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Zur Person Ju ¨rgen Ro ¨sger startete seine Karriere Mitte der achtziger Jahre bei der Hoechst AG als Key Account Manager fu ¨r faseroptische Netz- werke. Danach war er als Vertriebsmanager fu ¨r WordPerfect Deutschland, Etat Director bei der Agentur DSB&K (WPP international), Gescha ¨ftsfu ¨hrer/Director Client Service bei Hirche Kommunikation (WPP International) sowie drei Jahre als Unternehmensberater ta ¨- tig. Als General Manager bei CompuServe Deutschland war er ab 1999 fu ¨r die gesamte Markenstrategie von CompuServe verant- wortlich. 2001 wechselte er als Executive Vice President Interactive Marketing zur Unterneh- mensmutter AOL Deutschland nach Hamburg, wo er den Bereich Interactive Marketing fu ¨r die Marken AOL, CompuServe und Netscape fu ¨hrt. WI: Herr Ro ¨sger, was sehen Sie fu ¨ r aktuelle Trends im Bereich interaktiver Medien im Konsumentenbereich? Ro ¨sger: Ein großer Trend ist die Intensi- vierung des Einsatzes des Internets zu Hause, und zwar sowohl mobil als auch stationa ¨r. Dies zeigt sich zum einen an der starken Zunahme der privaten Wireless LAN-Installationen fu ¨r eher konventio- nelle Internetanwendungen. Zum anderen ko ¨ nnen schon heute mobile Endgera ¨te wie Handys oder Spielekonsolen einzelne Funktionen abbilden. WI: Wie ist die Leistungsfa ¨ higkeit dieser Spielekonsolen einzuscha ¨tzen? Ist zu er- warten, dass diese das Thema Internet und interaktive Medien ins Wohnzimmer brin- gen? Ro ¨ sger: Die Leistungsfa ¨higkeit ist immer abha ¨ngig von der Infrastruktur, die durch die Provider zur Verfu ¨ gung gestellt wird. Meines Wissens sind die neuen Generatio- nen von X-Box und Playstation voll breit- bandfa ¨hig. Wenn es den Herstellern von Spielekonsolen gelingt, entsprechende Browsertechnologien auf ihre Spieleboxen zu legen, dann la ¨sst sich die volle Komple- xita ¨t des Internets auf den Fernseher u ¨ ber- tragen, sofern das Frontend dies von seiner Ausgabefa ¨ higkeit her ermo ¨ glicht. WI: Wie ist die Ausgabefa ¨ higkeit im Hinblick auf die neuen Bildschirmtech- nologien? Ro ¨ sger: Es besteht diesbezu ¨ glich kein Unterschied zwischen LCD- oder Plasma- fernsehern. WI: Und bei einem herko ¨ mmlichen Fernseher? Ro ¨ sger: Da ha ¨ ngt die Einsatzmo ¨ glichkeit von der Zeilenauflo ¨sung ab. Er ist nutzbar, aber nur eingeschra ¨nkt. WI: Wird DSL als technische Tra ¨ gerplatt- form den maßgeblichen Rahmen darstel- len? Ro ¨ sger: Ja, davon gehe ich aus. WI: Wenn man bisherige Erfahrungen bezu ¨ glich der Verbreitung der Endgera ¨te als Maßstab anlegt, kann man davon aus- gehen, dass in drei bis vier Jahren in 50 % der Wohnzimmer ein PC mit Breitband- anschluss steht, der einige Spiele integriert hat? Ro ¨ sger: Das ist mo ¨ glich. WI: Ist das eine Entwicklung, die in der Unternehmensstrategie von AOL und an- deren Internetserviceprovidern explizit be- ru ¨ cksichtigt wird? Ro ¨ sger: Spiele sind ein wichtiger Inhalte- bereich. Insbesondere auf der technolo- gischen Seite versucht man, mit großen Schritten den Anforderungen der Spiel- enden gerecht zu werden. Andere Enter- tainmentthemen sind Musik-Downloads, Previews und Video-on-Demand. Ent- scheidend sind hierbei aber immer Ge- schwindigkeit und Qualita ¨t. AOL liefert hier durch den Einsatz verbesserter Kom- primierungstechnologien und intelligentes Caching eine sehr gute Performance. WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 3, S. 225 227 Executive Vice President Interactive Marketing AOL Deutschland GmbH & Co. KG Millerntorplatz 1 20359 Hamburg Interviewt von Armin Heinzl Prof. Dr. Armin Heinzl Universita ¨t Mannheim Lehrstuhl fu ¨r Wirtschaftsinformatik I Schloss, S 220 68131 Mannheim [email protected] Interview mit Jçrgen Ræsger çber „Interaktive Medien im Wohnzimmer“ Ju ¨rgen Ro ¨sger WI – Interview

Interview mit Jürgen Rösger über „Interaktive Medien im Wohnzimmer“

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Page 1: Interview mit Jürgen Rösger über „Interaktive Medien im Wohnzimmer“

Zur Person

Jurgen Rosger startete seine Karriere Mitteder achtziger Jahre bei der Hoechst AG alsKey Account Manager fur faseroptische Netz-werke. Danach war er als Vertriebsmanagerfur WordPerfect Deutschland, Etat Directorbei der Agentur DSB&K (WPP international),Geschaftsfuhrer/Director Client Service beiHirche Kommunikation (WPP International)sowie drei Jahre als Unternehmensberater ta-tig. Als General Manager bei CompuServeDeutschland war er ab 1999 fur die gesamteMarkenstrategie von CompuServe verant-wortlich. 2001 wechselte er als Executive VicePresident Interactive Marketing zur Unterneh-mensmutter AOL Deutschland nach Hamburg,wo er den Bereich Interactive Marketing furdie Marken AOL, CompuServe und Netscapefuhrt.

WI: Herr Rosger, was sehen Sie fur aktuelleTrends im Bereich interaktiver Medien imKonsumentenbereich?Rosger: Ein großer Trend ist die Intensi-

vierung des Einsatzes des Internets zuHause, und zwar sowohl mobil als auchstationar. Dies zeigt sich zum einen an derstarken Zunahme der privaten WirelessLAN-Installationen fur eher konventio-nelle Internetanwendungen. Zum anderenkonnen schon heute mobile Endgerate wieHandys oder Spielekonsolen einzelneFunktionen abbilden.WI: Wie ist die Leistungsfahigkeit dieser

Spielekonsolen einzuschatzen? Ist zu er-warten, dass diese das Thema Internet undinteraktive Medien ins Wohnzimmer brin-gen?Rosger: Die Leistungsfahigkeit ist immer

abhangig von der Infrastruktur, die durchdie Provider zur Verfugung gestellt wird.Meines Wissens sind die neuen Generatio-nen von X-Box und Playstation voll breit-bandfahig. Wenn es den Herstellern von

Spielekonsolen gelingt, entsprechendeBrowsertechnologien auf ihre Spieleboxenzu legen, dann lasst sich die volle Komple-xitat des Internets auf den Fernseher uber-tragen, sofern das Frontend dies von seinerAusgabefahigkeit her ermoglicht.

WI: Wie ist die Ausgabefahigkeit imHinblick auf die neuen Bildschirmtech-nologien?

Rosger: Es besteht diesbezuglich keinUnterschied zwischen LCD- oder Plasma-fernsehern.WI: Und bei einem herkommlichen

Fernseher?Rosger: Da hangt die Einsatzmoglichkeit

von der Zeilenauflosung ab. Er ist nutzbar,aber nur eingeschrankt.

WI: Wird DSL als technische Tragerplatt-form den maßgeblichen Rahmen darstel-len?Rosger: Ja, davon gehe ich aus.WI: Wenn man bisherige Erfahrungen

bezuglich der Verbreitung der Endgerateals Maßstab anlegt, kann man davon aus-gehen, dass in drei bis vier Jahren in 50%der Wohnzimmer ein PC mit Breitband-anschluss steht, der einige Spiele integrierthat?Rosger: Das ist moglich.WI: Ist das eine Entwicklung, die in der

Unternehmensstrategie von AOL und an-deren Internetserviceprovidern explizit be-rucksichtigt wird?Rosger: Spiele sind ein wichtiger Inhalte-

bereich. Insbesondere auf der technolo-gischen Seite versucht man, mit großenSchritten den Anforderungen der Spiel-enden gerecht zu werden. Andere Enter-tainmentthemen sind Musik-Downloads,Previews und Video-on-Demand. Ent-scheidend sind hierbei aber immer Ge-schwindigkeit und Qualitat. AOL lieferthier durch den Einsatz verbesserter Kom-primierungstechnologien und intelligentesCaching eine sehr gute Performance.

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 3, S. 225–227

Executive Vice PresidentInteractive MarketingAOL Deutschland GmbH & Co. KGMillerntorplatz 120359 Hamburg

Interviewt von

Armin Heinzl

Prof. Dr. Armin HeinzlUniversitat MannheimLehrstuhl fur Wirtschaftsinformatik ISchloss, S 22068131 [email protected]

Interview mit J�rgen R�sger �ber„Interaktive Medien im Wohnzimmer“

Jurgen Rosger

WI – Interview

Page 2: Interview mit Jürgen Rösger über „Interaktive Medien im Wohnzimmer“

WI: Ist das Thema interaktive Spieleuber das Internet im Moment ein Trend?Rosger: Ja. Das Spiel „Die Sims“ bei-

spielsweise, bei dem sich die Spieler einezweite Realitat virtuell aufbauen, wurde ei-nige Millionen Mal als Offlineversion ver-kauft. Meines Wissens haben sich mittler-weile uber 1,5 Mio. Menschen weltweitregistriert, um das Spiel online spielen zukonnen.WI: Sind die Spiele bei Ihnen Teaser?

Oder verstehen Sie sich als Plattformpro-vider?Rosger: Wir sind kein Spieleprovider,

sondern wir versuchen, fur jede Internet-anwendung die richtigen Produkte und dieoptimale Performance bereitzustellen. Wirverstehen uns mehr als ein Anbieter, derdie notwendigen Rahmenbedingungen er-moglicht, beispielsweise fur Musikdown-loads, das Streaming von Video- oder TV-Inhalten oder eben auch die technischePerformance, um sehr komfortabel Spielespielen zu konnen.

WI: Sie haben die Themen Musik undVideo on Demand schon angesprochen.AOL ist ja vor einiger Zeit mit Time War-ner zusammengegangen. Ist das ein Seg-ment, was Sie in Zukunft nun starker be-dienen werden?Rosger: Im Entertainmentbereich spielen

Onlineanwendungen eine immer großereRolle. Beispielsweise kann man in denUSA Folgen von „Sex and the City“ fur ei-nen Betrag von 95 Eurocent online abrufenund praktisch „on Demand“ sehen. DieFolgen werden von HBO ausgestrahlt, dasist eine TimeWarner-Tochter. Im Bereichdes Musikdownloads ist es ahnlich, da ha-ben wir in den USA eine Kooperation mitApple. In Deutschland haben wir jetzt eineden Phonoline-Richtlinien entsprechendePlattform zum Musikdownload eroffnet.WI: Also durchaus ein attraktiver Zu-

kunftsmarkt.Rosger: Ja, absolut. Das Thema Musik-

download sowie Video- und Audiostream-ing werden in dem Umfeld ein wesent-licher Treiber sein. Und damit wird wiederklar, dass diejenigen, die die Inhalte anbie-ten, auf der Straße der Wertschopfungs-generierung sind.WI: Welche Auswirkungen haben diese

Entwicklungen auf Ihren Bereich des In-teraktiven Marketings? Was versteht manunter Interaktivem Marketing?Rosger: Die vier Funktionen der Marke-

tingkommunikation sind Schaffung vonAufmerksamkeit, Kaufuberlegungen, Kaufund Loyalitat. Indirektes Marketing ist un-ser Ausdruck fur die vernetzte Integrationdieser Funktionen. Dabei gibt es fur jedes

dieser vier Segmente idealtypische Medien.Im Bereich des Schaffens von Aufmerk-samkeit ist das Fernsehen idealtypisch, daes die hochste Emotionalitat und Komple-xitat abbildet. Fur den Bereich des Kaufenssind es klassischerweise Outlets oder Di-rect-Mails, fur den Bereich der Loyalitatsind es Callcenter oder Direct-Marketing-Maßnahmen. Wir versuchen, diese vierKomponenten sowohl funktional wie auchmedienerganzend uber die Internetplatt-form AOL miteinander zu verbinden. Diessteckt hinter dem Begriff des InteractiveMarketing.Auswirkungen haben die besprochenen

Entwicklungen auf diesen Bereich durcheine Erhohung der Emotionalitat undReichhaltigkeit des Inhalteumfelds, was dieWahrscheinlichkeit erhoht, dass Herstellervon Markenartikeln und Gebrauchsguterndieses nutzen, um ihre Produkte anzubie-ten. Und ein Musikdownloadangebot istnun einmal attraktiver als Nachrichten. Furden Entertainmentbereich wurden zweineue Formate exklusiv fur AOL-Mitglie-der entwickelt, First-Listen und First-Ses-sion. Bei First-Listen werden die Songsvon Kunstlern, die nicht zwangslaufig zurTime-Warner-Kette gehoren, exklusiv anAOL-Mitglieder als Video- oder Audio-stream ausgesendet, bevor sie eine Radio-oder Videostation erhalt. Fur die so ge-nannten First-Sessions werden Kunstler wiebeispielsweise David Bowie in eines dervier Studios Los Angeles, London, NewYork oder Hamburg eingeladen, um dortkleine Privatkonzerte zu geben. Diese kon-nen dann als Streaming von AOL Nutzernabgerufen werden. Das sind naturlich„High-Involvement“-Umgebungen unddamit genau die Umgebung, die Werbetrei-bende haben wollen.WI: Werden Ihrer Meinung nach durch

die Spielekonsolen die Internetnutzer im-mer junger?

Rosger: Ich glaube nicht, dass es hier ei-ne große Veranderung geben wird. Es wirdvielleicht eher so sein, dass mehr �ltere an-fangen zu spielen. Die Formate First-Ses-sion oder First-Listen sind jedoch Dinge,die eine Spielekonsole nicht abbilden kann,solange wir nicht einen Client hierfur be-reitstellen.WI: Wird die Spielekonsole den PC ir-

gendwann ersetzen?Rosger: Ich habe hier folgende Vision:

Eine innovative Familie hat einen Rechner,ein Notebook und moglicherweise auchnoch eine Spielekonsole, die alle mit Wire-less LAN und DSL ans Internet ange-schlossen sind. Spiele werden online mitder Konsole vor dem Fernseher gespielt, da

das oftmals auch ein Familienereignis ist.Musikdownloads werden moglicherweiseeher am Desktop-PC gemacht. Fur sons-tige Anwendungen im Haus oder Gartenwird das Notebook genutzt. Ich denke alsonicht, dass es eine Ausschließlichkeit gebenwird, weder in Richtung Spielekonsole,noch in Richtung Laptop oder andererFrontends. Meiner Meinung nach wird eseine Verknupfung der verschiedenstenFrontends geben. Ich kann mir nur schwervorstellen, dass die Spielekonsole den PCersetzen wird und man mit einer draht-losen Tastatur auf den Knien vor demFernseher sitzt, um Emails zu schreiben.WI: Aber im Prinzip ware so etwas ja

moglich.Rosger: Theoretisch ist alles moglich.

Ich halte jedoch den Fernseher in erster Li-nie fur ein passives Unterhaltungsmedium,wahrend der Rechner ein interaktives Ar-beitsmedium ist. Ich habe in Hotels in denUSA, wo Fernseher mit Internetanschlussmehr oder weniger Standard sind, es schonselbst ausprobiert zu arbeiten. Nach demzweiten Mal habe ich es wegen der wa-ckelnden Tastatur auf den Knien und derunzureichenden Auflosungsqualitat desBildschirms aufgegeben und habe wiedermeinen Laptop aufgeklappt. Fur bestimmteInhalte, wie beispielsweise fur Spiele oderVideostreams, halte ich diese Vernetzungvon Entertainmentanwendungen und demInternet fur sinnvoll, fur viele andere ist siees weniger.WI: Eine entscheidende Bedeutung ha-

ben neben den Inhalteprovidern die Tra-germedien. In den USA geht die Entwick-lung im Moment meiner Meinung nachsehr stark in Richtung digitales Kabel. Waswird da in Deutschland passieren?Rosger: Die digitalen Kabel oder der

Ansatz, den die deutsche Telekom vor vie-len Jahren gefahren hat, um die Digitalisie-rung des Fernsehens voranzutreiben, istimmer noch in der Entwicklungsstufe, eineRuckkanalfunktionalitat mit der notwendi-gen Bandbreite zu integrieren. Das Kabelhat in Deutschland eine große Bandbreiteund ermoglicht auch viele TV- und Radio-kanale. Es ist jedoch bis heute nicht IP-fa-hig und ist bezogen auf Internetanwendun-gen nicht mit der Performance einesDSL-Anschlusses zu vergleichen.WI: Werden durch diese infrastruktuelle

Ruckstandigkeit Gelegenheiten verpasst?Rosger: Eine infrastrukturelle Ruckstan-

digkeit sehe ich nicht. Die deutsche Tele-kom und auch andere Infrastrukturpro-vider arbeiten mit großter Sorgfalt undIntention daran, die Performance der Breit-bandnetze, also insbesondere DSL-Netze,

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226 Interview mit Jurgen Rosger

Page 3: Interview mit Jürgen Rösger über „Interaktive Medien im Wohnzimmer“

auszubauen. Unserem Wissen nach ist ge-plant, schon in Kurze Leitungen mit 1, 2und 3 Megabit zur Verfugung zu stellen.Wenn man sich dann noch die Entwick-lung bei der Datenkomprimierung an-schaut, dann gehen wir hier einer deutli-chen Vermehrfachung der heutevorhandenen Performance entgegen.WI: Das Angebot von Comcast an Dis-

ney in den USA hat den Eindruck erweckt,dass nicht mehr die Inhalteprovider, son-dern vielmehr die Infrastrukturproviderjetzt dort die besseren Zukunftsaussichtenhaben. Wie sehen Sie das?Rosger: Ich denke, ideal ist eine Kom-

bination von beiden. Denn was macht einInfrastrukturprovider ohne Inhalte bzw.ein Inhalteanbieter ohne Infrastrukturka-nale. Letztendlich ist es eine Frage der Ka-pitalmarksituation und der individuellenSituation der einzelnen Unternehmen, wersich mit wem zusammenschließt.WI: An welcher Stelle positioniert sich

Microsoft?Rosger: Meines Wissens hat Microsoft

schon in mehreren Ansatzen versucht oderzumindest daruber nachgedacht, in das In-haltegeschaft einzusteigen, bisher jedochnicht wirklich konsequent. Microsoft kon-zentriert sich aus unserer Sicht sehr inten-siv auf die Frage, wie zusatzliche Wert-schopfungselemente im Frontend-Bereichabgedeckt werden konnen. Ein Ansatz ist

mit Sicherheit das Mediacenter, in dasWindows XP integriert werden soll. Aberdas ist auch schon seit einiger Zeit ange-kundigt, jedoch ist bis heute nichts wirk-lich Funktionsfahiges auf dem Markt vor-handen.WI: Wie ist unser eigenes Land fur diese

Entwicklung aufgestellt?Rosger: Es gibt einmal die klassischen

Medienunternehmen, die versuchen, mog-lichst breit an diesem Markt zu partizipie-ren. Dies sind die rein werbefinanziertenUnternehmen wie beispielsweise RTL, diesowohl auf der TV-Seite wie auch auf derOnlineseite eine sehr breite Palette vonAngeboten anbieten. Premiere ist ein ande-res schones Beispiel fur den Versuch, dieOnlinewelt und die Offlinewelt miteinan-der zu verknupfen. Im Printumfeld ist dasheute noch nicht so intensiv vorhanden,was aber auch an der Form der Inhalteliegt. Bei den Strukturbetreibern versuchtdie deutsche Telekom ganz klar, ihre Infra-strukturvorherrschaft zu nutzen, um auchan der Inhalteseite mit T-Online und dendahinter stehenden Kooperationen liefernzu konnen.WI: Spielen diese Unternehmen auch in-

ternational eine Rolle?Rosger: Heute nicht.WI: Werden Sie Ihren Kindern (3 und 5

Jahre alt; Anm. d. Red.) eine Spielekonsolekaufen?

Rosger: Nein.WI: Ab wann werden Sie ihnen Zugang

zum Internet ermoglichen?Rosger: Daruber habe ich mir noch kei-

ne Gedanken gemacht. Ab und zu spielenwir gemeinsam Spiele am Computer. Aberzum Gluck wollen meine Kinder erstmaldie Basiselemente der Welt und des Lebensentdecken, wozu Schreiben, Rechnen, Le-sen und alle anderen Grunddisziplinen ge-horen.

WI: Eine Technologie hat ja nicht nurpositive Auswirkungen. Worauf sollte manbei der zunehmenden Mediendurchdrin-gung der privaten Haushalte achten? Gibtes da neue Momente, die bis jetzt nochnicht bekannt sind?Rosger: Ich wurde sagen, der Umfang

der Mediendurchdringung hat sich nichtdramatisch verandert, sondern nur die Artund Weise. Es findet eine starkere Verlage-rung auf die elektronischen Medien statt,wahrend bestimmte klassische Formen we-niger genutzt werden. So hat sich beispiels-weise im Bereich der Werbung dieser Auf-kleber auf dem Briefkasten „Bitte keineWerbung“ inzwischen zu Popupblockernund Spamfiltern im Internet weiterent-wickelt.WI: Herr Rosger, wir bedanken uns

ganz herzlich bei Ihnen fur dieses Inter-view.

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