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Nr. 72 Oktober 2009 forum - Der Info-Dienst der SGK Berlin e.V. 1 AG der Fraktionsvorsitzenden Risiken der Bezirkshaushalte Briefwechsel mit Michael Müller Dokumentation: In der Metropole zu Hause Leitgedanken sozialdemokratischer Großstadtpolitik Klaus Wowereit Heimat Metropole Nr. 72 Oktober 2009 Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Berlin e.V. Einladung zur Jahreshauptversammlung der SGK Berlin e.V. Tagesordnung: 1. Begrüßung 2. Referat: Demografischer Wandel und die Bedeutung für die Entwicklung der Stadt Berlin (Senatorin Ingeborg Junge-Reyer) 3. Aussprache 4. Wahl von Delegierten / Ersatzdelegierten zur Bundesdelegiertenversammlung der SGK 5. Verschiedenes Freitag, 27. November 2009, 17.00 Uhr in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Württembergische Str. 6, 10707 Berlin Raum 101, 1. Stock ÖPNV: U-Bahnhof Fehrbelliner Platz Michael Müller Schulstrukturreform Karlheinz W. Lehrach Demografischer Wandel: Mobilität älterer Menschen Oliver Igel Wachstum in den Bezirken: PMA steigt an! Dr. Hans-Ulrich Oel Berliner Demografiekonzept Seite 3 Seite 4 Seite 14 Seite 16 Seite 20 JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG Oliver Schworck Bürgerämter in Not – Bürger vergnatzt Seite 17 Bruni Wildenhein-Lauterbach BI Schillerhöhe Seite 19 Liebe SGK-Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde der Kommunalpolitik, der Vorstand der SGK Berlin lädt Euch zur diesjährigen Jahreshauptversammlung recht herzlich ein. Im Mittelpunkt der Versammlung wird ein Referat unserer Senatorin Ingeborg Junge-Reyer zur Demografischen Entwicklung und die Bedeutung für die Entwicklung der Stadt Berlin mit einer hoffentlich sehr interessanten Diskussion stehen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Wahl unserer Delegierten zur Bundesdelegiertenversammlung der Bundes SGK 2010. Das vorliegende FORUM greift wieder verschiedene Themen auf, die sich auch inhaltlich mit dem Referat von Ingeborg beschäftigen. Ich möchte euer Augenmerk insbesondere auf den Artikel von Herrn Lehrach aus dem Hause Volkswagen lenken, in dem er seinen Vortrag wiedergibt, den er auf einer vielbeachteten Veranstaltung des ACE, dem 11. Berliner Mo- bilitätssalon des ACE, zum Mobilitätsverhalten älterer Menschen gehalten hat. Wir werden uns auch als SGK weiterhin mit diesem Themenbereich beschäftigen. Auch das Metropolenpapier von Klaus Wowereit sollte uns für unsere weitere politische Arbeit in Bezirken und Land wichtige Hinweise geben. Ich hoffe, Ihr könnt einige Anregungen aus den Artikeln für euer politisches Handeln aufnehmen und würde mich freuen, Euch auf der Jahreshauptversammlung begrüßen zu können. Horst Porath Landesvorsitzender SGK Berlin Seite 9 Seite 13

Jahreshauptversammlung der SGK Berlin e.V. · Leitgedanken sozialdemokratischer Großstadtpolitik Klaus Wowereit Heimat Metropole ... entsprechenden Vorschläge gemacht, denn wir

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Nr. 72 Oktober 2009 forum - Der Info-Dienst der SGK Berlin e.V. 1

AG der FraktionsvorsitzendenRisiken der BezirkshaushalteBriefwechsel mit Michael Müller

Dokumentation:In der Metropole zu HauseLeitgedanken sozialdemokratischer Großstadtpolitik

Klaus WowereitHeimat Metropole

Nr. 72 Oktober 2009

Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Berlin e.V.

Einladung zur Jahreshauptversammlungder SGK Berlin e.V.Tagesordnung:

1. Begrüßung

2. Referat: Demografischer Wandel und die Bedeutung für die Entwicklung der Stadt Berlin (Senatorin Ingeborg Junge-Reyer)

3. Aussprache

4. Wahl von Delegierten / Ersatzdelegierten zur Bundesdelegiertenversammlung der SGK

5. Verschiedenes

Freitag, 27. November 2009, 17.00 Uhrin derSenatsverwaltung für StadtentwicklungWürttembergische Str. 6, 10707 BerlinRaum 101, 1. StockÖPNV: U-Bahnhof Fehrbelliner Platz

Michael MüllerSchulstrukturreform

Karlheinz W. LehrachDemografischer Wandel:Mobilität älterer Menschen

Oliver IgelWachstum in den Bezirken:PMA steigt an!

Dr. Hans-Ulrich OelBerliner Demografiekonzept

Seite 3

Seite 4

Seite 14

Seite 16

Seite 20

JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG

Oliver SchworckBürgerämter in Not –Bürger vergnatzt

Seite 17

Bruni Wildenhein-LauterbachBI Schillerhöhe

Seite 19

Liebe SGK-Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde der Kommunalpolitik,

der Vorstand der SGK Berlin lädt Euch zur diesjährigen Jahreshauptversammlung recht herzlich ein. Im Mittelpunkt der Versammlung wird ein Referat unserer Senatorin Ingeborg Junge-Reyer zur Demografischen Entwicklung und die Bedeutung für die Entwicklung der Stadt Berlin mit einer hoffentlich sehr interessanten Diskussion stehen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Wahl unserer Delegierten zur Bundesdelegiertenversammlung der Bundes SGK 2010.

Das vorliegende FORUM greift wieder verschiedene Themen auf, die sich auch inhaltlich mit dem Referat von Ingeborg beschäftigen. Ich möchte euer Augenmerk insbesondere auf den Artikel von Herrn Lehrach aus dem Hause Volkswagen lenken, in dem er seinen Vortrag wiedergibt, den er auf einer vielbeachteten Veranstaltung des ACE, dem 11. Berliner Mo-bilitätssalon des ACE, zum Mobilitätsverhalten älterer Menschen gehalten hat. Wir werden uns auch als SGK weiterhin mit diesem Themenbereich beschäftigen.

Auch das Metropolenpapier von Klaus Wowereit sollte uns für unsere weitere politische Arbeit in Bezirken und Land wichtige Hinweise geben.

Ich hoffe, Ihr könnt einige Anregungen aus den Artikeln für euer politisches Handeln aufnehmen und würde mich freuen, Euch auf der Jahreshauptversammlung begrüßen zu können.

Horst PorathLandesvorsitzender SGK Berlin

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01. Mitte

Bezirksbürgermeister Dr. Christian HankeLeiter der Abteilung Gesundheit, Personal, Rechtsamt und Steue-rungsdienst

Bezirksstadträtin Dagmar HänischLeiterin der Abteilung Kultur, Schule, Sport und Weiterbildung

Bezirksstadtrat Ephraim GotheLeiter der Abteilung Bauen und Umwelt

02. Friedrichshain - Kreuzberg

stellvertretende Bürgermeisterin Sigrid KlebbaLeiterin der Abteilung Kultur, Bildung, Finanzen und Sport

Bezirksstadtrat Dr. Peter BeckersLeiter der Abteilung Wirtschaft, Bürgerdienste und Ordnungsamt

03. Pankow

Bezirksbürgermeister Matthias KöhneLeiter der Abteilung Finanzen, Personal und Umwelt

Bezirksstadträtin Lioba Zürn-KasztantowiczLeiterin der Abteilung Gesundheit, Soziales, Schule und Sport

04. Charlottenburg - Wilmersdorf

Bezirksbürgermeisterin Monika ThiemenLeiterin der Abteilung Finanzen und Kultur

Bezirksstadtrat Reinhard NaumannLeiter der Abteilung Jugend, Familie, Schule und Sport

Bezirksstadtrat Marc SchulteLeiter der Abteilung Wirtschaft, Ordnungsangelegenheiten und Weiterbildung

05. Spandau

stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Ursula MeysLeiterin der Abteilung Jugend und Familie

Bezirksstadtrat Martin MatzLeiter der Abteilung Soziales und Gesundheit

Bezirksstadträtin Daniela KleineidamLeiterin der Abteilung Finanzen, Bürgerdienste und Europaange-legenheiten

06. Steglitz Zehlendorf

stellvertretender Bezirksbürgermeister Uwe StäglinLeiter der Abteilung Bauen, Stadtplanung und Naturschutz

Bezirksstadträtin Barbara LothLeiterin der Abteilung Wirtschaft, Verkehr und Gesundheit

07. Tempelhof- Schöneberg

Bezirksbürgermeister Ekkehard BandLeiter der Abteilung Personal, Finanzen und Wirtschaftsförderung

Bezirksstadträtin Angelika SchöttlerLeiterin der Abteilung Familie, Jugend, Sport und Quartiersma-nagement

Bezirksstadtrat Oliver SchworckLeiter der Abteilung Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben, Natur und Umwelt

08. Neukölln

Bezirksbürgermeister Heinz BuschkowskyLeiter der Abteilung Finanzen und Wirtschaft

Bezirksstadtrat Thomas BlesingLeiter der Abteilung Bauen

Bezirksstadtrat Wolfgang SchimmangLeiter der Abteilung Bildung, Schule, Kultur und Sport

09. Treptow- Köpenick

Bezirksbürgermeisterin Gabriele SchöttlerLeiterin der Abteilung Personal, Finanzen, Wirtschaft, Kultur und Ordnungsangelegenheiten

Bezirksstadtrat Dirk RetzlaffLeiter der Abteilung Jugend und Schule

Bezirksstadtrat Rainer HölmerLeiter der Abteilung Bauen und Stadtentwicklung

10. Marzahn-Hellersdorf

stellvertretender Bezirksbürgermeister Stefan KomoßLeiter der Abteilung Schule, Sport und Finanzen

Bezirksstadtrat Stephan RichterLeiter der Abteilung Immobilien, Kultur und Weiterbildung

11. Lichtenberg

stellvertretender Bezirksbürgermeister Andreas GeiselLeiter der Abteilung Stadtentwicklung, Verkehr, Bau und Umwelt

Bezirksstadträtin Kerstin BeurichLeiterin der Abteilung Schule, Sport und Soziales

12. Reinickendorf

stellvertretender Bezirksbürgermeister Peter SenftlebenLeiter der Abteilung Jugend und Familie

Bezirksstadtrat Andreas HöhneLeiter der Abteilung Gesundheit und Soziales

Sozialdemokratische Mitglieder in den Bezirksämtern

Das lässt sich ändern.

Beitrittserklärungen nimmt die Geschäftsstelle der SGK Berlin gern entgegen.

E-Mail: [email protected].: 030 / 46 92 - 134

Noch kein SGK-Mitglied?

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Heimat Metropolevon Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin

Von den etwas über 80 Millionen Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands leben 57 Millionen in den Ballungszentren. Mehr als zwei Drittel unserer Wirtschaftsleistung entsteht in den Metropolen. Hier entscheiden sich die Zukunftsfragen unserer Gesellschaft. Des-halb haben wir in der Metropolenkommission der SPD Leitlinien eines modernen sozialdemokratischen Programms für die Großstädte formuliert.

Die großen Städte sind Seismografen für die Entwicklung des gan-zen Landes. Zum einen stellen sich hier die sozialen Fragen unserer Zeit zuerst. Zum anderen stellen wir bundesweit fest, dass die großen Städte für viele Bevölkerungsgruppen zunehmend attraktiv werden. Denn Metropolen sind die Lebensadern unserer Gesellschaft, sie sind das Zentrum von Kultur und Kreativität, sie sind Labore künftigen Zusammenlebens. Seien es Singlehaushalte, neue Lebensweisen, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, Familien mit Kindern - sie alle sind immer wieder neu von den Städten begeistert.

In der Kommission haben wir unsere Politik auf eine Formel gebracht: Moderne Großstadtpolitik muss dafür sorgen, dass Me-tropolen für jeden auch Heimat werden können. Nach allem, was wir wissen, ist die SPD die Kraft des Zusammenwachsens unserer Städte. Ihr wird am ehesten zugetraut, den Wandel im Sinne des Zusammenhalts der Städte zu gestalten. Das ist nicht immer einfach und nicht immer geht es von heute auf morgen. Aber es gibt Kern-projekte, die unsere Politik auszeichnen.

Wir wollen bewohnte Innenstädte und lebendige Quartiere. Unsere Stadtentwicklungspolitik muss sich an der Stadt der kurzen Wege ausrichten. Dafür brauchen wir auch genügend bezahlbaren Wohn-raum und eine funktionierende Infrastruktur bei der Nahversorgung und im ÖPNV. Um dies zu erreichen, dürfen wir uns die Mittel zur Gestaltung unserer Städte nicht aus der Hand nehmen lassen. Wir wissen um die Bedeutung der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Wir wollen Bildung für alle – von der wohnortnahen Kita bis zu einem Schulsystem, das niemanden auf der Strecke zurück lässt.

Unser Ziel muss es sein, dass mit Abschluss der vierten Klasse alle Bildungsdefizite aufgeholt sind. Das heißt auch Gebührenfreiheit von der Kita bis zum Studium.

Und wir brauchen eine Stärkung des lokalen Miteinanders. Des-halb kümmern wir uns besonders um die Soziale Stadt und richtige Integration. Dazu gehören eine neue Willkommenskultur und das kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer, die schon länger bei uns leben.

Gute Nachbarschaft, funktionierende Bildungseinrichtungen für alle, ein vielfältiges Angebot an Kultur und Musik, schnell erreich-bare Freundinnen und Freunde, eine funktionierende Nahversorgung, kurze Wege, aber auch der Arbeitsplatz – all dies macht Heimat in der Metropole aus. In der Metropolenkommission haben wir dazu die entsprechenden Vorschläge gemacht, denn wir sind überzeugt, die SPD wird auch in Zukunft die Partei der großen Städte bleiben.

Die großen Städte sind die Orte, an denen die sozialen Fragen unserer Zeit beantwortet werden.

Sie stehen heute vor großen Herausforderungen. Die Sozial- und Bildungsaufgaben, der ökonomische Fortschritt, der Wandel der Be-völkerungsstruktur und der Lebensformen sowie die Konsequenzen des Klimawandels und des Ressourcenverbrauchs müssen in den Städten bewältigt werden.

Diese Aufgaben erfordern Tatkraft und eine erneuerte Solidarität. Wenn wir nicht entschlossen handeln, wird das Ergebnis eine soziale Spaltung der Städte sein. Nicht der anonyme Markt, sondern nur mu-tiges und mit den Bürgerinnen und Bürgern der Städte gemeinsames politisches Handeln, wird die Städte lebenswert halten.

Auch die aktuelle Finanzkrise gefährdet den Zusammenhalt der Städte, seien es Finanz-, Dienstleistungszentren oder Industriestädte.

Die „Zeitenwende“ bietet zugleich die Chance, wirtschaftliche und gesellschaftliche Spaltungen zu überwinden und wieder „das Ganze“ in den Blick zu nehmen.

Neue Handlungsfähigkeit in der Zeitenwende

Für die Handlungsfähigkeit der Städte muss sich die Finanz-ausstattung der Großstädte an den zunehmenden Aufgaben und Anforderungen orientieren. Die fundamentalen sozialen und bil-dungspolitischen Aufgaben können die Städte nicht alleine stemmen. Sie bedürfen einer gemeinsamen Kraftanstrengung des Bundes und der Länder. Denn in den Städten wird über die Integrations- und Aufstiegschancen der großen Mehrheit unserer Kinder und Jugend-lichen entschieden.

Der Bund muss sich daher stärker engagieren, um die Gleichwer-tigkeit der Lebensverhältnisse zu wahren. Das Ganztagsschulpro-

In der Metropole zu Hause Leitgedanken sozialdemokratischer Großstadtpolitik

Ein Jahr hatte die „Metropolenkommission“ des Parteivorstands gearbeitet, dann stellten Franz Müntefering und Klaus Wowereit am 11. Mai 2009 das Ergebnis vor: „Heimat Metropole – Sozialdemokratische Politik für moderne Großstädte“

Wir dokumentieren den Text des Metropolenpapiers auf den Folgeseiten.

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gramm und der Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen sind gute Beispiele für eine erfolgreiche Kooperationskultur in unserem Bundesstaat.

Wir brauchen mehr von diesen positiven Beispielen. Dazu ist eine Politik erforderlich, die über föderale Grenzen hinausdenkt. Nötig sind mehr finanzielle Kooperationen zwischen dem Bund und den Städten für ein gut ausgebautes Bildungs- und Betreuungssystem. Die Zukunftschancen der Kinder dürfen nicht an Verfassungsgrenzen scheitern. Darum wollen wir das Kooperationsverbot des Grundge-setzes aufheben.

Die Situation der Städte muss im kommunalen Finanzausgleich stärker berücksichtigt werden. Die Großstädte brauchen eine finanzi-elle Planungssicherheit, insbesondere die Planbarkeit der Einnahmen muss verbessert werden. Gleichzeitig müssen die großen Städte und Metropolen in Europa eine größere Rolle spielen. Es muss Ziel der europäischen Kohäsionspolitik sein, Metropolen und Großstädte zu stärken, damit sie ihren Charakter als Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung wahren können. Deshalb fordern wir eine deutliche Stärkung der städtischen Dimension in den europäischen Struktur-fonds sowie eine Aufstockung der Stadtentwicklungsmittel. Für diese Schwerpunktsetzung werden wir Sozialdemokraten uns in der Diskussion über die Förderperiode ab 2013 einsetzen.

Labore künftigen Zusammenlebens

Trotz aller Probleme: Große Städte haben eine enorme Magnetwir-kung. In den großen deutschen Ballungszentren leben mehr als 57 Millionen Menschen. Mehr als 27 Millionen Erwerbstätige gehen hier jeden Tag ihrer Arbeit nach und erwirtschaften damit mehr als Zweidrittel unseres Wohlstands. In den großen Städten werden neue Lebensweisen erprobt, ist kreatives Denken zu Hause und sind die Formen des Zusammenlebens vielfältig. Metropolen sind im besten Sinne Labore und kreative Keimzellen der künftigen Gesellschaft. Es ist unsere Auffassung von sozialem Fortschritt, diesen Wandel zu begleiten und zu gestalten.

Die SPD als Stadtpartei

Die Sozialdemokratie war und ist die Partei der großen Städte in Deutschland. Wir wollen weltoffene Großstädte und wettbewerbs-fähige Metropolregionen, die Orte des Fortschritts und des sozialen Ausgleichs sind. Sie sind Voraussetzung für ein modernes Land. Hier entsteht Wohlstand. Hier wächst Zusammenhalt.

Wir sehen die modernen Metropolen als einen wichtigen Raum der Gestaltung eines neuen Gesellschaftsvertrages. Hier kann man ohne Angst verschieden sein. Wir wollen sie zu Orten machen, in denen Menschen für einander einstehen, Sicherheit und Geborgen-heit finden.

Wir Sozialdemokraten suchen die Zusammenarbeit mit denen, die nach neuem Zusammenhalt streben statt alte Spaltungen zu vertiefen. Wir setzen dabei auf die heimatverbundenen Großstädter, die offen sind für alle, die bei ihnen ihre Heimat finden wollen. Wir wollen mit den Menschen gemeinsam an der Metropole arbeiten, die für alle Heimat ist.

Deshalb formuliert die SPD zentrale Leitgedanken für moderne Politik in den großen Städten.

1. Heimatort in der globalisierten Welt

In den Metropolen wird die Globalisierung sichtbar. Sie sind Knotenpunkte für die globalen Waren-, Finanz- und Ideenströme. Sie sind Heimat für Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Sie sind Taktgeber für globale Veränderungen. Hier werden globale

Produkte und Dienstleistungen für die Märkte der Welt hergestellt, Trends gesetzt und neue Formen des Zusammenlebens erprobt. Diese Einflüsse verändern das Gesicht der Großstädte.

Jede Metropole hat ihren Charakter und ihre unverwechselbare Identität. Das spezielle Wesen unserer europäischen Metropolen wird geprägt von den in ihr lebenden Menschen. Es speist sich aus der Begegnung von Architektur, öffentlichem Leben, der eigenen Geschichte und den lokalen Traditionen. Durch dieses Zusammen-spiel entsteht bei den Einwohnern eine emotionale Bindung zu ihrem Lebensumfeld.

Hier kann jeder seine Heimat finden.

Wir wollen den eigenen Charakter jeder Großstadt bewahren und ausbauen.

Wir Sozialdemokraten wissen um die städtebaulichen Fehlentwick-lungen der 60er und 70er Jahre. Diese Konformität entspricht nicht mehr unserem Leitbild. Vielmehr wollen wir Vielfalt und Urbani-tät fördern sowie die soziale Integrationskraft der Städte stärken. Gerade in der Globalisierung müssen Städte in ihrer Individualität erkennbar bleiben. In den großen Städten – seien es wachsende oder schrumpfende Städte – nehmen wir uns vor, eine identitätswahrende Stadtentwicklung zu praktizieren.

Wir wollen eine neue Willkommenskultur und Offenheit in den großen Städten etablieren.

Dazu wollen wir Willkommensagenturen als zentrale Anlaufstel-len für alle Neubürgerinnen und Neubürger in den großen Städten schaffen, die das Einfinden in der Stadt erleichtern. Aufenthaltsmo-dalitäten, Wohnungssuche, Zugang zur Hochschule, Meldeangele-genheiten oder Sprach- und Integrationsangebote sollen hier aus einer Hand angeboten werden.

2. Quelle für neue Wertschöpfung.

Wissen, Kommunikation und Kreativität gewinnen an Bedeutung. Wissen wird heute immer schneller produziert und durch die digitale Vernetzung breiter verfügbar gemacht. In den Metropolen verdich-tet sich vorhandenes Wissen, neue Ideen werden hier geboren. Die großen Städte mit ihrer kulturell geprägten, offenen, urbanen Atmo-sphäre und ihrer dichten Bildungslandschaft haben eine besondere Attraktivität für Forschung, Entwicklung und produktionsorientierte Dienstleistungen. Urbanität und Weltoffenheit sind die Standortfak-toren für eine erfolgreiche Zukunft.

Wir wollen die großen Städte als Motoren der Innovation profilieren.

Die Nähe zwischen Hochschulen, Forschungsinstituten und Wirtschaft fördert neue Ideen und kreative Innovationsprozesse. Durch gezielte Wissenschafts- und Technologiepolitik, attraktive Rahmenbedingungen sowie die Förderung von Forschungs- und Bildungslandschaften wollen wir die großen Städte noch stärker als zukunfts- und ausstrahlungsfähige Standorte profilieren.

Unser Ziel ist es, an jedem Hochschulstandort verbesserte Struktu-ren für erfolgreiche Unternehmensgründungen zu entwickeln.

Wir wollen die Chancen der Kreativwirtschaft für mehr Be-schäftigung nutzen.

Der Takt der Großstädte schafft ein vitales und anregendes Umfeld, in dem die Kreativwirtschaft Wurzeln schlägt und wachsen kann. Hier entstehen neue Wertschöpfung und neue Formen des Arbeitens. In ihrem Umfeld bilden sich neue Dienstleistungsangebote, die die Menschen in ihrem Alltag entlasten. Wir wollen die Potenziale der

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Kreativwirtschaft für unsere Städte nutzen. Darum werden wir die Bedingungen für kleine kreative Unternehmen und für Existenz-gründer gezielt verbessern.

Wir wollen, das Deutschland ein starkes Industrieland bleibt.

Dazu werden wir in den Metropolregionen den Austausch zwischen innovativen Netzwerken und der regionalen Wirtschaft sowie der Industrie fördern. Die regionale Industriepolitik muss an den Stärken der jeweiligen Region ansetzen. Wir wollen bestehende industrielle Kerne nachhaltig stärken und die Entwicklung von zukunftsorien-tierten Clustern unterstützen.

Wir wollen die Chancen auf Beschäftigung verbessern.

Öffentliche geförderte Beschäftigung ist und bleibt ein unver-zichtbares Mittel der lokalen Arbeitsmarktpolitik. Unterschiedliche Förderinstrumente müssen sinnvoll kombiniert werden, um Qualifi-zierung und Wiedereingliederung zu ermöglichen, ohne kurzatmigen Maßnahmen den Vorzug zu geben. Wir wollen den „Kommunal-Kombi“ zu einem sozialen Arbeitsmarkt, d.h. einem längerfristigen, steuerfinanzierten Arbeitsmarktförderinstrument weiterentwickeln, mit dessen Hilfe sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsver-hältnisse geschaffen werden können. Gerade in der Wirtschaftskrise wollen wir die bewährte Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kommunen in den Jobcentern gesetzlich absichern.

3. Standort für Bildungschancen

Wir wollen allen einen guten Bildungsabschluss ermöglichen. Bildung und Qualifizierung sind die Grundlage für Lebenschancen und die Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, sie kritisch zu hinterfragen, aber auch sich in ein globalisiertes Arbeitsumfeld ein-bringen zu können. Die großen Städte sind Zentren der Bildung. Hier existiert Vielfalt und Auswahl an Bildungslaufbahnen. Fast jeder Bildungsabschluss ist möglich. Hier treten aber auch die dramati-schen Folgen der sozialen Spaltung für den Bildungserfolg offen zu Tage. Noch immer prägt der soziale Hintergrund entscheidend die Bildungsbiographien.

Die Herkunftsabhängigkeit von Bildungschancen ist ein Problem, das sich in den Städten stärker stellt als anderswo. Das gilt besonders für Kinder mit Migrationshintergrund. Hier werden zu viele Chancen vertan, zu viele Talente bleiben unentdeckt.

Wir wollen, dass mit Abschluss der vierten Klasse alle Bil-dungsdefizite aufgeholt sind.

Dazu ist eine gemeinsame Anstrengung weit über die Bildungs-einrichtungen hinaus notwendig. Wir müssen die Strukturen für individuelle Förderung und Spracherwerb schaffen. Wir werden aber auch darauf achten, dass diese Möglichkeiten genutzt wer-den. Gerade in sozial schwächeren Gebieten müssen Kitas und Schulen mehr Familien bei ihrer Verantwortung unterstützen oder klassische Erziehungsfunktionen ersetzen. Daher setzen wir auf die Kooperation mit den Eltern, nehmen sie aber auch in die Pflicht, die Lern- und Integrationsanstrengungen von Schulen und Kitas positiv zu begleiten.

Wir werden den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz zügig umsetzen und die qualifizierte Förderung in den Kindergärten ausbauen.

Gerade im frühkindlichen Bereich lassen sich soziale und sprach-liche Defizite am besten ausgleichen. Wir streben an, dass eine Erzieherin bzw. ein Erzieher für höchstens vier Kinder unter drei Jahren und für maximal acht Kinder im KitaBereich zuständig ist.

Wir wollen sicherstellen, dass jedes Kind zu Schulbeginn ausrei-chende Sprachkenntnisse besitzt.

Wir wollen mehr Durchlässigkeit erreichen, indem wir die Übergänge zwischen den Bildungseinrichtungen verbessern.

Dies gilt vor allem für den Übergang vom Kindergarten in die Schule. Wir wollen, dass Schulen und Kindergärten enger koope-rieren, um frühzeitig Defizite zu erkennen und einen erfolgreichen Start in der Schule zu ermöglichen.

Wir wollen attraktive Stadtteilschulen schaffen.

Hier sollen alle bis zum ersten Schulabschluss gemeinsam lernen. Als Ganztagsschule muss sie eng mit Sportvereinen, Musikschulen und andere Kultureinrichtungen kooperieren. Wir wollen daher ei-nen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz durchsetzen. Ein hochwertiges und kostenloses Mittagessen gehört für uns dazu.

Wir wollen eine Bildungsoffensive für Quartiere, in denen sich soziale Probleme verschärfen. Hier brauchen wir besonders leis-tungsfähige Schulen.

Wir wollen erreichen, dass die Größe der Klassen hier geringer und die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer hier höher ist als im Durch-schnitt. Zudem werden wir an jeder dieser Schulen eine Betreuung durch Schulsozialarbeiter sicherstellen. Unser Ziel ist es, die Zahl der Schulabbrecherinnen und -abbrecher nachhaltig zu senken.

Dazu muss von den Schulen das Signal ausgehen, dass ihnen die Entwicklung ihrer Schülerinnen und Schüler nicht egal ist. Schul-schwänzen werden wir nicht akzeptieren und mit den Mitteln der aufsuchenden Sozialarbeit bekämpfen. Denn wir wissen, in den gro-ßen Städten sind es die Schulen, die immer mehr Familienfunktionen übernehmen. Darauf müssen wir sie vorbereiten.

Wir wollen in jeder Stadt Bildungsstützpunkte aufbauen.

Sie sollen zentraler Anlaufpunkt werden, um sich über die viel-fältigen Bildungs- und Qualifizierungswege zu informieren. Dies soll dabei helfen, dass Brüche und Rückschläge in der Bildungsbi-ographie nicht zu Sackgassen werden. Deshalb darf das Recht auf Bildung nicht nach dem Schulabschluss enden. Vielmehr brauchen wir eine Kultur des lebensbegleitenden Lernens. Das beinhaltet auch, dass alle, die einen Schulabschluss nicht erreicht haben, eine zweite und dritte Chance verdient haben.

Wir werden den gebührenfreien Zugang zu Bildungs-, Betreu-ungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten sichern.

Das sorgt für gleiche Startbedingungen.

4. Erneuerter Zusammenhalt durch Integration

In den Großstädten zeigt sich der gesellschaftliche Wandel stärker als anderswo. Die Unterschiede zwischen arm und reich, zwischen mobil und immobil, zwischen jung und alt sowie zwischen bil-dungsnahen und -fernen Bevölkerungsgruppen nehmen zu. Neben allen Chancen birgt die kulturelle Vielfalt auch Konfliktpotenziale und erzeugt Spannungen. Großstädte bieten in besonderer Weise den Raum dafür. Ignoranz und räumliche Abschottung können den zerbrechlichen gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Die Stadtgesellschaft ist hier gefordert, damit sich gesellschaftliche Bindungen nicht auflösen und die Städte nicht in prosperierende und abgehängte Bereiche zerfallen.

Wir wollen soziale Spaltungen in der Stadt verhindern.

Wir müssen mit sozialer Stadtentwicklungspolitik die Gesamtver-antwortung der Stadt deutlich machen und mit aktivem Quartiersma-

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nagement der gegenseitigen Abschottung begegnen und benachtei-ligten Quartieren neue Perspektiven eröffnen. Mit den Programmen zur sozialen Stadt haben wir Sozialdemokraten diesen Tendenzen in den letzten Jahren konsequent entgegengewirkt. Notwendig ist nun eine Verstetigung dieses Engagements.

Wir müssen die Menschen zu Handelnden machen bei der sozialen Gestaltung der Stadt.

Stadtteilmütter greifen Fragen auf, die im Alltag von Migran-tenfamilien eine Rolle spielen und vermitteln familienrelevante Informationen an Mütter mit Migrationshintergrund. Dazu werden Mütter aus dem Stadtteil qualifiziert, um Familien im Stadtteil zu unterstützen. Als Quartiersläuferinnen und -läufer passen junge Erwachsene auf ihr Quartier auf, sie sind im öffentlichen Raum präsent, leisten Hilfe und regeln Konflikte. Stadtteilmütter und Quar-tiersläuferinnen und -läufer sollen „Erziehungslotsen“ werden, die die Regeln des gemeinsamen Miteinanders durchzusetzen helfen. Wir geben Programmen, in denen sich die Menschen vor Ort für die Verbesserung ihrer Quartiere einsetzen, Vorrang. Dies benötigt auch lokale Formen der Mitbestimmung, wie sie zum Beispiel in Quartiersbeiräten verankert sind.

Wir müssen Rücksicht fördern und Regeln durchsetzen.Es ist nicht akzeptabel, dass einige wenige auf Kosten derer

leben, die sich nicht wehren können. Wo Toleranz gefährdet ist, schreiten wir auch mit polizeilichen Mitteln ein. Die Regeln unse-res Zusammenlebens müssen von allen akzeptiert werden. Teilhabe und Akzeptanz sind untrennbar. Aktive Präventionsarbeit und die Stärkung der Prinzipien der guten Nachbarschaft schaffen mehr Si-cherheit. In der lebenswerten Großstadt soll sich jeder ohne Angst frei bewegen können.

Wir wollen den lokalen Sozialstaat stärken. Kommunale und quartiersbezogene Arbeitsmarktpolitik und die

gezielte Förderung der lokalen Ökonomie schaffen neue Chancen für Beschäftigung und lebendige Stadtteile. Beratungsangebote ins-besondere für Selbständige mit Migrationshintergrund, zum Beispiel zum Thema Ausbildung, aber auch Mikrokreditprogramme sind hier die Ansatzpunkte unserer Politik. Der lokale Sozialstaat muss darü-ber hinaus das Angebot öffentlicher Hilfen mit den Potenzialen des bürgerschaftlichen Engagements wirksam verzahnen.

Wir gehen hart gegen Rechtsextremismus vor und wollen Intoleranz bekämpfen.

Daher wollen wir auch mit städtischen Mitteln die Bundesprogram-me gegen Rechts verstärken. Rechtsradikale Vereine verbieten wir, wo möglich entziehen wir rechtsradikalen Treffpunkten die Gast-stättenlizenz. Zudem wollen wir Intoleranz unter dem Deckmantel von Religion konsequent entgegentreten.

Wir schaffen Orte des Zusammenhalts. Wir werden die Bildungseinrichtungen im Stadtteil zu einem wich-

tigen Kristallisationspunkt für öffentliches und bürgerschaftliches Engagement machen. Dazu schaffen wir Ganztagsschulen, die sich von einem reinen Bildungsort stärker zum Lebensraum junger Menschen entwickeln und zusätzlich Beratungsangebote für die Eltern bereitstellen. Sie sollen stark mit der lokalen Wirtschaft, mit den Sport- und Kulturvereinen, mit der kommunalen Sozial- und Jugendarbeit sowie der kommunalen Weiterbildung vernetzt sein. So fördern sie auch das Stadtteilbewusstsein und eine positive lokale Identitätsbildung.

Wir wollen mehr Beschäftigte und Auszubildende mit Migra-tionshintergrund für den öffentlichen Dienst gewinnen.

Der öffentliche Dienst muss mehr als bisher die Vielfalt in der Gesellschaft widerspiegeln. Wir wollen für gleiche Einstiegs- und

Aufstiegschancen sorgen. Durch Mehrstaatlichkeit können wir den Zugang zum Beamtentum erleichtern.

Wir wollen, das jeder seine religiösen Überzeugungen offen leben kann.

Unser Grundgesetz bildet dafür den Rahmen. Dazu gehört, dass auch alle Religionen ihren Platz im öffentlichen Raum einnehmen können. Wir wollen Moscheen in der Öffentlichkeit, statt in den Hinterhöfen. Gotteshäuser aller Religionen sollten sich dem Stadtteil und der Stadtgesellschaft stärker öffnen.

5. Zentrum von Leben und Arbeit

Arbeitsbeziehungen werden flexibler. Langjährige Vollzeitarbeit ist nicht mehr für alle Realität. Frauen und Männer wollen sich Erwerbs- und Familienarbeit gleichberechtigter aufteilen. Die Menschen leben länger und sie leben länger gesund und aktiv. Der Ruhestand bleibt immer länger eine aktive Phase des familiären und gesellschaftlichen Engagements sowie der Neugier auf Bildung und Kultur.

Urbanes Leben gewinnt so wieder an Attraktivität. Viele Familien und ältere Menschen wollen wieder zurück in die großen Städte ziehen. Kurze Wege zwischen Wohn- und Arbeitsort, eine gute Erschließung durch den öffentlichen Personennahverkehr, wohn-ortnahe Bildungs- und Betreuungsangebote sowie ein vielfältiges Kultur- und Dienstleistungsangebot schaffen Lebensqualität.

Wir wollen bewohnte Innenstädte und lebendige Quartiere.

Dazu muss es in den Innenstädten genügend bezahlbaren Wohn-raum geben. Daher werden wir den Wohnungsmarkt nicht sich selbst überlassen. Öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsunterneh-men spielen dabei für uns eine unverzichtbare Rolle. Mit verbindli-chen und qualifizierten Mietspiegeln werden wir Mietsteigerungen in einem sozialverträglichen Maß halten. Wir wollen die soziale und kulturelle Vielfalt in den Quartieren sichern. Lokale Planungs- und Wirtschaftspolitik muss die Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs sicherstellen.

Wir wollen die verträgliche Modernisierung des Wohnungs-bestandes sicherstellen.

Durch erhebliche Anstrengungen in der energetischen Gebäudesa-nierung wollen wir die Heizkosten städtischer Wohnungen deutlich verringern. Damit werden Mieterinnen und Mieter bei der „zweiten Miete“ entlastet. Heute ist es möglich, aufgrund von Modernisie-rungsmaßnahmen die Miete dauerhaft anzuheben. Das wollen wir ändern. Künftig sollen nur noch die wirklichen Kosten umgelegt werden dürfen. Allgemeine Mieterhöhungen durch Modernisierung sind damit ausgeschlossen.

Wir wollen familienfreundliche Großstädte.

Dazu brauchen wir wohnortnahe und qualitativ hochwertige Kin-dertagesstätten, die flexible Betreuungszeiten anbieten. Vielfältige Familienmodelle sind heute die Regel in unseren Städten. Deshalb werden wir alle Strukturen in diesem Bereich auch auf ihre Tauglich-keit für Alleinerziehende untersuchen und sie an deren Bedürfnisse anpassen. Wohnortnahe Schulen müssen wichtige Bezugspunkte für das soziale Leben im Quartier sein. Wir brauchen vielfältige Ange-bote an Plätzen, Freiflächen sowie Spiel- und Sportgelegenheiten. Der Zugang zu naturnahen Flächen und Erholungsräumen muss auch in innerstädtischen Quartieren möglich sein.

Wir wollen die großen Städte zu Orten des aktiven Alterns machen.

Dazu brauchen wir eine Ausweitung bundesweiter Programme für einen demografiesensiblen Stadtumbau und die altersgerechte

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Sanierung des Wohnungsbestandes. Durch ein Kreditprogramm zur demografischen Sanierung wollen wir dabei die Modernisierung des Wohnungsbestands vorantreiben. Dies sichert lange, aktive Teilhabe älterer Menschen am städtischen Leben. Viele Menschen wollen in ihren Quartieren alt werden und in ihrer Wohnung selbstbestimmt leben. Darum fördern wir neue Wohnformen für ältere Menschen, wie etwa Senioren-Wohngemeinschaften oder generationenübergrei-fendes Wohnen. Durch die Förderung von Dienstleistungsagenturen wollen wir haushaltnahe Dienstleistungen und Unterstützung im Alltag auch für untere Einkommensgruppen bezahlbar machen.

Wir wollen die vernetzte Stadt.

Die digitale Revolution vollzieht sich zuallererst in den großen Städten. Digitale Kommunikation ist im Arbeitsleben unverzichtbar geworden und nimmt im privaten Bereich immer größeren Raum ein. Wir wollen daher an besonders exponierten Orten in den großen Städten kostenlose Zugänge zum Internet schaffen.

6. Wandel zur ökologischen Stadt

Die großen Städte sind Orte des erhöhten Ressourcenverbrauchs. Mit dem städtischen Verkehr und dem Gebäudebestand haben sie maßgeblichen Anteil an den klimatischen Veränderungen, Um-weltbelastungen und ökologischen Ungleichgewichten. In unseren Großstädten finden sich zugleich die größten Potenziale zur Energie-einsparung. Sie müssen zu Plätzen für die beispielhafte Anwendung energieeffizienter Technologien und erneuerbarer Energien werden. Erfolgreiche Klimaschutzpolitik und ökologischer Umbau müssen hier beginnen, damit wir nachhaltiger leben und wirtschaften. Wir wollen den Wandel zur ökologischen Stadt.

Wir wollen zu einer kontinuierlichen Verminderung der Treib-hausgasemissionen in unseren Städten kommen.

Ziel ist es, den C02-Ausstoß bis 2020 um mehr als 40 Prozent zu senken (bezogen auf das Basisjahr 1990). Dazu brauchen wir ver-bindliche städtische und regionale Klimaschutzkonzepte.

Wir wollen die Einnahmen aus dem EmissIonshandel für lokale Klimaschutzpolitik einsetzen.

Für die Erreichung ehrgeiziger Klimaziele brauchen wir ehrgei-zige Investitionen in den ökologischen Umbau unserer städtischen Infrastruktur. Hierfür wollen wir neue Spielräume eröffnen und sie nachhaltig finanziell absichern.

Wir wollen Vorreiter der ökologischen Stadterneuerung sein.

Ein ökologischer Stadtumbau, ökologische Sanierung, der scho-nende Umgang mit Ressourcen muss konzeptionell und durch Investitionen unterstützt werden. Der Gebäudebestand bietet noch zahlreiche Möglichkeiten, die Energieeffizienz zu erhöhen. Um die-se Potenziale zu erschließen, wollen wir die Wohnungsbaugesell-schaften und Mieter für städtische Klimaschutzbündnisse gewinnen. Bei öffentlichen Gebäuden wollen wir Vorreiter der energetischen Sanierung sein.

Wir wollen, dass die lokalen Energieversorger Pioniere einer modernen Energiepolitik sind.

Wir setzen auf den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und der Er-neuerbaren Energien. Die moderne Energieversorgung in den großen Städten setzt auf mehr Dezentralität der Versorgungsstrukturen.

Wir wollen saubere und leisere Städte durch eine moderne Verkehrspolitik.

Dazu bauen wir den öffentlichen Nahverkehr weiter aus. Die um-weltfreundlichen Verkehrsträger müssen besser miteinander vernetzt

werden. Wir fördern den Radverkehr und verbessern die Bedingun-gen für die Fußgänger. Wir setzen uns für saubere Fahrzeuge ein und wollen den Lärm bereits an der Quelle bekämpfen. Mit modernen Steuerungssystemen und Logistikkonzepten sollen die Verkehrsströ-me besser gelenkt und unnötige Verkehre vermieden werden.

7. Weltgewandte Kulturmetropole

Die großen Städte sind Orte der Internationalität. Sie bieten Raum für Menschen unterschiedlicher Herkunft, mit unterschiedlichem Lebensstil, kulturellen Hintergrund und oft auch unterschiedlicher Sprache. Sie prägen das Gesicht ihrer Stadt. Weltoffene und tolerante Metropolen bereichern so ihr soziales und kulturelles Zusammenle-ben. Eine Kultur der Anerkennung schafft Gemeinsamkeit.

Ein breites Angebot von Kunst und Kultur bereichert das Zu-sammenleben in den Großstädten und schafft kulturelle Identität. Dazu gehören Kulturangebote in Theatern, Opernhäusern, Schulen. Hochschulen und Museen, aber auch die notwendigen Nischen für neue Kreativität und Ideen jenseits des Etablierten. Wir wollen Me-tropolen, die sich als Kristallisationspunkte des kulturellen Lebens in ihren Regionen begreifen, kulturelle Leuchttürme schaffen, Vielfalt in der Breite fördern und aufgeschlossen für Neues bleiben.

Wir wollen ein vielfältiges Angebot an kulturellen Einrichtun-gen und Angeboten.

Die Kulturindustrie gewinnt zunehmend an Bedeutung für die ur-bane Wirtschaft. Kultur als öffentliches Gut ist die Voraussetzung für jede Form von Kreativwirtschaft. Deshalb fördern wir öffentliche Kulturangebote und -einrichtungen, um so den offenen Zugang für alle Einwohner der großen Städte zu gewährleisten.

Wir wollen in den großen Städten die kulturelle Bildung stärken.

Kulturellen Kompetenzen kommt in den Metropolen ein besonderer Stellenwert zu. Deshalb befördern wir die Vernetzung der beste-henden Kultureinrichtungen mit den Schulen sowie den örtlichen Bildungsträgern. Wir fördern die öffentlichen Musikschulen, damit die Teilhabe am kulturellen Leben und die eigenschöpferische Ge-staltung nicht am Geldbeutel der Eltern hängt.

Wir wollen einen Kreativpakt zwischen Politik, Wirtschaft, Künstlern und Kreativen.

Wissen und Ideen sind die wichtigsten Rohstoffe unseres Landes. Deshalb wollen wir die Kultur- und Kreativwirtschaft in einem be-sonderen Maße fördern. Dazu braucht es Freiräume für Kreativität, gezielte Qualifikationsangebote für Kreative und die Unterstützung guter Ideen durch Mikrokredite und durch den verbesserten Zugang zu Chancenkapital für die Kreativwirtschaft. Wir wollen einen Kre-ativpakt zwischen Politik, Wirtschaft, Künstlern und Kreativen, in dem wirtschaftliche Fragen, Fragen der sozialen Sicherung, der Bildung und der Teilhabe gemeinsam erörtert werden.

Die soziale Absicherung von Kultur- und Medienschaffenden ist zentraler Bestandteil unseres Kreativpaktes. Wir werden die Künst-lersozialversicherung (KSV) als ein weltweit einzigartiges Modell erhalten und weiter stärken. Solo-Selbstständigen wollen wir die Absicherung in der Rentenversicherung und der Arbeitsversicherung ermöglichen. Wir wollen im Rahmen des Kreativpaktes erreichen, dass Kultur- und Medienschaffende, Künstlerinnen und Künstler und Kreative von ihrer Arbeit leben können.

Es kommt darauf an, das geistige Eigentum zu schützen und an-gemessen zu vergüten.

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8. Fundament unserer Demokratie

Erfolgreiche Demokratie muss aktiv gelebt werden. Sie braucht das aktive Eintreten für die eigenen Belange und die der Mitmenschen. Besonders die großen Städte, als Schmelztiegel für unterschiedliche Interessen, müssen Orte vitaler demokratischer Teilhabe sein. In den Großstädten ist dies eine besondere Herausforderung. Eine sinkende Wahlbeteiligung – vor allem bei jungen Menschen – ist dafür ein besonders ernst zu nehmendes Zeichen. Es gibt keine Demokratie ohne Demokraten. Gerade in den Großstädten muss immer wieder für demokratisches Engagement geworben werden, in der politischen Bildung wie in der Stadtgesellschaft.

Wir wollen die repräsentative Demokratie in den Städten stärken.

Sie steht für uns im Zentrum der demokratischen Metropole. Deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Mandatsträger in den Städten verbessern. Sie brauchen geeignete Freistellungsregelungen, die der modernen Berufswelt angemessen sind und die regelmäßige Weiterbildung ermöglichen.

Wir wollen ein allgemeines, kommunales Wahlrecht Bürgerinnen und Bürger ohne eine EU-Staatsbürgerschaft, die seit

6 Jahren in Deutschland leben, sollen das kommunale Wahlrecht erhalten. Gemeinsame Verantwortung für die Stadtgesellschaft muss auch mit gleichen Rechten zur Beteiligung verbunden sein.

Wir wollen eine neue Kooperationskultur zwischen Politik und Stadtgesellschaft.

Formen direkter Demokratie, wie Bürgerbegehren und Bürger-entscheide, können dabei helfen. Vor allem braucht demokratische Teilhabe mehr als die punktuelle Beteiligung. Sie braucht vielmehr die permanente Debatte in der Stadtgesellschaft über die gemein-samen Ziele und den richtigen Weg. Gute Beispiele dafür sind Quartiersmanagement oder Bürgerforen in den Stadtteilen.

Wir wollen das Engagement der Zivilgesellschaft fördern. Ihre Arbeit muss durch die Städte mit der Bereitstellung geeigneter

Engagement-Infrastruktur unterstützt werden. Freiwilligenagentu-ren, Bürgerhäuser, Seniorenbüros und das gesamte Stiftungswesen können wichtige Hilfestellungen für das Ehrenamt leisten. Dabei können Volkshochschulen neue Aufgaben zur Förderung von bür-gerschaftlichen Engagement erhalten und zu Kompetenzzentren werden.

9. Öffentliche Daseinsvorsorge in der handlungsfähigen Metropole

Handlungsfähige Metropolen sind Garanten öffentlicher Güter. Große Städte brauchen Instrumente um das städtische Umfeld wirksam gestalten zu können. Leistungen der städtischen Grund-versorgung müssen für jeden zugänglich und bezahlbar sein. Das reicht von einer sehr guten Gesundheitsversorgung und einem her-vorragenden Bildungssystem bis zu einer sicheren Trinkwasserver-sorgung und der umweltfreundlichen Entsorgung unserer Abfälle in einer modernen Stoffstromwirtschaft. Städtische Wasser- und Energieversorger, Unternehmen des öffentlichen Personenver-kehrs und Wohnungsbaugesellschaften versorgen die Bevölkerung mit grundsätzlichen Gütern und Dienstleistungen und dienen der Stabilisierung gesellschaftlicher Entwicklungen.

In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich auch die Städte von Eigentum getrennt. Oft haben finanzielle Zwänge kaum Raum für Al-ternativen gelassen. Manchmal waren sie geboten, um Verkrustungen aufzubrechen und bessere Qualität und günstigere Preise für die Bür-

gerinnen und Bürger zu ermöglichen. Vielfach wurde unbegründeten Heilsversprechen gefolgt, die die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnten. Eine selbstkritische Bilanz kommt zu dem Ergeb-nis, dass schlichte Privatisierungen oft nicht der langfristig richtige Weg sind. Wir brauchen eine neue Wertschätzung der öffentlichen Daseinsvorsorge und der gemischtwirtschaftlichen Unternehmen in kommunaler aber auch genossenschaftlicher Verantwortung.

Wir wollen den demokratischen Einfluss auf die öffentliche Daseinsvorsorge sichern.

Öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge erweitern den Handlungsspielraum aktiver Stadtpolitik. Wir wollen die mit den öffentlichen Unternehmen verbundenen Handlungsspielräume nutzen, um unseren politischen Gestaltungsauftrag wahrzunehmen. Öffentliche Unternehmen schaffen Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger. Deshalb verwehren wir uns einer ideologiegeleiteten Pri-vatisierungsdebatte und lehnen Zwangsveräußerungen öffentlichen Eigentums ab.

Wir wollen die Rahmenbedingungen der öffentlichen Daseins-vorsorge verbessern.

Städte und ihre Unternehmen müssen weiterhin ihre Dienstleistun-gen selbst erbringen und dabei kooperieren dürfen. Hierzu muss im europäischen Recht mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Die Bundesländer müssen sicherstellen, dass die Gemeindeordnungen den städtischen Unternehmen eine gleichberechtigte Teilnahme am Wettbewerb in liberalisierten Märkten erlauben.

Wir wollen die Sparkassen als verlässliche Partner der Bürger und der regionalen Wirtschaft sichern.

Die bewährten Grundprinzipien des deutschen Sparkassenwesens dürfen nicht aufgegeben werden. Die Beteiligung Privater an den öffentlichen Sparkassen muss ausgeschlossen bleiben. Vertikale Ver-bünde zwischen kommunalen Sparkassen und Landesbanken sind abzulehnen. Wir wollen die dezentrale Unternehmensverantwortung der Sparkassen sichern und ihre Anbindung an unsere Städte und Kreise sichern.

10. Mittelpunkt starker Metropolregionen

Regionen brauchen Städte und Städte brauchen Regionen. Sie müssen Partner sein, um zukunftsfähige Metropolregionen werden zu können.

Es macht den besonderen Charakter der großen Städte aus, dass sie beides nutzen: Ihre Vernetzung in die globalisierte Welt und das Zusammenwirken mit den sie umgebenden Regionen. Das stärkt ihren Charakter, weil sich in diesem Wechselspiel die welt-gewandte Identität und das lokale Zugehörigkeitsgefühl vereinen. So entstehen international aufgestellte und wettbewerbsfähige Metropolregionen.

Wir wollen Metropolenregionen als politische Handlungsebene und als Identifikationspunkt des Bürgers stärken

Sie sollen sich verstärkt als Räume für kooperative politische Gestaltung verstehen. Durch klare Profile und gemeinsame Ziele können sie ihren Blick auf den internationalen Wettbewerb der Regionen richten und wirksam ihre Interessen gegenüber Bund und Ländern vertreten.

Wir wissen, manches lässt sich auf der Ebene der Metropolregionen besser lösen, als auf kommunaler oder Landes-Ebene.

Wir wollen das Stadt-Land-Denken überwinden

Eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von öffent-licher Infrastruktur ermöglicht die sinnvolle Vernetzung öffentlicher

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Mobilitäts-, Gesundheits- und Beratungsangebote. Durch integrier-te Strategien von Großstädten und den umliegenden Städten und Gemeinden fördern wir eine effektive und qualitativ hochwertige Versorgung, die die Stärken von Stadt und Land sinnvoll zusammen-führen. So können Metropolregionen wichtige lokale und regionale Synergien nutzen und so gemeinsam an Stärke gewinnen. Das schafft Wohlstand und Lebensqualität für alle.

Wir wollen eine neue Kooperationskultur im sozialen Bun-desstaat

Wo Regionen sich auseinanderentwickeln brauchen wir die ge-samtstaatliche Solidarität. Dazu brauchen wir eine Politik, die über föderale Grenzen hinausdenkt. Wir wollen deshalb eine neue Koo-perationskultur zwischen Bund. Ländern und Kommunen.

Anhang

Kommissionsmitglieder

Leitung:

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin

Mitglieder:Frank Baranowski

(OB der Stadt Gelsenkirchen, Vorsitzender der SGK NRW) Björn Böhning (Mitglied des SPD-Parteivorstands) Jens Böhrnsen (Präsident des Senats von Bremen) Bärbel Dieckmann

(OB a.D. der Stadt Bonn, Mitglied des SPD-Präsidiums) Ingo Egloff (SPD-Landesvorsitzender Hamburg)

Dr. Ulrich Hatzfeld (Unterabteilungsleiter Stadtentwicklung im BMVBS)

Dr. Peter Kurz (OB der Stadt Mannheim) Dr. Gerhard Langemeyer

(OB a.D. der Stadt Dortmund, Vorsitzender der Bundes-SGK) Barbara Ludwig

(OB der Stadt Chemnitz, Mitglied des SPD-Präsidiums) Dr. Ulrich Maly

(OB der Stadt Nürnberg, Mitglied des SPD-Parteivorstandes) Detlef Raphael (Geschäftsführer Bundes SGK) Bernd Scheelen

(MdB, Sprecher der AG Kommunalpolitik der Bundestagsfraktion)

Dr. Manfred Sternberg (stellv. Geschäftsführer Bundes SGK) Dagmar Szabados (OB der Stadt Halle/ Saale) Stephan Weil (OB der Stadt Hannover, Präsident des VKU) Petra Weis

(MdB Duisburg, Stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion)

Christian Ude (OB der Stadt München, Präsident des Deutschen Städtetages)

Mitarbeiter SPD-Parteivorstand:

Alexander Bercht

Thomas Bosch

Benjamin Mikfeld

Daniel Thürauf

Demografischer Wandel: „Mobilität älterer Menschen“von Dr.-Ing. Karlheinz W. Lehrach, Volkswagen AG

Unsere Gesellschaft wird zunehmend älter. Ein wichtiger Grund-wert ist die Mobilität. Damit rückt das Thema „Mobilität älterer Menschen“ zunehmend in den Fokus aktueller Betrachtungen. Im folgenden Beitrag sollen einige Aspekte kurz angesprochen werden.

Unter Mobilität sei hier gemeint die Nutzung von Verkehrsmitteln zur Ortsveränderung unter Berücksichtigung verschiedenster Rah-menbedingungen (Gesundheit, Weg, Zeit, Kosten, Verfügbarkeit u. v. m.) – und zunächst einmal ganz gleich, ob es sich um öffentliche oder individuelle Verkehrsmittel handelt.

Als Mitarbeiter der Volkswagen Konzernforschung Umwelt, Strategie und Mobilität beschäftige ich mich u. a. mit Fragestel-lungen und Lösungen zur Sicherung der individuellen Mobilität der Menschen.

Meine Ausführungen sind deshalb verständlicherweise aus der Sicht eines Automobilherstellers, wenngleich das Thema natürlich nicht nur die Automobilität umfasst.

Was heißt nun eigentlich „alt“ und welches „Alter“ ist ge-meint?

Es gibt für Alter keine allgemeingültige Definition, kein verbind-liches Zeitintervall, keine exakte Zahlenangabe.

Prof. Opaschowski (Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg) hat einmal den Satz geprägt: „Alt ist, wer nicht mehr Autofahren kann.“

Rasch wird deutlich, dass sich das Thema Alter keineswegs homo-gen darstellt, sondern dass es zwischen den verschiedenen Altern zu unterscheiden gilt (vgl. Abbildung 1).

Das biologische Alter (die anderen Alter sollen an dieser Stelle nicht betrachtet werden) wird beschrieben durch den körperlichen Zustand, die Vitalität und das äußere Erscheinungsbild des Men-schen. Es bestimmt zum größten Teil mit, inwieweit ältere Menschen an den vielfältigen Facetten der Mobilität teilhaben können. Das reicht von der Nutzung der Bahn im Fernverkehr über die Nutzung von Bus und Bahnen im öffentlichen Personennahverkehr bis zur Nutzung des Autos als Fahrer oder Mitfahrer – um nur einige Bei-spiele aufzuführen.

Dr.-Ing. Karlheinz W. LehrachKonzernforschung Umwelt, Strategie und Mobilität, Volkswagen AG

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Abbildung 1

Abbildung 2

Untrennbar mit dem Thema „Mobilität älterer Menschen“ sind Fragen der demographischen Entwicklung verknüpft. Hierbei be-steht weitgehend Konsens darüber, dass Bevölkerungsprognosen eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit haben, ganz einfach deshalb, weil der Ausgangspunkt der Berechnungen – die Menschen heute – schon existieren und die Rahmenbedingungen (z. B. Geburtenra-ten, Sterbefälle und Wanderungsbewegungen) bekannt sind. Dabei wird natürlich von einer friedlichen und gesellschaftlich normalen Entwicklung ausgegangen.

In Deutschland beispielsweise hat sich die Anzahl der Geburten seit 1950 nahezu halbiert [Statistisches Jahrbuch 2004; DESTATIS 2006].

Ein Blick auf Abbildung 2 zeigt, dass sich die Altersstruktur unserer Bevölkerung bis zum Jahr 2050 signifikant ändern wird. Wir werden älter und zahlenmäßig weniger. Damit ändern sich aber auch die Anforderungen Älterer an die Mobilität deutlich.

Das allgemein kommunizierte Bild, dass die Bevölkerungspyrami-de mit einer breiten Basis sich langsam auf die Spitze stellt, stimmt so drastisch – zum Glück – nicht.

Wohl aber haben wir uns in den betrachteten Altersgruppen auf sehr deutliche Veränderungen einzustellen: so verringert sich in dem Betrachtungszeitraum die Altersgruppe < 18 Jahre um fast ein Viertel (das ist z. B. für die Ausgestaltung künftiger Schülerverkeh-re im ÖPNV sowie für die Anzahl der Führerschein-Neulinge und Fahrzeug-Erstzulassungen bedeutsam).

Auch die mittlere Gruppe der 18 bis 65 Jahre alten Menschen nimmt um fast ein Fünftel ab. Das hat signifikante Auswirkungen u. a. auf unsere Sozialsysteme.

Demgegenüber werden aber die über 65 Jahre alten Men-schen um fast die Hälfte zahlenmäßig zunehmen. Und um deren Mobilität geht es in diesem Beitrag.

Eine Feststellung nur am Rande:

Der demographische Wandel ist eine globale Herausforde-rung. In Deutschland hat er bereits vor fast 40 Jahren begon-nen; seit ca. 1970 liegt die Geburtenrate um 1/3 unter dem Bestandserhaltungsniveau. Weltweit wird sich die Anzahl der über 60-jährigen auf 2 Mrd. Menschen verdreifachen [Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), 2007].

Nach diesen einführenden Anmerkungen möchte ich 10 Thesen zur „Mobilität älterer Menschen“ kurz formulieren:

These 1: Die Bedeutung der Mobilität steigt

In unserer arbeitsteiligen Gesellschaft ist Mobilität ein Grund-bedürfnis. Die Teilhabe am größten Teil des gesellschaftlichen Lebens ist ohne mobil zu sein nicht denkbar. Die Entwicklung von städtischen und Umlandstrukturen stellte sich als verkehrserzeugend heraus. Nicht erst die Charta von Athen aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, deren wesentlicher Inhalt die Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten war, führte zwangsläufig zu längeren Wegen, größeren Reisezeiten und letztlich eben zu mehr Verkehr. Unterstützt wurde diese Entwicklung maßgeblich durch die Verbrei-tung des Autos als Verkehrsmittel der Massen.

In den letzten Jahren hat sich das Mobilitätsbudget (hier gemeint ist der Aufwand für Weg und Zeit) auf hohem Niveau nur wenig verändert. Heute werden im Durchschnitt rund 39 Kilometer je Tag und Person zurückgelegt. Dafür werden rund 80 Minuten je Tag und Person benötigt.

Für Erwerbspersonen liegen die entsprechenden Werte bei rund 56 km/Tag und Person sowie bei fast 90 min/Tag und Person.

These 2: Mobilität bedeutet Unabhängigkeit

Mobil zu sein wird in allen Altersgruppen als Unabhängigkeit verstanden. Unabhängig von den eigenen begrenzten körperlichen Möglichkeiten, von Entfernung, Jahreszeit, Witterung, Temperatur, Tageszeit und vielem mehr.

Je nach den Rahmenbedingungen (wohnt man auf dem Land, in einem Ballungszentrum oder in einer Kernstadt) wird häufig mobil mit automobil gleichgesetzt und wird mit der Unabhängigkeit von einem Fahrplan, einem vorhandenen Schienenweg, einem Taxi oder von der Hilfsbereitschaft des Partners/der Partnerin oder der eines

freundlichen Nachbarn beschrieben.

Und in dem Maße, wie sich eigene Potentiale einengen können – und dies kann mit zunehmendem Alter durch-aus der Fall sein – wollen die Menschen ihre bislang gewohnte alltägliche Mobilität auch im Alter beibehalten. Mobilität ist ein Stück Lebensqualität!

These 3: Die Beteiligung älterer Menschen am Straßenverkehr wächst

Zunehmend mehr und ältere Menschen werden künftig am Straßenverkehr teilnehmen. Die Aussagen zur demo-graphischen Entwicklung bestätigen dies. Im Jahre 2005 waren über 37 % der Bundesbürger (das waren rund 30 Mio. Menschen) über 50 Jahre alt.

Die Anzahl von „alten Singles“ sowie älterer und sehr

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Die aktive Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr wird als Notwendigkeit und Prestige zugleich empfunden. Der Besitz eines Fahrzeugs wird dabei gern demonstriert.

These 5: Die Pkw-Nutzung – insbesondere durch ältere weibliche Verkehrsteilnehmer – nimmt zu

Pkw-Verfügbarkeit und Führerscheinbesitz – beides als Vorausset-zung für eine Pkw-Nutzung – steigen an.

Knapp 75 % aller 60 bis 64 jährigen Frauen und fast 93 % der Männer dieser Altersklasse besitzen einen Führerschein.

Aufgrund einer oft historisch bedingten und glücklicherweise inzwischen überwundenen Aufgabenteilung in der Familie holen Frauen auf. Sie erlangen auch im fortgeschrittenen Alter den Füh-rerschein und sichern in der Partnerschaft die Auto-Mobilität bis ins hohe Alter. Bedingt durch ihre höhere Lebenserwartung behalten sie oft den Führerschein über die Lebenszeit ihres männlichen Partners hinaus.

Im Jahr 2006 waren über 10 Mio. Fahrzeughalter älter als 60 Jahre.

These 6: Das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs in der Fläche wird reduziert

Die Kosten des öffentlichen Personennahverkehrs üben auf die Ausgestaltung dieses Verkehrssystems einen außerordentlichen Druck aus. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Kosten weiterhin steigen werden. Die schwierige Gemengelage zwischen fixen und variablen Kosten, Beförderungstarif, Einnahmen, Fahr-gastzahlen und Beförderungsqualität stellen für den ÖPNV auch künftig eine wachsende Herausforderung dar, wenn auch die An-zahl der beförderten Personen insgesamt in den letzten Jahren leicht angestiegen ist.

Die Anzahl der Fahrten in der Fläche wird häufig durch größere Taktzeiten verringert und die zeitliche Lage der einzelnen Fahrten entspricht nicht immer den Nachfragestrukturen. Folglich nimmt die Verbindungsqualität ab.

Für ältere Menschen spielen die Zugangsbarrieren zu öffentlichen Verkehrsmitteln eine nicht zu unterschätzende Rolle, d. h., diese Barrieren schränken die Nutzungshäufigkeit öffentlicher Verkehrs-systeme im Nahverkehr deutlich ein.

Beispiele für solche Barrieren sind z. B. Treppen, unbeleuchtete Haltestellen – manchmal sogar ohne Wetterschutz –, ein häufig nicht lesbarer bzw. erkennbarer Fahrplan und vielleicht ein nicht so ohne weiteres bedienbarer Fahrscheinautomat. Aber auch die unbequeme Mitnahmemöglichkeit von Gepäck (man muss es ja tragen) ist nicht förderlich. Und natürlich stellt auch die Einhaltung des Fahrplans selbst ein Qualitätsmerkmal dar.

Aber vor allem ist der – häufig weite – Weg zu einer Haltestelle das Problem. Ältere Menschen haben ein ausgeprägteres Sicher-heitsbedürfnis – hingegen auf dem kurzen Weg zu ihrem nah bei der Wohnung geparkten Pkw fühlen sie sich weitestgehend sicher!

These 7: Individuelle Mobilitätsdienstleistungen werden verstärkt nachgefragt werden

Es wird davon ausgegangen, dass künftig sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr z. B. Bring- und Lieferdienste mehr als bisher

Abbildung 4

Abbildung 5

alter Ehepaare im Alter von über 85 Jahren wächst. So steigt der prozentuale Anteil der Hochaltrigen (80+) von 5 % im Jahr 2008, auf 8 % im Jahr 2030 und bis zu 14 % im Jahr 2050.

Die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen heute ist durch verbesserte Lebensbedingungen angestiegen und liegt der-zeit für im Jahre 2007 neugeborene Jungen bei 76,6 Jahren und für Mädchen bei 82,1 Jahren.

These 4: Das Mobilitätsbudget älterer Menschen bleibt auf einem hohen Niveau

Man könnte nun annehmen, dass ältere Menschen – insbesondere nach der aktiven Phase ihrer beruflichen Erwerbstätigkeit – signifi-kant weniger mobil sind. Häufig ist das Gegenteil der Fall und das sogenannte ́ Mobilitätsbudget´ – sowohl hinsichtlich der Nutzungs-häufigkeit der Verkehrsmittel, der Gesamtnutzungsdauer als auch hinsichtlich der zurückgelegten Entfernungen – wird nicht kleiner bzw. kann sogar zunehmen.

Die Anzahl der Wege nimmt im Allgemeinen nicht ab. Vielfältige, z. T. selbst übernommene Verpflichtungen – von der Aufrechterhaltung und Pflege sozialer Kontakte, dem Besuch von Familienmitgliedern und Freunden, die Fahrt mit den Enkelkindern zum Kindergarten etc. – sollen auch nach außen demonstrieren: seht her, ich bin noch fit, ich bin aktiv, ich kann noch fahren und ich gehöre zu den „jungen aktiven Alten“!

So gehören insgesamt 36 % aller Wege, die von der Altersgruppe 60 Jahre und älter zurückgelegt werden, zum Freizeitverkehr [MID 2002, S. 78].

Und 35 % der 60 jährigen und älteren Menschen nutzen den Pkw als Fahrer und zusätzlich 15 % als Mitfahrer, also die Hälfte dieser Altersgruppe ist mit dem Pkw unterwegs [MID 2002, S. 71].

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nachgefragt werden. „Essen auf Rädern“, die Kurier-, Express- und Paketdienste (z. B. UPS, Hermes usw.), Anrufsammeltaxen, aber auch CarSharing seien hierfür als Beispiele genannt.

Allerdings müssen diese Mobilitätsdienstleistungen noch mehr auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet werden.

These 8: Wachsende Nachfragemacht der „Generation Silver“

Die Generation 50+ verfügt über 75 % des Vermögens und über 50 % der Kaufkraft.

Diese Zahlen spiegeln sich auch im Kaufverhalten älterer Autofah-rer wider: Fast die Hälfte der Altersgruppe 60 Jahre und älter kaufen fabrikneue Fahrzeuge. Weitere rund 15 % dieser Altersgruppe kaufen „Jung- bzw. Jahreswagen“.

Und jeder 11. Neuwagenkäufer ist älter als 70 Jahre.

These 9: Ältere Autofahrer fahren nicht per se schlechter

Dennoch kann es mögliche Beeinträchtigungen älterer Menschen in Bezug auf die Teilnahme am System ´Straßenverkehr´ geben.

Solche möglichen Einschränkungen können z. B. die Bereiche Sehen, Hören, Kraft und Motorik sowie Kognition und Psyche be-treffen. Dabei zeichnen sich ältere Fahrer durch ein ausgeprägtes kompensatorisches Verhalten aus, in dem sie Erfahrungen aus ihrer häufig langjährigen Fahrpraxis verantwortungsbewusst umsetzen.

So werden beispielsweise unangenehme Situationen (wie das Fah-ren bei schlechten Sicht- und Witterungsverhältnissen, das Fahren während der Hauptverkehrszeiten) nach Möglichkeit vermieden. Auch Müdigkeit am Steuer und Geschwindigkeitsübertretungen sind für ältere Fahrer eher weniger ein Thema, weil sie ihre Fahr-ten anders planen können und im Allgemeinen mit geringerer Ge-schwindigkeit fahren [AZT Automotive GmbH - Allianz Zentrum für Technik, 2009].

Und für solche Fahrsituationen, die sich einer Nutzung langjähri-ger Erfahrung entziehen (z. B. zeitkritische Entscheidungsprozesse beim Befahren von Einmündungen und Kreuzungen, Spurwechsel,

Fahren im dichten Stadtverkehr oder beim Einparken) entwickelt die Automobilindustrie Assistenzsysteme, die den Fahrer – ohne ihn zu bevormunden – bei der Bewältigung seiner Fahraufgabe unterstützen.

These 10: Fahrerassistenzsysteme können zur Erhaltung der individuellen Auto-Mobilität

älterer Menschen beitragen

Einige solcher Assistenzsysteme sind bereits seit vielen Jahren in modernen Fahrzeugen verfügbar und brauchen eigentlich an dieser Stelle nicht mehr genannt zu werden: ABS (Anti-Blockier-System) und ESP (Elektronisches Stabilisierungsprogramm) sind längst be-kannte Abkürzungen zur Unterstützung fahrdynamischer Abläufe im automobilen Alltag.

Aber auch neuere Assistenzsysteme unterstützen – und hier be-tone ich ausdrücklich: Fahrer aller Altersklassen. In den modernen Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns sind beispielsweise heute schon verfügbar:

– das Navigationssystem,

– der Parklenkassistent (Park-Assist),

– die automatische Distanzregelung (ACC),

– das Umfeldbeobachtungssystem (Front Assist) sowie

– der Spurhalteassistent (Lane-Assist).

Zusammenfassung

Volkswagen orientiert seine Fahrzeuge an den Bedürfnissen und Wünschen seiner Kunden und bildet diese in den zahlreichen Mo-dellen sehr erfolgreich ab. Diese Kunden gehören allen Erwachse-nen-Altersgruppen zu unterschiedlichen Anteilen an. So werden wir auch künftig an Assistenzsystemen arbeiten, die unterstützend die individuelle Automobilität der Menschen sicherstellen helfen.

Und last but not least:

Gern wird ein Großteil der Älteren von heute auch als die “fitten Al-ten” bezeichnet. Ich möchte den Begriff gern erweitern: sprechen wir doch künftig von den “fitten und automobilen älteren Menschen”.

Verwendete Quellen (Auszug):Statistisches Jahrbuch 2004DESTATIS 2006Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), 2007Mobilität in Deutschland (MID) 2002AZT Automotive GmbH - Allianz Zentrum für Technik, 2009Schlag, B.:, Leistungsfähigkeit und Mobilität im Alter, 2008Canzler, W.: Demographie und Verkehrspolitik, 2007

Herausgeber:Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitikin Berlin e.V. – SGK Berlin –Müllerstraße 163, 13353 BerlinTel 030 / 46 92 - 134, Fax 030 / 46 92 - 116Vorsitzender: Horst PorathMail an Redaktion und Vorstand: [email protected]:Dr. Hans-Ulrich Oel (V.i.S.d.P.), Horst Porath, Norbert Przesang, Rainer Thamm, Heiko HanschkeSatz & Layout: Heiko Hanschke, Druck: KSHNamentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder.

I MPRESSUM

VeranstaltungshinweisDer Demografische Wandel ist auch Thema der Jahreshauptver-

sammlung der SGK Berlin am Freitag, den 27. November 2009 um 17.00 Uhr. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer wird das Berliner Demografie-Konzept skizzieren.

Bitte beachten Sie die Einladung auf der Titelseite dieser Zeitung sowie den Beitrag von Dr. Uli Oel auf Seite 20.

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Wir wollen Schulen, die jede Schülerin und jeden Schüler optimal fördern, lernschwache und behinderte Kinder ebenso wie hochbe-gabte. Wir brauchen mehr und bessere Schulabschlüsse um Kindern und Jugendlichen bildungspolitische Perspektiven aufzuzeigen. Mit der vom Berliner Senat beschlossenen Schulstrukturreform haben wir mit unserem Koalitionspartner die größte Bildungsreform der letzten Jahrzehnte durchgesetzt und einen Riesenschritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit unternommen.

Der zentrale Kern der Reform ist eine Zusammenfassung der Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu sogenannten Sekundarschu-len ab August 2010, an denen ebenfalls das Abitur abgelegt werden kann. Vorteile der neuen Sekundarschulen sind der Ganztagesbetrieb, bessere Betreuung, mehr LehrerInnen und SozialarbeiterInnen bei kleineren Klassengrößen und gezielte Berufsvorbereitung durch duales Lernen. Gleichzeitig werden die Gymnasien durch mehr Mitsprache beim Auswahlverfahren, entsprechend dem schuleigenen Profil, gestärkt. Das Wohnortprinzip entfällt, die Geschwisterrege-lung wird wieder eingeführt – praktikable und gerechte Verfahren, die im Übrigen dem Willen der Eltern entsprechen.

Wir brauchen die Schulreform, weil wir nicht zulassen werden, dass Generationen von Schülern an der Haupt- oder Realschule nach ihrem Abschluss in eine Perspektivlosigkeit entlassen werden. Die gesellschaftliche Akzeptanz der Hauptschulen ist in den letzten Jah-ren immer weiter gesunken. Im letzten Schuljahr haben nur noch rund 7 Prozent aller Eltern des letzten Jahrgangs in den Grundschulen ihre Kinder an einer Hauptschule angemeldet.

Deshalb haben wir gehandelt. Mit der Reform haben wir nun ein modernes und zukunftsfähiges Schulsystem geschaffen, mit dem wir zwei Wege anbieten, die beide zum Abitur führen können – der eine am Gymnasium in zwölf Jahren, der andere an der Sekundarschule in dreizehn Jahren. Darüber hinaus werden wir die berufsvorbereitende Bildung ausbauen. Damit kann besser auf die individuellen Bedürf-nisse und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler eingegangen werden und ein wesentliches Ziel erfüllt werden: Mehr Qualität und bessere Schulabschlüsse, um gute Bildung für alle und Chancen-gleichheit zu garantieren.

Dass solche weitgreifenden Veränderungen im Vorfeld auch auf Vorbehalte treffen, ist klar, ändert aber nichts an der Richtigkeit. Das hat die Debatte um die Zugangsregelungen zu beiden Schularten gezeigt. Doch die Kritik ist sachlich unbegründet: An Schulen, an denen es mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plätze gibt, können bis zu 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler direkt von der Schule oder im Einvernehmen mit dem Schulamt ausgewählt werden, 30 Prozent werden über Los bestimmt.

Es wird weiterhin Beratungsgespräche an den Grundschulen zur Wahl der Schulform geben, an mehr als der Hälfte aller Gymnasien hat es ausreichend Plätze für alle Bewerber gegeben. Auch werden die Schulen durch die Aufnahmeverfahren gestärkt und haben bes-sere Möglichkeiten, ein klares Schulprofil zu entwickeln und dafür geeignete Schülerinnen und Schüler auszuwählen.

Doch es geht nicht nur um eine Reformierung des Schulsys-tems sondern auch um eine bessere Ausstattung: Im kommenden Doppelhaushalt sind erhebliche Millionenbeträge für die Schulst-rukturreform vorgesehen. Das bedeutet: Zusätzliche Lehrer- und Erzieherstellen und mehr Sozialarbeiter an Sekundarschulen so-wie Sanierungsmaßnahmen für die Schulen. Wir werden an den Sekundarschulen überall eine Ganztagsbetreuung anbieten, an den Gymnasien werden wir die Essensversorgung sicherstellen. Lernangebote in Richtung Berufsleben und eine systematische Be-gleitung des Qualifizierungsprozesses sind weitere Komponenten

in der Umsetzung.

Ich bin überzeugt: Das erklärte Ziel der Schulstrukturre-form – Chancengleichheit und individuelle Förderung – ist die Anstrengung wert. Während in anderen Bundesländern über Bildungsgerechtigkeit und ein veraltetes Schulsystems nur debattiert wird, hat der Berliner Senat gehandelt: Die Schulstrukturreform war ein wichtiger und nötiger Schritt in die richtige Richtung. Das gilt unter Experten als weitge-hend unbestritten. Nun müssen wir das große Reformpaket wirken und die Schulen in den nächsten Jahren in Ruhe arbeiten lassen.

Optimale Chancengleichheit: Die Schulstrukturreform schafft neue Perspektiven

von Michael Müller

Michael MüllerLandesvorsitzender der SPD Berlin und Vorsitzender der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus

„Wir setzen auf eine gute Bildung von Anfang an und auf Chancengleichheit: Kein Kind und kein Jugendlicher soll auf dem Bildungsweg den Anschluss verpassen“. Die SPD-Fraktion informiert über die Schulstrukturreform, hier Michael Müller am Leopoldplatz im Wedding.

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Lieber Michael,

die AG der Fraktionsvorsitzenden hat in ihrer letzten Sitzung über mehrere Themen diskutiert, über die wir Dich informieren wollen. Wir bitten Dich dabei um Stellungnahme zu einzelnen Punkten.

1. Hilfen zur Erziehung

Übereinstimmend wurden die drastisch gestiegenen Kosten im Bereich der Hilfen zur Erziehung als das größte Haushaltsrisiko für die Bezirke gesehen. Während abgesehen von diesem Kostenfaktor die meisten Bezirke einen ausgeglichenen Haushaltsabschluss 2008 erwarten, könnten sich durch die gestiegenen Kosten (und Preise) bei Hilfen zur Erziehung in jedem Bezirk Defizite in Millionenhö-he auflaufen, sollte nicht im Wege der Basiskorrektur eine Lösung gefunden werden.

Die negativen Haushaltsabschlüsse würden auf das Haushaltsjahr 2010 übertragen. Niemand von uns kann jedoch ein Interesse daran haben, dass im Vorwahljahr 2010 noch drastischere Sparmaßnahmen als zuvor in den Bezirken durchgeführt werden müssten.

Stattdessen sollten wir das Thema Kinderschutz weiterhin positiv begleiten. Ich halte das Thema Kinderschutz für eines der wichtigsten Themen dieser Legislaturperiode und für einen Erfolg, den sich die SPD auch zuschreiben kann und soll. Die stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung hat nun einmal dazu geführt, dass verstärkt Fälle der Kindeswohlgefährdung gemeldet werden – und diese in der Regel für das Jugendamt auch zu Maßnahmen mit entsprechenden Kosten führen. Die Finanzierung der Hilfen zur Erziehung wurde und wird intensiv – auch unter den Bezirken – diskutiert. Hier muss und wird sicherlich ein Weg gefunden werden, wie die notwendi-gen Kosten finanziert werden, die Bezirke dabei aber nicht allein gelassen werden.

2. Verhältnis Land-Bezirke

Der Landesparteitag hat im Juni 2008 einen Leitantrag zur Zukunft des Verhältnisses zwischen Land und Bezirken beschlossen. Wir haben darin wichtige Entscheidungen getroffen, die zum größten Teil auch vom Koalitionspartner in einem entsprechenden Parteitagsbe-schluss übernommen wurden. Nun heißt es jedoch, dass wesentliche Teile unseres Beschlusses nicht umgesetzt werden sollen. Angeblich soll – ein halbes Jahr nach unserem Parteitagsbeschluss – der Ver-zicht auf Sonderprogramme zugunsten der Einstellung dieser Mittel in den Bezirksplafonds wieder zurückgenommen werden. Sollte dies tatsächlich jetzt wieder zurückgenommen werden, müssten wir dies kritisieren - haben wir uns doch gerade auf diese und andere Punkte als wesentliche Änderung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Bezirken geeinigt und dies durch einen Parteitagsbeschluss untersetzt.

Ich möchte Dich daher bitten zu berichten, wie der beschlossene Leitantrag vom Juni letzten Jahres insgesamt umgesetzt wird.

3. Diskussion über die Vergrößerung des Senats

Die AG der Fraktionsvorsitzenden hat die Diskussion über die Er-weiterung des Senats um mindestens ein Mitglied kritisch diskutiert.

Es war für uns nicht nachvollziehbar, warum der Senat vergrößert werden soll, während die Bezirksämter insgesamt verkleinert werden sollen. In den letzten Jahren war durchaus festzustellen, dass trotz Aufgabenverlagerungen die Arbeit für die Bezirksamtsmitglieder nicht weniger geworden ist – im Gegenteil. Neben der Tatsache, dass neue Aufgaben hinzutreten, ist die Kommunikationsnotwendigkeit der Bezirksamtsmitglieder mit den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu unterschätzen. Unsere sechs – bald nur noch fünf – Bezirksamt-smitglieder kommen der Verwaltungsarbeit kaum hinterher, wor-unter die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern leidet. Obwohl die Anzahl der sechs Bezirksamtsmitglieder noch aus der Bezirksfusion resultiert, hat sich in den vergangenen Jahren nicht die Möglichkeit ergeben, hier eine Reduzierung der Mitglieder zu empfehlen. Dies sollte im Zusammenhang mit einer Vergrößerung des Senats ebenfalls diskutiert werden.

4. Fahrgeldpauschale der Bezirksverordneten

Die Bezirksverordnetenversammlungen und ihre ehrenamtlich tätigen Mitglieder sind in den vergangenen Jahren nicht dadurch aufgefallen, dass sie wiederholt und betont eine Erhöhung ihrer Aufwandsentschädigung gefordert haben. Sie ist ja auch an die Diäten der Mitglieder des Abgeordnetenhauses gekoppelt.

Nachdem jetzt jedoch das zweite Jahr hintereinander die Kosten-pauschale der Abgeordneten deutlich erhöht wurde, erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass es hier ebenso Handlungsbedarf bei den Bezirksverordneten gibt.

So wurde die Fahrgeldpauschale seit zwei Jahrzehnten nicht mehr angepasst. Nach § 4 des Gesetzes über die Entschädigung der Mit-glieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputier-ten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen vom 29. November 1978 (GVBl. S. 2214) umfasste die Fahrgeldpauschale monatlich 60 DM. Durch Art. I des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder Bezirksverordnetenversamm-lungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen vom 11. Dezember 1985 (GVBl. S. 2415) wurde sie mit Wirkung zum 1. Januar 1986 auf monatlich 80 DM erhöht.

Mit der Umstellung auf den Euro wurde die Fahrgeldpauschale auf 41 Euro festgesetzt, also nicht erhöht, sondern nur aufgerundet. Damit geschah die letzte Erhöhung der Pauschale im Jahre 1986. Damals regierte noch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diep-gen in seinen ersten Amtsjahren.

Es ist daher nicht vermessen, hier eine Anpassung zu verlangen. Die Fahrgeldpauschale sollte sich mal an einer BVG-Monatskarte orientieren. Diese Preise haben sich jedoch inzwischen weit von der Fahrgeldpauschale entfernt. Hier sollte zumindest eine Annäherung angestrebt werden.

Ich möchte noch einmal betonen, dass die Bezirksverordneten nicht durch übermäßige Forderungen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bezüglich ihrer Entschädigung und Kostenpauschale aufgefallen sind: Im Jahre 1999 wurden die zusätzlichen Entschä-digungen für Bezirksverordnetenvorsteher, seinen Stellvertreter und

Risiken der BezirkshaushalteBrief der AG der Fraktionsvorsitzenden

Die AG der sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden befasste sich in diesem Jahr mehrfach und ausführlich mit den Risiken der Bezirkshaushalte, also mit den Personalkosten 2010/11, den Kosten der Unterkunft (vorwiegend für Hartz IV-Empfänger), den Hilfen zur Erziehung und den Investitionen einschließlich des Konjunkturpakets II. Am 20.2.09 wurde beschlossen, den Landes- und Fraktionsvorsitzenden einzubeziehen und zur Diskussion aufzufordern.

Wir dokumentieren den Brief an Michael Müller vom 25.2.09 und seine aktualisierte Antwort vom 14.9.09.

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die Fraktionsvorsitzenden sogar deutlich gesenkt. (Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen, der Bürgerdeputierten und sonstiger ehrenamtlich tätiger Personen 11. Mai 1999, GVBl. S. 168)

Wir möchten Dich bitten, zu diesen Punkten eine angemessene Diskussion zu führen, in der die vorgenannten Punkte berücksichtigt und zu einer Lösung geführt werden.

Sehr geehrter Herr lgel, lieber Oliver,

bis zur diesjährigen Sommerpause ist es uns gelungen, im Rahmen von zwei Anträgen zu den Bezirksfinanzen viele der seit Jahren diskutierten Themenfelder rund um die Bezirksfinanzen zu bear-beiten.

Bei den Hilfen zur Erziehung haben wir für die Jahre 2010 und 2011 die Zuweisung auf 360 Mio. € erhöht. Ab 2011 soll sie zudem auf Grundlage der tatsächlichen Fallzahlen in 2009 fortgeschrieben werden, so dass das Mengenrisiko vom Land und das Kostenrisiko von den Bezirken übernommen wird. Damit sind wir weitgehend dem Vorschlag des RdB gefolgt. Wir haben außerdem beschlossen, dass die Überschreitungen bei den HzE in den Jahren 2008 und 2009 in Höhe von 75% und mögliche Überschreitungen in den Jahren 2010 und 2011 zu 50% basiskorrigiert werden. Flankiert werden die Beschlüsse von einer Auflage für ein deutlich verbessertes Controlling der HzE-Ausgaben. Schließlich steht für die Zukunft noch aus, auf der Basis einer Untersuchung der zwischenzeitlichen Fallentwicklung, ein neues Verteilungsmodell zu erarbeiten. Einen entsprechenden Auftrag haben wir an die Jugendverwaltung und an die Bezirke erteilt. Wir hoffen, dass auf der Grundlage des neuen Zuweisungsmodells auch die Verteilungsdiskussion zu einem guten Abschluss gebracht werden kann.

lch denke, dass diese sehr umfangreichen Beschlüsse und die da-mit verbundenen finanziellen Verbesserungen zeigen, das wir dem Kinderschutz weiterhin hohe Priorität einräumen.

Bei den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner über die Anträge der Koalition zu den Bezirksfinanzen, war der Beschluss des Lan-

desparteitags vom Juni 2008 eine wesentliche Grundlage. Es ist uns gelungen, mit dem Koalitionspartner viele der Punkte umzusetzen und wichtige Anstöße zur Weiterentwicklung des Finanzierungssys-tems für Berlins Bezirke zu geben.

Von allen Seiten wurde die von uns vorgeschlagene Veränderung des Verfahrens der Aufstellung und Beratung der Bezirkshaushalte, wie sie auch der Landesparteitag der Berliner SPD gefordert hat, als deutlicher Fortschritt begrüßt. Dabei stehen die Stärkung der Plafondsdiskussion und das Vorziehen der Anhörung der Bezirke im Abgeordnetenhaus sowie die verbesserte Beteiligung der Bezirke bei der Haushaltsplanaufstellung im Vordergrund. Gleichfalls wurde die Übermittlung des Plafonds von der Aufteilung auf die Bezirke entkoppelt. Das Verfahren, das bereits dieses Jahr auf dieser neuen Basis durchgeführt wird, hat sich unserer Ansicht nach bewährt. So hatten die Bezirke Gelegenheit umfangreich zur Plafondsbildung Stellung zu nehmen und sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Rahmen der überparteilichen Arbeitsgruppe mit dem Finanzsenator über den Plafonds zu debattieren. lm Ergebnis hat das nicht nur die Plafondsbildung transparenter gemacht, sondern hat auch zu einem Kompromiss geführt, zu dem sich alle Seiten bekannt haben. Der Plafonds wird in den Jahren 2010 und 2011 um jeweils rund 90 Mio. € angehoben.

Darüber hinaus haben wir ein Altschuldentilgungsmoratorium für die Jahre 2010 und 2011 beschlossen und den Bezirken die Möglich-keit geschaffen, bei der Bauunterhaltung sanktionsfrei bis zu 20% die Mindestveranschlagung unterschreiten zu dürfen. Auch sind wir der Vereinbarung von Finanzsenator und Bezirken gefolgt, den Einstieg in ein verbessertes Fallkostencontrollling bei den Transferausgaben

Das Antwortschreiben von Michael Müller

Für eine entsprechende Stellungnahme wäre ich Dir dankbar. Die nächste Sitzung der AG der Fraktionsvorsitzenden findet am 3. April statt. Wir werden auf dieser Sitzung Jutta Leder zum Thema Bezirkshaushalte begrüßen.

Vielen Dank und viele Grüße

Oliver Igel

Fallkostencontrolling. Vor allem im Hinblick auf stark dezentral ausgeprägten Strukturen ergeben sich sehr anspruchsvolle Anfor-derungen an die betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumente. Dauerhafter Erfolg erfordert eine konsequente Erlös- und Kosten-orientierung. Mit dem Fallkostencontrolling können vor allem im Bereich der Transferleistungen die unterschiedlichen Fälle diffe-renziert betrachtet werden, um die Betreuungsprozesse effizient und qualitätsorientiert zu gestalten. Damit wird das Fallkosten-controlling zu einem Wirksamkeitscontrolling, indem die Prozesse durch Feinsteuerung optimiert werden (können).

Basiskorrektur. Die Basiskorrektur ist ein im Berliner Haus-haltswesen verwendeter Begriff. Sie beinhaltet Korrekturen der Zuweisungswerte nach Ablauf eines Haushaltsjahres, wenn sich die Grundannahmen für die Finanzzuweisung erheblich verändert haben (z. B. durch Rechtsänderungen, Aufgabenverlagerung). (aus: Berliner kommunalpolitisches Lexikon, 2008)

Bezirksplafond. Beim Bezirksplafond handelt es sich um die Summe der Finanzmittel, die auf die Berliner Bezirke verteilt werden. Er besteht aus den Teilplafonds Personalausgaben, säch-liche Verwaltungsausgaben, Transferausgaben, Investitionen und

der Einnahmevorgabe.(aus: Berliner kommunalpolitisches Lexikon, 2008)

Kalkulatorische Kosten. Als kalkulatorische Kosten bezeichnet man Kosten, welche nicht mit realen Geldströmen übereinstim-men, sondern den übrigen Kosten hinzugerechnet werden, um erwartete Gewinne und antizipierte [vorweggenommene] Kosten bereits in die Produktkalkulation einfließen zu lassen bzw. um eine faire, vergleichbare Kostenstruktur im Rahmen der Kosten-Leistungsrechnung (KLR) zu erzeugen. Diese ergeben sich aus der Summe der kalkulatorischen AfA (Absetzung für Abnutzung) für Immobilien und Investitionsgüter plus der kalkulatorischen Zinsen (letztere fallen in der öffentlichen Verwaltung - ausgenommen der Betriebe - nicht an).

Bedeutsam sind die kalkulatorischen Kosten der Gebäude in Höhe der jeweiligen AfA. Da diese im Gegensatz zu angemieteten Gebäu-den oder Räumen keine Zahlungsvorgänge mit sich bringen, wurden sie bisher nicht in die KLR einbezogen. Wenn bei Bezirken mit angemieteten Gebäuden diese Mieten den Produkten hinzugerech-net werden, steigt der Produktpreis; somit ist ein Kostenvergleich zwischen den Bezirken bei einzelnen Produkten nicht reell.

Zum Verständnis

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zu schaffen, bei dem die Bezirke an den daraus resultierenden Ein-sparungen beteiligt werden. Es ist uns schließlich gelungen, mit dem Koalitionspartner die Beibehaltung des Proporz-Bezirksamts auch nach 2009 zu vereinbaren.

Zudem konnten wir uns in den Anträgen mit dem Koalitionspart-ner darauf verständigen, dass zukünftig die Sachverhalte für die Basiskorrektur am Anfang des Haushaltsjahres festzulegen sind und auf ein Mindestmaß reduziert werden sollen. Das Konnexitäts-prinzip soll bei der Plafondsbildung beachtet werden und Eingriffe zur Anpassung der Globalsummen an den Bezirksplafonds durch Normierung, Preis- und Mengenkorrekturen sowie kamerale Ver-anschlagungsleitlinien sind auf das notwendige Maß zu reduzieren und zu begründen.

Wir haben ein verbindliches dreistufiges Verfahren für Stellenbe-setzungen der Bezirke beschlossen, dass dem ZeP und der Senats-verwaltung für Finanzen klare Fristen setzt. Bei Etablierung dieses Verfahrens, wofür allerdings eine mittelfristige Personalplanung der Bezirke notwendig ist, können offene Stellen der Bezirke i.d.R. nach 4-10 Wochen wieder besetzt werden.

lm Sinne der Beschlussfassung des Landesparteitags der Berliner SPD, haben wir Anstöße für ein vereinfachtes und standardisiertes Modell für den bezirklichen Wertausgleich gegeben, mit dem wir für Transparenz sorgen wollen. Vor dem Hintergrund des Auftrags der Verfassung von Berlin, einen gerechten Ausgleich unter den Bezirken vorzunehmen und damit auch einen Beitrag zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in Berlin zu leisten, wollen wir den Wertausgleich neu ausrichten. Beginnend mit dem Jahr 2010 haben wir eine zusätzliche vertikale, nicht produktbezogene Wertaus-gleichskomponente beschlossen. Das Wertausgleichsvolumen wird somit, auf Grundlage des bisherigen Modells, verdoppelt, wobei die Finanzierung der zusätzlichen 6,9 Mio. € nicht zu Abzügen bei den sozial besser gestellten Bezirken führt, sondern aus dem Lan-deshaushalt finanziert wird. Auch damit greifen wir den Beschluss

Ein Gespenst geht in den Bezirken um – und es wird immer größer. Es handelt sich um die PMA. Bei dieser schmusevollen Abkürzung handelt es sich aber nicht um Pamela Anderson, die sich liebevoll durch die Bezirke räkelt, sondern die weitaus weniger attraktive und schon etwas betagtere Dame „Pauschale Minderausgabe – PMA“. Und die sorgt für große Kopfschmerzen.

Die Bezirke befinden sich mitten in den Haushaltsberatungen für die Jahre 2010/2011. Es sind wie immer die schwierigsten Haushalte überhaupt und das Ende der Fahnenstange ist erreicht – soweit wie immer. Und das ist auch so. Wer aber glaubt, dass die Fahnenstangen in den Bezirken nach DIN genormt werden, irrt sich – sie werden jedenfalls von Jahr zu Jahr länger.

Beginnen wir nun mit etwas Positivem: Die Vor-Haushaltsberatun-gen sind im Gegensatz zu den vergangenen Jahren anders und besser verlaufen – vor allem wurden die Bezirke an der Diskussion bereits beteiligt, bevor endgültig vom Senat festgelegt wurde, wie viel Geld die Bezirke insgesamt erhalten werden. Das hat dazu geführt, dass für diese Haushaltsberatungen Schlimmeres verhindert wurde, nicht indem es mehr Geld gab, sondern weil weniger gekürzt wurde als ursprünglich geplant.

Das kommt jetzt in den Bezirken an. Nach der Zuweisung des Senats haben die Bezirksämter für ihre Haushalte die Eckwerte be-schlossen und daraus einen Haushaltsplanentwurf entwickelt und der

BVV vorgelegt. In den Sommerferien hatten die Bezirksverordneten dann die Gelegenheit, den etwa 500 Seiten umfassenden Haushalts- und Stellenplan zu studieren. Wer da als Fachpolitiker nur in seinem Ressort nachgelesen hat, der konnte gelegentlich überrascht werden, und zwar positiv. Und „positiv“ heißt: keine großen Kürzungen, viel-leicht sogar Zuwächse in einzelnen Bereichen. Das böse Erwachen

kommt immer dann, wenn es um „Allgemeine Finanzangelegenhei-ten“ geht. Dort liegen die Millionen – bei „Pauschalen Minderaus-gaben“. Wenn die Bezirksämter partout nicht mehr wissen, wie sie Einsparvorgaben erfüllen können, geben sie die fehlenden Summen in die PMA. Das bedeutet eigentlich nichts Anderes als Schulden, die die Bezirke nicht machen dürfen. Es sei denn, sie erreichen im

Wieder mehr Wachstum in den Bezirken – PMA steigt anvon Oliver Igel

des Landesparteitags auf, die Ausweitung des Wertausgleichs als erweiterte Aufgabe der Bezirke, und damit als unter das Konnexi-tätsprinzip fallend, zu betrachten.

Des weiteren soll eine Arbeitsgruppe von Bezirken und Finanz-verwaltung eine Überarbeitung des Produktkatalogs vornehmen. Bereits zuvor hatte die Finanzverwaltung im Rahmen ihres Auf-stellungsrundschreibens zum Doppelhaushalt sichergestellt, dass die kalkulatorischen Kosten der Bezirke zahlungswirksam und im Haushalt sichtbar gemacht werden und damit Anregungen aus den Bezirken und die entsprechende Beschlussfassung des Landespar-teitags aufgenommen.

Insgesamt gilt: Auch wenn einige der erwähnten Punkte noch ei-ner weiteren Ausgestaltung bedürfen, denke ich doch, dass wir mit den beiden Anträgen ein gutes Stück auf dem Weg zu einem weiter verbesserten Finanzierungssystem voran gekommen sind.

Bei der gegenwärtig geführten Diskussion über die Größe des Senats oder die Anzahl der Bezirksamtsmitglieder, müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. Bei der Begrenzung der Anzahl der Bezirksamtsmitglieder muss man sich sicher über die damit verbun-dene Mehrbelastung der verbleibenden Bezirksstadträte im Klaren sein. Wenn ich mir Ressortzuschnitte, wie bei der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung ansehe oder die Frage der Zukunft des Kulturressorts betrachte, sehe ich auf Senatsebene am ehesten einen Handlungsbedarf.

Die Höhe der Fahrgeldpauschale für die Bezirksverordneten muss m. E. auch im Kontext der sonstigen Entschädigungen gesehen wer-den. Wir werden uns der Frage noch einmal annehmen.

Mir freundlichen Grüßen

Michael Müller

Fraktionsvorsitzender

Oliver IgelVorsitzender der SPD-Fraktion in derBVV Treptow-Köpenick

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Rahmen des Haushaltsjahres, hier und da doch noch etwas zu sparen und kürzen damit den fehlenden Finanzbedarf.

Diese PMA steigt in den nächsten Jahren in den Bezirken deutlich an. Nach einer ersten Umfrage unter den Fraktionsvorsitzenden im September 2009 waren in Treptow-Köpenick für 2010 PMA in Höhe von fast 4 Millionen Euro eingeplant. Das sind genau die vom Senat erlaubten 1 Prozente des Gesamthaushaltes. Friedrichshain-Kreuz-berg lag noch deutlich darüber, auch über der erlaubten Summe. In Tempelhof-Schöneberg sind 2010 3 Millionen und 2011 sogar 8 Millionen Euro im Plan. Diese Summen müssen über kurz oder lang eingespart werden. Und es ist absehbar, dass dies nur bei den „freiwilligen Aufgaben“ möglich ist. Überall, wo es einen Rechts-anspruch gibt, müssen Leistungen auch gezahlt werden, müssen sich also im Haushalt wiederfinden.

Dann bleiben bei einigen Bezirken nur noch 30 Millionen Euro für „freiwillige Leistungen“ übrig, also für Grünflächenpflege, Kultur, Jugendangebote, Bibliotheken, Volkshochschulkurse, Sport usw. Dort dann mehrere Millionen einzusparen, wird nicht spurlos an der Bevölkerung vorbeigehen.

Die Alternative sind nur sich aufhäufende Schulden – oder eine Debatte darüber, welche Bürgerangebote wir alle von den Bezirken erwarten und wie wir diese finanzieren. Wir müssen uns alle keine Illusionen machen, dass es mehr Geld geben wird. Nur die Fah-nenstange wird länger. Aber es kann auch keine Alternative sein, sämtliche Bibliotheken und Jugendeinrichtungen zu schließen. Den Bezirken muss eine Mindestausstattung an diesen Leistungen ermöglicht werden, ohne ihre Entscheidungsmöglichkeiten einzu-schränken.

Es ist jetzt richtig, darüber zu diskutieren, ob in den Bezirken weitere Verwaltungsgebäude aufgegeben werden, ob freiwillig Mit-arbeiter nach Auslaufen des Tarifvertrages weiter kürzer arbeiten und wie offene Forderungen der Bezirke an Dritte eingelöst werden können. All das wird aber nur kurz für Luft an der oberen Spitze der Fahnenstange sorgen.

Am Ende würden wir uns freuen, die jüngere Schwester der PMA begrüßen zu dürfen: die Pauschale Mehrausgabe. Sie wird selten abgekürzt, es gibt sie einfach nicht.

Bürgerämter in Not – Bürger vergnatztvon Oliver Schworck

Die Verlängerung der Wartezeiten in Berliner Bürgerämtern, vor allem durch die Abschichtung des „BerlinPasses“ auf die Bezirke, war in den letzten Wochen und Monaten wesentlicher Bestandteil der Medienberichterstattung. Ich möchte Euch gern einen kurzen Überblick über die Aufgaben eines Bürgeramtes und deren prakti-sche Umsetzung geben.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hatte am 17. Mai 1999 das Ver-waltungsreformgrundsätzegesetz (VGG) beschlossen. Damit wurde das bisherige Modell einer Bürgerberatung in den Bezirksämtern abgelöst und die Bezirksämter erhielten durch diesen Beschluss den gesetzlichen Auftrag, bis zum Jahr 2001 Bürgerämter als zentrale Anlaufstelle in den Bezirken zu errichten.

Die Abschichtung der Meldestellenaufgaben des damaligen Lan-deseinwohneramtes Berlin, dem heutigen Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, sollte zeitgleich erfolgen.

Mit der Einrichtung der Bürgerämter sollte eine Bürgerorientie-rung erzielt werden, wie sie in kleineren Städten und Gemeinden des Bundesgebietes bereits existierte. Das Abgeordnetenhaus von Berlin hatte hierfür durch die Bereitstellung der Anschubfinanzie-rung den Weg geebnet.

Nach fast 10 Jahren des VGG ist ein Zustand erreicht, der durch die damaligen Ziele definiert wurde. Es gibt inzwischen mehr als 40 Standorte in der Stadt, in denen die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter aufgabenverzahnt und „allzuständig“ arbeiten. Man kann also wirklich sagen, dass die Bürgerämter sich zu einer ersten Anlaufstelle in den Bezirken entwickelt haben, in denen den Bür-gerinnen und Bürgern mit Rat und Tat zur Seite gestanden wird und auch für den Fall, dass ein Anliegen nicht abschließend bearbeitet werden kann, die zuständigen Ansprechpartner benannt werden. Aber auch die technische Seite hat sich weiterentwickelt. So wur-den durch E-Governmententwicklungen, wie z.B. das Infosystem, Online- Bürgerdienste oder automatisierte Abfragen und (unbare) Bezahlsysteme die Arbeiten kontinuierlich verbessert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht.

Auch die elektronische Übermittlung von Daten durch die Mel-desoftware MESO hat sich in den letzten vier Jahren kontinuierlich weiterentwickelt.

Diese insgesamt sehr erfolgreiche Arbeit der Berliner Bürgerämter, das erfolgreiche Wirken der Kolleginnen und Kollegen wahrneh-mend, gab es dann im Laufe der Jahre weitere Überlegungen, neue Aufgaben an die Bürgerämter zu übertragen. So kamen in den letzten Jahren u.a. die Aufgaben der

– Durchführung von Bürgerentscheiden und Volksentscheiden

– Ausstellung und Verlängerung von Berlinpässen

– Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigungen für EU- und „Neu-EU“- Mitbürger (ersetzt die EU-Ausweise, die vor dem neuen Recht nur die Ausländerbehörde ausgestellt hat)

– Übertragung der Aufenthaltstitel aus Fremdenpässen in National-pässe (war früher nur der Ausländerbehörde vorbehalten)

– Fahrerlaubnisangelegenheiten

– Beantragung des „Kfz-Scheins“ nach Verlust/Diebstahl

als originäre Aufgaben der Berliner Bürgerämter hinzu.

Wer nun allerdings dem Glauben nachhängt, dass diesen zu-sätzlichen Aufgaben auch die entsprechenden Stellen bzw. die Stellenanteile mit in die Bezirke gefolgt wären, den muss ich leider enttäuschen. Viele dieser Aufgaben sind mit dem vorhan-denen Personal gemeistert worden. Die unterschiedliche Vielfalt der Aufgaben (derzeit werden ca. 40 Dienstleistungen angeboten) erfordert besonders leistungsstarke und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in vielfältigen komplexen Rechtsgebieten

Oliver SchworckStadtrat in Tempelhof-Schöneberg(Bürgerdienste, Ordnungsaufgaben,Natur und Umwelt)

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Zum VerständnisAbschichtung

Unter Abschichtung versteht man die Verlagerung der Zustän-digkeit bestimmter Aufgaben von einer Oberbehörde zu einer Unter- bzw. Mittelbehörde (z. B. von einer Hauptverwaltung zu den Bezirksverwaltungen). Der umgekehrte Weg ist die Aufschichtung.

(aus: Berliner kommunalpolitisches Lexikon, 2008)

Verwaltungsreformgrundsätzegesetz (VGG)

Drittes Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung (Verwal-tungsreform-Grundsätze-Gesetz-VGG) vom 17. Mai 1999 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin (GVBI.), 55. Jg. Nr. 21, S. 171 ff., veröffentlicht am 28 Mai 1999, A 3227 A.)

§ 1: „Dieses Gesetz regelt durch seine Organisationsgrund-sätze die Einheitlichkeit der reformierten Berliner Verwal-tung hinsichtlich ihrer Bürgerorientierung, einschließlich der Ausrichtung auf die besonderen Belange der Wirtschaft, ihrer Führung und Steuerung und ihres Personalmanagements. Die Organisation der Berliner Verwaltung ist den Veränderungen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und den fortschreitenden verwaltungswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen anzupassen und fort-während weiterzuentwickeln.“

Im Einzelnen werden auch die Aufgaben und Organisations-formen der Leistungs- und Verantwortungszentren (=Ämter), Serviceeinheiten und Steuerungsdienste geregelt. Kernpunkte sind die Bürgerorientierung sowie die Berücksichtigung der „Belange“ der Wirtschaft. Nicht zuletzt sollen die Verwaltungen in einem Wettbewerb zu einander stehen; so sollen Behörden sich hinsichtlich Qualität und Kosten ihrer vergleichbaren Leistungen mindestens jährlichen Vergleichen innerhalb und außerhalb der Berliner Verwaltung unterziehen. Diese Ziele sollen durch eine systematische und regelmäßige Qualitäts-sicherung erreicht werden, die mindestens Qualitätsziele und Qualitätsindikatoren in den Ziel- oder Servicevereinbarungen beinhaltet.

auskennen, entsprechend beraten und die Anwendung der techni-schen Infrastruktur beherrschen müssen. Ich bin in der glücklichen Lage, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über genau diese Fähigkeiten verfügen und durch ihr tägliches Engagement für einen reibungslosen Ablauf Sorge tragen.

Durch die politisch gewollte Verlagerung der BerlinPässe vom Job Center in die Bürgerämter gab es dann einen regelrechten „Run“ auf die Bürgerämter. Die von den Bezirken beim Zentralen Stellen-pool angeforderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten aus den unterschiedlichsten Gründen, wie z.B. der Durchführung eines Volksentscheids, nicht sofort zur Verfügung gestellt werden. Sicher-lich gab es einen finanziellen Ausgleich in Höhe von ca. 55.000 €, der einem Stellenanteil von 1,93 Stellen entspricht. Doch auch dieser brachte erst mal keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die Kundinnen und Kunden tatsächlich zu bedienen.

Diese dringend benötigten Stellen können erst mit dem Haushalt 2010/2011 eingerichtet und tatsächlich besetzt werden. Grundlage hierfür bildete eine Berechnung der Senatsverwaltung für Integrati-on, Arbeit und Soziales, die nur für den Bezirk Tempelhof-Schöne-berg vorsah, dass mit ca. 27.679 Antragstellerinnen/ Antragstellern gerechnet wird.

Das bedeutet statistisch, dass bei 250 Öffnungstagen der Bürger-ämter im Durchschnitt, täglich mit 110 Antragstellenden zusätzlich zu den normalen Dienstleistungen gerechnet werden kann! Allein hieraus ist schon ersichtlich, dass das zugemessene Personal nicht ausreichend ist.

Die hochgerechnete Zahl von 27.679 wird deutlich überschritten werden. Bis einschließlich August 2009 wurden allein im Bezirk Tempelhof-Schöneberg 23.320 BerlinPässe ausgestellt. Außerdem ist zu bedenken, dass der BerlinPass immer wieder beantragt werden muss, weil die SGB II-Bescheide zeitlich befristet sind (in der Regel halbjährlich). Dadurch bilden sich unerträglich lange Warteschlan-gen in den Bürgerämtern. Mehr Personal ist zwingend erforderlich! Diese Forderung werden die Bezirke einstimmig erheben. Bleibt nur die Hoffnung, dass sie auch dort gehört wird, wo die Weichen für ein kundenfreundliches Bürgeramt gestellt werden.

Entsprechende Hinweise aus den Bezirken an die Senatorin Frau Dr. Knake-Werner gab es genug. Eine Reaktion erfolgte bis dato nicht. Dieses Vorgehen zeigt mehr als deutlich, wie die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter von der Senatorin allein gelassen werden.

Die Bezirke müssen flexibel auf die Kundenströme reagieren können. Für mich ist es daher unerlässlich, dass den Bezirken die Möglichkeit an die Hand gegeben werden muss, zusätzliches Per-sonal befristet von Außen einstellen zu können, sofern im Zentralen Stellenpool kein geeignetes Personal zur Verfügung steht.

Ausstellungshinweis

„Haymatloz – Exil in der Türkei 1933-1945“

Ein Großteil der Menschen, die Hitler-Deutschland zwischen 1933 und 1945 den Rücken kehrten, fand in Frankreich, Großbritannien und vor allem den USA Zuflucht. Dass auch die Türkei etwa 1000 deutsche Flüchtlinge aufnahm, ist weniger bekannt. Rund 200 von ihnen waren Wissenschaftler/innen, Künstler/innen und Politiker/innen, deren berufliches Engagement von den türkischen Instituti-onen ausdrücklich willkommen geheißen und gefördert wurde. Die Ausstellung des August-Bebel-Instituts beleuchtet dieses "Eliten-exil" und skizziert einzelne Biografien prominenter Exilanten wie Paul Hindemith, Bruno Taut oder Ernst Reuter.

8. Oktober bis 15. November in derGalerie im Kurt-Schumacher-Haus

Nähere Informationen zur Ausstellung und zu Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung unter

www.august-bebel-institut.de

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Einfach dem SGK-Büro unter [email protected] die Adresse mitteilen und aktuelle Informationen

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Kein Spam. Kein BlaBla. Versprochen.

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Ein monatlicher Veranstaltungskalender, der regelmäßig verteilt wird, informiert alle im Kiez wohnenden und arbeitenden Bürgerin-nen und Bürger über die Aktivitäten und Veranstaltungen unserer Initiative.

Wir beteiligen uns auch mit Ständen an allen möglichen Straßen-festen und Märkten.

Am 3. Adventsonntag ist in der Schwyzer Straße ein großer ge-meinsamer Weihnachtsmarkt geplant.

Wir sind Mitglied im Initiativkreis „Aktives Zentrum Müllerstra-ße“. Wir werden uns einbringen in die Ideenwerkstatt „Mehrgene-rationenhaus“ des Paul-Gerhardt-Stifts.

Weitere Angebote wie „Begutachtung von Pflegebedürftigkeit“, Patientenverfügung“ und weitere Themen auch zu polizeilicher Sicherheits- und Präventionsberatung sind in der Planung.

Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung „Hauspatenschaften“ der Arbeiterwohlfahrt mit der GESOBAU werden gerade zwei-mal im Monat zusätzliche Beratungssprechstunden im „Schiller-Treff“ vorbereitet. Schauen Sie auf unsere Internetseite www.bi-schillerhoehe.de und informieren Sie sich.

Auch für den Jugendbereich werden gemeinsam mit den Kinder-und Jugendeinrichtungen Angebotsstrukturen entwickelt. Ständig entstehen weitere Ideen, die umgesetzt werden wollen. Das ehren-amtliche Interesse mitzumachen steigt. Anregungen und Vorschläge sind ausdrücklich erwünscht.

Der „Schiller-Treff“ ist bunt, vielfältig, voller Energie und Wir-Gefühl. Er soll alle animieren, unseren Kiez kreativ mitzugestalten, positiv für uns, rund um die Schillerhöhe in einer grünen Oase. Das freut die Bürgerinitiative und ich als Wahlkreisabgeordnete bin stolz darauf, dass das gelungen ist!

Das hätte ich nicht gedacht, dass das so schnell geht. Im Septem-ber 2008 gründete ich den Runden Tisch als Ideenwerkstatt in der Schillerhöhe in der Schwyzer Straße im Ortsteil Wedding. Alle in meinem Wahlkreis ansässigen Organisationen, Vereine, Wohnungs-baugesellschaften, Senioren- und Jugendeinrichtungen, Kirchenge-meinden, schulische Einrichtungen, soziale Projekte, Polizei und engagierte Mietervertreter hatten sich eingefunden und begeistert Ideen eingebracht. Die Fragestellung, wie stabilisieren, verbessern wir unser Kiezumfeld, wie können wir uns gegenseitig unterstützen, hatte uns mobilisiert. Hier gab es noch keine Stadtteilarbeit, keine Bürgervereine, kein ehrenamtliches Engagement. Aus der Mitte der Ideenwerkstatt ist nun eine echte Bürgerinitiative geworden.

Mit Unterstützung der Kirchengemeinde St.Joseph-St.Aloisius, der Arbeiterwohlfahrt Berlin-Mitte, der GESOBAU, engagierter Mieter im Kiez, des Seniorenzentrums Schwyzer Straße, des Paul-Gerhardt-Stifts, der Siedlung 1892, des Bezirksamts Mitte, der City VHS, der Lange-Schucke-Stiftung, der Seniorenvertretung Mitte und der Jugend-Freizeiteinrichtung EDI 55 ging jetzt auch ein großer Wunsch in Erfüllung.

Am 16.Juli feierte die Bürgerinitiative „Runder Tisch Schillerhöhe“ die Einweihung des Schiller-Treffs, ein umgebauter Laden (ehemals war dort die Filiale Schleckerangesiedelt), als neuen Anlaufpunkt für Jung und Alt. Eine neue Stadtteilarbeit steht nun auf soliden Füßen. Das konnte nur gelingen, weil in meinem Wahlkreis dieses Netzwerk gewachsen ist und noch weiter wachsen wird.

Der „Schiller-Treff“ ist offen für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger im Kiez montags und donnerstags von 14:00 bis 17:00 Uhr und dienstags von 10:00 bis 13:00 Uhr.

Viele Informationsmaterialien der beteiligten Institutionen und Or-ganisationen liegen für Interessierte im Laden aus, sogar Postkarten „ Grüße von der Schillerhöhe“.

Bürgerinitiative „Runder Tisch Schillerhöhe“ eröffnet Schiller-Treffvon Bruni Wildenhein-Lauterbach

Feierliche Eröffnung des "Schiller-Treff" am 16. Juli: Stadtentwicklungssenato-rin Ingeborg Junge-Reyer (re.), die Abgeordnete Bruni Wildenhein-Lauterbach, Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke (h.r.) und Jörg Franzen (Gesobau). Foto: hha

20 forum - Der Info-Dienst der SGK Berlin e.V. Nr. 72 Oktober 2009 Nr. 72 Oktober 2009 forum - Der Info-Dienst der SGK Berlin e.V. 21

Im Juli stellte Ingeborg Junge-Reyer der Öffentlichkeit das „De-mografiekonzept für Berlin“ vor, das der Senat in der Woche zuvor beschlossen hatte. Das Konzept war von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit den Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Technologie und Frauen, für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie für Integration, Arbeit und Soziales erarbeitet wor-den. Ziel des Demografiekonzepts ist es, „die Rahmenbedingungen des demografischen Wandels für Berlin zu analysieren, die sich er-gebenden Risiken, aber auch Gestaltungschancen zu benennen und Strategien zur positiven Bewältigung zu formulieren.“

Im Bericht wird festgestellt, dass die Bevölkerungszahl in der Stadt bis zum Jahr 2030 geringfügig auf fast 3,5 Mio. Einwohner anwach-sen werde, sich hinter dieser zahlenmäßigen Stabilität allerdings eine dynamische Entwicklung mit erheblichen sozialstrukturellen Veränderungen verberge. Die Stadt werde älter, internationaler und heterogener. 2007 gab es erstmals seit der Wiedervereinigung wie-der mehr Geburten als Sterbefälle. Dennoch ist die Geburtenrate weiterhin zu niedrig, um die vorherige Generation zahlenmäßig zu ersetzen. Zugleich wird die Bevölkerung älter. Die Zahl und der An-teil der Älteren an der Bevölkerung nehmen deutlich zu. Verbunden mit dieser generellen Entwicklung, dass die Stadt älter und interna-tionaler wird, erwartet der Senat die Zunahme erheblicher sozialer Unterschiede, die sich auch in Veränderungen der Sozialstruktur der Wohnquartiere niederschlagen werden. Neben einer aktiven Familienpolitik, so der Senatsbericht, seien Anpassungsstrategien an die älter werdende Stadtgesellschaft zu entwickeln.

Auch die Zuwanderung trägt zur relativen Stabilität der Bevölke-rungszahl bei. Zugleich wird konstatiert, dass zu viele Menschen die Stadt (wieder) verlassen, weil sie andernorts attraktivere berufliche Perspektiven hätten. Deshalb hält der Senat es für wichtig, Stadt und Gesellschaft so zu gestalten, dass Berlin weiterhin attraktiv für Zuwanderer bleibt und diese in stärkerem Maße als bisher in der Stadt bleiben. Dazu brauche Berlin eine offensive Bleibepolitik, die neben dem Angebot attraktiver Arbeitsplätze die Lebensqualität in der Stadt nachhaltig verbessern und mit einer Willkommenskultur verbinden müsse. Die wichtigste Antwort auf die zunehmende Internationalisierung und soziale Polarisierung sei eine offensive Integrations- und Bildungspolitik.

Das Demografiekonzept identifiziert prioritäre Handlungsfelder, in denen Politik dem demografischen Wandel entgegenwirken und seine Folgen gestalten soll. Zentrale Punkte sind die

– Attraktivität Berlins als Wirtschaftsstandort mit einem ausreichen-den Angebot an Arbeitsplätzen wie an Fachkräften,

– attraktive Wohn- und Lebensbedingungen für Familien, Kinder, Jugendliche und Senioren,

– die Entwicklung einer gesamtstädtischen Willkommenskultur verbunden mit der Stärkung des sozialen Zusammenhalts in den Wohnquartieren sowie

– die Sicherstellung von Versorgung und Pflege für die zunehmen-de Zahl der Hochaltrigen (80+), um ihnen ein selbstbestimmtes Wohnen und Leben im Alter zu ermöglichen. Zugleich sollen die Kompetenzen der „aktiv Alternden“ erschlossen werden, um u.a. das bürgerschaftliche Engagement dieser „jungen Alten“ für die Stadtgesellschaft zu nutzen.

In allen Handlungsbereichen zur Gestaltung des demografischen Wandels setzt der Berliner Senat auf vier grundlegende Prinzipi-en,

– die umfassende Qualifizierung von Menschen und Infrastruktur,

– die Sozialraumorientierung als fachübergreifende politische und planerische Handlungsebene,

– Gender Mainstreaming sowie

– die Vernetzung von Bürgerschaft und Fachwelt.

Das Berliner Demografiekonzept ist ein gelungener Versuch, po-litische Herausforderungen ressortübergreifend zu betrachten und eine gute Darstellung von notwendigen und teilweise innovativen Antworten auf Einzelaspekte des demografischen Wandels. Was fehlt, ist die notwendige Vernetzung unterschiedlicher Politikfelder bei den Referenzprojekten. Dem Bericht merkt man die Handschrift der Stadtentwicklung an und erkennt, wie weit Denken und Handeln zur Gestaltung des Wandels und seiner Folgen in diesem Ressort bereits vorangeschritten sind. Zu unpräzise aber sind noch die Aus-führungen zu dem für die Stadt unter dem Aspekt des demografischen Wandels zentralen Thema Integration, und wichtige Bereiche wie öffentliche Finanzen und Personal im öffentlichen Dienst fehlen nahezu vollständig. Bei den grundlegenden Prinzipien fehlt die für ein Demografiekonzept unabdingbare Generationengerechtigkeit. Das Demografiekonzept ist im Wesentlichen eine Darstellung des Handlungsbedarfs und der Bestandsaufnahme vorhandener demografierelevanter Politikansätze. Nun müssen die bisher nicht beteiligten Ressorts ihre Analysen und Konzepte vorlegen und die Fachpolitiken vernetzt werden – eine Aufgabe für den Regierenden. Damit könnte er einlösen, was er in seiner Demografie-Rede vor zwei Jahren versprochen hatte, die Gestaltung des demografischen Wandels zum Schwerpunkt seiner Politik zu machen. Aber auch die Bezirke sind nun gefordert: Sie müssen die Gestaltung des Wandels und seiner Folgen in Projekte umsetzen und die Vernetzung von Ressortpolitiken untereinander sowie von Politik, Verwaltung, Bür-gerinnen und Bürgern und der örtlichen Wirtschaft organisieren.

Das Berliner Demografiekonzept im Internet:www.berlin.de/demografiekonzept

Berlin setzt auf Zuwanderung – Das Demografiekonzept für Berlinvon Dr. Hans-Ulrich Oel

Das Thema der Jahreshauptversammlung:

Der demografische Wandel und seine HerausforderungenDas Berliner Demografie-KonzeptReferentin: Senatorin Ingeborg Junge-Reyer

Freitag, 27. November 2009, 17.00 UhrSenatsverwaltung für Stadtentwicklung

siehe Einladung auf Seite 1

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