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„Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg“ Interviewtranskription zum gleichnamigen Forschungspraktikum 15698 PjS.: Forschungspraktikum II am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin unter Leitung von Bernhard Glaeser, Torsten Reinsch, Manfred Schulz 2001 Erstellt von Torsten Reinsch Unterstützt durch das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) im Rahmen des Wervertrages „Transkription und Auswertung von Interviewdaten zum Thema „Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal““ 5 10 15 20 25

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„Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg“

Interviewtranskription zum gleichnamigen Forschungspraktikum

15698 PjS.: Forschungspraktikum II

am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin

unter Leitung von Bernhard Glaeser, Torsten Reinsch, Manfred Schulz

2001

Erstellt von Torsten Reinsch

Unterstützt durch das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) im Rahmen des Wervertrages

„Transkription und Auswertung von Interviewdaten zum Thema „Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal““

im Auftrag von Bernhard Glaeser

Stand 28.1.2009

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Inhaltsverzeichnis

1. INTERVIEW HARTWIG WOHLEBEN, OBERFÖRSTER A.D., VOM 28.6.2000 IN GARZ, CA. 130 MIN.............2

2. Interview Herr Tischbierek, vom 28.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min......................................................19

3. Interview Pfarrer Ehrlich, vom 28.6.2000 in Criewen, ca. 95 Min...........................................................31

4. Interview Ralf Bardicke, Berufsfischer, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 45 Min.....................................47

5. Interview Michael Nadje, Bürgermeister von Criewen, vom 27.6.2000, ca. 50 Min...............................55

6. Interview Frau Ebert, Geschäftsführerin der Villa Siebenpunkt, vom 29.6.2000 in Criewen, ca. 75 Min.................................................................................................................................................................62

7. Interview Hans Peter Wilde, Versicherungsmakler, vom 29. Juni 2000 in Criewen, ca. 45 Min..........78

8. Interview Ursula Birlem, SPD-Stadtverordnete, vom 30.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min....................90

9. Gruppen-Interview mit Mitgliedern der Akademie für Berufsförderung und Umschulung Berlin e.V. (ABU), vom 29.6.2000 in Schwedt, ca. 130 Min.......................................................................................102

10. Interview Herrn Lück, vom 27.06.2000 in Criewen, ca. 35 Min.............................................................125

11. Interview Andrea Wolsky, vom 29. Juni 2000, in Criewen, im Bürgermeisteramt, ca. 75 Min..........132

12. Interview Karin Fähling, Vorsitzende der Interessensgemeinschaft der Landeigentümer, vom 26.6.2000 in Schwedt, ca. 75 Min...............................................................................................................143

13. Interview der Sekretärin von Herrn Wilde, vom 28.6.2000 in Bergholz-Mayenburg, ca. 35 Min......155

14. Interview Herr Zahn, „Oberfischer“, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 75 Min......................................161

15. Interview Thomas Berg, 1. Vorsitzenden des „Vereins der Freunde des Deutsch-Polnischen Europa-Nationalparks Unteres Odertal e.V.“, vom 30.6.00 in Lunow, ca. 50min.............................................176

16. Diskussion zum Thema: Trägerwechsel“ im Nationalpark Unteres Odertal vom 8.6.2001, Schwedt184

17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr............................................................203

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Bei den transkribierten Interviews handelt es sich um eine Auswahl von Interviews, die im Rahmen des Forschungspraktikums „Modernisieurng durch Naturschutz? Das Untere Odertal?“ am Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin unter Leitung von Bernhard Glaeser, Torsten Reinsch und Manfred Schulz im Juni 2000 im Unteren Odertal zusammen mit den Studierenden geführt worden sind. Diese Transkripte werden Teil der Lehre und weiterer wissenschaftlicher Auswertung.

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Interview Hartwig Wohleben, Oberförster a.D., vom 28.6.2000 in Garz, ca. 130 Min.

1. Interview Hartwig Wohleben, Oberförster a.D., vom 28.6.2000 in Garz, ca. 130 Min.

Interviewer: Bernhard Glaeser, Torsten ReinschStand: 2.11.2000Band: 52, 53

Transkriptionszeichen:HW: Hartwig WohlebenTR: Torsten ReinschBG: Bernhard Glaeser(??): nicht verstanden..: kurze Pause...: lange Pause (...): Auslassung|: wird kurz lauter||: wird kurz sehr laut/: wird leiser//: wird sehr leise

Interviewatmosphäre:

Das Interview wurde Tags zuvor vereinbart. Es fand am Nachmittag in des Oberförsters a.D. privatem Haus statt. Bereits beim Eintreten entwickelte sich mit Herrn und Frau Wohleben ein freundliches Gespräch über den Garten und die offensichtlichen Baumaßnahmen im Eingangsbereich des Hauses. Wir wurden in das Wohnzimmer gebeten und Frau Wohlleben brachte uns Kaffee, nahm jedoch selbst nicht am Gespräch teil.

Das Gespräch war entspannt, durchgehend freundlich und angenehm.

Transkriptionsbeginn:

TR: Das wäre jetzt meine nächste Frage, da können Sie gleich weiter machen, also wenn Sie etwas über sich ... wenn Sie sich kurz vorstellen würden, ein paar Worte über sich erzählen

HW: das muß auch sein?

TR: das wäre, äh, ja, nein muß nicht sein, sie müssen gar nichts...

HW: wir können es ja auch ganz kurz machen

HW: geht es schon los?

TR: Ja, es geht schon los..

HW: Also, meinen Namen wissen Sie, Hartwig Wohleben. Der Name Hartwig sagt schon was aus über das Alter Geburtsjahr 34, Hartwig war da ein schöner Name, ein passender Name (...), bin voriges Jahr mit 65 in Rente gegangen, hatte das Glück gehabt, nie arbeitslos zu sein, das ist auch was...

BG: das muß man Heute betonen

HW: ja, ich hab, war im Gymnasium in Ilmenau und da mein Vater erst 49 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkam und wir sieben Kinder waren äh, und wir Schulgeld dann bezahlen sollten, mußte ich runter vom Gymnasium vor dem Abitur, hab die mittlere Reife Gemacht und wollte dann über die Forstfachschule Revierförster machen. Ich hatte zwei Optionen, Pilot zu werden oder Förster und hab mich dann nach dem Krieg blieb ja nicht, blieb ja, war ja Pilot keine Möglichkeit, also Förster, so und da bin ich in die Lehre gegangen in die Forstfacharbeiterlehre, es war gerade der Zeitpunkt, wo es die Forstlehre nicht mehr gab, auch die die Förster werden wollten mußten erst Forstfacharbeiter werden und wollte dann auf Fachschule, aber da hätte ich auf eine Warteliste kommen müssen und da habe ich mich entschlossen, weil Angebot da war zur ABF, wissen Sie was das ist? Die Arbeiter und Bauernfakultät, das war der zweite Bildungsweg zum Studium in drei Jahren dort das Abitur zu machen; ich hab es in zwei Jahren gemacht; ich kam nach dem ersten Jahr in eine Gruppe, die die restlichen zwei Jahre in einem Jahr gemacht hat und bin dann zum Studium nach Tarant gegangen, an die Fakultät der Technischen Hochschule damals, und habe Forstwirtschaft studiert und nach fünf Semestern war ich damit fertig

BG: das ging aber schnell

HW: ja, eigentlich waren nur vier

BG: oh.

HW: ich hab den technischen Zweig, der ganz neu war und war auch einmalig, ist dann nicht wiederholt worden. Ich hab dann noch Brückenbauer studiert, technische Mechanik und so ein Kram, und daher mußte ich ein Semester länger machen. Und das hat mir außer einen anderen Blickwinkel nicht viel gebracht, dieses Zusatzstudium , war dann ... oh wie lange, ..etwas über ein Jahr bei der Grenzpolizei in, an der Tschechischen Grenze, und dann kam ich wieder nach Hause, und hab nach einem halben Jahr Betriebsassistentenzeit, die Oberförsterei Groß Breitenbach übernommen im Thüringer Wald, und eh ich da heimisch werden konnte hat der.. ach so hab inzwischen geheiratet in Tarant... hab ne Frau geholt...und eh wir heimisch geworden sind wurde mir ein Angebot unterbreitet hier hochzugehen nach Garz, mußte ich erst auf der Karte suchen wo das ist, unmöglich da hinzugehen, und, aber da wurde nicht lange gefackelt, da wurde auch ein bisschen Druck ausgeübt. Wenn ich mich gewehrt hätte, hätte ich nicht gehen brauchen, aber es war auch ganz interessant mal eine andere Ecke zu sehen. Da bin ich hier her gekommen. Hier wurde der Betrieb

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Schorfheide mit Sitz Joachimsthal aufgelöst, oder war schon aufgelöst und hier waren eben entsprechend Stellen frei die dringend besetzt werden mußten und da kam ich hier her und hab die Oberförsterei Garz übernommen, die erst 1958 gegründet worden ist, die habe ich im Herbst 1962 übernommen und hatte das Glück und war auch ein bisschen Ausdauer dabei und ich hab mich nicht hier wegwerben lassen wieder, dass ich bis zu meiner Berentung hier als Oberförster gearbeitet hab. Ich kann mich also nicht rausreden, wenn der Waldzustand nicht in Ordnung ist...

TR: da haben sie was mit zu tun ...

HW: das ist mein Werk...(lacht)...und ich glaube, ich habe nicht viel falsch gemacht, // sehen wir mal davon ab, dass äh, bloß da gab es kein Ausweg, wir haben viel zu viel mit der Kiefer gearbeitet, ja. | Das war aber preußische Tradition , und äh..

BG: ja, ja

HW: das war auch am einfachsten und am sichersten. Also man hätte waldbaulich, und das habe ich dann wie es zum Ende meiner Dienstzeit ging, schon zu DDR-Zeiten noch, versucht zu ändern, die Kurve zu kriegen, zum, im mehr Laubholz anzubauen und so weiter, und nach der Wende ist das ja sehr gefördert worden, und da lagen wir schon richtig auf dem Kurs hier, und es ist ach zu sehen, was da gemacht worden ist, aber eben auch die gute fachliche Arbeit – ich will mich nicht loben, ich hab’s ja nicht alleine gemacht – führt doch dazu, dass eben die Wälder gefährdet sind von Naturschützern mit Beschlag belegt zu werden.

BG: ja, ja,

HW: Wenn der Wald nicht in Ordnung wäre, wenn er nicht sehenswert wäre, wäre Naturschutz egal.

BG: Wurde eigentlich hier auch viel Duglasie angepflanzt? Das war ein Problem im Westen.

HW: Viel nicht. Ich war im Schwarzwald, da sind ja ganze Berghänge mit Duglasien bepflanzt, das hier nicht, obwohl der Betrieb und das Amt Eberswalde, zu dem ich seit 1963 gehöre, viel im Ausländerandbau experimentiert hat. Aber das ist Tradition und hat sich aber vor allem auf die Lehroberförstereien Eberswalde und Freienwalde konzentriert, wir haben es aus freien Stücken gemacht hier immer mal was anderes mit rein, reingebracht, aber wir haben den Standort hier nicht in großer Fläche wie Duglasien und so weiter, // anbauwürdig ist .. // die guten Standorte sind hier landwirtschaftlich belegt die Lehmstandorte auf der Lehmplatte auf der Grundmoräne .. weil dies hier an Steilhängen und so weiter, Grundmoräne an den Abfallhängen oder auf Talsanden und so weiter, wo man es auch pflanzen kann die Duglasie, aber wo sie nicht diese riesen Leistung bringt. Nö, wir haben auch mit der Küstentanne experimentiert und so weiter, die ist sehr gut hier, wenn das Grundwasser

kommt, dann zieht sie auch große Erträge aber auch davon kommen wir ab, die Baumart hier ist die Eiche, wenn sie auch krank ist, die Eich muß her ...Gut, also das war es kurz und bündig, Die Oberförsterei hatte 6.000 ha wir hatten die 6.000 ha vollständig in Bewirtschaftung über Bewirtschaftungsverträge, Nutzungsverträge mit den Privateigentümern, bis auf ein Paar, Friedrichstal und so, die haben ihren Wald selber bewirtschaftet , das waren aber keine großen Flächen, jetzt sind übriggeblieben zur Bewirtschaftung von der Oberförsterei 1.800 ha Preußenwald, der Rest des Preußenwaldes

BG: Was ist Preußenwald?

HW: ... äh, das ist der ehemalige preußische Staatswald

BG: ach so

HW: wir bewirtschaften den schon die ganze Zeit seit der Wende als Brandenburgischen Landeswald, stand aber vor zwei Jahren komischer weise wieder zu Debatte, weil das Land es noch nicht übernommen hatte, sondern war noch in Treuhandeigentum; nun hat es das Land übernommen, will ihn aber offensichtlich gar nicht; will nun die Wartezeit überbrücken, bis er verkauft werden kann und will dann verkaufen, neija,

BG: An Privatpächter oder so was?

HW: Nein, an .. ja, es gibt wohlhabende, die sich ein großes Stück Wald kaufen nur der Jagd wegen, also so solls nicht sein und so sollte es auch von der Treuhand aus nicht sein und es ist doch gemacht worden. Das tut dem Wald nicht gut.

BG: ne, gar nicht

HW: überhauptnicht. Gut dann trinke ich einen Schluck Kaffee

TR: Gut, dann kann ich auch gleich zur nächsten Frage übergehen, wenn sie die letzten zehn Jahre anschauen, was hat sich aus ihrer Sicht hier in der Region am, am ja am deutlichsten verändert.

HW: in der Region?

TR: so wie sie

BG: nehmen sie erst mal ein Schluck Kaffee

TR: vielleicht auch dann gleich mit Bezug zum Nationalpark, also das kann man, das wäre dann sozusagen die nächste Frage dazu.

HW: ja, es hat sich viel verändert und auch wenig. Wir waren zu DDR-Zeiten hier so die hinterste Ecke kurz vor Polen und sind es jetzt noch genauso. Ich hab das immer als schön empfunden. Der Förster will seine Ruhe haben, der will in Ruhe arbeiten können, deswegen viel uns dann auch schwer, als es um darum ging, Nationalpark oder nicht und so weiter öffentlich zu werden. Das fällt einem Förster schwer, da muß er sich überwinden,

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Interview Hartwig Wohleben, Oberförster a.D., vom 28.6.2000 in Garz, ca. 130 Min.

Podiumsdiskussionen mitzumachen und so weiter, das war nicht unser Ding, da waren wir als DDR-Bürger auch gar nicht darauf eingerichtet. Aber wir haben das so gelernt, das selbst gelernte Wessis dann erstaunt waren,

BG: wie professionell

HW: wie wir das plötzlich auch konnten. Und diese Wessis standen auf der Gegenseite, die waren ganz erstaunt, dass wir uns wehren können. Aber eins haben wir verpaßt, wir hatten noch nicht verstanden, dass man als Einzelperson überhaupt nichts bewirken kann, sondern es muß zumindest ein Verein her und das haben wir zu spät erkannt gehabt. Wir haben als Einzelpersonen gekämpft und, das war nicht so recht wirksam. Man kommt ja auch nicht an alles rann, man wird nicht eingeladen, man muß sich aufdrängen, das bewirkt schon Gegenreaktionen und so weiter, neija gut, jetzt wissen wir das auch. ... So, nun aber die Frage? Was sich verändert hat.

TR: genau, auch z.B. in wirtschaftlicher Hinsicht, wäre so ein Aspekt, der uns natürlich interessieren würde

HW: also interessant ist, dass die Beschäftigtenzahlen hier, vor allem in der Landwirtschaft auch in der Forstwirtschaft stark zurück gegangen ist, also wir hatten hier in der Oberförsterei in guten Zeiten 60 bis 70 Beschäftigte, wir hatten hier unten da im alten Sägewerk unseren Technikstützpunkt. Wir hatten jede Menge Traktoren und ne eigene Werkstatt gehabt, die mußte man haben, weil es keine privaten Werkstätten gab wo man hingehen konnte, und unsere Technik war sehr reparationsbedürftig, reparierbedürftig und also wir waren hier ein Wirtschaftsfaktor in Garz... die Oberförsterei. Jetzt sind wir, jetzt sind wir, jetzt | existieren | wir gar nicht mehr Das ist ja übernommen worden bei meinem Ausscheiden von der Oberförsterei Schwedt mit. Ja, das merkt nun überhaupt keiner mehr, also das die Oberförsterei leer steht. Also die 60 Mann, die, die haben in der Luft gehangen.

TR: ja

HW: Das ging nicht mit einemmal

TR: ja

HW: aber neun Beschäftigte sind jetzt noch, .. die müssen jetzt noch reduzieren die können nicht alle bleiben. | Und |ebenso ist es in der Landwirtschaft. Hier gab es große Landwirtschaftsbetriebe die diese Flächen hier bewirtschaftet haben; jetzt ist kein ha unbewirtschaftet aber .. he hä, die paar Mann die da noch Lohn und Brot haben, ja das ist auffallend, dass es auch so geht.

(Lachen)

HW: Ob obwohl die Viehbestände die hier sehr hoch waren, jetzt sehr, sehr niedrig sind

TR: ja

BG: ja, ja, ja

HW: ne, äh, die leeren Stallanlagen stehen ja überall, äh, herum und und verschandeln die Dörfer. Aber eben, es geht auch mit mit viel viel weniger / Arbeitskräften / (...) das was hier schlimm ist, ist die ... hohe Arbeitslosigkeit, die Perspektivlosigkeit in Bezug auf Arbeit für die Enkel nun, die Kinder müssen sich durchwursteln, für die Enkel .. die ganzen jungen Menschen wenn sie in die Lehre gehen wollen müssen sie nach Bayern oder nach Nordrhein-Westfalen und da bleiben sie natürlich. Da finden sie ne Freundin oder einen Freund und da haben sie ordentlich Arbeit und die Tendenz, man sieht es ja in Schwedt, wie die Einwohnerzahl rapied runtergeht

TR: ja

BG: ja

HW: das ist aber erst mal das | Erwachsenen | wegziehen

TR: ja

HW: .. aber wenn der Nachwuchs dann nicht hierbleibt, dann das wird dann .. gut, ob das eine schlimme Entwicklung ist, oder nicht, die Natur freut sich, je weniger Menschen hier sind, desto desto besser ist es, aber äh, wollen wir denn das eigentlich? Wir wollen doch hier nicht entvölkern die Gegend.

TR: so richtig dicht besiedelt ist es ja auch nicht

HW: .. na, das finde ich herrlich, dass man hier da bis nach Schwedt fahren kann da und und keiner Ortschaft vorbeikommt. Find ich herrlich ja ..

BG: Wir haben es auch genossen auf der Herfahrt

HW: ja

BG: die Alleestraßen

HW: aber soll ja nun nicht noch weniger werden, das ist ja dann, dann ist ja die ganze Infrastruktur gar nicht mehr zu finanzieren.

BG: Genauso ist es.

HW: und da müßte was gemacht werden. Kleine Betriebe her, und so weiter und hier in Garz hat man eben den Fehler gemacht, unser Amtsdirektor der Wohltat, haben sie den auch interviewt?

BG: nein

HW: äh, der ist Kuratoriumsvorsitzender vom Nationalpark

BG: ach daher

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

HW: der hat die ganze Hoffnung auf den Nationalpark gesetzt. Wir haben ihm das versucht auszureden. Denn, das Schlimme war, in der Nationalparkdiskussion .. wußten sie ja alle nicht, was ein Nationalpark ist und haben sich überhaupt nicht die Mühe gegeben, da mal nachzulesen was ein Nationalpark ist. Bis zum Minister ging das hoch, bis zum Ministerpräsidenten, nicht (lacht)

BG: Der muß es nicht wissen, der hat seine Fachleute

HW: ja, die wußten es offenbar auch nicht ...

BG: Und Herr Wohltat ist jetzt was?

HW: Der ist hier .. hier gibt es ein Verwaltungsamt

BG: ja

HW: das ist das alte Modell von Nordrhein-Westfalen. Das Garzer Amt hat, ich glaube 15 Gemeinden die dazu gehören und die Verwaltung wir im Amt gemacht, und die Gemeinden haben einen ehrenamtlichen Bürgermeister auch Garz hat nur einen ehrenamtlichen Bürgermeister die dann so diese Bürgermeisterrolle ausführen .. ich finde das System als nicht so schlecht..

BG: und er ist Verwaltungspräsident ?

HW: ja, Amtsdirektor nennt der sich

BG: Amtsdirektor

HW: aber Präsident klingt natürlich noch schöner

BG: nein, nein ich wollte es aufschreiben, wie es heißt

HW: ja, ja

BG: Amtsdirektor

HW: ja, ja, ..

BG: ist das, ist das die Bürgermeisterei am am Stadttor?

HW: nein, da ist ein Teil des Amtes ja, die haben das das Ärztehaus, was noch zu DDR-Zeiten angefangen worden ist zu bauen, dann fertig war dann waren die Ärzte drin, dann waren den, war den die Miete zu teuer, die sie Zahlen mußten, dann die Ärzte raus und das Amt ist rein gegangen, äh, die konnten es sich wahrscheinlich leisten. Und das hat die Tendenz nun auch nun immer immer größer zu werden, immer größer zu werden (lacht) Das ist der größte Arbeitsgeber geworden hier

BG: Da ist uns noch was aufgefallen bei dieser, in diesem Backsteingebäude steht außen dran also Amt Garz und dann Brandenburg-Vorpommern, das fanden wir etwas ungewöhnlich

HW: Vorpommerisch-Brandenburgisches Amt Garz

TR: genau

BG: ja

HW: ja, das ist ja, das ist ja nun nicht mehr zu sehen, wo die Grenze ist... Garz gehört seit eh und je zu Pommern und ein ganzer Teil hier, das ist ein bisschen ...

(holt eine Karte)

HW: die karte hatte ich unten in meinem Zimmer, mein Arbeitszimmer unten, wo ich aber nicht arbeite (ZW361?) müßte ich soviel machen, mache ich aber überhaupt nichts.. ziehe ich mich bestenfalls mal um .. hier ist die alte Karte von (...) eine alte Karte von von von von 1796

TR: tatsächlich sehr alt

HW: so, und hier ist die .. Pommerische Grenze und hier ist Garz

TR: doch so weit drin?

HW: ja, so das hier ist Garz und das ist der schöne Wald hier, wo ist Schwedt, hier, hier sind Sie durch den schönen Wald gefahren, da gab’s die B2 noch nicht, hier

BG: ja, ja

HW: und da, hier steht auf der rechten Seite so ein gelbes Haus, das ist das Grenzhaus. Die Grenze ist noch deutlich zu sehen, das ist ein tiefer Graben durch den Wald und da war so gar Stacheldraht so, und hier geht’s dann hoch nach Garz, früher ging die Straße hier außen lang und das haben sich ... das Revier heißt auch Wildbahn das haben sich die die .. dieser preußische Nebenzweig der in Schwedt residiert hat, hat sich das als Jagd, Jagdgebiet noch an Land gezogen im im im im im Frieden von Landien //1650 oder so, oder 1550? Und da geht es so ein Zipfel hoch // .. und das ist Pommern. Das Vorpommern und das ist Hinter- Hinterpommern ist hier und das ist die Neumark ... also das war hier Vorpommern und der größte Teil des Garzer Amtes .. auch , bloß Vierraden war Vierraden war .. Brandenburgisch und Schwedt Hohen- Hohenfelde Hohenfelde.

(bringt die Karte weg)

HW: und deswegen dieser komische Name ...

BG: Dann ist eigentlich Vorpommern zwischen Mecklenburg und Brandenburg aufgeteilt? Ist das richtig?HW: Na, bloß diese, dies Ecke

BG: dieses Stückchen

HW: das, wir wir haben zum also hier die Ecke ich ich ja nicht mit damals, wir waren Kreis-Randow mit Sitz in Stettin, ... so die nächste größere Stadt für Garz war Greifenhagen hier drüben Gyfinow, so große Beziehung zu Schwedt gab’s nicht und das hat sich nach dem Krieg vollkommen geändert. Die Beziehungen haben sich zu Schwedt und Angermünde aufgebaut (...) das war erst Kreis-Lübnitz und das ging aber wohl nicht und das haben sie dann geändert so das, Schwedt liegt ja nun näher

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Interview Hartwig Wohleben, Oberförster a.D., vom 28.6.2000 in Garz, ca. 130 Min.

als Lübnitz haben sie dann geändert und dadurch ist die Infrastruktur ausgerichtet worden, Schwedt Angermünde Berlin und die waren so schlau hier, das so zu lassen ... das wäre nicht gut gewesen, wir wären ja noch || weit, weit || mehr hinterm Mond, als wir jetzt schon sind, wenn wir nach Mecklenburg Vorpommern gekommen wären. Obwohl der Garzer Pfarrer der hier war, Minister in Meckelnburg-Vorpommern war. Hat da ein große Rolle als Kultusminister gespielt, aber nicht lange (lacht). Selbst der hat, hats nicht geschafft die Leute zu überzeugen nach Mecklenburg-Vorpommern zu gehen. So also, auffallend ist, die niedrige Beschäftigtenzahl, hier, hier

TR: ja, ja

HW: viele Pendler

TR: ja

HW: die jungen Leute, die hier Häuser haben und so weiter, einer meiner Söhne auch, der arbeitet bei einer Firma .. aus Holland .. der muß da immer rüber fahren auf Sitzungen .. so ist das alles auf Berlin ausgerichtet, das war es früher auch schon, nun wir haben gehofft, das hört nun auf und nun / und deswegen auch diese Brandenburger Stimmen gegen den Zusammenschluß mit Berlin, wirtschaftlicher Wahnsinn dagegen zu sein, aber das muß man den Leuten hier

BG: das haben wir auch gelernt

HW: zu gute halten. Alle Maurer haben in Berlin gearbeitet, hier wurde nichts gebaut, wenn dann so ein Landbaubetrieb der mit großen mit großen Platten da was zusammenmontiert hat, ist so ein häßliches Haus hier da, das Tierärztehaus, schrecklich, schrecklich und so und also immer benachteiligt zu Gunsten Berlins, wenn man was bestimmtes kaufen wollte mußte man von hier nach Berlin fahren, da kriegte man es, .. Fernseher oder irgend was..

BG: na gut, das ist ja jetzt nicht mehr

HW: neee, das ist nicht mehr, aber jetzt sind ja auch Äußerungen in die Richtung gekommen, Brandenburg ist der Freizeitpark für Berlin und wir haben gefälligst die Natur vorzuhalten für die Berliner Besucher und wir sollen da möglichst nicht drin arbeiten, keine Bäume fällen, keine Wiesen mähen und so weiter, das sieht ja dann nicht so schön aus, und .. die Tendenzen hat man ja gehört und wenn das ein Senator – ja heißen sie in Berlin Senator ? –

TR: ja

HW: wenn der das öffentlich sagt und das kommt im Fernsehen und das steht in der Zeitung, geht bei unseren Leuten hier die Jalousie auf Dauer wieder

runter

BG: Klar

HW: das war ja damals so. Und wenn dann ein Herr Vössing hier ein Berliner, einen Nationalpark aufbaut heimlich still und leise, hinter der ganzen Öffentlichkeit ist da gebastelt worden, und die Öffentlichkeit dann vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Ne, da flossen schon die ersten Fördermittel, da kam es dann raus was die da gemacht haben. Da hat selbst Minister Zimmermann aufgerufen, die Vössingbalken zu beseitigen. Das waren die Schlagbäume. Ja. (lacht). Ist Tatsache.

TR: Gibs auch irgendwie so Bevölkerungsgruppen die jetzt davon profitieren von der Entwicklung. Sie haben ja jetzt eher Negativbeispiele gebracht. Gibt’s auch Leute die also, wo man sagen kann, ja also den geht’s

HW: Es wird da gelogen. Der Herr Vogel, der Leiter der Landesanstalt für Großschutzgebiete, hat jetzt irgendwo, stand in der Zeitung, in einem Vortrag gesagt, nun fängt das langsam an zu treiben hier mit dem Nationalpark, ich weiß nicht wieviel Übernachtungen hier nur vom Nationalparkbesuchern gebucht worden sind, das stimmt nicht. Die ganzen Herbergen hier die sind nicht ausgelastet, und die haben mehr Übernachtungen durch Bauarbeiter und so weiter, als von Nationalparkbesuchern ... also da ist noch nichts gekommen; und sind für einige äh, zu DDR-Zeiten ehrenamtliche Naturschützer gute Leute zum großen Teil, sind hauptamtliche Stellen raus gekommen, finde ich in Ordnung aber auch für viele, die nur so rein gerutscht sind und die nun am meisten um ihre Arbeitsplätze kämpfen, die kämpfen ja nicht um den Nationalpark, die kämpfen um ihre Arbeitsplätze, ist ja auch legitim

BG: natürlich

HW: wenn die da offensichtlich untergekommen ist, schön schön warm und überwindich, da kämpfen sie natürlich drum, das würde ich auch so machen

BG: ist klar

HW: ja, also ein Aufschwung oder irgend so was ist da noch nicht gekommen. Die richtigen Nationalparkbesucher, das sind Leute die mit dem Fahrrad kommen, die ihr Zelt mit haben, die ihre Colabüchse hinten drin haben und das Essen für den nächsten Tag auch und dann sind sie wieder weg. Die, die bringen hier kein Geld her. Da muß man das so aufziehen wie im Bayrischen Wald, aber das hat mit Nationalpark dann wieder nichts zu tun.. Nicht, waren sie mal unten da, da gibt’s ja so Spielwiesen da, schon das Zentrum das Nationalparkzentrum mit dem großen Tierpark und

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so mit dem Tiergehege ... im Bayrischen Wald waren sie noch nicht?

TR: nein

HW: ach so, das ist so das hat mit Nationalpark nichts zu tun, da zieht man Leute ran, da können Familien mit den Kindern Spazieren gehen, und da sehen sie Tierleiden (ZW 485?) und so was, das soll hier auch noch herkommen, aber außerhalb des Nationalparks, da kommen dann Leute, /wenn so was geboten wird ja, aber so/

BG: Sie sprachen von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Welche Zahlen haben sie da bei im Sinn, offizielle und inoffizielle

HW: Mit der gehandelt wird hier, also hier hat dieser dieser Wohltat, der Amtsdirektor der macht immer so ab und zu mal Inszenierungen, er hat mal die Bahnlinie blockiert, um nach Stettin und jetzt hat er Hungerstreik angefangen zu machen

BG: ja, haben wir im Tagesspiegel gelesen

HW: weil dieses ...nah diese Duty-free-Schiffe nicht mehr in Garz anlegen sollten, da war die Rede von 30% Arbeitslosigkeit hier und das kommt das kommt einigermaßen hin und wenn man die ABM-Leute noch mit dazuzählt ist es noch mehr. Also es ist katastrophal und ... es heißt nicht, dass es den Leuten schlecht geht, so ist es nicht, wer ordentlich zu Leben versteht, haushalten kann und so, der braucht nicht zu hungern, und den geht’s nicht schlecht, aber ein Mensch | will ja arbeiten, der will ja gebraucht werden | der will das Gefühl haben, dass er auch ein klein bisschen wichtig ist. Wo zu ist er denn sonst da?

TR: genau

HW: und das macht die Leute kaputt. Jetzt gab’s innerhalb kurzer Zeit zwei Ertrunkene in der Oder, das waren alles Leute, die es aufgegeben haben, die gesoffen haben da. Eine ist so in die Oder gefallen und der andere ist nach dem Angelen, da waren sie aber auch rand randvoll aus dem Boot gefallen und ist ersoffen. Also das sind wenig schöne Erscheinungen, aber die Leute werden hoffnungslos, | obwohl es ihnen nicht schlecht geht | so viele Autos wie jetzt hier stehen und fahren und so, gab’s noch nie und auch ein Arbeitsloser muß ja ein Auto haben, der hat auch eins,

BG: woher kommen die Einkommen?

HW: ... tja, das frag ich mich manchmal auch, hä, ich hab eine Tochter, die die .. in deren Leben es nicht so glatt gegangen ist, wie bei meinen drei Jungs, die lebt in Augenblick jetzt lebt sie wieder in... Nordrhei Westphalen, in dieser Ecke da muß man ja nur ein paar Kilometer umziehen ist man in einem anderen Bundesland, ja in Freudenberg wohnt sie jetzt. ... Deren Mann ist Fahrer bei einer Spedition also bei der man, also die machen auch Pleiten und gründen sich neu und strukturieren sich

um und so weiter, so dass der oft dem Lohn hinterherrennen muß und dann manchmal ein Jahr lang müssen sie klagen und so, ... Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und so weiter .. zwei Kinder sind da und so.. irgendwie stellt die Anträge die ist findig die kommen über die Runden, also es geht, ... trotz der ganzen Kürzungen. Aber hier sind viele Leute so die stellen nicht mal ein Antrag auf Sozialhilfe oder auf /irgend so was /. | Manche können es nicht | da gab’s so ne ABM-Sache den Leuten dabei zu helfen, das gibt’s nicht mehr, viele können es dann gar nicht, und viele wollen es dann aber auch nicht.

TR: also aus Scham oder

HW: zuviel Stolz oder, neija man kann es als Scham bezeichnen, aber auch als Stolz, soviel Stolz, die gehen lieber kaputt als das sie da..

BG: das gibt’s im Westen auch.

HW: Gott sei Dank gibt’s auch noch solche Leute,

TR: also, könnte man, gibt’s vielleicht doch arme Haushalte mehr, also des des einerseits sagten Sie eigentlich gibt’s muß hier niemand so richtig, aber das wenn Leute aus Scham sozusagen es lieber kaputt gehen dann ist das ja doch noch ein anderer Aspekt, den sie jetzt

HW: das sind vor allem alte Leute,

BG: ja

TR: genau

HW: und gefährlich ist die Entwicklung auf den Dörfern, hier hier

TR: ja, verstehe

HW: geht’s doch immer noch, aber auf den Dörfern das ist ja auch, das war zu DDR-Zeiten auch so, was sich auf den Dörfern abspielt, das ist keine Idylle, nicht nur nebenbei (ZW547?) ... da | läuft auch sehr viel krimminelles | in den Familien und so weiter was man sich gar nicht träumen läßt, hier gab’s ne Sonderschule für Lernbehinderte (...) und die, der Lehrkörper machte da ungerne Hausbesuche auf den Dörfern ... also was da damals schon zur Kenntnis genommen werden mußte, das ist jetzt, obwohl es den Leuten besser geht, /im Grunde genommen jetzt auch nicht anders geworden/. ... Also die Dörfer ../, | man kann wunderbar auf dem Dorf leben | aber .. ich kenn se, eine Idylle ist es nicht in jedem Fall ... Da sind schwere Schicksale, was sich die Menschen gegenseitig antun in so einem kleine Topf in dem sie sind, der gedeckelt ist und das ist gar nicht so einfach. Da ist der Big Brother nichts dagegen.

TR: soziale Kontrolle ist da

HW: ja, ja was da sozial sich abspielt in den Familien

TR: das wäre jetzt auch so meine nächsten Fragen

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Interview Hartwig Wohleben, Oberförster a.D., vom 28.6.2000 in Garz, ca. 130 Min.

gewesen also das soziale Klima, ob sich das so verändert hat, Sie haben ja gesagt eigentlich nicht so ..

HW: nö, also da ist schon einiges gelaufen auf den Dörfern damals, und ich nehme an /das hat sich nicht verschlimmert das hat sich aber auch nicht wesentlich verbessert/.

TR: Also wir haben ja schon gehört, dass also auch gerade auf dem Dörfern eben auch die Arbeitsstätten viel auch diesen sozial Zusammenhalt mit organisiert haben und das ist ja nun auch weggebrochen und darum nun auch Vereinneugründungen, die versuchen, das zu ersetzen, da schien mir schon eine ganz schöne Dynamik drin zu sein ..

HW: ja, das hängt Einzelpersonen, die so was in die Hand nehmen, ja. Und hier diese Gegend ist ja ausgeblutet, die ist zweimal, die ist zu DDR-Zeiten als Berlin noch offen war ist hier die Creme abgehauen, die wohlhabenden sind weg, die geistig was in der Birne hatten sind weg, die Lehrer waren weg, die Bürgermeister waren weg, alles war weg, die Pfarrer, die Pfarrer vielleicht nicht, doch die Pfarrer auch,

(lachen)

HW: ja, ja es ist ja alles hier, alles war weg und da mußten eben solche armen Schweine wie ich, wir mußten ja her, ja der Zufall wollte es das ein Cousin von mir, der kommt aus Sondershausen auch hier aufgetaucht ist, Landwirtschaft studiert, mußte hierher. ..Mein Bruder hat auch Landwirtschaft studiert in Jena, der mußte aber nach Mecklenburg-Vorpommern, also damals Bezirk Rostock. Neija, die mußten alle hoch die jungen Leute weil hier nichts war.

TR: Habe ich sie richtig verstanden, diese Entwicklung geht heute eigentlich weiter?

HW: Neija, die jungen Lehrer hier, die machen hier so ein paar Jahre und versuchen dann wieder Richtung Berlin zu kommen, Richtung Kultur, .. obwohl man hier, ich weiß auch nicht woran das liegt, Schwedt gibt sich große Mühe auf der Kulturstrecke, zu DDR-Zeiten meine Frau und ich wir waren oft in Schwedt, wir waren oft in Berlin, vor allem in der komischen Oper, das war unsere Strecke ja ganz wunderbar.. dann gab’s ein Wendeknick .. da hat man um modern zu sagen, null Bock nach Berlin zu fahren, da hatte man andere Sorgen. Warteschleife, der schöne Ausdruck, da war man in der Warteschleife und die Kinder, was wird aus den Kindern, die waren noch nicht im Berufsleben drin und das ging gerade los, und so weiter, da hat man da hat man, da wird man auch kulturell autark, da kauft man sich eine Anlage, da kauft man sich CDs, da kauft man sich

Platten, hier drüben ist alles voll Platten, da macht man die Hausmusik zu Hause die Konzerte und so .. ist nicht gut aber, wir fahren im Moment nicht mal nach Schwedt, wenn da Veranstaltungen sind, schade aber ich weiß nicht wo rann das liegt. Seid der Wende, mit einmal

TR: Also das war aber vor der Wende anders?

HW: Ja, aber davon haben auch vor der Wende zu wenig Gebrauch gemacht. Z.B. die Lehrerschaft in Garz bei solchen Sachen nirgends zu sehen. Komisch war das, habe ich nie verstanden.

BG: Also in Sachen Berlin?

HW: Auch in Schwedt. Auch in Schwedt, ja ja. Das war eigentümlich. Ich hab aber nicht versucht zu ergründen, was das für Ursachen hat. Die wurden hier Taubenzüchter und Karnickelzüchter und alles so Sachen, die man zu Hause machen kann. Haben sie sich verkrochen. Aber das war auch so ein Spezifikum der DDR ..

BG: Ja, ja

HW: Die innere, die innere Emigration. Das war .. das war auch was, ja, das war auch wichtig. Aber jetzt.. was gekommen ist, aber schon zu DDR-Zeiten, Garz hat eine Karnevalsgesellschaft, aber wie lange Mensch, 30 Jahre, / 30 Jahre / ... irgend ein Jubiläum war, wir waren von Anfang an dabei dann als unsere Kinder auch zum Karneval kamen fanden wir das erst schön, aber dann haben wir uns zurückgezogen und haben das Feld den Kindern überlassen,

(Lachen)

HW: das war dann komisch und das ist wirklich fast Rheinländisch hier der Karneval

BG: ist lebendig

HW: ja ja, ja ja

TR: also jetzt hier nur in Garz oder?

HW: in Garz, dann kleckerte Hohenselchow Kasekow nach, die hatten auch eine Karnevalsgemeinschaft, hier war es ein Herr Zander der das ins Leben gerufen hat, ich glaub der kommt aus dem Rheinland.

TR: Kulturimport

BG: ja anders geht das nicht

HW: der war hier Geflügelzüchter, der hatte eine Hühnerfarm, ich glaub und dann in Hohenselchow Kasekow, da war es der Arzt, der da die Sache, der kommt aus Thürigen, die Sache in der Hand hatte, neija und dann kleckerte Angermünde nach da hält sich‘s noch, Schwedt macht auch hier ein Ülfest, Ülprinz (ZW638 ?) oder so, neija, aber hier, das war so die ersten zehn Jahre als das alles noch so nicht

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

professionell war, das war phantastisch, das war schön, da waren wir, obwohl die Kinder zu Hause waren, ich bin immer während der Veranstaltung nach Hause gerannt, ob die Kinder schlafen und so, und bin dann wieder los, das war schön, das war so richtig da kam Leben in den Ort

BG: Und das hat richtig Eingang gefunden?

HW: das wird aber immer professioneller, jetzt geht es nach dem Geld und so, Geld spielte damals keine Rolle, man krichte sowieso nicht viel, aber ist noch ist noch mächtig im Gange. Der Generationswechsel ist auch gelungen, da ist schon ein paar Jahre ein ganz junger Präsident

TR: Also ist eine sozusagen einer der bedeuteren, bedeutenden Vereine hier?

HW: das ist eine ganz feine Sache, (...) ansonsten ist es hier auch die Feuerwehr soll die Rolle übernehmen hier

TR: gab’s das schon zu DDR-Zeiten

HW: Feuerwehr gab‘s, ja

TR: ich meine jetzt Freiwillige Feuerwehr?

HW: die gab‘s, aber die hatte so auf dem kulturellen Sektor nüscht also keine Funktion. Aber jetzt auf den Dörfern übernimmt ja oft die Feuerwehr die Sache, stellt auch einen Bürgermeisterkandidaten und so solche Dinge

TR: Und rund um den Nationalpark haben sich ja ach verschiedenen Vereine gebildet hatte ich so den Eindruck

HW: neija, unsere Interessengemeinschaft, die erst gegen den Nationalpark gerichtet war, da waren wir ein ziemlich loser Haufen, aber brachten schon was auf die Beine, und der hat sich ja dann neu gegründet, also die Interessengemeinschaft als Verein dann richtig, aber.. ich hab mich dann zurückgezogen als die Politik, da war gerade Wahlkampf, als die Politik da mit in den Vorstand kam, da habe ich mich zurückgezogen, dann haben sie auch die klare Linie verloren ... und ich sehe da keinen rechten Sinn mehr drin in der Interessengemeinschaft. Die hat sich so einbauen lassen nun, also, .. man durfte nicht mehr gegen den Nationalpark sein, obwohl, ne wenn man ein Ziel erreichen will, wenn man auch gar nicht wirklich den Nationalpark beseitigen will, man muß aber als Verein, der zumindest einen anderen Nationalpark haben will, dass die Menschen nicht total raus gedrängt werden, muß man die Stoßrichtung gegen den Nationalpark haben und nicht einen besseren Nationalpark von vornherein sagen, wir wollen einen besseren Nationalpark haben, da knickt die Spitze weg, da bauen sie einen in so Arbeitsgruppen mit ein und so weiter und dann (...) (ZW 679?)

BG: das dann nicht mehr so

HW: da sehe ich kein Sinn drin, die sollen wenn sie

ihren Nationalpark haben, und den haben sie ja nun, da sollen sie das ordentlich machen sie kriegen ihr Geld dafür. Da sollen sie nicht noch Leute, die ihn eigentlich gar nicht haben wollen nun noch ausnützen, dass er besser wird, das mache ich nicht, ist nicht mein Ding. Nein. .. Der gehört nicht hier her. Ich kann es nachweisen, aber ...hähähä .... ...... .... aber eine Unterschutzstellung gehört her, hier für diese Gegend. Das ist ganz, ganz wichtig und wir waren immer für eine Unterschutzstellung in Form eines Biosphärenreservates, das wäre der richtige Deckel hier gewesen so wie Chorfheide Chorin, da werden die Menschen nicht raus gedrängt, die arbeiten da ökologisch, beachten diese Dinge mehr als normal und kommen da gut über die Runden und die Natur kommt auch über die Runden. Aber hier wird der Mensch ja, das hat der Nationalpark so an sich, die amerikanischen offenbar nicht ich weiß nicht, aber die Nationalparks nach der internationalen Richtlinie haben das so an sich und dafür sind sie ja auch geschaffen ein Refugium für die Natur wo sie überleben kann in ihrer Artenvielfalt und so weiter, vor Menschen zu schützen. Dafür sind sie da. ... Neija gut. ... Fragen Sie

TR: Also wie schätzen Sie jetzt sozusagen die Einflußmöglichkeiten ein der, es haben sich ja Vereine gebildet, der National.. die Probleme um den Nationalpark haben eine recht große Dynamik auch in der Presse in Berlin auch erhalten, also wie wie beurteilen sie jetzt die Möglichkeiten da tatsächlich gestaltend mitzuwirken an dieser Entwicklung oder fällt das alles vom Himmel und man ist

HW: also Vereine die sich mit dem Nationalpark befassen, pro oder kontra haben sich außer unserer Interessengemeinschaft keine gegründet, wüßte ich nicht. Der Jagdverband ist da, ob ein Nationalpark da ist oder nicht, er hat seine Meinung dazu die ist gespalten, weil viele Jäger ja auch im Nationalpark hauptamtlich tätig sind, der Anglerverband war da, der möchte sein Rechte und so weiter also das .... da haben sich keine neuen Vereine gegründet, aber die Bauernverband z.B. die bestehenden Verbände die anderswo andere Interessen vertreten, vertreten diese hier auch, aber vertreten die Interessen der Mitglieder auch gegenüber den Ansprüchen des Nationalparks, die erweitern praktisch da ihre Tätigkeit in diese Richtung aber es ist sehr schwer da .. .. die Naturschutzseite die hat eine ganz für Gegner schwierige Taktik, also mit den Leuten ist schwer auszukommen, es sind ganz sympathische Leute dabei

(hier endet die erste Seite, Zählwerk wird zurückgestellt)

HW: (...) die machen hier einen Nationalpark mit 50% Totalreservat, obwohl es kein Nationalpark mit 50% Totalreservat geben kann, es sei denn in einem kurzem Übergangsstadium. 75% Totalreservat

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müssen sein in einem Nationalpark. Den Leuten wird selbst vom Minister erzählt 50% und Schluß. Das gibt doch das Nationalparkgesetz gar nicht her. Da steht 50% müssen bis 2010 erreicht sein. Das es da aufhört da steht davon nichts drin. Aber der Minister sagt, Birthler sagt, bei 50% ist Schluß. Das sind alles solche taktische Sachen, die nicht der Wahrheit entsprechen, die die Leute für dumm halten. Und, so ist das in vielen Dingen, man muß da erst mal, das ist, die ganze Sache ist geschickt konstruiert, so nun kann ich den Leuten nicht unterstellen dass das ihr Plan war, aber es hat wunderbar funktioniert. Ausgangspunkt war Prof. Succow der stellvertretende Umweltminister war, der hier in Zusammenarbeit mit Naturschutzaktivisten aus DDR-Zeiten, eingereiste Westdeutschen und Wissenschaftlern und Hobby-Ornithologen und so weiter in der DDR schnell Gebiete unter Schutz stellen wollte, um eine Zersiedelung und so weiter zu verhindern. Ganz prima und in Ordnung.

BG: haben wir auch bewundert

HW: Ja, das war ganz prima, das hat auch funktioniert, nur hier nicht, hier hat es sich verzögert, die Begründungen waren schwer zu kriegen und so weiter. Und hier ist die Sache heimlich gelaufen. Hier ist eine Antrag gestellt worden auf eine Gewässerrandstreifenprogramm. Ein Ossi konnte sich gar nichts darunter vorstellen so; ein Graben und daneben vielleicht ein Streifen von fünf Meter und da wollen wir irgendwas machen, das ist ein Gewässerrandstreifenprogramm vielleicht, so gut. Gesetzliche Unterlagen gab’s auch noch nicht, hatten nur die Fachleute, und da ist das ist das, ist eben ein Antrag geschrieben worden auf ein Gewässerrandstreifenprogramm von Dr. Vössing und Mitarbeitern ... von denen hier die Kommunalbehörden und die Verbände, soweit es welche gab damals schon, gar nichts mußten. Und dieser Antrag ist genehmigt worden, die Fördermittel die sind genehmigt worden und wurden ausgereicht mit einem Mittelverteilungsschreiben. ...Von dessen Existenz muß man erst mal erfahren. Und es hat sich eine Verein gebildet Der Freunde des Deutsch-Polnischen Internationalparks, so, und der hat da agiert als Verein in dem Mittelverteilungsschreiben, also, wir haben immer gesagt Zuwendungsbescheid, bei Fördermitteln heißt das eigentlich so, aber den ihrer Begriff ist eben Mittelverteilungsschreiben, da stehen die Bedingungen für den Gelderfluß drin. So und ich war einer der ersten, der sich so ein Ding besorgt hat. Oh, da waren sie ganz erstaunt, da waren sie erschrocken, dass ich das Ding hatte, und da, kennen Sie es?

BG: nein

HW: Da stehen knallharte Bedingungen drin, was hier gemacht werden soll. Als wir damit unter die Leute gegangen sind, da standen denen die Haare zu Berge, aber da flossen die Gelder ja schon. Da flossen die Gelder schon und so und dann ging es darum, Nationalpark zu Gründen.

BG: das müßten wir uns auch mal besorgen

HW: dann ging‘s darum, einen Nationalpark zu gründen. Da ging der Kampf um das Nationalparkgesetz. Da mußte man auch erst mal das Bundesnaturschutzgesetz und die IUCN-Unterlagen mußte man sich ranholen und so, das war alles ganz schwierig, verteilt haben die nüscht. Das, mit den gesetzlichen Unterlagen, das se den den Leuten gegeben haben, das nicht, das mußte man sich alles organisieren. Und mußte das natürlich, mußte sich rein denken, ich hatte es in sofern gut, ich hatte eine Angleichungsfortbildung gehabt für einen höheren Dienst, das klingt schrecklich, und da war natürlich die Juristerei die war das Wichtigste. Z.B. der Begriff ‚Grundsätzlich’ der hat in der DDR eine ganz andere Bedeutung gehabt.

BG: Das ist aber Bürgerliches Recht

HW: ja, Bürgerliches Recht gab’s ja bei uns nicht

BG: doooch

HW: neiiin, wir hatten..

BG: BGB galt auch

HW: neiin

BG: na gut, also Sie

HW: nein, Sie können es glauben. Wie hieß denn das bei uns? ... nein, nein ... Bei uns war ‚Grundsätzlich‘ da gab’s nichts anderes.

BG: Ja, das ist der volkstümlichere Begriff

HW: und nach Bürgerlichem Recht, ,Grundsätzlich‘ heißt es gibt jede menge Ausnahmen und Möglichkeiten und Variationen

BG: Das muß man auch, auch, das muß man lernen

HW: Das gab’s in der DDR nicht. Wenn einer gesagt hat, der 1. Sekretär der Kreisleitung ‚Das ist grundsätzlich verboten‘ dann brauchte man gar nichts mehr unternehmen. Schon alleine solche Dinge, da haben wir dran gekaut. Bis ich das begriffen hatte, was ‚grundsätzlich‘ jetzt heißt, da hatte ich schon viel begriffen. Aber wir haben das alles falsch verstanden, viele Dinge nicht nur das.

BG: Wissen Westler auch nicht, es sei denn sie haben eine juristische Vorbildung. Also wer ein Verein gründet z.B. der kommt damit in Berührung mit solchen Dingen. Aber sonst

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

HW: Übrigens hatten wir die Sache bei einem Berliner Professor, Müller

TR: neija

HW: Müller, es gibt viel (lacht), (...) Der hatte ein Hobby, der hat so einen Verein gegründet Nutzung der Sonnenenergie, das war sein Steckenpferd, ganz interessanter Mann. Der konnte Vorlesungen halten, wunderbar. Neija. Aber Man muß selber sich die Unterlagen ansehen. Paragraphen, das ist ganz wichtig. So, und also in dem Kampf um das Nationalparkgesetz, da da waren da ging‘s auch mit Halbwahrheiten, mit Überrumpelungen, ach da ging‘s um um, ich habe die ganzen Entwürfe habe ich hier, das war ein zäher Kampf und hat ja auch reichlich lange gedauert. Und das war eigentlich noch nicht alles so, dass alles hier in Frieden weiter ablaufen konnte. Aber dann wurde .. die Behandlung im Landtag Freitag Nachmittag gemacht. Mir hat das einer erklärt, was interessiert einen Landtagsabgeordneten aus der Prignitz was hier im Odertal passiert. Und am Freitag Nachmittag interessiert den das schon überhaupt nicht, so. Und dann gab’s den Fraktionszwang ... so der größte Gegner jetzt in Schwedt, der hat sich enthalten, der hatte nicht den Mut gehabt dagegen zu stimmen. Ja, so das mit überwältigender Mehrheit das Nationalparkgesetz durchgekommen ist.

BG: Der größte Gegner war ein parteipolitischer Gegner, oder Interessengegner, was meinen Sie damit

HW: ... der Herr Englert

BG: ach so, SPD damals

HW: der verliert ja immer die Fassung wenn es um den Nationalpark geht.

TR: Den sehen wir am Donnerstag noch, der kommt zu uns

HW: der hat sich mal , das wird er erzählen, in Berlin in einen, da hat er in Potsdam gelesen irgendwo da, Dr. Vössing hält irgendwo da ein Vortrag über die Vorgänge hier im Odertal. Hat er sich rein gesetzt, ohne das Vössing ihn gesehen hat und hat dann wohl mit fürchterlichen Zwischenrufen

(Lachen)

HW: gearbeitet und Vössing hat sich nicht stören lassen und dann ist er wohl am Schluß hinterhergerannt und hat ihn noch bedroht, das bringt natürlich auch nichts

TR: das ist wahr, ja

HW: wir waren auf eigene Kosten im Landtag, wir haben da mit den Leuten gesprochen, waren in den Fraktionen, im Ministerium waren wir ein paar Mal und ... waren sehr höflich, entweder hatten sie keine Zeit, waren aber höflich, oder sie waren höflich und

hatten Zeit, haben still zugehört und haben dann dafür gestimmt. (lacht). Neija ich hab ich hab nicht zufällig ich hab was unten raus gesucht, gleich am Anfang hab ich ein Schreiben an den Staatssekretär Wecke gemacht ... war 54 ich hab ja bloß die Reinschriften der Entwürfe ... warum hier der Nationalpark nichts zu suchen hat

(kramt in Unterlagen)

HW: Und hab da, da habe ich da war ich noch auf einem, wie sagte ich, Angleichungsfortbildungslehrgang für den höheren Dienst, da war ich noch da, und da habe ich mir auch die ganzen Unterlagen besorgt.

TR: Wann war das jetzt? Sie haben

HW: 94, Januar 94 hab ich das Herrn Wecke gegeben. Aber ich hab kein Ablichter da ich hab‘s jetzt bloß einmal hier, warum das kein Nationalpark sein kann und dann warum er hier nicht her gehört,

BG: ja

HW: auch die Gesetzesverstöße damit ... so und dann habe ich (ZW 242) (...) dann habe ich, das war das erste, wie ich aus dem Dienst raus war, da wollte ich mächtig anfangen was zu machen ... da habe ich hier mal ... versucht in dieses, in dieses Wirrwarr mit Verein und Nationalpark, die Leute haben ja alles durcheinander geworfen, da im Nationalparkgesetz im Mittelbewilligungsschreiben für den Verein der Freunde steht das die einen Pflege- und Entwicklungsplan zu erarbeiten haben und im Nationalpark steht für den Nationalparkverwaltung, das die Pflegerichtlinien auszuarbeiten hat, so und die Pflegerichtlinien muß das Kuratorium bestätigen, und der Pflege- und Entwicklungsplan vom Verein der ist ja x Mal vertagt worden, ja und da mußten pojektbegleitende Arbeitsgruppe mußte da sein und da war ich mit drin, die Belange der Örtlichkeiten hier zu vertreten hatte, aber das war nur eine reine Formsache und die hat ihn dann bestätigen müssen, und der Wirrwarr war so groß, dass das Nationalparkkuratorium den Pflege und Entwicklungsplan sich vorgenommen hat, um ihn zu bestätigen. Der war dafür gar nicht zuständig. So ist das durcheinander ge(...) und hier schwirren Kernzone und alles Mögliche schwirrt hier durcheinander

TR: Und Kernbereiche

HW: ja, die ganzen Begriffe, im Mittelbewilligungsschreiben stehen die Festlegungen für das Gewässerrandstreifenprogramm, das deckt sich aber nicht in jedem Falle mit den Festlegungen für den Nationalpark. Und die Begriffe decken sich auch nicht, Kernzone und Zone 1 und Zone 2 und was da so alles ist, so dass da keiner mehr wußte.., was der andere eigentlich meint. Das war ein herrlicher Zustand, da konnten sie alle machen was sie

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wollten.

TR: Also wenn ich sie richtig verstehe, sind das doch eher haarsträubende Bedingungen von Beteiligungsmöglichkeiten, von Strukturen wie man so einen Prozeß begleiten kann wo eigentlich ein normaler halbwegs interessierter nicht so mitkommen kann, wenn er sich nicht

HW: nein, es war auch nicht gewollt offensichtlich. Das war auch von vorne von der ganzen Anlage her, war das gar nicht gewollt. Und basiert auf einer ... auf der Meinung von Dr. Vössing, dass die Landwirtschaft hier sich von alleine in Nichts auflöst. Da habe ich auch einen Artikel von Vössing hier, den er mal geschrieben hat, also das sich die Probleme hier mit Land landwirtschaftlicher Nutzung, mit dem Jagdrecht und so weiter, alle von alleine lösen, da die Landwirtschaft hier keine Perspektive hat und sowieso in Zukunft keine Rolle mehr spielen wird, und den Antrag für das Gewässerrandstreifenprogramm den habe ich bis heute nicht gesehen, aber Englert hat ihn, Englert hat ihn, der hat ihn sich besorgt mit großen Widerständen.

TR: Da gab’s doch irgendwas, der mußte sich die Akteneinsicht einklagen, irgendwas habe ich da gehört.

HW: Ich glaube, das war die Sache, aber er mußte offensichtlich unterschreiben, dass er es mir nicht gibt oder so.

TR, BG: lachen

BG: Das ist ja unglaublich

HW: ja, mich haben sie gerne hier (lacht). Also wir sagen uns guten Tag, wir unterhalten uns, und so weiter, ja, aber ich weiß jetzt aus den Arbeitsgruppen bin ich ausgegrenzt worden man wollte mich nicht mehr da haben. Neija. Da hat sogar der Vorsitzende von unserer ... Interessengemeinschaft, war ein Revierförster von mir, der Herr Kabelitz

TR: Jetzt ist es Herr Möbius?!

HW: Jetzt ist es Herr Möbius, aber Herr Möbius ist es erst vor vier Wochen oder sechs Wochen geworden, bis dahin war es Herr Kabeliltz. Und .. der hat von seinem jetzigen Chef, dem Oberförster von Schwedt einen Rüffler gekriegt, dass er mich in die eine Arbeitsgruppe gesteckt hat. | Ich hab dir doch gesagt, laß ihn draußen | ...

TR: Auf wessen Initiative hat der das gesagt?

HW: Ich nehme an von sich aus weil ich in der Arbeitsgruppe, als er ist pro Nationalpark, weil ich in der Arbeitsgruppe war Auewald Inscenierung Inniziierung, und was ist mit dem Wirtschaftswald der jetzt im Nationalpark ist, werden soll, und da

sollte ich ja nicht mitarbeiten. Ach, da bin ich da raus, da hab ich meine Ruhe. Also Vössing hat hier so diese Lösung von selbst kommen sehen hier, „Im Rahmen des Landerwerbs stellt sich nach und nach die Frage der Jagd natürlich neu und scheint lösbar“, also wenn der Nationalparkverein Eigentümer ist, hat er auch das Jagdrecht, dann sind die Jäger draußen und mit der Landwirtschaft hier stehen ähnliche Sachen drin. „Da die Landwirtschaftsbetriebe in der Regel nicht Grundeigentümer sind, können sie den Landerwerb nur indirekt verzögern oder verhindern“ und so weiter. An den Nutzern vorbei mit den Eigentümern, die mit schönen Preisen ködern und so ist es ja auch gelaufen.

TR: und die Pachtverträge dann nicht verlängern?

HW: Ja, das war auch so ein spezielles Ding, da hat auch der, da mußte ja in Folge der Einfuhr Vor-Ort-Fernsehsendung von Potsdam, mußte ja der Vereinsvorsitzende Dr. Gille zurücktreten, und dann hat der Herr Berg, der Pastor da übernommen. Aber der Dr. Gille war wenigstens ein Fachmann, vor allem seine Frau, ich weiß nicht, kennen Sie die? Frau Dr. Gille, die ist Trockenrasenspezialistin, die ist auch schuld dran, dass der schöne grüne Rasen vor dem Schwedter Klinikum nun jedes Jahr vertrocknet und da ist ein Stecker da drin, wo drauf steht, das ist ein Trockenrasen, natürlicher Trockenrasen sieht im Sommer fürchterlich aus

(Lachen)

TR: nicht das den jemand gießt

HW: nein, der wird nicht gegossen, so, das ist Frau Dr. Gille. Und aber, das waren Fachleute, also der Herr Berg, der hat sich mal so ausnehmen lassen, da war eine Sendung, das war auch im Fernsehen, ich weiß nicht was da war, und da haben sie Herrn Berg Interviewt, und die müssen wohl weggekriegt haben, das der, ich nehme an aus seiner Studentenzeit, so ein Fahrrad hat, wo er drauf liegt und strampelt. Und da haben sie den Interviewt und haben den auf dem Fahrrad immer um die Kirche rum fahren lassen. Das sieht aus, so richtig, junge, junge, junge, der hat was am Keks (lacht) und der hat das nicht gemerkt.

TR: so ein Liegerad, was ganz modernes

HW: ja?

TR: ja.

HW: aber, das sah wirklich kindisch aus. Aber der ist auch, / der ist ein arroganter Mensch /.

TR: Der Berg auch?

HW: als Pfarrer eigentlich selten. Ob er das gegenüber jedem ist, oder nur gegenüber denen, von denen er meint, die stehen dem Nationalpark

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

kritisch gegenüber, das weiß ich nicht. Aber, der hat den Ruf eines ganz überheblichen

TR: also ähnlich wie der Vössing, eigentlich

HW: so ähnlich? Genau die Linie wie der Vössing, genau die Linie wie der Vössing. Vössing ist, Vösing ist aber so ein Mann, der lieber im Hintergrund arbeitet. ... Bei der ersten Vor-Ort-Sendung mußten sie ihn glaube ich auf das Podium zerren, denn da war er auch schnell wieder runter. ... Sein Buch über den Nationalpark, ich hab’s in der kurzen Fassung, ich hab’s auch in der dicken Fassung mit den ganzen Artenlisten, das dicke habe ich geschenkt gekriegt, das dünnere habe ich mir gekauft.

TR: jetzt kommt Vössing

HW: ja, da hat er aber die ganzen Grundlagen die Arbeitsgruppen die in ABM gearbeitet haben und so, hat er da verwertet. Aber ist recht ordentlich das Buch. Ja, ja ... also der Kritik kommt von allen Nutzerverbänden, Bauernverband, aber eben auch gespalten, manchmal sind sie dafür, manchmal sind sie dagegen, wird nur was unternommen, wenn sie auf die Füße getreten worden sind, wenn‘s irgendwo ganz akut weh tut. Dann sagt der Bauernverband was, dann sagt der Jagdverband was, aber mit der Jagd löst sich wirklich übers Eigentum und da werden die ganzen Jäger dann eines Tages mal außen vorstehen. Jetzt, der Vorsitzende von unseres Kreisjagdverband, Herr Wangerin, haben sie schon mit ihm gesprochen?

TR: nein

HW: Herr Wangerin , ja Augenblick, der ist es nicht mehr, der kam nun, sein Stellvertreter ist war der Herr Kabelitz, Herr Wangerin ist froh, der kommt nicht aus Naturschützerkreisen, der war arbeitslos, der um seinen Arbeitsplatz zu erhalten ist er natürlich sehr für den Nationalpark und stand nun immer in so einer Rolle, ist aber auch gerne Jäger, er war zu DDR-Zeiten schon Jäger, also nicht so einer der er erste Nation ne der zweite, der erste war Vössing, der zweite war Müller, da mußten alle Mitarbeiter, je nach Eignung natürlich, die Jagdprüfung machen und die Fischereiprüfung mach. Da ist auch der Herr Schmidt, der Naturschützer vom Nationalpark Jäger geworden, der ist seit dem Jäger. Gut der Herr Wangerin stand nun immer neben sich, gegen sich und so weiter und Herr Kabelitz hat immer tüchtig gegen den Nationalpark und so, so dass Herr Wangerin, obwohl er gerne Funktionen hat wie sein Vater, ich kenne seien Vater, ich habe seinen Vater immer geärgert als er noch lebt, der war, hier war ein Arbeitsdienstlager hier in der nähe von Friedrichsthal die haben mit dem Spaten das Garzer Bruch entwässert. Das war aber nicht erste Mal, das war das x-te Mal wahrscheinlich mit so vielen kleinen Stichgräben und mit dem Spaten. Dazu war das Arbeitsdienstlager da und daraus entstanden ist

ein ganz wunderbares Bild vom Garzer Bruch, jeder Graben wurde von, an an beiden Ufern von dem Graben waren Weidenbüsche, die haben sich dann über den Gräben, weil die waren 40er Jahren 45 so haben sie die letzten Gräben gemacht oder 44 und dann wuchs das zu. Die Gräben waren überdacht mit Weiden. Wenn man hier die Straße lang fuhr immer diese Weidenwälle da und dazwischen die Wiesen wurden immer kleiner die Wiesenflächen wurden immer enger und dann kam die nächste der nächste Graben mit den Weiden. Oh, ein jagdliches Eldorado, wunderbar, dann Schilfhorste drin, da waren die Schweine drin, auf den Wiesen waren die Rehe bloß kein Weg, wenn man das was geschossen hatte mußte man es raus tragen, wie so ein Urmensch. So, und der war Chef vom Arbeitsdienstlager, und .. das muß doch nichts aufs Band

BG: dann machen wir mal Stop

Nach ca. 5 Minuten Unterbrechung fährt das Band fort

HW: und Buryn hat ihn nun gleich eingesetzt als Verantwortlicher für die Jagd im Nationalpark. Da war er selber erschrocken, aber er kann ja nicht nein sagen, er möchte die Arbeitsstelle behalten, und gefällt ihm gar nicht, aber es ist halt seien Arbeitsstelle. Aber wir ich habe den Faden verloren

TR: Also dieser, wir waren glaube ich bei Beteiligungsmöglichkeiten,

HW: ja

TR: wie kann man hier auch seine Interessen umsetzen, wie kann man vielleicht auch was verändern. Das klingt ja eigentlich nach einem unmöglichen Politikstil der da

HW: wir hätten nur weitermachen können in der Interessengemeinschaft wenn man die Stoßrichtung gegen den Nationalpark behalten hätten, wenn wir auch keine Aussicht haben ihn weg zukriegen. Aber diese Stoßrichtung hätten wir weiter behalten müssen. Und die haben wir eben nicht weiter behalten und das ist schade und so ist das Schwert stumpf geworden. Die begleiten nun das, was der Nationalpark macht, achten drauf das es nicht zu schlimm wird und so und damit hat es sich.

TR: Ist es eigentlich so auch typisch für andere Prozesse die in der Region laufen, dass das letztlich nur irgendwie nur mit äußerstem Aufwand sozusagen zu gewährleisten ist, dass sich die Bevölkerung beteiligen kann, dass man seine Interessen irgendwie, wenn man sozusagen gegen eine Entwicklung ist, ich meine, ist ja relativ undemokratisch was da passiert, wenn ich ihre Schilderungen so, .. also nicht, ist das eher typisch

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oder kann man sagen das hat sich hier nur an diesem Fall also so ein bisschen

HW: Das ist ein schwieriger Prozeß hier. Die Leute waren wenig beteiligt am Wohl und Wehe des Staates. Das hat die Kreisleitung für uns gemacht oder die Bezirksleitung und so weiter ja und da sind wir so ein bisschen Politik entwöhnt gewesen und das muß sich wie gesagt muß sich erst wieder, müssen sich Leute aufraffen und müssen sich artikulieren können, deswegen auch so viele Pastoren in die Politik gekommen, die hatten während des Studiums Rhetorik zu lernen. Das waren die einzigen, die frei ohne Konzept reden konnten, und dann bloß noch ein paar Tierärzte, bloß die Tierärzte bloß die Tierärzte sind weil sie arbeitslos waren in die Politik gegangen, ja. Die waren zusammengekoppelt mit den sehr hohen Viehbeständen, die es dann nicht mehr gab. Die Tierärzte waren echt arbeitslos, und wer ein bisschen was drauf hatte und nicht belastet war, ist in die Politik gegangen und konnte sein Glück machen. Und die in der Wirtschaft waren, das waren die Schweiger, oder sie waren Parteisekretäre, die konnten auch bloß vom Blatt vorsingen, ... alle. Ja das war so, und das müssen die Leute jetzt erst lernen. In Garz war eine, sollte ein D2-Verstärker über Garz oben auf dem Runkelberg heißt das hier, an der B2 gebaut werden war eine Bürgerinitiative, ging aus von der Frau die in dem einzelnen Haus wohnt, die wäre am nächsten dran gewesen und hat kleine Kinder, die hat die Initiative ins Leben gerufen unter fast gleichaltrigen jungen Frauen, die haben dann schwer dagegen protestiert und so weiter, ist nicht gebaut worden. Dann hat der Segewerksbeitzter, der enteignet worden ist, obwohl er gar nicht enteignet worden ist, das war auch so eine komische Geschichte, der hat von uns unsere Werkstatt gekriegt, wir waren auf dem Sandgrundstück drauf und die LPG-Pflanzenproduktion war drauf, hat er die Hallen wo die wo der Kartoffelsortierer drin war hat er zurück gekriegt, und als Nebengabe diese großen Schornstein der hier steht mit Bohrlöchern, der sollte gesprengt werden, mit Bohrlöchern. Und der hat den vermarktet an Mannesmann, die wollten da einen Verstärker einbauen. Nun lebte die Bürgerinitiative wieder auf gegen den Verstärker, nun war er mitten im Ort hier.

TR: Was für ein Verstärker?

HW: Für D2, für Mannesman

TR: Ach so, verstehe, fürs Telefon, jetzt hab ich‘s, alles klar

BG: Ach, jetzt ... ja, ja, Fernmelde

TR: So und nun war die Bürgerbewegung wieder da. Tja, die haben protestiert, die haben

Protestversammlungen da auf dem alten Segewerk gemacht und in der Presse und so weiter. Und die haben sich gar nicht drum gekümmert, die haben sich die Genehmigung beim Landrat geholt und haben das ganze Ding ins Leere laufen lassen. Die haben einfach gebaut. Die haben protestiert. (Lachen). So und das war nun wieder ein Schlag ins Kontor. Nun sind die Leute die sind ganz schnell so weit, und sage, es hat ja doch kein Zweck, die machen doch, was sie wollen. Ist eigentlich schade.

TR: Na gut, das ist ja jetzt hier privatwirtschaftlich. Aber so ein Nationalpark ist ja eigentlich ein öffentliches Anliegen, was

HW: Ja, das ganze Ding war entschieden und gelaufen mit der Bewilligung der Mittel für das Gewässerrandstreifenprogramm. Alles andere, so das, der Nachfolger von Englert im Landtag der Herr Bischof, der war vorher der Zuarbeiter für Herrn Englert. Mit den hatte ich eine Auseinandersetzung gehabt, da war Ringsdorf hier in im Schützenhaus und da ging‘s auch um den Nationalpark hier, und da haben sie sich Ringsdorf geholt weil da um den Nationalpark oben in Mecklenburg kein Knatsch ist. Und ich war ich x Mal oben, Müritz und so, ich kenne den Laden genau, da hat nämlich die Forstwirtschaft den Kram übernommen. So und nun gibt’s da Nationalparkämter, das sind die die alten Umweltschützer die die Nationalparke gegründet haben, die sind da irgendwie pro Forma noch Chefs sind aber auf Kongressen und so weiter und Forstamtsleiter ehemalige die auch noch in Uniform und beamtet sind und so weiter, die schmeißen den Laden da und das läuft

BG: das läuft

HW: das läuft prima, das ist aber hier nicht so. Und ... was war den nun mit Ringsdorfer ... was wollte ich denn noch (lacht) ....

TR: Sie hatten erst das mit dem Verstärker gesagt und das war ja nun eine privatwirtschaftliche Angelegenheit, und der Nationalpark ist ja eigentlich eine öffentliches Anliegen also wo

HW: ach so, ja und da konnte ich auch nicht an mich halten und hab dann wieder so eine Tirade gegen den Nationalpark los gelassen und hab das auch begründet aber so spezielle Sachen die da zur Sprache kamen. Und hinterher hatte ich mit Herrn Bischof eine kurze Auseinandersetzung, und da sagte er, das kannst du doch nicht machen, das kannst du doch nicht nicht machen, die Auflösung des Nationalparkes zu fordern und so, weißt Du, was dass das Land Brandenburg kostet? Wir müssen die ganzen Fördermittel zurückzahlen, so und damit ist das Ding gelaufen. Was sollen wir den noch. Die haben das alles, der das war auch so ein

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Dilettantismus, das Geld kam vom Bund, so und das Land hat nur seinen Prozentsatz mit dazu gepackt und dann ging‘s weiter. Da hat der Kreistag beschlossen, dass keine Gelder mehr gezahlt werden.

BG: kann er gar nicht

HW: Der Kreistag kann, ... da hat der Landtag beschlossen, dass keine Gelder mehr gezahlt werden, die sind trotzdem geflossen, so da hat der Landtag beschlossen, dass die kein Land mehr kaufen, .. da haben sie dagegen geklagt und haben Recht gekriegt, ja, das ist die Konstruktion, Gewässerrandstreifenprogramm ist was anderes als der Nationalpark, das ist, ich glaube das ist zufällig,

TR: ja,

HW: also der Vössing wäre ein riesen Stratege und ich glaube wir würden ihn überschätzen, wenn er das, wenn das so gewollt gelaufen wäre, das ist nur so entstanden weil die Gründung des Nationalparks durch die Schwierigkeiten mit dem Gesetz, weil zu viele Gegner da waren, weil das eben zeitlich so einen großen Zwischenraum gelassen hat. Aber entschieden ist es mit den ersten Millionen, die geflossen sind. Das Land wird keine Million zurückzahlen können.

TR: Aber die Gegner sind doch ein Stück weit Hausgemach. Sie haben auch gesprochen, dass die Leute auch dann frustriert werden, dass die sich nicht beteiligen, man erfährt nichts man wird hinters Licht geführt, es wird so nur wenn es sein muß, wird was erzählt, also das ist natürlich auch atmosphärisch sicherlich nicht dazu geeignet um so einen Konflikt zu entschärfen, also habe ich den Eindruck.

HW: Also meine Erfahrung mit Naturschützern, mit hauptamtlichen Naturschützern vor allem mit den beiden, die aus dem Westen kommen, Vogel und Vössing aber auch Prof. ist er jetzt, Prof. Dr. Freude,

TR: ach Freude

HW: sind negativer Art, sehen wir mal davon ab, dass sie grundsätzlich unpünktlich sind, sie sind ja so wichtig, sie können sich das leisten. Das ärgert mich maßlos, das ist eine Überheblichkeit sonder gleiche, andere können warten, sind sie nicht offen, nicht ehrlich, es geht sogar bis zur Lüge. Da war eine Auswertung der Betroffenheitsanalyse für den Nationalpark in Pinnow, in dem Soldaten-Pinnow, wir haben ja noch Groß-Pinnow, Soldaten-Pinnow, das ist das, wo Buck die Fördermittel kassiert hat und pleite gegangen ist,

TR: Buck?

HW: Buck, die Reichenhaller Firma, die hier Munition entsorgt hat,

BG: Steierer Puch? nee

HW: Buck, Buck,

BG: kenne ich gar nicht

HW: das ist eine Reichenhaller Firma, die hat, das waren Raketen-...Wartungswerk von der Volksarmee. Ich glaube nicht, das die neue Raketen gebaut haben, da waren hier jede Menge Leute beschäftigt. Deswegen gibt es so viele Schlosser und Elektriker hier. Und das hat Buck übernommen und hat da Munition entsorgt und das wurde immer weniger, dann hat er einen Technologiepark gemach mit jede Menge Fördermitteln und wollte für die Russen so Fertigteilhäuser da exportieren, aber da gab’s dann keine Hermesbürgschaften mehr und dann war gar nichts mehr. Und dann wollte er hier groß in Bernau hat er da eine große Siedlung gebaut und da hat sich wohl die Stadtbank Berlin, gibt‘s so was, zurückgezogen aus der Geschichte und da war er pleite.

BG: Sparkasse vielleicht, Landesbank

HW: nee

BG: Stadtbank gibt’s nicht, aber ist egal

HW: aber so was mit Stadt war es und neija da ist er pleite gegangen und ist weg. Solche Leute kennen wir, die haben ihre eigenen Werke zu Hause mit den Fördermitteln saniert und dann hören sie auf. So nun ist der Faden wieder weg.

BG: Wo sind wir jetzt,

TR: über Pinnow war, Soldaten-Pinnow

HW: | ach so, da war die Betroffenheitsanalyse | und da stellt sich raus, die hat das Amt für Agrar, jetzt heißt es anders, Agrarordnung in Prenzlau gemacht. Die ist für uns zuständig und da waren vier Vertreter der Forstwirtschaft da, und da vielen mir Unstimmigkeiten in Zahlen auf. Da tauchten plötzlich 350 oder 400 ha mehr Wald im Nationalpark auf,

TR: wie viele ha sind‘s insgesamt

HW: ach sind .. 1900

TR: damit ich weiß, was 400 ha bedeutet

HW: ist in der Summe keine wichtige Größe aber, insofern wichtig, die haben die, da viel mir auf, dass da plötzlich mehr drin ist und da habe ich mich dann, habe ich den Prof. Freude gefragt um welchen Wald es sich handelt, und so, ja er gibt zu es ist mehr, es ist hier reiner Kiefer-Wirtschaftswald hier im Talsandgebiet und wir wollen da sehen, wie aus Wirtschaftswald wieder Naturwald wird und so. Deswegen haben wir das mit rein genommen. Und dann auf dem, da gab’s einen heftigen Disput, dann stellten wir auch noch fest das er die Forstwirtschaft in der Betroffenheitsanalyse vollkommen vergessen hatten, angeblich, und dann auf dem Parkplatz draußen kam Feude zu uns ran, wir haben da noch diskutiert wir vier, ich kannte ihn schon von den Diskussionen und so weiter, und da sagt er, es tut

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mir leid ich konnte das nicht sagen drin, wir mußten den Wald rei nehmen, um auf die Fläche zu kommen. Ich habe nun mal den politischen Auftrag, den Nationalpark hinzustellen und das mache ich. So, drinne hatte er es bestritten, ich hatte ihm auf den Kopf zugesagt, die Flächen sind nur rein gekommen um die Totalreservatsfläche im Jahr 2010 zusammen zu kriegen und das hat er da wehement bestritten und draußen sagt er dann es ist so, konnte es aber drinnen nicht sagen. Und so, so arbeiten die Burschen und ich weiß nicht, da hat er eine Anwandlung von Ehrlichkeit gehabt, aber seit dem ist der Mann bei mir, mit dem brauche ich nicht mehr streiten. Ist schade dass das so ist. Ja, ... fragen sie weiter

TR: Ja, wir haben ja schon eine ganze Menge durch, es kann eigentlich auch bald zum Abschluß kommen, vielleicht noch mal so einen perspektivischen Blick, einen Blick in die Zukunft, wie stellen, wie sehen sie die Entwicklung hier so der Region auch in Bezug zum Nationalpark, ich meine es geht ja in jedem Fall weiter. Was erwarten sie, wie sehen sie das

HW: Also der Nationalpark bringt kein irgendwelches keinen Aufwärtstrend in die Gegend, ich will nicht sagen das er sich negativ auswirkt, auf die Beschäftigtenzahl, in der Landwirtschaft auf alle Fälle, aber, na gut das sind ich glaub das ist in der Größenordnung von 30 bis 50 Arbeitsplätzen, wenn die Arbeitsplätze ersetzt werden könnten, wäre das kein Streitobjekt. Also, er bringt kein Leben hier in die Gegen rein. Das kann auch ein Nationalpark eigentlich nicht, es sei denn, man baut die Peripherie aus das er für Laien interessant ist, also man stellt irgendwo noch ein Tiergehege hin und ein großes Besucherzentrum, wie es in Criewen gemacht werden soll und so. Der Nationalpark eignet sich auch auf Grund seiner Figur auf seiner riesen Länge und geringen Tiefe und der Begehbarkeit nur auf den Deichen im wesentlichen nur auf den endlosen Deichen, gar nicht fürn für Besucher, die da mal rein laufen und das geht eigentlich gar nicht. Hier muß eben trotz Nationalpark muß die Wirtschaft hier angekurbelt werden die Keimzelle Schwedt ist auszunutzen ist zu fördern. Trotz Nationalpark kommt der Hafen ja nun, das war auch ein schwieriges Ding, der Grenzübergang der müßte dann auch verlegt werden, müßte kommen, im Moment besteht der Bedarf bei den Polen noch nicht. Das Interesse bei den Polen wird aber kommen. Und die Option muß man sich offen halten. Die Durchschneidung wäre eigentlich würde eigentlich nach den Buchstaben der Vorschrift, den Nationalpark schon eliminieren. Die neue Durchschneidung. Da war man sich aber von vorn herein drüber klar, ja

BG: ja, ja

HW: aber wenn der jetzige Minister Birthler, der war damals Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag hat zu mir gesagt, wir machen einen Brandenburger Nationalpark mit 50 %, .. ich sag, das geht doch nicht. Was sagt denn da das Umweltministerium in Bonn dazu, weil die Gelder ja da her kommen. .. Da sagt er, ich hab’s wörtlich noch hier stehen, der Herr Töpfer ist ein sehr kluger Mann, doch der sitzt in Bonn und wir sind hier in Brandenburg. Und damit war das Ding für ihn erledigt. Der ist jetzt Minister für Landwirtschaft und Naturschutz. Also es ist nicht sauber gearbeitet worden es ist nicht sauber mit den Betroffenen umgegangen worden, es ist nur an Restriktionen zugegeben worden, was die anderen irgendwoher erfahren hatten und was sie nicht leugnen konnten, es ist nicht offen und ehrlich mit den Leuten hier umgegangen worden. Man muß auch sehen, dass die Leute hier, weil die ja auf dem Land wohnen, ihre Freizeit auch Gott sei dank nicht in der Kneipe sonder draußen verbringen, als Angler als Jäger, als Spaziergänger, als notorische Spaziergänger mit ihrem Hund da, riesen Gänge machen die da und so weiter. Die brauchen die Natur. Die Angler sind Leute die Nachts im Dunkeln raus fahren mit dem Fahrrad nun da an ihre Angelstellen und angeln gehen. Wenn sie das nicht mehr machen können, bricht für die eine Welt zusammen, die kennen das nicht anders. Ebenso wie dir Ornithologen, die in Schwedt spitze sind, die in das Konzept nun rein passen, die beobachten, zählen, die schützen und so weiter und so fort. Aber eben Angler angelt und der Jäger ist dazu da, dass er was schießt und da hat er seine Freude dran und das man denen diese Möglichkeiten weg nimmt, das ist doch nicht in Ordnung. Aber der Nationalpark muß den Leuten diesen Freizeitspaß wegnehmen, sonst ist es keiner.

TR: und sehen sie da noch irgendwie Kompromißmöglichkeiten, die auch nicht genutzt wurden, vielleicht auch wegen dieser Politikstile, wegen dieser Kommunikation?

HW: Also eigentlich, wenn es ein richtiger Nationalpark sein soll, wird er immer (Zw708?) als ein Entwicklungsnationalpark das ist

(hier endet die Aufzeichnung der zweiten Seite)

HW: (...) in zehn Jahren, ach Gott noch mal, das nehmen sie eher hin, die denken nicht an ihre Kinder und nicht an ihre Enkel und so wird das gestreckt. Die Politik macht es im Großen ja auch so, die schweren Sachen treten erst in Kraft, wenn die nächste Regierung dran ist, die gar nichts dafür kann, so wird das gemacht. Das ist doch oft so. Das erleichtert den Leuten zuzustimmen, oder ein Fischer kriegt eben gesagt, so lange du lebst, kannst du fischen und da freut der sich, aber das da kein Nachfolger kommt. Ja, im Königssee darf der

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Fischer von St. Bartolomee darf als einiger im Königssee Fische fangen.

BG: In Schwedt haben wir das auch.

HW: Ich weiß nicht, ob das dort auch personengebunden ist, dass wenn der mal stirbt, kein Fisch mehr gefangen werden darf. Aber das sind so Methoden, um mit wenig Protest so über die Runden zu kommen. Und die Jagd wird erledigt mit dem Grundeigentum, das haben wir ja schon paar mal gesagt, die haben ja genug Leute mit der Jagdprüfung im Nationalpark, die dann, das ist aber dann keine Jagd mehr, das ist schrecklich was sie da im Bayrischen Wald machen da, was sie Reduzieren des Wildes nennen und das machen die dann hier auch, das ist so eine Art Schädlingsbekämpfung. Das sollen die dann machen. Im Nationalpark Bayrischer Wald wird das Rotwild dezimiert in den Wintergattern, weil das Rotwild da nicht überleben kann in den Hochlagen und in den äsungsarmen Gebieten, weil‘s nicht wandern kann frei, gehen die im Winter in Wintergatter, da werden sie gefüttert, da fühlen sie sich sicher und da werden sie wie aus einer Viehaltung werden sie eben da abgeknallt. Das ist nichts für Jäger. Ein Jäger muß dem Wild immer eine Chance geben, ein Jäger gibt dem Wild eine Chance, ist ein Zweikampf zwischen Wild und Jäger und das ist das was Spaß macht. Man muß Wild überlisten. Mancher überlistet es, in dem er sich hinsetzt und ganz ruhig ist und dann wartet bis durch Zufall irgendwas kommt und dann schießt er. Da hat er auch seine Freude dran und mancher pirscht eben und versucht es so zu überlisten, aber das ist der Spaß an der Sache, nicht das Töten. Das Beute machen ist ein alter Trieb des Menschen, aber wenn man da so in einem Wintergatter da das Wild da tot schießt... ich finde es unappetitlich. Und ähnlich wird dann hier. Dann irgendwann machen sie große Jagden ... ich weiß alles, na gut (ZW78?)

TR: Ja was denken, was glauben Sie, was andere so über diese Region denken, hat sicherlich auch was mit dem Streit zu tun, den man in der Presse ließt, darum sind wir z.B. hier, ...

HW: Was andere über diese Region denken? Also ich finde sie wunderbar die Region obwohl ich aus dem Thüringer Wald komme. Ich bin auch gerne in Österreich in den Bergen, aber ich wollte mal weg, aber ich bin dann doch nicht weggegangen, weil die Kinder dann nicht wollten. Also ich find‘s hier wunderbar. Die Leute die hier wohnen ... wollen nicht weg. Die jungen Leute gehen noch eher, weil sie Arbeit suchen. Wir wollen doch nicht, dass alles so bleibt wie es ist. Es soll sich verändern, es soll sich modernisieren die Geschichte hier, es soll Arbeitsplätze geben. Dann vertragen wir auch den Nationalpark. Wenn für die Angler die Möglichkeit weiter ist, da ihren Freizeitsport nachzugehen, für die Naturwanderer eben da wandern zu gehen und was da so alles ist, dann kann man mit dem

Nationalpark leben. Aber wenn der Nationalpark evt. als Bremse für Schaffung von Arbeitsplätzen wirkt, dann können die Leute hier sauer werden. Und offensichtlich wirkt er schon als Bremse, in dem viele Bürgermeister sich gar nicht mehr drum bemühen, dass sich kleine Betriebe ansiedeln, weil sie denken, die Touristik schafft‘s mal. Und die wird’s nicht schaffen. Außerdem touristisch interessant sind ja letzten Endes auch nur Gegenden, wo es den Leuten gut geht. Die auch die Finanzen haben, das Umfeld so zu schaffen, dass sich Leute sagen, Mensch, hier möchtest du auch gerne wohnen und so, die schönen Dörfer und so weiter. Oft wird’s übertrieben, wie in Österreich und in Bayern. Die möchten ja noch, die Bauern möchten ja noch übern Misthaufen da so eine Glocke machen eine Käseglocke und so, dass es ja nicht ein bisschen riecht. Das sieht manchmal schrecklich ordentlich aus, schrecklich. Ein Bauernhof, ich komme vom Dorf, eine Bauernhof ist was wunderschönes. Abenteuerliches für Kinder, es war herrlich ja , aber die sind ja so was von sauber und geordnet und ah, das macht ja direkt kein Spaß mehr.

(Lachen)

HW: Also so braucht es nicht sein, aber ein bisschen mehr müßte hier rausgucken, dass es den Leuten gut geht dann kommen auch Gäste her. Aber wenn die merken, den geht es nicht so gut und die sind hinter jeder Mark her und dann und die machen es eigentlich nur, dass sie Geld kriegen, wenn man das Gefühl hat, dann, dann guckt man alles unter dem Blickwinkel an, die wollen dich ja nur abzocken.

BG: ja

Man kann nicht eine Gegend hochpeppeln im Wohlstand durch den Tourismus. Es muß den Leuten erst gut gehen, dann kommt die Touristik und dann entwickelt sich das schon irgendwie. Aber arme Gegenden, da gehen sie nicht gerne hin. Dann, dann muß schon ein Währungsgefälle sein, da. Auf Kuba, da stört die Leute nicht, dass sie rund rum verhungern, da haben sie ihre Robinsons-Clubs und so weiter und da prassen sie und da haben sie einen guten Wechselkurs und da fühlen sie sich wohl, aber das geht ja hier im Inland nicht. ....Ja, also es hätte alles vernünftiger und besser gemacht werden können, wenn nicht das Piratenstück passiert wäre mit den Gewässerrandstreifenprogramm, der Vereinsgründung mit dem Antrag Gewässserrandstreifenprogramm und Nationalpark hinterhergekleckert. Die Nationalparkverwaltung macht sich ja regelrecht lächerlich gegenüber dem Verein. Denn der hat, der hat‘s Geld der hat die Macht. ... Dabei ist das eine wunderbare schützenswerte Gegend und... es wäre so friedlich, wenn es ein Biosphärenreservat geworden wäre. Da wäre fast die selbe Unterschutzstellung möglich gewesen und so weiter. Auch die Bevölkerung wäre

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mit einbezogen und Wald kann z.B. auch schön sein, wenn er genutzt wird. Wenn‘s vernünftig gemacht wird, er kann schöner sein, als ein Urwald, für einen Laien. Für einen Fachmann ist es immer noch was anderes. Aber was man jetzt machen will, diesen Wirtschaftswald da nun noch im beschleunigten Verfahren zum Urwald machen zu wollen und noch Geld reinzupumpen, da stehen mir die Haar zu berge. Da sind schon Versuche gemacht worden (...) in so kleine Kiefernaufwüchse die mit viel Geld gepflanzt worden sind, nun da irgendwo regellos da Löcher reinzuhacken und so, und da Eichen reinzupflanzen oder zu hoffen, dass da Eichelheer kommt und sich da welche rein, ja eh die Eiche wachsen kann, hat sich die Kiefer

BG: natürlich

HW: die will sich ja schließen, und wenn die Äste an der Seite noch so lang werden, aber die nutzen die Möglichkeit, Sonnenenergie aufnehmen zu können, so aus, dass jedes Loch was da ist, wieder geschlossen wird. Und wenn man das Loch zu groß macht, da kommt der Sandrohr, Calamacrostis, dass ist so ein Landschilf nennt man es auch, bedeckt den Boden und dann kommt aber erst mal nichts mehr auf Jahrzehnte, weiß der Teufel wie lange. Wir haben das früher mit der chemischen Keule bekämpft und haben da einen Wald draus gemacht. Wie lange die Natur braucht, wird auch mal überwunden dieses Stadium, aber im Nationalpark muß man sich Zeit nehmen. Die wollen nun aus den Poldern wollen sie Auwald machen, wollen sie nun pflanzen oder säen, zumindest den Boden aufreißen, das nächste Hochwasser spült dann alles weg, ist doch klar, und so, also als wenn alte Männer einen Sandkasten haben, und da nicht warten wollen das der Regen da eventuell was daraus macht und so, sondern die wollen ihren Urwald noch erleben. Und das werden sie nie. Da können sie noch soviel Geld reinstecken. Ein Förster denkt in Zeiträumen von 100 Jahren und länger und das können die Naturschützer offenbar nicht. Die Kiefer ist in der natürlicher Entwicklung ein sogenannter Vorwald für das nachfolgende Laubholz. Im deutschen Raum geht die Entwicklung von Wald grundsätzlich (lacht), dass heißt mit Ausnahmen, bis zum Buchenwald. Das ist das Endstadium. Der Buchenwald erneuert sich dann immer wieder zum Buchenwald, wenn keine Waldbrände oder so was ist, keine großen Störungen, so. Die Nutzung durch den Bewirtschafter war so eine große Störung. Da kommt hinterher die Kiefer und die Birke als Erstbesiedler. Und die haben wir nun gepflanzt, aber sie ist da. Die kann man nun stehen lassen. Eiche auf eine freie Fläche zu pflanzen, bringt nichts, weil die erfriert bei späten Frösten. Die ist so spätfrostempfindlich und hier gibt’s fast jedes Jahr welche, die kommt nicht auf der freien Fläche vor. Grundsätzlich nicht. Es gibt Ausnahmen, an

Hängen, wo die Kaltluft abfließt, da kommt sie. Da wird sie aber vom Wild gefressen, da kommt sie trotzdem, aber da ist der Weißdorn die schützende Vorwaldart, man sieht sie ja Eingang Garzer-Schrei, Weißdornhecken, und da kommen plötzlich Eichen druntern. Da kommt das Wild nicht ran, die wachsen durch. Und die Kaltluft fließt ab. Dann geht das. Also die Kiefer hier wachsen lassen, eines Tages kommt die Eiche drunter, die Kiefer bricht zusammen, und da haben sie eigentlich jetzt schon ihren Urwald in Form eines Kiefernvorwaldes, wie es die Natur auch gemacht hätte. Vielleicht ein Paar Birken drunter. Aber nun wird aufgehackt und da, ich weiß nicht was sie nun beschließen, was da gemacht werden soll. Auf jeden Fall haben sie Geld und ... es muß was gemacht werden. So Geschäftehuber-Mentalität. Eigentlich wer einen Nationalpark gründet, der muß auch so gelassen sein, die Natur nun wirklich machen zu lassen, aber die wollen scharren wie die Hühner und wollen der Natur zeigen, wo sie langzugehen hat, ja, die wollen ja auch einen künstlichen Flußlauf da noch machen ..... im Poldergebiet, so einen zentralen Flußlauf machen, mit Baggern da rein und da, und das im Nationalpark. Sandkastenspiele alter Männer.

TR: Das ist eigentlich ein schönes Abschlußwort

HW: Und das auf Kosten der Leute die hier leben.

Hier Endet die Aufzeichnung

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Interview Herr Tischbierek, vom 28.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min.

2. Interview Herr Tischbierek, vom 28.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min.

InterviewerInnen: Vera Meyer, Alexander BeloussovStand 20.11.200Band Nr.: 54, 55

Transkriptionszeichen: VM Vera Meyer, AB Alexander Beloussov B die befragte Person (...?) nicht verstanden.. kurze Pause... lange Pause¦ wird lauter/ wird leiser(...) Auslassung

Transkriptionsbeginn:

B: (...) Also Landespresse war da, ist das mehr würde ich mal sagen anleitend für die einzelnen Vereine. Es sind fast 30 Vereine jetzt, also Boxvereine oder Boxabteilungen-Verein hier und man muss sich vermarkten, man muss sich verkaufen, man muss sich öffentlich darstellen und da fehlt es in den einzelnen Vereinen öfter so ein bisschen an Ideen, was zu versuchen oder was reinzubringen. Früher hat man dann von Seiten des DTSB das verfasst, dann ging das durch und heute muss man sehr viel an den Leuten selber arbeiten. Aber deswegen mache ich das auch öfter mit, mit den Dingern (das Diktiergerät gemeint)... Oder wenn ich am Ring sitze, ich kann nicht am Ring sitzen und sprechen, das Ringgeschehen nach den Vorschriften oder nach den Regeln mit beeinflussen und kann zur gleichen Zeit schreiben, das geht nicht; also habe ich eine kleine Flüstertüte immer dabei. Da spreche ich die Reportagen rauf und dann habe ich das. Mit dem habe ich kein Problem (das Diktiergerät gemeint).

VM: Sind Sie noch in einem anderen Verein oder irgendeiner anderen Organisation tätig?

B: Na ja, tätig.. Ich bin im Verein zum Schutz des Unteren Odertals. Das ist meine Position. Oder meine Position deckt sich mit dem Ziel dort und deswegen haben die wahrscheinlich auch angefragt ob ich bereit wäre für so ein Gespräch hier.

VM: Und Ihre Position, wenn Sie die kurz zusammenfassen würden; was will ich da bezwecken? Ihre Interessen,

B: Noch mal die Frage bitte.

VM: Ihre Interessen die Sie in diesem Zusammenschluß dieser Interessengemeinschaft vertreten wollen.

B: Meine Interessen sind, dass das Anliegen der Allgemeinheit gewahrt wird, dass alle Interessen und alle Dinge, die, sagen wir mal, nicht nur einen Verein betreffen, sondern einen größeren Umfang, annehmen, dass die gewahrt bleiben und dass Vorstellungen, die durch keinerlei ökologische, ökonomische Zwänge na eben reingebracht werden, dass die durchgesetzt werden. Da bin ich eigentlich dagegen. Denn, ich hab mir noch mal in Vorbereitung der Ganzen Geschichte das Leitbild des „Vereins der Freunde des Unteren Odertals“ noch mal vorgenommen, also ich sehe keine zwingenden Notwendigkeiten. Bin von Beruf Landwirt und da kenne ich mindestens Zusammenhänge, obwohl es viele Jahre her ist. Da kenne ich aber zumindestens die Zusammenhänge in der Natur und ich weiß auch, dass das, was hier so schützens- und schaffenswert entstanden ist, aus Notwendigkeiten heraus entstanden ist im 17. Jahrhundert, also wo es dann losgegangen ist mit der Re..

VM: Sie meinen damit die Kulturlandschaft?

B: Ja, die Kulturlandschaft. Und die ist ja so gehegt und gepflegt worden, ich bin auch Angler gewesen, aber jetzt habe ich keine Zeit mehr, als Rentner (B. lacht), dass eben das, was so schön war, durch den Status erreicht wurde, der sich im Verlaufe der Jahrhunderte herausgebildet hat. Und dass das, was jetzt passieren soll, es gibt keine Notwendigkeiten, es sind Vorstellungen, es sind subjektive Utopien in meiner Sicht und da kann ich eigentlich nicht mitgehen mit der Geschichte hier.

VM: Und damit: „das, was passieren soll“, meinen Sie das Totalreservat ?

B: Ja. Na ja, das alles, was der „Verein der Freunde“ sagt, das Leitbild kann nur unter Rahmenbedingungen erreicht werden, die vom heutigen Zustand grundverschieden sind.

VM: Ja, aber solche Leitbilder sind immer in der Art gefasst, dass sie weiträumig und irgendwo leer sind. Also, Sie meinen damit das Totalreservat?

B: Ja, das Totalreservat.

VM: Also, die Sperrung?

B: Ja, die Sperrung, die Aussperrung praktisch aller anderen Interessen unter den Vorstellungen eines Vereins. Es muss ja nicht Überflutung sein. Es muss kein Auenwald her. Es müssen keine Schranken ringsum sein. Muss nicht sein. Es ist bisher so gegangen, ist geschützt worden, die Artenvielfalt hat sich auch unter den Bedingungen entwickelt. Und das sind, in meinen Augen sind das Vorstellungen, die ... keine, wo keine Notwendigkeiten hinter stehen, sondern nur, wollen wir sagen, Visionen bestimmter Leute.

VM: Meinen Sie, das sind „nur Visionen“ - also es ist nur eine ideologische Position, „man sollte die Natur schützen“, oder steckt da was anderes

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

dahinter?

B: Na man sollte die Natur natürlich schützen, als Landwirt, als Angler bin ich auch mit diesen Dingen konfrontiert worden, und jede Konservenbüchse oder jede Folie, die liegen bleibt am Wasser, die dient ja nicht der Natur hier, aber ich bin nicht der Meinung, dass Naturschutz um des Naturschutzes willen gemacht werden soll, oder um die Utopien einiger Leute dort durchzusetzen, also da bin ich strikt dagegen.

VM: Meinen Sie, dieser Verein hat nur utopische Vorstellungen, oder steht da auch noch etwas anderes dahinter, also was die Fördergelder betrifft oder usw.?

B: Die Fördergelder sind ja Mittel zum Zweck.

VM: Sehen Sie die nur als Mittel zum Zweck?

B: Ja, nur, sicher. Die können auch für den Naturschutz sicher eingesetzt werden, aber nicht auf die Art und Weise, wie das hier propagiert wird hier. Wissen Sie ich bin, vor ein paar Wochen waren wir im Urlaub in Kroatien gewesen. Da waren wir auch in einem Naturschutzgebiet bei dem <Kretka Wasser?>. Kennen sie ja?

VM: ja, ist sehr schön

B: Ist ja wunderbar, und dort sind auch Menschen drin, und dort sind auch Fahrzeuge drin. Ich meine, sicher, durch die Streckenführung können die Fahrzeuge nicht überall hin, es ist ganz begrenzt und so, aber sie sind eben da, und das Erlebnis der Natur wird den Menschen ja durch die Art und Weise nahe gebracht, wie die Wegeführung ist und wie alles dort ist jetzt. Hier steht überall ein Schild. Und wenn ich da lese beispielsweise (B. liest aus dem „Leitbild..“ vor) ... „touristische Aktivitäten hauptsächlich auf das Umfeld verlagern“ - ja, was soll das?

VM: Genau, das ist ein Problem, weil so entsteht ein Gegensatz zwischen Mensch und Natur: der die Natur auf einer Seite und ...

B: Ja, so denke ich das auch. Also, Sperren, Verbote und Behinderungen lassen dann den Tourismus nicht zu, also wird der Tourismus sterben. Wenn ich nur um ein Gebiet rumfahre, das attraktiv ist, und die Attraktivitäten selbst nicht sehen kann, sondern sie nur von Ferne oder aus irgendwelchem Bildmaterial in Büchern oder Führungen oder so was, (...?) dann bringt mir das nicht, dann bringt das auch den Tourismus nicht her. Zumal ja der ganze Ansatz, soweit mir das bekannt ist, der ganze Ansatz darauf hinzielt, dass die Landwirtschaft eben aussen vor bleibt. .... Was soll die Mad im September? Wissen sie, ich hab mal gelernt : „Mähe das Gras nach seiner Güte, möglichst vor Beginn der Blüte, bringst auch weniger Du nach Haus, gleicht der Futterwert es aus“. Das ist so eine alte Regel gewesen. (B. aufgeregt) Ich hab doch Stroh, da ist nicht mehr drinnen, kein Nährstoff, kein

Nüscht, kein Garnüscht mehr, da ist doch die Existenzgrundlage für die Landwirte entzogen und die Tierarten, .. ja, welche sollen noch sein, wenn es 270 Tage im Jahr überflutet ist?

VM: Das ist ein Problem. Das ist immer eine Frage, was es denn nun geschützt werden sollte. Und manche Naturschützer haben einen Ansatz und die anderen einen anderen. Das wird immer ein Konflikt sein.

B: Ja, ganz sicher. Ich gehe vom Sport aus: der eine, der schwört auf den Fußball (...?) und der andere schwört auf Boxen der dritte schwört auf Tennis, was weiß ich, das ist bei den Naturschützern auch so, sicher. Denn ich kann mich erinnern, erst wurden ja diese Windkrafträder da, als das große Highlight dargestellt und jetzt stellt sich ein Teil der Naturschützer jedenfalls dagegen. Aber ich meine um hier von diesem .. Dings auszugehen, wenn ich davon ausgehe, dass 270 Tage im Jahr so gut wie alles überflutet hier ist oder großflächig überflutet ist, dann hält sich noch eine Tierart, das sind die Fische. Möglicherweise. Aber alles andere, was jetzt ist und was als Vielfalt beschrieben wird, wird doch nach draußen rangedrängt. Und die Utopien, die sie hier schreibten (...?) .. Wachtel. (B. liest vor) „Wiesenbrüter wie Wachtel und Brachvögel sollen im Umland neue Lebensräume finden“. Da frage mich: wie wissen die das? Mit dem Wachtelkönig beispielsweise ist vor Jahren hier noch groß Reklame gemacht worden. Gut, und schützenswert und so. Hat jeder eingesehen, dass da die Mahd ein bisschen später ist, damit die (undeutlich) rausgeht, ist alles okay. Also diese Festlegen, das sind doch Utopien...Das ist ja nicht vom Verein zum Schutz, sondern ist ja vom Verein der Freunde ist dieses Material erarbeitet hier. Da muss ich doch sehen, dass sind doch... Ich war vier Jahre in der NVA, und da gab’s den Befehl Hundert, und der legte fest, bestimmte Dinge, die gemacht werden durften und nicht, und so machen die das auch hier. Keine Wege, Verbote und so weiter und so fort. Das kann wohl nicht der Sinn des Naturschützes sein.

VM: Und denken Sie, auch bis jetzt gab’s nicht viel Tourismus hier. Wie könnte man das fördern? Wie könnte man den Park so ausbauen, sei es Naturpark, sei es Nationalpark, das es touristisch interessant wäre?

B: Na ja, zumindest indem die, der Naturschutz so wie er bisher war, weitergetrieben wird. Auch mit strengen Auflagen. Also ich bin auch, ich weiß nicht, sind sie Berlinerin direkt?

VM: Nein, eigentlich nicht.

B: Sie Berliner? (an AB)

AB: Ne, ich komme aus Sankt-Petersburg.

B: Aha, alles klar. Habe ich mir gedacht he, he.

VM: Wir leben aber beide in Berlin

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B: Ja, gut, also ich will, ich meine die Berliner, jetzt die speziellen Berliner, die fahren mit ihren Autos dort rein. Machen Camping vollkommen unbelastet, schmeißen ihr Zeug weg. Ich selbst gesehen, ich hab mich selbst mit ihnen angelegt. Auch noch nach dem jetzt diese Schilder überall sind und so. Das interessieren die nicht, die fahren rein, die wollen was sehen. Also ich meine Tourismus wäre machbar in der Form eines gelenkten Tourismus, der Schutz muss sein. Und wenn fachlich versehene Leute da sind, die bestimmte Biotope zeigen, was weiß ich, bestimmte Pflanzen, die sich entwickeln, bestimmte Tierarten mit beobachten usw., aber nicht vom Rande aus !. Denn der Rand ist unruhig und da ziehen sich die Tiere zum Zentrum rein, in das Innere rein her. Aber wenn ein gelenkter Tourismus ist, mit Fahrrädern, mit Pferden und dann dürfte es eigentlich schon aufhören hier, oder zu Fuß, das sind die drei Varianten hier, dann würde ich sagen, wenn dieses System ausgebaut wird, dann könnte es schon besser werden, als diese Abgrenzung, die bringt doch nicht, man sieht doch nichts.

VM: Also, Sie stellen es Ihnen eher als Lehrpfad vor, wo Touristengruppen, geführt durch die Natur kommen...?

B: Ja, in etwa.

VM: Und meinen Sie das wird für die Region was bringen, also Arbeitsplätze ..?

B: Hat sich ja angedeutet. Ging ja los.

VM: Sehen Sie wirklich eine Chance, dass das ...?

B: Ja, sicher. Ich meine, das ist nicht in zwei Jahren gemacht, da brauche ich vielleicht ein Jahrzehnt, um das zu bekommen, denn es müssen die Wege festgelegt werden, die Biotope müssen beobachtet werden vorne weg, es müssen Nachschutzmaßnahmen gemacht werden, es erkundet werden, wie viel, oder was verträgt dir ganze Geschichte, aber das, die Natur erlebe ich nur, wenn ich in der Natur bin und nicht, wenn ich an der Natur bin. Das zieht keinen her, wenn es ein abgeschlossenes Gebiet ist, wo kein Eingang ist und wo man sagt, also da hinten da ist der Graureier und dahinten in 3,5 Km, da sehen wir was weiß ich, Wiesenbrüter oder so was. Das wollen doch die Leute sehen. Und ganz gewiß würde auch eine Störung, ja, man muss natürlich auch sehen, wenn Brutzeiten sind, das muss irgendwie gelenkt werden, aber dazu sind die Fachleute sicher besser in der Lage, das zu sagen, was möglich ist. Aber ich bin auf alle Fälle der Meinung, dass einen gelenkte Führung lehrpfadmässig, mit (...) Aussichtspunkten... und sowas, dass das durchaus möglich wäre. Der Pferdefuss der ganzen Geschichte... (B. sucht im „Leitbild“) Den habe ich so unter anderem entdeckt hier. Wo war denn das gewesen? ... Ja, „Keine Regulierung des Wildbestandes durch Menschen, Jagd kurzfristig

einzelf(...?).“ Ja, bin ich auch der Meinung. Das könnte man machen.

VM: Das könnte aber gleichzeitig zu der Vermehrung einer einzigen Art führen.

B: Ja, das ist durchaus möglich.

VM:Also, sei es der Schutz der Kormorane kann dazu führen, dass ...

B: (B. lacht) Oh, ja, ich weiß sicher. “Jagd ist kurzfristig einzustellen“, zwei Sätze weiter: „der Förderverein schafft einen eigenen Jagdbezirk und verpachtet nicht weiter“. Habe ich runter geschrieben „Wie bei Erich“. ... Ja, Privilegien. Der schafft sich Privilegien da durch, und das kann nicht sein. Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, aber durch die Polder und auch durch die erweiternden und was immer (... ) durch die Polder führen die Systeme der Erdölleitung. Die werden überflutet, was ist, es hat sich kein Mensch dazu geäußert, was ist wenn 270 Tage im Jahr Hochwasser ist praktisch ... und was dann? Und da ist eine Havarie? Ist doch möglich. Die Röhre sind ja auch der Korrosion ausgesetzt,

VM: Die sind auch schon mehrere Jahrzehnte alt

B: Die sind auch schon mehrere Jahrzehnte da, da muss was reguliert werden, planmäßig oder nicht planmäßig. Weiß was ich, wenn Havarien oder so... Das könnte ja zu Katastrophen großen Ausmaßes führen hier. Und wer, hat ja überhaupt keiner untersucht, weiß heute schon die Auswirkung dieses Wassers auf Grundwasserstand von Schwedt? Der drückt ja hoch! Die Kleingarten können ja dichtmachen, bin ich fester Überzeugung. Denn ich habe selbst mal einen Garten gehabt, (...?) wenn Hochwasser war, waren die Gärten schon überschwemmt. Na gut, das war kurze Zeit, das war nicht so viel, nicht so lange, aber... Das sind Dinge, die vollkommen unausgegoren sind, die irgendeiner Vision entsprechen, und nach meinem Dafürhalten sind das Privatinteressen, die hier durchgesetzt werden. Und auch die Verfassung sagt: Gemeinnutz geht vor Eigennutz, ich weiß zwar nicht in welchem Artikel, aber es steht drinnen.

VM: Und wie weit ist hier die Gemeinde überhaupt beteiligt gewesen? Also von 90 ging ja dieser Prozeß los so nach der Wende.

B: Ja, ja, hier die Stadtverwaltung?

VM: Ja überhaupt die Leute, Landwirte, Fischer?

B: Gar nicht, gar nicht, sind immer vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Der Verein hat sich gegründet, da hat sich keiner was gedacht, weil es da viele Vereine gegründet werden, aber dann ... hat man doch so gemerkt, Schritt für Schritt, in welcher Richtung der Land geht. Ich komme immer wieder auf den Punkt zurück: es gibt keine ökologische, keine ökonomische und touristische Notwendigkeit, so etwas zu machen, das sind Vorstellungen (...?) zu

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

errichten

VM: Und es hatten sich ja noch weitere Vereine gegründet, also z.B. von Herrn Manthey, die eher dagegen auftraten. Sehen Sie da eine Chance, dass diese etwas erreichen können, also solche Interessengemeinschaften?...

B: Schwer zu sagen. Der Verein der Freunde des Unteren Odertals, oder weiß nicht, wie der lange Name da ist, dieser Bandwurm hier, da sind wohl 60 Mann drin, das ist eine Elite, vielfach Vertreter der Grünen mit sehr exponierten Einstellungen; wir haben über 2300 Mitglieder, denke ich mal so. Alles, was sich angeschlossen ist, die Angler und, wer auch immer sich dort zusammengetan hat hier. Aber das ist keine Sache der Masse, sondern eine Sache politischer Intuition. Denn solange ein Herr Birthler da drin wirkt, der das Landwirschafts- und das Umweltministerium zusammengelegt hat, kann natürlich Dinge bewirken, die am Volksinteresse vorbeigehen, indem er administrative Dinge vorbereitet, festlegt, den Informationen rechtzeitig zukommen lässt, die eher reagieren können als wir, also ich halte das ein bisschen, da ein bisschen politisches Intrigenspiel ist da mit bei, auf alle Fälle, nach meiner Auffassung.

AB: Sagen Sie bitte, die Mitglieder des Fördervereins, kommen Sie aus der Region, oder?

B: Ich?

AB: Die Mitglieder des, Fördervereins

B: Welche Mitglieder, des Vereins

AB: Des Fördervereins

VM: Förderverein der..

B: Ach, Berlin, Greifswald, sonste wo, ein paar kirchliche Vertreter, Pfarrer ist da drin, aber der ist aus dem Territorium, aber dieser Verein der Freunde des Unteren Odertals,

VM: Herr Berg

B: Herr Berg, ja, aber da drum ist Kuratorium, sitzt in Berliner, also was solls. Und die Leute, die da drin sind, sind in Personalunion mit dem Vereinsvorstand, das Kuratorium ist geschaffen worden, um bestimmte Regularien (...?), aber wenn die gleichen Leute, oder zum Teil die gleichen Leute da und dort sitzen und

AB: Welche Interessen haben Sie denn hier, die aus dem Verein der Freunde des Unteren Odertals?

B: Ja, welche Interessen? Vielleicht wollen sie sich ein Denkmal setzen damit. Könnte sein. Das haben wir geschaffen, da war mal eine geschützte Kulturlandschaft, jetzt ist eine abgeschlossene Auenlandschaft, das hat sich der Charakter geändert, da sind soundso viel Hektar Bäume zu pflanzen und dies und das und jenes hier, und das haben wir geschaffen. Vielleicht ist das ein Anspruch, den sie an sich selber stellen. Aber nach

meiner Auffassung gibt es keine Notwendigkeit das zu machen hier. Es werden Existenzen vernichtet: Landwirte, Fischer, Tourismus, vielleicht noch ein bescheidenes Pflänzchen, aber auch. Es werden Gefahren durch die Umwelt heraufbeschworen durch die Industrielle Anlagen im Schützgebiet hier, das nicht betreten werden darf. Also

VM: Und Sie sagen, sie waren früher Angler. Das machen Sie aber jetzt nicht mehr?

B: Ich komme aus Zeitgründen nicht mehr dazu. Ich arbeite noch ein bisschen.

VM: Und also Felder haben Sie schon noch?

B: Wie?

VM: Sie haben schon noch ein Grundstück?

B: Grundstück?

VM: Also Felder, oder

B: Ich?

VM: Ja

B: Nein.

VM: Nichts mehr, also da sind Sie nicht mehr interessiert.

B: Nein, nein, nein, ... ich habe in der Landwirtschaft hab Landwirtschaft gelernt und dann Lehrer an einer Fachhochschule gewesen, also Biologie und Tierzucht unterrichtet, desshalb

VM: desshalb, verstanden. Ich wusste es nicht (...?) Ganz verschiedene Leute haben mir erzählt, von denen ich nie gedacht habe, dass sie noch Felder haben, dass sie parallel in der Landwirtschaft tätig sind, auch Gemeindearbeiter sind und auch noch weitere Interessen haben.

B: Ja, sicher. Es gibt viele, die haben noch... Es ist ja auch wie ein Flickenteppich. Wie soll ich sagen, der eine hat 3 Ha da und dann 4 Km weiter oder 2 Km weiter sind noch mal 5 Ha und das ist aber alles sein Land, und durch Verpachtung und so was ist das schon so geregelt, dass zusammenhängende Flechen entstanden sind für die Nutzer und viele der Eigentümer sind gar nicht mehr Nutzer. ...Also das ist das Problem. Aber ich habe da, wollen wir mal sagen, keine Interessen, keine wirtschaftlichen oder ökonomischen Interessen an der ganzen Geschichte, es geht mir eigentlich nur darum, die Kulturlandschaft so zu erhalten, wie sie gewesen ist, und nicht durch irgendwelche Visionen jetzt irgendwas hinzustellen, was einen Haufen Geld kostet.

VM: Es geht auch um die Entwicklung dieser Region. Das ist auch eine Idee, dass dadurch die Region entwickelt wird. Und viele sagen, dass ist ja nicht, was entwickelt werden sollte, sondern die Arbeitslosigkeit sollte bekämpft werden und das Geld soll. Was ist hier in den letzten 10 Jahren, was hat sich da so verändert? Seit der Wende oder mehr

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oder weniger auch

B: Auf welchem Gebiet

VM: Hier in dieser Region, Region Schwedt und Umgebung?

B: Also Schwedt selber hat einen eklatanten Einwohnerschwund, es waren mal so um die 50.000, jetzt sind 37.000-38.000 vielleicht. Das ist Punkt eins. Punkt zwei: die Stadt ist sehr viel älter geworden, weil die jungen Leute da einziehen, wo die Arbeit ist. Ist logisch.... Es hat sich natürlich durch den Markt auch vieles getan, muss man auch so sagen. Also, da haben eben viele ihr Häuschen gebaut hier ringsum. Das ist das Kuriosum. Das sind Schwedter, die wohnen jetzt vielleicht 1,2 oder 1,1 Km weiter oder 800 Meter weiter,

VM: In Criewen oder in Zützen

B: Ach gar nicht, Stadtrand von Schwedt. Aber der Stadtrand von Schwedt ist mit dem letzten Haus zu Ende und der nächst Garten gehört schon zum Landkreis Angermünde, also sind sie keine Schwedter mehr. Es ist formal, aber es ist, aber es wohnen eben viele in den Siedlungen rings rum, ja natürlich die Arbeitslosigkeit ist natürlich sehr hoch. Die liegt zur Zeit bei 22,3% so in diesem Dreh. Und das ist enorm, das ist enorm. Wer eine Arbeit, wer spezialisiert ist auf einem Gebiet, der könnte eventuell noch, aber da ist auch das Angebot zu groß hier, dass das kaum machbar ist.

VM: Also die Jungen wandern alle ab?

B: Meistens.

VM: Und hat sich dadurch auch was geändert was den Zusammenhalt der Leute betrifft?

B: ja

VM: So seit der Wende? Also wo man sich trifft, oder so mit Nachbarn, die Beziehungen?

B: Ja, ich gehe mal nicht von unserem Haus aus hier, bei uns hat sich da eigentlich wenig geändert.

VM: Sie wohnen schon seit langem hier?

B: Ich wohne schon seit 76 hier. Habe vorher in Frankfurt/Oder gewohnt und bin dann hierher gezogen. Im Haus ist eigentlich ein gutes Verhältnis. Sind paar neue, junge Leute reingezogen, die passen sich ein, und da gibt’s eigentlich auch keinen Ärger, aber ansonsten macht eben jeder sein ... Haus dicht „my home is my castle“ und dann ist die Sache erledigt.

VM: Und das war früher so?

B: Ne. Ach, nein, nein. Ja, sehen sie mal. Früher war das so gewesen: beispielsweise, meine Frau die hatte im Klinikum gearbeitet hier drüben in der Verwaltung, dann haben die Bereiche ihre ... Feste gemacht, Brasniki, und das war immer, das hat die Leute zusammengefügt, da hat es auch Spannungen die es mal gegeben hat innerhalb des Kollektivs, die

sind da abgebaut worden, das gibt es heute nicht mehr. Ja, ich muß nach Hause, da kommen die Maurer, ich muß eine Kabelgraben schachten hier, ausgraben oder so ..das ist jeder, also der Zusammenhalt ist nicht mehr so hier. Und dann wurden Bereichsfeste gefeiert, und dann hat man ein schönes Erlebnisse gehabt, da war eine tolle Kapelle da, da konnte man tanzen, da konnte man auch mal auch mal (...?) hinter hauen, das war überhaupt kein Problem (reibt sich die Hände) und, das ist heute nicht mehr.

VM: Und diese Zusammenschlüsse gingen alle über die Betriebe?

B: Ja

VM: Also so Vereine? Feuerwehr?

B: Nein. Die Gewerkschaft

VM: Die Gewerkschaft

B: Die Gewerkschaft hat das meistens organisiert oder die FDJ.

VM: Und jetzt gibt es ja auch so Feuerwehrverein, Chor...

B: Ja, unendlich. Schützerverein, Feuerwehrverein, Anglerverein, Gartenfreundeverein... weiß der Teufel

VM: Und die gab es schon früher, oder sind die erst jetzt so richtig?

B: Nein, ja die Gartenvereine gab’s schon früher z.B. Die Feuerwehr gab’s auch, die freiwillige Feuerwehr, und die hat auch schon immer ganz aktiv ihr Eigenleben gehabt. Und die Sportvereine mehr oder weniger auch. Aber was jetzt so an Vereinen ist... Briefmarken... Kulturbund war es früher gewesen in der DDR. Die Briefmarkenfreunde, die Numismatiker, oder viele was weiß ich...

VM: Und die Leute in diesen Vereinen, das sind vor allem ältere, oder querbeet?

B: Das ist gemischt.

(Unterbrechung durch Klingel)

VM: Was sind denn hier eigentlich so die Macher, also die das auch in der Hand haben? Gibt es da ein paar Personen...?

B: Ich sage mal so. Der Sport ist mit 6.400 eingeschriebenen Mitgliedern eigentlich die größte Organisation.

VM: Das ist der Verein, der aber auch mehrere..

B: Nein, alle Vereine. Das sind ja viele Vereine. Von PZK ist einer hier, dann Blau-Weiß-90 und Boxverein und Reitverein und weiß der Teufel was

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

alles...Die Interessenvertretung des Sports ist schon eine Lobby, ist schon da, aber die Lobby fehlt noch. Und jetzt haben – bin ich auch wieder drin - einen Verein gegründet: Die IG Sport - Interessengemeinschaft Sport Schwedt eV., die die grundsätzlichen Interessen des Sports vertritt, weil sonst kümmert sich jeder um seinen Sponsor und dann war’s das auch gewesen. Aber die Verbindung zum Kreis, die Verbindung zur Kommune, die Verbindung zum Landessportbund und so und so - die hat völlig gefehlt. Und der Kreis ist von seiner Struktur her ein Agrarkreis, ein Großenflächenkreis, wissen Sie das? Haben Sie sich damit vertraut gemacht?

VM: Ja

B: Der ist größer als das Saarland. Und damit sind natürlich auch.. ist das nicht gebündelt. Prenzlau macht seine eigene Politik, die bezieht sich auf Prenzlau selber, vielleicht noch auf Templin, weil da der Vorsitzende des Kreissportbundes herkommt und dann ist aus. Aber wo der Schwerpunkt ist, hier in Schwedt. In 14 Leistungszentren hier in Schwedt. 14 Sportleistungszentren sind hier! Boxen, Fechten, Schwimmen, Handball, Kanu , Rudern, ich krieg sie gar nicht alle zusammen... Tanzen, ein super Tanzsportclub hier. Das wird nicht wahrgenommen, das wissen die gar nicht. Und deshalb macht der Sport eben und bewegt hier sehr viel in Schwedt, ansonsten kultureller Art wird viel gemacht durch das Theater hier, da gibt’s auch einen Förderverein, der sich sehr intensiv darum kümmert hier. Na, ich muß mal sagen, der Einfluss der Parteien ... das weiß ich nicht...

VM: Das sind eher die Organisationen, die von der Basis, von den Kommune ...

B: Ja, wo ständig was ist....

VM: Ja, wo was los ist ...

B: Wo sich ständig was bewegt. Die Parteien haben ihre ...ihre...na ...ihre Wahlperioden, wo sie was machen müssen, und dazwischen, wenn keine Wahlen sind und vor allem nach den Wahlen dann machen sie, ja sie machen auch was, aber sie haben nicht die Hand so viel drin, wie es sein müsste. Einfluss haben sie natürlich durch das Parlament, auch auf Entscheidungen, die durch das Stadtparlament gefällt werden, das ist schon klar, also ob die Straße zum Aquarium gebaut wird, wissen Sie, was das Aquarium ist?

VM: Ja, das große Schwimmbad.

B: Ja, das bestimmen die natürlich, das ist auch klar, muss ja auch jemand sein. Oder was weiß ich ob der Kindergarten geschlossen wird oder jener geschlossen wird, das bestimmen die auch, aber so ...

VM: Aber zum Beispiel Nationalpark, das sind so heikles Thema, darum geht es da nicht, oder ...

B: Na ja, doch, indirekt schon, denn der Bürgermeister wird von der SPD gestellt und da hat die SPD auch ihre Meinung dazu und der Bürgermeister vertritt die auch. Identisch mit seiner eigenen Meinung auch, ganz bestimmt, denn ich kenne den auch. Ich weiß auch seine Einstellung dazu. Denn das, was sich durch den Nationalpark oder wie er werden soll gestaltet, hat unmittelbaren Einfluss auf die Stadt, also muss er was dazu sagen, die Parteien sicher auch. Aber ansonsten ist der Einfluss der Parteien und die Wirkung der Parteien so sonderlich groß nicht, so schätze ich mal.

VM: Und wenn die Leute so organisiert sind, also auf verschiedenen Ebenen, wegen Sport und so, warum gab’s da keine Einflussmöglichkeit ... auf den Nationalpark? Das steht hier schon seit dem Anfang 90er fest, dass da was wird. Zuerst hieß es, so und so viel Prozent, und es wurde ja immer ausgeweitet. Und wieso hat sich da eigentlich keine richtige Beteiligung aufgebaut? Waren die Leute nicht genug interessiert oder nicht genug informiert oder haben sie immer das Gefühl gehabt, dass es ihnen was aufgestülpt wird?

B: Also, zuerst, die erste Phase, so nach der Wende, wie sich dann die Reservate abgezeichnet haben, auch territorial, da möchte ich mal so sagen: da war schon sehr viel Einfluss und da war man eigentlich auch dafür. Weil man geglaubt hat, dass es mit der Bevölkerung und mit den Interessengruppen machbar ist. Das hat sich ja erst so konträr entwickelt wie an Schwedt vorbei Festlegung getroffen wurden, von wem auch immer, und die haben in vielen Dingen nicht gepasst. Die Angler haben sofort revoltiert. Die haben sofort gesehen, also, wir dürfen nicht mehr an unser Wasser ran, und die Angler waren ja die besten Naturschützer hier bei uns. Ich weiß ja selber, denn in vergangenen Jahren, auch zu DDR-Zeit, da mussten wir dann eben Stunden machen hier, wurden eben, das Ufer wurde dann begradigt, oder dann wurden

VM: Und das wurde von den Anglern gemacht?

B: Na sicher, NAW. Kennen Sie das nicht? Nationales Aufbauwerk hieß das damals.

VM: Ach so, ja.

B: Von der nationalen Front gesteuert. Und da haben die Angler eben ihren Teil dazu beigetragen, Gewässerränder in Ordnung zu bringen, sauber zu machen, zu harken, ich bin ja selber mit Kisten und Kasten durch die Gegend gezogen.

VM: Und wer war da noch beteiligt außer den Anglern?

B: Na ja, sicher die Landwirte auf ihrem Gebiet, /aber ansonsten ../

VM: Fischer?

B: /Fischer, ja, natürlich, klar./ Die mussten ja schon, wenn sie ihre Reusen stellen wollten und

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Interview Herr Tischbierek, vom 28.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min.

ihre Erträge sichern wollten, da mussten sie schon Sauberkeit haben, da konnten sie nichts verhudeln lassen oder verkommen lassen. /Das ist schon.. Das ist bestimmt so gewesen. /

VM: Und die haben sich schon damals dafür eingesetzt?

B: Ja, na sicher.

VM: Aber zwangsläufig oder war das auch so zum Schutz und so für die eigenen Interessen?

B: Na ja, sich stand das Interesse der Angler in Mittelpunkt ein vernünftiges Angelrevier zu haben hier. Und dass da zwangsläufig Beschädigungen mit verursacht worden, das ist auch klar, dass die beseitigt worden, dass wir sozusagen die Notwendigkeit, auf die hingewiesen wurde, aber die Vereine, die hatten ihre Stunden zu leisten, aber dann wieder sind ein paar Leute, die handwerklich begabt waren, die haben dann das Anglerhaus instand gesetzt hier in Eigenleistung und es wurden aber immer auch die Jugendlichen dazu angehalten, mit an diesen Einsatztagen odere NAW-Tagen mit rauszugehen und das in Ordnung zu bringen. Ich muss sagen //, ist doch einiges gemacht worden. Also, es ist keine Erfindung der BRD hier, der Naturschutz (lacht).

VM: Na, ich weiß, dass der Park schon vorher existierte, und auch auf der polnischen Seite.

B: Ja, ja.

VM: Aber auf der polnischen Seite, sagen viele, das ist zwangsläufig irgendwie durch den Krieg erstanden. Also nachdem da das nicht mehr

B: Durch Umsiedlung

VM: Genau, wegen der Umsiedlung und das verwahrloste eben und wurde dadurch zu einer Wildnis.

B: Na ja, ich sage mal so, ich kann mir kein Bild machen über die Intensität der polnischen Seite. Weiß ich nicht.

VM: Sie waren nicht drüben?

B: Ja, ich fahr ständig rüber.

VM: Intensität in welcher Hinsicht also?

B: In Naturschutz und in solcher Sachen. Da gibt es ganz sicher auch Leute, die sich für diese Ideale einsetzten, aber sie haben sicher nicht diese Masse und das Interesse, weil beim normalen Menschen dort (??), das weiß ich. Ich habe Bekannte, die selber Fischteiche haben, und Jäger sind und so was.. Die müssen zwar auch Gesetzlichkeiten einhalten, aber /so wollen wir mal sagen, das Interesse, das ist/ .. ich würde mal so sagen: wenn einer eine Handgranate hätte, würde er sie immer noch in den Teich reinschmeißen die Fische raus, aber viele von den einfachen Leuten interessiert das nicht, die haben da keinen

VM: Kein Weitblick (...?)

B: Kein Draht dazu, ne, genau. Sie kümmern sich um ihre Existenz und / und dann hat sich das/.

VM: Weil eigentlich sollte.. gab’s ja diese Idee, dass das ein deutsch-polnischer internationaler

B: Ist ja nicht schlecht.

VM: Aber die Kooperation

B: Ja, na sicher, sicher läuft die Kooperation zwischen den interessierten Personen.., aber die Polen, die sperren sich also, sagen wir jetzt, die offiziellen Stellen, die sperren sich auch aufgrund mangelnder Beweglichkeit hier, zur größeren Aktion, verstehen das teilweise auch nicht, das Verständnis ist sicher noch ganz anders, die haben ihre Reservate an der Ostsee dort, wo Wisente und so ein Zeug (..?) oder wie die heißen bei denen, gehalten werden, und das hier sicher auch, aber dass das Reservat hier, denke ich, hält sich durch .. mangelnde Besiedlung, mangelnde Nutzung .. und mangelndes Interesse an irgendwelchen anderen Sachen. Dadurch ist ein gutes ... Genauso wie die alten Schiessplätze und Truppenübungsplätze, die eben noch ein bisschen Tabu sind hier so, da gibt’s tolle Isotope, da gibt’s tolle Fichten, da gibt’s tolle Pflanzen und alles, alles okay. So ist das denke ich mal dort drüben auch. Zwischen den Personen ja aber große Förderung gibt’s da nicht. Die können das Momentan nicht anders, die haben das Geld nicht...

VM: Also hier, sie meinen, dass auch hier das Beste wäre, man würde es so lassen, wie es ist, zwar das touristisch ausbauen, wenn dazu die Mittel da sind, aber das so lassen und den Bauern weiter die Nutzung .. oder mit aufladen aber..

B:..

AB: Vera versteht kein Russisch.

B: Ne? Aber Sie verstehen das. Also „fährst Du langsam, kommst Du besser an“. Und das .. wie gesagt, ich muss immer wider darauf zurückkommen, dass die Notwendigkeit, so etwas zu machen, sehe ich einfach nicht und Tausende andere sehen die auch nicht. Abgesehen davon, dass ihre persönlichen Interesse dann irgendwie den Bach runtergehen, aber die Notwendigkeit aus irgend .. kann mir bestimmt keiner erklären, warum das so werden soll und gemacht werden soll.

VM: Ja, außer diesen utopischen Ideen, der Naturschutz, die ja auch ihre Berechtigung haben

B: Ganz gewiss.

VM: Bloß das Problem ist eher, dass sie nicht mit der Bevölkerung, mit denen, die wirklich betroffen sind, also, wenn die aus Berlin sagen, wir brauchen unser Naherholungsgebiet

B: Ja

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

VM: und machen hier sich einen Park, die sind ja davon nicht betroffen, die fahren ja raus, haben ihren Spaß und gehen zurück.

B: Ja.

VM: Aber wenn das abgesprochen wäre, also könnte man da vielleicht mehr machen?

B: Von Anfang an ist das Ding an Baum gegangen, weil es über die Köpfe der Interessentengruppen hinweg gemacht wurde, das war von Anfang an die Ursache gewesen nach meiner Auffassung... Und es ist ganz sicher nicht der ... na, wollen wir mal sagen, auch der Versuch gemacht worden, zu kooperieren, nicht? Dann tauchen plötzlich die Ranger auf mit ihren materialistischen Hüten hier, mit Krempe hoch und .. das hat die Leute irgendwie abgestoßen hier.. Ein Mehr von Miteinander von Anfang an wäre ja besser gewesen. /Und der Verein ist nicht bereit Kompromisse zu schließen, in keiner Weise.. Wird so gemacht, ..und fertig./

AB: Sagen Sie bitte, und welche Maßnahme finden Sie am problematischsten? Z.B. das Gewässerrandstreifenprogramm oder ..dieser .. Pflege- und Entwicklungsplan oder (...?) also was würde

B: Ja, der PEP ist schon sehr problematisch. Übers Wasserrandstreifenprogramm da könnte ich mich gar nicht so äußern, da kenne ich die Zusammenhänge zu wenig, da würde ich jetzt vielleicht Dinge sagen, die ich nicht begründen kann aber hier mit diesem .. sogenannten PEP muss ich sagen, ist schon sehr problematisch. Für die Betroffenen. Denn .. es wird ja vollkommen anderer Rhythmus dadurch in die ganze Geschichte rein gebracht, ¦wenn überhaupt noch,¦ wenn überhaupt noch.. ..Und der ist meiner Ansicht nach .. ein bürokratisches .. eine bürokratische Hürde, die eingebaut wird hier..

AB: Und wie denken Sie könnten die Konflikte auf der politischen Ebene gelöst werden? Ich meine die Konflikte um den Nationalpark. Was könnte man dazu machen?

B: Ja .. Alle beteiligten oder hauptbeteiligten Interessengruppen, die müssen an einen Tisch. Und es gab ja bisher Ausgrenzungen. Also, beispielsweise, die Stadtverwaltung Schwedt, die ist überhaupt in vielen Dingen gar nicht erst gefragt worden, die ist erst mit Beschlüssen und Festlegungen konfrontiert worden, mit denen sie auseinandersetzen musste.. Na ja, der Verein zum Schutz des Unteren Odertals beispielsweise, der müsste mit an einen Tisch gezogen werden. Da gibt es.. gab es Widerstände von vornherein, soweit das dann eben die Landesregierung mit beeinflussen konnte, sind wir außen vorgelassen worden, auch andere Interessengruppen, die Landwirte, wie nennt sich das, ¦Bauerverband¦, der Bauerverband außen vorgelassen worden. Immer erst werden Tatsachen geschaffen, dann sollte man seine Zustimmung

geben. Es gab in wenigen Fällen, ich will nicht sagen generell ein Gespräch vorher über das Problem. Das .. könnte dann auf dem politischen .. könnte auch politische Auswirkung haben, insofern als sich die Parteien dann auch zu äußern müssen. Denn der Kreis Uckermark, beispielsweise, also in Prenzlau, müssen die Parteien SPD und PDS oder wer auch immer und und die CDU, die müssen ja auch Farbe bekennen. Brauchten sie bisher ja eigentlich gar nicht. Waren immer so Einzelaktionen/ Und der Herr Birthler ist ja SPD-Mitglied, aber .. die SPD im Kreis Uckermark hat eine ganz andere Auffassung zu der Geschichte als er. Das Gespräch vorher, das offene Gespräch vorher zum Problem ist nicht gesucht worden, und da haben sich die Fronten verhärtet. Und jetzt vermutet jeder sofort beim anderen, was führt er da mit im Schilde, was wird er machen.. Und dann wird immer schon so.. die Igelstacheln draußen hier, nicht. Ah, was kommt jetzt wieder, was kommt jetzt wieder, und das erschwert die Sache.

AB: Und wie verhält sich die Presse in diesem Konflikt?

B: ¦Hier bei uns? ¦

AB: Ja.

B: ..Pf .. Ja. hält sich raus. Druckt Leserbriefe ab, mal den, mal den.. mal einen Provokateuren, die Antwort auf die Provokation, von wen auch immer jetzt, (...?) na ja und gibt aber keine eigene Stellungnahme ab dazu, in einer Kolonne, in einem Kommentar oder wie auch immer, gar nicht. Und ebenfalls die die die Märkische Oderzeitung macht das nicht, der Uckermark Kurier macht das schon gar nicht, der ist zu weit weg, der wohnt in Prenzlau, ist ihre Redaktion, der hält sich ganz und gar raus, schreibt auch bloß Leserbriefe, also da sehe ich kein eindeutiges Engagement für die eine oder die andere Sache.

VM: Und zum Beispiel all die Programme, die da laufen, also sei es das Kulturlandschaftsprogramm, sei es das PEP und so weiter, die werden auch nicht in der Zeitung irgendwie thematisiert, damit die Leute wissen, worum es überhaupt geht, also jeder kriegt es vom Hören-Sagen mit oder

B: Ja, sage ich mal so, durch die Presse werden.. wird das schon mit.. mit Begriffen operiert und, dafür oder dagegen, sind da schon die Stimmen gleich da. Aber.. doch, es hat auch gegeben, doch, es hat auch gegeben, es hat einmal hier in der MOZ, das ist die meist gelesene erstmal, es hat in der MOZ mal ein eine Beschreibung des PEPL gegeben und so ein paar grundsätzliche Dinge auch schon. Aber es ist auch einmal na ja gut, kannst dich ja auch nicht gebetsmühlenartig dort wiederholen, das geht nicht.. Also ist schon gemacht worden, aber als neutrale Darstellung.

VM: Ja, einfach die Informationen, aber das ist nicht nur das, was die Leute von Nachbarn

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mitkriegen, da lauft irgendwas und keiner weiß aber genau.

B: Ja, ja, das ist schon gemacht worden hier, aber da ist geschrieben worden: PEP, hauptsächliche Punkte, und Wasserrandstreifenprogramm ist auch mal erläutert worden, und da sehe ich ja auch nicht, dass es notwendig ist oder dass es möglich ist das nun ständig zu wiederholen.

VM: Ja, nein, aber dass es überhaupt

B: Ja, ja, es ist schon, es ist schon erwähnt worden, und wer Interesse hatte, konnte sich da interessieren.. Ich habe mich für PEP interessiert, Wasserrandstreifenprogramm ist mir irgendwie durch die Lappen gegangen. Ich weiß zwar, dass es dort gibt.. aber die Eckpunkte.. aber mehr eigentlich Zusammenhänge (...?) könnte ich nicht darstellen...

AB: Dass sich Angler und Fischer und Landwirte aufregen ist klar, die sind betroffen. Und die Einwohner der Stadt, wie würden Sie das soziale Engagement von denen einschätzen zu diesem Konflikt?

B:.. Tja.. Ich hab natürlich keine Einwohnerbefragung gemacht, aber die Diskussion so hier im Haus oder unter Bekannten.. die meisten haben kein Verständnis dafür.. die meisten, die ich kenne, ich hab.. ich kenn, ich sag es mal anders rum: ich kenne keinen, der gesagt hat: oh, was die da machen wollen mit der Überflutung ist superschau und die Bäume die da wachsen werden und was alles. Es hat kein Mensch Verständnis dafür, es begreifen die Leute einfach nicht. Vielleicht aus Mangel an Kenntnis der Details, rein instinktiv.. viele gehen davon aus, ich weiß nicht, /wir hatten 97 hatten wir das Oderhochwasser hier, nicht. War hier auch alles überschwemmt. Waren Sie damals auch hier, haben Sie das mal gesehen?/

VM: Nein, aber es gab auch anderswo Hochwasser und ich weiß, was das für eine.

B: Und dann stand das ziemlich lange, da waren Schwärme von Mücken hier, Schwärme von Mücken, die

(Ende der Kassettenseite)

Kassette 54

B: Ich sage mal so ... Schwer zu sagen jetzt. Für einen nicht militanten Naturschutz wird sich sicher die Masse einsetzen. Auch die Kommune. Auch die Vereine. Alles. Also, dass das wilde Rumfahren in den Poldern oder so was, oder das wilde Camping da irgendwo, das würde keiner befürworten. Oder die meisten nicht, zumindest die mit der Thematik dann irgendwie interessiert sind. Aber so diese diese übertriebenen Aktionen, da schütteln sie nur alle mit dem Kopf. Die meisten sagen, aus meinem Bekanntenkreis zumindest.. //„die Grünen sind

gegen alles. und für Nichts.“ Das ist so eine Einstellung hier. Die sind gegen die Windmühlen, die sind gegen die Atomkraftwerke, ja, aber wofür sind sie denn nun? Kommt Braunkohlenwerk, gibt’s aber Verunreinigung. Kommt .. Es weiß keiner, ich auch nicht, wie das sein soll in 30 Jahren. Ich meine, da bin ich Asche, interessiert mich dann vielleicht nicht, na ja, aber .. na ja, dann müsste ich 100 werden, ne aber ist wirklich so. Für einen vernünftigen Naturschutz, der sichtbar ist

VM: Begeistern kann sich dafür keiner

B: Ah, gibt es schon, aktive Leute hier. Aber.. ich sage mal ein Beispiel. Die Frau Doktor Gille, das ist die grüne Oberchefin hier im Krankenhaus. Die hatte vor ein paar Jahren durchgesetzt, dass die Anlage vor dem Klinikum, die Rasenanlage, dass die nicht gemäht werden darf. Also, da wuchs alles hoch, kippt um, die nächste Saat rieselte raus, wuchs auch, es war ein richtiger dicker Urwald war da gewesen, Grasurwald sage ich mal. Da hat sie eben Einzigartige Mückenarten aufgespürt gehabt, die mußten geschützt werden, und da wurde das Ding da nicht gemäht. Es sah ¦furchtbar¦ aus.

VM: Aus hygienischen Gründen kann es vor einem Klinikum genauso problematisch sein.

B: Ja, aber das hat nicht gezählt bei ihr. Das Argument kam ja auch. Ich weiß immer nicht, meine Frau (...?) wenn die Diskussion war. 91 oder 92 vielleicht. Das sah wüst aus. Da ging jeder durch eine .. durch eine Unordnung sonder gleichen. (...) Ja und damit hat sie natürlich sich den Boden bei den meisten .. entzogen, denn die haben gesagt: na, wenn das alles so sein soll wie damals am Krankenhaus (lacht), dann danke, ne.

VM: Also Wildnis wird dann mit „unordentlich“ mehr oder weniger gleichgesetzt, also schützenswert ist in dem Sinne eher eine Kulturlandschaft und nicht das, wenn das so alles vor sich hin wuchert.

B: Ja, sehen sie mal, es ist hier vielfach Beispiel genommen worden am Bayerischen Wald, ja? Hier mit den Konzeption. Aber das ist doch ganz was anders. Das ist eine durch Menschen zielgerichtet geschaffene .. Ökologie gewesen, oder ist es ja heute auch noch, und soll ja auch so bleiben, die aufgrund der speziellen Nützungsweise, der speziellen Lage an der Oder, Aufnahme von Überflutungen usw. usf.. .. Aber eigentlich doch geschaffen wurde dem Menschen zu nutzen. Im Bayerischen Wald, da kann ich die Felsen doch nicht um.. funktionieren. Da sind nun mal die Felsen. Was da drauf gewachsen ist, ist seit Urgedenken wächst das so. Und die Forstwirtschaft hat zwar dort auch ihren Einfluss gehabt, und der ist ja auch ausgeschaltet worden, selbst als dieser große Schädlingsbefall war. Hat man ja gesagt, lassen wir so, aber das sind doch zwei ganz verschiedene Dinge. Da sind doch Äpfel mit Birnen

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

gleichgesetzt worden. Das geht nun mal nicht hier. Denn das ist entstanden durch den Menschen, ist geschützt worden durch den Menschen, und hat sich so entwickelt. Jetzt soll es, ich komme immer wieder darauf, jetzt soll es aufgrund einer Vision in Urzustand zurück versetzt werden. Warum?

VM: Und wer weiß, was der Urzustand ist?

B: Ja, wer weiß das? Wer weiß das? Also, große Bedenken bestehen natürlich bei den Leuten, die einigermaßen mitdenken und so ein bisschen Ahnung haben. Gerade Fragen des Hochwassers, des Hochwasser das Grundwasserstandes, werden natürlich enorm verändern hier, denn der drückt ja unter dem Kanal durch. Die Sicherung des Kanals ist natürlich auch in Frage gestellt, denn wenn Wasser ständig an die .. an die Dämme schwappt hier. Kennen Sie die Gegend hier?

VM: Ja, wir sind genug rumgefahren mit den Fahrrädern.

B: Ja, dann hat es natürlich auch Auswirkungen hier, dann laß mal Treibeis auftauchen so zum Ende des Winters, hier, der anfängt an der Kanlböschung zu reiben. Das sind ja alles Dinge, die sind ja gar nicht erforscht. Deswegen sind das Utopien von den Leuten. Und wenn ich dann noch höre, die machen sie sich ihr eigenes Jagdgebiet, dann gehen sie natürlich auch da drin angeln, weil das sehr attraktiv ist, was sich so (reinzieht hier?). Also.. Ich denke, das ist ..überhöhter Naturschutz..

AB: Was mich noch interessieren würde. Die Frau, die Grüne, war sie auch vor der Wende irgendwie aktiv, oder

B: Nein

AB: Ist sie von hier, eine Einheimische?

B: Die Frau Gille - ja. Ja, gut, die hat wahrscheinlich diesen Tick schon immer gehabt, was heißt Tick, ist ja kein Tick, ist ja gut, ich bin ja für den Naturschutz auch, und auch die Leute haben ja nichts dagegen, dass eben extreme Auswirkungen bekämpft werden und die Dinge, die notwendig sind gemacht werden. Und das war die sicher vorher war die auch schon, aber hatte nun jetzt die Möglichkeit gehabt durch die veränderte Gesellschaftsform sich dort zu aktivieren und sich dort zu profilieren und das macht sie, ist auch legitim, ich habe nichts dagegen.

VM: Wer konnte sich noch so durch diese Veränderung also nach der Wende.. Wer kam noch hoch? So was konnte sich

B: .. /Wer kam noch hoch? /

VM: Also die, die früher schon hier so oben waren, sind immer noch oben oder hat sich da

B: Nein, das nicht, der Mittelstand hat sich natürlich rausgebildet hier, das war ja vorher nicht gewesen, das war staatlich. Das ist schon von den

gesellschaftlichen Strukturen.. ist die Herausbildung des Mittelstandes schon eine der eklatantesten hier.. Aber ansonsten.. wollen wir mal sagen, man konnte ja die Menschen nicht ausrotten, die hier gelebt haben. Ich habe früher auch eine Funktion in Sport gehabt hier, nicht? Und ... haben mich dann abgeschossen, na gut (lacht) Pech gehabt. Aber

VM: Dann hätten sie natürlich einen anderen gesucht

B: Ja, eben. Und da fehlt es. Denn die jungen Leute, die müssen erst mal ihre Familie sichern, arbeiten, es gibt keine Kompromisse, es gibt keine Freistellungen mehr. Wenn wir früher irgendwas gehabt haben, dann wurde eben eine Freistellung geschrieben an die Schule, dann ging er eben vier Tage ins Trainingslager oder.. was weiß ich, an Betrieb oder was. Die Fußballer hier in Schwedt, die hatten ja alle bloß eine Scheinstellung gehabt, die haben ja kaum hat da einer gearbeitet. Die hatten irgendwie als Wimi.. wissen Sie, was ein Wimi ist?

VM: Nein.

B: Wissenschaftlicher Mitarbeiter. (lacht)

VM: Ach so, ja. (lacht)

B: Hatten sie irgendwie eine Funktion, aber im Prinzip haben die zwei mal am Tag trainiert wie die Profis hier. Hat zwar auch nichts gebracht, aber ..Fußball wird ja auch verboten, haben Sie schon gehört? Fußball wird verboten. Weil Glücksspiele unter freiem Himmel verboten sind. (Lachen) Na ja, na gut, es ist, bestimmte Funktionen sind West .. aus den Altbundesländern, gekommen hier, beispielsweise in der Sparkasse, im PZK, das Werk draußen hier, das gebaut wurde, die zweite Papierfabrik hier, Heindel, das ist die ganze Führungsetage aus dem Westen ist, ist normal.

AB: Sie haben von der Herausbildung der Mittelklasse gesprochen. Man spricht.. es wird auch von Verarmung der Region geredet, dass es mehr arme Haushalte auftauchen.

B: Ja, ja. Das bezieht sich aber vielleicht nur teilweise auf Schwedt, sondern mehr auf die gesamte Region Uckermark. Da möchte ich mich nicht zum Richter der ganzen Geschichte machen. Fakt ist eins, dass die Dörfer.. fast leer sind.. dass es nur wenige größere Betriebe sind, auf welchem Besitz auf welchem Eigentumsform auch immer, das ist egal. Aber..wenn man durch manche Dörfer fährt die sind eben Zweitwohnstätten für Schwedter oder Berliner, oder was auch immer, wo die herkommen.. weiss der Teufel, wunderschön, nicht?

VM: Ja, sehr schöne Häuser

B: Ja (lacht), sehr schön, sehr schöne Höfe dahinter. Super alles, nicht? Alles klar. Aber die Produktion.. /das hat schon seine Ursachen, nicht/ Na ja, das hängt auch wider mit der großen Politik

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zusammen. Wie heißt das hier, diese, diese .. Norm.. Produktionsnorm. Ein anderes Word.. Wie heißt denn das? ... Quoten! Milchquote, Getreidequote usw., das ist klar. Wir haben ein paar gutgehende Betriebe, die von Anfang an sich sicher über die Wende gerettet haben, die haben sich da stabilisiert, bringen das, was an Quote zu bringen ist, und die kleinen Wirtschaften, die schwachen, sind weggegangen. Dann kamen die Eigentumsverhältnisse, das gesamte LPG-Land, wer es wieder zurück wollte und nicht in die agraren AG gegangen ist, der hat seines zurückgenommen, also Flächen ausgegliedert.. /Manche haben es verkauft oder verwildern lassen, oder, das ist eben dein Eigentum, da kann er machen, was er will.. Die Strukturveränderung insgesamt hat sich da schon negativ bemerkbar, das kann man heute sagen./

VM: Aber ich denke, das sind manche Strukturen, die auch ähnlich in allen Ländern des Ostblocks, also die LPGs, die sich aufgelöst haben und was da passierte.. das ist nicht spezifisch

B: Ne, ne, aber es ist so. Wie gesagt, ich fahre viel nach Polen und kenne da ein Haufen Leute.. und hab einen Freund, der hat früher eine Großhühnerhaltung gehabt, zwei lange Ställe, ellenlang, Paarzig Tausend Hühner drin, (...?), Hähnchen hier, Bräulerproduktion, Eierproduktion hatte er ja, er ist Tischler jetzt. Hat nichts mehr gebracht, bringt doch nichts mehr. Und.. ganz privat und außerhalb des Programms, aber die Polen, die werden sich umgucken, wenn sie in die EU kommen, das steht fest. Die drehen sich um. /Also.. Wenn man so fährt, die kleinen Felder, die bringen doch nichts, ist doch nicht produktiv, geht auch gar nicht.

VM: Ja, die Frage ist, wie schnell sie reagieren können, wie flexibel sie da sind. Das weiß ich nicht.

B: ¦Weiß ich auch nicht. Möchte auch nicht darüber diskutieren.¦

VM: Ich habe noch eine abschließende Frage. Hast Du noch was (an AB)?

B: Ja bitte, Sie brauchen sich keinen Zwang antun.

AB: Noch eine dann. Äm, haben Sie den Eindruck, dass die Region durch die öffentlichen Mittel unterstützt wird? So kann man das merken oder

B: .. Also, ganz gewiss, kommen bei einer vernünftigen Planung und bei einem vernünftigen Programm.. gibt’s auch öffentliche Förderung, das ist unbestritten.. Inwieweit das gerecht verteilt ist oder nicht, inwieweit das Giesskannenprinzip in Anwendung kommt, das kann ich natürlich aus meiner Sicht nicht sagen. Aber es ist ganz sicher, dass für bestimmte Vorhaben, wenn dieses Vorhaben dann gut durchdacht ist, auch Fördermittel kommen. Das Aquarium beispielsweise, das ist ja überwiegend aus Fördermittel gebaut von der Landwirtschaft.

VM: Von der Landwirtschaft?

B: (☺) Ja, von dem Landwirtschaftministerium.. Ja, nur die richtige Begründung schreiben.. Was denken Sie, was in Sport für Begründungen geschrieben werden, um bestimmte Dinge zu erreichen? Man muss das nur richtig formulieren. Muss natürlich letztlich sein Zweck erfüllen, ja.

AB: Aber da muß man sicher sehr bewandert sein in diesen Dingen?

B: Au ja, au ja, das stimmt. Also wir haben ja nun auch wirklich zu kämpfen mit der Finanzierung bei der ganzen Geschichte. ... Sie können ruhig noch ein Kaffee haben hier

VM: Nein danke

B: Nicht?

VM: Ganz sicher nicht

B: Der ist nämlich heute geöffnet, weil die Tür zur Reparatur ist (lacht). Ja doch, für den Sport gibt’s auch, Fördermittel, für den Nachwuchssport. Unsere Bundesliega muß sich über Sponsoren und Einnahmen finanzieren. Da gibt’s nicht (...?) dazu, gar nichts. Aber, doch, die Frage ist schon mit ja zu beantworten.

VM: Nur eine abschließende Frage. Dieses ganze Nationalparkprojekt, das sollte ja zur Attraktivität der Region beitragen. Wenn das nicht durchsetzbar ist oder wenn das nichts bringt, was wären dann andere Möglichkeiten, also was könnte hier dazu beitragen, dass die Region gefördert wird? Also, infrastrukturell, sagen wir mal, was Schwimmbäder und Läden betrifft, oder was.. oder was kann man hier noch machen?

B: Tja, das ist eine gute Frage. Was kann man hier noch machen. Also, die Umgebung ist schon ein Kapital. Und wenn das einer vernünftigen touristische Nutzung zugefügt wird, dann ja. Ich bin auch aufgrund der.. ich war vorhin hier im Sport hauptamtlich tätig und dann bin ich natürlich auch wenig weggekommen, die Sonnabende und Sonntage, wo man sonst sich die Gegend anguckt, da sind wir dann oft zu Wettkämpfen gewesen und so was, und da habe ich eigentlich auch erst nachdem ich dann, na ja, seit 91-92 meine offizielle Tätigkeit beendet war, habe ich dann ab und zu Zeit gefunden, dann konnte ich mich auf Fahrrad setzen, auch wirklich da erst so habe ich erkannt, welche Schönen und welche Schönheit die Uckermark darstellt. Nicht nur da mit dem Nationalpark, auch andere Ecken, gibt’s auch tolle Dinge, ..aber die Erschließung, die touristische Erschließung, ist schon die einzige Möglichkeit, weil der Standort Schwedt ja ein bisschen sehr weit, außen.. na außen der normalen Reichweite raus ist. Andere Dinge sehe ich im Moment nicht, und .. sehen Sie beispielsweise das Verbot, bestimmte Reitwege im Nationalpark einzuführen, also ist ja blockiert worden. Das ist doch schon die Sache, die Leute

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wieder abhält oder die viele reinlocken würde, ne? Es gibt genügend Reiterhöfe hier, es gibt genügend Leute, die sich dafür engagieren wollten, es wird auch ganz bestimmt ein notwendiges Reiterwegesystem notwendig sein, dass man also mit dem Gaul nicht querfeld Acker macht, aber das wird durch diese Dinge wird das ja alles blockiert. Und auf Pferden, die Natur zu erkunden, ist eine der natürlichen Sachen, sehe ich jedenfalls so. Aber.. da sind zu viel Blockaden.. Ja, und wie gesagt, diese von Rand aus das zu beobachten, /das kann man auch vergessen/ Das kann ich beim Fußball machen

VM: Das dann wie im Museum

B: Ja, ja, ja. Und Theater vielleicht noch, ja. (...?) Stimmt, und das ist hier genau das Gleiche, zumal sich die Tiere ja nicht produzieren sondern sich verstecken, wenn der Mensch kommt hier, und wenn das auf vernünftige Art und Weise geregelt werden könnte, die gewöhnt sich auch an bestimmte Dinge Ich hab jetzt so eine Sache .. hier im Fernsehen.. in Alaska, die Elche jucken die Straße nicht, die gehen da eben rüber weg, wenn sie daran gewöhnt sind. (..?)

AB: Also, man kann zusammenfassen, das heutige Konzept des Nationalparks hemmt eher als fördert die Entwicklung des Tourismus in der Region.

B: Die.. Das Konzept, wie es vom Verein der Freunde des Unteren Odertals und polnischen Nationalpark und was noch alles dran ist, das hemmt, das stimmt so, das hemmt die touristische Entwicklung in jedem Fall. Weil es.. macht Barrieren, es grenzt aus ..., und die Ausgrenzung kann nicht der Sinn des Tourismus sein, geht einfach nicht, das geht nicht miteinander...

VM: Na gut, da bedanken wir uns.

B: Gern geschehen.

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Interview Pfarrer Ehrlich, vom 28.6.2000 in Criewen, ca. 95 Min.

3. Interview Pfarrer Ehrlich, vom 28.6.2000 in Criewen, ca. 95 Min.

InterviewerInnen: Susanne Gabelmann, Alexander BeloussovStand 14.11.2000Band 56B, 57

Transkriptionszeichen:PE: Pfarrer EhrlichSG: Susanne GabelmannAB: Alexander Beloussov.. : kurze Pause... : Pause längere Pause(...?): unverständliches Wort oder Satzteil

Interviewatmosphäre: Gemütlich im Garten des Privathauses des Pfarrer. Persönlich, freundlich mit Bewirtung

Transkriptionsbeginn:

PE: ... haben Sie schon mitgekriegt. Ja, natürlich nicht nur für Criewen, für sieben Kirchengemeinden.

SG: Für sieben Kirchengemeinden

PE: Für sieben Kirchengemeinden, von denen mehrere, also Zützen, zum Beispiel auch, aber auch Flemsdorf und Felchow, die Nationalparkanreiner sind, aber nicht alle.

SG: Nicht alle

PE: Landin zum Beispiel gehört noch dazu Pinnow, die sind ja nicht direkt betroffen

SG: Und wieviel sind das dann drei oder vier von ihren Gemeinden, die betroffen sind?

PE: Eigentlich vier: Criewen, Zützen, Flemsdorf, Felchow sind ja auch betroffen als Anlieger des quasi Landschaftzsschutzsgebietes bzw. des Felchowsees, ne, der ja auch noch da zugehört.

SG: Und Sie sind seit zwölf Jahren hier, wo waren Sie vorher tätig?

PE: Vorher war ich als Vikar, also als Praktikant in Agermünde. Vorher war ich nicht als Pfarrer tätig, da hab ich andere Sachen gemacht.

SG: Und was haben Sie vorher berufstätig gemacht, noch?

PE: Also, ich hab` mal gelernt in der Landwirtschaft, Zootechniker, nannte man das in der DDR, also Landwirt für Tierproduktion sozusagen habe ich gelernt. Und ja dann hab ich mal `ne Weile mit geistig Behinderten gearbeitet und dann Theologie hatte ich schon mal zwischendurch studiert und hab dann noch ein paar andere Sachen, andere, zwischendurch gemacht und dann als ich dass Gefühl hatte jetzt kann man sich

mal irgendwo niederlassen, dann habe ich mir eine Pfarrstelle gesucht, ja.

SG: Und aus der Gegend hier kommen Sie also nicht?

PE: Nein, ich komme aus dem Spreewald.

SG: Aus dem Spreewald. ... Gut ja, die erste allgemeine große Frage wäre für uns auch schon mal zu den Veränderungen von der Region, da kriegen Sie ja sicherlich viel mit, Sie sind ja seit zwölf Jahren auch hier ...

PE: Ganz allgemein oder speziell jetzt durch den Nationalpark, weil es ist ja äh, es ist ja, es hat ja ganz viele Veränderungen gegeben, die natürlich nur auch hier bedingt mit dem Nationalpark zu tun haben, weil der ja quasi so mit der Wende einher kam und die Leute oft nicht auseinanderhalten können, sag ich, was ist denn jetzt eigentlich `ne Auswirkung des Nationalparkes oder was ist `ne Auswirkung von der Wende, die hier sowieso gegeben hätte auch wenn wir den Nationalpark nicht gegeben hätte. Ich glaub` zum Beispiel die Landwirte verwechseln das ganz oft.

SG: Das ist eben genau, warum wir eigentlich beide Fragen stellen, zum einen versuchen rauszufinden, was sind die allgemeinen Veränderungen, jetzt erstmal auch so auf der wirtschaftlichen Schiene oder soziopolitischen Schiene und dann auch was das für das soziale Zusammenleben hat, aber dann eben auch mit dem Schwerpunkt, Focus auf den Nationalpark, deswegen wäre das wunderbar, wenn Sie das auch getrennt anreissen könnten.

PE: Gut, na ja die größte Veränderung und spürbarste für die Leute hier ist ja einfach der massive Anstieg der Arbeitslosigkeit, die hohe Arbeitslosigkeit, die es in der Region hier gibt, ne. Ähm in einer Region in der vorher, des muß man ja so sagen, hier auf den Dörfern, die meisten Leute in der Landwirtschaft gearbeitet haben. Die waren ja quasi in Criewen gab es, ach wissen Sie ja inzwischen alles, hier in Criewen gab es das Volkseigene Gut und bis auf so ein paar Leute, die da in Schwedt in der Erdölindustrie gearbeitet haben, waren ja die meisten Leute entweder hier auf der LPG oder im Volkseigenen Gut beschäftigt und das war in den Nachbardörfern natürlich ähnlich und mit der Wende hat ja die Landwirtschaft sich völlig umstrukturiert und die großen Landwirtschaftsbetriebe, die es heute noch gibt, sind ja sehr maschienenintensiv, aber nicht Arbeiskräfte, also haben ja keine große Zahl an Arbeitskräften sondern, dass was früher hier an Fläche, das volkseigene Gut da mit über 600 Hektar bewirtschaftet hat, dass machen heute vier Leute und da haben die früher, weiss ich nicht, da insgesamt wieviel 50, 60 Angestellte gehabt vielleicht. Und des sind ja Auswirkungen der Wende und der Vereinigung und der Eu- Landwirtschaftspolitik usw., die es ja nicht nur hier

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in der Uckermark und nicht nur in Ostdeutschland gibt, sondern Erscheinungen, die man zeitversetzt in Westdeutschland, oder auch anderen EU- Staaten ja auch hat, auch speziell in der Landwirtschaft zum Beispiel, ich denk`, dass ist das interessanteste für unsere Dörfer, weil alles andere spielt ja in diesen Dörfer keine Rolle, so bisschen Handel und da Handwerk, das ist ja eher nebensächlich.

SG: Das macht ja genau dann das Problem für die Jugend aus, eben für Arbeitsperspektiven?

PE: Richtig, also Landwirtschaft ist ja, hat ja ohnehin keine Perspektive, gut die haben hier ein paar Lehrlinge, aber welcher Jugendliche heutzutage sucht sich ein oder wünscht sich als Perspektive in die Landwirtschaft zu gehen, wo ich jeden Tag aus jeder Zeitung lesen kann, dass das ja alles keine Zukunft hat. Die haben, denke ich ein ganz anderes Problem, die haben das Problem überhaupt etwas zu finden und zwar ganz egal, ob Landwirtschaft oder Industrie oder einen Handwerksberuf oder was auch immer .. und da ist natürlich die ganze Region einbezogen und da zählt da schon so ein Ort oder so ein Industriestandort wie Schwedt auch mit, was die Ausbildung von Jugendlichen betrifft. Und da ist es ja ganz genauso, dass die diese PCK, zum Beispiel, was ja der größte Arbeitgeber hier war, mit mal über 8.000 Beschäftigten, ich weis nicht, was die im Moment noch haben, ich glaube was in den 2.000 oder so, dass das seine Auswirkungen hat und dass, zum Beispiel, sich das auswirkt in Schwedt, Schwedt hat ja, glaub` ich seit der Wende zwölftausend Einwohner verloren, die einfach weggezogen sind hier, weil sie keine Arbeit finden und da passiert was, da passiert was auch für die Region ziemlich schlimmes, nämlich ich ´sag`s mal etwas gelinde: alle pfiffigen Leute ziehen weg, alle flexiblen, alle die wat können, alle die die Chance haben irgendwo was zu werden, die gehen, ja. Also für die soziologische Struktur, zum Beispiel einer Stadt Schwedt, ich denke in so `ner Stadt ist das noch anders ein bisschen als auf dem Dorf, ist das ganz wichtig und, wenn man sich wundert, dass da so ein soziales Spannungsfeld entsteht und, dass da auf einmal alle Jugendlichen rechts sind uns so hat das auch damit was zu tum wer da übrig bleibt nämlich, alle anderen sind längst weg. Und auf den Dörfern ist das natürlich bisschen anderes, weil s ja auf den Dörfern anders als in den Städten so etwas wie eine Bodenständigkeit gibt, also eine Familie, die seit Generationen hier auf so dem Dorf wohnt, die geht nicht weg, die geht auch nicht weg, wenn sie hier keine Arbeit mehr haben, die haben hier ihr Haus, die haben hier die Ländereien, auch wenn die sie nicht mehr bewirtschaften, auch wenn die längst verpachtet sind, die schon Urgroßvater oder was bestellt hat und das schmeisst man nicht einfach hin für nen Job irgendwo, ja, sondern die bleiben natürlich hier, des ist ein bisschen andere Situation auf den Dörfern.

SG: Und wie hat sich das jetz auf das soziale Klima ausgewirkt? -ein paar Stichworte haben sie ja auch schon genannt.

PE: Wir haben eine massive Zunahme an an Rechtsradikalismus, natürlich, der inzwischen, inzwischen ja so in bisschen andere Formen gegangen ist, also der ist ja nicht mehr so gewalttätig wie noch vor fünf oder sechs Jahren, wo es ständig irgendwelche unter Jugendlichen so halbe Totschlägereien gab und so was, der ist inzwischen etwas intelligenter geworden, aber er ist auch sehr viel verbreiteter, also auch bei Erwachenene sehr viel verbreiteter, so ein latenter Ausländerhaß zum Beispiel, was ja, sag ich mal, was ja hier in der Uckermark ein absoluter Blödsinn ist. Wir haben ein Prozent Ausländer und die treffen kaum einen, also man muß sich schon Mühe geben. Und trotzdem zieht das Argument, die nehmen uns die Arbeitsplätzen weg, obwohl es für die Uckermark überhaupt gar nicht stimmen kann, denn wir haben eine Arbeitslosigkeit, ich kenne den momentanen Stand nicht ganz genau, aber so um die fünfundzwanzig Prozent, denke ich, verdeckte bei vierzig Prozent, wenn ich alle ABMler und sowas dazunehme und, wenn ich dann ein Prozent Ausländer habe, des kann jedes kleine Kind sich an den Fingern abzählen, dass das nicht der Grund sein kann und trotzden zieht das, weil der Mensch neigt dazu irgendwie einfache Lösungen haben zu wollen und nen Schuldigen und dass passt halt gut. Also, dass passiert nach wie vor, grade vor ein paar Tagen war hier so ein Johannisfeuer, wo wir so grade noch so `ne Prügelei verhindert haben und dann mit den Jugendlichen ne riesen Diskussion hatten, da kam das alles, genau dieses ganze Zeug kam dann wieder, dass die ja so frustriert sind, weil die Ausländer alles wegnehmen und so. - - Ja, das ist so eine Erscheinung, zweite Erscheinung habe ich schon gesagt, dass alle pfiffigen Leute besonders aus den Städten wegziehen, dass Jugendliche wegziehen, in den Dörfern gibt`s ne komische Erscheinung, die Dörfer werden ja eher größer, ne, jedenfalls hier so, die die so ein bisschen lukrativ sind wie Criewen und Zützen, die werden ja größer erstens dadurch, dass die etwas gutbetuchterten aus den Städten auf die Dörfer ziehen und sich ihre Häuser bauen, was aber auch wieder so `ne Schere bringt, des sind ja so ein bisschen besser Gestellte- wer sich heute ein Haus baut, der hat ja so ein bisschen was auf der Kante und macht so sein Ding für sich und die sind auch oftmals wollen sie es gar nicht, aber andererseite liegt es auch an den Leuten, die schon immer hier wohnen, in Anführungsstrichen, dass die hier gar nicht reinlassen wollen in sowas wie Dorfgemeinschaft, manche wollen auch gar nicht, aber gibt auch mache die wollen haben es schwer reinzukommen

SG: Also, da entsteht sowas wie ein Dorf, wo vorher alle zusammengehört haben plötzlich so zwei Gruppen...

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Interview Pfarrer Ehrlich, vom 28.6.2000 in Criewen, ca. 95 Min.

PE: Zwei oder drei je nachdem, so größere Orte wie ?Werkshof Meienburg, die so mehrere Wohngebiete haben sind das dann so mehrere Grüppchen oder irgendsowas und es gibt noch, wollt ich noch sagen zu dem Wachstums es gibt noch einen anderen Wachstum, der kommt daher, dass ganz viele junge Familien, die aus den Dörfern stammen, die alle mal nach Schwedt gezogen waren oder in andere Städte, da `ne Wohnung hatten und so, dass die aus Kostengründen wieder zurückkehren auf die Dörfer. Da ham die die Böden ausgebaut inzwischen oder haben sich noch ein kleenes Häuschen auf Vaters Acker gebaut oder so und kommen wieder aufs Dorf zurück, obwohl sie, weiss ich 20 Jahre oder was in Schwedt gewohnt haben in einer Neubauwohnung und das auch in Ordnung fanden, aber aus Kostengründen jetzt und, wenn ich keine Arbeit hab und, wenn ich Miete zahlen muß, da wohne ich ja bei Muttern im alten Bauernhaus auf dem Boden sehr viel besser, weil des ist Eigentum, das kostet mich ja nichts oder jedenfalls nicht viel mehr als es Muttern sowieso kosten würde,... so des Ding...

AB: Gibt es mehr ärmere Haushalte seit der Wende?

PE: Ach das ist ja arm, was ist denn arm, arm ist ja sehr relativ, also wenn ich mich hier umgucke, dann gibt es hier ja fast nur Reiche, sag ich. Ich habe ja vielleicht einen anderen Masstab also, ich gucke ja so ein bisschen auf den Weltmasstab oder auch nach europäischen Masstäben, also, wenn man sich in Großbrittanien umguckt oder auch in Skandinavien umguckt oder so, ich denke der Standard, den wir heute für den Mindeststandart halten, der ist weit über dem was notwendig ist, insofern...

AB: Aber verglichen mit vor der Wende.

PE: Nein. Es ist schwer zu sagen. Die Leute in ihrer Befindlichkeit denken die Leute, dass sie ganz ganz verarmt sind, aber sie haben alle in den zehn Jahren, die seit der Wende vergangen sind, gucken Sie sich um, haben sie die Häuser verputzt, haben neue Fenster eingesetzt, haben sich `ne Ölheizung eingebaut, haben neue Dächer gedeckt, haben das erste, zweite, dritte Auto inzwischen stehen, des ist- von Armut kann das ja nicht kommen.

AB: Welche Gruppe profitiert besonders von der Wende?

PE: Na profitieren, im Sinne von Finanzen sind des die die, denk ich mal als Unternehmer, wie soll ich sagen `ne Marktlücke gefunden haben und pfiffig sind. Also ein bisschen Pfiffigkeit muß man schon mitbringen, die fehlt sehr oft so bei Leuten hier habe ich so den Eindruck. Nehmen wir mal Gastromoniegewerbe, zum Beispiel ähm Gastromoniegewerbe hier in einem Gebiet, wo man ja mit touristischer Entwicklung rechnen kann ist nach wie vor, geht davon aus, dass ihnen alles

geregelt werden muß, dass irgend jemand ihnen die Leute in die Gaststätte bringen muß, anstatt sich Mühe zu geben, jetzt mal irgendwie mit einem besonderen Service oder einer besonderen Werbung die Leute ranzuholen. Leute kommen hier und schütteln den Kopf und sagen, wie kann denn des sein im Sommer ham die Montags Ruhetag hier die Gaststätte, scheint es ja nicht nötig zu haben, so. Das ist immer noch so ein, ich sag mal, da ist so ein alter DDR Trott drin, einfach. Der alte DDR Trott erstens, dass der Staat alles mir regeln muß, für mich alles regeln muß und nicht ich derjenige bin auf den es ankommt und der die Hauptverantwortung hat, Stück jedenfalls, ob mein Geschäft oder mein Anliegen, was ich vorhabe gelingt. Also, schönes Beispiel war, zum Beispiel Gemeindevertretersitzung in Criewen vor vierzehn Tagen, war der Chef des Nationalparkes da und hat über den Parkplatz gesprochen, der hier Criewen auf Kosten des Nationalparkes gebaut werden soll,. dann kommt die von der Gemeinde-, vom Bürgermeister die Frage: wie der Nationalpark das sich denn denkt, es würden ja zunehmend mehr Wohnmobile in die Region kommen und ob der Nationalpark und das Land Brandenburg das mal regelt und wann die hier einen Stellplatz für Wohnmobile bauen. So, dass ist die typische Denkform, da muß doch einer kommen und muß uns jetzt einen Campingplatz für Wohnmobile bauen, anstatt zu sagen, Mensch da müßen wir doch mal irgendwie die Idee in unser Dorf setzten, da hat kann doch einer sich einen Broterwerb schaffen und kann einen Campingplatz aufmachen und der würde doch davon leben können. Aber das passiert nicht, die schimpfen und klagen, wann endlich mal einer kommt der das ihnen nun hier hin baut. Das das sind so ein bisschen Denkstrukturen, an denen hier manches krankt, einfach. So ne Ewartungshaltung, anstatt ne Initiativhaltung, wo ich sage versuche ichs einfach mal gehen wir es mal an.

AB: Und wird die Region durch öffentliche Mittel unterstützt?

PE: Na sehr, natürlich. Erst einmal ist es ja Grenzregion, da gibt es ja verschiedene Förderprogramme, die von der EU oder auch vom Bund gefördert werden, als Grenzregion, ich weis, da gibt es dieses Pommeraniaprogramm, was so Grenzregion zu Polen fördert und so verschiedene Sachen ähm die ...

SG: Ganz kurz, weil ich kenne diese Förderprogramme für Grenzregionen gar nicht so, ist das - warum?- Ganz einfach.

PE: Na weil, weil Grenzregionen immer benachteilgt sind sind ja immer benachteiligt schon dadurch, dass ihnen immer das Hinterland fehlt, ich habe ja immer nur `ne halbe Umgebung, sozusagen, zum Beispiel an Kunden, ne Stadt wie Schwedt hätte normalerweise ja doppelt soviel Umland hat sie nicht.

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SG: Läuft da auch was an grenzübergreifenden Sachen oder Zusammenarbeit auf der polnischen Seite oder kulturellen Austausch?

PE: Na klar gibt es auch. Zunehmenden Masse auch ja, zunehmenden Maße ...und diese Wirtschafts-, diese Förderprogramme sind ja auch unterschiedlich, es gibt da ja wes ick, `ne Wirtschaftsförderung für Randwirtschaftsbereiche, es gibt `ne kulturelle Förderung und so weiter, des läuft ja auf verschiedenen Ebenen und und natürlich äh, wenn wir beim Nationalpark sind ist ja klar, dass jede Menge an öffentlichen Fördermitteln in die Landwirtschaft fliessen. Erstens ohnehin fliessen die überall in die Landwirtschaft und zweitens durch den Nationalpark ja noch mal in besonderen Mase, was nicht unerheblich dazu beiträgt, dass der Konflikt hier so ... eskaliert, weil es geht einfach, um Geld. Und da hört die Freundschaft oft auf und da sind oft auch alle Mittel recht. Ich verstehe die Landwirte auch, das sie da hoch pokern, weil solange das klappt, dass da immer noch mehr Gelder rausgeholt werden sollen, können, wären sie ja dumm, wenn sie es nicht machen würden.

SG: Sie hatten jetzt die Entwicklung ersteinmal unabhängig vom Nationalpark beschrieben, mit der Arbeitslosigkeit, der großen Migration? und der Veränderung des sozialen Klimas - jetzt ersteinmal die drei Hauptpunkte - wie sieht das jetzt mit dem Nationalpark zusammen aus? - Hat der einen Verstärkeraspekt für diese drei Punkte auch, gibt es noch zusätzliche Sachen, die durch den Nationalpark angerollt wurden?

PE: Also, des der Nationalpark ... im Bereich der Landwirtschaft Schwierigkeiten und Umständlichkeiten schafft, das ist ganz sicher klar, das ist wirklich wahr, ob er wirklich Arbeitsplätze vernichtet wie die Landwirte immer behaupten, mag ich bezweifeln, dass müßte man, das müßte wirklich mal richtig jemand untersuchen, ob das wirklich wahr ist und das könnte man ja nur tun, indem man mal so ein Gebiet vergleicht mit der Entwicklung eines Gebietes, das nicht so einen Schutzstatus hat, ob da nicht auch in der Landwirtschaft soundsoviele Arbeitsplätze mit der Zeit kaputt gehen, um rauszukriegen, ob das wirklich an dem Nationalpark liegt oder nicht. Ich würde es bezweifeln. Es wird auch behauptet, dass der Nationalpark einen Negativeinfluß auf den Industriestandort hat, also zum Beispiel Schwedt, dass sich bestimmte Industriezweige oder Firmen nicht niederlassen würden. Gar nicht mal, weil sie konkrete Benachteiligungen im Blick haben, sondern einfach dadurch, weil sozusagen schon das Image: Ach, da ist ein Nationalpark, oh, da gibts nur Ärger, da werden wir lauter Ärger kriegen und lauter Auflagen, ohne das man konkret guckt, dass sozusagen ein Investor gleich sagt: Oh, da such ich mir lieber was anderes, das vermeide ich mal gleich. Das mag vielleicht sein, dass es konkret eine

Benachteiligung durch den Nationalpark gibt, jedenfalls so wie wir in jetzt haben, will ich auch nicht recht glauben. Weil, also, zum Beispiel sind ja viele Kompromisse ausgehandelt worden, der Hafen kommt ja jetzt, der Grenzübergang, den man immer für so wichtig erachtet hat für die Wirtschaftsentwicklung der Region ist ja auch im Nationalpark vorgesehen oder ausgespart, sozusagen. Also die wichtigen Dinge, die man immer gesagt hat, die müssen wir unbedingt haben, sonst geht es wirtschaftlich nicht, die hat man sozusagen schon in den Nationalpark irgendwie reingeflickt, dass die auch gehen können, dort wo die Wirtschaftsexperten immer gesagt haben, das brauchen wir unbedingt. Ähm ich will es mal andersherum sagen es ist vielleicht als der Nationalpark propagiert und eingerichtet wurde, eher im umgekehrten Sinne zuviel Euphorie verbreitet worden, nämlich dass der Nationalpark im positiven Sinne ein Image schafft, was Investoren anlockt, weil sie sagen, da am Rande des Nationalpark, da kriegen wir vielleicht noch zusätzliche Fördeprogramme und so oder wes ich so wie Heindel wir produzieren Papier, von dem man weis Papierherstellung ist eine der größten Umweltverschmutzer, und der macht das ausgerechnet neben dem Nationalpark und hat damit das Mäntelchen also des ist ne ganz saubere Firma, das muß man einfach sagen geht ja gar nicht anders, wenn ich an einem Nationalpark Papier herstelle, das ist ganz klar das ist einfach umweltmässig super geregelt, so mit diesem Mäntelchen. Das man dem irgendwie überschätzt hat, dieses positive Image, was der Natinalpark bringen würde.

SG: Aber gut zu dieser Euphorie jetzt, so wie ich das bisher verstanden habe war den Leuten aber auch nicht bewusst, was auf sie zukommen würde. Also sagen wir mal die Einrichtung des Totalreservats das das an Anafng mit diesen fünf Prozent war.

PE: Ne, es war ihnen nicht bewusst, dass glaube ich auch. Es war ihnen nicht bewusst, obwohl eigentlich von Anfang an - also die Unterstellung ist eigentlich immer, dass der Nationalpark nicht gesagt hätte, was hier kommt und das ist nicht wahr, aber die Leute haben es trotzdem nicht gewusst, aber einfach deswegen, weil sie sich nicht informiert oder nicht hingehört haben oder weil sie immer erst aufwachen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sozusagen. Also, wer sich dafür interessiert hat und ich habe das getan, ganz von Anfang an, hat gewusst, was kommt. Mit einer Einschränkung, einer einzigen Einschränkung gibt es, dass am Anfang der Plan anders war und der Plan ja einen deutsch - polnischen Nationalpark vorsah, bei den den Landwirten und das ist allerdings wahr, des hat sich verändert bei den am Anfang den Landwirten gesagt wurde und die 50 Prozent Totalreservat, die liegen fast alle in Polen.--

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[Pause PE geht an die Tür]-- Wo waren wir stehen geblieben, ach ja beim Deutsch- polnischen Totalreservat. Das ist natürlich wahr, dass man am Anfang von einer bisschen anderen Konstellation ausging und die Lanwirte auch irgendwie beruhigt waren, so nach dem Motto, na so sehr betrifft es uns ja gar nicht, dass kommt ja alles nach Polen, das Schlimme kommt alles nach Polen und dann ist es für uns ja o.k.

SG: Nochmal zu dem Informationsfluß das ist ja auch nicht unerheblich, Sie meinen, wenn man wollte konnte man an die Informationen kommen. War das so klar ersichtlich für alle, dass die Informationen da liegen, also wurde da von Seiten der Nationalparkverwaltung und wer das alles initiert hat ...

PE: Ach, es hätte besser sein können, des gibt´s ja gar keine Frage, es hätte besser sein können, nur, dass ist ja immer so, hinterher weis man natürlich, wenn ich jetzt von hinten das betrachte und sehe, a man hat einfach den Leuten wieder zuviel zugetraut, dass die dahin kommen und sich die Sachen holen, weiss ich, wenn dann in der Zeitung steht ihr könnt euch den Pflege- und Nutzungsplan, jeder der den will kann den dort holen. Das machen die Leute natürlich nicht. Die gehen da nicht hin und holen sich den. Trotzdem diskutiert jeder darüber, ohne dass er ihn gesehen hat, aber des machen die Leute auch nicht, ähm es hat auch natürlich Informationsveranstaltungen gegeben, sie haben`s schon probiert, sie haben es schon probiert, klar könnte man sagen sie hätten viel mehr machen können und nicht in jedem dritten Dorf, sondern in jedem Dorf, oder was weis ich, aber ich weiss nicht, ob das an der Situation ernsthaft etwas geändert hätte. Ne, ich glaub` eigentlich nicht, denk nicht, dass sich daran etwas geändert hätte.

SG: Aber die die Einbeziehung der Bevölkerung, dass die ein bisschen mehr von Anfang miteinzubeziehen in die Planung, hätte das jetzt nicht einige Konflikte vielleicht abmildern können, oder dass man versucht, dass die Leute viel mehr auch von Anfang an mittragen. - Oder vor allem auch nachzufragen ...

Befr: Wie soll das denn passieren, wie soll das denn passieren. Es war ja auch eine besondere Situation, der Nationalpark ist ja von der letzten, so quasi von der Volkskammer der DDR, noch auf den letzten Pfiff, und der Succow hat des ja wohl auch richtig eingeschätzt, durchgepeitscht worden und und weil er gesehen hat, wenn das nicht mehr in der Volkskmmer durchkommt, sondern in den Bundestag verlegt wird, dann dauert das ewig, wenn`s überhaupt zustande kommt und da haben die natürlich auch ein bisschen unter Zeitzwang, einfach ein bisschen schnell versucht die Sache durchgepeitscht und wahrscheinlich in dem Zusammenhang natürlich auch, wie soll man sagen Bevölkerungsstimmungen da einfach aussser Acht

gelassen, das mag sicher sein, dass das so gewesen ist. ... Tja, Patentrezept hat keiner, nur eins ist doch auch klar, wenn ich hergehe, wenn ich hergehe und sage, liebe Leute von Criewen können wir mal alle zusammenkommen, wir wollen hier einen Nationalpark machen, 50 Prozent Totalreservat und da könnt ihr dann nicht mehr wirtschaften und ihr dürft da nicht mehr angeln und reingehen und fahren dürft ihr nicht mehr und das wird nicht mehr sein und das wird nicht mehr sein wir machen das aber nur, wenn ihr das wollt, wollt ihr das. Na wat kommt denn da raus, sagen alle, wollen wir nicht, ist doch klar.

SG: Gut, gut, fragen wir mal andersherum, fragen wir mal die andere Seite: Kann man so einen Nationalpark machen ohne dass die Leute, die hier leben das wollen? Also ich mein, ist das fair, mal so ganz subjektiv, ist das fair, den Fischern meinetwegen oder Landwirten die Lebensgrundlage, die sie im Moment noch haben, zumindest für die jetzige Generation unterm Boden wegzuziehen oder die Leute die hier, die immer ihre Generationen gerne aufzählen, seit wann sie hier leben, hier ein Totalreservat hinzupflanzen- ich meine das ist doch die andere Seite,...

PE: Das ist richtig, das ist richtig. Natürlich die Frage stelle ich mir auch immerzu die andere Frage ist ist es fair, was der Mensch macht gegenüber der Natur sie nur herzunehmen, um sie auszubeuten und so zu gestalten wie er sie braucht, um für sich oder und vielleicht auch ein bisschen schnippisch gesagt oder für seine Generation nur, weiter geht der Blick ja auch gar nicht, zu überleben. Und das ganze, und da versuche ich immer ein bisschen globaler die Sache zu sehen, und das ganze in einem der, muß man ja so sagen in einem der reichsten Länder der Welt, in einem Land in dem es Förderprogramme gibt dafür, dass landwirtschaftliche Flächen nicht bestellt werden in anderen Regionen, dass ist ja, dass sind ja alles Tatsachen. Es ist ja Tatsache, dass woanders Leute dafür Geld kriegen, dass sie Flächen, richtige landwirtschaftliche Nutzflächen nicht bewirtschaften, die aber da sind. Hier ist ein Stück Fläche die, sagen wir mal, von ihrem Naturwert her, so wertvoll ist, dass man sagt, da müßte man vielleicht mal ein Stück aus der Nutzung nehmen. Woanders liegen die Stücke brach und der Bund zahlt Geld dafür, dass die Brach liegen. Des ist doch sozusagen eine Aufgabe der Politik und des Staates diesen Ausgleich herzustellen, den man, den man herstellen kann. Den kann man nur nicht dadurch herstellen, dass man die Leute hin- und herschiebt, die Leute kann ich nicht hin- und herschieben, ich kann nicht den Landwirt nehmen und sagen, pass mal uff, in Niedersachsen, da liegen soviele Hektar brach, da gehst du jetzt mal hin, dass kann ich nicht machen, aber ich kann das ja über die finanzielle Schiene regeln, das ist doch eine Aufgabe der Politik, das zu machen. Insofern denke ich immer, dass sind, dass

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das lösbare Konflikte sind auch, wenn es um den Lebensunterhalt der Leute geht, die jetzt wie die Fischer oder die Landwirte ganz unmittelbar von dem Gebiet leben und das muß in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland einfach möglich sein. Deren Lebenssunterhalt abzusichern, auch wenn ich das aus der Nutzung will und, wenn der Staat sagt, dass ist uns landschaftlich so wertvoll, dass da drinnen nicht mehr so gewirtschaftet kann, werden kann wie die Leute da wollen, aber ich muß denen, die davon leben, möglich machen zu leben auch, wenn sie davon nicht mehr wirtschaften können. Und des muß so ein Land hinkriegen, denke ich.

SG: Gut, also mit Fischer und Landwirten haben wir ja jetzt die zwei Bevölkerungsgruppen, die am direktesten betroffen sind, auch wenn es auf andere ausstrahlt. Die Landwirte bekommen ja jetzt Entschädigungszahlungen, ne Entschädigungszahlungen nennt man das nicht, für einmal mähen soundsoviel Geld für gar nicht mähen noch mehr Geld, die Fischer ja zum Beispiel überhaupt nicht - keine Entschädigungszahlungen, da ist ja kein finanzieller Ausgleich.

PE: Na, wie sind denn die Regelungen, soviel ich weiss ist es doch so, dass die Fischer ihre Wirtschaften solange weiterführen dürfen, ....

SG: Bis der Pachtvertrag ausgelaufen ist, jetzt ersteinmal. Der Pachtvertrag von den Fischern läuft 2004 aus und dann ist die Frage, dann kann man legal natürlich herausgehen, wird einfach nicht weiter verpachtet. Das Problem ist dass der ja keine Ausweichfläche hat.

PE: dass der keine Ausweichfläche hat - richtig

SG: Und, dass er im Gegenteil zu den Landwirten da auch keine, nicht mit Austauschflächen gearbeitet werden kann und ich meine, dass ist ja ein Manko dann

PE: Natürlich, ist das schlimm für die Leute, es ist schlimm. Wieviel sind`s ?

SG: Sechse oder so.

PE: Kein Mensch hat gefragt als das PCK zusammengeschrumpelt ist, wo die sechstausend Leute hingehen, die jetzt auf einmal nicht mehr arbeiten konnten, also ich finde das persönlich schlimm für die sechs Leute, klar.

AB: Es gibt ein paar objektive Gegenargumente. Einer lautet es gäbe hier überhaupt keine objektiven Voraussetzungen für die Errichtung eines Nationalparks.

PE: Diese Diskussion über Kulturlandschaft oder nicht Kulturlandschaft.

AB: Ja

PE: Gut. Ja, da kann man sich drüber streiten- ... da geht man ja von einem bestimmten

Definitionsbegriff eines Nationalparks aus, nämlich das es über die Unterschutzstellung einer natürlichen Landschaft geht, wenn ich richtig informiert bin und das ein Nationalpark nicht vorsieht eine Kulturlandschaft unter Schutz zu stellen bzw. eine Kulturlandschaft herzunehmen und sie irgendwie Schrittweise zu einer Naturlandschaft zurück zu entwickeln, oder so ähnlich. Um solche Diskussionen geht es ja da. Ja, ... des sind ja so Statusfrgaen, ... die so die gestzlichkeiten betreffen, ..

AB: Es geht eigentlich darum (?)...

PE: Ja

AB: Hier sei alles durch Menschenhand errichtet eigentlich, diese Landschaft hier und, wenn da die nicht mehr gepflegt wird, dann geht alles zu Grunde, dann wird die Artenvielfalt redzuziert.

PE: Na, das ist ja ne Geschichte, die die Naturschützer selber diskutieren und und wo die sich auch nicht einig sind darüber, denn es ist ja wohl wahr, das stimmt ja, dass wenn man jetzt hier diese Totalreservate sich entwickeln lässt, dass sich auf alle Fälle eine Artenveränderung einstellen wird und das ähm das zum Beispiel ein Vogel wie die Wasserralle oder der Säckenrohrsänger, in einem Gebiet, was ich sich selber überlasse wahrscheinlich demnächst verschwinden wird, dass ist richtig. ... des sind aber so Artenschutzdiskussionen, des ist mir alles ein bisschen fern. Mir geht`s mehr eigentlich darum, und das akzeptier ich, sag mal und da ist mir schnurtzpiepegeal, ob das Nationalpark heisst oder wie das auch immer heisst, das es doch möglich sein muß der Natur ein paar Refugien einzuräumen, sag ich mal einfach so, wo der Mensch nicht mit drin rumfuscht, so, denn es gibt kaum noch Gebiete auf der Erde, wo das überhaupt passiert und schon gar nicht in unserem Land und das muß doch, muß doch möglich sein. Nun kann man darüber diskutieren gibt es da nicht besser geeignete in Deutschland, das weis ich nicht, ob es da besser geignete Gebiete gibt, es gibt ja in Deutschland sicher kaum Gebiete, wo der Mensch intensiv eingegriffen hat und schon gar keine keine Flußlandschaften, wo der Mensch nicht eingegriffen hat. Ich wüßte nicht, wo es so etwas gibt in Deutschland, ähm und dann ist es auch sekundär von der Diskussion her, danach zu fragen ist es ne Landschaft, ne Kulturlandschaft, die mal ganz intensiv vom Menschen geprägt war und zwar nämlich zu einer Zeit, als er angewiesen war auf diese landwirtschaftlichen Nutzflächen einfach für die, sag ich mal so Volksernährung. Oderbruch ganz genauso, wo man dann ein Tabu getroffen hat als man mal darüber diskutiert hat, ob man das nicht das Oderbruch, weil es gar nicht mehr gebraucht wird, landwirtschaftlich eigentlich nicht mehr gebraucht wird für die Ernährung der Bevölkerung, ob man nach diesem Hochwasser, ob man nicht dort mal an eine Rückbesiedelung denken sollte, hat

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man ist ja klar natürlich in alle Fettnäpfchen getreten bei den Leuten, die da leben, aber grundsätzlich ist so ne Frage ja durchaus richtig. Das ist mal unter bestimmten Zeitzwängen nutzbar gemacht worden und die Zwänge liegen ja aber offensichtlich nicht mehr vor.

SG: Ja, aber der fact dabei ist ja - ist ja schon fast mehr ne Diskussion als ne Frage , aber ok - der fact ist ja dabei, dass die Menschen ja, die Menschen sind ja trotzdem auch noch da. Das ist ...

PE: Natürlich sind die da...

SG: ... also, dass ist was Sie vorhin ja gesagt haben mit der Bodenständigkeit der Menschen gerade hier ...

PE: Ja aber, das finde ich ist die Aufgabe der Politik diesen Ausgleich herzustellen.

SG: Aber, wenn wenn Totalreservat heisst und wenn`s heisst der Mensch wie sie ja selbst gesagt haben; wär schön ein Gebiet, wo überhaupt keine Menschen sind, jetzt haben wir ja aber hier ...

PE: Das hab ich nicht gesagt, dass da keine Menschen sein sollen, ich habe gesagt, dass der Mensch nicht drin rum fuhrwerkt, d.h. eingreift. Ich bin nicht so ein Freund von von, da darf ich nicht mehr reingehen. Ich denke des muß dem Menschen irgendwie möglich sein auf ein paar Pfaden, da auch durchzugehen und die unberührte Natur zu erleben. Sonst kann man es auch gar nicht, wenn man es nicht erlebt, kann man es auch vielleicht gar nicht einschätzen wie wertvoll des eigentlich ist. Halte ich auch für, wie soll ich es sagen, der Störfaktor Mensch, eines spazierenden Menschen, der auf einen Weg, sich auf einen Weg durch ein Totalreservat bewegt, also der geht ja gegen Null.

SG: Aber, wenn Sie einen Fischer fragen oder einen Landwirt, und das fand ich halt auch sehr interessant und ihn fragen wie hoch sein Störfaktor ist in der Natur, dann sagt der ihnen, der ist Null. In seiner Wahrnehmung ist der Null, weil er für`n Gleichgewicht sorgt.

AB: Sogar mehr, die nehmen sich als Natürschützer wahr, zum Beispiel die Angler

PE: Ja ich weiss, auch die Jäger nehmen sich als Natürschützer wahr und es mag sich´, mag ja in bestimmter Hinsicht auch stimmen, aber sie sind es nicht nur.

SG: Sie sind es nicht nur, aber sie sprechen sich auf jeden Fall das Recht oder geben sich das Recht auf jeden Fall zumindest zu sein

PE: Ja, das will ich ihnen auch nicht nehmen, auch Landwirte sind Natürschützer in bestimmter Hinsicht ...

SG: Dann ist halt die Frage, ob hier nicht verschiedene Bilder von Naturschutz natürlich aufeinanderprallen, dann ...

PE: Sicherlich, ja, ganz klar... aber es ist ja selbst unter eingefleischten Naturschützern sehr umstritten wie man Naturschutz richtig betreibt, also wenn man jetzt die Diskussion zum Beispiel, um diesen Pflege- und Nutzungsplan verfolgt hat, wo es um diese Initialpflanzungen geht und so Geschichten, dann merkt man doch schon, dass das dort auch gar nicht klar ist, die einen sagen, also wat denn nun, entweder machen wir hier ein Stück Natur, dann müßen wir sehen, was da sich entwickelt oder machen wir nicht Natur, dann pflanzen wir da was an, aber dann ist es nicht mehr natürlich entwickelte Natur, ist ja schon wieder der Mensch.

AB: es gibt auch mildere Formen von Naturschutzgebieten, zum Beispiel Biosphärenreservat oder Naturparke

PE: ... das ist richtig, also, dass denke ich, dass die Diskussion zum Beispiel darüber und das ist sicher von denen, die den Nationalpark wollten und schon ein bisschen mehr Weitblick hatten, als wir alle, die wir noch ganz unbeleckt waren, mit Absicht gemacht worden, dass über den Schutzstatus am Anfang nicht diskutiert wurde. Also eine eine öffentliche Diskussion, machen wir jetzt hier einen Naturpark oder oder ein Biosphärenreservat oder einen Nationalpark, die ist nicht geführt worden und da hat es wahrscheinlich auch eine unzureichende Diskussion darüber gegeben wie die Unterschiede zwischen diesen einzelnen Schutzgebiets- - formen, wie die eigenltich sind, und das ist auch von vielen Leuten am Anfang verwechselt worden also Nationalpark war für die ein anderer Name für Naturschutzgebiet oder so, das ham die Leute doch auch nicht so überblickt, so.

AB: Und Sie persönlich, welche Schutzform würden Sie vorziehen? Und ist es wirklich notwendig, dass ein Nationalpark hier zu errichten, oder...?

PE: Das kann ich so nicht sagen, da bin ich zu wenig Fachmann und habe zu wenig Einblick oder Überblick über die, über die Natur in der Bundesrepublik. Das kann ich nicht einschätzen Ich kann nur soviel sagen, ich halte es für wichtig, dass so ein reiches Land wie Deutschland ähm es schafft auf seinem Gebiet der Natur bestimmte Refugien zu überlassen und die Fachleute müssen sagen, welches eignet sich dafür am ehesten in diesem Land, Deutschland. Aber was wir nicht machen können ist auf alle Fälle sagen; schützt ihr dahinten mal eure Regenwälder, wie ihr wirtschaftlich klar kommt ist unwichtig, aber die müßt ihr schützen, die sind auch für uns ganz wichtig, seht mal zu wie ihr damit zurecht kommt, sondern das kann ich nur fordern, wenn ich auch in meinem eigenen Land das irgendwie schaffe bestimmte Zonen der Natur zu überlassen. Das einzuschätzen, ob das jetzt das am besten geignete Gebiet ist in Deutschland oder Brandenburg dafür ist, das würde ich, würde ich mir nicht anmassen, das kann ich nicht sagen.

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AB: Ist das denn die Aufgabe von Fachkompetenten oder kann es dort am Ort entschieden werden, vor Ort entschieden werden.

PE: Also Ortsansässige werden überall auf der Welt sagen, dass sie es zu entscheiden haben eigentlich, ich denk aber, dass ohne Fachkompetenz geht es ja nicht, das Problem bei fachkompetenten Leuten ist leider einfach oft, dass sie nur das Fachliche sehen und, dass sie die Leute aussen vor lassen und das sie die nicht so sehr im Blick haben und was ja in der in der, also in dem Sarkasmus der Nationalparkgegener kommt das ja sehr oft zum Ausdruck, dass dass wes ick, dass ne Kröte mehr wert ist als der Mensch, was ja so nich` stimmt, aber man muß es auch überspitzt sagen, damit es verstanden wird, dass das die Fachleute oft nur, oder wie die Leute hier oft sagen, die Ökofuzzies oder die grünen Spinner den Menschen nicht mehr sehen, der hier wohnt und leider und für die Leute spielt das auch eine Rolle ... leider eben auch unter den, sag ich mal Fachleuten, die hier im Nationalpark tätig sind oder die die Rescherchen machen für die Leute zuwenig Leute sind, die sie als bodenständig anerkennen, also die kommen alle woanders her und vielleicht noch aus dem Westen- ist noch schlimmer ja und sagen uns jetzt, wie es langgeht, andererseits na klar, irgenwo müssen sie ja herkommen, aber irgendwie, wie soll ich sagen beste Lösung wäre sozusagen des wären Fachleute, die hier irgendwie aus der Region wären und wo die auch sagen also und es gibt ja auch welche, einige auch im Nationalpark und ich denke es immer klar, die hierherkommen, ich weis nicht, wie sie die die Leute kennen vom Nationalpark, wie der Herr Haferland, die sind einfach akzeptierter, die sind akzeptierter als jemand, der von irgendwo sonst herkommt und fachlich mag er alles draufhaben, aber er wird von den Leuten natürlich nicht so akzeptiert.

AB: Das wäre dann eine Art, die Konflikte zu lösen, dass die Einheimischen mehr Einfluß auf das Geschehen haben oder ?

PE: Also, ich denke jedenfalls, dass das der ganzen Sache durchaus gut tun würde, wobei das nicht vor dem Konflikt schützt und alle Leute, also ich erleb` das ja auch, weil ich erzähle das ja nicht nur Ihnen, ich halte ja nicht hinterm Berg mit meiner Meinung, alle Leute, auch die aus der Rgion kommen und sich öffentlich für den Nationalpark aussprechen, natürlich auch ganz schnell schief angesehen sind und da spielt dann auch die Bodenständigkeit nur noch eine untergeordnete Rolle. Aber ich denke dass das insgesamt der Geschichte ganz gut anstehen würde, das denke ich schon.

AB: Welche Lösungen wären denn dann noch angebracht, um den Konflikte zu lösen? Möglichkeiten Konflikte zu lösen ?

PE: Also, das aller aller wichtigste ist, denke ich eigentlich, dass man miteinander redet, dass man

miteinander redet und dass man sich von beiden Seiten, um Sachlichkeit bemüht und da erlebe ich sehr unschöne Dinge, da erlebe ich von den einen eine, sag ich mal, eine etwas so fachlich angehauchte Überheblichkeit, nach dem Motto, die Bauern, die sind ja alle blöd, die verstehen das alle überhaupt gar nicht, wir machen mal unser Ding, als den Dussel das auch noch zu erklären und das spüren die natürlich ganz genau, diese Überheblichkeit, die da zum Ausdruck kommt und da gibt es natürlich diese diese ganz weit verbreitete Gegenpolemik, die eben auch oft sehr weit von Sachargumenten entfernt ist leider, da fällt es mir dann auch schwer mit Leuten, also ich kann nicht mit Leuten über den Pflege- und Nutzungsplan diskutieren, die den nie gelesen haben, aber ganz genau wissen, was an dem alles schlecht ist, beim allerbesten Willen, das fällt mir schwer, und da muß ich sehr ruhig bleiben, wenn ich dann nach dem dritten Argument merke, der hat das Ding ja überhaupt gar nicht gelesen, also ich denke da ist man auch verpflichtet sich zu irgendwie informieren oder so, wenn ich mitreden und äh, das macht es schwierig in dieser Diskussion und das zieht sich ja durch, ob das jetzt, sag ich mal interne Gespräche sind, ob das öffentliche Diskussionen sind, ob das Darstellungen in den Medien sind, sie haben es immer mit einer Mischung aus Polemik, Überheblichkeit ud Sachdiskussion zu tun und das muß man ersteinmal ausseinanderformulieren, naja und sowas wie vertrauensbildende Massnahmen sollte man wahrscheinlich versuchen, ich weis es aber nicht, ob das alles schon zu spät ist, man hätte ja von Anfang an bestimmte Dinge anders machen sollen, das denke ich schon auch. Ich sehe zum Beispiel so, guck immer so ein bisschen rum, nicht nur in Deutschland auch woanders, zum Beispiel, wenn ich das Biospährenreservat nehme, gut da sind die Schutzbedingungen anders, aber Konfliktpotential ist da trotzdem da, wenn ich das Biospährenreservat sehe, wie die mit ihren Landwirten umgehen, ich will jetzt nicht sagen, dass die ein Herz und eine Seele sind, aber da ist doch was gewachsen offensichtlich, da ist doch was passiert, was man hier eben nicht nur nicht geschafft hat, sondern praktisch ins Gegenteil verkehrt hat. Und da, liegt des sicher auch, wie jede Sache liegt das auch an Leuten, ist doch klar an der Persönlichkeitsstruktur von Leuten, die des Projekt Nationalpark vorangebracht haben liegts doch natürlich auch, ist doch auch klar, wie jede Sache liegt das auch an Leuten, also an der Persönlichkeitsstruktur von Leuten, die das Projekt Nationalpark vorrangebracht haben, liegt es doch natürlich auch. Jede Sache der Welt ist immer ein bisschen von den Leuten geprägt, die sie machen. Und da waren hier eben ne zeitlang jedenfalls, und vielleicht am Anfang ein paar Leute am Ruder, die so meinten man kann so, alle die sowiso nicht genau wissen wie es läuft, kann man einfach so aussen vor lassen und wir machen jetzt mal des

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Ding und das wird schon und wir müssen nur zusehen, dass wir es nur so schnell in Sack und Tüten haben, dass es nicht mehr zurückdrehbar ist. Das ist ganz bestimmt so gemacht und gemeint gewesen von machen.

SG: Also so die Leute, [?] quasi ...

PE: Ja, so und wenn`s dann nicht mehr, die das gemerkt haben, ist das schon in einem Staus, wo das nicht mehr umkehrbar ist.

AB: Sind diese Akteure neu auf der politischen Bühne oder waren sie schon vor der Wende tätig?

PE: Äh, hehe, also...[Band Ende] - [neues Band]... ja wissen sie noch nicht so genau Bescheid, wir machen das jetzt mal ganz schnell und bevor die aufwachen ist schon passiert, sozusagen.

SG: Da hätte ich ne kurze Zwischenfrage, Sie haben gemeint vorhin wurde, ganz am Anfang, dass viel vermischt wird, was sich verändert hat durch oder ohne den Nationalpark- Spielt dann bei bei grade bei den Konflikten zwischen lokaler Bevölkerung und Nationalparkverwaltung oder wer auch immer da noch alles mit reinhängt auch schon ein bisschen dieses Ost- Westding mitrein?- Die Wessis kommen und machen jetzt.

PE: Auch, na klar.

SG: Und trifft wahrscheinlich auch voll in die Erwartungen ...

PE: So ist es ja und es geht ja auch um Mitarbeiter, um Nationalparkmitarbeiter, ganz konkret und so, ne, da, na klar werden alle Klisches gepflegt, die es so gibt.

SG: Noch mal ganz kurz zu den Akteuren- Können sie uns da vielleicht nocheinmal ganz kurz ein Bild über die einzelnen aktivsten Akteure geben und was da so gelaufen ist.

PE: Ja, ja der der umstrittenste und äh und sehr masgebliche und ja jetzt immer noch umstrittene und etwas in den Hintergrund getreten ist ja der Herr Vössing und um den hat sich hier vieles einfach auch gedreht und der hat sicher ein gutes Anliegen, aber im Blick auf die Leute ist der eben völlig an denen vorbeigeschossen oder ich will des ihm jetzt nicht so unterstellen, dass der des jetzt vorsätzlich gemacht hat, vielleicht hat der das eher intuitiv gemacht oder vielleicht ist der auch, ne kann ich eigentlich auch nicht sagen, weltfremd ist der auch nicht, also um den hat sich ja sehr viel kristalisiert, zum Beispiel. - Ja und -ist schon blöd über Personen zu reden, dass muß ich schon sagen,...

SG: Oder über Vereine...

PE: Ich bin ja Mitglied dieses Vereins, muß ich auch noch sagen, vielleicht

SG: Welchem?

PE: Von dem Verein der Freunde des Nationalparks. Ist vielleicht wichtig für sie zu wissen

Int.: Ja, ja

PE: Und mir war klar, als dann der Vössing zurücktrat und mein Kollege Berg den Vorsitz übernahm, den kenne ich als Kollegen von mir, ich mag ihn sehr und wir machen manche Sachen zusammen, aber dass er kein Typ der Integration und des Kompromisses ist das weis ich und dass sich damit nicht unbedingt etwas verbessern wird, war mir vorher klar, aber es ist nun mal so. - Deswegen sag ich, es liegt manchmal auch an Personen und, wenn man da zum Beispiel, also mal abgesehen davon, wie so ein Vorsitzender gemacht wird von so einem Verein, also der wird da ja nicht so von so einem Verein gewählt, des ist ja alles, also ich krieg das ja alles nur so halb mit, da ziehen sie irgendwo in diesen Instutionen Großschutzgebiet und da wird da aufeinmal so ein neuer Vorsitzende aus dem Boden gestampft und dann müssen wir alle Fingerchen heben, ne. Ähm davon mal ganz abgesehn - ähm, jetzt hab ich den Faden verloren...

SG: Wir hatten es von ja von Freunde des Nationalparks

PE: Ja, ja, ja

SG: ..das die auch an manchen Personen liegt...

PE: Ach, so, das es an den Personen liegt. Und wenn man da zum Beispiel eine Person gefunden hätte, der eine Person, die also so ein bisschen so einen integrativen Charakter hätte oder so und ne gewisse Kompromißbereitschaft mitgebracht, wäre vielleicht manches anders gelaufen zum Beispiel, denke ich ja. Mal abgesehn davon, dass ich ein grundsätzlich in dieser Region für falsch halte einen Kirchenman da zum Vorsitzenden zu machen hier im Osten Deutschlands, wo wo naja aus bekannten Gründen also Kirche nicht gerade sehr beliebt ist und des trifft ja nun noch sozusagen, da werden ja auch wieder bestimmte Klisches bedient. Das hab ich auch für unklug gehalten.

SG: Mal nochmal zu Verein, wo Sie Mitglied sind, vielleicht so ein bisschen nochmal Brainstorming kurz, was hat der Verein gutes gemacht, was hätte er besser machen können. Also so ein paar Punkte.

PE: He, naja was heisst was hat er Gutes gemacht, ich bin mir auch nicht so sicher, ob der, ob es nicht andere Konstruktionen gegeben hätte für diesen, für diesen für diesen Nationalpark, der Verein hat ja so bestimmte Aufgaben übernommen wie jetzt dieses Flächentauschprogramm und so Sachen zu machen. Ob des dafür wirklich so eines Vereins bedurft hätte kann ich auch nicht, bin ich nicht juristisch klug genug da waren eben bestimmte Leute, die haben gesagt, so müssen wir das machen anders geht es nicht ähm , ob es nicht auch anders gegangen wäre,

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weiss ich nicht. Äh, ob es besser gelaufen wäre, wenn das irgendwie das Land direkt gemacht hätte oder so, ich ich weiss ich nicht ... - Also wichtig und gut denke ich ist einfach, dass da Leute zusammen sind, leider auch wieder viel zu wenig aus der Region, sich erstmal Leute gefunden haben, die auch öffentlich sagen; wir stehen zu dem Nationalpark und die muß ja auch geben, denk ich. Leider ist es da ja auch so, wenn ich die Mitgliederliste durchgehe, na so fifty fifty wahrscheinlich höchstens, die anderen sind viele Auswärtige, oder viele Professoren aus Berlin und so, ist natürlich nett, aber das bringt natürlich keine Akzeptanz hier in der Region.

AB: Besteht für Sie persönlich Klarheit im Vorgehen des Verein oder können sie alles nachvollziehen, was der Verein macht?

PE: Ne, kann ich nicht. Der Verein ist ja auch ein Alibiverein zum großen Teil und ein großer Teil der Vereinsarbeit läuft einfach über`s Jahr im Vorstand. So.

AB: Es wird auch viel beklagt, dass die arbeit im Verein nicht ..

SG: ... transparent ist?

PE: Das ist so. Das ist richtig. Es ist auch für Vereinsmitglieder nicht alles transparent und nur wenn man offene Ohren und Augen hat merkt man so manchmal so ein bisschen was hinter den Kulissen gezerrt und gezogen und gedacht wird, ja.

SG: Also da bestünde Verbesserungsbedarf?

PE: Denk ich ganz sicher und kritische Vereinsmitglieder sind ja auch da. Es ist ja nicht so, dass da alles Freude, Friede, Eierkuchen ist, sondern, und auch das versucht man ja ein bisschen zu vertuschen, auf mancher Vereinssitzung hat es riesen Spektakel gegeben und riesen Krach, das möchte man natürlich auch nicht, dass das so sich äußerlich alles darstellt.

SG: Nochmal zu dem anderen Verein, den größten Gegenverein hier, dem Interessensverein zum Schutze .. können Sie da ein paar Stichworte zu sagen?

PE: .--. Hmhm, - also es fällt mir schwer - , also, noch anders, - ich muß sagen, ich hab ich da hab, ich hab da so ein paar persönliche Betroffenheiten. Da sind so ein paar Leute Mitglied, mit denen ich mich eigentlich sonst ganz gut verstehe oder wo es mich sehr betroffen gemacht hat, dass die dass die da Mitglied sind. Und zwar deswegen sehr betroffen gemacht, weil gerade die dieser Verein eben auch, in seinen öffentlichen Statements immer diese, sag ich mal unsägliche Mischung an Sachdiskussion und Sachkritik und an Polemik hat, ganz ganz stark und äh, insofern fällt mir das, fällt mir das sehr schwer ... mich mit dem Anliegen dieses Vereins ausseinander zusetzen, obwohl ich sehr bereit bin eigentlich, eben auch die Anliegen

der Leute zu hören und mich auch bemüht habe und auch Gespräche mit Landwirten, also es kommt ja nun durch meine Arbeit ohnehin, dass man mit Leuten im Gespräch ist und mich bemüht hab auch das immer zu hören und auch die andere Seite zu hören, dass ist vielleicht auch etwas, was da bei dem Verein oder den einzelnen Vereinsmitgliedern sich auch zu leicht gemacht haben, wenn man den die Position des Landwirtes nur aus seiner Brille sieht und sich nicht wirklich mal anhört wie er empfindet oder so, dann kann man das auch schwer nachvollziehen. - ja das fällt mir schwer mit denen da umzugehen, weil die immer diese Mischung von Sachkritik und Polemik haben und wenn das - wenn das in diese undefinierte und oft ja auch sehr verletztende Polemik hineinkommt, dann, muß ich ganz ehrlich sagen, dann dann fällt es mir schwer noch ne sachliche Diskussion zu führen und das dann immer rauszupicken, wenn da nur diese polemische und oft ja sehr verletzende Geschichte dann immer noch davor geschaltet ist und das ist bei dem Verein ja nun sehr stark so, so wie ich ihn erlebt habe bei allen, ob das bei Fernsehauftritten war oder in Pressemeldungen oder in Transparenten oder was weiss ich.

SG: Nationalparkverwaltung was ist mit der?

PE: Na ja hehe die sind ja eher, ich weiss auch nicht was das für eine merkwürdige Geschichte ist die die sind na gut, das sind ja sozusagen Landesangestellte, die auch ihrem Dienstherren verpflichtet sind und das macht ja deren Situation auch ein bisschen schwierig also mir bekennen sie in der Öffentlichkeit oft zu wenig Farbe, so halten sich oder versuchen sich sehr oft im Hintergrund zu halten und nicht ins Kreuzfeuer zu geraten. Ich nehme an, dazu haben sie auch deutliche Anweisungen vom vom Land Brandenburg, aber das finde ich eigentlich nicht so gut und nicht so richtig. ansonsten erlebe ich, dass sie oft mit dem Nationalparkverein auch sehr quer sind, das ist ja nun - wahrlich nicht so, dass man da reibungslos Hand in Hand arbeitet, was wahrscheinlich auch für das ganze Projekt eigentlich sehr wichtig wäre, dass man da besser zusammenarbeitet, aber so wie ich das das erlebe, aus der Sicht eines einfaches Vereinsmitgliedes, der nicht immer alle Hintergrundsinformationen hat, ähm läuft das nicht so gut zwischen dem Vereinsvorstand und der Nationalparkverwaltung. Ja und ansonsten sind sie zu oft zu sehr im Hintergrund, das kann ich eigentlich nur sagen. Aber das kann ich mir schon erklären, warum das so ist.

SG: Und die Konfliktsituation, wie würden sie das beschreiben, das klingt nach ziemlich festgefahrener Position ist Kommunikation da, fängt es an wieder mehr zu werden?

PE: Also der momentane Stand der Situation ist eher wahrscheinlich, - also im Moment brennt`s ja nicht. Also wir haben schon schon ganz andere

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heisse Zeiten gehabt. Ich weiss nicht woran das im Moment liegt, wahrscheinlich weil gerade nichts neues passiert ist oder so, ich denke, wenn irgendwie die nächste Aktion kommt oder irgendwie jetzt der nächste Schritt gemacht wird, dann eskaliert das wieder alles, des ist jetzt so ne Ruhe vor dem Sturm oder so ne Übergangsstimmung, einfach über die Dinge die bis jetzt da sind hat man sich genug erregt und laut genug diskutiert und dann verfliegt ja auch mal so ein bisschen der Kampfgeist und im Moment ist das so ne Art Status quo, oder so. Also das ist ja eher ruhig um den Nationalpark, im Moment.

SG: Aber wie kann man sich das vorstellen sind da wirklich so die Positionen so verfestigt und ist klar, der ist Mitglied bei dem Verein und der da und man trifft sich auf der Straße und gibt sich nicht mehr die Hand oder ist es noch nicht ganz so weit?

PE: Also teilweise ist es so, ja

SG: Teilweise ist das so

PE:Teilweise ist das so, ja. - ist verschieden, aber mancher kann damit umgehen, mancher nicht.

SG: Ich meine, weil Sie auch vorhin meinten, Sie sind schon teils, also, dass Sie auch teilweise persönlich betroffen sind, das da jemand wo Sie nicht erwartet hatten im Vereins[?] auch irgendiw ist

PE: Ne für mich ist auch ein bisschen die Situation, des geht jetzt über die Nationalparkbetrachtung hinaus, ist die ja manchmal schwierig, ich bin ja als Pfarrer - für meine Gemeindemitglieder zuständig und zwar ganz gleich im Grunde genommen, welcher politischer Anschauung die sind, aber auch welcher Einstellung die zum Nationalpark sind und ich hab ja nun unter meinen Gemeindmitgliedern und das sind ja meistens so mehr die Bodenständigen, zum Beispiel sehr viele Leute, die mit Landwirtschaft sehr verbunden oder sogar selber Landwirte sind und mit denen muß ich mich ja bemühen, dass wir zwar offen miteinander reden, dass wir nicht Katz- und Maus spielen und uns verstecken voreinander, aber doch auch wohl, dass wir noch weiter gut miteinander können und das ist ne ganz schön schwierige Geschichte, des muß ich schon mal sagen, das ist ganz schön schwierig.

SG: Ja das ist, was ich ja was ich eigentlich gerade fragen wollte, also dass ich mir das durchaus vorstellen kann, dass das für Sie als Pfarrer ja durchaus manchmal zu ja vielleicht auch zu Dilemma Situation oder für Sie auch zum Konflikt kommen müßte. Sie kriegen ja alle Perspektiven mit in der Gemeinde, denke ich mal oder in den verschiedenen Gemeinden, wie ist da oder versuchen Sie da auch manchmal als Vermittler aufzutreten oder sind Sie in dem Moment, versuchen sie neutral zu sein, die Sorgen von den Leuten zu hören oder sind Sie als selber Aktiver in einem...

PE: Ah, ist immer so ein Zwischending. Es ist ein Zwischending zwischen Neutralität, Anhören, Spiegeln, auch den Leuten einfach mal ihre Argumente und die Tragweite ihrer Argumente einfach vorführen, aber auch vermitteln oder besser, ich muß es fast noch anders sagen, ich hab oder fast ist es eher so, dass ich lange Zeit versucht habe zu vermitteln bis ich gemerkt habe, dass man auch als Vermittler Dresche kriegt. ... Ja ... das ist, also zum Beispiel, voriges Jahr, war`s voriges Jahr?, - voriges Jahr hatten wir hier so eine Geschichte. Wir hatten Parkfest, das macht der Dorfgemeinschaftsverein, großes Fest, viertausend Besucher und da stellt seit Jahren immer diese Criewener Agrargenossenschaft Tiere aus zum Beispiel, auch da, die sind dann so in so einer Ecke vom Park, des ist auch mit dem Verein abgesprochen, dass die das so machen und so irgendwann haben wir gesehen die Leute schreiben da alle irgendwas immer an diesen Ständen bei den Kühen, was schreiben denn die Leute da. Da lief das Parkfest schon drei, vier Stunden. Dann ist einer von uns gucken gegangen so von den Organisatoren und dann haben die Landwirte da ihre Listen gehabt gegen den Nationalpark und haben immer wie die Leute kamen da und besser ging`s ja nicht, 4.000 Leute marschierten da vorbei, immer ihre Scheine und da die Leute unterschreiben lassen. Und das haben wir, das war nicht mit uns abgesprochen, also mit dem veranstaltenden Verein, dass die das da tun, dass haben wir ihnen etwas Übel genommen und haben, sie beriefen sich auf ein Genehmigung des Bürgermeisters, der das ihnen erlaubt hätte, der zog sich aber zurück und sagte, er hätte nur erlaubt, dass es ausserhalb des Parks, des Festgeländes passieren dürfte und nicht mittendrin und auf jedenfalls haben wir uns dann als Verein am nächsten Tag in der Zeitung davon distanziert, also in dem wir einfach mitgeteilt haben, dass die Unterschriftensammlung gegen den Nationalpark nicht mit den Veranstaltern abgesprochen war,

SG: Als Dorfgemeinschaftsverein

PE: Als Dorfgemeinschaftsverein, das das nicht mit den Verabstaltern abgesprochen war und das wir uns davon distanzieren, dass da so getan wurde als wäre das im Sinne des Veranstalters des Parkfestes, dass da Unterschriften gegen den Nationalpark gesammelt werden. und das hat dann einen großen Leserbrief gegeben einen Gegenleserbrief; was unheimliche Frecheit doch wäre und da da wurde ich dann auch namentlich persönlich genannt, weil ich da hingegangen bin und gesagt habe: Liebe Frau Pischelt, dass finde ich nicht richtig, was sie hier machen, Sie dürfen natürlich Unterschriften sammeln, das ist ihr demokratisches Recht, aber nicht auf, inmitten der Veranstaltung eines anderen mit dem Sie darüber nicht gesprochen haben, ne ich gehe eben auch nicht zu ihrer Landwirtschaftsveranstaltung und stelle mich dort mitten rein mit, was weis ich, einer Liste für den

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Nationalpark oder gegen den Havelausbau oder was weis ich, ohne mit ihnen darüber gesprochen zu haben, da geht`s noch gar nicht mal um: Für den Nationalpark oder gegen, es geht einfach um so ein paar Spielregeln, die man normalerweise einhält und dann kam so ein Zeitungsartikel und da wurde ich namentlich genannt und beschimpft, was ich mir einbilden würde, da was zu sagen gegen diese Unterschriftensammlung und dann den hatte jemand geschrieben der wahrscheinlich ne ABM- Stelle hier in der LPG hatte und ihr Arbeitsplatz würde daran hängen und das wäre ja typisch, dass wir uns gar nicht für die Leute interessierten und so was und - das ist schon so, dass man da ein bisschen die Lust verliert zu vermitteln, muß ich einfach so sagen, also man hat ja, also ich hab ja auch keine Elefantenhaut.

AB: Welche Stellung nimmt dann dann die Presse in diesem Konflikt ein? Wird da ausgewogen berichtet oder...?

PE: Na, die Presse ist eher, da bin ich mit unseren Journalisten immer sehr in der Diskussion, Presse spielt oft eher ne, oder überhaupt die Medien, eher eine anheizende Rolle in der ganzen Geschichte, weil sie sich immer nur die kritischen Punkte rausnehmen, sie verstärken und weil die Presse auch, kann man nun sagen, dass ist ihr gutes Recht, zu sagen wir sind ja nur ne Presse und wir schreiben ne Meinung oder auch ne Meinung von Leuten, aber nicht im Blick hat, dass die Presse hier im ehemaligen Osten einen anderen Stellenwert hat. Die Presse hier im ehemaligen Osten hat ja nach wie vor, in den Köpfen der Leute den Anspruch was da schwarz auf weiß geschrieben ist, ist die Wahrheit, im, ich sag mal im Unterbewußtsein ist das nach wie vor so, also wenn ich sage des ist doch nicht wahr, dann sagen die Leute, das hat doch in der Zeitung gestanden und das ist dann sozusagen, das ist das Höchste, was es gibt, ne

(kurze Unterbrechung)

PE: So wo waren wir?

SG: Wir waren bei der Rolle der Medien.

PE: Ach so ja. Und dass die eben so und dass die so und dass die natürlich schon, dass die nicht sehen, dass was da geschrieben ist, selbst ein Leserbrief und wenn sie nur schreiben Landwirt soundso sagt, das und das und das, dass das bei den Leuten einen Wahrheitsanspruch hat und ich ich streit mich manchmal mit denen rum darüber, ob man zum Beispiel, man kann natürlich schreiben, Landwirt sowiso sagt das und das und das und dann finde ich immer dann hat aber die Presse die Aufgabe zu rechaschieren, ob das was Landwirt soundso sagt auch wahr ist und ob sie nicht dahinter schreiben müßten das ist aber soundsoundso wenn das dann anders ist. Und die Presse sagt, ne die Aufgabe haben wir nicht, wir geben einfach nur Meinungen wieder und das Bild oder die Bewertung kann der

Leser selber treffen und das sehen sie halt ein bisschen anders und es hat ja so ein paar Vor-Ort-Sendungen gegeben zu dem Thema, die kann man bestimmt auch angucken oder haben Sie schon angeguckt wes ich nicht.

SG: Ne

PE: So Vorortsendungen zu dem Thema von von hier ORB zum Thema Nationalpark so mit Diskussion und so, die sich ja immer vornehmen so sozusagen so auf so ne, also des soll ja immer so ein Schlichtungscharakter alle Betroffenen hören und dann irgendwie so zusammenführen und für mich hat des immer mehr so ne Eskalationswirkung gehabt, eigentlich, weil sich alle vor so einer Kammera produzieren wollen wie verückt und darstellen und das auf die Spitze treiben und so äh, dass am Schluß schon also bei der letzten ORB- Sendung ist der eingeladene Verein zum Beispiel überhaupt gar nicht erschienen, ne. Auch fraglich, ob das gut ist, also der Verein der Freunde des Nationalparkes ist gar nicht erschienen. Nachdem, als ich gehört habe wie die anderen da los sind hab ich verstanden warum Sie da vielleicht besser nicht hingegangen sind, aber ob man dem denn sozusagen sich nicht gar nicht mehr stellen, ob das richtig ist, weiss ich auch nicht, also.

SG: Das wäre halt die (...?) Frage. Nochmal kurz aufs Dorf zurück zurückzu kommen. Wie laufen hier ungefähr oder sagen wir auch mal so für ihre sieben Dörfern, ich weis jetzt nicht [Telefonklingel] wie so ungefähr die Frontlinien hier laufen, wenn man das so überspitzt sagen kann

PE: Im Dorf selber

SG: Ja

PE: .... .... ach kann ich so gar nicht so sagen, also ich denke ne ne ne übergroße Mehrheit ist einfach dagegen, so das ist glaub ich die Grundeinschätzung. Die übergroße Mehrheit ist dagegen aus aus zum Teil aus persönlicher Betroffenheit, die sowas mit Landwirtschaft zu tun haben also direkter auch sag ich mal erwerbsmäßiger Betroffenheit zum Teil aus indirekter Betroffenheit oder vielleicht ist es ja auch eine direkte aber sag ich mal die nich, die nich jetzt mein Broterwerb unmittelbar berührt. Das sind zum Beispiel die Angler oder das sind die Einwohner von Criewen, die jetzt nicht mehr mit dem Auto an die Oder fahren dürfen oder zum Baden in die Polder fahren dürfen. Das ist ja auch eine Betroffenheit, na klar ist das ne Betroffenheit und ne Einschränkung und der Mensch lässt sich überhaupt gar nicht gerne einschränken in jeder Hinsicht nicht und die kleinste Einschränkung wird für negativ befunden.

SG: Ist es, nur kurz dazwischen ist es da nur ist es die Frage, wie man es verpackt, wie man es den Leuten nahebringt oder ist es allgemein einfach die Einschränkung?

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Interview Pfarrer Ehrlich, vom 28.6.2000 in Criewen, ca. 95 Min.

PE: Also, ich glaub der Mensach lässt sich überhaupt nicht gerne einschränken. Ist sicher auch ne Frage, wie man es den Leuten verklickert, aber gerne wird er es trotzdenm nich machen. Also die Angler fahren seitdem sie das nicht mehr dürfen in der übergroßen Mehrheit mit dem Fahrrad dort hinein und es geht offensichtlich, aber sie tun das ganz bestimmt nicht gerne und sie schimpfen und die würden lieber mit dem Auto fahren, wo sie noch ne Kiste Bier wegkriegen. Ist ja jetzt alles schwierig, wie sie das nun machen sollen. So, ganz einfache Dinge ist ja auch die Bequemlichkeit des Menschen, die da auch ne Rolle spielt. und und man selber ist ja auch Betroffen, muß man sich sagen will, wenn ich das Eine will muß ich das andere mögen also ich ich bin auch Angler oder ich hab ein Pferd und darf da nicht mehr reiten, es gibt ja nichts schöneres für mich als durch die Polder zu reiten, aber ich darf das nicht mehr. Gut aber dat, macht man so, also ich jedenfalls. Bei anderen ist schon wieder ein bisschen anders, dass zum Beispiel Leute, die die da weiss ich, wo der Großvater, Urgroßvater Fischer war, die sind des nicht mehr, aber sie fühlen noch sowas wie ein Vermächtnis in ihrem Blut, wenn sie wenigstens angeln gehen, des vom Großvater fortzusetzten und nun zu hören, dass irgendwann in dem und dem Gewässer, weil es Totalreserat ist, se das da nicht mehr dürfen, des betrifft die schon sehr, das betrifft die, des tut denen richtig weh, ganz also man kann es rational gar nicht vollziehen, aber das tut ihnen richtig weh, die fühlen ein Stück sich irgendwo abgeschnitten aus ihrer Familiengeschichte oder so ...

SG: Aber für sie, sie haben gerade ihre eigene Betroffenheit angesprochen einerseits Mitglied im Freundeskreis andererseits vielleicht auch Hobbyreiter und Hobbyangler, aber für Sie sind ihre Interessen jetzt am besten im Freundeskreis vertreten? ..

PE: ...ach ach ja ..

SG: Also, Sie versuchen da jetzt eine Linie zu kriegen oder ...?

PE: Ja, ach ne ach so ne Linie ist ja schwierig, ich hab auch oft lange hin- und herüberlegt, ob ich da nicht besser raustreten sollte, nur ich wes nicht, ob das immer gut ist irgendwo rein und wenn einem was nicht passt, geht man wieder raus und so. Man muß ja auch ein bisschen Courage haben und letztlich auch, denke ich kann man auch nur kritisch eine Sache beleuchten, wenn man denn dabei ist und nicht immer nur, wenn man außen vor steht. Also ich bin ja nicht dem Nationalpark gegenüber oder versuche ich nicht unkritisch zu sein, sondern versuche ich kritisch zu sehen und dem Verein gegenüber, aber für mich hab ich ne zeitlang hab ich ... wirklich überlegt, ob ich da eigentlich richtig aufgehoben bin, da drin. Dann hab ich mich irgendwann entschieden, und habe gesagt; ne jetzt egal was kommt jetzt bleibst du da drinn, du hast

doch einmal ja dazu gesag, ... und du mußt versuchen, von innen auch ein paar Dinge zu bewegen, aber es ist ganz schwierig und auch in dem Verein ganz schwierig. Ja

SG: Noch mal kurz ein kleiner Wechsel zu den Massnahmen, die jetzt im Zuge des Nationalparks ähm veranstaltet wurden. Da hab ich nochmal zwei Fragen. Die erste wäre, was meinen Sie was die schwierigste oder konfliktreicheste Massnahme ist?

PE: Was meinen Sie denn jetzt mit Massnahme?

SG: Totalreservat oder äh...

PE: Ach so, so ne Geschichten

AB: Was uns besonders ineteressiert Gewässerrandstreifenprogramm zum Beispiel.

SG: Ja, des ist noch mal ne andere ..ja

PE: Mmhm [im Sinne von verstehend]

AB: Aber des ist noch eine andere Frage.

SG: Ja, macht nichts ist ja auch ne Massnahme, was denn da so die schwierigste oder konfliktreicheste Massnahme ist?

PE: - - Mhm, man muß sich vor Augen halten, was da alles so getrieben wurde. - -

SG: Na das mit den oder das mit den Tauschflächen..

PE: Die Tauschflächengeschichten,

SG: Die Verpachtung ...

PE: Totalreservatsgeschichte haben wir ja noch nicht, also wird ja erst noch alles ganz massiv kommen. ... Also, also diese Tauschgeschichten waren schon ne ganz schwierige Sache weil’`s da eben da ging`s auch um Werte und um Geld und so Geschichten, also wo keiner mit sich spaßen ließ und wo knallhart verhandelt wurde über diesen Tausch -faktor, also zuwieviel zuwieviel wird getauscht und so das ist schon ne ganz schwierige Geschichte ich erlebe, zumal ich das von beiden Seiten erlebe, die Kirchengemeinde hat ja Land dort drin und ich muß ja andererseits wieder auch gegenüber dem Nationalpark als Verwalter der kirchlichen Ländereien die nadere Seite vertreten ...

SG: Noch ne dritte Rolle

PE: Ja, ja, also wir haben zum Beispiel Pächter drauf, Pächter, die unsere landwirtschaftlichen Nutzflächen gepachtet haben, wo wir einerseits Geld kriegen, aber die uns aber auch irgendwie am Herzen liegen, die wir auch lange Zeit zum Beispiel bevorzugt haben, indem wir ihnen jahrelang ganz niedrige Pachten gemacht haben, damit sie auch einen kleinen Vorteil haben als Landwirte und so kleine Geschichten und dann krieg jetzt zum Beispiel so Tauschangebote vom Nationalpark und statt weiss nicht genau sind glaub ich so 15 Hektar Wiese die wir hier im Polder drin haben, an einem

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Stück, nein zwei Stücke ein kleines Stück weis ich nicht so zwei Hektar, und das andere ist aber eine Wiese, alles an einem Stück und dann krieg ich ein Tauschangebot, ich hab es ja nicht gezählt, aber es waren ungefähr so 50 kleinste Flächen, verstreut in mehreren Gemarkungen, die die uns als Tausch anbieten. Da kann ich einfach nur lachen darüber, das kann ich hier nicht machen, also denn wer soll den hinterher die ganzen Verträge bearbeiten, geschweige denn einen Pächter finden. Da hab ich da einen Hektar und da einen Halben und da wieder ein Stück und so, des geht einfach nicht, so Geschichten gehen nicht da da frage ich mich auch, wie kann man Sachen so bearbeiten und jemanden so etwas anbieten, da mach ich mich doch schon lächerlich indem ich das anbiete.

SG: Liegt das an der Organisation, fehlender Organisation oder

PE: Liegt zum teil auch daran an den Ländereien, die zum Tausch da sind, zum Beispiel und da und und und an dem notwendigen Flurneuordnungsverfahren, was ja nun wohl kommt, aber wohl nun gleich wieder der nächste Streit da ist.

SG: Haben Sie eigentlich dann mit den Kirchengrundstücken haben Sie da auch was zu tum mit diesem Interessensverein der Eigentümer mit Fr. ...

PE: Fr.Fehling nicht direkt, also wir sind als Kirchengemeinde, meine Kirchengemeinde sind da nicht Mitglied. Mit Fr.Fähling habe ich schon sehr viel zu tun, es ist wirklich, ist eben in so ner Region so ist alles verknüpft. Fr.Fähling ist zum Beispiel bei uns auf Honorarvertrag angestellt und vertritt ähm die Grundstücksangelegenheiten der Kirchengemeinde, die ich auf meinem Schreibtisch einfach nicht schaffe da muß ich Fr. Fehling immer mal wieder, zumindest für meine Kirchengemeinde, für andere kann ich ja nicht sprechen auch mal in Richtung Nationalpark bremsen und sagen Fr. Fähling, denken Sie drann, andere denken auch anders darüber. So es geht eben auch bei uns quer durch, ist ja auch in Ordnung so

SG: Also, da gibt es auch nochmal unterschiedliche Umgangsweisen..

PE: Ja, natürlich

SG: ... innerhalb der Eigentümer?

PE: Ja richtig. Und ich muß ja auch mit meinen, also ich hab ja nicht Befugnisse über die Ländereien, die haben ja die Gemeindekirchenräte, da sitzen ja sechs sieben einheimische Leute und ich bin ja nur einer von denen und auch unsere Position jetzt als Kirchengemeinde gegenüber dem Nationalpark, die ist zwar von mir mitgeprägt, aber ich hab da nur eine, sicherlich als Pfarrer ein bisschen lautere Stimme, aber da sitze auch sechs Leute, die lassen sich nicht die Butter vom Brot

nehmen da im Gemeindekirchenrat

SG: Wird da vielleicht auch nochmal was von persönlichen Betroffenheiten von den jeweiligen Gemeinderatsmitgliedern auch darüber ausgetragen oder denken Sie die können die Rolle schon ganz gut trennen?

PE: Ne wird da wird nicht ausgetragen, ne ne, da denke ich ham wa des ganz gut und sachlich miteinander hingekriegt, doch.

SG: Jetzt nocheinmal kurz zu dem Gewässerrandstreifenprogramm. Das das haben wir auch schon verschiedenen Sachen gehört inzwischen das war das läuft unabhängig vom Nationalpark?

PE: Das ist ja Landwirtschaftsförderung

SG: Das ist ne Landwirtschaftsförderung

PE: Ja, ja das ist ja vom Minesterium für Landwirtschaft, richtig

SG: Könnte das sein, dass das für die Leute auch nicht ganz klar einsichtlich war, transparent war, wird das verwechselt? Wie ist das mit diesem Gewässerrandstreifenprogramm, was hats da auf sich und mit dem Rest vom Nationalpark?

PE: Na, ich denke, dass - sicherlich für manche Leute ist das nicht nicht so ganz klar, welches Programm kommt jetzt hier von wem, zumal ja im Nationalpark oder, zumal ja hier ganz besonders durch die Person zweier oder durch zwei ganz konträrer Minister, nämlich Hr. Platzeck und Hr. Zimmermann, damals ja in diesem Nationalpark ausgesprochen gegensätzliche Förderungspolitik gemacht wurde, absichtlich sozusagen wobei ja wahrscheinlich der Regierungschef schuld ist, dass der so etwas zulässt, aber wenn der eine für dasselbe Gebiet eine Förderung auflegt und sagt, wenn ihr dort wirtschaftet kriegt ihr von mir Geld und der andere sagt, und wenn ihr dort nicht wirtschaftet kriegt ihr von mir Geld, dass kann ja wohl nicht in einer Landesregierung eigentlich sein, aber des haben die nun absichtlich gemacht und wenn der Umweltminister das Nationalparkgesetz dann in Kraft gesetzt hat und hier wurden die Schranken hingemacht und dann ist der Landwirtschaftsminister gekommen und hat die Landwirte aufgerufen die Schranken zum Nationalpark wieder abzureissen, was die natürlich gemacht haben da da na ja ... (lacht) Aber wieder zurück zum Gewässerrandstreifenprogramm. Das ist vielen natürlich nicht klar, andererseits hat auch der Nationalpark, was ich auch oder die Vertreter des Nationalparks haben immer auch oft mit diesem Gewässerrandstreifenprogramm geworben, so dass so der Eindruck entstand, das ist auch nur möglich dadurch, dass der Nationalpark hier ist, was natürlich gar nicht stimmt. Sondern Ist ja ne Landwirtschftsförderung und - jetzt kenne ich die Details nich so ganz genau, aber es ist ja auch

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irgendwie irgendwie ist das ja auch vermischt worden, ne also Gelder aus diesem Gewässerrandstreifenprogramm sind doch auch in den Nationalpark geflossen, a des krieg ich des krieg ich jetzt nicht so ganz zusammen.

AB: Flächentausch wird das nicht Rahmen des Programms vorgenommen?

PE: Ne, ne Flächentausch läuft nicht über des Gewäserrandprgramm

SG: Des läuft ja übern Förderkreis so das Tauschprogramm, äh...

PE: Das krieg ich ich krieg des jetzt nicht zusammen, - ich krieg des jetzt nicht zusammen, da ist so ne komische Dreierkombination. - Na Sie haben, doch sie haben recht ein Teil der Tauschgelder stammen aus diesem Ghewässerrandstreifenprogramm, stimmt schon, insofern profitiert sozusagen auch der Nationalpark da irgendwie von dieser Landwirtschaftsförderung, aber diese Konstruktion krieg ich jetzt nicht hin.

SG: Also kann man eigentlich daraus, die ist nicht ganz einsichtig oder übersichtlich und wahrscheinlich auch für keinen so Recht durchsichtig?

PE: Ne des krieg ich krieg ich aus`n Kopf nicht so zusammen, krieg ich nicht hin.

SG: O.k.. Kein kein Thema. Gut vielleicht nochmal ein bisschen zu den Perspektiven für die Region mit dem Nationalpark. Stichwort zum Beispiel Tourismus und Nationalpark, ist das ne wirtschaftliche Perspektive oder ...?

PE: Des ist eine, aber ne ganz kleine und eine eine denk ich völlig überschätzte, vielleicht auch am Anfang, um die Leute ein bisschen anzufüttern bisschen aufgebauschte Perspektive. Die ist ja erstens schon da also es ist ja zu bemerken und Leute, die hier hier so Pensionen und so haben oder Privatzimmer, die merken ja dadurch durchaus schon etwas, nur wer die Erwartungen hatte, dass hier Leute herkommen, die hier vier Wochen Urlaub machen und hier nur so mit der Knete, um sich schmeissen, die haben einfach völlig, haben völlig überzogene Erwartungen gehabt, zumal Leute, dass liegt so nun in der Natur der Sache, so ein bisschen, die als Naturerlebner kommen und Naturfans sind sind in der Regel, sag ich mal, ist jetzt auch wieder so ein Klische, aber ein bisschen stimmt das schon, sind eher spartanische Typen, sag ich mal, also die jetzt nicht hier groß Zechen gehen und so, sondern da, die bringen sich noch ihr Stullchen mit und sind da ganz so bescheiden und leben nur von der Natur und von der Luft und so und die bringen ja nu auch nicht gerade das große Geld, also die wollen die wollen jetzt hier kein Erlebniscenter haben, des würden die, geht ja manchem so durch den Kopf, ja ,wie sollen denn die Leute wenn wir nicht, wir brauchen hier sowas

wie den Heidepark, dann nehmen die das alles noch mit, aber hier kommen ja auch ganz andere Typen her, die würden ja auch gar keinen Heidepark hier besuchen, denk ich mal. Deswegen kommen die ja gar nicht her, also auch ein bisschen überzogene Erwartungen, einfach da. Aber einen gewissen Tourismus gibt es schon und wird es auch geben und der wird zum Bespiel für Criewen ganz bestimmt noch verstärkt, wenn das Informationszentrum ähm sich entwickelt hat, wenn zum so Geschichtchen, wie der Campingplatz, was ich vorhin erzählt habe, so was hätte, da da wächst so was. Also, ich guck mir das sehr bewusst an, wenn ich im Urlaub bin, Skandinavien oder so, wie das in Nationalparks so zugeht. Da gibt es einen Tourismus, aber des ist ja nicht so ein Boom, dass da Millionen Leute hinströmen, des ist ja Quatsch.

SG: Wie sieht das dann allgemein, wenn das jetzt ne bisschen überzogene Hoffnungen dort sind, wie sieht das denn dann allgemein mit den wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven der Region aus mit dem Nationalpark?

PE: Aus meiner Sicht ist sie mit oder ohne Nationalpak schwierig strukturschwaches Gebiet, kaum Industrie, Landwirtschaft hauptsächlich und ich denke die wirtschafliche Lage, Landwirtschaft nehmen wir jetzt mal raus, aber ich denke die wirtschaftliche Lage sonst in der Region wäre ohne den Nationalpark nicht wesentlich anders, überhaupt nicht, denke ich nicht, also ich sag das jetzt auch so aus dem Bauch, ich hab da keine, ich kann es ja nicht vergleichen so und und na ja diese ganze Perspektivlosigkeit, die sie hier unter den Leuten hier so breit macht, die rührt ja eben da auch her das niemand irgendwie ein Hoffnungsschimmer sieht wie man von so einer 25 prozentigen Arbeitslosigkeit runterkommen soll oder so in so einer Region hier. Jede kleine Geschichte ist ein Hoffnungsschimmer, weiss ich, wenn hier so in Schedt so ein Callcenter aufmacht, wo dann mal vielleicht zweihundert Leute arbeiten werden freuen sich die Leute hier, aber das ist natürlich auch viel zuwenig. Des hängt an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von Deutschlands oder der EU und auch ein Stück vielleicht auch an der EU Osterweiterung, bloß da wes man nu gar nicht so richtig, wenn es eine EU Osterweiterung gibt, ob des, wie sich manche erhoffen hier einen wirtschaftlichen Aufschwung gibt oder nicht eher einen wirtschaftlichen Abschwung, weil sich noch die paar Dinge, die hier sind noch weiter nach Osten verlangern werden oder so, bin ich skeptisch, weiss ich nicht.

SG: Und jetzt nochmal auf den Nationalpark bezogen, was hoffen Sie dass da, wie sehen Sie da die Zukunft? Vielleicht mal im negativsten Falle oder im positivsten Falle, auch mit den Menschen.

PE: pfh na, der negativste Fall, der ja immer herbeigeschrieen wurde ist ja, dass der Nationalpark

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wieder gekippt wird, das halt ich für relativ unwahrscheinlich, bei der Gesetzteslage und bei dem was da inzwischen an Institutionen geschaffen ist u.s.w., des halte ich für relativ unwahrscheinlich. Gut, es gibt ihn und gehen wir mal, gehe ich mal davon aus es wird ihn weiter geben, nun kann es ihn in zwei Formen geben, es kann ihn so geben, dass er eben einfach administrativ da ist, nach dem Motto ist uns egal wie die Leute damit klar kommen, des wäre sicher auch nicht wünschenswert und des wäre auch nicht schön. Äh, und das optimale wäre einfach ein Nationalpark, der es einfach schafft für sein Anliegen so zu werben, dass die Leute, die hier leben ein Stück jedenfalls das wenigstens verstehen können oder vielleicht auch eines Tages so was wie einen Stolz entwickeln und sagen, Mensch das ist unser Nationalpark, da kommen Leute her und gucken sich den an und wir hören wie die davon schwärmen und so, das ist schon was da können wir auch ein Stück drauf stolz sein, so. Andererseits muß man auch realistisch sein und ich würd auch sagen, dass es immer einen Grundkonflikt geben wird und den gibt es wahrscheinlich überall, wo es Nationalparke gibt. Ist auch in Ordnung so, find ich find ich der Mensch muß sich miteinander auseinandersetzten des ist richtig und solange das sachlich passiert, was uns ja immer so schwer fällt, aber so lange das auf der Sachebene passiert ist das auch ist das auch ist das ja auch o.k. so.

SG: Ist das nicht kann man oder wie sieht das für die Leute aus der ihrer Sicht aus oder kann man das allgemein so sagen ...

PE: Ich muß jetzt weg

SG: Ja genau, die allerletzte Frage noch, oder?

PE: mhm (zustimmend), ja

Int. 1: dass dieses Gefühl sowiso schon Land und Peripherie zu sein durch diesen Nationalpark noch verstärkt wird, dass das gut es sollten Gelder durch den Nationalpark reinfliessen, aber die fliessen ja nun auch in den Nationalpark, so dass dieses Gefühl am Rand zu sein und das da nichts für den Aufschwung getan wird wird das jetzt durch den Nationalpark verstärkt oder aufgehoben für die Leute hier so. Ich meine, sie sind ja ne Grenzregion oder ne schwache wirtschaftliche Region

PE: Mhm, also so dass sie jetzt sozusagen unmittelbar, das Gefühl haben, weil der Nationalpark da ist, ist es jetzt noch mal viel schlimmer, als es sowiso schon ist

SG: Ja oder, ob das nicht auch ein Signal eigentlich setzt, weil es ist ja nicht so, dass dadurch gerade ner Region ein wirtschaftlicher Input gegeben wird oder es war die Ausgangsidee vielleicht über Tourismus, aber mit Totalreservat zieht man ja auch nicht gerade Touristen an.

PE: Nein, aber der Nationalpark ist doch, also die

Existens eines Totalreservates dort tut aus meiner Sicht also ojektiv vielleicht subjektiv so vom Image her, aber objektiv an einer Wirtschaftsansiedlung, sag ich mal an dem Standort Pinnow, wo es ja noch so einen kleinen Wirtschaftsstandort gibt tut der doch weder positiv noch negativ was, objektiv gesehen, weil da kann sich was ansiedeln, es gibt vielleicht so ne subjektive Angst, dass der Nationalpark ihnen was Böses tut oder sie einschränkt, des will ich nicht unterschätzen, dass dass dass sozusagen im Vorfeld schon mancher sagt da geh ich mal gar nicht hin, da hohl ich mir nur Ärger, gehe ich lieber in eine Region, wo dieser Ärger vielleicht nicht kommt. Aber, ansonsten äh- also, wie ich das schon gesagt hab denke ich, dass die wirtschaftliche Situation in dieser Grenzregion in dieser Strukturschwachen Region nicht anders wäre wenn wir den Nationalpark nicht hätten. Auch nicht besser, aber auch nicht schlechter.

SG: Also dass andere Label, Chance für die Region der Nationalpark ist...

PE: Würde ich nicht so hoch puschen.

SG: Kann man auch nicht unterstützen ...

PE: Würde ich nicht so hoch puschen, ne.

SG: O.k. - gut

PE: Gut, jetzt muß ich...

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Interview Ralf Bardicke, Berufsfischer, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 45 Min

4. Interview Ralf Bardicke, Berufsfischer, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 45 Min.

InterviewerInnen: Susanne Gabelmann, Torsten ReinschStand: 20.11.2000Band Nr.: 56a

Transkriptionszeichen:RB: Ralf Bardicke TR: Torsten ReinschSG: Susanne Gabelmann(..?) fehlendes Wort(...?) fehlende Wörter... Unterbrechung des Gesprächsflusses

Interviewatmosphäre: Das Gespräch fand auf der Arbeitsstelle von Ralf Bardicke im Gebäude der Berufsgenossenschaft in Schwedt Stadt. Wir saßen in einem großen kahlen, kalten und ungemütlich Versammlungsraum. Das Gespräch verlief freundlich und problemlos. Ralf Bardicke war – wie er uns vorher angekündigt hatte – in Zeitdruck.

Transkriptionsbeginn:

TR: Ja, zunächst sollten wir schon, zunächst wollten wir einige Vorabinformationen - dazu wäre es gut, wenn Sie sich kurz vorstellen- bisschen was über sich sagen.

RB: Ja, mein Name ist D., R.- bin irgendwie geboren `53- bin auch schon ganz schön alt- habe Fischer gelernt- arbeite schon nach Lehrende als Fischer, hier in dieser Region, habe also den Sozialismus noch mitgemacht und mein die Zeiten ändern sich zum Guten und zum Schlechten. Wir haben och schon zu DDR Zeiten Naturschutz gemacht, wurde dann allerdings befohlen, aber die Produktion, sag ich mal ging doch über alles, weil der Fisch ein Grundnahrungsmittel war und eben die Versorgung, sag ich mal gesichert sein sollte oder musste - Die Dinge, die da gelofen sind jetzt, mit Stützung und alles, war nicht in Ordnung, denn immer aus dem vollen Topf nehmen geht nicht, irgendwann wird der och mal leer- Nach der Wende mußten wir uns - wir waren immer schon ne Genossenschaft, sag ich mal seit 19 Hundert und 56 - ungefähr erst verschiedene Namen gehabt, aber immer Genossenschaft gewesen - nach der Wende unbenannt in eingeschriebene Genossenschaft, geändert hat sich im Prinzip nichts. Nur dann kam ebend der, sag ich mal der Nationalpark dazu Probleme, - die damals auftraten wurden nicht durch die Mitarbeiter des Nationalparks nicht dargestellt so sie mal auf uns zukommen sollten im Prinzip ist dieser gesamte Nationalpark nur auf Lug und Betrug aufgebaut - denn, wenn ich jetzt Fördermittel beantrage, muß ich muß ich hib und

stichfest nachweisen, wofür ich diese Fördergelder verwende und wenn ich sie dann endlich verwendet habe, muss ich nachweisen, dass ich sie auch zu diesem Zweck ausgeben worden sind und ich muß meine wirtschaftliche Grundlage eben begründen und das wurde eben begründet damit beim Nationalpark jetzt, denn die ham ja, was haben se gekriegt 56 Millionen Mark, oder so ungefähr und dass dieses ganze Gebiet nicht mehr bewirtschaftet wird, nicht mehr befischert - bebaut und so weiter, bloß das stimmte gar nicht, dieses ganze Gebiet wurde bewirtschaftet und wird immer noch bewirtschaftet. Und dann kam eben diese Sachen dass Verbote ausgesprochen worden sind, ohne vorherige Absprache, ob das überhaupt machbar ist und so, na ja und dann kam das ja auch so weit das sie Elchen ansiedeln wollten, na ja gut ich mein das wissen Sie ja alles - bloß ich meine, man wurde eben nicht richtig informiert wie die ganze Sache überhaupt diese ganze Auswertung das Ganzen wurde nicht informiert und zuerst hieß es ja Deutsch- Polnischer Nationalpark Totalreservate in Polen -maximal 50 Hektar, hier in Deutschland. Ja und dann kam raus also das geht nicht Länderübergreifend geht das nicht jedes Land muß seine Totalreservate ausweisen ja und dann kam das eben da von diesen 10.000 Hektar hier eben 5.000 Hektar Totalreservate werden müssen, um als Nationalpark anerkannt zu sein so und na ja und dann ging es eben los. Die Bauern Landtausch ist möglich bei den Fischern Gewässertausch ist nicht möglich, weil kein Wasser da ist, sind alles so- und alles Wasser was eben in der Umgebung ist verpachtet, oder Eigentum, wie auch immer ist jedenfalls bewirtschaftet und es ist kaum ranzukommen das einzige ist durch Aufgabe, Betriebsaufgabe, wenn einer nicht mehr will oder kann- so- ja das wär`s mal dazu.

TR: Vielleicht noch ganz kurz zu, Sie sagten sie sind verheiratet- ham sie auch Kinder?

RB: Ja, einen mitgeheiratet und zwee die wohnen in Berlin, die kenn ich nicht mehr

TR: Wie alt sind die..

RB: Meine eigenen sind 27, 23 ne Quatsch, ja doch ne 27 und 25

TR.: Vielleicht jetzt noch allgemein so, wenn man jetzt die letzten zehn Jahre betrachtet einiges haben Sie ja im Rahmen des Nationalparks schon erzählt, aber was würden sie sagen was hat sich hier in der Region am deutlichsten verändert.

RB: Ja am deutlichsten verändert, sag ich mal, hat sich dad die Kaufkraft eben gesunken ist durch ich meine Schwedt war ja bekannt PCKA Papierfabrik - da haben sie weis ich wieviel Leute entlassen oder entlassen müssen. Wir ham jetzt ne Arbeitslosenquote von mmh, was waren des 22 bis 25 %.

TR: Hier jetzt in Schwedt?

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

RB: Ja, ja und demzufolge ist natürlich klar, die Leute müssen mit dem Geld rechnen, das wenn einer in der Familie arbeitslos ist geht immer noch, wenn zwee arbeitslos sind wird schon schlecht, die leben dann entweder von Arbeitslosengeld, -hilfe oder Sozialhilfe und ist für unser Gewerbe, sag ich mal schon schlecht, weil Fleisch essen se alle- Fisch kann man noch überlegen eß ich oder eß ich nicht, laß ich`s sein - ich meine zu anziehen braucht man auch irgend was und demzufolge fehlt eben das Geld um- dass wir richtig wirtschaften können sag ich mal. Wir halten uns zwar irgendwie über Wasser und dann eben diese Querelen mit dem Nationalpark kommen dazu Und wir haben ja kein Eigentum am Gewässer wir leben ja nur auf Pacht und die Pachtverträge laufen eben 2004 bzw. 2006 aus- Verlängerung ist unwahrscheinlich, weil ja ebend das Land Brandenburg sich bereit erklärt hat Flächen für die Totalreservat zur Verfügung zu stellen und demzufolge werden se uns die Pachtverträge nicht mehr verlängern och auf der Oder, die sag ich jetzt mal ja nicht direkt zum Nationalpark gehört wird des och so sein , das hat aber andere Gründe, ich sag ja man könnte ja wenn das Land da mitspielt auch handeln das se uns die Pachtverträge wenigstens für die Oder lassen damit wir nen kleenen Nebenverdienst noch haben und dafür eben bestimmte Flächen im Nationalpark abgeben, ich meine wird uns sowieso nicht weitergehen und in dem Fall haben se den längeren Arm und des mehrere Geld und denn soviel Geld haben wir nicht, dass wir uns Wasser kaufen können - fehlt einfach --- So.

SG: Ganz kurz wo wären denn noch Wassermöglichkeiten zu kaufen?

RB: ...

SG: ... hier in der näheren Umgebung?

RB: Im Prinzip nicht ...

SG: Im Prinzip nicht

RB: wie gesagt das wäre dann nur wenn jemand seinen betrieb aufgibt was jetzt och der Fall gewesen ist ich mein er er mußte letztendlich auch gehen weil er na ja familiäre Probleme und und und er hat seine Pacht nicht mehr gezahlt Statistik, sag ich mal ist zwar nicht mehr so wie zu DDR Zeiten aber muß trotzdem geführt werden weil ich muß ja mein Geld nachweisen und das Erbe bzw. alles [...?] Geld muß ich ja wieder einsetzten um Ersatzfische zu kaufen für die Gewässerhege und -pfleg hier und für so wenn in dem Fall und der Verpächter ist ja dazu berechtigt diese Statistik anzufordern und wenn da nichts passiert wird er sich eines Tages sagen also hier gefällt es mir nicht mehr des bringt mir nichts mehr. So, haben ihm dann die verpachteten, die Pachtverträge abgelöst und haben die uns zur Pacht angeboten, aber wir müssen dafür hier im Polder die Gewässer aufgeben und gerade der Polder ist ein sehr produktives Gewässer weil

durch die Überflutung kommt, sag ich mal neuer Fisch rein ist auch sehr nährstoffhaltig, also ein hoch produktives Gewässer. Und äh, wenn ich das Gewässer abgeben soll, da so ein Gewässer finde ich sag ich mal kaum, also sonst nirgends.

SG. Aber es wär` möglich Tauschgewässer so in der Umgebung zu finden dass es noch machbar auch vom Weg her- sie meinten auf der Oder das wäre möglich, die ist ja nicht so weit

RB: Oder ist ja nu ich mein die die ham wa jetzt ja och schon das wär ja fremde Gewässer, die wir ja im Prinzip nicht kennen, die wir erst kennen lernen müssen und sag ich mal das dauert ja nicht en Jahr da muss man ein zwee Jahr mit rechnen dass man das Gewässer erst mal richtig kennen lernt welcher Fischbestand da ist und wie der zu bewirtschaften ist.

SG: Und die wären aber von der Qualität haben die nicht die gleiche Qualität wie jetzt die Polder

RB: Ne also kaum

SG: Also, auch nicht das gleiche Auskommen Einkommen daraus

RB: Ne, ne, Gut also ich meine mit dem Einkommen Fischfang ist immer so ne Sache weil ich muß ja den Fisch erst mal verkaufen bevor ich ihn fange. Zu DDR Zeiten war das anders, da hab ich ihn gefangen und ich wußte genau ich kann ihn verkaufen ist jetzt nicht mehr so ich muß ihn im Prinzip erst verkaufen bevor ich ihn fange. Nachteil dabei ist ich kann keine Verträge eingehen, denn ich weiß ja nicht, ob ich den Fisch wirklich fange das ja das ist so. Ja und wie gesagt des ist alle so ne Sache bloß diese Gewässer die liegen vor der Tür sind schnell zu erreichen die beiden Seen die wir jetzt zugepachtet haben die liegen schon ein bisschen weiter weg, da muß ich immer fahren, Kähne, Materialien kann man nicht dalassen, weil eben soviel geklaut wird und ist immer mit nem bestimmten Aufwand verbunden. Der sich, wenn die Strecke noch länger wird, nicht mehr rechnet. Dann muß ich ihnen sagen ich kann sie einfach nicht pachten, weil es für mich unwirtschaftlich ist. Unrentabel die langen Anfahrtswege uns so weiter. Und so fort. Ja...

TR Ganz kurz zum Einkommen also, wenn es so bliebe, könnten sie davon leben also oder ist es eher knapp ich hab da jetzt keine Vorstellungen

RB: Na Leben , Leben ich leb immer noch man man kann kene großen Sprünge machen.

TR.: Gut also, man kann keine großen Sprünge machen und es wird ja eher weniger

RB: Einer, ich sag mal einer der arbeitslos ist im Westen, der hat mehr Geld als ich. Das ist hundert Prozent.

TR.: Also harte Arbeit wenig Geld- ja

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RB: Ja, ja Wir sind ja Optimisten wir hoffen das es besser wird- schlechter kann`s kaum noch werden

SG.: Wandern jetzt eigentlich auch schon viele ab oder sagen- gucken sich nach anderen Berufen um, versuchen sich Umschulen zu lassen. Oder ist die Stimmung weiterhin auf Optimismus - wir wollen dabei bleiben und hoffen, dass es besser wird

RB: Ja, ich meine wir sind ja im Prinzip im Prinzip sind wir ja bloß hier in der Genossenschaft sind wir ja bloß zwei Fischer haben einen, sag ich mal einen Angestellten, der auch Fischer gelernt hat. Mal übers Arbeitsamt jetzt noch zugenommen und der Rest ist ja Verkäufer und Verarbeitung, Verarbeitung kann jeder machen im Prinzip nach einer kürzeren Lernzeit, aber ja wir wollen erstmal sehen wie es nach 2004 aussieht, wenn unsere Pachtverträge auslaufen. Und wenn wir das Wasser wirklich loswerden ja direkt hier von dieser Verarbeitung, die wir jetzt hier noch haben kann man nicht leben denn Rohstoffpreise steigen und ich hab auch bloß ein bestimmtes Limit wie weit ich gehen kann mit meinen Preisen jetzt über dem geht nichts mehr Ja und dann sag ich mal werden wir wohl das Licht auch bald ausmachen. Weil das einfach Verarbeitung alleine geht nicht, ist einfach unmöglich.

SG: Noch mal zu diesen Pachtverträgen wurde da mit der Nationalparkverwaltung oder mit sonst irgend jemanden Verantwortlichen von da über die Zeit nach 2004 gesprochen, wurden da irgendwelche..

RB: Ja wir sind im Gesprächen gewesen es sollten ja, die haben verschiedene Gedanken da, aber ich sage mal, das läuft alles so nicht, den Leuten den geht`s wirklich nur um dieses Gebiet hier ob da welche über die Klinge springen sag ich mal ist denen im Prinzip egal. Des ist denen vollkommen egal letztendlich wollen die sich ihren Arbeitsplatz sichern - ja das ist wirklich so, denn ich meine Fischer sind wir ja eigentlich eins, zwei, drei, vier, fünf in Schwedt hier in Schwedt sind, Friedrichstal ist einer, sechse, ja die sechs Mann, hängen zwar noch ein paar Familien dran, aber das spielt ja keine Rolle, das ist einfach die wollen eben ihren ihren, sag ich mal Spielplatz sichern - was nacher passiert, des ist interessiert die nicht und Vorstellungen haben sie auch das sie sag ich mal dieses ganze Gebiet wieder herstellen wie es früher gewesen ist aber ich meine weiss zwar keiner wie mal gewesen ist, aber die denken das es so gewesen ist. Und ob sich die Zeiten oder bzw. unsere Existenzgrundlage dann noch, dann noch weiter besteht das weis man auch nicht nicht sicher weil die wollen ja die oder im Prinzip nicht direkt umleiten aber teilweise umleiten und und dieses ganze Wasser oder ein Teil des Wassers von der Oder durch dieses ganze Gebiet fließen lassen. -- ob die ganze Sache für uns dann noch rentabel wird bei dem bisschen Wasser was wir noch behalten würden dann ich sag mal bei

jedem knapp 50% des Wassers geht weg- wenn wir das wieder gepachtet kriegen wenn wa den Rest wieder gepachtet kriegen.

SG: Also bei Verlängerung würden trotzdem 50% wegfallen

RB: Ja, ja die für Totalreservate vorgesehen waren

SG: Die Landwirte bekommen ja Entschädigung teilweise ...

RB: ... ja ...

Int. 2: oder sagen wir`s mal so Geld dafür, dass sie ihre Wiesen nicht mehr mähen. Ist das bei den Fischern ...?

RB: Ne, ne. Ich meine Gespräche sind mit uns auch geführt worden über Entschädigungsfragen, aber bei uns ist es schlecht zu rechnen, wieviel Fisch hätte ich fangen können, wieviel Fisch ist überhaupt da - beim Bauern seh ich da steht Grass auf der Wiese, des gibt soundsoviel Zentner Heu kann ich einen Preis für machen, aber bei den Fischen ist es eben anders, das sind Tiere die sind da - mal nicht da. Des ist schlecht zu machen, schlecht auszurechnen, wie überhaupt entschädigt werden soll. Man kann zwar sagen pro Hektar Wasser krieg ich- könnte man soundsoviel geben, aber die Leute sind auch nicht dumm die wollen Geld sparen und demzufolge werden sie dann iregendwann mal sagen, ja ihr kommt ja ohne die Fischerei auch gut aus und dann können wir den Rest auch wegfallen lassen, denn die Bestrebungen gehen ja dahin nicht nur 50 Prozent, sondern auch noch mehr Fläche als Totalreservat auszuweisen, dass sie dann den Status eines International Parks erreichen können. Und der sag ich mal hätte dann 50 Prozent, das geht ja dann 75 Prozent und mehr

--

TR: Sie haben ja gesagt also insgesamt ist es - die Entwicklung nicht so rosig, kann man sagen, wie hat sich das - hat sich das aufs soziale Klima ausgewirkt so zu den Nachbarn oder ja -- hat sich da....

RB: Eigentlich nicht ...

TR: ...gegenüber früher...

RB: ...eigentlich nicht, sag ich mal, ich meine ich wohne auf dem Dorf, ich wohne nicht in Schwedt - .pff., ja gut ist eben Ellenbogengesellschaft, da ist sich im Prinzip jeder, jeder sich selbst der Nächste, aber im Großen und Ganzen sind doch noch so geblieben, fast so geblieben, wie es mal war.

TR: Was hat sich da verändert, wenn`s nur fast, also kann man da sowas nennen....

RB: Na, man, sag ich mal der der Arbeit hat, der möchte seine behalten und der kann eben nicht mehr drauf gucken acht Stunden sind um oder acht einhalb Stunden sind um ich gehe nach Hause - die Arbeitsschicht, man sieht sich einfach nicht mehr.

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Und demzufolge, sag ich mal sind diese Bindungen, früher hat man dann abends zusammengessen das ist weitestgehends weggefallen, das ist weitestgehens weggefallen und die, wie gesagt die die Arbeit haben die müßen ja auch weitere Wege in Kauf nehmen. Früher war da war da war ein kleiner Betrieb, da war ein kleiner Betrieb, LPGn haben existiert wo viele Arbeit gefunden haben, jetz wird eben maschinell bewirtschaftet. Nicht mehr soviel Leute, demzufolge auch mehr Arbeitslose. Ich sage mal, man ist nicht mehr so zusammen wie es früher mal gewesen ist.

SG: Wie ist dieses, wie ist die die Zusammenarbeit oder das Klima zwischen verschiedenen Nationalparkinteressens -vereinen äh, Förderkreis, Freundeskreis des Nationalparks, diese ganzen ...

RB: Na ja ich meine...

TR.: ... Interessensgemeinschaften

RB: Ja, mit dem Nationalpark kann man im Prinzip nicht zusammenarbeiten, ist meine Meinung, wir müssen es zwar und wir müssen auch untereinander verständigen, weitestgehend das war doch nicht ganz schräg gegeneinander laufen, ich meine wir haben ja mit dem Förderverein haben wir im Prinzip nicht zu tun, des sind ja die Schuldigen, des sind die Leute die ja das Geld haben und dieser, der anderer Verein des Freundes..

TR: Interessensgemeinschaft

RB: Interessensgemeinschaft ja- ist auch ein Kollege Mitglied gewesen, ich weiss nicht ob er da noch, ich hab mit den, mit meinen Kollegen, die sich privat gemacht haben nicht mehr so nen Verhältnis, weil ja schliesslich Konkurenten sind für uns.

TR: Früher haben sie eher zusammengearbeitet

RB: Ja, da waren sie in der Genossenschaft, die sind ja, die haben sich ja im Prinzip aus der Genossenschaft herausgelöst und haben sich privat gemacht und ich sage das Verhältnis ist locker geworden nicht mehr so fest wie als wir noch alle in der Genossenschaft waren. Ist ja ganz normal den keiner will sich in die Karten kicken lassen, das ist nunmal so. Ja und vom Interessensverein, ich sage, wenn irgendwas anliegt, wenn was neues gekommen ist an Gesetzten oder so haben wir Informationen gekriegt und, wenn irgendwelche Sitzungen waren haben wir auch Informationen gekriegt. Der Nationalpark, sag ich mal hält sich weitestgehend bedeckt und der sagt eben nicht alles, was läuft.

TR: Und sehen sie da, also ihre Interessen, können sie die da schon gut unterbringen in dieser Interessengemeinschaft oder fehlt da eigentlich auch noch was?

RB:Ja, die Interessen sind eben weitschichtig und ne Intersessengemeinschaft kann im Prinzip nicht

alle Interessen gleich vertreten, das geht einfach nicht, aber Ziel oder Bestreben der Interessengemeinschaft ist ja, dass das Untere Odertal so bleibt wie es zur Zeit ist - also kene, kenen neuen Wald anbauen und eben kene Veränderungen und das die Natur, so wie sie jetzt ist erhalten wird und geschützt wird. Nicht, naja der Pflege - und Entwicklungsplan sagt eigentlich alles: Pflege und Entwicklung. Das kann einfach nicht sein, dass so nen Gebiet neu entwickelt wird. Wir reden zwar über Naturschutz und den Erhalt der Artenvielfalt, aber, wenn ich jetzt ein Gebiet entwickel kommt zum Schluß ganz was anderes raus. Arten die hier waren sind weg, weil die Lebensgrundlage fehlt. Im Prinzip wird alles umgestossen, umgemodelt werden sicher andere Tierarten da hin kommen, aber eben nicht mehr, sag ich mal diese die jetzt hier ansässig sind und im Prinzip ist ja alles hier, was an Vogelzeug hier ist oder oder gibt ist ja eigentlich hier, Pflanzen genauso. Und, wenn ich das jetzt weiter entwickel, neue Wälder anpflanzen will, Teile der Oder durchleiten will, dann kann mir kener erzählen, dass sich die Natur nicht verändert und Tierarten die jetzt noch ansässig sind irgendwann mal verschwinden, weil wie gesagt die Grundlage fehlt, um hier leben zu können, des ist ganz normal und das stört mich eigentlich an diesem ganzen Ding, dieser Pflege- und Entwicklungsplan und des ist ja eigentlich der Aufhänger. Der ganze Streit geht ja nur um diesen Pflege- und Entwicklungsplan. Der erste, den sie da losgelassen haben das war ja das Elchpapier, wo sie Elch ansiedeln wollen ich meine des hat Göring in der Schorfheide schon versucht, damals - das hat auch nicht geklappt, weil das Klima einfach nicht, bloß ich sage, ja das sind Fachidioten, die haben sich sowas gedacht, ob das letztendlich wirklich gegangen wäre, weiss man auch nicht. Aber so ne Sachen kosten halt nen Haufen Geld, da holen sie Leute ran, die gucken sich von hier oben irgendwo das Gebiet an und sagen sieht wundertschön aus, kann man machen, dann schreiben se das Ding kostet eineinhalb Millionen Mark, das wird dann auf die Menschheit losgelassen. Ja, und dass dann denn so `nen Knatsch kommt, das ist ja ganz normal. Bloß, wie gesagt des ist alles was mich daran stört - diese ganze Entwicklung oder dieser Entwicklungsplan, so wie er jetzt auch in der zweiten Fassung nicht viel verändert wieder vorgelegt wurde.

TR: Also sie hat niemand gefragt, was sie davon halten

RB: Ne, ne, ne da hat mich keiner gefragt. Das, wie gesagt das is `ne Firma gewesen aus dem Westen, die sich damit befasst haben. Äh, wir sind sogar noch mit den Leuten umhergefahren und haben denen alles gezeigt und haben auch gefischt und welche Fischarten da sind und so...

TR: Was waren das für Leute jetzt?

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Interview Ralf Bardicke, Berufsfischer, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 45 Min

RB: Ja, ich weiss jetzt nicht wies es heisst

TR: Die waren vom Nationalpark

RB: Nein

TR: Die den Plan machen sollten

RB : Ja die den Plan machen sollten

TR: Ja verstehe

RB: Die haben na ja wie gesagt, das ganze Gebiet angeguckt und auch mit uns fischen gewesen und welche Fischarten da sind und so weiter und so fort und dann haben sie des Ding losgelassen, und wie gesagt und auf Deutsch gesagt scheisse -gemacht.

... ...

TR: Die weitere Entwicklung im Nationalpark, sie haben es ja schon angedeutet, die sehen sie eher sehr pessimistisch, habe ich sie richtig verstanden

RB: ja, ja

TR: Hätten sie denn eine Idee, wie man das besser machen könnte.

RB: Ne Idee, klar so lassen wie es ist. Das ist das einzige was, sag ich mal was für alle Beteiligten, na gut für alle Beteiligten nicht, für den Nationalpark wäre das natürlich schlecht oder für die Angestellten, denn dadurch würden sie ja ihre ihren Arbeitsplatz selber gefährden, im Prinzip, ne. Denn, wenn ich nichts mehr anpflanzen brauche und das im Prinzip alles so lasse und ein bisschen Pflege, braucht man ja bei weiten nicht soviele Leute. Gut einer vielleicht für ein bisschen durch die Gegend laufen, wäre ne Möglichkeit, aber ansonsten wäre wirklich aus meiner Sicht das beste, wenn die ganze Sache bliebe, so wie sie ist.

TR: Bringt denn der Nationalpark viele Arbeitsplatze

RB: Ne, im Gegenteil, bringt er nicht ne, gut für den Nationalpark direkt ja, aber eben für die, sag ich die [?] für die von der Natur leben ist es der Tot, ist es das Aus. Denn, mein Berufsstand, oder der Berufsstand der Fischer wird dann, wenn es der Nationalpark nicht selber macht, nicht mehr existieren. Viele Bauern werden dann auch raus müssen. Ich meine im Prinzip wirtschaften sie jetzt schon alle wie zu Urgroßväterszeiten - extensive Bewirtschaftung, machen wir im Prinzip auch, wir fischen lange nicht mehr so intensiv wie zu DDR Zeiten, weil ebend nicht mehr soviel Absatz ist. Aber ansonsten, sag ich mal Arbeitsplätze geschaffen, ne, ne dann eher vernichtet. Auch die Gaststättengewerbe bzw. Hotelwesen und so, das sie hier nen Reibach machen, dadurch das hier der Nationalpark ist, ich meine in der Zeitung wird zwar viel geschrieben, dass hier weiss ich wieviel hundert tausend Übernachtungen sind durch Leute, die sich den Nationalpark angucken - meine Erfahrungen sind da ganz anders: Die Leute kommen, speziell Berlin, kommen, stellen das Auto

auf den Parkplatz hin, borgen sich `nen Fahrrad oder leihen sich `nen Fahrrad aus oder bringen sich womöglich noch ein Fahrrad mit, laufen dann eben in den Nationalpark, nehmen sich ihre Stulle mit, essen die unterwegs, kommen abends hin, setzten sich ins Auto und fahren nach Hause. Des sind meine Erfahrungen, die ich so gemacht habe, denn bei uns haben se auch ein großes Hotel gebaut, was heisst groß so groß ist es auch wieder nich, aber durch den Nationalpark bzw. durch Leute, die den Nationalpark kennenlernen wollen, da Geld zu verdienen ist nicht, das ist einfach nicht. das ist - viellleicht sieht das hier in der Stadt anders aus, das weiss ich nicht, aber jedenfalls die umliegenden Gemeinden haben so kenen Zulauf.

TR: Wenn sie so an jüngere Leute, zum Beispiel auch an die Altersgruppe ihrer Kinder denken, da ist das eher nicht so perspektivisch, also Zukunft

RB: Ne, also seh ich jedenfalls so, das dadruchwo Arbeitsplätze neu geschaffen werden, seh ich nicht so, das seh ich einfach nicht, dass da neue geschaffen werden. Vielleicht in zehn zwanzig Jahren sieht´s vielleicht anders aus, aber in nächster Zeit ja denke nicht wird`s ja, aber in nächster Zeit nicht

--- (Schweigen)

SG: Ja meinen Sie, dass das dann für die gesamte Region das Aus bedeutet, im Prinzip, also gut Schwedt hat noch seine Fabrik, die aber immer mit höheren Auflagen rechnen muß, beim Nationalpark...

RB: Äh, wird kommen, wenn, sag ich mal bloß [...?] die Chancen, sag ich mal größer werden als hier jetzt. Die Leute arrangieren sich irgendwie mit dem Nationalpark, irgendwie ob [...?] oder was weiss ich nich, jedenfalls die arrangieren sich. Können wir nicht, weil wir eben dazu zu kleen sind und unsere Existenz davon abhängt, weil wir direkt drin im Nationalpark. [...?] PCK oder ja PCK, sag ich mal jetzt und Heindel liegen ja nur am Rande, da ist nicht ganz so, die können jetzt, sag ich mal immer noch etwas ins Hinterland ausweichen. Is bei uns aber nich, das ist bei uns nicht.

SG: Wenn sie mit nen, mit nem, wenn`s jetzt nicht Nationalpark wäre, sondern meinetwegen Biosphärenreservat, wo man unter gewissen Auflagen weiterfischen könnte wären Sie damit einverstanden?

RB: Ja na sicher, ich sag ja ich bin auch mit dem Nationalpark einverstanden, wenn diese Regelung mit den 50 Prozent Totalreservat nicht wäre. Denn, ich sag ja ich bin der letzte, der was gegen Naturschutz hätte, das is nicht so, denn schliesslich lebe ich ja von der Natur und es wäre unsinnig zu sagen ich hab jetzt was gegen den Naturschutz, bloß es muß alles im Rahmen bleiben, nicht diese überzogenen Forderungen, die diese Leute da aufstellen, das kann einfach nicht so sein. das geht

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nicht. Ich könnt könnte damit leben, na sicher, ich könnte auch mit fünf oder zehn Prozent Totalreservat leben, könnte ich, aber nicht mit 50, das geht nicht. - Und eben diese ungewisse Zukunft, ob ich meine Flächen, die dann in Zone zwei fallen, das heisst Zone zwei ist eigentlich ohne Aufschränkung bewirtschaftbar, wenn ich die wiederkriege das ginge zur Not auch noch: Bloß das weiss ich nicht, das weiss ich nicht. Welche Bestrebungen, wo da im Gange sind, ob sie nun gleich stramm rann gehen und sagen, wir verteilen das überhaupt nicht mehr, das lassen wa für spätere Zeiten, um weiteres Reservat Totalreservat auszuweisen, das weis ich eben nicht und ob die vom Nationalpark das wissen, das frag ich mich auch oft.

TR: Wie sehen sie denn dann so die Informationspolitik jetzt auf die Nationalparkverwaltung..?

RB: Nur das nötigste

TR: Nur das nötigste

RB: Nur das nötigste

TR: ... und des ... mehr fänden sie natürlich..

RB: Ja sicher, die sollen mit offenen Karten spielen, hätten sie gleich von Anfang an machen sollen. Ich meine das beste Beispiel sind die Angler. Für mich ne Einnahmequelle, die Leute bezahlen schliesslich Geld für ihren Angelschein und wollen angeln gehen. als dieser Nationalpark noch in Gründung war durfte jeder Angler, der ne Angelschein hatte mit seinem Fahrzeug ins Gebiet reinfahren - Parkplätze - das Auto sollte hingestellt werden und die Leute zum Wasser laufen, ist in Ordnung. So, dann ging das es los ja über 50- Jährige können noch fahren, so, aber dann auch mit dem Fahrad noch. So, dann ging das los, ne die durften noch mit dem Auto, dann ging es los - Auto passe nur noch mit dem Fahrrad so ne Fahrgenehmigung, in dem Sinne für Angler, sag ich mal gibt es wohl eine paar, aber des sind Leute, die wirklich nicht mehr kriechen können, die kaum noch laufen können, Schwerstbehinderte, die auch noch ein bisschen angeln wollen, die dürfen dann eben mit ihrem Fahrzeug rausfahren. Für mich auch schon wieder eine Minus, denn der Mensch ist eben faul geworden und ich meine, ich weiss nicht, wenn sie Angler kennen, die ham so nen großen Stangen bei -ist schwer und, wenn ich dann noch nen großen Fisch fangen, wie soll ich den nach Hause kriegen mit dem Fahrrad, ist schlecht und demzufolge, sag ich mal kaufen immer weniger Leute nen Angelschein oder eben für bestimmte Gewässer, die leichter zu erreichen sind

TR: Den können- sie verkaufen auch den Angelschein

RB: Ja. Ich sag ja, wenn die Möglichkeit besteht mit dem Fahrzeug, wie es ja auch igendwann zu DDR

Zeiten schon mal angefangen hat die Wege zu befahren, die dafür bestimmten Parkplätze zu benutzen und dann eben und wenn es noch ein Kilometer zum Wasser ist, - laufen - ist es in Ordnung, aber so ist eben nicht mehr, und ich sag ja die Bestrebungen gehen eben dahin, alles was Mensch heisst aus diesem Nationalpark rauszuhalten und das sind eben auch Angler

---[Schweigen]

SG: Noch ne Frage, was jetzt auch schon öfter kam, haben sie ja schon angesprochen mit der Entwicklung des Nationalparks, dass man ja auch gar nicht weis, dass das ja auch nicht ist mit dem Schutz von dem was da ist, sondern was entwickelt werden soll, wie vor hunderten von Jahren, was man eigentlich gar nicht weis, das das war, was das war. Ähm hat man da schon, hat das schon Auswirkungen gezeigt. Ich habe da immer nur das Stichwort vom Komoran gehört schon, dass der wiederrum sehr viele Fische jagt, die dann ...

RB: Ja, na ja Komorane sind meine besten Freunde. Ähm eigentlich jedes Land darf den Komoran abschiessen. In jedem Land darf der Komoran geschossen werden hier im Nationalpark passiert nichts, also der wird geschützt, wie alles was da ist und und der nimmt eben überhand. Der is, sag ich mal einer unserer größten Konkurrenten geworden. Denn die größte Kolonie, die ist ja hier auf unserem Gebiet, was wir gepachtet haben, und das ist ja nicht so das die nur bei uns fressen, die fliegen ja auch nach Polen und ich meine das haben schon Professoren und Doktoren bewiesen durch, ach weis ich was sie alles gemacht haben, durch durch ihre Speiballen, die sie rausbringen, die Komorane, was der gefressen hat, wieviel, das ist ja alles nachgewiesen, bloß das ist alles nicht wahr, das ist einfach nicht wahr. Die Leute wollen einfach nicht anerkennen, dass der Fisch, dass der Komoran eben ein Gewässer leerfressen kann, und das schafft der. Denn, er steht ja nicht so, wie der Reiher nur am Rand und pickt nach den Fischen die vorbeischwimmen, sondern, er ist ja aktiv, er jagt ja danach, er taucht und schwimmt den Fischen hinterher und die jagen, sag ich mal im Verband, die treiben die Fische in die Enge und dann machen sie eben Kahlschlag, das ist so. Und der Komoran darf nicht gejagt werden, also heisst nicht geschossen werden nicht [ verdreht..?] werden, denn da passen die Leute ganz doll auf, dass da ja keiner unter die Bäume rumspaziert, wo der Komoran eben nistet, da passen sie schon auf.

SG: Ja, aber das hiess ja das das zum Beispiel durch so eine Überhandnehmen von Jungvogel ja andere Fische, die vielleicht auch wertvoll sind oder wie man auch sagt schützenswert sind, vielleicht weggefressen, aussterben...

RB: Ja sicher, bloß, ich sag immer dazu Vögel gibt`s auf der Erde ein Fische ist unter Wasser, der ist nicht zu sehen. Wenn ein Fisch weg ist, merkt

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man dann auch, aber erst nach einer bestimmten Zeit, wenn dann das Gewässer wirklich leer ist, sag ich mal, wenn ein Rudel Rehe von 20 (...?) und da fehlen fünf, das fällt schon eher auf, aber wie gesagt, weil die zu sehen sind. Vögel fliegen in der Luft, die sind zu sehen, bloß der Fisch ist unter Wasser, den sieht man einfach nicht und das ist eben das Problem dabei. Die Leute schützen eben, sag ich mal ihre Sachen, wenn sie zu sehen sind und das was unter Waser ist, das ist eben nicht zu sehen und das, sag ich mal fällt dann eben nich so auf.

SG: Also, hier würde dann eigentlich Naturschutz von einem Tier zu Gunsten von anderen gemacht? Also mal abgesehen von der Kokurrenz auch zum Fischer, auch mal auf das Tiergleichgewicht bezogen.

RB: Na sicher, klar. Denn das ist ja alle so, ich mein, na gut gejagt werden darf -noch, im National park, aber ich meine ich bin jetzt seit 71 arbeite ich hier und ich habe ja die Entwicklung auch verfolgt. Füchse gab es eigentlich schon immer, aber in den letzten Jahren haben die Füchse überhand genommen und ich bilde mir ein, das dadurch das Rehhwild auch leidet, das Niederwild, die Vögel leiden auch drunter, denn der Fuchs will ja irgendwas zu fressen haben und dass er dann eben grade die Bodenbrüter, die geschützt werden sollen, auch aufgefressen werden oder zumindest die Gelege zerstört werden. Also, bloß die Leute sind der Meinung, irgenwann reguliert sich das selber, nach ner bestimmten Zeit hat sich das alles eingespielt, dass eben, wenn die Gewässer leergefressen sind, von dem Komoran wird der sich auch wieder verziehen, weil sie keine Lebensgrundlage mehr haben, das ist eben die Meinung und die Füchse ebnen so, sag ich mal, wenn, für zwanzig kein Platz mehr ist, bleiben eben nur zehn noch übrig. Bloß ist eigentlich nicht Sinn von Naturschutz ist, meine Meinung dazu.

TR: Gibt es eigentlich auch positives was der Nationalpark verursacht hat?

RB: ---Eigentlich nicht, aus meiner Sicht eigentlich nicht

TR: Die wollen wir wissen.

RB: Aus meiner Sicht ne, denn also ich sage ich sehe da nur nur Negatives. Behinderung bei meiner Arbeit, auf dem Weg zur Arbeit durch, sag ich mal Radfahrer, rücksichtslose Radfahrer, durch Rollschuhläufer oder hier diese Inlineskater, die fahren hier und ich meine ist ja ausgebaut worden als na ja als Rennstrecke, sag ich mal, schön Arschglatt alles, fährt sich gut drauf und die Leute sind eben, sag ich mal der Meinung hier haben Autofahrer nichts zu suchen, hier bin ich. Und ich sage, ja des geht soweit, naja die provozieren einen, die fahren dann eben mit dem Fahrrad vorm Auto her und machen keinen Platz, nicht alle, ich sag rücksichtslose - gut, kann man sich mit abfinden,

muss aber nicht sein, sowat muss einfach nicht sein, denn, ich meine ist schliesslich meine Arbeit, ich muß da langfahren. Und ich bin eigentlich ein gutmütiger Mensch, aber irgendwann klappt des mal, den ich haue den einen vor die Schnauze ist mir dann auch scheissegal, ne des ist wirklich so, irgendwann verlier ich mal die Geduld, und bloß ich ziehe den kürzeren, ich weiss des. Krieg `ne Anzeige wegen Körperverletzung oder sonst noch was, das weiss ich, aber des is mir dann auch egal. Ja und ich sag ja ich sehe nur Nachteile, den wie gesagt durch diese ganze Schutzstatus werde ich in meiner Arbeit einfach behindert, den letztendlich habe ich mal Fischer gelernt, irgendwann und wenn ich mir was gepachtet habe müßte man mir das überlassen, wie ich das bewirtschafte, welche Fische ich einsetzte, bloß des geht ja auch so weit, dass bestimmte Fische nicht mehr eingesetzt werden dürfen, weil sie angeblich hier nicht heimisch sind. die sind aber für uns Fische, sag ich mal, Karpfen zum Beispiel, der sich gut verkaufen lässt. Bloß dieses Problem habe ich in der Biosphäre genauso, da darf ich auch keine Karpfen mehr hinsetzten, weil sie nicht heimisch sind oder waren, meine Meinung ist dazu anders, aber - ich sag ja ich bin letztendlich von diesen Leuten abhängig, wenn ich mich da als zu querstelle, die können mir das Leben so schwermachen, weil sie, wie gesagt am längeren Hebel sitzten.

TR.: Ein Blick auf die Uhr, Sie sind knapp jetzt?

Berf.: Ja...

TR: Gut, dann noch zum Abschluß vielleicht noch so ein Blick ein Blick in die Zukunft vor dem Hintergrund, was fehlt Ihnen am meisten und wie sehen Sie die Zukunft?

RB: Na wie gesagt, da kann ich gar nichts zu sagen, ich muß erst, sag ich mal die nächsten drei Jahre noch abwarten oder vier Jahre, wie es dann aussieht, ansonsten trübe. - Ohne Gewässer ist mir die Grundlage entzogen und kann ich einfach nichts machen, dann muß ich sehen, dass ich ne andere Arbeit finde, bloß dann bin auch schon so alt, dass mich keiner mehr will, das ist nunmal so. Ich habe bloß Fischer gelernt, was anderes kann ich nicht und wie gesagt irgendwo noch mal als Fischer anzufangen, da bin ich dann wirklich zu alt, ich meine in Bayern und so bieten sie an Teichwirtschaft und so als Pachtgewässer, aber für mich unmöglich, weil ich ja wie gesagt schon ziemlich alt bin oder für`s Berufsleben schon so alt bin

TR: Ja, das ist ja immer die Frage

RB: Ja - ja ich sag mal Zukunft eher düster als hell und leuchtend. - - Aber wie gesagt, dass werden die nächsten Jahre ersteinmal geben.

TR: Und was glauben Sie, denken andere über die Region?

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

RB: Nicht viel anders als ich, denn der Widerstand gegen den Nationalpark ist überall da, weil eben alle Leute, sag ich mal, beschnitten werden, die direkt mit dem Nationalpark was zu tun haben, sei er nun Angler oder Landwirte. Die Leute, die hierherkommen, um sich den Park mal angucken ist es wunderbar. Zur Zeit noch, bloß, wenn die Flächen Totalreservate werden und die verwildern, kommt ja auch kein Mensch mehr, um sich das anzugucken. Wildnis, naja mein Gott ist nicht interessant, für die meisten jedenfalls nicht. Gibt es natürlich auch Leute, die sowas auch interessant finden, aber für die meisten Leute, die wollen ja, sag ich mal Tiere Vögel, Schmetterlinge, wie auch immer sehen, bloß die werden sie dann nicht mehr sehen können, weil ebent, weil sie ebend überhaupt nicht mehr hinkommen - aber das wird die Zeit erstmal erweisen, wie es wird, das werden wir sehen. -- So, ist das.

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TR: Ja gut, dann sind wir hoffentlich mit der Zeit gut hingekommen...

[Ende der Aufzeichnung]

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Interview Michael Nadje, Bürgermeister von Criewen, vom 27.6.2000, ca. 50 Min.

5. Interview Michael Nadje, Bürgermeister von Criewen, vom 27.6.2000, ca. 50 Min.

InterviewerInnen: Susanne Gabelmann, Torsten ReinschStand: 22.11.2000Band Nr.: 52b

TranskriptionszeichenTR: Torsten ReinschSG: Susanne GabelmannMN: Michael Nadje(??): nicht verstanden..: kurze Pause...: lange Pause (...): Auslassung

Interviewatmosphäre:Gespräch fand während der Sprechstunde des Bürgermeisters in dessen Büro statt. Gespräch war freundlich und aufgeschlossen.

Transkriptionsbeginn:

TR: Zunächst wäre es schön, wenn wir ein paar Informationen zu Ihrer Person erhalten könnten, wenn Sie sich kurz vorstellen, so zu sagen.

B: Meine Name ist Michael Nadje, bin ehrenamtlicher Bürgermeister seit 1998 und zwar seit Oktober 98 und bin selbständig, hab eine Firma und beides unter einen Hut zu bekommen ist schon sehr schwierig, aber ich sage mal für fünf Jahre muß es gehen.

TR: Solange, fünf Jahre, wieso?

B: Fünf Jahre ist die Wahlperiode diesmal, sonst waren es vier Jahre, jetzt sind es fünf Jahre. Ja und gewählt durch die Gemeindevertreter und ja bis jetzt haben wir schon einiges erreicht hier. Aber es ist einfach so, dass man mehr erreichen will als finanziell machbar ist. Sie wissen ja das die Kassen leer sind. Ja und das Problem Nationalpark... Ach so zu meiner Person noch: Ja von Beruf aus bin ich Motorenschlosser, gelernter Motorenschlosser (betonte Aussage) und habe dann nachher aber studiert und bin Diplomingenieur für Maschinenbau und war in dieser Funktion bis zur Wende tätig. Die Firma in der ich gearbeitet habe wurde dann durch die Treuhand, ich benutze mal dieses unschöne Wort „abgewickelt“, so dass für mich im Prinzip die Frage stand zum Arbeitsamt zu gehen oder eben selbst etwas zu machen. Ich habe mich für das zweite entschieden, also das letztere entschieden und das schon seit, wie gesagt das mache ich schon seit 1990, also jetzt im zehnten Jahr. Die Zeiten werden immer härter, dass wissen Sie selber, Sie

kommen viel rum. Und dazu noch die Gemeinde, es ist alles nicht leichter, aber irgendwo, sage ich mal, muß es gehen. So das zu meiner Person. Ich habe zwei Kinder und wohne hier in Criewen

TR: Das Haus haben wir schon gesehen...

B: Das Haus habt Ihr schon gesehen und wenn Sie mal Zeit haben, können Sie mal rum kommen und die Hecke schneiden, das ist immer so ein Problem, vorne schaffe ich es immer gerade noch und hinten, aber an den Seiten..., naja. Ansonsten gibt’s nichts weiter zu sagen

TR: Sind Sie auch hier geboren in Criewen?

B: Nein, ich bin ein Berliner, bin in Berlin geboren, habe dort gearbeitet. Und bin dann aufgrund der Wohnsituation, die in Berlin nicht rosig war, jedenfalls im Ostteil Berlins damals, dann hier her gezogen, weil Schwedt ja im Prinzip aus dem Boden gestampft wurde und Sie kennen die ganze Problematik Schwedt, wenn Sie sich damit beschäftigt haben, hier gab es sehr viele Wohnungen auch für junge Menschen. Schwedt war eigentlich eine relativ junge Stadt und ist es auch noch, sag ich jetzt mal, aber das wird nicht so bleiben, -leider-. Und wie gesagt, nachdem ich zehn Jahre im Neubau gewohnt habe, habe ich ein Haus gebaut und wohne jetzt hier in Criewen.

TR: Jetzt eine etwas allgemeinere Frage: Wenn Sie so die letzten zehn Jahre Revue passieren lasse, was hat sich da in der Region am deutlichsten geändert?

B: Die Menschen an sich. Die Menschen haben sich verändert. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, was früher da war ist nicht mehr da. Diese neue Gesellschaft, so will ich sie mal bezeichnen, ist hart und ungerecht zu den Menschen an sich, aber der eine sieht es so, der andere sieht es so. Aber der Mensch an sich, doch, hat sich hier sehr verändert. So dieses Kameradschaftliche ist total weg, das harmonierende, also hier bestimmt nur noch das Geld im Prinzip, regiert jetzt hier, ist allgegenwärtig, der Job, der dazu gehört, um Geld zu verdienen. Und... das sind schon Sachen, die mich eigentlich befremden, sage ich jetzt einfach mal so. Das sind Sachen, wie gesagt, die waren früher nicht so gewesen. Ich will die alten Zeiten um Gotteswillen nicht zurück haben, da gab es viele Dinge, die nicht nachahmenswert waren, aber man hätte nicht alles so übernehmen müssen wie es übernommen wurde. Man hätte da doch schon ein bisschen differenzieren können. Die Möglichkeit war da gewesen, aber sie ist vertan worden.

TR: Hier in der Region spielt der Nationalpark eine erhebliche Rolle. Zu mindestens für manche. Hat sich das irgendwie auf die allgemeine Entwicklung nieder geschlagen?

B: Die Landwirtschaft an sich ist hier, früher war das ein Agrarkreis gewesen und ist nach wie vor ein

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Agrarkreis. Die ganze Gegend Angermünde, Schwedt, Templin, Prenzlau, Pasewalk, Garz, diese Ecke war sehr agrarstrukturell bestellt. Wir haben dort, sie konnten hingehen, wo Sie wollten, die Pflanzenproduktion, Tierproduktion waren im Prinzip auf dem Land die bestrittenen Arbeitgeber gewesen. Das ist von der Sache her, hat sich viel verändert. In der Landwirtschaft arbeiten heute, ich weiß nicht wieviel Prozent, aber um ein vielfaches weniger als vorher. Und die Leute sind hier natürlich zu Hause. Teilweise haben sie einen Job gefunden mit Umschulung, aber wie gesagt mit den Arbeitsplätzen ist es hier relativ dünn gesät. Es ist kein Vergleich zu Berlin bzw. für das nähere Umland von Berlin, die Uckermark, hat sich zu einem, ich sage mal so, ich will nicht vom „Armenhaus“ sprechen, aber es ist doch sehr schwer hier zu leben, es lebt sich schön hier, aber es ist hart hier zu arbeiten, weil das Einkommen sehr gering ist und die Menschen dann irgendwo auch unbefriedigt nach Hause gehen. Das spielt sich so alles(...?).

TR: Also Sie haben ja eigentlich einen ganz guten Job, könnte man da so sagen, gibt es da unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, die vielleicht mehr oder weniger oder kann man das so nicht sagen, profitieren. Vielleicht junge Leute oder nicht so...

B: Die jungen Menschen stehen hier vor der Alternative einen schlecht bezahlten Job zu bekommen oder weg zu ziehen, um an einen besser bezahlten Job zu kommen. Also diese Alternative haben sie. Die älteren Menschen ja, verpflanzen Sie mal einen älteren Baum, dass wird Ihnen schlecht gelingen, aber es gibt Beispiele, wo auch noch 50- bis 60-Jährige in die alten Länder gezogen sind. Aber die Leute an sich..., ja ich sage mal so, es ist schwierig, aber man kann nicht davon sprechen, dass sich hier schon bestimmte Bevölkerungsgruppen sich hier schon herausgeschält haben. Also die Zeit war einfach zu kurz gewesen. Aber es gibt schon welche, die sehr gut verdienen, welche, die weniger gut verdienen, und welche, die eben mit ihrem Leben überhaupt nicht zufrieden sind.

TR: Und so etwas wie Armut, taucht sowas auf?

B: Also direkt Armut wird eigentlich durch den Staat abgefangen. Würde ich mal so sagen. Dann würde man doch diese Dinge auch noch mehr spüren und auch mehr sehen. Dazu hat man ja auch genug Möglichkeiten, ich komme eigentlich relativ viel rum, und das würde man auch sehen. Natürlich gibt es soziale Schichten, wo die Kinder halt nicht so erzogen sind wie man sich das vorstellt, wo Erwachsene nicht so ihr Leben an den Tag legen wie man sich das vorstellt. Aber ich sage mal so diese Snops gab es schon zu jeder Zeit. Ich möchte nicht unbedingt behaupten, dass diese Wende da einschneidend irgendwie gewirkt hat, der Staat wird

sich etwas einfallen lassen müssen, damit es nicht so weit kommt.

TR: Und bei den Arbeitsplätzen, hat der Nationalpark da irgend eine relevante Bedeutung? Auch bei der ökonomischen Entwicklung?

B: Bei der Arbeit vielleicht, die Biologen... Aber dass er jetzt ein Wirtschaftsfaktor ist, so wie Sie es vielleicht jetzt...

TR: Wie mans manchmal hört, wenn man so die netten Broschüren liest, also...

SG: Unter diesem Label läuft es ja eigentlich schon teilweise... also Entwicklung durch Naturpark, Nationalpark oder war auch die anfang (..?) Geld in die Region zu bringen hier so...

B: Welche Entwicklung? Touristenentwicklung? Oder was?

TR: Ja, es wird ja immer so unter diesem allgemeinen Label gehalten, Entwicklung der Region, also wirtschaftliche Entwicklung durch Tourismus oder sonst was...

B: Ich muß mal sagen, dass ist eine Sache, die wird einfach zu hoch gejubelt, es wurde irgendwann mal gesagt, hier kommt ein Nationalpark hin, weil die Gegend hier schützenswert ist und dann ist der hier hin gekommen. Dann wurde in Potsdam das halt beschlossen. Da habe ich mich niemals mit beschäftigt. (...?) Aber so wie ich die Sache jetzt sehe, würde ich mal sagen, als Wirtschaftsfaktor würde ich diesen Nationalpark überhaupt nicht bezeichnen wollen. Er ist halt da. Und durch Gesetze praktisch geschützt, auch finanziell und man versucht das beste draus zu machen.

SG: Und anders rum sind viele, wir haben es vorhin schon angesprochen mit den Landwirten, ist auch viel verloren gegangen an Arbeitsplätzen durch den Nationalpark oder wird dieses Problem auch überbewertet?

B: Ja es gab viele Diskrepanzen durch die Anfänge und die Umsetzung des Pflege und Entwicklungsplans, der jetzt hier zur Diskussion stand. Der Pflege und Entwicklungsplan war sage ich mal für die Menschen und auch für die Landwirte nicht gerade gut.

(Unterbrechung des Interviews)

SG: Wie waren beim Entwicklungsplan.

B: Ja, der ist natürlich für die Bauern, so wie er da stand, war er sehr schädlich. Jetzt wird er überarbeitet, auch für die Menschen war er schädlich. Also es waren ja Reglementierungen drin, also da hätte man sich hier gar nicht mehr bewegen dürfen und können. Und das kann man einfach nicht machen, man kann nicht einfach per

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Gesetz eine Region einfach zum Nationalpark erklären, also praktisch überstülpen und den Leuten da klar machen; „also Ihr habt euch hier nur in den und den Grenzen zu bewegen.“ So gern wir hier alle die Natur schützen wollen, aber man kann nicht was natürlich gewachsen ist, das kann man nicht einfach, ich sage mal, durch den Nationalpark, durch Gesetze, irgendwie, wie soll ich sagen, auseinanderreißen, das geht nicht. Da machen auch die Menschen nicht mit. Und die haben ja, Sie haben es ja wahrscheinlich in der Presse gelesen, dass da auch die Menschen in den Gemeinden und auch wir als Gemeindevertretung selber dort soweit gegangen sind, dass wir sogar einen Brief an Herrn Stolpe geschrieben haben diesbezüglich. Das wir uns mit diesen Praktiken nicht einverstanden erklären. Und wie gesagt letztendlich ist diese Masse der Proteste haben in Prinzip dazu geführt, dass das hier auch eingeengt wurde, also das sich im Prinzip denn endlich jemand vom Land davor gespannt hat und hat einfach mal geschlichtet und hat gesagt: „So geht’s nicht weiter.“ Wenn dann geht es halt mit den Menschen nicht gegen die Menschen. Ich möchte da auch jetzt keine Person nennen, die diesen Prozeß negativ beeinflußt haben, die wissen das schon. Sie wissen eigentlich schon wer gemeint ist.

SG: Sie haben gesagt „übergestülpt worden“, also wurde die Bevölkerung in den Anfängen nicht mit einbezogen oder auf der Ebene der Gemeinden...?

B: Nein, die Bevölkerung wurde nicht mit einbezogen. Das muß man mal so eindeutig sagen und auch die Leute, die ihr Geld- und Broterwerb haben, die Bauern, wurden auch nicht mit einbezogen und auch diese Ausgleichsflächen, die angeboten wurden. Das war alles nichts halbes und nichts ganzes, also es war irgendwo immer der Wille erkennbar, dass man letztendlich alle raus haben will aus dieser... Man will irgendwo eine Barriere aufbauen, so dass da keiner mehr rein kann, so war es ja auch eigentlich mal gedacht. Das der Mensch dort kein Zutritt mehr hat.

SG: Wohl wissend, dass da Menschen sind?

B: Ja, nun sagen Sie aber mal jemanden, der hier geboren ist, der darf da nicht mehr hin, wo er eigentlich von seinen Großeltern Land geerbt hat. Diese riesen Polder. Das machen Sie ihm mal begreiflich. Das begreift der nicht. Also ich bin hier nicht groß geworden, ich bin hierher gezogen. Aber soviel Verständnis bringe ich noch auf, dass ich es den Menschen nicht begreiflich machen kann. Den kann ich oben dreimal eine Austauschfläche anbieten. Wenn er gerade dieses Landstück haben möchte und er möchte das behalten, dann sieht er das nicht ein, dass das nun auf einmal jetzt schützenswert sein soll. Das ist ja auch das, was ja die Masse der Leute, ja eigentlich ein bisschen aufregt, will ich nicht sagen, aber bisschen mißgestimmt sind. Und zwar, dass man halt ein

Nationalpark draus gemacht hat und die ganzen Folgen, die das mit sich bringt. Es hätte ja auch ein Naturpark gereicht. Oder ein Biosphärenreservat. Aber es mußte der Nationalpark her. So und wie gesagt, deshalb haben wir auch damit es eine menschenverträgliche Geschichte wird als Gemeindevertretung uns da noch mal stark gemacht und haben gesagt, also wie es geplant ist, sind wir nicht einverstanden.

TR: Sie haben ja schon einige Konfliktpunkte genannt, was würden Sie denn sagen sind die wichtigsten Konfliktpunkte?

B: Die wichtigsten Punkte sind einfach, dass den Menschen nach wie vor gestattet werden muß, ihre Heimat zu erleben. Also, dass ist erstmal der wichtigste Punkt. Wir sind alle rumgekommen, wir kennen es aus dem Ausland, wie dort mit Nationalparks gearbeitet wird. Dort hat der Mensch Zutritt, er wird sogar freundlich empfangen, wenn er in diesen Nationalpark hineingeht, wenn er ihn erlebt, also da gibt es kein Absperren. Sie kennen vielleicht aus den USA oder Norwegen oder Afrika. Wie gesagt, da kann man halt durch diese Parks durchfahren, was ja hier nicht angebracht ist, aber wenigstens, sage ich mal, dass man mit dem Fahrrad durch kann oder durchlaufen kann. So, der nächste Konfliktpunkt ist, muß ich sagen, was man den Menschen gestatten soll, man muß dafür auch eine Grenze finden, es gibt sehr viele Leute, die hier einfach hergezogen sind und hier ihre Häuser gebaut haben, auch schon vor der Wende. Weil sie hier praktisch die Nähe zur Natur haben, weil sie hier, ich spreche jetzt einfach mal von den Anglern, weil sie Anglerfreaks sind. So und die sind hier hergezogen, nur weil sie ihrem Hobby folgen wollten. So und den sagte man früher, jetzt ist ja alles, ich sage mal, bisschen zurückgedreht worden, also Ihr dürft da nicht mal rein, wobei der Angler eigentlich einer ist, der ja auf die Natur ein bisschen aufpaßt, der ja auch ein bisschen, ich sage mal, die Artenvielfalt doch ein bisschen, er fischt ja nicht nur ab, durch sei angeln, sage ich mal, gibt es ja auch die Möglichkeit, dass größere Fische herausgenommen werden, dass kleinere Fische nachkommen, also dass dieser ganze biologische Kreislauf im Wasser hält. Das ist ja keiner, der praktisch das biologische Gleichgewicht stört. Der ist einfach nur ein Mensch, der wie früher die Jäger und Sammler..., aber wie gesagt, da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Ich bin kein Biologe, möchte auch keiner werden, das ist nicht mein Ding, aber irgendwo... Die nächste Geschichte ist die mit dem Wald. War soweit gewesen, dass wie gesagt gewisse Waldgebiete nicht mehr betreten werden dürfen; da wollte man einen halben Urwald machen; Bäume, die umgefallen waren, sollten da liegen bleiben und ich weiß nicht, da wollten sich mal welche angucken, dass da, ich übertreibe jetzt mal, Steinkohle draus wird. Aber

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wie gesagt, das ist... jeder hatte so sein Hobby gehabt zum Anfang von... Ich will jetzt gar nicht so den Nationalpark ansprechen, ich will jetzt einfach mal den Verein der Freunde ansprechen. Der ja auch, sage ich mal, eine Rolle spielt. Und wie gesagt, dass in der Masse haben die Leute irgendwo nicht verstanden. Und wenn man hier lebt, möchte man auch nicht irgendwo eingesperrt sein, sondern man möchte seine Umgebung erleben können und dürfen.

TR: Hätten Sie eine Vorstellung, wie man vielleicht diesen Konflikt, der sich ja zum Teil verhärtet hat, irgendwie ein bisschen auflösen könnte?

B: Also wie es jetzt gemacht wird ist es schon ganz gut. Man sollte einfach miteinander reden, alle Schritte, die praktisch unternommen werden, was man vor hat, dass muß mit den Gemeindevertretern, die jetzt hier im Unteren Odertal sind, muß auch mit ihnen besprochen werden. Das kann nicht immer im Kuratorium bleiben usw. so wie es jetzt gemacht wird, wird es vernünftig gemacht. Z.B. wurde jetzt hier ein Versuch gemacht, also vom Grundsatz her, man will Auenwälder wieder installieren; so nun versucht man über die Weiden natürlich diese Auenwälder wider irgendwann natürlich aussähen. Dazu muß man natürlich auch die Grasnarbe aufreißen: So da sind die Leute einfach zu uns gekommen, haben gesagt was sie machen wollen, haben eine Karte mitgebracht und wir wußten Bescheid, wir gehen mit unser Technik rein, reißen alle auf, so dass die Samen hinein fliegen können usw. und versuchen nun, ob da nun Weidenstecklinge raus kommen, oder ob der Versuch fehl schlägt. Wir wollen ja im Prinzip nur versuchen, ob es auf natürlicher Art und Weise geht. So und das ist eine Sache, da bricht sich keiner irgendwie einen Zacken aus der Krone, das ist einfach nur miteinander reden. Aber redet man nicht miteinander, fährt man jetzt mit der Technik einfach rein, reißt auf, dann heißt es: „ Was machen die da.“ Dann geht’s gleich wieder los. „Ist das überhaupt erlaubt?“ Erlaubt ist das nicht. Sie müßten erst die Träger öffentlicher Belange fragen, um das zu machen. Es reicht aber auch, wenn sie die Gemeindevertretung fragen und den Eigentümer. Aber so müssen sie das machen. Und so wie das jetzt läuft, nur mal an dem einen Beispiel genannt, ist es schon in Ordnung. Damit kann man dann auch leben. Wenn ein Vertrauensverhältnis hergestellt wird. Wenn der Nationalpark nicht nur aufgebaut wird auf Mißtrauen. Also Vertrauen ist schon wichtig. Nachdem Porzellan, was bisher zerschlagen wurde, ist Vertrauen eigentlich das wichtigste bei der ganzen Geschichte. Es gibt viele Leute, die sagen, also dem Nationalpark, alle die da mitarbeiten, den kannst du gar nicht mehr trauen. Ich gehöre nicht dazu, aber wie gesagt, weil ich letztendlich immer noch an das Gute im Menschen glaube.

TR: F4: Wir kommen nunmehr dahin zurück, was Sie am Anfang gesagt haben, auch zumsozialen, zum Klima in der Region, wie die Leute miteinander umgehen. Sie sagten es hätte sich ganz doll geändert im Gegensatz zu früher. Könnten Sie dies noch näher beschreiben?

B: Es ist schwierig jetzt an einfachen Beispielen. Früher hat man zusammen gearbeitet. Machen wir es an dem einfachen Beispiel im Dorf Das Dorf war

früher, also hier in der Uckermarck, also wir bleiben mal hier in Criewen. Criewen war früher zu 80% von Landwirtschaft geprägt. Die Leute sind, es gab zwei Landwirtschaftsbetriebe, einmal das VEG-Gut und VEGZ, Z steht für Zucht, VEGZ-Tierproduktion, die sich ausschließlich mit der Tierproduktion befaßt haben, hier hin Criewen und in Flemsdorf, Flemsdorf gehörte dazu. Dann gab es die LPG-Tierproduktion, die sich auch ausschließlich nur mit der Tierproduktion befaßt hat. Die haben aber keine Zucht gemacht, die haben praktisch eine Kälberproduktionsstrecke gehabt und Milchviehproduktion. Und oben war eine Maststrecke gewesen, also ein Bullenmast und auch eine Milchproduktionsstrecke. Die VEG hatte dann noch hier unten eine Berufsschule, wo wir hier drin sind, das war die Berufsschule, und das Internat war drüben untergebracht, wo der Nationalpark jetzt das Schloß ausbaut. Da war mal solch ein Anbau, Küche und das ganze Schloß war Internat und Küche gewesen. So wie gesagt, die Leute hatten ihre Arbeit, das VEG-Gut ist weggebrochen, auch die LPG Tierproduktion ist weggebrochen, dafür ist noch die Criewener Agrar-GmbH geblieben mit, ich weiß nicht wieviel Arbeitsplätzen, aber unter zehn. Aber früher war dies wesentlich: man hat zusammengearbeitet, man hat hier zusammen gewohnt, aber jetzt sind eben viele durch den Rost gefallen, sind zu Hause und einige wenige haben noch Arbeit. So, die Leute haben früher auch miteinander gesprochen, auch über die Arbeit, selbst nach Arbeitsschluß war sie das Thema gewesen. Das kann man sich gar nicht vorstellen, aber es war so gewesen. Aber es ging alles etwas lockere zu und jetzt über was wollen sie sich noch mit ihrem Nachbarn unterhalten, wenn sie jetzt, der hat Arbeit, der steht finanziell besser da, bei dem passiert was jedes Jahr und der andere Nachbar holt sich jeden Monat sein Geld mit seiner Frau vom Arbeitsamt ab und die kommen so gerade im Monat um die Runden, haben ein Haus, da ist was zu machen und und und. Und so kann das schnell, sage ich mal, umschlagen. Und das sind so Sachen, was die Menschen sehr verändert hat. Das was viele betroffen hat, ist dass das Leben im Dorf anders geworden ist. Früher war der Zusammenhalt da gewesen, was ich vorhin schon mal sagte und ich will das alles aber nicht nur auf die Arbeit beschränken, sondern auch auf den kulturellen Bereich, sage ich mal. Es ist hier früher einiges gewesen, es war mehr los gewesen, das ist vom Betrieb gesteuert worden und das fällt jetzt auch alles weg und die Vereine und Betriebe machen gar nichts mehr kulturell. Aber die Vereinstätigkeit, die ist jetzt hier, sage ich mal, zum Tragen gekommen, ob nun Feuerwehr oder Dorfverein oder Sportverein oder Chor. Wenn diese Vereine nicht sich gegründet hätten, dann wär im Prinzip hier gar nichts.

TR: F3: Vor der Wende gab es doch auch ein paar Vereine?

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B: Vereine gab es gar nicht. Vereine gab es, ja ein Sportverein gabs und das war auch der einzige Verein.

I/F3: Mit Angeln und so?

B: Den Anglerverein gab es auch, aber ansonsten den Dorfverein gab es nicht, den Feuerwehrverein gab es nicht, also es gab viele Vereine, die halt jetzt da sind, die gab es vorher gar nicht. Die brauchten wir auch nicht, denn diese Aufgabe übernahmen die Betriebe. Nun sind die Betriebe nicht mehr da, die Leute wollen aber, dass die Arbeiten weiter wahrgenommen werden und das, ich sag mal so, dass die Feuerwehr weiterhin bestehen bleibt, dass die Feuerwehr eben irgendwo im Mittelpunkt bleibt und haben dann im Prinzip dann den Feuerwehrverein gegründet, der ja auch Geld heranschafft für die Feuerwehr. Auf der anderen Seite muß man auch sagen, dass die Feuerwehr und der Sportverein ja eigentlich die Vereine sind, die die Jugend mehr oder weniger an sich binden. Das ist ganz gut so, weil sonst würde es, sag ich mal, mit der Jugend sehr schlecht bestellt sein. Denn wenn sich hier ein Jugendklub in Anführungsstrichen etabliert, wobei man sich auch etwas besseres wünschen könnte...

TR: F3: Der hier direkt neben, das Nebenzimmer?

B: Da wo so schön die Türen knallen, gut ich könnte jedes mal raus rennen und fragen, warum haut er die Türen so zu, aber das verkneife ich mir. Und wie gesagt die Jungs, die ,man kennt sich eben und die sind auch in der Feuerwehr zusammen und man kriegt sie schon irgendwo dahin, wo man sie haben will. Auch erzogen, was zu Hause nicht kommt bei einigen. Aber ansonsten so, der Sportverein genau das gleiche, kann man so sagen, dass da auch eine sehr große Aktivität ist. Also die beiden Vereine, sage ich mal so, halten so von der Masse den Ort zusammen. Ja und der Dorfverein, der veranstaltet einjährlich sein Parkfest hier und macht auch mit, wenn hier Kindertag ist, also bei Kinderfesten. Und sage ich mal, oder kommt dann irgendwann noch mal auf die Leute dann zu. Ja, ansonsten sage ich mal so, wenn der Bürger eben nicht so viel ehrenamtlichkeit in Aktivitäten aufbringen würden, ja dann würde es, aber das ist wahrscheinlich in den alten Bundesländern genauso, dass wahrscheinlich auch alles ehrenamtlich ist.

TR: Klar, da ist natürlich da ist eben die Tradition länger.

B: Da sind die Traditionen länger, natürlich und da ist auch, ich sage mal, eine ganz andere Substanz da. Und hier lebt man mehr oder weniger von der Hand in den Mund.

TR: Es haben sich ja auch einige Vereine so um den Nationalpark

SG: Ganz kurz, Torsten, darf ich Dir noch mal ganz

kurz reinreden. Zu Berlin würde ich gern noch mal etwas fragen: Sie haben ja vorhin gesagt, dass die Perspektiven hier schlecht und schlechter aussehen für die Jugend, was die Arbeitsplätze betrifft und in dem Moment einfach nur gedacht, wenn hier nun Nationalparkgebiete sind und mitkriegen, dass da weiß ich wieviel Gelder hineingesteckt werden...

(kurze Unterbrechung)

Also für mich ist diese Frage, die Sie gerade gestellt haben, mir würde es als Jugendlicher gerade so vorkommen: selber keine Zukunftsperspektive zu haben und da wird viel Geld rein gesteckt.

B: Das sehen die nicht so.

SG: Das ist nicht der Zusammenhang?

B: Nein, nein, sehen sie nicht so. In dem Alter die Zusammenhänge so weit zu sehen, also ich muß jetzt von meinen eigenen Kindern sprechen.

TR, /F3: Wie alt sind die?

B: Meine Kinder: einer ist 22, mein Junge und meine Tochter 18. Also genau in dem Alter, wo praktisch, sage ich mal, irgendwo gewisse Entscheidungen im Leben fallen müssen bzw. wo der eine jetzt mit der Lehre fertig ist. Er wird die Probleme nicht so haben, weil er etwas gelernt hat, was halt, was hier und woanders gebraucht wird. Aber wie gesagt, dass liegt auch an den Eltern, dass sie die Kinder in die Richtung versuchen zu kriegen, dass sie was lernen, wo sie nicht unmittelbar, wo schon vorgezeigt ist, dass sie nicht auf der Straße landen bzw. auf der Straße nicht, aber zum Arbeitsamt gehen müssen. Es gibt eben auch Berufe, wo die Kinder gebraucht werden, aber diese Diskrepanz, die Sie angesprochen haben, würde ich mal sagen, sehen die jungen Leute hier nicht so.

SG, /F3: Also der Nationalpark als Problematik berührt sie gar nicht?

B: Na doch, die Jugendlichen, die jetzt direkt mit dem Nationalpark über das Angeln z tun haben, oder über die Eltern, dass die Eltern jetzt in der Landwirtschaft tätig sind, dass sich praktisch dieses Thema zu Hause stellt. Ansonsten würde ich sagen nicht so.

TR: Passen das Angeln und Jugendliche zusammen? Sind da viele?

B: Ja, Ja. Also wir haben hier richtige Freaks, die Jugendliche, die da früher aufstehen als die Alten.

TR: Sonst sehe ich immer nur ältere Männer.

SG: Aber ich glaube Du stehst nicht früh genug auf.

B: Da sind die Jungs schon weg, haben die Fische heraus geholt, die die Alten noch holen wollten.

TR: F3: Ok, das kann schon sein.

SG: Das meinte auch Herr Mantay, dass er mit den

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Jugendlichen angelt.

TR: Noch mal zu den Vereinen: Es haben sich ja auch im Zusammenhang mit dem Nationalpark viele Vereine gegründet oder auch im weitesten Sinne hat diese Villa Siebenpunkt ist ja letztlich auch, hat einen Nationalparkbezug...

B: Ist ein Gewächs, ja.

TR: In diesem Sinne würde ich das jetzt verstehen wollen. Ich habe nicht den Überblick, was sich da alles so getan hat im Bezug auf den Nationalpark, haben Sie da?

B: Na ja, das ist immer subjektiv. Also ich könnte da jetzt sagen: Das ist positiv und das ist Negativ. Ich würde nur sagen, dass die Frauen hier in der Villa Siebenpunkt arbeiten, sich sehr viel Mühe geben, dass das kein bösartiges Gewächs ist vom Nationalpark, das ist schon etwas ganz positives. Auch das Machen mit den Kindern usw., das ist schon ganz in Ordnung. Aber es gibt auch Sachen, wo man sich fragt, warum wurde das denn gemacht, warum wurde da Geld rein gesteckt und da ist auch wieder irgendwo etwas zurückgeschraubt worden, zurück gedreht worden. Die haben hier auch den Kräutergarten, den Parkgarten, der ja auch über die Geschichte läuft, über die Umweltwerkstatt hier. Das sind so Sachen, wo man geteilter Meinung sein kann. Aber ich würde sagen, die Idee ist nicht schlecht, aber das mit Mitteln auszustaffieren, finanziell, damit etwas Vernünftiges raus kommt, dass ist wieder...aber das ist jetzt meine persönliche Meinung...

TR: Die wollen wir wissen.

B: Die ganze Geschichte ist halbherzig. Und halbherzige Dinge liebe ich nicht.

TR: Kann ich verstehen.

B: Aber es ist so. Also wenn denn hätte man es mit einem vernünftigen Budget anpacken müssen und auch dann wenn man den Parkgarten macht, aber auch ein paar Gewächshäuser anlegt. War alles angedacht gewesen, sollten auch wieder hin, man hatte es durchziehen müssen, aber wie gesagt...

TR: Und da fehlt dann das Geld Ihre Meinung nach?

B: Natürlich, das Geld ist nicht da und von wo soll es auch kommen? Die Zeiten, wo die Geldquellen hier nur so gesprudelt sind wirklich vorbei, sind schon lange vorbei und diese Gemeinde hat eigentlich (...abhängig ?).

TR, I/F4: Die Scheune nebenan kostet 5 Millionen oder was war das?

B: Da fragen Sie mich jetzt mal lieber nicht nach, da habe ich nicht so den Überblick. Ich weiß nicht nur, dass die ganze Maßnahme insgesamt15 Millionen entbunden hat und 15 Millionen... für die Gemeinde ist es nicht schlecht. Das Schloß man

muß es einfach mal so sehen, wäre verfallen. Die Arnims, also die Eigentümer, die haben kein Interesse gehabt dieses Schloß zu übernehmen. Wir als Dorf sind, ein privater Investor hätte kein Interesse gehabt, dort irgendwie zu investieren. So und wie das alles gelaufen ist, dass der Nationalpark nun unbedingt hier, weiß ich auch nicht, also muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Also es ist mir nicht zugetragen worden, vielleicht werde ich es irgendwann mal erfahren. Jedenfalls die Leute hier werden eine Verwaltung aufmachen für das Schulungszentrum und für das Dorf ist das gut.

TR: Das ist ja eine Rieseninvestition für ein solch kleines Dorf?

B: Irrsinn. Da hängen Mittel drin vom Land von Grund und Europamittel. Also es ist Wahnsinn. Wie gesagt die nächste Sache ist jetzt der Parkplatz. Wir bauen einen Parkplatz. Und seit diesem Jahr wissen wir, dass sie mit Hochdruck daran arbeiten müssen. Das hätten wir alles, sage ich mal, etwas einfacher haben können, in dem man es planmäßig macht. Und nun sieht man erst mal, was da so ein Nationalpark-Zentrum auch für die Gemeinde bringen kann. Die bauen da jetzt ein Parkplatz dahin.

TR: Ich meine, dass bringt nicht nur Geld, sondern das wird sichtlich noch anderweitige Auswirkungen haben auf die Gemeinde oder...?

B: Wenn Sie jetzt auf finanzieller Hinsicht...

TR: vielleicht auch sozialer Hinsicht.

B: Sozial, okay, wenn jetzt einige Arbeitsplätze, sage ich mal, hier im Ort bleiben, wäre es nicht schlecht bzw. durch die Besucher, den Besucherstrom, den man sich ja wünscht, sich wieder einige Leute, sage ich mal, privatisieren bzw. irgendwie rechtzeitig die Marktlücke erkennen und nicht das andere kommen und es vormachen. Das sind immer so die Wehrmutstropfen, der da mit drin hängt. Weil, sagen Sie doch mal jemand: „ Du mußt das jetzt machen. Du hast zwar ein halbes Jahr Durststrecke, aber es wird sich für Dich rechnen.“ Der kommt den ersten Tag an, will klingende Münzen sehen und die Substanz ist auch finanziell nicht da, dass man sagt: „Du mußt hier mal ein halbes Jahr durchhalten.“, das geht nicht. Es gibt viele Dinge, die man jetzt machen müßte, rein privatwirtschaftlich, jetzt sag ich mal oder im späten Herbst, im Winter, damit man dann nachher, wenn wie gesagt, das hier los geht, vor Ort ist..

SG: F4: Haben Sie da jetzt Pensionen und Gaststätten im Sinn?

B: Die Pensionen und Gaststätten sind eigentlich die Sache ist abgelaufen..., aber gerade so in dem Bereich, sage ich mal, eine zweite Gaststätte z.B., eventuell mal vor denken oder eine Vergrößerung, sage ich jetzt mal der Eisdiele dort. Wir haben hier unten auch eine Eisdiele, aber die ist, wenn viele

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Interview Michael Nadje, Bürgermeister von Criewen, vom 27.6.2000, ca. 50 Min.

Besucher kommen ist die viel viel zu klein. Die Leute scheuen sich das privatwirtschaftlich größer zu bauen, dass kann ich irgendwo verstehen, aber irgendwo, es wäre ja dumm, wenn irgendwann die Eiswagen vorfahren. Eiswagen aus Berlin vorfahren und Eis verkaufen, hier und italienisches Eis verkaufen. Mehr denn noch. Das haben wir auch schon gehabt. Und da gibt es noch andere Dinge, der Parkplatz z.B., da muß man eine vernünftige Lösung finden, dass der nach her, muß man ja nun nicht gleich machen, aber das wenn man merkt, dass der sich rechnet, dass da halt Gebühren genommen werden und das sich darüber eine Arbeitskraft erhalten kann. Das geht ja in anderen Kommunen auch, aber wie gesagt, es wird nicht alles so hoch bewertet, wenn ich da an Münster denke, was da los ist oder in anderen Städten, wo wie gesagt solche Sachen natürlich gewachsen sind. Das ist auch wieder eine Sache, die im Prinzip der Region Übergestülpt wird. Das ist ja nicht von unten raus, es ist ja irgendwo eine Sache, die ist ja aufgesetzt worden und nun mit staatlichen Mitteln versucht die Sache zum Laufen zu bringen. Irgendwann läuft sie entweder allein oder es wird so leid es dann einigen doch tun wird, wird dann irgendwo im Sande verlaufen. Was wir nicht hoffen wollen.

SG, /F4: Hängen denn schon viele Hoffnungen daran, dass daraus eine Zukunftsperspektive werden könnte?

B: Also wenn Sie jetzt die Pensionen usw. meinen, mit Sicherheit. Also generell alle in die Region, in die, sage ich jetzt mal, die bestehende Natur investiert. Das eben Leute kommen die sich das angucken und hier natürlich übernachten. Und die Gaststätten möchten natürlich, dass sie nicht nur ein Tagestouristen haben, die ihre Stullen mitbringen, sondern dass sie auch einkehren. Das sind schon große Hoffnungen.

SG: Und wie schätzen Sie das real ein? Soweit man das in der Zukunft real einschätzen kann? Wird der Tourismus etwas bringen?

B: In den Pensionen traf man den sogenannten Bautourismus an, weil hier sehr viel gebaut wurde nach der Wende. Der ist relativ gut gelaufen, aber jetzt in der Phase, wo es langsam wieder hoch geht, wo jetzt die nächsten Maßnahmen hier gebaut werden, aber hier müßte normalerweise auch die Geschichte einsetzen, mit den Besuchern. Also es wird Zeit, dass hier die Sache, die eigentlich schon seit zwei Jahren laufen müssen im nächsten Jahr dann endgültig seiner Bestimmung übergeben wird. Es wird Zeit. Aber es ist irgendwo, ich sag mal so, da haben Sie ein Landesbauamt in Potsdam von da aus wurde die ganze Geschichte gesteuert. Das ist...

TR: Also kann man sagen, so ein paar Sachen werden zu langsam angegangen und andere wieder zu schnell?

B: Viel zu langsam, na ja, viel zu schnell, naja einiges wird übers Knie gebrochen, sind da, die

Leute wollen ja mitmachen, andere Sachen, da Fragen Sie sich, meine Herren, wenn das privatwirtschaftlich wäre, sage ich mal, die wären schon zehn mal Pleite. Aber es ist halt das Landesbauamt und o.k...., was soll ich da noch weiter äußern. Es sind wieder Steuergelder, die da verschwendet erden, ja rausgeschmissen werden. Das ist irgendwo nicht zu verstehen. Einigen Leuten will ich ja gar nicht absprechen, dass sie ihre Arbeit machen, aber dann soll man hier einen Stab bilden, dass das hier vor Ort gemacht wird. Vor Ort gemanagt werden und vor Ort geleitet werden.

SG: Das Konzept hätte also schon besser angepaßt sein können an diese Region?

B: Sicher, wie gesagt, ein Stab vor Ort, wo die Leute in der Woche hier schlafen, wo hier vor Ort praktisch die Bauleitung erfolgt und nicht das einer von Potsdam heraus kommt und mal guckt, ob da alle arbeiten und die wissen, der kommt an dem und dem Tag und dann volle Mannschaft. Das ist alles irgendwie Käse. Das läuft nicht so wie es eigentlich laufen könnte. Also ich könnte es mir besser vorstellen. Gewisse Dinge, wie gesagt, das Besucherinformationszentrum, das BIZ was hier vorn an der Straße steht, waren Sie schon drin?

SG, TR: Nein.

B: Noch nicht? Müssen Sie mal sehen, wenn die Türen auf sind an den Seiten, da steht wie gesagt ein Aquarium drin...

TR, SG, I/F4: Ach so, die Scheune, ach so natürlich, die Scheune haben wir gestern gesehen.

B: Ja, die Sache z.B. sollte voriges Jahr fertig sein und wird immer geschoben von einem Termin und immer weiter. Da fragen Sie sich, warum, am Geld kann es doch nicht liegen. Am Geld kann es doch gar nicht liegen. Das Geld wurde irgendwo bewilligt, genehmigt und da wie gesagt hätte man bzw. müßte man anders herangehen. Als Außenstehender ist es auch wieder schwer es einzuschätzen, man sieht nur, dass es nicht vorwärts geht.

TR, I/F4: Verstehe ich es auch richtig, dass die Einflußmöglichkeiten zu verschiedenen Dingen hier in der Region, man kann auch nicht richtig was bewegen?

B: Sie können generell gar keine, was der Nationalpark ist eine Sache für sich, er ist landgesteuert und die Verwaltung ist hier in Schwedt im Bootsweg und die haben sich irgendwann mal dazu erklärt, die Verwaltung nach Criewen zu verlegen und...

TR, I/F4: Diese Interessengemeinschaft z.B., dieser riesige Verein als Opposition mehr oder weniger, der ist ja mit seinen 2000 Mitgliedern ganz Erheblich, dass sich da schon eine gewisse Opposition gebildet hat, mehr oder weniger auch spontan, die ja auch versuchen dort etwas zu

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bewegen, zu ändern.

B: Das ist ja ein generelles Problem, so wie es begonnen hatte, die Herangehensweise hat sich ja im Prinzip so geäußert, dass dieser Nationalpark oder diese Leute, die den Nationalpark gestalten, gestaltet haben, vorbereitet haben, dass die, ich sage mal so, dass die Durchführungsbestimmungen, so will ich sie mal bezeichnen, den Nationalpark zu etablieren, eindeutig darauf ausgerichtet waren, Schwedt praktisch, ich sage mal so, von der Außenwelt, sage ich mal, abzuschneiden. Also Schwedt nichts mehr zu genehmigen, gar nichts mehr zu gestatten

( Mitschnitt der Kassette hört im Interview auf)

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

6. Interview Frau Ebert, Geschäftsführerin der Villa Siebenpunkt, vom 29.6.2000 in Criewen, ca. 75 Min.

InterviewerIn: Anja Schatz, Torsten ReinschStand 9.11.2000Band Nr.: 58

Transkriptionszeichen:E: Frau EbertTR: Torsten ReinschAS: Anja Schatz..: kurze Pause...: lange Pause (...): Auslassung

Interviewatmosphäre: Das Interview fand unter freiem Himmel auf dem Gelände der Villa Siebenpunkt und den Bänken im hinteren Teil der Anlage statt. Das Gespräch verlief freundlich, persönlich und angenehm.

Transkriptionsbeginn:

E: (...) diese Gärtnerei, als wir sie als Verein sozusagen übernommen, oder als wir sie im Modellprojekt erst mal übernommen haben, war im Grunde genommen brache. Da war also das Haus, was jetzt wunderschön wieder da ist kaputt und ja, das Land war Brache. Und Projekt war dann, aus diesem ehemaligen Schloßgarten der Familie Arnim, also der, des Adelsgeschlechtes hier, ein Lehr- und Anschauungsgarten zu Umweltbildungszwecken zu machen, was uns im weitesten Sinne auch ganz gut gelungen ist. Ein Problem ist halt, das es immer wieder ein Sektor ist, wo sie viele Kosten haben, auf der anderen Seite aber diese Kosten nicht mit den Einnahmen Decken, also immer letzten Endes von Fördermöglichkeiten, Zuschüssen und so weiter abhängig sind. Ja, und darin besteht eben die hohe Kunst sage ich mal, dass wir von 94 bis heute 2000 durchgehalten haben. Also immer über alle möglichen Fördergeschichten, Fördertöpfe dieses Projekt aufrecht zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zumachen. Also überwiegend ist Klientel Schulklassen, Grundschulbereich, aber auch viele Interessenvereinigungen bis hin zum Rentner die eben ganz gerne mal einen Ausflug machen und sich die Geschichten angucken, oder auch sehr interessierte, die einen Kleingarten haben und dann bestimmte Beratungen im Bereich bestimmter Gestaltungsbereiche wie Kräutergarten oder Wildblumen und so weiter haben wollen. Und das andere war dann, dass gesagt worden ist, also wir können uns perspektivisch nicht immer von Fördertöpfen abhängig machen, es muß also noch

irgendwo ein Standbein da sein, was irgendwo noch Geld erwirtschaftet um eine gewisse Kontinuität im Personalbestand zu haben, also nicht immer nur mit ABMs zu arbeiten, weil sie da einfach nicht die Kontinuität rein kriegen können, das hängt in der Sache zu (...?), und da war dann die Idee, dass wo wir jetzt sind sage ich mal, ist die ehemalige Dorfschule, war bis 1970 Dorfschule, so umzugestalten, mit viel Eigenmitteln und kaum Kredit, weil wir konnten ja auch keine Sicherheiten und nixt bieten, äh, als Kinder- und Wanderherberge, ja und das ist dann mit viel Eigenleistung unserer beiden Familien und ein bisschen Kredit und ein bisschen Fördermitteln passiert und wurde sage ich mal 1996 ja eröffnet könnte man sagen, da waren wir noch nicht 100% fertig, aber mit so einem Projekt denke ich mal ist man auch nicht immer 100% fertig gleich, und dann gings 97 eigentlich richtig los, lief 97 ganz gut, 98 weniger, 99 kam ein tiefer Bruch und dieses Jahr teu, teu geht’s wieder. Und ich denke mal, das ist ganz normal auch im Gaststättengewerbe, sinds ja letzten Endes oder im Dienstleistungsgewerbe das es eben sehr abhängig ist von vielen äußeren Einflüssen, z.T. auch von der Medienpolitik zum Nationalpark sehr abhängig war, das haben wir hier oft gespürt. Also wenn wir in der Berliner Presse, in der Berliner Presse sehr, ja .. negativ dargestellt worden sind, man den Eindruck haben konnte, die Presseleute haben ja immer so den Hang bestimmt Dinge zu dramatisieren, dann hatten einige Gäste den Eindruck, hier die Bauern würden hier mit den Forken auf der Straße stehen und jeden Touristen angreifen oder so, oder jeden Politiker, der hier vorbeikäme und das hat man dann natürlich auch entsprechend gespürt, und worauf sich die Leute hier auch nicht gleich einstellen konnten, das war ja am Anfang so, Aufbau Ost, sage ich mal 90, 91, 92 schossen hier die Zimmer wie Pilze aus dem Boden, aber für Bauarbeiter, die haben überall geschlafen zu jedem Preis und es haben nur ganz wenige den Absprung eigentlich geschafft von dem sage ich mal ordinären Bauarbeiter oder dem Geschäftstourismus im Hotelbereich zu dem eigentlichen Touristen, den wir haben wollen, also dem naturverbundenen möglichst, der möglichst dann auch mit seiner Familie auch für zwei, drei Tage dann herkommt, nicht nur für einen Tag oder so, und richtig aktiv Urlaub macht, aber eben, also nicht unbedingt im totalen Funbereich so Freizeitpark in dem Sinne , sondern mit viel Wandern.

TR: Das waren ja jetzt so die Aktivitäten ähm zu der Wanderherberge.

E: ja

TR: und äh,

E: Der Parkgarten selber ist Lehr- und

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Anschauungsgarten im vorderen Teil, also insgesamt ist vier ha, 1,8 ha davon sind Streuobstwiesen. Da geht’s im Grunde darum, das dort 158 alte Bäume stehen alte Obstsorten, die z.T. noch von den Arnims gepflanzt worden sind, davon sind viele Sorten, die z.T. heute auch schon gar nicht mehr ja vorhanden sind – da gabs also Beziehungen zur Genbank Gattersleben, die hatten das auch noch mal analysiert, welcher Bestand dort ist. Im Moment arbeiten wir daran, die jetzt nach langer Zeit wieder austreibenden Weinreben zu analysieren, die sind auch noch von den Arnims, sind also auch schon ihre guten 150, 180 Jahre alt, dann gibs ein Teil, das ist auch so ein bisschen noch, wo wir gleichzeitig Finanzierung mit erwirtschaften, Projektvertragsnaturschutz, Erhaltung alter Kultursorten, da geht’s also sage ich mal, früher hatten ja fast alle Bauern ihr eigenen Getreide, jedes Dorf hatte so seine eigene Getreidesorte, die man besonders gezüchtet hat, oder auch Tomaten- und Kartoffelsorten, und das sind alles alte Kulturpflanzen, die durch die Entwicklung der, oder besser gesagt durch die Industrialisierung der Landwirtschaft weggefallen sind und die jetzt aber trotzdem erhalten.. Haben sie bestimmt schon mal gehört von Greifenberg, wo es um die Landnelke ging von Ludwig dem 14. Und mit aus dieser Gärtnerei kriegen wir im Grunde genommen unser Saatgut. Also da, die haben es geschafft diese Landnelke, die schon nicht mehr existent war, aus Gen...ja was weiß ich.

TR: Aus einer Genbank?

E: ja, oder irgendwelchen Samenrestbeständen, wieder so erblühen zu lassen, das dann gerade zufällig jemand da von Versei war und das gesehen hat und gesagt hat und gesagt hat, die möchten wir jetzt aber in hoher Stückzahl ... ja und ansonsten nutzen wir es hauptsächlich für Umweltbildungsprojekte also sind so Sachen wie Tümpeltouren mit den Kindern oder eben Schaubacken, also alte Handwerkstraditionen wie man halt früher Brot gebacken hat

TR: Schaubacken ist da drüben (zeigt auf einen alten Ofen in einer Ecke des Gartens)

E: Jaein, der nicht, der ist... das war ein ABM-Projekt von einem gelernten Ofensetzermeister, der das Ding so hin gezaubert hat, dass es nicht benutzbar ist. Also, da muß ich mir im Winter noch mal Gedanken machen oder im Herbst, wenn ich dann nicht so viel zu tun habe, dass ich den so herrichte, das man den nehmen kann. Wir benutzten den oben im Parkgarten den kleinen da. Ja, soviel zum Parkgarten..

TR: Der Parkgarten, ist der jetzt ein Projekt der Umweltwerkstatt oder?

E: Ja, Eigentum sogar, bzw. Erbpacht

TR: Und die Umweltwerkstatt macht ja dann also nicht nur Parkgarten, sondern auch das, was sie gerade geschildert haben, diese Kindergeschichten..

E: ja, also wir haben oben noch mal extra Umweltwerkstattgästeinformationen. Da steht das noch mal alles ganz genau drinne,

TR: Gut, ich werde die hier mit anlegen

E: da können sie sich auch noch mal sehen, da hat es unser Chef auch noch mal ein bisschen aufge im Grunde genommen ist es so, der Kopf heißt Umweltwerkstatt, davon zwei Pfeiler einmal Wanderherberge, einmal Parkgarten. Parkgarten ist Frau Klocke, der geht’s im Grunde genommen um den praktischen Teil der Umweltbildung und um Kultur, also Genressourcen, alte Kulturpflanzen und Jugendherberge sage ich mal ist Nutzer dieser Angebotsmöglichkeiten, in dem eben hauptsächlich Projekttage oder Klassenfahrten für die Kinder angeboten werden.

TR: Und dieser Parkgarten, wie weit ist der mit Herrn Vögel da irgendwie mit dem Verein, da ist doch irgendwie eine Verbindung

E: da ist eine Verbindung. Der betreut den im Grunde genommen fachlich könnte man sagen so weit ihm das möglich ist. Der ist ja in der Landesanstalt für Großschutzgebiete im Grunde genommen und in Greifenberg stark involviert und betreut den sozusagen ja, fachlich in einem großen Maße mit.

TR: und em, das klingt ja auch so ein bisschen, dass da eine Menge auch ehrenamtliches Engagement drinsteckt.

E: Ja, also wir würden uns bei vielen Dingen wünschen dass wir weiter wären, ist aber einfach ein Kräfte- und eine Zeitproblem. Gerade so die nicht so geliebten Hackarbeiten um eben bestimmt Pflanzen besonders hervorzuheben, Wegebau und so weiter ist eben nicht so in dem Maße und auf der Höhe wie wir uns das vorstellen würden. ...

TR: Gut, vielleicht kommen wir ja dann noch mal darauf zurück

E: ja, ja

TR: aber jetzt gehe ich weiter in.. Jetzt kommt eine ganz allgemeine Frage, vielleicht einfach mal so reinassoziieren vielleicht, also wenn wir die letzten 10 Jahre so betrachten, was hat sich hier so in der Region oder hier im Dorf oder so am deutlichsten verändert.

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E: Also ich sag mal, die Leute aus dem Dorf betrachten es wahrscheinlich noch anders als meine Wenigkeit. Also ich denke mal es hat sich eine ganze Menge schon geändert. Wir sind a ein Dorf, was eine sehr junge Bevölkerungsstruktur hat. Da kann sicherlich das Amt Oder-Welse noch mal sagen, wie im einzelnen die aussieht, aber es ist ein sehr hoher Anteil von Erwerbstätigen Leuten. Auch die Arbeitslosigkeit ist nicht in dem Maße so hoch, wie in manch anderem Uckermärkischen Dorf. Als ich angefangen habe 94 hatten wir 410 Einwohner, voriges Jahr waren es schon 540, also das zeigt eigentlich schon in welch kurzem Abstand das Dorf an Einwohnern mit dazu gewinnt. Und es hat eigentlich nach der Wende und das wollen viele wahrscheinlich nicht mehr so richtig Wissen, einen unheimlichen Zulauf von Leuten gegeben, die vorher eben in Schwedt ganz einfach in der Plattenbauwohnung gewohnt haben und gesagt haben, so jetzt können wir uns Land kaufen, jetzt bauen wir uns ein Häuschen jetzt kommen wir wieder zurück. Und vom äußeren Erscheinungsbild empfinde ich Criewen, sicherlich, es gibt eine Menge noch zu machen, Infrastruktur, Straßen und so weiter, aber man sieht doch, zumindest für mein Empfinden, das was nach Vorne geht. Ja, und, wenn es auch lange gedauert hat, aber jetzt kommen doch so wichtige Sachen wie Parkplätze, jetzt kommt hoffentlich endlich das Besucher- und Informationszentrum. Was die Leute natürlich als negativ einschätzen denke ich mal, durch den Nationalpark keine Arbeitsplätze entstehen, sondern das eben immer suggeriert wird, ja es würden im Bereich Fremdenverkehr unheimlich viele Arbeitsplätze entstehen, aber das ist eben nicht so sichtlich, und da wo Arbeitsplätze waren, diese Betriebe gibt’s nicht mehr. Und ich denke mal, das ist ein großer Kritikpunkt bei de meisten, dass sie sagen so, und es gibt natürlich auch die Tendenz, aber das ist in allen touristischen Regionen so, das es natürlich auch ein Teil Touristen gibt die sich eben etwas flegelhaft benehmen, und dann sagt man natürlich schnell, nun seht ihr mal, was wir davon haben. Vorher haben wir in der friedlichen Einöde gelebt, da hat uns keiner rein geredet in unsere Suppe und jetzt kommen hier lauter Berliner her manchmal am Wochenende, Ostern war z.B. unheimlich oder auch Pfingsten und Herrentag, wo dann hier hunderte Autos standen und überwiegend Berliner Kennzeichen und so, und so nach dem Motto, und so was hat es früher nicht gegeben. Das ist sicherlich richtig, das hat es in dem Maße nicht gegeben, weil Criewen liegt so ein bisschen hinterm Berg und ja das wußten auch nicht.. Aber dadurch das hier Berufsschule war und hier auch immer wieder frisches Blut rein geflossen ist durch die diese Berufsschule, waren ja 50, 60 Lehrlinge die hier jedes Jahr ausgebildet worden sind, sage ich mal ist das auch nicht so, so ganz verschlossen wie vielleicht ein anderes Uckermärkisches Dorf wie Luckow oder Petershagen oder so, die dann noch

mehr in ihrer Einsiedelgemeinde gelebt haben. Wo man schon sehr, aber das ist typisch dörflich denke ich mal, darauf achtet, wer ist hier geboren und wer ist zugezogen. Ja selbst meine Kinder werden Zugezogene sein und deren Kinder wenn die dann mal Kinder haben, also die könnten dann evt. Criewener werden, aber alles andere ist .. Zugezogen, die haben sowieso nichts zu sagen. Ja, was könnte man noch als Veränderung sehen, die sichtlich sind?.. Im Grunde genommen eine Sache, die vielleicht auch nicht gleich so auffällt, aber es hat sich bei den einzelnen Häusern viel getan. Also, das, dieses Bestreben, sage ich mal, vorher habe wir uns gerne auf unsere sogenannten Datschen oder Gartenlauben zurückzuziehen und jetzt versucht man eben am eigenen Haus das herzurichten, das alles so ein bisschen schön zu machen und so, also was von der Warte eigentlich auch ein bisschen, früher hatte wir so ne schönen Wettbewerbe, unser Dorf soll schöner werden, da hat keiner so richtig mitmachen wollen. Aber im Grunde genommen machen sie es jetzt, weil jeder für sich alleine macht, weil es sein Privates ist. Ich denke mal, da ist eigentlich auch schon eine Menge passiert. Und was auch passiert ist ist so eine Geschichte die gerne angesprochen wird, wie Beschilderung. Also das in der Richtung hier direkt im Gebiet viel passiert ist eigentlich. Ja und der Rest muß einfach kommen, und ich denke mal, äh, es gibt so viele andere soziale Probleme dass man, ich sag mal bei vielen Dingen wo anders ansetzt und vielleicht man hier nun die wahnsinns Fortschritte erreicht wie vielleicht woanders. Ne, es gibt ja auch so Beispiele wie Frauenhagen oder wie, na gut Frauenhagen fällt mir nun als erstes ein, oder vielleicht noch Pinnow oder Schönermark wo dann so bestimmt Leute wie Bürgermeister oder Amtsdirektoren sich privat persönliche Denkmäler setzen. Und das dann natürlich mehr passiert, nei ja gut, das ist dann aber ..wie gesagt von diesen Persönlichkeiten abhängig und nicht unbedingt davon .. und Criewen hat eben .. sag mal so lange wie ich es kenne kein Geld um irgendwo groß was zu machen. Und das bisschen Geld, was dagewesen ist hat man auch versucht optimal einzusetzen. Man hat dann am Kindergarten viel gemacht,.. was ja auch nicht so üblich ist, oder man hat den, da wo heute der Spielplatz ist, weiß nicht, ob sie den gesehen haben, war früher mal eine Müllkippe,

TR: Ja, ja wir waren Gestern da

E: sieht wunder bar aus, das ist noch von der alten Bürgermeisterin. Alleine der Lenee-Park, ich weiß nicht, ob ihn das schon mal jemand gesagt hat, da sind kurz nach der Wende über eine Million Mark reingeflossen ich, weiß nicht genau ob 1,2 oder 1,4, die Zahlen schwanken da, aber alleine dort ist viel gemacht worden, gut, nun durch diese baulichen Geschichten am Schloß selber geht viel verloren, aber da ist eine ganze Menge eigentlich passiert um

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den wieder so herzurichten nach fast 40 Jahren Berufsschule das es wieder ein Lenee-Park ist. Das war ja vorher eher auf die Bedürfnisse der Berufsschule angepaßt.

TR: Also was natürlich hier ganz klar auffällt, dieser kleine Ort und diese gigantischen Fördermittel, die da rein fließen, nich, auch die Baustellen und so, und dann wenn man sich hier anguckt, doch sozial recht wichtige Gebäude,

E: unser Gebäude (lacht)

TR: da muß man aufpassen

E: das einem nicht die Ziegel runterfallen.

TR: Also dieser offenkundige Widerspruch das finde ich

E: unser, unser Gebäude ist eigentlich so das Schlimmste, kann ich sagen und es laufen auch ganz viele Bestrebungen darauf raus, aus diesem Gebäude noch was zu machen. Aber es hat die Zeit bisher einfach noch nicht gebracht und das andere Projekt ist, dass was direkt neben dem BIZ steht, dieses der ehemalige Korn

TR: BIZ ist jetzt Bürger-Infor

E: Besucherinformationszentrum des Nationalparkes

TR: ja, genau

E: also das, wo jetzt der Parkplatz da gebaut wird. Das soll mal

TR: Wo das Aquarium jetzt drin ist

E: Wo das Aquarium drin ist, genau, und davor dieses Gebäude genau auf der Ecke ist der ehemalige Kornspeicher der Arnims. Und dieses Gebäude gehört ja, oder will der Landkreis der Gemeinde zusammen nur mit der Turnhalle geben und da soll viel Geld fließen, was die Gemeinde natürlich nicht hat.

TR: Die Turnhalle ist dieses häßliche, Kasten Dings

E: ja, ja, es ist sicherlich häßlich, aber es erfüllt eine Menge Funktionen und wenn man es ein bisschen begrünt, dann kann man auch schon wieder mit leben. Aber selbst dazu oder bis dahin ist man bis heute leider noch nicht gekommen, weil es immer dieses Hin und Her mit dem Eigentum und so weiter, wem gehörts denn nun wirklich

TR: Welche Funktionen hats noch?

E: Ja, aber auf jeden Fall. Da macht die Polizei

drinne Sport, da gibt’s drei Frauenvereine, die da Sport drin machen, da gibt’s von Schwedt ein paar Leute, die da Sport drin machen, da gibt’s Fußball Senjoren, Junjoren, wie nicht, was da noch alles für, da trainieren die Kleinen und die Pappas noch davon und so, also da ist schon die ist in der Woche und am Wochenende stark frequentiert.

TR: ja

E: ...ja, wo waren wir stehen geblieben

TR: ... Wie siehts aus mit so verschiedenen, hier ist ja auch ein Jugendclub und so, so mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen hier, hier im Ort, es gibt ja auch nicht nur Jugendliche, sondern gibt ja vielleicht auch ältere, kann man da noch was, wenn man sich die Veränderungen ankuckt, obs da irgendwelche Unterschiede gibt, wo man sagen kann, ja hier ist es schlechter, besser oder kann man das so gar nicht sagen?

E: Ja, ich bin eher ein Verfechter dafür, das man sagt, man kann es nicht sagen, es ist schlechter oder es ist besser ist, es ist anders.

TR: gut

E: ja, also was sicherlich nicht mehr so ist, ist das was wir früher genossen haben, das man sich Abends auch mal hingesetzt hat und mal gequatscht hat und geklönt hat wie man so schön sagt, das man sich vor dem Haus getroffen hat und erzählt hat, das man innerhalb der Arbeit oder das, heute heißt es ja Team, des Kollegenkreises sich mal unterhalten hat, da ist vieles weggefallen. Also so diese sehr sehr engen sozialen Beziehungen untereinander sind sicherlich weggefallen und das vermissen viele Leute auch. Aber wenn sie das jetzt auf die einzelnen Gruppen beziehen wollen, also für die Jugend macht die Kirche was, die Kirche macht was, das wird ja alles vom evangelischen, von der evangelischen Diakonie mit geführt, die machen auch viel für die Rentner, also um die Rentner wird sich hier eigentlich ganz gut gekümmert, die haben mehr Feten, als manch anderer hier, dann feten die Fußballer und machen ihre Veranstaltungen, dann gabs ein Dorfgemeinschaftsverein, den gibs zwar immer noch, aber der ist ein bisschen daran gekrampft, dass die meisten die da drinne waren, eben nicht aus diesem Dorfe stammten, was dann die, die aus dem Dorfe stammten denen wieder Übel nahmen, die hatten eigentlich sich sage ich mal eine ganze Menge auf die Fahnen geschrieben, sind dann aber irgendwo, sage ich mal an ihrer eigenen Courage auch gescheitert. Ja und ansonsten, muß ich mal sagen, für den Bereich so meiner Altersklasse, wo bleibt denn noch Zeit? Die gehen alle arbeiten, dann kommen die nach Hause, dann machen die ein bisschen am Haus und dann fallen sie ins Bett und stehen am nächsten Tag

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wieder auf und am Wochenende

TR: Die gehen alle arbeiten?

E: Der überwiegende Teil in unserem alter geht arbeiten, doch muß ich sagen, also. Viele sage ich mal pendeln dann halt, Schwedt ist ja nun die geringste Entfernung aber Angermünde, Prenzlau und so weiter also es gibt eigentlich, so weit wie ich jetzt durchgucke, ja gerade in unserem Altersbereich, nicht so wahnsinnig viele, die dann arbeitslos sind. Es sind dann einige die sage ich mal im Klientel 55 aufwärts, gerade Frauen, oder auch ein Teil Männer, da gibt’s eben, die haben nur die Chance über ABM oder so irgendwo weiter zu kommen, aber sonst so, hat sich jeder eigentlich versucht so zu arrangieren so gut er kann und sei es irgendwelche Nebenbeschäftigungen oder so, eigentlich wenn ich jetzt mein näheres Umfeld angucke gibt’s eigentlich kaum jemanden der mir sofort einfällt, der mir sofort einfällt, ja bis auf Frau Wolsky, die jetzt mal wieder arbeitslos ist, aber die hat vorher auch gearbeitet, also der jetzt so richtig, also grassierende Arbeitslosigkeit eigentlich weniger würde ich es einschätzen.

AS: und Jugendliche?

E: Ja die Jugendlichen, ja die haben sage ich mal sicherlich ein schweres Standbein hier, wie woanders, das es einfach zu wenig Betriebe gibt, die Ausbildungsplätze und wenn sie Ausbildungsplätze anbieten und die auch durchziehen dann gibt’s eben hinterher keine Arbeit. Das ist das große Problem und da gehen die meisten halt weg, weil sie sagen o.k. also drüben habe ich einfach bessere Chancen. Also, ich kann mich jetzt nicht mit Einzelschiksalen sage ich mal hantieren, aber ich weiß von vielen, das eben ja, die meisten sind eben entweder in überbetrieblichen Berufsbildungseinrichtungen oder sie versuchen eben woanders Fuß zu fassen. Also so das so die, es gibt bei vielen sicherlich das sie gerne hierbleiben würden, aber wenn es halt mit der Schule zu Ende ist und ich muß mich um eine Lehre kümmern um weiter zu kommen, neija, dann muß ich eben sehen, was ich kriegen kann und da fahren die meisten sage ich mal überall rum um halt irgendwo was zu kriegen. Also hier selber im Ort gibs ein Betrieb der feiert Morgen 10 jähriges Bes, ne Übermorgen, 10 jähriges Bestehen, der bildet Lehrlinge aus, das ist der Landmaschinenvertrieb und dann ist auch schon erschöpft. ... Weiter gibt’s keinen der ausbildet, ausbilden kann.

TR: Wir haben es ja schon angesprochen, wenn man so zum sozialen Klima kommen und uns so die Veränderungen angucken, wie siehts aus, also mit Nachbarn, Freunden ... hat sich da irgendwie geändert?

E: Ja, hmm, wie soll man das sagen. Nun ist natürlich mein Problem muß ich immer wieder sagen, das ich die Zeit vor der Wende ja nicht hier gelebt habe.. und .. jetzt muß ich sagen, man hat zu den Nachbarn Kontakt, aber man ist nicht so, dass man sich nun hinsetzt und stundenlang feiert oder so. A hat man z.T. die Zeit nicht .. b hat man die Muße nicht und c weiß ich auch nicht aber irgendwie ist der Schnaps anders. Also früher, wir haben heute beide einen Schluck Wein getrunken und haben gesagt, einen Schluck und das reicht. Ja man ist irgendwie wahrscheinlich auch so körperlich, das man sagt, o.k. man kann sich nicht so lange hinsetzen. Aber es wird durchaus gefeiert. Also wir machen so, was ja eigentlich verpönt ist, so Tuppa-Partys und Schmuck-Partys und Wein-Partys und das sind dann so die Gelegenheiten mal dem täglichen zu entschlüpfen und so mal in kleiner Runde so nett zusammenzusitzen oder so, aber, ich sag mal, ich würde nicht sagen das es jetzt hier irgendwo ja extreme soziale ... also so ein großes extremes soziales Gefälle .. denke ich mal ist nicht so unbedingt. Es gibt sicher Leute, die im Ort auch Wohnen, die das gerne zeigen, was sie für Geld haben aber, also für mich persönlich muß ich sagen, ne eigentlich nicht. Gerade wir auf dem Vorwerk, Frau Kresse haben sie ja kennengelernt, die sind so, da wohnt keiner dem es übermäßig gut geht und da ist das eigentlich auch nicht so extrem und das ist eher so im Mitteldorf wo dann die größeren Häuser stehen, wo es ein paar gibt, die der Meinung sind, sie müssen nur durchdrücken (..?), aber ansonsten

TR: Wir hatten ja auch schon über Vereine kurz gesprochen, sind ja sicherlich auch nach der Wende einige hinzugekommen, so haben wir vom Bürgermeister irgendwie ein bisschen erfahren,

E: ja, ist auch, ich denke mal nach der Wende ist eigentlich Vereinsleben so richtig los, weil vorher hat dieses Leben ja im Grunde genommen der Betrieb oder die Berufsschule organisiert. Denn hier waren ja alle in irgendeiner Form mit der Berufsschule verbunden, also arbeitsmäßig, wie auch so, ja .. Freizeitbereich war eben viel, und nach der Wende war der erste sage ich mal der sich mit hervorgetan hat dieser Dorfgemeinschaftsverein, der sich da gegründet hat der, der schon lange existiert und immer noch ganz gut existiert ist der Chor, den haben wir vorhin vergessen in der Aufzählung, die haben jetzt ja gerade, wo Sie gekommen sind, haben die Sängertreffen gehabt, sage mal da ist ja eigentlich so auch eine schöne Gemeinschaft die sich so, und dann ist sage mal massiv dazu gekommen, aber das dann schon fast wieder so ein bisschen auch politisch, .. bei der letzen Bürgermeisterwahl hat sich der Feuerwehrverein etabliert. Das war eigentlich so, das bleibt ja eine neeheehe (..?) eine richtige Organisation die gebildet worden ist um den Bürgermeister, die Bürgermeisterin abzusetzen,

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Interview Frau Ebert, Geschäftsführerin der Villa Siebenpunkt, vom 29.6.2000 in Criewen, ca. 75 Min.

weil man eben unzufrieden war und da hat man also praktisch ja richtig eine Gegenpartei geschaffen .. in einem Verein Gegenpol, eine Gegenkandidat aufgestellt

TR: Wird hier also über Vereine und da wären wir ja auch schon bisschen beim Nationalpark, das ist ja hier, das funktioniert so ähnlich

E: ja, ja

TR: Vielleicht kann man an der Stelle auch ein bisschen was zum Nationalpark sagen. Ich meine Ihr Verein, ist ja auch ein Verein, ist ja am Rande auch so ein Pflänzchen zum, zum Nationalpark

E: Ja, nicht nur am Rande, wir wollen eigentlich, wir wollten eigentlich viel viel mehr, sind aber auch ein bisschen daran gescheitert, das wir sicherlich nicht das wissenschaftliche Potential darbieten können und haben gesagt, wir sehen uns eigentlich immer noch so ein bisschen gerade weil da ist dieses Besucherinformationszentrum und wir liegen eigentlich direkt vor der Tür; einmal mit der Jugendherberge und einmal mit dem Parkgarten und sagen eigentlich, o.k. ihr habt jetzt ein wunderschönes Ausstellungsräumchen, aber wenn da Kinder kommen, die können sich praktisch nicht betätigen, also bitte kommt doch in den Parkgarten und wir machen dann mit euch Programm. Da gibt’s auch eine Konzeption, eine Umweltbildungskonzeption zu, wo das alles auch aufgeschrieben ist und ja, nun muß das starten, dann müssen wir mal sehen, wie das funktioniert. Bisher haben wir als Verein den Eindruck, das der Nationalpark sich halt mit seinen Alltagsproblemen so sehr zudeckt, das so richtig konkrete Vorbereitungsarbeiten, z.B. jetzt für die Eröffnung oder so, bisher noch gar nicht diskutiert worden sind. Ja, also ich könnte mir vorstellen, das man sagt, also o.k. im September soll das Ding aufmachen, jetzt machen wir mal schon ein paar Programme fertig, die wir dann wenn es los geht und wenn dann der Bedarf da ist, auch gleich darbieten können. Wir haben darüber gesprochen, es ist konzeptionell auch irgendwo mal aufgeschrieben worden, aber es ist jetzt sage ich mal wo Woche um Woche eigentlich vergeht, wo der Termin immer näher rückt, keine Konkretisierung und da muß ich sagen, das fehlt uns eigentlich so ein bisschen und daran arbeiten wir auch und versuchen auch immer wieder uns ins Gespräch zu bringen, ja ansonsten, ja machen wir erst mal weiter..

TR: Hier im Dorf ist ja doch eine ganze Menge los, haben Sie mir gesagt und man siehts auch und Sie machen ja auch sehr viel und wenn man sich so anguckt, wer so die Persönlichkeiten sind, hängt das so an an einigen wenigen oder waren die waren die also.. oder ist das sehr verschieden, und

em ..manchmal sinds ja so einzelne Personen die ganz wesentlich sind und ähm...

E: Ja, es gibt sicherlich bei jedem Verein eine wesentliche Person und dann gibt es die, die dann halt eben mitmachen und ich denke mal, dadurch das viele in verschiedenen Vereinen sind ist aber auch so, dass eben doch immer wieder einige mitmachen und dadurch es nicht nur an ganz wenigen hängt. Also es, das ist auch so dieses Entstehung.. es äh, ja Charisma von diesem Feuerwehrverein, das man eben diesen Dorfgemeinschaftsverein, dessen Vorsitzender Frau Pötter war, die gleichzeitig Bürgermeister war und ich weiß nicht, ob sie die kennengelernt haben bei der Befragung, die ist gleichzeitig beim Verein der Freunde des Nationalpark, ne des Internationalparks, also nicht bei dem Verein zum Schutz, sondern beim Verein der Freunde, Ansgar Vössing und sie sollte auch mal oder soll noch immer, wie auch immer der Chef vom Tagungs- und Kongreßzentrum werden also sie war mal einfacher Berufsschullehrer und ist dann nach der Wende durch ja Überleitung zur Stadtverwaltung hauptamtlicher Bürgermeister, ehrenamtlicher Bürgermeister hat sich da eine Machtkombination ergeben die den Leuten im Dorf Angst gemacht hat und die gesagt haben, a Wissen wir nicht genau was gespielt wird, was wirklich Phase ist, b sehen wir, das z.B. der Dorfgemeinschaftsverein jedes Jahr ein großes Dorffest macht, wo ein Haufen Einnahmen kommen, die aber dem Dorf nicht zu Gute kommen, die nur diesem Verein zu Gute kommen und da hat man sie regelrecht auflaufen lassen und da hat sie dann, also das war richtig dramatisch hier die Wahl und dann hat der Feuerwehrverein wie gesagt diesen Gegenkandidaten aufgestellt, der auch gewählt worden ist. Aber der Gegenkandidat hat natürlich auch gelernt, das Altagspolitik was anderes ist, als die Euphorie einer Wahl, und äh, ja die Alltagsprobleme erschlagen ihn auch manchmal denke ich mal, so bringt er es auch zum Ausdruck und er würde schon ganz gerne auf Grund der finanziellen Probleme die Hochzeit mit Schwedt mal in Gang setzen. Neija

AS: Das heißt, Criewen soll eingemeindet werden?

E: Ja, also es ist das Problem, das hier die Eingemeindung irgendwann sowieso, sage ich mal verordnet wird. Es war die Chance noch es vorher in den Griff zu kriegen mit Zützen und Maienburg, was so ein bisschen daran gescheitert ist, das erst Maienburg nicht wollte, dann wollte Zützen wieder nicht, die beiden Gemeinden haben sicherlich etwas mehr Geld im Säckel als Criewen, Criewen war schon immer stark verschuldet, und auf Grund vieler Projekte die man vor hatte, die aber einfach nicht so gekommen sind wie man sie wollte und man hat sich eben mit Pandungsunterlagen (zw 555..?) stark verschuldet. Das hat auch zu großen

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Differenzen, das hängt auch mit der Bürgermeisterin zusammen zum Amt geführt, und dann kam auch vom Amt nichts mehr und dann hingt die Gemeinde auch so ein bisschen so in der Luft, zwar vom Kreis hoch gefördert oft gewonnen im Dorfwettbewerb nach der Wende auch, aber dann ja, da passierte sichtlich für die Leute nicht mehr genug. Und dann hat man eben die Feuerwehrverein, den neuen Bürgermeister und dann kamen die Probleme wieder auf den Tisch und das dann der Bürgermeister gesagt hat, jetzt haben wir Juli, so im Dezember fing es so ungefähr an das man so ein bisschen öffentlich darüber diskutierte, das man sagte, wir würden gerne mit Schwedt, wenn Schwedt mit uns will. Wir haben bloß das Problem der territorialen Grenze zu Zützen, also Zützen müßte mitziehen oder Schönbohm trifft eine Ausnahmegenehmigung, das wir zu Schwedt gehen können. Schwedt würde ganz gerne, weil Criewen ist immer auch so ein bisschen Vorzeige, weil das ist so Ausflugsort von vielen Schwedtern, Wochenendausflugsort und so einige haben hier auch hier hinten ihre Gärten, Schwedter schon immer gehabt und da würden sie sich schon ganz gerne Criewen noch mit anhängen, obwohl sie Geld auch nicht so wahnsinnig viel haben, aber vielleicht könnte man dann bestimmte Dinge, so ist es zumindest von Schwedt auch angedacht und versprochen worden ja regulieren und auch rübergeben und vielleicht auch dem Gemeindehaus mal wieder ein schönere Kleid verpassen, als es im Moment ist.

TR: Wenn wir auch ein bisschen an die Konflikte denken die natürlich hier auch überall, wie wir gehört haben von Herrn Englert, macht sich das, wie macht sich das, schlägt das hier irgendwie durch nach Criewen?

E: Ja na sicherlich. Hier sind viele Konferenzen heiß dis.., Herr Englert hat auf dieser Bank da schon öfter gesessen, heiß diskutiert, auch Herr Vössing und Herr Vössing hat ihm dann das Wort verboten ... Bis ich dann gesagt habe, also bitte schön Herr Vössing, noch haben wir auf diesen Bänken zu entscheiden wer hier sitzen darf und wer nicht. Sicherlich schlägt das Wellen und jede ..Zeitungsnotiz wird diskutiert, und als der PEP das erste Mal den Plan vorgestellt hat wurde heiß diskutiert, als der PEP das zweite mal den Plan aufgestellt hat, hat sich kein Naturwächter irgendwo an einen Landwirtschaftsbetrieb gewagt hier, weil die hätten den mit Steinen beschmissen und die Leute sind auch mitgezogen als es damals vor die Uckermärkische Bühnen ging und die große Demonstration gelaufen ist, und fühlen sich eigentlich mehr den Bauern verbunden als dem Nationalpark und der Naturwacht, weil ich sage mal viele haben... das sind Leute die von außen kommen, a am Anfang waren es Leute die von ganz weit wegkommen, nämlich von der anderen Seite,

nämlich von den großen Brüdern und Schwestern, dann waren es Leute, die von noch woanders kamen, und ja man hat nicht das Gefühl gehabt, das die einen Verstehen und das die einen zu Wort kommen lassen und das denke ich mal ist der ... also egal wieviel, es gab ja hier auch eine Menge Fernsehsendungen, laufend war hier irgendwelches Fernsehen, Vor-Ort-Sendungen, als dann der PEP das zweite mal raus kam war auch wieder, da haben sie das Schloß beleuchtet, der größte Eindruck von dieser Vor-Ort-Sendung, da haben wir so im Stillen gedacht, das müßte jeden Abend so sein ja. Das Fernsehen, das Schloß beleuchtet, selbst mit Baugerüst ja, das im Fernsehen aus wie der Eifelturm in P aris, wun-der- schön, ja, und nur so ein paar Strahler rangestellt so richtig toll, ne und da haben sie auch heiß diskutiert, natürlich die Bewohner .. klar und das ist, das hatten wir ja letzten schon gesagt es haben viele eben auch noch Land, es haben viele Waldbesitz und so weiter und es haben viele Jagderlaubnis und die Angler und alle und der war richtig, doch war schon immer Stimmung denn dazu und auch entsprechende Meinungsäußerungen, mal mehr und mal weniger laut. Man sucht sich immer gerne bei solchen Sachen jemanden den man vorschickt, und das ist im größten Falle auch immer Herr Englert dann gewesen, gerade wenn es um solche Problematiken, hat sich dann dahinter aufgebaut, hat gesagt ja, weil selbst diese Leute die da im PEP gesessen haben, die haben ja unweit von hier gesessen in Schöneberg das war eben eine Gruppe eine in sich geschlossenen Gruppe die nach Außen hat nichts –dringen lassen und nach dem es mit Herr Vössing und dem Verein der Freunde hatten wir so den Eindruck überhaupt nicht mehr ging, hat dann der Verein der Freunde versucht über den Pfarrer Berg jemanden zu finden, in der Hoffnung, das der jemand ist, der mit den Leuten reden könnte, aber da wurde es noch viel schlimmer. Und wenn Herr Berg sich nach einer Diskussion, nach dem den Touristikern hier im Gemeinderaum der PEP, also dieser Pflege- und Entwicklungsplan noch mal vorgestellt worden ist, und schon vorher so ein bisschen andiskutiert worden ist, so sagt, die doofen Bauern, die lernen es doch nicht und die Touristiker sind genauso blöd,

TR: das war hier im..?

E: ja, ja,

TR: ach hier ist der entscheidende Satz gefallen?

E: ja, wer hier schon alles war, hier war sogar schon, heute kann man sich ja nicht mehr mit rühmen, ne, Dr. Kohl ist hier schon aus dem Hubschrauber gestiegen, hier war Prinz Phillip im Park, also wenn es danach geht, dann können wir hier, ist hier schon eine Menge Politik gemacht worden, in der Richtung, also und so

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Veranstaltungen, gerade so im Bauernbereich und so, haben hier schon viele stattgefunden. Wo dann hier die alle zusammengekommen sind und so und, ja ich denke mal, da dokumentiert sich auch immer, das einem das Hemd näher ist, als die Hose. Also die Leute verbinden sich immer mit den Beträgen, die hier ansässig sind und jahrelang mit den Leuten, mit den sie gearbeitet haben, als mit solchen die hier herkommen und sagen, so Freunde, jetzt machen wir mal hier einen Nationalpark draus. Obwohl die Zielstellung gar keine schlechte ist, das ist ja auch eine schöne Sache und die Leute sagen ja auch nicht, das sie gegen den Naturschutz sind in dem Sinne, aber sie wollen, das man mit ihnen redet und nicht über sie redet und nicht über sie hinweg entscheidet. Und das ist eben viel zu oft verkehrt gemacht worden. .. Man hat eben sehr viel von oben herab, und da ist sehr viel Porzellan zerschlagen worden denke ich mal, dass inzwischen es schon so ist das wenn man sich sieht schon soviel Vorurteile, das ist wie in so einer Arena ja, wenn der Stier dann rein gelassen wird, das man schon soviel Emotionen hat und den schon gar nicht mehr sehen kann und denn, da gibt’s keine Gespräche mehr oder Diskussionen weil, die Vorbelastung einfach schon so weit ist, das man sagt man kann sie nicht mehr sehen und dann gibt’s viel menschliche Dinge die eben passieren, wo eben sage mal Naturwächter sich mal gehen lassen oder was falsch machen, was eben nicht so gemacht werden dürfte und das wird dann eben entsprechend hoch gekocht und dann bleiben die Vorurteile

AS: Ja und sie sind mehr oder weniger auf der Grenze, sie bekommen beides mit, irgendwie so ein neutrales Fleckchen und kennen alle hochkarätigen Personen und bekommen aber auch den ..

E: von unten und oben

AS: von unten und oben den Konflikt mit.

E: Ja, ich sag mal so, ich halte die Idee, hier einen Nationalpark zu machen für eine ganz tolle Sache, aber man muß mit den Leuten reden und man klipp und klar sagen, was soll wie in welcher Form gemacht werden und wo. Und nicht irgendwo irgendwelche Pläne aushängen, drei Worte dazu sagen und dann verschwinden und dann war es das. Und dann sehen die Leute plötzlich, ja jetzt werden da in der Aue lauter Wälder gepflanzt, warum werden denn da Wälder gepflanzt? Ja, die haben, auch gerade so diese Angst 97 bei dem Hochwasser, gabs eine unheimliche Solidarisierung der Leute untereinander, so und dann plötzlich kommen die wieder und sagen, ja und jetzt reißen wir die Deiche nieder, ne... da haben die Leute gedacht, die sind im falschen Film, ja, eben haben sie die Deiche noch verteidigt und warn stolz auf sich und haben hier 24 Stunden Deichläuferdienst gemacht und alles und dann kommt der Nationalpark und sagt, ja, ist ja

alles schön und gut aber in Zukunft gibt es gar keine Deiche mehr, wir reißen die Deiche nieder. Ja, da meinten die aber wieder, das in Teilbereichen Deiche langsam abgetragen werden, dass vielleicht auch nicht mehr gepumpt wird und so weiter. Es sind ja immer zwei Seiten zu betrachten, das ist soweit auch, die Brücken die einzelnen Wehre innerhalb der Polder sind zum Teil baufällig, wenn da gepumpt wird und das Wasser sage ich mal, das läuft ja im Winter rein und läuft im Frühjahr langsam wieder zurück und in Schwedt z.B. ist ein Schöpfwerk dann wird eben abgepumpt und dieses Abpumpen, so hat es zumindest Minister Platzeck mal hier gesagt kostet wohl im Jahr alleine für das Schöpfwerk Schwedt 600.000 Mark und das sind Steuergelder und die müßten nicht sein, wenn das Wasser alleine zurückgeht dann können die Bauern aber nicht im April rein, dann können sie vielleicht auch nicht im Mai rein, sondern Ende Mai, Anfang Juni, das wäre für die erst Mad schon ein bisschen spät, denn das Gras, was sie dort ernten ist sehr ertragreich, eiweißhaltig und ja wurde früher sage ich mal bis, ja, wie wir Ossis sagen, in den Westen verschoben für harte Devisen, ne, weil es eben so toll war oder noch ist z.T. So, und die Leute haben eben auch angst, wenn nichts mehr gemacht wird, wenn nichts mehr gemäht wird usw., das dann ja, das Gebiet verwuchert und das dann ja eine echte Hochwasserbedrohung da ist, dass dann die Mückenplage kommt. 97 war das so, nach dem das Hochwasser weg war, konnten wir die Mücken mit Handfeger und Müllschippe hier von Fenster kratzen, ja das war richtig, richtig schlimm, da waren die Fenster schwarz, auch das Haus war z.T. schwarz. Dies Jahr war es so, nach dem warmen Winter da waren dann so viele von diesen Mitzen (..?) da, die waren so aggressiv, oder was weiß ich, was die für einen Stoff in sich hatten, da mußten manche Leute sich krank schreiben lassen, weil sie aussahen wie die Streusselkuchen und gar nicht mehr wußten, wo sie zuerst jucken sollten, und da wird dann natürlich gesagt, na siehste, dass haben wir nun davon. Da sind schon ein paar Totalreservate jetzt kommen die Biester her. Also es werden dann bestimmte Szenarien geschaffen, die nicht bis zum Ende ausdiskutiert werden, wo nicht klar wird, was passiert nun eigentlich wirklich, und diese Unwissenheit denke ich mal auf beiden Seiten führt dann dazu, dass ja andere Vorstellungen kommen und das dann z.T. auch Sachen erzählt werden, die dann vielleicht nicht so sind und der Nationalpark sagt dann wider, ja mein Gott für gemähte Wiesen, wo die Heuballen liegen, das gibt’s auch in der Lüneburger Heide oder so, dafür brauchen wir keinen Nationalpark. Ist auch verständlich, ist auch richtig, also man muß irgendwo denke ich mal ein Konsens finden und für mich war der Dr. Müller, der vorher war der auch 95 das Nationalparkgesetz durchgebracht hat letzten Endes, jemand wo ich gedacht habe, das ist einer, der bringt das, also der kann mit den Leuten reden

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und der kann diesen Konsens herstellen, denn das ist nicht einfach und wenn wir uns andere Nationalparke angucken, auch sage ich mal wenn wir an der Nordsee sind, oder so, die haben auch jeden Tag ihre Probleme und ich denke mal auch nicht, dass das mit den Problemen wenn der jetzt nun alles da ist, oder so, dass das denn alles schlagartig aufhören würde. Die Probleme ergeben sich aus dem ganz normalen Alltagsgeschehen, bloß man muß eben mit den Leuten reden. Und was die Leute noch sehen, wenn der Nationalpark jemand wäre .. und dabei sind wir schon wieder bei der Geschichte, der Arbeitsplätze schaffen würde, dann wären die alle dahinter, wette ich. Wenn der hier massiv Arbeitsplätze schaffen würde, mit dem entsprechenden Gehalt, nicht so wie Telegate hier ja, kommen hier her, zocken das Arbeitsamt an, kriegen 1,1 Millionen gesponsert für 200 Arbeitsplätze und zahlen dann 1600 Mark brutto, von denen sie noch nicht mal das verdienen, weil sie eine 30-Stunden-Woche haben oder so, schönen Dank fürs Gespräch, den hätte ich auf den Mond schießen können, die waren nämlich dann hier auch noch gewesen, und so, und ja, dann würden die Leute sagen, ja toll, ist eine tolle Sache. Ja, also wenn ich sehe, Nordsee z.B. auf den Inseln, das man sagt o.k. also Landwirtschaft ist für euch kein Erwerb mehr, Naturschutz, und ihr macht jetzt hier Naturschutz und ihr kriegt dafür euer monatliches Einkommen, dann könnten die Leute damit leben, dann würden sie sicherlich auch mehr für den Nationalpark sein, aber Sie haben gesehen und daraufhin sage ich mal ist das Ding ja auch so sehr zum Kippen gekommen, wo sogar PCK-Leute, die ja nun sage ich mal mit dem Naturschutz überhaupt nichts zu tun haben, die eigentlich in einer Dreckschleuder arbeiten, gut die hat sich nach der Wende auch sehr entwickelt, .. das die sich dann in der Betriebsversammlung hinstellen und sagen, Nationalpark ist scheiße, wir sind gegen den Nationalpark, weil der Nationalpark verhindert, dass der Grenzübergang ausgebaut wird, weil der Nationalpark verhindert, dass die Infrastruktur ausgebaut wird, weil der Nationalpark verhindert, dass Hafen ausgebaut wird, obwohl noch niemand glaube ich so richtig weiß, ob der Hafen so genutzt wird, wie er jetzt ausgebaut wird. Denn die Interessen an so einem Hafenausbau sind sehr spezifisch. Nach dem ich nämlich im Landtag war und für den Nationalpark, damals, als das Gesetz durchkommen sollte, haben auch Bürger gesprochen, unsere Bürgermeisterin sollte sprechen, und die konnte aber nicht sprechen und dann mußte ich sprechen und dann habe ich natürlich die Hosen voll gehabt, wenn sie da plötzlich da im Landtag stehen und da die ganzen Herren Ministerien und so weiter, ja, und da habe ich einen Satz gesagt, wo ich sage ...manchmal war ich mir auch noch gar nicht drüber klar, mit welcher Konsequenz der Satz da gesprochen worden ist, bevor ich da hin gefahren bin den Abend ist hier vorne, jetzt sie wieder

mächtig gelitten die eine Weide, gabs hier hinter noch eine Kastanie und eine Weide und da ist die Kastanie mitten über den Weg gefallen, .. und es konnte keiner mehr rein noch raus, es war so, dass also selbst mit Brücke es einfach nichts mehr zu machen.. Ja, und da habe ich dann so gesagt, neija und manchmal wehrt sich die Natur. Ja, und in dem Moment hat sie es ja auch gemacht und hat sich in gewisser Weise gewehrt. Es war eine Geschichte das man, nach dem man diese einstweilige Sicherung des Landschaftsschutzgebietes durch hatte, baute man in einer Nacht- und Nebelaktion überall Schranken hier hin. Schranken an die Wälder, Schranken an die Brücke und ein Jahr vorher ist die Mauer gefallen. Naja, da können sie sich vorstellen, was in den Leuten vorgegangen ist oder vielleicht zwei Jahre vorher, weiß ich nicht mehr genau, wann das mit dem Schrankenbau war, weiß vielleicht, Englert weiß das bestimmt wann die Schranken gekommen sind, und da haben die Leute gesagt, das kann nicht sein, jetzt kommt der Nationalpark daher und baut hier Schranken und wir können nicht mehr in die Polder, wo wir sonst jeden Tag hingegangen sind und wir können nicht mehr in den Wald oder so, und ja und da war dann natürlich auch sage ich mal schon wieder viel kaputt gemacht worden und manchmal hat man auch den Eindruck, und dann sind die Schranken auch kaputt gemacht worden, und so ein bisschen wie Maschinenstürmerzeit, dann wurden Tafeln aufgestellt mit Pflanzen und Tieren, die wurden dann ständig kaputt gemacht und so, ist ärgerlich ist unvernünftig, aber da haben eben die Kinder sage ich mal oder z.T. auch jugendlich das rüber gebracht, was im Elternhaus diskutiert worden ist, ne, die haben das dann da ausgelebt.

AS: ...Ähm, noch mal auf die Geschichte mit der Partizipation dem Einbeziehen der Leute, ist da schon alles Geschirr zerbrochen, oder gibt’s da noch, sehen sie da noch Perspektiven vielleicht.

E: Nö, es gibt sicherlich, .., also wenn, wenn es wirklich so sein würde, das der Nationalpark sichtlich für die Leute Arbeitsplätze schafft, dann ist alles Geschirr wieder gekittet, denke ich mal. Also der größte Teil zumindestens, wenn die Angler weiter Jagen dürfen, wenn die Jäger weiter jagen dürfen, dann ist auch noch ein Grund und die Fischer, die Berufsfischer sage ich mal ihre, ihre und die Landwirte denke ich mal, mit den muß man reden und es hat sich auch immer wieder gezeigt das wenn denn

(hier ist die erste Seite der Aufzeichnung zu Ende)

E: (...) 45 war der Krieg, dann kam die

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Bodenreform, dann kam 51 die Sozialisierung der Produktionsmittel, dann wurde alle sozialistisch gemacht bis 64, dann haben wir Hurra alle geschrien zum 8. Parteitag, jetzt sind alle Produktionsmittel in sozialistischer Hand, damit haben wir eigentlich jegliche Privatinitiative kaputt gemacht und haben unsere Wirtschaft so richtig in den Dreck gefahren, hat aber damals keiner geglaubt, alle waren stolz auf sich, so, da haben die Leute zweimal wieder ihr Land weggenommen gekriegt gehabt und dann kam die Wende, die Leute kriegten ihr Land wieder, sie waren alle glücklich, sie kriegten ihre Wälder wieder, sie kriegten ihre Felder wieder und dann kommt der Nationalpark und sagt, so Jungs, das war ein Scherz, jetzt machen wir hier Naturschutz, jetzt machen wir hier Nationalpark, ja, da kann man sich ja vorstellen, dass die da nicht Hurra schreien drüber. So, na und dann kamen die Schranken plötzlich, ohne mit den Leuten vorher zu reden, wenn der jetzt in seinen Wald fahren wollte oder so, plötzlich war eine Schranke da, da hat der gesagt, na ihr spinnt doch wohl, wa, so neija und dann haben sie dann wieder Schlüssel ausgeteilt, das die, die dann da Wald hatten eben wieder in den Wald rein fahren konnten. Ich bin auch der Auffassung, dass verboten werden sollte, da mit dem Auto rein zufahren, ja, aber das die Leute sage ich mal, die da eben wirklich noch Land haben, oder die da noch bestimmte Aufgaben übernehmen, die sollten auch die Möglichkeit haben, mit dem Auto reinzufahren, nur da fährt ja immer wieder alle Mögliche. Ja, und jeder nimmt sich da irgendwo das Recht raus da mit dem Auto zu fahren, bis dahin, dass die Fahrradfahrer eben bei Seite springen müssen weil die Autos da 80 oder 100 langbreschen... und das sind nicht immer Autos, die vom Hochwasserschutz kommen oder oder vom ich sage mal vom Grenz oder vom Zoll oder so kommen, sondern das sind oft Autos, ja, die sich eben so das Recht rausnehmen, ich denke mal dagegen sollte man, bis dahin, das Berliner mit dem Jeep auf dem Eis lang fahren, im Eis einbrechen und dann die Kinder aus dem Auto, was voll Wasser läuft raus kommen lassen, barfuß auf dem Eis stehen lassen, warten, bis die Dämmerung hereinbricht, und dann zum Nationalpark gehen und sagen, sie haben sich verfahren. Sie hatten nur Pech, dass die ein Jäger beobachtet hat und im Eis noch die Spuren der barfüßigen Kinder zu sehen waren .... also so kleine Extreme ... der hat noch Glück gehabt, dass er an einer Stelle eingebrochen ist, wo es so flach war, wenn der woanders eingebrochen wäre, die wären weg gewesen, die hätte keiner mehr gefunden. Das passiert ja auch ab und zu mal, dass das jemanden erwischt.

TR: Sie haben ja gesagt, also dass die Informationen auch über die Maßnahmen nicht so richtig nicht so richtig klar

E: Ja, die Vorabinformationen.. das man mit den Leuten vorher redet, dass man sie nicht einfach ..das ist immer dieses von Oben herab, dass man sie nicht vor vollendete Tatsachen stellt sondern dass man mit ihnen redet und wenn man mit ihnen redet eben auch wieder nicht von oben herab, sondern wirklich versucht mit ihnen zu reden, ... das ist für meine Begriffe bisher nicht in dem Maße so wahnsinnig gelungen. Es gelingt in Teilbereichen, aber nicht generell und es verhärten sich auf Dauer der Jahre die Fronten und dann wird es immer schwieriger mit einander zu reden

TR: Und hätten sie da so eine Idee, also wie man, was man da so verbessern müßte

E: Ich denke mal in großer Runde wird man da nichts lösen. Also wenn man da von einer Fraktion alle einläd und an einen Tisch setzt, wird man es nicht unbedingt erreichen. Es ist der Verein der Freunde sehr stark in die Diskussion gekommen und ich denke mal da müßte man erreichen, daran arbeitet ja nun der andere Verein nun wieder, ob nun immer so gerade richtig, ist dann auch eine Frage der persönlichen Identifikation mit dem Problem, das man

TR: Die Interessengemeinschaft

E: Die Interessengemeinschaft, ja das man sagt, es werden eben z.B., also der Nationalpark müßte sagen, mit den und den Kompromissen können wir leben oder können wir nicht leben. Und dann muß man sich an einen Tisch setzen und das ausdiskutieren und das müßte eben für meine Begriffe mit den einzelnen Leuten gemacht werden, also nicht jetzt immer nur über Vereinsleute und die Obersten, sondern mehr von unten erreicht werden eigentlich, das die von, die Kleinen sage ich mal, die von unten angesprochen werden und eben nicht immer nur die Vorsitzenden oder die Chefs eingeladen werden. So generell denke ich mal ist es eben wirklich so, wenn sichtlich klar wird, das Arbeitsplätze entstehen, dann denke ich mal, dann gewinnt das auch an Akzeptanz. Das hat es bis jetzt nicht gezeigt. Im Gegenteil.

AS: Ist das eine Perspektive, das so eine Nationalpark Arbeitsplätze schafft?

E: Stellen sie sich die Frage mal selber. Versuchen sie mal wo

AS: Wir haben die verschiedensten Antworten bekommen und die waren zuletzt eher ablehnend, deswegen frage ich noch mal nach.

E: Also fangen wir beim Kopf an. In der Verwaltung sitzt nicht ein Criewener. Da sitzen überwiegen Schwedter, Städter, oder ganz fremde. In der Naturwacht selber gibt’s einen Criewener

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und es gibt in der Naturwacht einige, die aus den Dörfern kommen, das ist schon mal eine ganz wichtige Sache, das die Ranger, die jeden Tag im Gebiet sind auch sage ich mal einen sozialen Bezug dazu haben und einen Territorialen Bezug dazu haben. Ich denke mal auf der Ebene ist auch schon ein bisschen was passiert. Obwohl die auch manchmal dann, die stehen ja auch immer zwischen Baum und Borke sage ich mal sicherlich. Wenn die dann mit der Verwaltung hier her kommen, gibt es für Criewener nicht einen Arbeitsplatz. So, und jetzt haben wir das Zentrum hier, und es ist wieder nichts passiert. Für die Leute sichtlich nichts passiert. Es wird nicht mal eine Reinigungskraft geben. Oben ist dieses Heim für abhängig Kranke entstanden vom medizinischen Zentrum in Angermünde. Wir machen das im Nationalpark, weil das so schön ist. Da arbeitet nicht ein Criewener. Da sind nur Leute von aussen drinne. Und die Leute sehen eben, wenn jetzt jemand herkommt dann sind es halt Touristen, die frequentieren eventuell spartanisch die Gaststätte ein wenig, leben können sie von diesem Tourismus alleine überhaupt auch nicht. Wenn einer davon gut lebt, dann ist es die Pension von Frau Bartsch. Da ist es aber auch durch ihre eigene Agilität und durch ihre eigene Mund-zu-Mund-Propaganda, aber ansonsten, wenn ich mir die anderen Zimmervermieter angucke, ich weiß nicht, was sie jetzt für eine Position ihnen gegenüber geäußert haben, sage ich mal, leben die Meisten eigentlich nicht unbedingt von Touristen sondern eher von Bauleuten und von ja, Durchreisenden. Also wenig eigentlich von dem klassischen .. Touristen. Es gibt eine Familie hier, die Familie Ulbricht noch, die haben ein Ferienhaus, da ist es noch ein bisschen gegeben, dass die mehr in die Richtung gehen, aber ansonsten ist es überwiegend dieses andere Klientel. Ja und perspektivisch, wie soll den der Nationalpark Arbeitsplätze schaffen, außer für die Naturwacht oder woanders. Und dieses sage ich mal die so genannten Zu- und Nebenerwerbsquellen werden in dem Maße nicht kommen. Gucken sie sich die Nationalparkzentren in den anderen Nationalparken an. Das ist doch nicht wie in Amerika wo um 10ne mal der Geiser mal spuckt oder so und wo dann 1.000de hinflanieren und gucken jetzt kommt das Ding hoch und jetzt gucken wir uns das an oder so. Also es wird immer denke ich mal, das kann man eigentlich sicherlich statistisch auch nachweisen eine ansteigende Zahl von Besucher geben aber es ist ja auch nicht gewollt, dass, ich sage mal – wir sagen immer Terroristenbusse – das die Touristenbusse hier einschweben , die in den Bussen sind Terroristen (lacht), das sind keine Touristen, die meisten jedenfalls, die sogenannten pauschalen denn, das die hier nun massenweise einschweben und hier groß was schaffen. Also alle die hier sind nehmen sie Frau Lück, den kleinen Konsum, nehmen sie uns, richtig Leben, gut Leben können wir davon alle nicht. Und auch das Zu- und Nebenerwerb, wie z.B. wo dann gesagt wird, ja also

Führungen machen und so, dafür bezahlt keiner groß Geld, davon können sie nicht leben. Selbst die Volkshochschulen, die wir hier seit Jahren haben, die versuchen so Bildungsprogramme anzubieten, haben enorme Probleme diese Programme für Geld anzubieten und zu machen. Der Nationalpark hat dann den Versuch gemacht arbeitslose Vorruheständler und andere Freizeitfunktionäre mit Material auszustatten sie auszubilden und aus ihnen Landschaftsführer zu machen. Ja, da gibt’s zwei, drei, bei denen steckt das im Blut, die werden auch ständig frequentiert, aber der Rest, ja... es ist, denke ich mal nicht so ein Bereich, der so stark expandieren kann, dass man sagen kann, da würden wirklich so wahnsinnig viele Arbeitsplätze entstehen. Und wenn, dann entstehen sie nur, weil ein anderer wegfällt und dann wird der mit einem anderen besetzt oder so. Ich wüßte selber nicht, wo groß Arbeitsplätze entstehen. Und durch das Tagungs- und Kongresszentrum, muß ich mir ehrlich sagen, glaube ich auch nicht, dass da irgend ein Criewener Arbeit findet. Werden wir ja sehen, dauert ja noch eine weile, bis das fertig ist.

TR: Wie denken sie wird dieses Zentrum, also diese doch recht mächtige Infrastruktur im Verhältnis zum Dorf auf den Ort wirken. Was haben sie da für Vorstellungen.

E: Also, so ein Tagungs- und Kongresszentrum sage ich mal hängt ja davon ab, wie stark es frequentiert wird. So, und ich glaube nicht, dass das so immens auf die Dauer frequentiert wird, dass das ein permanentes Problem wird. Man wird sich mit arrangieren. Denn man hat ja auch die Berufsschule erlebt und da war ja auch mehr los im Dorf, weil eben immer wieder Wechsel da war, neu Lehrlinge sind gekommen, andere sind gegangen und dann gehörten die Eltern dazu und dann gabs ein Internat und so weiter, also man hat ja mit solchen Bedingungen in gewisser weise schon mal gelebt, mit einer höheren Frequentierung von Außen. Alleine oben auf dem Vorwerk waren ja wahnsinnig viele Leute beschäftigt. Das war ja richtig ein kleiner Gigant da oben, die hatten ja auch eine gewisse Macht und haben auch ich sage mal, ohne Landwirtschaft würde dieses Gebäude hier auch nicht geben. Das haben die in einer Nacht- und Nebelaktion hingestellt als Berufsschulräume, wo Physik- und Chemiekabinet und später Computerkabinet mit angeboten worden ist. Ich denke mal, es wurde immer gesprochen vom 60-Bettenhaus was unbedingt kommen müßte um so ein Tagungs- und Kongresszentrum am Leben zu erhalten. Ich weiß nicht, ob so ein 60-Bettenhaus dem Dorf so gut tun würde. Ich weiß nicht, ob da dann irgendwo Arbeitsplätze entstehen, denn das Problem ist ja, das hier sofort im Umland Zützen, Winkel hat 12 Betten, Oder-Hotel weiß ich nicht, wieviel die haben, Chalet-Europa weiß nicht, wieviel die haben. Keiner von denen kann leben so

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richtig. Die knabbern alle irgendwo, ja. Und dann kommt dann hier ein 60-Betten-Haus hin für dieses Tagungs- und Kongresszentrum, also da haben alle Bauchschmerzen mit. Ich weiß nicht, ob das so gut ist. Aber andererseits wird dann wieder gesagt, also ohne so ein Bettenhaus kann so ein Tagungszentrum nicht leben. Ich weiß es nicht. Ich möchte erst mal sehen, dass es fertig wird. Seit 94 bin ich hier und seit 94 wird geredet, dass es kommt. Jetzt sind sechs Jahre ins Land gezogen. Das BIZ ist immer noch nicht offen, gut, es soll im September eröffnet werden, aber das Schloß braucht Minimum noch zwei Jahre. Da kann mir einer erzählen, was er will. So, bis dahin ist noch viel

TR: Was machen die denn da solange?

E: Das ist eine Baustelle des Landesbauamtes.

TR: Ach so, dass erklärt sozusagen alles.

E: Das denke ich mal erklärt alles. Wenn ein Landesbauamtsdirektor sich hier hinstellt und sagt zum Schornsteinfeger, passen sie mal auf, sie haben hier gar nichts zu sagen, wir machen die Gesetze, ... das ist auch eine Form von Umgang. Ich denke mal ...eine staatliche Baustelle mit allem was dazu gehört. Wenn es ein Privater macht, der wäre schon entweder kaputt gegangen oder fertig. Das kann sich keiner leisten, was da passiert. Also normaler Weise eigentlich nicht, denke ich mal. Sicherlich haben wir als einzelner nicht den Einblick, in wie Weit jetzt wieder Gelder gestrichen worden sind, Gelder zurückgezogen worden sind, da wieder hin verteilt worden sind, oder wie auch immer. Das ist eine Sache, die entgeht uns. Aber wir sehen einfach, das vieles gemacht wird, fertig gemacht wird, wieder aufgerissen wird, wieder neu gemacht wird, dann wird wieder da angefangen, dann regnet es wieder irgendwo rein, dann kommt da wieder was dazu, also es ist kein kontinuierlicher Baufortschritt zu sehen. ... weiter

AS: Möchtest Du, sonst würde ich gerne

TR: ja

AS: Ja, die Entwicklung in der Region, wie wichtig ist der Nationalpark da im Zusammenhang. Die Konflikte sind relativ bewußt und dominant, aber wie wichtig ist es wirklich so auch für Schwedt oder auch ein bisschen weiter nach hinten, nicht nur Criewen?

E: Es gab eine Zeit nach dem der PEP den zweiten Plan vorgestellt hat, wo man gesagt hat, ohne Nationalpark können wir auch leben. Vielleicht leben wir sogar besser. Und die Meinung wurde im Dorf bei uns sehr massiv vertreten. Wir haben vorher auch ohne gelebt, wir können auch nachher ohne leben. Weil den Leuten auf einer Weise

bewußt ist, das über Jahrzehnte, ja eigentlich ja zwei Jahrhunderte, die letzten zwei Jahrhunderte hier in diesem Gebiets nichts passiert ist, nichts gebaut worden ist oder so. Man kann da nicht baue und sie wollen eigentlich das weiter so haben, wie es jetzt ist und wollen nicht ständig eingeschränkt werden und messen denke ich mal der Tourismusentwicklung nicht so eine große Bedeutung bei, das sie sagen, dadurch würde sich für uns irgendwas verändern, dadurch würde Geld fließen. Es geht letzten Endes immer nur um Geld, denke ich mal. Also dieses zu erkennen, welchen Schatz wir haben, welche Ressourcen hier drin stecken, denke ich mal, sie sehen es so, es ist ihre Heimat, sie fühlen sich mit ihrer Heimat verbunden, aber sie möchten sie weiter so haben und nutzen wie bisher und nicht anders und nicht von aussen reglementiert nutzen. Das dann bis dahingeht, das gesagt wird, es gibt nur noch ein Stichweg von Criewen nach Zützen und die anderen Wege sind nicht mehr befahrbar, nur um zu sagen, das sind Totalreservate. Also damit würden sie sich sicherlich nicht identifizieren können. Ich mich auch nicht. Ich möchte auch weiterhin zum Kriot fahren könne und dort baden können. Nun haben sie es leider nicht erlebt, es ist viel zu kalt im Moment dazu, aber wir haben hier einen wunderschönen kleinen Badesee, ja, der ist ein bisschen versteckt, den kennt nicht jeder, das weiß nicht jeder, aber die Dorfkinder gehen da eben sehr gerne hin und es war eben auch dieses Ansinnen in diesem Plan, das eben auch dieser Kriot nicht mehr zugänglich sein soll und viele andere Dinge nicht mehr und damit können die Leute nicht leben. Das denke ich mal ist auch irgendwo verständlich und nachvollziehbar. Sie wollen die Natur weiter so haben, wie sie jetzt hier ist und nicht von aussen reglementiert kriegen und sie denken im zweiten Ansatz denke ich nicht das dieses Nationalparkwort oder diese Prädikat was dann die Natur kriegen würde, irgendwelche Fortschritte bringen würde, also es wird immer danach geguckt wer kommt mit welchen Projekten und bringt wieviel Arbeitsplätze. Und da ist ein Projekt, was in Schwedt kommt, man hofft ja im Moment auf die Italiener, wo dann wieder 800 Arbeitsplätze, der ist willkommener als jeder denke ich mal der sagt, so und ich möchte hier aber die Natur noch ein bisschen erhalten und schützen.

AS: Die frage komplett umgedreht, angenommen der Nationalpark würde nicht stattfinden, jetzt passiert irgendein grosser politischer Schlag, findet nicht statt, können sie sich vorstellen, das es dann mit der Wanderherberge und dem Parkgarten weitergeht. Weil eigentlich, würde es sich ja erst mal nicht viel verändern.

E: Das ist eine große Frage, die haben wir uns auch gestellt. Gerade auf uns bezogen. Ich sage mal so, wenn ich vom Kundenkreis oder Kundenkreis klingt vielleicht blöd, aber wenn ich von den

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Kindern und Jugendlichen und den Gruppen bisher ausgehen, würde sich am Ansatz erstmal nicht viel verändern. Weil die Kinder die wir jetzt kriegen, die kriegen wir weil wir weil wir so sind, wie wir sind und weil wir die Region so haben, wie sie jetzt ist und die denke ich mal würde nicht sofort wegfallen, nur weil es kein Nationalpark mehr wird. Die meisten Wissen ja nicht mal, was das heißt Nationalpark. Die sagen dann, na hier soll irgend so ein Naturpark sein oder so. Und wenn wir ihnen dann versuchen zu erklären, welche Status das eigentlich hat, dann gucken sie groß, rollen mit den Augen, fahren rein, finden die Landschaft ganz toll, finden gut, dass sie alleine rumfahren können, dass ihnen keiner irgendwas vorschreibt, und kommen wieder raus und sagen, toll ich komme gerne noch mal wieder. Die empfinden das ja noch nicht so extrem. Und wenn dann wirklich alles so kommen soll, was eben auch keiner so richtig abschätzen kann, was passiert denn nach 2005, wo können wir dann überall nicht mehr hin oder so, das ist ja eigentlich so die Angst, das der Nationalpark die Zugänglichkeit des Gebietes stark einschränkt. Wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, dann ist den Leuten eigentlich egal, ob es Nationalpark ist oder nicht. Es hat ja Jahrelang auch ohne BIZ funktioniert muß ich mal so sagen. Wenn ich jetzt richtig drastisch denke, seit 94 bin ich hier und seit 94 arbeiten wir ohne BIZ und es ging ganz gut und ich glaube, sicherlich wird in dem ersten Moment, wo das BIZ eröffnet ist viel Zuspruch da sein, weil die Medien da sind, weil viel Werbung gemacht wird in dem Moment, aber ich glaube nicht, das auf die Jahr hinaus so eine Kontinuität entsteht, das sich hier gewaltig was verändert, muß ich ganz ehrlich sagen. Denn ich sehe seit 94 nur Stellen die wegfallen, die irgendwo wegbrechen, wo nichts mehr passiert. Wir haben sogar am Anfang hats ja die Gemeinde geschafft, von, ich glaube 90 sogar schon bis 95 ein eigenes Fremdenverkehrsbüro sich zu halten. Und das war auch nicht mehr finanzierbar. Das ist auch weggebrochen. Ich glaube auch nicht das ein Nationalpark .. ne, ich glaube nicht nur, ich weiß, denn sonst würden wir ja nicht so viele Probleme haben , das der Nationalpark auch dafür nichts tun kann .. und das auch denke ich mal irgendwo so eingestehen muß und auch zum Teil eingestanden hat. Wir hätten ja z.B. gerne gehabt, das der Nationalpark sagt z.B. über diese Naturwachtstrecke oder so, das eben der Parkgarten, wir würden den schon ganz gerne weggeben, weil wir ihn einfach nicht mehr halten können in dem Maße, weil wir ganz gerne sehen würden, dass da noch zwei, drei Leute mehr drin arbeiten um den noch besser auszugestalten eben für diesen Bereich Besucherinformationszentrum. Da heben die auch die Hände und sagen, ne können wir nicht, wir haben kein Geld, geht nicht, können euch da nicht helfen. Also im Extremfall kann es uns passieren, so war es zumindest im Dezember 1999 als der Schuldenberg aufgelaufen ist, wenn wir nicht irgendwo eine andere Lösung gefunden

gewesen und dann wäre der Parkgarten an den Landkreis zurückgefallen und das Vereinsvermögen an das Finanzamt. Dann wäre es das gewesen. Geht also, kann auch ganz, ganz schnell gehen. Kann auch wieder ganz ganz schnell gehen. Aber, bis jetzt haben wir es halbwegs immer wieder hingekriegt und staunen eigentlich, wie lange wir schon durchgehalten haben. Anders kann man es nicht sagen. Ich glaube nicht, dass sich wahnsinnig viel ändern wird. Es wird sicherlich im September ein Anstieg geben, lassen sie es bis Oktober sein, dann wird es kalt, dann ist Ebbe, dann lassen sie es Ostern werden 2001, dann geht’s noch mal richtig los, vielleicht noch bis Pfingsten und dann bricht es wieder ein. Weil, es ist eigentlich eine Gegend für den Zweit- und Dritturlaub und nicht für den Haupturlaub. Und wer macht heut schon noch 14 Tage in einer Gegend Urlaub, meistens ist es ja bloß noch eine Woche oder so. Es sei denn, es ist Dominikanische Republik oder Ballermann. Vielleicht Kenia oder sonst wie oder so, aber in diesen Gebieten macht ja kaum noch jemand länger als drei, vier Tage Urlaub.

TR: Also diese vielen Millionen die hier, womit immer geworben wird, das sei gut für die Region, schafft Arbeitsplätze, das interpretiere ich jetzt

E: Ich persönlich glaube es nicht.

TR: Das ist ein Wort.

E: Ja, mehr kann ich dazu nicht sagen, wenn ich mir andere Nationalparke angucke, muß ich sagen, ich glaube es persönlich nicht. Gucken sie sich die Blumberger Mühle an. Was da für Geld drin steckt. Was da für Sponsoren hinter stecken. Und wo sind da die vielen Tausende, wo sind die denn. Die kommen ja nicht mal mehr zu den Feten groß. Selbst da passierts, sage ich mal, vielleicht zwei, drei Reisebusse, und noch ein teil Berliner die da hinfahren, aber das die da alle so wahnsinnig von also ne,.. sehe ich nicht.

TR: Machen wir mal ein Blick in die Zukunft. Wenn Sie jetzt so Ihre Lebenssituation betrachten, also auch erst mal eine Bewertung also kann man sagen, sind sie damit jetzt erst mal zufrieden. Dann gleich ein Blick in die Zukunft: Wie wird es werden?

E: Wie wird es werden? Wenn ich das wüßte.

TR: Klar, weiß man nicht. Was fehlt, was fehlt besonders?

E: Ich sag mal so. Es ist eine große Hoffnung da, es ist viel Kampfgeist da und den Rest denke ich mal, wird man sehen. Man wird sich versuchen zu arrangieren. Egal, was wie wird. Man hofft, das es gut wird, es ist von ganz tief jetzt auf ganz gut

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geworden, was die Jugendherberge z.B. selber nur angeht. Den Parkgarten wie gesagt krampfen wir ein bisschen daran. Man müßte vielleicht im Parkgarten sagen, o.K. man macht jetzt feste Öffnungszeiten und feste Führungszeiten oder so, aber es würde trotzdem sage ich mal nicht dieses .. bringen, das man sagt, man kann wenigstens eine Plan oder eine Stelle da im Parkgarten von tragen. Des, man diese, diese Ruhe, ich sage mal, aber das ist wohl generell in der Wirtschaft, diese Ruhe kriegt man einfach nicht rein. Man hat nicht, man kann nicht sagen o.k. also man man arbeitet jetzt, dann hat man dieses Kapital und dann sagt o.k. jetzt kann man erst mal konzeptionell arbeiten, wenn man noch weiss, man hat ein kleines Polster. Wir haben kein Polster. Wir leben im Grunde genommen nur von der Hand in den Mund und ich denke mal nicht, das sich das perspektivisch gravierend ändern wird. Es, wir hoffen das es besser wird, aber ich glaube nicht, das es gravierend sich verändern wird für kaum jemanden. ... Denn bisher muß ich sagen, hat sich nicht wahnsinnig viel verbessert. Man hat sich versucht zu arrangieren, man kommt mit zurecht, man kommt zum Teil immer besser mit zurecht mit allen äußeren Umständen mit seinen eigenen Lebensumständen, aber es hat sich nicht so wahnsinnig viel verbessert, das man sagen kann, man hat irgendwo ein gewisses Ruhepolster und kann sagen, o.k. jetzt machen wir weiter. Man lebt eben wirklich von heute zu morgen.

TR: Aber das sich jetzt auch so wahnsinnig viel verschlechtert hat, das kann man jetzt auch nicht sagen.

S: Nö, das kann man auch nicht. Also da bin ich auch ein Gegner, dass nur alle sich bloss noch hinstellen und schreien, also bitte schön, wir wollen die Mauer wiederhaben, das ist Quark. Wenn ich mir die Familien im Einzelnen angucke, sicherlich gibt’s besondere Schicksale, aber im Großen und Ganzen leben wir doch alle nicht schlecht und bestimmt nicht schlechter als vorher, im Gegenteil. Sicherlich gibt’s bestimmt Dinge, die würde ich auch ganz gerne wiederhaben, aber

TR: nämlich

S: Ja, z.B. die Absicherung im Kinderbereich. Ja, alles was für die Kinder gemacht worden ist, da ist soviel weggebrochen, wenn sie heute was für die Kinder machen wollen, müssen sie Geld haben. Also wenn ich mir jetzt die Musikschulendiskussion jetzt angucke, also ich kann meine Kinder nicht auf die Musikschule schicken oder so. Gut, dann gibt es zum Teil noch ein bisschen im Sportbereich, aber da müssen die Kinder eben auch bestimmte Kleidung und, ja und dafür reicht eben im Moment das Geld auch noch nicht, da groß was zu machen. Und alles andere, sage mal jetzt der Jugendclub, ist

eine nette Initiative, aber es ist, reicht halt nicht so richtig aus. Es ist so bisschen so, oder auch gerade im Ausbildungssegment, da passiert auch viel zu wenig. Wenn ich mir die Schulen angucke, wie das da alles aussieht, das ist reudig. Bei meiner Tochter da in der Schule, da fällt überall die Farbe von den Decken, die Schule hat nicht das Geld, das zu sanieren und die Stadt hat auch nicht das Geld, das zu sanieren und dann wird darüber diskutiert, dass die Eltern jetzt noch mit veranlagt werden, dass die Kinder mit dem Bus zur Schule fahren und so ne Sachen. Also in diesem Bereich sage ich mal, Arbeitsgemeinschaften, was wir früher hatten, früher hießen sie Pionierhäuser, jetzt nach der Wende hießen sie eine kurze Zeit Feizeithäuser, das bricht alles immer mehr weg und ich denke mal da ist eigentlich, das ist, das würde ich mir schon ganz gerne vorstellen, dass das wieder da ist. Aber da ist eben das Geld nicht da und deswegen bricht das eben weg.

TR: Neija, wenn wir uns hier umgucken, wie gesagt, es gibt ja irgendwo Geld

E: Ja, das ist ja auch das, was die Leute vielleicht ein bisschen bewegt.

TR: Das gibt zu Denken... und ähm. Ja was würden sie gerne im nächsten Jahr machen, gibt’s da irgendwas, ein ganz konkretes Ziel?

E: Ja, na klar. Ich bin auf der Suche nach einem Sponsor mit dem ich dieses Haus instand setzen kann. In dem ich dieses Haus ausbauen kann, dass ich zwei Klassen unterbringen kann. Also Pläne haben wir schon eine ganze Menge. Ne, wir sind richtig ganz dolle auf der Suche, das wir jemanden finden, sie haben es ja nun live erlebt, der Putz blättert langsam ab, die Fenster sind undicht, hier müßten neue Fenster rein, Heizen sage ich mal, ich heize mehr für draußen als für drinnen und da sind so viele Sachen, hier im Garten würde ich auch gerne noch viele Dinge machen, wir wollten eigentlich die Wiese gerne noch haben, aber die bleibt erst mal beim Kneiper, das wir so einen Zeltplatz.

TR: Bei wem?

E: Von der Gaststätte

TR: A ja

E: das wir so einen Zeltplatz noch mit anbieten können. Wir hatten mal die Idee Planwagen, also alte Bauwagen hinzustellen und Planwagen da raus zu machen. Ja und im Moment ackern wir noch, sage ich mal so, wenn es hier gar nicht weiter geht haben wir noch jemanden, der ist gerade dabei mit der Gemeinde in Passow darüber zu reden, also da geht es dann auch ohne Nationalpark sage ich jetzt

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mal am Rand, so eine Art Palisadendorf, so leben wie in einer mittelalterlichen Stadt an einem Badesee aufzubauen. Ideen und Möglichkeiten gibt’s schon genug da in der Richtung. Also ich bin jetzt nicht so, das man sagt o.k. also, wir Wissen nicht wie es weiter geht und ha und, ne, also um Gottes willen

TR: Das habe ich mir gedacht, mich hat nur interessiert, was ihnen dazu einfällt.

E: Ne, also da würden wir schon ganz gerne. Wir würden auch ganz gerne, wir waren mal eine Zeit lang, war der Verein also von 95 bis 97 der größte Arbeitgeber im Dorf. Wir hatten über 30 Beschäftigte, natürlich alles ABM. Da waren wir eine richtige Macht. Da haben wir was bewegt.

TR: Haben die dann jetzt feste Stellen bekommen so dannach?

E: Ne, wie denn

TR: Ja, weiß ich nicht

E: Die haben im Grunde genommen Renaturierung gemacht, Aufräumungsarbeiten. Die haben den Wanderweg gebaut, den Umweldlernpfad gebaut, im Parkgarten waren ein paar,

TR: Waren die alle aus dem Ort die ABM-Stellen?

E: Ne

TR: ach so

E: ne, ne, das ging über das Arbeitsamt Angermünde und dann werden die besetzt von Angermünde und zum Teil kamen auch welche aus Schwedt oder den umliegenden Dörfern ganz unterschiedlich. ... Also ich sag mal so, es ist schön, wenn infrastrukturell durch den Nationalpark was passiert und ich bin auch für den Naturschutz und ich denke auch mal, dass Nationalpark an sich eine ganz tolle Sache ist. Aber so wie es bisher umgesetzt worden ist, ist es äußerst kritikwürdig von meiner Sicht aus und das würde ich auch in jeder Hinsicht so vertreten... ganz im Gegenteil zu meiner anfänglichen Euphorie 1994/95.

TR: Was war denn da so euphorisch, also auch schon so die Perspektive Tourismus oder

E: ja, ja, da war ich gutgläubig

TR: Das hat man leicht geglaubt, das hat ins Konzept gepaßt, da hat man gesagt,ja toll?

E: ja, ja, vor allem waren da ja hochdotierte Leute, die da 10.000de Mark-Studien erarbeitet haben, wonach das alles möglich war und auf dem Papier

kann man eben alles schönrechnen. Und als ich das erste Mal damit zu tun hatte, habe ich eben wirklich daran geglaubt. Und dann sind wir eben in Urlaub gefahren und haben uns viele Sachen angeguckt und haben gesagt, ja o.k. also .. schöne Sache, aber so wahnsinnig viel verändern wird es nicht, glaube ich nicht. Sicherlich in Teilsequenzen, aber nicht so ganz.

TR: Was glauben Sie, was andere über die Region hier denken.

E: Also von den Berlinern die wir bisher kennengelernt haben und auch von den Leuten aus den Alt-Bundeslländern finden sie die Region ganz toll, weil, sie haben ein riesen großes Gelände wo sie kilometerweit mit dem Fahrrad fahren können, wo sie unheimlich viele Tiere sehen, wo sie relativ alleine noch im Gelände sind, dass auch sehr genießen, das sie relativ alleine im Gelände sind und finden die Naturvielfalt als erlebenswert und unheimlich toll und finden auch den Ort sicherlich auch durch den Lenee-Park, nun gut, im Moment präsentiert der sich nicht im aller schönsten Bilde, aber doch als sehenswert und kommen doch in zunehmender Zahl her. Ansonsten, ja ich hab ihn ja erzählt, es gibt auch solche Sachen, wo dann Leute äh, ja so denken, wir sind so ein bisschen polnisch hier, es ist so alles verloren und ein bisschen rückständig, bisschen sehr provinziell und so, die gibt’s natürlich auch und die bringen das auch zum Ausdruck, aber der Großteil genießt eigentlich den Freiraum den man hat in der Natur und die Artenvielfalt... würde ich so sagen, zumindest von dem Feedback was wir von den Leuten kriegen, die hier sind., so würde ich es einschätzen. Und meine eigene Entscheidung, ich bin ja auch nicht hier geboren, komme eigentlich aus dem Bereich Scharmützel-See, Bad-Sarow, was ja auch so eine klassische Berliner Erholungsgegend ist, eigentlich mehr von dem etwas gut betuchteren Klientel,

TR: Da waren Sie, kurz bevor Sie hier her gekommen sind?

E: Ne, ne bis ich 18 war, war ich da, und dann bin ich in die Kreisstatt gegangen, und bin dann in den Bezirk gegangen nach Frankfurt Oder. Praktisch auch schon sehr nah an der polnischen Grenze bin dann hierher, erst nach Schwedt und dann hierher gekommen. Bin eigentlich von Schwedt, also nach Schwedt bin ich aus Liebe gegangen, weil ich da meinen Mann kennengelernt habe und geheiratet habe. Aber Schwedt war für mich immer, also wenn mir vorher einer gesagt hätte, dass ich da mal wohnen würde, waren ja nur zwei Jahre, dem hätte ich einen Vogel gezeigt, weil Schwedt war für mich eins selbst im Sozialismus, Plattenbauweise, höchste Jugendkriminalität, Getto, ja Arbeiterregal im schlimmsten Zustand

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TR: Im Sozialismus, also Getto und Jugendkriminalität, also das war, das hat man damit assoziiert

E: Ja, also für mich ja. Ich hab ja auch die Statistiken gehabt, ich wußte im Grunde genommen, weil wir ja im Bezirk sage ich mal zum Teil auch den direkten Zugang zu den Statistiken hatten gesehen was da so, das war schon zu DDR-Zeiten

TR: Wieso, haben sie das gesehen? Wieso hatten sie die Statistiken?

E: Na, sie haben die Möglichkeiten gehabt, sich diese Dinge zu besorgen, wenn sie das wollten und das haben wir auch zum Teil genutzt um das einfach zu sehen. Es war eben so, Schwedt war für uns für mich, der eigentlich ja aus dem dörflichen, dann in die Kreisstadt und dann in den Bezirk gegangen ist immer so ein Ding, so Industrie, stinkt, ja WK7, WK8 waren so die Vorzeigewohnprojekte, Wohnbereiche,

TR: Was ist das noch Mal, WK

E: Wohnkomplex heißt das

TR: ach

E: Also die Stadt war eingeteilt in Wohnkomplexe, und ich hab dann, als ich meinen Mann kennengelernt habe, der wohnte Gott sei Dank in Wohnkomplex 4. Wohnkomplex 4 war historisch gewachsen, war alt, war direkt am Park, alte Kasernenwohnung, wunderschöne Wohnung so wie in Berlin Altbauwohnung so in der Richtung

TR: Ja, ja

E: Wäre ich da ins Getto gekommen, wäre ich sowieso gleich wieder umgekehrt glaube ich. Und dann muß ich sagen, o.k. da habe ich Schwedt, man verkennt ja Schwedt immer, man sieht ja im Grunde genommen immer nur die Plattenbauweise und sieht nicht das grüne Umfeld und das hat mir damals schon unheimlich gut gefallen und dadurch, dass ich dann praktisch per Zufall hierher gekommen bin und da habe ich gesagt, hier möchte ich, dass meine Kinder groß werden. Ob die dann hier bleiben ist eine ganz andere Sache. Aber von der Umgebung her, ja sofort. Wir waren auch auf anderen Dörfern, haben uns auf anderen Dörfern angeguckt, wie es so funktioniert, gibt auch so in Frauenhagen wo äh, wunderschöne Radwege, wunderschöne Straßen, alles ist Straßenbeleuchtung alles ganz toll, aber so richtig steril, schön gemacht aber irgendwo steril. Also so ein bisschen diese bäuerliche Vorgartenpolitik ist da völlig abhanden gekommen, man hat eben auf wunderschöne gepflasterte Wege und Straßen gesetzt und das ist

hier eben nicht in dem Sinne. Ja, und dann haben wir uns hier ein Häuschen gekauft, sind zwar total verschuldet, aber glücklich

TR: Ach, ist gar nicht so schlecht eigentlich

E: Und wir sind nicht in so einem Wohnbereich, wie z.B. Zützen oder Bergholz die so in 500 qm Bauweise bauen, ja also Häuschen an Häuschen und jeder kann jedem in den Garten gucken und wehe dem der grillt denn, weil das stört den und der Gartenzwerk steht da und da quaken die Frösche oder so, ja also so hätte ich auch nie leben wollen. Und so wohnen wir jetzt sage ich mal richtig, sie haben es ja bei Frau Kresse gesehen, wir wohnen praktisch das letzt Haus in der Straße, wir haben nach hinten Land raus, da ist Feld, da ist ja,

TR: Ach so, sie wohnen da, dann auch Vorwerk

E: Ich wohn das pastellgrüne Haus vor dem Haus mit den gelben Scheiben. Das Haus mit den gelben Scheiben ist das Wohnheim für die abhängig Kranken. Dann kommt der Dorfteich und dann kommen wir.

TR: Verstehe

E: Wir wären auch gerne damit hochgezogen, aber das wußten wir nicht, dass das da mal hinkommt und ich sag mal bis jetzt teu, teu, kann man damit auch leben.

TR: Ja, äh, also ..

E: reicht

TR: ich war jetzt auch bei meiner letzten Frage. Gut, dann danke ich Ihnen herzlich für das Gespräch.

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7. Interview Hans Peter Wilde, Versicherungsmakler, vom 29. Juni 2000 in Criewen, ca. 45 Min.

Interviewerinnen: Vera Mayer und Anja SchatzStand 1.11.2000Band 59

Transkriptionszeichen: VM: Vera MayerAS: Anja SchatzHPW: Hans Peter WildeKommentare: (kursiv in Klammern) betont durch Hrn. Wilde: kursiv

Interviewatmosphäre: Geführt in der Villa Siebenpunkt, Aufenthaltsraum.Vorstellung und Vorabklärung der Interviewsituation und lockeres Privatgespräch über ein geklautes Auto. Daraus ergaben sich die folgenden Erkenntnisse: Herr Wilde ist Versicherungsmakler. Er hat auch, zusammen mit einer polnischen Firma, eine GmbH für Handel und Transport. Die halbe Arbeitswoche ist er in Polen. Er spricht aber kein polnisch. Vor dem Interview war er unterwegs in Polen, um einem Parteifreund zu helfen dessen geklautes Auto bei der Mafia auszulösen.

Transkriptionsbeginn:

VM: Sie sind hier aus Schwedt?

HPW: Seit ´66 bin ich in Schwedt und seit Anfang des Jahres in Bergholz, da habe ich mein Büro und ein Haus gekauft, und eigentlich bin ich Mecklenburger. Habe hier die Lehre gemacht und so.

VM: Das heißt, Sie sind mehr oder weniger Jahrgang ´50?

HPW: Ja, ´51.

VM: Warum sind Sie hierher gekommen in die Region?

HPW: Arbeitsplatz.

VM: Die gab es zu der Zeit?

HPW: Eine Lehrstelle gekriegt. Ich bin in der achten Klasse abgegangen und man konnte damals in den drei Lehrjahren die Hauptfächer mitmachen. Hinterher hatte ich den zehnte Klasse Abschluß und gleichzeitig einen Beruf. Allen anderen, die dann später raus gegangen sind, war ich weit voraus.

VM: Welche Ausbildung haben sie da gemacht?

HPW: Schweißer/Schlosser und hab dann Meister Sondermaschinenbau gemacht. Und zur Wende habe ich dann gemerkt, Sondermaschinenbau ist so

eine Sache. Wir haben... im PCK... Schuhcreme und so ´ne Sachen. Da haben wir... , die ersten Jahre war ich sozusagen Starschweißer, ohne anzugeben, aber ich konnte alles schweißen und wurde sehr oft geholt, weil ich auch mein Leben lang zu gutmütig war und immer ja gesagt habe. Dann sind die gar nicht erst wo anders hingegangen, sind immer gleich zu mir gekommen, wenn irgend welche Störungen waren. Und nachher, als ich Meister war, das PCK hatte ja für bestimmte Sachen Devisen, so dass sie schon ausländische Maschinen kaufen konnten, und wir haben dann das, wofür sie kein Geld ausgeben wollten, nachgebaut, oder selbst entwickelt, und gebaut und geforscht und was nicht alles. Das hat die ersten Jahre auch sehr viel Spaß gemacht, aber nachher war es nur noch Ersatz. Wie man so sagt, wir haben damals aus Scheiße Bonbons gemacht. Das hat nachher keinen Spaß mehr gemacht. Da gab es die Schrauben nicht und das nicht. Die Vehikel sahen lustig aus, haben aber gearbeitet. Es gab aber auf der Welt Sachen, die heutzutage preiswert sind und von der Technik sehr weit voraus. Und es war zur Wende abzusehen, dass wenn das Geld da ist, dann kann das gekauft werden, und dann brauchen wir das Fahrrad nicht das dritte Mal noch mal zu erfinden.

Dann bin ich zur kaufmännischen Krankenkasse gegangen und war dann Geschäftsstellenleiter, erst in Schwedt, dann in Angermünde.

VM: Das ging ohne weitere Ausbildung?

HPW: Alles nebenbei. Nach zwei Jahren hatte ich gekündigt. Weil, ich hatte alle Verantwortung, nur nichts zu sagen. Man wurde von oben getreten, sozusagen. Man mußte fast arbeiten wie die Stasi, mußte jeden Abend Formulare ausfüllen, wie viele Leute man besucht hat... Verträge nicht zustande gekommen sind, und was man machen will um doch noch ran zu kommen. Und eigentlich ist die KKH eine sehr gute Angestelltenkrankenkasse, aber für die Mitarbeiter... , sie ist der Kapitalismus. Und das hat mir einfach nicht mehr gefallen. Weil, das war die Zeit die Leute haben von nichts gewußt, man mußte sie wirklich beraten. Und nur: Hier unterschreiben und dann ab... und die standen dann da. Ärzte haben nach vier Jahren noch nicht gewußt, wie sie für Private ihre Rechnungen ausstellen sollen. Dann haben sie lieber drauf verzichtet. Ja. Und das war mir dann nichts. Ich hab beraten. Ich unterhalte mich gerne mit Leuten. Ich habe Mitarbeiter gehabt und drei Landkreise gemacht, und dann hab ich eine Mitarbeiterin gehabt, die im Büro war, und die war dann ständig krank. Dann mußte ich das auch noch mitmachen. Das war denen aber egal. Ich mußte trotzdem meine Aufnahmeanträge bringen und so weiter. Und dann hab ich gekündigt.

VM: Und denen, also die Zentrale, also die KKH wo ist die?

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Interview Hans Peter Wilde, Versicherungsmakler, vom 29. Juni 2000 in Criewen, ca. 45 Min.

HPW: Die KKH ist hier in Schwedt. Und eine kleine in Angermünde. Die nächst größere Geschäftsstelle ist in Berlin.

VM: Und wie war das so nach der Wende den Leuten das ganze neue System beizubringen?

HPW: Eigentlich... man hat ja hauptsächlich die genommen, die man schon kannte, von Beziehungen und so. Gerade in dem Bereich, im Bereich Krankenkasse war es gar nicht so schwer, weil ja doch die Vorteile gegenüber der AOK ganz schön groß sind. Dann war ja bloß noch die Barmer da, die TK durfte am Anfang auch noch mit... und da war das am Anfang auch schon nicht schlecht.

VM: Und Sie hatten da schon..., sie haben ja ´66 angefangen zu arbeiten, hatten Sie schon die Beziehungen hier, Sie kannten schon die Leute...?

HPW: Ja, durch Sport und so weiter. Und dann zur Wendezeit, ich war erst im Neuen Forum, bin dann in die FDP gegangen, damals war das ja noch die LDPD, die Liberale Partei. ...Vor allen Dingen, wenn man mit allen Leuten gut kann, dann kriegt man ja schnell Kontakt.

VM: Also, Sie waren im Sportverein, in der Partei,... ?

HPW: Ja.

VM: Was haben Sie noch gemacht?

HPW: Dann war ich Jahre lang Kommunalpolitiker gewesen, Fraktionsvorsitzender in Schwedt. Dadurch ist man automatisch in mehreren Aufsichtsräten und irgendwelchen anderen Sachen. Also ich hab das mal aufgeschrieben. Ich war so ungefähr in fünfzehn Sachen drin, überwiegend im Vorstand. Das ist schon ganz schön aufwendig. Wenn ich jetzt so überlege, dass ich vieles nicht mehr mache, außer eben vom Sport und viel mit der Nationalpark-Sache und so. dass ich das überhaupt geschafft habe. Ich komme so schon nicht über die Runden, aber das ist alles gelaufen.

VM: Und als Kommunalpolitiker, haben Sie sich schon damals mit dem Nationalpark beschäftigt, oder...?

HPW: Ja. Ich wurde noch einen Tag vor der Verabschiedung des Nationalparks, sagen wir mal, wurde ich in der Zeitung als Nationalpark-Feind Nr.1 betitelt, aber nur weil ich damals schon wußte was man vorhatte, weil ich die Hintergründe wußte. Man konnte, man hatte in der Presse kein Ohr gefunden, das zu sagen was man wußte. Weil ich wußte, was hinter den Kulissen gezogen wurde. Und... eigentlich gegen den Nationalpark war ich nicht. Ich war nur das.., weil ich wußte was sie vorhaben. Und das hat sich bis heute bestätigt, deswegen bin ich stolz, dass ich das damals gesagt habe.

VM: Und was wußten Sie damals?

HPW: Ich wußte damals, dass sie vorhaben die Menschen aus dieser Region, also was mit dem Nationalpark.. zumindest was mit der Zone eins und zwei... was das reine Poldergebiet ist, dass die die da raus haben wollen. Und das Schlimme ist, man kann ja wirklich nur..., erstmal bringt das die Presse nicht und... , aber was das Schlimme ist, man weiß, man kennt Schreiben, wo man hundertprozentig weiß, dass es so ist, man weiß das es so ist. Man kann aber nichts sagen, weil man Leute, die Einblick in diese Papiere gekriegt haben, damit blos stellt. Und teilweise könnten die das rein bringen, auch ins Parlament, halten es aber politisch zurück, um es zum richtigen Zeitpunkt zu bringen. Ich habe aber immer die Befürchtung, dass dann schon wieder alle Eulen verflogen sind. Dann jammern sie zwar alle, aber dann hat der Verein das ganze Land gekauft, und wie das mit privat ist in Deutschland, das weiß man ja. Wem es gehört, der hat das Sagen. Das ist der große Trick, den sie hier angewandt haben, und versuchen auch in allen anstehenden Nationalparks diese gleiche Vorgehensweise zu machen.

VM: In welchem Jahr war das, als Sie in der Presse zum erstenmal...?

HPW: Na, das war ´95 wo die Verabschiedung war. Wir hatten ja am Anfang alle dafür gestimmt, für den Nationalpark, kurz danach haben wir uns aber das, wie es alles werden soll, das haben wir uns alles hintenrum besorgt. Und haben da hinterher gewußt. Und dann ging der große Kampf dagegen los, zumindest das Nationalparkgesetz so zu gestalten, dass eben für den Menschen alles frei bleibt. Und so haben wir jetzt so ein Gummigesetz. Das sieht man ja jetzt, das legt der Verein so aus (...?), der Verein geht gegen Beschlüsse des Landes vor. Stolpe war zur letzten Wahl... , da hat er selber darüber geschimpft, auch gegen den PEP und alles, und die Wahl war kaum vorbei, da hat er nicht dagegen gestimmt, dass sie weiter die Gelder kriegen um Land zu kaufen, also so...

Es ist so schlimm, wenn man das in die Öffentlichkeit nicht reinbringt. Ich weiß auch nicht, welche Macht die haben, das nicht mal die Presse was bringt. Und wenn man das weiß, und kann das nicht rüberbringen, das schmerzt dermaßen... . Aber was nützt es, wenn ich nachher sage: Ja, ich habe Recht gehabt. Dann ist alles vorbei. Was nützt das den Leuten? Und es existieren Papiere... . Ich will jetzt versuchen, dass ich auch den Einblick kriege, weil wenn ich den Einblick kriege in diese Papiere, kann ich damit auch an die Öffentlichkeit gehen. So kann ich nichts machen. Wenn er dann sagt, er hat´s nicht gekriegt, bloß um seine Parteifreunde nicht zu gefährden, oder so... . Da steht unter anderem in den Sachen drin, eigentlich sollen ja nur fünfzig Prozent, na, aber, wenn die IOC (..?) haben wollen, ist das viel höher. Da können die sagen, was sie wollen, das ist alles schriftlich festgelegt. So. Und dann gibt es da so ein paar Tricks. Dann machen die

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aus der Trasse, wo dieser Grenzübergang kommen soll, der ist ja erstmal rausgesetzt. Und den haben die jetzt zur Zone 2 gemacht.

VM: Über welchen Grenzübergang sprechen Sie?

HPW: Da soll ein neuer kommen...

VM: Der zwischen Garz und Schwedt?

HPW: Ja. Und diese Zone ist erstmal jetzt rausgenommen. Das hatte man auch einfach erst gemacht, aber dann wurde auch festgestellt, dass es wieder in den Papieren stand. Und mit viel hin und her hat man das doch rausgekriegt. Aber nun ist diese Zone als Zone 2+ benannt worden. Und im internen Papier steht drin, dass dann, wenn die Brücke fertig ist, dass dann aus diesem 2+ eine 1 gemacht wird. Und in dem Moment haben sie dann natürlich schon über fünfzig Prozent zur Zone 1.

Und all so´ne Sachen. Da sind Schreiben drin, wo dann auch wirklich – offiziell stehen die Sätze dahinter: Also die Wege im Nationalpark sind erstmal so und so festgelegt, aber sowie die Wege dann durch Lenkung der Touristen nicht mehr so begangen werden, und Pflanzen da sind, und so weiter, werden die nach und nach zurückgehen. Und dahinter ist dann der Satz: Das darf aber nicht in der Öffentlichkeit bekannt werden, sonst... und so weiter. Und so gibt’s so mehrere Sachen.

AS: Darf ich ganz kurz noch nachfragen: Das sind Verbandspapiere,, oder Parteipapiere?

HPW: Das sind Schreiben zwischen dem Ministerium, dem Förderverein und dem Nationalpark. Und selbst der Nationalpark ist auf dem Kriegsfuß mit dem Förderverein, weil der Förderverein sich mit denen nicht unterhält. Da existiert auch ein Schreiben, wo die sagen: Wir machen sowieso was wir wollen.

AS: Der Förderverein?

HPW: Ja. Und jetzt sind ja auch so Arbeitsgruppen gebildet worden, und da hat der Förderverein auch schon gesagt, sogar schriftlich festgelegt, dass – die können das zwar machen, aber im Endeffekt arbeiten wir das nicht ein.

VM: Das sind die Arbeitsgruppen von der Nationalparkverwaltung?

HPW: Das sind die wo, ich glaube vom Kuratorium, wo die Wirtschaft zusammen sitzt, und so weiter. Und das ist eigentlich nur die Taktik, die die schon Jahre lang betreiben, das alles nur nach hinten rauszuzögern. Dieser PEP hätte eigentlich schon vor dem Nationalpark sein müssen. Das ist gesetzlich festgelegt. Und das hat man alles umgangen. Und das geht nur dadurch, dass das Ministerium immer mitgespielt hat. Und.... ich hatte... kurz vor... , da wo die Verabschiedung war vom Nationalpark, da hatten die Parlamentarier hier ein Treffen gehabt mit Nationalpark. Und da war eigentlich auch Forst- und Landwirtschaft

eingeladen. Der Minister war damals auf unserer Seite. Das ist ja das, dass wir eigentlich mehr wissen. Wir haben mit dem gesessen und da hat er gesagt... . Wir haben im Verein zum Schutz des Unteren Odertals... der Vorsitzende ist ein Förster, das ist ein Staatsbediensteter, zu dem hat der Zimmermann gesagt: Du kannst da mitmachen, aber zieh deine Uniform aus. Und als wir da waren und erzählt haben, wie das alles so vorwärts geht, da hat er gesagt, er weiß das, aber er kann nichts machen, Stolpe haut ihm ans Schienbein. Und all so´ne Sachen. Die kann man nicht rausbringen, weil man dem dann hätte wieder Ärger machen können. Aber das ist nun mal so. Und, was ich sagen wollte, als dann dieses Treffen war, hat Platzeck seine Sekretärin bei den Jägern und beim Verein zum Schutz des Unteren Odertals, was damals noch eine Interessengemeinschaft war, angerufen: Diese Veranstaltung fällt aus. Und die ist aber nicht ausgefallen. Die haben die trotzdem gemacht, nur eben ohne die, die ein bisschen mehr darüber wissen und so weiter. Und da hab ich dann einen Artikel in der Presse darüber geschrieben, und hab reingeschrieben, das sind für mich mafia-ähnliche Methoden. Und an dem Tag der Nationalparkverabschiedung hat der Platzeck sein Büro angerufen und gesagt, wenn ich das nicht öffentlich zurücknehme, dann bringt er mich vor´s Gericht. Und dann ist das Gesetz durchgegangen und dann hat er sich nicht mehr gemeldet.

VM: In welcher Zeitung ist der Artikel, den Sie damals geschrieben haben, erschienen?

HPW: In der Märkischen Oderzeitung.

VM: Eine andere Frage. Das erste Mal wo Sie für den Nationalpark gestimmt haben, was für eine Vorstellung hatte man damals?

HPW: Damals, was die Leute... , weil die Presse einfach pro Nationalpark ist, das was die Leute heute eigentlich auch denken. Die denken, das was da ist, das was über Jahre gewachsen ist, die ganzen Tiere und Pflanzen, die da drin sind, dass die geschützt werden sollen. Das denken die. Aber das ist ja nicht.

VM: Geschützt, in dem Sinne, dass....

HPW: Geschützt, dass die Natur so erhalten bleibt wie sie ist. Und das man Gebiete, sag ich mal, was wirklich los für die Tiere ist, da hat keiner was dagegen, dass da wirklich streng geschützt wird, dass da keiner reinkommt und so weiter. Aber dass man die Leute eigentlich ganz und gar raus haben will,... Mit den Fischern ist ja da die Aussterberegelung, wenn die jetzt eine mbH haben, wenn da der Chef ausstirbt, sind die weg vom Fenster. Das ist alles so geregelt. Wenn die Landwirte... , die kriegen Verträge vorgesetzt, die sie eigentlich gar nicht unterschreiben dürften, oder können, weil, so eine Landwirtschaft kann man nicht machen, so kann man nicht wirtschaften,

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werden aber erpreßt: Wenn Ihr’s nicht macht, seid Ihr’s ganz und gar los. Oder wie es jetzt ist, dass sie da Flurbereinigung machen, na gut, die sagen, es eist keine Enteignung. Aber im Endresultat ist es eine. Wie der Name ist, ist vollkommen egal. Wer da zum Schluß nicht mitspielt... . Da wird vom Land eben gesagt, das ist eben umwelt- und naturschutzmäßig, wollen das alle... und ....(...?)

VM: Welche Chancen sehen Sie für die verschiedenen Vereine, die sich für die verschiedenen Interessen einsetzen? Bringt das was?

HPW: Also, der Verein zum Schutz des Unteren Odertals, der Hauptgegner, wo eigentlich alle, die damit zu tun haben drin sind, wenn der nicht gewesen wäre, dann wären hier schon alle Eulen verflogen. Dann hätten die das schon durchgesetzt. Dann hätten wahrscheinlich Plazek und seine Leute beim letzten Hochwasser nicht sagen können: Dadurch, dass der Nationalpark da ist, ist es hier nicht zum Hochwasserschaden gekommen. Ne, aber wenn man mal die Schreiben zurückblickt.... Der Plazek zusammen mit Nationalpark und Förderverein hatten die in ihren Papieren drin die Deiche zu schleifen. Wenn die geschliffen worden wären, so wie das Hochwasser ankam, das sind die Deiche zwischen Winterdeich hier vorn und Sommerdeiche (...?), wenn die schon geschliffen worden wären, so wie das Hochwasser hier ankam, hätte es den Winterdeich weggerissen. Aber die stellen sich hin: Wir, der Nationalpark, hat die Leute vor dem Hochwasser gerettet. Wenn man da so die Hintergründe kennt, könnte man sonstwo reinbeißen.

VM: Und die fachliche Kompetenz, wer hat die eigentlich?

HPW: Ja, die fachliche Kompetenz - das ist auch so ein Gerangel. Es gibt welche, sagen wir mal, sogar Professoren, die schon zu DDR-Zeiten über diese Sachen geforscht haben, die werden gar nicht angehört. Und da macht man, weil man eben genügend Geld zur Verfügung hat, große Studien, alles doppelt und dreifach, aber immer in dem Sinne, wie man es selber gerne haben möchte. Da gibt’s ja dieses Sprichwort mit dem Brot essen ... da komm ich jetzt nicht drauf. Die machen die Studie natürlich so, dass sie auch das Geld kriegen. Eigentlich ist der ganze Punkt, wenn man sagt Tourismus und so weiter, nein, eigentlich alles, ob Landwirtschaft, ob Angler, oder sonst was. Die möchten einen Punkt und das ist, dass die natürliche Flutung da ist. Und wenn hier die natürliche Flutung da ist, das reicht schon aus wenn mal ein größerer Wind von der verkehrten Seite da ist, staut sich sofort das Wasser vom Oderhaff her bis hier und drückt in die Polder rein. Da kann man damit rechnen, wenn wirklich ungünstiges Wetter ist, dann steht das ganze Jahr das Wasser drin. Und damit sind viele Vögel, die eigentlich keine

Wasserbrüter sind, weg. Und gerade der Wachtelkönig, der hier sehr stark unter Naturschutz steht und große Popularität hat, der könnte hier nicht mehr leben. Und der Storch auch nicht, weil der Storch geht nicht ins hohe Gras. Und dann sieht man erst hier wieder, Richtung Garz haben sie erst wieder die Wiesen gemäht, waren hunderte von Störchen. Wir habe das Jahr wo das Sommerhochwasser war, wo die Landwirte nicht mähen konnten, da sind die Störche bei den Angelvereinen hingegangen und haben darauf gewartet, dass da mal ein paar Fischköpfe rumliegen. Die kommen mit dem hohen Gras nicht klar. Die brauchen diese Bewirtschaftung. Aber da hatte damals der Doktor Müller gesagt im Interview mit der Bildzeitung, - damals hat sich die Zeitung noch für interessiert, aber irgendwie ist das dann so abgebrochen, als wenn dieser Doktor Vössing so eine Macht da hat, ja und die haben sich nachher auch nicht mehr gemeldet - , und da hat er gesagt, auf die Frage nach dem Storch: Ja, der Storch wird wohl auch dazu gehören, der dann hier verschwindet. Aber dafür kommen wieder andere Tiere. Und wir wollen ja schützen was da ist und nicht warten, was für Experimente die hier machen. Es sind dann nachher vielleicht andere Tiere da, es werden wohl welche kommen, aber das was hier ist, was die Leute eigentlich alles haben wollen, das ist dann vielleicht nicht mehr da. Das ist das eigentliche Problem dabei. Und diese Flutung, das ist eigentlich das ...., wenn da das Wasser drin steht, kann da kein Tourist rein. Keine Landwirtschaft und nichts. Und damit ist das erledigt. Da können die noch zehnmal sagen: Wir machen da noch einen Aussichtsturm und wir legen ein Wegenetz fest, wo die Leute rein können. Wenn das Wasser drin ist, geht das nicht mehr. Und damit hat sich alles erledigt. Und man weiß ja auch wie das mit irgendwelchen Tieren ist. Dann sehen die irgendwo eine Ameise und sagen: dieses Gebiet müssen wir dieses Jahr auch sperren. Die Macht haben die einfach. Und wenn dann sowieso alles privat gekauft ist, dann brauchen die gar nicht mehr sagen warum. Dann lassen die einfach keinen rein und dann ist fertig.

VM: Sie sprachen vorhin von diesen Arbeitsgruppen, die sich in der Nationalparkverwaltung gebildet haben, und dass die weniger berücksichtigt werden, als es den Anschein hat. Hatte die Bevölkerung schon vorher irgendeine Möglichkeit sich da zu beteiligen, die Meinung zu äußern, außer untereinander?

HPW: Nein. Eigentlich nur durch diesen Aufstand der Interessengemeinschaft, und dann wenn das Fernsehen - wie heißt es? – Vor Ort kam, dass sie sich dann aufgeregt haben. Aber Mitspracherecht, immer erst sehr weit hinter, wenn alles schon gewesen ist, und auch wenn diese Veranstaltungen waren, wurde immer vom Nationalpark, also vom Förderverein oder von der Nationalparkverwaltung,

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ein Text rausgegeben: Es ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Und wenn man dann die Betroffenen gesprochen hat: Nein, es ist gar nicht passiert. Das ist ganz schlimm. Wobei: Wenn die Bevölkerung hört, die sind sich wieder alle einig, und: Hoch lebe die Natur! ...

Und die ist wirklich schön. Ich könnte heulen, wenn das so kommt, wie die das haben wollen, ist alles vorbei.

VM: Und die Bevölkerung. Also, die die nicht direkt betroffen sind, die nicht Fischer oder Angler oder Landwirte sind, wie stehen die zu der Natur? Wissen Sie das? Also zur Natur als Naturpark, als....

HPW: Ja, die... positiv. Aber die wissen eben nicht, was man wirklich hier vorhat. Zu dem würden sie nicht so stehen. Weil, wir sprechen ja nun viel mit Leuten. Und wenn man denen das nun erklärt, selbst die die von außerhalb kommen. Und man unterhält sich dann, und: Ach ist das schön, wir sind da gestern mit dem Fahrrad rein, und so. Naja, wir sind da´n bisschen gegen, was die da vorhaben. Und: Ach warum denn. Das ist doch eine schöne Landschaft, und das ist schön, und die Wege, und wenn da die Angler sind und die Fischer, und die Kühe stehen da und so... . Ja, sagen wir, das finden wir auch schön. Aber das soll alles nicht mehr sein. Und Ihr könnt nachher nur noch auf dem Weg hier oben lang und vielleicht noch auf den Aussichtsturm.

Das ist dann wirklich nur noch interessant für Fachleute, die wirklich auf dem Boden rumkriechen, oder mit Ferngläsern bestimmte Tierarten, die da zur Zeit noch alle da sind, und damit umgehen können. Aber der Leihe, der sich eigentlich nur mit normalem Auge was ansieht und sich an der Natur erfreut, der sieht dann wirklich nachher bloß noch Wasser und Bäume und... .

Das schlimme ist, dass man auch das mit dem Hochwasser so runterspielt. Früher zu DDR-Zeiten wurden die ganzen Gräben, die da drinnen sind, die sind nicht bloß einfach so, Klar, da sind von der alten Oder mal ein paar Arme übrig, aber jedes Jahr wurden da mal so ein paar Pflanzen rausgeschnitten und auch ausgebaggert, weil, die hatten nämlich von damals her, von aus Kaiserzeiten, wo die die Kulturlandschaft hier aufgebaut haben, war das gewollt. Wenn jetzt das Hochwasser kommt geht es in die kleinen Kanäle und wird das verteilt. Sowie die zuwachsen, oder verschlammen durch diese Überschwemmung, kommt das Wasser rein mit der gleichen Fülle des Wassers und donnert oben drüber und schlägt natürlich die Dämme kaputt.

Und wenn man... , jetzt mal vom Fischen her, wo die Angler ja auch mit zugehören, wenn man da bestimmte Gebiete... . Die sollten ja gar nicht zu Zone 1 Gewässern gemacht werden. Aber mittlerweile haben die das alles so hingebogen, dass das auch Zone 1 ist, wenn da nicht drin gefischt

wird, da gibt es dann das sogenannte Verbeißen der Fische. Dann sind zu viele Hechte drin, oder zu viele andere Fische, die nehmen sich gegenseitig die Nahrung weg und dann gibt es irgendwelche Krüppel, oder irgendwelche Krankheiten. Das muß alles... . Der Fischer hat das immer so ein bisschen reguliert. Weil durch diese Überschwemmung immer wieder ein neuer Fisch reinkommt. Wenn das nachher ständig drin ist, und es wird nicht reguliert, dass man Raubfische raus nimmt. Weil wir auch viel Wels haben und das ist ja wirklich ein Fisch der ein großer Laichfresser ist und Kleinfische und so weiter. Ich sehe da große Gefahren.

VM: Und in dieser Interessengemeinschaft, sind da nur Leute, die wirklich betroffen sind, oder alle?

HPW: Nein. Eigentlich alle. Das heißt im Endresultat sind sie auch betroffen, weil die ja, sagen wir mal Tourismus mit vertreten, aber auch die Gewerkschaften sind mit drin, die Industrie und Handelskammer...

VM: ...und der Laie, also der normale Bürger von Schwedt, der natürlich auch ein Interesse hat da spazieren zugehen?

HPW: Ja. Ja, alle drin.

VM: Weil ich das Gefühl habe, dass sich vor allem die engagieren, die wirklich ein konkretes Interesse haben und dass es eigentlich wenige in der Region gibt, die sich für den Naturschutz, oder die unter Schutz Stellung engagieren würden.

HPW: Ja. Das fehlt. Das fehlt aber nur deswegen, weil es über die Presse nicht rüber kommt. Die Leute denken wirklich der Verein zum Schutz des Unteren Odertals, will dass da die Angler drin bleiben und die Landwirtschaft und so weiter, und interessiert eigentlich nicht was mit Natur, und mit Vögeln und Fischen und so weiter ist. Und das ist ja nicht. Wir wollen ja wirklich das was da ist. Das wollen die Leute auch, sie wissen aber nicht, dass das umgestellt werden soll. Und das ist das Schlimme.

VM: Und meinen Sie, wenn das so weiter geht, wenn diese Entwicklung so wie es der Förderverein will... , dass sich das touristisch, wirtschaftlich auch positiv auswirken kann?

HPW: Ne. Eher negativ. Weil, welcher Tourist soll hier rein gehen, wenn er nicht....? Was soll der herkommen, wenn er bloß auf dem Damm lang laufen kann? ... Gut, über das Angeln kann man denken wie man will.

VM: Sie sind Angler?

HPW: Rein zufällig.(lacht)Rein zufällig bin ich Angler, aber ich hätte kein Problem damit, wenn ich an gewisse Gewässer nicht ran komme, vor allem weil ich so und so keine Zeit habe, aber wir gehen wo anders hin. Aber das fehlt einem schon, die

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gewisse Naturverbundenheit. Ich kann auch den ganzen Tag am Wasser sitzen, wenn nichts beißt. Das ist einfach – die Erholung ist da. Und das Schlimme ist ja, früher durfte man noch auf bestimmten Wegen mit Fahrzeug rein, bestimmte Strecken schafft man als Angler, und hat sein Geschirr, die schafft man gar nicht mit Fahrrad. Das muß auch nicht unbedingt sein. Aber es gibt auch Leute, die wirklich nicht mehr Fahrrad fahren können. Und ich kenne so drei, vier Fälle wo die Leute daran zugrunde gegangen sind und ins Gras gebissen haben. Die einfach nicht mehr mit Fahrzeug reinfahren durften, mit Fahrrad nicht konnten, sind dadurch von ihrem Hobby weg und von den Leuten mit denen sie zusammen waren, vorher waren sie in Vereinen ....

VM: Sehen Sie da ein touristisches Potential? Also, wenn jetzt die Entwicklung in der Richtung laufen würde, dass da Touristen reinkommen, dass es nicht diese Totalreservatsausweisung gibt?

HPW: Ja. Ja, dann besteht... . Es wird nicht der Boom sein, den man den Leuten verspricht, aber, die Landschaft ist einfach so schön. Man kann so viele Leute hierher locken und... . Es wird nie so eine Massenbewegung sein, weil außer dem Nationalpark hier eigentlich nichts los ist. Deswegen ist es ja auch gefährlich, wenn dieses auch noch verloren geht, kann man die Region hier vergessen. Da sehe ich schon ein großes Potential.

VM: Und wenn die Infrastruktur in der Region weiter entwickelt würde, also für den Touristen, wenn es nicht nur das Schwimmbad in Schwedt geben würde, sondern auch noch weitere Sachen.

HPW: Muß auch sein. Nur reine Natur, das zieht doch..., das sind meistens bloß Fachleute. Aber alles angucken und auch andere Sachen noch mitnehmen, da sehe ich schon eine Chance. Aber nicht so wie geplant. Da ist Ebbe. Weil, was sollen die Leute hier? Und wenn von der Auslastung der Pensionen geredet wird, da rechnet man bewußt die mit, die nur hier wohnen, weil sie im PCK in irgendwelchen Anlagen arbeiten. Das ist echt so. Und die, die sich wissenschaftlich mit den Tieren befassen, jetzt nicht auftragsmäßig oder so, aber die die mal über´s Wochenende kommen, oder die bloß am Tag kommen, das sind alles welche, die Bringen sich ihr Frühstück mit und gucken sich das an was sie wollen und ziehen wieder los. Wenn, dann nehmen sie höchstens noch ein Alster oder eine Brause, und das ist dann auch schon alles. Und davon können die nicht leben. Ja, aber wenn man das attraktiv macht, dass man wirklich die Natur noch so erleben kann, wie das hier ist, ich meine das sind ja jetzt schon Einschränkungen. Das macht ja schon, dass so wenige kommen. aber wenn das attraktiv ist, dann sagt man, mensch das ist ´ne feine Sache, da fahren wir mal ein Wochenende hin, oder eine Woche Urlaub machen. Weil es ist wirklich viel zu sehen.

VM: Was könnte man hier noch machen. Was ist in den letzen zehn Jahren infrastrukturell gemacht worden, also Einrichtungen, Schwimmbäder,... und was könnte man hier noch machen? Denn der Nationalpark soll ja auch zur generellen Entwicklung der Region beitragen. Was ist hier schon geschehen?

HPW: Das was Sie jetzt aufgezählt haben. Mehr ist eigentlich nicht geschehen.

VM: Also jetzt nicht was den Nationalpark betrifft.

HPW: Nein, ich meine das auch schon so. Ein Schwimmbad und so weiter. Es ist schwer hier was her zu kriegen. Ich meine, noch so einen Belustigungspark, oder so, aber da will hier keiner herkommen, weil einfach zu wenig Leute hier wohnen, weil sich das nicht rechnet. Also, außer Nationalpark könnte ich jetzt auf einen Schlag nicht sagen, was man hier noch schönes her holen könnte. Da müssen sich Leute Gedanken machen, die irgend was schönes anzubieten haben.

AS: Gibt es Einrichtungen, die der örtlichen Bevölkerung fehlen? Infrastruktur, oder dergleichen?

VM: Jugendclubs, Theater, oder ...

HPW: Ja, das ist eigentlich alles da. Wird auch genutzt. Und Jugendclubs und so weiter, die kosten einen Haufen Geld, aber nicht um zu sagen, das ist es nicht wert. Aber, die Jugend schreit immer nach mehr Clubs und Discos, und attraktiver, aber die Clubs werden teilweise zerkloppt. Und wenn eine neue Disko aufmacht, es ist eigentlich eine größere da, ...weil hier die Bevölkerung, das sind alles keine Urbewohner von hier, die sind damals durch das PCK aus der ganzen DDR, von überall hergeholt worden und das sind alles so Eigenbrötler. Da ist nicht so der ganze Zusammenhalt da. Und wenn hier irgendwo eine Gaststätte, oder eine Disco neu aufmacht, dann geht das zwei, drei Wochen und dann kann derjenige eigentlich schon den Pleitegeier aufs Dach setzen. Weil das Interesse ist hier weg. Da ist nichts mehr.

VM: Und Sie denken, dass der Zusammenhalt in der Bevölkerung deshalb nicht da ist, weil die Leute von überall herkamen und hier nicht verwurzelt sind, also, außer den Landwirten?

HPW: Hm.

VM: Und was könnte man dafür tun?

HPW: (Schmunzeln)

VM: Weil, ich meine das ist jetzt so. Damit müssen Sie leben.

HPW: Die müssen so freundlich werden wie ich. (Gelächter) Das hat ja auch viel mit der hohen Arbeitslosigkeit zu tun. Die haben kein Geld. Disco kostet Geld, oder sonst wo man hingehen will. Theater ist für die, die kein Geld haben schon runter

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gesetzt worden, aber da kann das Theater auch nicht mehr Leben und die Stadt hat auch kein Geld. Das Land gibt keins. Das ist eine Kette ohne Ende.

AS: Fließt hier genug Geld in die Region?

HPW: Zu wenig sage ich mal. Obwohl Schwedt selbst, als Stadt, sehr viel abgeschöpft hat. Die waren immer sehr schnell mit der Beantragung. Man konnte dadurch schon sehr viel machen. Zur Zeit ist es zu wenig, aber in ganz Brandenburg. Das ist einfach die falsche Politik. Man setzt da Geld an der verkehrten Stelle an. Klar ist es schön, wenn jemand ABM macht, aber wenn man Leute kennt, die ABM machen, und man weiß, wie das dann gemacht wird... . Da werden Aufträge vergeben um ein Haus abzureißen. Eine Firma muß so viele Zertifikate bringen, sonst kriegt sie den Auftrag gar nicht. Und urplötzlich können ABM-Truppen auf einmal Häuser abreißen, können die Entsorgung machen, können dies und das. Müssen aber, da die Förderung ja ein Jahr ist, müssen sie ein Jahr durchziehen. Da dürfen sie den Stein an einem Tag nicht mehr nehmen, den dürfen sie erst am nächsten Tag anfassen. Das ist mit allen ABM Sachen so, auch, wenn die irgendwo Häuser streichen, oder so. Da darf keiner zu schnell sein, weil: die Zeit muß ausgeschöpft werden und das Geld. Das kostet im Endeffekt mehr, als wenn man es einer Firma gegeben hätte, aber es kommt eben aus einem Topf, wo noch Geld ist. Und das ist eben in Brandenburg und vielleicht auch noch in anderen Ländern in dem Bereich was alles für Soziales ausgegeben wird. Das Geld was erstmal erwirtschaftet werden muß, was die Firmen bringen sollen, die man damit kaputt macht, mit dieser ABM Sache.

VM: Also wie Sie das schildern ähnelt das eher einem Vierjahresplan, in dem alles in vier Jahren gemacht werden muß. Ob es jetzt rentabel ist, effektiv ist oder nicht.

HPW: So ungefähr. Man muß ja immer noch vorsichtig sein mit dem Wissen was man hat, (lacht verhalten) weil man recht schnell rauskriegen würde welche Firmen dadurch Schwierigkeiten gekriegt haben und es ist ja einfach solche Firmen nachher nicht mehr zu beteiligen, an Ausschreibungen und so weiter.

VM: Gibt es einzelne Personen in der Region, die die Macher sind? Also die das so in der Hand haben?

HPW: Nein, das möchte ich eigentlich nicht sagen.

VM: Also nicht die Nationalparkgeschichte, das ist mir langsam klar. Aber sonst, gibt es noch so Persönlichkeiten, sei es Politiker..., die wirklich großen Einfluß hier haben?

HPW: Glaube ich nicht.

VM: Bürgermeister...

HPW: Bürgermeister, na gut...

VM: Hat der was zu sagen?

HPW: Ich schätze mal, seine Frauen haben mehr zu sagen. Die unter ihm sind. Wirtschaftsdezernentin, Frau Rückert (?) mit der ich aber recht gut klar komme und Frau Dokter ....(...?), die hat Repräsentation (?).

Er verspricht auch schnell mal den Leuten was. Und das ist eigentlich auch die Geschichte mit dem Nationalpark. Er weiß ja auch was so hinter der ... läuft, und das was sie vorhaben nicht gut ist für die Stadt. Aber wenn er dann irgendwo eine Rede hält und es paßt ihm in den Kram, dann lobt er den auch hoch, ohne irgendwelche Hintersätze zu machen: Aber wenn es dann so wäre, dass es bleibt wie es ist..., oder so. Das macht er dann nicht. Er nutzt dann schon für die Stadt den Namen des Nationalparks aus. Und dann wird er natürlich bei vielen Leuten auch unglaubwürdig. Was will er denn eigentlich?

VM: Also in diesem Sinne: Er ist zu weich?

HPW: Ja. ... Na vielleicht noch mal kurz zum Nationalpark. Ich hatte ja dann über die FDP auch Politiker her geholt. Den Kächele und so weiter. Und dann waren wir auch bei der Nationalparkverwaltung gewesen und da war dann auch der Doktor Vogel. Mit mir konnte er wahrscheinlich nichts anfangen, sonst hätte er wahrscheinlich nicht so erzählt. Da hat er auch so ein paar Sachen durchschauen lassen, die sie vorhaben und deswegen weiß ich, dass es so ist. dass sie das alles vorhaben. Und da kam von einem sehr gebildeten Mann der Satz, er wurde gefragt: Was ist denn nun mit dem Wachtelkönig? Ich habe gehört der braucht ja nun nicht dieses Wasser. Und dann haben die gesagt: Naja, wenn das dann mit der Überflutung ist, dann ziehen die Trockenwiesen bei Kumerow. Also ich habe noch nie gesehen, dass man denen irgendwie eine Reisekarte geben kann und die ziehen dann dahin.

VM: Und Sie als Verein haben deinen Einfluß auf die Presse, um da Öffentlichkeitsarbeit zu machen?

HPW: Nein, also wenn, dann kommen wir ganz selten rein und dann aber auch total zerstückelt, so dass das, was wir eigentlich sagen wollen nicht rüberkommt. Wir überlegen schon, ob wir Flugblätter rausbringen und so, aber das ist auch wieder eine Frage des Geldes.

VM: Und hätte die Bevölkerung die Energie, die Lust sich da irgendwie zu engagieren?

HPW: Na, ich glaube, ich weiß es jetzt gar nicht, ich glaube wir haben jetzt vierzehntausend Unterschriften gegen diesen Pflege- und Entwicklungsplan, um irgendwann das Nationalparkgesetz zu novellieren. Also es ist schon was da. Aber das Schlimme ist, man kann die Politiker nur moralisch umstimmen. Rechtlich hat man keine Chance mehr, weil diese Sache mit dem

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Förderverein, diese Privatisierung,.... Die haben die besten Anwälte eingestellt. Das hat keinen Sinn. Die machen eher was kaputt, ehe wir da irgendwo Recht kriegen. Wir können höchstens Abwarten, dass dann in bestimmten Sachen, wenn das dann passiert ist, irgendwas kommt. Das nützt uns ja auch nicht, wenn wir dann klagen. Sie wissen ja wie das ist mit dem Klagen. Dann machen die eine Gegenklage, dann zieht sich das eher noch hin,.... alles vorbei.

VM: Und wie konnte das so kommen mit dem Förderverein, dass er sich in so eine Position gekommen ist...?

HPW: Ganz einfach: ....

VM: Die rechten Leute zur rechten Zeit?

HPW: Nein, das ist richtig, ich sag mal, mafiamäßig wie der aufgebaut wurde. Der Antrag. Da war der Vössing damals noch Nationalparkchef. Da hat der den Antrag gestellt für diese Sache. Dann war er im Ministerium drin, hat diesen Antrag befürwortet. Und saß dann auch auf dem Stuhl, in dem Ministerium, das das Geld gegeben hat. Also er hat sich alles selber gemacht. Das ist das Schlimme.

Und, das ganze Ding hat schon mit einer Lüge angefangen. Diese Gegend wurde..., dem Bund und gegenüber Europa hat man das als Lüge verkauft. Man hat gesagt..., also... eine bestimmte Würdigkeit... muß diese Sache haben .... Muß sehr naturbehalten sein...., darf vom Menschen kaum bewirtschaftet sein und so weiter. Und das stand also in diesem Schreiben, wo die Beantragung war: dass die Landwirtschaft so gut wie raus sei, Fischerei kaum noch und, na eben alles so´ne Sachen. Und ich weiß dieses Schreiben, wo der Töpfer das auch so stark..., wo Töpfer damals noch der Minister war für Umwelt. Selbst der schreibt in diesem Schreiben: Er kann sich nicht vorstellen, dass diese Gegend für einen Nationalpark... , würdig ist ein Nationalpark zu werden. Weil eben viel zu viel Kultur und eben... Umgestaltung da drin ist.

Und trotzdem wurde das in Hamburg durchgeboxt. Das lag an der Landesregierung, weil die total Grün durchwachsen ist. Die erste Wahlperiode, da waren ja die Grünen mit drin, und da hatte man das Umweltministerium total mit diesen Super-Grünen, die heute noch drin sitzen. Und die eigentlich noch oben hoch diese Macht haben. Und dann eben durch Plazek, dadurch, dass der auch so stark dafür gestanden hat.

AS: Kurze Nachfrage. Kann man das Parteipolitisch zuordnen? Kann man sagen, dass die Grünen tatsächlich hinter dem Nationalpark stehen, und zwar nach wie vor?

VM: Und aus ideologischem Interesse: Natur ist gut, oder steht da noch was anderes...?

HPW: Also für... Ich möchte sagen, die grünen

selber die werden eines Tages genauso enttäuscht sein, wie die normale Bevölkerung. Weil der, der wirklich für die Natur ist, auch der Meinung ist, dass dieses was da ist zu erhalten sein soll. Die wissen nicht, dass das ganz anders kommen wird. Und eigentlich ist das wirklich nur dieser Privatverein – durch diesen Vössing. Ich weiß nicht, das.. da ist einfach die Macht da. Die wollen einfach ihre eigene Spielwiese, und mal sehen, was dann daraus wird. Weil, selbst die Sachen, die die in ihrem Plan drin haben, in dem PEP, der Nationalpark gar nicht mit einverstanden ist. Aber..

VM: Und sie wollen ihre Spielwiese – für was? Also ich meine, viele im Verein von Vössing sind Berliner. Was wollen die damit? Wenn sie da selber nicht rein gehen können, was...?

HPW: Ne! Die alle zu Vössing gehören, oder sag ich mal, zu diesen Grünen – das soll kein Schimpfwort sein – aber, die wirklich davon träumen das alles umzugestalten, die kommen ja auch immer rein. Wenn der Nationalpark die rein läßt, oder der Förderverein die rein läßt – ihnen gehört das ja. Die können sagen, wer rein kommt und wer nicht rein kommt. Und das ist ja auch mit der Jagd und so weiter. Die wollen ja die Jagd selber betreiben nachher, weil es muß ja eine gewisse....

Ende der ersten Seite des Bandes

HPW: .... wenn der Nationalpark und der Förderverein sich nicht so beißen. Ich glaube schon dass der Nationalpark und der Chef, der Burin, obwohl der für mich ein wirklich sehr extrem Grüner ist, aber wenn die beiden schon nicht miteinander können, dann muß irgendwas faul sein, denn es gibt’s nicht, einer, der sehr stark für Natur ist, und der andere ist noch stärker für Natur. Irgendwo ist ein Punkt wo man nicht drüber springen kann. Und wenn die sich beide beißen, dann ist das ein Interessenkonflikt für mich und daran sehe ich dass der eigentlich was ganz was anderes vor hat.

VM: Noch was: Sie sagten vorher, bezogen auf Töpfer, dass dieser Park, diese Gegend nicht würdig wäre ein Nationalpark zu sein. Es ist die Frage, ob es würdig ist, oder ob es geeignet ist.

HPW: Na gut, würdig oder geeignet, welches Wort nehme ich denn nun. Also es gibt ja ein Gesetz, was Nationalpark werden kann. Und da steht eben drin: nach Möglichkeit total Naturbelassen, darf eben keine Kulturlandschaft sein, und so weiter. Das trifft eben nicht zu. Weil auch das Flutungssystem, das wir haben, mit Wasser rein lassen und Wasser rauspumpen und so weiter, das dürfte alles nicht sein. Deswegen konnte er sich das in dem Schreiben nicht vorstellen , dass die EU das anerkennt als

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Nationalpark. Aber das wurde eben alles so schön verpackt, dass es eben doch gegangen ist.

AS: Wie schätzen Sie das ein, ist es möglich jetzt noch Dinge in Ihrem Sinn wieder umzudrehen? Also, die Nationalparkentwicklung entweder zu modifizieren oder tatsächlich den Schutzstatus wieder zu ändern?

HPW: Das ist möglich. Aber nur, wenn die Landesregierung mitspielt. Und die spielt eben nicht mit. Bloß das Schlimme war ja auch der Wirtschaftsminister, er hätte so viel Macht, obwohl er aus der Region kommt, er wohnt rein zufällig sogar bei mir im Reihenhaus mit drin. Er hätte die Macht gehabt. Er war vorher mit im Förderverein, ist dann jetzt wo die Ministersache anstand schnell ausgetreten, hatte dann auch gesagt, also der Förderverein muß weg, und mittlerweile ist alles wieder... Er ist auch derjenige, der am Parlament vorbei, diesen Entscheid die Fördermittel zu stoppen, einfach wieder ausgezahlt, und...

VM: Also es ist ein Netzwerk von wenigen Personen, die das im Gang hält?

HPW: Ja...Ja. Ja.

AS: Und es wäre auch wünschenswert, den Schutzstatus wieder zu ändern?

HPW: Wir haben nichts dagegen, wenn das Nationalpark heißt, aber das was die vorhaben, das darf einfach nicht sein. Aber, ich meine, das ist ja auch wieder eine gesetzliche Sache. Wenn ein Nationalpark, oder sogar mit dieser hohen Anerkennung, wenn das wirklich sein soll und kommen soll, dann muß man dieses einfach einhalten. Und dann kann man nichts machen. Aber wenn es bloß darum geht, dass das Nationalpark heißt, und dass es geschützt werden soll, so wie es jetzt ist, oder hier und dort, wo kein Mensch was von hat, aber die Tiere, dass man da wirklich keinen ran läßt, ist das alles okay. Und das würde dann auch funktionieren. Aber es ist rechtlich nicht möglich. Es ist nur moralisch möglich, oder wenn die Geldgeber was machen. Die Geldgeber ist das Land und der Bund. Und da das aber im Land und im Bund die Sachen sind, sage ich mal, die sehr Grün sind, werden die nicht gegen ihre eigenen Leute klagen. Und damit haben wir keine Chance.

AS: Wenn Sie jetzt selbst die Zukunft gestalten könnten für die Region in den nächsten zwei Jahren, und hätten sämtliche hoheitlichen Mittel an der Hand, was wäre Ihnen wichtig?

HPW: Na gut, den Nationalpark erstmal so, dass das wirklich so ist, dass die Leute noch rein dürfen, dass das so erhalten bleibt, wie es ist. Ich würde dann die Infrastruktur etwas schneller vorantreiben. Das hängt aber auch vom Geld ab und von denen, die das zu entscheiden haben, weil ich eben auch weiß, dadurch, dass ich eben auch der Wirtschaft sehr nahe stehe und versucht habe in den ersten

Jahren sehr viele Firmen her zu holen für die Stadt, dass man mir dann einfach gesagt hat, weil da schon immer das Theater war: Ja, ne, warum sollen wir da hin kommen. Unsere Lkws brauchen so und so lange ehe die hier her kommen und wenn dieser hohe Schutzstatus hier ist, dann.. bleibt ja nicht..., Polder...., das Randgebiet muß ja auch etwas weicher werden und so weiter und...., ne, den Ärger wollen wir uns nicht aufhalsen.

VM: Sie Sprachen von Schutzgebiet, vom Randgebiet. Vorher, die Sache mit dem Übergang. Wie wollen die das da machen? Eine Schutzzone 1 zu schaffen und in der Mitte ist der Grenzübergang?

HPW: Ja das wird eine Brücke.

VM: Also auf der Brücke dürfen die Autos rüber?

HPW: Da dürfen die rüber, und unten das Gebiet...., weil dieser Korridor ist ja viel weiter, der ist ja nicht bloß wie die Brücke. Ich weiß gar nicht wie viele Quadratmeter. Hatten Sie schon mit dem Herrn Manthey zu tun?

VM: Ja.

HPW: Der hat da so die Zahlen. Ich mach das immer so mehr emotional. Weil ich sage, die Zahlen, die sind sowieso hinterher vergessen.

VM: Ja. ... Ich glaube unsere Fragen haben wir so weit beantwortet. Vielen Dank.

HPW: Bitte, bitte.

VM: Und, wenn Sie möchten und interessiert sind können wir auch eine Kurzfassung der Ergebnisse zugeschickt bekommen. Ich habe Ihre Visitenkarte von Ihrer Sekretärin bekommen.

HPW: Das würde mich schon mal interessieren.

VM: Wir hatten schon mal, voriges Jahr, im Turmhotel, da waren auch Studenten da, da ging es auch so für und wider den Nationalpark. Die waren auch schon sehr erstaunt drüber, wie das eigentlich abgelaufen ist, wie man dazu gekommen ist und was man vor hat und so weiter. Aber... (...?).... Die haben einfach so viel Macht. Wenn man sieht, wir machen doch öfter Versammlungen und so weiter, denen stehen die Tränen in den Augen wenn sie erzählen, dass das alles weg soll. Und dann sitzen sie da und grienen, grienen sich richtig eins. Weil sie sagen: Das Haben wir doch schon alles in der Tasche, was wollt ihr denn. Das schmerzt!

AS: Ganz kurz noch mal. Der Konflikt in der Öffentlichkeit geht ja immer hoch und runter. Also, war das jetzt einmal mit dem Elchpapier ganz laut und ansonsten unterschwellig, oder wird das immer wieder akut?

HPW: Immer wieder, weil man sagt, man bearbeitet, oder überarbeitet den, aber alles das was damals schlecht war, taucht immer wieder auf, wird nicht raus genommen.

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VM: Und auch vom Engagement der Bevölkerung gibt es hohe Phasen und niedrige? ... Gibt es die Leute , die sich dafür engagieren, die sich eigentlich konstant dafür einsetzen?

HPW: Ja, ja. Und dann wird eigentlich die Wut immer größer, aber auch die Verzweiflung, weil man merkt, man hat recht, man hat keine Chance. Und moralisch will der Minister nicht. Der ist der einzige, der könnte, oder vielleicht auch noch der Ministerpräsident, aber.... Es ist, die sind zu weit weg vom Schuß, im großen und ganzen... Aber wir wissen, dadurch, dass wir auch Kontakte haben zum Spreewald und so weiter, dass die genau die gleichen Schwierigkeiten haben. Wir haben sie gleich gewarnt, dass das mit dem Privatbesitzkauf der Knackpunkt ist. Sonst haben sie keine Chance. Das ist überall das gleiche Strickmuster.

Die haben ja jetzt vor kurzem vom Kuratorium so ein paar Leute eingeladen, sind da so den Nationalpark abgereist (?) und wenn man da..., wenn man sieht... . Wir hatten ja auch von dem Bereich Forstwirtschaft jemanden mitgeschickt. Und wenn man da, wenn man sieht, wie das nachher in der Presse rüberkommt, was man da für Erkenntnisse rausgezogen hat,... Der Wohltat von Garz und auch der Nationalpark: Ja, jetzt haben wir gemerkt, wir haben da keine Fehler gemacht, es ist überall auch genau so gelaufen und alles schön. Die kommen da mit ihren Leuten klar. Und wir können das gar nicht verstehen, warum sich die Leute hier so aufregen, und so weiter.

In Wirklichkeit ist es ganz anders. Wir kennen ja die Betroffenen alle von da unten, wir haben genau die gleichen Schwierigkeiten gehabt. Diese Bereisungen, und dann sind die auch noch zu den Leuten vom Nationalpark direkt hingegangen. Ist klar, dass die alle: Bei uns ist Friede, Freude, Eierkuchen.

AS: Das heißt, Sie kennen die Warte eines anderen Naturparks. Die Schorfheide ist Biosphärenreservat?

HPW: Die ist Biosphärenreservat. Das hätten wir uns hier auch vorstellen können, weil das auch vom Gesetz her das ist, was es hätte sein können. Man wollte an das Geld ran kommen. An diese hohe Förderung, weil man dann wirklich mit dem Geld spielen kann. Das ist ja noch nicht alles, dass die das Fluten wollen. Die machen ja Sachen wo wir dann auch wahrscheinlich klagen werden, weil das kann einfach nicht angehen. Weil wenn man etwas zum Schutzstatus macht, dann ist der Schutz da. Man kann noch entwickeln, aber man kann nicht umbauen. Die haben ja vor den alten Oder-Arm in der Polder wieder auszuheben. Und wollen den Deich an einer gewissen Stelle schlitzen und an dann anderen Stellen so irgendwelche Rohre einbauen, so dass eben ständig das Wasser drin steht. Deswegen verstehe ich nicht – da müßte die Bevölkerung doch merken – wie soll ich da noch

ran kommen, wenn ständig Wasser drin steht? Aber da machen sich die doch gar keine Gedanken. Das ist das Schlimme. Und selbst dieses Deichschlitzen, Teile. Wenn die Überschwemmung kommt, kommt es ja mit aller Macht. Wenn die da einen dreissig Meter Schlitz machen, nach der Flutung ist der dreihundert und mehr. Das reißt alles weg. Also müßte man da wieder Betonbauten rein machen und so und das beißt sich mit dem Schutzstatus. Geschützt werden soll doch das was da ist. Man kann bestimmt auch weiche... , wo man das auch wieder hin kriegt, vielleicht auch ein paar Pflanzen und so weiter ansiedelt. Aber das ist ein totaler Umbau. Das ist ja ein Schaffen von irgendwas und das beißt sich.

VM: Ja es ist auch problematisch, wenn man überlegt, ob die Wiederherstellung eines ursprünglichen – was war das hier ursprünglich - , also das was hier schön ist, ist vielleicht die Kulturlandschaft.

HPW: Ja, ja genau. Man sagt ja auch, man weiß nicht was es wird. Also die wollen es erstmal probieren. Und dieser internationale Status, dass das nachher so gekommen ist, das ist doch alles nur aus der Not geboren. Man hatte sich eigentlich damals gedacht, in Polen ist sowieso alles Urzeit da noch. Das machen wir zum Totalreservat und hier machen wir die Zone Zwei draus. Und dann hieß es, da gibt es die Regelung: Jedes Land muß seine eigenen Prozente bringen. Damit war das weg. Und dadurch reicht das Gebiet einfach gar nicht mehr aus und da macht man teilweise, nimmt man Bereiche rein, ich sag mal kranke oder tote Wälder, und ich sage mal so überspitzt, die würden sogar Mülldeponien mit reinnehmen um auf die Quadratmeter zu kommen, um eben diese Fördergelder weiter zu kriegen. Und man macht jetzt eigentlich was auch für den Bereich ist, dass man den Leuten Angst macht und sagt: Wenn wir das nicht hinkriegen bis 2010, dass das hier ein Nationalpark wird, dann müßt ihr die Millionen wieder zurückzahlen. So richtig Erpressung.

AS: Wer müßte die Fördergelder zurückzahlen?

HPW: Das Land müßte die an den Bund zurückzahlen, und an die Europäische Union. Das was die ausgegeben haben, weil der Schutzstatus, der die versprochen haben dann nicht da ist.

AS: Da geht es ja um viele Millionen. Wieviel davon ist schon ausgegeben?

HPW: Eieiei. Jetzt geht es wieder um Zahlen. Ich weiß nur, dass es insgesamt an die sechzig Millionen waren, aber wieviel schon verbraten wurde, das weiß der Herr Manthey.

VM: Dieses Geld, die Fördermittel, das wird alles in den Nationalpark rein geleitet, oder?

HPW: Nö. Da kaufen die Land mit und ich nehme an die machen auch noch andere Sachen damit.

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Weil, ich meine da haben jetzt Sie keine Presse bei. Aber zum Beispiel, dass die Presse so pro ist, der hauptsächlich immer für den Nationalpark schreibt, war am Anfang auch anderer Meinung, aber er hat komischerweise hier in Criewen so ein, aus dem historischen Gebäude beim Schloß, hat er auf einmal ein Grundstück gekriegt, ´n Garten und so. Auf einmal ist er Feuer und Flamme für den Nationalpark.

VM: Da geht dieses Geld auch hin?

HPW: Und ich weiß auch, dass die Wirtschaft, wenn die von Anfang an mit uns gegen diesen Quatsch gekämpft hätte, hätte es ja auch geklappt. Aber die haben auch Angst gehabt, die kriegen zu hohe Auflagen, und deswegen, wir stellen uns mit dem Förderverein gut, gehen mit ins Kuratorium mit rein, gehen da mit rein, geben Spenden und so weiter. Die sind mittlerweile auch so falsch, weil sie so überfahren wurden. Die haben zwar, sind zwar überall drin, haben überall zugestimmt, aber werden jetzt von denen bekriegt. Ja aber wie kommen wir da nun wieder raus, nachträglich? Der Gerlach ist ganz schön stinkig, der ist der Chef vom PCK, hat aber auch nicht den Mut die Wahrheit zu sagen. Der Haindl, dem hat man versprochen , dass er in dem Bereich wo seine Maschinen sind, auch für seine Mitarbeiter auch ein bestimmtes Gebiet kriegt, wo er eine Eigenheimsiedlung bauen kann, wo er dann nachher Geld und Wort und in dem Verein drin war, haben sie gesagt, ist nichts geworden. Jetzt ist er natürlich stinkig wie sonst was. Wir waren damals auch mit Presse und so bei ihm gewesen, auch damals mit ... (...?) gewesen und dann sprachen die da noch so drüber. Und nachdem ich die auch noch ganz gut kannte, hat er dann auch gesagt wie gut er das findet. Und dann sage ich: Aber!, und so!, und dann macht er dann so zu mir: puch (lautmalerisch eine Pistole abgefeuert). Also, so: Schön ruhig sein! Aus Witz aber, er hat mich nicht erpreßt, aber er wußte genau worum es geht. dass die nur eben da zugestimmt haben, weil vorher man gesagt hat. Seid mal dafür, dann kriegt ihr das und das, aber... Aber Gott sei Dank, wurden die auch hinterher angeschmiert. Das freut mich ein bisschen. Das nutzt ja nun alles nichts, das Gesetz ist da. Damit ist mal der erste Schritt gemacht und die Macht durch diese Privatisierung geht – ja – an den Gesetzen vorbei. Wenn sie selbst mehr Macht haben als das Land, haut das nicht hin. Da kann der Minister auch, der kann das zehnmal sagen, er ist nicht mehr da drin, er ändert ja sein Gedankengut nicht von heute auf morgen. Das hat man ja gesehen. Erst sagt er der Förderverein muß weg, jetzt kann er auf einmal nicht mehr ohne den Leben. Sind schon schlimme Sachen die hier passieren.

AS: Was heißt das? Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist das Land finanziell davon abhängig, dass die Sachen hier zu Ende laufen.

HPW: Ja. Die Fördergelder sind nur dafür da, wenn

es so kommt, wie es im Nationalparkgesetz steht. Dieses was der Förderverein will ist ja noch weit darüber hinaus, aber der PEP hätte vor dem Nationalparkgesetz kommen müssen. Deshalb ist die große Gefahr, wenn die jetzt im nachhinein schärfer machen, können die ihn einfach nachher einarbeiten. Und damit gilt das was da drin steht. Und das ist das womit sie die Menschen hier alle betrogen haben. Wir haben damals schon gewußt was sie wollten, weil wir diese ersten Entwicklungspläne und so weiter schon kannten. Aber hätte man sie vor dem Gesetz, so wie es sein sollte, der Bevölkerung mitgeteilt, hätte keiner für diesen Nationalpark gestimmt. Das ist der ganze Schmutz der hier so gelaufen ist.

AS: Und der Entwicklungsplan, der ja jetzt zum zweiten Mal neu aufgelegt wurde..?

HPW: Ja der soll überarbeitet werden, dann soll das aus den Arbeitsgruppen eingearbeitet werden, aber der Förderverein hat schon gesagt: Macht ihr mal ruhig, wir ändern sowieso nichts.

AS: Muß das nachher noch mal abgestimmt werden?

HPW: Leider Gottes ist es glaube ich so, dass nur die, die es eigentlich nicht wollen die Macht haben. Nichtmal das Kuratorium, oder so. Nur die vier, fünf, sechs Leute, die wirklich das wollen, was wir nicht wollen, auch das Sagen haben zum Schluß.

AS: Also, das heißt, das ist personell wirklich mit doppeltem Boden abgesichert. Und auch von den Plänen...

HPW: Ja, total.

VM: Und wenn das alles durch geht, welche Chancen haben Sie noch?

HPW: Eigentlich nur, was man sich einzeln rausspicken kann. Weil selbst, wenn.. Wir können ja jetzt sagen, so wie die zu den Fördermitteln gekommen sind, ist das eigentlich verbrecherisch. Aber wir können ja nicht klagen. Man kann,... Wenn ich einen sehe, der bei rot über die Ampel geht. Den kann ich nicht anzeigen. Das geht nicht. Das kann nur derjenige, der wirklich dafür verantwortlich ist, der kann den Leuten was an den Haken. Und wenn Land und Bund gegen die nichts wollen, haben die Narrenfreiheit.

Ändern könnte nur noch das Land was, da wird den Leuten aber Angst gemacht, dass das Geld zurück gezahlt werden muß. Obwohl ich das auch wieder ein bisschen anders sehe, weil das Geld wurde ja überwiegend nicht für Mist ausgegeben, sondern man hat ja da drin was geschaffen. Aber das weiß ich nicht genau, weil, mit den Gesetzen ist das ja auch immer so gummimäßig. Man weiß ja nicht wie das ausgelegt wird, ob das wirklich dann zurückgezahlt werden muß, oder nicht.

VM: Letzte Frage. Also wenn das geschaffen wird

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Interview Hans Peter Wilde, Versicherungsmakler, vom 29. Juni 2000 in Criewen, ca. 45 Min.

und die Region hat dieses Etikett von Nationalpark oder Internationalpark, wenn die Polen jemals da ihre eigenen Totalreservate ausweisen, was bringt das ? Bringt das wirklich was, außer, dass viel Geld eingesetzt wurde, dass Landflächen getauscht worden sind? Bringt das für die Region was? Bringt das für die wirtschaftliche Entwicklung was, dieses Etikett?

HPW: Das Etikett schon, aber nicht, was dahinter steht. Weil das ist ja schon ein Name. Man hat auch immer hier als Beispiel den Bayerischen Wald genommen. Aber der Tourismus im Bayerischen Wald, der ist nicht da, wo die ihre Totalreservate haben. Das sind Strecken da kommt gar kein Mensch hin. Die machen das mit ihrem Wildgehege und so weiter. Na, das ist das was die Leute sehen wollen. Was sie jetzt hier sehen, wenn die Kühe drin sind, wenn die Störche da sind, wenn die Fischer da was rausholen, wenn die Angler da sitzen und sie selber die Tiere auch sehen können, weil sie eben durch den Nationalpark gehen. Das ist das was anzieht. Wenn das nachher geregelt ist und man kommt nicht mehr rein, schon gar nicht, wenn das mit dem Wasser ist, damit ist sowieso alles gestorben. Also wenn der Punkt nicht raus kommt, ist sowieso alles erledigt. Dann braucht man sich über gar nichts mehr zu unterhalten. Und das ist eben das mit dem Bayerischen Wald. Die Attraktion ist nicht die eigentliche Natur. Es ist schön, dass das geschützt wird, aber auch mit dem Wald... Mittlerweile fangen die ja schon damit an, dass das gar nicht so schlecht war, dass die Borkenkäfer da alles kaputt gemacht haben. Da kommen jetzt wieder andere kleine Pflänzchen.

(Gelächter und Ende des Interviews.)

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

8. Interview Ursula Birlem, SPD-Stadtverordnete, vom 30.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min.

Interviewerin: Anja SchatzStand: 23.11.2000Band Nr.: 60

Transkriptionszeichen:UB: Ursula BirlemAS: Anja Schatz(..?) fehlendes Wort, nicht verstanden(...?) fehlende Wörter, nicht verstanden... Unterbrechung des Gesprächsflusses[ ] Anmerkungen in eckigen Klammern

Transkriptionsbeginn:

AS: Ich würde vorschlagen, wir machen da weiter wo wir aufgehört haben. Sie haben gerade erzählt, wo Sie herkommen

UB: Ja, ich komme eigentlich aus Neu-Turnow. Da sind auch (...) Familie. Drei Kilometer von (..) entfernt. Es ist eine Endmoränenlandschaft genau, eigentlich so wie hier, ähnlich. Eben von der Natur aus, direkt wo ich gewohnt habe, ist hier schöner mitten in der Natur. praktisch

AS: Wie sind sie nach Schwedt gekommen?

UB: (...?) Durch die Lehre bin ich dann nach Schwedt gekommen. Ich bin nach Schwedt gekommen 1963, habe hier Papiermache gelernt. Naja, habe meinen Mann kennen gelernt, geheiratet. Wegen dem Mann kein Studium gemacht, sondern einen Meisterabschluss, danach (...).

AS: Moment, erst noch mal für das Verständnis: Sie haben Papiermache gelernt, eine Ausbildung gemacht, sind nicht hier zur Schule gegangen; und haben dann eine weitere Ausbildung gemacht?

UB: Ja, später dann noch mal Industriekaufmann, also nach dem Meister-Abschluss, wo dann mein Sohn zur Schule gegangen ist - also den Meister-Abschluss habe ich schon mit 23 Jahren gemacht, und dann, wo mein Sohn nachher in die Schule gekommen ist, dann habe ich Industriekaufmann noch mal gemacht, weil ich keinen (...). Und in Schwedt - wie gesagt - hatte ich ganz schöne Eingewöhnungsprobleme. Die großen Häuser, wenig Natur, also, ich meine nicht die Polder und so, das habe ich aber nicht als ... das Ideale angesehen, sagen wir mal so. Ich habe ein bisschen aus dem Zusammenhang raus. Zum Odertal gehören ja die Hügelketten rechts und links. Und wenn man nun so mitten drin wohnt, also für mich war das ein bisschen komisch.

AS: Eingesperrt?

UB: Ja, so ungefähr. Also nicht frei, also

eingesperrt (...?). Aber ich habe fast 20 Jahre gebraucht, um mich daran zu gewöhnen. Muss ich ganz ehrlich sagen, so wie es ist.

AS: Wie lange sind Sie jetzt schon hier? 20, 30?

UB: 1963, das ist eine lange Zeit

AS: Das ist eine ganz schöne Ecke. (...) - Und wie viele Leute gehören noch zum Haushalt?

UB: Ich bin jetzt alleine. Mein Sohn ... Ich habe einen Sohn, der ist verheiratet. Der ist wieder aufs Dorf gezogen und wohnt an so einem kleinen See. Das zuletzt Haus da und haben tolle Natur. Ist auch im Biosphärenreservat...Da fühle ich mich natürlich wohl, (...-?)... Weil draußen sein, ... Durch mein Großvater habe ich eigentlich die Natur kennen und lieben gelernt. Als Kinder war es die erste Zeit ja immer schrecklich, jeden Sonntag mit den Großeltern im Wald spazieren gehen. Das war üblich. Und ich bin aber auch sehr gerne freiwillig mit meinem Großvater mitgegangen. Er kannte sehr viele Pflanzen, Bäume, und interessante Tiere und ... eigentlich fast alles. Er fand immer auf alles eine Antwort. Und was das Schlimme ist, wenn ich heute, aus heutiger Sicht, wo 1997 hier das Hochwasser war, die Erzählung vom Oderhochwasser 1947 waren doch sehr weit. Und wenn man dann die Deichdurchbrüche kennt, an der alten Oder, wenn man die Kraft des Wassers kennt, dann kriegt man schon ein bisschen Angst. Also, ich war 1947 ein Jahr alt (...) Wir haben so gewohnt, dass wir Flüchtlinge aufnehmen konnten. Das Haus war zugänglich aber wir konnten nicht über die Straße, weil die Straße unter Wasser war und da habe ich meine Mutti dann gefragt, die lebt noch, nach Mutti, wie war das denn 47, wie das Wasser gekommen ist. Na, ja, sagt sie: „Das war eine riesige schwarze Welle“. Und dann war das Wasser da. Die Menschen konnten nicht mehr so schnell weg. Autos gab es noch keine, Pferdefuhrwerke. Da sind etliche vom Weg abgekommen und wurden vom Wasser mitgerissen. Die, die Wege nicht so kannten sind dann noch (...) ... oh, Gott, das ist ein Nebenfluss der Oder, das wußte ich aber bisher auch noch nicht, (...?) die Luka die fließt also in die Oder rein, und wie gesagt, haben die verfehlt und haben es nicht mehr geschafft (...)

AS: Also sie kennen hier das Wasser hier auch als Bedrohung.

UB: Ich sehe das nicht als Bedrohung an. Es ist das Hochwasser. So normal nicht. Also ich sehe es mit unter als Bedrohung an. Ich habe hier in Schwedt ein Sommer-Hochwasser, nein ein ein Winter-Hochwasser muss es gewesen sein. Ich weiß nicht mehr in welchem Jahr. Wenn man zur Papierfabrik rausfährt, (...?) dann sieht man das jetzt rechts und links der Straße erhöht ist, da sind kleine Deiche aufgeschüttet. Das wurde in den Jahren gemacht, wo selbst diese Wiesen überflutet waren. Der alte

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Welselauf, das der auch über die Ufer übergetreten ist.(...?) Das war ganz extrem in dem Winter. Mein Schwager hat da Meliration gearbeitet. Der hat da auch Nachtwachen auf dem Deich (...) Das war auch 1978 (...)

AS: Gab es in letzter Zeit in Schwedt Überschwemmungen und Schäden?

UB: Ja, beim letzten Hochwasser ja. Da waren auch in Schwedt Schäden. Aber das war ... also das Hochwasser, das sieht immer ein bisschen wild aus. Finde ich jedenfalls. Es hat eine unheimliche Faszination. Wir sind dann immer, viele sind dann immer spazieren gegangen, zur Oder, und wenn man den Deich, den Damm, die Straße lang geht und man sieht praktisch im Wasser. Das Wasser ist, fehlt bloß noch vielleicht 40, 50 Zentimeter bis zur Straße. Also nicht mehr viel und auch diese Straße ist bedroht. Und man sieht überall die Baumkronen aus dem Wasser. Das sieht phantastisch aus. Also, der Anblick ist einmalig. Auch im Winter. Wir haben jeden Winter Hochwasser

AS: Das heißt ...

UB: Durch diese Polderflutung haben wir jeden Winter. Also, Wasser ist eigentlich (...) aber wenn es so extrem kommt, und es (...)

AS: Also ihr Naturerleben ist hier ist auch ein sehr ästhetisches. Also sie sind ein Mensch, der den Anblick genießt und ..

UB: Ja, kann sagen Asthet. Ich sehe ja eigentlich, ...viel nein auch im Makaberen. Ist ja eigentlich makaber, aber trotzdem ist es schön.

AS: Und sie setzen das dann auch in Ihrem Hobby um, manchmal?

UB: .... Ja, manchmal ja. Ich habe jetzt wieder Vasen gemacht. Mit Korbwaiden und Wasser. Aber na ja, wenn man mit Keramik arbeitet, will man Wissen, was hinterher raus kommt. Also, wenn man malt (...). Die Glasur kann mitunter sehr hell sein (...) Ich kann Ihnen mal zeigen. (...) Ich wusste nicht das es so düster wird, und das hell und leicht.

AS: Ich habe das auch mal versucht. Es sah immer anders aus, als das Ergebnis.

UB: Ja, nicht, das ist, wie gesagt, wenn man das sieht. Es sieht regelrecht bedrohlich aus. So, mit dem Wasser sieht das ja ganz freundlich. So kann man sagen, einmal ist es hell und freundlich, und einmal dunkel und bedrohlich. Also so kann man das Wasser hier auch empfinden.

AS: Ist das nur Ihr Hobby, oder verdienen Sie sich damit auch ein kleines Zubrot?

UB: Nein, ich bin Erwerbsunfähigkeitsrentner seit 1995. Ich mache eigentlich immer (...), bin ehrenamtliche Behindertenbeauftragte in Schwedt. Bin ich Stadtverordnete, bin ich auch aktiv und, na ja, gebe selber noch Kurse an der Volkshochschule.

Ich brauche die Kommunikation mit Menschen. Also ich würde wahrscheinlich total eingehen, wenn ich nur zu Hause sitzen würde. Und einmal in der Woche gehe ich zum Keramik. Und im letzten Volkshochschuljahr bin ich noch einmal in der Woche zum Englisch-Kurs gegangen. Bildung hat noch keinem geschadet. Ich lese sehr viel, mache viel Handarbeiten, wie gesagt, jetzt auch nicht mehr so. Aber manchmal ... ein bisschen Malen. Ich finde immer eigentlich eine Beschäftigung, immer eine sinnvolle.

AS: Die Lücke zwischen 1990 und 1995 nach der Wende. Was war da?

UB: 1992 bin ich arbeitslos geworden. Weil sie Frauen als Meisterin in der Papier-Industrie nicht mehr gebraucht haben.

AB: Waren sie in der Fabrik tätig?

UB: In der Papierfabrik, als Meister. Ich habe einen richtigen Meister-Abschluss, auch einen anerkannten nach dem jetzigen Standard für Papier-Herstellung, also Meister für Papier und Pappe. War zu DDR-Zeiten für Papier-Herstellung . Frauen sind praktisch weniger wert. Die wollen keine Frauen mehr in der Produktion haben. (...) Es sind noch ein Paar in Schichten, auch direkt in der Produktion, aber, wie gesagt, da habe ich auch schon gehört, die müssen auch raus. Es ist mir sehr schwer gefallen. Ich habe meinen Beruf sehr geliebt. Mein Beruf hatte zu tun mit Physik und Chemie und Biologie, und na ja, naturwissenschaftlich, wenn man so will. Ich habe als TKO gearbeitet. TKO ist, war, also wir haben praktisch TBL überprüft, TBL ist (...?),. also wir haben geguckt, ob der Standardmäßig rein gekommen ist, die Rohstoffe. Dann ... die Prüfung haben andere durchgeführt. Sie wussten über den Wareneingang bis zu da wo es rausging, bis zu ... Üüber Lagerwirtschaft und Beladung alle Vorschriften im Betrieb eben, die mit der Lagerhaltung, die mit der Produktion selber zu tun hatten (...).musste man genau wissen, die kommen da und da hin. Also man musste praktisch die Maschine kennen und man musste eben Fachwissen haben. Und das war eigentlich eine ganze Menge, was man wissen musste.

AS: War das auch ein gut bezahlter Job damals?

UB: Ja, eigentlich ja.

AS: Und danach?

UB: Danach, nach 90, 91wurden wir eigentlich alle runtergestuft. Dann mussten wir, die noch bleiben durften [starke Betonung auf „durften“], die Letzten, die Meister mussten dann 1992 gehen. Wir kriegten alle eine Änderungskündigung als Hilfsarbeiter. Die Meister brauchten sie nicht mehr. Uns war das gesamte Labor unterstellt, also die einzelnen Abteilungen, die im Schichtdienst gearbeitet haben und, ... war natürlich hart. Ich meine, wir haben alle von der Pieke, ich habe

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Papiermacher direkt gelernt ich habe es von der Pike auf gelernt. Damit hätte ich eigentlich an jedem Arbeitsplatz in dem Betrieb arbeiten können.

AB: Mich interessiert. War den die Fabrik den neuen Verhältnissen gewachsen, nach der Wende, war sie konkurrenzfähig?

UB: Die existierte noch, Sie war konkurrenzfähig. Das muss ich dazu sagen. Zeitungsdrcukpapier haben wir hergestellt, es war für das Neue Deutschland. Aber die anderen Kartonarten, die gingen alle in den westlichen Teil Deutschlands. Überwiegend. Überwiegend Exporte. Kartons für Wellpappen. Die Maschine war auf dem neusten Standard und da gab es eigentlich nicht ... Die haben es zwar inzwischen umgebaut, aber das ist jetzt ja die Regel, dass man ältere Maschinen immer dem neusten Stand der Technik anpasst. Wir hatten Honniwell und Akkore (...?) Steuertechnik, Prozessleitsteuerung drin in den Maschinen. Das war denke ich mal in der DDR die modernste Fabrik, eben schon deswegen, weil wir für das ND produziert haben und exportiert haben. Und überwiegend für das so genannte NSW, „nicht-sozialistische Welt“, produziert haben. Und da waren die Anforderungen an die Qualität sowieso noch höher, als im Inland.

AS: Ihre Anbindung an Ihren Beruf war sehr stark? Waren sie damals auch schon so ausserhalb engagiert?

UB: Ja, aber [lacht] erst seit ... da muss ich überlegen, seit 1980. Aber ich war weder in der Politik, habe mich eigentlich mehr um Haushalt und Familie gekümmert. Wie es überall ist. Mein Sohn ist 1969 geboren und dann zählte erst mal Haushalt du Familie. Ich war ja zweieinhalb Jahre zu Hause. Es war eine entsetzliche Zeit, habe keinen Krippenplatz bekommen. Es hiess zwar, jeder kriegt seinen Krippenplatz. Ich habe ihn aber trotzdem nicht gekriegt. Mit der Begründung ich würden eh zu viel verdienen. Wir hatten beide die gleiche Lohngruppe, muss ich dazu sagen. Also, das heißt die höchste im Betrieb, also die es für Arbeiter gab. Wir als junge Meister, da haben sie gesagt „nur Lohngruppe acht“ also ihr kriegt noch kein Meistergehalt. Und Lohngruppe acht war die höchste, die man überhaupt hätte kriegen können.

AS: Und sie haben sich damals...

UB: Dann habe ich 1988. Dann habe ich muss sagen, ich war immer eigentlich gelern ich hab. 1965 habe ich mein Facharbeiter gemacht, 1968 hatte ich meinen Meister-Abschluss in der Tasche, 1978 bis 1980 ... also habe ich den Industrie-Kaufmann-Abschluss gemacht, in der Anschulung und ... nach der Scheidung dann ... habe ich mit Kindern gearbeitet. Ab 1980 habe ich gedacht „Na, jetzt hast ... ich wollte noch gerne studieren, aber mein Mann wollte das nicht und ... Fernstudium wollte er nicht und ich habe nachgegeben und, na

ja, und dann bin ich ein bisschen aufmüpfig geworden. Und habe nicht mehr alles so gemacht, wie er das wollte, sondern so wie ich das wollte und das ging dann nicht gut. Dann kam 1982 die Scheidung. Seit 1980 bin ich ja schon zum Handarbeitszirkel gegangen. Komme das erste Mal rein: und ja, wir müssen hier selber entwerfen und so; da habe ich erst mal geguckt, aber da ich vorher schon immer gerne gezeichnet hatte, war das alles kein Problem für mich. Erstmal kreative Zeichnungen in der Schule

AS: Wo war das? Handarbeits?

UB: Handarbeitszirkel, .. auch in der Papierfabrik draußen. Die hatten überall solche betrieblichen Kulturhäuser und da gab es - wir haben gesagt „Handarbeitszirkel“ - wie soll ich sagen ... das ist eine Gruppe von Frauen gewesen, die sich regelmäßig getroffen hat, vier mal im Monat, oder so, oder vierzehntägig, oder mal jeden 2. und 4. Dienstag im Monat oder so. Immer nach einem bestimmten Schema und regelmäßig haben wir uns immer getroffen. War für alle kostenfrei, Material konnte man sehr billig kaufen und ... na ja, das ging ja alles 1990 kaputt ... und die Kursleiter haben Honorar bekommen, ungefähr so 25 Mark die Stunde.

AS: Gibt es so etwas wieder?

UB: Nein. Das ist total kaputt gegangen [sinkender Tonfall]

AS: Auch nicht in der Volkshochschule?

UB: Doch, ich biete Kurse an. Aber das ist nicht nur der Kurs. Fünf, sechs oder zehn Termine, je nachdem wie lang die Kurse sind ... aber das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nicht mehr so wie soll ich sagen ... dieses Einstehen einer für den anderen oder so, ist nicht mehr...

AS: Wollen sie darüber noch ein bisschen was erzählen über das Zusammenleben, Nachbarschaft hat sich das Verändert?

UB: Ja, das hat sich sehr geändert. Früher, sagen wir auch so, die Kollegialität im Betrieb, das ist möchte ich sagen, ist richtig umgeschlagen, einer gegen den anderen. „Wer kann bleiben?“. Ich möchte fast sagen „Mobbing“. Und wenn die Chefin kam vom Labor, die sagte „Na ja, wenn ihr nicht so arbeitet, wie ich will, da stehen genug Leute draußen“. So eine Bemerkung. Und so was gabs eben nicht. Also auch untereinander das Verhältnis hat sich geändert. Ich war jetzt vor kurzem in der Papierfabrik. Ich meine ich hatte sowieso eine unangenehme Arbeit. Ich musste die Leute kontrollieren ob alles in Ordnung ist. Ob auch die Endprodukte auch den Vorschriften entsprechen ... Das, wenn ich Sie jetzt mit Fachausdrücken bombardiere, wüssten sie sowieso nicht, dass die Rollen an den Seiten der (..) gerade ist, dass da keine Fusseln dran sind, die die in der Druckerei

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spüren würden ...oder so, jedenfalls musste ich auch auf die Qualität der Auslieferung achten. Und da waren ja nur Männer [Betonung auf „nur“]. Überwiegend Männer in der Produktion. Ich meine, es ist ja nicht so, dass da so viele Frauen gearbeitet haben. (...) Und letztens war ich in der neuen, in der neuen, in der anderen Papierfabrik. Da war ich sehr erstaunt über manche Kollegen, dass die mich so freudig begrüßt haben.

AS: Ach so,....

UB: Die waren damals ...

AS: Sie waren damals die böse Kontrolleurin ...

UB: Ja, und jetzt auf einmal, auch jetzt wenn ich ehemalige Kollegen treffe: „Ach, und so, wie geht es dir, schon lange nicht mehr gesehen“. Jetzt immer recht nett und vorher waren sie immer froh, wenn ich gegangen bin. Aber das bringt eigentlich die Arbeit mit sich.

AS: War das eine Nachwendeerscheinung, oder war das eine Erscheinung, die mit der Arbeitslosigkeit zu tun. Oder war das eine Erscheinung die möglicherweise mit dem Nationalpark und dem ewigen Streit zu tun?

UB: Welche?

AS: Dass die Leute kühler geworden sind.

UB: Nein, das ist die Wende. Das merkt man hier auch schon. Sagen wir früher war das nicht ganz so dieses „an sich selber denken“. Das war nicht so. Die sagen auch mal, sag mal „Du kriegst doch Rente. Wann bist denn du mal zu Hause? Wann bist du mal zu Hause?“. Ich bin fast immer unterwegs. Ich hatte eigentlich Mittwochs Mittag mit Ihnen ein Termin. Da war ich zur Auto-Demo in Prenzlau. Wenn irgend etwas ansteht, hier in Schwedt, da bin ich natürlich auch da. Wir müssen in Schwedt die Wirtschaft erhalten.

AS: Wollen Sie da drüber ein bisschen was erzählen über ihr momentanes Engagement?

UB: Ich kann ja erst mal weiter gehen. 1992 bin eben ich arbeitslos geworden und da habe ich nochmal eine Umschulung gemacht zum Abfallberater. Das ging ein Jahr und danach bin ich krank geworden. So krank, dass ich praktisch kaum noch in der Lage war, meine Haushalt zu führen. Das ging so ungefähr ¾-Jahr, da war ich schon Stadtabgeordnete. Ich habe aber gesagt, ich mache das weiter. Ich kann mich jetzt, wenn ich jetzt alles abgebe, was ich mache, dann gehe ich ein. Wie eine Primel. Also, wie man so schön sagt. Ich habe alles durchgezogen trotz Krankheit. Arbeitslosigkeit, Arbeit gibt es sowieso keine und war ja auch abzusehen, dass man in meinem Alter auch keine mehr kriegt. Also wir haben ja immer gesagt, entweder, man müsste 15 Jahre älter sein, dann würde man Rente kriegen, oder 15 Jahre jünger, dann hätte man noch mehr Chancen. Also es ist

wirklich, unsere Generation ist, die sind wirklich wie gesagt .. durch die Wende, wir sind überwiegend die Verlierer gewesen. Die Nachkriegsgeneration, (...?). Also so, die alle so um 45, man kann sagen von 50, bis .. in diesem Zeitraum ... sind überwiegend die Verlierer gewesen, im Prinzip. (...)

AB: Ich wollte noch fragen, wer sind den Gewinner?

UB: Gewinner? ... das war zwar Sozialauswahl, na ja, Gewinner kann man auch so nicht sagen. Also, man musste jung sein, man musste klug sein, wenn es geht noch drei Kinder haben, dass man in die Sozialauswahl kam, wenn es geht noch allein stehend oder man musste einen Schwerbehindertenausweis haben. Den hatte ich ja nun. Die alle, die hatten ja den Kündigungsschutz. Wir kannten ja so etwas nicht. Arbeitslosigkeit war für uns, hat man ja so nicht, eine neue Erfahrung. Gab es ja nicht offiziell.

AS: Das heißt, das Drastischste war tatsächlich ...

UB: Der Verlust der Arbeit

AS: Der Verlust der Arbeit - und davon waren sehr viele Menschen betroffen?

UB: Ja

AS: Und sehr viele Frauen?

UB: Frauen überwiegend, ja. Zuerst die Frauen und in unserem Fall ja, wir als Meister, wir wurden gleich die Kündigung gekriegt. Dann war noch mal Einspruch drin, War ja auch Sozialausfall, da hängt das Alter, die Betriebszugehörigkeit, ich war 29 Jahre in der Papierfabrik.

AS: Wir waren luletzt an der Stelle, wo Sie schon Stadtverordnete waren ...

UB: Ja. Dann kam bin ich krank geworden, bin ich Rentner geworden. Ja nun hiess das das ja immer, ja .. weil ich hab dann gleich wo ich gesehen habe „Eine Beschäftigung brauchst Du. Du wirst nicht aufgeben“. Genau. Dann kam nachher als Behindertenbeauftragte die Arbeit. Und das war dann schon ganz schön viel. Ist ja ehrenamtlich, und macht man ja nebenbei und ist aber ein großer Zeiteinsatz.

AS: Das sind zwei verschiedene Ämter: Stadtverordnete und Behindertenbeauftragte?

UB: Behindertenbeauftragte wird man über die Stadtverordneten berufen. Und das Ehrenamt,.. das ist verschieden. Das eine hat eigentlich mit dem anderen nichts zu tun. In der Stadtverordnetenversammlung sitzt man für seine Partei und Behindertenbeauftragte ist man überparteilich. Da hat man Parteipolitik (...?).

AS: Darf ich mal fragen für welche Partei?

UB: SPD ... Wie gesagt, für mich hätte es auch sein

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können, dass ich bei den Grünen gelandet wäre. Ich habe mich mit einer ... der Frau Dr. Gille unterhalten und die hat zu mir gesagt: „Na Frau Birlem, sie send ja mehr grün wie ich, ne“, wegen der Allee-Bäume wie ich vorhin schon gesagt habe, dass sie lieber Straßen mit Schlaglöcher bauen lassen würde, um die Bäume zu schützen, dass die Autos nicht so rasen. Ich meine, als Autofahrer, ich weiß ich selber, ich fahr auch manchmal etwas schneller als ich darf, aber vor Allee-Bäume habe ich Respekt und vor allem wenn da auch Kurven sind und ich kenn die Strecke nicht

AS: Sie gehen nicht aus dem Weg

UB: Die gehen nicht aus dem Weg. Mir tun nur die Bäume Leid. ... Ja, wie gesagt, durch meine ganze Erziehung, schon als Kind so zur Natur (...). Und wo es dann hieß, ja Nationalpark, da darf keiner mehr rein, war ja auch so extrem. Ja da muß ich ganz ehrlich sagen, da habe ich auch ein bisschen Bedenken. Ich meineTotalreservate finde ich schon in Ordnung. Aber wenn ich sehe ... wenn Totalreservat ist, das heißt ja auch „wenn ein Baum umfällt, der bleibt liegen“. Und das Wasser hat eine Kraft. Und der Baum im Hochwasser wirkt wie eine Ramme. Und dann gehen die Deiche kaputt. Und wenn die Deiche kaputt sind, dann kommt das Wasser. Das ist das Problem.

AS: Das heißt, Ihre Bedenken sind ...

UB: Angst vor dem Wasser

... ...

AB: Noch mal zu den Veränderungen nach der Wende. Was hat sich hier infrastrukturell geändert? In der Stadt: Sagen wir, sind hier mehr Kindergärten entstanden?

AS: Das war glaube ich , die falsche Frage

UB: Also, Kindergärten reißen wir ab. Ab 2002 schließen wir die erste Grundschule. Wir haben keine Kinder mehr. Wir haben über, weit über 3000 leere Wohnungen, in Schwedt, es werden noch mehr. Wir haben die ersten Häuser abgerissen. Das hat ja bisher alle bewegt.

[Telefon klingelt - Interview unterbrochen]

AS: Wir waren gerade an der Stelle, dass Häuser abgerissen werden müssen ...

UB: Ja, in der ersten Zeit sind viele Leute weggegangen. Fast mein ganzer Bekanntenkreis. Die sind alle von Schwedt weg. Sie sind runter in den Schwarzwald, (...?), überall dahin wo Papierfabriken sind. (..), Hamburg. Aber wie gesagt, Kontakte sind auch keine mehr, ist alles abgebrochen. Die sind praktisch der Arbeit nachgegangen. Also, wo Arbeit war, da sind sie hingezogen. Wir sind ja damals wegen der Arbeit

nach Schwedt gegangen. Die Leute, die Sie gefragt haben, warum sie nach Schwedt gekommen sind, die werden immer sagen, entweder „ich habe hier gelernt, bin hier geblieben“, „wir hier haben hier Arbeit bekommen und eine Wohnung“, „wir haben Kindergartenplätze gekriegt“, es war ja ein Wohnungsmangel in der DDR, selber Häuser bauen durfte man nicht (...?) waren ja froh, die Wohnungen das war eine super Ausstattung. So eine 2-Zimmer-Wohnung war eine, also ein Alleinstehender zu DDR-Zeiten überhaupt nicht, man musste heiraten, um hier so bloß zusammenleben und eine Wohnung, 1968 war das noch nicht so, also man mußte schon verheiratet sein, um zusammen eine Wohnung zu kriegen. ...

AS: Sind inzwischen auch wieder welche zurückgekommen nach Schwedt?

UB: Ja, einige sind wieder zurückgekommen, weil sie sich da wo sie hingezogen sind nicht wohl gefühlt haben. Weil da wieder ... ich kenne das bloß vom Hörensagen ... das Klima und alle so rund rum. Ich habe auch eine Freundin, die wohnt in der Nähe von Frankfurt a.M., die sagt: „Das Einzige was wir haben, wri haben Arbeit, aber alles andere um uns herum ist kalt“. .. So den Eindruck haben auch viele Andere, Das ist nicht nur eine Meinung, es sind viele, die so denken.

AS: Wir hatten neulich, die Tage, die Einschätzung bekommen, Schwedt wird zur Rentner-Stadt, wie sehen Sie das?

UB: Ja die ziehen alle weg. Das sehen sie ja schon, wennan meine Sohn weggezogen ist. Die jungen Leute die arbeiten haben, haben Geld und wollen ein Haus bauen. Die ziehen auf das Land ins Umland, die bleiben nicht in den Plattenbauwohnungen wohnen. Die ziehen ins Umland oder gehen dahin, wo sie Arbeit kriegen. Wer bleibt, sind die alten Leute. Was heißt alt? (...?). Aber wir werden hier alle automatisch älter. Wir sind ja als junge Leute hier her gekommen, vor über 30 Jahre ... das ist dann schon ... ich bin jetzt 37 Jahre in Schwedt, da ist man ja auch 37 Jahre älter geworden, nicht?

AS: Sehen Sie noch Chancen oder sehen sie eine Perspektiven, dass hier neue Arbeitsplätze geschaffen werden?

UB: Ja, eigentlich ja. Gestern habe ich erst wieder in der Zeitung gelesen, was hier so eigentlich fehlt an Dienstleistungen, da muss ich ganz ehrlich sagen, wenn wir einen Glaser haben für die ganze Stadt ist ein bisschen wenig. Da könnte sich bestimmt noch ein anderer ansiedeln. Das der eine ein bisschen Konkurrenz hat. Man sagt ja nicht umsonst "Konkurrenz belebt das Geschäft“, nicht? Das ist so mit so vielen Sachen, manche verstehen das nicht wenn ich sage (...?). Die alten Leute dann immer, die über 70 und 80 sind: „Ja, und stell’ dir vor, die Kaufhalle hat zu gemacht und wo sollen

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wir nun einkaufen gehen? Die könne doch nicht einfach zu machen“. Natürlich ... oder dieses Unverständnis, dass eben und da ist laufend ein anderes Geschäft drin, ja dass das aber die Zeit ist... das es nicht mehr alles von Bestand ist so wie es mal gewesen ist. Wir hatten ein Zentral-Warenhaus, und was wir da gekriegt haben, (...?) wenn wir etwas anderes haben wollte, und noch woanders hingucken wollten, mussten wir auch nach Berlin fahren oder nach Eberswalde oder nach Prenzlau. Prenzlau war ein anderer Bezirk, der gehörte zu Neu-Brandenburg und da war schon eine Grenze mit der Versorgung. Das hat man schon gesehen obwohl man ja damals gesagt hat „In Schwedt, ja, in Schwedt gibt es alles“ Die haben immer ein bisschen mehr gekriegt als alle anderen. Aber das hat auch seine Ursachen gehabt. Und in der ganzen Republik Fleisch und Wurst und Butter wo es Zuteilung gab, konnten wir das hier kaufen. Wenn es Bananen gab, konnte das jeder kaufen. Meine Schwester war sieben Jahre jünger. Wo die 14 geworden ist, ging sie in ein Geschäft und wollte eine Banane kaufen, ja, „Ne, du kriegst keine Banane mehr, du bist jetzt 14 und da kriegst keine mehr“ Das war der eigene Onkel.„Ich kann dir keine mehr geben, wir kriegen auch Zuteilung und die Bananen kriegen die mit den kleinen Kindern“. Deswegen muss man das auch ein bisschen verstehen: Im Winter, das einzige Gemüse was es immer gab, war Kohl. Also Kohl gab es immer. Und Äpfel gabs auch immer.

AS: Und momentan ist es so, dass der Einzelhandel gern mal schnell einen eingeht und dann wieder ein neues Geschäft aufmacht.

UB: Ja. Es kommt aber auch immer darauf an, auch mit Gaststätten ist das so. Ich kannte eine, die hat eine Gaststätte gehabt, ein super Konzept, also man hat sich wirklich wohlgefühlt darin. Die Gaststätte ist aber von der Bevölkerung nicht angenommen worden.

AS: Weil sie neu war, oder ...

UB: Weiß ich nicht ... Ja, nun war das auch ein Gebiet, wo - wie soll ich sagen - sozialer .. Sprengstoff (...?). Wo nicht mehr so viel investiert wird, wo in die Wohnungsunternehmen nichts mehr investiert, wo sehr viele ... Sozialhilfeempfänger und überwiegend Rentner wohnen da noch nicht, kinderreiche Familien und na ja ... auch von den Dörfern nach Schwedt geschickt haben, die Wohnungen waren nicht so gefragt, dann haben sie (...) und jetzt sind in dem Stadtteil eben die Probleme. Uhnd wenn man da ein bisschen so die Zusammenhänge kennt (...?)die auf dem Dorf praktisch (...?) kriegen Sozialhilfe, sind (nicht..?) in der Lage ihre Kinder zu erziehen, zum Beispiel. Die wohnen in einem baufälligen Haus, der eine Eigentümer hat geklagt, hat das Haus vielleicht zurück gekriegt und die müssen raus, ja. Wo gehen sie hin? Nach Schwedt, so. Und nun gebt uns mal

ein Wohnung in Schwedt? Ja es gibt ja Wohnungen und das Sozialamt zahlt.

AS: Schwedt hat auch sozialen Sprengstoff

UB: Natürlich, deswegen wollte ja ... es ist nicht so, dass es hier von rechts und links, da hört man im Augenblick kaum noch was. Weil die ich sag mal, die extrem Rechten und die extrem Linken, das ist wie überall eigentlich. Da soll mir mal einer eine Stadt sagen, woes so etwas nicht ist.

AS: Gibt es wirklich beide Extreme - das ist jetzt eine private Frage, so aus Neugierde ...

UB: Ja, na ja, mehr Linke vielleicht wie Rechte würde ich sagen.

AS: Tatsache?

UB: Ja.

AS: Auch unter den jungen Menschen. Weil man hat da immer so Vorurteile ...

UB: Die gehen zum Beispiel, dann heißt es, in den Club gehen wir nicht, der ist ja rechts“, und die anderen sagen, „in den Club gehen wir nicht, der ist ja links“. Also, auch die ganzen Gruppierungen. Ob es nun an dem wirklich ist, weiss man nicht. Aber die Meinung ist „da gehen wir nicht hin, die sind ja so oder die sind ja so, und da verkehren die und da verkehren die“. Und dann haben sie ja diese ... Ich finde es schön, wenn sich junge Leute engagieren, auch in der Politik, aber die Jugend ist da, um alles auszutesten. Ich meine, manch einer war früher extrem links und der ist jetzt in der CDU oder was weiß ich. Ich meine die Beispiele gibt es ja alle. Deswegen sage ich nicht, das sei ein Fehler, man muss mit den Leuten auch diskutieren.

AS: Haben sie den Einblick, sie haben ja wahrscheinlich als Stadtverordnete eine Ahnung, welche Verbände und Vereine es gibt. Engagiert sich die Jugend tatsächlich auch? Organisiert sie sich, Sportverein oder irgendwie?

UB: Ja, also im Sportverein, ja. Wir haben jetzt ja eine ganze Menge Sportvereine und wir haben auch Olympia-Teilnehmer, die an der nächsten Olympiade teilnehmen aus Schwedt. Also, so ist es nicht. Wir haben den Schwimmsport. Im Rudern sind wir gut. Da haben wir einen Europameister in Schwedt. (...?) Wir haben noch keinen Jugendklub geschlossen, wie es in anderen Städten ist. Wir versuchen, obwohl wir die Auflage eigentlich haben vom Kreis, weil wir einen defizitären Haushalt haben, wir machen ja unwahrscheinlich viel, das sehen vielleicht andere anders, aber wenn man den Einblick hat, die Stadt das Möglichste, um Jugendarbeit zu unterstützen, so dass wirklich nichts ab(...?), weil wir meinen, die Jugend muss Beschäftigung haben. Ob sie es annehmen, ist eine andere Sache.

AS: Gibt es hier auch Beratungsstellen?

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

UB: Ja, gibt es auch. Beratungsstellen für Jugendlich gibt es. Das ist teilweise bei freien Trägern angeordnet, auch. Auch die Drogen (...?) die hier auch leider sind. (...?) Oder Vereine haben sich gegründet, die mit Jugendlichen arbeiten und alles mögliche. (...?)

AS: Ich würde jetzt sehr gerne einen Schwenk machen zum Nationalpark. Und zwar gleich bei Verbänden bleiben. Es gibt zwei richtig große, wie wir das mitbekommen haben, für und gegen - wie stellt sich das Verbandsleben und die Interessenvereinigungen für sie da?

UB: Also, die Verbände, oder wie

AB: In Bezug auf Gebiet des Nationalparks

UB: Auf den Nationalpark, also gut, da muß ich dazu sagen... Also die Freunde (des Natioanparks ...?) extremer und die Interessengemeinschaft nicht so extrem. Beide sind für ein Totalreservat. Es gibt ja Gebiete, wo man sowieso nicht hinkommt, wo das gar nicht auffällt, dass man da keinen Zugang hat. Aber man sollte.. bei den beiden Extremen, muss ich wirklich sagen, die gute Mitte finden. Besser wäre, es ziehen viele gemeinsam an einen Strang und eine Gruppe ist sehr groß und die andere sehr klein. Die Kleinere hat die größere Macht bisher und ... finde ich schon nicht so gut.

AS: Und wie so, haben sie eine Erklärung, wieso so ein kleiner Verein so viel Macht hat?

UB: Die haben eben das Geld, die haben die Fördermittel und was die wollen, setzen sie durch. Die machen die Landkäufe. Und bei den Landkäufen, da habe ich auch schon einmal gehört, dass sie nicht mal an den Landbesitzer gegangen sind, sondern zum Pächter. Und der Pächter hat gar nichts zu sagen, es ist immer noch Eigentum des Landbesitzer, und da haben sich mal Besitzer aufgeregt in der Stadtversammlung. Wie denn so was sein kann, obwohl das mit uns gar nichts zu tun hat mit der Stadt... Ich höre auch vieles bloß aus der Presse. Wie kann ich sonst wo Land kaufen und dem Bauern das dann anbieten., was so 10, 15, 20 Km weiter weg ist. Für die Bauern das Austauschland, ist für viele das Untere Odertal, die (...?) ihre Äcker, (...?) Wiesen. Gerade zu DDR-Zeiten war ... wir konnten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ins Gebiet rein. Nachts durfte man nicht reingehen, Gebiet, war verboten. Das ganze Gebiet hatte immer einen Schutz-Status. Das war für den Vogelschutz, hatte es schon immer. Also ich kann ich überhaupt nicht daran erinnern, dass das mal irgendwie ... es war immer ... wir sind mit den Fahrrädern, oder wir sind auch mal ein Stück gelaufen, oder wir sind da baden gegangen, weil wir in Schwedt noch keine Bademöglichkeiten hatten. Sogar mit den Kindern ... irgendwie. Ich finde die ganze Sache ... zu Fuß kann man sowieso nicht überall hin. Und das man mit dem Auto nicht

überall hinkommt, finde ich total in Ordnung. Und mit dem Fahrrad, gut, die Radwege. Wenn ich aber zu den Radwegen was sagen soll. Der Nationalpark macht Werbung. Oder die ganze Region macht Werbung für den Radwanderweg, dass man auf den Radwegen für Rollstuhlfahrer in den Nationalpark reinkommt. Ist ja nicht so. Die stehen dann vor einer Barke, wo es verschlossen ist, wo keiner mehr rein kommt und das ist das Schlimme.

AS: Ihr spezieller Blickwinkel ist der als Behindertenbeauftragte ...

UB: Ja, und weil ich auch selber behindert bin. Sagen wir, für mich, ich kann kaum noch Fahrrad fahren, muss ich dazu sagen. Laufen ist bei mir auch nicht mehr viel. Man sieht es mir nicht so an, aber ich kann schlecht laufen, Fahrrad fahren habe ich auch Angst wegen Sturzgefahr. Alleine schon gar nicht, wenn, dann höchstens, das ich in einer Gruppe mitfahre würde. Denn ich bin früher viel unterwegs mit dem Fahrrad und auch zu Fuß und ...

AS: Welche Einrichtungen wären nötig? Für alte Menschen oder Behinderte?

UB: Gerade alte, ja welche Einrichtungen? Auto? Weiß ich nicht, aber. Aber es sollten ja auch die Kutschfahrten die ich als sehr wesentlich ansehe, die sollten ja auch nicht mehr sein und ... zumindest müssen die Radwege erhalten werden, und wenn es geht, sollte es auch mit dem Rollstuhl befahrbar sein, Teilstrecken. Denn mit dem Rollstuhl kann ich jetzt wirklich nur den Radwanderweg benutzen, was anderes nicht. Und selbst die Aussichtspunkte die sie gebaut haben, die finde ich schon eine Frechheit, das da nicht mal zugänglich ist für Rollstuhlfahrer. Ich meine, ich will nicht, dass der da hoch geht, auf den Aussichtspunkt, aber von der unteren Ebene hätte eine Möglichkeit geschaffen werden müssen (...)

[Ende 1. Seite der Kassette]

AB: Ist ein Bedarf an strengerem Naturschutz nach der Wende?

UB: Also ich muss sagen, ich habe Berliner Autos an der Straße stehen sehen, nach Polen, in der Stiege neben sich, die (...?)-Kraut ausgebudellt, stiegenweise, da wachsen wilde Feilchen, (...?)-Kraut, (...) im Frühjahr. Ja, wenn man solche Sachen sich mitnimmt, hier gibt’s viele seltene Pflanzen, und wenn man das sieht, da kriege ich das Grausen ...dann kriege ich echt das Grausen: Dan sagt man sich, oder den Unrat überall lassen, wenn ich irgendwo bin, ich fahr auch öfter mal mit dem Auto auf der polnischen Seite und packe mir einen Picknick-Korb ein - mein Abfall wandert wieder zurück. Ich brauche es nicht irgendwo im Wald oder auf den Wiesen lassen.

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Interview Ursula Birlem, SPD-Stadtverordnete, vom 30.06.2000 in Schwedt, ca. 95 Min.

AS: Bräuchte es da zu Kontrollen?

UB: Ja, würde ich sagen. Naturwacht muss hier stattfinden.

AS: Auch mit Strafen?

UB: Ja, und drastische Strafen. Da bin ich dafür, muss ich sagen. Da bin ich dafür.

AB: Es gibt unterschiedliche Formen des Großnaturschutzgebietes. Was meinen sie: Ist der Naturpark besonders wichtig für die Region oder könnte man eigentlich eine andere Form wählen, wie zum Beispiel Biosphärenreservat?

UB: Es kommt immer darauf an welche Schutzstufe ist. Biosphärenreservate, ich kenne welche, ... Die Leute, die da wohnen, die akzeptieren das normalerweise, die kennen das und sagen „ja, das ist was Besonderes“. (...?) am Fen oben, am Fen, wo ist denn das. Die jungen Leute wissen ja gar nicht mehr, wo Hochmoore sind, wo Quellen im Wald sind ... kennen sie gar nicht, wissen sie gar nicht mehr. Ich bin da mal mit meiner Nichte spazieren gegangen, und dann sagt sie: „sag mal, du kennst dich aber hier gut aus; woher weißt du denn das alles, woher kennst du das? Hier war ich noch nie. Ich habe noch nie gewusst, dass hier ein Hochmoor ist.“ Sage ich: „ Na sag mal, was lernt ihr denn in der Schule, lernt ihr eure Heimat nicht kennen, nicht mal eure nähere Umgebung?“. Ein bisschen traurig ... Ich sage mi immer, es ist viel eine Erziehungsfragen wie „wie gehe ich mit der Natur um?“, „Nutze ich die oder benutze ich sie?“. „Benutzen“ heißt „zerstören“, und „nutzen“ alles ... wie soll ich sagen ... also, nicht zum schaden der Natur benutzen. Aber „benutzen“ wäre in meinen Augen Schaden für die Natur.

AS: Das heißt?

UB: Also wenn ich jetzt so Vermarkte. Sagen wir, ich würde einen großen Campingplatz bauen. Da kannst du drauf warten, bis da was kaputt geht.

AS: Das heißt, der Nationalpark soll menschenverträglich und die Menschen sollen sich nationalpark-verträglich verhalten?

UB: Ja.

AS: Das heißt, sie würden für die Kombination von Beidem?

UB: Ja, ja. Ich möchte, dass der Nationalpark und .. Nationalpark und Mensch ... wir müssen ... wir leben in einer Region, wir müssen mit dem Nationalpark leben, es ist die ganzen Jahre akzeptiert worden, wurde auch akzeptiert, dass man nicht überall hin kann. Dann kam der Nationalpark, Totalreservate. Und da darf eben keiner mehr hin. Es ist immer dieses Verbot: Da darf ich nicht mehr hin. Es muss auch Möglichkeiten geben, wenn Totalreservat ist, dass man durchfahren kann, dass man auch als Bürger, als interessierter Bürger, mal Führungen mitmachen kann, (...?), rein kann. Nicht

das da irgendwo steht: „Hier betreten verboten“. Das hatten wir. Das, was wir nicht wollten. Was ich auch nicht will. Diese absolute Verbot „da darf ich nicht hin“. Das hatten wir in der DDR ... (...?), siehe hier Schorfheide. Da gibt es viele Sachen, bei Niepe, bei Oderberg.

AS: D.h. die frei Zugänglichkeit ist wichtig?

UB: Die ist erst mal wichtig. Also nicht den Drahtzaun und nicht einen Elch. Das man den Elche wieder ansiedeln will, bloss weil der mal vor 500 Jahren hier gelebt hat, hier in der Gegend. Es kommen immer mal Elche, es kommen auch Wölfe über die Oder. Es kommen mal Elche im Winter rüber. Die gehen aber auch wieder weg. Wenn die sich ansiedeln würden, würden sie ja bleiben. Und nicht immer ... die kommen. Man hat hört, das immer wieder, dass sie kommen, aber auch dass sie gehen. Und ich meine, wir sind hier ja der größte Landkreis in der Bundesrepublik und am dünnsten besiedelt. Und Schwedt ist nun ausgerechnet die größte Stadt, eine Industriestadt, und das noch am Nationalpark. Das hörte sich in der ersten Zeit an, „also am besten die Industrie in Schwedt platt machen und weg, umsiedeln, bloß dass wir hier den Nationalpark ...“. es hieß nur immer Nationalpark, Nationalpark, Nationalpark, und Menschen raus, die haben da nichts mehr zu suchen. Und das finde ich eben (...?)

AS: Das heißt: Der Nationalpark hat welche Bedeutung für die Stadt?

UB: Wir wollen, ich möchte auch mit dem Nationalpark leben und ich möchte auch ... Natur muss sein, ist schön. Und wenn wir schon einen Nationalpark haben, müssen wir auch damit leben. Die Industrie hat sich angepasst, in dem alles auf den neusten technischen Standards, das die eben auf die neusten Standards bauen und nachrüsten müssen. Finde ich in Ordnung. Was neu gebaut ist, neu gebaut wird, nach den höchsten Standard gebaut wird. Also Umweltschutz, das betrifft ja nicht nur uns, es betrifft auch die Enkelkinder, die Urenkel und die nächsten Generationen - wie wir heute damit umgehen. Aber wenn ich Nationalpark habe, dann muss es eine Symbiose zwischen Mensch und Natur sein. Ich meine der Mensch ist ja selber auch ein Bestandteil der Natur. Ich kann ihn ja nicht einfach irgendwo außen vor lassen. Und wenn Sie Schwedt sehen: erst einmal die Randlage zu Polen. Was ist denn rund um Schwedt? Die Seite (...?) Ackerland und fast nichts. Die andere Seite ist Polen. Zwischen der Stadt und Polen ist der Nationalpark. Den sollen wir nach Möglichkeit nicht mehr betreten und die Totalreservate sind sogar ziemlich dicht dran an der Stadt, die ausgewiesen werden. Das ist nämlich das Schlimme. Wenn die Bürger sich ausgeschlossen fühlen, ausgegrenzt fühlen. Dafür habe ich kein Verständnis. Auch wenn ich das selber nicht mehr so nutzen kann, es gibt bestimmt auch Menschen,

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die das heute noch nutzen, die jeden Sonntag, oder die Woche drei Mal irgendwo mit dem Fahrrad unterwegs sind sich irgendwas angucken. Finde ich total in Ordnung, bloß warum sollte man so etwas verbieten?

AS: Ist da ...

UB: Davor habe ich Angst: vor dem Verbot ... es nicht mehr betreten zu dürfen

AS: Ist der Nationalpark auch Dauerthema bei den Stadtverordneten? Welchen Stellenwert hat er hier?

UB: Ne, also, Nationalparkbelange, das war mal ein heißer Brenner. Da wurde es ganz extrem, als das mit den Landverkäufen losging. Wo hier, hier waren Vor-Ort-Sendungen zwei mal. Aber ist jetzt ein bisschen ruhiger geworden die ganze Sache. Man hört nicht mehr soviel. Die Presse nicht mehr so aufmerksam. Also, mal hört weniger in den Medien. Wenn irgendetwas ist, „bauen, bauen“, Straßen, Wege, Veränderungen in der Stadt, das ist dann natürlich, dass Nationalpark (...?). Ich meine „Freunde des Nationalparks“ und Nationalparkverwaltung sind ja zwei verschiedene Sachen.

AS: Und wer muss dann gehört werden?

UB: Die Nationalpark-(..)

AS: Die Verwaltung?

UB: [zustimmender Laut] ... Es sind ja eigentlich unterschiedliche Sachen. Ich meine, das ist ein Verein, das ist ein Verein, das ist kein Verein. Die Nationalparkverwaltung ist sozusagen die staatliche Stelle.

AB: Und wie war das in den Medien? Welche Partei (...?), die der Freunde (...?)?

UB: Ja, [Lacht] da können sie sagen, nicht Interessengemeinschaft, die hat sich in der Zeit erst gegründet. Da sind die Bürger praktisch auf die Straße gegangen. Das hat ja den Bürger berührt. Das war parteiübergreifend, außer den Grünen. Der höchste Schutzstatus ist für die Grünen immer das Ideale. Bloß ich kann nicht überall Totalreservat machen und die Leute außen vor lassen. Das ist auch eigentlich mein Bedenken. Erst einmal Hochwasserschutz - das ist wichtig. Das Allerwichtigste, die Polder sind geschaffen worden, um die Städte, wie zum Beispiel Schwedt, Gryfino und Stettin vor Wasser zu schützen. Die jetzt hier die Polder, die hier sind, sind eigentlich der Hochwasserschutzgebiet für Stettin. Wenn wir das hier nicht vollaufen lassen würden, würde Stettin im Wasser stehen. Sagen wir mal so: Die Altvorderern haben sich was dabei gedacht. Das ist ja nicht so, dass sie die alte Oder, die Oder begradigt war. Die Alten sagen bei uns noch „neue Oder“, Hohenwutzen. Der Grenzübergang. Da sagen die Einheimischen: „das ist die neue Oder“, das ist eigentlich ein Kanal, ein Stück. Die Alte Oder fließt

durch Oderbruch. Der Unterschied: Oderbruch, der Wasserstand in der Oder ist sowieso höher als der Oderbruch. Der Wasserstand ist höher, das ist das Problem und dadurch kommt auch die Gefahr, wenn Hochwasser kommt und im Oderbruch die Deiche brechen. Oder wenn es droht zu brechen, wie in Aurich oder so. Das sind richtig tiefe Seen, die da entstehen durch den Deichbruch. Am Oderbruch die Stellen, die ich kenne, die zwei, da hat man einfach den Damm rundumgelegt. Die sind nicht verfüllt worden, da ist jetzt eine Ausbuchtung und das andere ist ein kleiner See. Die leben damit, die haben da einen See und... im 19. Jahrhundert entstanden und heute noch ausgespült (...). Ich habe keine Probleme damit, das ist eben die Natur, das sind Naturgewalten und das Wasser sucht sich immer eigentlich seinen Ursprung, wenn man dem Wasser nicht Einhalt gebietet.

AS: Und die Medien - weil wir da gerade waren - haben die Position bezogen, oder welche Bedeutung haben die überhaupt? Und wir hier Aufklärung betrieben oder hört man eher wenig?

UB: Im Augenblick ist eigentlich ein bisschen Ruhe eingetreten (...?) obwohl Schwedt muss mit der Natur gehen, Schwedt wird mit der Natur gehen (...?). Das ist auch meine private Meinung (...?) [sehr leise gesprochen]

AS: Gutes Stichwort: Werden die Bürger gut informiert?

UB: Das kommt immer ... eigentlich, wir haben unser Amtsblatt in Schwedt und da wird alles was die Stadt betrifft schon veröffentlicht. Und unsere Presse ist eigentlich auch immer hinterher, dass sie immer gute Informationen kriegt.

AS: Auch zum Nationalpark?

UB: Auch zum Nationalpark. Obwohl Schwedt ist ja ... unsere regionale Seite und das ist ... wenn irgendwas ist wird schon informiert. Und wenn irgend was ist, was uns betrifft so als Stadtverordnete, da ist ... ... wird da diskutiert. Ich bin immer der Meinung, man darf die Bürger nicht außen vor lassen.

AS: Und beim (...)?

UB: Bei den „Freunden des Nationalparks“ würde ich sagen „nein“, bei diesem Verein, nein. ... Und die Interessengemeinschaft hat sich aus einer Bürgerbewegung gegründet. Und die (...?) Und (...?)... Sanfterttourismus ist gut aber (...?) Der Tourismus (...?). Viele wollen Urlaub auf dem Bauernhof machen. Das ist nun mal eine ländliche Gegend hier. Dann sind nun mal Pferde da. Da kann man beim Reittourismus mitmachen, doch dann ist schon wieder der Nationalpark da und da dürfen keine Pferde. Die könnte ja mal was ablassen. Sind aber zum Teil sind das hier noch alte Postwege in der Gegend hier. Da sind die Hauptstraßen (...?) das sind auch, die alten Postwege, wo die Postkutschen

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gefahren sind, sind mitunter einfach Sandwege. Da sind die Kutschenbreite durchgefahren und nicht weiter, warum sollen solche Wege nicht auch weiter genutzt werden? Ich meine, wenn der Reittourismus, wenn die ihre Wege (...) und sie langzureiten haben, und die halten sich daran, können sie keinen großen Schaden machen. Aber man kommt doch eine ganz andere Ecke, als wenn ich das so sehe, ich hab von Oben einen anderen Blick wie von unten. Und einer reitet nun mal gerne, und wenn die vernünftig reiten, oder die Kutschfahrten. Das würde ja in vielen Sachen dann raus fallen, gerade in dem Bereich Totalreservate.

AS: Die Freunde des Nationalparks haben die Bürger nicht einbezogen, wenn ich Sie richtig verstanden habe? Die Planung ist aber sehr weit vorangeschritten. Es gibt ja auch dieses Nationalparkgesetz und dann diese Nachfolgepapiere jetzt. ... Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, wenn man die Menschen noch mal neu mit einbeziehen würde? Also tatsächlich Gesprächsstunden oder dergleichen ...

UB: Na ja, ich meine , es sind Versprechungen gemacht worden und denn gehalten worden. Wenn ich sehe, was die „Freunde des Nationalparks“ damals für eine Macht hatten, zu welche Ämtern sie gute Beziehungen hatten [betont: „hatten“] und wenn ich sehe, dass ... Ich finde Naturschutz richtig, aber man sollt es auch nicht übertreiben. Und wenn ich Macht habe und Geld, dann versuche ich natürlich mein Geld ruhig zu setzen. Und dann versuche ich auch den höchsten Schutzstatus durchzusetzen. Und Platzeck war ja mal Umweltminister, der Herr Birthler gehörte mal, der ist jetzt ja ausgetreten zu den „Freunden der Nationalparks“, er wurde, mußte notgedrungen, raus gehen, weil sie gesagt haben, wäre er sonst als Landwirtschaftsminister nicht mehr glaubhaft. Die Bauern sich dagegen gewehrt haben. Und wenn ich sehe, welche Leute reinkommen, kann ich nur sagen, die wollen wirklich den höchsten Schutzstatus und den größrmöglichen ... Schutz eben haben. So ist das Gesetz raus. Und Schwedt musste dann kämpfen, wir müssen kämpfen, dass wir unsere Industrie erhalten können, dass wir uns ein bisschen erneuern können, dass wir Arbeitsplätze schaffen können. Wenn wir den Nationalpark vielleicht nicht hätten, aber die Industrie, ist ja jetzt auch so, ich meinem, ich sehe das jetzt aus meiner Sicht, die Industrie siedelt sich auch da an, wo das Zusammenleben, wo Kultur vorhanden ist, Infrastruktur. Zum Beispiel im Nationalpark zählt ja Infrastruktur zählt da ja gar nichts. Zur Infrastruktur gehört auch en neuer Granzübergang nach Polen. Wenn hier alles durch die Stadt geht., das geht auch hier durch die Polder, das ist ein Knüppel dann, wo die Straße ist. Da gibt es bestimmt auch Möglichkeiten, dass wenn man einen neuen Übergang nach Polen macht, dass der Verkehr umweltverträglich ist. Straßenstelzen, habe

ich auch gesehen an der Elbe, das praktisch dieses Flutungsgebiet mit solchen Straßen, ich meine, nun gut, das sind ganz schön viele Kilomenter... irgendwie müsste so etwas zu regeln sein. Da muss man eben auch mehr Geld reinstecken, um die Natur zu schützen. Und wenn ich sehe, ich habe letztens gezählt, als ich nach Gartz gefahren bin, an der Stecke das letzte Ende vor Garz, vor der Brücke, die Störche die es hier gibt. 18 Störche. Ich habe gedacht, das bibts nicht, so viele Störche habe ich noch nie auf einen Haufen gesehen. Und jetzt die Woche wieder (...?) da waren Kraniche, neben der Straße, auf der Wiese. Zum Beispiel auch, wenn frisch gemäht wird, dann sind die Störche hinterher, sind die da. Die holen sich dann schon ihr Futter. Viele Vögel gehen ja auch weg. Weil sie durch das hohe Grass gar nicht mehr ... die Arten verändern sich, die Vogelarten, Insektenarten, Grasarten. Da wird sich alles verändern durch die Totalreservate. Wenn nicht mehr gemäht werden darf, wenn dies und jenes nicht mehr ist. Dann kommen wieder vielleicht andere Vögel dazu, aber einige gehen weg.

AS: Ist die Geschichte mit der Schutzzone 1 und dem Totalreservat. Ist das schon alles entschieden?

UB: Na ja, also so gut wie, würde ich sagen, also meiner Meinung nach. Und weil das ja im Gesetz festgeschrieben ist. Ein Gesetz ist ein Gesetz. Da kann man nur versuchen, dass man eine Gesetzesänderung bekommt. Ich bin schon für einen Nationalpark und auch für Totalreservat, aber man muss auch bedenken, dass der Mensch nicht außen vorsteht.

AS: Was ja im Moment so vorgesehen ist.

UB: ja

AS: Vertritt bezüglich des Nationalparks, oder gibt es jemanden, der bezüglich des Nationalparks ihre Interessen vertritt?

UB: [lange Pause] Da käme eigentlich höchstens nur die Interessengemeinschaft in Frage, weil die wollen ja auch Mensch und Natur in Einklang, also, das ist das, was die wollen. Auch Totalreservate ja, aber den Menschen nicht aus(...?) (sehr lautes Husten von AS) man will die Artenvielfalt erhalten, aber man will den Mensch nicht aussperren... trotz Totalreservat. Und wenn Sie sich die Polder angucken, zu Fuß, dann finde ich in Ordnung, dass da keine Autos fahren. Aber dass da kein Angler mehr ran darf, das finde ich schon etwas kurios. Deswegen werden die Fische auch nicht mehr im Wasser ...

AB: Welche Rolle kann der Nationalpark für die zukünftige Entwicklung der Region spielen?

UB: Es kommt immer darauf an, wie sich der Nationalpark gestaltet. Der Nationalpark mit den Menschen, der mit Menschen arbeitet, der auch zulässt, dass auf bestimmten Wegen, zu

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

bestimmtem Zeiten, Wandern, Radtouren, Kutschfahrten etc. möglich sind, da könnte sich Tourismus ansiedeln. Aber im Nationalpark, der gegen Menschen gerichtet ist, der schließt ja Menschen aus, dann brauche ich kein Tourismus mehr, und die Dörfer hier rund rum, die leben von Tourismus, wenn sie keine Arbeit in Schwedt finden.

AB: Es gibt schon Tourismus hier?

UB: Ja.

AB: und spielt eine gewisse Rolle?

UB: Noch eine kleine Rolle, sagen wir so. Da ist ja Criewen. Criewen hatte früher kein Hotel, eine Gaststätte, das war’s. Zützen - dasselbe. Eine Dorfgaststätte. Jetzt hat sich in den Orten schon viel getan. Berkholz-Maienburg war dasselbe. Wenn Sie hier rausfahren Richtung Gartz, auch Fridrichsthal, oder so. Gatow. Hat sich doch mitunter doch schon etwas getan. Nach der Wende waren ja erst mal alle Gasstätten zu. Man kann ja jetzt eigentlich froh sein, das wenigstens in den Orten, wo ein bisschen Tourismus jetzt hinkommt, auch durch den Nationalpark, dass sich da ein bisschen was entwickelt, dass die Leute jetzt doch auf eine anderer Art und Weise ihr Einkommen haben. Früher die großen Gutshöfe oder die LPGn, die überall waren. Jedes Dorf hatte seine Dorfgaststätte, jedes Dorf hatte seinen Kindergarten, jedes Dorf hatte - , Schulen hatten sie nicht mehr aber ihren Konsum, wo sie einkaufen konnten. Sehr viel ist nicht mehr. Die dörfliche Infrastruktur ist ja weggebrochen. In Schwedt war es nicht anders. Wir hatten 1990, nachdem wir die West-Mark hatten, keine Gaststätten mehr. Hier konnten sie nirgends (...?) gehen.. Hatten kein Hotel, war alles zu. Also ein Hotel schon, aber nicht nach westlichen Standard.

AS: Und das war auch eine Entwicklung vom Nationalpark, dass sie ...

UB: Die dörfliche Entwicklung, die, hier in Schwedt ist es mehr durch die Industrie, dass ich Übernachtung anbieten muss, aber in den Dörfern, das ist Tourismus, was da jetzt so ein bisschen kommt. Kommt langsam und auch gehegt und gepflegt werden. Viele Leute kommen ja auch wegen des Nationalparks, und wenn ich das sage „Ich kann da nicht mehr rein“. Und bloss, um da mal auf der Straße langzugehen ... die wollen ja wenn, dann die Natur erleben. Natur pur. Gehen Sie mal abends auf die Brücke - in Zützen wohnen Sie oder in Criewen?

AS: Criewen ...

UB: Hinten raus, und dann schauen sie mal rüber abends. Was man da an Vögeln oder so ... Wahnsinn. Abends oder gerade in der Dämmerung oder wenn sie einen freien Blick haben, auch mal von der anderen Seite der Oder. Das ist

phantastisch. Das ist dramatisch, wenn man das mit unter sieht. Ja und wie gesagt. Wir haben die schone Natur. Angefreundet mit Schwedt habe ich mich ja da erst, wo wir auch mal auf dem Wasser fahren konnten, Schifffahrt hatten, mal ein Schiff ge, war es in den 70er oder 80er Jahren, das sie sich mal ein Schiff gekauft haben und dann mal ein bisschen hier durchgefahren sind. Schwedter Querfahrt, ein Stück Oder und zurück. Von der Wasserseite aus, ist die Landschaft natürlich noch viel reizvoller. Wenn unsere Ruderer, und es gibt ja auch viele, die ihr Kanu oder ihr Paddelboot haben und damit durch die Gegend fahren, und sagen, „Vom Wasser aus ist es phantastisch.“ Und die Welt vom Wasser aus sieht anders aus als vom Land. Sieht viel schöner aus.

AS: Das heißt, der Bootstourismus ist auch wichtig, die Paddler?

UB: Ja. Das ist auch wichtig. Es gibt ja auch viele, die auch Wassersport machen. Und, wie gesagt, Motorboote würde ich nicht so gerne sehen. Da muss ja nun nicht sein. Aber so, warum nicht? Aber sowas müßte hier schon geführt werden, so eine Wasserwanderung, eil die weil man sich durch die vielen Nebenarme der Oder ganz schön verfahren kann. Das wäre ein Problem. Würde man vielleicht nicht mehr raus finden. Auf der Karten sehen Sie, dass die Wasserläufe miteinander auch verzahnt sind...

AS: Wäre das auch eine Aufgabe für die Nationalparkverwaltung? Oder für die Ranger?

UB: Das man sowas vielleicht anbieten könnte. Aber nur „könnte“. Denn empfehlen würde ich es nicht. Wenn man schon so ein Kleinod hat, wäre zum Beispiel, würde ich die Touristen raus lassen. Wenn Sie schon einmal beobachtet haben, wie die Rohrsänger an drei Schilfhalmen ein Nest gebaut haben. Und als Kind beobachten konnten, als die ihre Jungen gefüttert haben .. da müssen sie schon ganz schön still werden, um so etwas zu sehen. (...?) Wo die Rebhühner Brüten oder wo Fischotter an Land gehen und der sein Schlafplatz hat (...?) Oder das ganze Schilf. Das ist nicht nur Schilf. Da gibt es immer Unterschiede. Oder wo im Winter das Schilf geschnitten wird. Wenn die Oder zugefroren ist und die brauchen wieder Schilf für ihre Dächer oder für eine Scheune. (...) In bestimmten Gegenden machen sie es heute noch. Aber warum soll das nicht genutzt werden? Das Schilf wächst nach. Aber mitunter bauen die Vögel dort. Aber die halten ja auch nicht ewig.

AS: Tourismus haben wir dann geklärt. Wie würden sie die gesamtwirtschaftlichen Perspektiven der Region einschätzen?

UB: Ich kann nur hoffen, dass sich das neue Chemiewerk ansiedelt. Das sind ungefähr 800 Arbeitsplätze. Schwedt wird kleiner. Die haben letztens gesagt, wenn die Bevölkerung immer so

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abnimmt, wie im vergangenen Jahr, können wir in (14...?) Jahren Schwedt zuschließen.

AS: Ausgestorben ...

UB: Ja, ist traurig. Das ist aber nun mal die Entwicklung. Ich habe vielleicht eine etwas andere Übersicht, weil die demographischen Änderungen wie sich Schwedt mal entwickeln wird, ist doch noch anders. Das kennt nicht jeder. Und wenn wir hier keine Industrie und Handwerk mehr ansiedeln, und es zu unserem Rahmen passt, und das Gelände ist da und dazu bauen, , auf dem vorgesehenen Gelände was machen können, .. dann ist es gut, dann Schwedt ist ja kein (..?)Ist ja nicht so, Schwedt ist ja keine gewachsene Stadt (...?) 85% zerstört. Früher gab es nie Industrie hier, außer Tabak. Schwedt war Garnisonsstadt, Schwedt war Markgrafenstadt, Schwedt war immer was anderes. Schwedt war immer Teil der (..?). Weil dadurch, dass es eine eigen Marktgrafschaft war, hatte es ausgesorgt und war schon wieder extra. Als Garnisonsstadt schon wieder extra. Dann kam die Industrie nach Schwedt. 1958/59 so etwa, wurde per Parteitagsbeschluss beschlossen, dass Schwedt eine Papierfabrik kriegt, dass hier Erdölverarbeitung herkommt, eben weil es eine schwache Region war, weil es keine Industrie gab, weil es keine Arbeit gab. Und dann wurde die Papierfabrik gebaut, dann das Erdölwerk und das hier sind so die ersten Grundblöcke, die gebaut wurden. So Ende der 50er Jahre, Anfang der 60er, also die hier um die Ecke. Für die Leute war damals (...) Das warme Wasser kam aus der Wand. Ich meine von der Ausstattung mit meinen Steckdosen her: Zwei in der Küche, keine im Bad. Also, ist schlimm. Wenn ich mehr Steckdosen haben will, muss ich bezahlen - haben sie mir gleich gesagt, als ich eingezogen bin ...Was war die Frage?

AS: Ja, die Frage war ...

UB: Wie die weitere Entwicklung ... ja? Damals sind die Leute hergekommen, jetzt gehen sie wieder weg. Das war schon Ende der 80er Jahre zu sehen, dass die Kinder und Enkelkinder überall woanders hingehen werden müssen. Es war uns schon bekannt, dass sich nicht mehr die Arbeit für alle da ist und das Schwedt eines Tages zu alt wird. Also das war schon vorauszusehen. Die Leute, die hierher gekommen sind, die sind ungefähr alle gleich alt gewesen, die sind ungefähr alle zur gleichen Zeit gekommen, so Ende der 60er bis 70er Jahre ... ja. Und die Kinder, die (...?). Und dadurch, dass sie wieder weggehen mussten, war klar: Die Wende kam, Industrie geht kaputt. Es wurde absolut Personal abgebaut, es war ja nun nicht so, dass wir zu faul waren zum Arbeiten. (...?) Es fiel bei uns in der Papierfabrik (...?).

AS: Wenn sie könnten wie Sie wollten, was würden Sie unternehmen, wie würden Sie es haben wollen? Sie können jetzt die Zukunft neu erfinden.

UB: Sie können jetzt die Zukunft neu erfinden. Tja, Zukunft neu erfinden ... wenn ich mir die Vision ausmale, dann werde ich sagen können, wo jetzt der Stadtteil Waldrand ist, wird fast alles wieder Wald sein, die Innenstadt wird belebt sein, und ...Autos, wir werden mehr Fußgängerzonen haben wie jetzt (..?). Der Verkehr wird viel raus, also hier am Haus werden keine LKWs mehr fahren, nur noch vielleicht die Versorgungsfahrzeuge aber kein Verkehr mehr durch die Stadt. Die jungen Leute werden alle Arbeit haben. Das ist erst mal wichtig, dass sie alle Arbeit haben. Die haben auch noch Zeit sich kreativ zu beschäftigen und es wir hoffentlich nicht mehr sein müssen, dass (...) die die Arbeit haben nur arbeiten, und kaum Freizeit habe und die anderen sitzen nur zu Hause und möchten gerne arbeiten. Also so wird es dann hoffentlich nicht mehr sein. Das die Arbeit gerechter verteilt wird. Ja, und wenn Leute mehr Arbeit haben, werden auch mehr in Schwedt mehr Kinder haben, Schwedt wird vielleicht auch mal wieder jünger werden, da muss ich aber schon weiter rechnen, dann wird sich Schwedt auch wieder verjüngen. Und man sieht in den frühen Jahren, in denen ich hier schon lebe, und die Bäume gewachsen sind, nicht nur Pappeln sondern auch Lorbeerbäume schon von beachtlicher Größe hier stehen. Und so wird es vielleicht überall schön grün sein. In der Freizeit werde ich vielleicht mal wieder angeln gehen können ohne ... ich meine, die Angler haben sowieso schon große Auflagen, aber die können dann trotzdem immer noch angeln gehen ... und die Jäger könne immer noch zur Jagd gehen ... und die Bauern können immer noch ihr Heu noch ernten und ihre Kühe ab und zu mal das Gras kürzen lassen (...?) Dass man die Zugvögel abends immer noch immer noch hört, nachts die Gänse-Schwärme, im Herbst und im Frühling. Dass man die Nachtigall noch singen hört, da freue ich mich auch.

AS: Auch in der Stadt?

UB: Drüben ist der Nationalpark. Da am Theater ...

AS: Tatsächlich?

UB: Da ist die Brücke, da sind Sie ja herüber gefahren, ist ja nur über die Straße. Ja das alles. Dann sehe ich natürlich noch aus einem anderen Auge auf die Stadt: Das alles, was neu gebaut wird, barrierefrei wird. Dass keine Leute mehr ausgegrenzt werden. (...?) Das ist eine Diskriminierung. Rollstuhlfahrer ... und dann gesagt wird „Ja, die könne ja klingeln“ (...?) Bei Gaststätten und Hotels ist das so (...?) Ich habe mal die Hoffnung, dass auch Ärztehäuser zu den öffentlichen Bereich gehört (...) [sehr leise] Der Mensch und die Natur müssen im Einklang sein. Das ist mein Anliegen. Was ich auch gerne möchte. Wenn sich jeder so verhalten würde, der die Natur liebt, wie ich mich verhalte, hätten wir wahrscheinlich gar keine Probleme, dann würde nirgendwo Müll rumliegen. Ich finde es zum

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Beispiel sehr schön an Campingplätzen gibt es Grill-Stellen, da kann man Grillen auch wenn ich nur zum Banden hinfahre, so genehmigte Stellen müssten sein. An bestimmten Stellen sollte man so etwas anbieten, nicht jeder hat einen Garten. (...?)

AS: Herzlichen Dank.

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Gruppen-Interview mit Mitgliedern der Akademie für Berufsförderung und Umschulung Berlin e.V. (ABU),vom 29.6.2000 in Schwedt, ca. 130 Min.

9. Gruppen-Interview mit Mitgliedern der Akademie für Berufsförderung und Umschulung Berlin e.V. (ABU), vom 29.6.2000 in Schwedt, ca. 130 Min.

Anwesende Personen:

InterviewerInnen (AG):Bernhard GlaeserClaudia MüllerMilena JoschkoKinga Rytau

Interviewte (ABU)Frau Pils, Leiterin; Frau Miersch, Behindertentourismus; Frau Hoffmann, grenzüberschreitender Tourismus;Herr Wurl, historisches Hügelgrabprojekt bei Mescherin; Herr Mai, Verbesserung des touristischen Erscheinungsbildes; Herr Krusche, schützenswerte Bäume und Baumgruppen.Die Zuordnung der Namen der InterviewpartnerInnen gestaltete sich äußerst schwierig. Evt. liegen gelegentlich Fehlzuordnungen vor.

Stand: 2.11.2000Band Nr. 61, 62

Transkriptionszeichen:ABU: InterviewteAG: InterviewerInnen(...) Pausen(?...) Auslassungen weil nicht verstanden

Interviewatmosphäre:Das Gespräch war freundlich, aufgeschlossen und interessiert. Es fand in den Räumlichkeiten der ABU statt. Insgesamt nahmen 10 Personen an dem Gespräch teil.

Transkriptionsbeginn:

ABU, Frau Pils: ... ein vorgeschichtliches Hügelgrab aus dem 17. Jh. wieder zu errichten als ein touristischen Anziehungspunkt im nördlichen Teil des Nationalparks in Lichterfelde, ein Ortsteil von Mescherin. Das Projekt ist erst gestartet, wir sind noch ein bisschen in den Anfängen in den Anfängen. Es ist da geschichtliches Material aufzuarbeiten und diese ganze Sache auch so nachzugestalten, dass man sagen kann, also so war es in dieser Zeit gewesen.

Dann haben wir den Herrn Mai, Mai wie Frühling. Herr Mai ist auch mit seinen Mannen im

Nationalpark tätig und zwar nennt sich dieses Projekt zur Verbesserung des touristischen Erscheinungsbildes im Nationalpark Unters Odertal; und zwar wissen Sie ja auch, das im Nationalpark bei Gründung noch Altlasten in den Kerngebieten vorhanden sind, so Abriß und Wanderwegsgestaltung und so weiter und sofort; momentan ist er am BIZ, tätig haben sie sicher schon gesehen; sie sind ja in Criewen dort haben sie ja Ihre Logie. Wir haben die vielfältigsten Einsatzgebiete auch in diesem Projekt.

Und zu guter Letzt kommt dann Herr Krusche. Herr Krusche ist auch erst seit Anfang Juni bei uns und ist in einem Projekt tätig, was sich mit schützenswerten Bäumen, Baumgruppen und Sträuchern befaßt direkt im Nationalpark. Und zwar sind diese Bäume und Baumgruppen sollen unter Schutz gestellt werden, da ja durch Beweidung im Nationalpark die Kühe ja Schäden anrichten, große Schäden anrichten, Trittschäden, durch Exkremente, Verbisschäden und und und, und diese sind zu kartieren und dann letzten Endes in Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung diese Sache unter Schutz zu stellen. Weil ja sicher, wenn man dieses jetzt nicht tun, diese prägnante Landschaft die das Untere Odertal ja auszeichnet, ja irgendwann mal verschwinden kann.

Alle Projekte sind bei uns, wir arbeiten in Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung, wir sind enge Partner seit vielen Jahren, solange, wie es die ABU hier in Schwedt gibt, angefangen mal hier in Schwedt und die Regionalstelle gibt’s seit 8 Jahren, die gesamte ABU seit 10 Jahren. Wir werden nächste Woche das 10jährige Bestehen feiern. Am Anfang ist hier in Schwedt auch Bildung gemacht worden, auf Tourismussektor, auf Umweltsektor, und ich, ja was bin ich denn? Mein Projekt, oder wir sind nur ein zwei Personenprojekt. Mein Mitstreiter ist verhindert. Wir haben heute auch noch eine Tourismusgruppe in der Criewener Ecke, werden heute durch den Criewener Park und die Kirche geführt.

AG, Glaeser: Wo sind die, wo bewegen die sich genau?....

ABU, Frau Pils: Kann ich Ihnen jetzt nicht sagen..

AG, Glaser (lachend): ....wir suchen verzweifelt Touristen,

ABU, Frau Pils: Es sind 55 Leute die sind heute hier...

AG, Glaeser: 45...dann kriegen wir unser Soll.

ABU, Frau Pils: ...im Nationalpark unterwegs. Kann ich Ihnen jetzt nicht sagen wo die sich derzeitig aufhalten. (lachend) (...) Weißt du es?

ABU, Frau Miersch: Also ich weiß nur, das die um 15 Uhr auf dem Schiff fahren.

ABU, Frau Pils: ...also 15 Uhr zum Schiff gehen.

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Wohin? Zum Wollgatten(...?)

ABU, Frau Miersch: ..in Schwedt.

ABU, Frau Pils: Wir sind beide hier eingestellt als sogenannte Projektkoordinatoren. Wir halten so die Fäden in den Händen und sorgen dafür, das alle Projekte untereinander verflochten sind, eine Gemeinsamkeit da ist und eine Zusammenarbeit, bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit und was alles dazu gehört, Projekterarbeitung.

AG, Glaeser: Gut, jetzt kommen wir dran. Mein Name ist Bernhard Glaeser, ich bin Hochschullehrer an der FU und wir haben eine Arbeitsgruppe gegründet im Bereich Soziologie, Gesellschaftswissenschaften, eine Arbeitsgruppe, die sich jetzt zum Thema genommen hat Möglichkeiten und Chancen des Unteres Odertal auszuloten, d.h. vor allem auch zu sehen welchen Beitrag der Nationalpark leisten kann, Möglichkeiten und Chancen. Natürlich haben wir auch gelesen und auch mit verschiedenen Menschen hier gesprochen, dass es nicht nur Möglichkeiten und Chancen gibt, sondern auch Widerstände und Konflikte und all das interessiert uns, all das möchten wir gerne dokumentieren, und deswegen sind wir hier und deswegen möchten wir auch mit ihnen sprechen.

Jetzt denke ich sollen sich die Mitglieder der heutigen Gruppe, die übrigens innerhalb unserer ungefähr 12 Kopf großen Gruppe sind wir diejenigen, die sich speziell mit Tourismusfragen befassen, insofern passen wir glaube ich ganz gut heute zusammen. Wir haben dann noch eine andere Gruppe, die sich speziell mit den Landwirten im Gebiet unterhält und eine dritte Gruppe, die mit Personen Kontakt hat, die weder dem einen noch dem anderen Bereich angehören. So wir sind die Touristen, und jetzt reiche ich das Wort weiter an meinen Nachbarn zur Rechten.

AG, Claudia: Ja, fang ich wohl ers mal mit meinem Namen an. Claudia Müller, Studentin an der Freien Universität Berlin, wie wir alle, ich weiß ja nicht, was sonst noch so interessiert?

AG, Milena: ...das wir uns vielleicht im Hauptstudium befinden, 6. Semester, dass das jetzt unser erstes Forschungsprojekt was wir machen, in der wir praktisch eine großen Forschungsprozeß beleiten (..?), also sprich mit allem drum und dran, mit Fragebogen erstellen, für eine bestimmte Problematik was jetzt den Nationalpark z.B. betrifft, und befragen und dann zum Schluß auswerten und dann wirklich einen Forschungsbericht zu schreiben, also Praxis.

AG, Glaeser: Das war Helena Joschko.

AG, Milena: MILENA, (...) also, Herr Gleaser, dafür das wir schon eine Woche hier sind und Sie immer noch nicht meinen Namen wissen ...(lacht)

AG, Glaeser: ist wirklich furchtbar, ... grauenhaft

(lacht)

AG, Kinga: Ich heiße Kinga Rytau, und es wurde schon alles gesagt, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.

ABU, Frau Pils: Wo kommt denn dieser Name her?

AG, Kinga: Kinga kommt aus Ungarn, ungarischer Name. Ich komme nicht aus Ungarn, ich bin in Polen geboren. Bloß der Name ist ungarisch. Und Rytau hieß ursprünglich Ritter, die Polen haben das einfach vereinfacht.

(...)

AG, Glaeser: Kommt die Familie aus Ungarn?

AG, Kinga: nein überhaupt nicht, eigentlich aus Deutschland, die Großmutter ist Polin. Dann wollte mein Großvater in Polen bleiben, wollte nicht mehr nach Deutschland, so hat sich das ergeben.

(...)

AG, Milena: Dann würde ich sagen, fangen wir mit der ersten Frage an: Wie hat sich aus ihrer Sicht in den letzten 10 Jahren die Region hier um den Nationalpark aber auch Unteres Odertal verändert? So mal ganz pauschal gefragt.

(kleine Pause, Gehüstel)

ABU, Herr Krusche: Ja ich könnte dazu was sagen. Durch das Hochwasser vor drei Jahren 1997, und da sind im Park sehr viele Schäden entstanden, das werden Sie bestimmt schon gesehen haben, wenn Sie da durchgefahren sind mit dem Fahrrad oder so. Viele Bäume sind da vertrocknet. Ich schätze, dass das mit dem Hochwasser was zu tun hat. Und da ist vieles abgestorben, weil es zu lange stand das Wasser und zu hoch, wahrscheinlich hat das Wurzelgebilde keinen Sauerstoff bekommen mehr und (...) teilweise sieht man an Randstrecken wo Wasserläufe sind, das da wieder etwas nachwächst. Da müssen wir aber wieder klären, der alte Bestand, der vertrocknet ist, der muß rausgeschnitten werden. Also ich schätze das so ein, dass man da wirklich was rausschneiden könnte an den trocknen, was vertrocknet ist und abgestorben ist, das der neue Trieb wieder nachwächst ansonsten, da ist natürlich noch eine Krankheit drin in diesen Bäumen. Ansonsten würde das Neue, was dann nachtreibt, auch wieder krank werden. Das Hochwasser hat einen großen Schaden angerichtet, auch schlammmäßig und, und, und was da alles mitkam..

AG, Milena: Einen Prozentsatz vielleicht?

ABU, Herr Krusche: Ach das weiß ich nicht. Das Gebiet ist ja so groß, was da mit der Oder kam an Schlammanteilen und... dann ging das Hochwasser auch zurück, ich hab das ein bisschen verfolgt damals, weil ich hier ein Grundstück habe, das war fast mitbetroffen, wir mußten da Sandsäcke schleppen um zu vermeiden, es konnte ja noch ein

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Damm brechen. So, dann ging das los, das Wasser ging wieder zurück langsam und dann war die große Mückenplage, das war dann das Schlimmste.

AG, Kinga: Aber was würden Sie sagen hat sich in Hinsicht auf die Wende, geändert hat

ABU, Herr 2: Früher wurde eben...

ABU, Frau Pils: Ich würde sagen, die Frage war sicher auch so gemeint..

ABU, Herr 2: Es wurde früher eben alles intensiv genutzt, Landwirtschaft und Tiere und alles und damit ansprechend auch auf Deine Sache, viele Sträucher, Bäume sind durch die intensive Nutzung in Mitleidenschaft gezogen worden; und auch die ganze Fragen der Betonplatten und so weiter, auslegen der Wege das ist alles eine Frage, die sich auf den Naturpark sich natürlich nicht gerade positiv auswirkt. Das muß erst mal alles wieder arbeiten. Die Tiere haben Gras, alles was Strauch war, was grün war, bis runter (gefressen), und dann wurde intensiv gedüngt, zusätzlich Jauche noch...

ABU, Frau Pils: ...der Schadstoffeintrag...

ABU, Herr 2: ...weil es nicht gereicht hat, weil es nicht schnell genug nachgewachsen ist, dann wurde eben noch Jauche rauf, noch wieder Wasser rauf und so ist die Sache natürlich nicht gerade für den Naturpark zum Positiven. Was sich jetzt natürlich mit der Zeit zurück entwickelt, zur Natur wieder. Es wurde ja alles, ..es war ja kein Stück, was nicht intensiv genutzt wurde. Jede Ecke, jede Kante, alles wurde genutzt.

ABU, Herr Krusche: Vor allem die Zeiten wurden nicht eingehalten, die Brutzeiten (...). Das ging einfach rein und wurde niedergewalzt. Das hat man schon etwas mehr im Griff.

ABU, Herr 2: Und jetzt ist es auch geschützt..

ABU, Frau Pils: Jetzt müssen die Zeiten eingehalten werden, solange die Bodenbrüter, am brüten sind, eher darf der Bauer nicht rauf und eben die Mad(?...) und eben auch die Tiere nicht rauftreiben (?...) bevor eben das Wasser zurückgegangen ist, darf ja sowieso keine Landwirtschaft betrieben werden, man kann je eh gar nicht rein auf die Wiesen. Aber ich sage mal wie Herr Krusche schon sagte, das war ja dann halt früher so. Aber auch schon zu DDR-Zeiten war es ja ein Vogelschutzgebiet.

ABU, Herr 3: Genau so ist es.

ABU, Frau Pils: Ja, es war ja schon immer ein Vogelschutzgebiet, es haben ja auch im Winter unzählige Vogelarten und Wasservögel hier gerastet und es war auch immer schon ein Gebiet der Zugvögel, die hier Station gemacht haben und dann im Frühjahr weiter in den Norden geflogen sind oder im Herbst dann weiter in den Süden, das war schon länger ein Vogelschutzgebiet. Wie lange

kann ich nicht sagen.

ABU, Herr Krusche: Das sind ja auch riesige Flächen wo der Bauer auch gar nicht irgendwie eine Mad übernehmen kann, wo sich die Vögel niederlassen können, wo sie brüten können.

(?...)

ABU, Herr 2: Aber es wurde eben doch abgepumpt wie in Staffelde, weist Du, wo wir die Lichtmasten alle abgerissen haben? Da haben Sie ein Pumpwerk gehabt.(...?)

ABU, Herr 3: In Staffelde haben sich ja auch erstmals wieder nach Jahren Schwarzstörche angesiedelt. Die waren lange nicht da.

ABU, Frau Pils: Im Nationalpark ist es ja jetzt so, es gibt ja so viele Vogelarten die bis Dato, wo es eben erst mal nur bis zur Wende wo diese intensive Bewirtschaftung stattgefunden hat, die sich hier gar nicht nachweisen ließen, die jetzt wieder da sind. Ich kann jetzt nicht irgendwelche Beispiele nennen, aber ich hab unlängst wieder eine Führung und da habe ich dann auch wieder erläutert bekommen, welche Vogelarten jetzt durch die Unterschutzstellung sich jetzt wieder angesiedelt haben.

(...)

ABU, Herr Krusche: ..der böse Kormoran...

ABU, Frau Pils: ... der böse Kormoran, der ist nicht böse..

AG, Milean: Wer ist das?

ABU, Frau Pils: Kormoran?

AG, Kinga: Vogel..

AG, Milena: oh, oh Gott...

(Lachen...?)

AG, Kinga: Und wie hat sich das Leben hier geändert, also in Bezug auf Industrie?

ABU, Frau Pils: Ja, das ist ein weites Feld, kann ich was dazu sagen. Ich habe bis 1992 selber in der Großindustrie gearbeitet. Hab von Hause aus Chemie studiert und Ende 1992 kam für mich dann das Aus über Personalabbau und in der Großindustrie waren ja hier draußen 10.000 Leute beschäftigt; der derzeitige Stand was ich weiß sind es 1.400 glaube ich. Aber man muß ja sagen, viele Ausgliederungen und Neugründungen sind ja dadurch entstanden und mit diesem Abbau von Arbeitsplätzen ist ja auch diese große Arbeitslosigkeit entstanden. Und natürlich hat man im Zuge mit der Nationalparkgründung und schon alleine erst mal am Anfang der 90er Jahre mit dem Gedanken der Nationalparkgründung, wurden auch viele, damals viele Hoffnungen verbunden, das sich auf der Tourismusstrecke, es gibt ja adäquate Gebiete wo Industrie mit Nationalpark ja völlig im

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Einklang lebt, sind sehr viele Hoffnungen damit verbunden worden, das sich dort auf der Tourismusstrecke Arbeitsplätze geschaffen werden. Industrie ist ja sehr viel auch weggebrochen, viele Industriezweige sind weggebrochen; ich sag mal diese zwei Betriebe, einer ist neu entstanden, diesen gab es auch schon seit Mitte, seit Anfang der 60er Jahre, den großen Chemiebetrieb seit Anfang der 60er Jahre auch und aber viele andere sind eben ...., ja der Bedarf war nicht mehr da, anderweitig wurde günstiger produziert und so ist hier diese hohe Arbeitslosigkeit von über 20% entstanden.

AG, Milena: Wer ist der Gewinner oder wer sind die Verlierer dieser ganzen Entwicklung? Wenn man das mal so fragen darf, dieser Wende oder in den letzten 10 Jahren in dieser Region?

ABU, Herr 3: Na dann würde ich mal sagen, die Verlierer das ist die Landwirtschaft, denn man muß sich ja vor Augen halten, es war damals hier und heute noch Viehwirtschaft und die können ja jetzt, also das Futter ist ja eingeplant oder war eingeplant und die müssen ja nun sehen, das sie ihren Viehbestand entweder halten oder abbauen, denn es ist ja doch eine gewisse große Fläche, die jetzt nicht mehr so intensiv bewirtschaftet wird. Und das war ja hier unser Territorium alles mit Landwirtschaft zum größten Teil, damals, außer hier Schwedt das bisschen Industrie, das andere war ja nur, nur Landwirtschaft. Und da sind die Bauern natürlich die Verlierer. Die gehen dann natürlich zum Teil auf die Barrikaden, haben sie ja sicherlich schon gehört sicherlich, hier im Unteren Odertal. Man muß beide Seiten sehen. Man muß sehen, auf eine Art Naturpark ist gut, Arbeitsplätze und Tourismus, man muß aber auch die Landwirtschaft sehen. Denn die Bauern sagen, früher sind die Störche auch gewachsen hier bei uns und die Vögel haben auch gelebt und genau in dem Verhältnis wie heute. Und wenn man mal mit so einem Landwirt spricht und man kann das auch selbst beobachten, wenn die jetzt die Freigabe kriegen hier vom Nationalpark die Flächen zu mähen, dann ist die Brutzeit wahrscheinlich zu Ende, dann mähen die Landwirte, und dann sieht man aber auch die Störche direkt dahinter, da finden die ihr Futter. Wobei, wo das hohe Gras ist, das verfilzt ja, weil das nicht bearbeitet wird, das verfilzt, der Boden wird ja auch saurer dadurch und ich denke mal, da kann sich so ein kleines Kriechtier doch nicht mehr so halten und entwickeln, als wenn das mal bearbeitet wird. Nicht, also wenn man mit den Landwirten spricht, so erfährt man das ja auch. Ich meine ich bin kein Doktor, ich bin kein Professor aber, und die alten Bauern die sagen an und für sich mit Recht, ja früher hat das auch alles gelebt und gewachsen und gediehen.

ABU, Frau Pils: Sie wissen ja selber, wie das mit der Landwirtschaft ist, mit den ufer(losen?) Fördermitteln, viele Flächen werden brach liegengelassen, es wird, sagen wir mal Ölfrucht

angebaut und dafür gibt’s Fördergelder und das ist, wie soll ich sagen, der Landwirtschaft nun so zuträglich nun auch nicht mehr, wie Herr (?...) eben schon sagte, es ist ein Manko für die Bauern entstanden. Vorhin sagte ich schon, viele Sachen sind eben weggebrochen und so eben auch die Landwirtschaft, weil andern Orts in Europa und EU ja vieles viel preiswerter erzeugt wird und es ist ja auch in Europa ein Überschuß an allem da.

ABU, Herr 2: Wir haben unseren (...?) selbst erarbeitet. Dazu mußte die Landwirtschaft da sein, wir brauchten die (...)

Abu, Frau Pils: Ja wir brauchten die

ABU, Herr 2: (...) zum Schlachten alles, wir konnten ja nichts einführen, weil wir ja nichts ausführen konnten, wir hatten ja nichts zum Ausführen und da hebe wir eben alles selber produziert und dann mußte eben alles intensiv genutzt werden. Wenn ich jetzt so in Ständesee(?), wo ich seit letztem Sommer wohne, da sind zwei Bauern übrig geblieben; das ganze Dorf war Bauer. War alles LPG, die großen Ställe, ist alles leer, 2 Bauern sind geblieben.

ABU, Herr Krusche: Ja (...) doch, es wurde sehr viel ausgeführt, da wo sie (....?)

ABU, Herr 2: Jaaa, von uns in (...?) aber wir mußten immer für uns selber (...durcheinander?) wir haben ja damals aus nichts etwas gemacht.

ABU, Frau Pils: Es war ja bis Anfang der 60er Jahre so hier in der Region, Landwirtschaft war das Ausgeprägteste, hier Schwedt hatte ja 1961, wo wir nach Schwedt gezogen sind, mit Ach und Krach 1000 Einwohner. Und dann ist ja erst die Industrie gekommen und hat ja die vielen Arbeitsplätze geschaffen; vorher war wirklich nur Landwirtschaft.

AG, Glaeser: 68, sagten Sie?

ABU, Frau Pils: 61 bin ich nach Schwedt gekommen

ABU, Herr 2: Und 64 bin ich gekommen, da war auch die PCK schon...

ABU, Frau Pils: Dann wuchs auch die Stadt ganz schnell (...?) bis fast auf 60.000 Einwohner.

ABU, Herr 3: Und jetzt wird sie wieder automatisch geschrumpft. Die Leute sind z.T. raus und die Neubauten werden wieder abgerissen, he, he

ABU, Frau: Wir haben ja nur noch knapp über 40.000 Einwohner.

ABU, Herr 2: Na ja die jungen Leute haben keinen Mut mehr, oder irgendwie keine Kraft oder keine Zeit mehr, dass die Stadt wachsen könnte.

AG, Kinga: Suchen die Leute auch woanders Arbeit, oder finden sie...

ABU Frau: Ich sagte ja, die Arbeitslosigkeit ist ja über der Arbeit hinterher. Über 20 Prozent

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Arbeitslose, viele junge Leute, so wie Sie, es ist ganz schwierig für die jungen Leute hier in der Region Arbeit zu finden, ganz schwierig Lehrplätze zu finden Ausbildungsstellen, letzten Endes wenn jemand, viele meinetwegen auch zum Studium gehen oder so, die finden hier denn im Nachgang, weil die Arbeitsplätze nicht da sind, finden sie keinen Job. Und so, ich sage mal, dezimiert sich die Stadt Schwedt. Die Stadt Schwedt war früher mal eine junge Stadt vom Altersdurchschnitt. Die Stadt Schwedt wird eine alte Stadt werden.

AG, Milena: Ich finde das merkt man jetzt auch schon teilweise, also wenn man so in die Stadt geht, das man da sehr viel Pensionäre trifft. Gibt es denn Gewinner? Also das kommt so rüber, als wenn das eben wirklich hauptsächlich wirklich nur Verlierer gibt.

ABU, Herr 3: Nein, nein, also so kann man das nun auch nicht sehen. Ich mein Gewinner, unser Nationalpark sind wir erst beim Aufbau. Man kann jetzt noch nicht sagen, wir haben von der Landwirtschaft gesprochen, das sind jetzt die Verlierer. Wir können uns das so noch nicht erlauben zu sagen damit jetzt hier der Tourismus ... man kann das noch nicht abwägen in wie weit jetzt nicht ... wir hoffen damit wir durch den Tourismus hier unten noch mehr Arbeitsplätze und, und wie gesagt und alles mit rannkriegen (...), aber das ist noch Aufbau, kann man so noch nicht abschätzen, wir können ja bloß die eine Seite sehen, was da war. Und wenn das mal fertig ist nachher, dann können wir sagen, ja, so oder so.

ABU, Herr Krusche: Ich bin erst ganz kurze Zeit erst da draußen in Gatow sind wir da, ich hab da festgestellt, da ist ganz schön Bewegung drin schon, da kommen aus Hamburg oder der Gegend, das sieht man ja, die warten, die parken dann vor der Brücke wo es dann rüber geht in den Park in den Nationalpark, also da kommen Hamburger, da kommen aus ganz Europa und Stuttgart, das sieht man an die (...?) die da stehen..

ABU, Frau Pils: Ihr kriegt das da draußen am ehesten mit, ...

ABU, Herr Krusche: ja, ja, da ist wirklich Bewegung drinnen. Was da für Touristen kommen, viele mit Fahrrad dann, die ganzen Polder abfahren, weil es Fahrradwege sind, da staunt man schon, das kriegt man so wenn man in der Stadt lebt, dann kriegt man das so gar nicht mit, aber jetzt da draußen so was da schon los ist..

AG, Glaeser: ... dann müssen wir da mal hin..

ABU, Herr Krusche: ...die Schiffahrt und so, das hat auch teilweise zugenommen.

ABU, Herr 3: ja

ABU, Herr Krusche: ...heute zum Beispiel, kamen sie um 11:30..

AG, Milena: Boote?

ABU, Herr Krusche: ..ja, Kleinst-, Kleinboote, um 11:30 kam ein riesen Fahrgastschiff, aus der Schweiz..

AG: ups

ABU, Herr Krusche: ..ein riesen Pott war das...

ABU, Herr 3: ...der fährt öfter da, die machen wahrscheinlich eine Rundreise

ABU, Herr Krusche: der hatte zu tun, das der unter die Gatower Brücke durch paßt, da hat er sein ...

AG:... Schornstein?

ABU, Herr 3: ...nein, der hat keinen Schornstein.

ABU, Herr Krusche: ...Führerhaus versenkt..

ABU, Frau Hoffmann: ..ach so, ja noch besser

ABU, Herr Krusche: ... da ist er reingefahren, da war nur noch soviel Platz unter der Brücke. Wenn der Wasserstand noch ein bisschen höher gewesen wäre... ganz langsam ist der da durch, ...aber soviel, wirklich wahr, da bin ich schnell hingerannt, da hät er rückwärts raus, wenn der Wasserstand höher gewesen wäre.

AG, Glaeser: ja ja ja

ABU, Frau Pils: Um noch mal auf Tourismus zurückzukommen, Frau Hoffmann und ich, wir haben, wir sind ja beide, also ich 92 arbeitslos geworden und sie auch so in dem Dreh, wir haben ja damals beide eine Fortbildung oder Umschulung gemacht auf der Tourismusstrecke, (...) 94 haben wir angefangen damit und 94 war ja gerade so kurz vor der Nationalparkgründung und haben uns ja ausgiebig auf der Tourismusstrecke damit beschäftigt. Es wird – das ist mein Standpunkt jetzt – nie im Nationalpark den sog. Massentourismus geben, wird es nie geben. Es ist eine prägnante Landschaft eine einzigartige Landschaft in Deutschland und auch in Europa, es wird immer ein Zielgebiet bleiben für Spezialisten sage ich mal. Spezialisten, Individualisten, Naturfreunde, Radwanderfreunde, Wassertourismus wie Her Krusche schon sagte, diese Zielgruppen werden hauptsächlich diese sein, die man ansprechen möchte. Dann auch ich sag mal Wissenschaftler, Ornithologen, verschiedene (...?ZW470), und es gibt ja auch der Nationalpark gibt ja zu allen Jahreszeiten sein schönes Gesicht. Ob das jetzt im Winter ist, wo das Hochwasser war, es war ein schreckliches Ding sag ich mal so, aber es war eben auch phantastisch, wir sind beide auch so Photofreeks und es war unheimlich gut auch anzusehen. Und auch im Winter, wenn die Polder geflutet sind und es ist alles gefroren, und die ganzen Wasservögel sind da, es ist eine schöne Region. Aber es wird nie ein Massentourismus geben und es ist ein Massentourismus ist für einen

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verhältnismäßig kleinen Nationalpark auch nicht zuträglich. Es ist ja nun nicht, was weis ich wie hier die Rocky Mountains oder Grand Canyon , und ja, aber, wie Herr Wurl schon sagte, es wird sich noch in der nächsten Zeit entwickeln (...) müssen...

AG, Glaeser: ..müssen..

ABU, Herr 2: ne, ne, man sieht das aber auch, wobei das in Garz war...

ABU, Frau Pils: ...ja, ihr kriegt das ja eher mit als wir..

ABU, Herr 2: ...als wir draußen gearbeitet haben..., meine Güte, das ging da ein Hin und Her, wie gesagt nur mit Fahrrad, zu Fuß,...

ABU, Herr Krusche: schöne Wege

ABU, Herr 2: ..und mit Rollschuhe da, zogen die da lang. Ich hatte eigentlich gedacht das gar keiner, wir sind da alleine, aber das war nicht so, da war ordentlich Betrieb, auch in Criewen jetzt eben (...) auf der Kreuzung, die Jungen Leute (luft und gütersogen? ZW489) kommen sie da an nicht, die älteren Herren so wie ich es bin so und Damen mit der Kutsche, nicht aber die jungen Leute die ziehen da durch, hätte ich gar nicht gedacht, (...) weil sie Criewen schon von früher kennen und da war ...

ABU, Frau Pils: und Criewen war auf der Strecke immer schon, ersten durch den Lenné-Park, den gab es ja schon solange, ne, und der war auch immer gepflegt und wurde auch immer instand gehalten, das schon immer so ein Ausgangspunkt und wo auch Leute immer (...) ich fahr jetzt nach Criewen, Lenné-Park, Kirche, ne, das war ja bekannt. Und dann auch so in Zützen (...?ZW495), oder in Stolpe Grützpott, der letzte Grützpott, der größte Burgfrieden ne, und das waren solche Anziehungspunkte schon immer (...) wo die Leute hingeströmt sind.

ABU, Herr 2: ...und viele Schulklassen sind da hingefahren wie ich festgestellt habe (...) wo ich in der Schule ging, da waren wir doch alle fleißig unterwegs

ABU, Herr Krusche: ... das ist auch richtig, dass die Klassen die Umgebung kennenlernen ... und nicht nach Moskau fahren, (...) die wissen nicht, dass hier auch was zu sehen ist... ne, die wissen ja teilweise schon gar nicht mehr, die Schulklassen (...?ZW503) wie ne Kuh aussieht, deswegen sollen die auch mal zur Landwirtschaft hingucken (...) wie das so läuft..

ABU, Frau Miersch: ... wobei ich eigentlich sagen muß, der Uferradweg der neu entstanden ist, den haben sie sicher schon gesehen, sind den bestimmt schon abgeradelt, das ist ein absoluter Gewinn. Das kann man ja erst mal so sehen. Das ist wahrscheinlich erst einmal im Moment das Einzige,

wo man rechts und links schön gemütlich gucken kann und was sehen kann, wer will kann auch die Quer- die Sommerwege benutzen aber im Grunde, ich gucke auf Grunde meiner Arbeit hier was behinderte Betrifft, nun ein bisschen danach, ob auch so eine Zielgruppe da sich bewegen kann. Aber ich muß sagen, der Radweg ist absolut der Renner. Der wurde erst fertiggestellt, wann ist er genau fertiggestellt?

ABU, Frau Pils: voriges Jahr,

ABU, Herr 3: der ist noch nicht komplett fertig...

ABU, Frau Pils: na komplett fertig ist er noch nicht es fehlen noch die Anschlüsse

ABU, Herr 3: ...durchgehend bis Garz, wollen wir mal so sagen, und dann kommt ja erst wieder die hüglige Landschaft wo sich die Gelehrten drum streiten. ...

ABU, Frau Pils: ...wo er lang gehen soll...

ABU, Herr 3: ..ne, aus welchem Material der gemacht wird..

ABU, Frau Pils: ach so, ja...

ABU, Herr 3:... wo er langgeht, das ist ja schon abgestimmt, aber eben ob Pflastersteine oder Bitumen und wie breit, und das muß ja auch immer so sein, dass da im Notfall auch ein Rettungswagen lang kommt und Feuerwehr, man kann ja nicht einfach so einen schmalen... es kann ja mal was sein, das muß ja alles berücksichtigt werden, ja.

ABU, Frau Pils: Bis Richtung Süden können sie jetzt fahren, bis Oder-Neiße und...

ABU, Herr 3: ...bis zur polnischen Grenze, bis zur Trockengrenze Richtung Polen, wir haben ja einmal die Naßgrenze hier oben, die Ost-Oder und das andere darüber da sagt man Trockengrenze wo denn, ja das ist kein Wasser, da geht man von (...?ZW525) da springt man über den kleinen Graben und dann ist man in Polen.

AG, Milena: Haben Sie denn den Eindruck, dass die Region in den letzten 10 Jahren genügend unterstützt wurde durch öffentliche Mittel und wenn dann durch wen bzw. durch wen dann nicht? Oder was sie sich da erhofft haben?

(...kurze Pause)

ABU, alle: Schwere Frage, weil wir da keinen Einblick haben

ABU, Frau Hoffmann: Wir sind selbst öffentlich gefördert.

ABU, Herr Krusche: Da müßten sie vielleicht bei der Naturschutzwacht nachfragen

ABU, Frau Hoffmann: (...) aber in dem Zusammenhang, wenn sie jetzt in Criewen sind oder (...) in der Nationalpark (...) Verwaltung, da ist auch sehr viel Informationsmaterial da (...) aber was

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Fördermittel jetzt betrifft?

ABU, Frau Pils: ...das entzieht sich unserer Kenntnis.

AG, Glaeser: das können wir bei der Verwaltung rauskriegen

ABU, Herr Krusche: ...ja wichtig ist das schon...

AG, Kinga: Wie ist das mit der Infrastruktur hier in dieser Region, hat sich da was verändert; also es geht mir um Kinos, um Jugendclubs, Kinderstätten, haben die sich verbessert oder verschlechtert

ABU, Frau Pils: Auf jeden Fall, also Infrastruktur, vor der Wende ich sag mal ich kann ja von 61 an hier über Schwedt reden, als Kind hier groß geworden. Es gab bis ... na richtig zur Wende, da gab es große Demo hier und da ist dann auch alles Mögliche gefordert worden ja und eben solche Sachen angefangen beim Kino, so was gab es damals alles nicht. Es gab kein Stadtbad wie wir es jetzt haben, wir haben ja nur ein vereinseigenes Bad gehabt, also zum Sportverein gehörig, wir haben ein Kino, großes Kino, wir haben ein Hallenbad, wir haben Freibad, wir haben Sportanlagen, wir haben ein Bowlingcenter wir haben eine Tennishalle, was haben wir denn noch alles ....Jugendclubs haben wir ...weiß ich nicht wie viele, 4 oder 5 denke ich mal, die hatten wir aber auch schon vor der Wende

AG, Glaeser: ...was hatten sie vor der Wende?

ABU, Frau Pils: ..die Jugendclubs..

AG, Glaeser: ach so, ja

ABU, Frau Pils: ..die gab es auch schon vor der Wende, Kitas, wenn sie so was meinen gab es ohne Ende hier in Schwedt. Es war ja wie gesagt eine junge Stadt mit fast 60.000 Einwohnern, ja und jetzt sind wir an dem Punkt angekommen, weil ja nun der Bevölkerungsrücklauf ist, kaum noch Kinder werden geboren, werden diese Kitas so nach und nach geschlossen, auch bei Schulen ist es rückläufig, wenn keine Kleinkinder da sind, dann sind auch keine Großen Kinder da...

ABU, Herr 3: junge Frauen müssen her, Männer sind ja genug

ABU, Frau Pils: ..aber ich sag mal, so hat sich auf jeden Fall die Infrastruktur verbessert, wir haben ein Kulturhaus (..) Theater, Einkaufszentren (...) ohne Ende..

AG, Glaeser: auch alles neu? das Kulturhaus, Theater...

ABU, Frau Pils:.. nein das Kulturhaus gibt es seit 1975

ABU, Frau Hoffmann: und das Theater war schon drin, mit integriert

ABU, Frau Pils: seit 1974, voriges Jahr 25 uff(...?ZW569)

ABU, Herr 3: ...ja das ist nun jetzt so wie Frau Pils sagte von der Stadt, man muß ja auch weiter sehen. Wir haben ja sehr verzweigte Dörfer hier und Kleinstädte, z.B. Garz ist ja eine Kleinstadt oder Vierraden, aber wenn ich jetzt davon ausgehe von den Dörfern, wie früher, oder was heißt früher, zu DDR-Zeiten es war, da ist das Landleben ist entschieden schlechter geworden...

ABU, Frau Pils: das stimmt...

ABU, Herr 3: ...auf Grund der Tatsache, denn früher hatte jeder kleine Ort oder jedes Dorf eine Kneipe oder eine kleine Gaststätte gehabt, wo sich alle mal getroffen haben, die älteren und und da war auch mal ein Dorfvergnügen oder Disko oder Tanz, das ist heut zum größten Teil alles weg, da passiert nichts mehr.. Die haben wahrscheinlich auch nur so einen kleinen Jugendclub, wie in Mescherin war oder noch ist, und kam von anderen Dörfern noch welche hinzu und dann haben sie alles kurz und klein geschlagen, denn zwei Orte zusammen kamen, der andere Ort hatte nichts mehr, da war ein bisschen und dann wurde das Ding auch dicht gemacht. Also ich würde mal sagen für die Jugend, hat sich das Landleben in gewisser Hinsicht verschlechtert. Das ist nicht mehr so wie es..

ABU, Frau Pils:...es ist ja nicht nur das Landleben, es fängt ja auch an, es gibt auf den Dörfern fast gar keine Einkaufsmöglichkeiten, keine Serviceleistungen, keine Dienstleistungsangebote..

ABU, Herr 2:... keine Post nichts...

ABU, Frau Pils: ... mit jedem Pub, sag ich mal muß man in die Stadt fahren und viele Leute sind ja auf den Dörfern fast nur noch ältere Leute, sind nicht mobil, müssen Hilfe in Anspruch nehmen, manchmal ist es sogar so, es gibt nicht mal mehr einen Arzt, also medizinische Versorgung auf den Dörfern, die Busanbindungen..

ABU, Herr 3:...ja,

ABU, Frau Pils: ...sind wesentlich schlechter geworden. Sonst konnte man ja alle Stunde irgendwohin fahren oder alle halbe Stunde. Also für die Landbevölkerung ist es sehr schwierig geworden.

AG, Claudia: Aber liegt das jetzt an der Wende, oder liegt das einfach an der Verstädterung.

ABU, Herr 3: Also ich würde eher sagen, das lag an der Wende, weil die Mittel nicht mehr dafür da sind. Früher, oder na was soll ich sagen, zu DDR-Zeiten haben sich die Städte oder die Dörfer haben sich das erarbeitet, das heißt die Landwirtschaft, war ja alles Landwirtschaft, so und wenn die Landwirtschaft dann meinetwegen 1.000 Mark mal gespendet und dann war das Fest irgendwie Dorffest oder ein Erntefest, das lief alles so heute sponsert ja keiner mehr (...) weil ja da auch nichts mehr ist. Wenn man abends durch ein Dorf heute

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

fährt, ich meine ich wohn ja hier, das ist, als wenn die Straßen zugeklappt sind. Da ist nichts, sie sehen, sie hören nur die Hunde bellen, mehr nicht. So ist das Heut, irgendwie das ganze Dorfleben und das ist ja nun auch die Bürger die da drin wohnen, heute schließt jeder seine Tür abends um 8 zu. So. Zu Ostzeiten hat man noch draußen vor dem Zaun welche sitzen sehen. Das ist heute wie eine kleine Ellbogengesellschaft (...)

Und wer noch Arbeit hat da wird eventuell noch gesagt, „Mensch, du hast schon wieder eine ABM-Stelle gekriegt?“, wo hast Du denn her, hast Du Beziehungen, weil das ist der Neid ...innerhalb der 10 Jahr jetzt, wo wir das haben ist das alles mehr so auf Neid, auf Neid aufgebaut. Das war zu Ostzeiten eben so, wie eine Große Familie, jetzt grob ausgedrückt, ja. Und das vermißt man eben heute auf dem Lande würde ich sagen.

ABU, Frau Miersch: Ich kann das auch bestätigen bei unseren Recherchen die wir gemacht haben. Wir haben uns mit Leuten unterhalten und da haben die alle gesagt, das ist ganz anders geprägt, das hat sich ganz schlimm verstärkt. Und die gucken alle, was die hat einen Reiterhof, oh, die wird doch hoffentlich nicht Millionen machen mit ihrem Reiterhof, als Beispiel jetzt, und so gibt’s viele Beispiele die mich aneinandergekettet haben bloß um zu (...? ZW615) eigentlich auch überraschst, wobei man auch die Uckermärkische Mentalität berücksichtigen sollte, das wurde uns dann auch immer gesagt, aber hier ist eindeutig dann dieses nach der Wende ganz doll ausgeprägte Neid oder Haß (...?ZW618) das nennen will.

ABU, Herr 3: das ist nun mal so (...?ZW619) Tatsache (...?)

ABU, Herr 2: Ich wohne jetzt auf dem Dorf im Sommer, zu DDR-Zeiten wohnte ich dort auch schon, da war Leben. Jetzt ist, ist wirklich erschreckend wenn man dann abends irgendwie sitzt, Rollos runter, früher hatten wir keine Rollos dran, Rollos waren nicht, klack, klack, ist doch 7 Uhr, die Sonne scheint doch noch und schon die Rollos runter und auf jedem Hof ein Köter, keine Gaststätte mehr, kein Friseur mehr, kein Arzt mehr, kein Konsum mehr, nichts, gar nichts. Die Oma muß immer zum Nachbarn (...?ZW626) kannst Du nicht zur Apotheke und, kannst Du mich nicht mitnehmen zum Arzt ich muß noch da und da zum Arzt, und die Jugendlichen sitzen genau gegenüber wo es (geworden ist ...?ZW630) eine Bushaltestelle, unten sind sie rausgeflogen. Jetzt muß ich mal ganz schlecht sagen, weil da unten sich der Bürgermeister hatte ihnen ein Stück vom Gutshof gegeben und sagte hier könnt ihr euch ausbauen und könnt dort bleiben. Da hab ich eine Tischtennisplatte, neue Fenster und alles mögliche. So leider sind ein paar (...?Zw634) Bungalows von der BRD drüben errichtet haben, und es kamen nur noch Beschwerden, und dann mußte er sie

rausnehmen und jetzt sitzen sie bei uns oben an der Bushaltestelle und Auto vor der Bushaltestelle, auf die Straße und machen dort ihr Jugendleben. Woanders da unten können sie nun nicht mehr, da sind sie rausgeschmissen worden, der Bürgermeister, weil die das nicht wollten. Unsere Leute haben sich aufgeregt darüber, aber gut, aber die haben sich eben aufgeregt und laufend beschwert und da mußten die eben raus und da stehen sie auf der Straße.

ABU, Herr 3: Und solche Sachen sind eben natürlich für den Tourismus schädlich, denn...

ABU, Frau Hoffmann:... gerade wenn ich über die Dörfer fahre, es gibt ja so niedliche kleine Dörfer..

ABU, Herr 3: ...saubere, schöne Dörfer, saubere Dörfer gibt’s jetzt auch...

ABU, Frau Hoffmann: ...Kirchen sind restauriert worden, also man tut schon auch auf den Dörfern vieles was möglich ist aufgrund der Mittel um das Dorfbild zu verschönern, aber ich sag mal, wenn der Tourist kommt, und er findet kein Serviceangebot vor, ...

ABU, Herr 2: ... und kein Leben...

ABU, Frau Pils: ...ja dann kommt er einmal und dann ist er weg.

ABU, Herr 2: ... da gehen sie durch und da bellen nur rechts und links die Hunde, mehr passiert, mehr ist auf diesem Dorf nicht. Jeder verdrückt sich hinter seinem Zaun. Ich hatte vorher auch nur 80cm weil es (...?ZW649) erlaubt war, und jetzt hab ich meine Hecke auch schon so hoch, jetzt um ehrlich zu sein...

AG, Glaeser: (...) mit den Hunden, den Hunden ist das neu?

ABU, Herr 2: ja

ABU, Frau Miersch: ja, das hat zugenommen

AG, Glaeser: das war unser erster Eindruck vor drei Monaten, als wir hier waren.

ABU, Frau Hoffmann: Das Sicherheitsbedürfnis ist nach der Wende auf jeden Fall gestiegen...

ABU, Herr 2: .. und nicht solche kleinen, alles so ne Hünen...

ABU, Frau Hoffmann: ...und deshalb auch die Hunde oder die Hundehaltung und in den Dörfern ist es generell so, also wenn ich mal aus Sicht des Touristen wieder sprechen darf oder touristische Infrastruktur fehlt einfach, ist nicht machbar, weil eben auch die finanziellen Mittel fehlen, aber die Menschen sie sind sogar auch teilweise, wir sagen zwar Uckermärkische Mentalität aber auch teilweise ablehnend dem Touristen gegenüber, sie wollen ihre Ruhe haben. So kann man es eigentlich bezeichnen, also benennen, möchte ich sagen. Wir gehen immer davon aus, Schwedt als Stadt wie

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gesagt das Kulturangebot ist da und auf den Dörfern müßte die Idylle da sein und der kleine Service für den Radwanderer, für den Wanderer für den Individualisten. Der Ornithologe hat eben kein großes Bedürfnis da eine große Servicestation zu haben aber das klein fehlt eben auch, und das ist das betrübliche. Selbst in den Städten in Garz, es ist schon ziemlich abgeschieden, man merkt das es ist immer noch idyllisch, es gefällt mir, aber es fehlt schon an einigem. Wir haben gerade vor kurzem wieder überlegt, wo kann man in Garz eine größere Reisegruppe mittagmäßig versorgen. Also das geht wieder nur in Mescherin im Strandcafe, da geht man schon wieder in den nächsten Ort. Also sie verschenken mit unter selbst einiges. Aber das ist noch nicht so weit. Man sagt auch beim Tourismus es dauert ein paar Generationen, zwei bis drei Generationen. Man muß wachsen, wir können nicht sofort sag ich mal ein Bayrischer Wald werden, ist klar. Das haben wir uns jetzt schon abgeschminkt. Es geht für meine Begriffe immer noch zu langsam, aber es wird noch ein paar Jährchen dauern. Aber nie Massentourismus.

ABU, Frau Pils: Es ist auch schwierig, wie Frau Hoffman schon sagte, die Bevölkerung hier dafür zu motivieren, das sie sich auf der Tourismusstrecke in irgendeiner Art und Weise engagiert, und da sag ich mal das zweite Standbein sehen, für die Zukunft und das wird noch sehr lange dauern. Und eben diese Ablehnung ist hier da und auch diese Zurückgezogenheit der Menschen, das geht ja bis hin, man sieht es ja manchmal auch selber ob es jetzt im Arbeitsfeld ist oder so, bis hin, die Menschen sind heute alle auch sehr aggressiv untereinander.

ABU, Frau Hoffmann: ...reagieren zu schnell über..

ABU, Frau Pils: ...weil, ja vieles wird als störend empfunden, ja anders rum auch gesehen, wir sind ja alle so wie wir hier sitzen über Fördermittel angestellt, irgendwann kommt für uns auch wieder die Zeit wo man zu Hause bleiben muß und alle haben wir auch schon ein Alter überschritten, wo man sagen kann, also für uns ist es sehr schwierig wieder was zu finden, in unserer Region. Das dann auch da irgendwo der Frust aufkommt, und bei vielen Menschen ist es ja auch so das der Frust da ist über das Nicht-mehr-gebraucht-werden.

(...Schweigen)

ABU, Frau Hoffmann: Noch auf die erste Frage „Gewinner-Verlierer“, wir sind, da kann man eine Altersgrenze oder Altersstruktur sagen. Über 50 sind Verlierer, ab 50 bist Du ein Verlierer

ABU, Frau Hoffmann: ...dann ist es vorbei...

ABU, Herr 2: ... ja, die Vorhergehenden aber nicht, die waren Gewinner, die konnten ausscheiden, ...

ABU, Frau Hoffmann: ... das ist was anderes

ABU, Herr 2:...haben ihr volles Geld gekriegt und wir nur unsere paar Kröten, die ersten waren keine Verlierer, die waren Gewinner die ersten älteren Herrschaften. Wir kommen in die Verlierer...

ABU, Herr Krusche: ...es sind so viele in den Vorruhestand gegangen, geschickt worden, die wollten das gar nicht. Da haben manche geheult. (...?ZW702) mit 55 nicht in Vorruhe gehen und zu Hause bleiben, das geht doch nicht. Aber die waren doch nicht die Gewinner, die wurden ja nicht jünger

ABU, Frau Hoffmann: zu Hause bleiben und zu Hause rumsitzen...

ABU, Herr 2: ... auf den Dörfern gestaltet sich das auch.., ja Straße (...) wird gemacht, das ist das Gegenbeispiel. Damals wurde ein Jugendclub gebaut, ein Konsum hingestellt und alles, aber die Straße war ...

ABU, Frau Hoffmann: ... kann man wohl vergessen

ABU, Herr 2: ...meine Güte, nicht..... so, jetzt machen wir die Straße und das andere vergißt man. Ich meine, welcher Weg ist nun richtig? (...) Nicht, die Häuser sind alle schön, fahren sie über (Torfs? ZW 708), so haben die Häuser früher nicht ausgesehen, um ehrlich zu sein. Schöne Zäune, schöne Häuser, schön gestrichen, neue Dächer drauf alles, neu Straße fast überall, bis auf wenige Ausnahmen, (....) aber das Dorf ist tot.

ABU, Frau Hoffmann: Um so bewundernswerter die Vereine, die sich dort dann noch gegründet haben oder sich gründen oder so, gibt’s ja nun hier und da, weis ich, Feuerwehrvereine, die Dorfgemeinschaftsvereine, das ist dann immer noch wenn die was machen ein bisschen was los (...?ZW716).

ABU, Herr 3: ja die Chöre z.B., Garz hat ja einen wunderbaren Chor, Mescherin hat auch einen ....

ABU, Frau Pils: .... ist ja auch jetzt Criewen, Dorfgemeinschaftsverein (...), anhand dieses Dorfgemeinschaftsvereins passiert sehr viel in den Dörfern, angefangen mit Dorffest und Parkfest und Sängertreffen und was es alles gibt und wo eben, ich sag mal auch diese Vereine noch florieren, wo auch ein bisschen noch ein kleines Handwerk dahinter steht, fließt auch immer noch ein bisschen Geld, aber viele Dorfgemeinschaftsvereine sind jetzt auch, die sich Anfang der 90er Jahre gegründet hatten, jetzt wieder mangels finanzieller Mittel oder (...) weil eben das kleine Handwerk dort nicht da ist, wieder eingegangen.

ABU, Frau Hoffmann: ja

ABU, Herr 3: ...naja, früher hat man ein Auto von der LPG gekriegt, wenn z.B. eine Karnickelausstellung oder irgendwas war, Mensch könnt ihr hier haben. Ja, jetzt muß jeder sehen, wie er selber hinkommt. Nicht, nach und nach geht’s

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

weg(...?ZW725), der einzige, der noch ein paar Karnickel hat, bin ich, ein Paar kleine Viehcher.

(hier ist die erste Seite zu ende, 45nin, Zählwerk beginnt wieder bei null)

ABU, Frau Pils: (....) mit der Wende, ich sage ich mal, wir haben alle damit Hoffnungen verbunden. Es wurde ja irgendwo, war es mal höchste Zeit das was passiert. Es war ja vieles im Argen. Ich sage mal, dadurch, dass einer in der Industrie gearbeitet hat, hat man ja auch viel gesehen, mitgekriegt und auch erfahren aber was sich im Nachgang herausgestellt hat und das hat man auch alles nicht gewußt und jeder hat ja damit seine Hoffnungen verbunden. Aber das es letzten Ende dann so extrem für viele ausgeht, das so vieles erst mal abgemacht wird einfach, wie die Schuhfabrik, und viele andere Betriebe auch rigoros aus der Industriegeschichte rausgestrichen wurden, (...)

ABU, Herr 2:...naja, und die Menschen haben (..) auch Schwierigkeiten. Ich meine, ich kriege jetzt immer noch vom Landsamt (...?ZW 22) irgendwelche Schreiben zugeschickt, sie wollen für alles Geld haben. Es gibt nichts, was ohne Geld ist. Früher habe ich meinen Garten gehabt, habe meinen Beitrag bezahlt 12 Mark, der Fall war für mich erledigt. Heute zahle ich für den gleichen Garten 150 Mark, so und dann kommt noch Steuer A und Steuer B noch dazu, für die Laube und jetzt kommt noch neuerdings der Müllcontainer dazu. Ich hab schon soviel Müllcontainer zu füllen, ich weiß gar nicht, wo ich den Müll herholen soll. Irgendwann muß ich mal eine Firma bitten, mir Müll zu bringen, das ich meine ganzen Container voll kriege. Ich muß in Maibau (...?ZW36) gestandene auf dem Friedhof, überall muß ich Müll bezahlen, in Schwedt auch noch, ich weiß nicht wo ich den ganzen herholen soll..., von der Sache her jetzt mal, so simpel ... jeder will nur Geld haben....

ABU, Frau Pils: ...und viele Hoffnungen, die mit der Wende verbundenen waren sind nicht erfüllt worden.

ABU, Frau Hoffmann: ...also Frust kommt in diesen Menschen auf..

ABU, Frau Pils: .. wie Helmut Kohl, ich zitieren ihn mal, er sprach von den blühenden Landschaften, dort blühen die Blumen,

ABU, Frau Hoffmann:... nur die Menschen haben nichts davon...

ABU, Herr 2: .. ich sehe den Chef von der Deutschen Bank sagen, „ja, aber der Trabant ist so teuer, wir haben viel billigere Autos“. Ich hab noch nie ein billigeres gesehen. Ich war schon oft dra...(..?ZW54), aber ein neues billiges Auto habe ich nicht gefunden. Die sind alle teurer...(...) und ich muß ihnen ganz ehrlich sagen, ich habe auch festgestellt, mein Lohn stimmt nicht. Ich müßte

eigentlich von der Sache her 30.000 Mark verdienen, um mir das zu leisten, was ich vorher hatte. Kaufen sie sich Werkzeug, kaufen sie sich Klebstoff, kaufen sie sich irgend was, es ist alles um das mehrfache teurer. Ist die Miete, kostet 700 Mark um das fast 8-fache teurer, aber ich kriege das 8.fache des Geldes nicht. ... und dadurch entstehen sehr viel...

ABU, Herr Krusche: das ist der Punkt, die Miete. Ich habe eine Vierraumwohnung schon damals, (...) die hat eben 76 Mark gekostet.

AG, Kinga: 76 Mark?

ABU, Herr Krusche: mit (...?ZW69) und Heizung und die (...?) Warmwasser und das war im Grund alles. Kein Wassergeld nichts. Nur Gas gezahlt, weite nichts und Strom, 76 Mark. Jetzt bezahle ich über 800 Mark für die gleich Wohnung, da ist nichts gemacht worden dran. So was müßt ihr mal sehen. Das ist doch nicht normal.

ABU, Herr 2: ...so, wenn zwei verdienen, 4.000 Mark jeder, dann glaube ich, wird der kaum was sagen. Also die leben dann eigentlich ganz gut, kommen gut über die Runden weil einiges auch etwas billiger ist. Aber ansonsten somit (...?ZW82) manche, ich kenne viele Leute, auch gebildete, die stehen an der Straße, die erkennen gar keinen mehr. Da frage ich mich, meine Güte, so runter gefallen.

AG, Kinga: Welche Hoffnungen würde mich jetzt wirklich mal persönlich interessieren, welche Hoffnungen wurden denn noch so ein bisschen also zerstört oder wurden nicht erfüllt die sie hatten oder die man hier hatte in der Region mit der Wende?

ABU, Frau Pils: Muß ich ganz ehrlich sagen ich bin Ende 1992 aus dem Chemieriesen raus über Personalabbau, war das ganze Jahr 1993 zu Hause, habe mir ehrlich gesagt gar keine Gedanken gemacht. Ich hab mir gesagt, werde schon was finden. Dumm bist Du nicht, studiert hast Du, hast zwar nicht in deinem eigentlichen Beruf gearbeitet, hast immer fremd gearbeitet sage ich, hast das alles immer gepackt, wirst das schon auf die Reihe kriegen. So, dann haben wir beide diese Tourismusstrecke gemacht, haben uns sehr viel davon versprochen da einen Job zu finden. Bewerbungen geschrieben ohne Ende...., ja, nix, null.

AG, Glaeser: Was haben sie studiert?

ABU, Frau Pils: Chemie, ich bin Dipl. Chemiker von Hause aus. Und ja, Tourismus war denn auch nichts mit Arbeitsplatz. Weil ich fand das sehr schön in der Branche zu arbeiten, weil selber verreise ich gerne und da wo ich überall hingekommen bin war das alles sehr wohltuend, sehr angenehm, das Umfeld hat gestimmt und, na ja, wir haben ja gerade Infrastruktur besprochen ...und und und, dachte ich, ist eigentlich ein schönes Feld, am Wochenende zu arbeiten war

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ich auch gewohnt, weil ich im Schichtdienst tätig war, diese Hoffnungen haben sich auch nicht erfüllt. Na gut, dann war ich wieder zu Hause. Dann kam die Arbeitslosenhilfe und so sind dann solche Hoffnungen, man hat eine andere Qualifikation angenommen, man hat sich ein anderes Berufsbild erarbeitet auch diese Sachen, weil die Arbeitsplätze nicht kamen, im Gegenteil, die Arbeitslosigkeit wurde ja immer größer, sind diese Hoffnungen auch wieder zerstört worden. Gut, sagen wir, irgendwo bin ich nicht der Typ, das man den Kopf in den Sand steckt und sicher hab dann auch wieder was anderes gemacht, wieder fremd gearbeitet und (...) so wird es bei anderen auch sein das eben die Hoffnung an einer Umschulung ... ich kenne Leute, die haben drei, vier Berufe bis heute, aber nie in irgend einem Fach einen Job gefunden.

ABU, Frau Hoffmann: das kann ich nur bestätigen, das gleiche Schicksal. 1993 bin ich raus aus der Chemie (...? zw138) und ich hab Biotechnologie studiert und dann ging es auch gleich mit einer ABM los, noch alles Hoffnungsvoll, haben wir uns befaßt mit Entschwefelung, biologischer Entschwefelung, hab gedacht, oh, das könnte was werden, aber wir (...? ZW144)b so eine Forschung wäre es letztendlich doch geworden. So und dann wieder raus ABM fertig, nächst Fortbildung, Wasserwirtschaft, Wasserbau. Hab ich auch gedacht, na ja, die ganzen Zweckverbände die jetzt gegründet haben die brauchen bestimmt auch Leute. Hab ich mir Mühe gegeben, Praktikum gemacht da, alles, kein Thema. (...) So, und das war das nächste und dann kam wieder eine ABM so, nun bin ich erst mal wieder hier. Ich hab inzwischen in die drei, vier anderen Bereichen reingerochen, letztendlich hat es nirgendwo geklappt. Nun gut, da kommt das Alter dann noch dazu, da hat es echt wenig Sinn, sich zu bewerben, da kann man nur lachen drüber, also ja, ....

ABU, Frau Pils: Ich hab schöne Bewerbungsschreiben zurückgekriegt ....„auf Grund Ihres schon erreichten Alters (...) und der schon vorhandenen Qualifikation“ ... klasse habe ich gedacht, bist Du eine alte Kuh. Ja, ist so. Immer wenn die großen Briefe zurückkamen hab ich sie nur noch in den Schrank geschmissen. Sagt mein Mann, willst Du nicht reingucken, sag ich warum denn, da sind die Unterlagen drin,... ja ist so...

ABU, Frau Miersch: ...was sind denn die Hoffnungen?

ABU, Frau Hoffmann: Nach der Wende wurde bei uns der Tourismus schon ein bisschen favorisiert, gerade weil der Blick auf die Nationalparkgründung ging, sage ich mal und auf Grund dessen haben wir uns entschlossen, Arbeitsamt hat es ja direkt angeboten und wie du schon sagtest, es war wirklich eine interessante Sache und nach dem man jahrelang im Berufsleben stand eigentlich gar nicht,

wenn man es nicht hobbymäßig betrieben hatte, den Blick für die Natur hatte, war es wirklich erst mal eine tolle Sache und man hat gedacht, es könnte was werden. Aber es ist nun schließlich so rausgekommen, nach dem wir natürlich Praktika hatten in der Zeit und festgestellt haben, das eigentlich die Leute für den Tourismus und für den sage ich mal für den ausgebildeten Tourismus fehlten, gerade ich sage auf den Dörfern ist das ja so, das dass oftmals dann fehlt, haben wir uns Hoffnungen gemacht und festgestellt, das vieles kleine entstanden ist aber das immer Familienbetrieb ist und auch bleiben wird. (...)dann wie gesagt auf dieser Pauschalbasis gelaufen ist mit unter die Praktikanten ausgenutzt wurden, wir auch noch weiter so gehen, so lange wie das vom Staat so gewollt ist, und da wird der Arbeitsplatz, den wir uns damals erhofft haben, natürlich nicht mehr (...) für uns jedenfalls nicht mehr greifbar sein. Ich weiß nicht, wie es in ein paar Jahren aussieht wie gesagt, das der Tourismus sich entwickelt ist klar, es wird auch noch so sein, also es wird schon noch irgendwann werden, aber wie und mit welchem Umfang in unserer Region, also jedenfalls nicht so groß, wie es damals angefangen wurde oder uns versprochen wurde so gesagt.

ABU, Frau Pils: Wir waren ja auf der Strecke der erste Lehrgang, die sich da qualifiziert haben, damit intensiv, wirklich intensiv beschäftigt haben. Wir haben da alles gemacht.

ABU, Frau Hoffmann: ja ja, darum, es war schon interessant. Und zwischenzeitlich hab ich auch mal kurz im Reisebüro gearbeitet aber es ist trotzdem in der Reisebranche auch im Tourismus immer eine Saisonarbeit. Und deswegen ist es klar, das die Arbeitszeiten oder die Arbeitsauslastung die wir immer gewöhnt waren zu unseren Zeiten, zu DDR-Zeiten, die wird im Tourismus wahrscheinlich nicht stattfinden. Also damit muß man sich abfinden denke ich mal. Gut, für Frauen mag es mit unter ganz nützlich sein, wenn man mal eine Familie gründet Kinder hat, was weiß ich, da will niemand voll beschäftigt sein. Das war für uns aber auch ein Umdenken, ja. Das war für uns ja auch am Anfang schwierig diese Vollzeit, die wir gerne gehabt hätten, die fand ja dann auch nicht statt.

ABU, Frau Pils: ...weil wir es gewohnt warne...

ABU, Frau Hoffmann: ...zu powern.

.

ABU, Frau Pils: ... früh immer was weiß ich, um halb sechs hoch, halb sieben raus, Abends um fünf kommen...

ABU, Frau Hoffmann... Kinder versorgen, alles neben bei, es hat funktioniert und jetzt... und darum auch Arbeitslosigkeit macht krank und das ist auch bei den Meisten also,...die erste Zeit, ein Jahr, macht man sich gar nicht so viele Gedanken und

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viele sind bei uns aus dem Betrieb raus „jetzt bleibe ich erst mal ein Jahr zu Haus“: Obwohl ich nie der Typ war, ich brauche immer gleich Beschäftigung, aber von der Sache her zu verstehen. Aber das dicke Ende kommt eben noch und das ereilt die Meisten jetzt so 10 Jahr später oder wo es auch so richtig ins Bewußtsein gelangt und das ist schon frustrierend und enttäuschend.

ABU, Herr 2: ...ins Bewußtsein gelangt, sie werden nicht mehr gebraucht, sie haben umsonst gegr(...?ZW225). Wir hatten ein ruhiges Leben . Muß ich jetzt mal so sagen.

ABU, Frau Pils: ja sicher, es war ja alles organisiert..

ABU, Herr 2:... es war alles organisiert. Der erste Mai kam, eine große Feier, Mensch, du mußt ja schon wieder zur Feier hin, verflucht, der Frauentag ..

(Lachen in der Runde)

ABU, Herr 2: ...und meine Güte und schon wieder zur Feier nicht und ja.....

ABU, Frau Hoffmann:... es war schon lustig

ABU, Herr 2: man konnte dann im Notfall auch mal auf der Straße liegen bleiben, war auch kein Problem, am nächsten Tag war noch alles da. So (...) die Menschen sind hier an die Ruhe gewöhnt und sind überhaupt nur ein ruhiges Völkchen hier, nach Mecklenburg oben werden sie noch ruhiger und sturer. So, wer sich hier jetzt mit der Schulter bewegen kann (..) ich hab jetzt z.B. meine Kinder gesehen (...?ZW239) wie kannst Du dir das von der Frau im Arbeitsamt gefallen lassen. Ich sage, die hätte ich über den Tisch gezogen. Ich sage, sie wird von dir bezahlt. Wie kann die sage, was wollen sie hier. Gehen sie raus an den Computer, mein Enkel kann den Computer auch schon bedienen. Ich sage, die hätte ich aber ein paar gelangt. Die Leute können sich hier nicht so mit der Schulter bewegen. Die werden nicht... die müßten aggressiver, dann würden die auch mehr erreichen. Viele die das nicht können, fallen unten durch. Die fallen durchs Sieb, die sind weg.

AG, Kinga: ...die Ellenbogengesellschaft...

ABU, Herr 2: ...ja,

ABU, Frau Hoffmann: ja

ABU, Herr 2: Das sind wir nicht gewöhnt, wir brauchten nicht, wir hatten Arbeit und wenn du rausgeflogen bist, mußte dich ein anderer Betrieb einstellen. Ja heute, heute fühlst du dich wie ein Bettler. Du mußt betteln gehen wegen einer Arbeit, nicht, damals gab es so was nicht und das verstehen die Leute nicht und die schaffen es einfach nicht, jetzt so schnell dieser Sache anzupassen, das ist mit ein Problem.

ABU, Herr 3: ....ich möchte auch sagen, die

Generation, die jetzt noch so sind die mit aufwachsen mit der gesamten gesellschaftlichen Sachen, den fällt das nachher einfacher..

ABU, Herr 2: ...die an der Bushaltestelle stehen, die machen sich Luft.

ABU, Herr 3: .... aber jetzt sagen wir Alter, oder vielleicht auch noch mit 30 , da ist das schon sehr schwierig

ABU, Frau Pils: jetzt muß ich mal fragen, sind sie zu DDR-Zeiten noch aufgewachsen oder nicht...

AG, Kinga: äh, ja sehr

ABU, Frau Pils: also ein DDR-Kind

AG, Milena: ja, ein DDR-Kind

AG, Claudia: ja, natürlich schon, aber nicht in der DDR

ABU, Frau Pils: ich sage mal, wenn sie in der DDR geboren und aufgewachsen sind, haben sie ja die ganzen 10 Jahre nicht so ... oder die Zeit noch davor, vor der Wende, wie es eben alles organisiert war, Mammi hat uns früh in die Krippe gebracht und Abends wieder abgeholt, wie das eben alles so war .... dann kann man sich da auch ganz anders renitenten, als wenn man jetzt anders aufgewachsen ist. Ich weiß ja nicht, wo der Herr Glaeser her ist?

AG, Glaeser: Ich habe als Kind 10 Jahr in Karl-Marx-Stadt ...

ABU, Frau Pils: Chemnitz..?

AG, Glaeser: Als ich geboren wurde, hieß es noch Chemnitz, wann wurde es Karl-Marx-Stadt, 61?

ABU, Frau Pils: ..neiiin..1953 im Mai und ich bin im März geboren

AG, Glaeser: ...dann haben sie eine Entschuldigung, warum sie es besser wissen als ich, da war ich aber schon längst in Bayern im Internat. Ich bin in Heidelberg dann aufgewachsen. Im Alter von 10 konnte ich in Chemnitz nicht auf eine weiterführende Schule gehen, weil ich weder Arbeiter- noch Bauernkind war und meine Eltern haben mich dann illegal nach Bayern ins Internat gebracht und mußten dann auch das Land verlassen.

ABU, Frau Pils: ..vor 61?

AG, Glaeser: ja, über Berlin, mit dem PKW nach Ost-Berlin, dann nach West-Berlin kam, das war ja kein Problem, S-Bahn oder U-Bahn oder wie immer und dann von West-Berlin nach West-Deutschland mit dem Flugzeug. (....) Groß geworden in Heidelberg, meine ganze Schulzeit, meine Freunde das alles in Heidelberg (...) und dann hatte ich noch während der Schulzeit ein Austauschjahr in Washington als Austauschschüler. Ich denke, das sind so die wesentlichen Dinge die mich und mein Leben geprägt haben.

ABU, Frau Pils: Ich mußte auch mal neugierig sein

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(...) wenn man uns hier schon ausquetscht (lacht)

AG, Glaeser: (...) ist zweiseitig, die Frage ist völlig berechtigt.

ABU, Herr 2: naja, hauptsächlich war ja das Thema über den Nationalpark, ich meine wir sind jetzt, denke ich mal doch ein bisschen von abgekommen

AG, Milena: ich hätte jetzt bloß noch mal kurz eine Bemerkung. Also, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe - ich komme ja nun auch aus dem Osten - und, also wenn ich das wirklich richtig verstehe, ist doch die Arbeit ein sehr, sehr, sehr wichtiger Fakt, bzw. das Wichtigste. Ja das wollte ich wirklich noch mal..

ABU, Frau Pils: ...bei uns ist es das wichtigste, so wie wir hier sitzen. Denke ich mal, sind wir uns einer Meinung. Ist wirklich so.

ABU, Frau Miersch: ...sie haben jetzt vielleicht ein bisschen Pech, das dies hier eine Zielgruppe ist, die sagen wir mal so ein Durchschnittsalter (...)

AG, Milena: nein, das ist eigentlich gleich unser Ziel

ABU, Frau Miersch: ...da jetzt noch mal andere befragen jetzt da diesbezüglich, aber hier ist nun gerade mal ein bisschen massiv.

ABU, Frau Pils: ...die Struktur die von unseren Angestellten hier der gesamten ABU - wir sind ja derzeitig 102 Mitarbeiter - in den unterschiedlichsten Bereichen haben wir doch ich sage mal so 40 aufwärts, (...) 40 weit aufwärts, bis kurz vor die Rente. Also ich sag mal, junge Leute ganz wenig, da haben wir nur so ein Jugendprojekt draußen, das sind junge Frauen alles knapp unter 30, aber ansonsten also wenige 40 alles sagen wir können wir anfangen naja fast 50 bis kurz vor die 60. So ist unsere Altersstruktur.

AG, Kinga: Was bringt der Nationalpark ihnen an Positivem oder Negativem (...) ihre Meinung

ABU, Herr 3: Naja, an Positivem sehe ich das so, damit sich vielleicht hier die ganze Wirtschaft eventuell sei es in der Gastronomie, ich meine, wir können, wir hatten ja schon gesagt, man kann da noch keine Schlußfolgerungen ziehen aber, sei es die Gastronomie, man hofft damit hier Leute herkommen übernachten. Wie gesagt, da müßten eventuell auch noch Unterkünfte geschaffen werden, weil das ist ja nicht so da ist vielleicht mal ein Pension, naja die bringt vielleicht 12 oder 20 Mann eventuell eine, so in die Region hier runter, aber das ist ja nicht Sinn und Zweck der Sache. Wir erhoffen uns, damit Geld hierher kommt, damit die Leute kommen hier eventuell auch mal Urlaub machen und dann ihr Portmonee hier ausschütten, in dem sie meinetwegen da eine Veranstaltung teilnehmen, oder Übernachtung und dadurch können ja immer wieder, wenn jetzt angenommen

der Tourismus floriert, können wir Arbeitskräfte eingestellt werden wir, wenn der in die Küche arbeiten, so das hier die Arbeitslosenzahl insgesamt etwas gesenkt werden kann; aber wie gesagt, das sind Vorstellungen die wir hier in der Region haben, ist aber noch nicht so weit. Dazu gehören eben noch Jahre um diese ganze Sache einen Aufschwung zu geben.

AG, Kinga: Gibt es auch negative Aspekte in Bezug auf Nationalpark?

ABU, Herr 3: naja was wollen wir über negatib...?

ABU, Frau?: ...gibt’s schon...

ABU, Herr 3: ...klar, gibt es negative Sachen, wie gesagt die Landwirtschaft, was wir gesagt haben, das die da eben sehr verbittert ist, habt ja sicherlich auch gehört im Fernsehen oder in der Presse Untere Odertal Landwirtschaft wie die Streitereien da gehen, das ist.... und wie gesagt, wenn die Landwirtschaft werden ja Flächen evt. Dadurch genommen. Das ist eine Existenzfrage wieder für die Landwirtschaft, das heißt da können wieder Arbeitslose kommen dadurch und dadurch sehen die Bauern das eben verbittert, ich als Außenstehender, ich muß beide Seiten so beurteilen wie es eben Tatsache ist.

AG, Claudia: Fühlen Sie sich in Ihrer Bewegungsfreiheit irgendwie eingeschränkt....

ABU, Herr 3: nö....

AB, Claudia: ...wenn diese Totalreservate ausgewiesen werden?

ABU, Herr 3: ..so als Bürger sehe ich das nicht in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt

ABU, Herr 2: Aber der Bauer, sein Land wird ihm weggenommen.

ABU, Frau?: ...aber die Angler wahrscheinlich

ABU, Herr 3: aber, aber, aber wie gesagt, da (...) ja oder es gibt ja ich meine ich gehe ich geh von mich aus, aber wie gesagt es gibt ja hier Angler, es gibt Jäger es gibt Motorbootfreunde - ich hab selbst eins gehabt - man konnte auf die Oder fahren und konnte irgendwie so einen See. Wenn ich hier in Friedrichstal, da war der See, da konnte ich in den See reinfahren, da gingen wir baden. Das ist heute nicht mehr.

ABU, Frau?: das ist verboten..

ABU, Herr 3: ich kann da nicht mehr mit meinem Motorboot rein, das geht jetzt nicht mehr. Ich meine, man hat eine Einschränkung dadurch, aber das würde ich noch gar nicht mal aber wie gesagt die Angler, die betrifft das ein bisschen mehr nicht, das...

ABU, Herr Krusche: ... noch andere Sachen zur der Landwirtschaft. Wenn das so wäre, das die

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brachgelegten Flächen, die nicht im Naturpark, die außerhalb vom Naturpark sind, die haben nicht im Park gelegt, dann bekommen die von der EU irgendwie Unterstützung der Landnutzung, das müßte umgedreht sein ...

ABU, Herr 2: ....600 Mark....

ABU, Herr Krusche: ...im Naturpark dem Landwirt seine Flächen bei dem Brachlegen und dafür eine Stütze kriegen, da gibt’s aber nichts.

ABU, Frau Hoffmann: die sollen auch verkaufen, wenn es geht. Das ist der Trick

(Durcheinander...?)

ABU, Herr Krusche: ...die brauchen ja bloß zu tauschen(...?)

ABU, Frau Hoffmann: Austauschflächen, Austauschflächen wurden ja angeboten

(...?)

ABU, Frau Pils: ...ich sag mal, ob ich eingeschränkt bin in meiner Bewegungsfreiheit. Ich bin zu DDR-Zeiten bin ich da durchgeradelt, ich fahre jetzt da durch dann schnalle ich mir die Rollschuhe an und wenn ich das jetzt, weil es immer heißt mit diesen Totalreservaten, es waren sehr viel im Riesengebirge in der hohen Tatra und so, da gibt es auch Totalreservate und ich bewege mich auch nur auf den Wegen. Weil, dort kommt dann auch der Ranger und sagt du, du wenn ich da mal in die Weiße Else hüpfen will dar ich nicht, muß ich Strafe zahlen. Also habe ich, wenn hier eben Totalreservat ist und da brüten ganz bestimmte Tiere und spezielle, seltene Pflanzen ich muß doch nicht da drinnen rumlaufen, ich kann doch genauso... ich kann den Weg durchs Totalreservat ... wir sind zusammen geradelt - waren sie noch nicht da - durchs Totalreservat mit dem Fahrrad gefahren, kucke ich mir an ist doch alles schön. Also ich fühle mich überhaupt nicht eingeschränkt. Ich kucke mir das an, fahre, OK, gut. Ich habe jetzt hier irgendwie Wassersportfan, oder mein Mann ist auch kein Angler aber ich fühle mich nicht eingeschränkt. Ich kann nach wie vor meine Runden da im Nationalpark fahren

ABU, Herr 3: Ja wie gesagt, das ist ... man muß das von Fall zu Fall sehen, man kann das jetzt nicht (...?) aber es gibt ja eben Angler und Sportfreunde und (...?)

ABU, Herr Krusche: ... die Angler richten nicht den großen Schaden an

ABU, Herr 3: nein, eben

ABU, Herr Krusche:... ich schätze, das ist der Fischer, wenn der elektrisch Fisch, das ist der große Schaden der dann entsteht. Das müßte man den

Fischern verbieten, aber das macht er ja auch bei Nacht und Nebel, wo es keiner sieht

ABU, Herr 3: denn da wird ja der Fischleich durch elektrisch, das wird ja alles vernichtet (...?), wenn der Angler da hier mal so ein Plötz oder so, das ist nicht die Welt (...?)

ABU, Frau Pils: Die holen sich auch bloß der Kormoran und fißt sie.

ABU, Herr 2: Bloß sie fragten, ob da eine Entwicklung zu sehen ist. Die Entwicklung sehen sie doch in Criewen. Ich habe ihnen doch vorhin von einem anderen Dorf erzählt, da ist gar nichts, aber in Criewen ist zumindest noch ein Konsum, nicht, ich meine machen wir uns ja gar nichts vor, nicht, da kann man schon Eis kaufen und so weiter und so fort. Nicht, da gibt’s auch noch eine Eisstube habe ich gesehen im Vorbeifahren und eine Gaststätte glaube ich, habe ich auch gesehen. Ich meine nur, ist nicht viel aber die einfachen haben doch ...

AG, Glaeser: ...(...?) von einer anderen Landsmännin von uns, die Eisstube..

ABU, Frau Pils: ...die Eisstube Anita? Wußte ich gar nicht.

ABU, Herr 2: ...ein bisschen Entwicklung ist da schon zu sehen, aber Criewen hat gleich zum Nationalpark gehört, aber Stendell z.B. nicht, da ist gar nichts mehr, und Schönow und Harrenhof, da ist gar nicht mehr, nicht, da ist total tot. Und da ist eben schon etwas zu sehen. Auch in Zützen vor allem die Einfahrt dazu, da sind auch schon Gaststätten, bei uns ist aber keine, die ganze Umgebung nicht (...). Wenn ich eine Gaststätte finden muß ich nach Passau (...) Schwedt ist auch ein ganzes Ende weg, aber das Stücke dazwischen ist tot.

ABU, Herr 3: Das ist jetzt auch zu sehen hier unten in Mescherin, was dieses Jahr ausgezeichnet wurde als Brandenburgs....

ABU, Frauen: Dorffest, Dorf 2000...

ABU, Herr 3: genau so ist es. Ich meine, da sind ja auch Mittel vom Staat reichlich angekommen und das ist ja auch hier das Dorffest hier im August, das Brandenburgische und da sind auch sehr viele Sponsoren, ja da passiert was, wo Geld kommt. Nicht, da ist die Sparkasse hauptsächlich Sponsor und auch Kleinbetriebe, da sieht man damit da was in Gange kommt, aber sonst....

ABU, Frau Hoffmann: (...)? Förderung

ABU, Herr 3: ja, das ist nun dieses Jahr, weil eben das Brandenburgdorf dieses Jahr gekürt wird, dadurch kommen die Gelder, sonst wäre das auch nicht ...

ABU, Frau Pils: ...sicher liegt es auch mit, an den... sage mal Gemeindevertretung. Wenn ich jetzt eine

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Gemeindevertretung habe, und die ist rührig und kümmert sich...

ABU, Herr 3: ja, ja

ABU, Frau Pils: ...und erschließt Quellen für Fördermittel, dann ich sage mal....in Criewen war schon immer auch auf der Strecke des Tourismus waren sie schon immer Vorreiter.

ABU, Herr 3: ja

ABU, Frau Pils: (...?) zu DDR-Zeiten war Criewen immer Vorreiter

ABIU, Frau Hoffmann: aktiv, ja...

ABU, Frau Pils: ..und es ist auch also weit über die Wende hinaus ist das ja auch, man sieht es ja heute ist das ja so geblieben. Aber in anderen Regionen ist das ja alles (...) eingeschlafen.

ABU, Herr 3: ja

ABU, Frau Pils: Auch in Mescherin, Mescherin hat nur diese eine Gaststätte, aber der Mieter ist sehr rührig und gestaltet, und macht und organisiert und Strandfest und Fischerfest und wie das alles heißt und da ist auch immer reger Zuspruch. Schöner Wanderweg geht hin von Garz aus, da kann man mit dem Fahrrad fahren oder wie auch immer, wo eben auch rührige Leute sind und sich ENGAGIEREN, (...) wo das Engagement da ist, da passiert dann auch was. Bei vielen ist es eben, fehlt es am Engagement oder auch die Motivation fehlt. Es gibt ja auch Jahreszeiten, da kommen eben Touristen zu Hauf und es gibt eben Jahreszeiten, da kommt eben gar keiner. Ich hab auch... ein guter Bekannter, ja der war jetzt dieses Jahr auch kurz davor und ja, am Aufgeben ....aber ja, der meinte, ja gut, jetzt kommen sie wieder und nun mache ich eben doch noch weiter. Aber manches mal, wenn eben der Umsatz nicht stimmt, und das Gelt kommt nicht rein und die Leute müssen bezahlt werden und es bleibt wirklich nichts übrig, das ist irgendwann frustrierend. Und da kann man die Leute verstehen, wenn die sagen also jetzt schließe ich hier zu und verkaufe.

ABU, Herr 3: Noch mal auf den Tourismus zurückzukommen, ich meine, in Mescherin haben wir ja die Brücke, die rüber geht nach Greifenhagen. Die Brücke ist nur geöffnet oder, ich meine was heißt geöffnet, die ist ja sowieso von morgens 6 bis abends 20 Uhr, da darf aber kein Tourismus, kein Tourist von Berlin, von München, von irgendwo, von Dresden, ... darf da nicht rüber. Kein Fußgänger darf da rüber,

ABU, Frau Pils: doch (...?) darf er nicht rüber..

ABU, Herr 3: ...nichts ist, auch hier mit Fuß nicht (...?), kein Fußgänger darf da rüber, nur die hier in unserer Region wohnen, die 15 km entfernt. Genauso ist das hier mit den Schifffahrern, nur die hier in 15km Zollbereich oder Grenzbereich

wohnen, die dürfen die Brücke passieren nach Greifenhagen. Wenn ich jetzt z.B. als Tourist komme, von München, oder von irgendwo her und möchte bitte nach Mescherin, hab mich da ein Zimmer gemietet in der Pension und alles wunderbar und schön und möchte nur mal rüber laufen nach die andere Seite des Nationalparks sehen, kann der nicht. Er darf da nicht rüber.

ABU: (durcheinanderreden)

ABU, Herr Krusche: ...muß er rüber schwimmen...

ABU, Frau Pils: ich wußte das wirklich nicht

ABU, Herr 3: so, wenn ich dann aber als Wanderer da Mescherin, möchte ich doch die andere Seite sehen vom Nationalpark, das geht nicht, und das ist doch eine Sache, Seitens der, ob nun vom Staat oder wo die Bestimmungen her kommen weiß ich nicht, wer das da erbracht hat, jedenfalls ist das eine Sache, was wieder den ganzen Tourismus

ABU, Frau?: hinderlich

ABU, Herr 3: ... im Unteren Odertal abwürgt. Also sind doch irgendwelche Kräfte da im Hintergrund dabei und sagen, so schnell werden wir die nicht hochkommen lassen, auf Deutsch gesagt jetzt, ja. Das kann doch nicht sein? Die Polen die konnten rüber zu Fuß, die konnten laufen, wir können auch rüber, aber eben bloß die in der 15km Grenzzone... oder Bezirk, wie sagt man ... Grenzbezirk wohnt, Zollbezirk. Das ist doch nicht in Ordnung, das hindert doch den Tourismus.

AG, Glaeser: wer kontrolliert denn die Pässe darauf hin?

ABU, Herr 3: der Bundes Grenzschutz, ja ja, der BGS

AG, Glaeser: Der Bundesgrenzschutz sagt zu mir, du darfst nicht rüber?

ABU, Herr 3: ja, ja, der sieht am Ausweis wo sie herkommen und dann sagt der nichschiwoi(...?), bis da hin...

AG, Claudia: ...wir wollten nämlich morgen da rüber..

ABU, Frau Hoffmann: also wenn sie Glück haben und keiner da steht...

ABU, Herr 3: Wenn keiner da steht, die kontrollieren nicht ständig da, aber wenn einer da steht...

AG, Glaeser: ... ich finde, das testen wir und geben es dann an die Berliner Presse .... das ich mein Land nicht verlassen kann, das wollen wir mal sehen.

(....?, Durcheinander)

ABU, Herr 3: ja, aber das ist Tatsache

AG, Claudia: ach so, in Schwedt darf man schon rüber...

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

ABU, Herr 3: ja, ja hier in Roso auch...

ABU, Frau?: ..für sie dann, also für uns nicht, wir kommen da auch rüber, aber für Leute die von weiter weg kommen, die nicht in diesen 15km Grenzbereich wohnen.

ABU, Herr 2: und wenn sie in Mescherin sind, wollen sie da rüber...

ABU, Herr 3: und wenn sie in Mescherin sind, dann wollen sie da rüber...

ABU, Herr 3:.. genau so ist es..

ABU, Herr 2:...nicht erst wo hinfahren und dann wieder..

ABU, Herr 3: ...da kommen die Radfahrer machen eine schöne Radtour durch den Nationalpark hier von Schwedt, Garzer Schrei alles durch... ach wir fahren mal rüber nach Greifenhagen.. unser Nachbarland, das sind vielleicht 5km von der Brücke bis Greifenhagen, wir fahren da durch den Nationalpark mal weiter...... ist Schluß denn, da können eben bloß die...

AG, Glaeser:...die haben auch die Dampferfahrt geschlossen...in Garz?

ABU, Frau Pils:.. nein

AG, Glaeser: ... oder waren das andere?

ABU, Frau Pils: das war erst Thema, es sollte, es war im Gespräch dass zu morgen da Schluß sein sollte, aber da war noch vor 14 Tagen, nein stimmt nicht, Moment, Kalender, am 19. Kwaschnewsky hier?, der Polnische Präsident, und Herr Wohltat, Amt Garz und

AG, Glaeser: ....im Hungerstreik?

ABU, Frau Pils: ..ja, aber abgebrochen.. aber diese Sache ist noch mal vertagt

ABU, Herr 3: ... bis 30. September.

ABU, Frau Pils: ...30. September,....auch wieder so ein Thema mit dieser Oderschifffahrt, viele Arbeitsplätze. Ja, sicher, viele nutzen es um billig Zigaretten zu kaufe und zollfrei Einkaufen...

ABU, Herr 3:...ist klar...

ABU, Frau Pils:... das geht dann auch wieder

ABU, Herr 3: ... ich meine, ist ja auch eine schöne Fahrt, da kommen..

AG, Glaeser: ...großer Artikel im Tagesspiegel und wir haben uns erkundigt in Garz.

ABU, Herr 3:...so, die kommen nicht alle bloß zum Zigarettenkaufen, da kommen auch viele, die machen eine Tour bis Stettin, den Nationalpark runter..

ABU, Frau Pils: ... ja...

ABU, Herr 3:....und in dem Zuge kaufen sie dann

gleich Zigaretten.

AG, Glaeser: ... das kann man in Berlin auch buchen, das ganze Untere Odertal bis Stettin, am nächsten Tag zurück

ABU, Frau Pils: ...Stettin noch eine Führung dazu...

ABU, Herr 3: genau so ist es.. das ist wirklich mal sehenswert, ich meine, ich fahre, ich kenne das zwar, aber wir fahren trotzdem jedes Jahr einmal nach Stettin mit dem Dampfer, das ist immer wieder mal was anderes. Man muß nicht immer nach Bayern fahren, und vor allem, das ist mal eine schöne Tagestour. Wenn ich Besuch kriege, dann lade ich sie mir ein, dann ist schönes Wetter und dann sage ich, wir machen mal eine Dampferfahrt. Das ist immer, immer angesagt..... und dann schlagen die natürlich automatisch auch mit zu, kaufen ihre Zigaretten und das ist ja logisch, das macht ja jeder, nicht...

AG, Glaeser: ..Zigaretten?

ABU, Herr 3: na, ist ja viel billiger, zollfreier Einkauf, na Zigaretten oder Alkohol oder für Raucher..

ABU, Frau Pils:... Studenten rauchen nicht? Ist ja was ganz neues..

ABU, Herr 3:.. der ist nicht Student...

AG, Glaeser: ich habe auch als Student nicht geraucht....

(...Durcheinander?)

ABU, Herr 3: ...Ihr habt noch nicht geraucht?

AG, Kinga: ...nein.

ABU, Herr 3: ...dann wird’s aber Zeit damit anzufangen

(Lachen)

AG, Glaeser: (...?) .. dazu braucht man doch Protest....

ABU, Herr 3: ... nein, ach nein, war nur ein Scherz, nicht...

ABU, Frau Pils: ... und das ist auch wieder so ein Fakt, wenn das wieder geschlossen wird, dann gehen auch, ich weiß nicht wie viele, ich glaube es fahren drei oder vier Schiffe..

AG, Glaeser: ..Herr Votan hat gerechnet alles in allem mit Gaststätten und so weiter, 90 Arbeitsplätze... direkt 30, indirekt 90...

ABU, Frau Pils, Herr 3:.. ja, kann man schon sagen

AG, Glaeser:.. also, ich hab es nicht nachgeprüft, ich hab nur zitiert.

ABU, Herr 3:... ja, aber so über den Daumen, ja, ja.. das wird schon so sein

(...) ich meine, es wird ja so wie so nicht ewig so

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sein. Ich meine die Schiffahrt wird nicht immer komplett eingestellt werden. Während da statt drei Schiffe fahren, na ja vielleicht wenn wir zu EU oder Polen zur EU kommt, dann ist ja der Billigtarif für Butterfahrten, wie man so sagt, ist ja dann weg. Aber ein Schiff wird der Reeder denk ich mal doch laufen lassen um hier Tourismus, wenn der Tourismus um Touristen zu fahren, unabhängig jetzt von Butter oder sonst der Gleichen, ...

AG, Milena: Gibt es noch andere Konflikte, andere wichtige Konflikte, die in Bezug auf den Nationalpark bestehen, hier in der Region außer das mit den Landwirten usw. was wir jetzt auch schon angesprochen haben, gibt es da noch weitere wichtige....

(Stille...)

AG, Claudia: ... oder haben sie irgendwelche Forderungen für die Entwicklung des Nationalparks im Hinblick auf die Entwicklung...

AG, Kinga: .... oder gibt es welche, welche Maßnahmen die problematisch sind....

ABU, Herr Krusche: Ich hatte es doch schon erwähnt....diese Stillegungsflächen außerhalb des Nationalpark in den Nationalpark rein zunehmen, das der Landwirt da gar nicht mehr rein braucht und dafür die Fördermittel oder die Stillegungsmittel bekommt. Dann bekommt er die Mittel eben dafür, dass er nicht mehr rein fahren muß

ABU, Frau Pils: Landwirte und Nationalpark ist ja das eine Thema. Am Anfang stand ja auch Industrie und Nationalpark. Dadurch das wir, ich sag mal, doch noch relativ viel Großindustrie haben, stand ja auch das Thema und steht noch das Thema des neuen Grenzübergangs. Und es soll ja nun auch eine neue Straße gezogen werden. Wann wie weit das sein wird weiß man noch nicht. Dann das nächste Thema ist ja auch, die Großindustrie braucht dies Hafenanbindung. Hafenbau hat ja nun begonnen und das war auch damals ein, es ist jetzt schon Jahre her, wo diese Diskussionen entbrannt sind, und man hat sich geeinigt, der Hafen wird gebaut, der Hafen wird gebraucht, da ja, ich sage mal sich alles was an Stückgütern hier transportiert wird, ob das jetzt von der Papierfabrik ist, von Heindel (?) oder PCK GmbH, ist ja alles auf der Straße, oder viel findet auf der Straße statt. Und da ist eben der Hafenbau, der läuft ja jetzt. Die Grundsteinlegung war gewesen, die ersten Spundwände sind gesetzt und das waren am Anfang auch Problematiken, aber man hat zu einem gemeinsamen Konsens gefunden.

AG, Glaeser: ... den Hafen gab es da schon?

ABU, Frau Pils: .. es gab den alten Hafen, das war unten am Bollwerk also Stadtbrücke, der ist ja nun nicht mehr ausreichend und dann auch nicht mehr tief genug und man wollte dann auch die großen

Schiffe die eben kommen, nicht das es denen dann wieder geht wie mit den Schiff (..?), wo alles reingefahren werden muß, deshalb hat man den raus nach Gatow gelegt, weil es dann auch die Umgehungsstraße wurde gebaut, ist noch nicht ganz fertig, und das dann da zügig hin Ab- und Antransport

AG, Glaeser: Gibt’s vor allem Container, Containerschiffe, oder?

ABU, Herr Krusche: Das finde ich auch nicht gut vom Nationalpark, dann. Der Hafen war ja gut, aber keine größeren Schiffe. Warum soll das denn verbreitert werden der Kanal und warum soll das tiefer gelegt werden der Kanal, die können meinetwegen die Brücke etwas anheben, das diese durchkommen aber, nicht hier und da aus England diese riesen Containerschiffe ...

ABU, Herr 3: ...das kommt, das ist aber, das ist ja beabsichtigt, damit die Anbindung zur Ostsee komplett mit großen Schiffen von statten geht.

ABU, Herr Krusche:... die zerstören ja mehr, als was da machen und dann eben die Kleinreeder die gehen noch kaputt. Dann kommen die großen von Übersee oder von sonst woher, und dann gibt’s überhaupt keine Reeder mehr.

ABU, Herr 3: ... und dann wird es auch so sein, wenn die großen Schiffe hier durchfahren, die Uferbefestigung die wir hier haben, die ist ja zum Teil aus Erde, oder aus Stein ist das wenigste noch, aus Bäumen, Rasen, was eben die Bäume nicht halten, dienen als Uferbefestigung und, das wird alles unterspült, weil durch Jahre, nicht durch ein Jahr oder so, weil eben der ganze Strudel, der Wellengang, das spült ja an der Uferböschung und das wird dann unserem Nationalpark auch nicht so gut bekommen. Denn ruck zuck, nach 3, 4, oder 10 Jahren oder nach 20 Jahren fehlt mit mal 2 Meter vom Nationalpark. Siehe das Beispiel hier in Mescherin, wenn man von Garz nach Mescherin fährt, da ist ein Radwanderweg und da ist stellenweise schon zur Oder abgesperrt weil das unterspült ist..... und jetzt fahren ja erst mal nur die kleinen Schiffe

ABU, Frau?: Da sieht es schlimm aus.

ABU, Herr 3: ...ja, da kommt natürlich, das ist nicht bloß der Hafenbau, ich meine, das ist eine schöne Sache, klar, die Anbindung nach oben hin zur Ostsee und von der Ostsee können sie dann überall hin, aber da hängt ja mehr dran.

ABU, Frau Pils: ...ja sicher (....?) weil es in der Region an Arbeitsplätzen mangelt, war ja eben diese große Diskussion um den Hafen

ABU, Herr Krusche: ... Hafen ist ja gut, aber nicht verbreitern.

ABU, Frau Pils: ja, aber das ist ja nun nicht, ob es

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kommt oder ob es nicht kommt, wir werden ja eh nichts mehr dagegen tun

(....)

ABU, Herr 2: Ich meine, auch der Straßenverkehr in dieser Region, ich finde von der Sache her eine Sauerei, dass.... Wenn ich ein kleines Wort zu sagen hätte, dann würde ich die ganzen Tanklastzüge von der Straße nehmen. Auf den Zug könnten die na rauf. Ist ja Anbindung direkt an die PCK ist ja direkt da. Ich sage immer nicht Lastzug, sondern Straßenzerstörer. Die Straße ist nun gerade noch neu gemacht. Die hat ein halbes Jahr gehalten. Wenn ich jetzt im Winter rausfahre in meinen Garten, dann lande ich bestimmt noch in den Chausseegraben; weil alles Einspurig, die haben die Räder hintereinander, die sind keine Doppelspurer, die haben sie hintereinander, und die mahlen sich so richtig rein in die Straße. Nicht wie ein (....?) das würde mich ja nicht stören, da könnte ich ja hinterher fahren, aber die Gefahr, die ich ausgesetzt bin durch diese Fahrzeuge und die Anbindung? PCK ist da. Wenn sie nicht da wäre würde ich auch sagen, gut, nicht, aber die deuten (...?) heraus wie die Weltmeister. Die Sache mit dem (...?) sehen, so wie die fahren, fahren unsere anderen großen Kisten auch. Ich baue meinen neuen Parkplatz in Criewen und die feuern mir da gleich mit ihrem 80 Toner rüber, ist man gar nicht verdichtet. Die Straßen sind hier für solche Fahrzeuge nicht ausgelegt. Die haben wir damals nicht so gebaut. Die Straßen wurden nur gebaut für die Zeit 50, 60 Jahre Nutzschrette(?) weg, dann gibt’s kein Öl mehr, dann geht’s ab nach freie Meile (?). Da gibt’s dann Kohle und dann wird Schwedt nach freien Meile verlegt, so war es eigentlich geplant. Ja und jetzt hat man einfach diese Betondecke überzogen mit einer Schwarzdecke, ja da hat man ja gar nichts mit erreicht. Ja und jetzt geht es eben, wir haben eine schöne neue Straße, Millionen rausgeschmissen, Ergebnis null, schlechter wie vorher. Und das ist eigentlich schade, das man sich die Sachen vorher nicht überlegt und sagt, was wollen wir eigentlich. Jetzt nehmen sie die ganzen großen Krücken auf der Straße und wir haben damit zu tun. Angermünde, öfter eine Dreiviertelstunde bis ich da bin. Früher war das kein Problem, war ich in einer viertel Stunde da auf der Arbeit (...) und ober der Hafen die Entlastung bringt? (....) Ich finde das gut mit dem Hafen, gibt’s auf jeden Fall Arbeitsplätze, wäre auch ganz prima....

ABU, Frau Pils: Es wird immer einen Schienenbetrieb geben, es wird immer eine Straßenverladung geben, deshalb ist ja auch die neue Umgehungsstraße gebaut worden, es fährt dann auch kein Tanklastzug durch die Stadt...

AG, Glaeser: Das ist sicher von Vorteil...

ABU, Herr Krusche: d..urch die Stadt kamst Du ja gar nicht mit dem PKW noch ...

(...)

ABU, Frau Pils: Die meisten Gefahrguttransporte fahren nicht mehr durch die Stadt. Vorher sind die ja nur Lindenallee hoch Dolliastraße (?) runter, da gab es dann die andere Umgehungsstraße auch noch nicht und das war schon, das war schon schlimm. Aber das gibt’s nicht mehr.

AG, Kinga: Sind sie jetzt in einem Verein oder einer Interessengemeinschaft Mitglied oder Mitglieder?

ABU, Frau Pils: aber immer...(lachen) seit 35 Jahren im Sportverein.

AG, Kinga: und sie so...

ABU, Herr 2: nach der Wende in keinem mehr, früher mehr.

AG, Kinga: sie auch nicht?

ABU, Herr Krusche: Ich war im Angelverein, im Sportverein, aber der Angelverein war mir dann 2 Jahre nach der Wende ein bisschen zu teuer. Für das Geld kann ich mir auch eine Tonne Fisch kaufen.

AG, Kinga: Was kostet der Beitrag, also was muß man jetzt bezahlen?

ABU, Herr Krusche: Ich hätte mit Nachtangelschein 180 Mark bezahlt, und Raubschein (..?), Landfischschein (...?), das läppert sich zusammen und der Barber (...?) kostet 90 Mark, aber wenn ich ein Raubfisch habe und der Nachtschein noch dazu, dann muß ich (...) das ist zu teuer.

(....?)

ABU, Herr 2: Ich persönlich bin natürlich auch im Verein drin, Gartenverein .

AG, Kinga: ah, Gartenverein, sehr wichtig...

ABU, Herr 2: ...das will ich natürlich nicht fallen lassen, aber früher war ich noch in anderen Vereinen nicht, und diese beiden Vereine sind schon teuer genug. Ich heute schon wieder einen Brief abgeschickt ans Finanzamt. Ich bin ja gespannt, was da zurückkommt .. Nachzahlung für mehrere Jahre..

(....)

AG, Milena: Ist es schwierig sich an der Entwicklung der Region Unteres Odertal persönlich zu beteiligen, so an der Gestaltung?

ABU, Herr 3: Nein, hier kann sich eigentlich jeder seinen Interessen entfalten, also da wird ihm kein Stein in den Weg gelegt. Also so lange das nichts kostet und vom Staat nicht bezahlt werden muß, kann sich jeder seinen Interessen hier voll entfalten, so wie er denkt.

AG, Milena: Was heißt das?

ABU, Herr 3: Na er kann in jeder Sparte eintreten oder in jeden wie er sagte in Garten eintreten, oder

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in Sportverein eintreten, je nach dem, wie seine Interessen sind oder liegen. Da wird eigentlich von Seiten des Staates ist das nicht....

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ABU, Frau?: ...wird das auch gewünscht...

ABU, Herr 3: ...ja, das da irgendwie Steine in den Weg gelegt werden, das habe ich noch nicht gehört. Kann sich jeder, ...man kann in die freiwillige Feuerwehr eintreten....

ABU, Herr 2: Das ist eine finanzielle Frage...

ABU, Herr 3:.. solange wie der Staat nicht bezahlen muß, sondern von uns Beiträge kriegt...kann man alles machen.

ABU, Herr 2: ...wer nicht gut (...?), die Enkelkinder 176 Mark für ein bisschen Judo, ja meine Güte, ich gebe ihnen das Geld, aber die Eltern können das nicht. Ich gebe ihnen das Geld, weil sie gerne Judo machen, jetzt gehen sie beide zum Judo...

ABU, Herr 3: ..solange wie der Staat nicht zahlen muß...

ABU, Herr 2: ...und früher haben sie eben gar nichts bezahlen müssen. Da waren sie in so einem Sportverein und noch einem Sportverein, heute müssen sie eben immer bezahlen. Das muß sehr genau überlegt werden. Sport ist noch machbar, finanziell.

ABU, Frau Pils: Ich habe selber zweieinhalb Jahre bei mir im Sportverein gearbeitet. Habe zu DDR-Zeiten 24 Mark 50 bezahlt, fürs ganze Jahr. Da hat alles das große PCK getragen, sämtlich Kosten. Es kam die Wende und es wurde pö a pö, man muß dazu sagen in den 10 Jahren die Beiträge angehoben. Es hieß, die Vereine sollen sich alleine tragen - muß ja auch irgendwo sein, die Betriebe geben ja nicht mehr die Gelder in dem Umfang wie es früher war, ein gewisses Sponsoring ist immer noch da - aber ich hab auch selber die Erfahrung gemacht, wenn es die Diskussion gab, „mein Gott, die erhöhen die Beiträge schon wieder“, ich sag, Moment mal, kam dann die Eltern an; ich sag, wissen sie, Ihr Kind ist hier versichert, ihr Kind ist hier versorgt, ihr Kind wird hier betreut, ihr Kind kann hier gerne spielen von früh um 8 bis es abends dunkel wird, es ist von der Straße und bezahlt im Monat 17 Mark, dann kam die Eltern an, „sie wollen jetzt erhöhen“, ich sag Moment, ihr Kind, wenn das an der Dönerbude steht geben sie ihm auch 4 Mark und das jede Woche 3 mal, ich sag und sie wollen mir jetzt Vorhaltungen machen, wenn wir die Beiträge um 5 Mark erhöhen? Es kostet alles Geld, es kostet Instandhaltungskosten, es kostet Wasserkosten, es kostet Personalkosten, Renovierungskosten, Materialkosten und, und, und.... es kostet heute alles Geld. Und da stoße ich, bin ich oft auf Widerstand gestoßen, man kann nicht mehr alles umsonst anbieten, das geht nicht. Die

eigene Erfahrung habe ich gemacht, ich sag ich hab 250 Mitglieder zu betreuen, wo ich da draußen tätig war. Wir haben eine Tennishalle hingesetzt, die hat zwei, eine Million Mark gekostet, (...?) kostet letzten Endes zwei Millionen Mark, irgendwo muß das Geld herkommen. Eine Frühjahrsinstandsetzung kostet zig 1000 Mark, so, und gerade weil, gut, bei den Eltern gab es auch so die Diskussion und auch bei den Erwachsenen Mitgliedern, Kinder sind betreut und versorgt, für 17 Mark im Monat, haben die Woche 3 mal Training, 6 Stunden, jetzt ist es auch ein bisschen anders geworden, aber so war es 1997 noch, und 17 Mark sind zuviel?

AG, Kinga: Was muß man jetzt bezahlen?

ABU, Frau Pils: 21 im Monat, ich bezahle 300 Mark aufs Jahr

AG, Glaeser: Und vor der Wende 24 Mark 50?

ABU, Frau Pils: 24 Mark 50, ja, DTSB

AG, Glaeser: Das ist doch dann gar nicht so eine ungeheure Steigerung...

ABU, Frau Pils: 24 Mark im Jahr, Jetzt bezahle ich 300.....man kriegt man noch viel gesagt: Ihr seid viel zu teuer. Das Wort teure gibt’s ja nicht mehr, es heißt ja hochwertig...

(an dieser Stelle ist die 2. Seite zu Ende)

ABU, Herr 2: (...) viele Gärten sind leer.

ABU, Herr Krusche: Ach, wir grillen, das ist nicht so wie du sagst.

ABU, Herr 2: Kommt drauf an, in welchem Verein du bist (....)

ABU, Herr Krusche: Ab 1. Juli darfst du jetzt auch wieder verbrennen und, und, und...

ABU, Herr 2: ja, gestempelt (...?) haben wir es auch, bloß auf meinem Grund darf ich es nicht

ABU, Herr Krusche: ...Doch, das ist Uckermärkisch weit jetzt...

ABU, Herr 2: ... und so ist es eben sehr unterschiedlich...ich will nur darauf ver...

ABU, Herr Krusche:... (..?) alles aufschreiben (...?) mit dem Grill

(....?, durcheinander)

ABU, Herr 2: Wer nicht so reich ist, hatte sich auf den Garten gestützt und er verliert ihn jetzt auch, weil er es nicht mehr halten kann.

AG, Milena: Wurden sie an der Entwicklung des Nationalparks einbezogen bzw. in vielmehr? Wurden Sie da mit einbezogen?

AG, Kinga: ... und auch andere?

ABU, Herr 3: Kann man nicht sagen. Wir mit einbezogen, wir sind jetzt arbeitsmäßig jetzt eben

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durch diese ABM- oder SAM-Stellen, die wir jetzt hier bekommen haben, sind wir arbeitsmäßig mit einbezogen, aber wie gesagt, dass ist unsere Arbeit direkt, die wir ja bezahlt kriegen, aber so als Bürger direkt, denke ich mal ist keiner miteinbezogen worden hier bei der Entwicklung des Nationalparks, also ich wüßte da nicht....

ABU, Frau Hoffmann: Kann ich auch nur verneinen, ich hab mich da auch nicht so bewußt oder aktiv daran beteiligt.

ABU, Frau Hoffmann: Die ganze Öffentlichkeitsarbeit haben sie gemacht von Anfang an, auch vor der Gründung schon, aber es war eben selbst überlassen, in wie fern er sich da einbringen will.

ABU, Herr 3: Genau so ist es ..

ABU, Frau Pils: Man hat die Entwicklung verfolgt, hat sie wahrgenommen,...informiert immer, in jeder Art und Weise...

ABU, Frau Hoffmann: Informiert waren die Leute, die meisten hat es damals auch noch nicht so interessiert

ABU, Frau Pils: ..aber ansonsten teilhaben nicht....wie Herr Bulljet (?) schon sagte, jetzt, das ist unsere Aufgabenstellung die wir jetzt hier alle haben sind wir fest in der Sache integriert und alles eben in Zusammenarbeit mit dem Nationalpark, vieles im Auftrage vom Nationalpark, regelrecht Dienstleister des Nationalpark.

ABU, Herr 3: Aber wer nicht so direkt seine Arbeit da im Nationalpark verrichten muß, ich denke mal, der wird da wenig mit konfrontiert mit dem Aufbau des Nationalparks.

AG, Milena: Es gab auch keine Vereine oder sonstige Interessengemeinschaften, die ihre Interessen dann irgendwie vertreten können?

ABU, Herr 3: Nein, wüßte ich nicht

ABU, Frau Pils: Wie meinen sie das jetzt? Meine Interessen?

AG, Milena: Ja

ABU, Herr 3: In Sachen des Nationalparks jetzt...

AG, Milena: nein, nicht unbedingt. Ihre persönlichen, würde ich jetzt fragen wollen.

ABU, Herr 3: ach so..

ABU, Frau Pils: ... sicher, ich sag mal, alle, wie wir jetzt hier sitzen, persönliche Interessen sind ja alle anders gelagert. Ich, meine persönlichen Interessen, ja was habe ich... Sport ist mein Ein und Alles von hinten bis vorne und da habe ich mich eben eingebracht und da hab ich gemacht und getan die ganzen Jahre und das andere, das habe ich verfolgt und das verlief so plätschernd am Rande.

AG, Milena: ... und warum so plätschernd am

Rande?

ABU, Frau Pils: Ja, was heißt plätschernd am Rande, ich sag mal, ich hab meine Hobbys, ich hab mein Ziel oder meine Aufgabenstellung, ehrenamtlich tätig auch bis heute noch und viel Feierabendarbeit drin. Man hat das andere verfolgt, man hat seine Hoffnungen damit verbunden, wir haben ja vorhin über die Hoffnungen gesprochen über diese zukünftigen Arbeitsplätze, man hat es verfolgt, man hat gehofft und das was man sich erhofft hat ist nicht eingetreten, aber diese Entwicklung, ja (...) wie gesagt, man verfolgt diese Entwicklung, aber anders würde ich das nicht so sagen.

ABU, Herr 3: Aber teil haben wir direkt nicht da dran.

ABU, Frau Pils: Selbst jetzt irgendwo mit einbringen, sage ich mal, durch die Zeit, die wir seit 1994 in dieser Umschulung in Praktika da verbracht haben und zwischen durch war ich ja dann anderweitig tätig, Frau Hoffmann hat ja denn auch sehr viel auf der Tourismusstrecke auch gemacht, durch andere Aktivitäten ist sie da noch ein bisschen näher immer dran geblieben und hat es doch sicher denke ich anders verfolgt, als ich jetzt.

AG, Kinga: Besteht Klarheit über das weitere Vorgehen im Nationalpark?

ABU, Frau Pils: Man hofft und wünscht, dass alles einer Klärung zugeführt wird. Wir wissen ja alle selber, es ist von Schwedt aus, egal in welche Richtung jetzt, oder ob Schwedt wurde ja mal als die braune Stadt bezeichnet, viel an Negativpresse in die Welt gedrungen, was ja dem Tourismus hier auch nicht sehr zuträglich war und noch ist würde ich sagen, das man sich einigt, man einen gemeinsamen Weg findet, es gibt da im Nationalpark die unterschiedlichsten Interessengruppen die, ich sage mal ihre Interessen eben vertreten; und das man sich dort einigt, einen gemeinsamen Konsens findet und diese ganze Entwicklung auch vorantreibt, das es wirklich auch ein Nationalpark ist wo die Interessengruppen ihren Zutritt haben, das es die Totalreservate gibt, das die Natur sich entwickelt, und das auch im Nachhinein die Region durch den Nationalpark und durch den Tourismus einen Fortschritt findet.

AG, Milena: Sind sie alle, wie sie hier so sitzen, mit ihrer Lebenssituation zufrieden, mit ihrer derzeitigen?

ABU, Herr 3: ja, ich würde eigentlich sagen ja.

ABU, Frau Pils: Ich kann mich nicht beklagen.

ABU, Herr 3: Man hat sich jetzt damit abgefunden

ABU, Frau Pils: ... eingerichtet ..

ABU, Herr 3: Man hat sich.. genau. Wir wissen, es kommt.., der Schritt geht nicht mehr zurück. Das ist Fakt. Wir müssen jetzt mit dieser Situation wo wir

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drin sind, oder wo man uns rein gebracht hat, damit müssen wir leben, da kommen wir nicht mehr drum rum. Es gibt natürlich, man hätte ja Wünsche und so, erst mal finanziell, sicheren Arbeitsplatz, und es könnte mehr Geld sein, aber die Wünsche, gehe hetzt bloß von mich aus, in meinem Alter stecke ich die Wünsche nicht mehr in den Vordergrund. Mein Vordergrund, ich sag es so wie es ist, mein Vordergrund oder mein Ziel sieht so aus, so schnell wie möglich an die Rente rann zu kommen ohne in die Arbeitslosenhilfe, oder sonst der Gleichen zu kommen. Ich bin da ehrlich und sagt das auch jedermann, und ich freue mich auch jedes mal, wenn ich wieder eine ABM- oder SAM-Stelle gekriegt habe. Wie gesagt, es könnt mehr Geld sein, aber man muß ja damit, man kann ja nicht mehr ausgeben als man verdient, das ist ja nun mal so....

AG, Kinga: Was finden sie besonders gut?

ABU, Herr 3: Was ich hier besonders gut finde? Das kann ich ihnen gar nicht mal so sagen? Wenn sie mich fragen würden, was fanden sie gut, nicht, das wäre eine andere Sache (...?), aber... Also ich kann, ich sag das mal so, ich kann mich von diesem Staat nicht viel abringen, weil ich, ich bin ja in der DDR groß geworden, geboren und hab meine Arbeit, ich hab damals mein Studium gemacht, auch alles wunderbar gehabt, ich kann mich hier nicht abringen, denn ich muß ja für alles zahlen, obwohl ich ja nicht das Geld dafür kriege. Ich muß Steuern, naja Steuern, aber, ich muß ja alles blechen und teuer bezahlen. Ich muß meine Tabletten, oder sei es Medikamente, überall muß ich das Portemonnaie aufmachen, also ich kann mich von diesem Staat, ich sag das mal so, nicht viel abringen. Ich, von mir aus hätte können der Osten bleiben, ich bin da mal ehrlich. Da bin ich morgens in Ruhe aufgestanden, hab gewußt, du gehst deiner Arbeit nach und dein Arbeitsplatz der ist dir sicher. Der Kindergartenplatz war mir sicher für meine Kinder, da hab ich dann auch meinen Beitrag bezahlt, ich weiß jetzt nicht mehr was das jetzt war, aber das war alles..., man hatte ein sicheres Gefühl, wenn man morgens aufgestanden ist und das ist heute weg, ja, das ist heute weg. Man muß die Tatsache, so bitter wie das klingt, ich würde lieber noch 35 sind, aber man freut sich, wenn man sagt, ich bin Rentner und brauche nicht mehr zum Arbeitsamt und brauche da betteln, habt ihr nicht vielleicht für mich eine Stelle oder sonst der gleichen. (...) Das ist für die älteren, für die älteren ist das natürlich ein bitteres Gefühl. Die jungen Leute jetzt, die jetzt hiermit aufwachsen die jetzt in der Schule sind, meine Enkel, die wachsen ja mit der Gesellschaftsordnung jetzt auf, die kriegen das schon alles ein bisschen anders mit, aber wir? Da sieht das anders aus.

(Schweigen...)

ABU, Herr 3: ...schüttelt den Kopf, ist aber so...

AG, Milena: nein, nein ich ... schüttel nicht den Kopf.. nein das war jetzt nur...

ABU, Herr 2: ..ja, aber das ist so für die ältere Generation jetzt hier, das ist natürlich, das....

ABU, Frau Hoffmann: ...das ist traurig, aber so denken die meisten in dem Alter.

BU, Herr 3: ja

ABU, Frau Hoffmann: ich schätz mich zwar noch ein bisschen zu dem jüngeren Mitte Alter und für mich war eigentlich klar, bevor ich zum Glück hier noch mal einsteigen durfte im Tourismus, hatte ich mich eigentlich schon für mich orientiert und gesagt, ich muß irgendwo im sozialen Bereich was machen was nicht unbedingt Altenpflege oder Krankenschwester heißt, es gibt noch viele andere Sachen auf der Strecke, weil die Gesellschaft leider immer kranker wird. Das ist noch so ein Betätigungsfeld, wo ich mir vielleicht persönlich gerade mit dem reiferen Alter dann auch noch eine Einsatzmöglichkeit oder wirklich ein Job erhoffe, wo dann wirklich dieses fortgeschrittene Alter auch gefragter ist bei solchen Sachen. Weil es wirklich so ist, die Arbeitslosigkeit macht die Menschen krank und das ist für uns Ossis sage ich mal, und wir sind nun mal Ossis, das schlimmste eigentlich was uns passieren konnte und das haben wir am Anfang nicht so abgesehen, das hat keiner geglaubt, dass es so schlimm und so dumm kommt. Zufrieden bin ich auf keinen Fall damit, jetzt wie gesagt, ich habe eigentlich gedacht umorientieren noch mal. Das nächste war der Tourismus, wo ich gehofft hatte, was ja so ein bisschen den Bach runter geht, was nie das Große werden wird in dem Sinn, obwohl es Spaß macht. Es lenkt auch ab von den persönlichen Sorgen muß ich sagen. Die Natur kann ja mit unter sehr frei machen, das ist das Gute daran, auch an der Sache, die ich zwischenzeitlich so verfolgt habe, aber es ist eben nicht das, was ein bis zur Rente noch bringt. Ich habe eben noch zu viele Jahre bis da hin, deswegen muß ich noch mal Umschulungen machen, die richtige Umschulung hatte ich noch nicht, das ist dann noch mal meine Chance, obwohl es auch schwer ist, wenn man älter wird, ist man nicht mehr so doll mit dem Kopf, da bleibt nicht mehr soviel hängen und man muß noch mal Geld verdienen, Geld verdienen, und das wichtige, oder das blöde ist ja, das gerade die letzten Jahre zur Rente zählen und die haben wir eben halt nicht

ABU, Herr 3: ...ist nicht...

ABU, Frau Hoffmann:...das ist eigentlich der große Witz an der Sache. So sieht das aus.

ABU, Frau Pils: Man hat uns in der Schule den Kapitalismus gelehrt und den Imperialismus (...?) Arbeitslosigkeit, mein Gott, warum gehen die nicht arbeiten? Jetzt ist er eingetreten der Kapitalismus, schlimmer als man ihn uns gelehrt hat.

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ABU, Herr Krusche: Manchmal habe ich mir gesagt, die sind arbeitslos, die sind doch faul, die wollen gar nicht arbeiten (...?) jetzt erleben wir es selber.... Die sind faul, die kassieren vom Staat Geld ...

ABU, Frau Pils: ... und legen sich auf die faule Haut...

ABU, Herr Krusche: ... das ging ja gar nicht in den Kopf, das so was gehen kann. Und jetzt sind wir es selber....

ABU, Frau Pils: Und das besagte soziale Netz, das es heute gibt...

ABU, Hoffmann: ... das hat so große Löcher

ABU, Frau Pils: .... solche Maschen, solche Maschen. Ich habe es selbst erlebt. Ich habe einen Antrag gestellt auf berufliche Rehabilitation weil ich nicht mehr höhentauglich war für die Chemie, ja ich sag mal unsereins kann sich noch wehren und kann sich gegen gesetzmäßigkeiten wehren, in dem er ein paar Briefmarken verschwendet, ein paar Telefonate führt und ein bisschen Benzin verfährt. Aber es gibt Menschen, das habe ich dort erlebt bei einem Amtsarzt, der saß da und wurde auf Arbeitstauglichkeit geprüft. Ihm fehlte der rechte Arm. Den hatte er bei einem schlimmen Eisenbahnunfall verloren und ja er war auch, ich sag mal vom geistigen nicht so sehr bemittelt, so dass es für diesen Menschen ganz schwierig ist, sich in diesem System durchzusetzen. Ich denke, ich schaffe das noch, aber für die anderen ist das ganz schwierig und davon gibt es sehr viele. Wie Frau Hoffmann schon sagte, die Gesellschaft macht krank, die Gesellschaft vereinnahmt die Menschen, die Gesellschaft macht die Menschen aggressiv und das ist ein ganz schweres Feld (..?) geprägt durch die hohe Arbeitslosigkeit.

ABU, Frau Hoffmann: Und dieses nicht mehr gebraucht sein, das ist ja auch wieder, das Selbstbewußtsein wird untergraben, man muß sich ja neu orientieren und wenn man es endlich gemacht hat, dann kommt nichts raus, also es ist schon eigentlich dramatisch für viele Leute und viele ältere Menschen gerade, die können sich selbst gar nicht mehr helfen. Also gerade (...?) Rentenalter, wenn sie nicht Verwandte oder Bekannte haben die sich kümmern, die gehen vor die Hunde, ganz einfach. Die behinderten sowieso, das ist auch schwierig...obwohl viele organisiert sind, trotzdem schwer, sehr schwer...

ABU Herr 2: Und viele Probleme, die Leute haben sich auch ein bisschen verleiten lassen. Und sie haben das Boxen nicht gelernt, was sehr wichtig ist. Ich fahre immer noch meinen Lada, trotzdem es eigentlich nur andere Autos gibt, aber der Lada wird noch gefahren, der ist noch da, er läuft, hab also kein Problem damit, warum soll ich den also wegschmeißen. Ich schmeiße nicht einfach irgendwas weg, was noch gut ist. Und viele Leute

sind eben auch in Schwierigkeiten gekommen, ohh, och, ohh und jetzt aber rann, das haben wir sein lassen. Ich habe mir von Anfang an darauf ausgerichtet zu boxen. Das Finanzamt .... komm her. Komm her, anders geht’s nicht ... und dadurch habe ich eben das, was ich vorher hatte erhalten können. Ich meine, ich muß ihnen ganz ehrlich sagen, ich hatte das Finanzamt angeschrieben, wo sie das erste mal Geld von mir haben wollten von meinem Lohn, ob sie auch das DDR-Geld nehmen, ich hätte was gesparrt ob sie das auch nehmen, ganz frech. Man muß sich einfach wehren können. Und wenn ich jetzt ein Schreiben von irgendeinem kriege, dann habe ich vorher schon mal ein Schreiben gekriegt, da steht dann drauf, Gesetzt von 1848 von, von, von, von und das klebe ich dann drauf, dann belehre ich die, ob die das nun wissen oder nicht, aber damit zeige ich denen meine Aggression, sie können mit mir nicht machen was sie wollen. (....) So wie sie das machen, mach ich das auch. Wenn sie mir so einen Artikel mit Gesetze runter schreiben, mache ich das auch. Irgendwo hab ich noch so ein Ding und wenn es die Miete vom Bauamt ist, ist egal, die kennen die Gesetzte auch nicht. Aber ich zeige ihnen eben, das ich auch boxen kann und der BRD-Bürger kann boxen, sonst würde er ja auch nicht so weit kommen, wie er teilweise kommt und das habe ich mir abgeguckt und fang an auch zu boxen. Und damit geht’s mir jetzt eigentlich, also mir ging es vorher gut und mir geht es jetzt auch gut, weil ich eben auch wirtschaften kann. Wie gesagt, das Auto habe ich immer noch und so lange wie es immer teuer wird, kaufe ich mir kein neues. Und ich habe immer noch den DDR-Farbfernseher, der läuft immer noch, schaffe ich nicht weg. Ich habe immer noch meine Auslegeware von der DDR drin. Die liegt ja nun erst 30 Jahre drin, die ist noch tip top. Ich muß ihnen das mal sagen, ich geh nicht einfach nur kaufen und schmeiße das Geld weg, anschließend stehe ich da und habe nichts mehr. Sie können gerne kommen und sich das angucken, die Möbel sind tip top (...?) habe mir keine neue gekauft. Und nur, ich muß mich der Zeit anpassen und nicht nur kaufen, kaufen, kaufen und dann irgendwann auf der Erde liegen. Und viele Leute sind verleitet worden davon und deshalb liegen sie jetzt auch auf der Erde.

ABU, Frau Hoffmann: Sie schreiben nicht alles an Fokus oder Spiegel?

AG, Milena: ..ich glaub nicht

AG, Glaeser: ..hatten wir das nicht vorher gesagt, das wir das nicht tun, das gehörte zur Einführung

AG, Claudia: Ich glaub das der Spiegel, da sind wir nicht gut genug ausgebildet im Schreiben, um dort irgendwelche Artikel zu veröffentlichen

(....)

ABU, Herr Krusche: So wie der Spiegel schreibt,

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Gruppen-Interview mit Mitgliedern der Akademie für Berufsförderung und Umschulung Berlin e.V. (ABU),vom 29.6.2000 in Schwedt, ca. 130 Min.

das können sie bestimmt schon länger,.. was die da rumschmieren, das ist ja eine Schande.. Da kann man auch bloß ein Prozent sagen, das glauben wir.

ABU, Herr 2: Damit wollte ich dann auch sagen, weil ich sagte jetzt mit der Auslegeware die liegt schon 30 Jahre drin, das es eine Qualitätsware war und das meine Möbel auch Qualität sind,

AG, Milena: ... das habe ich schon verstanden...

ABU, Herr 2: ....das ist echtes Holz, das ist kein Sperrholz hier oder irgendwas, das ist echtes Holz. Und meine Schlafzimmerbetten auch noch, echtes Holz, das ist ein teurer Artikel von der DDR gewesen, den habe ich heute noch...

(...?, lachen)

ABU, Frau Pils: Kennen sie den Ausdruck nicht Herr Glaeser, wenn man in der DDR eine Wohnung kriegte und es kam Besuch und es wurde die Wohnung gezeigt, so Küche, Bad, Wohnzimmer und hier ist das Arbeitszimmer

(...?)

AG, Milena: Letzte Frage..

ABU, Frau Pils: ..das ist gut, ich muß nämlich 3/4 vier die ganze Hütte zuschließen.

AG, Milena: Ich merk schon, ich merk schon. .... Was glauben sie, denken andere über ihre Region?

AG, Kinga: z.B. Investoren..

ABU, Herr 3: Da kann ich nichts zu sagen

ABU, Herr Krusche: Die denken, manchmal könnte die Luft besser sein. Das petrochemische Kombinat, ist aber schon besser geworden, das war vor einiger Zeit noch schlimmer, die hat noch mehr ausgespuckt.

ABU, Frau Hoffmann: Also manche Tage ist es schon, denke ich immer, wenn da gerade Touristen kommen und die Sonne so schön lacht und die Schornsteine so schön qualmen ist es ganz schön...., ich hab es auch selbst schon erlebt, was ich früher auch nicht geglaubt habe, wenn man unterwegs ist mit dem Fahrrad und der Smog zieht gerade so rüber in das Randwotaal (..?) war es damals, also es ist schon belastend und erschreckend für den Touristen der herkommt und dann so was erlebt, ob die dann wirklich so gerne wiederkommen?

ABU, Frau Pils: ...viele erschrecken auch immer, ... aus drei Richtungen kann man ja Schwedt erreichen, einmal aus Angermünde, Garz und denn (...?) so rüber, und da kommt man denn ja so einen kleinen Berg runter und dann sieht man diese 35 Schornsteine und überall kommt was raus. Sicher ist das für viele erschreckend, aber es gibt ja andere Gebiete, wo es eben passt, Nationalparkgegend gegen Großindustrie. Sicher ist es nicht (...?) wenn da Schornsteine und Fackeln und Kraftwerke aber

damit müssen wir jetzt halt hier leben.

ABU, Herr 2: Naja, bloß ich weiß nicht, vielleicht stoßen sich viele Betriebe auch ab hier weil irgendwie die Grenze zu Polen noch nicht total offen ist, wir sind wahrscheinlich so ein bisschen in die Enge gedrückt, so in die Ecke gestellt, nach drüben nach Polen ist noch nicht offen, also sind wir hier alles so weite Anfahrtswege und der Nationalpark noch dazu ... da sind gewisse Bestimmungen vorgesehen oder irgendwas nehme ich an, ich meine, dann ist es ja auch von der BRD drüben, da wird auch nicht ganz so sauber abgearbeitet, da haut man auch aus Batteriebetrieben den Müll da oben raus, so und hier kann das eben nicht sein, weil hier eben wahrscheinlich zu sehr aufgepaßt wird in der Nähe des Nationalparks. Und auch die Frage, wie gesagt, ich fahre in Schwedt raus, komm nach Stenne, in Schwedt scheint die Sonne, komm in Stenne, meine Güte, ein Nebel hier, kein Sonnenschein, was ist den das nicht, naja, nehme ich mit dann haue ich ab und fahre nach Meienburg, ist sowieso (...?) , da steht der Nebel eben nicht

ABU, Frau Hoffmann: Je nach dem, wie der Wind steht.

ABU, Herr 2: Ich nehme an, viele Betriebe stoßen sich ab hier irgendwas, weil es wird gesagt, hier ist zu Ende und dann der Nationalpark dazu, das ist alles zu eng.

ABU, Frau Pils: Da erfahren sie sicher mehr in der Stadtverwaltung.

ABU, Frau Hoffmann: ....warum die Investoren nicht kommen.

ABU, Herr 2: Naja, so war aber das Gespräch in der Stadtverwaltung, ich habe ja mal in der Stadtverwaltung gearbeitet. Und das ist ja auch logisch, ich würde mich selber privat hier auch nicht ansiedeln, muß ich jetzt mal ehrlich sagen, wenn ich eine Privatfirma machen wollte, würde ich mich in Schwedt auch nicht ansiedeln, das wäre mir hier zu eng. Ich muß immer, ich kann immer nur in eine Richtung fahren. Und so, wenn ich mich ansiedle, möchte ich einen Umkreis haben, möchte dann Bier verkaufen könne, oder wie auch immer, möchte den Umkreis haben und das habe ich nicht. Hier ist es zu Ende. Ich kann nur hier rüber.

ABU, Frau Pils: Ach, ich sitze schon in Polen?

ABU, Herr 2: So sieht es der (...?) wahrscheinlich.

ABU, Frau?: Also gerade haben die Uckermärkischen Bühnen gestern in ihrem langen Artikel so auf den Punkt gebracht: Sie haben das halbierte Umland. Also wir haben das halbierte Umland hier, ne.

ABU, Frau Pils: Ja, ist doch so.

ABU, Frau Hoffmann: Und die Touristen sind mit

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Polen immer noch mit unter etwas zurückhaltend, weil eben von Polen auch oft schlechte Sachen berichtet werden. Das ist das Problem auch beim Tourismus, obwohl, na gut, der Highway-Tourismus will ja nach Polen, aber das hat nun ein bisschen nachgelassen, das war am Anfang ein bisschen schlimmer. Wobei in Polen noch allerhand zu sehen wäre.

ABU, Frau Pils: Gerade auch gleich hier hinter der Grenze. Da gibt es schöne Ecken, schöne kleine Städte, viel historisches...

ABU, Frau Hoffmann: ...was viele Touristen auch anzieht, aber wie gesagt, die Unsicherheit ist dann wider...

ABU, Frau Pils: Der Unsicherheitsfaktor schreckt die Leute ab.

AG, Glaeser: Haben wir keine Fragen mehr?

AG, Milena: Ich habe keine Fragen mehr.

(...)

AG, Glaeser: Wenn das der Fall ist, möchte ich an sie noch mal das Wort richten. Haben Sie denn noch Fragen an uns. Frau Pils hat ja vorhin ....

(hier bricht die Aufzeichnung ab.)

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

10. Interview Herrn Lück, vom 27.06.2000 in Criewen, ca. 35 Min.

Interviewerinnen: Anja Schatz, Vera MayerBand Nr. 64Stand: 28.10.2000

Transkriptionszeichen:L: Herr LückA: Anja V: Vera(...?): Auslassungen weil nicht verstanden

Transkriptionsbeginn:

V: Also es ist eben so: wir wollen verschiedene Leute befragen, was sie als Veränderungen hier durch den Nationalpark erfahren haben und wie sich die Region hier in letzter Zeit entwickelt hat. Und wir befragen Fischen, wir befragen Touristen, wir befragen Landwirte und all die, die hier was zu sagen haben.

L: Na dann fragt mal.

A: Fragen wir mal. Wir haben zunächst ein paar Standardfragen, die haben wir allen gestellt, wenn ihnen etwas unangenehm ist: einfach nichts drauf sagen. Ist O.K. Die erste: Wie alt sind sie?

L: 45.

A: Leben sie schon immer hier im Ort?

L: Im Ort.

V: Hier in Criewen?

L: Ja

V: Und ihr jetziger Beruf, was machen sie hier genau eigentlich? – das habe ich nämlich nicht verstanden.

L. Ich bin hier Gemeindearbeiter, ich muß hier alles...

V: Alles, alles was anfällt...?

L: Ja alles.

V: Das heißt alles von dem Laden bis ... ?

L: Naja Straßenfegen und alles was willst... mich mit euch unterhalten.

A: Also Gemeindearbeiter ist nicht Sozialarbeiter sondern ...

L: Naja was soll ich denn sagen...

V: Der für alles zuständig ist.

L: Ja für alles. Genau.

V: Und das ist aber nur für Criewen?

L: Nur für Criewen.

V: Und was haben sie vor der Wende gemacht?

L: Elektriker.

V: Elektriker...auch hier in Criewen?

L: Jaja.

V: Und vor der Wende gab es da auch schon den Posten des Gemeindearbeiters, oder ist das neu?

L: Jaja.

V: Das gab es auch schon...

A: So Spickzettel ... So zu ihrem Haushalt...wer gehört da noch dazu? Sind sie alleine oder mit Familie?

L: Frau und drei Kinder.

V: Und alle hier in Criewen?

L: Ja alle in Criewen. Jetzt nicht mehr, die Kinder nicht mehr alle, aber...

A: Kinder sind auch schon großjährig wahrscheinlich...

L: Was sind die?

A: Erwachsen.

L: Jaja. Die Mädels ja, der Junge ist noch etwas jünger.12.

V: Und zur Schule wo gehen die dann, in Schwedt?

L: Ja in Schwedt.

V: Und die Aussichten für sie in der Region hier zum arbeiten? Oder ziehen sie eher weg, wie sehen sie das im Falle ihrer Kinder?

L: Ich denke mal sehr schwierig. Die Tochter die älteste die hat in Berlin gelernt, in Spandau...und hat große Schwierigkeiten gehabt...die hat Krankenschwester gelernt und ist jetzt in W., det is naja 35 Kilometer jeden Tag hin und her. Also hier in Schwedt und Angemünde ist nichts, auch nicht als Krankenschwester, wat man eigentlich nicht so gedacht hat. Naja und die ganze Jugend...Lehrstellen gibt es nur über ABM und so.. Naja ich habe halt Glück gehabt , dass ich hier angestellt bin bei der Gemeinde...

V: Weil als Elektriker wäre es schwieriger...

L:Jajajaja

V: ...oder unmöglich...

L: Jajaja...unmöglich nicht aber...fast unmöglich sagen wir mal. Es gibt ja soviel Elektriker hier.

A: Waren sie dann vorher auch in Schwedt angestellt? Da gibt es ja Industrie, undsoweiter, wo dann sehr viele arbeitslos wurden...

L: Nee, ich war hier bei VEB P., bis zur Wende, und dann war ich hier im Gemeinderat mit drin und so, dann haben sie jemanden gesucht, da war das mit dieser ABM Verteilung, hatten sie 8 Frauen und

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Interview Herrn Lück, vom 27.06.2000 in Criewen, ca. 35 Min.

Männer, und dann haben sie jemanden gesucht ... und mit dem ... gings ja da zu Ende, hat man dann mitgekriegt naja, hat man ja im Gefühl und dann habe ich hier angefangen. Gefragt... und die hatten mich mal angesprochen...und naja, habe ich dann gemacht, erst da so Gruppenleiter und was weiß ich wat alles.. für ABM. Und naja, gibt ja och nicht mehr, dann habe ich überlegt...aber nee...

A: Und sie sind direkt über die ABM-Stelle dann...?

L: Ne ich bin direkt hier von einer Arbeitsstelle zur anderen. Ich war noch nie ABM oder so.

V: Und ihre Frau?

L: Die hat hier den Laden.

V: Ach so, jetzt...

A: Dann kennen wir sie schon.

L: Nicht die heute drin ist, nicht die etwas korpulentere mit Brille, gestern abend, die.

V: Ja die haben wir auch kennengelernt.

A: Die Frau die uns vor dem verhungern schützt.

A: Wieviel Leute wohnen hier in Criewen?

L: 500, kann ich jetzt nicht genau sagen.

V: Und das hat sich auch seit der Wende nicht geändert...abgewandert, sind da viele?

L: Also 50 sind dazugekommen.

V: Ah, 50 dazugekommen...

L: Durch diese Eigenheimbauten und sowas..

V: Die wohnen dann nur hier, aber arbeiten nicht hier?

L: Jajaja, also zum Großteil wohnen sie.

V: Und hat sich dadurch was verändert, für die Gemeinde, dass da Leute da sind die zwar hier wohnen, aber nicht hier arbeiten? Oder werden sie nicht so richtig...

L: Najaja, hat sich da was verändert? Alle die herkommen, ich meine Criewen ist ja von der Landwirtschaft geprägt, sag ich ... alle die hergekommen sind, sind von Schwedt oder sonstwo alles ... sind ausgewanderte Städter, die nicht mit der Landwirtschaft am Hut haben. Und da gibt es schon Lust auf keine Hahnkrähen und keine Kuhblöken oder Schafblöken, oder irgendwie sowas....Nee, diese Konflikte kommen, sind da und werden sich noch verstärken.

V: Und diese Leute sind dann auch gar nicht richtig in der Gemeinde drin?

L: Naja, det wird dann meistens ein bisschen überspielt, aber ich denke es ist so. Ja, das sie nicht richtig drin sind. Also nur zum schlafen hier...und zum quengeln. Ja naja, von meiner Sicht aus ist es so ...jeder sieht das anders.

V: Und die Leute die sich treffen...wo ist das : besucht man sich oder gibt es Vereine?

L: Ja Vereine: Angelverein und Baugemeinschaftsverein und Feuerwehrverein und Chor....

V: Stammtisch?

L: Ne das ist vorbei

V: Und sind sie da irgendwo Mitglied oder tätig in irgendeinem dieser Vereine?

L: Angelverein und Feuerwehrverein.

A: Und so sind dann mehr oder weniger alle irgendwo in einem Verein?

L: Ne alle nicht, denk ich nicht, nee, da sind welche die sich total abkapseln.

V: Und das war immer schon so oder hat sich da was geändert, also...?

L: Ja hat sich geändert, ganz gravierend....ja man kann nicht von den Zugewanderten sprechen, das kann man nicht so...aber...vorher war Stammtisch, da hat man sich in der Kneipe getroffen ...das is nicht mehr.

A: Und wie kommt es das das nicht mehr ist? Gab es da irgendeinen Anlaß, war es zu teuer, oder?

L: Irgendwas ist raus, kann ich nicht erklären, das ist ein Phänomen, denke ich mal...

V: Aber diese Vereine gab es auch schon vorher, das heißt es gab zwar den Stammtisch aber es gab auch den Chorverein und Feuerwehrverein.

L: Chor ja, Feuerwehrverein nicht, das ist jetzt eine neugeborene.. und Gemeinschaftsverein auch nicht, aber Anglerverein und Feuerwehr gab es, das sind jetzt wie gesagt Feuerwehrverein und Feuerwehr und naja Chor, Anglerverein und was noch...

V: Und den Stammtisch gibt es nicht mehr....

L: Stammtisch nicht mehr.

A: In den Vereinen sind da die Frauen auch dabei? Bei der Feuerwehr zum Beispiel eher nicht...

L: Nee eher nicht, bei den Anglern auch nicht, im Chor ist mehr Frauen als Männer, denke ich.

A: Und man trifft sich hier auf der Straße...man kennt wahrscheinlich sich soweit...außer die zugezogenen...

L: Jajaja

V: Und vom Alter her, dass sind doch schon die Leute die Familie haben, die in diesen Vereinen sind.

L: Jajaja

V: alle?

L: alle denke ich, also die Jugend nicht.

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

A: Die zieht es weg, allesamt, oder?

L: Ob weg, das kann ich so nun nicht beurteilen, doch nicht zu den Vereinen. Die distanzieren sich etwas, die wollen damit nichts zu tun haben.

A: Gehen die dann Party machen?

L: Sicher...

A: Sicher, die gehen dann wahrscheinlich auch mal weiter...

L: Eberswalde, oder ich weiß nicht wo die alle hingehen, die haben ja alle Autos, heut ist ja gar kein Problem.

V: Und dadurch dass es sich jetzt geändert hat, dass der Stammtisch nun nicht mehr da ist – ist auch der Zusammenhalt auch geringer geworden in der Gemeinde?

L: Ja der Neid. Ich denke also Neid und Mißgunst ist das was hier blüht. Das war vorher nicht.

V: Zwischen?

L: Na...

V. Zwischen allen?

L: Jaja...der hat so ein Auto... dann muß ich auch eines haben...oder guck mal wie kann sich der das leisten...oder die sind Arbeitslos oder ABM und diese... weiß ich nicht: das ist ganz schlimm.

A: Ist es so das jetzt wesentlich mehr Menschen Arbeitslos sind? Also das es wirklich dieses Ding Armut oder nicht genug Geld und...

L: Armut kann ich nicht sagen: Armut ist keine...aber auch wenn er Arbeitslos ist: ein Mercedes oder ein BMW – das muß eben sein. Was nicht sein braucht.

V: Zum zeigen?

L: Ja zum zeigen. Mit dem BMW fahren so einige und tun sich Schuhcreme auf die Stulle.

V: Also es hat sich zwar wirtschaftlich was verändert, doch nach außen will jeder diesen Schein bewahren?

L: Genau, genau...

V: Und das ist es was den Neid erzeugt?

L: Genau Genau..

A: Ist sowas auch Thema, also sprechen die Leute auch zum Beispiel darüber, dass sie Arbeitslos geworden sind? Oder ist das...

L: Jaja, geschimpft wird immer.

V: Aber auch auf andere, oder auf den Staat?

L: Naja, die anderen sind immer Schuld, Staat und andere...Naja.

V: Und der Nationalpark der hier jetzt geschaffen wird, wie weit spielt der jetzt eine Rolle? Schränkt

er die Leute mehr ein, was Arbeitsstellen betrifft: da gab es ja einige ABM Stellen einerseits doch andererseits die hier von Landwirtschaft leben...

L: Ja Nationalpark, das ist so eine wunde Stelle, wahrscheinlich habt ihr ja schon mehrere Interviews gegeben –oder gefragt – ich bin da so etwas negativer Haltung – ich war 22 Jahre in der Landwirtschaft beschäftigt,, sag ich mal, und det ist nun alles weg. Früher war, in der Pflanzenproduktion 350 Mann, da war ich auch. Und jetzt ist es weg. Es ist LPG hier, oder Genossenschaft, die haben vielleicht noch 7. Die das machen, was vorher sag ich mal nicht die 350, aber...gemacht haben. Und durch den Nationalpark und alles, was die sich so gedacht haben mit dem ganzen Tourismus und diesem ganzen Blödsinn, ist nicht, also sehe ich nicht so. Ich weiß nicht, wenn das Schloß hier fertig ist...ich weiß nicht ob da noch etwas kommt, aber im Augenblick machen die mehr kaputt wie...

V: Also für den Nationalpark, so wegen der Natur kann sich keiner groß begeistern? Die war immer schon da...

L: Ja von den Einheimischen sicherlich nicht. Das sind alles die, die von außen da reingekommen sind, sagen wir mal wie dieser Dr. Vössing, ich weiß nicht ob das euch was sagt...aus Berlin, ja... dieser Thomas Berg, die nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben, und nie was zu tun hatten, von irgendwo viel Geld kriegen und hier verrückt spielen, sage ich mal. Und jedem ein Knüppel zwischen die Beine schmeißen...und also da bin ich nun absolut dagegen.

A: Und so das der Nationalpark Arbeitsplätze schafft, das ist auf jeden Fall nicht momentan?

L: Ja was wollen die schaffen? Das weiß ich nicht. Die haben...die sitzen in Schwedt, die haben alle ihre Posten, Verwaltung und was weiß ich was da alles rumrennt. Was haben sie gesagt? Von Criewen werden soundsoviel übernommen, aber wofür? Die haben ja alle ihre...

V: Und sie haben schon in 90 davon gewußt, von diesem Nationalpark, 90 ging ja das ganze los.

L: Ja 90 sicherlich nicht...wann war denn das? 94...Jaja 90 wurde so gemunkelt..

V: Also wann haben sie davon gewußt das mit diesen Konsequenzen hier ein Nationalpark errichtet werden wird?

L: Mit diesen Konsequenzen, also erstmals seit 3 Jahren, 4 Jahren...Nach dem diesem Pflege und Entwicklungsplan und was weiß ich was alles, und die Schranken, und Beschränkungen, seit dem das alles gekommen ist. Vorher haben sie ja gemeint, das ist alles gar nicht so schlimm und das kriselte so. Und für die Betroffenen ist es sehr schlimm, ja so wie bei den Landwirten. Und die sind ja alle mit der Landwirtschaft großgeworden, - sag ich mal -

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Interview Herrn Lück, vom 27.06.2000 in Criewen, ca. 35 Min.

die waren ja nur vor der Wende ein ganz geringer Teil der nach Schwedt gefahren ist zum arbeiten. Die waren ja alle LPG oder VEG – und das ist alles zusammengebrochen. Und bricht noch mehr zusammen wenn das derzeit vorgesehene Gesetz für diesen Nationalpark durchgedrückt wird ohne Rücksicht auf Verluste. So sehe ich das.

V: Die Leute haben auch gar keine Möglichkeit zur Mitsprache? Da gibt es doch verschiedene Vereine die da...

L: Ja Mitspracherecht...ja das ist alles mal so...naja das machen wir schon und macht euch mal keine Sorgen, das bleibt schon alles so wie es ist...immer ein bisschen Verdummungstaktik.

V: Seitens der Vereine?

L: Seitens eben diesem, wie heißt der Verein?

V: Die Interessengemeinschaft oder der Förderverein?

L: Ja genau die anderen, der Förderverein, genau die. Die Interessengemeinschaft die gibt es ja erst seit ein paar Jahren, oder so. Wo sie gemerkt haben, was hier so gespielt wird...

A: Wie informieren sie sich über das Thema, also wo kriegen sie etwas mit, also über die Zeitung, oder sind sie da auch noch hier über die Gemeindeverwaltung...daß sie dann noch mehr Informationen bekommen als andere? Oder was sind da die Kanäle?

L: Nee eigentlich Zeitung, Gemeindeverwaltung is ja nich: is ja nur noch der Bürgermeister und der weiß auch nicht viel.

V: Und die Bauern, haben die überhaupt Lust dagegen zu kämpfen, sich einzusetzen – oder haben sie das Gefühl das alles über ihren Kopf verhandelt wird?

L: Die haben sich ja eingesetzt, und kämpfen ja bis zu dem heutigen Tag, aber im Augenblick ist ja wieder mit diesem ganzen ...wie nennen sie das Flurneuordnung?...oder so was. Jetzt ist wieder jeder sich selbst der nächste, jeder versucht irgendwo das Beste daraus zu machen – das ist schon alles so gesteuert, denke ich mal. Diese Uneinigkeit: da wird dem das zugeschoben, dem anderen wird das zugeschoben und schon...wie das so ist: der eine kriegt das gute Stück der andere die Sand – und schon streiten sie sich. Naja.

A: Nach dem Motto teile und herrsche?

L: Na ja das ist diese Zwietracht, besonders durch diesen Förderverein ...und sag ich ja: der eine kriegt das Gute, der andere das Schlechte und schon sind die sich nicht mehr einig und naja...was sagten sie uns damals?- „Einigkeit macht stark“- haben sie uns mal gelernt in der Schule.

A: Und das ist Taktik?

L: Sicher Taktik. Und vor allen Dingen, wie das nun funktioniert, mit den Millionen die sie haben, und diese Flächenaufkäufe machen können und sowas....die Landwirtschaft kennen sie nicht, wird nicht bezahlt, kriegen nichts für ihre Produkte, die ganzen Auflagen.....und die können mit Millionen rumhantieren und wer kein Geld hat....naja, wißt ihr ja selber. Könnt ihr zur Bank gehen und Kredite holen, aber die müßt ihr dann zurückzahlen...

V: Und Sie sind ja Angler – das haben sie gesagt.

L: Richtig.

V: Das heißt für sie ist der Nationalpark wenn das so mit den Verboten errichtet wird....dann können Sie gar nicht mehr ran ans Gewässer...

L: Richtig.

V: Und gibt es bestimmte Gegenden wo Sie hingehen?

L: Naja, diesen Kanal eben. Aber das ist eigentlich kein Angelgewässer hier in Criewen. Ist eigentlich nur Poldergebiet – und da müssen wir ja raus...

V: Aber Sie wissen nicht genau, was die vorhaben: wo jetzt genau was frei sein wird beziehungsweise gesperrt?

L: Nee, das war nicht so offiziell, das ist alles so ein bisschen unterm Tisch gehalten...

V: Manche Angler sind doch in diesem Verein organisiert von Herrn Manthey...

L: Jaja.

V: Weil er ja auch Angler ist....aber Sie sind da nicht?

L: Neenee.

V: Sehen Sie da keine Chance, dass sich die Angler irgendwie durchsetzen könnten? Oder läuft hier Nichts mehr?

L: Es läuft hier nichts mehr. Nee. Also die Angler sowieso nicht. Da streiten wir uns mit dieser Einfahrtgenehmigung. Da streiten wir uns ja herum seit 1995, seit dieses Gesetz ist. Da verhandeln wir laufend, dass wenigstens die Rentner und die Schwerbeschädigten ranfahren können...Und das wird total geblockt. Und Angler - ist ja nun ein rotes Tuch für die ganzen Grünen da, sag ich mal. Da sehe ich keine Chance – absolut nicht.

A: Also es hat sich viel zum Schlechten verändert? Hat sich irgendwas zum Guten verändert? Also jetzt im Zusammenhang mit dem Nationalpark?

L: Also – wenn ihr mich so fragt – nichts. Ja, das müßt ihr mal wissen, ich meine ..ist ja auch...sie denken vielleicht von außen ich bin so ein Quengler...ich habe 10 Hektar Wiese im Nationalpark. Ich bin Mitbesitzer...oder...wie ich sagen soll... von 62 Hektar Wasser – die uns jetzt weggenommen werden...und irgendwo anders...oder

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mit Geld vergütet werden ...ich weiß es auch nicht. Persönlich sind wir ja nich nicht angesprochen worden. Aber wir müssen raus, wir werden da rausgetrieben. Und deswegen habe ich da von Anfang an so eine Abneigung gehabt...sag bloß damit ihr es versteht... und nicht denkt...

V: Und was haben sie Ihnen versprochen: Ersatz oder Geld?

L: Die haben persönlich noch überhaupt nichts versprochen...oder irgendwie was...ich sage: man hört es nur, man liest es nur in der Zeitung.

A: Das heißt mit den Leuten um die es geht wird nicht gesprochen? Also irgendwo werden Pläne gemacht und irgendwo sind die Leute um die es eigentlich geht, aber es wird nicht gesprochen?

V: Also irgendwann kriegen sie es mit, und dann müssen es so hinnehmen?

L: Ja so ungefähr. Da war mal ein Kaufangebot für irgendwelche Flächen...nicht per Zwang...da hatten sie angeboten die Flächen zu kaufen für 4000 Mark pro Hektar oder so...das ist das einzig offizielle außer der Zeitung was ich so mitgekriegt habe vom Nationalpark. Also das es da mal ...es ist sicherlich auch schwierig, weil die – sag ich mal – Tausende von Besitzern die, die Flächen hier alle haben...die haben ja alle bloß klenere Sachen, aber so persönlich ist da nichts...

A: Also sie wurden als Gemeinde die mitten drin – also im Prinzip – überhaupt nicht...weder die Leute in der Gemeinde - aber sie wurden auch nicht in die Planung miteinbezogen? Weil eigentlich geht es – so wie ich es verstanden habe – um eine Entwicklung für die Zukunft. Und entweder wird ein Nationalpark entwickelt... oder die Region entwickelt sich anders..

Und diese Planung hier...das ging überhaupt nicht zusammen mit den Leuten hier. Habe ich richtig verstanden?

L: Sicher nicht. Also ich kann nur von mir ausgehen... die Gemeinde mußte eine Stellungnahme machen und was weiß ich wer noch alles... aber so richtig einbezogen in diese ganze Planung ist nicht.

A: Also keine Gespräche am großen Tisch oder dergleichen. Wäre Interesse dagewesen?

L: Denke ich mal: ja. Das ist von Anfang an als Gut eingestuft Nationalpark als immer positiv...und da braucht man gar nicht diskutieren darüber, det is was Jutes, damit müßt ihr alle einverstanden sein....früher waren sie alle für den Frieden und jetzt sind sie für den Nationalpark.

V: Aber wenn es jetzt ein Naturpark wäre – also so wie auf der polnischen Seite: ein Naturpark, wo man aber auch rein darf – dann wären sie damit zufrieden?

L: Landschaftsschutzgebiet oder was weiß ich...was es schon immer war.

V. Das wäre in Ordnung?

L: Ja genau. Und Nationalpark auf diesen Flächen wo wirklich nicht....was es immer schon war: Schutzzone 1. Kann bleiben: Bäume wachsen, alles ist, soll bleiben. Aber die bewirtschafteten Flächen müßten auch bleiben, damit die Landwirtschaft Zukunft hat und wenigstens ein paar Menschen arbeiten. Was soll hier werden? Hier wird nichts...da können sich noch ein Hafen bauen in Schwedt oder was weiß ich was alles..

V: Und sonst ist hier die Landwirtschaft funktionsfähig...also man kann davon leben?

L: Ja, sicher. Naja leben...reich wird man davon nicht...aber...

V: Und mit Nebenerwerb? Also die Leute die in der Landwirtschaft arbeiten...arbeiten sie von morgens bis abends oder?

L: Ja und am Sonnabend und Sonntag auch noch.

V: Und jetzt mit diesen Versprechen von Touristen...ändert es was? Also gibt es da Leute die sich überlegen, wenn es da jetzt wirklich Touristen gibt, dass es sich vielleicht lohnt Betten oder Zimmer zu vermieten?

L: Ja das ist ja auch schon. Wir haben hier ...das habt ihr ja auch schon sicher gesehen... Pensionen oder so...Aber wir hatten ja auch mal Zuhause...haben wir so vermietet bis 1996 glaube ich. Solange wie in Schwedt gebaut wird ist funktionierte das: dann kommen die Bauarbeiter und sie kriegen die Buden voll....und jetzt steht überall: „Zimmer frei“ – wird nicht mehr gebaut. Die Touristen kommen mit dem Auto, die haben eine Stulle in der Tasche und ein Fahrrad auf dem Dach. Dann fahren sie über den Damm, gehen sie in eine Kneipe oder in den Konsum – vielleicht 8 Mark geben sie aus – und dann hauen sie wieder ab. Das ist der Tourismus hier – der vielbeschworene. Und alle die ganzen Bauarbeiter die werden alle mitgezählt, die hier übernachten. Ihr braucht ja bloß abends mal entlanggehen, dann seht ihr wo diese Pensionen alle sind...das hat jetzt aber rapide abgenommen.

A: Wenn Sie selber eine Zukunft erfinden könnten für die Region...was würden sie da haben wollen?

L: So wie vor zehn Jahren. Genau so.

V: Das heißt schon nach der Wende: also politisch anders?

L: Ja, richtig.

V: Politisch anders, aber zwar ein Naturpark neben der Haustüre aber keine gesperrten Gebiete?

L: Weiß ich nicht.... Naturpark, aber keine gesperrten Gebiete...

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Interview Herrn Lück, vom 27.06.2000 in Criewen, ca. 35 Min.

V: Also wie sah es aus vor 10 Jahren, wie war diese Situation die sie gerne zurückhätten?

L: Wenn diese verdammte Arbeitslosigkeit nicht wäre und durch diesen Nationalpark die Landwirtschaft nicht so erwürgt wäre...jedenfalls nicht so wie jetzt, dass man nicht ran kann. Also so auf keinen Fall. Also das war ja 1990 noch nicht, und da waren sie alle Feuer und Flamme mit Nationalpark – da hat ja noch niemand diese Konsequenzen geahnt, geschweige denn gewußt. Da sind diese ganzen Flächen bewirtschaftet worden und das war gut. Und jetzt muß das ganze umgekrempelt werden und Wasser muß da rein das ganze Jahr..

V: Also ohne diesen Nationalpark könnte man hier eigentlich gut leben.

L: Ja das denke ich.

V: Auch wenn es sonst Schwierigkeiten gibt, auch wenn die Bauarbeiter ausbleiben...aber die Landwirtschaft würde gut weiterleben?

L: Ja , aber die Landwirtschaft in diesem System...die hängt immer am Tropf – ob da Nationalpark ist oder nicht. Aber es wird nur kompensiert, diese Schwierigkeiten, denke ich durch den Nationalpark.

A: Also die Arbeitsplätze sind ganz wichtig, so wie ich Sie jetzt verstanden habe...gibt es nicht andere Dinge die nötig oder wichtig wären in der Region.. Einrichtungen wie Schulen, Nachverkehrssystem oder...gibt es da irgendwas was wichtig wäre?

L: Ich bin ein bescheidener Mensch...ich habe kein Komputer Zuhause und nichts...ich bin mit dem zufrieden was ich habe...ich habe noch einen Trabi. Ich habe 1988 einen Trabi gekauft und mit dem kutsche ich jetzt noch rum. Ich brauche kein dickes Auto. Also ich denke die Arbeit ist das allerwichtigste. Da müßte irgendwas geschaffen werden. Bloß keiner weiß was.

A: Also das ist das wichtigste für die nahe Zukunft?

L: Naja, und die ganze Jugend, wenn ich die so sehe – das weißt ihr ja sicherlich selber. Wie lange macht ihr schon?

V. Seit 4 Jahren.

L: 4 Jahre schon?

V: Und das ist auch nicht sehr aussichtsvoll.

L: Naja das ist es ja. Meine Tochter die hat ja auch lange gesucht. Hier in der Region ist nichts. Keiner weiß was. Ich auch nicht.

V: Und die Jugendlichen, die wegziehen, das ist nur wegen der Arbeit und nicht weil es in Berlin viel mehr Möglichkeiten für sie gibt zum Ausgehen, Sport oder Einkaufen.

L: Weiß ich nicht. Ich denke zu 90% ist es wegen der Arbeit.

V: Und wie ist es nun mit den anderen: den Fischern? Wir haben heute morgen einen Fischer gesprochen.

L: Mit wem? Das dürft ihr wohl mir nicht sagen?

V. Das war Herr Lücke.

L: Ach, Herr Lücke.

V: Angler und Fischer, sind sie verfeindet, gibt es da keine Zusammenarbeit?

L: Hat wohl einer gesagt...

V: Nein, das frage ich Sie, ihn habe ich nicht gefragt, er hat uns vor allem von den Kormoranen berichtet.

L: Jaja, das ist naturbedingt. Die Angler sind die Kormorane der Fischer. Die zweite Sorte, die nicht fliegen kann.

V: Ich meine zur Verteidigung der gemeinsamen Interessen, denn es wollen ja beide irgendwie ran an das Wasser.

L: Jaja, da sind sie sich schon einig. Aber von der Natur her sind sie sich feindlich.

A: Meine letzte Frage bezogen auf die Veränderung. Wir haben andere Leute auch schon gefragt ob es ihnen zu schnell oder zu langsam geht; oder ob es einfach nur darum geht jetzt endlich wieder mal Fakten zu schaffen, dass jeder wieder weiß wovon er überhaupt ausgehen kann. Also alles was sich da gerade entwickelt, sollte das schnellstens zum Punkt kommen, so dass man dann wieder Kapazitäten frei hat um dann Arbeitsplätze und die anderen wichtigen Themen zu besprechen oder sollte das jetzt ganz gründlich ausdiskutiert werden, wirklich unter der Einbeziehung von möglichst vielen Leuten?

L: Was soll ich nur zu dieser Frage sagen: diskutieren, diskutieren....Diskutieren tun wir schon seit 5 Jahren oder 10 Jahren. Es ist kein Licht zu sehen am Ende des Tunnels, det wird immer schlechter, sage ich mal. Ob jetzt Nationalpark ist oder sonstwas ist, diese ganze Situation...diese Perspektivlosigkeit macht die Menschen moralisch fertig. Und wer da säuft, oder Drogen nimmt...Da müßte etwas gemacht werden. Und das kann der Nationalpark nicht. Der zerstört sicherlich noch mehr. Für die Natur gut, es gibt sicher nichts Besseres, aber für die Wirtschaft...Jaja, wenn die Mädels anfangen zu lernen, da wird es ja besser, es sind 3 Jahre noch dann sind sie mit der Schule Fertig, dann die Lehre, und dann eine Lehrstelle...Studienplatz oder so was. Naja 3 Jahre, wenn sie fertig sind...Ja diese 10 Jahre, es ging Berg ab – aber ich bin auch ein bisschen Pessimistisch, ich guck das ein bisschen...

V: Und Sie selber sind hier zur Schule gegangen?

L: Ja hier in Criewen, bis 1961. Und dann in Schwedt.

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

V: Also sie haben 8 Jahre...

L: 10 Jahre, hier 4 und dann noch mal 6 in Schwedt.

V: Und ihre Tochter waren in Schwedt?

L: Jaja, Realschule oder so.

A: Noch eine zweite letzte Frage: Gibt es jemanden der Ihre Interessen vertritt?

L: Meine Interessen???

A: Also Verein, Verband, Politiker, Einzelpersonen?

L: Kann ich nicht so sagen.

V: Und wer sind eigentlich die Macher, die hier in Criewen das sagen haben?

L: Hier in Criewen?

V: Oder die, die überhaupt noch etwas machen könnten....

L: Weiß ich nicht, ich jedenfalls nicht, habe das 4 Jahre durch....

A: Herzlichen Dank

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

11. Interview Andrea Wolsky, vom 29. Juni 2000, in Criewen, im Bürgermeisteramt, ca. 75 Min.

Inteviewerinnen: Susanne Gabelmann und Anja Schatz Stand: 28.10.2000Band Nr.: 65

Transkriptionszeichen:AS: Anja SchatzSG: Susanne GabelmannAW: Andrea Wolsky Kommentare: (kursiv, in Klammern)

Transkriptionsbeginn:

SG: Sie wohnen hier in Criewen?

AW: Ja.

SG: Sind Sie hier auch geboren und aufgewachsen?

AW: Nein, ich bin hierher gezogen, also hierher geheiratet, und komme eigentlich aus Garz. Das ist ja auch oben am Nationalpark. Wir haben ja da auch fast die gleichen Konflikte. Da sieht das halt ein bisschen anders aus.

Aber ich bin dann hierher gezogen `91 und von da an leb ich nun hier. Und mein Mann ist auch hier großgeworden, der kommt eigentlich aus Angermünde. Seine Oma hat hier gelebt, von daher hat er fast hier mitgelebt. Mein Mann ist ´88 hierher. Momentan bin ich arbeitslos, mein Mann hat noch, oder hat, seine Arbeit beim Zoll.

Und wir verfolgen das mit dem Nationalpark, weil wir selbst – oder unsere Oma – wir haben noch Flächen da unten, also wir haben da noch Wiese die uns gehört, und naja hier oben haben wir noch Wald, aber das ist ja nicht direkt Nationalpark. Also, nicht viel, aber es ist immer so, das einen das interessiert.

Und mein Mann ist Angler, der geht leidenschaftlich gerne angeln und so, und schon deswegen interessiert uns das auch sehr was damit passiert und wie es weitergehen soll und so – weil es ja auch irgendwann auch so kommen soll, dass eben die Angler da raus sollen, dass da keiner mehr angeln soll und, und, und. Und dann kann man das ja auch alles irgendwie ein bisschen, seine Hobbys so´n bisschen in Sand setzen. Weil so viel Seen, hier ringsum, haben wir hier nicht. Sehr viele sage ich mal. Viele sind auch privat, da muß man dann auch wieder fragen: darf man – darf man nicht.

Und von daher sind wir dann auch schon interessiert, dass das alles so`n bisschen ein Miteinander ist, weil irgendwie... also ich selbst finde, dass der Naturschutz sehr wichtig ist, weil es

wird ja nicht so umgegangen mit der Natur wie es eigentlich sollte, aber ich finde, dass muß ein Miteinander sein und nicht nur: die einen kriegen alles und die anderen sind dann die meese? (unverständlich) so ungefähr. Das finden wir irgendwo nicht richtig, mein Mann sowohl, wie ich auch. Und das betrifft ja nicht nur die Angler, das sind ja auch die Jäger und die, die Landwirtschaft betreiben, die sind ja auch davon abhängig und alles. Ich denke der Naturschutz ist unmöglich (versprochen), wenn man das miteinander macht und nicht nur gegeneinander. Aber es lassen viele nicht mit sich reden und dadurch ist das auch ein ganz schöner Konflikt geworden. Manche (sind) stur, manche nicht so stur, aber... Blos mit Gewalt wird es eben auch nicht gehen. Und ganz ohne den Menschen wird es auch nicht gehen nach... (Satz nicht beendet) denke ich mir, weil, die Polder da unten brauchen wir. Wir brauchen die von daher, dass wir hier nicht absaufen – auf deutsch gesagt – und die Schwedter genauso wenig. Und wenn da keiner mehr was dran macht in den Gräben und, und, und..., dann wird das irgendwann mudderig sein und dann werden auch die Deiche nicht mehr halten, wenn die ständig unter Wasser stehen oder ständig irgendwo mit Wasser in Berührung kommen und dann wird es auch ohne den Menschen nicht mehr gehen. Denn die Tiere alleine machen es ja auch nicht.

SG: Hat der Naturpark, oder sagen wir die Seite der Naturschützer oder des Nationalparks, haben die Konzepte entworfen, wie das mit den Überschwemmungen geregelt werden kann?

AW: Naja, es gibt da ja diesen PEP oder wie der heißt, diesen Plan da, und soweit wie ich das weiß ist das so, das die das ja: Wasser rein, Wasser raus, wie es kommt. Und das funktioniert eben halt dann auch nicht, weil..., blos da haben die Tiere auch nichts von, wenn das Wasser so rein, wie es raus und, oder wenn es halt (fließt) wie es will. (Dann) werden die auch überschwemmt die Tiere, was weiß ich (unverständlich) irgendwo sind und brühten ihre Nester und die am Boden eben sind. Ich meine andere rennen weg, aber die Bodenbrüter und die, die bleiben ja trotzdem da und kommen dann um, oder so. Blos, dafür sind die Wehre da und ich denke da läßt sich schon irgendwo was regeln, dass das nicht dauernd so kommt. Ich meine die Winterwasser, ist klar, dass wir die haben, die sind jedes Jahr da, die brauchen auch die Wiesen, die braucht es damit sie im nächsten Jahr wieder ordentlich wachsen können und alles. Das ist so´n... (Kreislauf). Naja, aber ich sage ja, ganz ohne die Hand des Menschen, denke ich mal, wird das nicht gehen, wie sie sich das alles denken, oder vorstellen.

SG: Das Konzept des Nationalparks ist ja die Wiederherstellung einer Wildnis, die sich dann...

AW: Aber es war ja nie `ne Wildnis. Darum ist das

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Interview Andrea Wolsky, vom 29. Juni 2000, in Criewen, im Bürgermeisteramt, ca. 75 Min.

für mich irgendwie unerklärlich, weil: Es war nie `ne Wildnis es wurde schon immer, die ganzen Jahre von den Menschen bewirtschaftet. Früher..., na ganz früher da hatten die Menschen da unten noch Ackerflächen, da haben sie dort unten ihre Rüben angebaut und alles, und Korn und sowas. Das war ja nie `ne Wildnis! . . . Also, von daher kann man dann nicht verstehen, dass die da so eine Wildnis draus machen wollen. . . weiß ich nicht (im Tonfall von: da fällt mir dann auch nichts mehr ein).

Ich sage ja, ich finde es sehr gut, dass sie sagen...(Satz nicht beendet) Ich meine auch mit dem Reinfahren und dass man auch mit dem Fahrrad fährt, hat man sich mit abgefunden. Das tut einem ja körperlich auch nicht schlecht, aber, (lacht) aber, dass sie dann gar keinen mehr reinlassen wollen und das, das kann ich nicht verstehen. Das ist für mich unerklärlich, eigentlich, muß ich sagen.

SG: Also, Naturschutz im allgemeinen: ja auf jeden Fall. (Ist) für Sie zu unterstützen, aber, jetzt gerade dieses Totalreservat... (unterbrochen)

AW: ...das, das total da raus, und keiner mehr rein und keiner mehr raus, also das kann ich nicht verstehen. Und ich meine die Naturschützer, die machen ihre Arbeit. Die Naturwächter, die durch die Gegend fahren, machen ihre Arbeit ja auch und alles. Das ist ja auch alles gut und schön, aber ich finde dann sollen sie da auch aufpassen, wo eben Schindluder getrieben wird mit der Natur, wo eben die Leute ihren Dreck liegen lassen und die sie erwischen und machen und tun. Die sollen sie dann zur Verantwortung ziehen, aber ich denke, dass: den Menschen da ganz raus nehmen, ich denke nicht, dass das funktioniert. Ich weiß es nicht.

SG: Also stellen Sie sich das eher so vor, dass dass es im Gleichgewicht mit dem Menschen steht.

AW: Mit. Ja, mit. Denn die ganzen Jahre wurden da unten die Wiesen gemäht. Ich sage jAW: früher hatten sie da Ackerflächen, dass wurde immer mit gemacht. Und die Tiere waren da. Und ich meine, wir hatten ja vierzig Jahre `ne DDR und da wurde da unten alles bewirtschaftet und gemacht und getan. Und die Tiere waren da. Und nun mit einemmal: nun wenn da ein Traktor kommt, sollen die Tiere weggehen, das glaube ich einfach nicht. Und das ist auch das, was die, die Landwirtschaft betreiben, nicht so verstehen können. Und ich weiß nicht, also ich glaube nicht, dass das so funktioniert wie sie sich das dann alle denken.

SG: Glauben Sie, dass es so nicht funktioniert, also dass sie damit auch nicht erreichen was sie wollen, ein stabiles Ökosystem, oder glauben Sie, dass es nicht richtig ist, dass der Mensch quasi rausgedrängt werden soll?

AW: Erstmal glaube ich, dass das generell nicht richtig ist.

Und zweitens denke ich aber auch, das mit dem Ökosystem: wo soll das hinführen? Total. Einfach so belassen. Wo soll das mal hinführen? Ich glaube nicht, dass das so geht, weil die Anlagen ja auch dafür da sind, das höhere Land zu entwässern. Und wenn da auch ständig alles versumpft ist, dann kann das ja auch kein Wasser mehr aufnehmen, um mit abzuleiten in die Oder oder hier unten in den Kanal rein, oder so. Und ich denke einfach, weil es ja auch Gebiete gibt, die tiefer liegen, wenn man jetzt hier schräg rein fährt, die am Kanal da unten wohnen, die liegen ja noch tiefer als wir. Und wenn dann wirklich, wie ´97 dieses Hochwasser war, was passiert dann, was ist dann? Weil ja eigentlich der Deich, oder die Deiche, der Kanaldeich und der Oderdeich, das sind ja eigentlich Hochwasserschutzanlagen, das ist ja nicht so, dass das Wasser da so hin und her (fließen kann) wie es will. Die sind ja zum Schutz der Menschheit da, und angelegt worden. Und ich denke, dass die ja früher auch zwar Naturschutz (stockt), indirekt, denke ich mal, betrieben haben. Aber sie haben sich ja auch was dabei gedacht, um das zu erhalten, die ganzen Jahre früher, die Leute. Ich denke nicht, dass das so funktioniert, wie die sich das alle denken.

Und dann ganz davon zu schweigen, muß man auch bedenken, ich meine wir sind ja hier ein bisschen auf unsere Arbeitsplätze auch angewiesen. Soviel steht doch hier nicht zur Verfügung. Und wenn dann die Landwirtschaft da raus soll, was wird mit den ganzen Leuten. Was sollen die überhaupt dann da mal machen? Dann verarmt die Uckermark ganz und gar, oder? Weil wir ja eigentlich ein reines Landwirtschaftsland sind. Bis auf einige. Ich meine (wir haben) gerade mal jetzt die PCK, aber..., wo ist denn hier..., wir haben ja keine Natur (Versprecher) oder keine Industrie weiter. Wir haben ja nur die Natur wo wir davon Leben können.

AS: Ist das in den letzten Jahren schon so gewesen, dass die Uckermark verarmt ist, oder hier die Dörfer?

AW: Ja, das..., mehr oder weniger kommt das so, weil: es kann sich ja keiner mehr irgendwelche Leute leisten, wenn das mit der Landwirtschaft alles den Bach runter geht. Und wenn man sich umschaut: Wieviele sind denn hier arbeitslos, nur alleine hier in Criewen. Viele haben auch von früher her keine Fahrerlaubnis, die können nicht fahren und (es sind) gerademal die Jüngeren, die dann noch `ne Fahrerlaubnis machen. Und viele sind wirklich darauf angewiesen, dass sie hier in der Nähe entweder eine Anpassungsmaßnahme, eine ABM oder eine Strukturmaßnahme kriegen, die eventuell zwei Jahre läuft oder mal drei Jahre. Und davon hat ja die LPG auch ein paar, blos wenn die dann da unten nicht mehr rein dürfen und das alles weniger wird, brauchen sie die Leute ja auch nicht mehr. Und ich meine, es sind auch sehr viele, die schon auch weggezogen sind von hier... (unverständlich). Aber die meisten haben davon

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dann Arbeit in Schwedt, die arbeiten dann eben noch im PCK oder so. Weil aus Schwedt sind auch so viele weggezogen, die dann wo anders (leben), weil wo anders dann eben auch mehr Industrie ist.

SG: Also sind vor allem in den letzten Jahren viele weggezogen?

AW: Ja, da sind sehr viele weggezogen.

SG: Sind auch welche schon wieder gekommen?

AW: Also, ich wüßte nicht, dass einer wieder gekommen ist. Weil: Was hat man hier für Erwartungen? Also, was kann einen den hier erwarten? Erwarten tut einen hier nix! (was für ein O-Ton)

SG: Meinen Sie, dass der Nationalpark schuld ist an dieser Situation, oder sie noch mitverschärft?

AW: Mitverschärft. Würde ich so sagen. Nein, also ich meine wir hatten ja schon früher keine, nicht viel Industrie, wie gesagt, es gab ja blos das PCK und dann eben der öffentliche..., was so Öffentlichkeit war. Nahverkehr. Personenbeförderung und sowas. Eisenbahn und so. Aber ansonsten war alles ausgerichtet auf die Landwirtschaft hier in der Gegend. Und wenn das eben nicht mehr ist, ist auch der letzte kleinere Mit-Arbeitgeber auch noch am Ende, im Prinzip. Denn die haben ja so schon zu tun, dass die das alles schaffen.

Und ich meine, auch wenn der Nationalpark sagt, sie stellen Austauschflächen zur Verfügung: Ja, aber was nützen mir die Austauschflächen, wenn die ewig weit weg sind? Wenn man mit dem Trecker (Traktor), ich meine ein Trecker hat zwar viele Gänge, aber der fährt ja nicht schnell. (O-Ton!, da hab ich gelacht) Naja ist doch so! Denn wenn die da hinter Angermünde (müssen), da fahren die einmal hin einmal zurück, da ist der Tag um! Und das lohnt nicht. Und (erregt) dann ist ein Traktorist und ein Trecker den ganzen Tag unterwegs, kostet unheimlich, und was kommt im Endeffekt raus? . . .Nix! Und gerade in der Ernte, wenn wirklich einer irgendwo so weit weg Korn, oder so, hat. Gerade wenn es darauf ankommt, das man schnell hin (und) zurück (kommt), und das muß gedroschen werden und alles. Ja, da ist nix. Wie soll das weitergehen? Das ist von vornherein schon so irgendwo, dass man sagt: die können gleich dicht machen, ob sie die Austauschflächen annehmen oder nicht. Und hier unten das Heu, ich meine die haben ja nun keine Ackerflächen hier unten drin, aber Heu und alles , das brauchen die ja auch für die Tiere und über den Winter müssen die Tiere auch kommen. (Pause)

Darum denke ich immer, das muß ein Miteinander sein. Gut, das sie sagen: Die Fläche lassen wir, die wird nicht bearbeitet, aber die anderen können bearbeitet werden, oder... Es ist ja auch eine Zeit wo das erstmal wieder wachsen muß, wo das auch ein

bisschen lang werden muß, dass man da auch wieder mähen kann, alles. Aber ich denke, dass muß ein bisschen Miteinander und nicht nur immer einseitig gegeneinander.

AS: Dieses Miteinander – ist das wirklich Nationalpark gegen die Leute in der Region? Oder ist das auch ganz konkret Die Einen gegen Die Anderen?

AW: Ja, so ist das.

AS: Wer ist da gegen wen? Welche Parteien sind das?

AW: Na, weil das so ist, dass der Nationalpark ja auch nicht irgendwo sagt und Kompromisse eben eingeht. Das ist ja einfach nicht. Jetzt wurden die Gelder gestoppt für den Nationalpark, die sie da zur Verfügung hatten, und dann sind sie wieder freigegeben worden. Die dürfen wieder weiter kaufen. Und die renken auch nicht ein und sagen, o.k. dann lassen wir das weg, oder ändern wir oder so. Das machen sie ja auch nicht. Und dadurch sage ich, denke ich mir mal, ist das irgendwo die einen gegen die anderen und irgendwann stellen die, die Landwirtschaft betreiben wollen sich auch mal stur und sagen: Ne, also dann wollen wir das nun ganz und gar, oder so. Aber ich weiß nicht. Ich sage ja, ich finde das sehr wichtig, dass der Naturschutz gemacht wird und dass das alles so ein bisschen beobachtet wird und gemacht und getan..., aber, wie gesagt ich finde das muß auch ein Miteinander sein und nicht nur einseitig alles Natur und Natur und im Endeffekt, die Natur alleine kann uns nachher auch nicht ernähren, wenn nichts mehr da ist.

AS: Wurden Sie oder die Menschen hier in der Gegend in irgend eine Art und Weise mit einbezogen in die Nationalparkplanung?

AW: Nein, die haben den Nationalparkplan oder den Bereitungsplan (?) aufgestellt, gemacht und getan, und dann haben sie ihn zum Lesen ausgelegt. Aber da fragt einen doch keiner, ob man irgendwelche Vorschläge zu machen hat.

AS: Und das fehlt auch?

AW: Ja, ich denke, dass das irgendwie fehlt, und ich denke auch, dass sie sich beidem ganzen Entwicklungsplan mit den Leuten, die die Landwirtschaft betreiben, die da unten darauf angewiesen sind auf die ganzen Wiesenflächen, das sie sich mit denen hätten zusammen setzen müssen. Weil die am meisten betroffen sind.

SG: Und ist das geschehen?

AW: Soweit ich weiß, ist das nicht geschehen. (Pause)

AS: Wäre das für Sie wünschenswert, also können Sie sich vorstellen, dass man jetzt damit anfängt? Das man mit der Beteiligung noch einmal neu anfängt miteinander zu sprechen?

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Interview Andrea Wolsky, vom 29. Juni 2000, in Criewen, im Bürgermeisteramt, ca. 75 Min.

AW: Ja, da müßte das ganze neu aufgerollt werden. Wir müßten sagen: o.k. wir setzen uns hin, der alte Plan ist hinfällig, erstmal, und jeder (bringt) seine Argumente (vor), seine Wünsche, oder wie er sich das vorstellt. Und dass sie dann miteinander einen Weg finden. Aber nicht, dass einer sagt: Jetzt geht das so lang und nicht anders. Das kann nicht gehen.

SG: Also miteinander auch schon in dem Sinne, dass man miteinander redet und plant?

AW: Ja.

SG: Und was den Naturschutz betrifft, da habe ich das Miteinander so verstanden, dass es eben: Natur mit Menschen, und: Menschen mit Natur (bedeutet), also dass meint auch: kein Totalreservat, wo der Mensch raus soll, sondern, dass weiterhin eine, meinetwegen ökologische, Bewirtschaftung möglich sein sollte.

AW: Ja. (Pause)

SG: Vielleicht noch einmal ganz kurz zurück zu den letzten Jahren hier in der Region: wie sich das verändert hat. Wir haben schon ein paar Punkte angesprochen. Aber vielleicht noch einmal: Was waren für Sie die auffälligsten Merkmale, wie es sich hier in den letzten Jahren verändert hat, seit der Wende? - Also, dass die Landwirtschaft keine Lebensgrundlage mehr darstellt. Gibt es noch andere Veränderungen, in der Region, in den letzten Jahren, die für Sie auffällig waren?

AW: (Pause) Jetzt hier unten den Nationalpark betreffend, oder wie?

SG: Nein, auch allgemein. Allgemein, das gehört ja auch alles zusammen.

AW: Naja...Veränderungen... Es hat sich schon vieles verändert mit der Wende. Wie gesagt, ich komme aus Garz du wir hatten früher auch Viehzeug um nebenbei ein bisschen Geld zu machen. So war das ja, hier auch. Hier haben viele Tabak gehabt, wir selbst hatten auch Tabak, und Rhabarber usw. und das ist alles dann Bach runter gegangen. Das hat einem keiner mehr abgenommen. Es wollte keiner mehr den Rhabarber haben. Damals hat das der Obst- und Gemüsehandel abgenommen, OGS hieß das hier in Schwedt, und das ist ja alles nicht mehr. Und dadurch ist dieses Nebeneinkommen, das früher immer der Spargroschen war, der ist ja auch weg. Die LPG´n haben ja auch..., dass die Kinder oder auch wir selbst,... Zuckerrüben hacken oder so... (unverständlich)... ein klein bisschen Geld nebenher gemacht. Und das ist auch nicht mehr. Und wenn ich nur mal von meinen Kindern ausgehe, die sind jetzt acht und zehn Jahre alt, wir haben früher noch Papier und Flaschen gesammelt und die abgeliefert. Und haben uns so ein bisschen Taschengeld gemacht. Das sind Sachen, wo ich sage: das fehlt auch ein bisschen. Und überhaupt so ein bisschen das: für die Kinder. Ich meine hier unten ist zwar

der Jugendklub, einmal in der Woche, aber das ist eben für die Größeren. Aber für die Kleineren... das fehlt eben doch ein bisschen. Insofern ist das schon nicht schön, wie sich das alles entwickelt hat. Es nützt einem ja nichts, wenn man sich die Arbeit macht und nachher nichts dabei ´rauskommt. Tabakanbau ist ja auch ziemlich schwere Arbeit. Damals war das in Schwedt, jetzt ist es nicht mehr in Schwedt, ich weiß gar nicht, ob hier jetzt überhaupt noch jemand hierher kommt und Tabak abnimmt. Das ist alles eingeschlafen, alles weggegangen, weil sich der Aufwand nicht mehr lohnt. Insofern ist es schon schade darum, aber das sind schon Veränderungen, wo man sagt: früher war es doch ein bisschen besser, weil man machen konnte, – wer wollte, wer nicht wollte hat es eben gelassen.

SG: Und wie hat sich so die Stimmung hier in der Region verändert, oder: wie ist auch das Zusammenleben mit den Leuten, hat sich da auch viel geändert?

AW: Ja, das hat sich geändert, denn... zu DDR-Zeiten bin ich ja nicht hierher gekommen. Das war ja gleich nach der Wende. Die Leute waren früher herzlicher untereinander. Sie waren herzlicher, freundlicher, jeder hatte für den anderen ein Wort, wie man so sagt, und hat mal: Ach mensch... und: wie geht’s..., aber das ist eben nicht mehr. Und das ist... ich sag mal: schade darum. Aber es ist auch so, dass der Neid sehr groß geworden ist. (Sehr betont) Früher hat sich einer noch mit dem anderen gefreut, wenn der was positives hatte, und das ist ja nicht mehr. Ich weiß nicht, die Leute sind untereinander so, dass sie sagen: Mich interessiert nur noch meines, wenn ich nach Hause komme ist die Tür zu und dann ist eben fertig. Es ist irgendwie schade. Wenn man früher durch den Ort gegangen ist, hat man gesehen, dass fast vor jeder Tür eine Bank stand, wo die Leute und die alten Damen drauf gesessen haben. Irgendwie war es schön, aber heute ist das nicht mehr. Überhaupt nicht mehr. Das geht ja schon damit los, wenn man sagt: mensch, man hat jetzt wieder eine ABM bekommen oder irgendeine andere Anpassungsmaßnahme, wird hinter dem Rücken getuschelt und nachgeforscht warum der eine und nicht der andere das Angebot bekam (gekürzt!). Da kommt der Neid voll durch. Das ist nicht schön. Man kann sich auch mit einem anderen Menschen freuen, dass er wieder was gefunden hat. Meine Freundin ist auch schon wieder über ein Jahr Zuhause, bekommt jetzt Arbeitslosenhilfe. Ich hatte dann wieder für ein Jahr Arbeit und sie hat sich auch mit mir gefreut. Genauso freue ich mich, wenn sie wieder was kriegt. Aber mit der Allgemeinheit ist das nicht so. Da ist der Neid so groß geworden und viele sind ja auch – wenn sie eine ABM-Stelle haben, geht es – aber danach oder davor sind sie dann auch sozial ziemlich abgesackt, dass sie dann anfangen zu trinken oder so... Für mich ist das kein Grund, ich

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

sage: irgendwo ist jeder selbst ein bisschen mitverantwortlich für sich selbst. Aber wenn es dann immer heißt: Sie trinkt, weil sie keine Arbeit hat, weil sie arbeitslos geworden ist,... da meine ich, dass hat jeder selbst in der Hand, ob er dem Alkohol verfallen will, oder muß, oder nicht. Das sieht man auch hier in der Region viel.

Diejenigen, die damals zu DDR-Zeiten schon die Schwachen waren, Sonderschulabgänger, die hatten damals schon nicht die besten Arbeitsplätze. Mit der Wende sind die dann total untergegangen. Sie waren dann auch nur noch von der Sozialhilfe abhängig und dementsprechend haben sie auch viel getrunken, und die sind irgendwo auch ganz fallengelassen worden. Da hat man auch nicht gesagt: Mensch, ihr kriegt jetzt hier euren geregelten Job und bekommt euer bisschen Einkommen, oder irgendwie... Hier in Criewen ist das nicht, aber in Garz ist z. B. so ein Straßenfegertrupp, aber da haben sie die auch nicht mit aufgenommen. Es wurde nicht gesagt: Ihr habt hier eure Arbeit. Die sind irgendwo ganz fallengelassen worden. Wo man sich früher noch darum gekümmert hat, oder wo sie gewußt haben sie haben ihre Arbeit, die hat ihnen ja keiner weggenommen, aber jetzt... ist das eben ganz fallengelassen worden. Das ist auch ein bisschen schade drum, sag ich mal.(Was für ein stiller Fatalismus!!)

AS: Und die Geschichte mit dem Neid, und dass die Menschen nicht mehr so viel füreinander übrig haben, wie erklären Sie sich das? Hat das tatsächlich damit zu tun, dass so viele arbeitslos wurden und ärmer sind, mehr damit zu tun haben für sich selbst zu sorgen, oder . . .

AW: Ich weiß nicht wie man das erklären soll, aber... die Menschen sind ja unterschiedlich und einer versucht aus allem etwas zu machen. Genauso war das ja damals mit dem Nebenverdienst: einer hatte Tabak, einer hatte ein paar Schweine, einer hatte ein paar Bullen im Stall, oder so. Das hat jeder so gemacht, wie er das wollte, du wer das nicht wollte hat es eben nicht gemacht. Der hat auch das zusätzliche Geld nicht gehabt, aber heutzutage sehen sie das eben auch nicht. Sie sehen nur: der hat schon wieder ein neues Auto, oder: die hat schon wieder... Bei vielen denke ich auch: sie selbst tun nichts dafür, dass es ihnen vielleicht ein bisschen besser geht. Die denken dann immer, so ungefähr: da wird schon einer kommen und dann, abwarten. Das ist auch nicht gerade der richtige Weg.

Und dann dieses Giftversprühen. Hauptsache ist es erst einmal loszulegen (zu lästern). Ich weiß nicht wie man das sonst erklären soll. Ich bin der Meinung: Jeder ist irgendwo für sein Glück, oder besser, für sein Leben selbst verantwortlich. Ich kann dafür keinem anderen die Schuld geben, wenn ich nichts habe. Oder wenn ich mein Geld aus dem Fenster rauswerfe, dann kann ich dafür auch keinem

anderen die Schuld geben, ich hab es ja selbst gemacht. Aber der Neid ist eben da, ich weiß nicht, wie man den Neid sonst erklären soll.

AS: Gäbe es etwas, das man für die Menschen dann auch tun könnte, ich weiß nicht, neue Einrichtungen oder mehr Geld, neue Arbeitsplätze? Was müßte hier weiterentwickelt werden? Welche Möglichkeiten müßten für den Menschen geschaffen werden?

AW: Nur am Beispiel: Wir haben ja am Vorwerk diese Sozialeinrichtung mit betreutem wohnen für die Suchtmittelkranken. Da arbeitet noch keiner aus Criewen. Ich habe auf der ABM mit jemandem zusammengearbeitet, die sich da beworben hat, nur als Reinigungskraft (schwer verständlich), ich meine man will ja nicht gleich Geschäftsführer werden. Sie wurde abgelehnt, sie bringen sich ihre Kräfte selbst mit. Warum? – Das sind Sachen, die die Leute auch nicht verstehen können. Warum? . . . Wenn der Nationalpark jetzt hier ins Schloß einzieht, wo sind da die Arbeitsplätze für die Criewener, die wirklich nicht fahren können? ... Ich habe Fahrerlaubnis und Auto, mein Mann hat seine Arbeit und ich bin ja auch bereit zu fahren. Aber für die ältere Generation – wo sind da die Arbeitsplätze? Wo werden die mit einbezogen? Warum kann man nicht sagen: Okay, ihr zieht hierher, aber mit der Auflage soundso viele Leute haben ihr mit zu beschäftigen? (eindringlich!) Oder so. (beschwichtigend) Ich weiß nicht, ob das so geht, aber ich denke mir das immer so, dass man da irgendwo auch sagen könnte, oder mitreden könnte, dass man sagt, da muß auch irgendwo was für unsere Leute mit abfallen. Und das ist nicht. (eindringlich) Das ist auch, was viele daran ärgert. Der Nationalpark, wenn die hier einziehen, der Park an sich ist ja ein riesengroßes Objekt. Und da läßt sich ja auch viel mit machen. Die Nebengebäude und alles... Und da werden ja auch Hausmeister oder Wartungskräfte oder irgendwas gebraucht, nur für das Äußere, das Ansehen (?). Ich weiß nicht warum es da keine Möglichkeit gibt zu sagen: Okey, die, die keine Fahrerlaubnis haben, und, und, und..., die älter sind, - warum werden die da nicht mit einbezogen? Also, wenn sie sich was zu Schulden kommen lassen, dass es dann heißt: nein, also können wir nicht gebrauchen, oder so, das sehe ich ja alles ein, aber dass es nun gar nicht mit in Frage kommt, das kann ich nicht verstehen.

SG: Haben sich da auchexplizit Leute beworben, oder wurden überhaupt Stellen ausgeschrieben?

AW: Nein.

AS: Heißt das, das der Nationalpark insgesamt personell von außen kommt? Die Leute, die im Nationalpark arbeiten, oder im Förderverein, sind das alles Zugezogene?

AW: Naja, ob die alle zugezogen sind, weiß ich nicht, aber die meisten. Die meisten kommen von

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außerhalb, von hüben und drüben, wie man so schön sagt, und die bleiben. Die haben ihre Arbeitsplätze, die bleiben, die ziehen mit weiter um und dies und das und jenes. Von den Naturschützern sind manche, oder viele, auch von hier, oder aus Schwedt. Der Nationalpark sitzt ja in Schwedt. Aber die waren dann auch nur über Maßnahmen da. Die sind dann entweder verlängert worden, dann sind die irgendwann mal vielleicht tatsächlich mit eingestellt worden, aber ansonsten ist das auch ein reger Wechsel gewesen, die Jahre über. Und damals, 1995, habe ich auch hier die ABM gehabt, da war der Herr Trei.. (unverständlich), der arbeitet ja auch beim Nationalpark und der ist ja auch von drüben. Da hatten wir dann auch so eine Gesprächsrunde mit dem Nationalpark und da hieß es dann, dass sie das Schloß hier kaufen und kommen und alles. Da hatten wir dann auch konkret gefragt, ob den da Plätze wären für Criewener Leute, oder so. Da haben wir dann eine blöde Antwort bekommen, so ungefähr: wieviele Leute denn noch Sekretärinnen werden wollen... und da hatten wir dann, dass wir das gar nicht vorhaben/fordern (unverständlich), aber für Außenanlagen, oder etc. , als Pflegepersonal für irgendwas. Also, da haben wir eine prompte Abfuhr gekriegt. Das war da schon, das stand ´95 schon fest, dass sie keinen einstellen, hier aus der Gegend. . . . Und da soll noch einer sagen, dass die ...(unvollendet) ...da kann man sich dann auch nicht erklären, warum das so ein Gegeneinander, gegen die Leute hier ist. Und ich sage: Ich habe nichts gegen den Naturschutz, aber: Mit dem Menschen! , und wenn die dann nur herrisch hier auftreten, ich meine, die kriegen ihre Millionen um das Land zu kaufen und da ist es dann klar, dass die Leute hier sagen: Also, so kann es nicht sein, das ist eigentlich unser Gebiet hier gewesen.

Wir sind ja nicht der erste Nationalpark, wo anders geht es ja auch mit den Menschen. In Bayern unten geht es auch mit den Menschen, da ist ja auch ein Nationalpark Bayerischer Wald und das geht mit den Menschen, warum geht das hier nicht?

Und dann werden oft die Stimmen laut: naja, die sind drüben nichts geworden, die haben die hierher geschickt. Ohne Rückfahrkarte, so ungefähr. Und manchmal fühlt man sich auch so, als wenn die losgelassen werden, und dann kommen die wie eine Lawine, überrollen einen und dann sind sie wieder weg. Und ich meine das ist traurig, vielleicht habe ich auch blos so eine Einstellung, das weiß ich nicht, aber so empfinde ich das. (!!!) Das ist ganz persönlich.

AS: Sieht man die Leute aus dem Nationalpark im Ort? Trifft man sie? Kennt man die Gesichter?

AW: Nö! (kurz und prägnant) Also, wenn der Herr Bürin, oder wie der heißt, vor mir stehen würde, würde ich ihn nicht erkennen. Ich wüßte nicht wer

das ist. Ich habe ihn wohl vielleicht mal in der Zeitung gesehen, oder so, ich weiß es nicht, - bestimmt - , aber wenn er mir gegenüberstehen würde, würde ich ihn nicht erkennen. Die Naturwächter erkenne ich. Als wir die ABM bei Frau Ebert hatten, auf dem Wanderweg, auf dem Lernpfad, da sind die reinen Naturwächter öfter vorbeigekommen, die ihre Uniform anhaben. Da weiß man dann: die gehören dazu. Da hat man dann auch den einen oder anderen persönlich gekannt, weil sie öfter vorbeikamen, sie haben sich mit einem unterhalten ... Was der höhere Rang im Nationalpark ist, die kenne ich selbst nicht. Das muß ich ehrlich sagen. Und man hat auch schon von vielen gehört, das viele von den Naturwächtern selbst auch sagen: Ganz so wie die sich das denken kann es eigentlich nicht gehen. Es ist zwar schön, dass sie so etwas machen, aber ganz so geht es nicht. Wie gesagt, wo anders geht es ja auch. Mit den Menschen, nicht nur gegen, und immer: alle raus und alle weg. Ich meine wir haben in der Gegend nicht so viele Parks, wir haben nicht so viele Anlagen und selbst Freizeitanlagen, die müssen ja auch bezahlt werden, wenn man da hingehen will. Hier unten können wir schlittschuhfahren, wenn es zugefroren ist. Wir gehen hier fahrradfahren, wir fahren hier angeln, wir machen unsere Kutschfahrten hier unten drin, meine Kinder fahren mit den Inline-Skates, oder wir alle fahren mit den Dingern, das ist sozusagen unser Hobby. Warum soll uns das genommen werden? Das ist vor der Tür. Warum soll ich mir alles ins Auto packen und erst noch Kilometer weit fahren. Das sieht man irgendwo nicht ein. dass man dann gar nicht mehr da rein soll. Die Reiter oder die Kremserfahrten, wo sollen die gemacht werden? So viele Wege haben wir hier nicht, dass man sagt: da ist die Natur noch so schön, da will man lang fahren. Dann darf man da auch wieder nicht lang, weil dann da auch wieder eine Schranke ist; weil man da nicht durch darf. Meine Kinder gehen reiten. Wo sind die Reitwege? Hier gibt es keine, weil die auch nicht miteinander klarkommen. Das eben ein Reitweg freigegeben würde. Es ist eben nicht. Und das bisschen das wir haben wird uns auch noch genommen. Zur Entspannung, zum Genießen, oder so. Wir haben auch schon öfter da unten Abendbrot gegessen, Picknick gemacht. Meine Kinder machen das mit wachsender Begeisterung. Warum soll uns das genommen werden? Das versteht man dann irgendwo nicht.

AS: Das heißt, Sie sind sehr oft da.

AW: Ja. Meine Kinder fahren auch oft alleine mit dem Rad da runter und kucken, was da los ist. Weil die Kinder sich auch regelrecht da treffen. Warum soll einem das genommen werden? Und wenn man dann sieht, dass es wo anders funktioniert, warum kann es hier nicht funktionieren? Da wird dann abgeblockt, da ist dann Ruhe und da lenkt dann keiner ein. Und unser neuer

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Landwirtschaftsminister setzt sich auch nicht richtig dafür ein, hat man das Gefühl. Der Herr Bürtler. Der macht das auch nicht so richtig. Wenn er irgendwo aufkreuzt ist es kurz, ohne bleibenden Eindruck und dann ist er wieder weg. Wenn dann irgendwelche Probleme anstehen. Ich weiß auch nicht, wo man da eine Lösung finden könnte. Aber ich denke, wenn der Nationalpark sagt: Erstmal mit den Leuten, wir setzen uns zusammen und finden eine Lösung, das wäre schon ein guter Anfang. Damit sie das Teil noch einemmal neu aufsetzen.

Aber wenn sie das da unten rein verwildern lassen wollen, dann wird hier bald nichts mehr sein.

In Schwedt wollte sich auch noch eine Firma niederlassen, die hätte auch Arbeitsplätze geschaffen, ich glaube 800 Arbeitsplätze, und die haben vom Nationalpark so hohe Umweltauflagen bekommen, dass sie dann gesagt haben: Tschüß, das war´s. Sie sind nicht gekommen.

SG: Also wirkt der Nationalpark auch abschreckend auf Investitionen?

AW: Ja. Ja. Wegen dem Totalreservat. Wie gesagt, das können die so nicht bringen. Dann ist hier bald gar nichts mehr.

SG: Wären sie mit einer anderen Stufe Naturschutz, also zum Beispiel Biosphärenreservat oder Naturpark eher einverstanden?

AW: Ja, Naturpark ja. Blos mit eine Biosphärenreservat – Schorfheide-Corin ist genau der gleiche Streß. Denn die dürfen nicht mehr auf ihre Seen und gar nichts. Wenn ich da einen See habe und nicht d´rauf darf, was soll ich dann damit? Ich weiß nicht, ob das so das gegebene ist. Die Seen wuchern irgendwann auch zu. Es ist ja richtig, das es sich erholt, die wildern aber zu. Was ist denn dann? Dann hat da auch keiner was davon. Das ist auch nicht so richtig. Eine andere Lösung müßte schon gefunden werden, weil ganz so kann es auch nicht gehen. Und die Leute bleiben dann wirklich alle auf der Strecke.

SG: Wir hatten jetzt viel von denen gesprochen, die durch den Nationalpark verlieren. Die Region insgesamt, vor allem die Landwirtschaft oder auch, dass sich keine Industrie ansiedelt. Gibt es auch Bevölkerungsgruppen, die durch den Nationalpark gewinnen? Oder gibt es einzelne von denen sie sagen: die haben damit ihre Schäfchen ins trockene geholt?

AW: Wenn, dann die die, den Nationalpark betreiben, weil die ihre Arbeit haben, ihr Geld verdienen und die gemachten Männer sind.

SG: Und wie sie sagten sind das Leute von außerhalb.

AW: Und ansonsten, wenn noch irgend jemand noch irgendwo daraus schlagen könnte, wären das höchstens die Gaststätten, Pensionen und vielleicht

die Hotels, für die die hier ihre Touren machen oder, die, wie Sie jetzt ihre Studien machen und Fotografen. Wenn die von wo anders kommen und sich hier ein Zimmer nehmen... Ich denke, dass die Leute schon ein bisschen, wie viel weiß ich nicht, davon haben. Aber ganz einverstanden mit allem sind sie ja auch nicht.

SG: Meinen Sie, dass der Tourismus für die Region eine Zukunft sein könnte? dass der Tourismus so viele Leute anlockt, oder das Besucherzentrum?

AW: Das glaube ich nicht, weil das Umland Berlins so einfach zu erreichen ist. Diejenigen die kommen besuchen das Zentrum, schauen mal in den Nationalpark, esse vielleicht irgendwo eine Kleinigkeit, sind aber dann wieder weg. Die fahren wieder, weil es nicht so weit weg ist. Meine Schwiegereltern wohnen in Berlin, zu ihnen brauchen wir etwas über eine Stunde. Das fahren die Leute dann. Die sind vielleicht einen Tag hier und sind abends wieder weg. Das ist nicht so viel. Die setzen zwar alle auf Tourismus, das ist ja auch nicht schlecht dafür relativ viel zu haben, wenn dann aber tatsächlich keiner mehr rein darf, was sollen die Leute hier? Höchstens sehen sie sich das Zentrum an, haben ein Gespräch oder ein Vortrag läuft, aber wenn sie hier unten nicht rein dürfen, was sollen sie hier? Die kommen doch nicht. Die ersten Jahre war es auch mehr, aber ich würde sagen, das hat schon nachgelassen mit dem Tourismus hier bei uns. Andere Anziehungspunkte haben wir hier nicht. In Schwedt ist ja auch nichts weiter. Ich weiß es nicht.. Wäre ich von wo anders, ich würde kommen, ich würde mir das auch anschauen, ich würde es auch schön finden, aber ich weiß nicht ob ich hier wochenlang Urlaub machen würde. Weil so viel wirklich nicht zu sehen ist. Hier ist die Landschaft herrlich, ich habe jetzt auch Besuch aus Schleswig-Holstein, er ist hier aufgewachsen, aber was sollen die hier?

SG: Also ist der Tourismus keine Chance...

AW: Um hier alles auf Tourismus zu setzten – nein.

SG: Noch eine andere Frage: Sind sie hier Mitglied in einem Verein?

AW: Hier in der Umweltwerkstatt. Wir betreiben da oben den Parkgarten, die Jugendherberge, damit überhaupt etwas gemacht wird, als Standbein. Es ging mit den verschiedenen ABM´s los, da haben wir den Lernpfad angelegt. Das war auch eine Knüppelarbeit, er ist dann aber auch recht gut geworden. Es ist nur schade, das das nicht gepflegt werden kann, weil die Arbeitskräfte auch wieder fehlen. Sie sind zwar irgendwo da, aber irgendwo ist das Geld ja wieder nicht da, um die Leute zu bezahlen. Das ist ja eine Kette ohne Ende. Ansonsten haben wir den Lernpfad sehr gut hinbekommen.

SG: Noch einmal zum Konflikt im Nationalpark: Welche Maßnahmen sein am konfliktreichsten bzw.

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am schlimmsten für die Region? Wie Totalreservat, oder Gewässerrandstreifenprogramm, oder der neue Entwicklungsplan. Welche sind die konträrsten Punkte, wo gibt es am meisten Streit - noch einmal zusammengefaßt?

AW: Nicht einmal, dass es einen Entwicklungsplan gibt, wie das dann gehandhabt werden soll, gut manche sind damit auch nicht einverstanden. Aber der schärfste Konflikt ist, dass da gar keiner mehr rein soll. Keine Angler, keine Landwirtschaft, keine Jäger, gar nichts. Ich denke das ist das Schärfste. Da sagen die Leute: Das kann nicht sein.

SG: Und als Lösungsmöglichkeiten stellen Sie sich eben mehr Miteinander vor, also dass man die Pläne mehr miteinander aushandelt.

AW: Miteinander. Also, dass man mehr aufeinander zugeht und sagt: so oder so...

SG: Die verschiedenen Vereine, die sich im Zusammenhang mit dem Nationalpark gegründet haben, wie sehen Sie deren Rollen? Also, zum Beispiel von der Interessengemeinschaft zum Schutz des Nationalparks. Vielleicht können Sie ein paar Worte dazu sagen, was der Gutes macht, oder Schlechtes.

AW: Na, in der Öffentlichkeit praktiziert der Verein ja recht wenig. Man weiß recht wenig darüber welche Arbeiten oder Aufgaben die sich vorgenommen haben oder machen. Soweit ich weiß, unterstützten sie alles was der Nationalpark vorhat, was sie machen. Und dann gibt es ja den Verein dagegen, und der wächst auch von Stunde zu Stunde. Das läßt ja auch irgendwie darauf schließen, wenn der Bürgermeister von Schwedt zum Beispiel, der vorher sehr für den Nationalpark war, mit einem Mal sagt: So geht es nicht; und wieder aussteigt. Da kann irgendwo schon da etwas nicht stimmen.

SG: Und der Verein der Freunde oder Förderer des Nationalparks, die auch die ganzen Tauschprogramme machen – wissen Sie über den Verein mehr?

AW: Nein. Ich weiß nur, dass viele ihre Flächen verkauft haben, weil sehr viel Geld geboten wurde, zum Teil auch weit über den üblichen Handelspreisen. Da haben viele doch gesagt: Naja, dann verkaufen wir eben.

SG: Und die Nationalparkverwaltung?

AW: Die sitzt in Schwedt.

SG: Wie ist das dann hier für die Bevölkerung, die eben nicht in so einem Verein aktiv ist, zu verfolgen was da läuft. Geht das dann vorrangig über die Zeitung, die dazu Artikel bringt, oder gibt es ab und zu Informationsbroschüren von den verschiedenen Vereinen?

AW: Von den Vereinen selbst habe ich noch keine Broschüre gesehen. Wenn mal wo etwas steht, dann

im Adebar, der kommt, glaube ich, vierteljährlich raus.

SG: Was ist das?

AW: Das ist so eine – ich weiß nicht ob im Konsum welche ausliegen – das ist so eine Naturschutzzeitung. Aber so direkt über die ganzen Pläne steht da auch nichts drin. So ein paar Auszüge was wer irgendwann wo... , ein paar Bilder. Letztens war irgend etwas drin über den Schäfer, oder so. Aber vom Nationalpark direkt steht da drin auch nichts, oder nicht so viel. Ein paar Bilder oder so...

SG: Und Informationsveranstaltungen? dass die mal ein Fest machen und die Leute im Ort einladen um sich bekannt zu machen? Sowas hat auch nicht stattgefunden?

AW: Ne.

AS: Ist der Nationalpark hier Dauerthema oder bekommt man mal etwas mit und dann ist wieder ein anderes Thema...

AW: Dauerthema würde ich nicht sagen. Aber vom ORB wurde es eine Weile verfolgt, der Konflikt. Aber es ist dann immer so: es wird diskutiert aber das ist dann eine Stunde was öffentlich ist, was in Fernsehen ausgestrahlt wird. Und ein richtiges Ende ist dann auch immer nicht gefunden, dass dann einer sagt: Na Okay wir machen so oder so. Das wird zwar so ausgetragen, aber dass dann einer sagt wir ändern das, oder wir treffen uns und machen das so, das ist dann eben auch nicht mehr.

AS: Sollte sich das schneller ändern, oder sollte die Entwicklung jetzt endlich mal zum Punkt kommen, wo dann klar ist wie es dann weiter geht? Oder geht es schon zu schnell?

AW: Zu schnell würde ich nicht sagen. Das ist immer – so empfinde ich das – so ein Hickhack. Das geht immer hin und her. Dann ist wieder Ruhe, dann geht es wieder los. Ich denke schon, dass sie mal zu einem Punkt kommen müssen, wo sie sagen: So ist das und so bleibt das, aber ich denke da müßten sie mehr die Leute, oder die die es betrifft...

SG: Wir haben gefragt, ob das hier Dauerthema ist, und Sie meinten vorhin auch, dass sich das Zusammenleben hier so verschlechtert hat. Meinen Sie, dass der Nationalpark auch vieles verschärft hat, der ganze Konflikt, was das Dorf oder die ganze Gegend betrifft?

AW: Ne, da denke ich nicht, dass der Nationalpark... Das ist das einfache politische Bild, oder wie man sagt. Die Politik, denke ich mal, spielt da eine große Rolle. Der Nationalpark nicht so. Das will ich ihm nun nicht in die Schuhe schieben. (Gelächter) Nein also so nicht. Aber das mit den Leuten rührt schon ein bisschen von der Politik her, dass die so mürrisch sind, weil sie auch mit vielem was die Politik macht nicht einverstanden sind.

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Politik ist ja so ein großes Fach wo man sagt: Da kann man eh nichts dran ändern. Man hat zwar seine Abgeordneten – und wenn die nicht – dann passiert da eben auch nichts. Aber... auch so vom arbeitsmässigen her, außer was die Landwirtschaft betrifft, aber ansonsten hat da viel die Politik mit zu tun. Mit ihren ganzen – ich sag mal: hier ´ne Steuer dort ´ne Steuer – , das setzt den Leuten auch zu. Dann wird hier das gemacht, da das gemacht, dann haben wir das Abwasser gekriegt, und wenn man dann die... Früher gab es mal die Idee, dass sich Criewen selbst ´ne Kläranlage baut, und da hieß es dann: das wird günstiger, als wenn wir das anschließen nach Schwedt. Und das sind Sachen, wo ich sage, das hat die Politik zu tun. Aber der Nationalpark nicht, ne, ne. Da muß ich ihn in Schutz nehmen. (Gelächter)

SG: Aber für die Leute, die direkt oder indirekt betroffen sind, zum Beispiel Landwirte, und die, die mitarbeiten in der Nationalparkverwaltung zum Beispiel, da sind die Fronten schon polarisiert, da ist die Stimmung schon schlecht, negativ, oder...

AW: Ja, die sind schon einer auf den anderen nicht gut zu sprechen, weil die vom Nationalpark wollen es eben, und die wollen auch ihre Ruhe, sage ich mal, und die Landwirte wollen auch ihres, wollen auch ihre Arbeit machen und dürfen, wie es ja die ganzen Jahre gelaufen ist und wie sie es möchten. Also, ich denke da ist das schon ein gegenseitiges... und sich einig werden müßten.

AS: Ein ganz anderes ThemAW: Haben Sie eine Ahnung davon wie es auf der polnischen Seite geht? Bekommen Sie da irgend etwas mit?

AW: Naja, sagen wir mal so: Auf polnischer Seite kriegen wir schon einiges mit, weil wie gesagt wir sind ja viel hier unten. Und wenn wir dann mit dem Fahrrad fahren, oder Angeln gehen mit meinem Mann, ist es ja schon so, dass die Polen fast mit dem Auto ins Wasser fahren. Die sitzen ja fast im Auto und angeln aus dem Auto. Und ich meine, das heißt deutsch – polnischer Nationalpark, das heißt auf polnischer Seite wird das gleiche getan wie auf deutscher Seite, aber da sieht man nichts von. Die sitzen mit ihren Autos fast im Wasser, die sitzen mit ihren Mopeds fast im Wasser. Ich weiß nicht, wo dann was getan wird. Und das sehen die Leute auch. Hier bei uns wir dürfen... oder hier wird wenig gebrannt, abgebrannt, die Straßenränder und so. Weil eigentlich ist es ja so, wenn man das abbrennt, dann wächst es ja im Frühjahr besser. Das darf ja bei uns nicht sein. Aber auf polnischer Seite ist es, wird es gemacht und wird weitergetrieben.

AS: Auch im Naturpark? An den Wegen?

AW: An den Wegen? Wir wohnen unten zum Kanal und wir haben den vollen Blick auf die polnischen Berge. Und da kommt es schon mal vor, dass im Herbst alles lichterloh brennt. Und man sich wundert: oh Gott, oh Gott was soll das werden. Da

sitzen die, die halbe Nacht, und hüten ihr Feuer. Weil sie eben Stroh haben, dass die nicht brauchen und dann haben sie ihre Reihen Stroh und die verbrennen sie eben halt. Ich weiß allerdings nicht wie weit der Nationalpark da ins Land rein geht. Aber allein daher wie die mit dem Auto auf dem Wasser sitzen, kann da nicht so viel getan werden. Weil wir mit dem Auto gar nicht mehr rein dürfen. Nur die Grenzschützer, also der BGS und der Zoll, und welche, die außerhalb (?) ihre Genehmigung haben, die reinfahren dürfen, was man auch nicht verstehen kann, zum Teil. Aber sie dürfen es halt...

SG: Wie die Kriterien gelegt werden, wer da rein darf und wer nicht..

AW: Ja... Ja.

SG: Ist das willkürlich, oder...

AW: Ja, ich weiß nicht. Ich will da niemandem unterstellen, dass er da irgendwelche Bestechungsgelder bekommt. Das will ich gar niemandem unterstellen. Aber, wenn man dann ´97 das Hochwasser betrachtet und da fährt jemand, (zögern) ein Rollstuhlfahrer. Er war ein Berliner, fährt einen Jeep, und es darf trotz des Hochwassers die Hochwasserschutzanlagen befahren. Und das ist irgendwo ´ne Sache, wo ich sage: das kann ich nicht verstehen. Und dann ist er natürlich in unser Riesenloch gefallen – reingefahren – (Schmunzeln unsererseits) da war ja dann der Damm so´n bisschen weggespült gewesen, da war so´n riesen Loch und so. Der ist da reingefahren und dann hat ihn noch jemand rausgezogen und irgendwie haben sie ihn dann jedenfalls am Wickel gehabt nachher, dass er in solchen Situationen - war ja eigentlich ´ne Katastrophe, na! – diese Sachen ja gar nicht zu befahren hat. Das wurde ja strengstens verboten an die Polder zu fahren, wegen der Deiche. Wir hatten ja Deichläufer und alles, dass die Deiche nicht brechen. Und der fuhr da eben halt rein. Und da wollte er den Leuten noch an den Wickel: Das hätte abgesperrt sein müssen, das hätte ersichtlich sein müssen, dass da ein Loch ist, dass er das nicht sieht und... naja. Aber... Es kam auch in den Nachrichten, in unserem RS2 Sender von Schwedt aus, und da wurde dann aber auch gesagt, dass der gute Mann nach zwei Tagen ein neues Auto hatte. Und wieder gefahren ist. Und da sind Sachen wo man sagt: versteht man nicht.

SG: Und keiner wußte wer das ist?

AW: Nein. Er war aus Berlin. Weiter weiß ich nicht. Ich weiß nicht, ob das ein Jäger, ein Angler war. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, was der da im Hochwasser zu suchen hatte. Und da... ich will es ja keinem unterstellen, aber wo hatte er die Genehmigung her?

Unsere Oma, sie ist ja nun schon gestorben, sie konnte ja auch nicht mehr laufen. Und dann hatten wir einmal vor ein paar Jahren, mein Mann ist nach Schwedt gefahren und wollte eine Genehmigung

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haben, dass wir da einfahren dürfen. Wir hatten sie zu Besuch hier, weil sie sonst in Eberswalde gewohnt hat, und sie wollte gerne sich alles noch einmal so´n bisschen betrachten. Ja was denken Sie was das für ein Heckmeck war? Da müssen sie einen Antrag stellen, und das kann bis zu zwei Jahre dauern bis da aus Potsdam eine Antwort kommt, und najAW: hin und her. Da haben wir gesagt: In zwei Jahren kann viel passieren. Unsere Oma war dann an die 80, ob sie dann noch lebt? Sie möchte ja ihren Grund und Boden auch noch einmal sehen. Der gute Mann war dann auch so einsichtig und hat meinem Mann eine Genehmigung für drei Tage gegeben, und die mußten wir dann aber auch wieder zurückbringen, obwohl sie von... bis... ausgestellt war und die auch nicht weiter... Wir haben es ja auch gemacht, wir wollten ja damit auch nicht..., aber erst: Nein. Sie müssen einen Antrag stellen. Erst: So prompt nein. Und mit einem Mal ging es eben doch. Und dann hatten wir die Genehmigung. Wir waren sehr froh, und wir sind gefahren.

Es sind aber auch viele Blankogenehmigungen unterwegs gewesen. Wo sind die hergekommen? Wo sich die Leute das selbst eintragen konnten, so ungefähr. Und darum sag ich jAW: man will da keinem was unterstellen, aber irgendwie muß es ja gelaufen sein, dass jemand da dann... und gerade in so einer Situation. Es müßte jedem einleuchten, dass er bei Hochwasser nicht da langbrettern kann und überhaupt nicht da langfahren darf. Es war ja verboten das alles zu betreten. Aber manche können es eben doch! (mit Nachdruck)

AS: (Ab sofort bis zum Ende des Interviews war der Tonfall der Interviewerinnen und von Frau Wolsky süß und vertraut. Meine Erklärung: Die Frage nach der positiv Utopie hat etwas ausgelöst.)

Tja, zu Fragen gibt es noch viele interessante Dinge. Was würden Sie sich wünschen hier, für die nächste Zeit, für die nächste Zukunft – für Criewen, oder für Sich selbst? Wie soll es jetzt weitergehen? Also, wenn Sie sich jetzt eine Zukunft erfinden könnten, wie würde die lauten?

AW: Also, erstmal würde ich sagen, dass das mit dem Nationalpark geregelt wird. Zugunsten, zugunsten kann man nicht sagen, aber für die Landwirte, damit die da ihre Existenz gesichert sehen.

Aber ansonsten würde ich mir wünschen, dass man hier in Criewen mehr machen könnte. dass einem da die Zukunft ein bisschen mehr offen steht. dass man sagt – gut wir brauchen auch noch ein bisschen Geld dafür – dass man sagt: mensch, das würde man gerne aufziehen, und dass man auch Unterstützung dafür bekommt. Aber vielleicht ändert es sich ja nun, wenn wir jetzt wirklich nach Schwedt eingemeindet werden, dass wir da ein bisschen – ich hoffe, dass wir da was von haben. dass das nicht alles nur negativ nachher ist.

Aber ansonsten, dass es nicht noch schlechter wird, als es schon ist. Das würde ich mir wünschen.

AS: Sie sind schon jemand der selbst Dinge auf die Füße stellt, oder? Das habe ich jetzt nämlich ´rausgehört.

AW: Ja, wir haben was vor. Sagen wir es mal so. Etwas auf die Füße zu stellen.

AS: Und dazu fehlt es gerade noch am nötigen Kleingeld.

AW: Ja, so ungefähr. Aber wir hoffen, dass wir das so ein bisschen gedeichselt kriegen, dass wir nicht unbedingt so viel Kapital dafür brauchen. Aber da müssen wir erstmal abwarten. Mal sehen.

SG: Ich hätte ganz kurz zu vorher noch mal eine Frage. Sie haben vorher erzählt, dass gerade vor der Wende es oft so war, dass die Leute sich oft mit Nebeneinkommen noch was dazu verdient haben. Sie meinten: Wenn man wollte konnte man noch ein bisschen was machen. Ist das hier..., weil wir ja auch die hohe Arbeitslosigkeit angesprochen haben..., ist das hier noch möglich, dass die Leute sich noch ein bisschen was dazuverdienen, oder noch etwas anbauen, oder ..., findet das so noch statt?

AW: Jeder, der noch sein Grundstück hat, könnte sich schon im Garten was anbauen. Und es gibt ja auch noch viele, Ältere, die sich ihr Schwein selbst füttern. Die schlachten selbst..., ich meine das spart ja auch ein bisschen. Aber so wie es vorher war, dass man wirklich damit Geld machen konnte, weil man Schweine abgeliefert hat oder so, das ist ja nicht. Denn, wenn ich das bei meinen Eltern sehe, wir waren vier Kinder Zuhause, selbst da war schon der Neid da. Ich sage ja es gab ihn früher auch. Die haben auch gesagt: Ihr habt jedes Jahr drei Bullen im Stall und Ihr seid kinderreich, Ihr habt doch Geld. Das war früher so ein Klischee. Gut man hat sein Geld gekriegt für die vier Kinder, aber man mußte auch wirklich seines dafür tun. Meine Eltern hatten auch ein Haus, haben sich ein Haus gebaut zu DDR- Zeiten, `75 sind wir eingezogen, und ich meine: vier Kinder möchten auch ernährt werden, ob da nun drei Bullen im Stall stehen, die man abliefert, oder nicht.

SG: Die wachsen ja auch nicht alleine auf die Kinder...

AW: Man müßte ja auch was dafür tun, dass man drei Bullen im Stall stehen hatte. Man mußte Rüben machen, da saß man bei Eiseskälte auf dem Feld, und hat die Rüben abgehauen. Im Oktober war es ja auch schon manchmal ganz schön kalt. Heu mußte gemacht werden, Tabak haben wir gemacht, damit wir da auch ein bisschen was hatten. Und wer das früher nicht wollte, der hat es eben nicht gemacht. Ich finde der hat dann aber auch kein Recht gehabt neidisch zu sein. Es gab ja auch zu DDR-Zeiten, auch in Garz viele, die da im Neubau gewohnt

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haben und gesagt haben: Ach was soll ich denn machen, ich zahle meine Miete, für alles andere sind die anderen zuständig. Da brauche ich nichts tun. Aber Ihr habt ja ein Haus... der Neid war auch da, aber trotzdem waren die Leute miteinander herzlicher. Heutzutage ist es aber nicht mehr so, denn damals hat man ja für einen Bullen fünftausend Mark bekommen, wenn er gut war. Das kriegt man heute nicht mehr. Nirgendwo. Mein Vater hat nachher in der LPG gearbeitet, der war erst bei der ?? (unverständlich). Die haben dann schon ihre Unterstützung bekommen, es mußte aber auch viel dafür getan werden, dass die Tiere auch über den Winter kamen. Wir hatten die immer in Etappen, einen kleinen, einen mittleren und einen großen, das wechselte dann immer. Man mußte auch früher was dafür tun und so ist das heute auch.

SG: Aber so eine kleine Nebenwirtschaft bringt den Leuten heute nicht mehr viel?

AW: Nein, wenn sie es nicht für den Eigenbedarf brauchen, würde ich sagen nein.

SG: Aber für den Eigenbedarf machen es noch viele hier? Obstbäume, Gemüse, oder mal ein Schwein..

AW: Ja, Hühner, Gänse oder ihre Enten haben sie schon, aber es ist eben nicht mehr so um viel abzuliefern. Aber so ein bisschen, was sie so brauchen, haben und machen auch viele.

AS: Ich habe noch mal eine Frage zum Thema arbeitslos. Bedeutet arbeitslos nicht berufstätig zu sein und kein Geld zu haben, oder bedeutet es nichts zu tun zu haben? Also, wie schätzen Sie das für die Mehrzahl der Menschen ein? ... Weil ganz oft ist es ja so, dass jemand der keinen Job hat trotzdem sehr gut ausgebucht ist.

AW: Also, wenn ich das an mir so sehe... Sagen wir mal so, wenn ich das Geld nicht bräuchte, bräuchte ich auch keine Arbeit. Ich habe, ich bin ganz ehrlich ich habe Zuhause genug zu tun. Wir haben auch ein Haus und ein Grundstück und ich habe zwei Kinder, die sind sehr froh, wenn ich immer Zuhause bin. Klar sie möchten ihr Geld sehen, ihr Taschengeld, weil sie ja reiten gehen und so, aber wenn ich arbeiten bin, haben sie nicht so viel von einem. Wie gesagt, wenn ich das Geld nicht bräuchte, würde ich nicht arbeiten gehen. Weil man Zuhause genug zu tun hat. Als Frau. Finde ich einfach. Ich weiß nicht, ich würde auch sagen ich sterbe Zuhause vor Langeweile, mir fällt die Decke auf den Kopf, oder so. Das könnte mir nie passieren. Ich bin ja nun in dem Verein noch ein bisschen mit tätig. Und man hat hier und da und dort zu rennen und ich meine die Behördengänge sind ja auch mehr geworden. Man hat damit so viel zu tun, eigentlich, dass man sagt: das hast du über Tag und wenn die Familie Zuhause ist, macht man sich einen schönen Nachmittag, oder einen schönen Abend, oder irgendwie so.. Wie gesagt, wenn ich das Geld nicht bräuchte würde ich nicht arbeitengehen. (Dreimal

Heiterkeit) Aber so reich bin ich noch nicht. Ich muß noch ein bisschen arbeitengehen.

SG: Okay.

AW: Aber so reich bin ich nicht, ich muß noch ein bisschen arbeiten. (Gelächter)

SG: Vielleicht klappt es ja mal, vielleicht gewinnen wir mal im Lotto oder so.

AW: Ja aber ansonsten, man würde sich vielleicht nebenbei noch was suchen, im Verein mehr tätig zu sein. Aber so im reinen, wäre ich glücklich, wenn ich genug Geld hätte und nicht arbeiten gehen bräuchte.

SG: Wir bedanken uns für das Interview.

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12. Interview Karin Fähling, Vorsitzende der Interessensgemeinschaft der Landeigentümer, vom 26.6.2000 in Schwedt, ca. 75 Min.

InterviewerInnen: Anja Schatz, Susanne GabelmannStand: 5.11.2000Band Nr: 66

Transkriptionszeichen:AS: Anja SchatzSG: Susanne GabelmannKF: Karin Fähling(...?): Auslassung, weil nicht verstanden..: kurze Pause...: lange Pause (...): Auslassung

Transkriptionsbeginn:

AS: Ja, wir haben zuallererst ein paar persönliche Daten, die wir Sie gern fragen wollten. Wenn irgendetwas unangenehm ist, einfach nicht antworten - s ist wunderbar. Erste Frage aus reiner Neugierde: Wie alt sind sie?

KF.52 Jahre

AS: 52. Und ähm Sie leben schon immer hier in Schwedt?

KF: Ja, das ist mein Geburtshaus und wir können seit über 200 Jahren hier praktisch unseren Familienbesitz nachweisen. Wir sind Ackerbürger Hofbauern, dass heißt, diese Hofstelle als landwirtschaftliche Nutzfläche ist schon seit 200 Jahren in unserem Familienbesitz. Dieses Haus, sehen Sie ja selbst, ist jetzt das älteste Haus von Schwedt geworden, also dieses Haus hat einige Kriege überstanden, hat die Hitler-Zeit überstanden und hat die DDR-Zeit überstanden, natürlich mit einigen Abstrichen, dass uns Land enteignet wurde als Aufbaugebiet für die Neustadt Schwedt. Aber, der Kern des Grundvermögens ist praktisch noch vorhanden. Auch bin Ich Landwirt im Nebenerwerb, da ja mit diesen wenigen Flächen, die uns verblieben sind, das sind ca. 15 ha, man ja heute keinen großen Betrieb mehr machen kann, sondern ähm wir haben eben den Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb angemeldet - und betreiben den natürlich auch, mit Kleintierhaltung, mit (...?) mit Gemüseanbau.

AS: Und darf ich fragen, was Sie momentan berufstätig machen?

KF: Berufstätig bin ich freiberufliche Mitarbeiterin für Liegenschaftsangelgenheiten, äh, ich betreue hauptsächlich Kirchengemeinden zu ihrem Grundvermögen.

AS: Also eine Beratertätigkeit, freiberuflich?

KF: Ja

AS: Alles klar. Ihre Familie, wie groß ist die? Wie groß ist Ihr Haushalt?

KF: Ja äh, Familie, das ist eben auch begründet hier in dem Haus. Meine Eltern leben hier noch im alten Teil, die sind beide 74 und 75 Jahre, ich selbst bin verheiratet, habe zwei Kinder. Der Große ist 27 und studiert auch an der Freien Universität Biologie und der Jüngste ist gerade durch sein Abitur gerauscht. Er hat zwar sein Zeugnis bekommen mit der Note „3“, aber sein Abitur nicht bestanden.

AS: Oh, jetzt muß er noch mal wiederholen?

KF: Äh, hatte keinen Zweck, weil die schriftlichen Prüfungen so sehr schlecht ausgefallen waren und er wird erst mal zum Bund gehen und dann muß er sehen, wo er bleibt.

AS: Das heißt, drei Generationen unter einem Dach.

KF: Enkelchen haben wir auch schon.

SG: Ja, dann noch eine Einkommensfrage. Wie gesagt, wenns unangenehm ist, nicht. Wir haben fünf Kategorien aufgemacht, ähm, Haushaltseinkommen und zwar von unter 1.000, 1.000 bis 1.800, 1.800 bis 3.000, 3.000 bis 5.000 und mehr als 5.000, was aber jetzt das gesamte Haushaltseinkommen berücksichtigt.

KF: Ja, ist schon die obere.

AS: Die obere, ne. Und da sind mehrere Berufstätig, die dann zusammen... Ja, das wars zum statistischen Teil und ja,

SG: und wenn Sie so viel Interesse hätten, die Sachen uns aus Ihrer Sicht zu erzählen, dann denke ich, können wir einfach beginnen.

KF: Na gut, dann fange ich mal mit der Geschichte an. (Rascheln von Papier) und zeige Ihnen mal den Alteigentümernachweis der Stadt Schwedt, da haben wir interessante Flurkarten und Aufzeichnungen. Und so ist Schwedt praktisch mal gegründet worden, wo die Tabakpflanzer herkamen, die sind ja aus Holland hierher gekommen, wissen Sie ja, durch die Hugenottenbewegung, da ist ja in Schwedt auch eine Station und auch meine Vorfahren sind praktisch vor über 200 Jahren hier hergekommen als Tabak- und Gemüsepflanzer, und es ist eben damals so gewesen, dass hauptsächlich die Grafschaft Liegenschaften hatte und die Kirche. So, und die Grafschaft hatte ihre Liegenschaften praktisch an diese Pflanzer, an diese Bauern aufgeteilt, so dass es in Schwedt, und das sehen Sie anhand dieser kleinen Parzellen hier, jede Menge Hofstellen gab, die jeweils mit 15-20 ha Wiese und Ackerland bestückt waren. Und, äh, aus dieser Situation heraus, weil Schwedt ja schon immer eine Stadt war, eine Garnisonsstadt, dann eine Tabakstadt, aber immer mit jede Menge Bauern, die

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praktisch die Weidewirtschaft betrieben haben, das hatte jeder bis ca. 5-12 Kühe im Stall und eben den Tabakanbau. Hauptsächlich mit Tabak- und Gemüseanbau haben hier die Landwirte ihr Brot verdient. Nebenbei natürlich auch die Bewirtschaftung der Polderwiesen, ja.

SG: eine ganz kurze Zwischenfrage: Der Stadtkern, also der Wohnstadtkern, liegt jetzt also hier und die Tabakfelder waren jetzt hier aussenrum oder sind die ausserhalb des Stadtkerns?

KF: Nein, die sind ausserhalb des Stadtkerns... Hier ist die Blauberg(?)-Plantage gewesen, hier dahinter ging das rum, aber innerhalb des Stadtkerns waren ja auch früher die ganzen Tabakscheunen und davon gibt es nur noch eine... also hier sind die ganzen alte Besitze und zu jedem Grundstück gehörte ausserhalb Land, Ackerland und Wiese. So. Es ist aber so, dass eben die Bauern dann untereinander geheiratet haben und so kam dann eben dazu, dass manch ein Bauer mehr wie 20 ha hatte, es gab wenige in Schwedt, die über 50 und 60 ha hatten, die meisten waren im Durchschnitt, eben zwischen 15 und 20 ha und haben damit recht gut gelebt

AS: Und darf ich noch mal nachfragen, bis wann war das so?

KF: das war bis 1945 so, ja , und die haben sich hier echt wirklich gut gehalten und Schwedt war immer eine blühende Stadt unter jedem Kaiser, sage ich mal so, hatte jeder sein Auskommen. Hier z.B. ist unser Haus, (raschelt mit der Karte..), hier sind wir, hier sind Sie rein gekommen von Criewen, Zützen und diese ganzen Parzellen, auch hier hinten und der Kies, des sind alles Bauerngehöfte. Gewesen, heute nicht mehr, ja?! Jetzt sind wir nur der einzigste. So, und deswegen sehen wir das aus unsrer Situation auch ein bisschen anders als wie die Leute, die jetzt praktisch die Landwirtschaft betreiben. Und dann zeig ich Ihnen noch mal anhand von Flurkarten, wie z.B. Das Poldergebiet eingeteilt ist. Sie sehen, sag ich mal, wenigstens 120 Häuser und Parzellen, die alle Grundeigentum haben, ja?! So, und das ist aber in solchen kleinen Parzellen, wie das hier überall angegeben ist, Nachbar hatte hier eine Wiese und hier ein Stück Wiese und in der nächsten Karte eine Wiese,

SG: also überall kleine Parzellen

KF: also überall kleine Parzellen auf viele Eigentümer verteilt - auf sehr viele Eigentümer verteilt, auf wenigsten 120 Eigentümer verteilt, ja?! So, und im Laufe der Zeit, äh, hat sich dann ja auch praktisch schon vor dem Krieg so eine Kooperationsgemeinschaft gebildet, dass die Landwirte gesagt haben, Mensch, pass mal auf, du machst mehr Tabak und ich mache mehr Viehwirtschaft, die haben sich das schon untereinander ausgetauscht, aber die wussten

voneinander, ja?! Die waren befreundet und haben gesagt, wir nehmen die Ecke, ist wirtschaftlicher und du nimmst die; ist alles schon vor 100 Jahren ganz einvernehmlich passiert, ohne Komplikationen. Und die Wiesen waren ertragreich, die haben wertvolle Gräser gehabt, das wertvolles Futter. Es sind ja Landwirte von sonstwo hergekommen und haben hier Heu aufgekauft, weil das ein sehr gutes Futter hier war. Aber die Landwirt wussten natürlich auch, wann sie zu mähen hatten, je nachdem wie das Wetter war, je nachdem wie der Wasserstand war. Nach solchen Gesichtspunkten wurden die Wiesen gemäht, beackert. So, und da gab es auch schon ganz sensible Flächen, die auch von uns früher, von den Familienvorfahren früher nur einmal gemäht worden sind, weil da ganz wertvolle Vögel genistet haben. Die haben auch damals schon unsere Vorfahren in Ruhe gelassen und haben das beobachtet, ja. Und das ist alles ab 1990 leider eingegangen. Das heißt, auch zu DDR-Zeit, wo praktisch die Lpg diese Flächen bewirtschaftet hat, gabs auch Schwierigkeiten. Die haben denn Dünger raufgebracht, was nicht so gut war und haben mit ihrer Großraumwirtschaft, äh, viel mit dem Trecker kaputt gefahren, mit den großen Maschinen, denn die Einzelbauern früher, die haben ja nicht so große, schwere Maschinen gehabt. Die sind denn eben zu manchen Flächen auch nur einmal im Jahr gefahren, weil Sie eben sumpfig waren und haben gemäht. Aber die Lpg-Zeit hat da eben sehr viel kaputt gemacht.

AS: Aber die haben dann doch höchstwahrscheinlich in Einem bewirtschaftet?

KF: Die mußten dann. Ob es nun gut war oder nicht, da sind Sie denn rübergesaust und haben den Boden denn kaputt gemacht, ja. Der wirkliche Schutz, der hätte passieren können ab 1990, ist total in die falsche Richtung gegangen und warum: Man hat den höchsten Schutzstatus gewählt, diesen Nationalpark, den man praktisch laut Gesetz verordnet hat. Aber ... diese Flächen sind eine Kulturlandschaft. Diese Vorfahren, die hier hergekommen sind, haben das erst mal urbar gemacht und haben entsprechende Begradigungen vorgenommen. Der Kanal wurde gebaut, es wurden ein ganz ausgeklügeltes System von Graben entwickelt. Damit hohe Wiesen wasserabführend sind, niedrige Wiesen, das ist alles schon vor 100 Jahren passiert, ja?! Und dieses System, das hat funktioniert, bis 1990, weil sich jeder dran gehalten hat. Ab 1990 war Ruhe. Es sind ja auch Schöpfwerke überall dringewesen, das sind ja denn wahrscheinlich Leute, die ihr dann auch noch aufsuchen werdet, äh, die da besser Auskunft geben können über solche technische Sachen. Ich sehe das nur aus Sicht der Landwirtschaft und des Eigentümers, ja. Das ist alles kaputt gegangen, werde ich noch mal die Karten raussuchen. Am

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Bsp. 1990. da sind denn praktisch die Lpg aufgelöst worden und die Flächen sind von den Bauern alle in die Landwirtschaft eingebracht worden. Die Schwedter Flächen sind eingebracht worden bei der Schwedter Lpg. Benutzt haben das aber Criewener, die Berghölzer, den Vierradener. .. Man konnte ja mit dem Grund und Boden nichts machen. Das heißt im Lpg-Gesetz, die Lpg hat das dauernde und umfassende Nutzungsrecht. Als Eigentümer konnte keiner was dagegen sagen, es konnte ja auch keiner seine eigene Wiese mähen, auch wenn er noch Vieh gehabt hat. Durfte er nicht, er mußte bitten und betteln den gerade dort Bewirtschaftenden, ob er nicht ein bisschen haben kann. Das war ganz hart für die Bauern, die ihr Eigentum nicht mehr nutzen konnten, ja. stellen Sie sich mal vor, Sie haben sich eine schöne Wohnung eingerichtet und müssen bitte, bitte machen, um da mal Fernsehen gucken zu können. Das war die Situation zu DDR-Zeit.

AS: Also das ganze war unter Lpg-Verwaltung und Bewirtschaftung und die Alteigentümer haben dann manchmal ein Stück abgekriegt?

KF: Aber nur wenn sie es beantragt hatten und nachgewiesen haben, dass sie hier noch eine Kuh haben oder eine kleine Ziege oder ein Schaf.

SG: Und was war jetzt mit der Berücksichtigung der verschiedenen Qualitäten vom Boden, haben Sie schon gesagt,

KF: Überhaupt nicht. es wurde eine einheitliche Linie da gefahren. Und das ist ja das Problem, ja.

SG: Und mir den selten Wiesen und mit den selten Vögeln, darauf wurde zum Teil auch...

KF: Zum Teil auch, zum Teil auch. Wie gesagt, sehr unterschiedlich, sehr unterschiedlich.

AS: Also das heißt dann, dass Schutz oder die angemessene Bewirtschaftung waren in der DDR-Zeit auch nicht immer gegeben?!

KF: Nicht immer gegeben. Vorher ja, solange die Einzelbauern drauf gewirtschaftet haben, bis 1960, ja, ist der Schutz gewährleistet gewesen. Bis 1960 war das wirklich eine schützenswerte Landschaft. Ihr könntet..., was ihr jetzt seht, das ist ein Viertel von dem, wie das wirklich mal schön war.

AS: Ja, 30 Jahre ist schon ein Zeitraum, wo man des...

KF: Klar, klar, es ist einiges kaputt gemacht worden, so das.., diese Sache hätte man 1990 wirklich wieder per Gesetzeskraft in Ordnung bringen können. Aber nicht mit diesem Schutzstatus Nationalpark, der ja sagt, Wirtschaft nicht, hauptsächlich. Das ist ja das Grundgesetz des Nationalparks, dass der Mensch keine Einwirkung machen soll.

AS: So waren die Alt-Eigentümer zum großen Teil immer noch in der Landwirtschaft tätig...

KF:...eben nicht

AS:...so dass man sagen könnte, es macht Sinn das zurückzuübertragen auf unser Naturschutzgesichtspunkten?

KF: Ja, dann komme ich gleich zum nächsten Problem. Zu DDR-Zeit sind aus Schwedt sehr viel Bauern in den Westen gegangen, also, mehr als die Hälfte. Auch diese Grundeigentümer, die jetzt von den einzelnen Häusern hier und da bloß eine Parzelle hatten, sind weg, alle weg. Denn Schwedt sollte ja die zweite sozialistische Stadt werden. Die erste war Eisenhüttenstadt und die zweite sollte Schwedt sein. Nun zeig ich euch das nachher mal, an Hand unserer Hofstelle, wie weit man da gegangen ist. dass man alles abgerissen hat, wir können auch zwischen durch rausgehen, das ihr das besser versteht, das wurde alles abgerissen, auch was wirklich wertvoll war und Neublöcke aufgerichtet. Nur um eben Wohnungen zu schaffen für die Leute, die in dem Petrochemischen Kombinat gearbeitet haben. Macht mal aus, denn zeig ich euch das mal.

(Unterbrechung, gehen nach draussen)

KF:...da haben die unsere Scheunen abgerissen und haben die Blöcke raufgebaut.

AS: Und seitdem sind die einzelnen Parzellen eben nicht mehr so wie sie waren, Haus, Garten und Tabak..

KF: Ne, das ist alles.. Und da hatten wir auch eine richtige (Scheunensprache..?), hatte ja jeder große Tabakbauer, also des waren wir z.b. auch, noch nen richtigen großen Speicher dazu gehabt.

(Unterbrechung, gehen wider rein)

KF:..und wo das hier überhaupt losging mit dem Aufbau der Stadt Schwedt, als Sie alles abgerissen haben, das die Bauern hier gesagt haben, was wollen wir hier noch, wir gehen nach dem Westen und machen da wieder Landwirtschaft und das hat bei vielen funktioniert, die sind auch wieder ansehnliche Bauern drüben geworden, ja. Die haben das hier einfach nicht mit ansehen können, ja. Können Sie nachvollziehen, wa, wenn man Eigentum hat und sieht was daraus wird, ja, das es einfach in Anspruch genommen wird, äh, für die Scheune, da ist soviel Geld geflossen, sag ich mal, das sind 200 Mark, DDR-Mark gewesen, da konnte meine Mutter uns vier Kinder nicht mal von einkleiden , für den Winter. So minimal ist das alles bewertet worden. Und denn hat man das Geld auch nicht auf einmal gekriegt, denn ist das auf ein Verwahrkonto gekommen und denn durftest du nur soundso viel abheben. Tja, und das müssten mal alle aus den Altbundesländern einmal sich

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angucken und wirklich mal sehen was den Leuten hier widerfahren ist. So, nun kam die Wende, nun kam.. ist alles einheitlich und jetzt ist unser Grundvermögen wieder was wert und jetzt sind wir genauso gleichgestellt wie die drüben, und jetzt wollen wir alles wiederhaben, jetzt wollen wir eine Nachentschädigung haben, für die miserablen bezahlten Scheunen, denn die haben ja unsere Existenz kaputt gemacht. Ich konnte ja nie wieder richtig Bauer werden mit meinem Mann, weil doch nichts da war. In den Altbundesländern hätten wir solche Entschädigung gekriegt, dass wer uns woanders hätten nen Bauernhof aufbauen können. Auf jeden Fall. Aber hier, nichts. Und da hat der Gesetzgeber natürlich auch so gute Gesetze gemacht, dass wir keine Ansprüche haben. Wir haben alle keinen Pfennig nachbezahlt gekriegt, nichts, alles was zu DDR-Zeit passiert ist, ist geltendes Recht gewesen und dem zu Folge haben wir auch alle keine Ansprüche mehr.

AS: Und die Ländereien? Also was damals Lpg war ist auch nicht zurückgegangen.

KF: Auch die Ländereien. Ne. Was zurückgegangen ist, also, also was Aufbaugebiet wurde, haben wir ja 7 Pfenning pro Quadratmeter gekriegt und ist weg, da können wir nichts mehr machen, da hat sich die Stadt Schwedt ein herrliches Schwimmbad drauf gebaut, hat ihnen ja nichts gekostet der Grund und Boden.

SG: Also das war auch während der DDR-Zeit?

KF: Ja.

SG: Was war das für Boden gewesen?

KF: Das war wertvolles Ackerland gewesen. Wir haben ja gerade hier für Tabakanbau und Gemüseanbau den besten Boden gehabt. Kartoffeln, Mohrrüben, Blumenkohl, all also, das ist ja alles bis nach Berlin gegangen. Die Schwedter Bauern haben ja halb Berlin mit versorgt, Schwedt und Vierraden. War immer. Ja, wie gesagt, da ist also dann mit Rückübertragung nichts mehr gewesen, das war die erste Euphorie, die kaputt gegangen ist. Das war so 1990 bis 1992, wo wir dann gemerkt haben, naja, nichts mehr. So, die Wiesen, die haben wer ja, da waren wir ja immer noch im Grundbuch drin, ja. So, dazu warst du nun mit einem mal Eigentümer. Da kam dann mit ein mal der Steuerbescheid, dass du Steuern bezahlen muß, dann kam der Bescheid vom Wasser- und Bodernverband, das du bezahlen mußt, jetzt haben die eigentlich schon gesagt, was ist denn hier los? Ich muß nur zahlen, zahlen für mein Eigentum, ich kann ja gar nicht mehr wirtschaften, ich hab gar keine Mähmaschine mehr, ich hab kein Pferd mehr, ich hab keine Kuh mehr, also bin ich doch froh, wenn das irgendein Landwirt nimmt, der das mitbewirtschaftet. Und die Landwirte aus der Umgebung, die sich entweder neugegründet haben, oder die praktisch, ähm, die

Lpg-en aufgelöst haben und sich neu formiert haben, die haben natürlich Pachtverträge zu ihrem Grund und Boden mit jedem einzelnem Eigentümer gemacht. Die Eigentümer waren im Grunde genommen froh, dass Sie weg waren, selber konnten Sie nicht mehr wirtschaften, die Kinder waren eh überall verstreut und haben mit Landwirtschaft hier nichts mehr am Hut, weil das ja keine Tradition mehr hatte in der Familie, geht ja gar nicht mehr. Womit denn? So, und die Bauern, die Lpg-en sag ich jetzt mal, die umstrukturierten haben hier großflächig wie bisher sich das untereinander aufgeteilt und haben so gewirtschaftet wie zu DDR-Zeiten. Mit dem Unterschied, dass Sie von den Grundstückseigentümern Pachtverträge hatten, ja, und haben die Pacht bezahlt einmal im Jahr und haben den Anteil Wasser- und Bodenverband und die Grundsteuer bezahlt. So hat jeder Eigentümer gesagt, ok, ich hab jetzt hier nen Hektar Wiese, dafür kriege ich im Jahr 60 Mark und das war es, alles andere interessiert nicht mehr.

AS: Also ein richtiges Einkommen hat man mit so einer kleinen Parzelle auch nicht?

KF: Ne, ne. Und wenn ich Ihnen sage, dass die meisten eben nur noch zwischen 12 und 15 ha Eigentum haben. Ihr seht ja die große Stadt Schwedt, was alles in Anspruch genommen wurde an Ländereien, was Acker war, was bebaut ist mit Neubauten, da ist ja bloß noch des Poldergebiet geblieben, wo Sie Eigentum haben. Und für nen Hektar gibt es nur mal zwischen 60 bis 75 Mark Pacht. Wenn ich jetzt noch 10 ha Eigentum habe, sind das im Jahr 750 Mark, die ich habe, davon kann ich nicht leben. Ne, davon kann ich meinen Kindern beiden nicht mal ein Weihnachtsgeschenk machen jedes Jahr, weil Sie ja andere Ansprüche haben heutzutage. Ja, so ist die Situation aber nicht nur bei uns. Es gibt ja auch wie gesagt sehr viele Eigentümer, die wirklich nur diese eine Wiese haben und die eben im Jahr wirklich nur 60 oder 70 Mark kriegen und die kaum noch Interesse haben, hier irgendeine Entwicklung mitzumachen. Die sagen, macht nur Ärger, Eigentum verpflichtet und wenn der Staat kommt mit Steuern usw. dann mußte bezahlen, aber was hab ich denn für Nutzen? Demzufolge waren, waren!, sehr viele gleichgültig und haben gesagt, wenn das ein Bauer nimmt und bewirtschaftet, denn bin ich zufrieden. Nun haben wir aber die Situation, dass dieses Nationalparkgesetz verabschiedet wurde, dass in der Übergangszeit die Landwirtschaftsbetriebe, die hier gewirtschaftet haben, mit der Nationalparkverwaltung oder dem Verein der Freunde, egal mit wem, Verträge gemacht haben zur Bewirtschaftung nach naturschutzverbindlichen Maßnahmen. Da haben Sie natürlich jede Menge Geld für gekriegt, was wir als Eigentümer nicht wussten. Landwirt X hat mit mir nen Pachtvertrag über diese Wiese und zahlt mir - ich sag eine runde

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Summe - 100 Mark im Jahr. Ja, der Landwirt macht aber nen Vertag über Vertragsnaturschutz mit dem Nationalpark, mäht nicht mehr, oder nur einmal, und kriegt dafür 600 Mark. Das ist jahrelang gutgegangen.

AS: Wussten Sie nicht, äh, oder war nicht klar, dass diese Verträge gemacht wurden, oder wieviel Geld sie dafür bekommen?

KF: Beides nicht. Nee. Also die haben die Fläche ja innerhalb eines Pachtvertrages vom Eigentümer bekommen, zu landwirtschaftlichem Nutzen. Die Verträge waren nicht so ausgeklügelt, dass man an solche Dinge gedacht hat. Wie gesagt, der Hintergrund war, die meisten waren froh, dass es überhaupt bewirtschaftet wird und damit ihnen jemand die Pacht und die Steuern zahlt. Aber das jemand damit richtig Kohle macht, Vertragsnaturschutz abschließt, ohne dass der Grundeigentümer das weiß, was auf seinem Gebiet passiert, davon war nirgends wo die Rede. Das ist erst im Rahmen der ganzen Diskussion um den Nationalpark rausgekommen.

AS: Wie viele Landwirte gibts so ungefähr?

KF: Hier in der Gegend?

AS: Sind das ganz wenige große?

KF: Ja, ja. Das sind ganz wenige große, das sind die Großbetriebe, die also hier in diesem Gebiet, das ist Bertels-Meienburg, das ist Herr Schössler, das ist Milgeta in Vierraden und des ist Zützen der Schäfer und in Criewen die Agrar-GmbH. Hmm, können vielleicht noch ein paar kleine Flächen hier drin sein und Herr Schramm aus Flevensdorf. Ich sag mal zu dem ganzen Gebiet, was Einzugsgebiet Schwedt und Umland ist, sind es 10 Bewirtschafter.

AS: Die jetzt Vertragsnaturschutzgelder einstreichen und davon geht nichts zurück an die Eigentümer.

KF: Genau so. Und der Eigentümer weiß ja gar nicht, auf welchen Flächen Vertrags-Naturschutz gemacht wird. So, wenn ich jetzt mit unsern Eltern durch die Wiesen laufe oder mit dem Fahrrad fahre, die können beide nicht mehr Fahrrad fahren, das ist eine andere Sache, kommt aber noch mit hin zu, und sie gucken sich das an, wie die schönen Wiesen -bis 1955/56 - jetzt verwahrlost sind, wo meterhoch Distel steht, Brennessel steht, was niemals früher gewesen ist; die wertvollen Gräser, die wirklich schützenswert sind und waren, die sind ja gar nicht mehr da. Jetzt gibt es nur noch minderwertiges Futter, dadurch dass sie Landwirtschaftsbetriebe ja schon wenigstens 5/ 6 Jahre diesen Vertrags-Naturschutz machen. Die haben das Geld eingekreist, ohne uns Eigentümer was abzugeben. Jetzt sagen die Landwirte, die Fläche, die ist zu sumpfig, da mähe ich überhaupt nicht mehr, die gebe ich auf, hier will ich nicht mehr wirtschaften und meldet das dem Nationalpark. Und der sagt, ok,

hier hab ich wieder ein schönes Gebiet, wo Totalreservat werden kann. Das haben aber nur der Landwirte ausgemacht und der Verein der Freunde oder die Nationalparkverwaltung. Der Eigentümer weiß davon nichts. Laut Gesetz steht noch nicht fest, welche Flurstücke von meinem Eigentum sind denn überhaupt mal vorgesehen als Totalreservat, wo jegliche Nutzung untersagt ist. Gibt ja schon 7 Jahre dieses Gesetz. Ich weiß es nicht. Die Karten, die überall ausliegen, sind unterschiedlich. Das Gesetz sagt immer Groben eine Fläche und eine Hektarzahl, aber ist meine Wiese denn auch betroffen, weiß ich doch gar nicht.

AS: Also das ist nicht aufgeschrieben? Das Gesetz ist nicht abgeglichen mit dem Grundbuch?

KF: Nein, nein. Das ist doch der Dreh- und Angelpunkt. Jetzt will man Flurordungsvertrag machen, wo diese sensiblen Gebiete ausgetauscht werden sollen. Na ist ja gut. Aber dazu muß doch die Grundvoraussetzung dasein, dass jeder weiß, welche Flur und Flurstück ist denn nun betroffen. Bis heut noch nicht.

AS: Das heißt, wenn im Endeffekt ein Ausgleich stattfindet mit den Bauern, das heißt die Bauern bekommen zu bewirtschaftende Ersatzflächen, dann bedeutet des, dass.. was bedeutet das für Sie dann?

KF: Das ich gar nicht gefragt werde. Und da gilt der Paragraph des Nationalparkgesetzes, dass ich enteignet werden kann. Das heisst, ich habe die Interessen des Naturschutzes zu dulden. Wenn der Landwirt hier raus geht, dann wirtschaftet er nicht mehr. Ich weiss ja gar nicht, ist er noch drauf ist, oder nicht, das sagt er mir nicht, muß er ja wohl auch nicht. Es redet ja keiner mit mir als Eigentümer, die ziehen alle nur ihre Vorteile aus dem Eigentum. Aber, äh, mit mir spricht gar keiner darüber.

AS: Das heißt Sie als Eigentümer bekommen keine Ausgleichsflächen?

KF: Nö, Moment. Wir haben eingefordert, dass wir welche angeboten bekommen. Aber die Verhandlung, die führen ja doch nur die Nationalparkverwaltung und die Landwirte, die wirtschaften. Die führen Sie aber nicht mit mir, über meine Flächen. Gucken Sie sich mal nur dieses Gebiet an, ja, hier sind 50 Eigentümer. Die Landwirte haben sich schon längst entschieden, was Sie hier machen, die haben schon längst ihre Verträge in der Tasche mit der Nationalparkverwaltung. Ob Sie hier einmal mähen, ob Sie hier zweimal mähen oder gar nicht mehr. Ich weiß nichts. (klopft erregt im Tackt der Sprach auf den Tisch). Der Nachbar weiß nichts und der Nachbar weiß nichts, der hier noch Eigentum hat

SG: dass ist nicht möglich das in Erfahrung zu bringen?

KF: Wie, muß ich jetzt da hin rennen und muß das

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Interview Karin Fähling, Vorsitzende der Interessensgemeinschaft der Landeigentümer, vom 26.6.2000 inSchwedt, ca. 75 Min.

fragen?

AS: Eigentlich nicht.

KF: Naja, Eigentum verpflichtet. Eigentum äh, man muß sich doch kundig machen, ne. Komm ich aber hin und sage hier ist mein Grundbuch, sagen Sie mir welche Flächen von meinem Eigentum sind denn nun tatsächlich betroffen, da sind Sie noch nicht so weit.

SG: Wenn man mal nachfragt, dann können sie es einem nicht sagen?

KF: Ja, das fehlt. Das ist aber die Grundvoraussetzung, die immer noch fehlt. Aber das ist natürlich ein schlauer Hintergedanke. Dadurch, dass Sie so die Praxis seit Jahren betrieben haben, verlieren immer mehr Eigentümer die Lust an ihrem Eigentum, weil Sie ja nur Ärger damit haben. Und sie können doch selber nichts bewerkstelligen. Ja, ist so.

AS: Wurden Sie von Anfang an irgendwie beteiligt in den ganzen Nationalparkplanungen?

KF: Äh, wir Eigentümer sind nicht beteiligt worden, überhaupt nicht, und überall, wo Veranstaltungen gewesen sind, ab 1993/94 bin ich aufgetreten, weil ich ja Vorsitzender der Interessensgemeinschaft der Landeigentümer bin, und habe davor gewarnt, dass praktisch diese Enteignung, die mit uns, das ist ja eine schleichende Enteignung, vorgenommen wird, praktiziert wird. Da gibts Materialien, da gibts auch Tonbandaufnahmen, wo ich das auch wörtlich in großen Veranstaltungen gesagt habe, dass was Hitler nicht geschafft hat und das was Honecker nicht geschafft hat, das schafft der jetzige Staat mit uns, durch dieses Nationalparkgesetz. Das haben mir sehr viele übel genommen, aber seit einem Jahr stehen mehrere auf meiner Seite und sagen, Fr. Fähring, das was Sie damals gesagt haben, wo wir drüber gelacht haben, das ist ja bitterer Ernst. Und jetzt ist es so. Ich hab überall hingeschrieben, ich hab stapelweise von Nachweisen, dass wir uns gewehrt haben als Eigentümer, und dass wir gehört werden wollen. Wir wollen Flurordnungsverfahren. Sie haben gesehen, wir wirtschaften noch. Ich möchte gerne meine Wiesen - 6 ha die ich hier habe - auch gegen Ackerland tauschen. Ja aber ich kann kein Ackerland in Criewen oder sonstwo gebrauchen, ich möchtet hier in der Umgebung haben. Da, wo ich schon Eigentum noch nutzen kann. Da drauf geht man überhaupt nicht ein.

AS: Also Flächenzusammenlegung..

KF:..wie man eigentlich eine Flurordnung macht

AS: Wie bei einer Flurbereinigung ungefähr..

KF: Jaja, und das wäre auch unsere Vorstellung. Die haben wir auch seit 1993/94 schriftlich dem Amt und der Regierung angeboten, dass wir gesagt haben, bitte, wir sind bereit, wenn feststeht, welche

Flächen sind sensibel, dass wir dann eine Tauschfläche kriegen, aber in der Region. Nicht sonstwo. Wir haben nun ja gerade nen Trecker, aber die andere Nachbarn haben keinen mehr, die fahren dann mit Moped oder mit Fahrradanhänger und holen sich für ihre Kaninchen Gras. Das können Sie aber dem 80jährigen Herrn Witte nicht mehr zumuten, das der bis nach Criewen fährt mit dem Fahrrad, um sich für seine Kaninchen jeden Tag frisches Gras zu holen. Das geht ja wohl nicht. Aber das ist die lautende Praxis. Das ist eben ohne Einbeziehung von Anfang an ohne die Eigentümer gemacht worden.

AS: Ähm, das ist Ihr wichtigstes Anliegen im ganzen Ding um den Nationalpark, das ist Ihr persönliches Hauptinteresse.

KF: Nicht nur meins. Es sind ja auch viele weitere Mitstreiter jetzt schon, die mitgekriegt haben, Mensch, das kann doch nicht wahr sein, wir wollen für unsere Kinder ja auch noch ein bisschen erhalten. Jetzt sind ja nicht alle die verkaufen und sagen, also 4.000 Mark für den Hektar und dann ist gut. Da gibts den größten Zank und Streit in den Familien, was über 100 Jahre im Familienbesitz ist, wird auf einmal so verkloppt, ja gut, dann will jeder was von dem Kuchen haben und dann zerplatzt die Seifenblase. Oder die liebe Oma verkauft ihre 10 ha und schenkt dem Enkel dafür ein Auto und der setzt es an einen Baum, des wars denn, und die ganze Familie ist wütend. Das sind die Beispiele hier aus der Praxis, das Sie alle gesagt haben, so kanns ja auch nicht sein, ne. Aber die Flurordnung richtig betrieben wäre praktisch eine Alternative.

AS: Ist es dafür schon zu spät oder ist es eine Sache, die nur umgesetzt werden müßt, die auch jetzt noch möglich wäre?

KF: Äh, der Gesetzgeber will ja jetzt ein Flurordnungsverfahren machen.

AS: Also das kommt jetzt...

KF: Aber nicht so, wie es eigentlich üblich wäre, das gibt ja in der Flurordnung verschiedene Paragraphen und den Paragraph 87, den die Regierung im Land Brandenburg jetzt vorgeschlagen hat, das ist aber der Paragraph, der denkbar ungünstig ist, weil der die Enteignung ganz eindeutig vorsieht. Es gibt aber auch nen Paragraphen 91 in der Flurneuordnung unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes. Warum macht man den nicht? Warum macht man nicht entsprechend Paragraph 1 des Flurordnungsgesetzes den freiwilligen Landtausch, so wie es eigentlich gewollt ist? Da muß ich gefragt werden als Eigentümer und nicht der, der gerade nutzt. Man einigt sich doch nur um Ruhe zu haben, damit keine Landwirtschaftsbetriebe in Größenordnung kaputt geht, mit denen die hier wirtschaften. Ich spiel da gar keine Rolle, ob ich da mitmache.

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AS: Also, es wird auf Arbeitsplätze geachtet sozusagen, von wegen Landwirte Arbeitsplätze, aber...

SG: nicht auf die Eigentümer

KF: Nee, nicht für Eigentümer.

SG: Und da ist auch – sie haben gesagt, seit 1993 sind sie da aktiv - da ist in diesen letzten sieben Jahren auch kein Entgegenkommen, kein Auf-Sie-Zukommen.

KF: Nein, nichts.

SG: Weder von der Nationalparkverwaltung noch von anderen Vereinen.

KF: Naja, die Nationalparkverwaltung hat ja auch schon eingesehen, dass es eigentlich besser wäre mit den Eigentümern gemeinsame Sache zu machen, aber ... wir sind einfach noch nicht zu Potte gekommen, und denk mal nicht, dass ich denen hinterher renne, also das ist nicht meine Aufgabe, die wollen doch was von mir. Wenn Sie sich ein Haus bauen wollen und sich ein Grundstück ausgucken, dann gehen Sie zu dem Eigentümer hin und verhandeln mit dem darüber, oder nicht?

AS: Auf jeden Fall.

KF: das ist des normalste der Welt, ja, so, noch eine Sache, ich hab da noch was vergessen. Wo wir dabei sind wegen der ganzen Bewirtschafterei. Der Nationalpark hat ja schon viele Flächen aufgekauft, wisst ihr ja. Anhand dieser Sache. Es ist hier Eigentümer der Nationalpark und hier ist er Eigentümer, dazwischen sind zwei Private, dann kommt wieder der Nationalpark, denn kommen mal drei, vier Private. Jetzt sagt doch der Landwirtschaftsbetrieb, ich kann ihnen das ja auch gar nicht verübeln, die Privaten wissen ja eh nicht, wo ihre Grenzen sind, der Nationalpark diktiert mir, dass ich das so und so mache, also wird es so bewirtschaftet, wie es der Nationalpark will. Hier hab ich doch auch schon wieder keinen Einfluß drauf. Richtig wäre ja, dass man hier wieder Grenzsteine setzt und sagt, Moment mal, wenn hier der Nationalpark das Sagen hat oder der Verein der Freunde, der jetzt Eigentümer im Grundbuch ist, dann muß der seine Grenzen herstellen und sagen, so, das ist mein Eigentum und das wird so bewirtschaftet, wie ich es will. Ich hingegen habe andere Wirtschaftsvorstellungen und möchte, dass meine Wiese zweimal gemäht wird. Dazu kann ich den Landwirt zwingen, anhand meines Vertrages, den ich mit ihm habe. Aber der sagt, hör mal eure Grenzstreitigkeiten, die müsst ihr aber alleine aushandeln. Und der Nationalpark sagt, das wird ja eh alles mein, ob sie jetzt wollen oder nicht. Tja.

AS: In der speziellen Bewirtschaftung kommen dann noch mal die nächsten Konflikte, denk ich mir. Entweder..

KF: Ich kann jetzt ganz hart zum Landwirt sagen,

pass auf, des ist meine Wiese und jetzt wirst du das hier regelmäßig mähen. Und ich gehe selber raus und streue hier Dünger. Wer will mir das verbieten? Keiner, das kann mir auch das Gesetz nicht verbieten. Ja, und wenn nun gerade mal neben an bei dem Verein der Freunde seine Fläche nochmal von dem Dünger da rauf fällt, ja, dann hat er Pech gehabt. Sö können wir es auch machen.

AS: Womit wahrscheinlich weder ihm gedient wäre noch dem Nationalpark.

KF: Eben.

AS: Darf ich nochmal zurück fragen, mit dem Nationalpark grundsätzlich haben Sie keine Probleme?

KF: Nöö.

AS: Soweit ich Sie richtig verstanden hab, geht es tatsächlich um den Umgang miteinander...

KF: Ja, ja.

AS:...die Aushandlungsprozesse..

KF: Ja, ja.

AS: Wie sich verständigt wird, oder eben nicht.

KF: Eben nicht. Weil sie sich mit uns Eigentümer überhaupt nicht verständigen. Wir sind doch nur lästiges Beiwerk und irgendwann werden die es schon mal aufgeben die ganzen kleinen Eigentümer, was wollen die denn überhaupt. Erstmal ist der große Eigentümer jetzt der Verein der Freunde, dann haben wir noch die Treuhand und dann haben wir die Kirche. Da hab ich ja auch ein bisschen Einblick wer Länderein hat, weil das ja mein hauptsächlicher Arbeitgeber ist. Ja und die paar Privaten da, irgendwann werden wir mit der Fähling auch keine Probleme mehr haben, irgendwie kriegen wir das auch schon hin. Aber das ist nicht das vorrangige Problem. Was wollen die denn, die Eigentümer? Laut Gesetz haben sie sich unterzuordnen, haben sie die Interessen des Naturschutzes zu dulden, so stehts im Gesetz, die brauchen ja gar nicht mit mir.

SG: Also absolut keine Einbeziehung?

KF: Nö, sie müssen sich doch gar nicht den Aufwand machen, zu den einzelnen Eigentümern hin. Sie haben doch ein perfektes Gesetz.

AS: Wie würden Sie sich das wünschen, also das mit der Flurordnung haben Sie angesprochen, wäre das das Wichtigste, oder...?

KF: Ja, aber eine Flurordnung auf freiwilliger Basis. .. Der freiwillige Landtausch. Die müssen zu mir kommen und müssen sagen, also anhand ihrer Grundbuchunterlagen wissen wir, dass Sie 6 ha Grünland in dem Gebiet haben, von den 6 ha sind 4 ha, die wirklich sensibel sind, die wir nicht mehr bewirtschaften möchten - sie bekommen 4 ha Ackerland. Hier irgendwo in der Umgebung. Ich

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würde sagen ok, welche Flächen habt ihr, dann können wir das machen. Aber nicht mit einer Bewertung, also hier ist das ja alles so minderwertig jetzt, jetzt mit ein Mal, die Wiesen sind ja jetzt so minderwertig und den Acker, den ich kriege, der ist so wertvoll, ja, wenn ich jetzt 4 ha aufgebe, hab ich vielleicht die Chance 2 ha Acker wieder zu kriegen ....

AS: Also es wird auch nicht 1:1 getauscht, sondern irgendwas, sondern...

KF: Ne, ne, ne.

AS: Und die Bodenqualität hat sich durch Naturschutzmaßnahmen schon verändert und dadurch hinkt der Vergleich auch?!

KF: Ja.

SG: Und wie Sie gesagt haben, verschlechtert auf jeden Fall die Qualität?

KF: Eben. Und das wird von Tag zu Tag schlimmer und von Jahr zu Jahr.

AS: Also ist das auch aus Ihrer Sicht überhaupt kein sinnvoller Naturschutz, den die da machen?

KF: Nö.

AS: Also einfach nicht mähen und dann kommen zuerst die Brennesseln und...

KF: Ne, ne. Und wir haben ja jetzt schon jede Menge Wildschweine und Hochwild drin, die praktisch die Deichanlagen zerstören. Das ist noch nie gewesen. Aber im hohen Schilf und in den Brennesseln, ja, da sind die eben.

AS: Deichanlagen, waren das früher in der Gegend Gemeinschaftsaufgaben, die..

KF: Ja, ja. also die Alten erzählen noch von Deichläufern, die regelmässig, oder Deichgräber, die wirklich von der Allgemeinheit bezahlt worden sind, die haben das ganze Jahr nur das in Ordnung gehalten. Da hat jeder private Grundbesitzer hat da seinen Obolus bezahlt.

AS: Nochmal kurz zu dem Naturschutz, weil Sie auch vorhin angemerkt hatten, es ist eigentlich ein Kulturland, aber es war eine sehr gut angepasste Kulturlandschaft.

KF: Ja.

AS: Also meinen Sie, von dem Gedanken eines Naturschutzes her, also eines Naturschutzes das Beste für eine Landschaft zu tun, war eigentlich dieses Prinzip ganz gut?

KF: Ja, aber der Schutzstatus war zu hoch angesetzt. Hätte man hier raus einen Naturpark gemacht oder eine Biosphäre, das wäre ganz phantastisch geworden und das hätte bestimmt nicht solche Konflikte gegeben. Aber gerade weil man ja das Höchste wollte, die höchsten Gelder abgezogen

hat von überall, ja. Und das ist der größte Schwindel und Betrug. Das ist Etikettenschwindel. Die Landschaft, die so gestaltet wurde von unseren Vorfahren, ist eine Kulturschaft und überall sagen se, das ist Nationalpark das ist Betrug am Steuerzahler und Betrug an die ganzen EG oder wer da alles Geld für gibt. .. Ich hab zum Beispiel Wald. Drei Hektar Wald ist mein Eigentum in Hohenfelde. Diese Fläche ist ausgewiesen als Erle, als Erlenwald. Quatsch, gibt es hier gar nicht mehr, gibt es gar nicht. Das ist eine Kiefernschonung, die vor 15 Jahren erst gepflanzt wurde, ja, und da macht man so einen Unsinn. Das ist eigentlich dass, was mich so traurig macht, das des ganze Gesetz auf Lug und Betrug aufgebaut ist.

AS: Des wär ja ganz schon, nur leider ist es nicht so.

KF: Ja, ja, ja. Und nur das Beispiel von meinem Wald, wie der in der Karte ausgewiesen ist und im Tatsächlichen aussieht, ja.

SG: Meinen Sie, das ist einfach, dass sich die Leute nicht genug informiert haben?

KF: Ne, das ist einfach der Betrug. Es sind einige handvoll Leute, die mit diesem Ding Nationalpark unheimlich viel Gelder rangeschafft haben. was alles auch richtig sein soll, aber unter Vorausssetzungen, die keine rechtliche Grundlage haben, was wirklich, wie ich sage, Lug und Betrug ist. Und das so viel da mitspielen, ja, höchste Regierungsangestellte bis sonstwo hin, anstatt einmal diese Fördermittelbescheide, das alles mal zu überprüfen, vor Ort zu überprüfen. Wofür haben die denn diese Millionen ausgegeben, ja?

SG: Sie sagen, dass die Gelder der Region auch wirklich zugute gekommen sind oder ist das durch so spezielle Kanäle geflossen, also gab es, gibt es eine positive Entwicklung auch für die gesamte Region dadurch, wirtschaftlich?

KF: Es werden wahrscheinlich einige, also einige Landwirtschaftsbetriebe haben davon gelebt. Das hab ich Ihnen ja schon gesagt. Wenn die 600 Mark je Hektar kriegen und ernten auch noch, die haben ja auch geerntet, die haben ja Nutzen davon gehabt, und zahlen aber nur 60 Mark Pacht, da ist das,.... und lassen wir ruhig noch 40 Mark Grundsteuer und, und, und, da haben die pro Hektar wenigsten 500 Mark gut gemacht und das über Jahre. Ich mein, diese Betriebe haben schon nen Vorteil gehabt. Muß man so sagen.

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AS:..ja zu den Flächenkäufen.

KF: Ja, ne, zu den Flächenkäufen. Hier haben Sie

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ein paar aufgekauft, das ist ok. Aber es wurde jede Menge Land im Aussenbereich aufgekauft, die überhaupt nichts mit der gesetzlichen Grundlage zu tun haben. Der Verein der Freunde hat alles aufgekauft, was die Leute ihm angeboten haben. Wenn Oma Müller gekommen ist und gesagt hat, hier sind drei Wiesen, aber ich hab da oben noch ein Acker und da oben noch nen Acker, wenn, dann muß alles weg. Da haben die gesagt ok, machen wir, kaufen wir - alles gekauft. Demzufolge, hat jetzt der Verein der Freunde äh, ein Problem. Die haben jede Menge Flächen aufgekauft, die keiner haben will. Die keiner im Rahmen eines Flächentauschs nimmt. Und das ist diese Ungesetzlichkeit, was ich auch dem Verein der Freunde vorwerfe. dass sie praktisch, ähm, na ja, ich kanns auch an Beispielen beweisen, äh, mit unredlichen Sachen den Leuten den Grundbesitzern abgegaunert haben. ist so, da gibt es genügend Beispiele für, das Sie eben zu den Leuten, hauptsächlich älteren Leuten hingegangen sind und gesagt haben, das ist jetzt ein Gesetz, das ist Nationalpark und nu verkauft es mir. Naja, und im Grundbuch ist das und das noch dazu gewesen, dann wurde alles verkauft. Der Gesetzgeber hat das aber nicht so gemeint. Das Gesetz ist ja fürs Gesetz des Gewässerrandstreifensystem bereitgestellt worden, und die Flächen sind bis heute noch nicht aufgekauft, die wirklich sensibel sind. Das ist schon mal ein ganz großer Betrug und da hat man kein, keine Macht und hat überhaupt keine Möglichkeit, das zu revidieren.

AS: Also die Flächenaufkäufe wurden begründet mit dem Argument, das fürs Gewässerrandstreifen-Programm gedacht war und das wurde auf andere Naturschutzflächen....

KF: Nicht nur Naturschutzflächen, sondern auch Flächen, die überhaupt nicht Naturschutz-relevant sind.

ABBRUCH wegen Telefonanruf

KF: ..Natuschutzmaßnahmen unterliegen, das ist des Problem. Äh, hätten Sie, gab wohl eine Möglichkeit, dass Sie des durften, aber mit dem Hinweis, dass Sie das innerhalb von drei Jahren tauschen müssen mit solchen Flächen, die eben Naturschutz-relevant sind. Aber wer prüft das? Das ist auch nicht passiert. Dieser interne Flächentausch zwischen dem Verein der Freunde, der praktisch außerhalb Naturschutzmaßnahmen Flächen aufgekauft hat, ja, der Austausch ist ja auch nie passiert. Und das ist ein Hammer, dem man, äh, gegenüber den einfachen Steuerzahlern glaube ich nicht verantworten kann.

AS: Wieviel Energie nimmt da der Konflikt der Auseinandersetzung? Also ich hab den Eindruck, dass es des schon, also die Wogen ziemlich

hochgehen, also schon ziemlich polarisiert.

KF: Ja, ja. Na ja, das sind ja zum Teil auch wichtige Hintergründe. Ich meine, ich kann jetzt auf beide schimpfen. Ich kann auf die Landwirte schimpfen, die ohne mein Einverständnis einfach da, äh, Sachen abziehen, von denen ich nichts weiß - und ich kann da auch m Nationalpark sagen, also pass mal auf, du hast hier nichts zu suchen. Aber was nützt das? Das sind beide praktisch meine Partner, die sich aber nicht mit mir in Verbindung setzen. Vergiß das.

AS: Also, mal eine Einladung zum Runden Tisch gibts nicht?

KF: Nö, uns Eigentümer, offiziell haben Sie uns noch nicht eingeladen. Wenn ich von alleine zu solchen Sachen hingehen würde und auch mal auftreten würde, und auch mal ein kleines bisschen mit Stimmung machen würde, wird das auch gar nicht gehört werden. Will ja auch der Gesetzgeber nicht. Wir sind enteignet. Und da können wir machen, was wer wollen. Ja, was Honecker nicht geschafft hat und Hitler nicht geschafft hat, diese SPD-Regierung hats geschafft. Mit dem Gesetz. Und natürlich auch ein paar Leute aus den Altbundesländern, die da kräftig mitgemischt haben und noch mitmischen, nur um praktisch hier gewisse Vorteile zu haben. Denn äh, das kann sich nie lange so halten. .. Das System, das wir hier als Stadt und anliegende Dörfer auch leben können, da muß dieses System der Flutung und der Bewirtschaftung eingehalten werden. Deswegen wäre es auch wichtig, dass wirklich Biologen von Grund her das mit aufarbeiten. Und noch ganz andere Studiengruppen mit ran gehen.

AS: Also Sie sehen für Schwedt eine Zukunft und vor allem auch wieder mit der Landwirtschaft, was ja jetzt momentan absolut zurückgefahren wurde?

KF: Jaa, denn die Landwirte, die in der Umgebung sind, mit denen haben wir ansonsten eigentlich ein gutes Einvernehmen, ja, die sollen hier auch weiter leben. Nur so ist unsere Landwirtschaft schön. Mit der Bewirtschaftung, ja, und das ist auch eben, wie Sie ja an unserem Hof sehen - mitten in der Stadt - son kleiner Bauernhof ist was niedliches, was schönes. Und da kann man sich dran erfreuen. Und so kann man sich auch in der Stadt an der Landwirtschaft ringsherum erfreuen. Auch, wenn wir hier ein großes Pck haben, eine Papierfabrik, das ist alles einvernehmlich zu lösen. Aber, wenn hier keine Landwirtschaft mehr drin ist und wenn hier Sumpf und Dreck, sag ich jetzt mal so, vom Hochwasser, alles so stehen bleibt, ja dann werden unsere Leute, die hier alle gebaut haben, bald die Nase voll haben und hier wegziehen. Und wenn der große Betrieb, PCK, hier praktisch seine Leitung nicht mehr betreiben kann, das nicht mehr machen kann und sagt, na hier, ich hab ja 10 Jahre meine Kohle gemacht, fünf Jahre mach ich noch und dann weg, .. dann können wir das alles zuschütten. Und

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der Tourismus, der boomt hier nicht. Die Leute, die sich diese Natur angucken, die kommen mit Fahhrad oder mal mit Auto und lassen das stehen und sind ein Tag drin. Denn haben Sie genug gesehen und fahren wieder woanders hin.

SG: Also der Tourismus ist keine Alternative?

KF: Ne.

AS: Die PCK ist hier der Hauptarbeitgeber in der Region?

KF: Ja.

AS: Und danach folgt Landwirtschaft und ......?

KF: Landwirtschaft, Papierfabrik, natürlich auch ein paar Verwaltungsgremien, sind ja jetzt hier auch ansässig, ja.

AS: Und der Naturpark, wieviel Arbeitsplätze gibt es darin?

KF: Zehn.

AS: Zehn. Einschließlich oder ausschließlich Verwaltung?

KF: Mit Verwaltung.

AS: Mit Verwaltung zehn.

KF: Also zehn bis 12, mehr haben Sie gar nicht bewilligt gekriegt. Alles andere läuft wohl über, äh, ABM-Maßnahmen. Von Jahr zu Jahr anders, aber äh... Und das werden auch nicht viel. Reden Sie mal mit den Leuten, die haben auch Angst vor dem Jahr 2001/ 2002, wenn ihre Verträge auslaufen. Das heisst, hier ist ein Landstrich, der nicht bewirtschaftet wird, wo (...?)

AS: Angefangen, und nichts zu Ende bekommen.

KF: Ja

AS: Wissen Sie, mir fällt des grade so ein, wie das auf der anderen Seite in Polen funktioniert? Also die müssen ja auch so ähnliche Probleme haben, oder nicht?

KF: (Herzhaftes Lachen) Ja, sehen Se, das ist auch ein Problem. Das ist genau das Problem. Hier wird alles geschützt, hier darf keiner mehr mähen, hier darf keiner mehr angeln, dann fahren Sie eben mit dem Auto rüber oder mit dem Fahrrad und setzen sich an einer anderen Seite hin, da ist alles erlaubt.

AS: Aber es ist doch genauso Nationalpark?

KF: Aber natürlich, aber natürlich. Aber da ist das Gesetz nicht. Und die Deutschen können wohl kein Gesetz machen über polnisches Gebiet. Aber man hat in den Plänen das alles wunderschön mit einverleibt. Damit es auch ein internationaler Park wird. Hat der Vössing das nicht so geschrieben „internationaler“?(...?) Der Internationalpark Unteres Odertal. So, und hat er nämlich voll die polnischen Gebiete mit einverleibt. Das ist eine

ganz hochsensible, politische Sache, was man sich da geleistet hat, ja. Da hat der in den Grenzen Deutschlands von 1945 gedacht und des alles unter Schutz gestellt.

AS: Und war des Vössings Initiative oder waren des polnische Partner, die da Naturschutzinteressen hatten?

KF: Ne, des ist nur Vössing und die paar polnischen Partner, die eventuell mal sagen , wir würden sowas auch machen, die wollen nur die Fördermittel und das Geld haben. Weil ja Polen, weiss ja jeder, noch ziemlich unten ist. Das ist der Hintergedanke. Und die haben gesehen, hier in die Region sind Millionen geflossen, ach , da könnten wir doch auch was abzwacken.

AS: Die haben aber auch eine gesetzliche Grundlage, oder nicht?

KF: Also das weiß ich nicht so genau, aber noch kann man da drüben überall angeln und noch kann man mit dem Auto bis vorne hin fahren und nicht, wie wir als Eigentümer, das muß ich auch mal sagen, eine Schande das ist, das ich Anträge stellen muß, um zu meinem eigenen Eigentum zu kommen, ja. Da muß ich ein Schlüssel für eine Schranke mir holen und muß das immer bei mir haben, damit ich auch mal zu meiner Wiese fahren kann mit dem Trecker, oder mit dem Auto. .. Das müsste man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, wie man als Eigentümer behandelt wird....

AS: „Der Inhaber ist berechtigt, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben das Gebietes des Nationalparks mit Kraftfahrzeugen zu befahren.“

SG: Also nur, wenn Sie nen Antrag stellen, bekommen Sie den Schlüssel und den Ausweis?

KF: Ja, ja. Aber andere Eigentümer, die eben keinen Trecker mehr haben oder nichts, die kriegen auch keinen Schlüssel. Die können auch nicht mehr mit ihrem Auto zu ihrer Wiese runter fahren und gucken, ob des ordentlich bewirtschaftet wird. ... Tja, und des schon seit 1993, muß man sich mal überlegen. Ne, 95 haben Sie die Schranken gemacht.

AS: Aber es macht ja Sinn, dass nicht jeder mit dem Auto..da runter fährt.

KF: Von der Sache her ist es nicht verkehrt, denn äh, wenn die Schranken nicht wären, ich denke, da wäre mächtig Vandalismus. Denn wir kennen ja die lieben Touristen, die denn mal fahren, da wären die Deiche stets voller Fahrzeuge, da könnte man mit der Landwirtschaft gar nicht mehr durchfahren.

AS: Lagerfeuerchen auf dem Deich und Wege und Camping und...

KF: Ja, ja, ja.

SG: Also, allgemein gut, bloss die Eigentümer

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

sollten vielleicht doch dauerhaft mit dem Schlüssel

KF: Aber früher ist das ja auch nicht gewesen. Aber wenn man was verbietet, schürt das natürlich auf der Gegenseite andere Ideen, was dann gemacht wird...

SG: Wie meinen Sie das jetzt?

KF: Naja, dass jetzt sich auch Gruppen praktisch schon damit beschäftigen, was Sie da alles anstellen können, um das kaputt zu machen, um zu zerstören.

AS: Ja, Druck erzeugt Gegendruck.

KF: Ja. Jetzt denke ich doch, habe ich doch schon das meiste gesagt. Ich hoffe, das ist verständlich gewesen.

AS: Ja, und sehr informativ auf jeden Fall. Aber eine kurze Frage noch: Sie haben gemeint, zu DDR-Zeiten sind sehr viele weggezogen. ist jetzt in den letzten 10 Jahren auch noch mal..., sind die Leute weggezogen?

KF: Ja, ja.

AS: Beziehen Sie das auch auf den Nationalpark oder andere Gründe?

KF: Ja, ja. Mit auf den Nationalpark, weil der Nationalpark eindeutig die wirtschaftliche Entwicklung mit hier hemmt. Und alles nur wir uns mit Gewalt, sag ich jetzt mal, erstreiten müssen. Durch diese Konflikte, jaa, dass man auftreten muß und sagen muß, wir wollen hier weiter wirtschaften oder das die PCK-AG jede Menge Eingaben macht, dies und jenes, Unterschriftensammlungen macht gegen diesen Schutzstatus. Wir können alle mit einer Biosphäre leben, aber nicht mit diesem Schutzstatus Nationalpark.

SG: Also ist dieser, dieses Label, diese Überschrift der größte Konfliktpunkt?

KF: Ja, ja. nicht nur für uns Eigentümer, ich denke auch für alle, dieser Schritt - Begründung eines Nationalparks, ein Schritt zuviel war.

AS: Und der Frieden in der Gegend ist insgesamt gefährdet, so stimmungsmäßig?

KF: Ja, ja.

AS: Also es ist alles son bisschen vergiftet zur Zeit?

KF: Ja, ja.

AS: Und was wäre Ihnen lieber, dass das Thema ganz schnell fertig vom Tisch kommt...?

KF: Ja, ich denke, es würde für jede Familie innerlich wieder ruhiger werden. Man weiß halt, des geht doch in gemäßigstem Schritt und nicht mit Eiltempo. Das wird hier geschützt und wir können denn auch wieder da ordentlich spazieren gehen und wir können uns dran erfreuen, dass die Wiesen regelmäßig gemäht werden, das auch wieder die Vögel herkommen, die gar nicht mehr da sind, die

man eigentlich schützen wollte, ja. Das das wirklich wieder eine blühende Landschaft wird.

SG: Ja, das wär zu wünschen.

KF: Und ich denke die Landwirte würden ihren Beitrag schon dazu leisten, das auch wieder, auch unter naturschutzfachlicher Anleitung, das zu einer ordentlichen Landschaft werden zu lassen. ... Aber nicht diese Spinnetismus und das isn Spinnetismus, hier sämtliche Bewirtschaftung zu untersagen. Also die Sachen sind fachlich überhaupt nicht fundiert und ich denke auch wissenschaftlich überhaupt nicht vorbereitet. Denn man muß überhaupt wissen, wie dieses ganze Gewässersystem der Flutung - Hochwasser - wie sich alles das auswirkt.

AS: Das ist ja alles noch nicht fertig.

KF: Das ist alles noch nicht fertig. Und wie kann man so ein hartes Gesetz machen, ohne solche fachlich fundierten Grundlagen?

AS: Ja ganz kurz, sind da nicht Wissenschaftler gekommen, die ...

KF: Ach, naja gut, Auftraggeber. Ne? Und wenn jetzt mal die andere Seite, die Gegner des Nationalparks anfangen und sagen, Moment mal, ihr habt doch das nicht und das nicht untersucht, und wir müssen jetzt praktisch ein Gutachten in Auftrag geben vom andern, das kostet alles Geld.

AS: Dann hat man Gutachter gegen Gutachter...

KF: Und, denn kann es immer noch sein, das die Regierung kurz vor der Sommerpause ein Gesetz durchpeitscht, was wir gar nicht (....?) so ist es doch passiert. Das Gesetz ist ja richtig durchgepeitscht worden, im Landtag, wo viele nicht mehr anwesend waren.

AS: Diesen Paragraph 87 meinen sie jetzt?

KF: Ne, des ist noch nicht. Das Nationalparkgesetz 95/ 96 war des, nicht. Das ist ja auch son linkes Ding gewesen.

AS: Also auf politischer Ebene, noch mal zusammenfassend, läuft grad so ziemlich alles falsch. Ähm, die Betroffenen werden nicht mit einbezogen, nicht genug einbezogen, die Aufklärung findet nicht statt, ähm, was wars denn noch... Und das Ganze ist zu wenig fundiert.

KF: Ja, das würde ich als ersten Schritt sagen.

AS: Ja, und dass das auch nicht der angepasste, für die in der Region der angepasste Naturschutzmaßnahmen sind?

KF: Ja, ja, genau, weil das eben eine Kulturlandschaft ist.

AS: Also, Perspektive für die Region wäre, die Kulturlandschaft...

KF: zu erhalten, ein anderen Schutzstatus zu wählen, ja, und ich denke, dann würde hier auch

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Interview Karin Fähling, Vorsitzende der Interessensgemeinschaft der Landeigentümer, vom 26.6.2000 inSchwedt, ca. 75 Min.

wieder Frieden herrschen. Und das würde schön werden. Und wir könnten hier auch wieder Leute begeistern, die irgendwie da gerne herkommen und auch hier arbeiten wollen. Ob nun in der Landwirtschaft, die haben ja nun nicht mehr so viel Plätze, aber es gibt ja auch genügend andere Sachen, die man machen kann. Bloß die großen Investoren kommen aus den Altbundesländern, wenn die hören, Mensch, da ist Nationalpark, Mensch, da ist irgenwas mit Naturschutzmaßnahmen, nee, dann gehen wir lieber woanders auf de grünen Wiese und machen da unser Ding. Und das haben Sie gepackt und wir sind wirklich hier am letzten Ende der Welt. Da ist keine Entwicklung weiter. Ich hab ja viel mit solchen Leuten zu tun, da ich ja auch für die kirchlichen Ländereien hier zuständig bin, hier haben sich schon sehr viele vorgestellt, Mensch, hier könnte man was aufbauen, hier könnte man was machen. Denn haben Sie ein Rückzieher gemacht, gesagt, nee mit dem Nationalpark und den Auflagen an Umwelt, und, und, und. Nein danke.

AS: Meinen Sie mit der Überschrift Biosphärenreservat wäre das schon etwas einfacher?

KF: ist doch aufgelockerter, ja. Ich meine auch mit der Biosphäre hat man seine Probleme, aber mit denen kann man besser reden. Weil das doch nicht son harter Schutzstatus ist, nicht, da lässt sich mehr verhandeln und aushandeln. Und ich bin ja auch immer noch der Meinung, dass man hier einzelne Inseln schaffen kann, wo wirklich der Mensch nichts mehr machen sollte, weil eben bestimmte Bodenbrüter da sind. Oder wo ganz spezielle Gräser blühen sollen. Aber das ist ja nicht alles. Und dieses Flächen, die die wirklich haben, die sollen Sie doch dazu nutzen, um solche Maßnahmen zu machen und alles andere soll weiter bewirtschaftet werden. Da hätten wir doch viel mehr davon, als so eine ganze Region unter Schutz zu stellen, wo man nichts sieht. Dass, das ist nichts, als wenn man Flächen hätte, wo man wirklich was zeigen kann, auch den Touristen was zeigen kann und sagen, so, hier haben wir jetzt nicht mehr bewirtschaftet.

AS: Also sozusagen dann am Beispiel, guckt mal hier, guckt mal da?

KF: Ja, und das ist doch wichtig für unsere Nachfahren, damit die das sehen und auch da raus ihre Schlussfolgerungen ziehen, und auch die Entwicklung danach ausrichten. Es sollen doch noch mehrere Generationen hier leben.

SG: Also mit dem Nationalpark bangen Sie wirklich um die Zukunft der ganzen Region?

KF: Ja, ja, der ganzen Region.

AS: Ja, gut. Also unsere Fragen wurden alle von selber beantwortet. Ja, vielen Dank, das war sehr informativ.

KF: Jaa, wenn was ist, könnt ihr gerne vorbeikommen. Ich denke ja auch immer ein bisschen praktisch, das man sich das auch wirklich

mal so vor Augen führt, was hier alles falsch gemacht wird.

SG: Ja, das ist ja auch wichtig

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

13. Interview der Sekretärin von Herrn Wilde, vom 28.6.2000 in Bergholz-Mayenburg, ca. 35 Min.

InterviewerInnen: Anja, VeraStand: 18.11.2000Band: 67

Transkriptionszeichen:A: AnjaV: VeraS: Sekretärin v. Wilde(...?): nicht verstanden..: kurze Pause...: längere Pause

Interviewatmosphäre: Gespräch schleppend, mit vielen Pausen.

Transkriptionsbeginn:

V: Wir haben paar Standardfragen, die wir immer stellen zum statistischen Kram. Darf ich fragen, wie alt sind Sie?

S: Ja, 25.

V: Und Sie kommen hier aus der Gegend?

S: Direkt aus Schwedt.

V: Und zu der Ausbildung?

S: Nach der Schule wie gesagt Berufsschule dann absolviert in Eberswalde, eine Lehre jetzt direkt im m Autohaus, wurde auch übernommen, habe 7 Jahre dort gearbeitet. Dann war eben ortsübliche Personalabbau durch die Flaute, die wir hier erfahren müßten durch die Wirtschaft. Ja da war ich ein halbes Jahr arbeitslos und habe ich halt hier in Bergholz bei Herrn Wilde dann eben die Stellung mit aufgenommen.

A: Und so klappts, also es ist eine Festanstellung

S: Vorerst ja, man muß natürlich sehen wie die Geschäfte laufen, ja. Aber vorerst...

V: Und die Geschäfte also, sehen Sie dann ein Zusammenhang mit dem Nationalpark, also dass da Leute hierher ziehen oder sind das...?

S: Na, wir sind nun in dem Bereich Versicherung tätig und ..., d.h. von Kfz bis Sachversicherungen, dann machen wir hier noch Betreibung einer Telefongesellchaft: Telda - Fax, ja dann ansonsten so weiter jetzt direkt mit dem Nationalpark haben wir nichts zu tun.

v: Und persönlich also für Sie der Nationalpark, dass da jetzt dieses ganze Gebiet geschaffen wird? Ganz neutral oder?

S: Ja, ja neutral, also jetzt so eingehend mit beschäftigt muß ich ehrlich gestehen habe ich noch

nicht. Muß man dann sehen... Schön wäre es natürlich.

V: Schön wäre es, also dass man dann ein Nationalpark hat?

S: Ja.

V: Auch wenn das mit Absperrungen verbunden ist, wo man nicht hin darf, weil es total Reservat geben soll? Finden Sie richtig?

S: Ja.

V: Zum Schutz der Natur oder...?

S: Ja, weil ich bin sehr naturverbundener Mensch, liebe Tiere, bin gerne unterwegs, jetzt in der Natur. Wir haben auch eine schöne Umgebung, jetzt mit der Uckermark, schon die Polderwiesen, alles ist wirklich herrlich hier.

V: Ja, es ist wirklich schön, wir sind auch das erste Mal hier.

S: Also doch, für jemanden, der jetzt außerhalb kommt, jetzt direkt aus Großstadt Berlin und Umgebung, für die ist das natürlich was, ja?

(kurze Unterbrechung)

V: Dieser Nationalpark hat auch dann noch einen gewissen Einfluß auf die ... Arbeitsplätze. Also für die Landwirte, die dadurch Gebiete verlieren. Es sollen zwar manche ABM-Stellen dazu kommen, aber davon sind Sie eigentlich überhaupt nicht betroffen?

S: Nee.

V: Ganz egal...?

S: Erstmal nicht, nee.

A: Haben Sie die Streiks mitbekommen. Das für und gegen und wieder mitbekommen hier in der Gegen?

S: Mitbekommen schon, aber nicht so eindeutig hingehört, dass...So im Hintergrund mitbekommen. Ich habe mich nicht so tief damit beschäftigt.

V: Also interessieren wirklich, organisieren tun sich dafür nur die, die wirklich betroffen sind?

S: Ja, ja.

V: Und der Rest der Bevölkerung?

S: Soweit wie ich, im Bekanntenkreis, Freundeskreis...Man hatte sich mal kurz darüber unterhalten, aber jetzt nicht tiefgehend. Man hat es erst mal hingenommen. Also es wurden keine größeren, tiefgehenden Gespräche geführt, wie weiter und ob, ob nicht?

A: Was haben Sie für einen Eindruck. wie sich die Gegend hier entwickelt? Also, Sie haben vorher auch schon miterlebt, nach Wende und jetzt noch alles. Natürlich aus einer jugendlichen Perspektive, aber (...?)

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Interview der Sekretärin von Herrn Wilde, vom 28.6.2000 in Bergholz-Mayenburg, ca. 35 Min.

S: Also die Entwicklung ist so sagen wir...Schwedt hatte einen ganz enormen Einwohnerrückzug. Wenn man jetzt, ich weiß nicht, ob sie jetzt hinten mal Waldrand lang gefahren sind?

V: Nein.

S: Gar nicht? Da ist ja nun direkt Geisterstadt. Da ist alles leer gezogen, die Häuser werden abgetragen, weil eben zu viele raus sind auch Schwedt, da auch eine sehr hohe Arbeitslosenquote herrscht. ... Da, na ja , wir sind zwar am Aufbauen, aber es sieht nicht besonders gut aus, jetzt für die Beschäftigungen der Einwohner, die noch jetzt hier sind, arbeitsmäßig.

V: Die Jugendlichen, ziehen die dann weg?

S: Die Jugendlichen ziehen generell raus aus Schwedt, weil sie haben keine Zukunft hier in Schwedt.

A: In die Großstädte?

S: Die meisten denke ich gehen nach Berlin oder dann eben in die alten Bundesländer direkt.

A: Es ist wirklich so, dass kaum jemand mehr da bleibt?

S: Ja.

A: D.h. die Jugend wandert ab, die Älteren bleiben?

S: Die Älteren bleiben, jetzt die Ansässigen also Schwedt wird, sage ich mal, um es ganz kraß zu sagen eine Rentnerstadt. Ja, es ist so.

A: Und die ganzen vielen Neubauten, die wir hier gesehen haben? Sind das jetzt Leute aus Schwedt, die sich jetzt leisten können,

V: diese Villen, diese Einfamilienhäuser?

S: Das sind jetzt, na ja, sage ich mal auch schon alteingesessene Schwedter, die sich halt, oder die jetzt den Schritt gewagt haben durch diese Abtragungen der ganzen Altbauten, was jetzt so alles war, eben den Schritt zu wagen, was Eigenes sich zu bauen.

A: Aber es sind Leute aus der Region?

S: Ja, sie sind aus dieser Region

A: Sind irgendwie junge Leute auch wieder zurückgekommen oder es ist so neu, dass man das noch gar nicht sagen kann?

S: Kann man jetzt, also so jetzt örtlich, ich weiß jetzt nur, wie es bei mir ist, im Bekanntenkreis im Freundeskreis ist keiner zurückgekommen. Sie sind alle weg geblieben.

(...?)

V: Und so unter den Leuten, also die, die hier geblieben sind, was hat sich da verändert, also gehen die Leute anders mit, ist da nicht so die Freundschaften, wie man mit Nachbarn umgeht, wo

man sich trifft, die Kneipen. Ist gleich geblieben, oder hat sich das verändert?

S: Das ist eigentlich gleich geblieben.

A: Wie kann man sich das vorstellen, also als gäbs hier in der Gegend Jugendclub und Disco und paar Jugendkneipen oder eher Angelvereine?

(Lachen)

S: Das kann man jetzt nun nicht vergleichen mit Großstädten (...?). Früher waren Jugendclubs und Diskotheken hier vertreten. Jetzt herrscht glaube ich bloß noch eine oder zwei. Also für die Jugend ist noch nicht viel getan jetzt nach der Wende in Schwedt. Da müssen sie dann schon außerhalb jetzt – Discos jetzt direkt ländlicherseits, muß man raus aus Schwedt, wenn man da jetzt was unternehmen will.

V: Wohin gehen die dann, nach Eberswalde oder?

S: Nach Eberswalde, Prenzlau oder eben jetzt so gesag die Dorfkneipen: Gramsow, Casekow, Kunow.

A: Und was kann man sich noch vorstellen. Fußball, Billardsalons oder ist das dann eher Privatpartys? Treffen sich die Leute noch?

S: Ja, doch schon. Also wir haben jetzt in der Hinsicht auch noch paar Billardsalons, Bowlingbahn. Das neue was jetzt zugekommen ist, ist dieses Aquarium in Schwedt. Das ist jetzt ganz neu. Das wird auch gut besucht, ist aber noch zu teuer. Also die meisten

V: Was heißt das, 7 DM, 8 DM, 10 DM.?

S: 14 DM.

A: 14 DM.?

S: Ja, ja. Und ich sag mal durch die hohe Arbeitslosenquoten kann sich das kaum noch jemand leisten d.

V: Natürlich, wenn das Familie ist.

S: Da kann man dann schon mal 50 DM lassen für 2 Stunden.

A: Für zwei Stunden kostet Eintritt 14 DM.?

S: Ja, für eine Person.

A: Was würden Sie sich wünschen hier?

S: Das noch mehr für die Jugend getan wird. Das, man sieht doch häufiger noch, dass sie so irgendwo noch in den Ecken noch rumlungern und dann Blödsinn anstellen. dass sie dann irgendwo ihre Räumlichkeiten haben, wo sie dann selber was aufbauen können, D.h. jetzt im Hobby-Bereich, (...?) basteln oder schreibt oder am Computer sitzt und so, dass so was aufgebaut wird. dass die Kinder und die Jugendlichen beschäftigt sind. Und Auch in der Übergangszeit jetzt, sehr viele haben Probleme jetzt gleich nach der Schule eine Lehre zu finden

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

jetzt hier in Schwedt, dass da auch was gemacht wird, übergangsmäßig,

A: Um danach dann eben Jobmöglichkeiten verbessern.

S: Ja, ja, ... oder dass zumindest irgendwo Kontakte geknöpft werden können, sei es jetzt in den alten Bundesländern oder außerhalb von Schwedt, im Umkreis von 100 km.

V: Und das gibt es gar nicht?

S: Nee, man muß sich wirklich selber kümmern. Man hat nirgendwo eine konkrete Anlaufstelle, wo man fragen kann, passe mal auf, das und das würde ich gerne machen, das sind meine Hobbys, gibt es da was jetzt in der Nähe? Meistens wird immer gesagt, nein, haben nichts, kennen nichts, wissen nichts. ... Ja, das ist ja keine Perspektive für einen Jugendlichen, der sich jetzt irgendwo was aufbauen will.

V: Und Berufsberatung, oder so was, das gibt es in Schwedt?

S: Gibt es auch, aber, na ja...ob man da hingeht oder nicht

A: Liegt das dann an den Persönlichkeiten die da sind, spezielle, oder?

S: Na ja, da sind dann auch die Alteingesessenen, die kucken halt nur gerade aus, nicht nach links, nicht nach rechts. Den ist eigentlich auch egal wer da kommt und wenn dann die Standardfragen gestellt werden, dann wird dann gesagt, es tut uns Leid, wir haben nichts, wir können nichts für sie tun.

A: Gibts hier irgendwelche Persönlichkeiten in der Gegend, die sich tatsächlich engagieren würden, auch für junge Leute, also gibt es ja manchmal irgend jemand in einem Verein oder...?

S: Wüßte ich jetzt nicht ... Keine Ahnung. Mir ist jedenfalls nichts bekannt.

V: Und wenn nichts bekannt ist, das ist so, als wie wenn es keinen geben würde.

S: Ja .... und das ist das ganze Problem

V: Und Wirtschaftlich, jetzt abgesehen, einerseits ist die Arbeitslosigkeit seit der Wende, und was hat sich noch verändert seit der Wende? Also was, z.B. gibt es neue Arbeitsplätze, also neuartige, also wie diese Telda-Fax, z.B. das ist neu, schätze ich.

S: Das ist neu, das ist ganz neu. Wie gesagt in Schwedt , das Oder - Center wurde dann jetzt vor ... hm vier Jahren, so in etwas, wurde das dann aufgebaut, wie gesagt die Geschäfte es läuft ganz gut, ist gut besucht. Da kommen auch viele von außerhalb, man sieht es an den Kennzeichen, was da immer so steht. Das kann ja dann halt nur für die Schwedter gut sein. Also das Oder - Center ist sehr gut besucht, also die Umsätze denke ich mal

stimmt; Arbeitsplätze wurden somit dann auch mehr geschaffen. Jetzt in diesem PCK in diesem Petro-Chemischen Werk was hoch raussteht, da ist jetzt auch etwas im Aufbau, da sollen jetzt auch um die 800 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, aber das denke ich mal wird sich noch um ein zwei Jahre ... dauern. Jetzt draußen am Hafen das ist jetzt auch im Aufbau. Da denke ich mal, da wird schon was geschaffen. ... Also die Arbeitsplätze in nächster Zeit, wenn es alles gut läuft...?

V: Gibt es auch positive Entwicklung?

S: Ja, ja.

V: Weil, es gibt Leute, die das ganz schwarz sehen?

S: Ne, das sollte man nicht, sollte man nicht. Ein bisschen optimistisch sollte man schon sein.

A: Sie haben gemeint, die Leute ,die gehen weiter weg, z.B. nach Prenzlau abends. Heißt das, die sind dann auch alle motorisiert, haben ein Auto?

S: Ja, ja.

A: Nahverkehrsmittel? Öffentlicher Nahverkehr?

S: Nutzt selten einer, die meisten wie gesagt machen mit 16 Motorrad oder mit 18 Fahrerlaubnis für Pkw. Sie sind eigentlich alle gut motorisiert.

V: Und dafür gibt es auch Geld, also dass sich jeder...oder sind das Autos von Vater, Mutter?

S: Meistens ist es schon Sponsoring Eltern.

V: Sponsoring oder das Auto von Mami?

S: Auch, ja , würde ich mal so behaupten.

A: Also gibt’s da auch gar kein Bedarf. Die Leute sind soweit erst mal versorgt?

S: Sind versorgt, ja.

(Lachen)

S: Man staunt dann immer nur, wenn da so junger Mensch von würde ich mal sagen 20 Jahren dann auf einmal neben einem steht. Man selber hat nur ein kleines Auto und er fährt da mit BMW oder Mercedes, da fragt man sich schon, ja, woher hat er das Geld jetzt her?

V: Geht es den Leuten wirklich so gut oder ist das eher so, man muß das Auto haben und wenn es ein BMW ist, ist es um so besser?

S: Ja, das ist diese Vorzeigetaktik, denke ich mal

A: Also man achtet schon auf (...?)

S: Ja, ja.

....

A: Weil, wenn die Jugendlichen sonst schlechte Chancen haben einen Arbeitsplätze zu kriegen, aber so ein Auto haben, das steht doch irgendwo....?

S: Ja, dann man fragt sich, man kriegt dann das

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Interview der Sekretärin von Herrn Wilde, vom 28.6.2000 in Bergholz-Mayenburg, ca. 35 Min.

Grübeln, und sag, ja, man selber geht jetzt hier acht Stunden arbeiten und kommt so gerade um die Runden, mit Wohnung und Auto und allem drum und dran, und da ist nun so ein junger Mann mit so einem großen Auto, ne? Wie sie das machen, weiß ich nicht?

A: Kann das sein, dass sich auch viele Leute verschulden? wäre ja möglich, keine Ahnung.

S: Wäre möglich, ja. Bloß sage ich mal ...

A: Weiß man wahrscheinlich nicht.

S: Kann man nicht sagen, wie es nun ist genau...

V: Und die Generation ihrer Eltern, die sehen, die sieht die Entwicklung auch so optimistisch oder sind die Eltern eher...?

S: Also jetzt bei mir, meine Eltern sind sehr optimistisch. Sie haben ihre Arbeit, sind auch mittleren Jahrgangs, so Mitte 50; sieht gut aus. Haben beide Arbeit, haben ihre Einkünfte. Ja. ...

V: Und wie ist das, jetzt noch eine Frage zum Nationalpark. Die Leute, die hier sind, gehen die da so hin, ich weiß nicht so zum spazieren, oder ist das so, dass man mit der Schulklasse hinfährt, weil das gerade vor der Türe ist, oder macht man da so abends Spaziergänge?

S: Man macht abends Spaziergänge. Jetzt gerade im Frühjahr und Sommer. Man sieht sehr viele Leute dort unterwegs, entweder mit Fahrrad oder zu Fuß, also ist sehr besucht. Generell da hinten die Ecke der Poldernwiesen, dann am Kanal die Strecke runter, ist sehr viel Bewegung.

V: So was für eine Reaktion von Leuten, es soll ja 50% der Fläche als total Reservat ausgewiesen werden. Also das man nicht mehr rein kann?

S: Acha?!

A: Wußten Sie davon?

S: Nein.

V: Wie stellen Sie sich das vor. Also, was ist die Reaktion von den Leuten, wenn sie plötzlich eine Schranke sehen, so bis hierher kann man mit Fahrrad fahren und plötzlich da ist zwar Naturschutz, aber da darf man nicht mehr rein?

S: Na, ich denke mal, .. man wird dann schon wütend sein, wenn man vorher eben dort lang konnte, in aller Ruhe Spazieren gehen, Umgebung anschauen und man darf da jetzt nicht mehr lang, na ja ...das dann so das Wohlgefallen findet?

V: Aber würden sich die Leute dann irgendwie protestieren, sich organisieren oder würden nur sagen, ach so?

S: Hm, würden es erst mal nur hinnehmen, das ist halt so und man kann dann eh nichts mehr machen, und dann wird es erst mal so hingenommen. ... So würde ich jetzt mal denken. Ich weiß jetzt nicht,

was bei den anderen so in den Köpfen vorgeht? ...

V: Also man, die wenigsten Leute denken das sie dann was dagegen, also würden dann wirklich was dagegen tun, sondern sagen, da ist sicher irgendwas dahinter, da war Plan, das wurde jetzt gesperrt und das ist eben so?

S: Ja, die würden so einfach hinnehmen, würden zwar etwas murren, also sich ihre Gedanken machen, ja warum und wieso ist das jetzt so, aber sie würden es erst mal so hinnehmen. Also die würden da jetzt nicht irgendwie Schuld- und Beschwerdebriefe, das glaube ich nicht.

V: Und, Sie kennen ja den Park besser. Wir sind so ein paar mal so mit dem Fahrrad durchgefahren. So viele Touristen, der von weiter herkommt, ist das richtig gut beschildert oder kann man sich da .. irgendwie verlieren? Also den Kanal entlang fahren, ist natürlich kein Problem. (...?)

S: Also ich muß jetzt zu meiner Schande gestehen, ich war dort schon eine ganze Weile nicht mehr, jetzt durch die Arbeit, man hat einfach nicht mehr die Zeit sich da für ein paar Stunden mal die Ruhe zu nehmen und da lang zu laufen. Als ich das letzte Mal da war, na ja ... man kann sich drin schon verlaufen. Man muß da schon aufpassen, es könnte ruhig etwas beschildert sein. Das man sehen kann, da kann man jetzt raus kommen, da hinten geht es jetzt noch weiter, da ist gesperrt, da sollte man nicht mehr lang gehen.

V: Und meinen Sie, dass das für Touristen also eine attraktive Gegend ist? Also ich sehe es jetzt, dass ich hier bin. Ich finde es wirklich wunderschön hier, aber ist da die Infrastruktur da, die die für den, oder bräuchten die Touristen noch mehr, oder reicht das? Der Naturschutz, so wie, was sie da vorfinden?

S: Ja, es kommt jetzt immer auf die Seite des Betrachters an, also wer dann nun nicht so ein konw how haben möchte, also der eigentlich wirklich nur an der Natur interessiert ist und der Umgebung, dem reicht das.

V: Und so Gaststätten und also Pensionen haben wir schon mehrere gesehen.

S: Also die sind eigentlich sehr gut vertreten hier jetzt, auch jetzt in Bergholz und Zützen, also da kommt man sehr gut unter, so ein bisschen geräumig, sehr gut hergerichtet, vom Preis her auch O.K., nicht übertrieben teuer. Also das ist schon O.K. so.

A: Können Sie sich das vorstellen, dass hier auch, also das der Tourismus noch ausgebaut wird und dass das noch eine richtige Fremdenverkehrsregion wird?

V: (...?)

S: Ja, wünschen würde man sich das schon, dass jetzt ein bisschen mehr Verkehr rein kommen würde, Ja, .... ich hoffe.

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

A: Aber sehr realistisch?

S: Realistisch? Na ja, jetzt erst mal noch nicht. Man muß jetzt auch erst mal abwarten, wie sich das in der nächsten Zeit entwickelt. Weil zur Zeit ist Schwedt von den Räumlichkeiten, von den Wohnungen, na ja, ich will nicht sagen ein Schandfleck, aber nicht schön anzuschauen. Wenn man jetzt bestimmte Ecken lang fährt, dann kriegt man doch schon das Grauen. Aber ich sage mal, in nächsten Jahren ist dort Abhilfe geschaffen. Die wollen jetzt hinten weiteren auch richtig schöne Parkanlage. Also ganz nett herrichten. Ich denke mal, das wird dann ganz gut aussehen. ... in den nächsten Jahren.

V: Na, weil die Innenstadt ist wirklich.. also sehr gut ausgeputzt.

S: Ja, die Innenstadt, die haben sie jetzt gut hergerichtet. Wurde alles saniert, die Balkonseiten, wurde alles neu gemahlert, ... farblich richtig schön abgestimmt nicht solche krassen Farben, sondern warme, schöne Farben. Jetzt auch mit den Bepflanzungen, die Bäume überall. Doch, sieht nett aus.

A: In großem und ganzen kann man sagen, Sie fühlen sich hier in der Gegen gut?

S: Ja, ich fühle mich wohl.

A: Und so lange das irgendwie möglich ist, bleiben sie auch?

S: Ich bitte darum, das ich bleiben darf (lacht). Ja, es kommen natürlich, muß man sehen wie sich das mit der Arbeit alles so entwickelt. Also wenn man jetzt gar keine ... Zukunftsaussichten hat, jetzt jobmäßig, na ja, dann muß man halt gehen, aber man wird halt alles versuchen, um hier bleiben zu können, weil hier ist Familie, Freunde, alles, Wohnung. Und es ist wirklich eine herrliche Gegend hier. Ich möchte schon hier bleiben.

A: (...?) (lachen)

V: Und wie ist das, wie oft fahren eigentlich die Leute von hier nach Polen? Wir haben diese Schiffsfahrten da gesehen?

S: Oft.

V: Diese Butterfahrten.

S: Ja, wird oft genutzt.

A: Aber, um richtig nach Polen rüber zu fahren oder man macht nur diese Einkaufsfahrten mit?

S: Eigentlich nur wegen der Einkaufsfahrt.

A: Also man geht hin, geht aus dem Schiff die 1,5 Stunden , kauft die Zigaretten und...?

S: Ja, oft (lacht)

V: Was heißt oft? ...Die meisten Leute ein Mal pro Monat machen ihre Einkäufe da oder?

S: Es kommt ganz darauf an. Bei den Rauchern denke ich mal, die werden des öfteren fahren, so im Schnitt denke ich mal, zwei Mal im Monat.

V: Also das ist eigentlich ein Warenhaus auf Schiff?

S: Ja.

A: Wo man eben eine Stunde lang dort bleiben muß, weil...?

S: Ja, ja.

A: Und nach Polen richtig rüber?

S: Dann meist eben nur, um zu tanken. Da ist großer Verkehr. Da kommen auch sehr viele jetzt ... Barnimer- Ecke, die kommen auch zum Tanken.

A: Aber sonst ist da eigentlich kein großes Interesse in Polen? Das ist alles ..

S: Früher, vor ein, zwei Jahren, war da mal ein größerer Markt, wo man dann auch mal so seine Besorgungen machen konnte. Sei es jetzt durch Lebensmittel oder Sachen jetzt, die so benötigt werden jetzt ... für die Wohnung, oder zum Anziehen was. Aber dies hat auch ganz abgenommen, da jetzt die Polen mit den Preisen auch ganz schön angehoben haben und Qualität ist auch nicht mehr so, wie sie mal war. Also jetzt wird eigentlich nur noch um zum Tanken das genutzt.

V: Und sonst? Wie kommt man hier mit den Polen klar? Also, so, so zwei Dörfer, hat man da, ..also wenn man als Grenzstadt im ständigen Kontakt mit denen ist?

S: Eigentlich jetzt schon ganz gut. Damals war das so ein Problem mit dem Einkaufen, sind sehr viele Polen rüber gekommen.

A: Damals ist?

S: Na ja, vor zwei , drei Jahren, so in dem Dreh. Da war das halt nicht mehr schön. Da ist man rein gekommen, ich sage jetzt mal nur Aldi, ist jetzt mal so ein Begriff. Dan hat man halt nur polnische Bürger dort angetroffen. Hat die irgendwie .. Das war dann nicht mehr schön. Die haben natürlich Masseneinkäufe dort getätigt, dann war dann für uns dann nichts mehr da, nee. Also wurden Stiegen-Weise Butter, Milch, Schokolade und alles gekauft. Und wenn man selber dann mal losgerannt ist, weil man vergessen hat Butter zu kaufen, ja, dann stand man da, hm nichts mehr da. Es war nicht so angenehm. Aber jetzt hat sich das schon eingepegelt.

A: Aber das war auch das einzige Problem?

S: Ja.

....

V: Weil ich habe, wo war denn das, wo wir das gesehen haben. Das war in ... Garz?

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Interview der Sekretärin von Herrn Wilde, vom 28.6.2000 in Bergholz-Mayenburg, ca. 35 Min.

S: Garz

V: Ein Polnisch-Deutsches Musikfestival. Also so eine kulturelle Zusammenarbeit oder so. Ist das ganz spärlich, oder ist das Gang und Gäbe.

S: Also ich muß sagen, ich höre das jetzt zum ersten Mal. ..

V: Mein weiß nichts darüber

S: Ne, bekommt man nicht viel mit. ...Kann natürlich sein, für Leute jetzt eben in Garz und in der Nähe ansässig sind, dass die jetzt mehr darüber wissen, aber (...?) das ist nicht so gängig. ....

(...?)

Hier ist das Gespräch am Ende

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

14. Interview Herr Zahn, „Oberfischer“, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 75 Min.

InterviewerInnen: Bernhard Glaeser, Claudia MüllerStand: 25.10.2000Band Nr.: 68

Transkriptionszeichen:(...?) nicht verstanden... Satz abgebrochen oder Pause( ) Anmerkung ( ?) vermutete Ergänzung z.B. bei fehlendem WortZ: Herr ZahnGl: Bernhard GlaeserC: Claudia Müller

Transkriptionsbeginn:

Z: ... das uralte Privileg, weil auf der Oder..., das Privileg, dass (auf der Oder) geangelt wurde, quasi ein eingeschränktes Fischereirecht war, das war von vor hunderten von Jahren... das wollte ich nur sagen... haben einst die Fischer entweder den König oder seine Truppen durch die Oder durchgeleitet oder ihn direkt vorm Ersaufen gerettet und der hat gesagt: „Ihr könnt von hier bis Stettin fischen.“ Und die sind... ich überlege grade... eingeschränkt. Es durfte nur ein Meister in Begleitung eines Gesellen, nicht zwei Tage hintereinander dasselbe Zugnetz benutzen, durfte nur einen Karren voll Fische mitnehmen und. Also da, mächtig eingeschränkt und komischerweise im sozialistischen Frühling als man hier im Osten alle Privaten niedergemacht hat, hat man einzelne Innungsmitglieder, die Inneren waren ja unter Alliiertenrecht enteignet, und da waren einzelne Innungsmitglieder und sind dann im sozialistischen Frühling hin gegangen und haben als Private das Fischereirecht eintragen lassen. Also wenn jetzt in der Wende ... die Genossenschaft wäre praktisch liquidiert worden und ich als H. Fischer hätte nun die Immobilien auf meinen Namen eintragen lassen. Hätte wahrscheinlich hier nach der Wende keiner mehr gemacht, aber damals 1960 war das wahrscheinlich möglich und ich habe den bösen Verdacht als wenn da noch namhafte Leute immer noch mit am Werken sind. Jedenfalls, durch das Fischereigesetz hat ... Sagen wir mal so, wir haben die Oderpacht ..., haben wir eigentlich dem altbundesdeutschen Bürger zu verdanken, der gesagt hat: „Also, die Fischer müssen irgendwie eine Sicherheit haben. Wir als Land nehmen das Eigentumsfischereirecht war, was nach dem Reichsgesetz von 1921, und verpachten hier weiter.“ Als dieses Privileg, damals funktioniert hat es ja auch, da wurde hier über die Strommeisterei die Fischerei verpachtet und die Frankfurter sind einmal im Jahr mit ihrem Gerät gekommen und haben gefischt. Natürlich haben die Fischer geblubbert, ist ja ganz klar, wenn ein anderer

kommt und mir die Fische auch wegnehmen will, aber es war nicht existenzbedrohend. Und jetzt ist einmal die Sache Oder, die ist eigentlich doppelt belegt. Einmal dieses Frankfurter Privileg, wo die Privaten, also dass feststeht, dass wir da die Pacht nicht mehr verlängert kriegen, weil das Land da Untersuchungen machen müßte und deswegen. Andererseits gehört ja die Oder auch zum Nationalpark mit zu. Aber... Nationalpark ist ja eigentlich Ihr Thema.

Gl: Aber wenn Sie wollen, möchten wir auch gern was über Ihre persönliche Situation hören, Ihre Lebenslage, Ihr Alter, wie lange Sie schon am Ort sind, vielleicht wievielte Generation Fischer und was Ihnen noch so einfällt.

Z: Ich stamme eigentlich aus einer alten Försterfamilie und hatte damals eine Bewerbung abgegeben bei der Forst und bei der Fischerei, wobei ich von vornherein erst mal gesagt hatte: „In so eine Halle lasse ich mich nicht einsperren. Industrie und so was kommt für mich nicht in Frage, entweder Fischer oder Jäger... oder Förster.“ Weil ich einen Onkel habe, der damals in der Staatsjagd tätig war, und den Werdegang weiß. Die mußten mit 300% die Norm erfüllen, also nicht allzu lernfaul sein, aber das Schlimmste für mich war, die größte Hürde, um Karriere zu machen, in die Partei zu gehen: „Ne!“ Wenn, dann überzeuge ich mich von der Sache, wobei ich immer noch überzeugt bin, der Sozialismus ist zehnmal dem Kapitalismus überlegen. Der soziale Frieden war besser. Aber von der Sache her, wenn mir heute etwas aufdiktiert wird, da bin ich dagegen und das war... und damals in die Forst, ein Waffenschein, ich weiß nicht, ein oder zwei % durften nicht Parteimitglieder sein. Ich weiß nicht, ob die dann bei einer anderen „Firma“ sein mußten. (Lachen) Das weiß man ja auch nicht. Könnte man nachforschen aber ... was bringt das? Also bin ich Fischer geworden. Na, ´88, vorher Meister gemacht alles, ´88 ist unser damaliger Chef verstorben und ... ´89 im März bin ich dann Vorsitzender geworden von der Genossenschaft, dass ich gerade so reingerochen habe in diese sozialistischen Leitungsebenen. Da haben sie sich auch mächtig schwer getan, weil ich eben nicht Genosse war (Lachen).

Gl: ´89 sind Sie Chef geworden von der Genossenschaft?

Z: Von der Genossenschaft hier in Schwedt. Habe den Betrieb hier durch die Wende gebracht. Im Prinzip, habe ich gesagt: „Also, egal wie wir machen“.. im Prinzip hätten wir können alle entlassen. Da war ja kein Absatzmarkt, war ja ne wirre Zeit, also wenn da welche ... wären da welche mit Waffen umhergerannt, dann hätte uns das auch nicht gestört. Ja, und in diesen Wirren kam dann diese Idee vom Nationalpark, als gute Sache getarnt aber dass da Ökonazis am Werken sind, da hatten

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wir damals noch nichts ... Ja. Hitler hat sich mit der Schorfheide zufrieden gegeben. Diese Leute wollen mehr! Wenn man dann Beiträge über den Amazonas sieht, dass da den Leuten das Jagen und Fischen verboten wird, aber für vier bis fünftausend Dollar die Woche kann man da Piranhas angeln, dann weiß ich, was uns hier blüht. Das sind erst die Anfänge. Man macht hier alles platt, um ... diese korrupten Leute, die Politiker sind korrupt, das sieht man ja an Kohl und Konsorten und die anderen werden nicht anders sein, wenn die nächste Regierungssache kommt, aber... Schade drum! Diese Fischerei hier im Unteren Odertal, traditionell gewachsen, Schwedt alte Fischersiedlung. Wir werden im Prinzip runterge... Ich bin der Meinung, wir haben rechtmäßige Pachtverträge. Die laut Landpachtverträgen auch rechtmäßig verlängert werden würden, wäre da nicht ein Nationalpark. Ein Nationalpark kommt und sagt: „Also, uns gehört mal alles. Wenn, dann müßt ihr nur Zugeständnisse, nur Kompromisse machen.“ (Unterbrechung durch hereinkommenden Bekannten) Nein das ist,... Das Interessante eigentlich ... Na ja, alte Fischerfamilien, Fischer gelernt eben, bin aus den genannten (Gründen?), hier in Schwedt angefangen. Also, ich war erst (hinter Kr...?) in so einem Forellenladen gearbeitet, dann, weil mein elterliches Haus hier 30 km entfernt steht, ...

Gl: Entschuldigung. Alte Försterfamilie...?

Z: Ja, alte Försterfamilie.. und ähm da ist praktisch, ich bin die siebte Generation, die jetzt Präparationen gemacht hat und ... also, das Haus meiner Großeltern, das hat mein Vater damals als Heimatmuseum hergerichtet schon. Da sind so an die 200 Präparationen drin und Steinsammlungen und alles. Ich habe diesen ganzen Quatsch letztendlich geerbt und übertragen gekriegt...

Gl: Das heißt, die Vorfahren waren Präparator?

Z: Na ja, aus ... der Tradition heraus haben sie auch präpariert, ja. Wobei die ganze Sache eigentlich ... Ich glaube am 6. Juni ´45 haben die Russen dann in (Rohrbach?) ne Panzerfaust ringejagt und dann ist alles niedergebrannt und das heißt die Sammlung ist jetzt nach ´45 entstanden. Ist auch nicht im besten Zustand, weil ich eben jetzt hier einen Betrieb aufbaue. Ich hänge aber irgendwie an dem alten Gelumpe, also, alles nur weil‘s alt ist, gleich wegschmeißen..., also waren ja auch Kollegen, die haben gesagt, also so wie L. „na der wird alt, den schickt ihr mal in den Vorruhestand...“ Da haben wir nachher erst, aber erst mal (......?) geht das nicht, dass der hier mit 350 Mark in den Vorruhestand geht. Wir sind ja durch die Wende auf ein Drittel vom DDR Lohn geschrumpft. Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, also ...

Gl: Ein Drittel vom DDR Lohn?

Z: Ja, wir waren zu DDR Zeiten eigentlich, möchte ich sagen, einem Industriearbeiter gleichgestellt,

also, Jahreseinkommen so zwischen 15 und 25.000 waren möglich und das für einen DDR Bürger unter dem Niveau, was wir hatten, wo die Kaufkraft der Ostmark ja weitaus größer war wie die Westmark. (Lachen) Wenn sich jetzt die Leute beschweren und sagen: „Dort in der Bootshalle, das ist aber teuer,“ dann sage ich: „Ich kann ja nichts dafür, dass die Westmark so wenig wert ist.“ (Lachen). Na ja, kucken Sie sich’s doch an, den Preisverfall, das ist alles... Es ist eigentlich Schade drum, dass wir hier plattgemacht werden, denn die Oder kann man grob in Regionen einteilen aber ... so wie der in Friedrichstal, das ist ja nun 10/15 km unterhalb, also wir grenzen ja quasi aneinander, hat wieder ganz andere Fangtechniken, Gerätschaften wie unser Bereich, und Stolpe, die haben auch schon wieder ganz andere, also von der Herkömmlichen her. Ist jetzt durch die Elektrofischerei im Prinzip überall gleich aber auch nicht überall gleich wirkungsvoll, oben die (Bohnenfelder?) bieten da ganz andere Möglichkeiten, die Reusen zu stellen. Das sind schon so viele Feinheiten, die abschnittsweise praktisch auch gewachsen sind und von Generation zu Generation überliefert wurden und ich bin im Prinzip großgeworden mit Herrn L. hier in Schwedt. Ich bin `79 hierher gekommen und habe nun tagtäglich mit ihm zusammen gearbeitet und der hatte nun auch altes Zeug, also wirklich alte Gerätschaften, die ich nur noch im Schuppen hängen gesehen habe aber nie im Einsatz, Schwemmzworen, Grundzworen, Schwemmpajats und, weiß nicht wie das ganze Gelumpe alles heißt, ist schon interessant. Diese Museumsschiene, ich sage, so was stellt man unter Schutz, warum nicht den vom Aussterben bedrohten Fischerberuf. Wir sind praktisch vom Aussterben eher bedroht wie jeder Kormoran und Fischotter und weiß ich was für ein Viechzeugs.

Gl: Ja, eine aussterbende Art. 15 bis 25.000 Mark der DDR, das war ja ganz ordentlich und das war aber... Sie waren ja Teil der Genossenschaft, wie wurde das abgerechnet?

Z: Wir haben einen leistungsabhängigen Lohn gehabt, praktisch privatwirtschaftlich gestaltet, sagen wir mal so. In der Warsteiner Genossenschaft, die hatten einen monatlichen Grundlohn und am Jahresende gab’s dann eine Ausschüttung. Die Genossenschaft hier in Schwedt hat mächtigen Ärger gehabt. Dann haben se gesagt: „Ach, also“, ich weiß nicht, im einen Jahr haben wir die Pläne erfüllt und übererfüllt und haben dementsprechend auch gut verdient. Also, in dem Monat, wenn wir es verdient haben pro Kilo oder in Arbeitseinheiten umgerechnet, haben wir so und so viel gekriegt und nach Fischarten getrennt und alles. Da hieß es: „Wir haben euch schon überbezahlt.“ Denn die Konsumption ist zu hoch. Das hieß 18.000 Mark, mehr Warendeckung war nicht da für den Arbeiter. Er hat ja praktisch mehr Lohn verdient in seiner Kategorie als ihm eigentlich zugestanden

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hätte, dann hätte er ja sich mehr leisten können wie die anderen, praktisch dieses Gleichheitsprinzip. Wir haben auch Sonnabend, Sonntag geknüppelt und wir hatten eben nicht diese Vermarktungssache an den Hacken, aber ich möchte sagen, fleißig waren wir schon damals gewesen. Da sind wir jetzt faul geworden, wir sitzen ja viel zu viel im Büro rum und quatschen dummes Zeug, müssen diskutieren als das wir unsere Arbeit machen. (Unterbrechung durch eintretenden Bekannten)

Gl: Winter die ..?

Z: Ja, im Winter die Netze bauen und im Sommer dann fischen gehen.

Gl: Und das war, wie ich L. verstanden habe, das wurde aber nicht bezahlt, sondern Sie haben das....?

Z: Wir haben für das Netzebauen nicht einen Pfennig gekriegt. Also, ich habe Monate pro Jahr gehabt, da habe ich 20 Mark Kindergeld gehabt.

C: Sie haben also praktisch nur im Sommer verdient und das Geld mußte dann im Winter auch reichen?

Z: Genauso wie jetzt, ich verdiene erst Geld, wenn das vermarktet ist, wenn der Kunde gezahlt hat, wollen wir mal so sagen, das ist ja heutzutage noch mehr die größere Schwierigkeit. Also, früher wußte ich, wenn ich ein Kilo gefangen hab, hab ich eben zwei Mark an dem Kilo verdient. Die sind... die waren da und als Genossenschaft waren wir eben wie steuerbefreit. Wir haben 10 % vom Lohn Sozialversicherung bezahlt. Das waren höchstens 60 Mark pro Monat, aber wenn man jetzt ein halbes Jahr unter 600 Mark verdient, käme das ja nicht hin, also haben wir 10 % vom Lohn an Sozialversicherung und da waren wir im Juli/August manchmal schon, da hatten wir unsere 720 Mark bezahlt und dann war brutto gleich netto. Stellen Sie sich das mal heute vor.

Gl: Wenn Sie sagen durch die Wende auf ein Drittel geschrumpft. Also, ich verstehe das so, dann 15 bis 25.000 Mark der DDR dann auf ein Drittel, 5.000 bis 8.000 D-Mark.

Z: So 7/8.000

Gl: Davon kann doch kein Mensch leben.

Z: Doch.

Gl: Im Jahr?

Z: Ja, in der Zone. Sie müssen doch sehen, gleich nach der Wende...

Gl: Wir reden doch vom Jahr?

Z: Ja! Ja! Nicht Monats.. nö. Es gab ja jede Menge auch Übergangslösungen. Wir haben früher für eine normale Wohnung hier 70/80 qm 80 Mark Miete bezahlt. Das ging dann hoch auf 200 Mark Miete. Im Osten war das eigentlich Gang und Gebe, dass die Frauen auch gearbeitet haben. Die Frau ging ja schneller hoch. Die war ja hier beim Handel so und

so viele Jahre und dann wurden sie übernommen Merkur und was weiß ich wie diese ganzen Dinger hießen, so dass sie ein ganz gutes Einkommen hatte.

C: Und wie ist das heute? Wie überleben Sie dann mit 8.000 Mark im Jahr? Arbeitet Ihre Frau?

Z: Ne, ist ja natürlich jetzt auch gestiegen, dadurch dass ich jetzt mehr Vermarktung mache. Das pegelt sich ja langsam mit.

C: Ach so, das war also am Anfang nach der Wende...

Z: Meine Frau hat durchgerechnet und im Prinzip zum Leben bleibt uns pro Kopf der Familie und Tag 8 Mark. Ein Sozialhilfeempfänger hat 20. Aber wenn ich sehe, meine Frau kriegt jetzt Arbeitslosenhilfe. Sie war so lange bei der BfA pflichtversichert, möchte sie auch weiterhin bleiben. Es gibt da solche komischen Gesetze, sie muß jetzt über die landwirtschaftliche versichert werden. Also, sie hat 300 Mark weniger Geld jetzt als wie als Arbeitsloser, denn kommt noch dazu, dass sie aus meinem Betrieb noch 200 Mark, was ich für ihre Altersabsicherung abführen muß, und es wird ja immer das brutto gerechnet. Also hat sich netto für mich das Einkommen immer weiter gegen Null gerechnet. Ich bin schon langsam an dem Punkt, ich sage: „Jetzt zieh ich zu meinem Museum hin, lege ich mir ne soziale Hängematte. Das sind heutzutage die... brauchen sich keinen Kopf machen, die können klauen, räubern, das haben wir genügend hier. Die Polizei macht sich da ja nicht mal die Mühe, da ein Protokoll zu schreiben. Also, wenn man sie jetzt nicht unbedingt am Hacken hat und sagt: „Hier habe ich denjenigen und sie müssen...“ dann kucken sie weg.

Gl: Was würden Sie denn sagen, wenn Sie das so zusammennehmen als Familieneinkommen. Wir haben hier so ein paar Kategorien hier hingestellt. Wenn man das Familieneinkommen zusammennimmt, wo würden Sie sich dann ansiedeln?

Z: Ja, unterm Sozialhilfeempfänger, weil der Sozialhilfeempfänger... Wir haben gesagt, auf der sozialen Leiter sind wir noch mit dem Sozialhilfeempfänger. Mein Kollege hat dann gesagt: „Das stimmt ja nicht, der verfügt über Freizeit, wir nicht.“ (Lachen)

C: Ja, da haben Sie Recht. Hier, diese Kategorien, wenn Sie die mal anschauen, was würden Sie dann sagen, was trifft auf Sie zu?

Z: Ja, Haushaltseinkommen. Brutto oder netto? Das ist ja die große Frage, weil ich ja jede Mark eigentlich in den Betrieb stecken muß, um irgendwo fußzufassen. Da habe ich mich schon´97 von der Genossenschaft getrennt und hier selbständig gemacht.

Gl: Gut und was wäre dann brutto, was käme brutto raus? Was ist Ihr Einkommen brutto und wieviel

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bleibt dann netto davon übrig? Das ist ja ziemlich problematisch, scheint mir.

Z: Was rechnen Sie denn als netto, nach Abzug oder mit der Versicherung...

Gl: Nein, nach Abzug Steuern und Krankenversicherung.

Z: Ja, das ist bei mir 2.000 Mark.

Gl: Mit Ihrer Frau zusammen?

Z: Ja. Es wird ja nun Miete noch abgezogen und alles.

C: Aber Ihre Tochter verdient jetzt auch schon selber oder müssen Sie die auch noch unterstützen?

Z: Ne, die große, die ist unten am Bodensee beim Institut da.

C: In Konstanz?

Z: Direkt in Konstanz.

Gl: Konstanz?

Z: Ja, ist schön. Jetzt auch schon zwei Jahre. Ha, die (locht?) mich halt aus, finanziell (lacht) vom Einkommen her. Allerdings sagt sie, die Lebenshaltungskosten sind da auch wesentlich höher. Ich hab hier ja meine eigenen Bienen noch.

C: Die andere ist hier und erlernt den Fischereiberuf?

Z: Ne, um Gottes Willen, Fischer lernen ist doch sinnlos.

C: Hatten Sie nicht vorher so etwas erwähnt oder habe ich das mißverstanden?

Z: Ne, die hat hier in Schwedt gelernt. Als sie ausgelernt hatte, da ´97 hab ich gesagt: „Mädchen, ich will einen Betrieb aufbauen hier und den noch mit nem Lehrling belasten, das kann ich nicht.“ Ein Lehrling ist ja nur ein Zusatzgeschäft. Selbst wenn da die Starthilfe da ist, als Genossenschaftler habe ich das gesehen. Es rechnet sich nicht. Man wird bestraft. Dann sollten sie zu jedem Lehrling eine ABM Kraft geben, die den ganzen Papierkrieg macht. Wenn man dem Lehrling wirklich was beibringen will, dass man irgendwo ein bisschen Ehre am Leib hat und sagt: „Ich will se nicht bloß als Schlachtmaschine im Schlachthof stehen haben.“ So dass man sagen kann, die hat Fischer gelernt, dann rechnet sich die Sache auch nicht. Man braucht ja wenigstens in unserem Beruf ein Jahr, um denen praktisch was beizubringen, dass man sie halbwegs draußen gebrauchen kann, dass sie ein Netz flicken können und rudern und eine Reuse stellen und nachkieken und stellen. Wenn sie dann soweit sind, dann geht es darum, sie für ihre Prüfungen freizustellen und Urlaub.

Gl: Ja, das ist ein schwieriges Thema.

Z: Ne Betriebsausbildung, da können Sie noch so viel Ware brauchen. Da hole ich mir lieber einen,

der kurz vor der Rente ist und lerne mir den um. Da komm ich finanziell besser hin. Der braucht nicht laufend zur Schule, den kann ich mir nach und nach stückweise auch ausbilden, denn wenn ich einen ausgelernten Lehrling mir einkaufe, den muß ich mir auch für meine speziellen Sachen hier herrichten. Auf der Oder rudern und bei den verschiedenen Strömungsverhältnissen und so wie wir hier noch mit Knüppelwinden noch arbeiten.

C: Sie rudern also noch, Sie haben kein Motorboot?

Z: Nein, wir haben uns jetzt auch schon ein Motorboot zugelegt, sonst wäre es ja gar nicht mehr zu schaffen.

Gl: In den letzten zehn Jahren, hat sich das Leben hier sehr verändert? Wenn Sie vielleicht dazu noch was sagen könnten und vor allem auch, welche Rolle der Nationalpark dabei gespielt hat.

Z: Fragen Sie mal die Banken. Ich habe gesagt: „Na, übern Winter sieht’s ein bisschen schlecht aus. Ich möchte 10.000 DM Kontokorrent haben.

C: Haben Sie nicht bekommen?

Z: Na ja, doch, den habe ich gekriegt. Aber ich sage, dann müßten aber die Pachtverträge und weiß ich was alles... Der Nationalpark ist ja nun auch schon fast 10 Jahre alt und hat es noch nicht geschafft konkret zu sagen: „Also, die Flächen nehmen wir euch weg und die und die Auflagen kommen auf die übrigen Flächen.“ Das wir eine Rechnungsgrundlage haben. Also, ich habe jetzt ungefähr 150.000 in den Betrieb reingesteckt und möchte irgendwo, dass sich das auch na ja rechnet. Sonst bleiben da ja Splitter und Restflecken und Zone I fällt nun generell runter und Zone II, was sie da so angedeutet haben, diese ganzen Auflagen, dass wir erst ab Juli fischen dürfen und.. Also, da bleibt nichts mehr von Fischerei, da bleibt der Name noch. Wir wollen jetzt hier so ein Fischereifreilichtmuseum noch bauen, den Fischladen und die Gaststätte, so dass wir da... also, die Fischerei haben wir abgeschrieben.

C: Sie haben also schon neue...

Z: Das haben wir schon geschafft, ja. Und bist Du Gottes Sohn, so hilf dir selbst, mit Fördermitteln und so’n Quatsch, um Gottes Willen.

C: Bekommen Sie nicht?

Z: Warum sollen wir uns zum Sklaven machen? Ich habe diese landwirtschaftliche Anpassungshilfe, diese Starthilfe, diese 23.000, dafür mußte ich 35.000 Mark erst mal in Investitionen nachweisen. So, dann mußte man ein Betriebskonzept vorweisen, das habe ich auch nicht selber gemacht. Das mußte dann ein Berater machen, der hat erst mal 3 1/2 genommen. So jetzt, denn ist so eine Klausel drin, weiß ich was für eine Buchführung. Ich mache die bloß einfach: Einnahmen, Ausgaben, Rechnung, keine Bilanzbuchhaltung. Was will ich

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auch Bilanzen machen bei einem Ein-Mann-Familienbetrieb, also ist das eigentlich Quatsch. Mein Steuerberater nimmt..., bis jetzt hat er das immer noch abgewehrt. Er sagte, also, wenn er das so machen sollte, das ist so ein Balg Papier, das kostet dann auch noch mal 1.500 Mark, über 10 Jahre. Na, was habe ich dann von den 23.000 gehabt? Nur wenn ich dann meinen Eigenanteil an Arbeit, der im Papierkrieg drinsteckt..., das mit allen Fördermitteln, das ist das Letzte. Zu kompliziert, zu bürokratisch und dann bin ich eigentlich ehrlich und geradeaus. Ich will mir nicht irgendwie Gelder erschleichen und jeder der Fördermittel beantragt und Fördermittel in Anspruch nimmt, der... an irgendeiner Ecke ist er nicht ehrlich, sagen wir mal so. Fragen Sie mal ganz konkret, ob das nun wirklich..., nehmen Sie mal ganz sauber alle Punkte, die drinstehn, wo die eingehalten werden. So was gibt es gar nicht. Irgendwo wird dann auch gemauschelt und was weiß ich was alles. Jetzt hier den Aalbesatz könnten wir beantragen, aber wenn dann muß ich nachweisen, dass ich was gegen den Kormoran unternommen habe. So, ich habe was gegen den Kormoran unternommen, wenn ich einen Antrag gestellt habe. Für den Antrag, den ich stelle, für die Bearbeitung bezahle ich, dann kriege ich eine Ablehnung, kriege ich eventuell Zuschuß aber nur nach Haushaltslage und und und. Wo leben wir denn?! Sind das denn nur Bescheuerte? Ja, aber wenn nichts dagegen sagt, dann passiert auch nichts, denn auf der politischen Ebene existiert das Kormoranproblem nicht. Na ja, wenn wir nur noch Behämmerte haben, mein Gott, Honecker und Hitler waren Schlimmere, (das hat Zeit), die nächste Wende kommt bestimmt. (Lachen) Ja, das können Sie glauben. Der Staat macht sich doch selber kaputt an diesen ganzen..., das ganze System, das ist dieser faulende, stinkende Kapitalismus, den man uns hat zu DDR Zeiten versucht hat beizubringen. Wo wir gesagt haben: „Na ja, so schlimm kann es ja nicht sein.“ Nach der Wende habe ich erkannt, dass das wirklich viel schlimmer ist als das, was sie uns da haben versucht beizubringen.

C: Sie würden also auf jeden Fall sagen, dass es vor der Wende besser war?

Z: Ja. (Unterbrechung durch eintretenden Bekannten) Besser oder schlechter, nö. Die Nazis damals waren gut, eine einfache klare Linie, wo ein Gesetz ein Gesetz ist und nicht kaputtgeredet wird oder was. Entweder will man hier einen Nationalpark, dann will man das ganz, dann sagt man alles was hier ist, runter – raus, „sucht euch einen anderen Job“. Wenigstens nach dem amerikanischen Prinzip, den Kapitalismus, aber das hier, was diese soziale Marktwirtschaft, die unsoziale Marktwirtschaft. Es ist doch so unsozial, das geht ja bald gar nicht mehr schlimmer. dass man denjenigen bestraft, der noch arbeiten geht. Der muß sich ja verhöhnen lassen von denen

Saufsäcken, die werden mit dem Taxi vorgefahren: „Ich hab 50.000 Mark Schulden. Warum soll ich noch arbeiten gehen?“ Irgendwo Klassen und was weiß ich was alles so... Will man uns denn direkt dahin drücken, dass wir alle sagen: „Na ja, wenn ich sehe, dass es denen besser geht. Die verfügen über Freizeit, die können mit der Familie am Sonntag spazieren gehen.“ Wenn ich das vergleiche. Ich knüpple von morgens bis abends und unterm Strich wird mir alles genommen. Ständig kommen nur Geier und was weiß ich was, aber zahlen mhm (Nein). Das kann man doch vergessen, man versucht das mit allen Mitteln, uns die Existenzgrundlage zu nehmen. Das sehen wir ja hier an dem Nationalpark. Habe ich ja schon gesagt. Das ist mit Zone I und diese Zermürbungstechnik mit der Aussicht, das Land hat sich verpflichtet, dem Nationalpark die Flächen zur Verfügung zu stellen. Also, die Flächen gehen dann wahrscheinlich auch an den Nationalpark. Also, da habe ich gar keine Hoffnung mehr. Auf der Oder dieses komische Privileg, dann öffentliche Wasserstraßen, die Reusen müssen beleuchtet werden. Da kann ich im Prinzip, wenn es nach denen gehen würde, an jedem Reusenpfahl eine Lampe anbringen, das wären dann an jedem Reusenpfahl 50 Mark, die da das Jahr über verheizt werden. Was habe ich im Schnitt? 30 Pfähle für eine Reuse, dann kann man sich erst mal durchrechnen für so einen kleinen Betrieb, was das ausmacht. Dann ist jetzt der neueste Trend, dass wir eine Baugenehmigung beantragen müssen, für die Reusen. Die Reusenpfähle müssen dementsprechend 2/3 im Erdboden gegenüber 1/3 überm Erdboden ist. Normalerweise stecken die Reusenpfähle hier einen halben Meter bis zu einem Meter drin, so dass sie stehen, dass man sie im Herbst nachher auch wieder rauskriegt. Wenn ich die so weit reinrammen sollte, dass die ... Wenn ich jetzt zwei Meter Wasser habe, einen Meter müssen sie oben wenigstens noch rauskucken wegen der Schiffahrt, damit die sie sehen, darf ich sie dann sechs Meter in den Grund rammen. Also, die Taktik der kleinen Nadelstiche.

Gl: Und was war das mit dem Privileg auf der Oder?

Z: Ja, dieses Oderprivileg, deswegen verpachtet das Land die Oder nicht mehr weiter. Das ist laut Fischereigesetz, das müssen Sie sich mal von Herrn T. ausklamüsern lassen.

Gl: Aber die Auswirkungen für Sie, wer hat ein Privileg auf der Oder?

Z: Na, die ehemaligen Innungsmitglieder, haben sich das als privates Fischereirecht eintragen lassen und haben nach der Wende eben verkauft. Der eine wird wohl das Wehr selber machen. Da das Wehr als Wächter des Eigentümers vom Gewässer... Das Land hat sich über das Fischereigesetz praktisch selber enteignet, weil ja eigentlich vom Grundsatz

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her. Wenn die Oder denen privat gehören würde und nicht nur dieses Fischereirecht, dann müßten sie auch für die Instandhaltung sorgen und das geht nun allerdings auch wieder nicht. Das Land macht... Mit Steuermitteln wird hier der Kanal ausgebaut. Das ist ja dann das nächste, dass die Gewässer hier dann auch richtig ausgebaut werden, (wird das Euromaß auch totgemacht werden?). Also, der ökologische Wahnsinn. Wenn man sieht, der Rückgang des Naturreichtums, den wir hier hatten und der durch diese... Eigentlich widerspricht der Nationalpark dem Nationalparkgesetz, denn eigentlich jede Veränderung ist laut Nationalparkgesetz verboten. Wenn ich mir das jetzt alles ankucke, dass eben Wiesen, die gepflegt, gemäht waren, verwildern müssen, verkommen müssen, da sagt man eigentlich: „Warum müssen wir hier sterben?“ Wir sind unerwünscht, bloß noch so alte Relikte. Da gibt es auch schon ein Buch „So fischt der (Manamiawein ?). Das ist in den alten Bundesländern und, ne Holland ist noch ganz gut, Schweizer, wo man auch die Berufsfischerei vernichtet hat. Das ist eigentlich auch das Ansinnen. Man will uns gar nicht mehr.

Gl: Gibt es denn Bevölkerungsgruppen, die vom Nationalpark profitieren oder leiden alle so wie die Fischer?

Z: Ja, profitieren tun die Sozialhilfe und Assis. Na, was meinen Sie, was das für ein schönes Camp ist im Sommer. Die warten richtig auf solche..

Gl: Was sind Assis?

Z: Na ja, die Brückenschläfer, die Obdachlosen eben.

Gl: (Lachen)

C: Was die schlafen im Nationalpark?

Z: Na ja. Was meinen Sie denn? Diese Grenzsicherung war ja früher auch und bei dem jetzigen Technikstand müßte das eigentlich viel besser sein aber man läßt das so zuwachsen und wenn man die Ecken kennt und da durchgeht, dann findet man auch, wo sie nächtigen und zelten und sich richtig wohl fühlen. Jetzt ist es ein bisschen kühl aber wenn es warm ist, dann sind da ganze Familien.

C: Die campen dann im Nationalpark?

Z: Ja. Na ja, es hat ja keiner was da drin zu suchen. Den können Sie ja anschnauzen: „Was haben Sie hier zu suchen?“ Für solche Leute, die da skrupellos genug... Die Perspektive wird sein, dass sie eben das Ding dichtmachen und das läßt sich ja relativ gut einzäunen und dass die Arten kommen und dann machen sie eben wissenschaftliche Untersuchungen. Was meinen Sie, wie die da reagiert haben, wo ich gesagt habe: „Solange wie von euch da Studenten und Tierfotografen und was weiß ich was alles...“ Letztendlich dient das ja auch ihrem Lebensunterhalt. Der Tierfotograf macht

Fotos von den Viechern und verkauft die und lebt davon. Warum hat der denn mehr Rechte wie ich? Ich denke es gibt ein Gleichheitsgesetz. Die Leute können da alle durchkneten, dürfen ihre wissenschaftlichen Untersuchungen machen, dürfen ihr Geld verdienen, nur ein Fischer nicht. Der war ja hier zu Markgrafen Zeiten der Letzte und jetzt sollen wir das Allerletzte werden. Bloß dann hätte man sollen mit offenen Karten spielen und hätte sollen sagen: „Wir wollen hier einen Nationalpark machen. Wir wollen hier überhaupt keine wirtschaftliche, keinen Wirtschaftsraum machen.“ Dann hätten sie sollen die paar Ortschaften einzäunen und sagen: „Alles andere machen wir grün.“ Ich sehe jetzt, was hier drüben in der Biosphäre, da geht derselbe Matsch los.

Gl: Im Biosphärenreservat?

Z: Ja, im Prinzip, die richtigen echten Ökonazis, so wie der Vössing, der wollte ja aus dem Grunewald auch einen Nationalpark machen.

Gl: Das ist mir gar nicht bekannt. (Lachen)

Z: Ach, das wissen Sie gar nicht. Ne, aber das ist beizeiten abgeschmettert worden. Der war doch Diepgen sein Pressesprecher und darum ist der... Also, wirklich, das ist das Allerletzte. Der hat eben dadurch dass er nun Diepgen sein Pressesprecher war, eben auch die Verbindung und alles. Beziehungen schaden dem, der keine hat, sonst hätte er nicht die 56 Mio. hier rangeschafft für den komischen Verein, um dieses Land aufzukaufen und alles. Bezeichnend ist ja, dass nur solche Leute hier rüberkommen, es ist ja nicht hier aus der Region gewachsen. Ich habe den Vössing gleich nach der Wende sprechen hören, da war ich hier in diesem Naturschutzverein. Wir haben ja auch versucht, die Natur zu schützen. „Wir müssen schnell machen, bevor die Politiker hier aufwachen. Schnell! Schnell! Schnell!“ Also, wirklich auf Betrug und der fußt nur auf Betrug der Nationalpark, wenn man sich den Fördermittelbescheid und den Zuwendungsbescheid durchliest. Der reine Horror. Das entsprach überhaupt nicht den Tatsachen, alles war erlogen. Also, wenn jetzt ein privates Unternehmen dessen überführt worden wäre, hätte es müssen dem (Grotsch?) zurückzahlen aber die Leute nicht.

C: Aber der Förderverein ist der nicht privat?

Z: Ja, das sind zwanzig Leute und 46 Mio. hier, um Ländereien zu kaufen, das ist doch bestens. (Lachen) Na ja.

C: Sie haben gesagt, Sie waren in diesem Naturschutzverein...

Z: Ja, zu DDR Zeiten. Zur Wende habe ich da noch ein bisschen was mitgekriegt aber da sind sehr sehr viele auch gegangen, die wirklich auch versucht haben, zu Ostzeiten was zu machen.

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C: Im Moment sind Sie aber in keinem Verein oder einer Interessengemeinschaft?

Z: Ja, ausgetreten bin ich da noch nicht, hier diesen zum Schutz des Unteren Odertals.

Gl: Interessenvereinigung?

Z: Dem Interessenverein, ja.

Gl: Da sind Sie Mitglied?

Z: Mhm (ja).

C: Sie überlegen sich aber, dort auszutreten?

Z: Na ja, im Prinzip gehe ich zu keiner Versammlung mehr, das stimmt, weil im Prinzip, das bringt nichts mehr. Ich habe aufgegeben. Zehn Jahre Kampf und man wird fertiggemacht. Und was meinen Sie, was hier nach ´45 passiert ist. Da haben auch welche versucht, gegen die Roten zu arbeiten. Entweder sind Sie abgehauen nach dem Westen oder haben nachher aufgegeben, haben gesagt: „Es ist sinnlos.“ Ne, ist eine ganz beschissene Situation. Na ja, irgendwo muß man eine Familie ernähren aber... ist eben Schade drum, dass jetzt unsere Region plattgemacht wird. Nämlich das läuft darauf hinaus. In zwanzig Jahren sieht die Welt anders aus, denn in zwanzig Jahren wird der Regenwald zu 99 % abgehackt sein. Wenn man diese ganze Sache global betrachtet, die langanhaltende nachhaltige Nutzung, müßte eigentlich das erstrebenswerteste Ziel sein, was wir Menschen haben müßten, nicht die schnelle Ausbeutung und Vernichtung von Naturresourcen. Kucken Sie sich doch mal um, die Mode. Wer trägt denn noch Sachen auf bis sie wirklich zerfallen? Gibt es das noch? Gibt es das wirklich na, bis die Taschen rausfallen? Ich bin da auch schon ein bisschen anders geworden aber man wird ja verwöhnt und verhänselt: „Also, wie kannst du alte Bretter verbrauchen? Um Gottes Willen!“ Die Menschen sind ja dermaßen abgehoben. Ich sage ja Försterfamilie, mein Opa hat gesagt: „Ein Förster denkt in drei Generationen. Den Wald den ich jetzt pflanze können meine Enkel ernten.“ Und jetzt macht man Querbeet, die ganze Waldwirtschaft in ganz Deutschland. Ja, eigentlich will man ihn ja plattmachen und... Wenn ich diese Diskussionen da über den Wald höre, da sträubt sich alles. Wieviel das kostet und weiß ich was alles. Man macht so viel ABM und Steuerverschwendung für so einen Müll wie den Nationalpark und unterm Strich kommt nichts für die Nachwelt raus. Das ist das Schlimme. Die Bewirtschaftung, die hier zu DDR Zeiten war, die hat es geschafft, intensiv und Landwirtschaft war ja alles... das Schlimmste was es gibt. Die war aber so schlimm, dass man gesagt hat: „Also, hier ist so viel Naturreichtum, wir müssen einen Nationalpark bauen. So viel finden wir da drüben nicht mehr. Wir haben alles plattgegrünt.“ Und dasselbe macht man hier, dieselben Fehler. Ich sage das Ihnen, keine andere Bewirtschaftung, so weiter wirtschaften wie es gewesen ist, um den Artenreichtum zu erhalten.

Die letzten drei Jahre vor der Wende, da hat man den Viehtrieb zu sehr intensiviert. Der wäre gar nicht nötig gewesen, aber die normale Wirtschaft wie sie hier gewesen ist, so lassen. Und wozu..., wissen Sie, was die ganze Region schockiert hat. Da hat man sich Zäune und Schranken und Mauern weggerissen und hier hat man uns Schranken vorgesetzt. Da gab es Verkehrszeichen, Verkehrsverbot für Fahrzeuge aller Art außer Landwirtschaft und mit Sondergenehmigung. Was meinen Sie, wie wenig Autos zu DDR Zeiten hier durchgefahren sind. Einmal, weil die technische Ausstattung nicht da war und dann hatten wir... Für die Angler waren Parkplätze und die wurden genutzt. Klauerei ist ja jetzt so wie zu DDR Zeiten. Also, wenn ich mit dem Auto irgendwo in die Wildnis in einen Wald fahre und mit einem Kilometer Entfernung, muß ich auch damit rechnen, dass mir die Räder fehlen.

Gl: War das früher auch schon so?

Z: Ja, das war genauso. Und wenn Sie dann einen Trabbi zusammengespart hatten zu DDR Zeiten, na, der wurde mehr geputzt und gewienert. Wenn dann der Papa mit dem Heinz zum Angeln fahren durfte, na dann ist er auch nicht ins Gelände damit groß gefahren. Den hat er auf dem Parkplatz stehen lassen aber in Sichtweite, nicht dass sie ihm dann die ganzen Spiegel klauen oder weiß ich was. Die Problematik ist ungefähr wie jetzt.

C: Wie, das ist jetzt immer noch so, dass wenn man sein Auto irgendwo abstellt, nachher sämtliche Einzelteile fehlen?

Z: Ja, hier der eine, war drüben nach Garz da auf dem Parkplatz, dann kam er wieder da hatten sie es nicht geschafft, da hatten sie ihm die ganzen Schlösser zerwürgt. Die Fahrzeugklauerei und dass sie die verschrammen und verbeulen. Ist das bei Ihnen nicht so?

C: Tja, ich bin mit dem Fahrrad hier, an dem sind noch alle Reifen dran.

Z: Ja, das wird am meisten geklaut und nach Polen geschafft.

Gl: Ja ja, Fahrräder werden glaube ich sehr viel mehr geklaut als vor zehn, zwanzig Jahren. Überall, das scheint ein weltweites Phänomen zu sein.

C: Natürlich, ist ja auch viel einfacher zu klauen als ein Auto. Aber andererseits hat uns die Frau M. erzählt, sie schließe überhaupt nichts ab, weder die Türen noch das Auto. Das Auto stehe draußen mit dem Schlüssel im Schloß und trotzdem komme nichts weg. Das ist dann eben im Ort.

Z: Na ja, da sind noch so ein paar Rettungsinseln. (Lachen) Da, wo ich mein Museum habe, da haben sie ja so von der Kirche ein paar, die besonders betreut werden müssen, damit sie nicht so viel klauen. Vier oder fünf Leute werden auch von sechs Leuten bewacht, so ungefähr. Das ist wieder ein

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anderes Thema, die Verbrechensindustrie.

C: Was würden Sie denn sagen, wie hat sich das Zusammenleben, die Stimmung im Dorf und der Region verändert?

Gl: Das Verhältnis zum Nachbarn, zu Freunden?

Z: Hier in Schwedt war es ja schon immer... Zusammenleben, na ja, viel Neid in der Bevölkerung aber letztendlich, mich als Fischer hat das weniger getroffen. Ich bin immer morgens um drei bis fünf aus dem Haus und abends um zehn/elf komme ich nach Hause, dann ist eigentlich schon Ruhe. Da begegne ich manchmal Leuten, die behaupten, dass sie da schon jahrelang wohnen (Lachen).

Gl: Der Neid ist das neu oder ist das was, was schon immer war.

Z: Nein, das ist neu. Ha, „was fährt der für ein Auto? Und der war im Urlaub“, dass jeder vor dem anderen angeben muß. Früher ging das alles über den DFD, dies für das. Ja, eigentlich mir hat es zu DDR Zeiten an nichts gemangelt. Ja gut, ich konnte nicht sonstwohin reisen, kann ich jetzt auch nicht. Jetzt kann ich mir das nicht mehr leisten. Das ist... vom Betrieb aus sind wir zweimal nach Rußland gefahren, einmal nach Jalta, einmal nach (...?), herrlich und die DDR hat auch ihre Sehenswürdigkeiten gehabt. Ein Menschenleben reicht eigentlich nicht aus, um alle Sehenswürdigkeiten der Welt... Dann ist aber auch die Frage, „wer nichts ergaunert, wer nichts ererbt, bleibt a armer Teufel bis er sterbt“. Der kann’s sich nicht leisten, nur durch Betrug. Durch ehrliche Arbeit erreicht er... kann ich mir nicht vorstellen gibt es nicht. Wenn jemand ehrlich arbeitet, dann sind so viele Blutsauger da, die den ausplündern, also muß er irgendwo betrügen.

Gl: Findet ein Gemeinschaftsleben statt in Vereinen, um die Kirche rum, Kegelklub oder irgendsowas?

Z: Na hier in Schwedt, na ja. Ich persönlich habe nie Zeit. Ich bin so mit Arbeit überhäuft, dass ich dazu nicht komme. Ich versuche jedenfalls, die Familie durchzubringen und das heißt für mich, fast jedes Wochenende auf dem Markt... Ich bin fast jedes Wochenende irgendwo, wo ich dann mit dem Wagen hinziehe und räuchere und Fische verkaufe. Diese Dorffeste haben zugenommen.

Gl: Dorffeste haben zugenommen?

Z: Ja.

Gl: Für Sie ist das nur eine Einnahmequelle und nicht, um Freunde/Bekannte zu sehen? Sie müssen arbeiten auf dem Dorffest? Neben der Fischerei auch noch die Vermarktung in eigener Hand.

Z: Ja.

C: Machen Sie das dann mit anderen Fischern

zusammen?

Z: Ich mache das mit Herrn T. zusammen. Wir haben gesagt, wir gehen mit dem Betrieb jeden Tag zum Vermarkten, Sonnabends machen wir hier immer Räuchern und Fischverkauf. Na, wenn unter der Woche einer kommt, kriegt der auch seinen Fisch.

(Tape zu Ende! Unterbrechung)

Z: ...damit es sich wirklich halbwegs lohnt. Und diese schwindende Kaufkraft ist deutlich zu merken. Also, man merkt das jetzt voll (am Markt Kerkow?), diese Landpartie, die sie hier immer machen, veranstalten. Vor drei Jahren, der Aal konnte nicht groß genug sein, voriges Jahr: „Ja, den ganzen Aal für zwanzig/dreißig Mark nehme ich.“ Und dieses Jahr: „Ja, ein halber Aal tut es auch.“ Weil so gravierend, jetzt von einem Jahr zum anderen, dass dieselben Leute noch kleiner die Happen und am besten bloß noch eine Scheibe zum Kosten.

Gl: Das war in den letzten drei Jahren sagten Sie, also nicht von vor der Wende nach der Wende, sondern jetzt, ganz kürzlich?

Z: Was ich jetzt so auf den Dörfern mitgekriegt habe, dass da die Kaufkraft..., also am Kaufverhalten insgesamt. Da habe ich den Umsatz ein bisschen steigern können... (Unterbrechung durch eintretenden Bekannten)

C: Ja, noch mal zum Fischverkauf, verkaufen Sie da viel an Touristen oder eher nicht?

Z: Also, hier am Standort ist zu merken, so Tagestouristen, die jetzt (Randgruppen ?) und weiß ich was alles hier, hauptsächlich Berliner Einzugsgebiet. Beim Bootsverleih, weil wir da ja Namen, Adresse und alles aufschreiben müssen. Das sind ja Exoten hier: Inder, Türken, Chinesen und Kanada, hatten wir schon welche da, USA.

C: Denken Sie das hat mit dem Nationalpark was zu tun, dass die wegen dem speziell kommen oder war das vor der Einrichtung des Nationalparks auch schon so, dass da Chinesen kamen und von Berlin Tagesausflügler?

Z: Ja, sicher hat das mit dem Nationalpark zu tun. Das ist ja wahrscheinlich auch Werbeträger. Bloß dieses Überschwemmungsgebiet, wenn das ein Naturpark gewesen wäre, hätte man den genauso als Werbeträger nutzen können, wenn hier die Promenade ausgebaut worden wäre. Das Gebiet wäre ja so auch schön geblieben. Kucken Sie mal, Zone I im Nationalpark, wurde gesagt, findet nur innerhalb der Deiche statt. Die Gebietsausdehnung, die nachher praktisch schon... , dann hat man undeutliche Karten verteilt und als diese Spielerchens, bloß um mehr Hektar zu schinden. Dann hat man die öffentliche Wasserstraße am Außenrand des Nationalparks, die Oder, praktisch mitreingenommen, um Hektar zu kriegen, dass man

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dann 50 % von 1.000 Hektar sind 500 von 2.000 sind eben die 1.000 Hektar, dass man eben das alles in Zone I drücken kann. Das sind alles solche Sachen, ich sage, wenn man da draußen an der Oder, gab es mal so ein Schöpfwerk. Da habe ich mal so gelästert: „Wenn sie gar nichts auf den (...?), dann baue ich mir ein Häuschen mit einer richtig schönen Aussichtsterrasse in den Nationalpark, dass man eben auch Attraktivitäten schafft. Ich war da unten, um Konstanz, Bodensee da die Ecke und Österreich waren wir vor zwei Jahren und wirklich Dinge gesehen, wie man es hier auch machen könnte. Solche Freizeitparks, dass praktisch so eine Mischung Tierpark, Riesenspielplatz mit so einer Riesenrutsche und also für die Kinder, ein Hotel mit einer Pension gleich mit dran da und Grillplätze. Das ist das, was ich in Schwedt eigentlich mit am meisten vermisse, waren einfach bloß Feldsteine, ein Haufen, sinnvoll zusammengefügt, ein Rohr, wo man eben dieses Grillteil rüberschwenken kann. Die Leute sind mit Handwagen hingekommen und haben ihr Zeug mitgebracht, wahrscheinlich auch weggenommen, nämlich das sah ordentlich und gepflegt aus. Hier in Schwedt ist ja schon alleine da die Problematik, Neubauwohnung auf dem Balkon, wenn der Nachbar das duldet, geht das gut aber größtenfalls... eigentlich ist das verboten. Beim PCK Gelände, in dem Wald, darf keiner grillen und im Nationalpark geht’s auch nicht. Also, wenn man jetzt alles generell verbietet, tut man doch indirekt die illegalen Sachen fördern oder nicht? Und gerade was verboten ist, macht doch besonders Spaß. Man schafft doch keine Ventile, dass man eben..., wenn man einen Großteil der Natur retten will, muß man einen Teil dem Menschen opfern. Wenn ich diese Sinnlosigkeit sehe, eigentlich, diese Flächenbebauung, da ist eigentlich Ökologie viel mehr gefragt wie beim Nationalpark. Hier werden diese Arbeiterschließfächer. Gut das ist nicht... ob die mal ne Wohnung (fällt?). Ich kann nicht mit dem Auto da unten in die Garage reinfahren und hab ich habe nicht meinen eigenen Garten. Aber was braucht denn der Mensch im Leben? Ein Dach überm Kopf, im Winter einen warmen Arsch und satt zu essen und dass seine Fäkalien ordnungsgemäß abgeleitet werden. Wieviel Energie wird denn verschleudert, hier bei diesen Eigenheimen? Ob nun der Einzelne das schön findet oder nicht aber der könnte keinen (Grünen?) betreffen. Normalerweise hier für Schwedt zwei Wolkenkratzer hingestellt und gut ist’s. Je mehr könnte man ringsherum Öko machen. Dieser Eigenheimwahnsinn ist doch keine Ökologie, oder?

Gl: Ja, Eigenheimwahn ist das Gegenteil.

Z: Diese Flächenstädte, das ist...

Gl: Ja, ist klar, das weiß auch jeder.

Z: Wenn noch auf dem Quadratmeter praktisch jetzt zehn Familien übereinander wohnen, oder auf 60 Quadratmetern dann eben 60 Leute, dann ist pro

Quadratmeter ein Mensch untergebracht. Wir sind doch nicht das Größte als Mensch. Wir sind ein Teil der Natur. Wir leben von und mit der Natur und wir müssen auch die Natur nutzen aber sinnvoll nutzen und nicht alles in Frieden lassen oder die andere Truppe, die das ganze Gegenteil, es muß alles plattgemacht werden, um schnell Geld zu verdienen. Die beiden Extreme, die lang anhaltende nachhaltige Nutzung ist, was in zwanzig Jahren zum Thema Nr.1 ist, weil die Weltbevölkerung verhungert ist dort. Was nützt es uns denn, wenn jeder stehen...äh muß verkommen und muß vom Borkenkäfer aufgefressen werden und wir holen uns das Holz aus dem Regenwald, der wird abgehackt, der Rest wird runtergebrannt, wegen Ackerbau und drei Jahre danach ist Wüste. Haben wir nicht genug Wüsten oder wollen wir die Energie aufbringen, um die Wüsten zu beregnen? Ja, was passiert denn mit diesem Froschzeug? Da werden die Frösche in Eimer geleitet, damit die Wildschweine richtig fett naschen können. Um sechs kommt derjenige, der den Eimer rausträgt und um fünf war das Wildschwein schon da und der Fuchs und weiß ich wer sich noch alles bedient hat. Damit werden Frösche richtig massenhaft vernichtet. Sonst hätten ja die Frösche mehr Chancen als wie mit diesen... Macht man ja nicht überall so, es gibt ja auch welche, wo jetzt die Löcher durch sind, wo dann wieder auf der anderen Seite bloß das Vieh sitzen braucht, das die Frösche frißt. Aber im Endeffekt, wo der Mensch der Natur was Gutes tun will, da macht er Schaden. Der soll nur das von der Natur nutzen, was er wirklich braucht. Das sollte man den Finger draufhalten. Und da wo die Landwirtschaft... die haben das, bringen das..., das spielt man alles so hoch und weiß ich was alles. Das ist global nur zu lösen. Aber diese regionalen Sachen hier, Regionen plattmachen, damit ist es denen gedient. Unsere Urenkel, die werden auf unseren Grabstein was scheißen. Die (....?) und machen das auch. Die sagen: „ Eltern, was habt ihr denn da uns hinterlassen?“ Es gibt es ja da so einen schönen Spruch: „Wir haben das nicht von den Eltern geerbt, wir haben das nur von den Kindern geborgt.“

C: Ja, um dann vielleicht noch mal auf den Nationalpark zurückzukommen, was sind denn Ihrer Meinung nach die wichtigsten Konfliktpunkte und vor allem auch zwischen wem?

Z: dass es ein starres System ist, diese Gesetzlichkeit. Also, Nationalpark heißt gleich 50% Totalreservat und jetzt, man will ja einen Euronationalpark, man muß ja ein Euro- noch vorsetzten, dann sind es 75% Totalreservat und Totalreservate in diesem engen, kleinen Gebiet, bei dieser Siedlungsdichte, die wir hier in Mitteleuropa haben, ist ein ökologischer Wahnsinn. Das, was man damit erreichen will, kehrt sich ins Gegenteil um, denn das wird nur eine Zufluchtsstätte für das Viehzeug, was eigentlich am meisten der Bewirtschaftung bedarf. Die Jagd verbietet man und

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wenn jetzt die Wildschweine, werden oft zur Plage, wenn die merken, hier tut ihnen keiner was, was meinen Sie, wieviele wirklich seltene Bodenbrüter noch groß werden, wenn hier eine Überdichte an Wildschweinen, Mardern, Hermelinen, dieses ganze Raubzeug. Ich will das nicht ausrotten aber man darf es auch nicht zu solcher dichten Bestandsdichte auf einer Fläche konzentrieren, um praktisch wirklich seltene Arten auszurotten. Die haben..., das entspricht keinem ökologischen Gleichgewicht. Ökologie kann ich nicht bloß sehen, weil ich nur eben Frösche schütze, sehe ich nur Frösche. Und der andere schützt das Gras und der nächste dann die Giraffe oder weiß ich was für ein Viehzeug, denn wir haben auch schon so viel Arten hier auch, die gar nicht in unsere Gegend gehören. Kucken Sie mal, der Kormoran ist ja gar nicht unser heimischer Kormoran. Unser heimischer Kormoran, der war in der Körperlänge ungefähr zehn Zentimeter kleiner, den Lenné beschrieben hat. Also, das heißt doch, dass dieser Kormoran, der aus, wo soll er herkommen?, Südostasien da unten, größere Nahrungspartikel braucht, also dementsprechend größere Fische also, auch Fische frißt, noch Fische frißt, die eigentlich schon laichreif sind, praktisch. Und darüber geht ein wesentlicher Teil der natürlichen Reproduktion vernichtet. Es wird ja immer abgetan, die Fischer haben generell was gegen die Viecher, die da eben die Fische wegfressen. Ja, aber Ausrottung ist nicht die Lösung aber Schutz ohne Ende ist auch nicht die Lösung. Warum wir, wir haben die Reparationen an die Russen bezahlt, mehr als Deutschland. Meine Mutter hat das Eisenbahngleis Berlin – Stettin, das zweit Gleis eigenhändig mitabgeschraubt, als Frau, mit diesen schweren Eisenbahnschwellen. Zu vieren haben sie die aufgeladen. Die Linie liegt irgendwo hinterm Ural. Das darf man auch nicht vergessen. Die Ossis waren die Prügelknaben der Nation. Drüben, da kam der Marshallplan, damit da die Wirtschaft vorwärts ging und hier, wir haben die Russen zu ernähren gehabt und weiß ich was alles. Wir haben uns irgendwo einen Lebensstandard erarbeitet und wenn ich dann sehe die sind abgehauen nach dem Westen, das war natürlich leichter und schneller. Dann haben hier Leute die Häuser erhalten unter den damaligen Bedingungen, die die DDR zu bieten hatte. Also, wer da nicht fleißig war und ein bisschen gewieft, der hat nicht mal einen Sack Zement gekriegt, um eine Schadstelle am Haus zu flicken und das meiste in Eigenleistung. Wenn in die Häuser keiner eingezogen wäre, dann wären das Ruinen gewesen und dann sagt man Rückgabe vor Entschädigung. Ist das nicht ungerecht?

Gl: Welcher Jahrgang sind Sie?

Z: Ich bin Baujahr ’57.

Gl: Und Sie wissen das alles noch von Ihrer Mutter?

Z: Ja, von Mutter und Vater, Großvater noch. Das

kann uns keiner nehmen, die Erfahrung, die zwei Regime miterlebt zu haben und das vergleichen zu können. Wir haben, ich weiß nicht, gemeckert wird immer. Wenn man jetzt einen Plan erfüllen soll und will auch Geld verdienen und ich krieg nicht mal ein Paar Manchester-Hosen oder Gummizeug, dann ... Wir hatten einen Kollegen hier in Stolpe, das war wirklich putzig, der hatte Gummizeug, das war immer so vier Wochen und dann lief das Wasser durch. Dann gab es auch verschiedene Modelle, die eine Sorte, die nicht dichtgehalten hat, konnte man gleich durchschießen. Dann hat er sich einen geflickten Flicken über die geflickten Flicken geflickt. (Lachen) Die Gummihose, die war schon so dick, die war schon zur Wattehose ausgewachsen. Aber es ging. Bist du Gottes Sohn, so hilf dir selbst. Also, geschadet hat uns das eigentlich nicht. .... (Darf ich vorstellen meine Frau. Unterbrechung!)

Wir leben ja gar nicht unter marktwirtschaftlichen Bedingungen. Entweder man nimmt es als Wirtschaftsfaktor, dass man eben sagt, gewisse Flächen läßt man beangeln, „ich habe die Angler im Prinzip nur noch als politische Macht, wirtschaftlich schaden sie mir.“

Gl: Die Angelkarten?

Z: Ja. Die teuerste Angelkarte hier im Poldergebiet ist 180,-- Mark die Jahreskarte.

Gl: Die Einnahmen bekommen Sie als Pächter?

Z: Ja. Da sind 16% Mehrwertsteuer, dann weiß ich nicht, wieviel Prozent jeweils... geht die Rechnung auf, wenn man Besatz tätigen kann davon.

C: Politische Macht, wie ist das zu verstehen?

Z: Ja, wenn wir drei Fischer wären, dann wären wir schon längst weg hier aus dem Nationalparkgebiet. Schwedt hat tausend Angler und die sträuben sich nun dagegen.

C: Die nehmen Sie also praktisch als Verstärkung?

Z: Ja, sonst wären wir Fischer schon längst weg von der Bildfläche. Ich könnte jetzt richtig Flächen nehmen und sagen: „Da setzen wir eine Bude ran, eine Kraft, dann wie so ein Angelpuff.“ dass man praktisch vom übrigen Gewässer praktisch die Angler fernhalten würde, unter Kontrolle. Angler kann man eigentlich nur unter Kontrolle angeln lassen, wo wirklich qualifiziertes Personal ist, die denen auf die Finger klopft. Was meinen Sie, Anglerkontrolle fahren, ist ein Horror. Die unliebsamste Tätigkeit, die ein Fischer macht (Lachen). Voriges Jahr hatten wir angefangen, mal mitzuzählen..., beim 27. sind wir an einen Angler getroffen, der sich an die Gesetze gehalten hat. Also, Schwarzangeln ist Hobby. Viele fühlen sich dazu berechtigt eben, weil das soziale Umfeld nicht mehr stimmt. Die Arbeitsplätze sind weggefallen, man hat denen Arbeit, Betrieb alles genommen. Die sagen: „Was wollen sie noch mehr?“ Irgendwo im

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Blauen. Die im Osten, die f..., ich möchte sagen, was ich so mitkriege und gerade weil ich am Gewässer, wenn ich mit Anglern spreche oder so, die fühlen sich alle über den Tisch gezogen. Zum größten Teil, was hier nach der Wende hergekommen ist, aus den alten Bundesländern, das waren Leute, die da drüben irgendwie schon Dreck am Stecken hatten und in den alten Bundesländern keine Karriere machen konnten, die hier die „schnelle Mark“ gesucht haben, auch übrigens Mentalität. Und wenn ich mir ankucke: Vulkanwerft, hier in Schwedt das (Buckwerk?), Betonwerk Schwedt. Da gibt es so viele Beispiele, die Betriebe für eine Mark übernommen, über Fördermittel Maschinen angeschafft und bei Zeiten in Polen das neue Betonwerk im Prinzip als Auslieferungslager auf deutscher Seite. Der Aufschwung Ost findet östlich von uns statt. Das ist... die ganze Problematik aber das betrifft nicht nur uns Fischer hier so. Wir sind mehr indirekt dadurch betroffen.

Gl: Sie haben ja eben noch von Besatz, Krediten, Angelkarten gesprochen. Ich glaube, wir haben noch gar nicht geklärt, welche Lizenzen sie haben, wo sie fischen dürfen oder habe ich das überhört?

Z: Im Wesentlichen habe ich hier im Nationalparkgebiet beim Land und bei der BVVG die Pachtverträge. Die BVVG-Flächen, da hat ja..., selbst wenn ich das Geld hätte und die Flächen kaufen möchte, wieder dieser komische Verein das Vorkaufsrecht. Also, das heißt, dass gar kein richtiger Markt entstehen kann, auch kein Immobilienmarkt, wenn solche Leute ein Vorkaufsrecht haben... Es ist ja eigentlich, wenn ich jetzt mit einem Privaten mir einig bin und sage: „Ich kaufe deine Wasserfläche.“ Das ist gar nicht möglich.

C: Besitzen Sie dann schon irgendwelche Wasserflächen oder haben Sie alle gepachtet?

Z: Nee, generell. Eigentlich von der Tradition her war hier in Schwedt eigentlich immer schon Pachtfischerei. Vor der Oderbegradigung müssen irgendwo welche hier im Polder drin private Flächen gehabt haben. Die haben wohl gedacht: „Oh Gott, oh Gott, jetzt kommt kein Oderwasser mehr rin, dann verkaufen wir das schnell.“

Gl: Sagen Sie doch noch mal schnell, BVVG, was heißt das? Die Nachfolgetreuhand ist das, nicht?

Z: Ja, also jetzt BVS.

C: Wie ist das denn jetzt, im Moment ist ja dieser Nationalpark noch in der Errichtungsphase. Also, im Moment dürfen Sie schon noch überall fischen, wo Sie wollen, in den Poldern auch?

Z: Ja.

C: Das wird dann aber...

Z: Im Moment sind wir eingeschränkt durch die

Schranken.

C: Wo...

Z: Durch den Bau und alles kommen wir nicht mehr so viel. Aber wenn man bei jeder Schranke fünf Minuten rechnet am Tag. Ich muß zehnmal durch die Schranken durch am Tag, dann heißt das für mich, eine Arbeitsstunde ist weg, entschädigungslos.

C: Aber immerhin dürfen Sie durch?

Z: Ja, wir dürfen noch. (Lachen)

C: Ja, wie lang das noch so ist, wissen Sie noch nicht oder gibt es da schon Pläne?

Z: Ja, im Prinzip mit Auslaufen der Pachtverträge. Ich glaube, 2002 geht es los, die ersten Pachtverträge, die dann auslaufen, also werden nicht mehr verlängert. Dann ist Schluß.

Gl: Sie haben ein lebenslängliches Pachtrecht, sagte mir Herr L., oder nicht?

Z: Nein. Wir haben gleich nach der Wende ging das mit der Pacht los als dann geklärt war, wer verpachten darf und alles. Eigentlich haben wir zwölfjährige Pachtverträge.

Gl: Zwölfjährige Pachtverträge. Das gilt für Sie persönlich auch?

Z: Ja. Ich glaube, die ersten laufen in 2002 aus und 2004 ist glaube ich das meiste und in 2006.

C: Im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Nationalparks, haben Sie da irgendwelche Forderungen oder Wünsche, Verbesserungsvorschläge?

Z: Ja, wir hatten das mal probiert hier. Ähnlich wie im Spreewald, haben wir gesagt: „Also, wenn ihr uns Flächen wegnehmen wollt, dann laßt uns doch wie im Spreewald die Leute hier umherkutschieren.“ Die Auflagen, die da erteilt worden sind, sind im Prinzip unerfüllbar und eigentlich sinnlos. Wenn ich mir so einen Kahn für 20.000 Mark kaufe, der muß ja DIN und TÜV geprüft sein, also kann ich mir einfach nicht zusammenschustern, dann möchte ich ihn auch voll nutzen können. Aber wenn ich dann erst ab September, glaube ich , dürften wir dann erst diese Bootsfahrten machen. Das heißt, praktisch wenn die Ferien, Urlaub, Saison zu Ende ist, wenn auch kaum noch ein Tagestourist... Es gibt noch ein paar Freaks, die hier Vögel beobachten wollen, die im Herbst auch sehen wollen. Einfach vom Zeitfaktor und dann war die andere Auflage auch, praktisch wir sollten Routen vorschlagen und die am ungünstigsten gelegene Route hätten sie dann genehmigt. Also, praktisch wo jetzt so zwei Meter Ufer und dann kommt noch das zwei Meter Rohr obendrauf, der Graben fünf/sechs Meter breit, an manchen Stellen ist er zwanzig Meter. Wenn dann eine Ente vor einem ist, die kehrt man eben so lange

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Interview Herr Zahn, „Oberfischer“, vom 28.6.2000 in Schwedt, ca. 75 Min.

vor sich her bis sie auffliegt, dass man den Leuten auch wirklich das Ungünstigste zeigen kann. Man hat schon an der ganzen Problematik gesehen, also pro forma: „Ja, ihr könnt ja.“ So läuft das alles. Man sagt immer: „Ihr könnt ja.“ Aber wenn man dann den ersten Rattenschwanz an Auflagen daran sieht, ist das...

C: Sie haben sich dann also schon überlegt: „Okay, wenn das mit der Fischerei nicht mehr klappt, dann nutzen wir den Tourismus, der dann eventuell zum Nationalpark herkommt?“

Z: Ja, man hat hier Tourismusführer ausgebildet. Durch die Presse haben wir erfahren, dass da zehn Stück ausgebildet wurden, natürlich von deren Leuten. Ich sage: „Warum bietet man uns das nicht an?“ Um Gottes Willen! Wir würden den Leuten ja die schlechte Seite des Nationalparks zeigen und das will man ja nicht. „Euch, wo ihr dagegen seid, auf keinen Fall. Wenn, dann führt ihr die Leute selber aber ein Zertifikat von uns. Nö!“

C: Da bestand also schon Interesse, das auch...?

Z: Ja. Wenn man dann nur schikaniert wird von den Leuten. Warum soll ich sie nicht als Ökonazis bezeichnen? (Lachen) Ja. Mit allen Mitteln, mit Lug und Betrug wird hier gearbeitet und im letzten Gespräch mit Herrn (Täubner?): „Ja, da ist einiges schiefgelaufen.“ Aber man macht an der Stelle eigentlich weiter.

C: Also, Sie haben keine Verbesserungen festgestellt?

Z: Nee, glaubwürdig sind diese Leute noch nie gewesen und werden sie auch nicht werden. Das ist genauso wie mit den Fördermitteln, richtig korrekt und ehrlich können die gar nicht mehr sein.

C: Ist bislang an Positivem, jetzt bei der Konfliktbewältigung, noch nicht besonders viel erreicht worden oder gibt es da doch etwas?

Z: Der Tourismus hätte sich hier auch ohne Nationalpark entwickelt. Der Nationalpark trägt nun nicht unbedingt dazu bei, dass sich Tourismus entwickelt. Das ist so, ich sage mal, in Westberlin die Mauer, traditionell die Berliner sind nach (Wernersche?) gefahren, zur (Sauobstblüte?) und sind auch ein Teil hier Richtung Stettin gefahren. Wenn jetzt hier die Grenze nicht wäre, diese ganze Region hat eigentlich mehr von Stettin als von Berlin gelebt vor dem Krieg. Also, ein Teil der Produkte, die hier gemacht wurden wie die (...Industrie?), die hier war und echte Pökelfässer oder so, ging ein Teil nach Berlin rein. Was die Landwirtschaft produziert hat, ging nach Stettin, ob das nun per Schiff, also diese Handelswege, da habe ich weiter keinen Einblick. Ich weiß nur, dass hier diese Handelsstraße Berlin – Stettin ging. Die ging hier über Garz, stehen hier noch ein paar Meilensteine davon. Aber Odernationalpark, wäre hier meiner Meinung nach mehr wirtschaftlicher

Aufschwung gewesen, was meinen Sie. Wir haben das PCK hier, die Ölpipeline von den Russen, eine Papierfabrik hatten wir hier. Wieviel auch produzierendes Gewerbe sich da ringsherum angesiedelt hätte. Also, nicht unbedingt jetzt ins Poldergebiet rein, direkt hier um den Industriestandort. Und im Prinzip, das PCK ist ja jetzt mehr oder weniger zerfallen unter denen Firmen, die da wieder weiß ich was für Stoffe davon nutzen. Also, von Chemie halte ich mich möglichst fern. Ich sehe bloß, was ins Wasser kommt. Die Veränderung zur Vorwende, im Prinzip ist nur zu merken an der Oder eben, dass sie da viele Buden dichtgemacht haben, die eben Abwässer reingelassen haben aber ich möchte sagen, weniger... weil sie marode waren. Einfach nur dadurch, dass es in den alten Bundesländern Leute gab, die gewachsene Geschäftsbeziehungen hatten und das Zeug losgeworden sind und dementsprechend wirtschaftlich stärker waren. Die entweder so eine Hütte für eine Mark gekauft haben, bloß um die Produktionsmengen zu verkaufen, so ähnlich wie bei den Milchquoten....

Gl: Um die Absatzmärkte zu kaufen, meinen Sie?

Z: Also, praktisch, wenn ich daran denke, nach der Wende, diese Asbestdiskussionen und dann bin ich rübergekommen und habe da viel mehr Asbestdächer gesehen wie hier und genauso versiegelt mehr oder weniger wie hier auf der Ostseite. (Lachen) Die kochen auch bloß mit Wasser. Das sind auch bloß Menschen. (Lachen)

Gl: Ja, da gab es gewaltige Sanierungen, TU Berlin zum Beispiel, ein ganzes Gebäude quasi abgerissen.

Z: Jaaa.

Gl: Weil eben irgendwo zufällig erst rauskam, dass innen drin Asbest ist, was man gar nicht wußte.

Z: Na und wie wurde das nun effektiv entsorgt? In seine Bestandteile zerlegt?

Gl: Ja. Ja.

Z: Das Asbest?

Gl: Ja. Ja.

Z: Mir hat jemand erzählt, das wird zerkleinert in Plastiksäcke und dann kommt das in ein Loch und Beton rübergegossen und dann ist’s versiegelt. Vielleicht ist’s inzwischen anders.

Gl: Es gibt da immer so Gerüchte aber... Ihr Vertrag läuft 2002 aus?

Z: Ich möchte meinen, die ersten Pachtverträge.

Gl: Wann läuft Ihrer aus?

C: Er hat mehrere.

Gl: Ach so, Sie haben mehrere Verträge und...

Z: Na ja, was meinen Sie, die Oder hat (...?). Dann hat man das teilweise begradigt und dann liefen die

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(Fulderstücken?) quer rüber. Das kleinste war drei Quadratmeter, wo wir einen Pachtvertrag für haben. Das ist ein Puzzlespiel, was wir da haben.

Gl: Ja, jetzt verstehe ich’s und deswegen überlegen Sie, die meisten 2004 und deswegen überlegen Sie, was Sie dann machen, wenn das so ist und die Idee oder das Ideal war ja eben Kahnfahrt wie im Spreewald aber das geht nicht, weil die Verwaltung das nicht zulassen wird.

Z: Nein. Man hat dann so argumentiert, wenn ihr das als (Aus...?) kriegt, dann kommen andere und wollen das auch machen und dann können wir nicht „Ne“ sagen. Dann gibt es nämlich mal wieder ein Gleichheitsgesetz für alle, wenn man’s zur Ablehnung braucht.

Gl: (Lachen)

Z: Na ja, wir haben gesagt, wir machen nachher die Kneipe auf, den Fischladen.

Gl: Kneipe und Fischladen.

Z: Ja. Versuchen wir, damit zu überleben.

Gl: Und Bootsverleih?

Z: Ja, na ja, das ist..., macht sich steuerlich günstig, der Minusposten.

Gl: Ach, das ist ein Zuschuß?

Z: Ja. TÜV und Zulassungsnummer und Liegeplatzgebühren, den Steg konnten wir uns damals noch nicht leisten, die Projektierung für den zugelassenen Steg würde 7.000 Mark erstmal kosten. Der Steg liegt schon da, fix und fertig. In unser Projekt mit Plastikbehälter und alles, haben wir auch schon einige tausend Mark investiert aber dieses Jahr haben wir gesagt: „Jetzt müssen wir erst mal sehen, ob wir hier den Laden in die Hand kriegen und das so schnell wie möglich regeln.“

C: Jetzt haben wir die Ziele ja schon ein bisschen angesprochen. Wie sieht es denn mit Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen für die Zukunft, zukunftsperspektivisch aus?

Z: So schnell wie möglich sterben, schmerzlos. Der Mensch wird geboren, um zu sterben und normal wäre, mit 40/45 ins Gras zu beißen. Das meine ich ernst. Diese Überpopulation an Menschen bringt doch eigentlich erst dieses Ökoproblem. Sämtliche medizinischen Einrichtungen müßten geschlossen werden und sämtliche Gesetze abgeschafft, um ökologisch ins Gleichgewicht zu kommen. Dann natürlich müßte man ohne Ende Wölfe und Bären hier aussetzten, die uns als Nahrungskonkurrenten zusetzen würden. Nehmen Sie doch mal die Menschen hier, ich wäre schon längst an meinen verfaulten Zähnen dahin, wäre zwar auch nicht so schmerzlos wie ich mir das wünsche. Ich habe drei Kinder gezeugt und das reicht. Ich habe mein Leben gelebt. Meine Jahre hatte ich zu DDR Zeiten und jetzt ist es nur noch ein Dahinvegetieren. Nur noch,

um nicht ins soziale Abseits zu fallen. Man merkt, man ist überall unerwünscht, maximal nur noch so hier für ein Foto „das ist noch ein Fischer“, das macht sich immer ganz gut aber ansonsten sind wir doch unerwünscht. Wenn hier ginge, voriges Jahr, vor zwei Jahren, da mit einem Mal war da wieder ein Gesetz, also, wir durften nur noch tote ausgeschlachtete Fische an Kunden abgeben. Und die einzige Marktlücke, die ein Fischer hat, zu überleben, ist, dem Kunden, den lebenden Fisch zu zeigen. Denn praktisch bei den Preisen, die wir haben und das vergleichen mit der Preiskraft, die jetzt die Großen ausfechten, das geht ja an unseren Fisch nicht ungeschoren, wenn die da Zanderfilet für neun oder zehn Mark anbieten, ja dafür kann ich nicht mal nen lebenden Zanderkilopreis abgeben. Wir sind hier auch vom Preis her in der Bundesrepublik die Billigsten. Kucken Sie mal unsere Preistafel an. Hecht, Karpfen, Schleie das Kilo sieben Mark, wo finden Sie das noch in Deutschland?

Gl: Frischfisch ist das?

Z: Lebend.

C: In der Tiefkühltruhe.

Z: Da dürften Sie’s auch schon nicht mehr schaffen. Also, ich weiß in Bayern Kilo Hecht vierzig Mark, Zanderfilet dreißig. Bloß bei uns hier, wenn wir mit den Preisen auf den Markt gehen würden, den letzten Kunden auch noch mit Knüppeln nach Polen jagen? Selbst die Gaststätte, wieviele Kneipen hier in Schwedt dichtmachen, wenn jetzt ein reicher Investor kommt und sagt: „Also, die Hütte hier, das wird alles plattgeschoben. Ich setze hier ein vernünftiges Hotel hin“, dann sind wir auch weg. Eine sichere Zukunft haben wir hier nicht.

C: Aber hoffen Sie auf die Touristen, die sich eventuell noch vermehren?

Z: Nein. Also, dass hier ein touristischer Aufschwung... Nie!

C: Nie? Auch kein kleiner?

Z: Ne, das, was wir auf ... Besuchertourismus hier... Ich sage ja, wenn hier die Altschwedter sich treffen mal so. Viele, die jetzt mal hier in Schwedt gewohnt haben, weil Schwedt ja eigentlich in den 60er Jahren richtig Aufschwung genommen hat und in der ganzen damaligen DDR die jungen Arbeitskräfte gerade aus dem Chemie- und Papiersektor hierher gekarrt wurden. Dann kommen sie manchmal mit ihrer Familie und besuchen mal wieder Schwedt. Vor allen Dingen, weil sie gehört haben, da kann man ja auch nach Polen, billig tanken und Zigaretten holen, mal so rüberfahren und...

C: Die sind weggezogen und jetzt kommen sie mehr so auf Besuch?

Z: Na ja, Schwedt wird entvölkert, kucken Sie doch

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mal hin. Wir waren, weiß ich nicht, über 60.000 oder um die 60.000 rum und jetzt gehen wir schon unter die 40.000 Grenze und noch weniger. Dann prognostizieren sie bald so unter 30.000 und dann aber 2/3 Rußlanddeutsche.

C: Woran liegt das Ihrer Meinung nach, dieser Rückgang der Bevölkerung?

Z: Na, weil eben keine Arbeitsmöglichkeiten, keine Einkommensmöglichkeiten hier. Die Wirtschaft liegt am Boden und wird noch weiter zerstört. Also, hier ein wirtschaftlicher Aufschwung, ich glaube nicht dran.

C: Gibt es sonst irgendeinen Lichtpunkt?

Z: dass die Nazis rankommen.

C: (Erstaunen)

Z: Ja. dass ein Gesetz wieder ein Gesetz ist und die Menschen wissen, wo dran sie sind. Wir sind doch einfach nur in wirren Zeiten. Das kann nicht gutgehen. Das bricht in sich zusammen. Was der olle Marx und Engels da sich ausgekaspert haben, das wird kommen. Nun kucken Sie mal an, der zweite Arbeitsmarkt macht ja den ersten Arbeitsmarkt flächendeckend kaputt. Ein Beispiel hier, wenn man Richtung Angermünde fährt, dann (...?). Hat jemand privat einen Kredit aufgenommen, ist Pleite gegangen gegenüber davon hat das Oderhotel eröffnet, wahrscheinlich auch über Kredite gebaut. Die (...?) ist Pleite gegangen, diese Hütten, die da stehen, solche barackenähnliche Dinger. Jetzt heißt es Chalet und ruck zuck hat hier der OBV so ein Verein, praktisch die Ausbilder werden von Steuergeldern bezahlt und die Lehrlinge werden auch von Steuergeldern bezahlt. Die haben nur reine Sachkosten zu tragen. Na, welcher Privatunternehmer soll denn da mitkonkurrieren? Der vom Oderhotel ist privat und gegenüber so ne Konkurrenz, wo die Arbeitskräfte alle vom Steuerzahler gezahlt werden. Ja, dass die bessere Preise machen können, ist doch ganz logisch. Wenn jetzt aber, wo das Pleite gegangen ist, entweder wäre ein Neuer gekommen aber der hätte ja nicht solche Dumpingpreise machen können. Eine Tischlerei haben sie und Maler, weiß ich was alles, der größte Arbeitgeber, gut, aber nur über den zweiten Arbeitsmarkt. Das kann doch nicht gesund sein. Wenn man jetzt über diese Kindergartenprogramm praktisch noch mehr Arbeitslose, man wirbt, dass man verringert dadurch die Arbeitslosenzahlen aber weniger Arbeitslose werden’s nicht. Wenn eine Frau, die ein Kind hat im Kindergartenalter, hingeht zum Arbeitsamt, fällt die Frage: „Sie haben ein Kind? Wie sieht es aus, wenn Sie Arbeit kriegen, können Sie Ihr Kind dann unterbringen?“ „Ja, im Kindergarten.“ „Für acht Stunden?“ Nur noch für sechs Stunden. Dann muß ich für jede angebrochene halbe Stunde zwanzig bis vierzig Mark bezahlen. Also, dass sie, wenn sie einen Acht-

Stunden-Job macht, arbeitet sie nur für den Kindergarten. Sinnlos, das kann sie nicht annehmen. Also, ist sie nicht vermittelbar und dementsprechend nicht mehr arbeitslos. Also, immer runter die soziale Leiter. Wir sind ja nicht blind. (Lachen) Klar, die Rechten, Hitler hat ja auch erst mal, wo er dran war, die dementsprechenden Leute rausgesucht, die er an die Mauer gestellt hat, wo er erst mal gesagt hat: „Die taugen nichts und müssen weg.“ Und wenn ich das sehe hier, Springerstiefel, dann sind sie am Ende noch 1.50, eine Reichsfahne und Lagerfeuer, so richtig zünftig und die Getränkebüchse in der Hand und dahinter liegt der Müllhaufen, dann ist man doch versucht zu sagen: „Hört mal zu, Zucht und Ordnung und wenn ihr das vertreten wollt, dann kuckt euch doch mal um.“ Das haut nicht hin. Und der ollen Oma die Handtasche klauen oder einen Ausländer zusammendreschen, die Ausländerfrage wäre doch ganz einfach gelöst. Nur in Deutschland die deutschen Gesetze anwenden, wenigstens anwenden. Das kann nicht sein, dass ein Russe kommt und sagt: „ Na, in Deutschland im Knast ist es ja besser wie in Rußland in Freiheit.“ Wenn ich dann sehe, was da passiert, wenn der Zuweme, solche Mörder die kriegen mal Freigang, die läßt man weiter... Kinderschänder. Mein Gott, wegen dem kleinsten Delikt, Todesstrafe. An die Wand gestellt und totgeschossen. Wir haben 4 Mio. Arbeitslose, wenn wir das 2 Mio.mal gemacht haben, dann haben die anderen auch Arbeit. Aber sollen sie mal sehen. Ganz radikal durchgreifen und denn haben wir auch nicht mehr die Flut, die Ausländer, die als Verbrecher hierher kommen, die eigentlich dem Ruf der Ausländer schaden. Ich habe ja nichts dagegen, ich gehe gerne beim Chinesen essen oder beim Türken oder. Die kommen her, machen ihr Ding, wozu Deutsche zu faul sind, nicht in der Lage sind, zu doof oder weiß ich aus welchen Gründen. Ich denke, vielleicht sind wir Ausländer.

Gl: Bald.

Z: Na ja, aber das ist doch eigentlich sehr relativ zu sehen. Das sind genau solche Menschen wie wir. Da gibt es gute und schlechte. Aber man eskaliert die Sache, dass die schlechten hier reinkommen. Wenn man so einen 14-jährigen Türkenbengel, der da weiß ich wieviele Einbrüche und Autos und alles, ja mein Gott, mit Glacèhandschuhen anfaßt und diplomatische Konflikte auch noch vom Zaun bricht, da fehlt eine Diktatur. Und so ein Gesoxe an die Wand und tot. Wir Menschen, wir haben eine Überpopulation, alleine aus dem ökologischen Gedanken heraus, wir haben eine Überpopulation und alles, was dem Ganzen schadet, kann vernichtet werden. Das bringt vielleicht sogar noch Schweinefutter. Dann hat der Bengel wenigstens einen guten Beitrag geleistet, zur Ökonomie. Dafür brauche ich nicht irgendwo Gras abmähen und ein Schwein füttern.

Gl: Sehen Sie denn eine politische Kraft, die das

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leisten könnte, dass Gesetz wieder Gesetz ist?

Z: Nein, bis jetzt noch nicht.

Gl: Also, nicht irgendeine Partei?

Z: Nein. Also, was jetzt auf dem Markt ist, das ist alles dieselbe Soße. Das keimt erst noch. Aber ich nehme ja an, dass die aus dem rechten Spektrum kommen. Wenn man die ganzen Parteien, die CDU mit ihrem Kohl-Häuptling da und SPD und wie se alle heißen. Die SPD ist von den Grünen involviert. Wenn ich nur sehe, wie der Birtler da... Die haben alle keinen Beruf gelernt. Diese Berufspolitiker gehen doch nur hin, um die Leute für dumm zu verkaufen. Nämlich echte Fortschritte, sagen Sie mal aus Ihrer Sicht. Wo macht denn die Politik irgendwas für die Menschen? Wo setzt sie sich echt dafür ein?

Gl: Na ja, die sozial-grüne Koalition hat das durch den Regierungswechsel versucht, versucht, den Reformstau wegzunehmen und hat dabei viele Fehler gemacht. Viele dieser Fehler und lokale Fehler schließen sie ja auch mit Recht auf. Der Versuch ist schon da, was für die Menschen zu tun. Das ist meine Meinung.

Z: Ja, aber wenn man das sieht, so wie in Bayern, da fährt man einen härteren Gang. Alleine, wenn ich das sehe, mit diesen Kampfhunden, kurzes Fell, gut im Geschmack. Schmecken gut aber muß ja nicht jeder, der das nun schick findet, damit umherpesen. Die Bayern, seit zehn Jahren, wer so ein Vieh haben will, muß nachweisen, warum er den braucht überhaupt. Ich glaube, in ganz Bayern oder München waren vier und in Berlin sind 40.000 von den Viechern.

Gl: Und Hamburg schließt sich jetzt an, an die bayrische Regelung...

Z: Man fängt an da rumzudiskutieren. Die Viecher müßten doch noch viel mehr Kinder totbeißen und dann fangen die Politiker doch erst an zu diskutieren! Welchen Sinn machen denn solche Viecher? (Ginnele?) würde ich sagen. Tierhaltung nur auf ärztliche Empfehlung, jetzt vereinsamte alte Menschen, die sagen: „Also, der Vater ist weggestorben, so einen kleinen Schoßhund oder so einen Kanarienvogel.“ Aber Tierhaltung nur aus Jux und Tollerei, nur wegen dem Angeben, ob es nun ein Kampfhund ist oder... ich kann einen Schäferhund auch zum Kampfhund machen. Ich habe die Jagdhundausbildung mitgemacht ein Terrier, der hat mir auch die Hand zerpflückt. Wenn ein Terrier zubeißt, der ist nicht viel... mir war so ein Jagdhund lieber, so in der Größe, der ist besser als (...?). Dem hau ich die Faust in die Schnauze und dann ziehe ich das Knie an, damit ich das Herz treffe und notfalls ihm auf den Rüssel hauen, da liegt der auch da. Die Kampfhunde habe ich noch nicht probiert, weil die wahrscheinlich den Knochen gleich zermalmen aber so ein Jagdhund oder ein Schäferhund normal, wenn der einen angreift, der

versucht ja immer, nach der Gurgel zu springen, wenn er halbwegs ausgebildet ist. Eigentlich ist das ein Instinkt. Einfach, ob man Rechts- oder Linkshänder ist, den Arm, den man am wenigsten braucht, so weit wie möglich hinten rein, dass das Maul gesperrt ist, dass er die Kraft verliert und wenn man dann bloß mit der flachen Hand ihm voll auf die Nasenspitze, dann ist er erst mal kampfunfähig. Wenn er gut ist, kann man noch das Knie anziehen, das Herz verträgt so was nicht viel.

(Lachen)

Z: Ja, was meinen Sie, einen Dachs totzukriegen.... (Tape zu Ende! Interview Ende! Rest nur noch Ausführungen über die beste Abwehr gegen bissige Tiere!)

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

15. Interview Thomas Berg, 1. Vorsitzenden des „Vereins der Freunde des Deutsch-Polnischen Europa-Nationalparks Unteres Odertal e.V.“, vom 30.6.00 in Lunow, ca. 50min.

S.: Manfred Schulz,

B: Thomas Berg

S: Ich stell mich erst mal vor: Mein Name ist Manfred Schulz. Ich komme aus dem Institut für Soziologie der freien Universität Berlin. Ich war vorher längere Zeit an der Technischen Universität und war Agrarsoziologe. An der Freien Universität bin ich eigentlich Entwicklungsländersoziologe, Afrikasoziologe.

Wir machen im Hauptstudium zweisemestrige sogenannte Forschungspraktika, wo wir die Studenten vertraut machen mit den Methoden der empirischen Sozialforschung. In unserem derzeitigen Kurs sind wir 12 Studenten, die jetzt hier in Criewen in der Villa Siebenpunkt sind. Wir – d.h. es macht noch mit ein Herr Glaeser vom Wissenschaftszentrum Berlin, der Umweltexperte ist, und ein Doktorand Torsten Reinsch. Wir haben das dann etwas vorbereitet. Wir waren bei Herrn Buryn in der Nationalparkverwaltung , wir waren in Eberswalde bei der LAGS, mit Herrn Vögel haben wir da gesprochen, dann waren wir in Müncheberg bei der ZALF, da ist ein Herr Kächele, der hat die agrarökonomische Studie über den Nationalpark, über alle Bauern gemacht.

Ich hatte im letzten Sommer ein paar Tage Urlaub gemacht, in Criewen, und habe mich so ein bisschen in die Landschaft verliebt, und war dann auch mit den Konflikten konfrontiert, davon hatten mir die Leute erzählt und da dachte ich, dass das ein gutes Feld ist für..

B: Das heißt, sie haben sich das selbst gesucht, dass ist jetzt nicht ein Forschungsauftrag der Nationalparkverwaltung oder, sondern sie haben sich das frei gesucht...

S: ja frei...wie gesagt, es ist in dem Sinne auch keine wissenschaftliche Arbeit, sondern das ist eine Übungsarbeit für Studenten im Rahmen ihrer Ausbildung

B.: ja, ist klar.

S: Unser Ansatz ist der, dass wir versuchen so etwas ganzheitlich heranzugehen. Das heißt, der Torsten Reinsch befasst sich mit der generellen Bevölkerung, von Arbeitslosen bis hin zum Unternehmer, Arbeiter, nicht nur in Criewen, sondern auch in Schwedt, damit wir die Perspektive etwas erweitern, Arbeitslosigkeit u.s.w.

Wir haben dann zwei Betroffenengruppen, auf der einen Seite die Landwirte, mit denen ich mich beschäftige, und dann auch die Touristen, touristische Entwicklung das macht der Herr Glaeser., in dem also Gastwirte, Hoteliers und Zimmervermieter befragt werden, und auch die Touristen die, die wir einfach so antreffen.

Ich habe aus der Liste einfach angerufen von den Bauern, habe ein paar Absagen bekommen, ein paar haben zugesagt. Also ich habe jetzt 11 Bauern insgesamt befragt . Das sind Sondierungen, das ist nicht statistisch repräsentativ

B: Ist klar, aber 11 ist schon eine gute statistische Basis. Wir haben ja nur 50. Alles was sich repräsentativ nennt ist viel weniger repräsentativ, ab 11 ist natürlich auch nur eine zufällige Auswahl.

S: Wir wollen dann noch ende des Semesters oder nächstes Semester Herrn Vössing einladen zu unserem Seminar in Berlin.

B: Klar, für den ist das ja um die Ecke.

S: Gestern Abend hatten wir den Herrn Englert da, der hat seine Sachen erzählt...

B.: ...das ist anstrengend (Lachen)..

S: Ich stellen Ihnen jetzt ein Paar lockere Fragen, damit ich die Position des Fördervereins:

S.: Was sind generell die Ziele des Vereins?

B.: Ich sollte erst mal ein kleines Stück ausholen. Es ist ja in der letzten DUGO 1990, die letzte Volkskammersitzung der DDR, da ist das Nationalparkprogramm der DDR getroffen worden, war der letzte Beschluss der Volkskammer. Aufgrund irgendeines Rechtsfehlers ist dann dieser Nationalpark herausgenommen worden, da hat man irgendetwas falsch gemacht. Da hat man gesagt, o.k.. Sagen Sie mal, da ist relativ klar, dass hier irgendeine Entwicklung stattfinden wird auf Nationalpark oder ähnlicher Konstruktionen hin, dass etwas unter bundesrepublikanischen Bedingungen schwieriger wird als in der letzten DDR-Volkskammersitzung war damit auch klar. Aber die Richtung war klar. Dann war die Frage, wie kommt man überhaupt dahin. Brandenburg ist ein armes Bundesland und wird sich so etwas nicht leisten können. Und war die Frage, ob man einen Antrag stellt beim Bundesamt für Naturschutz, die hießen damals noch anders. Wenn es dann wichtig wird, kriege ich das raus. Also, solange ich das kenne, ist es das Bundesamt für Naturschutz. Auf jeden Fall kam die Frage, wie man da einen Antrag stellt. Die waren auch grundsätzlich bereit, hier das zu fördern das Projekt, und das Bundesland Brandenburg selbst kann keine Bundesförderung kriegen, also war die Frage nach dem Träger, ursprünglich hat man an eine Stiftung gedacht, hatte auch begonnen eine Stiftung zu gründen, aber das

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Stiftungsrecht ist fürchterlich kompliziert, und darum ging es nicht schnell genug. Und da hat man erst mal eigentlich ersatzweise einen Förderverein gegründet, der dann auch Träger des Gewässerrandstreifenprogramms wurde. Damit ist relativ klar, was der Förderverein will, er will einen Nationalpark, dass der hier entsteht. In der Praxis sieht das so aus, dass er hier das Gewässerrandstreifenprogramm durchführt. Die Abwicklung des Gewässerrandstreifen-projekts einschließlich Erstellung der Pflegepläne, Landkauf, Landverwaltung, -verpachtung. Also, praktisch alles was damit zusammenhängt, um es durchzuführen. Ich sage mal, da steht noch viel mehr in der Satzung drin, Öffentlichkeitsarbeit, Forschung,...

S.: Wie viele Vereinsmitglieder haben sie zur Zeit?

B.: Wie viele haben wir denn? Na, so um die 40.

S.: Ich habe gehört, dass auch hochkarätige Leute darin sind. Wer sind das denn?

B.: Prof. Dohle ist bei uns, Frau Webel-Gutdünk, Herr Weigmann. Ich habe immer Probleme damit, dass ich nicht genau weiß, wer zu welcher Uni gehört. Das ist bei mir etwas unübersichtlich. Wen haben wir denn? (blätter) Michael Abs, Dr. Michael Abs, der muss irgendwo im Universitätsbereich tätig sein. Prof. Dohle TU-Institut für Zoologie, Prof. Bornkamm TU-Institut für Ökologie, Dr. Blaschkowitz Fachdirektor, Prof. Blöß ist auch Mitglied bei uns, vom Zoo, Prof. Weigmann FU, Prof. Zeller vom Museum für Naturkunde.

S.: Wie sind die dazu gekommen?

B.: Hier gibt es mehrere Interessengruppen. Es gibt reine Biologen oder Ökologen, die aus biologischen/ ökologischen Gründen oder weil sie schon immer mal nach Kröten und Vögeln geguckt haben oder weil sie Interesse haben, sozusagen weil sie natürlich das Gebiet kennen. Das ist die eine Gruppe und die andere Gruppe sind die Leute vor Ort. Die ein Interesse daran haben, dass das Gebiet hier entsprechend entwickelt wird. Es hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Dr. Vössing, der ja in der Anfangszeit auch mal bei der Nationalparkverwaltung als Vorstandsleiter gearbeitet hat, aus dem Berliner Raum kommt und da manche kennt und sie angesprochen hat. Und sagen wir die höhere Professorendichte ist immer in Berlin. Wenn ich hier runter gucke, liegt bei dieser Zielgruppe für die Vereinsmitglieder, liegt Berlin natürlich sehr nahe.

S.: Bei den befragten Landwirten ist der Nationalpark nicht sehr beliebt, dieses Gewässerrandstreifenprogramm wird doch eher negativ beurteilt. Es wird gesagt, dass das Nationalparkprogramm müsste zurückgestuft werden. Biosphärenreservat und dann der Fuhrpark werden gewünscht. Also, sehen Sie aus ihrer Perspektiv den rechtlichen Status des Nationalparks

als gesichert an oder ist bei diesen Querelen/ Kontrasten auch noch eine Veränderung des Rechtsstatus möglich oder halten Sie es für unwahrscheinlich?

B.: Also, ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Also, es hat immer mal Versuche gegeben, auch auf Landtagsebene, auch auf Landtagswahlen, weil wir ja auch immer in diese Richtung hingearbeitet hatten. Hat nicht funktioniert, ist sofern relativ schwierig, als das Ziel des Nationalparks im Gegensatz zu dem an der Elbe sehr hoch abgesichert ist, dies ist über das Landesgesetz und nicht über eine Rechtsverordnung geregelt. Er ist praktisch auf einen allgemeinen rechtsfähigen anzugehen, der wäre möglich abzuschaffen, durch Landtagsbeschluss. Also, man muss ja ein Gesetz machen, so dass das vorige Gesetz außer kraft gesetzt wird. Das ist relativ unwahrscheinlich. Zumal damals das Gesetz, das behaupte ich jetzt mal, viele nicht verstanden haben, was sie beschlossen haben, mit einer hohen Mehrheit. Ein sehr gravierender Einschnitt. Ich denke aber, dass ist eine relativ formale Frage, wenn ich sehe, dass ein 1/3 der Fläche unserem Förderverein gehört, ist es de facto egal, ich sag mal, wenn da morgen beschlossen wird, dass ist kein Nationalpark, wird es sachlich nichts ändern. Dann würden morgen die Schilder abmontiert werden und die wenigen Einschränkungen. Sachlich steht in der Nationalpark... eigentlich nichts drin außer der Grenze, insofern werden häufig wir bekämpft, weil im Nationalparkgesetz steht ja nichts. Da steht nur drin, dass ist ja keiner. Aber da stehen letztendlich keine Einschränkungen drin, die irgendeinem weh tun könnten. Insofern sind die, die da wirklich naturschutzfachlich Forderungen stellen oder auch durchsetzen, auch immer auf dem Wege des Eigentums und des Gewässerrandstreifenprogramms.

S.: Mein nächster Punkt ist das Totalreservat. Dass 50% der Fläche Totalreservat sein sollen, ist eine feste Größe oder ist es aus der Position des Fördervereins auch noch mal verhandelbar?

B.: Das hat mit dem Verein vergleichsweise wenig zu tun, das Gewässerrandstreifenprojekt hat zunächst gar kein Totalreservat, keine Totalreservatforderung, sondern die Forderung nach Handlungsrichtlinien zu machen. Es hat auch unser PEPL, so heftig er bekämpft wurde, ursprünglich gar keine Totalreservatsangaben gehabt, weil das eine Kategorie ist, die eigentlich nicht zu Gewässerrandstreifenprojekt gehört, sondern zum Nationalparkgesetz gehört. Im Nationalparkgesetz steht drin, dass bis 2010 50% Totalreservat sein sollen, denn, wie ich es lese, dann stehen da eher mindestens 50%, auf keinem Fall höchstens 50%. Das Land hat sich jetzt festgelegt und hat gesagt genau 50%. Erst sehr viel später, in Nachverhandlungen des Landes Brandenburg, hat das Bundesamt für Naturschutz, all diejenigen, die

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

das ganze finanzieren, darauf bestanden, dass auch das Land sich ihnen gegenüber verpflichtet 50%. Dies ist keine Verpflichtung uns gegenüber, die Landwirte wissen auch, dass wir an dieser Stelle sehr flexibel sind, das werden sie nicht zu geben, weil, sonst verliert man ja seinen liebsten Gegner. Aber wir setzen keine Totalreservate durch. Wir reden über Nutzungseinschränkung, die zum Teil auch bis 100% gehen. Was trotzdem für die Landwirte besser ist, als ein Totalreservat, weil sie Subventionen kriegen. Also wie eine Fläche... Ich will da kein Schild stehen haben, Totalreservat. Ich will de facto, dass es eins ist. Für die Landwirte gibt es ja immer zwei Komponenten bei jeder Fläche über die eine reden sie gerne über die andere reden sie nicht so gerne. Die eine betrifft die tatsächliche Nutzung und die andere Komponente ist die Subvention. Wenn wir Verträge abschließen mit den Landwirten, was wir in letzter Zeit sehr erfolgreich tun. Haben wir zum Teil de facto Nullnutzung. Die Flächen verpachten wir trotzdem den Landwirten, zum Teil zu Null DM, also dass sie nur die Lasten tragen. Dies wird aber voll subventioniert, solange es Subventionen gibt. Insofern ist ausschließlich das Land für die Kategorie Totalreservat zuständig.

S.: Wie viel Fläche haben Sie bereits erworben?

B.: Wir haben mal über den Daumen ein bisschen mehr als 3000ha im Gebiet erworben und noch mal knapp 2000 ha außerhalb, die wir dann eintauschen werden. Das heißt ungefähr die Hälfte der Fläche, wenn wir beides zusammen legen, dabei lasse ich außer acht, dass ich davon ausgehe, dass die Flächen außerhalb, weil es zum Teil sehr gute landwirtschaftliche Flächen sind, zu einem höheren Quotienten eingetauscht werden. Tendenziell eher 2/3 als die Hälfte.

S.: Die außerhalb liegenden sollen also mit den innerhalb liegenden mit den Landwirten getauscht werden?

B.: Ein Problem, das immer in diesem Zusammenhang auftritt. Wir haben eigentlich drei Partner. Zunächst die, die in der Diskussion nie vorkommen, dass sind die Eigentümer. Wir kaufen vom Eigentümer, die in aller Regel keine Landnutzer sind. Wir haben einen irrsinnig zersplitterten Landbesitz. Viele, viele Eigentümer. Wahrscheinlich über 1000 Eigentümer. In sehr kleiner Portionierung. Wir haben dann die nächsten Betriebe, die auch mal irgendwo Fläche besitzen, aber eigentlich Pachtbetriebe sind, die fast ausschließlich, über 90% Flächenanbau betreiben. Wir tauschen zunächst mal Eigentum. Wir machen beides, Wir tauschen Land außen gegen Land innen oder wir kaufen Land innen. Damit haben wir eine Klärung der Eigentumsverhältnisse (zu unseren Gunsten), aber hier dazu laufen die Nutzungsfragen. Was nicht zwangsläufig deckungsgleich ist mit den Eigentumsfragen. Also zum Beispiel, wenn Ihnen

hier irgendwo 5ha gehören und sie haben sie mal, sag ich mal, weil Betrieb X sie übers Ohr gehauen hat, für die nächsten 20Jahre verpachtet. Da können wir Ihnen das abkaufen, das hat an der Nutzung noch gar nichts geändert, sondern das ist nur die Perspektive, dass im Jahre 2017 oder irgendwann die Verfügung wirklich in unsere Verfügungsgewalt über die Fläche haben. Anders herum tauschen wir auch zum Teil Nutzung auf Flächen wie die uns nur potentiell gehören. Also, sagen wir mal, erschwerend kommt ja noch hinzu, dass die Landwirte nicht die Flächen pachten, die sie bewirtschaften, sondern sie pachten, was sie pachten können, weil sie den kennen. Jetzt liegen die auch noch mal zerstreut. Und jetzt tauschen die Landwirte wieder untereinander die Nutzung dieser gepachteten Flächen. Und so ähnlich machen wir das auch. Das heißt, wir sagen uns gehört die Fläche, wir wollen eine Nutzungsbedingung, die geht gar nicht, die liegt mittendrin, dann sagen wir, dass wissen wir auch, dann bewirtschafte doch diese Fläche, so. Das ist ein sehr kompliziertes Verfahren von Kauf, Nutzungstausch und Umtausch.

S.: Es gibt die Besorgnis bei den Landwirten, dass sie Pachtverträge von Ihnen bekommen und dass die Pachtverträge Konditionen verlängert werden, wie ist hier die Situation?

B.: Die Situation ist so, dass wir mittlerweile.. also, wir haben mal irgendwann 52 Betriebe gehabt, wobei da jeder mitgezählt ist. Davon haben einige aufgehört. Wir allerdings haben bereits mit 28 oder 29 Betrieben Pachtverträge abgeschlossen. Also die Betriebe wissen, was für Pachtverträge sie von uns kriegen. Natürlich kriegen sie nur Verträge auf der Basis des PEPL. Wobei es hierbei mehrere Portionen gibt. Erstens ist, dass wir wissen, dass Umstellungen für Betriebe nicht von heute auf morgen gehen. Also, Übergangszeiten haben wir in Pachtverträgen schon sehr oft versehen. Das also gesagt wird, dies Jahr noch so, im nächsten Jahr beantragt ihr noch mal über nächstes Mal kneifen wir noch mal eine Auge zu, aber irgendwann geht es dann aber los. Das zweite ist, dass wir Betrieben häufig Tauschflächen anbieten können. Also, es ist ja nicht so, dass für jeden Betrieb jene Bedingung unmöglich ist, sondern, sagen wir mal, ein Schäfer hat andere Bedingungen, die er an eine Fläche stellt, als jemand der Mutterkühe braucht und der wieder andere als der, der einen Milchkuhbetrieb hat. Insofern ist es oft möglich zu sagen, o.k., die Flächen sind jetzt für dich ungünstig, aber was hältst du denn davon, wenn du jetzt die Fläche hier nimmst, wenn du da den PEPL einhältst, ist es für dich gar nicht schlecht. So was geht häufig. Dann haben wir ja außerhalb Flächen gekauft, die wir ja verpachten können. Ersatzweise für Flächen, die drin liegen, so dass wir auch da häufig eine Ausweichmöglichkeit haben.

S.: Nehmen Sie dadurch anderen Pachtland weg?

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

B.: Das wird zwar häufig behauptet, aber das stimmt nicht. Wenn wir eine Fläche kaufen, dann ist sie entweder nutzungsfrei aus der Sicht der Treuhand, oder wo der Nutzer gesagt hat, die brauche ich nicht mehr, die könnt ihr jetzt verkaufen. Denn die Nutzer haben nach der derzeitigen Rechtslage immer Vorkaufsrechte, dass heißt, wir können von der Treuhand nur Flächen kaufen, wo die Treuhand mit dem Verkauf sozusagen das Gebiet ist nutzungsfrei. Und wir haben außerhalb im wesentlichen Treuhandflächen gekauft, da sind natürlich auch Einzelflächen dabei von Einzeleigentümern, aber wir sind außerhalb auch an Pachtverträgen gebunden. Auch da liegen Pachtverträge drauf ,die wir nicht aufheben können. Insofern ist das alles Unsinn. Ich sage, wir haben entweder außerhalb Splitterbesitz, weil, man muss das alles ja mal ganz praktisch sehen, da kommt jemand zu uns, bisher haben wir noch nie Druck gemacht oder gezielt Leute angesprochen, wo wir gesagt haben, kaufe du uns doch mal. Sondern bisher sind immer die Leute zu uns gekommen, und haben gesagt, wir haben da Flächen und würden die euch gerne verkaufen. So, jetzt kommt der an. Und dann besitzt der da unten in der Niederung 2ha, dann hat er durch die Bodenreform 1/2ha Wald bekommen oder besitzt noch einen irgendwo da draußen. Das Verkauf ich euch nur, wenn ihr mir alles abkauft. Denn er will ja dann zum Schluss nicht doch noch 3m2 übrig haben. Insofern haben wir außerhalb entweder Splitterbesitz von Privaten, den man ohnehin nicht tauschen kann, weil keiner den da hinten 1/2ha haben will oder wir haben zusammenhängenden Besitz, der von der Treuhand gekauft ist. Natürlich, dass ist auch wieder richtig, hat die Treuhand einige schlitzohrige Geschäfte gemacht, was allerdings der Landwirt, der mit der Treuhand abgeschlossen hat, genauso gewusst hat. Sie hat ihm die Gebäude verkauft, uns die Flächen und hat ihm Nutzungsauflagen für die Gebäude gemacht, die eigentlich nur mit den Flächen zusammen gehen. Wir gehen auch nur mit den zusammen. Er hat es aber lustig unterschrieben und hat aber gewusst, dass wir die Flächen kaufen werden und dass er sich mit uns einigen muss über den Tausch. Und hat aber dann nichts getan zum Tauschen. Insofern gebe ich zu, dass die Theorie und Praxis ein Stück auseinander fallen, aber gerade im Fall des Gutes, des ehemaligen Volkseigentums Criewen, um was es sich handelte. Ist es so, dass wir die Flächen nur gekriegt haben, sozusagen, unter der Voraussetzung, die Treuhand stellt fest, die Fläche ist ungenutzt. Das war nämlich ein Treuhandbetrieb und der hat sich aufgelöst. Ihm haben sie die Gebäude verkauft und haben ihn verpflichtet, da ordentlich Landwirtschaft zu betreiben. Brauchst ja keine Flächen für, aber mach mal. So! Er hat es auch unterschrieben. So! Insofern ist die Lage da tatsächlich etwas verzwickt. Aber das hat er genauso gewusst wie die Treuhand

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und wie wir uns dies auch denken konnten, wobei ich dazu sagen muss, wir kannten natürlich nicht den Vertrag, den Herr X unterschrieben hat, sondern nur unseren. Insofern hätten wir ihm vielleicht abgeraten, so einen Vertrag zu unterschreiben. Wenn er uns denn gefragt hätte. Bei Criewen gibt es noch einen Neben... Was Criewen angeht, dass ist ja ein Sammelsurium aus drei Betrieben: nämlich im wesentlichen Herr X und dann noch die beiden Criewener Betriebe: Criewen-Agrar und Criewen-Milch, also Frau Y und Frau Z und die sind da mal eingestiegen und haben da mal laut mitgeredet. Aber es ist alles sehr schwierig. Es herrscht ein großes Wirrwarr, und das ist für ein Geschäftsverkehr immer sehr schwierig.

S.: Der PEPL hat viel Staub aufgewirbelt, ich habe ihn gelesen, und ich habe auch die Stellungnahme der Forstwirtschaft Eberswalde dazu gelesen, die eine harte Kritik an der Sache aus naturwissenschaftlicher Sicht formuliert, die ich nicht verurteilen kann. Es gibt auch Leute, die meinen, dass es auch unrealistisch ist in bezug auf die Auenbildung, weil es früher auch gar nicht so gewesen ist. Was für mich nachvollziehbar ist, ist das Argument, dass Natur imitiert wird, wenn Flächen aufgerissen werden, Deiche geschlitzt werden u.s.w. Wie sehen Sie das?

B.: Also, wenn wir Deiche schlitzen, dann fehlt natürlich so richtig Land. Und das ist genau die spannende Frage, also das einzige Problem am PEPL ist, dass man so tut, als ob es ein rein naturwissenschaftlicher Fachplan ist, der ist aber 7x überlagert von einer mehr oder weniger raffinierten politischen Bewegung unserer Landesregierung, des Umweltministeriums, der Nationalparkverwaltung und dadurch wird er immer schwieriger. Also, zum Beispiel gab es die feste Meinung eines Nicht-Mehr Ministers, dass ein Großteil der Deiche weggenommen werden sollte und dann hat man natürliche Zustände und dann bildet sich der Auenwald. Nun ist er nicht mehr Minister und so richtig durchsetzen konnte er sich damit auch nicht. Und ob es so geht, wie er sich dies dachte, ist sehr zweifelhaft, weil mittlerweile die Oder höher liegt als früher und die Polder tiefer. Und es würde einfach ein großer See entstehen, so dass unser Fachplan meint, wir sollten mal vorsichtshalber die Deiche da lassen wo sie sind, weil sonst haben wir hier einen großen See und den wollen wir eigentlich nicht. Imitation ist dies insofern, geplant ist, ein Fließgewässer durchzulegen. Dies ist teilweise Imitation und teilweise nicht. Es hat hier natürlich diverse Fließgewässer gegeben. Altarme wurden durch die Kanalisation und durch den Deichbau abgeschnitten von der Oder, selbst hier der Kanal ist über weite Strecken alter Oderlauf. Und insofern kann man natürlich sagen, wenn man manches davon verbindet und wieder Wasser hindurch fließen lässt, ist es Imitation. Man kann auch sagen, es ist annähernd der Zustand, den es hier schon

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einmal gegeben hat. Auf jeden Fall, wenn es eine Imitation ist, ist es eine gute Imitation, wenn man dies so hinkriegt. Da fehlen Feststellungsverfahren. Es ist noch ein langer Weg dorthin. Hätte man Zustände, wo sich im Bereich dieser Armbildung, wo sich durchaus Auenwald ansiedeln könnte, wo man auch nachhelfen könnte. Die Argumente der Forstwirtschaft sind für meine Begriffe aus zu starker forstwirtschaftlicher Sicht, wenn ein Förster hier einen Baum pflanzt, hier noch einen und hier noch einen, dann hat er drei gepflanzt, und er weiß, einer muss hochkommen, dann war er erfolgreich. Wenn wir da Bäume pflanzen und es kommt nur einer von 17 hoch, dann ist es auch o.k. Also, wir geben der Natur die Chance und da muss dann nicht stramm ein Waldbestand da sein. Das wissen wir, dass das nicht so kommen wird. Sondern wir können nur sagen, wir bieten der Natur hier Flächen an, und wo sie will, soll sie einen Auenwald machen und wenn sie das nicht will, dann wird es keiner. Also, da denke ich, ist die größte Diskrepanz zwischen der Argumentation der Forstwirtschaft und der .... na ja, im Naturschutzbereich wird ja stark auf die Sukzession gesetzt, also, die Natur tut es denn. Und die Vorschläge, die im PEPL drin sind, basieren auf der Feststellung, dass für weite Bereiche der Landschaft verfestigte Formen existieren durch die jahrzehntelange, landwirtschaftliche Nutzung, die man an den Stellen aufbrechen muss, damit die Natur eine Chance hat.

S.: Kommen wir jetzt zum Tourismus. Da gibt es also auch Ansichten, dass die generelle angezielte Förderung des Tourismus oder so, problematisch ist. Das Ihr Verein kein breites Tourismuskonzept anzielt. Wie sehen Sie das?

B.: Irgendwann, ich kann das nicht mehr datieren, da hat Vössing einen Tourismusverband gegründet, da war ich selber dabei. Weil die Tourismuswirtschaft hier vor Ort das nicht selber auf die Reihe gekriegt hat. Erklärtermaßen wollen wir Tourismus hier, dazu hat man Verträge, Tourismus wollen wir zumindest deutlich mehr als wir bisher haben. Die Diskrepanz zwischen uns und der Tourismusbranche, sofern wir da von einer Branche reden können, wir haben keine echte Branche, sondern wir haben einzelne Tourismusanbieter, die oft untereinander heftig verfeindet sind oder nicht miteinander reden, weil sie noch nie miteinander geredet haben oder so. Dass wir eine Vorstellung davon haben, was wir uns für die Touristen vorstellen können, während die Tourismusbranche keine hat oder eine unrealistische. Ich erzähle mal, was ich beobachte. Ich beobachte, liebe Dorfkneiper, die hier 20Jahre lang ihr Bier verkauft haben, die plötzlich gehört haben, mit Tourismus verdient man jetzt Geld. Die selber aber nie verreist waren, da sie immer hier die Dorfkneipe führten, die eigentlich nicht so recht wissen an wem sie ihr Geld verdienen wollen und die Zimmer so zurecht machen wie sie selbst

wohnen würden. Ferner bekommt man die Kremser nicht organisiert, so dass zudem die Kneipen davon profitieren könnten. Das ganze wird davon überlagert, dass wir 1990 hier sozusagen überhaupt keine touristische Infrastruktur hatten, und einige wenige angefangen haben ziemlich groß/ ziemlich stark auf Tourismus zu setzen mit großen baulichen Investitionen, die aber immer vom Industrietourismus gelebt haben zum Standort Schwedt. Da sind Baufirmen, es sind Manager eingeflogen worden, die sind aber fertig. So ist das total zusammengebrochen, und es haben gleichzeitig immer mehr Betriebe aufgemacht. D.h., es gibt im Bereich des Tourismus eine Überkapazität, das ist ein Problem einerseits und ein Mangel in der qualifizierten Ausrichtung. Also, wenn ich mit meiner Familie komme und eine Radtour machen will. Dann gibt es schon das erste Problem, dass die eigenen Fahrräder angeschleppt werden müssen. Es gibt keine Unterkünfte mit Familienpreisen. Ich finde auch kaum Gaststätten, die familienfreundliche Preise haben. Aber ich finde weder die Gaststätte, die die Familie als Zielgruppe hat, aber ich finde auch nicht die Zielgruppe, ich sage mal, wir haben ja oft irgendwelche Abgeordneten aus dem Bundestag oder aus dem Europaparlament, wenn ich sage, na den will ich mal einladen zum Essen und ich will ihm nicht irgendeine Schüssel vorsetzen, auch diese Gruppe wird nicht bedient, sondern wir haben so einen Durchschnitt. Das ist das eigentliche Problem.

S.: Der Organisationsgrad des Tourismusbereiches ist schlecht!?

B.: Da gibt es gar keinen.

S.: Sie haben da keine Aktivitäten in diesem Bereich?

B.: Ach, dass können wir nicht. Einerseits schlicht überfordert. Wir sind ja mit dem was hier tun ganz gut ausgelastet, und ich denke auch, es ist zunächst mal eine Aufgabe der Tourismuswirtschaft sich selbst zu organisieren. Ich sitze in Barnim im Kreistag und ich beobachte es immer wieder, da werden irgendwelche von oben erfunden, wir haben also von oben gegründet eine Tourismusgemeinschaft Barnimer Land, die auch regelmäßig irgendwelche Zuschüsse von uns kriegt aus dem Kreishaushalt, wo völlig unklar ist, was die eigentlich tun und wo der Wirkungsgrad äußerst gering ist. Es müssten sich die Betriebe mal selbst organisieren und wenn sie dann kommen und dann sagen, wir brauchen Hilfe. Weil wir bezahlen wollen, aber kriegen was davon mit. Das wäre sinnvoll.

S.: Ich habe gehört, der PEPL wird überarbeitet. Wer überarbeitet den PEPL?

B.: Der wird nicht überarbeitet. Kuriose Sache! (haha) Der PEPL, da gab es den ersten Entwurf und dann gab es den zweiten Entwurf. Zu dem zweiten

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Entwurf konnten alle möglichen Personen Stellung nehmen, da gab es eine projektgeleitete Arbeitsgruppe, die mit dem Gewässerrandstreifenprojekt festgelegt wurde. Wenn ich mir angucke, wer da im Durchschnitt Stellung genommen hat, gibt es einige Stellungnahmen, die dagegen sind, und einige dafür sind. Naturgemäß sind die Naturschutzverbände eher dafür, Landwirte eher dagegen. Im wesentlichen war die Argumentation wie beim ersten Versuch, also die Landwirte sagten, wir wollen das gar nicht. So! Von der Forstwirtschaft haben Sie es ja gelesen. Es gab eine Abstimmungsrunde. Es gab vorher schon eine Abstimmungsrunde und zwar zwischen dem Bund, also Bundesamt, dem Landesministerium, dem Umweltministerium und uns, denn wir sind die drei, die dafür zuständig sind, wo wir uns auf diesen Plan verständigt haben. Nur Land Brandenburg hat kein Rückgrat, d.h., wenn da zwei kommen und die sind dagegen, dann fängt das Land Brandenburg an, alle seine Zusagen über den Haufen zu werfen. Und sie stehen nicht zu der Aussage, dass dies auch ihr Plan ist. Und sie tun so, als ob sie daran arbeiten würden, aber sie arbeiten nicht daran. Es ist auch den beiden anderen Partnern, also uns und dem Bundesamt nicht zu vermitteln, worüber man denn eigentlich wirklich redet, weil das, was an Argumenten nicht neu ist und es ist schon dreimal berücksichtigt. Insofern wird dauernd irgendetwas gearbeitet, aber das ist so ... Wenn du nicht weiter weißt, dann bildest du einen Arbeitskreis und wir hier lauter solche Arbeitskreise. Medikation hatten wir hier schon mehrere, genauso erfolgreich, weil, wenn ich zwei Positionen habe, die relativ klar sind, dann kann ich mich als Mediator dazwischen setzen, der wird auch kein anderes Ergebnis erzielen, sondern nur wenn man mehrere Seiten hat, die offen sind in ihrem Ergebnis, kann ich einen Mediator.... Die ganzen Tourismusbetriebe an den Tisch zu holen und einen Mediator ranzusetzen und einen Tourismusverband, der funktioniert, das wäre sinnvoll. Daran müssten alle ein Interesse haben. Hier können wir immer wieder einen Mediator dazwischen setzen, aber es ist eine unnötige Geldausgabe. Freuen sich die Ingenieurbüros.

S.: Wie sehen Sie die Zukunft? Wie schätzen Sie die nächsten Entwicklungen ein?

B.: Es sind zwei Blickpunkte. Der eine Blickwinkel ist, dass keiner weiß wie morgen die Landespolitik sein wird, weil sie ein wenig spontan ist, um es ganz vorsichtig auszudrücken. Mal werden wir gefördert, mal werden wir mal wieder bekämpft, dann werden wir gleichzeitig gefördert und bekämpft, da haben wir also bereits alles durch. Daran hängt auch die Frage, was sich denn so eine Nationalparkverwaltung traut durchzusetzen und wo sie wieder kneift und wo sie nur partiell durchsetzt. Was uns angeht werden wir mit dem was wir über Fördermittel gekauft haben, so

umgehen wie der Fördermittelbescheid vorsah. D.h., wir handeln nach dem PEPL zu dem das Land nicht steht und setzen ihn sukzessive durch. Und damit sind wir momentan relativ weit, wir haben ja, wie gesagt, mit 28/29 Betrieben mittlerweile Verhandlungen geführt, die immer zu 100% uns gehörenden Flächen betreffen. Da sind wir sehr weit, wir haben also auch einen Großteil unserer Flächen, die Vorschläge des PEPL was den landwirtschaftlichen Bereich betreffen, umsetzen können, und zwar in der Regel so einvernehmlich, sage ich mal, es wird ja gelegentlich behauptet, die müssen ja unterschreiben, da sie ja ständig die Angst vor uns im Nacken haben, um die Flächen zu kriegen, wir haben häufig Verträge, wo gleichzeitig Flächen behandelt werden auf die wir keinen Zugriff hätten, wo sie sich trotzdem verpflichten nach dem PEPL zu behandeln. Ich sage mal ein Beispiel, wir haben eine Fläche, die wollen wir nutzungsfrei haben, wir bieten dem Landwirt eine andere Fläche an. Der sagt o.k., damit ist er von Leerfläche runter, darüber sind wir uns einig geworden. Weil er hat ja andere gekriegt. Die Fläche kriegst du aber nur, die ist ja jetzt unsere, aber da bist du ja mit drauf, aber die kriegst du nur, wenn du gleichzeitig eine irgendwo anders liegende Fläche breiter, größer auch nach dem PEPL behandelst, die du dir selber aussuchen kannst. Das regeln wir vertraglich und das zur Folge, dass die eine Fläche die uns gehört nach dem PEPL behandelt wird und eine weitere, die uns nicht gehört auch. Nun kann keiner sagen, dass haben die Landwirte unterschrieben, weil wir sie mit dem Knüppel.... Also, das wird immer wieder so behauptet, aber... Was wir an Verträgen abschließen, ist auch so kompliziert, dass es kaum noch nachzuvollziehen geht, weil durch die tatsächlich Kreuzung aus Eigentumsfragen, Nutzungsfragen, Tauschfragen und Subventionsfragen, dass wir sagen, eigentlich bist du runter und trotzdem sollst du noch pachten. Das versteht die Märkische Zeitung schon nicht mehr und dann quetschen sie es auf drei Zeilen zusammen.

S.: O.k., dann danke ich Ihnen für dieses Gespräch.

Zusammenfassung:

In der letzten Volkskammersitzung der DDR ist das NP-Programm der DDR beschlossen worden. Das war der letzte Beschluss der Volkskammer. Auf Grund eines Rechtsfehlers ist der NPUO aus diesem Programm herausgenommen worden, um die spätere NP-Entwicklung nicht an diesem Rechtsfehler scheitern zu lassen. Jedoch war den Ideenträgern des NP klar, dass hier ein NP entstehen würde.

Auch ging man davon aus, dass es unter den neuen politischen Bedingungen schwieriger würde, einen NP zu realisieren, als in der letzten DDR

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Volkskammersitzung.

Dann bestand das Problem, wie man unter den widrigen finanziellen Bedingungen des Landes Brandenburg die finanziellen Mittel aufbringen kann.

Daher stellte man einen Antrag beim BFN (die hießen damals noch...). Das BFN war grundsätzlich bereit das Projekt zu fördern, jedoch durfte das Land Brandenburg nicht direkt Fördermittelempfänger des Bundes sein.

Daher wurden zwei potentielle Träger gegründet: Zunächst dachte man an eine Stiftung. Da jedoch die Gründung einer Stiftung – angesichts der relativ komplizierten Rechtslage - zu lange dauern würde, gründete man ersatzweise einen Verein, der dann auch Träger des Gewässerrandstreifenprogramms geworden ist.

Damit war das Ziel klar: Die Umsetzung des Gewässerrandstreifenprogramms.

Die Vereinsmitglieder kommen wesentlich aus der Bereich der Bio-Wissenschaften der Berliner Universitäten. Ebenso kommt die Unterstützung aus der Region von Leuten, die an einer diesbezüglichen Entwicklung interessiert sind.

Nicht zuletzt aber hat Vössing, der seit Anbeginn mit dem Projekt verbunden ist, die Vereinsmitglieder selber angesprochen. Daher ist der Verein wesentlich durch Berliner Akademiker aus dem Bereich der Biologie dominiert.

Änderung des Rechtsstatus des NP ist unwahrscheinlich, denn der NP ist durch ein Gesetz abgesichert. Der NP könnte nur durch einen Landtagsbeschluss abgeschafft werden über ein neues Gesetzt, dass das alte Gesetz abschafft.

Das Gesetz ist damals mit sehr hoher Zustimmungsquote durch den Landtag gegangen.

„ich behaupte, dass viele nicht verstanden haben, was sie damals beschlossen hatten“

Da aber 2/3 der Fläche unserem Förderverein gehören, ist der Status NP unwesentlich. Selbst wenn der Landtag beschlösse, dass der NP abzuschaffen sei, würde dies sachlich nichts ändern.

Außerdem stehen im NP-Gesetz keine Einschränkungen drin, die einem weh tun könnten.

Naturschutzfachliche Forderungen lassen sich daher nur auf dem Wege des Eigentums und über das Gewässerrandstreifenprogramm durchsetzen, weil das Land da auch immer ‚kneift’ (33,20).

Die 50% Totalreservat haben mit dem Verein vergleichsweise wenig zu tun. Das Gewässerrandstreifenprogramm hatte zunächst keine Totalreservatsforderungen gehabt.

Erst später hat das BFN als Geldgeber gegenüber dem Land gefordert, dass der NP 50% haben muss.

Der Verein setzt hingegen keine Totalreservate durch.

Wir sind nicht am Schild ‚Totalreservat’ interessiert, sondern daran, dass die Nutzung unterbleibt – warum auch immer.

Wenn wir Flächen an die Landwirte verpachten, dann verpachten wir die für z.T. Null Mark und bestehen dann auf Nullnutzung. Damit können die Landwirte weiter Subventionen erlangen, und wir das Gewässerrandstreifen umsetzen.

Wir haben 3000 ha innerhalb und 2000 ha außerhalb, die wir eintauschen werden. Insgesamt entspricht das 2/3 der Fläche.

Wir kaufen von den Eigentümern, die nicht die Besitzer sind. Sehr kleine Parzellierung.

Pachtverträge gibt es nur auf der Basis des PEP

Schulz: Frag nach Kritik durch Landesforstanstalt Eberwalde an Auwaldinitialisierung und nach Kritik, dass der Auwald eigentlich ganz anders war.

Der PEP tut so, als sei er ein rein naturwissenschaftlicher Fachplan. Er ist aber überlagert von raffinierten Überlegungen der Landesregierung und NP-Verwaltung (17:05). Dadurch wird er immer schwieriger.

Die Idee, dass man die Deiche wegnehmen sollte, damit dann der Auwald entsteht, funktioniert nicht, weil heute die Oder höher und die Polder Tiefer liegen. Daher würde dann einfach ein großer See entstehen und daher sagt der PEP auch, dass die Deiche besser da beleiben, wo sie sind.

Die HoFriWa ist über weite Strecken alter Oderlauf. Daher kann man zwar sagen, eine Anbindung alter Oderlaufstrecken an das Fließgeschehen sei eine Imitation; man kann aber auch sagen, es ist annähernd der Zustand, den es hier schon mal gegeben hat. Jedenfalls ist es eine gute Imitation.

Dann würde sich Auwald ansiedeln.

Die Argumente der Forstwirtschaft sind Argumente aus forstwirtschaftlicher Sicht. Wenn ein Förster drei Bäume pflanzt und davon kommt dann einer hoch, dann war er erfolgreich. Wenn bei uns von 17

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

nur einer hochkommt ist das auch gut. Wir geben der Natur die Chance und da muss dann nicht anschließend ein Waldbestand da sein.

„Wir bieten der Natur Flächen an und wo sie das Will, soll sie daraus Auwald machen. Und wenn sie das nicht will, dann wird es keiner“. (nature knows best)

Diese fehlende Kontrolle ist die Diskrepanz zur Forstwirtschaft. Im Naturschutz wird stärker auf Sukzession gesetzt und da wir im UO durch die jahrelange Landwirtschaft verfestigte Bodenstrukturen haben, muss man den Boden an den potentiellen Auwaldflächen aufbrechen, damit die Natur eine Chance hat. Es wird aber kein Wald entstehen, wie sich das die Forstwirtschaft wünscht.

Einen Mediator zwischen Land einerseits und BFN, Verein andererseits zu setzen, ist nicht sinnvoll, da wir eine feste Position haben, die schon vielfach die Einwände des Landes berücksichtigt hat.

Von der Landesregierung werden wir sowohl bekämpft wie gefördert und dass z.T. auch gleichzeitig. Das macht die Beurteilung der Entwicklung für die Zukunft schwierig.

Es ist eine Frage, was die NP-Verwaltung sich traut durchzusetzen und wo sie wieder kneift. Und da die NP-Verwaltung der Landesregierung nachgeordnet ist, ändert sich die Politik ständig.

Wir handeln nach dem PEP - zu dem das Land nicht steht - egal was da kommt. Den PEP setzen wir sukzessive durch.

Anlage zum Interview Pfarrer

S.: Der Flächenkauf wurde gestoppt. Was hat das für Folgen?

B.: Der Förderbescheid für dieses Jahr, d.h. die Zuwendung von Geld ist dieses Jahr noch gar nicht erteilt, da der Brandenburger Haushalt noch nicht verabschiedet ist. Insofern hätten bislang sowieso keine Flächen gekauft werden können.

Im vergangenen Jahr kam der Förderbescheid im August; der Aufkauf erfolgte bis Ende Februar, d.h. die Bauern erhielten tatsächlich die Verträge kurzfristig.

(Herr Berg sagt zu, dass er eine Kopie des letztjährigen Förderbescheids auf Anfrage zusendet.)

Gut Criewen: Herr Lichtenberg hat zusammen mit Frau Püschelt und Herrn Frenzel gekauft (Hofstelle), obwohl er wußte, daß Förderverein Eigentümer des Landes ist. Herr Frenzel ist unorganisiert. Beim Flächentausch bot er Flächen an, die ihm gar nicht gehörten.

S.: Warum tritt der Förderverein so stark auf?

B.: Der Förderverein mußte sich stark machen, weil die NP-Verwaltung so schwach ist. Herr Baryn ist schlecht informiert; der Informationsfluß zu LAGS und Ministerium ist ?. Herr Buryn hat kein Gewicht (keine Power beim Durchsetzen). Beispiel: Landwirt Frenzel (den wir auch interviewt haben) holt Reitpferde, sowie ? Kinder mit ? jagen oft durch den NP zu Pferde.

Die NP-Verwaltung schreibt eine ganz lieb formulierte Mahnung, dies zu unterlassen. Herr Frenzel beschwert sich und die Verwaltung schickt einen Brief an die NP-Verwaltung, Herrn Frenzel mit seinen Pferden gewähren zu lassen.

Da im NP-Gesetz nun ausdrücklich das Reiten verboten ist, hätte Herr Buryn am nächsten Tag beim ? vorstellig werden müssen, um der Durchsetzung des Rechts Geltung zu verschaffen oder seinen Hut zu nehmen. Er hat nichts unternommen.

Meine Anschriftenliste mit 27 Landwirten, die ich von Herrn Wilde erhalten habe, sei falsch. Von ursprünglich 52 Betroffenen seien einige wenige ausgeschieden, so daß man etwa auf 45 kommt. Es sei gut möglich, daß die NP-Verwaltung die genaue Zahl der Landwirte im NP nicht kennt.

S.: Wie wird der PEPL überarbeitet?

B.: Das genaue Procedere ist noch nicht absehbar. Wichtig sei die vom Ministerium (Englert) erlassene Handlungsrichtlinie. Der Förderverein ist in einer starken Position als Eigentümer. Was ihm nicht paßt, ist auch nur sehr schwer durchzusetzen.

S.: Wer hatte die Idee mit dem Deiche schlitzen?

B.: Minister Platzeck persönlich.

S.: Wer hatte die Idee, Elche anzusiedeln?

B.: Auch diese Idee kam aus der Staatsverwaltung und wurde von der Consulting-Firma übernommen.

S.: Positionen:

Pfarrer Berg ist zwei Mal Kreistagsabgeordneter.

Herr Vössing ist der Redenschreiber von Diepgen.

Die zahlreichen Professoren aus Berlin sind

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

Naturwissenschaftler, die schon lange am Unteren Odertal interessiert sind.

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

16. Diskussion zum Thema: Trägerwechsel“ im Nationalpark Unteres Odertal vom 8.6.2001, Schwedt

Die Karl-Hamann-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Friedrich Naumann Stiftung und dem Bundestagsabgeordneten Jürgen Türk (FDP) lud am 8.Juni 2001von 13.30 – 16:00 zu einer Podiumsdiskussion zu dem Thema „Trägerwechselim Nationalpark Unteres Odertal – Wie geht es weiter, Herr Minister?“ ein.

Ort der Veranstaltung:

Gaststätte „TURM Gasthaus-Brauerei“, Heinersdorfer Damm 1-11, 16303 Schwedt/O ein.

Transkription: Torsten Reinsch

2. Vergleich mit Aufzeichnung durchgeführt, Ca. die ersten 20 Minuten fehlen

nicht autorisiert, nur für internen Gebrauch

Legende:

(...?): Auslassung einzelner Wörter weil nicht verstanden

(?): Unklarheiten

Podium:

Herr Vogel (Leiter der Landesanstalt für Großschutzgebiete),

Mike Bischoff (SPD Regionalvertreter und Landtagsabgeordneter),

Herr Schauer (Bürgermeister von Schwedt),

Herr Stornowski (Wasser- und Bodenverband)

Herr Lichtenberg (Vertreter der Landwirte)

Moderation: Herr Türk, FDP, MdB

Beginn der Aufzeichnung:

Herr Lichtenberg: ... das trifft ja nicht nur für den Fall zu, man kann es ja weiter spinnen. Auch an der Frage, wenn man sich wirklich ernsthaft mit dieser Frage beschäftigt und bis heute diese Machbarkeitsstudie, ob denn überhaupt so was durchgeführt werden kann, was man hier vor hat mit dem PEP. Wenn der PEP auch im Augenblick noch in der Schublade liegt, aber das ist ja das trügerische an der ganzen Geschichte und deswegen freue ich mich ganz besonders, dass solche Veranstaltung wie heute stattfindet. Wir müssen die Leute immer wieder ermahnen und immer wieder aufmuntern, um für ihre Interessen einzutreten und die Forderungen, die die Interessengemeinschaft für

das Untere Odertal erhoben hat, die stehen heute noch ganz genauso, da hat sich im Prinzip noch nicht viel daran geändert.

Herr Türk: Schönen dank Herr Lichtenberg. Klare Meinung. Ein paar offene Fragen noch. Ich kann mich allerdings erinnern, dass wir vor einem Jahr, wo der Minister hier da war, klar und deutlich ausgearbeitet haben und zugesagt wurde, dass diese Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wird oder schon fast fertig ist. Ich will jetzt nicht übertreiben, aber das ist die konkrete Frage an Herrn Vogel, der dann konkret antworten wird, immerhin ist ein Jahr vergangen. Aber vorher möchte ich noch Herrn Stornowski vom Wasser- und Bodenverbandfragen: Sind sie übernahmebereit, hat der Minister das mit ihnen klar gemacht und wann übernehmen Sie, oder lehnen Sie das ganze ab?

Herr Stornowski: Ich möchte mich noch mal ganz herzlich bedanken für die Einladung. Vielleicht erlauben Sie mir ganz kurz, den Verband vorzustellen. Es gib noch einige hier im Raum, die mit dem Wasser und Bodenverband wenig anfangen können.(...?)anwesenden Landwirte. Der Wasser- und Bodenverband, Peter Schauer hat ja gesagt, wir sind relativ groß, wir habe eine Verbandsfläche von 130.000 ha. Die geht von der Autobahn (...?) bis runter nach Oderberg. Der NP liegt komplett im Gebiet des Wasser- und Bodenverbandes. Der Verband hat 80 kommunale Mitglieder, also auch alle Kommunen die direkt durch den NP betroffen oder bevorteilt sind, wie auch immer, sind. Die sind auch in den ehrenamtlich arbeitenden Gremien des Verbandes, dem Verbandsausschuß, dem Verbandsvortreffen, vertreten. In den Organen des Verbands sind nicht wie beim Zweckverband nur kommunale Vertreter, sondern bei uns sind auch ein Teil der direkt Betroffenen vertreten, und zwar in erster Linie Landwirte. Ich glaube, von den direkt Betroffenen wird relativ wenig geredet. Wenn man über den NP redet, muß man in erster Linie auch die direkt Betroffenen, sprich die dort wirtschaftenden und sich dort bewegenden Menschen betrachten und deren Probleme dort erkennen. Wenn wir das Territorium der Region ansprechen, auch die Bürger, die dort eine bestimmte Rolle spielen und politisch sehr wichtig sind, aber für mich als Geschäftsführer des Wasser- und Bodenverbandes Welse entscheidet der Geschäftsführer letztendlich die Sache nicht – und damit möchte ich noch mal kurz auf Ihre Frage eingehen Herr Türk - , sind letztendlich die Landwirte, die Fischer die dort arbeiten, und wir wollen versuchen den Tourismus zu entwickeln, heißt auch Gastwirte und Tourismusbewegte, und natürlich auch die Kommunen, und Herr Bischoff hat es angesprochen, die Wirtschaft ist in direkter und indirekter Weise Betroffen bis hin zur den Bundeswasserstraßenverwaltung. Aber ich glaube, die Fläche selbst hat ein ganz bestimmtes Klientel, was sich darauf bewegt. Der Verband hat sich mit

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

dieser Problematik seit Anfang des Jahres konfrontiert gesehen. Herr Vogel wird darauf eingehen, wie es dazu kommt, dass der Wasser- und Bodenverband in Erwägung gezogen wurde. Wir haben uns nicht darum beworben, sondern wir wurden entsprechend befragt. Das hat uns grundsätzlich gefreut. Wir sind in der Region verankert, das wurde uns zumindest gesagt. Ich habe auch den Eindruck, dass der Wasser- und Bodenverband Welse, zehn Jahre ist er tätig, zunehmend akzeptiert wird. Wir kämpfen nach wie vor um die Akzeptanz (...?); das hängt aber damit zusammen, das wir von Steuergeldern- und Beiträgen leben und wer Zwangsabgaben erhebt, ist sicherlich nicht gut geliebt. Es geht aber auch darum, die fachliche Kompetenz, im Gebiet wo wir tätig sind weiter zu entwickeln. Sicherlich hat sich der Verband nicht unbemerkt von der Öffentlichkeit entwickelt. Wir sind mittlerweile dabei, 1/3 unseres Haushaltsmittel Pflichtaufgabe, Gewässerunterhaltung, durchzuführen. 2/3 sind mittlerweile freiwillig Aufgaben, die sich nicht aus Beträgen finanziert. Davon ist wiederum ungefähr die Hälfte Landesaufgabe. Die meisten von ihnen wissen sicherlich auch, dass wir im Auftrag des Landes Brandenburg Deiche im Unteren Odertal erhalten und wir stehen mit diesem Problem nicht nur Deichunterhaltung sondern auch Gewässerunterhaltung im Nationalpark zwischen Baum und Borke. Der Vorteil dieser Situation ist, wir sind gewohnt, mit diesen Problemen umzugehen und sie zu lösen. Ich glaube, die Problematik Gewässerunterhaltung, Deichunterhaltung, Wasserbewirtschaftung im Nationalpark, ich meine jetzt nicht die Machbarkeitsstudie, sondern nach dem gegenwärtigen Stand, ist bisher noch nicht sehr kritische und öffentlich diskutiert worden. Und wir versuchen einfach unsere Arbeit zu machen und dann damit nicht hausieren zu gehen und wenn es nicht diskutiert wird könnte es sein, dass das nicht funktioniert. Die Organe des Verbandes haben sich in mehreren Sitzungen damit befaßt, es gab vier Vorstandssitzungen, angefangen mit Informationen bis hin zu Einladungen aller Bürgermeister der Nationalparkregion - ungefähr 30 Bürgermeister, die Amtsdirektion dazu auch, wir haben in diesem Gespräch, 20 waren anwesend, sehr positive Resonanzen sicherlich mit bestimmten Forderungenerfahren, und davon ausgehend hat sich der Vorstand und letztendlich auch der Verbandsausschuß im Beisein des Staatssekretärs dazu bekannt, dass wir an Konzepten als möglicher Träger arbeiten, die aber dann nicht nur den Bürgermeistern, sondern wir haben uns auch vorgenommen, in weiteren Veranstaltungen mit den betroffenen Landwirten und regional organisierten Anglern, Fischern und Touristen und ähnlichem weiter ins Gespräch zu gehen.(...?) nehmen wir den Wunsch der Landesregierung dass wir Träger werden oder die Entscheidung der

Verbandsausschuß fällen, nach dem die entsprechenden überzeugenden oder nicht überzeugenden Unterlagen vorliegen.

Herr Türk: Vielen Dank Herr Stornowski. Ich glaube es war wichtig, dass Sie mal einen Überblick geben, was Sie überhaupt tun. Wir hörten, Sie haben wichtige Aufgaben, jetzt wissen es ein paar Leute mehr. Jetzt sind Fragen aufgeworfen worden. Die wichtigste Frage ist, wie ist der Trägerwechsel gewollt? Und wenn er denn gewollt ist, gibt es den schon und wenn es ihn noch nicht gibt, wann wird er (...?). Wenn Sie da ganz konkret darauf eingehen könnten.

Herr Vogel: Recht herzlichen Dank. Sie wissen ja, unser Minister wohnt nicht weit weg von hier. Und ich gehe mal davon aus, das er Freitag Nachmittag lieber dort verbringt, wo er nicht mehr so weit nach Hause hat, im Anschluß an die Veranstaltung. Also können Sie daraus gleich schon mal entnehmen, das in Potsdam heute eine wichtige Klausurgespräch stattfindet, an dem er teilnehmen muß. Das selbe gilt für den Staatssekretär, der auch glaube ich 7 km von hier entfernt wohnt und auch gerne daran teilgenommen hätte, von daher (...?) in der Lage, fachlich die Position zu vertreten, (...?) zu mal ich an der Seite des Staatssekretärs an den Gesprächen mit dem Wasser- und Bodenverband teilgenommen habe. Ist der Trägerwechsel gewollt? Der Trägerwechsel ist vom Land schon seit längerem gewollt. Es gab viele Versuche das zu erreichen, aber und da befinden wir uns in einer problematischen Situation, die hier vielleicht auch eine Rolle spielen kann, dass immer schon versucht wird das Fell des Bären zu verteilen, bevor er erlegt wurde. Wenn das Land Brandenburg allein die Entscheidung darüber zu treffen gehabt hätte, ober der Trägerwechsel stattfindet oder nicht, dann wäre der Trägerwechsel mit Sicherheit schon seit Jahren erfolgt. Tatsächlich ist es aber so, dass das Bundesamt für Naturschutz und der Bund generell ein gewaltiges Wörtchen mitzureden hat, der er 75% der Mittel bereitstellt. Der Auftrag des Landtages damals den Trägerwechsel zu prüfen wurde auch erfüllt. Es ist ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden, der Rechtsanwalt hat sein Institut in Berlin, ein renommiertes Institut, und die PCK hat flankierend auch noch die Möglichkeit eines Trägerwechsel geprüft (...?) aber die generelle Aussage war immer, ein Trägerwechsel ist nur dann möglich, wenn Bund und Land ihn gemeinsam wollen. Daran hat es bislang gekrankt, weil nämlich der bisherige Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, Herr Uttenbrink in keinster Weise bereit war, einem Trägerwechsel näher zu treten und erst die personelle Änderung an der Spitze des Bundesamtes für Naturschutz mit dem neuen Präsidenten Herrn Vogtmann, hat überhaupt erst dazu geführt, dass das Bundesamt für Naturschutz gegen starke Widerstände innerhalb der Mitarbeiterebene nun ein Trägerwechsel vom

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

Präsidenten befürwortet wurde. Nun könnte man sagen, wenn der Präsident dem zustimmt, dann könnte es ja keine Schwierigkeit mehr sein. Der Präsident hat nach meiner Kenntnis auch eine entsprechende Vorlage an den Bundesminister geschrieben und Herr Trittin mit seiner bekannten Sozialkompetenz und Feinfühligkeit hat sich diese Entscheidung selber vorbehalten. D.h., die Frage, ob es hier im Unteren Odertal zu einem Trägerwechsel oder zu einem Abbruch des Projektes kommt, das ist die Alternative, ist keine Entscheidung, die bei Herrn Vogtmann auf dem Tisch liegt, keine Entscheidung, die bei Herrn Birthler auf dem Tisch liegt, sie ist eine Entscheidung, die direkt von Herrn Bundesumweltministern Trittin getroffen wird. (...?) Ich kann dazu noch weitere Ausführungen machen. Es ist so, dass sich unser Minister vor dem Landtag, in der aktuellen Stunde am 22.1.01, eindeutig zu einem Trägerwechsel bekannt hat und gleichzeitig auch erklärt hat, dass es keine Gespräche mit dem Verein mehr gibt. Tatsächlich ist es so, dass dies Herrn Trittin nicht daran gehindert hat eine Presseerklärung abzugeben, wo er erst einmal sagt, das Land erfüllt seine Verpflichtungen nicht, der Pflege- und Entwicklungsplan ist noch nicht in Kraft getreten usw. Und außerdem haben wir noch Schwierigkeiten mit dem Verein und er fordert auf, diese Probleme endlich in trilateralen Gesprächen zu lösen. Diese trilateralen Gespräche wurden durch unserem Minister und Staatssekretär konsequent abgelehnt. Das hindert aber den Bund nicht daran, zuletzt in einem Schreiben vom 22.Mai, trilaterale Gespräche zu fordern. Und in sofern kann ich darauf keine Wette abgeben, ob es zu einem Trägerwechsel kommt, oder ob es in Konsequenz einer hartleibigen Haltung des Bundesumweltministeriums zu einem Abbruch des Projektes.

Herr Türk: Kurze Zwischenfrage. Was heißt trilateral?

Vogel: Trilateral heißt Verein, Land und Bund. Was würde das nun bedeuten. Seitens des Vereins, ich glaube die können sich relativ locker damit anfreunden, dass das Gewässerrandstreifenprojekt beendet wird. Als, wie Herr Bischoff es auch schilderte, Eigentümer von über den Daumen, wenn man alles zusammen nimmt, von ca. 60% der Flächen im Gebiet Aus Sicht des Landes stellt es sich allerdings so dar, dass wir ein Interesse daran haben, die Restmittel in Höhe von 21 Mio. DM, die noch zur Verfügung stehen, auch zu verwenden. Und zwar 1. für die Finanzierung des Flurbereinigungsverfahrens, 2. für die Finanzierung der wasserwirtschaftlichen Machbarkeitsstudie. Und damit ist auch schon die Antwort gegeben, warum die noch nicht in Auftrag gegeben ist. Diese wasserwirtschaftliche Machbarkeitsstudie soll erklärter Maßen aus den Mitteln des Gewässerrandstreifenprojektes finanziert werden

und nicht aus Landesmitteln. Mit Ausnahme (...?) der 18% Landesanteil. Nach dem aber gegenwärtig kein Träger der Geld bekommt existiert, kann natürlich auch diese Studie nicht in Auftrag gegeben werden. (...?) der bürokratische Abstimmungsprozeß der zwischen dem Bundesamt für Naturschutz und dem Land gelaufen sind. Das Leistungsverzeichnis ist jedenfalls bis auf zwei marginale Punkte abgestimmt und könnte dann, wenn ein Trägerwechsel vollzogen ist sofort in Auftrag gegeben werden. Aus der wasserwirtschaftlichen Machbarkeitsstudie und dem Pflege- und Entwicklungsplan werden wir dann auch Maßnahmen ableiten, die Umgesetzt werden soll. Weil Ziel des Gewässerrandstreifenprojektes war es doch nicht, einen Verein mit Land auszustatten. Sondern Ziel des Projektes war es doch, Naturschutzmaßnahmen konkret auf die Fläche zu bekommen. Und insofern gehe ich auch davon aus, dass das Bundesamt für Naturschutz und letztendlich auch Trittin ein Interesse daran haben müssen, jetzt nicht dieses Projekt nach der Verausgabung von 30 Mio. DM ersatzlos abzubrechen und zu sagen, Verein oder Stiftung, seht, wie ihr mit den Flächen zurecht kommt, sondern es muß doch hier ein vernünftiger und qualifizierter Abschluß zu Stande kommen.

Herr Türk: Noch eine Zwischenfrage. Trilattereles Gespräch? Wer verweigert sich denn da?

Vogel: Wir, das Land Brandenburg verweigert sich einem Trilatteralen Gespräch, weil wir der Auffassung sind, mit diesem Verein gibt es keine Gesprächsebene mehr mit Ausnahme von Auseinandersetzungen vor Gericht, da tauschen sich die Rechtsanwälte aus, die Urteile werden von den Richtern gesprochen. Es wird keine Verhandlungslösung mehr mit dem Verein geben. Um Ihnen mal deutlich zu machen, in wieviel Gerichtsverfahren wir gegenwärtig verwickelt sind.

Es gibt ein Gerichtsverfahren, im Rahmen dessen der Verein beklagt, einen Bescheid des Landes, das eine Übertragung der Flächen auf die Stiftung rückgängig zu machen ist. Dazu gab es bisher einen einstweiligen Rechtsschutz, es gibt ein Rechtsschutzverfahren, das heißt der Verein möchte erreichen, dass die Verfügung so lange nicht gilt, bis ein Hauptsacheverfahren durchgeführt wurde. Dazu gab es am 16.5.2001 vor dem Verwaltungsgericht Potsdam einen Gerichtstermin, an dem ich teilnehmen durfte. Der Richter war felsenfest davon überzeugt, das der Verein im Unrecht ist und das Land Recht hat, dass also diese Flächenübertragung nicht stattfinden darf, und hatte uns das Urteil innerhalb von einer Woche angekündigt. Inzwischen sind über drei Wochen vergangen. Nachfragen beim Gericht haben inzwischen ergeben, nach dem drei Richter das Urteil gemeinsam unterschreiben müssen, dass die beiden anderen Kollegen nicht so ohne weiteres seiner Auffassung sind und dass da grundlegende

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

juristische Schwierigkeiten bestehen und insofern noch etwas zu warten ist.

Zweites Gerichtsverfahren. Das Land hat den Verein aufgefordert, Pachteinnahmen, die der Verein verwendet hat um seinen Eigenanteil zu finanzieren, zurückzuzahlen. Das hat der Verein natürlich beklagt. Auch hier befinden wir uns nicht in einem rechtsfreien Raum, sondern alles ist gerichtlich nachprüfbar. Es gibt ein Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg, vom Mai letzten Jahres bezogen auf ein Projekt in Luther, das liegt in Niedersachsen, und dort wurde das Land und der Bund dazu verurteilt, einen Teil dieser Pachteinnahmen beim dortigen Träger des Gewässerrandstreifenprojektes zu belassen. Also auch hier befinden wir uns nicht in einer rechtlich einwandfreien Situation, dass man, nur weil man der Auffassung ist, diese Einnahmen müssen abgeführt werden, es auch sofort durchexekutieren kann.

Dritter Punkt. Das Land hat ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren angeordnet für das Unteren Odertal. Und das ist auch das erste mal gewesen, als Dr. Vössing (...?) blaß wurde. Weil nämlich das Unternehmensflurbereinigungsverfahren einen direkten Zugriff des Landes auf die Flächen des Vereins ermöglicht. Die Konsequenz daraus ist, dass der einzige, der nach unserer Kenntnis geklagt hat, gegen die Anordnung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens der Verein ist. Und zwar gegen die sofortige Vollziehbarkeit. Auch wir können heute keine 100% Gewißheit darüber haben, dass die sofortige Vollziehbarkeit bestehen bleibt, oder diese nicht aus Gründen übergeordneter Rechte durch ein Gericht aufgehoben wird.

Herr Türk: Herr Vogel, ein Zwischenruf von mir, wie das im Bundestag und Landtag üblich ist. D.h. also, dass Land hat sich voll in die Hand der Gerichte begeben. Nun will ich nicht Gerichtsschelte betreiben, aber wir wissen, wenn das bei den Gerichten ist, dass das ein unheimlicher Vorgang ist. Ich will nicht das Wort reden, dass man sich vielleicht doch zusammensetzen sollte, denn wenn Erfolgsaussichten bestehen, macht das immer einen Sinn, sich zusammenzusetzen. Es sei denn, sie haben die Befürchtung, mit dem Verein kann man nicht reden, das geht nun mal nur über die Gerichte. Herr Bischoff will auch noch einen Zwischenruf machen. Und wenn wir gerade bei diesen trilateralen Gesprächen sind und diese Sache beißt sich wie die Katze in den Schwanz stelle ich fest. Dann haben wir wieder kein Geld für die Flurbereinigung, für die wasserwirtschaftliche Machbarkeitsstudie. Wir kommen irgendwie keinen Schritt weiter. So sehe ich das jedenfalls. Oder sehen Sie das ähnlich? Zwischenruf von Herrn Bischoff, aber kurz. Zwischenrufe müssen kürzer sein, als ich ihn jetzt gerade gemacht habe.

Herr Bischoff: Ganz kurz vorangestellt. Ich vertrete die Region im Land. Ich vertrete nicht das Land an der Stelle. Wir sind unterschiedlicher Auffassung. Ich glaube das wird heute noch mal deutlich. Der Minister Wolfgang Birthler hat, wie sie zu recht sagten, Anfang Januar in der Aktuellen Stunde zum Thema Unteres Odertal, Politik zum Unteren Odertal, wörtlich gesagt: Wir werden gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen den Trägerwechsel vollziehen. Nicht wir wollen, sondern wir werden. Und es gibt ein altes chinesisches Sprichwort und das heißt: Wenn aus Versprechen Lügen werden, wird aus VertrauenHass. Und ich befürchte, dass wenn man eine Ankündigung macht, sich jetzt wieder Monate später und danach sich hinter der BFN versteckt, sich hinter dem Bund versteckt, dass das wieder zum Vertrauensverlust führen könnte. Ich höre auch als Abgeordneter des Landtages seit Monaten die selben Begründungen, warum es keinen Millimeter vorangeht. Das macht mich etwas nachdenklich. Ich befürchte, dass man sich hinter dem Bund versteckt. Ich denke, es wäre besser, dass sich das Land selbst Positioniert. Sie machen das ja auch in der Wahl (?) aber dann muß auch gehandelt werden. Das Land muß dann selbst aussteigen. Aussteigen als Fördermittelgeber oder aus dem Programm, jedenfalls solange, wie nicht klar ist, das dieser Verein der Freunde hier keinen Millimeter mehr Platz hat.

Vogel: Das Land ist ausgestiegen und der Bund ist letztendlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgestiegen, weil auf Grund einer Anweisung von Herrn Trittin keine Fördermittel mehr für dieses Projekt zur Verfügung gestellt werden, so lange, bis Klarheit in der Sache besteht. Wobei für Trittin Klarheit dadurch zustande kommt, das sich Land und Verein einigen und für das Land Klarheit dann besteht, wenn der Trägerwechsel klar ist. Vor dem Hintergrund hat sich das Land, vertreten durch das Ministerium, auf die Suche begeben, wer käme denn als geeigneter Träger in Betracht. Wir haben einen Kriterienkatalog und ein Punktesystem gehabt und sind am Ende, ich muß sagen, das war für mich selber eine Überraschung, weil mir der Wasser- und Bodenverband nur so, der war überhaupt nicht unsere erste Wahl. Wir haben den einfach mit rein genommen. Und wie wir dann die Punkte zusammengezählt haben, war der Wasser- und Bodenverband an aller erster Stelle. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass er schon existiert. Das in ihm die Kommune und die Landwirte vertreten sind. Ein Grund ist, dass ein Großteil der Maßnahmen, die jetzt noch stattfinden, wasserbaulicher Natur sind. Und wir brauchen jemanden, der in diesem Bereich fachkompetent ist und das der Wasser- und Bodenverband in der Vergangenheit auch schon Naturschutzprojekte erfolgreich durchgeführt hat. Darauf hin gab es ein Gespräch mit dem Wasser- und Bodenverbands-Vorstand, der gesagt hat, das können wir uns prinzipiell vorstellen, darüber

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wollen wir aber erst mal mehr wissen. Das Bundesamt für Naturschutz hat gesagt, stellt sie uns einmal vor. Dann wurde vor dem Präsidenten und mehreren Mitarbeitern wurde durch Herrn Stornowski und Herrn Krause der Wasser- und Bodenverband präsentiert, so was er macht. Im Ergebnis, gegen den Widerstand seiner Fachleute, hat Vogtmann gesagt, ich finde den Wasser- und Bodenverband als Träger für geeignet und hat uns das auch schriftlich gegeben in einem offiziellen Brief an den Minister. Damit haben wir schon mal eine ganz entscheidende Schwelle genommen. Wir müssen uns jetzt gar nicht mehr in neue Gründungsprobleme hineinbegeben, in neue satzungstechnische Abstimmungen oder ähnliches, sondern es ist eigentlich ein Träger da, der das Vertrauen des Landes und des Bundesamtes für Naturschutz genießt. Und ich finde, das ist eigentlich eine hervorragende Ausgangssituation für uns, zumal, wie gesagt, Herr Trittin nach wie vor der Auffassung ist, das der gegenwärtige Träger der am besten geeignetste ist und alles nur ein Problem Kommunikationsschwierigkeiten ist. Das Land ist nicht dieser Auffassung. Es ist kein Problem von Kommunikationsschwierigkeiten, es ist kein Problem das wir mit dem Verein, uns nur zusammensetzen müßten, vielleicht mal Informationen austauschen oder das wir vielleicht verschiedene Positionen von verschiedenen Sachen haben, nein, der Verein selber ist das Problem und das hat Herr Bischoff am Anfang auch deutlich gesagt. (...?)

Herr Türk: Also noch mal, um das festzuhalten. D.h., Sie wollen das, ihr bevorzugter Verband wäre der Wasser- und Bodenverband, weil die Bundesanstalt für Naturschutz dem auch zustimmt. Die bräuchten es nur noch zu machen, aber da steht der alte Träger im Wege und das können sie nur gerichtlich klären. Oder habe ich das falsch verstanden.

Vogel: Nein, Nein. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, Grundvoraussetzung ist die Einigungzwischen Bund und Land über einen Trägerwechsel auf einen Träger. Und diese Grundvoraussetzung ist gegenwärtig dadurch nicht gegeben, das sich Trittin persönlich diese Entscheidung vorbehalten hat.

Herr Türk: Das heißt dann, dass Problem ist jetzt Herr Trittin.

Vogel: Das Problem ist gegenwärtig der Bundesumweltminister. Das zweite Problem, was sich daran anschließt. Also selbst wenn wir uns mit Herr Trittin einigen würden, das dieser Trägerwechsel vollzogen wird der Verein natürlich, da in Deutschland nichts ohne eine rechtliche Überprüfung stattfinden kann, Klagemöglichkeiten eröffnen. Und natürlich werden wir genau, wie bei dieser Flächenübertragung auf die Stiftung auch wieder mit Gerichtsverfahren konfrontiert werden. Wir gehen aber davon aus, sonst würden wir das

nicht betreiben, dass wir die Gerichtsverfahren auch gewinnen. Es knüpft sich also an die Frage und da sind wir uns alle einig, wer ist der Eigentümer der Flächen. Wir wollen, das der Wasser- und Bodenverband als neuer Träger Eigentümer der bisher erworbenen Flächen wird. Das ist das erklärte Ziel aller, sowohl des Wasser- und Bodenverbandes als auch von uns. Dafür ist Voraussetzung, das die vom Verein vorgenommene Übertragung der Flächen auf die Stiftung rückabgewickelt wird. Was sie sagen, der Verein ist noch nicht als Eigentümer in den Kataster eingetragen. Das kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt richtig, es kann auch falsch sein. Es gab Versuche seitens des Ministeriums dies von amtswegen zu verhindern. Das ist auf Grund der einschlägigen Gesetze nicht möglich. Weil nämlich im Grundbuchrecht, da läuft es nach Eingang. Das Grundbuchamt hat es abgelehnt, auf Grund von politischen Zielsetzungen des Landes diese Eintragungen zu verhindern. Tatsächlich ist es so, das der Verein gegen erklärte und auch schriftlich und brieflich formulierte Auflagen des Landes und des Bundes, diese Flächen auf die Stiftung übertragen hat. Darum wird gerade geklagt. Die Stiftung und das muß man auch wissen, ist die sog. Nationalparkstiftung. Und da hat der Verein recht, sie wurde einmal gegründet, um später das Gewässerrandstreifenprojekt zu übernehmen und auch Eigentümer der Flächen zu werden. Ein Verein ist in seinen Strukturen eine ungefestigte Entität. Man muß einen generationsfesten Träger haben und die Stiftung ist das. Diese Stiftung wurde von (...?) mit 1.000.000 DM ausgestattet. Diese Stiftung wurde vom Land Berlin mit 500.000 DM ausgestattet. Diese Stiftung wurde vom PCKausgestattet. Diese Stiftung wurde auch vom Verein der Freunde mit Geld ausgestattet. Von daher könnte man jetzt sagen, das ist ja alles unproblematisch. Wenn die Geldgeber so feststehen, dann müßten sie auch die Mehrheit in der Stiftung haben. Nur bedauerlicher Weise, es ist nicht so. Wir mußten also konstatieren bei mehreren Versuchen, dass es nicht möglich war durch das Land Brandenburg für seine Position im Stiftungskuratorium eine Mehrheit (...?) zu finden. Es ist auch für das Land Brandenburg nicht möglich gewesen eine Vorstand seines Vertrauens in dieser Stiftung zu implementieren. Sondern der Vorstand ist nach wie vor eine einzige Person und die heißt Dr. Vössing. Und nun also ein Trägerwechsel vom Verein der Freunde auf die Stiftung, das liegt nicht im Interesse des Landes.

Herr Türk: Sie haben also klar und deutlich gesagt, das Land will das, der Bund, Trittin, ist dagegen. Solange der dagegen ist, wird es keine Lösung geben. Dann muß eben jetzt die Lösung mit Trittin gemacht werden. Ich denke, dass Umweltministerin der Lage sein müssen, sich zusammenzusetzen und das Problem wirklich mal zu lösen, denn das kann ja nicht weitere zehn Jahre so gehen. Das

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

erlaube ich mir als Moderator einfach mal zu sagen. Das würden wir ihnen dann auch mitgeben wollen, wenn Sie das ähnlich sehen. Wie gesagt, es kann nicht wieder von vorne angefangen werden zu diskutieren. Jetzt haben wir einen Zwischenruf von Bürgermeister Schauer.

Schauer (trägt sehr verärgert und emotional vor): Herr Vogel, mit Verlaub, aber das höre ich nun schon seit zehn Jahre. Tut mir leid, aber ich muß das so offen sagen. Wir werden zugrunde geredet. Es wird so lange geredet, bis man glaubt, was soll man den hier, warum sitzt man hier rum. Wenn ich jetzt höre, der Verein hat die Stiftung mit finanziert. Mit welchem Geld denn? Mit Geldern des Landes, die werden doch nicht private Gelder reinbringen. Das ist doch die Katze mit dem Schwanz hochgezogen. Langsam verstehe ich die Welt nicht mehr. Es wird immer gesagt, schuld sind die Anderen. Das höre ich schon zehn Jahre hier. Was haben Sie denn selbst getan, als Land Brandenburg, damit dieser blödsinnige Kreislauf endlich mal beendet werden kann. Entschuldigung. Der Trittinwird jetzt vorgestellt, das ist der eigentlich Verantwortliche. (...?) Was hat das Land Brandenburg getan, außer einer klaren Bekennung vom Oktober: Wir werden aussteigen. Dann tut es doch endlich. Dann macht doch nicht immer die (..?) verantwortlich, wie jetzt die (...?). Wir haben kommunale Selbstverwaltung. Wir werden überhaupt nicht gefragt. Wenn ich jetzt die wasserwirtschaftliche Studie nehme. Noch nicht mal in Auftrag gegeben. Was hat ein Kuratorium, wir sind beide Kuratoriumsmitglieder, dann für eine Bewandtnis, wenn dort der klare Auftrag gegeben ist, eine solche wasserwirtschaftliche Studie in Auftrag zu geben. Die ist heute noch nicht einmal in Auftrag gegeben. (...?) Was tun Sie denn als Land dafür, das endlich mal aus dem Teufelskreis ausgebrochen wird. Ich höre immer bloß: Schuld sind die anderen.

Englert: Eigentlich wollte ich schweigen heute.

(Lachen im Publikum)

Englert: Aber Herr Vogel hat uns jetzt so vorgeführt im Auftrag vielleicht von jemandem, was hier mit uns gemacht wird. Es werden immer neue Dinge erfunden, um das Hauptziel, deswegen wir eigentlich hier sind, nämlich Trägerschaft, und was deren Ziele sind. Ich komme noch zu meinen Fragen. Ich will nur den Leuten hier sagen, eigentlich verantwortlich für den Naturschutz über die Entscheidung ist das Land. Es ist ein Unsinn, was hier dargestellt wird, dass das BFN zu entscheiden hat. Und außerdem kennen Herr Bischoff und ich interne Schreiben, also ich habe sieben Jahre gebraucht, Herr Bischoff hat das leichter gehabt, nach sieben Jahren hat mir dann der Naturschutz als Landtagsabgeordneter erlaubt, in die Akten einzusehen. Und ich darf nur darüber sprechen, wenn ich im Landtag darüber gesprochen

habe, laut Justizminister. Darum habe ich so oft gesprochen, nicht um mich zu profilieren, sondern um bestimmte Wahrheiten an den Tag zu bringen. Und dort steht eindeutig drin, wenn das Land sagt, das kann dem Verein kündigen, kann Auflagen erteilen, dann ist Schluß. Es ist Unsinn, und das hat seine Ursache. 1992, das muß ich jetzt noch mal sagen, 1992 haben sich einige, ich gehe mal davon aus, mit gutem Gewissen vielleicht, einen Antrag gestellt, ich habe den hier mit auch aus den Akten raus, einen Antrag gestellt, einen internationalen Park zu entwickeln, wo es keinen Tourismus gibt, wo keine Brücke gebaut wird, wo keine wirtschaftliche Entwicklung sind. Das ist die Wahrheit, das ist hier. Und dieses, dieser Satz, das haben Leute gemacht. Ich sage jetzt mal Dr. Vössing. Und zu dieser Zeit waren auch andere Leute in diesem Verein drin. Dieser Verein hat das an das BFN gegeben, um Bundesmittel zu kriegen. Denn der Bund fördert keinen Naturschutzprojekte. Das ist eine Landessache. D.h. man mußte im Bund extra ein Gewässerrandstreifen von 91 novellieren, damit man riesen Flächen kaufen kann. Denn Gewässerrandstreifen nach Brockhaus ist fünf oder zehn Meter an den Ufern und so weiter, um das zu schützen, aber nicht 60 km Länge und 5km Breite über Steuermittel als Eigentum zu (..?). Und dort steht eindeutig drin in diesem Antrag an das BFN - und Herr Vössing kommt ja aus dem BFN - und genau wörtlich, was dort drin steht die ganzen Verbote, gehen als Zuwendungsbescheid, und nun hören Sie richtig zu, an das Land wo Herr Dr. Vössing Leiter des Nationalparks in Gründung war. Und der Leiter in Gründung im Nationalpark in der Landesregierung hat dann diesen Antrag wieder mit seinen eigenen Worten, an den Verein gegeben und der Vorsitzende dieses Vereins war der Dr. Vössing. Also ich habe ein paar Folien der Freien Universität mal mitgegeben, die beschäftigen sich jetzt wissenschaftlich damit. Also die Katze ist dort ein Sack. Überall ist die selbe Person drin. Und dann sagt Herr Dr. Vogel (...?), das BFN ist schuld. Nein, das Land, das Ministerium ist schuld, das es acht Jahre immer wieder versäumt hat. Und nun muß ich noch was dazu sagen. Der Fakt ist, eigentlich, und das ist die Frage, die ich als erstes stellen wollte, Herr Türk, Sie waren ja vor einem Jahr hier, und das nützt nichts, wenn wir jetzt den Auftrag geben, das die Naturschutzleute mit Herrn Trittin sprechen. Das muß nedich (?) gemacht werden. Entweder übernehmen sie das mit selbst zum Bundestag, und sagen, was hier los ist, das wäre das Richtige. Weil, das ist nicht nur eine Sache für das Untere Odertal ist, wir kennen es ja aus der Presse, wie es knirscht und kracht in Brandenburg, bei Naturschutzprojekten. Herr Türk, ich hätte jetzt noch eine Frage an Sie, dann habe ich auch noch ein Schreiben dazu, haben Sie denn jetzt dieses Jahr, bei der Konfliktlösung selbst Aktivitäten unternommen, oder Ihre Parteibeauftragten. Was haben Sie unternommen,

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um den Konflikt, nämlich die weitere systematische Käufe von, aus Steuermitteln, Flächen aus dem Unteren Odertal zu bremsen? Oder, der andere Konflikt ist, nämlich das man aus dem Unteren Odertal die Menschen vertreiben will. Und wenn Sie, sie kennen die Satzung des Vereins, und deshalb kommt noch mal die Frage an Herr Stornowski, da stand nämlich bis 1999 drin, Tourismus wird es nur in der Schutzzone drei geben. Und zwischen Mescherin und Stolpe steht drin Schutzzone eins und zwei. Das Gewässerrandstreifenprogramm umschreibt das wieder mit Kernzone, dazu komme ich noch, und dann haben Sie 99, weil ich das geklagt hatte im Landtag, die Satzung geändert und den Satz raus genommen, damit sie nicht anfechtbar sind. So wird das gemacht, da steht noch mehr drin in der Satzung. (...) Sie gefährden seit sieben, acht Jahren systematisch die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort. Auch das Image, was Dr. Vössing in Tagespressen, nicht hier, sondern in der Frankfurter Allgemeinen, Süddeutschen Zeitung über Schwedtgesprochen hat, über wirtschaftliche Entwicklung und so weiter, was dann Dr. Vössing zur Anhörung im Europaausschuß in Berlin gesagt hat, wo ich dabei war. Wo er gesagt hat, dank des Nationalparks haben wir keine Überflutung hier gehabt. (...?) Nun komme ich zur Frage zu Herrn Vogel. Herr Vogel, Sie haben ja gesagt, wir wollen das Ziel erreichen. Besteht, es ist ja mehrmals gesagt worden, wenn das Land heute sagt Schluß mit dem Gewässerrandstreifenprogramm, ist Schluß. 60% der Flächen sind da. Und dann sollen sie das andere eintauschen, an die 60% und wir hätten vielleicht noch 30, 40% Luft für Tourismus im schönen Unteren Odertal (...?). Können Sie mir bestätigen, ich zitiere mal: „Der Verein ist im Rahmen des Gewässerstreifenprogramms -Vössing, BFN, Vössing, Vössing und andere, die anderen Namen können Sie selber ergänzen - Unteres Odertal durch Bundes- und Landesregierung beauftragt, das Kerngebiet des Projektes vollständig zu erwerben. Vollständig erwerben, Mescherin bis Stolpe, vom Kanal bis zur Oder und damit langfristig für den Naturschutz zu sichern. Ohne diese Maßnahme ist die Verwirklichung des Naturschutzziele in diesem Gebiet nicht zu erreichen“. Stimmen Sie diesem Satz zu?

Herr Türk: Vielen Dank Herr Englert.

Englert: Bitte, Bitte,

Vogel: Sie hatten noch mehr Fragen.

Englert: Bitte, können Sie dem zustimmen? Sie können bloß ja oder nein sagen.

Vogel: ne des..

Englert: kennen Sie den Satz nicht?

Vogel: Natürlich kenne ich den Satz.

Englert: Wo her.

Vogel: Na, aus dem Mittelverteilungsschreiben. Er ist ja auch in soweit korrekt, als im Mittelverteilungsschreiben auch die Zielsetzung ist, alle Flächen, die nicht im Eigentum von Kommunen, des Landes, des Bundes oder von Naturschutzverbänden sind, durch dem Verein erwerben zu lassen. Und diesen Zeitpunkt den haben wir nach unserer Meinung auch erreicht. Die 60 %, die Herr Bischoff erwähnt hat, als die Flächen, die vom Verein eingekauft werden können, werden ergänzt durch die rund 3.800 ha Bundes-, Landes-, BVVG-Flächen die das Land für sich beansprucht und Stiftungsflächen. Es sind die 100% erreicht.

Englert: Ihr Ziel, sagen Sie es doch mal klar, was sie vor zehn Jahren gesagt haben. Sie wollen 100% des Eigentums des Unteren Odertales.

Vogel: Ist erreicht. Es ist erreicht.

Englert: Für was brauchen sie noch Geld?

Vogel: Habe ich doch gerade gesagt. Wir brauchen kein Geld mehr für Flächenkäufe. Wir brauchen das Geld für das Flurbereinigungsverfahren, für die wasserwirtschaftliche Machbarkeitsstudie und für die biotopersteinrichtenden Maßnahmen. Dafür braucht man noch Geld.

Englert: Also, was ich jetzt zitiert habe, ist nicht aus dem Mittelverteilungsschreiben, weil es immer nur heißt die 60 Mio. Das ist ein Antrag von Herr Vogel, an den Naturschutzfond vom 16.6.97, weil er da auch noch Geld eingeplant hat, für den Kauf.

Vogel: Von mir, ne?

Englert: Das habe ich hier.

Vogel: Das ist nicht von mir.

Herr Türk: Ich glaube, dass ist eine klare Aussage. Keine Mittel mehr für den Flächenerwerb. Sondern nur noch, aber was heißt nur noch, Geld für die Machbarkeitsstudie und für..

Vogel (abweisend, genervt): Habe ich doch eben gesagt, für das Flurbereinigungsverfahren.

Englert (wütend, laut): Kann ich noch eine Ergänzungsfrage .... Es ist doch ungeheuerlich, das sie den Verein außerhalb der Kernzone Flächen kaufen lassen, was nach Zuwendungsbescheidinnerhalb von drei Jahren, ja, Sie schütteln jetzt immer mit dem Kopf und machen das lächerlich..

Vogel: Wir brauchen doch gar nichts mehr kaufen

Englert (sehr laut): Sie haben doch gekauft zwei, drei 1.000 ha, die Sie aus den Fördermitteln überhaupt nicht hätten kaufen dürfen. D.h. wir müssen jetzt 10 Mio. ausgeben, um die falsch gekauften Flächen wieder einzutauschen mit dort wo Landwirtschaft, Forstwirtschaft oder sonst was ist, das ist doch ein Vergehen was Sie gemacht haben, was Sie geduldet haben. Und jetzt eine Frage an Herrn Stornowski

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

Vogel: Nein, nein

Englert: Er will ja Tourismus machen im Unteren Odertal. Da frage ich erst mal. Wenn wir Verträge machen mit den Fischern, die Sterberegelung, wenn sie gestorben sind, kriegen sie keinen Pachtvertrag. Sind die Fischer alle raus. Mit den Fischern sind die Angler raus. Also ist der Tourismus erst mal weg. Die Landwirte braucht man viel Geld um die letzten Flächen mit viel Geld zu kaufen, das ist nur eine Frage der Zeit meiner Meinung, das Geld wird das regulieren. Dann sind auch die Landwirte raus, dann kommen auch die Wegenetze weg. Dann haben wir, wenn Sie das durchsetzen, was ich nicht hoffe. Es ist ja auch in einem Zuwendungsbescheid der Öffentlichkeit so dargestellt worden im November 1998, dass das konkretisiert wird die Angleichung Zuwendungsbescheid zum Nationalpark, das der angeglichen wird. Der ist verschärft worden. Das Gesetz ist für bestimmte Leute in der Landesregierung nur eine Nebensache. Sondern der Zuwendungsbescheid ist nach wie vor gültig, auch wenn er jetzt außer Kraft gesetzt wurde. Da steht drin, so weit wie möglich alle Flächen zu fluten1, alle Flächen zu kaufen und so weiter und so fort. Wie man dann, Herr Stornowski, noch als hier Ansässiger dann vermitteln kann, dass da Tourismus gemacht wird, wenn Sie nicht meinen, dass man um die Deponie in Pinnow oder im PCK wandern gehen, dass müßten sie vielleicht noch mal erläutern.

Herr Türk: Schönen Dank Herr Englert. Wir nehmen uns jetzt alle vor, ganz straff die Fragen zu stellen und auch die Antworten zu bringen. Es ist auch eine Frage an mich gestellt worden, was haben Sie im Bundestag getan. Also ich habe darauf vertraut, nach unserer letzen Sitzung vor einem Jahr, das der Landtag und diese Landesregierung das hinkriegen. Wir sitzen hier eigentlich nur deswegen so zusammen, weil es noch nicht gelöst worden ist. Das ist der einzige Grund. Wenn das jetzt aber nicht anders geht, und Herr Trittin das Problem ist, dann sind wir natürlich an der Reihe und ich stehe auch zur Verfügung zu vermitteln. Ich denke schon, dass das mal ausgesprochen werden muß. Dass man da nicht nur immer hin und her fragt von Potsdam nach Berlin. Dann stehe ich

1 vgl. BFN Schreiben vom 23.11.98 Bezüglich des Mittelverteilungsschreibens vom 6.10.92 und 12.10.98: Punkt 1, Text zum 6. Spiegelstrich wird gestrichen und durch folgenden Text ersetzt: Aufgabe von Land und Träger ist es, das Überflutungsgeschehen im Projektgebiet auf möglichst großer Fläche und so naturnah wie möglich zu entwickeln. Dieses Ziel ist insbesondere durch die Freigabe von Polderflächen für das natürliche Überflutungsgeschehen und durch Einbeziehung von im Gebiet vorhandenen potentiellen Retentionsflächen in das Hochwasserregime zur Integration von Naturschutz und Hochwasserschutz zu erreichen

gerne zur Verfügung, dass zu vermitteln.

Englert: .. das der Trick ..

Herr Türk: Ja aber bitte, ich würde das ganz offensiv machen wollen. Wir können das auch mit Anfragen und wir können das auch zum Thema im Bundestag machen, wenn es denn anders nicht gelöst werden kann. Es muß offensichtlich so sein. So jetzt ganz konkrete Fragen die Herr Englert gestellt hat, an Herr Vogel und dann Herr Stornowski. Wenn Sie ganz kurz und präzise antworten würden. Wollen Sie erst Herr Stornowski.

Stornowski: Wir haben einmal den Nationalpark als Fläche und einmal die Nationalparkregion. Das sind zwei Paar verschiedene Schuhe. Wenn man ehrlich ist, und ich denke, die vielen ehrlichen Worte haben in der Vergangenheit gefehlt, man sollte so was auch aussprechen, dann ist der Nationalpark selbst, und in der Begründung steht drin, eine Entwicklung in einer Naturlandschaft. Die Nationalparkregion ganz anders. Da ist die wirtschaftliche Entwicklung, Tourismus (...?) zwingend notwendig, um die sozialen Probleme, die die Naturlandschaft bringt - vorhin haben wir ein paar angesprochen, Tourismus, Fischerei, Landwirtschaft - es gibt ja eine Diskussion dazu, das die Landwirtschaft dort perspektivisch nicht unbedingt notwendig ist, oder gewollt ist. D.h. wir brauchen Alternativen dazu. Und für mich ist die Nationalparkregion die Alternative. Ich denke, wenn man sich den Nationalpark selbst betrachtet, kann man sehr wohl der Meinung sein, das die Kulturlandschaft ganz wichtig zu erhalten ist. Die Intention des Landtages war es, daraus einen Nationalpark zu machen. Die Begründung des Gesetzes ist interessant. D.h. wir müssen uns mit dieser Situation auseinandersetzen, die Region selbst, ich komme hier aus der Ecke, sagt warum soll der Nationalpark dort entwickelt werden. Die Kulturlandschaft ist dann nicht zu erhalten. Aber ich denke, im Grunde ist es europaweit, es sind die wenigen Flußauen, die nicht bebaut sind, ganz rar. Wir haben die Situation, dass diese Flußaue ist zwar genutzt, aber nicht bebaut, demzufolge ist da eine nationale und internationale Notwendigkeit und Bedeutung drin. Das heißt für mich auch, dass der Bund und Europa dafür zu sorgen haben, nicht die Region, nicht der Kreis, nicht alleine das Land, dass dieser Ausgleich zu uns kommt. Und ich sehe, bzw. ich werde mich dazu äußern, wenn ich gefragt werde, dass insbesondere in der Nationalparkregion, dieser Tourismus unter Nutzung der Möglichkeiten des Nationalpark.

Englert: Wie, wie?

Stornowski: Da sehe ich ein paar andere Möglichkeiten. Z.B., es wird nicht nur sein, dass auf dem Deichradweg hin und her mit den Scatern und dem Fahrrad gefahren wird. Das ist zwar interessant, aber nicht der einzige touristische Highlight, den man entwickeln kann. Ich kann mir

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auch vorstellen, das es geführte Wasserwanderungen, ich weiß, dass es da andere Überlegungen gibt, im Nationalpark möglich sind. Es muß natürlich abgestimmt werden mit der Nationalparkverwaltung unter dem fachlichen Aspekt heraus. Es gibt auch andere Möglichkeiten, aber immer unter der Prämisse, ich denke dass sollte man auch ganz ehrlich sagen, der Nationalpark selbst ist als Natur, als Wildnisregion perspektivisch zu orientieren. Jeder, der was anderes behauptet oder sagt, sagt die Unwahrheit. Dieses Problem müssen wir lösen. Und da muß ich auch sagen, sollten uns die Beteiligten und Betroffenen sagen, welche Intentionen sie haben. Weil es geht nicht davon, dass wir ständig den Landwirten oder anderen vorschreiben, was sie machen sollen. Also ich sehe schon, es ist eine touristische Entwicklung möglich, auch wegen Nationalparkregion, nicht umsonst ist Nationalpark und Nationalparkregion unterschieden unter Nutzung der Nationalparkmöglichkeiten in dieser Region.

Englert: Ich muss noch mal was zum Nationalparkgesetzt. Ich fühle mich betrogen was Sie sagen. Sie zitieren das Nationalparkgesetz. Dann müssen Sie es richtig zitieren. Nicht Begründung, das ist juristisch. Sie haben drei, vier Juristen angesetzt, die uns alle hier nur belehren. Wir sind keine Juristen. Aber darin stehe ich. Ich habe mich gewehrt gegen das Wort entwickeln. Weil gesagt worden ist, dann auch vom Minister, entwickeln ist Totalreservat. Ich sage, dann brauchen wir es nicht reinschreiben. Totalreservat ist, Natur, die entwickelt wird. Aber es ist ja bewusst reingemacht worden wegen Gewässerrandstreifneprogramm, damit man das Geld kriegt, aber es steht drin Schutzzone eins und Schutzzone zwei. Und Schutzzone zwei war immer in unserem Begriff, das der Mensch da auch erlaubt ist. Und das verhindern Sie, nämlich mit dem Gewässerrandstreifen. Und ich habe die Frage vorher gestellt, das Gewässerrandstreifenprogrammsagt nicht Schutzzone eins oder zwei, sonder Kernzone. Und die Satzung sagt auch, was er jetzt auch zitiert, Ausnahmeregelung. Denkste mal, es gäbe keine Schöpfwerkbrücke, es gäbe keine Brücke über den Kanal, der Radweg wäre nicht da, was man in zehn Jahren für den Tourismus durch die Nationalparkverwaltung und ich will nicht sagen durch die Landesregierung, hier gemacht hätte, es wäre ein luftleere Nummer. Dadurch kommen die Leute her. Ich weiß nicht, ob es früher nicht 120.000 waren und jetzt 100.000, (...?) eine Million oder ein paar Millionen für die Pensionen und so weiter kriegen. Das was ich jetzt gesagt habe, das bitte ich mal von der Presse aufzunehmen. Es ist wahr, was gesagt worden ist. Der Nationalpark ist für die Menschen nicht da. Man hat das nur Jahre nicht geglaubt.

Herr Türk: Sie haben ganz deutlich ihre Meinung

gesagt. Darauf antwortet dann Herr Vogel, dann Herr Bischoff und als Betroffener Herr Frenzel.

Vogel: Kein Vertreter des Naturschutzes hat sich gegen die Schöpfwerkbrücke ausgesprochen. Kein Vertreter des Naturschutzes hat sich gegen diesen Uferradweg ausgesprochen. Es ist doch alles Unsinn. Sondern es ist von vornherein auch Teil des Konzeptes für diesen Nationalpark, dass können Sie auch nachlesen, dass dieser Nationalpark auch der touristischen Entwicklung dient.

Englert: Sie wollten die Schöpfwerkbrücke nicht, damit kein Mensch rüberkommt. Das kann ich Ihnen schriftlich geben.

Vogel: Punkt zwei. Zone zwei soll nach wie vor Zone einer harmonischen Kulturlandschaft sein. Das bedeutet aber auch, deswegen ist das Naturbereinigungsverfahren so wichtig, das wir versuchen müssen, die Flächen des Vereins in die Zone eins zu packen und die Flächen, die wirklich sensibel sind, dort wo Schwierigkeiten mit den Landnutzern auftreten können, im Rahmen von Pachtverträgen und ähnliches, dort wo diese Ideen von Grünlandmanagement existieren, dass dort das Land oder der Wasser- und Bodenverband als Eigentümer zu liegen kommt, auf jeden Fall die öffentliche Hand und nicht der Verein. Weil wir wissen doch über die soziale Kompetenz des Vereins. Also sie brauchen uns hier nicht so in den Topf stecken wollen, Ziel des Landes ist es, den Verein als Träger zu belassen, oder dem Verein die ganzen Flächen zu überlassen. Das ganze Handeln des Landes zeigt deutlich auf, dass dies nicht so ist. Ich habe mit meinen Beispielen von den Gerichtsverfahren nur versucht deutlich zu machen, dass es nicht so einfach ist. Man sagt, man möchte das und schon ist es vollzogen. So läuft es nun mal nicht. Nur ein Punkt noch. Herr Vössing war nicht im Bundesamt für Naturschutz angestellt. Herr Vössing ist der Presseschreiber, der Redenschreiber von Herrn Diepgen...

Englert: jetzt, jetzt

Vogel: ... und ist nach seiner Tätigkeit beim Land Brandenburg auch wieder nach Berlin zurückgegangen. Und aller letzter Punkt und das zum Wegenetz. Egal wer Eigentümer der Fläche ist. Hoheitsfunktionen bleiben bei demjenigen, die auch Hoheitsträger sind. D.h. über die Widmung oder Entwidmung von Wegen entscheidet nicht der Verein, entscheidet auch nicht der Wasser- und Bodenverband. Darüber entscheidet die Kommune oder der Landkreis oder das Land Brandenburg, je nach dem, wer sich dafür zuständig fühlt. Es wird aber nicht so passieren, dass, weil jetzt der Eigentümer sagt, also dieser Weg da, da möchte ich jetzt keinen mehr rüber lassen, der kurzer Hand gesperrt ist. So funktioniert das nicht.

Herr Türk: Herr Vogel, dass ist jetzt zu Protokoll genommen. Wir nehmen Sie da beim Wort. Jetzt

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

Herr Bischoff.

Bischoff: In ganz Deutschland gibt es genaugenommen 28 sog. Gewässerrandstreifenprojekte. Nicht Nationalparks, Gewässerrandstreifenprojekte. Das ist eigentlich der Ursprung unserer Problematik, zu der wir heute hier sitzen. Wir sitzen heute nicht zum Nationalparkgesetz hier, wir sitzen heute zum sog. Gewässerrandstreifenprojekt hier.

Herr Türk: Es gibt Übereinstimmung hier, stelle ich fest. Das ist schon mal was.

Bischoff: Moment. Wenn von 28 Projekten in ganz Deutschland, 27 geräuschlos laufen, fast geräuschlos und eines ständig auch überregional in der Zeitung ist, dann muss das doch Gründe haben. Am Programm selbst liegt es wahrscheinlich nicht unbedingt. Ich befürchte, dass es sehr stark an handelnden Persönlichkeiten, an Personen liegt und auch an der Frage, wie man in den Wald reinruft. Und ich möchte wirklich widersprechen. Das Untere Odertal hat einen extrem hohen Erholungswert. Es ist und bleibt eine Perle, für uns hier in Schwedt und für die ganze Uckermark. Es ist unbestritten. Das war es früher, das ist es heute und das wird es in Zukunft auch bleiben müssen. Ich persönlich glaube, wir brauchen viel mehr Zeit, 30 – 50 Jahre, wir brauchen mehr Zeit und im übrigen z.T. auch viel mehr Kompromisse. Ich stelle mich auch dagegen, dass das Nationalparkgesetz im Tenor ein Ziel hat, nämlich die Kulturlandschaft, die ja hier vor 100 Jahren von den Menschen erschaffen wurde und zwar sehr wohl durchgeplant. Man hat das Untere Odertal übrigens schrittweise eingedeicht. Man hat über Jahre geforscht, was hat das für Auswirkungen auf die Hochwasserpegel, auf die Entwässerung für die Landwirtschaft und Fischerei. Keine Brechstangenmethoden, wie es heute manchmal von irgendwelchen frischen Universitätsabgängern geplant wird. Das hat man sehr sorgfältig gemacht. Ich komme zurück zum Punkt. Im Nationalparkgesetz stehen vier Ziele drin. Das erste Ziel, da steht Erhaltung drin. Das zweite ist der Schutz, das dritte ist die Pflege und erst viertens und genau in dieser Reihenfolge, steht drin, in Teilen seiner natürlichen Funktion zu entwickeln. Mich ärgert es, also wirklich als Landespolitiker, wenn man ein Nationalparkgesetz mit vier Zielen hat, schützen, pflegen, erhalten und in Teilen zu entwickeln, diesen einen, auch im Gesetz bewusst zuletzt formulierten Punkt immer vor an stellt und uns suggerieren will, also Leute, das muss jetzt mal wieder so werden, wie es die Natur gerne hätte. Ich warne davor. Das Untere Odertal eignet sich nicht für Experimente. Noch mal. Es ist ein gutes Erholungsgebiet. Wenn das Grass zwei Meter hoch ist, wird sich der Erholungswert schlicht verringern. Die Wiesenbrüter werden keine Plätze mehr finden, die Störche werden auch nicht mehr so zahlreich sein. Wenn man das dem Menschen nicht überträgt und dem Fahrrad erleben kann, wird es sich

übrigens auch langsam wieder vor dem Menschen zurück entwickeln. Ich wehre mich nur dagegen, dass das Nationalparkgesetz heißt, zurück zur Urnatur. Das ist so vom Gesetz nicht gewollt, der Kompromiss heißt anders, Herr Vogel und Sie wissen das auch. Ich will nur gelegentlich mal daran erinnern und auch Herrn Stornowski.

Herr Türk: Aber Herr Bischoff, das haben wir das letzte Mal schon zusammen herausgearbeitet mit der Landesregierung, Herr Vogel hat es heute bekräftigt. Wir wollen nicht Natur- und Landschaftsschutz gegen die Menschen, wir wollen das mit den Menschen. Das haben wir zu Protokoll genommen, davon gehen wir aus, deswegen soll es jetzt auch diesen Trägerwechsel geben. Nur wenn sich dieser Trägerwechsel nun wieder ewig hinaus zieht, dann müssen wir eben heute wirklich Lösungsansätze finden, damit das bald und sofort was wird und nicht wieder zehn Jahre eingeleitet werden. Jetzt als Betroffener Herr Frenzel.

Frenzel: Herr Türk, vielen Dank, dass Sie als einer der hier in Brandenburg und Berlin nun wahrlich nicht am Projekt 18 arbeitet, sondern eher am Projekt 1,8, nun schon dreimal wie ich meine nicht nur heute sondern auch vor einem Jahr und dann mal vor zwei Jahren in einer Kneipe Zeit hatten, sich darum zu bemühen. Da haben wir mit den Herr Leuten, die ja absolut nichts über Einfluss im Land Brandenburg verfügen, überhaupt nicht zu meckern, sondern zu danken.

Türk: Das war nicht abgesprochen.

Frenzel: (...) Wir haben dem Axel Vogel zu sagen, wir wissen beide, und da dürfen Sie jetzt nicht mit den Augen zwinkern wie Günther Jauch, nicht mit dem Kopf nicken, machen Sie einfach starre Mine, zu dem was ich jetzt sage. Wir wissen beide, ein Minister ist in jeder Stunde einer jeden Woche in der Lage, so zu tun, als hätte er irgendwo Termine. Originalton Birthler für alle die es wissen wollen: „Für profilierungssüchtige wie Englert und Bischoff begebe ich mich nicht zum Kasperletheater“. Das war noch diese Woche und ist verbirgt. Wenn wir also heute die Frage stellen, ich bin da relativ gelassen, irgendwo habe ich die letzen zehn Jahre mit dieser Landwirtschaft da unten nicht ein Hektar verloren. Ich bin mit 250 ha angegangen, und bin noch immer mit 250 ha zu gange. Davon gehören bloß 90 privaten Leuten. Habe ich neulich mal gekauft. Vielleicht liegt bei Axel Vogel die Genehmigung des Verfahrens, des Vertrages. 120 sind solche, wo jetzt viel Wellen drum gemacht werden, die von der Treuhandnachfolge, dem Land geschenkt werden oder am Land vorbei irgendwelchen (...?)förderbaren Greenpeace oder Robin Woods, weiter geschenkt wird. Da steht die Frage, mit wem habe ich da den nächsten Pachtvertrag, nach 2004 für mich. Denn 120 ha von 250 – ich will das nur an meinen Flächen fest machen, weil an den anderen da kann ich das nicht

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– 40 ha hat diese Gruppe um Vössing im nächsten und übernächsten Jahr mit auslaufenden Pachtverträgen bei mir. Will also sagen, über zwei drittel sind ziemlich fraglich. Wenn wir uns die Frage stellen, was können wir erwarten, dann kucken wir uns an, Irene ist in Rente, wir beide quälen uns noch zehn Jahre, wenn wir den Durchschnitt (...?) ein junger Dachs aus Vierraden, wenn wir den Durchschnitt der agierenden Landwirte angucken und den Schlachtenpreis von 400 Mark und Axel Vogels Auffassung in der Märkischen Oderzeitung, wir sollten doch solidarisch mit einander sein. Landwirtschaft könnte auch Lobby sein für Naturschutz. Wir können das nicht leisten. Da wo uns die EU vor allem, aber auch Platzeck durch Vössing hat hinringen lassen, werden wir dem nächst da unten in diesem Unteren Odertal mit der Viehhaltung enden. Dann wird es verbuschen und dann ist das Ziel erreicht. Dann wird Mader noch ein Paar mal vor Gerichten, das haben Sie verschwiegen, Vergleiche herstellen, da, wo man hätte leicht Siegen können als Land. Und warum sehe ich das so gelassen? Ich sehe das deshalb für die Landwirtschaft alles so gelassen, weil hauptsächlich, wenn wir an der, zumindest in der Tierhaltung, an der gescheiterten EU-AgrarpolitikWasser laufen gehen, nicht vorrangig an Euch. Was können wir von Politik erwarten, Mike und Herr Schauer, von Euch beiden darf und muss erwartet werden, Englert hat das auch nicht besonders, weil er nicht wiedergewählt werden muss, er sagt auch nicht: Mein jetziger Landesvorsitzender Schomeister (?) Matthias Platzeck ist derjenige gewesen, der diesen Bösewicht, dem hat er ja Arbeit gegeben, in Schwerin wollte ihn keiner, in Berlin wollte ihn keiner, Platzeck hat ihm Arbeit gegeben. Und all die Jahre bis 98 hat das gehalten. Und ich zitiere Matthias Platzeck aus der Vorort-Sendung in der Halle da in Neuen Zeit: Ich bin dankbar, das es solche wie in diesem Verein gibt. Das ist Euer Landesvorsitzender, dem müsst ihr sagen, wenn die ersten hier ruiniert sind, einen haben wir schon, der hat berufliche Probleme in der Landwirtschaft, gewesener Geschäftsführer, weil er sich zu sehr mit der Sache eingelassen hat. Dann werden wir wieder laut plakatieren an der B2, dann werden wir wieder Feuer machen, dann werden wir klar machen, dass Stolpe eigentlich vor zwei Jahren auf dem Schwedter Marktplatz eigentlich in Schwedt nur zwei Lügen verbreitet hat. Das mit der Bonazzigruppe mit der Ansiedlung im PCK sei klar und der Pflege- und Entwicklungsplan sei Murks. Die Frage zum Pflege- und Entwicklungsplan heißt präzise: Wie kräftig ist der jetzt und kann der Verein auf Flächen die ehemals die Bergholzer Erzeugergemeinschaft bewirtschaftet hat und freigegeben hat durch einen (abfalsorischen ?...) Flächentausch, dürfen die da jetzt in der Schwedter Gemarkung Wald pflanzen. Nun weiß der Bürgermeister das der Wald pflanzen, eingezäunt

haben sie es schon. Ein paar ha gegenüber vom Schöpfwerk. Ja und dann, Lichtenberg ... Du vertrittst da vorne die CDU nehme ich mal an. Vor zwei Jahren zur Wahl war an der Maienburger Brück an der Schranke zu lesen, so ein kleiner Aufkleber: Was hier fehlt, ist Schönbohm. Nun habe ich mir den Schönbohm gestern Abend angetan, bei Berlin Mitte. Da sage ich ja nun, ob der da nun fehlt? Den haben wir ja nun als Innenminister, wo die große Koalition in die..ich will ja nur, dann können wir nur hoffen Frau Dagmar Enkelmann, die schönste Frau des Bundestages. Die ist einfach so naturblond, das sie auf Deine Anfragen in der Debatte weiter nichts als von Vögeln erzählt hat im Landtag. Von Menschen war nicht die Rede. Von den Grünen ist in dieser Frage nichts zu erwarten. Also von wem dürfen wir denn noch was erwarten. Wir werden demnächst solche politischen Szenarien haben, das Gräber sich mit den Chaoten in Marzahn in Kreuzberg und im Wedding beschäftigt und die Hauptstadt regiert und hier werden, wenn ich an den Platzek und den Stolpe nichts sagt (?), einfach die Verdrossenheit in solchem Ausmaße gehen, dass uns gar nichts mehr übrig bleibt, außer verzweifelt zu sein und niemandem mehr zu trauen. Auch Axel Vogel, mit dem ich sechs Jahre zusammen auf meiner Fläche – ich will nicht verschweigen Herr Vogel – auf 80% meiner Fläche in herausragender Weise Vertragsnaturschutz gemacht habe. Das werden wir dann beide nicht mehr können, aber damit müssen wir dann beide auskommen. Danke, das ich so lange dazu reden durfte.

Herr Türk: Vielen Dank für die Meinung. Aber war das auch gleichzeitig eine Frage an Herrn Schauer, da mit dieser Fläche, oder

Frenzel: Nein, vor allem an den, der pflanzen läßt.

Herr Türk: Aber vorher würde ich doch gerne noch mal Herrn Heise hören.

Heise: Mein Name ist Günther Heise, ich bin der Umweltdezernent des Landkreis Uckermark. Ich bin auch noch Vördervereinsvorsitzender eines anderen Vereins (...?). Ich will versuchen es schnell zu machen. Es hat vorher eine Diskussion gegeben, Nationalpark oder nicht Nationalpark. Brauchen wir ihn oder brauchen wir ihn nicht und so weiter. Diese Diskussion hielt ich für völlig legitim. Dann hat der Landtag beschlossen, das höchste demokratische Gremium des Landes Brandenburg, Nationalpark ja, hat ein Gesetz gemacht. Von diesem Zeitpunkt an, ist für mich jedenfalls und ich dachte auch für andere Landtagsabgeordnete, Kommunalpolitiker und so weiter dieses Gesetz eben da. Wir müssen es nun einhalten. Wer einen Nationalpark beschließt, der muss eigentlich wissen, dass er damit größere Flächen den Landnutzern entzieht. Das sind in erster Linie die Landwirte. Und wenn er das beschließt und wirklich bewusst macht, dann muss er auch wissen,

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das er, und ich gehe davon aus in einer Demokratie werden die Gesetzt im Sinne des Allgemeinwohls gemacht, Leute damit schädigt oder gefährdet. Und dann hat er auch die Pflicht, diesen Leuten einen Ausgleich, in welcher Weise auch immer, zu gewähren. Wenn es ein altes Ehepaar ist und er gibt ihnen eine Million, dann sind sie vielleicht zufrieden. Bei anderen muss er Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen und so weiter. D.h. für mich hätte sofort nach dem Nationalparkgesetz eine Betroffenheitsanalyse gefehlt, wo untersucht worden wäre, jeder einzelne Landwirtschaftsbetrieb, welche Möglichkeiten haben wir, dir andere Flächen zu geben und so weiter und vielleicht einem alten Ehepaar zu sagen, hier bekommt ihr eine Million und so weiter. Das ist nicht gemacht worden. Und meine Damen und Herren, aus meiner Sicht, ich bedauere das, auch die ganze Entwicklung wie das hier ist, sehr. Aber ich muss mal sagen, ich sehe auch die Lösung nicht. Wir können nicht nur über Leute herziehen, ob sie uns sympathisch sind oder nicht. Das löst das Problem nicht. Und Herr Bischoff hat sehr richtig gesagt, wir müssen Klartext reden. Und wir müssen uns in der Region darüber klar werden, ob wir den Nationalpark überhaupt wollen. Ich sehe nämlich, das viele ihn wirklich nicht wollen. Und das finde ich auch ein schlimmes Problem muss ich mal sagen, weil das nämlich unehrlich ist. Wenn ich nur vergleiche, was da in dem Nationalparkgesetz steht. Ein Nationalpark wird nicht gemacht, um Tourismus zu betreiben, sondern in erster Linie, um große Flächen der Natur zurückzugeben. Ob das gut ist oder nicht, das lasse ich jetzt mal weg, aber der Landtag hat es beschlossen. Und dann steht hier drin, ich darf das mal ganz kurz ergänzen: Der Nationalpark dient auch einer umweltschonenden, naturnahen Erholung und der Entwicklung des Fremdenverkehrs – jetzt kommt es – so weit dies mit Satz eins vereinbar ist.

Englert: Das ist der Schlüssel

Heise: D.h. das eine ist das erste und das andere kann gemacht werden soweit es vereinbar ist. Das haben Landtagsabgeordnete beschlossen und ich muss sagen, ich habe den Eindruck, dass manch ein Landtagsabgeordneter nicht gewusst hat, was er beschließt. Das muss ich so deutlich hier mal sagen.

Englert: Ich habe nicht dafür gestimmt.

Heise: Denn sonst könnten wir die Diskussion heute gar nicht haben. Und ich muss aber auch sagen, mir ist nicht klar, wo dieses Gesetz existiert, dass es jetzt einen Verein geben kann, der das andere will. Ich lese mal den Zweck vor der Interessengemeinschaft zum Schutz des Unteren Odertals und da sind ja führende Kommunalpolitiker in diesem Verein vertreten. Sie sagen nämlich, sein Ziel ist es, die durch das Sommerdeichsystem und den geregelten Flutungsrythmus historisch gewachsene

Kulturlandschaft im Unteren Odertal mit dessen bestehende Artenvielfalt zu schützen und später sagen sie, er setzt sich für eine naturverbundenen Nutzung ein und fördert zum beiderseitigem Interesse das Zusammenwirken von Mensch und Natur (vgl. Error: Reference source not found, S. Error: Reference source not found). Das ist auch ein gutes Ziel, und das hätte man vielleicht auch machen können. Aber dann hätte man kein Nationalparkgesetzt beschließen dürfen, denn das ist antinationalpark. Und solange wir so klar nicht das definieren, reden wir immer noch keinen Klartext hier, sondern wir reden über Personen über bessere oder schlechtere und wer was falsch gemacht hat. Das ist meiner Ansicht nach notwendig, was hier ganz klar und deutlich gemacht werden muss. Und die Betroffenen sind eigentlich die Landnutzer, die hier sitzen weil sie einfach keine Perspektive haben, bzw. Ungewissheit haben, wie geht die ganze Entwicklung weiter. Und da sind sie eigentlich die Betrogenen. Und da muss ich sagen, da freue ich mich, dass ich hier mal wirklich meine ganz private Meinung sagen kann. Ich bin aber auch der Ansicht, nehmen Sie mir das übel oder nicht, ich kenne zwar den Charakter weder von Herrn Berg noch von Herrn Vössing genau, dass das ganze Geschimpfe was wir hier an Personen festmachen, auch nicht.. Ich habe manchmal den Eindruck, man könnte die Mutter Theresa – wenn sie noch leben würde – einsetzen können, und wir hätten die Konflikte hier trotzdem in der Region, weil wir einfach nicht ehrlich miteinander umgehen. Ich kann alle nur auffordern, wenn der Imageverlußt nicht noch größer werden soll, denn es zieht ja doch viele Leute hier her. Wir haben kürzlich eine Tagung in Prenzlau, eine Fledermausenlogen-Tagung, die nicht zu tun haben mit (...?), die wollten sich den Nationalpark ansehen und eine Busladung voll ist hingefahren. Und der Nationalpark kann meiner Meinung nach auch für die Zukunft auch für den Tourismus Bedeutung kriegen. Wir können nicht sagen, wir wollen hier Tourismus machen und alles soll so bleiben wie es ist. Das ist unfair und unehrlich und da bitte ich auch wirklich gerade die Landtagsabgeordneten, Herr Englert, sie haben es ja doch mitbeschlossen.

Englert: Wer hat es mitbeschlossen? Nein, da muss ich Ihnen

Heise: Sie haben dagegen gestimmt, nehme ich an.

Englert: Ja

Heise: Ja, aber ich denke, wenn ein demokratischer Beschluss in einem Landtag gefasst worden ist, dann muss ich auch, wenn ich unterlegen bin, das mittragen und das sehe ich einfach nicht, sonst könnten sie nicht – ich glaube Sie sind Mitglied in dem anderen Verein.

Herr Türk: Aber Herr Heise, ich habe da noch eine Frage an Sie. Also wenn ich Sie richtig verstanden habe, meinen Sie, dass was da steht in diesem

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Beschluss, dass das nicht Zusammengeht. Das in einem Naturpark Mensch und Natur sich gegenseitig ausschließen. Habe ich sie richtig verstanden.

Heise: Nein, nicht gegenseitig. Darf ich dann noch zitieren, damit das klar ist. Insbesondere dient er, also der Nationalpark, der Sicherung und Herstellung eines von menschlichen Eingriffenweitgehend ungestörten Ablaufs der Naturprozesse auf möglichst großer Fläche, der Erhaltung und Regeneration eins naturnahen Wasserregimes und des natürlichen Selbstreinigungspotentials des Stromes und der Aue (Flächenfilterfunktion), sowie der Erhaltung naturnaher Waldbestände und langfristiger Regeneration von Forst- und Naturwäldern. Nationalpark, das ist ja das besondere, heißt eben große Flächen von der Nutzung zu befreien und sehen, was die Natur daraus macht. Ob das entsteht, was wir heute glauben, das ist eine ganz andere Sache. Das ist Nationalpark. Entweder ich bekenne mich zu diesem Gesetz, dann muss ich mich auch dazu bekennen, dass auf großen Flächen diese Entwicklung einfach der Natur überlassen wird. Wer das nicht macht, ist unehrlich

Herr Türk: Das war eine klare und deutlich Antwort. Sie meinen, dass der Mensch dann doch negativen Einfluss ausübt. So habe ich Sie jedenfalls verstanden.

Heise: Ich habe das Gesetz zitiert

Herr Türk: Jetzt Herr Englert.

Publikum: Ein Zwischenruf

Herr Türk: Aber ganz kurz

Publikum: Er hat nämlich eins Vergessen. Die Priorität des Hochwasserschutzes, die einige Paragraphen oder Absätze weiter Hinten steht, die hat er vergessen zu sagen. Und Hochwasserschutzist Schutz einer Landschaft und nicht der Naturüberlassen.

Herr Türk: Gut, vielen Dank für die Klarstellung. Herr Englert und dann Herr Manthey.

Englert: Herr Heise, Herr Dr. Heise, ich würde Sie gerne noch mal ansprechen. Natürlich stehe ich zu dem Nationalparkgesetz. Ich werde immer gefragt, auch wenn ich verloren habe, verloren braucht nicht eine Niederlage sein. Sie haben das Nationalparkgesetzt zitiert. Und das Nationalparkgesetz sind wir überfordert gewesen 92. Erstemal ist es ja, 93 oder 94 ist es ja mal abgewendet worden, damit es neu eingekommen (?), mit dem Druck, wenn wir das heute nicht bestätigen wären 60 Millionen der Region entzogen. So wurde das gemacht. Das haben wir ja heute auch wieder gehört. Ich werde auch gefragt vom Minister oder von allen, ob ich für das Nationalparkgesetz wäre. Sage ich ja. Aber ich bin nicht dafür für das Internationalparkgesetz. Das Wort ist

reingekommen. Ich habe gekämpft. Was muss ein Internationalpark in ein Gesetz, in ein fest geschriebenes Gesetz? Das muss sich ja selbst entwickeln. Aber das hat ja Hintergedanken gehabt. Und nun folgendes dazu. Es geht nicht den Kollegen hier um das Nationalparkgesetz umzusetzen. Es geht um den Zuwendungsbescheid. Und da, wenn sie sagen ehrlich zu sein, ich kann jede Rede, können Sie lesen, die ich in den neun Jahren gemacht habe, ich habe immer inhaltlich das vertreten, was ich heute vertrete. Habe dresche gekriegt, habe Erfolge gehabt über alle Parteien dazu, wissen Sie ganz genau, ich stehe dazu.

Heise: Da haben wir was gemeinsames.

Englert: Genau das, was Sie gesagt haben. Aber ich bin auch Abgeordneter um zu sehen, wie werden die Steuermittel ausgegeben. Wenn Flächen gekauft werden gegen die Festlegung des Bundes und des Landes außerhalb und wir müssen jetzt 10 Millionen oder 5 Millionen ausgeben, um die wieder einzutauschen, um die Landwirte zu enteignen oder andere Flächen zu machen, dann ist das doch Betrug an dem Steuerzahler und das mache ich. Das habe ich versucht gerichtlich reinzubringen, das habe ich versucht Anhörungen zu machen. Sie haben es sieben Jahre verhindert diese Aktivitäten. Das hat mich sehr verletzt, das muss ich Ihnen sagen.

Herr Türk: Das ist der Vorwurf der gemacht wird, das der Naturschutzgedanke von ihrem Verein missbraucht wird. Das ist dieser Streitpunktüberhaupt.

Heise: Mir tun auch die Millionen leid, die unter irgendeinem Naturschutztitel in irgendeinem Haushalt für irgendwelche Sachen draufgehen und die Natur hat nichts davon. Das ist überhaupt mein größter Kritikpunkt am heutigen Naturschutz, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, Herr Englert. Ich glaube aber, dass wir manches, was wir jetzt machen müssen, schauen Sie, wir haben einen PEP, der kostet viel Geld, jetzt kommt die AEP, das ist eigentlich ein Anti-PEP, so ist es mal angelegt gewesen. Kostet wieder viel Geld. Was sagen die Landwirte. Wir haben ja im Landwirtschaft/Umweltausschuss gesessen. Da sagen die Landwirte, das haben wir uns anders vorgestellt. Eine Betroffenheitsanalyse, steht in dem AEP drin, kann sie ach nicht bringen. Also wider Millionen ausgegeben. Und wie geht es denn eigentlich weiter. Ich sehe das Problem. Ich sehe, dass es ein Lohngrab wird und wir haben nicht das, was der Landtag mal beschlossen hat. Und das finde ich alles nicht in Ordnung und sauber. Und was den Hochwasserschutz betrifft, was Sie jetzt gesagt haben, das ist nicht so. Der Hochwasserschutz ist gewährleistet auch mit dem Nationalpark, der ist da mit drin.

Publikum. Ja eben. Als Ziel.

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Manthey: Den meisten bekannt. Ich bin Geschäftsführer der Interessengemeinschaft. Ich muß auf Herrn Heise hier reagieren und antworten. Zwei Sachen: Erst die Geschichte mit der Interessengemeinschaft, das die anti Nationalpark wäre, wie Herr Heise das aus der Satzung herauslesen wollte oder aus den Zielen. Zum zweiten zum eigentlichen Thema. Sie haben gesagt, das ist anti Nationalpark, was in unserer Satzung drin steht. Das haben sie gesagt.

Heise: Ja, das ist richtig.

Mantehy: Dazu soviel. Wenn wir den Schutz und Erhalt dieser vorhandenen Kulturlandschaft in unsere Satzung geschrieben haben, dann steht das nicht im Widerspruch zum Nationalparkgesetz. Denn Dort steht auch der Schutz und Erhalt dieser Landschaft drin im Gesetzt. Das kann man nachlesen. Die zweite Sache, das wir eine wirtschaftliche Nutzung wollen im Nationalpark, kann man auch im Nationalparkgesetz nachlesen. Dort steht, in der Zone zwei ist eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche und fischereiwirtschaftliche Nutzung möglich. Weiter hin dazu: Unter dem Begriff Nationalpark, kann sich natürlich jeder was vorstellen, verschiedene Vorstellungen haben. Und Herr Heise ist ja vom Fach. Wenn man sich mal die IUCN-Richtlinien ansieht, in dem die Kategorie II, also Nationalparke definiert sind, mit den Haupt-Managementzielen, dann ist eines dieser drei Hauptmanagementziele der Tourismus und die Erholung. Die Kategorie, die Herr Heise wahrscheinlich meint, das ist die Kategorie Wildnis, das ist nicht Nationalpark. Soviel zu diesem Thema. Nun zu der eigentlichen Veranstaltung heute. Ich denke, wir sind vom Thema abgewichen und kommen immer wieder auf Urproblem zurück. Meine Frage geht eigentlich an die Landesregierung, bzw. an den Vertreter der Landesregierung. Wir haben ja die Situation gehabt in der Region wurde erwogen, einen Zweckverband aus den Kommunen zu gründen, der wenn es denn möglich ist, unabhängig vom Ausgang dieser gerichtlichen Entscheidungen, wer den Träger des Programmes sein könnte. Und die Landesregierung hat, und das haben wir auch bestätigt, sich selber diesen Träger Wasser- und Bodenverband gesucht und hat gesagt, dieser muß es sein. Wir als Interessengemeinschaft – Lothar Lichtenberg hatte das schon angedeutet - sind der Meinung, das Modell Spreewald ist uns ja mal 99 als das neue progressive Modell dargestellt worden. Ich hatte auch die Frau Dr. Kehl, die Geschäftsführerin des dortigen kommunalen Zweckverbandes eingeladen für heute - aber leider war sie geschäftlich verhindert, damit sie berichten konnte, wie läuft es denn im Spreewald und funktioniert die Sache dort - das wir gesagt haben, wir wollen eine ähnliche Situation haben, wie im Spreewald. Und wenn uns der Spreewald als die Lösung angeboten wurde, warum soll es dann nicht auch bei uns

funktionieren. Und unsere Meinung als Interessengemeinschaft und auch in der Region war, wenn es nicht nur dieser Zweckverband aus den Anlieger..(?) sein soll, warum kann es dann nicht der Wasser- und Bodenverband mit einem Regionalbeirat aus diesen Kommunen. Und das ist mein eigentliche Frage. Würde die Landesregierung einer solchen Lösung, Träger ist der Wasser- und Bodenverband, er wird aber nicht durch seinen normalen Vorstand in dieser Pachtfrage betreut, sondern von einem Regionalbeirat aus den Anliegergemeinden. Wäre diese Lösung für die Landesregierung akzeptabel. Das ist meine eigentliche Frage, um zum heutigen Thema zurückzukommen.

Herr Türk: Vielen Dank Herr Manthey. Jetzt muß erst mal Herr Vogel zu Wort kommen und dann Herr Schauer und dann Herr Bischoff.

Vogel: Um gleich bei Herrn Manthey anzufangen. Es ist auch im Vortrag der Landesregierung und des Ministeriums gewesen am Wasser- und Bodenverband einen derartigen Regionalbeirat einzurichten. (...?) Das wird uns aber nicht davon entheben, das der Wasser- und Bodenverband mit seine Organen natürlich auch die Verantwortungträgt. Die Organe werden nicht freigestellt für einzelne Projekte von der Haftung, sondern der Wasser- und Bodenverband ist ja auf Grund eines Gesetzes errichtet worden und ist alles sehr stark rechtlich reglementiert und der unterliegt einer Rechtsaufsicht und der Projektbeirat der kommunale Beirat wird sich dann einfügen müssen in das Gefüge des Wasser- und Bodenverbandes, aber es ist auf jeden Fall gewünscht. Zu den Fragestellungen von Herrn Frenzel. Der Pflege- und Entwicklungsplan das ist ja bekannt ist nach wie vor in mehreren Punkten offen. Die (...?) ist die landwirtschaftliche Machbarkeitsstudie die ist noch nicht in Auftrag geben, sie kann also nicht abgeschlossen sein. Die Fischereikonzeption ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Es gibt noch offene Punkte zu (...?) Die Frage des Wegenetzes halten wir mit der AEP halten wir für abgeschlossen. Die agrarstrukturelle Entwicklungsplanung ist keinerlei Geldverschwendung, sondern sie diente dazu, zu untersuchen, wie die Ziele des Pflege- und Entwicklungsplanes sozialverträglich um gesetzt oder erreicht werden können. Diese Leistung hat sie auch erbracht. Zur Frage der Waldflächen in der Gemarkung Schwedt. Nun ist es so, das hier eine projektbegleitende Arbeitsgruppe vom Kuratorium eingesetzt wurde, die also die Aufforstungsvorschläge des Pflege- und Entwicklungsplanes begleitet. Hier werden Begleituntersuchungen durch Prof. Hofman durchgeführt, und sich diese Projektgruppe auch diese exemplarischen Aufforstungsflächen (...?) und hierfür liegt eine Aufforstungsgenehmigung des zuständigen Amtes für Forstwirtschaft in

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Eberswalde vor. Und selbstverständlich ist der Verein als Grundeigentümer auch berechtigt, diese Aufforstung vorzunehmen. Zur Frage Tourismus Umweltbildung und IUCN-Kriterien hat Herr Manthey alles gesagt. Ich möchte da auch Herrn Heise widersprechen, deutlich Herr Heise. Die IUCN-Kriterien kann (...?) als Ziel, als ausdrückliches Ziel für einen Nationalpark, Tourismus und ...

Heise: ...untergeordnet..

Vogel: ...Umweltbildung. Die Kategorie I Wildnisgebiete, die würde das in der Tat ausschließen. Das ist aber nicht die Kategorie für Nationalparke. Und die Zone II ist nun mal auch Bestandteil des Nationalparkgesetzes und das heißt eben ordnungsgemäße landwirtschaftliche Wiesen- und Weidennutzung und Grünlandnutzung. Die findet ja auch genügend statt und wird auch weiterhin stattfinden. Das hat auch etwas mit Wiesenbrüterschutz zu tun und es hat etwas zu tun mit Ramsakonvention weil nämlich große Teile des Gebiets dem internationalen Abkommen zum Schutz der Wasser- und Wandervögel dienen und die sind darauf angewiesen, dass das nicht alles Wald ist, sondern Offenland auch erhalten bleibt.

Frenzel: Treuhandflächen

Vogel: BVVG-Flächen beansprucht das Land für sich, dass heißt, das Sie ein Pachtvertrag mit dem Land eingehen.

Frenzel: Wir?

Vogel: Wenn die Landesregierung der Auffassung ist, das die Landesanstalt für Großschutzgebietediese Flächen verwaltet, dann werden wir beide miteinander verhandeln.

Frenzel: Dann sind Sie an diesem Punkt der Bösewicht und nicht Vössing.

Publikum: Mit dem Menschen kannst Du ja reden, aber mit Herrn Vössing kannst Du nicht reden. Das wissen wir ja nun.

Herr Türk: (...?) Herr Vogel, wir haben jetzt die Fragen beantwortet.

Heike Moritz: Ich habe noch eine Nachfrage zum Verständnis.

Herr Türk: Wollen Sie jetzt gerade dazu, ansonsten Herr Schauer.

Heike Moritz: Nein, genau dazu, zum Verständnis. Ich habe eine Frage zum Verständnis. Obwohl der PEP nicht in Kraft ist, wird trotzdem nach PEP verfahren, in dem bestimmte Flächen aufgeforstet werden, also werden doch Tatsachen geschaffen, die im PEP verankert sind.

Englert: Weil das Land in dem Mittelverteilungsschreiben an den Verein das so vorsieht (?), dass das PEP (...?) und das ist die Unwahrheit, die hier gesagt wird.

Herr Türk: Herr Vogel, klären Sie das auf. Der PEP ist noch nicht verabschiedet und trotzdem wird danach gehandelt.

Vogel: Es gibt Teile des Pflege- und Entwicklungsplanes, die vom Land so bestimmt (?) wurden.

Englert: Aber nicht vom Parlament.

Vogel: Dazu gehört z.B. die Frage der Aufforstung.

Schauer: (...?): Mein Eindruck ist, bei jeder dieser Veranstaltungen kommt raus: eigentlich sind wir selber Schuld. Schuld ist erst mal sowie so andere. (...?) Uns allen wird immer wieder suggeriert, es ist ja alles bestens vorbereitet worden. Ich denke mal an die anderen Veranstaltungen, vor 10 Jahren fast, ihr könnt ja weiden, ist ja selbstverständlich. Man muß mit uns ja bloß reden. Und dann wird die normative Kraft des Faktischen angemeldet, dann werden Fakten geschaffen, 60% und dann ist man im Besitz und bestimmt das Geschehen. Das ist eigentlich das Schlimme. Der Betrug ist eigentlich nicht das Nationalparkgesetz. Wir haben zwei Tage vor Beschluß noch wenigstens erreicht, das eine Spur Landwirtschaft hier in der Gegend und Wirtschaft anderer Art, das ein Korridor für die Brücke rein kommt. Zwei Tage vor Gesetz. Heike hat es vorhin gesagt, die Betroffenheitsanalyse hatte sofort gemacht werden müssen. Nein, die hätte vorher gemacht werden müssen, da wäre es kein Nationalpark geworden, weil die Betroffenheit so klar herausgekommen wäre, das wir alle so betroffen sind, dass es gar kein Nationalpark geworden wäre. Das ist die Wahrheit. Hinter her dann festzustellen, wenn man ein Auto gekauft hat, das ist gar nicht so gut, ich hätte ein anderes kaufen können. Das Gesetzt ist da, wir akzeptieren das, aber die Gemeinheit ist 1990 (...?) worden. (...?) nach sieben Jahren endlich mitbekommen, den Antrag, den unser Vorsitzender – wie Herr Frenzel vorhin sagte - mit Herrn Vössing beantragt hat, da steht eben drin, dass das mit der Stadt Schwedt abgestimmt, das ist doch die Lüge, die Gemeinheit, das ist Betrug. Wenn wir in einen Kindergarten investieren und nach fünf Jahren feststellen, die Kinder sind nicht mehr da und wir müssen das Ding schließen, dann zahlen wir die Fördermittel zurück. Hier wird so getan, ist doch alles in Ordnung hier, da geht es ja nur um 60.000.000 das ist ja nur ein Klacks. Das kommt aus der Steckdose. Das ist die Gemeinheit. Ich glaube Herr Birthler jetzt, damals Herr Platzeck, müßte sein Ministerium anders sortieren. Damals hieß es MUNR, Umwelt, Natur und Raumordnung. Jetzt heißt es MLUR. Das R steht immer ganz hinten. Das ist die Raumordnung. Das ist die, die für uns letztlich die Voraussetzung schafft, das die Leute nachrechnen (...?), steht ganz hinten. Das ist auch in der Reihenfolge so. Das gehört vorne hin. Dann haben wir L und U (...?) uns wird immer suggeriert, es ist ja alles in bester Ordnung. Das ist eigentlich die Gemeinheit, die ich

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bemängle. Wir sollten wirklich klar sagen, so lange es nicht ein Gleichberechtigung zwischen Mensch und irgendeiner Vogelart gibt, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Das ist die Grundstreitfrage hier, und wenn das nicht geklärt wird, da hat die Landwirtschaft ein Nachteil, da hat die Wirtschaft ein Nachteil und die anderen. Und vom grossen Tourismus zu Reden, den man eigentlich gar nicht will. Wann will hier High-Tech-Tourismus machen. Der aus Japan kommt, die einen großen Vortrag über die Welt halten, aber der normale Tourist, der hier das Geld rein bringt, der hier übernachtet, den will man ja gar nicht haben. Das ist die Grunddiskussion. Fragt doch mal rum, wer hier übernachtet in den Hotels. Das sind doch nicht die Touristen, das sind die Industrietouristen, leider Gottes oder Gott sei Dank.

Herr Türk: Aber Herr Schauer, das waren die Sünden der Vergangenheit. Das soll jetzt geändert werden durch den Trägerwechsel, weil es ja offensichtlich sehr extrem ausgelegt wird. Herr Vogel hat klar und deutlich gesagt, durch den Trägerwechsel, soll das einer werden. Wir müssen natürlich dran bleiben, dass es diesen Trägerwechsel jetzt gibt, sonst wird das wieder länger noch so bleiben.

Bischoff: Streckenweise hatte ich ganz persönlich den Eindruck, das wir ein bisschen an einander vorbeigeredet haben, einige, und ich will auch sagen, warum. Das Nationalparkgesetz sagt nicht, extrem alles zurück aus der Kulturlandschaft und es sagt auch nicht, extrem die Kulturlandschaft komplett zu schützen. Es geht differenziert vor. Es gibt zwei Schutzzonen. Schutzzone 1, 50% Totalreservat, darauf hat sich der Gesetzgeber 1995 verständigt und die Schutzzone 2, in der begrenzt Nutzung - im übrigen, das ist heute gar nicht zu Wort gekommen, auch viele Angler erholen sich hier mit ihrem Sport - (...?) zur Verfügung stehen. Ich wollte gerne wieder zurückkommen zu dem Thema, was können wir denn selbst machen und tun. Mit dem Finger auf andere zeigen, dass haben wir jetzt auch gemacht, was können wir selbst ganz konkret tun. Wir haben im Landtag Brandenburg in den letzten eineinhalb Jahren, mehrere Punkte umgesetzt. Der Verein kriegt kein Geld mehr. Der Trägerwechsel ist inzwischen von der Landesregierung gewollt. Die wasserwirtschaftliche Machbarkeitsstudie, um überhaupt mal eine Grundlage zu kriegen, damit man weiß, was passiert denn überhaupt, wenn man hier flutet, mit der Oder z.B. im Sommer, wenn da Wasser (...?), ist denn da die Schifffahrt noch möglich (...?) polnischen Nachbarn, ist denn der Hochwasserschutzgewährleistet, um einfach diese Sorgen aus der Region rauszunehmen. Die AEPs sind in Auftrag gegeben und der Entwurf liegt auf dem Tisch. Die Flurneuordnung ist begonnen. Sie hätte verhindert werden können, aber Sie mußte jetzt gemacht werden, sie ist notwendig. Es gab im Landtag

Brandenburg in diesem Jahr eine aktuelle Stunde zum Unteren Odertal, in der sehr heftig debattiert worden ist über alle Parteien hinweg. Im Landtag Brandenburg sind an dem Tag auch 13.000 Unterschriften überreicht worden, wo Menschen aus der Region sich zu den Problemen bekannt haben, die wir heute besprochen haben und gesagt haben, Leute, brecht nichts über das Knie, macht es mit den Menschen. Denn ich bin davon überzeugt, dass der Radfahrer und Kremser, nur wenn die Beiden sich über das Untere Odertal freuen, das wir die nur dann für die Natur gewinnen können. Alles andere ist glaube ich genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. Ich denke, die Alternative zum Verein der Freunde ist da. Und es wäre mir sehr wichtig, wenn von der heutigen Diskussionsrunde das Signal ausgeht, der Streit liegt nicht in der Region, der Streit liegt nicht in der Region. Wir haben uns verständigt und ich habe mich gemeinsam mit Carsten Wiebke und Kollegen von Arnim mit Bürgermeistern zusammengesetzt und wir haben das Thema diskutiert und wir haben gesagt, was stellt ihr euch vor. Wir haben sie mal gefragt. Und wir haben uns verständigt, der Wasser- und Bodenverband ist eine Alternative mit einem Kommunalbeirat, und wenn man auch die entsprechenden Betroffenengruppen mit einbezieht. Ich warne davor, sie dann nicht auch mit Rechten auszustatten. Nur dabei zu sein, um im Organigramm und bei der Sitzung daneben zu sitzen, um später sagen zu können, das war ja mit euch besprochen, das wäre zu lauwarm. Entweder, man ist mit Rechten dabei, da heißt, man kann auch auf Kompromisse hin wirken, oder, ich sag es mal ganz brutal, man ist gar nicht dabei. Also die Forderung ist, Beteiligung der Region, darin sind wir uns in vielen Gesprächen, Carsten und Sternnowski, einig geworden, im Beisein mit den Bürgermeistern. In der Region ist der Boden bereitet, wir sind bereit für den Trägerwechsel und ich fordere schlicht und ergreifend, weil ich etwas ungeduldig bin, dann muß er jetzt auch erfolgen. Viele Probleme (...?) wurden angesprochen. Ich wünsche mir, dass das Thema weiter verfolgt wird und dass das Signal vom Podium direkt an Herrn Birthler mit rüber genommen wird. Ich habe natürlich auch mit ihm gesprochen. Und wenn Brandenburg sagt, der BundesumweltministerTrittin, ist nicht bereit zuzustimmen, Brandenburg gibt auch Fördermittel, wir sind zwar nicht der Hauptfördermittelgeber, aber wir sind derjenige, was sehr schwierig zu verstehen ist, wir reichen als Land Brandenburg die Mittel an den Verein aus. Brandenburg empfängt sie in die Landeskasse vom Bund und mit unserer Unterschrift gehen die Mittel an Vössing oder den zukünftigen neuen Träger. Ich denke, wenn man beherzter reagiert und sagt, wir als Land wir ziehen die Reißleine wir handeln und zwar entschlossen und kündigen den Vertrag mit diesem Verein der Freunde, das wäre ein gutes Signal. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der

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Bund, auch wenn er Fördermittelgeber ist, und zwar sehr massiv Fördermittelgeber ist, sich diesem komplett entziehen würde. Ich kann es mir nicht vorstelle, weil, und das ist meine letzte Bemerkung, weil wir uns in der Region auf eine Alternative verständigt haben, die wir dann aber auch mit mehr Kompromissen und mit mehr Zeit, ich sag noch mal, wir brauchen mehr Zeit und 30 – 50 Jahre ist in der Natur überhaupt kein Zeitfaktor, mehr Kompromisse und mehr Zeit. Ich glaube, dann können wir auch einen guten Schritt vorankommen auf dem Weg, der sich in den letzten Monaten und Wochen im Unteren Odertal etwas (...?) abgezeichnet hat. Letzte Bemerkung, versprochen, ich warne davor, es ist keiner der wirklichen Konflikte bislang gelöst. Der PEP liegt zwar nicht auf dem Tisch, aber er liegt immer noch im Fach. Die Studie ist noch nicht mal in Auftrag gegeben. Der Verein bekommt zwar seit über einem Jahr kein Geld aber er ist immer noch da. Viele der Probleme sind im Moment geschoben, aber noch ungelöst und da muß jetzt endlich mal Klarheit werden.

Herr Türk: Vielen Dank Herr Bischoff, das war schon wie ich meine ein gutes Schlußwort. Herr (...?) und Herr Englert, sind Sie der gleichen Meinung, oder wie sehen Sie es?

Herr?: Ich hätte noch mal eine Verständigungsfrage zu der Problematik der Grundstücke die ja nun irgendwo sind. Man erinnert sich da an das Bermudadreieck (?). Der Verein hat es im letzten Jahr an die Stiftung übertragen. Da gibt es ein Schriftstück dazu. Angekommen ist es letzten Endes noch nicht, weil es im Grundbuch noch nicht verbindlich steht. Am 15.6. war das Verwaltungsgerichtsurteil in Potsdam wo wir noch nicht genau wissen, wie das ausgeht. D.h. notfalls Rückübertragung wenn das so kommen sollte, wie wir uns das eigentlich wünschen, dass das nicht aus der Linie geht. Dass hieße dann aber, im Prinzip ist der Verein dann wieder Eigentümer, eingetragen ins Grundbuch. Und jetzt meine Frage an Sie. Wenn wir einen Trägerwechsel vornehmen, woher nehmen Sie dann die Gewissheit, das dann die Grundstück an den neuen Träger übergehen und nicht nach wie vor im Grundbuch beim jetzigen Eigentümer verbleiben? Ich nehme an, wir haben dann den nächsten Streit, der sich auf Jahrzehnte hinziehen kann. Denn weder der Verein ist jetzt beim Vorläuterungskauf (?) mit dabei, verständlich, wenn er auf der anderen Seite klagt. Die Stiftung nicht, die kann es nicht, weil sie es nicht hat, und wir vermuten eigentlich, dass hier in den nächsten Jahren, denn das geht nicht von heute auf morgen, mit Winkelzügen mit außer Verkehr bringen oder bei Seite bringen oder andere Bewegungen der Grundstücke, die nicht unbedingt im Bereich des Nationalparks liegen, sonder als Austauschflächenliegen da noch erheblichen Ärger in der Region kriegen kann.

Herr Türk: Vielen Dank Herr Schröters. Jetzt der

Herr Englert.

Englert: Ich möchte jetzt nur zum Schluß zum Antrag, falls wir was beschließen, was vortragen. Erstens möchte ich noch mal den ersten Redner und den Bürgermeister noch mal zitieren: Wenn Herr Stornowski als Boden- und Wasserverband als Vorsitzender des Trägervereines ist – er hat ja vorhin zum Ausdruck gebracht, er hat die selben Ziele wie der Verein 100% – müssen wir sichern, ersten wer der Beirat ist. Nicht solche Beiräte, wie wir bisher hatten, die nur Unterhaltungsvereine waren, die keine Beschlußvereine waren, wenn Sie überhaupt getagt haben, muß ein Beirat sein, der einvernehmlich Lösungen findet. Einvernehmlich. Ich würde bitten, dass das auch zu Protokoll kommt und das von der Landesregierung auch so behandelt wird. Und an den Mike Bischoff, als mein Nachfolger, würde ich bitten, es ist bekannt im Nationalpark, ich stehe dazu, ich habe nur gegen Teile des Nationalparks gestimmt, Schutzzone eins und zwei. Da sind ja juristisch solche Feinheiten drin die ich verstanden habe. Ich würde heute manches nicht verabschieden oder mit abstimmen, was ich damals gemacht habe. Da steht z.B. drin Schutzzone eins und Schutzzone 2, über eine Rechtsverordnung kann der zuständige Minister aus der Schutzzone 2, Schutzzone 1 machen. Da wird keiner gefragt, wird keiner gefragt. Steht im Gesetz drin. Wenn dann Herr Vogel lächelt, es wird nicht anders gekauft, der kann aus dem ganzen Unteren Odertal, aus der Schutzzone 2, was im Nationalpark steht, nicht im Gewässerrandstreifenprogramm, dass ist die Kernzone, kann der mit Rechtsverordnung ohne das Parlament so machen. Zweites ist an den Landtagsabgeordneten, es gibt nach wie vor, die auch außer Kraft gesetzt sind, Zuwendungsbescheid mit der Konkretisierung. In der Konkretisierung steht drin, noch weiter über 60%, da steht drin, große Flächen, größt mögliche Flächen zu fluten und so weiter. Das muß überarbeitet werden oder überhaupt außer Kraft gesetzt werden. So kann man mit dem neuen Trägerverein mit mehrheitlichen Kommunen, zumindest in der einvernehmlichen Lösung, und außer Kraft zu setzen. Ich will Herrn Heise noch mal sagen. Wir hätten gerne eine Novellierung des Nationalparkgesetzes gemacht um Konflikte zu lösen. Z.B. Internationalpark raus. Das sinnige Wort „Entwicklung“, das ist eine Erfindung von Leuten aus Brandenburg, die Gefahr besteht, dass das jetzt ins Bundesgesetz durch Herrn Trittin rein kommt, das ist was ganz Schlimmes (...?). Denn dieser Satz seht in jeder Möglichkeit, was erlaubt ist, Wandern und Radfahren und alles, soweit der Satz 1 Paragraph 3 dem nicht widerspricht. Man kann mit diesem Entwicklungssatz in diesem Gesetz alles verbieten. Und deshalb müssen wir einen Neuanfang machen, mit einem neuen Träger, entsprechende Konzepte daraus entwickeln, das die Leute vor Ort wirklich effektiv ehrlich einbezogen werden. Das wäre was neues nach neun Jahren

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

(gemein...?).

Herr Türk: Vielen Dank Herr Englert. Dann zur Korrektur oder Anmerkung Herr Mike Bischoff, dann Herr Stornowski und dann Herr Lind.

Bischoff: Lieber Lothar, Du hast ja das Gesetz selber mit auf den Weg geleitet und Du warst ja einer der wenigen, der schon frühzeitig vor vielen Punkten gewarnt hat. Aber ein Punkt ist im Gesetz bei aller Schwierigkeit drin. Die Ausweisung von weiteren Totalreservaten bedarf der Zustimmung und zwar der Zustimmung der zuständigen Fachausschüsse. Es ist kein Landtag, aber es ist einer der wenigen Punkte, wo das Umweltministerium nicht per order mufti, also nicht die Arbeitsebene ohne den Landtag, sonder nur mit teilen des Landtages selbst handeln kann . In Brandenburg ist es eben so, dass mit Ausnahme dieses einzigen Nationalparks, alles, die Naturparks, die Biosphärenreservate nicht über den Landtagstisch gegangen sind, sondern nur über Verordnungsermächtigungen, direkt vom Umweltminister selbst unterschrieben und ins Leben gesetzt. Wir haben in der vorletzten Woche, gemeinsam mit der Koalitionsspitze darüber geredet, ob man diese Verodnungsermächtigung aus dem Brandenburgischen Naturschutzgesetz streicht, um weitere –Verordnungen überhaupt zu stoppen, und dann, wenn überhaupt nur noch, und wir sind uns eigentlich einig, dass Brandenburg am Limit ist, die Uckermark ist zu über 50% mit Naturschutzstatus, beflastert. Das kann ja in unserem Landkreis auch ganz nett sein, nur sie müssen ja auch daran denken, dass wir eine wirtschaftliche Entwicklung weiterhin brauchen. Also an dem Punkt sind die Ausschüsse des Landtages (...?) lieber Lothar. Das wollte ich nur sagen, das ist damals eine wichtige und damals richtige Entscheidung gewesen.

Herr Türk: Jetzt der Herr Lind und dann antworten Herr Vogel und Herr Stornowski.

Herr Lind: Es ist schön, es ist besser so. Ich möchte nicht als Betroffener reden, sondern nur auf einen Widerspruch aufmerksam machen, der nur andeutungsweise von Herrn Englert genannt worden ist, nämlich der Widerspruch zwischen dem Gewässerrandstreifenprogramm, also dem Zuwendungsbescheid und dessen Ergänzungen und dem Nationalparkgesetz. Meines Wissens ist ein Auftrag ergangen, ich weiß nicht an wen, aber ich will mal Herrn Vogel fragen und vielleicht Herrn Heise, die Übereinstimmung zwischen den beiden herzustellen. Was ist da geschehen. Die Frage hätte ich gern und wir dürfen nicht verkennen, der neue Träger hat das selbe Gewässerrandstreifenprogramm mit dem selben Zuwendungsbescheid zu übernehmen. Da drin steht, das die Angler raus sollen, dann muß der das machen, auch wenn er Angler ist. Wenn der Herr Buryn mir sagt, wir machen das ja nicht, mit der

Fischereikonzeption wollen wir das ja lösen. Aber Herr Vogel, Sie kennen ja den Text, deshalb will ich es nicht wiederholen, aus welcher Größenordnung wir aus der Zone 2 heraus sollen als Angler. Das haben wir auf den Tisch gelegt. Und ich hoffe, das die Fischereikonzeption in der nächsten Fassung wie Sie sie hoffentlich vorlegen werden, im Konsens mit uns geschieht. Die Bedingungen haben wir Ihnen genannt, unter denen wir wieder mit Ihnen Gespräche führen. Ansonsten muß dann der Herr Birthler, das hatten wir auch schon eindeutig vor dem Umweltausschuß gesagt, dieses ohne uns und gegen uns beschließen.

Herr Türk: Gut, vielen Dank, gibt es dazu eine Bemerkung

Vogel: Es waren ein Paar Fragen zum einen von Herrn Schröter mit der Flächenübertragung. Ich hatte ja am Anfang gesagt, dass wir in der Gefahr sind Diskussionen zu führen über die Fälle des Bären, bevor er erlegt ist. Selbstverständlich ist erste Voraussetzung, das die Flächenübertragung an die Stiftung rückgängig gemacht wird und dann würden sie in der Tat wieder beim Verein landen und zweite Voraussetzung, das ein Trägerwechselstattfindet und es uns rechtlich möglich ist im Rahmen des Trägerwechsels, eine Herausgabe der Flächen an den neuen Träger zu verlangen. Das ist unser Ziel. Das der Verein dagegen vermutlich klagen wird, das ist auch klar. Und das wir mehrere Jahre erst ein mal einen Schwebezustand haben, wo unklar ist, ob die Flächen dauerhaft beim Verein bleiben, bei der Stiftung bleiben oder beim Wasser- und Bodenverband landen, dieses Problem kann ich nicht beheben, weil da nun mal Gericht in Deutschland für zuständig sind. Wir hoffen allerdings, dass wir am Ende auch gewinnen. Und daher kommt dem Flurbereinigungsverfahren auch so eine entscheidende Rolle zu. Da (sehe ich jede Bete...?) die wirklich aus sozialen und ökologischen Gründen Sprengstoff beinhaltet, dass diese Flächen so schnell wie möglich dem Verein entzogen werden im Rahmend es Flurbereinigungsverfahrens und entweder dem Wasser- und Bodenverband oder dem Land als Eigentum zugeführt werden. So weit dazu.

Zur Frage Übereinstimmung Gewässerrandstreifenprojekt und Nationalpark. Es hat Nachverhandlungen gegeben und im Zuge dessen wurde das Mittelverteilungsschreiben korrigiert, z.B. die von Herrn Englert kritisierten Aussagen zur Frage des Wasserregimes wurden wortwörtlich jetzt aus dem Nationalparkgesetz in das Gewässerrandstreifenprojekt übernommen. Genau, wie im Gewässerrandstreifenprojekt ursprünglich keine Aussage zur Fläche der Totalreservate drin steht, das wurde jetzt auch - 1998 war das glaube ich, Ende 98 – in das Mittelverteilungsschreiben neu aufgenommen. Es gab also eine Anpassung. Es wird aber nie eine 100% Identität geben, weil, in dem Moment wo das

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

geschieht, der Bund keine Förderberechtigung mehr hat. Es muß immer einzelne Unterschiede zwischen dem Gewässerrandstreifenprojekt und dem Nationalpark geben, (...Kopfschütteln?), war noch mal Aussage von Vogtmann vor ungefähr zwei Monaten beim Gespräch mit dem Staatssekretär, bei dem ich auch teilgenommen habe.

Herr Lind: Herr Vogel, Unterschiede können es ja ruhig sein, nur keine Widersprüche. Das Problem ist der Widerspruch. Die Unterschiede sind nicht das Problem.

Vogel: Ja, richtig. Der Widerspruch mit der Anglerei und Fischerei soll ja nun aufgelöst werden. Dazu gibt es ja auch eine Erklärung des Bundesamtes für Naturschutz, das so vieles im Mittelverteilungsschreiben drin seht: keine Fischerei mehr, keine Anglerei mehr, keine Jagd mehr, das dies nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, sondern im Rahmen des Pflege- und Entwicklungsplanes/ Fischereikonzeption, abgeändert wird. Das werden wir natürlich auch, auch das ist klar, wenn es einen neuen Träger gibt, wird es auch ein neues Mittelverteilungsschreiben geben müssen und da werden solche Sachen auch korrigiert werden müssen.

Herr Türk: Herr Stornowski jetzt

Englert: Das ist jetzt die Unwahrheit.

Stornowski: Im Prinzip ging es ja lange Zeit darum (...?) Trägerwechsel oder nicht. Deswegen sind wir als möglicher neuer Träger gar nicht so sehr in Erscheinung getreten unabhängig davon, möchte ich auf ein paar Punkte eingehen, wie wir uns das vorstellen können, als Träger zu agieren. Einige Vorschläge sind ja bereits schon gekommen. Wir sind uns darüber bewußt und ich glaube auch der kommunale Zweckverband, der sich in Gründung befindet oder befunden hat, wir übernehmen mit dem Mittelverteilungsschreiben, Gewässerrandstreifenprogramm Unteres Odertal, einen unheimlich riesengroßen Anspruch (...?) einen Haufen sozialen Sprengstoff. Der Wasser- und Bodenverband Welse ist sich dessen bewußt. Wir werden die Probleme, die dort beinhaltet sind, nur lösen können, wenn die kommunalen Mitglieder, Schwedt und die anderen, die Sache mittragen. D.h. der Wasser- und Bodenverband kann überhaupt nicht losgelöst agieren, sonst fallen wir nämlich viel schneller runter, wie der jetzige Trägerverein. Der Punkt der angesprochen wurde, der Beirat, es wird keinen kommunalen Beirat geben, oder wie auch immer einen Beirat geben Gewässerrandstreifenprogramm beim Wasser- und Bodenverband Welse mit denjenigen betroffenenKommunen der Nationalparkregion, sind wie gesagt etwa 20, auch verschiedene andere Betroffenengruppen, also wir legen sehr viel Wert darauf, in den Organen sind die Kommunen ohne hin vertreten (...?) haben die Landwirteangesprochen, Fischer und andere Betroffene, das

die da zu Wort kommen, welche Kompetenz der Beirat hat, wird im Moment von unserer Rechtsaufsicht geprüft. Wird sicherlich nicht so sein, dass der ein oder andere, sprich die Organe im Wasserverbandsrecht mit fixiert sind, extrem ausgehebelt werden. Die Verantwortung wird weiter bei den Organen bleiben. Wie man zur Entscheidungsfindung kommt, das ist eine ganz andere Sache. Wie gesagt, das wird von der Rechtsaufsicht geprüft. Die Probleme, die wir angehen, ist sicherlich so zu organisieren, das dieser Beirat, der aus meiner Sicht auch persönlich zwingend notwendig ist, nicht nur (...?) ..beschwerden hat so wie es Herr Bischoff gefordert hat, (...?) vernümpftig vorbereitet, unter der Prämisse, Gewässerrandstreifenprogramm. Ein großes Problem ist sicherlich, nicht der Widerspruch mit dem Nationalparkgesetz. Das sehe ich gar nicht so extrem. Ein Problem ist der Formalismus des Zuwendungsbescheides bzw. des Mittelverteilungsschreiben. Der sagt, bis 2006 muß das, das, das erledigt sein. Wenn man da ehrlich ist, geht das gar nicht. D.h., wir müssen Möglichkeiten finden, den Formalismus – wir haben auch schon was von 30 Jahren gesprochen 50 Jahren – langfristig orientieren, umsetzen bzw. wir können nicht sagen außer Kraft setzen, wir müssen den Formalismus entsprechend mit Möglichkeiten versehen. Es gibt Möglichkeiten, Verträge, Vereinbarungen ähnliche Sachen. (..? längere unverständliche Passage) bis 2006 ist das nicht umzusetzen, definitiv.

Englert: Kennen Sie die Mittelverteilungsschreiben?

Stornowski: Na klar, und

Englert: Dann machen Sie das selbe, was der Verein macht.

Stornowski: Wir sind dazu verpflichtet als Zweckverband, das Mittelverteilungsschreiben inhaltlich umzusetzen. Wenn ich was anderes sage, wird das gelogen sein.

Lind: So ist es.

Stornowski: Noch ein Punkt zu den Totalreservaten, Naturschutzgebieten und ähnlichen Sachen. Nutzung in den Poldern. Wenn man das rein wasserwirtschaftlich, fachlich betrachtet. Ich bin ein Vertreter davon, die Polder als separate Gebiete (...?) wenn, ich die Polder der Natur überlassen haben alle Nutzung und Probleme. Die Polder sind ja nicht umsonst entstanden, separat. Man müßte versuchen, vielleicht angefangen mit Polder 10, aus der Nutzung rauszunehmen. Ein bißchen, ich will nicht sagen Augen verkleistern, aber ein Teil Unwahrheit ist dabei, wenn man sagt, in Teilen der Polder ist ordnungsgemäße Wiesen- und Weidenbewirtschaftung möglich und ein Totalreservat(...?). Wenn Sie die Sie die Polder der Oder aussetzen, dann ist das aus rein

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landwirtschaftlicher Diskussion heraus äußerst schwierig, das umzusetzen. Da sind einfach die Erfahrungen der Altvorderen, nicht umsonst sind die Polder in A, B und C entstanden. Und wir haben ja mittlerweile die Situation, das nach 45 A und B ein Polder ist. Früher wurde für jeden Polder separat bewirtschaftet mit einem Schöpfwerk. Wir haben also die Möglichkeit in diesen Gebieten die Problematik entsprechend anzugehen. Ich sehe Möglichkeiten, der kommunale Anspruch wird sicherlich machbar sein, mit der Übergang nach Polen. Die Bewirtschaftung, bzw. die Wasserstraßennutzung der Oder, da gibt es ja genug Beispiele in der Donau, wie da entsprechend vorgegangen wird, da sehe ich keine Probleme. Hier geht es darum, das die Betroffenen sagen, unter welchen Bedingungen können die Ziele des Gewässerrandstreifenprogramms umgesetzt werden. Wir wollen den das nicht vorschreiben (...?) und dann müssen wir die Sache mittel- bis langfristig angehen. Bis 2006 wird das nicht machbar sein. Da müsse wir drum kämpfen, gemeinsam und der Verband (...?) umzusetzen, das die Geldgeber im Bund und Land das mittragen, dann werden wir vielleicht in 10, 20 Jahren einschätzen können, wir sind auf dem richtigen Weg.

Herr Türk: So, herzlichen Dank. (...?) Ich würde jetzt vorschlagen, bevor ich den Versuch mache zusammenzufassen, und vielleicht auch ein paar Hausaufgaben mitzugeben. Wer jetzt noch einen wichtigen Hinweis oder Frage hat sollte Sie jetzt stellen. Ansonsten würde ich den Versuch machen, das zusammenzufassen.

Publikum: Ist dem Ministerpräsidenten Stolpeeigentlich klar, das er mal das Wort mit Jürgen Trittin führen müßte in der Angelegenheit (...?)

(...?)

Bischoff: (...?) ist der Wechsel wirklich gewollt. Wenn er wirklich gewollt ist, das würde ja voraussetzen, ich glaube dran, ich glaube dran, weil es wirklich keine Alternative zu einem Wechsel gibt, aber, wenn er wirklich gewollt ist, dann muß man ihn doch mit aller Macht und mit aller Kraft, auch wenn angeblich der BundesumweltministerTrittin zögerlich ist, machen, oder zumindest seinen Anteil beiliefern. Dazu gehört für mich auch, das der Umweltminister Birthler mit dem Umweltminister des Bundes spricht und wenn der Umweltminister Birthler nicht weiter kommt, dem Ministerpräsidenten sagt, du mußt jetzt auf höchster Ebene, der trifft gelegentlich auch den Kanzler, das ansprechen. Ich bin nur deshalb ungeduldig, weil ich merke, es wird dauernd lauwarm angekündigt, es wird dauernd der Mund spitz gemacht, nur warum kündigt Brandenburg nicht selbst die Beziehung zum Verein der Freunde fristlos? Ich sag es noch mal, die haben Flächen verschenkt, die haben Flächen verkauft, die gar nicht kaufbar waren, sie haben keinen Eigenanteil gebracht. Eine

Menge Punkte, wo man normalerweise, wenn ich einen Vertrag mit einem Partner habe, Schuss! Also ich nehme es gerne noch mal mit und ich werde mit dem Ministerpräsidenten Stolpe nicht mal sehr erst reden. Aber ich will auch raus finden, ob es wirklich am Bundesumweltminister Trittin liegt.

Herr Türk: Bevor ich zum Schlußwort komme noch Herr Vogel

Vogel: Wir haben keinen Vertrag mit dem Verein, sondern das Verhältnis zwischen dem Land und dem Verein vollzieht sich in Form von Bescheiden. Bescheide sind beklagbar. Vor diesem Hintergrund hat sich das Ministerium erst mal dazu entschieden, keinen Bescheid zu erlassen, wo drin steht, es ist beendet, sondern zu sagen, es ist beendet, ohne das darüber ein rechtsfähiger Bescheid erstellt wird, sondern es soll nahtlos ein neuer Bescheid an einen neuen Träger erfolgen um dem Verein auch die Klagemöglichkeiten zu nehmen.

Herr Türk: Schönen Dank für die Klarstellung. Ich versuche mal unsere heutige Runde, die recht sachlich lief, zusammenzufassen.

Ich glaube, das Herr Stornowski recht hat, das wir endlich ehrlicher an die Sache ran gehen müßten und zwar alle. Das wir uns nichts vormachen dürfen, sondern den Versuch machen, ehrlicher an die Sache ran zugehen. Und ich glaube, wir haben heute noch mal geklärt, dass es nicht darum geht, Natur oder Mensch und dass das gegeneinander ausgespielt werden sollen, wie es teilweise in der Vergangenheit geschehen ist, sondern dass wir differenziert das Zusammenleben organisiert werden sollte und muß. Und dann hat das Land klar und deutlich gesagt, weil die Frage berechtigter weise kam, das Land will den Trägerwechsel um eben nicht extreme Positionen weiter hier walten zu lassen. Denn natürlich muß das Land beim Wort genommen werden und das heißt eindeutig, wenn es keinen Vertrag gibt mit dem Verein der Freunde, für den Naturpark, für den Nationalpark, (...?) aber ich denke schon, wenn Sie das wollen, dann muß das möglich sein, sollte das passieren. Wie soll man sonst vorankommen, wenn man es denn nicht so macht. Ich würde vorschlagen, dass man vorher doch noch mal mit dem BundesumweltministerTrittin spricht, um vielleicht diesen Weg zu verhindern, den ich erstens gesagt habe. Ich gehe eigentlich davon aus, das Umweltminister zu Umweltminister sich verständigen müßten und dann glaube ich erscheint mir doch vernünftig, dass dieser Trägerwechsel zum Wasser- und Bodenverband jetzt von statten geht, dass das gemacht wird und natürlich nicht mit nur kommunalen Beiräten, sondern regionalen Beiräten. Da fließen dann die anderen Interessenverbände, wie z.B. die Angler und das dann natürlich einschließlich der Wirtschaft diese dann auch mit Befugnissen ausgestattet sein sollten. Ansonsten bringt das dann doch nicht diesen Effekt, den es

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bringen sollte. Und wenn all diese Punkte dann in Kürze vollzogen werden, heißt das natürlich auch, das Mittel für die wichtige wasserwirtschaftliche Machbarkeitsstudie und für das Flurbereinigungsverfahren frei werden und ich glaube, es ist auch vernünftig, darüber zu reden, wie man die ganze Sache zeitlich entzerrt kann, das man also nicht fixiert ist nur auf 2006, sondern das man für die Finanzierung einen vernünftigen Rahmen findet. Das bleibt uns nur als Runde das dem Landtag und der Landesregierung mitzugeben und vielleicht noch so, wenn erforderlich, das ich im Bundestag tätig werde. Das muß vernünftig abgesprochen werden, das werden wir noch tun, wie wir dann über diesen Weg den Bundesumweltminister in die Lage versetzen einem sinnvollen Kompromiß zuzustimmen. Den Versuch würde ich dann schon machen.

Englert: Ist denn die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes erhoben?

Herr Türk: Oh, das ist jetzt natürlich eine ganz schwierige Frage. Ich würde jetzt sagen nein, aber ich kann es Ihnen jetzt nicht ganz 100% sagen. Die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes ist noch nicht abgeschlossen. Es ist also noch eine Chance da um darauf Einfluß zu nehmen.

Englert: Da würde ich Sie noch mal bitten, wenn Sie jetzt schon moderieren, sich dafür einzusetzen, dass das Wort entwickeln, Paragraph 14 nicht reinkommt.

Herr Türk: Das was

Englert: Das Wort Entwickeln nicht aufgenommen wird.

Herr Türk: Machen Sie mal einen Zettel, das ich das nicht vergesse. Wie gesagt, wenn diese Schritte jetzt eingeleitet werden, dann hat diese Runde einen Sinn gemacht. Ich gehe mal wieder davon aus, dass es so ist. Und wenn wir das im Bundestag machen, dann muß das miteinander abgestimmt werden. Herzlichen Dank.

Ende der Aufzeichnung

17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

Gespräch mit dem vom ehemaligen Landtagsabgeordneten der SPD Lothar Englert in Criewen, Villa Siebenpunkt.

Anwesende: Studetengruppe des Forschungspraktikums:

„Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Deutschland und Polen“

Freie Universität BerlinInstitut für SoziologieAbt. III, EntwicklungssoziologieBabelsberger Str. 14-16, 10715 Berlin

I. Lebensweg

II. Ökonomische Daten über Schwedt

III. Situationsbeschreibung

I. Lebensweg

Ist 1932 geboren. Er besuchte die Wirtschaftsschule in Dresden und a

bsolvierte sein Abi ebenfalls in Dresden. Er studierte Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Papiertechnik. Im Jahre 1961 ging er nach Schwedt und arbeitete dort bis 1990 in einer Papierfabrik. Heute wie zu DDR-Zeiten ist die Papierfabrikation auf dem modernsten technischen Stand. Nach der wende wurde im Jahre 1990 eine Betriebsrettung angestrebt. Allerdings interessierten sich die jeweiligen neuen Investoren nur für Einzelprodukte und nicht für die gesamte Produktpalette des Betriebes. Umbau der Produktionslinien waren die Folge. Im gleichen Jahr ging Englert in die Politik (SPD), um den Betrieb retten zu können. Nur auf dem Wege der Politik sah Englert die Möglichkeit an den Umstrukturierungen gestaltend mitwirken zu können. Für ihn war der Weg in die Politik kein politischer Akt, sondern seine Antriebsfeder war die Rettung des Betriebes. Im Zuge dessen führte er den Kommunalwahlkampf 1990 und gewann ihn. Ebenso gewann er die Landtagswahlen 1990 und ist seitdem Landtagsabgeordneter. Er war/ ist weder Eigentümer noch Pächter, ihn interessiert der industrielle Standort Schwedts.

II. Ökonomische Daten über Schwedt:

Industriestandort fokussiert:

15-16% Produktionskapazität von ganz Brandenburg

über 10% Export

Investitutionen: Es sind 4 Milliarden in die Industrie geflossen. 50% gehen hierbei an die PCK (heute modernste Raffinerie) und die andere Hälfte ging in die Papierindustrie (Kartonherstellung).

24-26% Arbeitslose

10.000 AbwandererInnen

III. Situationsbeschreibung

Kann von einem Konflikt gesprochen werden, wenn

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17. Gespräch mit Lothar Englert vom 29.06.2000, Criewen, 17.00 Uhr

Entwicklung vs. Stabilisierung der Arbeitsplätze vs. Ausweitung der Arbeitsplätze steht?

Ja, aber es wird nicht nach einer Konfliktlösung gesucht. Ansonsten müßten alle Beteiligten zur Konfliktlösung ihren Beitrag leisten können.

Es gibt für den Verein nur ein Ziel, und zwar Menschen aus dem Unteren Odertal zu vertreiben und den Nationalpark als Spielwiese für wenige umzuwandeln. Außerdem läßt die Einführung eines sanften Tourismus, die Gestaltung Brandenburgs zu einem schönen Garten sowie die Investitutionen rund um Berlin diese Deutung aufkommen. Ferner setzt der Verein diktatorisch seine erreichte Macht ein.

Die Privatisierung erfolgte sehr schnell. Bereits vor der Wende wurden 95% des hergestellten Papiers in die Bundesrepublik exportiert. Heute kostet das Papier um das Doppelte.

Das PCK und die Papierfabrikation sind auf dem modernsten Stand und stellen somit für die westdeutschen Firmen eine ernst zunehmende Konkurrenz dar. Zu einer modernen Technologie gehört eine gut ausgeprägte Infrastruktur. Hierbei handelt es sich um eine der wichtigsten Forderungen seitens der Investoren. Wie kann eine Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft erfolgen? Wie müssen Zukunftsarbeitsplätze gestaltet sein? Im Rahmen dessen versteht sich Englert als Pendler zwischen Wirtschaft und Politik, und sieht einen wesentlichen Schwerpunkt in der Raumordnung, da die bisherige Arbeit (seit 1990) sich in diesem Bereich nur auf Schutzgebiete und Windkraftwerke konzentrierte, und somit potentielle Investoren vertrieben hat. Um Investoren in das Untere Odertal locken zu können, sind Umstrukturierungen in der Raumordnung vonnöten. So ist ein neuer Grenzübergang unausweichlich, ebenso ist eine Umgehungsstraße (bis 1991 existierte keine), die 1991 in das Bundesverkehrsnetz mit aufgenommen wurde sowie der Ausbau der Wasserwege und der Bau des Hafens wichtig.

Der Bereich der Raumordnung fällt neben den Bereichen Umwelt und Naturschutz unter ein Ministerium. Einst wurde unter Naturschutz schützen, erhalten und Pflegen verstanden. Heute wird nach dem PEPL (Pflege- und Entwicklungsplan) unter Nationalpark schützen, erhalten und entwickeln verstanden. Was heißt aber in diesem Zusammenhang Entwicklung? Ist eine Entwicklung überhaupt vonnöten? Nein, da die Menschen des Unteren Odertals bereits die schöne Natur mit einem bestimmten System geschützt und gepflegt haben, so wie wir sie zur Zeit vorfinden. Beispielsweise gibt es die Aue, die aufgrund der regelmäßigen kontrollierten Überflutungen bestehen kann.

Englert beschrieb die Entwicklung des

Nationalparks: Von 1945-60 war die deutsch-polnische Grenze geschlossen. Aufgrund der miserablen wirtschaftlichen Situation seitens der Polen nach dem Kriege konnte sich auf eine große Fläche an der Oder Wildnis entfalten. Dies war der Anlaß zur Ausschreibung eines internationalen Nationalparks. Die polnische Seite sollte den Part des Totalreservats übernehmen und die deutsche Seite, die der II und III Zone eines Nationalparks. Aufgrund der EU-Bestimmungen wurde diese Form des Unternehmens seitens Brüssel gestoppt. Bei einem internationalen Park müssen beide Partner jeweils zur Hälfte eine Totalreservatzone aufweisen, somit entfällt auf deutscher Seite die Zone III. Aus diesem Grunde wurde 1992 ein Privatverein gegründet, der dies umsetzen soll. Eine seiner Satzungen erklärt, daß der Tourismus nur in der Zone III existieren darf, allerdings gibt es aufgrund der veränderten Situation keine Zone III mehr. Daraus resultiert eine Vertreibung der Menschen aus diesem Gebiet. Der Rückgriff auf einen Trägerverein umgeht einen Kommuneneinzug, so daß der Verein über die Flächen freie Hand hat. 1992 stellte Herr Vössing (Leiter und Gründer des Nationalparks) einen Antrag an die Bundesanstalt für Naturschutz. Weiteres zur Antragstellung siehe Anlage.

Antrag von Vössing:

Dieser beinhaltet ein Raumordnungsverfahren für den Hafenbau, und zwar soll er 600m ins Land gelegt werden. Aufgrund dessen stiegen die Hafenbaukosten auf das Doppelte (=60Mio.). Einerseits stiegen die Kosten und andererseits sind in den 60Mio.DM 11Mio.Ausgleichszahlungen für den Nationalpark enthalten.

Der Verein kaufte seit 1993 über Förderbescheide Landflächen. Allerdings wurde zunächst das Nationalparkgesetz abgelehnt, erst in der zweite Runde kam es durch. (?)

Seit 1992 gilt, daß das Totalreservat frei von Menschen und privat zu sein hat. Dies verkörpert der Förderverein, obgleich er international sein muß, zumindest nach außen hin. Sein Programm liegt in der Hauptsache in der Entwicklung und in dem Überlassen der Natur sich selbst gegenüber. Die Entwicklung des Nationslpark hat unklare Zukunftspläne, außer daß eine Ausweisung bis 2010 erfolgt sein soll, und daß 50% des Gebietes Totalreservat sein sollen. Den Abgeordneten wurde jegliche Einsicht in die Vereinssatzung bis 1995 verweigert. Erst nach vehementeren Nachhaken seitens Englerts kam es zur Akteneinsicht. Bis dato waren die Fördervereinsziele unbekannt. Im Zuge dessen bildete sich eine Interessengemeinschaft, die aus einer Mitgliedschaft von 2.800 Personen besteht.

1998 wurden seitens Englert Anträge eingebracht,

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Modernisierung durch Naturschutz? Das Untere Odertal in Brandenburg

die Landesregierung versuchte beim Bund bestimmte Gesetze zu verändern. Um der ganzen Sache Nachdruck zu verleihen, wurden Demonstrationen getätigt. Mit Erfolg! So ist beispielsweise das Radfahren auf den Deichen erlaubt. Ferner wurden Lösungen beim Schöpfwerk-Problem gefunden. D.h., daß die Umzäunungen für den Durchgangsverkehr für bestimmte Zeitabschnitte geöffnet sind.

Im weiteren setzt sich Englert für konfliktlösende Flächenkäufe ein. Laut des Nationalparkgesetzes dürfen Tauschflächen nur gekauft werden, wenn das PEPL vorliegt. Dieses liegt aber noch nicht vor. Somit handelt es sich um ein gesetzwidrige Handlung. Zudem soll der Zuwendungsbescheid geändert werden, um zu bestimmen, was als schützenswert gilt. Diese Flächen sollten vom Verein bevorzugt gekauft werden. Über 60% der geplanten Flächen sind bereits in den Händen des Vereins. Allerdings klagte der Verein gegen den Beschluß, der zwischen Landwirte und Nationalparkverwaltung einvernehmlich vorlag. Der Verein kaufte ohne der Zustimmung der Kommune Flächen.

Flächenrückkauf ist für die Erhaltung von Arbeitsplätzen von Wichtigkeit.

PEPL:

Das PEPL ist keine gesetzliche Regelung. Er ist nur ein anderer Name für die Vertreibungspolitik des Vereins (=Täuschungsmanöver). Seine Behandlungsrichtlinien sind wichtig.

Bei dem Gewässerrandstreifenprogramm handelt es sich um ein Pilotprojekt, das jeder Zeit gefördert werden kann.

Ziele bis 2006:

- Flurbereinigung

- Verein hat die 60 Mio. für den Flächenkauf ausgegeben.

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