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Projekt
Inverse Analyse
Technische Universität Berlin
Fakultät V: Simulationstools und ihre Anwendungen
Fachgebiet Kontinuumsmechanik und Materialtheorie
Prof. Dr. rer. nat. W. H. Müller
Betreuer: Dr.-Ing. B. Emek Abali
24.07.2015
Ali El Abdullah
327000
Ammar El Salem
313271
Elias Schneider
341187
Muhammad Arif Saeed
306416
Matthäus Stöhr
358286
Ronny Ullrich
324224
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 4
2 Bewegungslehre 5
2.1 Kontinuumsmechanische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.2 Impulsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3 Versuch 7
3.1 Das Rheometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
3.2 Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
3.3 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
4 Mechanische (rheologische) Modelle 10
4.1 Linear elastische Feder (Hookesche Modell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
4.2 Linear viskoser Dämpfer (Newtonsches Modell) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
4.3 Maxwell-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
4.4 Kelvin (Voigt) Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
4.5 Standard Solid II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
4.6 Standard Fluid I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4.7 Herschel-Bulkley-Fluid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
5 Nicht-Lineare Regression 19
6 Messung und Auswertung bei linearer Spannungsänderung 20
6.1 Silikon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
6.2 Vaseline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
6.3 Temperaturabhängigkeit Vaseline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
7 Messung und Auswertung bei einem Kriechexperiment 23
7.1 Silikon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
7.2 Vaseline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
8 Vergleich der ermittelten Materialparameter 25
9 Fazit und Ausblick 26
3
1 Einleitung
Das folgende Experiment mit einem Rheometer soll Materialparameter bzgl. des Verformungs-
und Fließverhaltens einer Probe liefern. Mit Hilfe der der Inversen Analyse werden die Para-
meter eines mathematischen Modells, das dem Messverhalten entspricht, bestimmt. Die Mate-
rialien Silikon und Vaseline werden untersucht.
Silikon ist ein vielfältig einsetzbares Polymergruppe bei denen Siliciumatome über Sauerstof-
fatome verknüpft sind. Ob als Dichtstoff, Kuchenbackform, Walze oder Implantat, Silikon ist
aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Silikon
von dem Chemiker Frederic Kipping entdeckt. Es war jedoch ein Zufallsprodukt, das ent-
stand als man versuchte künstlichen Nebel herzustellen um Städte einzuhüllen damit sie im
Krieg unsichtbar sind. Die chemische Zusammensetzung von Silikon ist allg. RnSiO(4−n)/2(n =
0,1,2,3). Im Fahrzeug können Silikone als Drehmomentübertragung mit automatischem Dreh-
zahlausgleich in Visco-Kupplungen eingesetzt werden.
Daher ist es wichtig die Materialeigenschaften dieses Werkstoffes zu kennen. So kann man aus
gegebenen Spannungen die Verformung und das Fließverhalten berechnen. Damit lässt sich z.
B. eine Visco-Kupplung nach den geforderten Kriterien auslegen.
Ein andere Stoff der untersucht wird, ist Vaseline. Vaseline wurde vom Chemiker Robert Che-
sebrough 1859 entdeckt. Er erkannte, dass ein bei der Erdölproduktion anfallender Rückstand
bei Brand und Schürfwunden half. Vaseline ist Gemisch aus flüssigen Kohlenwasserstoffes aus
Erdöl. Genau wie bei Silikon werden auch für diesen Stoff die Materialparameter bestimmt.
Im Projekt werden mathematische Modelle untersucht um bei späteren Experimenten das pas-
sende Modell auf die Probe anzuwenden und so Materialparameter zu ermitteln. Die mathema-
tischen Berechnungen und Graphen werden mit Python erstellt.
4
2 Bewegungslehre
2.1 Kontinuumsmechanische Betrachtung
Neben der kinematischen Beschreibung eines Kontinuums hat der Ingenieur auch die Aufgabe
die Deformation unter Einfluss äußerer Kräfte, Temperatur, etc. zu untersuchen. Das gesamte
Kontinuum strebt stets in den Gleichgewichtszustand und kann durch Bilanzgleichungen be-
schrieben werden. In unserem Fall ist insbesondere die Impulsbilanz (s.u.) von Bedeutung. Im
Gegensatz zu der lineraren Theorie werden diese Gleichungen am deformierten Körper aufge-
stellt. In der Impulsbilanz tritt der Spannungstensor auf.
Abbildung 1: Schema zur Veranschaulichung des Spannungstensors
Das Flächenelement dA mit normierten Normalvektor N wird zum deformierten Flächenele-
ment da mit normierten Normalvektor n. Diese Transformation kann mit einfachen Transfor-
mationen aufgestellt werden. Die Momentenkonfiguration trage das Tensorfeld der Chauchy-
Spannung σ(x,t). Dann gilt für den auf dem Flächenelement da mit der Normalen nwirkenden
Kraftflussvektor:
t= n ·σ (1)
und somit der resultierende Kraftwerktor
dfs = tda = n ·σda (2)
Die Betrachtung dreier senkrecht aufeinander stehender Flächen beschriebt den gesamten Span-
nungszustand des Körpers. Dieser wird auch als Spannungstensor σ bezeichnet.
5
2.2 Impulsbilanz
Ausgangspunkt ist, dass die Summe aller am Kontinuum angreifender Kräfte gleich der Än-
derung des Impulses sein muss (Newton). Als eingeprägte Kraft sollen auf der Oberfläche die
flächenbezogene Belastung t und am Volumenelement die Massenkraft ρb wirken. Dies führt
zur Impulsbilanz: Ztda+
Zbρdv =
d
dt
Zvρdv (3)
In der rechten Seite der Gleichung wird die Zeitableitung in das Integral unter der Annahmeddt
Rρdv = 0 gezogen:
d
dt
Zvρdv =
Zv̇ρdv+
Zv
d
dt(ρdv) =
Zv̇ρdv (4)
Mit Hilfe der Formel für den Kraftflussvektor von oben und mit dem Satz von Gauß gilt:
Ztda =
Zn ·σda =
Zdivσdv (5)
Somit kann die Ausgangsgleichung der Impulzbilanz zusammengefasst werden zu:
Z(divσ+ρb−ρv̇)dv = 0 (6)
Und somit
divσ+ρb= ρv̇;∂σi j
∂x j
+ρbi = ρ v̇i (7)
Die darin vorkommenden Komponenten des Spannungstensors sind materialabhängige Größen
und wahrscheinlich belastungsabhängige Funktion der Dehnung:
σi j = σi j(εi j, ε̇i j, ...) (8)
Dieser Zusammenhang stellt das Materialgesetzt dar. Die Dehnung ist berechenbar aus den
Verschiebungen:
εi j =1
2(
∂ui
∂x j
+∂u j
∂xi
) (9)
Somit steht ein Satz von Gleichungen zur Verfügung, um daraus, bei gegebenem Materialgesetz,
die Verschiebungen zu berechnen.
6
3 Versuch
3.1 Das Rheometer
Ein Rheometer ist ein Messgerät um Verformungs- und Fließverhalten eines materials zu ermit-
teln. Es gibt drei verschiedene Arten von Rheometern: Scher-, Dehn- und Beigebalkenrheome-
ter. Das im Projekt verwendete Rheometer ist ein Scherrheometer, d.h. es bringt eine Scherde-
formation in das Material. Die genaue Bezeichnung des Rheometers ist AR1000 des Herstellers
TA Instruments. Bei speziell diesem Rheometer kann man zusätzlich zur Verformungsmessung
Abbildung 2: AR1000 des Herstellers TA Instruments
auch verschiedene Temperaturen in die Materialprobe einbringen. Die Platte, auf der sich die
Probe befindet, kann über ein Peltier-Element in einem Bereich von −20◦C –+180◦C stufen-
los reguliert werden. Die so gewonnenen Messdate werden über einen Rechner ausgegeben und
in einer Exceltabelle abgelegt. Somit stehen die Daten zur weiteren Verarbeitung der inversen
Analyse zur Verfügung.
3.2 Aufbau
Prinzipiell hat man bei diesem Rheometertyp die Wahl zwischen verschiedenen Stempeln (s.
Abb. 3, 4). Diese variieren im Durchmesser und man kann zwischen kegelförmigen und planen
Stempeln wählen. Der Stempel ist das eigentliche Messwerkzeug. Bei einem definierten Mate-
rialvolumen, das von dem Abstand zwischen der Probenplatte und dem Stempel abhängt, kann
das Rheometer bei definierter Drehgeschwindigkeit das Widerstandsmoment der Probe und da-
mit die Spannung bestimmen.
7
Abbildung 3: Versuchsschema Abbildung 4: Schematische Darstellung dereingebrachten Scherspannung
In diesem Versuch wird ein kegelförmiger Stempel mit einem Durchmesser d = 60mm und
einem Winkel α = 2◦ gewählt. Die Temperatur wird in der Regel auf 20◦C gestellt. Die Span-
nung lässt sich aus der Geometrie des Stempels über σ = 3M2πr3 bestimmen.
3.3 Durchführung
Die Temperatur des Probenhalters wird auf 20◦C gestellt. Der gewünschte Stempel wird an die
Halterung geschraubt. Das Rheometer wird kalibriert. Der Stempel wird kurz vor den Probe-
halber runtergefahren. Danach läuft die Kalibrierung automatisch ab. Dabei dreht die Maschine
den Stempel kurz an und fährt so lange runter, bis der Stempel den Probehalber berührt und das
Rheometer registriert, dass der Stempel anhält. Bei dieser Position ist der Abstand zwischen
Probehalber und Stempel auf null kalibriert.
Abbildung 5: Messablauf (Vorbereitung)
Das Material wird auf den Probehalter gebracht. Der Stempel fährt bis auf einen Spaltabstand
von 54 µm runter. Das überschüssige Material wird entfernt um Störeinflüsse zu vermeiden. Die
Messung beginnt. Es werden zwei verschiedene Messverfahren angewandt. Diese unterschei-
den sich nur in der Art, wie die Spannung in das Material gebracht wird:
8
Abbildung 6: Lineare SpannungsänderungAbbildung 7: Rasche Einbringung einer kon-stanten Spannung
Bei der ersten Methode wird eine linear ansteigende Spannung eingebracht. Bei der zweiten
Methode wird eine voreingestellt Spannung schnell erreicht und dann gehalten. Im ersten Fall
gibt die Maschine den Spannungsverlauf über der Fließgeschwindigkeit wieder. Im Zweiten den
zeitlichen Verlauf der Dehnung. Ziel ist es über beide Methoden die gleichen Gesetzmäßigkei-
ten des selben Materials zu gewinnen. Die Outputs sind beispielhaft in Abb. 7 und 8 dargestellt.
Abbildung 8: Beispiel: Output der Maschinebei lineare Spannungsänderung
Abbildung 9: Beispiel: Output der Maschinebei dem Kriechexperiment
9
4 Mechanische (rheologische) Modelle
Rheologie ist die Wissenschaft des Fließ- oder Deformationsverhaltens von Materialien. Dabei
wird der Zusammenhang zwischen Verformung und Spannungen untersucht. Die Materialien
können sich elastisch, viskos oder als Mischform zwischen elastisch und viskos verhalten. Aus
Kombinationen zwischen elastischer Feder und Dämpfer lassen sich verschiedene Modelle er-
zeugen. Diese werden als rheologische Modelle oder mechansiche Modelle bezeichnet. Im fol-
genden werden eine Vielzahl von mathematischer Modelle auf ihren theoretischen Messverlauf
hin untersucht. Somit kann man die aufgenommene Messkurve sofort einem Modell zuweisen.
4.1 Linear elastische Feder (Hookesche Modell)
Für ein Material, das sich nach dem Hookeschen Gesetzt verhält, gilt folgender Zusammenhang:
ε =1
Eσ (10)
E ist der materialspezifische Elastizitätsmodul, σ ist die Spannung und ε ist die Dehnung. In
diesem Modell ist der Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung linear. Das Modell
kann durch das folgende Schema dargestellt werden:
Abbildung 10: Schema der linear elastische Feder (Hookesche Modell)
Über den mathematischen Zusammengang kann man bei vorgegebener σ -t-Abhängigkeit die
ε-t-Abhängigkeit, die σ -ε-Abhängigkeit und σ -ε̇-Abhängigkeit darstellen.
Abbildung 11: Hookesche Modell, σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 12: Hookesche Modell, ε-t-Abhängigkeit
10
Abbildung 13: Hookesche Modell, σ -ε-Abhängigkeit
Abbildung 14: Hookesche Modell, σ -ε̇-Abhängigkeit
4.2 Linear viskoser Dämpfer (Newtonsches Modell)
Für ein Material, das sich nach dem Newtonschen Modell verhält gilt folgender Zusammen-
hang:
ε̇ =1
ησ (11)
η ist die materialspezifische Viskosität. In diesem Modell ist der Zusammenhang zwischen
Spannung und der zeitlichen Ableitung der Dehnung linear. Das Modell kann durch das folgen-
de Schema dargestellt werden:
Abbildung 15: Schema des linear viskosen Dämpfers (Newtonsche Modell)
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
Abbildung 16: Newtonsche Modell, σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 17: Newtonsche Modell, ε-t-Abhängigkeit
11
Abbildung 18: Newtonsche Modell, σ -ε-Abhängigkeit
Abbildung 19: Newtonsche Modell, σ -ε̇-Abhängigkeit
4.3 Maxwell-Modell
Das Maxwell-Modell lässt sich aus einer Reihenschaltung zwischen einer linear elastischen
Feder und einem viskosen Dämpfer konstruieren (siehe Abb. 3). Für ein Material, das sich nach
dem Maxwell-Modell verhält gilt:
ε̇ =1
ησ +
1
Eσ̇ (12)
η ist die materialspezifische Viskosität und E das materialspezifische Elastizitätsmodul. Das
Modell kann durch das folgende Schema dargestellt werden:
Abbildung 20: Schema einer Reihenschaltung zwischen einer linear elastischen Feder und ei-nem viskosen Dämpfer (Maxwell-Modell)
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
Abbildung 21: Maxwell Modell, σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 22: Maxwell Modell, ε-t-Abhängigkeit
12
Abbildung 23: Maxwell Modell, σ -ε-Abhängigkeit
Abbildung 24: Maxwell Modell, σ -ε̇-Abhängigkeit
4.4 Kelvin (Voigt) Modell
Das Kelvin (Voigt) Modell lässt sich aus einer Parallelschaltung zwischen einer linear elasti-
schen Feder und einem viskosen Dämpfer konstruieren (siehe Abb. 4). Für ein Material, das
sich nach dem Kelvin (Voigt) Modell verhält gilt:
Eε +ηε̇ = σ (13)
η ist die materialspezifische Viskosität und E das materialspezifische Elastizitätsmodul. Das
Modell kann durch das folgende Schema dargestellt werden:
Abbildung 25: Schema einer Parallelschaltung zwischen einer linear elastischen Feder und ei-nem viskosen Dämpfer (Kelvin (Voigt) Modell)
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
13
Abbildung 26: Kelvin (Voigt) Modell, σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 27: Kelvin (Voigt) Modell, ε-t-Abhängigkeit
Abbildung 28: Kelvin (Voigt) Modell, σ -ε-Abhängigkeit
Abbildung 29: Kelvin (Voigt) Modell, σ -ε̇-Abhängigkeit
4.5 Standard Solid II
Ein weiteres Modell ist das Standard Solid II Modell. Es setzt sich aus einer Reihenschaltung
zwischen linear elastische Feder und viskosem Dämpfer zusammen, die beide mit einer zweiten
linear elastischen Feder parallel geschalte sind. Für dieses Modell ergibt sich der mathematische
Zusammenhang:
σ +η
E2σ̇ = E1ε +
η(E1 +E2)
E2ε̇ (14)
η ist die materialspezifische Viskosität, E1 das materialspezifische Elastizitätsmodul der ersten
und E2 der zweiten Feder. Das Modell kann durch das folgende Schema dargestellt werden:
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
14
Abbildung 30: Schema einer Parallelschaltung zwischen der Reihenschaltung einer linear ela-stischen Feder + einem viskosen Dämpfer und einer zweiten linear elastischen Feder (StandardSolid II)
Abbildung 31: Standard Solid II Modell, σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 32: Standard Solid II Modell, ε-t-Abhängigkeit
Abbildung 33: Standard Solid II Modell, σ -ε-Abhängigkeit
Abbildung 34: Standard Solid II Modell, σ -ε̇-Abhängigkeit
4.6 Standard Fluid I
Die Reihenschaltung zwischen einer linear elastischenFeder und einem viskosen Dämpfer wird
bei dem Standard Fluid I Modell mit einem zweiten viskosen Dämpfer parallel geschaltet. Für
15
dieses Modell ergibt sich der mathematische Zusammenhang:
σ +η2
E2σ̇ = (η1 +η2)ε̇ +
η1 +η2
Eε̈ (15)
η1 ist die materialspezifische Viskosität des ersten, η2 die des zweiten viskosen Dämpfers und
E1 das materialspezifische Elastizitätsmodul Feder. Das Modell kann durch das folgende Sche-
ma dargestellt werden:
Abbildung 35: Schema einer Parallelschaltung zwischen der Reihenschaltung einer linear elasti-schen Feder + einem viskosen Dämpfer und einem zweiten viskosen Dämpfer (Standard FluidI)
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
Abbildung 36: Standard Fluid I Modell, σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 37: Standard Fluid I Modell, ε-t-Abhängigkeit
16
Abbildung 38: Standard Fluid I Modell, σ -ε-Abhängigkeit
Abbildung 39: Standard Fluid I Modell, σ -ε̇-Abhängigkeit
4.7 Herschel-Bulkley-Fluid
Das Herschel-Bulkley-Fluid ist ein rein mathematisches Modell und kann nicht aus elementaren
Bausteinen zusammengesetzt werden. Es ist ein generalisiertes Modell eines nicht Newton-
Fluids. Die Gleichung ist gegeben durch:
σ = σ0 +aε̇b (16)
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
Abbildung 40: Herschel-Bulkley-Fluid, In-put σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 41: Herschel-Bulkley-Fluid, Out-put σ -ε̇-Abhängigkeit
Eine Erweiterung dieses Modells ist das Herschel-Bulkley-Fluid unter Mitnahme höherer Ord-
nung. Das heißt σ ist von höheren Ableitungen von ε abhängig. z.B:
σ = σ0 +aε̇b + cε̈d (17)
Über den mathematischen Zusammenhang können wieder die verschiedenen Abhängigkeiten
graphisch dargestellt werden:
17
Abbildung 42: Herschel-Bulkley-Fluid hö-herer Ordnung, Input σ -t-Abhängigkeit
Abbildung 43: Herschel-Bulkley-Fluid hö-herer Ordnung, Output σ -ε̇-Abhängigkeit
18
5 Nicht-Lineare Regression
Die Messdaten, die durch Experimente erreicht werden, haben öfter Schwankungen bzw. Fehler.
Diese Fehler müssen sollen für die mathematische Betrachtung geglättet werden. Das Ziel ist
eine Fitfunktion f (t,p) zu finden. Dabei sind t Zeitpunkten und p ein Vektor von Parameter
im Experimenten. Es wird eine Kostenfunktion C(p) eingeführt, welche die Ungenauigkeit der
Funktion f gegenüber der Messung angibt. Folglich kann ein Vektor p bestimmt werden, für den
C minimal wird. Eine bekannte Möglichkeit zur Bewertung der Abweichung ist die Berechnung
der Fehlerquadrate. Damit ergibt sich für die Kostenfunktion:
C(p) = ||d(t)− f (t,p)||2 (18)
Das Extremum der Kostenfunktion ist durch die Nullstelle der partiellen Ableitungen definiert:
∂C
∂ pα= 0 (19)
Dabei ist α = 1, ...,n (n: Anzahl der Parameter). Da sich aus den Messdaten keine kontinu-
ierliche Funktion d(x) ergibt, wird für die Bestimmung der Parameter die diskrete Form als
Residualfunktion verwendet:
R(ti,p) = d(ti)− f (ti,p!C(p) =m
∑i=1
R2i = ||Ri||
2 (20)
Die Bestimmung des Minimums ist aufgrund der Nichtlinearität nur numerisch möglich. Daher
wurde es für die Lösung das Levenberg-Marquardt Verfahren verwendet.
19
6 Messung und Auswertung bei linearer Spannungsänderung
6.1 Silikon
Für Silikon ergibt sich bei einer Temperatur von T = 20◦ und einer Experimentaler von t = 1min
der folgende Verlauf der Spannung über der Dehrate σ = σ(ε̇):
Abbildung 44: Messwerte und Fit der Spannung in Abhängigkeit der Dehnrate bei linearerAusgangsspannung bei Silikon
Vergleicht man die Kurve der Messwerte mit den oben beschriebenen Modellen, kommt nur
das Herschel-Bulkley-Modell in Frage. Der Fit wurde gemäß diesem Modell entlang der Mes-
spunkte gelegt. Das Mathematische Modell hat die Form:
σ = 0,053N
m2+0,091
Ns
m2ε̇1,1 (21)
Aus dem berechneten Fit können die charakteristischen Parameter abgelesen werden. Der File-
ßindex b = 1,1 und der Koeffizient a = 0,091 Nsm2 .
20
6.2 Vaseline
Für Vaseline ergibt sich bei einer Temperatur von T = 20◦ und einer Experimentaler von
t = 2min der folgende Verlauf der Spannung über der Dehrate σ = σ(ε̇):
Abbildung 45: Messwerte und Fit der Spannung in Abhängigkeit der Dehnrate bei linearerAusgangsspannung bei Vaseline
Vergleicht man die Kurve der Messwerte mit den oben beschriebenen Modellen, kommt nur
das Herschel-Bulkley-Modell in Frage. Der Fit wurde gemäß diesem Modell entlang der Mes-
spunkte gelegt. Das Mathematische Modell hat die Form:
σ = 0,020N
m2+0,036
Ns
m2ε̇0,34 (22)
Aus dem berechneten Fit können die charakteristischen Parameter abgelesen werden. Der File-
ßindex b = 0,34 und der Koeffizient a = 0,036 Nsm2 .
6.3 Temperaturabhängigkeit Vaseline
Für Vaseline wird eine Temperaturabhängigkeit überprüft. Dazu wird der gleiche Versuchsab-
lauf wie beim vorangegangen Experiment gewählt, nur dass die Temperatur in einem Breich
21
von 20◦C − 35◦C in 5◦C-Schritten variiert wird. Plottet man die Spannungs-Dehnungsraten
Messkurven in einem Diagramm, so wird die Temperaturabhängikeit deutlich sichtbar:
Abbildung 46: Vaseline bei 20◦C Abbildung 47: Vaseline bei 25◦C
Abbildung 48: Vaseline bei 30◦C Abbildung 49: Vaseline bei 35◦C
Dieser Fall ist besonders interessant, weil man aus eigener Erfahrung den Viskostitätsunter-
schied von Vaseline bemerkt, wenn man diese auf die Haut (ca. 28◦C) gibt. Die charakteristi-
schen Parameter für die verschiedenen Temperaturen werden in den Folgenden Diagrammen
dargestellt.
Abbildung 50: Temperaturabhängigkeit desFließindexes b
Abbildung 51: Temperaturabhängigkeit desKoeffizienten a
22
Was deutlich sichtbar wird, ist einsmarkante Veränderung der Materialeigenschaften beim Über-
gang von 20◦C zu 25◦C. Hier verändert sich der Fließindex b und der Koeffizient a deutlich. Da
das ungefähr die Temperatur der Haut ist, wird vermutet, dass diese Glasübergangstemperatur
absichtlich eingebracht wurde, damit man die Vaseline besser auf der Haut verteilen kann.
7 Messung und Auswertung bei einem Kriechexperiment
Um die Materialparameter der vorgenommenen Versuche zu verifizieren, wird ein zweiter Ver-
suchsablauf vorgenommen. In diesem Fall wird nur eine konstante Spannung in das Material
gebracht. Bei betrachten der Messwerte wird erkannt, dass sich die zeitliche Änderung von
ε nicht linear verhält. Bei dem einfachen Herschel-Bulkley-Modell σ = σ0 + aε̇b müsste sie
dies jedoch bei konstanter Spannung tun. Hier wird das Modell also mit einem Korrekturterm
höherer Ordnung erweitert. Das angewendete Modell ist demnach folgendes.
σ = σ0 +aε̇b + cε̈d (23)
7.1 Silikon
Für Silikon ergibt sich bei einer Temperatur von T = 20◦ und einer Experimentaler von t = min
der folgende Verlauf der Dehnung über der Zeit ε = ε(t):
Vergleicht man die Kurve der Messwerte mit den oben beschriebenen Modellen, kommt nur
das Herschel-Bulkley-Modell höherer Ordnung in Frage. Der Fit wurde gemäß diesem Modell
entlang der Messpunkte gelegt. Das Mathematische Modell hat die Form:
σ = 0,061N
m2+0,074
Ns
m2ε̇1,5 + cε̈d (24)
Aus dem berechneten Fit können die charakteristischen Parameter abgelesen werden. Der File-
ßindex b = 1,5 und der Koeffizient a = 0,074 Nsm2 .
7.2 Vaseline
Für Vaseline ergibt sich bei einer Temperatur von T = 20◦ und einer Experimentaler von t =min
der folgende Verlauf der Dehnung über der Zeit ε = ε(t):
Vergleicht man die Kurve der Messwerte mit den oben beschriebenen Modellen, kommt nur
das Herschel-Bulkley-Modell höherer Ordnung in Frage. Der Fit wurde gemäß diesem Modell
entlang der Messpunkte gelegt. Das Mathematische Modell hat die Form:
σ = 0,028N
m2+0,016
Ns
m2ε̇0,48 + cε̈d (25)
23
Abbildung 52: Messwerte und Fit der Spannung in Abhängigkeit der Dehnrate bei konstanterAusgangsspannung bei Silikon
Aus dem berechneten Fit können die charakteristischen Parameter abgelesen werden. Der File-
ßindex b = 0,48 und der Koeffizient a = 0,016 Nsm2 .
Bei Wegfall der Spannung fällt die Dehnung auch direkt auf null ab. Das heißt im Modell
darf die Spannung auch nicht von der Dehnung ε abhängen. In dem Herschel-Bulkley-Modell
ist das auch nicht der Fall. Dieses Verhalten stützt also das ausgewählte Modell.
24
Abbildung 53: Messwerte und Fit der Spannung in Abhängigkeit der Dehnrate bei konstanterAusgangsspannung bei Vaseline
8 Vergleich der ermittelten Materialparameter
Es wurden auf zwei unterschiedliche Arten Materialparameter von Vaseline und Silikon be-
stimmt. Die Temperatur ist bei bieden Versuchen 20◦C. Da bei beiden Versuchen das gleiche
mathematische Modell zu Grunde liegt (bis auf notwendige Korrektur im 2. teil), müssen sich
auch die gleichen Materialparameter ergeben. Die folgende Tabelle verglicht die beiden Versu-
che miteinander:
Material, Parameter Versuch 1 Versuch 2
Silikon, a 0,091 0,074 Nsm2
Silikon, b 1,1 1,5
Vaseline, a 0,036 0,016 Nsm2
Vaseline, b 0,34 0,48
Man erkennt, dass die Werte im Ramen der Messgenauigkeit und äußeren Einflüssen wie Luft-
druck, Luftfeuchtigkeit, Inhomogenitäten etc. gleich sind. Somit wurde für das Material ein
passendes mathematische Modell, das Herschel-Bulkley-Modell gefunden.
25
9 Fazit und Ausblick
Mit diesem Versuch konnten den Materialien mathematische Modelle zugewiesen werden. Im
Fall von Vaseline und Silikon trifft das Herschel-Bulkley-Modell am besten zu. Die zugehö-
rigen Materialparameter konnten anhand eine Messung bei linearer Spannungsänderung be-
stimmt werden. Mit einem weiteren Versuch, dem Kriechversuch, wurde festgestellt, dass eher
das Herschel-Bulkley-Modell höherer Ordnung zutrifft. Der weitere Term wird als Korrektur-
term angesehen. Die Parameter des zweiten Versuchs für das Herschel-Bulkley-Modell erster
Ordnung stimmen im Rahmen der Messgenauigkeit mit dem des ersten Versuchs überein. Au-
ßerdem wurde für Vaseline der Spannungsverlauf bei verschiedenen Temperaturen untersucht.
Es wird deutlich, dass sich die Materialparameter bei einer Temperatur von ca T = 25◦ ändern.
Das stimmt mit der Erfahrung überein, dass sich die Konsistenz von Vaseline beim Auftrag auf
die Haut (T = 25◦) strak verändert. Wahrscheinlich wird hier Absichtlich eine Glasübergang-
stemperatur eingebracht.
In weiteren Versuchen, z. B. Oszillationsveruchen, können die Materialparameter überprüft
werden.
26