternehmens.
1.5.2 Prinzipien der Gewinnabgrenzung
− Um eine klare Gewinnabgrenzung der Betriebstätteneinkünfte von dem übrigen
Unternehmensgewinn vornehmen zu können, ist es notwendig, das „dealing at arm’s length“-
Prinzip zu konkretisieren.
32
− Für diese Konkretisierung unterscheidet die Steuerrechtspraxis zwischen der indirekten und der
direkten Methode.
− Indirekte Methode
o Ausgangspunkt ist das ermittelte Ergebnis des Gesamtunternehmens.
o Die Einkünftezuteilung erfolgt durch einen im Einzelfall festzulegenden Aufteilungs-
schlüssel.
o Als Bezugsgröße können z.B. die Umsätze, die Lohn- und Materialaufwendungen oder
die Vermögensbestände dienen.
o Einen sachgerechten Aufteilungsschlüssel zu finden, ist allerdings dann schwierig, wenn
sich Stammhaus und Betriebstätte in ihrer Funktion und in ihrer inneren Struktur
wesentlich unterscheiden.
o In Deutschland findet eine indirekte Gewinnaufteilung bei der Gewerbesteuer
Anwendung. Bei gewerblichen Unternehmen mit mehreren Betriebstätten innerhalb
33
Deutschlands erfolgt eine Verteilung des Gewerbesteuermessbetrages auf die
Gemeinden anhand der Arbeitslöhne (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG).
o In Kanada erfolgt eine indirekte Aufteilung für Unternehmen, die in mehreren Provinzen
Betriebstätten haben.
− Direkte Methode
o Voraussetzung ist eine gesonderte Betriebstättenbilanz (einschließlich GuV), die
allerdings nach deutschen Rechtsvorschriften im Hinblick auf die ausländische
Betriebstätte nicht zwingend zu erstellen ist.
o Die Zuordnung der einzelnen Wirtschaftsgüter erfolgt nach dem Prinzip der
wirtschaftlichen Zugehörigkeit.
o Die Aufwendungen und Erträge sind dem betreffenden Unternehmensteil funktions- und
leistungsgerecht direkt zuzuordnen. Die Zuordnung zur Betriebstätte erfolgt nach der
wirtschaftlichen Veranlassung.
34
− Sowohl die OECD als auch die deutsche Finanzverwaltung räumen der direkten Methode den
Anwendungsvorrang ein (vgl. Art. 7, Nr. 25 MK, Tz. 2.3 Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze).
1.6 Konkretisierung der direkten Methode durch das „dealing at arm’s length“-Prinzip
− Das im Art. 7 Abs. 2 OECD-MA enthaltene „dealing at arm’s length“-Prinzip stellt den
Ausgangspunkt der Gewinnermittlung dar.
− Demnach hat die Gewinnzuweisung zur Betriebstätte so zu erfolgen, als ob sie selbständig
wäre.
− Allerdings wird dieser Grundsatz durch Art. 7 Abs. 3 OECD-MA eingeschränkt.
− Demnach werden die für eine Betriebstätte entstandenen Aufwendungen unabhängig von ihrer
Entstehung bei der Betriebstätte zum Abzug zugelassen werden.
35
− Erfasst werden sollen alle Leistungen, die nicht Gegenstand der ordentlichen Geschäftstätigkeit
der leistenden Unternehmenseinheit sind. Die damit verbundenen Aufwendungen werden als für
die Betriebstätte entstandene Aufwendungen angesehen, die mit den tatsächlichen Kosten zu
verrechnen sind (vgl. Art. 7, Nr. 17.1 MK). Ein Fremdvergleich für diese Leistungen erfolgt nicht.
− Transaktionen, wie die Erbringung von Dienstleistungen, Überlassung von Finanzmitteln, zeitlich
befristete Überlassung von Wirtschaftsgütern, sind folglich grundsätzlich mit den tatsächlichen
Aufwendungen zu verrechnen, es sei denn, diese Leistungen entsprechen dem Geschäftszweck
des Unternehmens.
− Abweichend davon lässt die OECD in bestimmten Fällen allerdings auch eine Bewertung von
Transaktionen, die nicht Gegenstand der ordentlichen Geschäftstätigkeit der leistenden
Unternehmenseinheit sind, mit Fremdvergleichspreisen zu, wenn dies nach dem Recht der
einzelnen Staaten üblich ist. So dürfen beispielsweise – wie u.a. in Österreich gemäß § 6 Z 6
EStG und in Deutschland für Übertragungen in DBA-Staaten üblich – die stillen Reserven bei
der Überführung eines Wirtschaftsgutes ins Ausland aufgedeckt und besteuert werden (vgl.
Art. 7, Nr. 15 MK). 36
− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip des Art. 7 Abs. 2, 3 OECD-MA gibt nur vor, wie die
Abgrenzung des Gewinnbesteuerungsrechts auf die Vertragsstaaten vorzunehmen ist. Inwieweit
die Vertragsstaaten diesen Gewinnbesteuerungsspielraum ausschöpfen, hängt von ihren
Vorschriften zur Ermittlung des Gewinns von Stammhaus und Betriebstätte ab (beispielsweise
Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze der deutschen Finanzverwaltung).
1.6.1 Eigenkapitalüberlassung
− Die Betriebstätte verfügt als unselbständiger Unternehmensteil grundsätzlich über kein eigenes
Eigen- und Fremdkapital.
− Für die Einkünftezuordnung nach der direkten Methode ist es jedoch erforderlich, der
Betriebstätte einen Anteil am Eigenkapital des Gesamtunternehmens (sog. Dotationskapital)
zuzuordnen.
− Für die Zuführung von Mitteln aus dem Eigenkapital des Stammhauses ist keine Verrechnung
von Zinsen zu Lasten der Betriebstätte und zu Gunsten des Stammhauses möglich (vgl. Art. 7, 37
Nr. 18, 18.3 MK, BFH-Urteile v. 27.7.1965, BStBl 1966 III, S. 24 und v. 25.6.1986, BStBl 1986 II,
S. 785), da für das Unternehmen insgesamt kein pekuniärer Aufwand entstanden ist (allenfalls
Opportunitätskosten kalkulatorische Eigenkapitalkosten).
Beispiel:
Ein inländisches Produktionsunternehmen sei vollständig mit Eigenkapital finanziert. Zur Deckung
des Kapitalbedarfs stellt es seiner ausländischen Fertigungsbetriebstätte 1 000 000 € zur
Verfügung. Vergleichbare Betriebstätten weisen eine Eigenkapitalquote von durchschnittlich 30 %
auf.
⇒ Auch wenn nach den Grundsätzen des Fremdvergleiches eine Finanzierung der
Betriebstätte mit bis zu 70 % Fremdkapital möglich wäre, können der Betriebstätte keine
Aufwendungen für Fremdkapital zugeordnet werden, da das Gesamtunternehmen keine
Zinsaufwendungen zu tragen hat.
⇒ Eine interne Zinsverrechnung wird steuerlich nicht anerkannt.
38
1.6.2 Fremdkapitalüberlassung
− Neben einem Anteil am Eigenkapital des Gesamtunternehmens ist der Betriebstätte ebenfalls
ein Anteil am Fremdkapital zuzuweisen, der notwendig ist, um den Kapitalbedarf der
Betriebstätte zu decken.
− Der gesamte Kapitalbedarf (Eigen- und Fremdkapital) der Betriebstätte bestimmt sich nach dem
Aktivvermögen, welches der Betriebstätte zugeordnet wurde.
− Der Anteil des Fremdkapitals an dem Kapitalbedarf der Betriebstätte ist von Bedeutung, da im
Gegensatz zum Eigenkapital Fremdkapitalkosten als für die Betriebstätte entstandene
Aufwendungen gemäß Art. 7 Abs. 3 OECD-MA weiterverrechnet werden dürfen.
− Die Zinsen auf von außen beschaffte Fremdmittel können jedoch nur in Höhe der tatsächlich
von Unternehmen zu tragenden Zinsen – ohne Gewinnaufschlag – verrechnet werden, da das
Unternehmen eine rechtliche Einheit bildet.
39
− Die OECD fordert, dass die Kapitalstruktur nach den Kriterien der organisatorischen
Gegebenheiten und der ausgeübten Funktionen angemessen sein soll (Art. 7, Nr. 18.3 MK). Wie
ein Teil des Zinsaufwands der Betriebstätte zugeordnet werden soll, lässt die OECD jedoch
offen.
− In der älteren deutschen Rechtsprechung wurde für die Bestimmung des Eigenkapital-
Fremdkapital-Verhältnis teilweise die Kapitalspiegelmethode anerkannt (vgl. FG Freiburg, Urteil
v. 30.05.1962, EFG 1963, S. 28). Demnach soll das Eigenkapital-Fremdkapital-Verhältnis der
Betriebstätte dem Verschuldungsgrad des Gesamtunternehmens entsprechen. Die Übertragung
der Kapitalstruktur des Gesamtunternehmens auf die Betriebstätte ist aber nur dann vertretbar,
wenn Stammhaus und Betriebstätten dieselben Funktionen ausüben und eine homogene innere
Struktur aufweisen (vgl. Tz. 2.5.1. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).
40
Beispiel:
Die Gesellschafter eines bisher vollständig mit Eigenkapital finanzierten inländischen Unter-
nehmens mit einer ausländischen Betriebstätte, die vergleichbare Funktionen wie das Stammhaus
ausübt, beschließen eine Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Geschäftsjahr.
Da entsprechende flüssige Mittel nicht zur Verfügung stehen, nimmt das Unternehmen ein
Darlehen in Höhe von 1 500 000 € (Zinssatz: 8 %) auf. Nach der Ausschüttung liegt die
Eigenkapitalquote des Gesamtunternehmens bei 85 % (dies entspricht einem Eigenkapital für das
Gesamtunternehmen von 8 500 000 €).
⇒ Das Fremdkapital dient dem Gesamtunternehmen. Daher sind die Fremdkapitalauf-
wendungen dem inländischen Stammhaus und der ausländischen Betriebstätte im Verhältnis
der Eigenkapitalaufteilung zuzuordnen.
− Grundsätzlich sollte dem Unternehmen die Art der Kapitalausstattung der Betriebstätte nach
eigenem Ermessen eingeräumt werden (vgl. Tz. 2.5.1. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).
41
− Die unternehmerische Entscheidung findet laut BFH dort ihre Grenzen, wo sie im Widerspruch
zu kaufmännischen und wirtschaftlichen Erfordernissen steht (vgl. BFH-Urteil v. 01.04.1987,
BStBl. 1987 II, S. 550).
− Neben den Funktions- und Strukturunterschieden zwischen Stammhaus und Betriebstätte
sollten die branchenübliche Kapitalausstattung und individuelle Gegebenheiten für die
Betriebstätte (Geschäftsrisiken) berücksichtigt werden. Es erfolgt eine weitgehende Anlehnung
an das ”dealing at arm´s length”-Prinzip in Hinblick auf die branchenübliche Kapitalstruktur.
Beispiel:
Einer ausländischen Fertigungsbetriebstätte steht zur Deckung ihres Kapitalbedarfs Eigenkapital
des inländischen Produktionsunternehmens von 1 000 000 € zur Verfügung. Zur Ausweitung der
Produktion in seiner ausländischen Betriebstätte nimmt dieses Unternehmen ein Darlehen von
2 000 000 € auf, für das pro Jahr 8 % Zinsen zu zahlen sind. Vergleichbare Betriebstätten weisen
eine Eigenkapitalquote von durchschnittlich 30 % auf.
42
⇒ Der Zinsaufwand in Höhe von 160 000 € ist vollständig der Betriebstätte zuzuordnen, da das
Unternehmen das Darlehen ausschließlich für die Zwecke der Betriebstätte aufgenommen
hat.
⇒ Die Eigenkapitalquote von 33 % (1 000 000 / (1 000 000 + 2 000 000) entspricht der
vergleichbarer Unternehmen.
1.6.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschafts-gütern
− Werden Güter (Fertigprodukte, Halbfertigfabrikate, Rohmaterialien) zum Weiterverkauf von
einem zu einem anderen Unternehmensteil geliefert, so ist in der Regel der
Fremdvergleichspreis anzusetzen (vgl. Art. 7, Nr. 17.3 MK).
− Für die übrigen Wirtschaftsgüter stellt die OECD auf das Recht der einzelnen Staaten ab (vgl.
Art. 7, Nr. 15 MK).
43
− Nach der Auffassung vieler Staaten entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn, wenn ein
Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen eines in ihrem Gebiet belegenen Stammhauses
(Betriebstätte) in eine in einem anderen Staat belegene Betriebstätte (Stammhaus) überführt
wird (sog. Steuerentstrickung; vgl. Art. 7, Nr. 15 MK).
− Diese Besteuerung der stillen Reserven durch den Ursprungsstaat wird durch den Art. 7 OECD-
MA gedeckt, sofern dieser Staat eine derartige Besteuerung vorsieht (vgl. Art. 7, Nr. 15 MK).
− Nach deutscher Rechtsauffassung erfolgt eine (zumindest aufgeschobene) Besteuerung der
stillen Reserven immer dann, wenn das Wirtschaftsgut durch die Übertragung in ein anderes
Land der deutschen Steuerhoheit entzogen wird.
− Die folgenden Ausführungen widmen sich der deutschen Behandlung bei der Überführung von
Wirtschaftsgütern.
44
a) Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebstätte
− Wird ein Wirtschaftsgut aus dem inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebstätte
überführt sind die steuerlichen Folgen der Übertragung davon abhängig, ob die Übertragung in
einen Staat erfolgt
o ohne DBA bzw. mit DBA unter Verwendung der Anrechnungsmethode oder
o mit DBA unter Verwendung der Freistellungsmethode.
− Erfolgt die Übertragung eines Wirtschaftsguts in einen Staat ohne DBA (z.B. Liechtenstein,
Syrien, Taiwan) oder mit DBA, dass die Anrechnungsmethode vorsieht (z.B. bei der
Übertragung eines Wirtschaftsguts in eine nicht aktiv tätige Betriebstätte in der Schweiz (Art. 24
Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Buchst. a DBA Schweiz)), kommt es nach deutscher Sichtweise bei
dem Transfer der Wirtschaftsgüter zu keiner Besteuerung (Überführung zum Buchwert).
45
Hintergrund: Auf Grund des Welteinkommensprinzips unterliegen die Gewinne der
ausländischen Betriebstätte auch nach der Übertragung der deutschen
Besteuerung.
Beispiel:
Ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Einzelunternehmer überführt eine Maschine in
seine chilenische Betriebstätte. Im Zeitpunkt der Überführung liegt der Buchwert der Maschine bei
100 000 € während der Fremdvergleichspreis 300 000 € beträgt.
Die stillen Reserven in Höhe von 200 000 € werden sich im Zeitraum der Verwendung der
Maschine positiv im chilenischen Betriebstättenergebnis niederschlagen, da die Abschreibung in
der Summe nur 100.000 € (und nicht 300.000 €) erreichen können.
Da mit Chile kein DBA besteht, erstreckt sich das deutsche Besteuerungsrecht auch auf den Erfolg
der chilenischen Betriebstätte. Die stillen Reserven werden demzufolge von der deutschen
Einkommensteuer erfasst. Eine Besteuerung im Überführungszeitpunkt ist somit nicht notwendig.
46
− Liegt hingegen ein DBA vor, in dem die Freistellungsmethode Anwendung findet (Regelfall), sind
die stillen Reserven grundsätzlich im Zeitpunkt der Überführung aufzudecken. Als
anzusetzender Teilwert gilt der Fremdvergleichspreis.
⇒ Prinzip der Steuerentstrickung
Der BFH hat hierzu eine gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert zu bewertende
Entnahme angenommen (BFH-Urteil v. 16.7.1969, BStBl 1970 II, S. 175 und v. 30.5.1972,
BStBl 1972 II, S. 760).
Problem:
⇒ Eine Besteuerung der stillen Reserven vor deren Realisierung ist nach deutschem Handels-
recht (und damit gem. § 5 Abs. 1 EStG bei Buchführungspflichtigen auch für das Steuer-
recht) ausgeschlossen!
47
Lösung des Konfliktes (Tz. 2.6.1 Betriebsstätten-Erlass):
⇒ Konzept der aufgeschobenen Gewinnverwirklichung mit der Option der sofortigen Gewinn-
bzw. Verlustrealisierung im Zeitpunkt der Überführung.
− Durch das Konzept der aufgeschobenen Gewinnverwirklichung entfaltet der ermittelte Gewinn
oder Verlust zunächst keine Erfolgswirksamkeit.
Er ist bis zu seiner Realisierung auf dem Markt durch einen passiven (bei Verlust aktiven)
Merkposten in einer außerbilanziellen Nebenrechnung des Stammhauses zu neutralisieren.
− Alternativ besteht auch eine Option auf sofortige Besteuerung im Überführungszeitpunkt. Ein
Antrag ist hierfür nicht erforderlich. Die Option kann somit z.B. durch Verzicht auf die Bildung
des außerbilanziellen Posten ausgeübt werden.
− Der steuerlich zu erfassende Gewinn oder Verlust ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag
zwischen dem Fremdvergleichspreis und dem Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der
Überführung.
48
− Ist ein Rückgriff auf Fremdvergleichspreise am Markt nicht möglich, sind die Verrechnungs-
preise im Wege der Kalkulation (zzgl. Gewinnzuschlag) zu ermitteln.
− Eingetretene Wertminderungen sind nur zu berücksichtigen, sofern sie voraussichtlich dauerhaft
sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG).
b) Rückführung von Wirtschaftsgütern aus einer ausländischen Betriebstätte
− Erfolgt die Rückführung eines Wirtschaftsguts aus einem Staat ohne DBA, kommt es bei dem
Rücktransfer des Wirtschaftsguts wiederum zu keiner Besteuerung der stillen Reserven
(Rückführung zum Buchwert).
− Erfolgt im Gegensatz dazu die Rückführung eines Wirtschaftsguts aus einem Staat mit DBA,
dass die Freistellungsmethode vorsieht, wird das Wirtschaftsgut mit dem Fremdvergleichspreis
im Zeitpunkt der Rückführung angesetzt.
49
− Besteht im Zeitpunkt der Rückführung noch ein Merkposten, ist dieser vom Fremdvergleichs-
preis abzuziehen.
c) Überführung von Wirtschaftsgütern von einer ausländischen Betriebstätte in das inländische Stammhaus
− Die steuerliche Behandlung des Transfers von Wirtschaftsgütern aus der ausländischen
Betriebstätte in das inländische Stammhaus erfolgt genau spiegelbildlich wie die Überführung
von Wirtschaftsgütern vom inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebstätte.
− Besteht mit dem Betriebstättenstaat kein DBA oder ein DBA, dass das Anrechnungsverfahren
vorsieht, hat der Ansatz der ins Inland überführten Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert zu
erfolgen.
− Besteht mit dem Betriebstättenstaat ein DBA, dass das Freistellungsverfahren vorsieht, sind die
überführten Wirtschaftsgüter im Inland mit dem Fremdvergleichspreis anzusetzen.
50
− Ob das ausländische Stammhaus auch den Fremdvergleichspreis ansetzen kann, kann nur
nach den Vorschriften des Auslands entschieden werden.
d) Überführung von Wirtschaftsgütern von einer inländischen Betriebstätte in das ausländische Stammhaus
− Eine inländische Betriebstätte eines ausländischen Stammhauses unterliegt lediglich der
beschränkten Steuerpflicht.
− Wirtschaftsgüter, die das Inland verlassen, scheiden deshalb in jedem Fall aus der deutschen
Besteuerungshoheit aus.
− Die Finanzverwaltung fordert die sofortige Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der
Überführung (Tz. 2.6.3 Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).
51
1.6.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern
− Werden Wirtschaftsgüter vollständig und dauerhaft an eine Betriebstätte überlassen, ist dies –
entsprechend der obigen Ausführungen – als Überführung in die Betriebstätte zu behandeln und
dem Betriebstättenvermögen zuzuordnen.
− In der Regel werden immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Marken, Patente, Know-how) allerdings
sowohl vom Stammhaus als auch von der ausländischen Betriebstätte oder von mehreren
ausländischen Betriebstätten genutzt.
− Für den Fall der Nutzung der immateriellen Wirtschaftsgüter durch mehrere Unternehmensteile
spricht sich die OECD dafür aus, die tatsächlichen Kosten für die Erstellung der immateriellen
Wirtschaftsgüter auf alle diese Rechte nutzenden Unternehmensteile ohne einen
Gewinnaufschlag aufzuteilen (Art. 7, Nr. 17.4 OECD-MA)
− Begründet wird die Ansicht damit, dass aufgrund des einheitlichen Rechtsträgers das
immaterielle Wirtschaftsgut rechtlich einem einzelnen Unternehmensteil nicht zugewiesen
52
werden kann, und auch praktisch die Zuordnung des immateriellen Wirtschaftsguts zu einem
einzelnen Teil des Unternehmens in der Regel nicht möglich ist (Art. 7, Nr. 17.4 OECD-MA)
− Somit ist das immaterielle Wirtschaftsgut allen nutzenden Unternehmensteilen zuzurechnen und
die Kosten sind als für diese Unternehmensteile entstanden im Sinne des Art. 7 Abs. 3 OECD-
MA anzusehen (Art. 7, Nr. 17.4 OECD-MA)
− Der für die Aufteilung der Kosten maßgebende Nutzungsanteil bestimmt sich häufig nach den
Umsatzanteilen von Stammhaus und Betriebstätten.
− Ein vom Stammhaus für diese Nutzungsüberlassung verlangtes Entgelt (Lizenzgebühren) wird
steuerlich nicht anerkannt.
Beispiel:
Die Forschung- und Entwicklungsabteilung des deutschen Stammhauses der Kolbenbau AG
entwickelt ein neues Produktionsverfahren für die Herstellung von Motorenkolben, welches
anschließend sowohl im Stammhaus als auch in der ausländischen Betriebstätte angewendet wird. 53
Die Kosten der Entwicklung betrugen 1.000.000 €. Für die Überlassung der Erkenntnisse an die
Betriebstätte berechnet das Stammhaus der Betriebstätte 600.000 €. Mit diesem neuen Verfahren
werden im Stammhaus im Vergleich zur Betriebstätte doppelt so viele Kolben hergestellt.
Der von dem Stammhaus der Betriebstätte in Rechnung gestellte Verrechnungspreis ist für
steuerliche Zwecke unbeachtlich. Vielmehr sind die entstandenen Aufwendungen entsprechend
des Nutzungsanteils aufzuteilen. Der Betriebstätte ist demnach ein Aufwand von 333.333 € (1/3 ·
1.000.000 €) zuzurechnen.
1.6.5 Allgemeine Verwaltungs- und Geschäftsführungskosten
− Geschäftsführungs- und allgemeine Verwaltungskosten werden unabhängig davon, wo sie
entstanden sind, beim Betriebstättenergebnis berücksichtigt, wenn sie durch die Betriebstätte
verursacht wurden (Art. 7 Abs. 3 OECD-MA).
− Somit ist grundsätzlich nur die Aufteilung der Aufwendungen ohne Gewinnaufschlag bei der
Ermittlung des Betriebstättengewinns möglich. 54
− Die OECD favorisiert die Verrechnung der tatsächlichen Kosten ohne Gewinnaufschlag sogar in
dem Fall, in dem am Hauptsitz ausschließlich die Aufsichts- und Verwaltungsratsitzungen
stattfinden und alle anderen Tätigkeiten der Gesellschaft in der Betriebstätte ausgeübt werden
(Art. 7, Nr. 21 MK).
− Nach deutscher Rechtsprechung sind Geschäftsführungs- und allgemeine Verwaltungskosten
einer Hauptniederlassung anteilig der Betriebstätte zuzurechnen, wenn die Aufwendungen
durch eine spezielle Leistung der Hauptniederlassung an die Betriebstätte ausgelöst sind oder
wenn die den Aufwendungen zugrunde liegende Leistung im Gesamtunternehmensinteresse
liegt und damit auch der inländischen Betriebstätte zugute kommt (BFH-Urteil vom 20.07.1988,
BStBl II 1989, S. 140).
Beispiel:
Die im Stammhaus der Suder AG unterhaltene Personalabteilung übernimmt alle Personal-
angelegenheiten für die gesamte AG. Der Aufwand für den Unterhalt der Personalabteilung beträgt
55
300.000 € p.a. (Personal- und Materialkosten). Von dieser Abteilung werden 1.000 Mitarbeiter des
Stammhauses in Deutschland sowie 200 Mitarbeiter in der österreichischen Betriebstätte betreut.
Der im Stammhaus für die Personalabteilung anfallende Aufwand ist anteilig auf die Betriebstätte
zu verrechnen. Der Betriebstättengewinn mindert sich um 50.000 € (1/6 · 300.000 €). In gleicher
Höhe erhöht sich der Gewinn des Stammhauses.
− Allerdings räumt die OECD, trotz des Grundsatzes, dass nur tatsächlich entstandene Kosten zu
verrechnen sind, den Staaten das Recht ein, die Geschäftsführungsleistungen des
Stammhauses mit einem Gewinnaufschlag zu verrechnen, wenn dies durch innerstaatliche
Vorschriften gedeckt ist (vgl. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, MA Art. 7, Rz. 284; Art. 7
Nr. 22 OECD-MK).
− Aus Deutscher Sicht ist i.d.R. nur die Aufteilung der tatsächlichen Kosten möglich (vgl. Tz. 3.4.1
Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze). Nur wenn sich die Tätigkeit des Stammhauses auf die
geschäftliche Oberleitung beschränkt, ist dem Stammhaus ein angemessener Teil des
56
Gesamtgewinns zuzurechnen (vgl. Tz. 3.1.4. Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze unter
Berufung auf das BFH-Urteil v. 28.07.1993, BStBl. 1994 II, S. 148).
− Wird dem Stammhaus für die Geschäftsführung ein Anteil des Gesamtgewinns zugerechnet,
und erkennt der Betriebstättenstaat lediglich die tatsächlichen Kosten der Geschäftsführung als
Aufwand an, erfolgt eine Doppelbesteuerung i. H. d. Gewinnanteils. Nach Auffassung der OECD
soll die Doppelbesteuerung durch den Staat vermieden werden, in dem sich das Stammhaus
befindet (Art. 7 Nr. 23 OECD-MK). Diese Ansicht wurde auch von der deutschen
Finanzverwaltung übernommen (vgl. Tz. 3.1.4. Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze).
1.6.6 Spezielle Dienstleistungen
− Spezielle Dienstleistungen sind z. B. Dienstleistungen in den Bereichen Transportwesen,
Nachrichtenverkehr, Baubetreuung, Rechtsberatung, Steuerberatung, Bilanzierung, Controlling,
Instandhaltung und Werbung.
57
− Dem Grunde nach dürfen die Kosten weiter verrechnet werden, da sie durch die Betriebstätte
veranlasst sind.
− Die OECD spricht sich dafür aus, Dienstleistungen immer dann mit dem Fremdvergleichspreis
zu verrechnen, wenn das Erbringen der entsprechenden Dienstleistungen ganz oder teilweise
Gegenstand der Unternehmenstätigkeit ist und dafür auch standardisierte Entgelte existieren
(Art. 7 OECD-MA, MK 17.5).
− Existieren keine standardisierte Entgelte oder gehören die entsprechenden Dienstleistungen
nicht zum Gegenstand der Unternehmenstätigkeit, dann sind diese Leistungen mit den
tatsächlichen Kosten ohne Gewinnaufschlag zu verrechnen.
− Demgegenüber macht die deutsche Finanzverwaltung die Höhe des anzuerkennenden
Verrechnungspreises davon abhängig, ob
o das Stammhaus die Dienste leistet,
58
o die Betriebstätte die Dienste leistet und die entsprechenden Dienstleistungen zur
Haupttätigkeit der Betriebstätte zählen oder
o die Betriebstätte die Dienste leistet und die entsprechenden Dienstleistungen nicht zur
Haupttätigkeit der Betriebstätte zählen.
− Erbringt die Betriebstätte die speziellen Dienstleistungen und zählt dieses zu der Haupttätigkeit
der Betriebstätte, akzeptiert die deutsche Finanzverwaltung die Verrechnung zu Marktpreisen
nach dem ”dealing at arm´s length”-Prinzip. Fehlt ein Fremdvergleichspreis, wird die
Kostenaufschlagsmethode mit einem Gewinnaufschlag von 5-10% anerkannt (Tz. 3.1.2
Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).
− Erbringt dagegen eine Betriebstätte, bei der die Leistungserbringung lediglich als Nebentätigkeit
einzustufen ist, die spezielle Dienstleistung, dann dürfen lediglich die entstandenen
Aufwendungen ohne einen Gewinnaufschlag verrechnet werden (Tz. 3.1.2 Betriebsstätten-
Verwaltungsgrundsätze).
59
− Ebenfalls nur die tatsächlichen entstandenen Aufwendungen dürfen verrechnet werden, wenn
das Stammhaus – unabhängig davon, ob als Haupttätigkeit oder nicht – die spezielle
Dienstleistung erbringt.
Beispiel:
Die Marketingabteilung des Stammhauses der Zündkerzen-AG mit Sitz in Berlin erstellt für ihre
französische Betriebstätte ein Marketingkonzept, um den französischen Absatz zu steigern.
Nach Ansicht der OECD wären für die Erstellung des Marketingkonzepts immer dann nur die
tatsächlichen Kosten zu verrechnen, wenn die Erstellung des Konzepts nicht Gegenstand der
Unternehmenstätigkeit gehört. Da im vorliegendem Sachverhalt annahmegemäß die Zündkerzen-
AG am Markt nur ihre hergestellten Produkte und keine Marketingleistungen erbringt, wären
demnach nur die tatsächlichen Kosten der Betriebstätte zu belasten.
Zu diesem Ergebnis gelangt man auch in dem hier vorliegenden DBA-Fall. Art. 4 Abs. 1 DBA
Frankreich sieht den Betriebstättenvorbehalt vor. Nach deutscher Auffassung darf das Stammhaus
60
generell der französischen Betriebstätte nur die tatsächlich angefallenen Kosten in Rechnung
stellen (vgl. BFH-Urteil v. 20.07.1988, BStBl 1989 II, S. 140). In Frankreich ist es ebenfalls üblich
für vom Stammhaus erbrachte Dienstleistungen nur die tatsächlichen Kosten ohne
Gewinnaufschlag der Betriebstätte in Rechnung zu stellen (vgl. de Bourmont/Julien-Saint-Amand,
in Debatin/Wassermeyer, Art. 4 Frankreich, Rz. 131).
1.7 Gewinnermittlung bei einer Vertreterbetriebstätte
− Wird eine Betriebstätte aufgrund einer Vertretung i.S.v. Art. 5 Abs. 5, 6 OECD-MA fingiert, stellt
sich die Frage, in welcher Höhe dieser Vertreterbetriebstätte ein Gewinn zuzuordnen ist.
− Mangels abweichender Regelungen hat die Ermittlung des Gewinns einer Vertreterbetriebstätte
nach den allgemeinen Grundsätzen für die Ermittlung von Betriebstättengewinnen zu erfolgen.
− Maßgeblich für die Einkünftezuordnung zur Vertreterbetriebstätte ist somit das ”dealing at arm’s
length”-Prinzip.
61
− Danach ist zu prüfen, welche Vergütung (Vertreterprovision) ein unabhängiger Vertreter für die
Vertretung des Unternehmens erzielt hätte (vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, MA
Art. 5, Rz. 216).
− Der so ermittelte Fremdvergleichspreis ist der Vertreterbetriebstätte als Einnahme für die
Vertretung des Unternehmens zuzurechnen.
− Die an den Vertreter zu leistende Vergütung ist bei der Ermittlung des Gewinns der
Vertreterbetriebstätte als Aufwand zu berücksichtigen.
Beispiel:
Ein portugiesisches Unternehmen vertreibt Zuschnittmaschinen in Deutschland mit Hilfe eines
abhängigen Vertreters, der in Deutschland ansässig ist.
Dieser erhält für seine Tätigkeit
62
- Fall a) ein festes Gehalt von jährlich 20 000 € zuzüglich einer Provision von 1 % des Wertes
der vermittelten Verkäufe,
- Fall b) eine Provision von 5 % des Wertes der vermittelten Verkäufe, jedoch kein fixes
Einkommen.
Ein fremder Handelsvertreter würde 5 % Provision erhalten. Der Wert der vermittelten Verkäufe
liegt im Wirtschaftsjahr 01 bei 800 000 €.
Fall a)
Der Vertreterbetriebstätte werden hypothetische Einnahmen in Höhe des Fremdvergleichspreises
von 5 % des Wertes der vermittelten Verkäufe zugeordnet. Dem steht ein Aufwand in Höhe der
Vergütung gegenüber, die der Vertreter erhält.
Erträge der Vertreterbetriebstätte:
Fremdvergleichspreis (5 % von 800 000 €) 40 000 €
Der Vertreterbetriebstätte zuzurechnender Aufwand:
Vergütung für abhängigen Vertreter
(20 000 € zzgl. 1 % von 800 000 €) 28 000 €
63
Gewinn der Vertreterbetriebstätte: 12 000 €
Gewinnauswirkung im Stammhaus:
+ 28 000 € – 40 000 € – 12 000 €
Vom inländischen Erfolg der Vertreterbetriebstätte ist die Steuerpflicht des Vertreters als natürliche
Person zu trennen. Da dieser im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist, unterliegt sein Einkommen
(28 000 €) der deutschen Einkommensteuer.
Fall b)
Der Vertreterbetriebstätte werden wiederum hypothetische Einnahmen in Höhe des Fremdver-
gleichspreises von 5 % des Wertes der vermittelten Verkäufe zugeordnet. Dem steht ein gleich
hoher Aufwand für die Vergütung des Vertreters gegenüber.
64
Erträge der Vertreterbetriebstätte:
Fremdvergleichspreis (5 % von 800 000 €) 40 000 €
Der Vertreterbetriebstätte zuzurechnender Aufwand:
Vergütung für abhängigen Vertreter (5 % von 800 000 €) 40 000 €
Gewinn der Vertreterbetriebstätte: 0 €
Gewinnauswirkung im Stammhaus: 0 €
Da der abhängige Vertreter wie ein unabhängiger Vertreter bezahlt wird, beträgt der Gewinn der
Vertreterbetriebstätte 0. Das Einkommen des Vertreters (40 000 €) unterliegt wiederum der
deutschen Einkommensteuer.
65
1.8 Währungsumrechnung des Betriebstättenergebnisses
− I.d.R. sind ausländische Betriebstätten nach dem Recht des Betriebstättenstaates verpflichtet,
Bücher zu führen.
− Nach § 146 Abs. 2 Satz 2 bis 4 AO sind die Ergebnisse der ausländischen Betriebstätten-
buchführung unter der Anpassung an das inländische Handels- und Steuerrecht in die
inländische Buchführung für das Gesamtunternehmen zu übernehmen.
− Befindet sich die ausländische Betriebstätte außerhalb des Euro-Währungsraumes, ist eine
Währungsumrechnung in Euro notwendig.
− Im Zusammenhang mit der Währungsumrechnung treten drei Problemfelder auf:
1. Nach welcher Methode sind die Buchführungsergebnisse der ausländischen
Betriebstätte umzurechnen?
66
2. Sind Währungsgewinne bzw. -verluste, die sich durch schwankende Umrechnungskurse
ergeben können, dem inländischen Stammunternehmen oder der ausländischen
Betriebstätte zuzuordnen?
3. In welcher Form sind Währungsgewinne steuerlich zu berücksichtigen?
Beispiel (Ausgangsfall):
Die US-amerikanische Betriebstätte der deutschen Meyer GmbH verfügt sowohl Ende des Jahres
01 als auch Ende des Jahres 02 über ein Betriebsvermögen im Wert von 100.000 $. Ende 01
betrug der €:$-Kurs 1:1. Aufgrund einer zwischenzeitlichen Wertsteigerung des Dollars beträgt der
€:$-Kurs Ende 02 1,20:1.
Wird der Wert des Betriebsvermögens der US-amerikanischen Betriebstätte in Euro umgerechnet,
ergibt sich Ende 02 ein Wert von 120.000 €. Im Vergleich zum Vorjahr erhöht sich der Wert des
Betriebsvermögens währungsbedingt um 20.000 €.
67
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:
Ist eine währungsbedingte Wertänderung des Betriebsvermögens von 20.000 € zu
berücksichtigen?
Und wenn dies so ist, bei wem und in welcher Form ist diese währungsbedingte Wertänderung zu
berücksichtigen?
− Bevor die Frage geklärt werden kann, bei wem und in welcher Form Währungsgewinne bzw.
-verluste zu berücksichtigen sind, ist zuerst zu klären, welche Währungsumrechnungsmethoden
zulässig sind, und ob diese Methoden Währungsgewinne bzw. -verluste überhaupt ausweisen.
a. Umrechnungsmethoden
− Da die Gewinnermittlung für die Betriebstätte i.d.R. aufgrund der Buchführungspflicht im
Betriebstättenstaat in der lokalen Währung erfolgt, werden keine Währungsgewinne bzw.
-verluste nach den Vorschriften des Betriebstättenstaates ermittelt.
68
− Eine Ermittlung der Währungsgewinne bzw. -verluste erfolgt somit ausschließlich nach den
nationalen Vorschriften des Staates, in dem das Stammhaus sitzt.
− Nachfolgend wird die Ermittlung der Währungsgewinne bzw. -verluste vom deutschen
Standpunkt aus beschrieben.
− Weder im Handels- noch im Steuerrecht existieren explizite gesetzliche Regelungen, nach
welchem Verfahren die Währungsumrechnung zu erfolgen hat.
− Die Rechtsprechung erkennt grundsätzlich jedes Umrechnungsverfahren an, soweit es nicht
gegen die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstößt (z.B. BFH-
Urteil v. 16.2.1996, BStBl 1997 II, S. 128).
Umrechnung aller Geschäftsvorfälle
− Die einzig exakte Methode besteht in der Umrechnung der einzelnen Geschäftsvorfälle mit dem
maßgebenden Tageskurs.
69
− Diese Umrechnung aller Geschäftsvorfälle führt im Ergebnis zu zwei getrennten Buchführungen
– in Euro nach nationalem Recht und in Fremdwährung nach ausländischem Recht.
− Durch eine derartige Umrechnung wird eine volle Übereinstimmung mit den deutschen
Gewinnermittlungsvorschriften erreicht, da jeder Geschäftsvorfall so bilanziert wird, als ob er im
Inland (aus Euro-Basis) vollzogen worden wäre.
− Währungsgewinne und -verluste werden exakt erfasst.
Beispiel (Fortsetzung des Ausgangsfalls):
Die US-amerikanische Betriebstätte der Meyer GmbH verkauft am 01.05.02 Waren auf dem
amerikanischen Markt für 200.000 US-$, die als Fertigprodukte für 150.000 US-$ im
Betriebsvermögen am Ende des Jahres 01 ausgewiesen waren. Am 01.05.02 beträgt der €:$-Kurs
1,10 : 1.
Nach exakter Umrechnungsmethode wird ein Mehrbestand auf dem Bankkonto von 220.000 €
ausgewiesen. Der währungsbedingte Erfolg beträgt 20.000 €. Auch wenn der Euro bis zum
70
31.12.02 einer weiteren Abwertung unterliegt und für einen Dollar 1,20 € aufzuwenden sind, wird
auch am 31.12.02 ein währungsbedingter Mehrbetrag von 20.000 € auf dem Bankkonto
ausgewiesen. Dies entspricht dem Anschaffungskursprinzip, wonach nur die Kosten zum Zeitpunkt
der Anschaffung (in Euro) auszuweisen sind. Der währungsbedingte Erfolg wird unter Anwendung
deutscher Gewinnermittlungsvorschriften (hier Anschaffungskostenprinzip der Bilanzierung) exakt
erfasst. Dass die Ermittlung der Anschaffungskosten bei geldnahen Beständen erhebliche
Schwierigkeiten bereitet, sollte aber nicht verkannt werden.
− Die getrennte Buchführung führt allerdings zu einem ein erheblicher buchhalterischer Aufwand.
− Die arbeitserleichternde Vorschrift des § 146 Abs. 2 Satz 2 AO läuft in diesem Falle ins Leere.
− Werden für die Betriebstätte allerdings keine eigenständigen Bücher unterhalten, und müssen
daher aller Geschäftsvorfälle einzeln aufgezeichnet werden, wird i.d.R. eine geschäftsvorfall-
bezogene Umrechnung erfolgen.
71
Stichtagsmethode
− Bei der Stichtagsmethode werden alle Bilanzpositionen einheitlich mit dem jeweiligen Kurs am
Stichtag oder mit dem Durchschnittskurs des Wirtschaftsjahres umgerechnet.
− Diese Vorgehensweise führt dazu, dass Währungsgewinne bzw. -verluste nicht ausgewiesen
werden.
Beispiel (Fortsetzung des Ausgangsfalls):
Wird der Wert des Betriebsvermögens der US-amerikanische Betriebstätte der Meyer GmbH am
Ende des Jahres 01 und am Ende des Jahres 02 zur Bestimmung des Gewinns jeweils mit dem
€:$-Kurs am Ende des Jahres 02 bewertet, ergibt sich kein währungsbedingter Erfolg, obwohl sich
der Euro abgewertet hat.
− Die Anwendung der Stichtagsmethode ist aus diesem Grund nur dann mit den deutschen
Gewinnermittlungsgrundsätzen vereinbar, wenn die ausländische Währung gegenüber dem
Euro nur sehr gering schwankt.
72
„Net-worth“-Methode:
− Um eine wechselkursbedingte Wertänderung des Betriebsvermögens abbilden zu können, wird
bei der net worth-Methode in Abwandlung der Stichtagsmethode das Endvermögen zum Kurs
am Bilanzstichtag dem Anfangsvermögen zum Kurs am vorhergehenden Bilanzstichtag
gegenübergestellt.
− Die net worth-Methode führt allerdings dazu, dass vor allem nicht realisierte
Wechselkursgewinne ausgewiesen werden.
Beispiel (Fortsetzung des Ausgangsfalls):
Obwohl die US-amerikanische Betriebstätte der Meyer GmbH keine Geschäftsvorfälle im
Wirtschaftsjahr 02 zu verzeichnen hatte, und somit nach dem Anschaffungskostenprinzip die
Bilanzwerte (vor Abschreibungen) denen des Vorjahres entsprechen müssten, wird ein
währungsbedingter Erfolg von 20.000 € ausgewiesen.
73
− Die Anwendung der net worth-Methode ist analog zur Stichtagsmethode nur bei sehr geringen
Wechselkursschwankungen mit den deutschen Gewinnermittlungsgrundsätzen vereinbar:
Beispiel
Die US-amerikanische Betriebstätte der deutschen Meyer GmbH kauft zu Beginn des Wirt-
schaftsjahres 01 eine Maschine für 20 000 $. Am Anschaffungstag sei ein €:$-Kursverhältnis von
1:1 unterstellt, so dass die Anschaffungskosten nach der Umrechnung 20 000 € betragen.
Bei einer linearen Abschreibung über die Nutzungsdauer von 20 Jahren ergibt sich am Ende des
Wirtschaftsjahres 01 ein Buchwert im Abschluss der US-amerikanische Betriebstätte i. H. v.
(20 000 $ - 1 000 $ =) 19 000 $.
Bei der Bewertung zum Stichtagskurs und einer angenommenen Kurssteigerung des Dollar bis
zum Bilanzstichtag um 5 % (€:$-Kursverhältnis 1,05 : 1) wäre die Maschine im Abschluss des
Gesamtunternehmens nach der Umrechnung mit einem Wert von 19 950 € (19 000 · 1,05) anzu-
setzen und somit – gemessen am Anschaffungskostenprinzip – um 950 € zu hoch ausgewiesen.
74
Zeitbezugsmethode:
− Von der Praxis und Literatur favorisiert wird die Zeitbezugsmethode. Sie stellt einen
Kompromiss zwischen der exakten Umrechnung aller Geschäftsvorfälle und der
stichtagsbezogenen einfacheren Erfassung von geldnahen Konten dar.
− Die Bewertung der einzelnen Posten des ausländischen Betriebstättenabschlusses erfolgt
deshalb mit unterschiedlichen Kursen.
− Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Sachvermögen werden zum Kurs im
Anschaffungszeitpunkt umgerechnet und sind durch spätere Wechselkursschwankungen nicht
beeinflussbar. Dies entspricht dem Anschaffungskostenprinzip.
− Die Abschreibungen sind von den so ermittelten Anschaffungs- oder Herstellungskosten
abzuleiten.
− Somit wird vermieden, dass sich die Abschreibungsbeträge auf Grund von Wechselkurs-
schwankungen jährlich ändern, was § 7 EStG widersprechen würde.
75
Beispiel (Modifikation des vorherigen Beispiels):
Die US-amerikanische Betriebstätte der deutschen Meyer GmbH kauft wiederum zu Beginn des
Wirtschaftsjahres 01 eine Maschine für 20 000 $. Der €:$-Kurs, der am Anschaffungstag 1:1
betrug, änderte sich bis zum Stichtag auf 1,05:1.
Die Anschaffungskosten betragen nach dem historischen Kurs 20 000 €. Die jährliche AfA (5 %)
bemisst sich nach den ursprünglichen Anschaffungskosten, beträgt also 1 000 €. Unabhängig vom
Stichtagskurs ergibt sich am Ende des Wirtschaftsjahres 01 ein inländischer Wertansatz von
19 000 €.
− In der Fremdwährungsbilanz vorgenommene Teilwertabschreibungen werden mit dem
Stichtagskurs umgerechnet.
− Unabhängig von dem Fremdwährungsabschluss ist die Bewertung zusätzlich um den
Niederstwerttest zu modifizieren:
76
− Wenn der in Euro umgerechnete Stichtagswert des Sachvermögens niedriger ist als die
fortgeschriebenen Anschaffungskosten
kann (gemildertes Niederstwertprinzip bei AV - § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1,
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG)
bzw.
muss (strenges Niederstwertprinzip bei UV - § 253 Abs. 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.
1 Nr. 2 EStG)
dieser Wert angesetzt werden, sofern es sich um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung
handelt.
Beispiel:
Die in den USA belegene Betriebstätte eines inländischen Steuerpflichtigen erwirbt am 01.01.01
eine Maschine zum Preis von 100 000 US-$. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt 10
Jahre, die jährliche Abschreibung demnach 10 000 US-$. Der €:$-Kurs beträgt im Zeitpunkt der
77
Anschaffung 1:1. Innerhalb eines Jahres ändert sich dieser auf 0,90:1. Der Teilwert der Maschine
beträgt zum 31.12.01 92 000 US-$.
Bei einer nicht modifizierten Anwendung der Zeitbezugsmethode ergibt sich zum 31.12.01 ein
Wertansatz von 90 000 € (100 000 € - 10 000 €), da in der amerikanischen Buchführung keine
Teilwertabschreibung vorzunehmen ist (92 000 US-$ [Teilwert] > 90 000 US-$ [Buchwert]).
Die Umrechnung zum Stichtagskurs ergibt dagegen einen Wert von 82.800 € (92 000 US-$ · 0,90).
Nach § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ist der niedrigere
Teilwert von 82 800 € anzusetzen, sofern die Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist.
− Die Nominalgüter (z.B. Forderungen, Verbindlichkeiten und liquide Mittel) werden zum
Stichtagskurs umgerechnet (vgl. Jacobs, 5. Aufl., S. 655).
− Im Gegensatz dazu sind nach Auffassung der Finanzverwaltung bei Liquiden Mitteln und
Forderungen Teilwertabschreibungen bei einer umrechnungsbedingten Wertminderung
78
allerdings nur zulässig, wenn voraussichtlich eine dauernde Wertminderung eingetreten ist
(Tz. 2.8.1.a Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze).
Die Finanzverwaltung geht somit grundsätzlich von einer Umrechnung zu historischen Kursen
aus. Dies entspricht zwar dem Anschaffungskostenprinzip und somit den steuerlichen
Gewinnermittlungsvorschriften; jedoch ist dies zumindest bei Bankkonten und Kassen, die dem
laufenden Zahlungsverkehr dienen, mangels Anschaffungskosten unmöglich.
− Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei Verbindlichkeiten der Ansatz mit dem höheren
Stichtagskurs zulässig, wenn der Wert der Fremdwährung voraussichtlich dauerhaft gestiegen
ist. Auch dieser Aussage muss die Annahme zu Grunde liegen, dass die Verbindlichkeiten
grundsätzlich zum Kurs im Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit umzurechnen sind.
− Erhaltene Anzahlungen und passive RAP sollen nach Ansicht der Finanzverwaltung (Tz. 2.8.1.c
Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) mit dem Kurs bei Zahlungseingang, geleistete
Anzahlungen und aktive RAP mit dem Kurs bei Zahlungsausgang umgerechnet werden.
79
Dies erscheint in Bezug auf erhaltene und geleistete Anzahlungen nicht sachgerecht: Diese
Bilanzpositionen sollten zum selben Kurs umgerechnet werden, wie die liquiden Mittel. Nur so
bleibt die Erfolgsneutralität solcher Geschäftsvorfälle gewährleistet.
Beispiel:
Die ausländische Betriebstätte eines inländischen Unternehmens vergibt im Juli 02 einen
Auftrag zur Lieferung einer Maschine. Die Lieferung erfolgt erst nach dem Bilanzstichtag.
Im Fall a) wird in 07/02 von der Betriebstätte eine Anzahlung in Höhe von 100 000 US-$
geleistet, die die Betriebstätte von ihrem Bankkonto bezahlt, im Fall b) nicht. Der €:$-Kurs, der
im Juli noch 1:1 betragen hat, beläuft sich im Dezember auf 1:1,1.
Eine Anzahlung stellt einen erfolgsneutralen Aktivtausch dar. Die Bilanzposition „Geleistete
Anzahlungen“ erhöht sich um exakt denselben Betrag, um den sich die Bilanzposition
„Bankguthaben“ vermindert.
Im Fall b) (keine Anzahlung), wird der noch auf dem Bankkonto befindliche Betrag von
100 000 US-$ zum Stichtagskurs von 1:1,1 umgerechnet, es ergeben sich 90 909,09 €.
80
Würde nun, wie von der Finanzverwaltung gefordert, im Fall a) die geleistete Anzahlung zum
Kurs im Zeitpunkt des Zahlungsausganges umgerechnet, würde sich ein Wert von 100 000 €
ergeben. Dies würde bedeuten, dass allein durch eine Anzahlung ein um 9 090,91 € höheres
Ergebnis ausgewiesen würde.
− Unterschiedliche Auffassungen gibt es hinsichtlich der Posten in der Gewinn- und
Verlustrechnung:
− Malinski/Wassermeyer legen für die Umrechnung der Aufwendungen und Erträge die Kurse
am Bilanzstichtag zugrunde.
− Jacobs spricht sich für die Umrechnung nach dem Zeitbezug ihrer Entstehung bzw. aus
Vereinfachungsgründen für eine Umrechnung mit Durchschnittskosten aus.
Dieser Ansicht ist zu folgen.
81
Beispiel:
Die US-amerikanische Betriebstätte eines deutschen Unternehmens erstellt Marktanalysen für
deutsche Unternehmen, die in den USA Fuß fassen wollen. Am 01.05. des Wirtschaftsjahres 01
wird ein Marktanalysebericht für 100.000 $ an eine amerikanische Tochter eines deutschen
Konzerns verkauft. Der €:$-Kurs beträgt zu diesem Zeitpunkt 1,10 : 1. Bis zum 31.12.01 erhöht
sich der €:$-Kurs auf 1,20 : 1. Würde der Stichtagskurs zum 31.12.01 angesetzt, so würde ein
zusätzlicher Währungsgewinn von 10.000 € als Ertrag ausgewiesen, der am 01.05.01 – dem
Zeitpunkt der Leistungserbringung – noch nicht realisiert war.
Allerdings ist der umrechnungsbedingte Währungserfolg der Erträge aus der GuV-Rechnung
mit dem Ausweis der Erträge in der Bilanz abzustimmen. Würde die Analyse durch eine
Banküberweisung beglichen und der erhöhte Bankbestand zum 31.12.01 umgerechnet,
entstünden Disparitäten.
82
− Auch der BFH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Umrechnung der
Aufwendungen und Erträge mit dem Stichtagskurs nicht sachgerecht ist.
Zulässig ist hingegen, den Jahresdurchschnittskurs zu verwenden, der mittels der für die
Umsatzsteuer maßgeblichen amtlichen Monatsdurchschnittswerte ermittelt wurde.
Soweit die Aufwendungen und Erträge mit Bestandsposten in Zusammenhang stehen (z. B.
AfA), sind die historischen Kosten des Bestandspostens zu verwenden.
b. Zuordnung der Währungsgewinne bzw. -verluste
Währungsgewinne/Währungsverluste
?
Zuordnung zum inländischen Stammhaus Zuordnung zur ausländischen Betriebstätte
83
− Währungsgewinne bzw. -verluste werden wirtschaftlich durch die Existenz der Betriebstätte
veranlasst.
− Daher sind die Währungsgewinne bzw. -verluste den Betriebstätteneinkünften zuzuordnen.
c. Form der Berücksichtigung
− Die Zuordnung der Währungsgewinne bzw. -verluste hat sowohl Auswirkungen auf die Höhe der
ggf. nach DBA im Inland freizustellenden Betriebstätteneinkünfte als auch Bedeutung für die
Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags bei Anwendung der Anrechnungsmethode.
− Die Zuordnung des Währungsgewinns bzw. -verlusts hat folgende Konsequenzen:
− Währungsbedingte Gewinne und Verluste werden wegen der im Abkommensrecht
regelmäßig verankerten Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA) beim inländischen
84
Stammhaus nicht direkt berücksichtigt. Sie können allenfalls im Rahmen des
Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.
− Im Betriebstättenstaat können sie nicht geltend gemacht werden, weil sie erst nach der
Währungsumrechnung entstehen und somit im Betriebstättenstaat nicht in Erscheinung
treten.
Beispiel:
Der inländische Einzelunternehmer Meyer hat eine US-amerikanische Betriebstätte. Zu Beginn
des Wirtschaftsjahres 01 hält die Betriebstätte Waren auf Lager, die mit 100.000 $ bei einem €:$-
Kurs von 1 : 1 bewertet sind. Zum 01.05.01 veräußert die Betriebstätte die Waren für 200.000 $.
Der Euro hat sich inzwischen abgewertet und man muss 1,10 € für einen Dollar am 01.05.01
aufwenden. Am 31.12.01 beträgt der €:$-Kurs 1,15 : 1. Am 01.06.02 wird die Betriebstätte
aufgelöst. Bis auf den am 01.05.01 verkauften Warenbestand hat die Betriebstätte kein weiteres
Vermögen. Am 01.06.02 beträgt der €:$-Kurs 1,20 : 1.
85
Die Betriebstätte weist im Wirtschaftsjahr 01 einen Gewinn von 100.000 $ aus, der von den USA
gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA USA besteuert werden kann. Deutschland stellt den Gewinn unter
Anwendung des Progressionsvorbehalts gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA USA von der Steuer frei. Zur
Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts ist jedoch auch der währungsbedingte Erfolg zu
berücksichtigen. Unter Anwendung der exakten Methode der Umrechnung zum Tageskurs des
Geschäftsvorfalls beträgt der währungsbedingte Erfolg im Wirtschaftsjahr 01 ([1,10 €/$ -
1 €/$] · 200.000 $ =) 20.000 €. Er geht zusätzlich in den Progressionsvorbehalt ein, so dass der im
Progressionsvorbehalt berücksichtigte Gewinn (100.000 € + 20.000 € =) 120.000 € beträgt. Die in
Euro erstellte Bilanz der Betriebstätte zum 31.12.01 erfasst somit den Bestand des Bankkontos mit
(1,10 €/$ · 200.000 $ =) 220.000 €. Der Gewinn der Betriebstätte auf Dollar-Basis zum 31.12.02
beträgt Null. Dagegen entsteht durch die Auflösung zum 01.06.02 und dem Währungstausch ein
Währungsgewinn von ([1,20 €/$ - 1,10 €/$] · 200.000 $ =) 20.000 €, der im Inland gemäß Art. 13
Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 unter Progressionsvorbehalt freigestellt wird.
86
2. Verrechnungspreise zwischen verbundenen Kapitalgesellschaften
2.1 Motivation
− Im Unterschied zum Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebstätte handelt es sich hier um
den Leistungsaustausch zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen.
− Die Leistungsaustauschbeziehungen sind deshalb keine In-sich-Geschäfte. Die leistende
Gesellschaft kann der empfangenden Gesellschaft auch dann eine Vergütung für eine
Leistungsweitergabe in Rechnung stellen, wenn sie selbst kein Entgelt dafür gezahlt hat (z.B.
Weitergabe von Eigenkapital der Mutter als Fremdkapital an die Tochter), oder sie kann ein
höheres Entgelt in Rechnung stellen, als sie selbst bezahlt oder als Herstellkosten aufgewendet
hat (z.B. Lieferung selbst hergestellter Zwischenprodukte an die Konzerngesellschaft zu einem
über den Herstellkosten liegenden Fremdvergleichspreis).
87
− Art. 9 OECD-MA enthält Vorschriften über die Gewinnabgrenzung für steuerliche Zwecke von
verbundenen Unternehmen im Sinne einer Schrankenwirkung gegen das Besteuerungsrecht
der Vertragstaaten. Nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA können die Vertragsstaaten den Gewinn
verbundener Unternehmen unabhängig von der über vereinbarte Verrechnungspreise
ausgewiesenen Gewinnverteilung so besteuern, als ob die Gewinnverteilung der Verteilung
zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen entspricht.
− Art. 9 Abs. 1 OECD-MA unterscheidet zwei Gruppen von verbundenen Unternehmen.
− Einerseits entstehen verbundene Unternehmen durch die Beteiligung eines Unternehmens an
einem anderen Unternehmen (Mutter-/Tochtergesellschaften). Dabei spielt es keine Rolle, ob
die Beteiligung an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital besteht, mittelbar oder
unmittelbar ist (Art. 9 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA).
88
Beispiel:
Die österreichischen Astor AG ist zu 100 % am Kapital der deutschen Berler GmbH beteiligt, die
wiederum zu 100 % am Kapital der portugiesischen Berler Potugal Sociedade Anonima de
Responsibilidade (AG) beteiligt ist.
Die Astor AG und die Berler GmbH sind verbundene Unternehmen, da die Astor AG am Kapital
der Berler GmbH unmittelbar beteiligt ist. Gleiches gilt für die Berler GmbH und die Berler Potugal
Sociedade Anonima de Responsibilidade. Auch die Astor AG und die Berler Potugal Sociedade
Anonima de Responsibilidade sind verbundene Unternehmen, da die Astor AG mittelbar über ihre
Tochtergesellschaft Berler GmbH am Kapital ihrer Enkelgesellschaft Berler Potugal Sociedade
Anonima de Responsibilidade beteiligt ist.
Beispiel:
Die deutsche Bader AG schließt mit der niederländischen Smith Naamloze Venootschap
89
(Aktiengesellschaft) ein Beherrschungsvertrag ab.
Da die Leitung der Bader AG durch den abgeschlossenen Beherrschungsvertrag der Smith
Naamloze Venootschap unterstellt wurde, sind Bader AG und Smith Naamloze Venootschap
verbundene Unternehmen.
− Andererseits gelten als verbundene Unternehmen Gesellschaften, bei denen dieselben
Personen an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital mittelbar oder unmittelbar
beteiligt sind (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b OECD-MA).
Beispiel:
Die deutsche Muttergesellschaft Rießen AG ist zu 100 % am Kapital der französischen Rießen
France Société à Responsabilité Limitée (GmbH) sowie zu 100 % am Kapital der luxemburgischen
Rießen Luxembourg Société Anonyme (AG) beteiligt.
90
Neben der Rießen AG und der Rießen France Société à Responsabilité Limitée sowie der Rießen
AG und der Rießen Luxembourg Société Anonyme sind auch die Rießen France Société à
Responsabilité Limitée und Rießen Luxembourg Société Anonyme verbundene Unternehmen, da
eine Person (Rießen AG) an dem Kapital beider Unternehmen beteiligt ist.
− Eine weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 9 OECD-MA ist, das Transaktionen
zwischen den verbundenen Unternehmen nicht unter den Bedingungen des freien Marktes
abgewickelt worden sind.
− Das „Dealing at arms’ length“-Prinzip dient somit auch bei Leistungsaustauschbeziehungen
zwischen verbundenen Unternehmen als Kriterium der Gewinnabgrenzung.
− Art. 9 Abs. 2 OECD-MA regelt dann, dass die Vertragstaaten nach der Gewinnkorrektur auf eine
Doppelbesteuerung verzichten müssen.
− Eine Doppelbesteuerung tritt in diesem Zusammenhang immer dann auf, wenn ein Staat (A) den
91
Gewinn eines Unternehmens um einen Betrag erhöht, der bei dessen verbundenen
Unternehmen in dem anderen Staat (B) bereits besteuert wurde.
− Der Art. 9 Abs. 2 OECD-MA sieht in diesem Fall vor, dass der andere Staat (B) den Gewinn des
verbundenen Unternehmens mindert, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (Gegen-
berichtigung).
− Die Gegenberichtigung nach Art. 9 Abs. 2 OECD-MA beschränkt sich der Höhe nach auf den
Betrag, um den der in Staat A ausgewiesene Gewinn den Gewinn unterschreitet, der unter den
Bedingungen des freien Marktes angemessen wäre.
− Der überwiegende Teil der von Deutschland abgeschlossenen DBA enthalten jedoch keine
Gegenberichtigungsklausel (vgl. Wassermeyer, in: Debatin/Wassermeyer, DBA, MA Art. 9,
Rz. 8).
− In den wenigen DBA, in den ein Art 9 Abs. 2 aufgenommen wurde, erfolgte dies im Vergleich
zum Art. 9 Abs. 2 OECD-MA in abgewandelter Form. So fordert beispielsweise das DBA USA
92
zusätzlich die Zustimmung des Staates, welcher eine Gegenberichtigung vornehmen müsste,
dazu, dass die vorgenommene Gewinnermittlung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht
(Art. 9 Abs. 2 DBA USA).
− Besteht zwischen den Vertragsstaaten keine Einigkeit über die Art und die Höhe der
angemessenen Gewinnberichtigung, dann sollten diese nach der Ansicht der OECD ein
Verständigungsverfahren einleiten (vgl. Art. 9, Nr. 11 OECD-MK).
− Ein genereller Anspruch auf Einleitung eines Verständigungsverfahren hat der Steuerpflichtige
jedoch in der Regel nicht.
93
− In der EU besteht unabhängig von den bilateralen Abkommen zwischen den einzelnen Ländern
ein Übereinkommen aller EU-Länder, um die Doppelbesteuerung aufgrund von Gewinn-
berichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen zu vermeiden (Übereinkommen
Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von
Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen, Amtsblatt Nr. L 225 vom 20.08.1990, S. 10).
− Dieses Übereinkommen verpflichtet die EU-Länder zu einer einvernehmlichen Lösung zu
gelangen.
− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip teilt nur den Gewinn der verbundenen Unternehmen auf
die Vertragstaaten auf, es enthält jedoch keine Besteuerungsvorschriften, d.h. ob die
Vertragstaaten diesen durch das DBA geschaffenen Besteuerungsspielraum ausschöpfen
können, hängt von ihren eigenen Korrekturvorschriften ab (im deutschen Steuerrecht sind dies
die verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG, verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 1
KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG, verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-
Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a KStG sowie die Berichtigung von Einkünften bei internationalen
94
Verflechtungen i.S.d. § 1 AStG, siehe Abschnitt 2.4).
Beispiel:
Die türkische Muttergesellschaft Ytzgür Anonim Sirket (Aktiengesellschaft) überlässt ihrer
100%igen deutschen Tochter eine Spezialmaschine zur Nutzung unentgeltlich für die Abwicklung
eines bestimmten Kundenauftrages.
Die Ytzgür Anonim Sirket und die Ytzgür Deutschland AG sind verbundene Unternehmen gemäß
Art. 9 Abs. 1 Buchst. a DBA Türkei, die mit der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung der
Spezialmaschinen Bedingungen eingegangen sind, die unabhängige Unternehmen nicht
eingegangen wären. Ein unabhängiges Unternehmen hätte für die Nutzungsüberlassung der
Spezialmaschine ein angemessenes Entgelt verlangt. Aus diesem Grund wird die Türkei den
Gewinn der Ytzgür Anonim Sirket nach dem nationalen türkischen Recht auf der Grundlage des
Art. 9 Abs. 1 DBA Türkei erhöhen.
95
Aus deutscher Sicht gibt es keine Möglichkeit einer gesetzlichen Gegenkorrektur bei der Ytzgür
Deutschland AG, da eine Nutzungseinlage kein einlagefähiges Wirtschaftgut ist. § 8 Abs. 1 KStG
ist nicht auf Nutzungseinlagen und § 1 AStG nur auf Korrekturen anwendbar, die auf eine
Gewinnerhöhung der Gesellschaft hinauslaufen, jedoch nicht auf Gewinnminderungen. Der
Grundsatz der Gegenkorrektur des Art. 9 Abs. 2 DBA Türkei kann somit, mangels einer
entsprechenden gesetzlichen Korrekturvorschrift, nicht nach innerstaatlichen Normen erfolgen.
Demzufolge droht eine Doppelbesteuerung, wenn es keine abweichenden Regelungen gibt.
− Die deutsche Finanzverwaltung räumt allerdings die Möglichkeit ein, dass aufgrund eines
Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens die in Deutschland versteuerten Einkünfte auch
dann herabzusetzen sind, um die Einkünfte in beiden Staaten übereinstimmend abzugrenzen,
wenn eine doppelte Besteuerung nicht auf andere Weise ausgeschlossen werden kann (vgl.
Tz. 1.2.1 Schreiben vom 23.02.1983 betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung
bei internationalen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze)).
96
− Eine Verringerung der Gewinne ist somit auch ohne eine entsprechende deutsche Norm
möglich, wenn dies das Resultat eines Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens war.
− Das „dealing at arm’s length“-Prinzip Prinzip (Art. 9 Abs. 1 OECD-MA) ist eine Ausprägung der
direkten Methode, da jede Transaktion zwischen den verbundenen Unternehmen einzeln
verrechnet wird.
− Die genaue Ausprägung des Prinzips kann nur anhand der einzelnen verrechenbaren
Leistungen entschieden werden (siehe Abschnitt 2.3).
− Zuvor müssen die Möglichkeiten zur Ermittlung des Fremdvergleichspreises erläutert werden
(siehe folgenden Abschnitt).
− Auch im Verhältnis zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen, die eine ökonomische
Einheit bilden, ist die indirekte Gewinnaufteilung auf die beteiligten Unternehmen nach
Schlüsselgrößen (formula apportionment) denkbar.
97
o Das wird zwischen ökonomisch verbundenen, rechtlich selbständigen
Konzerngesellschaften in den USA, die in verschiedenen Bundesstaaten ihren Sitz
haben, praktiziert.
o Die indirekte Gewinnaufteilung ist auch in der EU für grenzüberschreitend tätige
Konzerne angedacht (Europäische Kommission, Unternehmensbesteuerung im Binnen-
markt, Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission, COM(2001) 582 endg.)
2.2 Direkte Gewinnabgrenzung
− Für die Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz existieren verschiedene
Methoden, um den angemessenen Verrechnungspreis zu bestimmen.
− Dabei werden Standardmethoden und andere Methoden unterschieden.
98
2.2.1 Standardmethoden
− Standardmethoden sind die Preisvergleichsmethode, die Wiederverkaufspreismethode und die
Kostenaufschlagmethode.
2.2.1.1 Preisvergleichsmethode
− Bei der Preisvergleichsmethode wird der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte
Verrechnungspreis mit dem Preis verglichen, der bei einem vergleichbaren Geschäft zwischen
unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Verhältnissen berechnet wird (vgl. Rz. 2.6
OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Abweichungen zwischen Fremdvergleichspreis und konzerninternen Verrechnungspreis deuten
auf eine nicht fremdvergleichskonforme Abwicklung des Geschäfts zwischen den verbundenen
Unternehmen hin. Der konzerninterne Verrechnungspreis ist aus diesem Grund durch den
Fremdvergleichspreis zu ersetzen (vgl. Rz. 2.6 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
99
− Die OECD nennt zwei alternative Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein
vergleichbares Fremdgeschäft vorliegt (vgl. Rz. 2.7 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
o Es dürfen keine Unterschiede zwischen den verglichenen Geschäften oder den
ausführenden Unternehmen bestehen, die den Preis auf dem freien Markt erheblich
beeinflussen oder
o Es können die bestehenden Unterschiede durch genaue Berichtigungen beseitigt
werden.
Beispiel:
Die in Saudi-Arabien ansässige oil production Corporation (AG) liefert sowohl ihrer deutschen
Tochter oil refinery Germany AG als auch fremden deutschen Raffinerien Rohöl.
Der von den fremden deutschen Raffinerien verlangte Preis für eine vergleichbare Rohölmenge
100
dient als Fremdvergleichspreis nach der Preisvergleichsmethode.
Beispiel:
Die niederländische piston Naamloze Venootschap (AG) stellt Motorkolben her, die sie sowohl
ihrer Tochtergesellschaft Motorenbau AG in Deutschland liefert als auch an fremde Dritte
veräußert. Die piston Naamloze Venootschap liefert der Motorenbau AG die Kolben frei Haus. Mit
den anderen Abnehmern wird ein Preis ab Werk vereinbart. Den Transport der Kolben von der
piston Naamloze Venootschap zur Motorenbau AG erfolgt durch einen externen Spediteur.
Als Fremdvergleichpreis wird der mit den fremden Dritten vereinbarten Preis zuzüglich der
aufgewendeten Transportkosten angesetzt.
− Liegt eine der beiden Voraussetzungen vor, gibt die OECD der Preisvergleichsmethode den
Anwendungsvorrang vor allen anderen Methoden (vgl. Rz. 2.7 OECD-Verrechnungspreis-
101
grundsätze).
− Für die Anwendung der Preisvergleichsmethode wird zwischen dem inneren und äußeren
Preisvergleich unterschieden.
(1) Äußerer Preisvergleich
− Als Maßstab wird ein Preis herangezogen, der sich als Marktpreis zwischen voneinander
unabhängigen dritten Unternehmen gebildet hat.
− Da individuelle Preisvereinbarungen zwischen fremden Unternehmen in der Regel nicht
öffentlich sind, kommt der äußere Preisvergleich vor allem für Leistungen in Betracht, für die
Börsennotierungen, Preisübersichten, Honorar- oder Gebührentabellen existieren.
Beispiel:
102
Die Bäckerei Bio-Backstube GmbH & Co OHG wird von ihrer niederländischen Tochter BIO-Agra
Netherlands Naamloze Vennootschap (AG) mit Weizen und Roggen beliefert. Die BIO-Agra
Netherlands Naamloze Vennootschap vertreibt ihre Produkte ausschließlich an ihre Mutter Bio-
Backstube GmbH & Co OHG.
Als Fremdvergleichspreis aufgrund des äußeren Preisvergleichs ist der börsennotierte Preis für
Weizen bzw. Roggen anzusetzen.
(2) Innerer Preisvergleich
− Dieser Preisvergleich basiert hingegen auf Lieferungen und Leistungen, die die Gesellschaft
sowohl an verbundene Unternehmen als auch an fremde Dritte erbringt oder von diesen
erhält.
− Der Preis, der zwischen dem Steuerpflichtigen und einem fremden Dritten vereinbart wurde,
dient dabei als Vergleichsmaßstab für den konzerninternen Verrechnungspreis.
− Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass auch Vergleichspreise von weniger homogenen
103
bzw. standardisierten Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stehen.
Beispiel:
Die britische Rhode pharmaceutics Public company limited by shares (AG) stellt einen
Grundwirkstoff für Medikamente her. Für diesen speziellen Wirkstoff ist die Rhode pharmaceutics
Public company limited by shares alleinige Patentinhaberin, so dass nur sie den Wirkstoff
herstellen darf. Den Wirkstoff vertreibt die Rhode pharmaceutics Public company limited by shares
sowohl an ihre deutsche Tochtergesellschaft Rhode pharmaceutics Germany AG als auch an
Fremde Dritte.
Der Fremdvergleichspreis kann nur nach dem inneren Preisvergleich festgestellt werden, da ein
Handel zwischen fremden Unternehmen nicht vorliegt. Als Verrechnungspreis ist der Preis
anzusetzen, der von den fremden Dritten verlangt wird.
− Bei der Anwendung des inneren Preisvergleichs ist insbesondere zu beachten, dass der
104
Vergleichspreis tatsächlich am Markt entstandenen ist (vgl. Tz. 2.2.2. b.
Verwaltungsgrundsätze).
− Falls der Steuerpflichtige gegenüber einem fremden Geschäftspartner bewusst
Bedingungen akzeptiert, die wirtschaftlich nicht plausibel erscheinen, ist nicht
auszuschließen, dass das Geschäft nur deshalb zu den ungewöhnlichen Bedingungen
abgewickelt wurde, um einen geeigneten Vergleichspreis im Sinne der Konzernstrategie zu
erhalten. Die Preisvergleichsmethode wäre dann missbräuchlich angewendet worden.
− Sowohl der innere als auch der äußere Preisvergleich werden nur in Ausnahmefällen einen
konkreten Vergleichspreis liefern, vielmehr wird eine gewisse Bandbreite die Regel sein.
Grundsätzlich sind dann alle Vergleichspreise anzuerkennen, die innerhalb dieser Bandbreite
liegen (vgl. z. B. BFH-Urteil v. 16.4.1980, BStBl 1981 II, S. 492).
105
− Setzen zwei nahestehende Unternehmen den Preis jedoch ohne wirtschaftlich beachtliche
Gründe systematisch auf Ober- oder Untergrenzen des Preisintervalls fest, so dass dadurch
die Gewinne eines der beteiligten Unternehmen laufend geschmälert werden, ist nach Ansicht
der deutschen Finanzverwaltung dennoch eine Gewinnberichtigung zulässig (vgl. Tz. 2.1.9.
Verwaltungsgrundsätze).
− Begründet wird dies mit dem Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters des benachteiligten
Unternehmens, der eine derartige Benachteiligung gegenüber auf Dauer nicht hinnehmen
würde.
2.2.1.2 Wiederverkaufspreismethode
− Die Wiederverkaufspreismethode geht von dem Preis aus, zu dem ein von einem verbundenen
Unternehmen erworbenes Wirtschaftsgut an ein unabhängiges Unternehmen weiterveräußert
wird.
− Von diesem Wiederverkaufspreis wird dann durch Abzug der Handelsspanne und den
Anschaffungsnebenkosten auf den Preis zurückgerechnet, der für das Wirtschaftsgut als
106
angemessener Verrechnungspreis angesehen wird.
− Die OECD sieht die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode insbesondere auf
Handelsgeschäfte als geeignet an (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.15).
Beispiel:
Die schweizerischen mechanical engineering AG stellt Spezialmaschinen her, die sie in
Deutschland ausschließlich über ihre Tochter mechanical engineering Vertriebsgesellschaft mbH
vertreibt. Die mechanical engineering Vertriebsgesellschaft mbH nimmt die Aufträge der Kunden
aus Deutschland entgegen und leitet diese an ihre schweizerischen Mutter weiter, wo die
Maschinen individuell angefertigt werden. Die mechanical engineering Vertriebsgesellschaft mbH
importiert anschließend die Spezialmaschine und transportiert sie auf eigene Kosten zu dem
Kunden. Es wurde mit dem Endabnehmer (marktüblich) ein Preis frei Haus vereinbart.
Als Verrechnungspreis ist der Wiederverkaufpreis abzüglich der marktüblichen Handelsspanne
107
und der Transportkosten anzusetzen.
− Die anzusetzende Handelsspanne ergibt sich entweder aus einem inneren oder äußeren
Betriebsvergleich.
− Bei der Ermittlung der angemessenen Handelsspanne sind unbedingt das Risiko und die
Funktion des Wiederverkäufers zu berücksichtigen. Tritt der Wiederverkäufer lediglich als
Transportagent auf, ist von einer geringeren Handelsspanne auszugehen, als wenn der
Wiederverkäufer das volle Eigentümerrisiko trägt (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze,
Rz. 2.24).
− Die Fremdpreisermittlung nach der Wiederverkaufspreismethode erzielt insbesondere dann gute
Ergebnisse, wenn der Wert des Wirtschaftsgutes durch den Wiederverkäufer nicht wesentlich
erhöht wird und der Weiterverkauf innerhalb kurzer Zeit erfolgt (vgl. OECD-
Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.22, 2.23).
108
− Erschwert wird die Fremdpreisermittlung durch Weiterverarbeitung oder Einbau des Wirtschafts-
gutes in ein komplexeres Produkt (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.22). Diese
Veränderungen des Wirtschaftsgutes sind durch entsprechende Abschläge zu berücksichtigen.
− Eine längere Zeitspanne zwischen Kauf und Weiterverkauf führt zu einem verstärkten Einfluss
von preisbeeinflussenden Faktoren wie z.B. Wechselkursänderungen, Marktveränderungen und
Kostenänderungen, deren Einfluss dann berücksichtigt werden müsste (vgl. OECD-
Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.23).
− Schwierigkeiten dürfte jedoch die Beschaffung der entsprechenden Informationen bereiten, da
die Handelsspanne eine unternehmensinterne Kalkulation und somit nicht öffentlich ist.
− Auch die Verwendung von branchenüblichen Durchschnittswerten ist problematisch, da sie
i. d. R. nicht dem Kriterium der Vergleichbarkeit entsprechen.
− Die Finanzbehörden können zwar bei der Prüfung der Angemessenheit von Verrechnungs-
preisen auf die Daten von vergleichbaren Unternehmen zurückgreifen. Allerdings sind diese
109
bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht verwendbar, da mit Preisgabe der
betrieblichen Verhältnisse des Vergleichsunternehmens das Steuergeheimnis (§ 30 AO) verletzt
wird.
2.2.1.3 Kostenaufschlagsmethode
− Ausgangspunkt dieser Methode sind die Kosten des Herstellers bzw. Leistenden. Diese Kosten,
erhöht um einen angemessenen Aufschlag, bilden den Vergleichsmaßstab für die
konzerninternen Verrechnungspreise.
− Die OECD sieht die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode insbesondere dann als geboten
an, wenn zwischen verbundenen Unternehmen Halbfabrikate verkauft werden, verbundene
Unternehmen Verträge über die Nutzung gemeinsamer Einrichtungen bzw. langfristige
Abnahme- und Liefervereinbarungen abschließen und es beim konzerninternen Geschäft um
die Erbringung von Dienstleitungen geht (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.32).
110
− Für die Bestimmung des angemessenen Kostenaufschlags favorisiert die OECD den internen
Betriebsvergleich, also den Kostenaufschlag, den das betrachtete verbundene Unternehmen bei
vergleichbaren Fremdgeschäften erzielt (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.33).
− Ersatzweise kann der Kostenaufschlag herangezogen werden, den ein unabhängiges
Unternehmen bei vergleichbaren Geschäften erzielt.
− Für eine sachgerechte Anwendung der Kostenaufschlagsmethode ist sicherzustellen, dass die
Kosten sowohl für das Geschäft zwischen den verbundenen Unternehmen als auch für das
vergleichbare Fremdgeschäft in identischer Weise ermittelt werden. Um Einheitlichkeit und
Vergleichbarkeit bei der Kostenermittlung zu erzielen, müssen gegebenenfalls entsprechende
Berichtigungen vorgenommen werden (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.39).
− Die OECD spricht sich dafür aus, direkt zuordenbare Kosten und Fertigungsgemeinkosten
jedoch nicht die betrieblichen Aufwendungen des Gesamtunternehmens, wie z.B. die Aufsichts-,
Verwaltungs- und allgemeinen Kosten, für die Kostenermittlung anzusetzen.
111
− Denkbar ist auch, dass bei besonderen Marktsituationen, bei denen auch fremden
Geschäftspartnern gegenüber auf eine volle Deckung der Selbstkosten verzichtet würde (z. B.
zur Auslastung ungenutzter Kapazitäten, Markteinführung), lediglich variable Kosten oder
Grenzkosten herangezogen und somit keine kostendeckenden Preisen verrechnet werden. Für
die Überprüfung durch die Finanzbehörden, ob eine derartige Situation wirklich vorliegt, stellt die
OECD ein erhöhtes Informationsbedürfnis der Finanzbehörden gegenüber den Steuerpflichtigen
fest (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.39).
− Nach der Ansicht der deutschen Finanzverwaltung sind die Kosten nach den
Kalkulationsmethoden zu ermitteln, die auch bei der Preispolitik gegenüber Fremden verwendet
werden oder die (bei Nichterbringung solcher Leistungen) betriebswirtschaftlichen Grundsätzen
entsprechen (vgl. Tz. 2.2.4 Verwaltungsgrundsätze).
− So wird die Zugrundelegung eines betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffes, der im Unterschied
zum steuerlichen Kostenbegriff auch kalkulatorische Kosten enthält, ermöglicht.
112
− Der wesentliche Vorteil der Kostenaufschlagsmethode liegt darin, dass sie bis auf den
Kostenaufschlag ohne Vergleichswerte anderer Unternehmen auskommt. Dadurch ist sie dann
anwendbar, wenn die Anwendungsvoraussetzungen für die beiden anderen Standardmethoden
nicht erfüllt sind.
Beispiel:
Die deutsche Muttergesellschaft Schmidt-Automobile AG stellt Luxusautos in kleinerer Stückzahl
her. Von ihrer französischen Tochtergesellschaft car component France Société Anonyme (AG)
bezieht die Schmidt-Automobile AG unter anderem den dort spezialangefertigten Kühlergrill mit
integriertem Firmenlogo. Zur Unternehmensstrategie der Schmidt-Automobile AG gehört, dass
Reparaturen der Autos ausschließlich von Zweigniederlassungen der Schmidt-Automobile AG
vorgenommen werden sollen. Eine Veräußerung von Ersatzteilen an fremde Dritte erfolgt aus
diesem Grund nicht. Die car component France Société Anonyme liefert daneben auch
spezialangefertigte Stoßstangen an unabhängige Luxusautomobilehersteller in Deutschland. Die
Preiskalkulation erfolgt für die spezialangefertigten Stoßstangen, indem auf die Summe aus
113
Fertigungseinzelkosten und den zuzuordnenden Fertigungsgemeinkosten ein Kostenaufschlag von
19 % erhoben wird.
Für den Kühlergrill mit integriertem Firmenlogo liegen weder Fremdvergleichspreise vor, noch ist
ein Wiederverkaufspreis festzustellen, da der Kühlergrill nicht weiterveräußert wird. Dadurch sind
die Anwendungsvoraussetzungen für die beiden anderen Standardmethoden nicht erfüllt. Der
angemessene Verrechnungspreis für den Kühlergrill mit integriertem Firmenlogo kann aber mit der
Kostenaufschlagsmethode ermittelt werden. Die für den Kühlergrill mit integriertem Firmenlogo
angefallenen Fertigungseinzel- und -gemeinkosten sind mit dem angemessenen Kostenaufschlag
von 19 % (Aufschlag nach innerem Betriebsvergleich) an die Mutter Schmidt-Automobile AG zu
verrechnen.
− Vorteilhaft ist weiterhin, dass bei dieser Methode oftmals auf Daten zurückgegriffen werden
kann, die das Unternehmen schon für andere Zwecke, beispielsweise für die Angebots-
kalkulation, ermittelt hat.
114
− Nachteilig an der Methode ist jedoch die Tatsache, dass die ermittelten Vergleichspreise keinen
Bezug zu den tatsächlichen Marktpreisen haben, da sie sich nicht aus einem Ausgleich von
Angebot und Nachfrage, sondern aus der Kostenstruktur des Unternehmens ableiten.
2.2.2 Andere Methoden
− Neben den Standardmethoden existieren noch eine Vielzahl von weiteren Methoden, die
insbesondere versuchen, den Gewinn sachgerecht aufzuteilen.
− Diese Methoden zur indirekten Gewinnaufteilung werden weiter in geschäftsfallbezogene und
globale Gewinnmethoden unterteilt.
− Geschäftsfallbezogene Methoden zerlegen den Gewinn aus einem Geschäftsvorfall.
− Insbesondere die US-amerikanische Finanzverwaltung neigt in jüngerer Zeit dazu, den Gewinn
einzelner Geschäftsvorfälle indirekt durch die
115
o comparable profit method (CPM) oder die
o profit split method (PSM)
aufzuteilen (vgl. Wellisch, JfNS 2002 und 2003).
− Durch die globalen Gewinnaufteilungsmethoden wird hingegen der Gesamterfolg des
Unternehmens auf die verbundenen Unternehmen verteilt.
− Nach Ansicht der OECD sind die anderen Methoden (z.B. CPM, PSM) nur in Ausnahmefällen
anzuwenden, wenn die Standardmethoden allein nicht zuverlässig sind oder überhaupt nicht
angewendet werden können (z.B. bei Nutzungsüberlassung immaterieller Wirtschaftsgüter) und
die gebrauchte andere Methode fremdvergleichkonforme Ergebnisse liefert (vgl. OECD-
Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 2.49, 3.1). Da die globale formelhafte Gewinnaufteilung
keine fremdvergleichkonforme Ergebnisse liefert, lehnt die OECD ihre Anwendung ab (vgl.
OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Rz. 3,1).
116
− Vor dem Hintergrund der geringen Bedeutung der geschäftsfallbezogenen indirekten
Gewinnaufteilung – zumindest in der EU – wird davon abgesehen, diese näher zu beschreiben.
− Neben der Verrechnung von Fremdvergleichspreisen für Lieferungen und Leistungen, können
international verbundene Unternehmen auch Umlageverträge (auch Kostenverteilungsverträge
genannt) zur Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen verwenden.
− Da die Verwendung von Umlageverträgen keine Methode an sich darstellt, wird die Prüfung der
Angemessenheit von Umlageverträgen nicht an dieser Stelle, sondern im Rahmen der
Konkretisierung der direkten Methode in einem eigenen Unterabschnitt beschrieben (siehe
Abschnitt 2.3.6 Kostenumlagen).
2.3 Konkretisierung der direkten Methode
− Nun folgend sollen die einzelnen Austauschbeziehungen zwischen den verbundenen
Unternehmen und deren Verrechnung näher betrachtet werden.
117
2.3.1 Eigenkapitalüberlassung
− Die Ausstattung der Tochtergesellschaft mit Eigenkapital kann aus eigenen oder fremden Mittel
der Muttergesellschaft erfolgen.
− Unabhängig davon, wie die Muttergesellschaft das Eigenkapital der Tochtergesellschaft
finanziert, kann sie kein direktes Entgelt in Rechnung stellen.
− Die Vergütung erfolgt indirekt über die Gewinnausschüttung der Tochtergesellschaft an die
Muttergesellschaft.
2.3.2 Fremdkapitalüberlassung
− Die Überlassung von Fremdkapital an die Tochter kann durch eigene und durch fremde Mittel
finanziert werden.
118
− Eine Vergütung für die Überlassung ist möglich.
− Der angemessene Fremdvergleichspreis ist der marktübliche Zinssatz.
− Wenn die Mutter die Fremdkapital-Überlassung an die Tochter aus eigenem Fremdkapital
finanziert, ist es naheliegend, die selbstaufgewendeten Fremdkapitalzinsen als
Fremdvergleichspreis der Tochter anzusehen.
− Wenn die Mutter das Fremdkapital der Tochter aus Eigenkapital finanziert, dann sind zwei
Möglichkeiten zur Bestimmung des Fremdvergleichspreises naheliegend:
o Hat die Muttergesellschaft ein vergleichbares Darlehen für einen gleichen (oder
ähnlichen) Zeitraum und in gleicher (oder ähnlicher) Höhe aufgenommen, jedoch für
andere Zwecke verwendet oder vergeben, ist der von der Muttergesellschaft für dieses
Darlehen zu zahlende Zinssatz als Fremdvergleichspreis anzusetzen (interner
Fremdvergleichspreis).
119
o Hat die Muttergesellschaft kein vergleichbares Darlehen aufgenommen oder vergeben,
ist der bankübliche Zinssatz für Geschäfte mit gleicher Laufzeit und gleichem Risiko
als Fremdvergleichspreis anzusetzen (externer Fremdvergleichspreis).
Beispiel:
Die deutsche Müller AG gewährt ihrer französischen Tochter Müller France Société Anonyme
(AG), an deren Kapital sie zu 100 % beteiligt ist, ein Darlehen von 1 Mio. € für den Aufbau einer
weiteren Filiale in Frankreich. Die Müller AG ist zu diesem Zeitpunkt vollständig eigenfinanziert.
Da die Müller AG kein vergleichbares Darlehen aufgenommen hat, ist der bankübliche Zinssatz für
Geschäfte mit gleicher Laufzeit und gleichem Risiko als Fremdvergleichspreis anzusetzen.
− Ist die Tochtergesellschaft in einem Hochsteuerland ansässig, neigt die Muttergesellschaft
allerdings dazu, den Gewinn in ihrem Gebiet zu belassen.
120
− Diesem Zweck folgt die
o übermäßige Fremdfinanzierung zu einem angemessenen Entgelt (Unterkapitalisierung).
o Fremdfinanzierung zu einem unangemessen hohen Entgelt (verdeckte
Gewinnausschüttung).
− Wenn es zu einer Unterkapitalisierung der Tochtergesellschaft kommt, dann sehen viele Länder
die thin capitalization rule vor. Der Teil der Fremdkapitalvergütung der Tochter, der aus der
unangemessen hohen Fremdkapitalausstattung resultiert, wird für steuerliche Zwecke nicht zum
Abzug zugelassen (vgl. Abschnitt 2.4.3.)
− Stellt die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft ein unangemessen hohes Entgelt für die
Fremdkapitalüberlassung in Rechnung, ist dies ein typischer Fall einer verdeckten
Gewinnausschüttung. Der Abzug der Fremdkapitalzinsen wird nicht anerkannt, soweit er
unangemessen ist (vgl. Abschnitt 2.4.2).
121
2.3.3 Übertragung von materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern
− Werden Wirtschaftgüter des Umlaufvermögens (Fertigprodukte, Zwischenprodukte, Halbfertig-
produkte) und des Anlagevermögens von einem Konzernunternehmen an ein anderes
Konzernunternehmen übertragen, ist eine Verrechnung von Preisen dem Grunde nach zulässig.
− Beispiele für die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter bilden die Überlassung von Know-
how (Herstellungsverfahren), Warenzeichen, Software sowie eine Patentenweitergabe an die
ausländische Konzerngesellschaft (wenn ein vollständiger Übergang erfolgt).
− Werden die Wirtschaftsgüter nicht nur an ein anderes Konzernunternehmen übertragen,
sondern auch an Dritte abgesetzt, ist der erzielte Marktpreis der angemessene
Konzernverrechnungspreis (interner Fremdvergleichspreis)
− Existiert kein interner Fremdvergleichspreis, ist zu prüfen, ob andere Unternehmen
vergleichbare Güter handeln. Ist dies der Fall, so ist dieser – zwischen Dritten – vereinbarte
122
Marktpreis als Verrechnungspreis anzusetzen.
− Es existiert weder ein interner noch externer Fremdvergleichspreis:
o Für Fertigprodukte wird der angemessene Verrechnungspreis bestimmt, indem vom
Marktpreis, den die Tochtergesellschaft im Ausland erzielt, eine für dieses Land übliche
Handelsspanne abgezogen wird (Wiederverkaufspreismethode).
o Für Zwischenprodukte ermittelt sich der angemessene Verrechnungspreis nach der
Kostenaufschlagmethode. Der Kostenaufschlag wird auf die nach üblichen
Kalkulationsverfahren ermittelten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten erhoben.
o Auch für Wirtschaftgüter des Anlagevermögens bestimmt sich der angemessene
Verrechnungspreis nach der Kostenaufschlagmethode, d.h. auf die Herstellungs- bzw.
Anschaffungskosten wird ein kalkulatorischer Gewinnaufschlag erhoben.
123
Beispiel:
Die deutsche Maschinenbaukonzerngesellschaft IBRU engineering Germany AG stellt für 1 Mio. €
eine Spezialwalzmaschine für den Produktionsprozess selbst her. Diese Maschine wurde derart
auf die individuellen Anforderungen abgestimmt, dass keine vergleichbaren Maschinen existieren.
Aufgrund einer Entscheidung der Konzernleitung wurde die Produktion der Bauteile, für die die
Spezialwalzmaschine bestimmt war, direkt nach Fertigstellung der Walzmaschine in die polnische
Konzerngesellschaft IBRU engineering Poland spólka z ograniczona odpowiedzialnoscia (GmbH)
verlegt. In diesem Zusammenhang überträgt die IBRU engineering Germany AG die
Spezialwalzmaschine an ihre polnische Schwestergesellschaft IBRU engineering Poland spólka z
ograniczona odpowiedzialnoscia. Der übliche kalkulatorische Kostenaufschlag für andere von dem
IBRU engineering Konzern hergestellte Maschinen, den dieser für den Absatz an unabhängige
Kunden verlangt, beträgt 10 %.
Da keine vergleichbare Spezialwalzmaschine existiert, die von unabhängigen Dritten am Markt
gehandelt wird, ist der angemessene Verrechnungspreis nach der Kostenaufschlagsmethode zu
124
ermitteln. Die IBRU engineering Germany AG hat demnach ihrer polnischen Schwester-
gesellschaft IBRU engineering Poland spólka z ograniczona odpowiedzialnoscia Herstellungs-
kosten von 1 Mio. € und einen Gewinnzuschlag von 10% (= 100 000 €) in Rechung zu stellen.
2.3.4 Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern
− Bei der Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern kann es sich um
o gewerbliche Schutzrechte (Patente, Marken, Geschmacksmuster)
o Namens- und Urheberrechte (copy rights) oder
o ungeschützte Wirtschaftsgüter (Know-how und Betriebsgeheimnisse)
handeln.
− Die Nutzungsüberlassung erfolgt durch Lizenzen, worauf Lizenzgebühren erhoben werden.
125
− Die Berechnung von Lizenzgebühren wird dem Grunde nach nur anerkannt, wenn das
immaterielle Wirtschaftgut vom Lizenzgeber auf eigene Kosten und eigenes Risiko entwickelt
wurde und die Weitergabe für das abnehmende Konzernunternehmen als Lizenznehmer von
Nutzen ist. Es ist ein sog. benefit test durchzuführen (OECD-Bericht 1995/99, Tz. 6.14, 6.15).
Beispiel:
Die US-amerikanische Muttergesellschaft EBRI Corporation (AG) besitzt einen auf sie
eingetragenen und weltweit geschützten Markennamen, den sie für den Vertrieb ihrer Produkte auf
dem amerikanischen Markt nutzt. Ihrer deutschen Tochtergesellschaft EBRI Germany AG räumt
die EBRI Corporation das Recht ein, diesen Markennamen ihrerseits für den Absatz auf den
deutschen Markt zu nutzen.
Da die EBRI Corporation den Markennamen selbst geschaffen hat und die EBRI Germany AG
einen Nutzen daraus zieht, diesen Markennamen benutzen zu dürfen, hat die EBRI Corporation
der EBRI Germany AG eine Lizenzgebühr nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu berechnen.
126
− Eine Lizenzgebühr wird nur dann anerkannt, wenn das immaterielle Wirtschaftsgut nicht bereits
in andere Leistungen inkorporiert ist, für die das liefernde Konzernunternehmen (Lizenzgeber)
einen Preis in Rechnung stellt, der bereits den Vorteil aus der Nutzung des immateriellen
Wirtschaftsgutes abdeckt (OECD-Bericht 1995/99, Tz. 6.17).
− Die Bestimmung des Verrechnungspreises nach der Fremdvergleichsmethode stößt bei
immateriellen Wirtschaftsgütern häufig auf Schwierigkeiten, da kein externer Markt existiert.
− Ausnahmen:
o Der Lizenzgeber vergibt die Lizenz (auch) an fremde Dritte.
In diesem Fall ist der mit den Dritten vereinbarte externe Fremdvergleichspreis die
angemessene Verrechnungspreisgebühr.
o Der Lizenznehmer vergibt eine Unterlizenz an einen fremden Dritten.
Wiederum ist der vereinbarte externe Fremdvergleichspreis die angemessene
127
Verrechnungspreisgebühr.
− Existiert keine Lizenzweitergabe an Dritte (Regelfall), ist die Kostenaufschlagmethode zur
Bestimmung des Verrechnungspreises anzuwenden, d.h. auf die Kosten zur Entwicklung eines
Verfahrens wird ein Gewinnaufschlag erhoben.
2.3.5 Allgemeine Verwaltungs- und Dienstleistungen
− Bei Verwaltungs- und Dienstleistungen wird unterschieden zwischen:
o Aufwendungen, die nur durch den Betrieb der Konzernmutter verursacht sind,
o eindeutig dem Tochterunternehmen zurechenbare Dienstleistungen und
o beiden Unternehmen zuzurechnenden Dienstleistungen.
− Spezielle Dienstleistungen können dem betrieblichen Bereich des empfangenden
Unternehmens eindeutig zugeordnet werden.
128
− Zu nennen sind bestimmte Unterstützungs- und Beratungsleistungen in wirtschaftlichen,
technischen, finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten sowie Planung und Steuerung
einzelner Projekte in einem verbundenen Unternehmen.
− Für solch spezielle Dienstleistungen können Verrechnungspreise nach dem „dealing at arm’s
length“-Prinzip dem empfangenden Unternehmen in Rechnung gestellt werden.
Beispiel:
Die deutsche Konzerntochter Schauk Germany GmbH der französischen Muttergesellschaft
Schauk Société à Responsabilité Limitée (GmbH) wurde von einem Abnehmer der produzierten
Ersatzteile auf Produkthaftung verklagt. Die Rechtsabteilung der Schauk Société à Responsabilité
Limitée vertritt die Schauk Germany GmbH in diesem speziellen Fall. In Deutschland gibt es eine
Gebührenverordnung für Rechtsstreitigkeiten.
Die Rechtsvertretung durch die Schauk Société à Responsabilité Limitée kann der Schauk
Germany GmbH eindeutig zugeordnet werden. Daher ist der Aufwand dem Grunde nach
129
verrechenbar. Die Gebühr gemäß Gebührenordnung bildet dabei den Verrechnungspreis (externer
Fremdvergleichspreis).
− Gibt es bei (komplexen und unternehmensspezifischen) Dienstleistungsstrukturen keinen
Fremdvergleichspreis, so ist der angemessene Verrechnungspreis mittels
Kostenaufschlagmethode zu bestimmen.
− Aufwendungen für den Betrieb des Konzerns werden auch als Gesellschafteraufwand (Aufwand
der Gesellschafter des Tochterunternehmens) bezeichnet. Sie fallen an im Zusammenhang mit
der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte, der Ausübung der Konzernleitung und der
Überwachung des Tochterunternehmens.
− Im Einzelnen sind folgende Aufgaben zu nennen:
o Überwachung der Geschäfte des Tochterunternehmens
o Monitoring der Beteiligungen
130
o Aufwendungen zum Erwerb von Beteiligungen an Tochterunternehmen
o Überlassung von Fremdkapital an die Tochterunternehmen
o Entwicklung einer Konzernstrategie
o Dokumentation des Konzernergebnisses.
− Diese allgemeinen Verwaltungs- und Dienstleistungen können nicht dem Betrieb eines
speziellen Tochterunternehmens zugeordnet werden. Die Aufwendungen sind deshalb nicht
verrechenbar.
− Ist die Zurechnung zum betrieblichen Bereich des Tochterunternehmens oder zur
Gesellschaftersphäre nicht eindeutig möglich, müssen die anfallenden Aufwendungen aufgeteilt
werden.
o Planung, Steuerung und Kontrolle
Soweit die Aktivitäten der Mutter sich auf die betriebliche Sphäre des
131
Tochterunternehmens beziehen, sind die anfallenden Kosten weiterzuverrechnen.
Beispiel:
Die Mutter Ohris AG des internationalen agierenden Ohris Konzerns unterhält eine
Planungsabteilung. Darin erfolgt die Absatz-, Investitions- und Finanzplanung für den
gesamten Ohris Konzern sowie die Unterstützung von speziellen Finanzierungs- und
Investitionsplanungen der Tochtergesellschaften, indem der Finanzbedarf ermittelt wird
und Investitionsrechnungen durchgeführt werden.
Soweit sich die Aufwendungen der Planungsabteilung auf die Unterstützung der
Tochterunternehmen beziehen, wie z.B. die Erstellung von Finanzplänen für
Großinvestitionen einer Tochter, sind sie (dem Grunde nach) verrechenbar.
Soweit sich die Aufwendungen der Planungsabteilung jedoch auf die Absatz-,
Investitions- und Finanzplanung des Gesamtkonzerns beziehen, ist eine Verrechnung
132
nicht zulässig.
133
o Koordinierungsleistungen
Soweit die Koordinierungsleistungen der Mutter auch die Erfüllung der eigenständigen
Aufgabenbereiche der Tochter verbessern, sind sie verrechenbar.
Beispiel:
Die deutsche REMI AG sowie ihre schweizerische und österreichische
Tochtergesellschaften REMI Swiss AG und REMI Austria AG erweitern ihre
Fertigproduktpalette um ein neues Mikrowellenmenü. Dieses Mikrowellenmenü soll in
dem jeweiligen Sitzstaat der Gesellschaft sowohl produziert als auch abgesetzt werden.
Für die in allen drei Ländern gleichzeitig startende Werbekampagne zur Markteinführung
des Mikrowellenmenüs soll ein möglichst einheitliches Marketingkonzept, das
dennoch die regionalen Gegebenheiten berücksichtigt, entwickelt werden. Um
Synergieeffekte zu nutzen und Mehrfacharbeiten zu vermeiden, koordiniert die REMI AG
die Aufgabenverteilung zwischen den Marketingabteilungen der drei Gesellschaften.
Die Koordination durch die REMI AG erfolgt sowohl im eigenen Interesse als auch im
Interesse der REMI Swiss AG und der REMI Austria AG, da durch Koordinierung Kosten
für die sonst eigenständig zu erbringende Marketingleistung erspart werden. Aus diesem
Grund sind die Koordinationskosten zu verrechnen. Neben einer individuellen
Verrechnung kommt auch eine Kostenaufteilung über einen Umlagevertrag (vgl. 2.3.6) in
Frage.
− Sind die Aufwendungen für verwaltungsbezogene Dienstleistungen auch dem Tochterunter-
nehmen zuzurechnen, so stellt sich die Frage nach der Höhe angemessener Verrechnungs-
preise.
- Existiert weder ein interner noch ein externer Fremdvergleichspreis, so sind die Aufwendungen
für die Verwaltungsleistungen sachgerecht (nach ökonomischen Kenngrößen des
134
Tochterunternehmens und der Mutter) auf beide Einheiten aufzuteilen. Dabei ist – wenn kein
Kostenumlagevertrag vorliegt – auf die weiterverrechneten Kosten ein Gewinnaufschlag
vorzunehmen.
Beispiel:
Der Einzelhandelskonzern B-Mart besteht aus der deutschen Mutter B-Mart AG und den
zwei Tochtergesellschaften B-Mart Belgium Société Anonyme (Aktiengesellschaft) und
B-Mart Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft). Die Konzernmutter B-
Mart AG übernimmt das gesamte innerbetriebliche Rechnungswesen des Konzerns
sowie die Wartung und Pflege des konzerninternen Netzwerkes, um eine problemlose
Datenerhebung und Auswertungsbereitstellung zu sichern. Der Umsatz des Konzerns
beträgt in Deutschland 75 Mio. €, in Belgien 10 Mio. € und in den Niederlanden
15 Mio. €. Der übliche kalkulatorische Kostenaufschlag für ähnliche Dienstleistungen
beträgt 15 %.
135
Die Dienstleistungen, die die B-Mart AG erbringt, sind im betrieblichen Interesse der
Konzernmutter und ihrer Tochtergesellschaften. Sie sind somit dem Grunde nach
verrechenbar. Da die Dienstleistungsstruktur sehr komplex ist, kann nicht auf einen
Fremdvergleich zurückgegriffen werden. Vielmehr erfolgt die Verrechnung nach der
Kostenaufschlagmethode. Die tatsächlich entstandenen Kosten sind zu 10 % an die B-
Mart Belgium Société Anonyme und zu 15 % an die B-Mart Netherlands Naamloze
Venootschap zu verrechnen. Dabei ist jeweils ein Kostenaufschlag von 15 % zu
berücksichtigen.
2.3.6 Kostenumlagen
− Unabhängige Unternehmen können sich durch Kooperationsverträge für bestimmte Projekte
(z.B. Brückenbau) zusammenschließen.
− Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbindung von Konzernunternehmen erübrigt sich eine
136
Kooperationsvereinbarung zwischen den verbundenen Unternehmen.
− Der Umfang der Kooperationsbeziehungen von Konzernunternehmen wird stattdessen in sog.
Kostenverteilungs- oder Umlageverträgen festgelegt.
Beispiel:
Die US-amerikanische Muttergesellschaft Smith medical care Corporation (AG) vereinbart mit ihrer
deutschen Tochtergesellschaft Meyer Pharma AG Teile ihrer Forschungs- und Entwicklungs-
abteilungen in einen Forschungspool zu vereinen, um neue Wirkstoffe für Medikamente zu
entwickeln und diese patentieren zu lassen.
Die Vereinbarung, wer welche Leistungen für den gemeinsamen Forschungspool zu erbringen hat
und wer welche Rechte an den verwertbaren Ergebnissen (z.B. Verwertung der resultierenden
Patente in bestimmten geografischen Gebieten) erlangt, erfolgt über einen Umlagevertrag.
137
− Gegenstand eines Umlagevertrages ist somit nicht der Austausch von Leistungen, sondern die
Vereinbarung, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen und dabei die entstandenen Kosten auf die
beteiligten Unternehmen zu verteilen.
− Der Abschluss von Umlageverträgen ermöglichen es den verbundenen Unternehmen, durch
Zusammenarbeit in einem Pool Leistungen zu besseren Bedingungen zu erlangen bzw. zu
erbringen oder die im Unternehmensverbund vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen.
− Die Aufwendungen aus der Unterhaltung des Pools werden unter den einzelnen Mitgliedern
nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt.
− Für die steuerliche Anerkennung dieser Kostenverteilung müssen die Umlageverträge dem
Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Demnach dürfen den Umlageverträgen nur
Bedingungen zugrunde liegen, die unabhängige Unternehmen in vergleichbaren Situationen
vereinbaren würden.
138
− Um die Angemessenheit von Umlageverträgen zwischen verbundenen Unternehmen zu prüfen,
sind im einzelnen folgende Fragen zu klären:
o Wer kann Poolmitglied sein?
o Welche Aufwendungen sind umlagefähig?
o Welcher Umlageschlüssel ist anzuwenden?
o Welche Besonderheiten bestehen bei dem Ein- oder Austritt von Poolmitgliedern?
Mitglieder des Pools
− Wie die an den Pool erbrachten Leistungen zu bewerten sind, hängt davon ab, ob das
leistungserbringende Unternehmen als Poolmitglied anzusehen ist oder nicht.
− Ein Unternehmen zählt nur dann zu den Mitgliedern eines Pools, wenn es berechtigterweise
139
erwarten kann, aus der Tätigkeit des Pools Nutzen zuziehen (vgl. Rz. 8.10 OECD-
Verrechnungspreisgrundsätze; Tz. 1.2. Umlage-Verwaltungsgrundsätze).
− Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Unternehmen, die von den Ergebnissen des Pools nicht
profitieren, nicht als Mitglieder gelten.
− Stellt ein Unternehmen dem Pool seine Leistungen lediglich zur Verfügung, ohne selbst von den
Ergebnissen des Pools zu profitieren (Nichtmitglied), dann ist diese Leistungserbringung mit
dem Fremdvergleichspreis zu verrechnen (vgl. Rz. 8.12 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze;
Tz. 1.7. Umlage-Verwaltungsgrundsätze).
− Erbringt ein Poolmitglied Leistungen an den Pool, findet kein Leistungsaustausch statt.
− Die den Poolmitgliedern für die Leistungserbringung tatsächlich entstandenen Aufwendungen
werden als originäre Aufwendungen (Beitrag) behandelt, die ggf. zu einem Ausgleichsanspruch
führen können.
140
Beispiel:
Die in einem Pool zusammengeschlossenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der
deutschen Schwermaschinenbauunternehmung KM engineering AG und ihrer US-amerikanischen
Tochter KM engineering US Corporation (AG) entwickeln neue Maschinen, die auf den jeweiligen
Märkten der beiden Unternehmen abgesetzt werden sollen. Nach der Projektierung einer neuen
Maschine wird in der Regel von dem verbundenen niederländischen Marktforschungsunternehmen
KM research Naamloze Vennootschap (AG), welches sich auf weltweite Absatzanalysen für die
Maschinenbaubranche spezialisiert hat, eine Absatzpotentialanalyse für alternative Absatzpreise
der Maschine erstellt. Ob die Entwicklung der Maschine tatsächlich von dem Pool vorangetrieben
wird, wird von dieser Analyse abhängig gemacht.
Die KM research Naamloze Vennootschap stellt ihre Analysen dem Pool lediglich zur Verfügung,
ohne selber von den Ergebnissen des Pools (Maschinenentwicklung) zu profitieren. Die KM
research Naamloze Vennootschap kann somit kein Poolmitglied sein. Die Leistungen der KM
research Naamloze Vennootschap sind zu Fremdvergleichspreisen bzw. wenn nicht vorhanden,
141
mit Preisen zu verrechnen, die anhand der Kostenaufschlagsmethode ermittelt wurden.
− Ob es zu einer tatsächlichen Nutzung der im Pool erbrachten Leistungen kommt, ist für die
Frage der Mitgliedschaft ohne Bedeutung. Es muss die Nutzungsmöglichkeit der Ergebnisse
vorgesehen sein.
Beispiel:
Die US-amerikanische Muttergesellschaft Smith medical care Corporation (AG) vereinbart mit ihrer
deutschen Tochtergesellschaft Meyer Pharma AG Teile ihrer Forschungs- und Entwicklungs-
abteilungen in einen Forschungspool zu vereinen, um neue Wirkstoffe für Medikamente zu
entwickeln und diese patentieren zu lassen. Es wird vereinbart, dass die Smith medical care
Corporation die resultierenden Patente in Amerika, Australien sowie in Afrika verwerten darf, und
die Meyer Pharma AG die Verwertung in Europa und Asien übernimmt. Der Forschungspool wird
nach 3 Jahren erfolgloser Forschung wieder aufgelöst.
142
Obwohl die Smith medical care Corporation und die Meyer Pharma AG aufgrund der erfolglosen
Forschung keinen Nutzen aus dem Pool ziehen konnten, gelten dennoch beide Unternehmen als
Poolmitglieder, da im Falle einer erfolgreichen Forschung beide einen Nutzen aus den Patenten
gezogen hätten. Demzufolge können nur die tatsächlich angefallenen Kosten als Beitrag an den
Pool angesehen werden. Dass tatsächlich kein Nutzen aus dem Pool gezogen werden konnte, ist
unbedeutend.
Anmerkung: Dies gilt allerdings nur solange, wie auch unabhängige Unternehmen die Koopera-
tion weitergeführt hätten (vgl. Rz. 8.11 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
Liegt ein Missbrauch eines Kostenumlagevertrages in der Form vor, dass
unabhängige Unternehmen die Bedingungen nicht (bzw. nicht weiter) eingegangen
wären, ist die Anerkennung des Vertrages zu versagen. Die Verhältnisse zwischen
den verbundenen Unternehmen sind in diesem Fall nach den allgemeinen
Grundsätzen zu beurteilen (vgl. Rz. 8.30 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
143
Umlagefähige Aufwendungen und deren Ermittlung
− Als Beitrag der Mitglieder an den Pool gelten neben Geld auch bereitgestellte Vermögenswerte
und geleistete Dienste.
− Zu berücksichtigen sind auch Vermögenswerte (z.B. Gebäude, Maschinen) und
Dienstleistungen (z.B. Überwachungs-, Büro-, administrative Tätigkeiten), die sowohl für
Zwecke des Pools als auch für die betrieblichen Tätigkeiten des Poolmitglieds eingesetzt bzw.
erbracht werden (vgl. Rz. 8.16 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Die Bewertung der nicht in Geld bestehenden Beiträge hat in wirtschaftlich begründeter Weise
zu erfolgen, wobei die anerkannten Buchführungsgrundsätze und die tatsächlichen
Gegebenheiten zu berücksichtigen sind (vgl. Rz. 8.16 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Ob Einsparungen aufgrund staatlicher Subventionen oder Steuervergünstigungen bei der
Beitragsbewertung eines Poolmitglieds zu berücksichtigen sind, hängt nach der Ansicht der
144
OECD davon ab, ob unabhängige Unternehmen dies ebenfalls getan hätten (vgl. Rz. 8.17
OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Im Gegensatz dazu sieht die deutsche Finanzverwaltung vor, dass die Gesamtaufwendungen
aller Poolmitglieder um Zuschüsse, Zulagen und steuerliche Sondervergünstigungen zu kürzen
sind (vgl. Tz. 2.1. der Umlage-Verwaltungsgrundsätze).
Umlageschlüssel
− Um dem Fremdvergleichsgrundsatz zu genügen, muss der Anteil eines Poolmitglieds an der
Gesamtsumme aller Beiträge seinem Anteil an den zu erwartenden Vorteilen des Pools
entsprechen (vgl. Rz. 8.9 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Gegebenenfalls können Ausgleichszahlungen notwendig sein, um die Beitragsanteile
entsprechend anzupassen (vgl. Rz. 8.18 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
145
Beispiel:
Das Maschinenbauunternehmen Marenz engineering AG und deren niederländische Tochter
Marenz engineering Netherlands Besloten Venootschap (GmbH) unterhalten einen gemeinsamen
Einkaufspool, um möglichst kostengünstig Roheisen auf dem Weltmarkt zu erwerben. Der
Einkaufspool ist an die deutsche Muttergesellschaft angegliedert, von der auch die Unterhaltkosten
von 80.000 € p.a. getragen werden. Um Mengenrabatte nutzen zu können, wird von dem Pool in
den Niederlanden ein Zwischenlager für das erworbene Roheisen unterhalten. Die Miet- und
Betriebskosten für die Lagerhalle von 40.000 € p.a. werden von der Marenz engineering
Netherlands Besloten Venootschap übernommen. Bei Roheisenbedarf holen die jeweiligen
Unternehmen die benötigte Menge auf eigene Kosten aus dem Zwischenlager ab. Die benötigte
Roheisenmenge der beiden Unternehmen entsprechen sich. Die dem Pool in Rechnung gestellten
Anschaffungskosten des Roheisens werden je zur Hälfte von den beiden Unternehmen getragen.
Die Marenz engineering AG und die Marenz engineering Netherlands Besloten Venootschap
ziehen aufgrund der gleich hohen Abnahmemengen den gleichen Nutzen aus der Existenz des
146
Einkaufspools. Da die Marenz engineering AG aber um 40.000 € höhere Beiträge als die Marenz
engineering Netherlands Besloten Venootschap leistet, ist eine Ausgelichzahlung von 20.000 €
von der Marenz engineering Netherlands Besloten Venootschap an die Marenz engineering AG
notwendig.
− Aus steuerlicher Sicht stellt eine Ausgleichzahlung eine Kostenerhöhung für den Leistenden und
einen Kostenersatz (und somit Kostenreduzierung) für den/die Empfänger der
Ausgleichszahlung dar (vgl. Rz. 8.25, 8.18 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Da die Vorteile aus einem Umlagevertrag in der Regel erst in der Zukunft realisiert werden, sind
Prognoserechnungen erforderlich (vgl. Rz. 8.20 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Die Bestimmung des Anteils eines Poolmitglieds an den Vorteilen des Pools und somit die
Aufteilung der Kosten erfolgt häufig durch Aufteilungsschlüssel (vgl. Rz. 8.19 OECD-
Verrechnungspreisgrundsätze).
147
− Mögliche Aufteilungsschlüssel sind die Umsätze, die eingesetzten, hergestellten oder verkauften
Einheiten, der Brutto- oder Betriebsgewinn, die Anzahl der Arbeitnehmer und das investierte
Kapital (vgl. Rz. 8.19 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Auch die Verwendung von mehreren Schlüsseln kann erforderlich sein (vgl. Rz. 8.22 OECD-
Verrechnungspreisgrundsätze).
Beispiel:
Der Nowac Konzern unterhält einen Pool, der sich mit der Entwicklung neuer
Anwendungssoftware und mit dem Erwerb von Lizenzen für Betriebssysteme beschäftigt. Die
Konzern- und Poolmitglieder Nowac Germany AG und Nowac Belgium Société Anonyme (AG)
vertreiben neben der Anwendungssoftware auch Lizenzen für Betriebssysteme. Das Konzern- und
Poolmitglied Nowac U.K. Public limited Company (Aktiengesellschaft) vertreibt ausschließlich
148
Anwendungssoftware. Der erzielte Erlös liegt bei der Anwendungssoftware 30 % über den Kosten,
bei den Betriebssystemen lediglich 10 %.
Da die Nowac U.K. Public limited Company keinen Nutzen aus der Lizenzbeschaffung für
Betriebssysteme zieht und sich das Kosten-/Nutzenverhältnis aus den beiden Aktivitäten
wesentlich unterscheiden, ist eine Aufteilung der Gesamtkosten nach einem Schlüssel nicht
angemessen. Vielmehr bietet sich eine Aufteilung der aufgrund der Entwicklung der
Anwendungssoftware angefallenen Kosten nach dem erzielten Erlös aus dem Verkauf der
Anwendungssoftware und die Aufteilung der durch die Lizenzbeschaffung angefallenen Kosten
nach dem Erlös aus Lizenzverkauf für Betriebssysteme an.
− Die Wahl des anzuwendenden Schlüssels hat sachgerecht, also entsprechend der ausgeübten
Tätigkeit des Pools und dem Zusammenhang zwischen Aufteilungsschlüssel und erwarteten
Vorteilen, zu erfolgen (vgl. Rz. 8.19 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
149
− Die Aufteilung der Kosten ist im Zeitverlauf anzupassen, wenn sich die Verhältnisse ändern (vgl.
Rz. 8.20 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
Beispiel:
Der IMU Konzern besteht aus 3 Kapitalgesellschaften, die in verschiedenen Staaten domizilieren.
Vor der Bildung eines Forschungspools haben die IMU Germany AG und IMU France Société
Anonyme (AG) jeweils eigene Forschungsabteilungen unterhalten. Die dritte Konzerngesellschaft
IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft) betreibt ausschließlich
Auftragsforschung sowohl für die Konzerngesellschaften als auch für unabhängige Unternehmen.
Um Doppelforschung für konzerninterne Zwecke zu vermeiden, beschließt die Konzernleitung die
Forschungsabteilungen der IMU Germany AG und der IMU France Société Anonyme zu einem
Forschungspool zusammenzulegen und bei der IMU Germany AG anzusiedeln.
150
Die im Zusammenhang mit dem Forschungspool tatsächlich angefallenen Aufwendungen der IMU
Germany AG betragen 264.000 €. Die von der IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap
an den Pool erbrachten Leistungen verursachten Aufwendungen von 107.168 €.
Unabhängigen Unternehmen würde die IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap für
vergleichbare Leistungen einen Preis von 126.000 € berechnen. Die IMU France Société Anonyme
leistet ausschließlich finanzielle Unterstützung in Form der Kostenübernahme entsprechend ihrem
Anteil an den Forschungsergebnissen. Der erwartete zusätzliche Gewinn des Konzerns aus der
Realisierung der Forschungsergebnisse fällt aufgrund der Größe der bearbeiteten Märkte zu 60 %
bei der IMU Germany AG und zu 40 % bei der IMU France Société Anonyme an.
Mitglieder des Forschungspools sind die IMU Germany AG und die IMU France Société Anonyme.
Die IMU Research Netherlands Naamloze Venootschap ist hingegen kein Poolmitglied, da sie
nicht von den Forschungsleistungen profitiert. Daher sind die Leistungen, die die IMU Research
Netherlands Naamloze Venootschap an den Pool erbringt, nicht mit den tatsächlich angefallenen
Kosten, sondern mit dem Fremdvergleichspreis zu verrechnen.
151
Die steuerlich abziehbaren Aufwendungen ermitteln sich wie folgt:
IMU Gesellschaft Germany France Netherlands Summe
an den Pool erbrachte Leistung vor Umlage 264.000 € 0 € 126.000 € 390.000 €
Kostenübernahme
40 %
Ausgleichzahlung 156.000 € 156.000 € Erstattung 30.000 € 126.000 € 156.000 € steuerlich anzuer-kennender Aufwand 234.000 € 156.000 € 390.000 €
Die IMU Germany AG, welche von den Leistungen des Pools zu 60 % profitiert, kann 60 % der
Kosten des Pools steuerlich geltend machen (390.000 € · 0,6 = 234.000 €), die IMU France
Société Anonyme einen Anteil von 40 % (390.000 € · 0,4 = 156.000 €). Die IMU Research
Netherlands Naamloze Venootschap erzielt Einnahmen von 126.000 €, die von den
152
Poolmitgliedern als Aufwand getragen werden.
Anmerkung: Auch wenn die IMU France Société Anonyme keine Kostenübernahme
entsprechend ihrem Anteil an den Forschungsergebnissen vereinbart hätte, würde
die Finanzverwaltung den Beitrag der IMU France Société Anonyme derart
berichtigen, dass daraus der oben ermittelte, steuerlich anzuerkennende Aufwand
resultiert. D.h. für steuerliche Zwecke ist unabhängig von der konkreten
Vereinbarung bezüglich der Kostenübernahme ein Beitrag der IMU France Société
Anonyme von 156.000 € anzunehmen.
Besonderheiten bei Ein- bzw. Austritt eines Unternehmens und bei Ablauf eines Umlagevertrages
− Tritt ein Unternehmen einem bereits existierenden Pool bei und wird ihm von den bisherigen
Poolmitgliedern ein Anteil der Ergebnisse überlassen (z.B. einen Anteil der vom Pool
entwickelten immateriellen Wirtschaftsgüter, angefangene Arbeiten, Kenntnisse aus der
153
Poolaktivität), so hat das neue Unternehmen eine Eintrittszahlung zu leisten (vgl. Rz. 8.31
OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 4.1. Umlage-Verwaltungsgrundsätze).
− Die Höhe der Eintrittszahlung bestimmt sich nach dem Fremdvergleichsgrundsatz.
Beispiel:
Die U.S.-amerikanische Weezler Corporation (AG) und ihre britische Tochter Weezler U.K Public
limited Company (Aktiengesellschaft) unterhalten einen Pool, der neue Offsetdruckmaschinen
entwickelt. Die Weezler Corporation hat das Recht, die entwickelten Druckmaschinen in Amerika
und Australien zu vertreiben. Die Weezler U.K Public limited Company darf die entwickelten
Druckmaschinen in Europa, Asien und Afrika verkaufen. Nachdem die neuste Variante entwickelt
wurde und bevor eine Weiterentwicklung angegangen wird, tritt die deutsche Tochter Weezler
Germany GmbH in den Pool ein. Der Weezler Germany GmbH wird das Recht zum Vertrieb der
Offsetdruckmaschinen in Deutschland und Südeuropa überlassen. Unabhängige Unternehmen
würden für dieses Recht 1,5 Mio. € zahlen.
154
Die Weezler Germany GmbH hat eine Eintrittszahlung von 1,5 Mio. € zu leisten. Da vorher das
übertragene Vertriebsrecht der Weezler U.K Public limited Company zustand, steht der Weezler
U.K Public limited Company die Eintrittszahlung zu. Die nach dem Eintritt der Weezler Germany
GmbH anfallenden Kosten sind entsprechend der neuen Anteile an den Poolergebnissen
aufzuteilen.
− Bringt das eintretende Unternehmen immaterielle Wirtschaftsgüter in den Pool ein, sind die
Ausgleichzahlungen für diesen Beitrag mit der Eintrittszahlung zu verrechnen (vgl. Rz. 8.32
OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Tritt ein Unternehmen aus dem Pool aus und überträgt in diesem Zusammenhang seinen Anteil
an den Ergebnissen aus der früheren Poolaktivität an die verbleibenden Poolmitglieder, dann
hat das austretende Unternehmen einen Anspruch auf eine Austrittszahlung von den
verbleibenden Mitgliedern (vgl. Rz. 8.34 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
155
− Auch die Austrittszahlung an das austretende Unternehmen bestimmt sich nach dem
Fremdvergleichsgrundsatz.
Beispiel (Fortsetzung):
Zwei Jahre später tritt die Weezler U.K Public limited Company aus dem Pool aus, weil sie sich
aus dem Markt für Offsetdruckmaschinen zurückzieht. Der Weezler Germany GmbH überlässt sie
das Vertriebsrecht für Afrika und ihren Anteil an Europa. Die Weezler Corporation erhält das
Vertriebsrecht für Asien. Die übertragenen Rechte an die Weezler Germany GmbH haben einen
Wert von 4,5 Mio. €. Das Vertriebsrecht in Asien hat einen Wert von 3,5 Mio. €.
Die Weezler U.K Public limited Company erhält eine Austrittszahlung von 8 Mio. €. Davon hat die
Weezler Germany GmbH 4,5 Mio. € und die Weezler Corporation 3,5 Mio. € zu leisten. Alle nach
dem Austritt der Weezler U.K Public limited Company entstehenden Kosten werden entsprechend
der neuen Anteile an den Poolergebnissen aufgeteilt.
156
− Keine Eintritts- und Austrittszahlungen sind in der Regel erforderlich, wenn der Gegenstand des
Pools nicht die Schaffung von Wirtschaftsgütern oder Rechten ist, sondern der Umlagevertrag
ausschließlich die Erbringung von Dienstleistungen vorsieht, die die Poolmitglieder gemeinsam
erwerben und für die sie fortlaufend bezahlen (vgl. Rz. 8.36 OECD-Verrechnungspreis-
grundsätze).
Beispiel:
Der Einzelhandelskonzern Big Mart unterhält einen Einkaufspool, an dem die deutsche Mutter Big
Mart AG und ihre Töchter Big Mart Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft), Big
Mart Swiss AG, Big Mart Austria AG beteiligt sind. Alle von dem Pool erworbenen und an die
Gesellschaften gelieferten Waren werden mit den entstandenen Kosten verrechnet. Aufgrund der
Umorientierung der Big Mart Austria AG auf eine vollkommen andere Warenpalette steigt sie aus
dem Pool aus.
Da der Poolzweck ausschließlich der gemeinsame Erwerb von Waren ist, und die anfallenden
157
Kosten fortlaufend verrechnet werden, besteht kein Vermögenswert, der eine Austrittszahlung
rechtfertigt.
− Wird ein Umlagevertrag beendet oder läuft ein Umlagevertrag ab, steht jedem Vertragspartner
ein Anteil an den Ergebnissen des Pools entsprechend dem Anteil an den geleisteten Beiträgen
zu (vgl. Rz. 8.39 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 4.2. Umlage-Verwaltungs-
grundsätze).
− Tritt ein Vertragspartner seinen Anteil im Zusammenhang mit der Vertragsauflösung bzw.
-ablauf an ein anderes ehemaliges Poolmitglied ab, steht diesem eine fremdvergleichskonforme
Vergütung zu (vgl. Rz. 8.39 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
Beispiel:
Der Pool des Watson medical care Konzerns hatte das Ziel, ein neues Medikament für die
Krebsbehandlung zu entwickeln und patentieren zu lassen. Die Konzern- und Poolmitglieder
158
hatten folgende Vertriebsberechtigungen vereinbart: die US-amerikanische Mutter Watson medical
care company (AG) für Amerika und die Töchter Watson medical care U.K. Public limited
Company (AG) für Nord- und Osteuropa, Watson medical care Germany AG für Mittel- und
Südeuropa, Watson medical care Japan Kabushiki Kaisha (AG) für Asien, Watson medical care
Australia Public Company limited by shares (AG) für Australien sowie Watson medical care South
Africa Public Company (Limited by shares) (AG) für Afrika. Nach der Zielerreichung wurde der
Pool aufgelöst. Da die Watson medical care U.K. Public limited Company zwischenzeitlich ihre
Geschäftstätigkeit in Osteuropa eingestellt hat, tritt sie das Vertriebsrecht für das
Krebsmedikament nach Osteuropa an die Watson medical care Germany AG ab. Unabhängige
Unternehmen würden für das Verwertungsrecht des Patents in Osteuropa 1,3 Mio. € bezahlen.
Jedes ehemalige Poolmitglied hat Anspruch auf das vereinbarte Vertriebsrecht für das
Medikament. Für die Abtretung ihres Vertriebsrechts nach Osteuropa steht der Watson medical
care U.K. Public limited Company von der Watson medical care Germany AG eine
fremdvergleichskonforme Vergütung von 1,3 Mio. € zu.
159
Weitere Voraussetzung
− Für die Annerkennung eines Umlagevertrages sind umfassende Informations-, Dokumentations-
und Nachweispflichten zu erfüllen (vgl. Rz. 8.40 ff. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Tz. 5.
Umlage-Verwaltungsgrundsätze). Beispielsweise sind der Gegenstand des Pools und die
Methode zur Ermittlung der umzulegenden Aufwendungen zu benennen. Es sind auch die
Poolmitglieder sowie die Vertragsdauer anzugeben.
2.3.7 Besondere Situationen (Verluste, Vorteilsausgleich)
− Besonders kritisch werden Verrechnungspreisvereinbarungen geprüft, wenn sie zu Verlusten
führen oder Verrechnungspreise einen Vorteilsausgleich gewähren und somit mehrere
Leistungen über eine Verrechnungspreisgestaltung verbunden werden.
160
a) Verlustsituation
Beispiel:
Eine US-amerikanische Hotelkette Smith Hotel Corporation (AG) überlässt ihrem deutschen
Tochterunternehmen Smith Hotel Germany AG, das sich insbesondere auf US-amerikanische
Kunden spezialisiert hat, den Namen der Hotelkette Smith Holiday Palace® gegen eine hohe, aber
marktübliche Lizenzgebühr. Da auch die Reiselust von Amerikanern nach Europa durch die
Terroranschläge in den USA gesunken ist, wird die deutsche Hotel-Tochter Smith Hotel Germany
AG über Jahre Verluste erzielen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Lizenzgebühren aufgrund andauernder
Verluste unangemessen sind.
− Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann es durchaus sinnvoll sein, für einige Jahre Verluste aus
den wirtschaftlichen Aktivitäten hinzunehmen (Anlaufverluste, temporärer Nachfragerückgang,
161
vorübergehend ineffizientes Management).
− Aus diesem Grund sind Verluste einer Konzerngesellschaft, die mit rentablen Konzerngesell-
schaften Geschäfte tätigt, nicht unbedingt auf unangemessene Verrechnungspreise zurück-
zuführen.
− Daher werden nach den Verrechnungspreisgrundsätzen der OECD angemessene
Verrechnungspreise auch dann akzeptiert, wenn ein verbundenes Unternehmen deshalb über
mehrere Jahre hinweg Verluste schreibt (vgl. Rz. 1.54 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze).
− Eine Desinvestition wäre allerdings dann angezeigt, wenn ein Unternehmen über lange Zeit
hinweg andauernde Verluste erwirtschaftet.
− Führt das verbundene Unternehmen die Tätigkeit dennoch fort, weil dies aus der Sicht des
Gesamtkonzerns sinnvoll ist, wird das betreffende verbundene Unternehmen einen positiven
Beitrag zum Gesamterfolg des Konzerns leisten. Dann liegt offensichtlich ein steuerlich
162
motivierter Verlustausweis durch eine unangemessene Preisgestaltung nahe.
− Insbesondere ist in einer derartigen Situation zu prüfen, ob die verlustbringende
Konzerngesellschaft eine ausreichende Abgeltung für die aus seiner Tätigkeit vom Konzern
gezogenen Vorteile erhält oder eine Berichtigung der Verrechnungspreise angebracht ist.
− Eine genaue Zeitvorgabe für die Akzeptanz von Verrechnungspreisen in Verlustsituationen wird
in den Verrechnungspreisgrundsätzen der OECD allerdings nicht gegeben. Vielmehr wird auf
den wirtschaftlichen Einzelfall abgestellt.
− Nach älterer BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil v. 17.02.1993, BStBl. 1993 II, S. 457) wird eine
Verlustperiode von 3 Jahren akzeptiert, wobei unterstellt wird, dass ein fremder Dritter sich aus
einem wirtschaftlichen Engagement verabschieden würde, wenn nicht in einem überschaubaren
Prognosezeitraum ein Totalgewinn erwirtschaftet wird.
− Die neuere BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil v. 17.10.2001, BFH/NV 2002, S. 134) teilt die
OECD-Auffassung stärker, dass auf den Einzelfall abzustellen ist und es somit geboten sein
163
kann, eine Verlustperiode von mehr als drei Jahren zu akzeptieren und den Zeitraum, in dem
ein Totalgewinn zu erwarten ist, zu verlängern. Bedingung ist, dass der Steuerpflichtige darlegt
und beweist, weshalb der vereinbarte Verrechnungspreis angemessen ist.
b) Vorteilsausgleich
Beispiel:
Die deutsche Sessa Automobile AG schließt mit ihrer französischen Vertriebsgesellschaft Sessa
Automobile France Société Anonyme (AG) einen Vertrag über die Belieferung mit einem neuen
Modell ab, nach dem in der 3-jährigen Einführungsphase ein geringerer als sonst üblicher
Verrechnungspreis vereinbart wird. Nach der Einführungsphase soll ein entsprechender Aufschlag
auf die sonst üblichen Verrechnungspreise für dieses Modell erfolgen.
Fraglich ist, ob in diesem Fall die vereinbarten Verrechnungspreise anzuerkennen sind oder eine
164
Korrektur auf die üblichen Verrechnungspreise vorzunehmen ist?
− Für unabhängige Unternehmen kann es durchaus sinnvoll sein, nachteilige Geschäfte in Kauf
zu nehmen, wenn sie dadurch aus der gesamten Geschäftsbeziehung einen höheren Gewinn
erzielen.
− In diesem Fall wird durch den Vorteilsausgleich ein nachteiliges Geschäft durch andere
vorteilhafte Geschäfte (über-)kompensiert.
− Vorteilsausgleichsvereinbarungen sind auch zwischen verbundenen Unternehmen
anzuerkennen, wenn sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, also unabhängige
Unternehmen solchen Vereinbarungen auch zustimmen würden.
− Für die Anerkennung des Vorteilsausgleichs durch die deutsche Finanzverwaltung sind folgende
Voraussetzungen zu erfüllen (vgl. Tz. 2.3.2. und 2.3.3. Verwaltungsgrundsätze):
165
o Die vor- und nachteiligen Geschäfte müssen in einem inneren Zusammenhang stehen,
der darauf schließen lässt, dass die Geschäfte auch unter Fremdbedingungen von dem
Steuerpflichtigen mit derselben Person abgeschlossen worden wären.
o Die Vor- und Nachteile der einzelnen Geschäfte müssen quantifizierbar sein.
o Die Vorteilsverrechnung muss im Voraus vereinbart gewesen sein oder zur
Geschäftsgrundlage des nachteiligen Geschäfts gehören.
o Der Ausgleich eines Nachteils ist nur zulässig, wenn spätestens zum Ende des
Wirtschaftsjahres seiner Wirkung feststeht, wann und wie er ausgeglichen wird. Der
Ausgleich muss dann innerhalb der drei folgenden Wirtschaftsjahre erfolgen.
− Die OECD verlangt hingegen lediglich, dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung die
eingegangenen Bedingungen zwischen den verbundenen Unternehmen unter Berücksichtigung
des Vorteilsausgleiches dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen (vgl. Rz. 1.62 OECD-
166
Verrechnungspreisgrundsätze; z.B. genügt es der OECD, wenn auf einen weiteren Vertrag
verwiesen wird, in dem der genaue Vorteilsausgleich geklärt wird).
− Weitergegenden Bedingungen, wie z.B. eine Kopplung der nachteiligen und vorteilhaften
Geschäfte oder eine im Voraus festgelegte Vorteilsausgleichvereinbarung, werden von der
OECD nicht gefordert.
2.4 Korrekturnormen
2.4.1 Grundsätzliche Anmerkungen
− Allgemeine Korrekturvorschriften im nationalen Recht sind:
o § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte Einlage)
o § 8 Abs. 3 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung)
167
o § 8a KStG (verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-Fremdfinanzierung)
o § 1 AStG (Gewinnerhöhungen deutscher Gesellschaften bei verbundenen Unter-
nehmen)
o Hinzurechnungsbesteuerung (in speziellen Fällen, hier nicht weiter behandelt)
− Korrekturvorschriften sind unmittelbar anzuwenden, wenn kein DBA vorliegt.
− Liegt ein DBA vor, entscheiden die Korrekturvorschriften inwieweit die vom DBA vorgenommene
Gewinnabgrenzung aus deutscher Sicht (d.h. für die in Deutschland ansässige Gesellschaft)
ausgeschöpft werden kann. Nur durch Korrekturvorschriften kann die von Unternehmen
vorgenommene Gewinnabgrenzung durch die Wahl der Verrechnungspreise von der
Finanzverwaltung korrigiert werden, soweit sich die Korrektur in den Grenzen der vom DBA
festgelegten Gewinnabgrenzung bewegt.
− Allerdings sind die Korrekturvorschriften nicht vollständig und überschneiden sich teilweise (z.B.
168
verdeckte Gewinnausschüttung und § 1 AStG).
o Vorschriften zu verdeckten Einlagen, die über § 8 Abs. 1 KStG auch für Körperschaften
gelten, sind in allen Fällen anzuwenden, in denen eine deutsche Gesellschaft ein
„einlagefähiges Wirtschaftsgut“ von einem verbundenen Unternehmen erhält, ohne dass
ein angemessenes Entgelt bezahlt wird. Die Korrektur führt zu einer Gewinnminderung
der deutschen Gesellschaft.
o Vorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG sind
anzuwenden, wenn eine ausländische Muttergesellschaft an einer deutschen
Tochtergesellschaft beteiligt ist und die Tochter der Mutter einen Vorteil gewährt, den sie
einem fremden Dritten nicht gewährt hätte. Die Korrekturen der verdeckten
Gewinnausschüttung führen zu einer Erhöhung des steuerpflichtigen Einkommens der
Tochter.
169
o Vorschriften zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung des § 8a KStG sind insbesondere
dann anzuwenden, wenn eine ausländische Gesellschaft seiner deutschen
Tochtergesellschaft Fremdkapital zuführt, jedoch als Vergütung keine feste Verzinsung
vorsieht oder bei fester Verzinsung das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital
unangemessen ist. Die Verzinsung wird dann als verdeckte Gewinnausschüttung
umqualifiziert. Das steuerpflichtige Einkommen der deutschen Gesellschaft wird dadurch
erhöht.
o Die Korrekturvorschriften der §§ 8 Abs. 3, 8a KStG führen wie die Vorschrift des § 1
AStG im Ergebnis zu einer Erhöhung des Einkommens der deutschen Gesellschaft,
gehen in der Anwendung jedoch § 1 AStG vor.
o § 1 AStG kommt deshalb insbesondere in den Fällen zur Anwendung, in denen im
Verhältnis einer deutschen Muttergesellschaft zu einer ausländischen Tochter der
Gewinn der deutschen Mutter zu erhöhen ist, jedoch weder § 8 Abs. 3 noch § 8a KStG
Anwendung finden. Die ist z.B. dann der Fall, wenn eine deutsche Mutter ihrer
170
ausländischen Tochter ein immaterielles Wirtschaftsgut zu einer unangemessen
geringen Lizenzgebühr überlässt.
o Keine Korrekturvorschrift gibt es, wenn ein verbundenes Unternehmen einem deutschen
Unternehmen einen Vorteil gewährt, der nicht in der Einlage eines einlagefähigen
Wirtschaftsgutes besteht. Diese Vorteile einer Nutzungseinlage können nicht nach den
einschlägigen Vorschriften korrigiert werden.
o Abgrenzungsprobleme der einzelnen Korrekturvorschriften werden dadurch gemildert,
dass i.d.R. ein einheitlicher Korrekturmaßstab angewendet wird.
o OECD-Bericht zur Gewinnabgrenzung und Gewinnberichtigung hat Leitliniencharakter
für die beteiligten Finanzbehörden.
171
2.4.2 Verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG
− Was unter dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung zu verstehen ist, wird gesetzlich
nicht definiert.
− Die Rechtsprechung, der sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat, definiert eine
verdeckte Gewinnausschüttung als
o eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung,
o die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
o sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und
o nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht
172
(vgl. z.B. BFH-Urteil v. 22.02.1989, BStBl. 1989 II, S. 475; Abschnitt 31 Abs. 3 Satz 1
KStR).
Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung
− Es kommt demnach nicht auf die Zuführung eines Vermögensvorteils bei den Gesellschaftern,
sondern auf eine Verminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Gesellschaft an:
o dies ist oft der Fall, wenn den Gesellschaftern von der Kapitalgesellschaft einlagefähige
Wirtschaftsgüter unentgeltlich oder zu billig überlassen werden,
o oder von den Anteilseignern für erhaltene Dienstleistungen, Nutzungsüberlassungen u.ä.
kein oder zu geringes Entgelt an die Kapitalgesellschaft gezahlt wird.
Beispiel:
Die deutsche Astor AG des international tätigen Astor-Konzerns stellt der in Spanien
173
domizilierenden Muttergesellschaft Astor Sociedad Anonima (AG) ein zinsloses Darlehen zur
Verfügung.
Nach Art. 9 DBA Spanien hat eine Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu
erfolgen. Würde die Astor AG den Darlehensbetrag einem fremden Unternehmen gewähren,
würde es dafür eine angemessene Verzinsung vereinbaren. Daher liegt in Höhe der erzielbaren
Zinseinkünfte eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis
− Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt dann vor, wenn eine
Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei
Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem
Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil v. 11.02.1987, BStBl. 1987 II, S. 461;
Abschnitt 31 Abs. 3 Satz 3 KStR).
174
− Der Maßstab für die Angemessenheitsprüfung von Verrechnungspreisen nach § 8 Abs. 3 Satz 2
KStG ist also i.d.R. ein Fremdvergleich.
− Lediglich bei Rechtsgeschäften, die ausschließlich mit Gesellschaftern abgeschlossen werden
können, ist dieser nicht möglich (vgl. Abschnitt 31 Abs. 4 KStR).
− Bei einem beherrschenden Gesellschafter liegt eine Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis auch dann vor, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und im
Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe die
Kapitalgesellschaft ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen hat (vgl. BFH-
Urteil v. 02.02.1994, BStBl 1994 II, S. 479; Abschnitt 31 Abs. 5 KStR).
− Eine Berichtigung des Einkommens einer inländischen Kapitalgesellschaft nach § 8 Abs. 3
Satz 2 KStG kommt stets dann in Frage, wenn deren Leistung eine zu geringe Leistung eines
ausländischen Gesellschafters gegenübersteht.
175
− Dies ist der Fall, wenn:
o die inländische Tochtergesellschaft Leistungen an ihren ausländischen Gesellschafter
für ein unangemessen geringes Entgelt erbringt oder
o die inländische Tochtergesellschaft Leistungen von ihrem ausländischen Gesellschafter
erhält und dafür ein unangemessen hohes Entgelt zahlt.
− In umgekehrten Fällen kommt eine Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG für die deutsche
Muttergesellschaft nicht in Betracht.
− Stattdessen ist die Anwendung der übrigen Korrekturnormen zu prüfen.
176
2.4.3 Verdeckte Gewinnausschüttung bei Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a KStG
− Soll einer Körperschaft von den Gesellschaftern Kapital zur Verfügung gestellt werden, kann
dies über zweierlei Maßnahmen erfolgen:
o zum einen über die Zuführung von Eigenkapital in Form einer Einlage,
o zum anderen über die Hingabe von Fremdkapital in Form eines Darlehens an die
Gesellschaft. Dies ist möglich, da Körperschaften selbständige Rechtssubjekte
darstellen.
177
Steuerlicher Unterschied in der Behandlung von Eigen- und Fremdkapital
− Für die steuerliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapitalvergütungen ist zu differenzieren
zwischen
o unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern (Steuerinländern) und
o beschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern (Steuerausländern).
− Stellt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Eigenkapital zur Verfügung, dann
werden die Vergütungen in Form von Dividenden
o bei der zahlenden Gesellschaft (definitiv) mit 25% Körperschaftsteuer belastet.
o beim Anteilseigner als Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zur Hälfte von der Steuer befreit, sofern der
Anteilseigner eine natürliche Person ist.
178
gem. § 8b Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 KStG zu 95% von der Steuer befreit, sofern der
Anteilseigner eine Körperschaft ist.
− Stellt ein unbeschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Fremdkapital zur Verfügung, dann
sind die Zinszahlungen der Körperschaft an den Fremdkapitalgeber
o bei der zahlenden Gesellschaft steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben.
o beim Fremdkapitalgeber steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20
Abs. 1 Nr. 7 EStG (bzw. bei partiarischen Darlehen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), die
dem persönlichen Einkommensteuersatz des Kapitalgebers unterliegen, sofern der
Anteilseigner eine natürliche Person ist.
der tariflichen Körperschaftsteuer in Höhe von 25% unterliegen, sofern der
Anteilseigner eine Körperschaft ist.
179
Vergleich unbeschränkte Steuerpflicht
− Ist der Kapitalgeber unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, können Unterschiede hinsichtlich
der einkommensteuerlichen Belastung von Zinserträgen und Dividendeneinkünften auftreten.
Eine gleiche steuerliche Belastung wird zwar angestrebt, sie wird aber nur bei einem
persönlichen Steuersatz von ca. 40% erreicht.
− Ist der Kapitalgeber unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, so unterscheidet sich die
steuerliche Belastung von Fremdkapitalzinsen und Dividenden nur unwesentlich.
− Stellt ein beschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Eigenkapital zur Verfügung, dann
180
o werden Dividenden bei der zahlenden Gesellschaft (definitiv) mit 25% Körperschaft-
steuer vorbelastet. Auf die verbleibende Bar-Dividende erhebt der inländische Fiskus
eine Quellensteuer in Form der Kapitalertragsteuer gemäß § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG in
Höhe von 20%.
Eine Veranlagung des ausländischen Anteilseigners erfolgt nicht.
Die beschränkte Steuerpflicht des ausländischen Anteilseigners ist mit dem Abzug
der Kapitalertragsteuer abgegolten (§ 50 Abs. 5 Satz 1 EStG).
Beachte
Der Kapitalertragsteuersatz des § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG wird vielfach reduziert.
Er beträgt
15%, wenn der ausländische Anteilseigner aus einem DBA-Staat kommt (Art. 10
Abs. 2 Buchst. b OECD-MA),
181
5%, wenn der ausländische Anteilseigner aus einem DBA-Staat kommt und zu
mindestens 25% (bei einigen Staaten: 10%) beteiligt ist (Schachtelbeteiligung)
(Art. 10 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA),
0%, wenn der ausländische Anteilseigner aus einem EU-Staat kommt und zu
mindestens 25% beteiligt ist (Schachtelbeteiligung) (§ 43b Abs. 1, 2 EStG).
Zusätzlich werden Gewinnausschüttungen regelmäßig noch im Ansässigkeitsstaat des
Ausschüttungsempfängers besteuert. Die deutsche Kapitalertragsteuer ist dabei i.d.R.
auf die Steuer des Ansässigkeitsstaates anrechenbar.
182
− Stellt ein beschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Fremdkapital zur Verfügung, dann
o sind die von der Körperschaft gezahlten Zinsen abzugsfähige Betriebsausgaben der
Gesellschaft.
o wird gem. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA dem Wohnsitzstaat des ausländischen
Darlehensgebers das Besteuerungsrecht für die Zinseinkünfte zugewiesen.
Der inländische Fiskus ist zur Erhebung einer Quellensteuer von maximal 10%
berechtigt (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA), die von dem ausländischen Staat auf die
ausländische Steuerschuld anzurechnen ist.
183
− Stellt ein beschränkt Steuerpflichtiger einer Körperschaft Fremdkapital zur Verfügung, dann
o sind die von der Körperschaft gezahlten Zinsen abzugsfähige Betriebsausgaben der
Gesellschaft.
o wird gem. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA dem Wohnsitzstaat des ausländischen
Darlehensgebers das Besteuerungsrecht für die Zinseinkünfte zugewiesen.
Der inländische Fiskus ist zur Erhebung einer Quellensteuer von maximal 10%
berechtigt (Art. 11 Abs. 2 Satz 1 OECD-MA), die von dem ausländischen Staat auf die
ausländische Steuerschuld anzurechnen ist.
Mit vielen Staaten (z.B. USA, Großbritannien, Frankreich) ist ein ausschließliches
Besteuerungsrecht des ausländischen Staates vereinbart, d.h. eine Quellenbesteuerung
im Inland kommt nicht in Frage.
184
Vergleich beschränkte Steuerpflicht
− Ist der Kapitalgeber beschränkt steuerpflichtig, werden Eigenkapitalvergütungen durch die
definitive Körperschaftsteuer und die Kapitalertragsteuer belastet, während die Bereitstellung
von Fremdkapital in Deutschland keiner Besteuerung unterliegt.
− Auf Grund dieser Diskrepanz der steuerlichen Behandlung von Dividenden und Zinsen besteht
für ausländische Anteilseigner ein Anreiz, die inländische Kapitalgesellschaft neben einem
geringen Eigenkapitalbetrag im Wesentlichen durch die Zuführung von Fremdkapital zu
finanzieren.
− Der Gesetzgeber hat mit der Einfügung des § 8a KStG durch das StandOG vom 13.09.1993 die
Möglichkeit eingeschränkt, die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Bereitstellung von Fremdkapital
gegenüber der Bereitstellung von Eigenkapital auszunutzen.
185
− Die letzte Änderung erfuhr der § 8a KStG durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokoll-
erklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbau-
gesetz vom 22.12.2003.
− Durch dieses Änderung wurde der Anwendungsbereich des § 8a KStG auf Steuerinländer
ausgedehnt, um die vom EuGH festgestellte Verletzung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG-
Vertrag) zu beseitigen.
− Durch § 8a KStG werden Vergütungen, die für die Überlassung von Fremdkapital gezahlt
werden, unter bestimmten Voraussetzungen zu verdeckten Gewinnausschüttungen
umqualifiziert.
Voraussetzungen für die Umqualifizierung gem. § 8a KStG
− Die Vergütung wird von einer Kapitalgesellschaft geleistet.
186
Unbedeutend ist nunmehr, ob der Fremdkapitalempfänger eine unbeschränkt oder beschränkt
steuerpflichtige Kapitalgesellschaft ist. Erfasst werden daher auch inländische Betriebstätten
ausländischer Kapitalgesellschaften.
Gem. § 8a Abs. 5 KStG werden auch Darlehen an eine einer Kapitalgesellschaft
nachgeschalteten Personengesellschaft erfasst. In diesen Fällen gilt das Fremdkapital als der
Kapitalgesellschaft überlassen.
− Der Empfänger der Vergütung ist Anteilseigner der Gesellschaft, der zu irgendeinem Zeitpunkt
im Wirtschaftsjahr wesentlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (§ 8a Abs. 1 Satz 1 KStG).
Eine wesentliche Beteiligung liegt vor, wenn der Anteilseigner am Grund- bzw. Stammkapital
der Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (§ 8a Abs. 3 KStG).
187
Nicht notwendig ist nunmehr, dass der Anteilseigner eine beschränkt steuerpflichtige Person ist,
bei der die Steuerpflicht nach § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG mit dem Abzug der Kapitalertragsteuer
als abgegolten gilt. Somit werden auch Finanzierungen mit inländischen Anteilseignern erfasst.
Die Rechtsfolgen des § 8a Abs. 1 KStG treten gem. § 8a Abs. 1 Satz 2 KStG auch dann ein,
wenn die Kapitalgesellschaft das Fremdkapital
o von einer dem Anteilseigner nahestehenden Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG oder
o von einem fremden Dritten, der auf den Anteilseigner oder die nahestehende Person
zurückgreifen kann,
erhalten hat.
Als nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG gelten Personen,
188
o an denen der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar wesentlich, d.h. zu mindestens
25%, beteiligt ist oder
o auf die der Steuerpflichtige mittelbar oder unmittelbar einen beherrschenden Einfluss
ausüben kann.
Ein fremder Dritter – z.B. eine Bank als externer Darlehensgeber – besitzt bspw. durch
bestehende Sicherungsmittel in Form von Bürgschaften oder Verpfändungen eine
Rückgriffsmöglichkeit auf den Anteilseigner oder auf eine dem Anteilseigner nahestehende
Person. Von § 8a KStG wird insbesondere die sog. Back-to-back-Finanzierung erfasst, d.h. die
in der Praxis übliche Konstellation, dass eine Bank einer Kapitalgesellschaft ein Darlehen
gewährt und der wesentlich beteiligte Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft seinerseits
gegen die Bank eine Forderung (z.B. Festgeldkonto) hat, auf die die Bank zur Besicherung des
Darlehens zurückgreifen kann (z.B. Bürgschaft).
- Das überlassene Kapital wird nicht nur kurzfristig zur Verfügung gestellt.
189
Eine gesetzliche Definition von kurzfristig existiert nicht. Die Finanzverwaltung geht von einer
kurzfristigen Kapitalüberlassung i.d.R. aus, wenn die Laufzeit 6 Monate nicht überschreitet (vgl.
BMF-Schreiben betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG) vom 15.12.1994, Rz. 47).
− Die Freigrenze von 250.000 € wird überschritten.
Bei Vergütungen bis 250.000 € (z.B. Darlehen 5.000.000 € bei Zinssatz 5%) erfolgt in jedem Fall
keine Umqualifizierung der Fremdkapitalzinsen in eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8a
Abs. 1 Satz 1 KStG).
− Die vereinbarte Vergütung wird entweder
o nicht als Bruchteil des Fremdkapitals bemessen (z.B. eine gewinn- oder
umsatzabhängige Vergütung, wie stille Gesellschaft oder partiarische Darlehen) oder
190
o als Bruchteil des Fremdkapitals bemessen und das Fremdkapital übersteigt das
Eineinhalbfache des Eigenkapitals
nicht als Bruchteil des Fremdkapitals bemessene Vergütung
− Diese Vergütungen werden stets in eine verdeckte Gewinnausschüttung umqualifiziert.
Beispiel:
Die niederländische Astor Netherlands Naamloze Venootschap (Aktiengesellschaft) stellt der
deutschen Astor GmbH ein partiarisches Darlehen in Höhe von 10.000.000 € zur Verfügung. Am
Stammkapital der Astor GmbH in Höhe von 4.000.000 € ist die Astor Netherlands Naamloze
Venootschap zu 30% beteiligt. Als Fremdkapitalvergütung ist ein Betrag von 20% des Gewinns
vereinbart. Der Gewinn in 01 beträgt 2.500.000 €.
Gemäß Art. 6 DBA Niederlande hat die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen
191
nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen.
Nach dem deutschen Steuerrecht liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung gem. § 8a Abs. 1 Nr. 1
KStG in Höhe der gesamten Fremdkapitalvergütung von (20% von 2.500.000 =) 500.000 € vor.
als Bruchteil des Fremdkapitals bemessene Vergütung
− Eine Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung ist vorzunehmen, soweit das
Fremdkapital das Eineinhalbfache des anteiligen Eigenkapitals übersteigt, d.h. der „safe haven“
beträgt 1,5:1 (EK:FK-Verhältnis, § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 KStG).
− Das anteilige Eigenkapital ist gemäß § 8a Abs. 2 KStG der Teil des Eigenkapitals der Gesellschaft am Ende des letzten Wirtschaftsjahres, der dem Anteil des Anteilseigners am Nennkapital entspricht.
192
− Das Eigenkapital umfasst gemäß § 8a Abs. 2 Satz 2 KStG die folgenden Positionen:
gezeichnetes Kapital ./. ausstehende Einlagen ./. Buchwerte der Beteiligungen am Grund- und Stammkapital einer
Kapitalgesellschaft + Kapitalrücklagen + Gewinnrücklagen + Gewinnvortrag ./. Verlustvortrag + Jahresüberschuss ./. Jahresfehlbetrag + 50% der Sonderposten mit Rücklageanteil = Eigenkapital i.S.d. § 8a KStG
Bei Beteiligungen an Personengesellschaften treten an die Stelle des handelsbilanziellen
Beteiligungsbuchwertes die anteiligen (handelsbilanziellen) Buchwerte der
Vermögensgegenstände der Personengesellschaften. Sonder- und Ergänzungsbilanzen bleiben
unberücksichtigt (vgl. BMF-Schreiben betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§8a KStG) vom
15. 07.2004, Rz. 32).
193
Beispiel:
Die französische Truau Société Anonyme (AG) stellt der Truau Germany AG Fremdkapital in Höhe
von 4.000.000 € zur Verfügung. Die Truau Société Anonyme ist 30 % am Grundkapital der Truau
Germany AG beteiligt. Das anteilige Eigenkapital gem. § 8a Abs. 2 KStG beträgt 1.200.000 €. Als
Fremdkapitalvergütung wird ein Zins von 8% des bereitgestellten Fremdkapitals vereinbart.
Gem. Art. 5 DBA Frankreich erfolgt eine Zuordnung der Gewinne verbundener Unternehmen auf
die beteiligten Staaten nach dem Fremdvergleichsgrundsatz.
Nach dem deutschen Steuerrecht wird der Sachverhalt wie folgt beurteilt: Das Fremdkapital
übersteigt das Eineinhalbfache des Eigenkapitalanteils (1,5 · 1.200.000 = 1.800.000 €) um
2.200.000 €. Daher sind die Fremdkapitalzinsen in Höhe von (2.200.000 · 8% =) 176.000 € als
verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.
194
Rechtsfolgen
− Liegen die genannten Voraussetzungen vor, sind die Fremdkapitalvergütungen, für die kein safe
haven besteht bzw. die den safe haven übersteigen, auch verdeckte Gewinnausschüttungen
(§ 8a Abs. 1 Satz 1 KStG).
− Folglich findet eine gesetzliche Umqualifizierung in verdeckte Gewinnausschüttungen mit allen
Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG statt:
o Der umqualifizierte Teil der Vergütung erhöht das zu versteuernde Einkommen der
Gesellschaft.
o Die Umqualifizierung beschränkt sich jedoch auf die Vergütungen. Das zur Verfügung
gestellte Fremdkapital wird trotz Umqualifizierung der Vergütungen steuerlich als
Fremdkapital und nicht als Eigenkapital behandelt.
195
Ausnahme der Umqualifizierung bei als Bruchteil des Fremdkapitals bemessene Vergütung
− Eine Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung ist nicht vorzunehmen, wenn die
Kapitalgesellschaft nachweist, dass sie das Fremdkapital zu gleichen Bedingungen auch von
einem fremden Dritten (z.B. einer Bank) erhalten hätte (§ 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 KStG).
− Die Vorschrift des § 9 Nr.10 GewStG ist im Zuge der Neugestaltung der § 8a KStG entfallen.
Die aus der Umqualifizierung von Fremdkapitalzinsen resultierenden Gewinne erhöhen
nunmehr auch den Gewerbeertrag.
− Nach Ansicht der Finanzverwaltung haben die allgemeinen Grundsätze der verdeckten
Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG Vorrang vor § 8a KStG (vgl. BMF-Schreiben
betr. Gesellschafter-Fremdfinanzierung (§ 8a KStG) vom 15. Dezember 1994, Rz. 3).
196
− Erhält ein Gesellschafter für das überlassene Kapital eine zu hohe Vergütung, so ist der Teil der
Vergütung, der die angemessene Vergütung übersteigt, nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als
verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.
− Anschließend kann zusätzlich für den Teil der angemessenen Vergütung eine Umqualifizierung
nach § 8a KStG erfolgen.
Beispiel:
Die Rießen Germany GmbH erhält von ihrem polnischen Alleingesellschafter Egon Rießen spólka
z ograniczona odpowiedzialnoscia (GmbH) ein Darlehen in Höhe von 5.000.000 € zu einem
Zinssatz von 15%. Das gem. § 8a KStG zulässige Fremdkapital („safe haven“) beträgt
3.000.000 €. Als angemessener Zinssatz ist 10% anzusehen.
197
Die Gewinnabgrenzung hat nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen (Art. 9 DBA Polen).
− Als verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gelten die überhöhten
Zinsen in Höhe von ([15% – 10%] · 5.000.000 =) 250.000 €. Für die übermäßige
Fremdkapitalfinanzierung von 2.000.000 € gelten zusätzlich gem. § 8a KStG die angemessenen
Zinsen von 10 % · 2.000.000 € als verdeckte Gewinnausschüttung.
− Die Unterscheidung zwischen verdeckter Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 und
§ 8a KStG war nach alter Rechtslage insbesondere gewerbesteuerlich von Bedeutung:
o die verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8a KStG wurde gemäß § 9 Nr. 10
GewStG vom gewerbesteuerpflichtigen Ertrag wieder subtrahiert und war daher nicht
(bzw. bei Qualifizierung als Dauerschuld im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG nur zur Hälfte)
gewerbesteuerpflichtig,
198
o durch den Wegfall des § 9 Nr. 10 GewStG ist nun sowohl die vGA nach
§ 8 Abs. 3 Satz 2 wie auch die nach § 8a KStG voll gewerbesteuerpflichtig.
2.4.4 Verdeckte Einlage i.S.d. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG
− Der Begriff der verdeckten Einlage wurde von der Rechtsprechung entwickelt.
− Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn der Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft einen
Vermögensvorteil gewährt und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat
(vgl. z.B. BFH-Urteil v. 09.03.1983, BStBl. 1983 II, S. 744).
199
− § 4 Abs. 1 EStG (der über § 8 Abs. 1 KStG auch für Körperschaften gilt) legt fest, dass bei dem
zur Gewinnermittlung durchzuführenden Vermögensvergleich der Wert der Einlagen abzuziehen
ist.
− Daher werden nur bilanzierungsfähige Vermögensvorteile von der verdeckten Einlage erfasst.
− Eine verdeckte Einlage liegt vor, wenn
o der Vorteil für eine Tochtergesellschaft im Erhalt eines unangemessen niedrig bezahlten
Wirtschaftsguts liegt oder
o eine Tochtergesellschaft ein Wirtschaftsgut an die Muttergesellschaft zu überhöhten
Preisen veräußert.
− Als Einlage kommen dabei nur solche Wirtschaftsgüter in Betracht, die Bestandteil des
Vermögensvergleichs sind (vgl. BFH-Urteil v. 26.10.1987, BStBl 1988 II, S. 348).
200
− Keine verdeckten Einlagen können hingegen Nutzungsüberlassungen sein, da sie zu keiner
Vermögensmehrung im Überlassungszeitpunkt führen.
bilanzierungsfähiger Vermögensvorteil
− Der zur Vorlage einer verdeckten Einlage notwendige bilanzierungsfähige Vermögensvorteil
kann in einer Vermehrung der Aktiva oder einer Verminderung von Schulden oder
Rückstellungen bestehen.
− Dadurch wird deutlich, dass die Überlassung eines Wirtschaftsgutes zur Nutzung ohne oder
gegen zu geringes Entgelt sowie die zinslose oder zinsverbilligte Überlassung eines Darlehens
an eine Tochtergesellschaft nicht als verdeckte Einlage in Frage kommen.
201
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis
− Die zweite Voraussetzung der verdeckten Einlage ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter bei
der Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögens-
vorteil nicht eingeräumt hätte (BFH-Urteil v. 16.04.1991, BStBl 1992 II, S. 23).
− Somit wird von der Rechtsprechung – wie auch bei der verdeckten Gewinnausschüttung – als
Beurteilungskriterium der Fremdvergleich herangezogen.
Beispiel:
Die deutsche Tochter Sörenson engineering Germany GmbH erhält von ihrer dänischen Mutter
Sörenson engineering Aktieselkab (Aktiengesellschaft) unentgeltlich eine Walzmaschine im Wert
von 100.000 €.
Gem. Art. 9 DBA Dänemark hat die Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen
nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen.
202
Die Sörenson engineering Aktieselkab wendet der Sörenson engineering Germany GmbH einen
einlagefähigen Vermögensvorteil zu. Diese Zuwendung ist durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasst, da ein Nichtgesellschafter der Sörenson engineering Germany GmbH bei Anwendung
der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einen solchen Vorteil nicht eingeräumt hätte. Somit
liegt eine verdeckte Einlage in die Sörenson engineering Germany GmbH vor.
Die Sörenson engineering Germany GmbH hat die Walzmaschinen mit ihrem (Teil-)Wert von
100.000 € zu aktivieren (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG). Der Bilanzgewinn
erhöht sich somit um 100.000 €. Gleichzeitig ist die verdeckte Einlage von dem Ergebnis des
Betriebsvermögensvergleiches außerbilanziell abzuziehen (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1
Satz 1 EStG), so dass sich der Gewinn der Sörenson engineering Germany GmbH durch die
verdeckte Einlage nicht verändert.
203
2.4.5 Berichtigung von Einkünften bei internationalen Verflechtungen i.S.d. § 1 AStG
− Im Gegensatz zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage ist § 1 AStG
ausschließlich im internationalen Kontext anwendbar, da nach § 1 Abs. 1 AStG
Geschäftsbeziehungen zum Ausland zugrunde liegen müssen.
− Zu erhöhen sind gemäß § 1 Abs. 1 AStG die Einkünfte, die dadurch gemindert wurden, dass die
vereinbarten Bedingungen für die Geschäftsbeziehungen zwischen dem inländischen
Steuerpflichtigen und der nahe stehenden ausländischen Person von denen abweichen, die
fremde Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten.
− Der Fremdvergleich ist damit für diese Rechtsnorm als Maßstab gesetzlich normiert.
204
− Die Anwendung des § 1 AStG ist an die Erfüllung folgender Voraussetzungen geknüpft:
Nahe stehende Person
− Dem Steuerpflichtigen ist eine Person nahe stehend, wenn
o zwischen der Person und dem Steuerpflichtigen eine mittelbare oder unmittelbare
Beteiligung von mindestens 25% besteht (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG),
o zwischen der Person und dem Steuerpflichtigen mittelbar oder unmittelbar ein
beherrschender Einfluss besteht (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG),
o eine dritte Person sowohl an der Person als auch an dem Steuerpflichtigen zu
mindestens 25% beteiligt ist oder auf beide mittelbar oder unmittelbar einen
beherrschenden Einfluss ausüben kann (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 AStG),
205
o die Person oder der Steuerpflichtige einen Einfluss auf die Bedingungen der
Geschäftsbeziehung nehmen kann, der außerhalb dieser Geschäftsbeziehung
begründet ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG) oder
o die Person oder der Steuerpflichtige ein eigenes Interesse an der Erzielung der
Einkünfte des anderen hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG).
Geschäftsbeziehung
− Es werden nur Einkünfte berichtigt die auf eine Geschäftsbeziehung zurückzuführen sind.
− Eine Geschäftsbeziehung liegt nach § 1 Abs. 4 AStG stets dann vor, wenn die schuldrechtliche
Beziehung keine gesellschaftsvertragsrechtliche Vereinbarung ist und auf die zugrunde
liegenden Tätigkeiten die Bestimmungen der §§ 13, 15, 18 und 21 EStG anzuwenden sind oder
wären, falls die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.
206
− Erfasst werden somit Rechtsgeschäfte jeder Art, wie der Erwerb oder die Veräußerung von
Wirtschaftsgütern, die Dienstleistungserbringung, die Darlehenshingabe und die Nutzungsüber-
lassung von Wirtschaftsgütern.
− Nicht erfasst wird hingegen die Bereitstellung von Nominalkapital, da sie auf eine
gesellschaftsvertragsrechtliche Vereinbarung beruht.
Einkunftsminderung
− Berichtigt werden nur durch vereinbarte Geschäftsbedingungen geminderte Einkünfte.
− Eine Gewinnkorrektur kann demnach nur zu Lasten des Steuerpflichtigen erfolgen.
− Aus der ausschließlich einkunftserhöhenden Wirkung des § 1 AStG wird die einseitige
fiskalische Motivation deutlich, eine Verlagerung von Einkünften ins Ausland zu verhindern.
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unmittelbare Minderung mittelbare Minderung
· verringerte Einnahmen · Verzicht auf
· erhöhte Ausgaben Einnahmeerzielung
Arten der Minderung
Auslandsbeziehung
− Die Geschäftsbeziehung, aus der die Minderung resultiert, muss zum Ausland bestehen.
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− Inländische Geschäftsbeziehungen und Geschäftsbeziehungen im Ausland fallen nicht unter
den Anwendungsbereich des § 1 AStG.
− Liegen alle Voraussetzungen vor, sind gemäß § 1 Abs. 1 AStG die Einkünfte so anzusetzen, wie
sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären.
„dealing at arm´s length”-Prinzip
Beachte:
− Die Korrekturvorschriften der §§ 8 Abs. 3, 8a KStG gehen in der Anwendung § 1 AStG vor.
Fazit:
− § 1 AStG erlaubt insbesondere Korrekturen im Verhältnis einer inländischen Mutter zu einer
209
ausländischen Tochter, die auf eine Einkommenserhöhung bei der inländischen Mutter
hinauslaufen.
Beispiel:
Die deutsche TIMU AG gewährt ihrer französischen Tochter TIMU Société à Responsabilité
Limitée (GmbH) die Nutzung eines Herstellungsverfahrens, das mit hohen Kosten entwickelt
wurde, zu einer unangemessen geringen Lizenzgebühr.
Als Korrekturvorschrift kommt weder § 8 Abs. 3 noch § 8a KStG in Betracht, da es sich nicht um
verdeckte Gewinnausschüttungen handelt. Da allerdings die Voraussetzungen des § 1 AStG erfüllt
sind, kann die Einkommenserhöhung der deutschen Gesellschaft vorgenommen werden.
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2.4.6 Nicht erfasste Korrekturrichtung
− Es existiert keine deutsche Korrekturnorm für den Fall, dass eine ausländische Mutter ihrer
deutschen Tochter einen Vorteil gewährt, der nicht in der Einlage eines einlagefähigen
Wirtschaftsgutes besteht (Nutzungseinlage):
o § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte Einlage) erfasst nur
einlagefähige Wirtschafsgüter.
o § 8 Abs. 3 KStG (verdeckte Gewinnausschüttung) ist nicht gegeben, da die Tochter kein
Anteilseigner der Mutter ist (sondern umgekehrt) und die Mutter an die Tochter somit
keinen Gewinn ausschütten kann.
o § 1 AStG sieht nur eine Gewinnerhöhung vor.
211
Beispiel:
Die US-amerikanische Sam medical care Corporation (AG) überlässt ihrer deutschen Tochter Sam
medical care Germany GmbH das Nutzungsrecht eines von ihr erworbenen Patentes, ohne dafür
eine angemessene Lizenzgebühr zu fordern.
Nach Art. 7 Abs. 1 DBA-USA darf ausschließlich Deutschland den Gewinn der Sam medical care
Germany GmbH besteuern. Allerdings ist die Gewinnabgrenzung für verbundene Unternehmen
nach Art. 9 DBA-USA zu beachten.
Da die unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Patentes kein bilanzierungsfähiger
Vermögensgegenstand im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG ist, darf das Einkommen der Sam medical
care Germany GmbH nicht nach § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG (verdeckte
Einlage) gemindert werden. Der Vorteil der Nutzung des Patentes ist allein dem Einkommen der
Tochter zuzurechnen. Es droht nach Einkommenskorrektur durch die US-amerikanischen
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Finanzbehörden eine Doppelbesteuerung.
− Die deutsche Finanzverwaltung räumt allerdings die Möglichkeit ein, dass aufgrund eines
Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens die in Deutschland versteuerten Einkünfte auch
dann herabzusetzen sind, um die Einkünfte in beiden Staaten übereinstimmend abzugrenzen,
wenn eine doppelte Besteuerung nicht auf andere Weise ausgeschlossen werden kann (vgl.
Schreiben vom 23.02.1983 betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei
internationalen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze), Tz. 1.2.3).
− Eine Verringerung der Gewinne ist somit auch ohne eine entsprechende deutsche Norm
möglich, wenn dies das Resultat eines Verständigungs- oder Konsultationsverfahrens war.
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