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Das Magazin für Vorausdenker Juli 2007 Klimawandel So gehört er in die Bilanz Handelsimmobilien So wirkt sich der Nachfragedruck aus Krankenhäuser So löst man den Investitionsstau auf Young Executives Eine Generation will nach oben. Ihre Pläne, ihre Ziele, ihre Ängste enthüllt eine PwC-Studie. pwc:

Juli 2007 pwc€¦ · schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4 Interview: Frank Brown Der INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern

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Page 1: Juli 2007 pwc€¦ · schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4 Interview: Frank Brown Der INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern

Das Magazin für Vorausdenker

Juli 2007

KlimawandelSo gehört er in die BilanzHandelsimmobilienSo wirkt sich der Nachfragedruck ausKrankenhäuserSo löst man den Investitionsstau auf

Young ExecutivesEine Generation will nach oben. Ihre Pläne, ihre Ziele, ihre Ängste enthüllt eine PwC-Studie.

pwc:So wirkt sich der Nachfragedruck aus

So löst man den Investitionsstau auf

Young ExecutivesEine Generation will nach oben. Ihre Pläne, ihre Ziele, ihre Ängste enthüllt eine PwC-Studie.

Page 2: Juli 2007 pwc€¦ · schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4 Interview: Frank Brown Der INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern

Trends Seite 14

BrasilienSchon einmal stand das Land an der Schwel-le zum Industriestaat. Klappt es im zweiten Anlauf? Seite 16

Interview: Luis Frisoni

Der PwC-Brasilienchef über die Perspek-

tiven des Landes. Seite 20

Chemie

Die neue Kennzeichnungspflicht für Chemi-

kalien wird massive Auswirkungen auf viele

Produktportfolios haben. Seite 22

HandelsimmobilienDie hohe Nachfrage von Finanzinvestoren macht für Handelskonzerne den Verkauf ihrer Immobilien attraktiv. Seite 24

Interview: Zygmunt MierdorfDer Metro-Vorstand über die Immobilienstra-tegie des Konzerns. Seite 27

Trends Seite 28

KlimawandelAm Klimaschutz kommt niemand mehr vorbei

– auch nicht der Geschäftsbericht. Seite 30

Interview: Claudia Kemfert

Die Umweltökonomin des DIW über die Kos-

ten des Klimawandels und die Chancen zum

Umsteuern. Seite 32

MiFIDDie Vorbereitungen für die neue Finanzmarkt-richtlinie sind auf der Zielgeraden. Seite 34

Interview: Detlev DietzDer MiFID-Projektleiter der Commerzbank über den Stand der Umsetzung und die Fol-gen der MiFID-Einführung. Seite 36

PPP im KrankenhausDie Partnerschaft mit privaten Investoren kann öffentliche Kliniken wieder wettbe-werbsfähig machen. Seite 38

Titel

Young ExecutivesEine PwC-Untersuchung porträtiert die Wirt-schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4

Interview: Frank BrownDer INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern und die Jugend von gestern und heute. Seite 12

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Märkte Wissen

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Lösungen

Trends Seite 42

Neue UNIONEin Chemnitzer Maschinenbauer fiel unter die Investoren, wurde von der Belegschaft gerettet und hat jetzt einen Investor, der es (hoffentlich) ernst meint. Seite 44

Latente Steuern

Mit IFRS werden die latenten Steuern vom

Restposten zu einer entscheidenden Größe

in der Bilanz. Seite 50

Private Wealth Control

Eine neue Software hilft vermögenden Pri­

vatkunden beim Überblick über Größe und

Performance des Vermögens. Seite 52

Publikationen Seite 54Impressum Seite 55

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

den Nachwuchsführungskräften, da sind sich viele Soziologen und

Psychologen, Trendforscher und Personaltrainer einig, sei einiges

gemeinsam: Die Manager und Macher von morgen gelten als welt­

offen, flexibel und in einem hohen Maße darauf bedacht, Karriere und

Privatleben ausgewogen unter einen Hut zu bringen. Ist das wirklich

so? Das haben wir uns gefragt und eine Studie in Auftrag gegeben,

die sich mit Menschen beschäftigt, die in einigen Jahren das Ruder

in den Unternehmen übernehmen; die zwischen Ende zwanzig und

vierzig Jahre alt sind, Traineeprogramme durchlaufen oder eine Füh­

rungskräftelaufbahn eingeschlagen haben. Wir wollten herausfinden,

welche Zukunftspläne sie haben, aber auch, welche Ängste sie um­

treiben. Dass die Nachwuchsführungskräfte keine homogene Ein­

heit sind, überrascht sicher wenig. Aber dass der Anteil derer, die so

ganz anders sind als Führungskräfte des alten Schlages, gar nicht so

hoch ist, verblüfft. Nach unserer Studie ist gerade mal ein Drittel so,

wie oben kurz angerissen, daneben gibt es drei weitere Grundtypen.

Worin sich diese unterscheiden und was das für die Führungskräfte

von heute bedeutet, das stellen wir Ihnen in der Titelstrecke über die

„Young Executives“ vor, die sich übrigens durchaus Züge der „Old

Executives“ bewahren.

Eines jedoch ist sicher: Die jungen Kollegen werden sich künftig mit

jungen oder neuen Themen beschäftigen müssen. Dazu gehört ohne

Frage der Klimawandel, der in die Geschäftsbücher der Unterneh­

men Einzug hält und damit auch Auswirkungen auf den Kapitalmarkt

haben wird. Dazu gehören neue EU­Verordnungen wie REACH für

den Chemiesektor, Finanzierungsmodelle wie Public­Private Partner­

ship, die in Kürze vielleicht auch im Krankenhaussektor Anwendung

finden; und Emerging Markets wie Brasilien, das zwar langsam, aber

stabil und stetig wächst.

Über all das und noch einiges mehr lesen Sie in diesem Magazin,

und dabei wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre

Hans Wagener, Vorstandssprecher der PricewaterhouseCoopers AG

Hans Wagener

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Die im Schnitt jüngste – und zupackendste –

Gruppe. Niemand hält die Probleme in Wirt-

schaft und Gesellschaft für so lösbar, und

niemand liebäugelt so stark mit dem Gang

ins Ausland. Sie fühlen sich, als hätten sie

den Marschallstab im Tornister; ob das tat-

sächlich so ist, müssen sie noch beweisen.

1. Die jungdynamischen Globalisten

offen

pragmatisch

reflektiert selbstbewusst

Die Dynamischen

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Die Kindheit war satt und schön und sicher.

In der Jugend kamen Fitness-Studios, Bo-

ris Becker und irgendwann der erste Golf.

Doch als aus Raider Twix wurde, stan-

den der Generation 196� plus plötzlich die

Schweißperlen auf der Stirn. Was tun mit

dem Leben? Welchen Weg gehen in der

Optionenvielfalt? Irgendwann, viele Jahre

später, wurde ein Name für dieses Phäno-

men gefunden, „ein Name für jene Ratlo-

sigkeit, die nicht durch zu viele, sondern

durch zu wenige Widerstände entsteht, für

jene Erschöpfung, die einen beschleicht,

weil man nicht weiß, wofür man eigentlich

kämpfen soll. Wenn man kapituliert vor der

Fülle der Möglichkeiten. Keine Eltern mehr

hat, die einen zwingen, Jura zu studieren,

obwohl man doch so gerne Maler gewor-

den wäre. Wenn man alles darf. Was ganz

schön anstrengend ist. Das Phänomen

heißt Quarterlife Crisis“. Schreibt Florian

Illies in seinem Buch „Generation Golf II“.

Auch die Blase der New Economy konnte

dieser Generation nur kurzfristig Zuversicht

einflößen. Illies macht keinen Hehl daraus.

„Es war besonders passend, dass der Ro-

man, der am Ende dieser Blase stand, ,Die

Korrekturen‘ hieß.“ Ein Buch über Ängs-

te, Neurosen und das Scheitern. „Spätere

Mentalitätshistoriker“, so Illies, „werden

sich freuen, wenn sie zeigen können, dass

Jonathan Franzens Bestseller genau zu

dem Zeitpunkt erschien, als die einschnei-

denden Korrekturen an den naiven Wirt-

schaftsprognosen vorgenommen wurden.

Vielleicht lasen einfach alle in der Zeit, in

der sie früher über Aktien geredet hatten,

erst einmal ‚Die Korrekturen‘. Ich saß auf

dem Sofa und blätterte, weil ,Die Korrek-

turen‘ eindeutig zu dick ist, den neuen ,Fo-

cus‘ mit der Titelgeschichte ‚Mut zur zwei-

ten Karriere‘.“

Spätestens als junge Erwachsene hat die-

se Generation also, die voller Optimismus

ins Diesseits startete, ein Zwacken in der

Bauchgegend gespürt. Der Soziologe Ul-

rich Beck spricht in diesem Zusammen-

hang sogar von einem Generationenbruch:

„Konsumkindheit und hedonistisches An-

spruchsdenken gefolgt von Desillusionie-

rung über Arbeitsmarktchancen.“

Bis heute haben etliche Experten Gemüts-

lage und Wertgefüge der heute um die 40-

Jährigen erforscht, die in den nächsten Jah-

ren, wenn ein Generationswechsel in den

YoungExecutivesEine neue Manager-Generation strebt an die Spitze. PwC hat sie nach ihren Zielen, Hoffnungen und Ängsten befragt.Von Anja Dilk und Heike Littger

Durchschnittsalter: 32,� Jahre

Berufserfahrung: 7,7 Jahre

Stark vertreten in: Marketing, Chemie

Wichtigste Probleme: Arbeitslosigkeit,

Rente, Staatsverschuldung

Lösbarste Probleme: Angleichung neue

Länder, Sozialmissbrauch, Arbeitslosigkeit

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Führungsetagen ansteht, die frei werdenden

Posten besetzen werden. Wie hat diese

Erfahrung die Menschen geprägt? Wel-

ches Gefühl dominiert ihr Leben? Und wie

geht es der Generation danach? Denen, die

nichts anderes kennen als Instabilität, Brü-

che, Neuorientierung und Neuanfang – und

wahrscheinlich noch ein weiteres Jahr-

zehnt haben, bevor sie in die Top-Etagen

der Unternehmen einziehen. Diesen beiden

Generationen hat man viele Titel verliehen,

ob Golf oder Praktikum, Patchwork oder

schlicht @. Wie werden sie die Gesellschaft

verändern? Wie Führungsstil, Unterneh-

menskultur und Wirtschaftsweise verändern,

wenn sie an der Spitze ankommen?

PricewaterhouseCoopers (PwC) hat in der

Studie „Young Executives“ den deutschen

Führungsnachwuchs zwischen Mitte 20 und

40 befragt. Trainees, die ihr Studium erfolg-

reich abgeschlossen haben und von Unter-

nehmen auserkoren wurden, eine höhere

Laufbahn zu beschreiten. Manager bis 40,

deren Führungsverantwortung noch steigen

soll. Wie optimistisch blicken diese Män-

ner und Frauen in ihre berufliche Zukunft?

Was wollen sie erreichen, wovor haben sie

Angst? Aber auch: Halten sie das demo-

kratische System für fähig, die anstehen-

den gesellschaftlichen Probleme zu lösen?

Welche Probleme halten sie für besonders

wichtig? Und welche davon für am ehesten

lösbar?

Studienleiterin Yvonne Fritzsche-Sterr hat

308 Interviews gesichtet. Die Sozialwissen-

schaftlerin, Mitte der 90er-Jahre Hauptau-

torin von zwei Shell-Jugendstudien, ist von

den Ergebnissen überrascht: „Die Befragten

haben eine ausgezeichnete Ausbildung, ge-

hören zur Bildungselite. Aber auch das ist

keine Lebensversicherung mehr. Die Angst

frisst sich immer tiefer in die kommenden

Führungsschichten hinein.“ Angst, von heu-

te auf morgen den Job zu verlieren. Weil sie

den hohen Anforderungen nicht gewachsen

sind, dem enormen Druck nicht standhalten.

„Die Furcht vor unterbrochenen Erwerbs-

verläufen bestimmt vielleicht nicht das Le-

bensgefühl, aber bei fast jedem ist sie latent

vorhanden – und sie treibt die Männer und

Frauen mehr oder weniger an, alles daran-

zusetzen, die Gefahr der eigenen Arbeitslo-

sigkeit zu minimieren.“

Laut Fritzsche-Sterr packt der Nachwuchs

dieses Risikomanagement mit „fünf biogra-

fischen Strategien“ an: Karriere an die erste

Stelle setzen, sich auf das Machbare kon-

zentrieren, das Selbstbewusstsein stärken,

den Gang ins Ausland erwägen und Bezie-

hungen außerhalb der Arbeit festigen: Wenn

alle Stricke reißen, will man nicht alleine da-

stehen. Die meisten Befragten optieren da-

bei unbewusst für mehr als eine dieser Stra-

tegien, wenn auch in unterschiedlich starker

Ausprägung.

Hinter all diesen Bemühungen, so Fritzsche,

stehe das Bestreben dieser Generation,

sich zu lösen:

• von der Gesellschaft: Die neue Manager-

Generation erwartet kaum noch Unterstüt-

zung aus den großen sozialen Sicherungs-

systemen.

• von konjunkturellen Schwankungen: Heute

bist du in, morgen bist du out.

• manchmal auch von Deutschland.

Der Nachwuchs bastelt sich auf diese Wei-

se Step by Step selbstbewusst das perfekte,

allumfassende Portfolio, um gegebenenfalls

wechseln zu können. In ein anderes Unter-

nehmen, eine andere Branche oder auch ein

anderes Land.

In vielen Studien wird den Probanden ein

vorgefertigter Fragenkatalog vorgesetzt,

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Für mich sind hohe

Mobilität, Lernbereit-

schaft und Flexibili-

tät enorm wichtig. Die

Bedürfnisse der Kun-

den und damit unsere

Aufgaben ändern sich

permanent, diesen

Wandel müssen un-

sere Führungskräfte

bewältigen. Ich erlebe den Nachwuchs als

sehr international und weltoffen, nicht so

tradiert geprägt wie frühere Generationen.

Sie sind weniger hierarchisch orientiert und

fordern deutlicher Feedback, Information,

Transparenz.

Für mich muss sich

eine Führungs-

kraft mit der Firma

identifizieren kön-

nen, optimistisch

sein, ein Vorbild. Sie

darf sich auch vor

unerfreulichen Auf-

gaben nicht scheu-

en – dem schlecht

performenden Mitarbeiter beispielsweise

offen eine unangenehme Wahrheit sagen zu

können. Ich wünsche mir mehr Mobilität bei

den jungen Leuten, für ein internationales

Unternehmen wie PwC ist gerade Auslands-

erfahrung sehr wichtig.

Wir müssen uns seit

einigen Jahren einem

erheblich verschärf-

ten Wettbewerb stel-

len. Führungskräfte

müssen deshalb nicht

nur fachlich exzellent

sein, sondern auch

Leadership Skills mit-

bringen. Ein wachsen-

der Teil der jungen Leute nimmt Rücksicht

darauf, dass ihr Partner ebenfalls Karriere

machen möchte. Also brauchen wir inno-

vative und sehr flexible Modelle, wenn wir

nicht hervorragendes Potenzial verschen-

ken wollen.

Martin Scholich, Advisory

Dieter Endres, Tax

Georg Kämpfer, Assurance

Was erwarten PwC-Vorstände von ihren jungen Führungskräften?

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Sie sehen sich auf dem richtigen Weg: Kei-

ne andere Gruppe schätzt ihre eigenen Kar-

rierechancen so positiv ein. Und auf diese

Karriere konzentrieren sie ihre Anstrengun-

gen – und auf das Unternehmen, in dem sie

sich gerade befinden. Die eine oder andere

Station im Ausland gehört da dazu.

Durchschnittsalter: 32,� Jahre

Berufserfahrung: �,3 Jahre

Stark vertreten in: Controlling, Anlagenbau

Wichtigste Probleme: Arbeitslosigkeit,

Rente, Staatsverschuldung

Lösbarste Probleme: Krankenversicherung,

Ressourcenknappheit, Gewaltbereitschaft

2. Die konzentrierten Macher

Die Konzentrierten

offen

pragmatisch

reflektiert selbstbewusst

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Bloß keine Schmalspur! Und neben der

Karriere das Leben nicht vergessen! Stärker

als alle anderen betont diese Gruppe die bi-

ografische Vielseitigkeit sowie die Rolle von

Freunden und Familie. Nur gering ausge-

prägt ist dafür die Konzentration auf ein ein-

ziges Unternehmen.

3. Die aufgeschlossenen Netzwerker

Die Aufgeschlossenen

offen

pragmatisch

reflektiert selbstbewusst

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hinter jeder Frage zwei Kästchen zum An-

kreuzen. Ja oder Nein. Ergebnis ist ein mehr

oder minder interessengeleitetes Generati-

onenbild: Der zahlende Absender bestimmt

die Inhalte. Bewusst ist PwC einen anderen

Weg gegangen. „Wir wollten die zukünftigen

Manager ihre Themen selbst setzen lassen“,

so PwC-Vorstandssprecher Hans Wagener,

„um nachvollziehen zu können, was sie um-

treibt.“ Und um ein Gefühl dafür zu bekom-

men, wohin die Reise geht: Wie sieht er aus,

der Führungsnachwuchs der Zukunft?

Deshalb wurden im Vorfeld 18 Tiefeninter-

views geführt, in denen ausgewählte Män-

ner und Frauen über sich, ihren Beruf, ihr

Leben reden konnten – frei von der Leber

weg. Aus den Gesprächen wurden fast 70

Statements destilliert. Zum Beispiel: „Für ei-

nen guten Job muss man schon bereit sein,

sich und seiner Familie einiges zuzumuten“

oder „Ständige Fortbildung ist heutzutage

der Schlüssel für eine günstige Berufsper-

spektive“. Diese Aussagen mussten die Teil-

nehmer der Hauptstudie bewerten. Dabei

hat sich gezeigt: Trotz der gemeinsamen

Angst vor Arbeitslosigkeit sind die zukünf-

tigen Manager zwischen 25 und 3� Jahren

keine homogene Gruppe. Es haben sich vier

Typen herauskristallisiert, die die „fünf bio-

grafischen Strategien“ unterschiedlich stark

verfolgen.

Die jungdynamischen Globalisten (21 %):

Die im Schnitt jüngste – und zupackendste –

Gruppe. Niemand hält die Probleme in Wirt-

schaft und Gesellschaft für so lösbar – und

niemand liebäugelt so stark mit der Opti-

on, ins Ausland zu gehen. Ihr Wunsch: eine

saubere berufliche Biografie ohne Brüche.

Ihr Lebensmotto: Wer nach oben kommen

will, muss privat verzichten können.

Die konzentrierten Macher (22 %): Sie seh-

en sich auf dem richtigen Weg: Keine an-

dere Gruppe schätzt ihre eigenen Karriere-

chancen so positiv ein. Und auf diese

Karriere konzentrieren sie ihre Anstrengun-

gen – und auf das Unternehmen, in dem

sie sich gerade befinden. Sie nehmen mit,

was geht, beruflich wie privat. Sie glauben

an das System. Und sind davon überzeugt,

dass „die da oben“ die anstehenden Pro-

bleme schon lösen werden. Ihr Wunsch: ein

sorgenfreies Leben. Ihr Lebensmotto: Wird

schon gut gehen.

Die aufgeschlossenen Netzwerker (34 %):

Stärker als alle anderen betont diese Grup-

pe die biografische Vielseitigkeit sowie die

Rolle von Freunden und Familie. Der Be-

ruf ist ihnen wichtig, aber für Partnerschaft,

Kinder, private Ziele würden sie ihre Karriere

vorübergehend einfrieren. Hoher Frauenan-

teil. Ihr Wunsch: ein Leben in Balance. Ihr

Motto: Arbeit ist nicht alles.

Die erfahrenen Pragmatiker (22 %): Keine

Gruppe ist älter und keine schon so weit auf

der Karriereleiter. Sie wollen in Deutschland

arbeiten, wünschen sich eine funktionieren-

de Partnerschaft und auch Kinder, ohne da-

für auf ihre Karriere zu verzichten. Der be-

sonders starke Pessimismus bezogen auf

die Lösbarkeit der dringendsten Probleme

von Wirtschaft und Gesellschaft lässt sie

wie das abgeklärte Gegenstück zu Typ 1 er-

scheinen – mit ein paar Jahren mehr Berufs-

erfahrung sieht die Welt nicht mehr so offen

und verlockend aus. Ihr Wunsch: Ich will al-

les. Ihr Motto: Bloß keine Schwäche zeigen.

Ginge es nach den Trendforschern, gäbe

es nur einen dieser vier Typen: die aufge-

schlossenen Netzwerker. Warnfried Dettling

und Klaus Hurrelmann, Matthias Horx, Hol-

ger Rust und Brigitte Witzer – alle haben

sie über eine neue Manager-Generation ge-

schrieben, der Karriere nicht alles ist, die

eher netzwerkt als kommandiert und sogar

eine Revolution in den Unternehmen her-

aufbeschwören könnte. Doch wie die neue

PwC-Studie zeigt, sind diese „posthero-

ischen Manager“ (Witzer) nicht unter sich.

Sie werden umringt von Mitstreitern, die

noch oder schon wieder ganz anders ti-

cken. Kann also von einem Kulturwandel in

der neuen Manager-Generation keine Rede

sein?

Rudi Wimmer, Professor am Management

Zentrum Witten bereitet Jahr für Jahr junge

High Potentials auf ihre künftigen Führungs-

jobs vor. Auch er weiß von jenen, die genug

haben von der Karriere um jeden Preis und

„auch bereit sind, Nein zu sagen, wenn sie

etwa Zeit für die Familie brauchen“. „Le-

bensstilintegration“ nennt er den Weg, den

diese Gruppe beschreitet. Sind sie gut, ste-

hen ihre Chancen nach Wimmers Einschät-

zung gar nicht mal schlecht, sich in den

Unternehmen durchzusetzen, Gestaltungs-

spielraum gäbe es, das Schlagwort vom

Karriereknick hält er für eine „aus Angst ge-

borene Selbstkonstruktion“.

Doch er warnt davor, die Bedeutung dieser

Gruppe zu überschätzen.„Ein erheblicher

Teil des Führungsnachwuchses steckt mehr

denn je alle Kraft in die eigene Karriere. Un-

ter dem Druck von ausgedünnten Kapa-

zitätsreserven und börsennotierter Leis-

Wer eine Einladung für den Genesis Park

erhält, muss sich um seine Karriere kei-

ne Sorgen machen. In die Kaderschmie-

de von PwC kommen nur High Potentials.

In den vergangenen sechs Jahren haben

sich die Besten der Besten aus aller Welt

in Washington getroffen. Und fünf Monate

lang miteinander diskutiert, das PwC-Pro-

duktportfolio durchleuchtet, neue Märkte

erforscht und mit professionellen Coachs

über sich und ihre Karriere nachgedacht:

Wo will ich hin? Wie komme ich weiter?

Im Oktober eröffnet eine zweite Denkfabrik

in Berlin, direkt am Potsdamer Platz. Zu-

nächst startet das Programm mit zehn Teil-

nehmern. Im Lauf der Zeit soll die Zahl bis

auf 50 steigen. In den USA genießt Genesis

Park einen sehr guten Ruf. „Harvard Ma-

nagement Update“, „Financial Times“ und

„Washington Post“ haben das Entwicklungs-

programm für Führungskräfte als „Best

Practice weltweit“ geadelt.

Der PwC Genesis Park

Durchschnittsalter: 32,� Jahre

Berufserfahrung: 8,3 Jahre

Stark vertreten in: Personalwesen, IT

Wichtigste Probleme: Demographie,

Arbeitslosigkeit, Rente

Lösbarste Probleme: Sozialmissbrauch,

Angleichung neue Länder

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Keine Gruppe ist älter und keine schon so

weit auf der Karriereleiter: 72,5 Prozent ha-

ben bereits Personalverantwortung. Kaum

einer sieht Auslandserfahrungen als karrie-

refördernd an, kein einziger der Befragten

gibt an, demnächst vermutlich ins Ausland

zu gehen.

4. Die erfahrenen Pragmatiker

Die Erfahrenen

offen

pragmatisch

reflektiert selbstbewusst

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Kontakt

[email protected]. 069 9585-1577

Online-Info: www.pwc.de/de/pwc221

Die von Trendforschern beschriebene „neue Manager-Generation“ stellt nur etwa ein Drit-tel der 25- bis 40-jährigen Nachwuchskräfte. Diese konkurrieren mit traditioneller orien-tierten Altersgenossen um die Spitzenplätze.

tungskultur verschärfen sich die klassischen

Karrieremuster.“ Die Babyboomer, die in

den Unternehmen meist am Ruder sitzen,

erwarten diesen vorbehaltlosen Einsatz wie

eh und je selbstverständlich. „Da ändert

sich wenig.“

Die Schweizer Managementforscherin Betty

Zucker macht zwei Gruppen aus, eine äu-

ßerst karriereorientierte, die anpacken, sich

im Wettbewerb beweisen will; und eine, der

neben dem Beruf auch Freunde und Fami-

lie sehr wichtig sind. Doch weil sie gemein-

same Generationenerfahrungen gemacht

haben, würden beide Gruppen ganz anders

ticken als die arrivierten Manager der Baby-

boomer-Generation: „Die 20- bis 40-Jäh-

rigen sind mit extremen Wettbewerb auf-

gewachsen, das Leben im Global Village,

permanenter Wandel und die Aussicht auf

eine lebenslängliche Probezeit sind eben-

so selbstverständlich wie – vor allem für die

unter 30-Jährigen – vernetztes Denken und

Arbeiten, geprägt durch die digitale Welt.“

Wenn diese Generation in die Chefetagen

aufsteigt, werde sich insofern in jedem Fal-

le einiges ändern, auch wenn die Karriere-

fixierten der nachwachsenden Generation

die Ausgleichsorientierten in den Hinter-

grund drängen sollten. „Die Karrieristen

dieser Generation werden mit Sicherheit

anders als die heutigen Führungskräfte da-

mit umgehen, wenn Mitarbeiter sagen, wir

wollen Zeit für anderes als den Job“, re-

sümiert Zucker. „Sie können diese Bedürf-

nisse eher verstehen.“ Für sie liege es daher

nahe zu sagen: „Okay, dann beiß noch mal

drei Monate die Zähne zusammen und hau

60 Stunden die Woche rein. Und wenn das

Projekt abgeschlossen ist, kannst du eine

Weile kürzertreten.“

Schon in ihrem 2005 erschienenen Buch

„Denn sie wissen, was sie nicht tun“, mahnte

Zucker die Unternehmenslenker in den

Chefetagen, sich auf diesen Führungsnach-

wuchs rechtzeitig einzustellen und seine

Bedürfnisse ernst zu nehmen. Denn die

unterschiedlichen Erfahrungs- und Erwar-

tungshorizonte können im Arbeitsalltag zu

einer Fülle von Missverständnissen führen,

die wertvolles Potenzial brachlegen.

Zucker kennt reichlich Beispiele: Wenn der

Nachwuchs Employability, Perspektiven

und Weiterentwicklungsmöglichkeiten im

Unternehmen ganz nach oben stellt, inter-

pretieren es ältere Chefs rasch als zu selbst-

bezogen. Wenn Jüngere Just-in-Time-Feed-

back wünschen, wie es in der digitalen Welt

selbstverständlich ist, empfinden das Ältere

oft als zu fordernd, ungeduldig.

Wenn der Nachwuchs eher spielerisch mit

der Arbeit umgeht, vermuten 50-plus-Bosse

dahinter immer wieder mangelnde Ernsthaf-

tigkeit. Wenn jüngere mehrere Dinge gleich-

zeitig tun, entwertet die ältere Generation

das immer wieder als Unkonzentriertheit.

Zuckers Rat für solche Situationen: „Sich

gegenseitig zuhören, Chancen und Risiken

aufdecken.“ Zumal „die Strategien der jün-

geren Generationen relevanter werden in

einer der Umwelt, die sich radikal ändert.

Denn ihre Strategien sind aus der Erfahrung

des Wandels geboren“.

Damit ist auch der größte Unterschied zwi-

schen den heute Twenty- und Thirtysome-

things sowie den Fortysomethings der

„Generation Golf“ genannt: Für die Spät-

Babyboomer mit Geburtsjahr in der ersten

Hälfte der 60er-Jahre war die prägende Er-

fahrung die Stabilität: Ein das halbe Leben

lang von Helmut Kohl regiertes Land in ei-

ner von zwei Supermächten beherrschten

Weltordnung – was sollte sich da schon

groß ändern.

Die später Geborenen wurden dagegen

gleich mit einer Kaskade von radikalen Um-

brüchen konfrontiert: Erst der Mauerfall und

die deutsche Einheit, dann der Kollaps des

Kommunismus und in der Folge eines hal-

ben Kontinents, dann die New Economy,

die alle bislang geltenden ökonomischen

Gesetze auf den Kopf zu stellen schien, und

schließlich die globalisierte Welt-Unordnung

sowie die Anschläge vom 11. September

2001. Kein Wunder, wenn da ewige Ge-

wissheiten auf der Strecke bleiben oder gar

nicht erst entstehen.

Für Yvonne Fritzsche-Sterr ist es noch zu

früh, um sagen zu können, ob sich diese

Kultur des Wandels bereits in den biogra-

fischen Strategien der kommenden Mana-

ger-Generationen niederschlägt. „Es wäre

verführerisch, die eklatanten Differenzen

zwischen dem dynamischen Typ 1 und dem

abgeklärten Typ 4 mit den unterschiedlichen

Sozialisationserfahrungen zu erklären – hier

die Schwarmgeister der New Economy, dort

die Verteidiger des alten Systems. Aber

ebenso gut kann diese Differenz schlicht

daher rühren, dass die einen schon ein paar

Jahre mehr Berufserfahrung gesammelt ha-

ben als die anderen.“

Um herausfinden zu können, welche dieser

beiden Erklärungen besser passt, wird man

wohl die nächste Auflage der PwC-Studie

„Young Executives“ abwarten müssen.

Durchschnittsalter: 34,2 Jahre

Berufserfahrung: 8,9 Jahre

Stark vertreten in: Vertrieb, Medien

Wichtigste Probleme: Arbeitslosigkeit,

Demografie, Staatsverschuldung

Lösbarste Probleme: Krankenversicherung,

Angleichung neue Länder

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Kultur des WandelsINSEAD-Dekan Frank Brown über den Unterschied zwischen Leadern und Managern und der Jugend von gestern und heute.Interview: Detlef Gürtler

pwc: Herr Brown, in einer Ihrer ersten öf-

fentlichen Äußerungen als INSEAD-Dekan

sagten Sie: „Das Letzte, was die Geschäfts-

welt braucht, sind mehr Manager.“ Eine

merkwürdige Aussage für einen Top-Mana-

ger einer Top-Manager-Akademie.

Brown: Im gleichen Zusammenhang sagte

ich: Was die Geschäftswelt wirklich braucht,

sind mehr Führungskräfte. Damit klärt sich

der scheinbare Widerspruch schon auf: Bei

INSEAD bilden wir nicht so sehr Manager

aus als vielmehr Leader.

Was ist der Unterschied zwischen Mana-

gern und Leadern?

Manager sind eher Verwalter und Orga-

nisatoren. Sie kontrollieren Abläufe und

Prozesse und sind bestrebt, Dinge beim

Alten zu belassen. Leader hingegen fokus-

sieren sich darauf, Menschen zu begeistern,

sie zu motivieren, ihr Bestes zu geben. Sie

suchen den Wandel.

Traditionell beschreibt man auf diese oder

ähnliche Weise den Unterschied zwischen

den Oberhäuptlingen des Top-Manage-

ments, die einer starr zementierten Orga-

nisation den Wandel einimpfen wollen, und

den Unterhäuptlingen des mittleren Ma-

nagements, die genau das zu verhindern

suchen.

Dann ist das traditionell falsch. Unsere Wirt-

schaft könnte überhaupt nicht funktionie-

ren, wenn der Wandel immer nur von oben

verordnet würde. Leader werden nicht nur

an der Spitze einer Organisation gebraucht,

sondern auf allen Ebenen.

Sogar in der Poststelle?

Sogar in der Poststelle. Die Aufgabe, Mit-

arbeiter zu motivieren, zu begeistern, exis-

tiert auf allen Unternehmensebenen. Ein

stark in Projekten arbeitendes Unternehmen

wie PwC beispielsweise braucht Leader in

jedem Projektteam.

Nach 26 Jahren bei PwC können Sie uns

sicher verraten: Hat PwC so viele Leader?

Lassen Sie es mich so formulieren: In mei-

ner Zeit bei PricewaterhouseCoopers habe

ich viele Konzerne von innen kennengelernt.

Der vorherrschende Eindruck war in der

Regel derselbe: zu viel Kontrolle, zu wenig

Wandel.

Ist das ein Vorwurf oder eine Feststellung?

Es gehört offenbar zur menschlichen Natur,

stark auf die Sicherung der eigenen Posi-

tion bedacht zu sein. Deshalb ist es auch

geradezu natürlich, dass sich Manager mit

Menschen umgeben, die ihnen nicht ge-

fährlich werden können. Leader sind anders.

Also widerspricht Leadership, wie Sie es

definieren, der menschlichen Natur?

Es verbessert sie. Auch im alltäglichen

Leben unternehmen wir ja den immer-

währenden Versuch, den Naturzustand zu

verbessern – wir nennen das Kultur. Und

Leadership ist die Kultur des Wandels.

Muss das sein?

Ja. Wenn Sie einfach ruhig in ihrem Vor-

garten sitzen bleiben, werden Sie früher

oder später Opfer des Wandels, der um

Sie herum passiert.

Immer schnellerer Wandel, immer rasan-

terer Fortschritt – kann das dauerhaft und

nachhaltig funktionieren?

Es ist zumindest kein Ende absehbar. Den-

ken Sie an all das, was Sie heute können

und was Sie vor zehn Jahren noch nicht

konnten. Vergleichen Sie einen Blackberry

von heute mit einem der ersten PDAs von

vor zehn Jahren. Und führen Sie sich dann

das Tempo der Entwicklung in Ländern

wie China oder Indien vor Augen. Ich sehe

die Gefahr nicht so sehr darin, dass dieser

Wandel nicht nachhaltig ist – sondern eher

darin, dass Deutschland und die ande-

ren entwickelten Länder bei diesem Tempo

nicht mithalten können.

Was brauchen wir in Deutschland, um

mithalten zu können?

Eine Atmosphäre, die Wandel nicht nur

zulässt, sondern fördert.

Und wer muss diese Atmosphäre schaffen?

Der Staat, die Gesellschaft, die Unterneh-

„Leader werden nicht nur an der Spitze gebraucht, sondern auf allen Ebenen.“

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men, jeder für sich oder alle Institutionen

zusammen?

Alle zusammen. Das Bildungssystem und

andere öffentliche Einrichtungen müssen

dazu beitragen, aber die Unternehmen

können sich nicht darauf verlassen, dass

andere ihnen die Aufgabe abnehmen, in

einer Welt im rasanten Wandel zurechtzu-

kommen. Sie müssen selbst die Initiative

ergreifen, wenn sie überleben wollen. Denn

ihre Wettbewerber schlafen nicht. Und die

sitzen nicht in Deutschland oder Frankreich,

sondern in China und Indien.

So wie Sie das sagen, klingt das bedrohlich.

Wenn sich westliche Konzerne entschei-

den, westliche Konzerne zu bleiben, sind

die Emerging Markets für sie auch eine

Bedrohung. Wenn sie sich öffnen, wenn sie

wahrhaft globale Konzerne werden, sind die

Emerging Markets eine Chance.

Sie haben in Ihrem Berufsleben schon eine

ganze Reihe junger Generationen kommen

und gehen sehen …

… außerdem war ich auch selbst einmal

jung …

… ist denn die „Jugend von heute“, wie sie

sich in den Unternehmen präsentiert, an-

ders als früher junge Generationen?

Die Zeiten ändern sich stärker als die

Menschen, und junge Menschen fielen

früher und fallen heute am meisten dadurch

auf, dass sie jung sind. Trotzdem gibt es

zweierlei, was mir an der jungen Genera-

tion von heute besonders positiv auffällt:

ihre enorme Lernbegierde und ihre enorme

Offenheit für Welt und Gesellschaft. Diese

Generation weiß nicht nur, dass es Armut,

Hunger und Konflikte bei ihr zu Hause und

in der Welt gibt, sie will auch zur Bewälti-

gung beitragen.

Also die erste globalisierte Generation?

Und eine Generation, der ich das möglichst

schnelle Hineinwachsen in die unternehme-

rische Verantwortung wünsche.

Was die derzeit in der Verantwortung ste-

hende Generation womöglich anders sieht?

Meine Generation? Ich glaube nicht. Es

geht ja nicht um einen revolutionären Um-

sturz, sondern um eine graduelle Verjün-

gung, bei der auch jüngeren Kräften die

Gelegenheit gegeben wird, sich in führen-

den Positionen zu bewähren. Gesprochen

wird darüber häufig, praktiziert wird es je-

doch selten: Der Altersschnitt der Vorstän-

de in den großen Konzernen liegt üblicher-

weise bei 55 bis 60 Jahren.

Eigentlich noch kein Alter.

Da kann man problemlos noch 20 Jahre

weiterarbeiten. Die jungen Menschen von

heute haben sehr gute Chancen, 100 Jah-

re alt zu werden – warum sollten sie nicht

bis 75 arbeiten? Allerdings empfehle ich

dabei eher eine zweite Karriere als ein jahr-

zehntelanges Festklammern an einer einmal

erreichten Position.

Ist für Sie die Position als Dekan von

INSEAD eine solche zweite Karriere?

Ja. Und ich kann mir auch vorstellen, da-

nach noch eine dritte Karriere zu beginnen.

Noch einmal zurück zur ersten Karriere:

Was raten Sie jemandem, der gerade auf

dem Sprung ins Berufsleben ist und ein Big

Shot im Big Business werden will?

Lernen Sie Chinesisch, Kisuaheli oder eine

andere Sprache aus der sich entwickelnden

Welt. Suchen Sie sich einen Job, bei dem

Sie Projekterfahrung in einem Teil der Welt

machen können, den Sie noch nicht kennen.

Lernen Sie, Netze zu knüpfen, beispielswei-

se, indem Sie sich in einer Non-Profit-Orga-

nisation engagieren. Ach ja: Vergessen Sie

nicht zu leben.

Und wann sollte man bei Ihnen und INSEAD

vorbeischauen? Vor der Karriere, nach der

Karriere oder während der Karriere?

Wann Sie wollen. Das Durchschnittsalter

in unseren MBA-Studiengängen liegt bei

29 Jahren, in unseren Executive-MBA-Pro-

grammen bei 39 Jahren. Wenn Sie meinen,

dass der Zeitpunkt für Sie der richtige ist,

wird es wahrscheinlich auch so sein.

Frank Brown ist seit Juli 2006 Dekan der Top-Management-Akademie INSEAD in Fontainebleau bei Paris. Zuvor war er 26 Jahre lang in Führungspositionen bei PricewaterhouseCoopers tätig, zuletzt als Global Leader of Advisory Services.

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1,9 Millionen Autos mehr als im Jahr 2006

werden in diesem Jahr aus den Werkstoren

der Automobilfabriken in aller Welt rollen.

Insgesamt liegt die Produktion damit bei

66,5 Millionen Pkw. Das ergibt die aktuelle

Prognose des Automotive Institute von

PricewaterhouseCoopers (PwC).

Mit einem Plus von geschätzten 550.000

Personenwagen kommt 2007 mehr als

jedes vierte zusätzlich produzierte Auto aus

China. Damit ist das Land mit großem Ab­

stand der wachstumsstärkste Produktions­

standort. Aber schon auf Platz zwei steht

überraschenderweise ein europäischer

Standort: die Slowakei. Dank der Investi­

tionen des französischen PSA­Konzerns

und der koreanischen Hyundai­Gruppe

verdoppelt sich die slowakische Pkw­Pro­

duktion in diesem Jahr voraussichtlich auf

540.000 Einheiten. In der Rangliste fol­

gen Indien mit einem Zuwachs von rund

230.000 Einheiten, Japan (plus 200.000)

und Russland (plus 120.000).

„Das insgesamt stabile Produktionswachs­

tum darf allerdings nicht darüber hinweg­

täuschen, dass die weltweiten Über­

kapazitäten weiter wachsen“, gibt Karl

Gadesmann, Leiter des Bereichs Automo­

tive bei PwC, zu bedenken. So dürfte die

Auslastung der Pkw­Fabriken von 79,5 Pro­

zent im Jahr 2006 auf 79 Prozent zurückge­

hen. Die weltweiten Überkapazitäten liegen

damit bei 17,7 Millionen Pkw.

Vizeweltmeister Slowakei

Kennen Sie Changchung?

Nein? Dann wird es aber

Zeit. Denn die Industrie­

stadt in Nordchina wird bis

zum Jahr 2020 das stärks­

te Wirtschaftswachstum un­

ter den 150 größten Städten

der Welt erzielen: 6,9 Prozent

Wachstum der Wirtschafts­

leistung pro Jahr. Auch auf

den folgenden 29 Plätzen

der Rangliste des „PwC Economic Outlook 2007“ stehen Metro­

polen aus den Schwellenländern. Stellten die Industrieländer 2005

noch 63 der 100 wirtschaftlich bedeutendsten Städte der Welt, wer­

den es 2020 nur noch 55 sein. Die vier deutschen Städte unter den

Top 150 fallen bis 2020 deutlich zurück: Berlin von Rang 69 auf 86,

Hamburg von 77 und 95, München von 83 auf 100, und Köln ver­

schlechtert sich vom 121. auf den 134. Platz.

Boom­Städte„Offshore“ hieß einmal

das Zauberwort der deut­

schen Windenergiebran­

che. Statt auf dem Festland

sollten Windräder küsten­

nah im Meer platziert wer­

den. 15 Prozent des deut­

schen Strombedarfs sollten

bis 2030 so gedeckt wer­

den. Doch daraus wird wohl

nichts werden. In Deutsch­

land seien in Küstennähe praktisch keine Standorte für Offshore­

Windparks zu finden, sagt PwC­Branchenexperte Heiko Stohl­

meyer. Das naturgeschützte Wattenmeer und die stark befahrenen

Schifffahrtsstraßen in der Deutschen Bucht sprächen dagegen. Die

möglichen Standorte seien sämtlich mindestens 30 Kilometer vom

Ufer entfernt – und, so Stohlmeyer, „je weiter eine Anlage von der

Küste entfernt ist, desto teurer der Betrieb“.

Viel Wind um wenig Energie

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Die europäischen Postmärkte werden sich

öffnen. Um das Wann und das Wie wird

jedoch noch gerungen. Je früher, desto

besser, ergibt eine PwC-Studie. Im Rah-

men der Untersuchung kommen die PwC-

Experten zu dem Schluss, dass 2009 das

Briefmonopol in sämtlichen Mitgliedsstaa-

ten abgeschafft werden sollte. Dies deckt

sich mit den Forderungen der Deutschen

Post und der niederländischen TNT, die

beide bereits in den Startlöchern für einen

liberalisierten Postmarkt stehen. Die bis-

herigen nationalen Monopolisten und die

Regulierungsbehörden befi nden sich in un-

terschiedlichen Vorbereitungsphasen auf

die Marktöffnung. Einige

haben vor über zehn Jah-

ren angefangen, andere

stehen noch am Anfang.

Für alle Länder gilt je-

doch, dass der europäi-

sche Postsektor von ei-

ner Restrukturierung der

Postunternehmen pro-

fi tieren wird, da dies zu

effektiveren Leistungen

und sinkenden Kosten

führen wird. Das zeigt die

Erfahrung mit der Liberalisierung der Tele-

kommunikationsmärkte.

Lebe wohl, Monopol

Es gibt gar kein Flüssiggas. Rein physika-

lisch gesehen – entweder ein Stoff ist gas-

förmig, oder er ist fl üssig. Auf dem Energie-

markt jedoch spielt Flüssiggas (physikalisch

korrekt: verfl üssigtes Erdgas) eine immer

größere Rolle. Mehr als 50 Prozent Wachs-

tum in nur fünf Jahren prognostiziert PwC

dem Welthandel mit Flüssiggas: von 192

Billionen Kubikmetern im Jahr 2005 auf 300

bis 350 Billionen Kubikmeter im Jahr 2010.

Zugleich vereinen sich die bislang eher regi-

onal orientierten Märkte in den USA, Europa

und Asien immer mehr zu einem globalen

Markt. Mindestens ein Drittel des weltwei-

ten Importwachstums zwischen 2005 und

2015 wird auf die USA entfallen. Auf der Ex-

portseite wird Katar seine führende Markt-

position durch Lieferungen in die USA und

nach Europa weiter ausbauen. Zwei Drittel

des weltweiten Exportwachstums entfallen

auf das Golf-Emirat.

Flüssiggasmarkt wächst rasant

Drei Fragen an ...... Volker Bootenzur Vertrauenskrise der Pharmaindustrie

pwc: Die Menschen trauen der Pharmain-

dustrie nicht, ergab eine PwC-Studie in den

USA. Ist das Bild hier ähnlich verheerend?

Booten: Eigentlich müsste eine für die Ge-

sundheit so wichtige Branche positiv wahr-

genommen werden. Das ist aber auch

in Deutschland nicht der Fall. Es fehlt an

Kenntnis über die Rahmenbedingungen,

insbesondere den Forschungsaufwand und

die hiermit verbundenen Risiken sowie die

bestehenden Renditeerwartungen.

Wer kein Geld verdient, kann aber auch

keine neuen Medikamente entwickeln.

Dieses Bewusstsein ist bei den Menschen

jedoch kaum vorhanden. Hinzu kommt eine

grundlegende Skepsis gegenüber der Infor-

mationspolitik der Pharmaunternehmen.

Weil immer wieder überraschende Risiken

und Nebenwirkungen auftauchen?

Das lässt sich nicht vollständig ausschlie-

ßen. Am Ende bleibt klinische Forschung

immer ein Verfahren, das nicht alles vor-

hersieht, was bei Millionen von Anwendern

passieren kann. Deshalb sollten die Unter-

nehmen die Überwachung nach der Zulas-

sung der Medikamente verstärken.

Volker Booten leitet bei PwC Deutsch-land den Bereich Chemie- und Pharma-industrie.

150 Mrd. € betrug das Transaktionsvolumen von Beteiligungen und Übernahmen in der europäischen Telekom -munikationsbranche im Jahr 2006. Die PwC-Studie „M&A Insights“ konstatierte damit eine Vervier fachung des Volumens von 2004. Bis zum Rekordergebnis aus dem Jahr 2000 ist es aber noch weit: Damals lag das Volumen der M&A-Transaktionen bei 500 Milliarden Euro.

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Die Bonbons sind nicht totzukriegen. Ob-

wohl die Regierung sogar Fernsehspots

ausstrahlt, um den Brasilianern Respekt vor

dem Kleingeld beizubringen, schieben die

Kassiererinnen im Supermarkt noch immer

Bonbons statt Münzen über den Tresen.

Zu lange war das brasilianische Kleingeld

so lächerlich wertlos, dass man es eben-

so gut wegwerfen konnte. Die Inflationsrate

ist so niedrig wie seit sechs Jahren nicht

mehr, der einheimische Real steigt gegen-

über dem US-Dollar sogar an Wert – aber

die Menschen trauen dem Währungsfrieden

nicht, und die Zentralbank stellt die Prä-

gung von 1-Centavo-Münzen ein, weil kei-

ner sie benutzt.

Ein „Land der Zukunft“ sei Brasilien,

schwärmte Stefan Zweig im Jahr 1941. Ein

Jahr später nahm sich der Schriftsteller das

Leben – und Brasilien hat seine Zukunft

immer noch vor sich. In den 70er-Jahren

schaffte das Schwellenland mit Import-

bremse und Exportförderung eine hoff-

nungsfrohe Take-off-Phase – dann kamen

Öl- und Schuldenkrise. Die nächste große

Hoffnung brachte 1994 der Plano Real, die

Währungsreform zur Bekämpfung der Hy-

perinflation. Doch als sich 2002 abzeichne-

te, dass Gewerkschaftsführer Inácio Lula da

Silva der nächste Präsident werden würde,

zogen die ausländischen Investoren ihr Ka-

pital ab und brachten die Stabilisierung ins

Wanken.

Ein Linker am Wirtschaftsruder des süd-

amerikanischen Riesen? Das führt ins po-

pulistische Chaos! Dachten die Investoren.

Das Länderrisiko stieg auf nahezu 2000

Punkte, und das Land drohte dem Bei-

spiel des soeben untergegangenen argen-

tinischen Nachbarn zu folgen. Doch der

Mann aus der Arbeiterpartei gewann nicht

nur die Wahl, sondern mit einer höchst

konservativen Finanzpolitik auch das er-

neute Vertrauen der Investoren. Zu Be-

ginn von Präsident Lulas zweitem Mandat

ist das Länderrisiko auf rekordverdächtige

190 Punkte gesunken, die Handelsbilanz

ist seit Jahren positiv, die Kapitalreserven

des Landes wachsen nicht zuletzt aufgrund

erfolgreicher Privatisierungen ständig, die

politische Kontinuität scheint längerfris-

tig gesichert. Es gibt wieder Hoffnung. Und

diesmal könnte sie berechtigt sein.

Peter Herzog ist seit 30 Jahren im Land, hat

mehrere Hyperinflationen und sechs ver-

schiedene Währungen erlebt und bleibt bei

den jüngsten euphorischen Höhenflügen

gelassen. „Die wirtschaftliche Lage ist po-

sitiv“, bestätigt der Wirtschaftsprüfer von

PricewaterhouseCoopers (PwC) Brasilien,

„aber Brasilien ist nicht China – ein Wachs-

tum dieser Größenordnung ist hier kurz-

fristig nicht zu erwarten.“ Schwierig sei vor

allem die Lage im Export – wegen der neu-

erdings und zur allgemeinen Überraschung

konstant starken Landeswährung, die alle

Exportgüter verteuert. Gleichzeitig drängt

billige Importkonkurrenz etwa im Textil-

bereich aus China ins Land.

Samba PartieDen Sprung vom Schwellen- zum Industrieland hatte Brasilien schon einmal fast geschafft. Jetzt springt es erneut. Diesmal erfolgreich?Von Christine Wollowski

Die Wirtschaftskraft von Brasiliens BundesstaatenBruttoinlandsprodukt pro Kopf 2004, indexiert: Brasilien gesamt = 100

Quelle: StatistischesAmt Brasiliens

Bevölkerungsanteil Anteil am Bruttoinlandsprodukt

Amazonas

AcreRondonia

Roraima

Para

Tocan-tins

Amapa

Maranhao

Ceara

Sergipe

Alagoas

Pernam-buco

Paraiba

Rio Grandedo Norte

BahiaMato Grosso

Mato Grosso do Sul

Goias

Rio Grande do Sul

Santa Catarina

Parana

Sao Paulo

Minas Gerais

Espirito Santo

Rio de Janeiro

Distrito Federal

118 %

53 %

64 %

104 %

55 %

70 %

51 %

43 %

Piaui30 %

28 % 43 %

70 %

65 %

40 %

39 %

90 %92 %

59 %

141 %

77 %

125 %

140 %

110 % 150 %

106 %

196 %

50 %

7,9 %Norte

14,7 %Sul 27,8 %

Nordeste

42,6 %Sudeste

7,0 %Centro-Oeste

181,6Mio.

5,3 %Norte

18,2 %Sul

14,1 %Nordeste

54,9 %Sudeste

7,5 %Centro-Oeste

1.766,5Mrd.Reais

Norte

Sul

Nordeste

SudesteCentro-Oeste

über 140

100–140

60–100

bis 60

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„Aber das Investitionsklima ist gut“, sagt

Herzog, „ThyssenKrupp wird knapp

2,5 Milliarden Dollar in ein neues Stahlwerk

mit angeschlossenem Kraftwerk und Ko-

kerei investieren. Wenn man bedenkt, dass

Brasilien der weltweit größte Eisenerzexpor-

teur ist, macht es durchaus Sinn, im Land

Stahl zu produzieren.“ Die brasilianische

Stahlindustrie plant bis 2011 insgesamt In-

vestitionen in Höhe von knapp 17 Milliarden

Euro und eine Verdopplung der Produkti-

onskapazitäten.

Auch in der Landwirtschaft sieht Herzog

gute Chancen: „Orangensaft und Fleisch,

das bleiben konkurrenzfähige brasilianische

Produkte“, sagt er. Das momentane Lieb-

lingsprodukt im Agrarbereich ist das Erste,

was jeder Brasilienreisende riecht, wenn

er aus dem Flugzeug steigt: Der süßliche

Duft des Bioethanol aus Zuckerrohr würzt

die Luft aller Großstädte (siehe Kasten). Al-

lein im Bundesstaat São Paulo sind derzeit

100 neue Ethanolfabriken im Bau. „Brasi-

lien hat und beherrscht die Technologie seit

mehreren Jahrzehnten“, sagt Herzog, „es

produziert sehr effizient und damit konkur-

renzfähig.“

Neben Roh- und Treibstoffen werden auch

hochwertige Industriegüter exportiert: Die

brasilianische Embraer ist der drittgrößte

Flugzeugbauer der Welt, und in der Welt-

liga der Autoproduktion soll Brasilien in ab-

sehbarer Zeit Tabellenplatz fünf erreichen.

Und noch eine Branche, in der Brasilien zur

Weltspitze gehört, trägt fühlbar zur Leis-

tungsbilanz bei: Fußball. Ins Ausland ver-

kaufte Fußballspieler brachten zwischen

1994 und 2005 mehr als 1 Milliarde Dollar

ins Land. Und dabei sind die privaten Hil-

feleistungen an Familienangehörige und

Freunde nicht mitgezählt.

Fußball, Samba und Karneval funktionieren

als gemeinsame Nenner im fünftgrößten

Land der Erde, in dessen 8,5 Millionen Qua-

dratkilometer Fläche Deutschland unge-

fähr 24-mal hineinpassen würde. Ansons-

ten regieren die Gegensätze: Die Brasilianer

haben mehr als 100.000 Millionäre und 30

Millionen Hungernde. Sie sind führend in

der Schönheitschirurgie und Schlusslichter

in PISA-Studien. Sie haben mehr Fitness-

center pro Person als US-Amerikaner und

Deutsche, eine überraschend hohe Dichte

an Psychiatern und mit Paulo Coelho den

am zweitmeisten gelesenen Autor der Welt

– gleich nach John Grisham. Das Pro-Kopf-

Einkommen in der ärmsten Provinz Maran-

hão beträgt gerade mal ein Siebtel des Wer-

tes der reichsten Provinz Brasilia.

Dort, in der Reißbrettstadt genau in der

Landesmitte, sitzt die Zentralregierung Bra-

siliens, aber das wirtschaftliche Zentrum

ist São Paulo im Süden des Landes: die

sechstgrößte Stadt der Welt – und die größ-

te deutsche Industriestadt.

Mercedes der A-Klasse rollen in Brasilien

vom Band, VW, Bosch und BASF produ-

zieren im Land, und Branchenriesen wie

ThyssenKrupp und Continental sind eben-

falls seit Jahrzehnten ansässig. Die meis-

ten deutschen Unternehmen sind im Süden

und Südosten des Landes vertreten, mehr

als 1200 hat die Industrie- und Handels-

kammer von São Paulo gezählt. Eine viertel

Million Menschen sind in Firmen mit mehr-

heitlich deutschem Kapital beschäftigt –

bislang vor allem in den Bereichen verarbei-

tende Industrie, Automobilproduktion und

Maschinenbau.

Die deutsch-brasilianische Handelskammer

schätzt, dass die bisher 14 Milliarden Euro

deutsches Anlagevermögen in Brasilien

bis zum Jahr 2010 um weitere 5 Milliarden

aufgestockt werden. Heute schon gehört

Deutschland nach den USA und Argenti-

nien zu Brasiliens wichtigsten Handelspart-

nern. Die Vorteile: Brasilien hat eine breitere

Produktpalette und eine bessere Infrastruk-

Brasilien hat das Zeug zum weltweit füh-

renden Produzenten von Bioethanol. Und

Biokraftstoff ist der Sprit der Zukunft. Das

glauben jedenfalls die Präsidenten Lula da

Silva und George Bush und haben deswe-

gen Anfang März eine strategische Allianz

im Bereich der Biokraftstoffe vereinbart.

Gegenwärtig teilen sich die beiden Länder

mehr als 70 Prozent der Ethanol-Weltpro-

duktion – allein Brasilien produziert 16 Milli-

arden Liter im Jahr. Allerdings gewinnen die

Brasilianer aus einem Hektar Zuckerrohr die

doppelte Menge Sprit wie die US-Amerika-

ner aus der gleichen Anbaufläche Mais. In

den Tropen sind rund 80 Prozent aller Neu-

wagen sogenannte Flex-Modelle, die mit

jeder beliebigen Mischung aus Benzin und

Ethanol fahren können, sogar dem Normal-

benzin sind 23 Prozent Ethanol beigemischt.

Bislang macht Ethanol nur ein Prozent des

Weltmarkts für Treibstoffe aus, aber das

wird sich infolge des klimawandelbedingten

Umsteuerns der Energiepolitik ändern. Fir-

men aus den USA, Frankreich, England und

Singapur planen bereits eigene Ethanol-

fabriken in Brasilien, die Japaner, drittgrößte

Spritverbraucher der Welt, wollen Biotreib-

stoffprojekte finanzieren. Nur deutsche Un-

ternehmen sind noch nicht dabei.

Zucker für die Welt – Bioethanol aus Brasilien

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19_pwc: juli 2007

tur als Indien oder China. Und das gemein­

same europäische Erbe macht es leichter,

juristische, politische und wirtschaftliche

Entscheidungsprozesse zu verstehen.

Ausländer können ohne wesentliche Ein­

schränkungen Firmen gründen oder Betei­

ligungen erwerben, Grunderwerb ist fast un­

beschränkt möglich, und kleine und mittlere

deutsche Unternehmen, die an Joint Ven­

tures interessiert sind, können sogar durch

die EU gefördert werden.

Bleibt ein Wermutstropfen: Das zähe Wirt­

schaftswachstum, das sogar hinter den

fünf Prozent Weltwirtschaftsdurchschnitt

zurückbleibt – und mit 2,9 Prozent in 2006

nicht einmal die Hälfte der BRIC­Staaten

China und Indien erreicht hat. Das brasilia­

nische Finanzministerium erhofft für 2007

immerhin 4,1 – unabhängige Banker erwar­

ten wieder nur 3,5 Prozent.

Alles Ansichtssache: Jim O’Neill von Gold­

man Sachs, Erfinder des Begriffs BRIC­

Staaten, hält 3,5 Prozent BIP­Wachstum in

den nächsten Jahrzehnten für völlig aus­

reichend und nennt hohe Staatsausgaben,

Bildungsdefizit und Paragrafendschungel

als Problempunkte für die wirtschaftliche

Entwicklung. Weitere Kritikpunkte sind die

hohen Abgaben (38 Prozent des BIP), das

wenig transparente Steuersystem und die

starre Arbeitsgesetzgebung.

Wichtig für Brasilien­Einsteiger sei es des­

halb, so PwC­Experte Herzog, sich profes­

sionell zu Steuern und Gesetzgebung be­

raten zu lassen: „Es werden viele Steuern

verlangt, und das System ist sehr komplex,

ebenso die Devisenvorschriften. Da kann

man leicht böse Überraschungen erleben.“

Mentalitätsprobleme hingegen gebe es mit

den Brasilianern selten, anders als in den

meisten asiatischen Schwellenländern.

Und Bonbons als Wechselgeld an der

Supermarktkasse bekommt man bei den

Asiaten auch nicht.

Hochhausschluchten in den Straßen von São Paulo: Die sechstgrößte Stadt der Welt ist zugleich der ökonomische Motor Brasiliens. Auch die meisten der 1200 in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen haben hier ihren Sitz.

Kontakt

[email protected]. +55 11 3674­3586

PwC Brasilien: www.pwc.com/br

Brasilien befindet sich auf einem nicht gerade dynamischen, aber stabilen Wachstumspfad. Eine stabilitätsorientierte Währungs­ und Finanzpolitik sollte dafür sorgen, dass diesmal der Sprung zum Industriestaat gelingt.

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„Wir brauchen eine Bildungsrevolution“Luis Frisoni, PwC-Länderchef Brasilien, über die Vorzüge von politischer Kontinuität und die Perspektiven des Landes für ausländische Investoren.Interview: Christine Wollowski

pwc: Herr Frisoni, als Profis für Fußball und

Samba haben die Brasilianer weltweit ei-

nen hervorragenden Ruf – nützen ihnen ihre

Talente in diesem Bereich auch im Wirt-

schaftsleben?

Frisoni: Eine typische Eigenschaft, die bei-

de Bereiche gemein haben, ist die enorme

Fähigkeit der Brasilianer zur Selbstmoti-

vation. Außerdem haben wir ein außerge-

wöhnliches Talent, nach Rückschlägen im-

mer wieder aufzustehen. Das haben wir in

den schwierigen Phasen in den 80er- und

90er-Jahren des 20. Jahrhunderts gezeigt:

Das brasilianische Unternehmertum rea-

giert unglaublich schnell auf Veränderungen

– und ist damit unseren Politikern haushoch

überlegen.

In den 70er-Jahren gab es schon einmal

Hoffnungen auf ein brasilianisches Wirt-

schaftswachstum – das leider nie stattfand.

Was ist seitdem anders geworden?

Die Welt ist anders geworden seitdem –

und Brasilien natürlich auch. Wir haben

vor allem zwei große Erfolge zu verzeich-

nen. Erstens haben wir mit dem Plano Real

nach zwei Jahrzehnten Hyperinflation im

Jahr 1994 endlich die Inflation unter Kon-

trolle gebracht. Und zweitens haben wir im

Jahr 2000 das Gesetz zur finanzpolitischen

Verantwortung verabschiedet – beides in

der Regierungszeit von Fernando Henrique

Cardoso, Lulas Amtsvorgänger. Dadurch

hat Brasilien eine enorme Stabilität erreicht,

die Basis für jedes Wachstum.

Welche Reformen benötigt Brasilien außer-

dem, um die Wirtschaft anzukurbeln?

Eine PwC-Umfrage bei weltweit 1100 CEOs

aus dem Jahr 2007 zeigt, dass die auslän-

dischen Investoren die gleichen Sorgen

haben wie die einheimischen: Beide be-

klagen sich über exzessive Bürokratie und

extreme Steuerlast – bei uns machen Steu-

ern und Abgaben knapp 38 Prozent des BIP

aus. Wenn man bedenkt, dass beinahe die

Hälfte aller brasilianischen Unternehmen

im sogenannten informellen Bereich agiert,

bleibt die Steuerlast an der anderen Hälfte

hängen ... Hemmschwellen sind auch die

hohen Zinsen und die mangelnde Verfüg-

barkeit von Krediten. Außerdem müssen wir

unsere Staatsausgaben deutlich reduzieren,

um Mittel für Investitionen freizubekommen,

die wir für Straßenbau, Schienenbau und

Häfen dringend benötigen. Am wichtigsten

für mich ist aber der Bildungsbereich …

... in dem die Regierung gerade Reformen

angekündigt hat, die Investitionen von um-

gerechnet knapp 3 Milliarden Euro erfor-

dern. Wird das reichen, damit Brasilien in

der Bildung den Anschluss an die Industrie-

staaten bekommt?

Für mich sind die angekündigten Reformen

noch viel zu schüchtern. Was wir brau-

chen, ist eine Bildungsrevolution. Untersu-

chungen haben gezeigt, dass Brasilien neue

Technologien nicht zunehmend nutzt, son-

dern in diesem Bereich stagniert. Ursache

dafür ist die mangelnde Bildung. Das be-

deutet, wir schneiden uns durch Bildungs-

mangel von der Technologie ab – die wir

brauchen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Da reichen keine kurzfristigen regierungs-

abhängigen Programme – wir brauchen ei-

nen Konsens, der über Regierungswechsel

hinaus gültig bleibt.

In der Wirtschaftspolitik setzt die jetzige

Regierung die Strategien der Vorgängerre-

gierung fort und schafft damit Kontinuität ...

... und das hat hervorragende Ergebnisse

gebracht! Wir brauchen eine solche Kon-

tinuität auch in anderen Bereichen. Ein Bei-

spiel: 50 Prozent der vom Staat an Inves-

toren verliehenen Konzessionen sind in den

letzten Jahren Änderungen unterworfen

„Brasilien hat mehr Rechtssicherheit und Stabilität als etwa China oder Indien.“

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„Wir brauchen eine Bildungsrevolution“Luis Frisoni, PwC-Länderchef Brasilien, über die Vorzüge von politischer Kontinuität und die Perspektiven des Landes für ausländische Investoren.Interview: Christine Wollowski

worden. Wer in Infrastruktur investiert, rech-

net aber mit langfristigen Gewinnen. Wenn

sich da plötzlich die Regeln ändern, ist das

ein Desaster für die Investoren.

Wie steht Brasilien im Vergleich zu den an-

deren BRIC-Staaten Russland, Indien und

China da?

Sehr gut, finde ich: Wir haben eine größere

Rechtssicherheit und mehr Stabilität aufzu-

weisen als etwa Indien und China. Und wir

mögen über unsere Bürokratie schimpfen,

im Vergleich zu den anderen BRIC-Staaten

ist sie durchaus effektiv.

Finanzminister Guido Mantega hat sich

kürzlich in New York mit Vertretern der

Rating-Agenturen getroffen, die Schwellen-

ländern die zur Investment-Grade-Kategorie

nötige Bonitätsnote verleihen. Noch fehlen

zwei Stufen. Ist es schon an der Zeit, Ihrem

Land die begehrte Note zu geben?

Brasilien verdient den Investment Grade

und wird ihn sicher in Kürze bekommen.

Auch wenn wir noch mit einer großen inter-

nen Schuldenlast zu kämpfen haben, die

wegen der hohen Zinsen nicht leicht abzu-

tragen ist. Aber die bessere Bonitätsnote

allein wird keine Investitionsexplosion im

Land verursachen. Das ist wie in der Schu-

le: In der Investment-Grade-Kategorie sind

die normalen Schüler. Bis zum Klassen-

ersten ist der Weg aber noch weit – und da

wollen wir hin.

Was hält Brasilien davon ab?

Unsere Arbeitsgesetzgebung zum Beispiel,

die aus den 30er-Jahren des vorigen Jahr-

hunderts stammt und nun wahrlich nicht

zur Schaffung von Arbeitsplätzen einlädt ...

Große Veränderungen sind in diesem Be-

reich kurzfristig leider nicht abzusehen.

Warum sollten Europäer trotzdem in Bra-

silien investieren?

Erinnern Sie sich an das Buch des Inders

Prahalad, „Reichtum für die Dritte Welt“?

Stichwort „das untere Ende der Pyrami-

de“? Die fünf Milliarden Menschen auf der

Welt, die heute weniger als 15.000 US-

Dollar im Jahr verdienen, werden in den

nächsten Jahren den Konsumentenmarkt

erobern und dann entscheidend für viele

Unternehmen sein, sagt Prahalad. Ein Teil

dieser Menschen lebt hier.

Welche Vorteile erwarten Investoren sonst

noch in Brasilien?

Die politische Stabilität und viel weniger

kulturelle Unterschiede als etwa in Indien

und China – gerade im Südosten Brasi-

liens ist der europäische Einfluss enorm.

Und Brasilien ist ein Emerging Market, kei-

ne Frage. Es ist ja nicht so, dass das Land

nicht vorankäme, es kommt nur nicht so

schnell voran, wie wir das gerne hätten.

Wir haben den drittgrößten Flugzeugbauer

der Welt, die beste Bioethanol-Technologie,

und die Petrobras ist weltweit technisch

führend in der Offshore-Förderung

(Erdölexploration in tiefen Gewässern, d.

Red.).

Wann stößt Brasilien an seine Wachstums-

grenzen?

Wir müssen unterscheiden zwischen natür-

lichen und politischen Wachstumsgrenzen.

Unsere politischen Begrenzungen lassen

sich überwinden. Natürliche Wachstums-

grenzen gibt es kaum: Wir sind zusammen

mit Argentinien und Uruguay die Protein-

lieferanten des Planeten, sei es als Soja

oder Rindfleisch. Außerdem verfügen Bra-

silien und seine Nachbarländer über eine

der größten Wasserreserven der Erde. Geo-

politisch ist die Region dafür prädestiniert,

künftig eine wichtige Rolle zu spielen, da

müssen europäische Investoren einfach

präsent sein.

Was vermissen Sie am meisten, wenn Sie

fern von Brasilien unterwegs sind?

Das Fleisch ... Wir sind ja hier große

Fleischfresser, die Qualität und die Vielfalt

sind einfach außergewöhnlich. Manchmal

fehlen mir auch das brasilianische Licht,

das Klima und die menschlichen Bezie-

hungen, die bei uns enger sind. Ansons-

ten bin ich durch meine italienischen Eltern

kulturell sowieso zur Hälfte Italiener und

fühle mich in Europa sehr wohl.

Luis Frisoni ist bei PricewaterhouseCoopers (PwC) verantwortlich für South and Central America und Länderchef Brasilien.

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Wenn schon die Überschrift einer EU-Ver-

ordnung sieben Zeilen lang ist, ist auch vom

Rest des Textes keine leichte Kost zu er-

warten. In der Tat: Die EU-Verordnung „zur

Registrierung, Bewertung, Zulassung und

Beschränkung chemischer Stoffe (REACh)“

vom Dezember 2006 darf wohl als eines der

komplexesten Regelwerke in der europä-

ischen Gesetzeslandschaft gelten.

Im Vergleich zum bestehenden EU-Chemi-

kalienrecht bezieht REACh alle Wirtschafts-

treibenden stärker in die Verantwortung für

die sichere Verwendung von Stoffen ein. Im

Sinne einer mit REACh geltenden Umkehr

der Beweispflicht sollen vor allem die Her-

steller grundlegende Stoffeigenschaften er-

heben und transparent machen, sich der Ri-

siken bei ihrer Verwendung bewusst werden

und diese Risiken natürlich weitestmöglich

vermeiden.

Von REACh sind aber nicht nur Hersteller

von Chemikalien betroffen, sondern auch

Anwender und Händler – und damit prak-

tisch jedes Unternehmen: die gesamte ver-

arbeitende Industrie (wie Verpackungs-,

Textil- und Autoindustrie), die Konsumgü-

terindustrie, auch der Einzelhandel. Und die

Verordnung betrifft nicht nur Hersteller in

der EU: Jeder, der (weiter) im EU-Markt Pro-

dukte vertreiben möchte, muss den Aufla-

gen der REACh-Verordnung genügen.

Seit Juni läuft der REACh-Vorregistrierungs-

Zeitraum, in dem im Rahmen einer Stoff-

Inventur all jene Chemikalien erfasst werden

sollen, die überhaupt in den Produktions-

verfahren eingesetzt werden.

Auch die Anwender sind gefordert. Sie

müssen sicherstellen, dass der Hersteller

die jeweilige Anwendung der Produkte auch

anmeldet. Sollte er dies nicht tun, kann

auch der Anwender die Anmeldung vorneh-

men – intensive Kommunikation zwischen

Lieferanten und Abnehmern ist dadurch er-

forderlich.

Damit ergeben sich aus REACh vor allem

vier Auswirkungen auf die Produktpolitik

von Händlern, Herstellern und Anwendern.

Zwei davon entsprechen den von der EU

ins Feld geführten Verbraucherschutz-

Motiven: Die Unternehmen werden sich

erstens bemühen, schädliche Chemikalien

aus den Rezepturen ihrer Produkte zu elimi-

nieren. Und zweitens werden sie versuchen,

die Zahl der jeweils eingesetzten Stoffe zu

reduzieren, um dadurch Zeit und Geld bei

der Registrierung zu sparen.

Der dritte Effekt könnte eine erhebliche Re-

duzierung des Produkt-Portfolios der Her-

steller sein. Da bei der Registrierung relativ

hohe Kosten je Produkt anfallen können,

wird sich für nur in kleinen Mengen herge-

stellte, wenig profitable Nischenprodukte

dieser Aufwand häufig nicht rentieren – also

werden sie mitunter aus dem Sortiment

gestrichen. Dadurch fehlen insbesondere

nachgelagerten Industrien wichtige Stof-

fe in den auf die jeweilige Anwendung zu-

geschnittenen Formulierungen, die häufig

– wenn überhaupt – nur mit hohem Aufwand

substituiert werden können. Man rechnet

damit, dass bis zu 30 Prozent aller Rezep-

turen neu formuliert werden müssen.

Insbesondere der Mittelstand fühlt sich

nach einer Umfrage der IKB Deutsche In-

dustriebank von REACh hart getroffen: Bei

Unternehmen der Spezialchemie im Seg-

ment zwischen 10 und 50 Millionen Euro

Jahresumsatz denkt etwa jeder zweite über

Portfolioänderungen sowie einen Kapazi-

tätsabbau in Deutschland nach.

Dabei soll das OSOR-Prinzip („One

Substance, One Registration“) neben einer

Kosten- und Aufwandsbegrenzung auch die

Anzahl der für die Datenerhebung nötigen

Tierversuche minimieren. Die Möglichkeit,

Konsortien zu bilden, verfolgt das Ziel der

Kosten- und Informationsteilung, wobei in

der Ausgestaltung des Konsortialvertrages

die besondere Herausforderung besteht.

Der vierte Effekt der neuen Regelung wird

von der EU in Brüssel nur selten genannt,

dürfte aber von Anfang an eine große Rolle

bei der REACh-Gesetzgebung gespielt ha-

ben: Die Zahl der Billigimporte aus Nicht-

EU-Ländern dürfte stark zurückgehen. Die

Registrierungspflicht ist nämlich jeweils bei

der Einfuhr eines Produkts oder Vorpro-

dukts in die EU zu erfüllen. Wer also Chemi-

kalien sowie aus diesen entstehende Pro-

dukte in Europa verkaufen will, muss erst

einmal begreifen, welche Verpflichtungen

ihm die 851 Seiten starke REACh-Verord-

nung auferlegt.

Time to REAChDie EU-Verordnung zur Registrierungspflicht von Chemikalien verändert ganze Wertschöpfungsketten – und das nicht nur in der Chemieindustrie. Von Volker Fitzner und Bernd Schneider

[email protected]. 069 [email protected]. 069 9585-5620

Online-Info: www.pwc.de/de/pwc226

Der hohe Aufwand der neuen Chemikalien-Kennzeichnungspflicht wird zu Bereinigungen der Produkt-Portfolios der Verwender führen. Damit wird der Wettbewerbsdruck in vielen Branchen sinken.

Jedes zweite Spezialchemie-Unternehmen plant wegen REACh Kapazitätsabbau in Deutschland.

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Thomas Middelhoff hängt nicht an Immo-

bilien. So rasch und offenbar ungerührt

wie kein anderer trennte sich der Karstadt-

Quelle-Vorstandsvorsitzende vom eigenen

Immobilienbesitz. Zunächst waren es die

Modehäuser Wehmeyer und Sinn Leffers

mitsamt ihren Gebäuden, dann folgten Kar-

stadt-Filialen in den Nebenlagen der Groß-

städte sowie in Klein- und Mittelstädten wie

Hückelhoven, Tuttlingen oder Görlitz.

Was noch als Konsequenz aus dem defizi-

tären Geschäft der jeweiligen Vertriebsmar-

ken am Standort verstanden werden konnte,

entpuppt sich spätestens seit der Trennung

vom (fast) gesamten Rest-Immobilienver-

mögen als Grundsatzentscheidung. Um den

Umbau des Unternehmens vom Handels-

zum Touristikkonzern finanziell schultern

zu können, setzte der ehemalige Bertels-

mann-Chef zielgerichtet auf den Verkauf

immobiler Werte. „Für Karstadt eine gute

Möglichkeit, Liquidität zu generieren“, ur-

teilt Gerhard Kemper, Geschäftsführer des

auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierten

Maklers Kemper’s Deutschland. „Außerdem

ist die Nachfrage nach Handelsflächen seit

gut zwei Jahren sehr hoch, entsprechend

lassen sich sehr attraktive Verkaufspreise

erzielen.“

Wie groß der Appetit der internationalen

Investoren auf deutsche Einzelhandels-

immobilien ist, zeigt die Verkaufsbilanz des

vergangenen Jahres: Objekte im Wert von

18,5 Milliarden Euro wechselten den Besit-

zer. „Das entspricht nahezu einer Verdrei-

fachung des Vorjahresergebnisses“, sagt

Uwe Wegner, Leiter Retail Capital Markets

beim internationalen Immobilienberatungs-

unternehmen Jones Lang LaSalle (JLL). Zu

verdanken ist dies zu einem guten Stück

Thomas Middelhoffs Aktivitäten: Allein der

Verkauf des riesigen Karstadt-Portfolios an

den Goldman Sachs Whitehall Fund schlägt

in dieser Bilanz mit 4,5 Milliarden Euro zu

Buche.

Doch das war nicht der einzige Riesendeal:

Für 250 Lidl-Supermärkte in Deutschland

und der Schweiz zahlte der australische In-

vestor Babcock & Brown rund 1 Milliarde

Euro, Nomura International kaufte für rund

800 Millionen Euro Max-Bahr-Fachmärk-

te, Merrill Lynch und Shoppingcenter-Be-

treiber ECE schließlich legten 700 Millionen

Euro für vier Brune-Einkaufszentren auf den

Tisch, darunter die Kö-Galerie in Düsseldorf

und die Opern Passagen in Köln.

„Weil die Nachfrage derart hoch ist, sind die

zu erzielenden Nettorenditen allerdings im

vergangenen Jahr weiter gesunken“, sagt

JLL-Fachmann Wegner. Sie bewegen sich

je nach Nutzung und Standort in der Spit-

ze zwischen 5,9 und 6,7 Prozent, so eine

Analyse aus dem Hause Degi Deutsche Ge-

sellschaft für Immobilienfonds – 80 bis 100

Basispunkte weniger als im Vorjahr. Was

für die Käufer von Nachteil ist, freut die Ver-

käufer. Denn deren Verkaufserlöse stiegen.

„Besonders aktiv waren deshalb deutsche

Einzelhandelsunternehmen“, beobachtet

Wegner. Sie hätten die günstige Preisent-

wicklung genutzt, um große Portfolios an

den Markt zu bringen.

Die Zeiten, sich von Immobilienbestän-

den zu trennen, sind für Handelskonzerne,

mittelständische Einzelhändler, aber auch

private Eigentümer von Geschäftshäusern

so gut wie lange nicht. Denn die Bedeu-

tung der Anlageklasse „Immobilie“ wächst

zunehmend – und dies wird wohl auf ab-

sehbare Zeit so bleiben. Institutionelle An-

leger insbesondere aus dem angloamerika-

nischen und angelsächsischen Raum sehen

hier große Chancen: „Aus Sicht eines Inves-

tors aus Großbritannien oder den USA sind

die deutschen Kaufpreise äußerst günstig“,

stellt etwa Degi-Research-Leiter Thomas

Beyerle fest. „Einzelhandelsimmobilien gel-

ten aufgrund der verbesserten konjunktu-

rellen Entwicklung in Deutschland – und

damit auch wieder steigenden Mieten – als

eine der sichersten und lukrativsten Anla-

gen.“ Zudem sei die Differenz aus Immo-

bilienrendite und Finanzierungszins immer

noch positiv.

Hinzu kommt, dass die nun auch in

Deutschland beschlossene Einführung

steuerbegünstigter Immobilien-Aktienge-

Raus das Haus?Deutsche Handelsimmobilien sind derzeit weltweit begehrt. Doch nicht immer ist es für die Händler sinnvoll, dem Lockruf des Geldes zu folgen.Von Anne Wiktorin

„Deutsche Einzelhandelsimmobilien gelten als eine der sichersten und lukrativsten Anlagen.“Thomas Beyerle, Research-Leiter Degi Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds

Eine weiche Landung prognostiziert eine neue PwC-Studie

dem Markt für deutsche Handelsimmobilien. Nach dem Re-

kordjahr 2006 befinde sich der Markt derzeit in einer zwei- bis

dreijährigen Übergangsphase, ein Crash sei äußerst unwahr-

scheinlich. Für die Studie wurden Handelsunternehmen mit

einem gemeinsamen Marktanteil von etwa 25 Prozent des deutschen Einzelhandelsum-

satzes und Projektentwickler von 110 deutschen Shoppingcentern befragt. Die Analyse

stützt sich zudem auf die Aussagen von Experten führender Private-Equity-Gesellschaften

sowie Investment- und Hypothekenbanken. Download unter: www.pwc.de/de/pwc215

PwC-Studie zum Thema

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sellschaften – sogenannter Real Estate

Investment Trusts (REITs) –, die Nachfra-

ge nach Einzelhandelsimmobilien beflü-

geln dürfte. Wie das Beispiel USA zeigt,

sind REITs vor allem dann auf den Kapi-

talmärkten erfolgreich, wenn sie sich auf

eine Immobilienklasse spezialisieren: Büro

oder Einzelhandel, Wohnen oder Logis-

tik etwa. Wohn-REITs indes wird es vor-

erst in Deutschland nicht geben, und auch

das Vertrauen in die Büromärkte kehrt nur

langsam zurück. Der Einzelhandelssektor

gilt daher als das derzeit aussichtsreichste

Betätigungsfeld für REIT-Initiatoren.

Was aber motiviert den Handel, sich von

Flächen zu trennen, die im Wortsinn be-

triebsnotwendig sind? „Die Erträge aus Im-

mobilienverkäufen sind für viele Handels-

unternehmen unabdingbar, um weiterhin

international expandieren zu können“, sagt

JLL-Einzelhandelsexperte Wegner. Aller-

dings habe die eigengenutzte Immobilie

gerade für Handelsunternehmen auch Vor-

teile, warnt Spezialmakler Kemper: „Sie ist

das Instrument par excellence, um einen

Standort zu sichern.“

Je schwieriger es daher sei, sich in be-

stimmten, bevorzugten Lagen mit Flächen

zu versorgen, desto größer sei die Zahl

der Eigentümer. „Das gilt insbesondere für

Fachmarktzentren oder großflächigen Ein-

zelhandel am Stadtrand, wo aufgrund der

schwierigen und noch schwieriger wer-

denden Genehmigungspraxis das Angebot

bereits heute äußerst knapp ist.“ Susan-

ne Eickermann-Riepe, Immobilien-Expertin

von PricewaterhouseCoopers (PwC), nennt

einen weiteren Grund: „Lebensmittelmärkte

müssen flexibel und rasch einem gewan-

delten Handelskonzept angepasst werden

können – das gelingt besser, wenn sie im

Eigentum sind.“

Wer ein 200 Quadratmeter großes Laden-

lokal in guter Einkaufslage einer Stadt sucht,

ist hingegen gut damit beraten zu mieten.

Parfümeriefilialist Douglas etwa sitzt so

gut wie ausschließlich in angemieteten Flä-

chen, und auch Textilketten wie H&M, Zara

oder Esprit gehören zur Mieterfraktion. „Sie

schätzen die Flexibilität, die das Mieter-

dasein mit sich bringt“, sagt Kemper.

Zudem spiele etwa die demografische

Entwicklung einer Region eine eminent

wichtige Rolle bei der Bewertung des

Standortes, betont PwC-Expertin Eicker-

mann-Riepe: „Wo Bevölkerung abwandert

und Kaufkraftverlust droht, ist auch der

Handelserfolg gefährdet.“ Mieter sind da

im Vorteil: Sie können rascher auf sich wan-

delnde Anforderungen reagieren.

Und das hat Auswirkungen auch auf die

Handelsimmobilie selbst, erläutert Gerd

Bovensiepen, Leiter des Competence Cen-

ters Retail & Consumer Deutschland bei

PwC: „Die Halbwertszeit der Gebäude

nimmt ab. Man muss flexibler werden, die

Immobilien müssen flexibler werden, und es

muss auch so gebaut werden, dass man im

Zweifel umnutzen – oder vielleicht auch mal

vernichten kann.“

Dennoch: Die eine – richtige – Antwort auf

die Frage „Halten oder verkaufen?“ gibt es

für Handelsunternehmen nicht. „Eigentum

und Miete stehen gleichberechtigt neben-

einander“, sagt Eickermann-Riepe. „Aber

wenn ein Unternehmen Handelsflächen

im Eigentum hält, sollte es sich genauso

aufstellen wie ein professioneller Immo-

bilieninvestor.“ Denn ein Trend sei defini-

tiv unumkehrbar, sagt Gerd Bovensiepen:

„Die Immobilie wird mobil. Das müssen die

Deutschen noch lernen.“

Kontakt

[email protected]. 0211 981-2939

[email protected]. 069 9585-5909

Die starke Nachfrage nach Handelsimmobilien macht es für die Handelskonzerne attraktiv, ihre Objekte zu veräußern. Ob Eigentum oder Miete sinnvoller ist, hängt sowohl von der Lage als auch vom Geschäftsmodell ab.

Bei internationalen Immobilieninvestoren

sind Einzelhandelsflächen nicht nur in

Deutschland derzeit gefragt. Im Frühjahr

etwa deckte sich die europäische Invest-

mentgesellschaft Cordea Savills – in einem

Joint Venture mit dem kleineren Partner

Aedes Financial Services – mit einem 350

Millionen Euro schweren Einzelhandels-

portfolio in Italien ein. Auch dort sind es

innerstädtische Shoppingflächen, Fach-

und Supermärkte, die Investoren besonders

interessieren. In Frankreich haben sich die

Groupe Arnault, Holdinggesellschaft von

LVMH-Chef Bernard Arnault, und der US-

Fonds Colony Capital ebenfalls im Frühjahr

mit rund 9,8 Prozent am Supermarktriesen

Carrefour beteiligt – einer der Gründe da-

für, so sagen Gerüchte, könnte der Wunsch

nach „Versilberung“ des Carrefour-Immo-

bilienbestandes sein.

Die Renditen für Spitzenobjekte befin-

den sich indes europaweit auf Talfahrt: Bei

mageren drei Prozent liegt die Marke im

irischen Dublin, London rentiert gerade

50 Basispunkte besser. Hamburger Einzel-

handelsobjekte in Top-Lage indes verzinsen

sich immer noch mit 4,85 Prozent, so die

Analyse des Maklerhauses Kemper’s. Beste

Renditen von 7,75 Prozent verspricht immer

noch Warschau – bei Spitzenmieten von

gerade einmal 75 Euro pro Quadratmeter

und Monat.

Europaweit auf Einkaufstour

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„Substanzwerte schaden nie“Zygmunt Mierdorf, Vorstandsmitglied der Metro AG, zur Immobilienstrategie seines Unternehmens.

pwc: Welche Strategie verfolgt der Metro-

Konzern bei seinen betriebsnotwendigen

Handelsimmobilien: Halten, verkaufen oder

je nachdem?

Mierdorf: Die Metro Group betreibt ein

aktives Portfoliomanagement. Das heißt,

wir analysieren regelmäßig den Bestand an

Handelsflächen anhand bestimmter Para-

meter. Auf dieser Basis werden Cluster un-

terschiedlicher Qualität identifiziert: Interes-

sant für uns sind dabei A- und B-Standorte,

C-Locations stoßen wir gegebenenfalls

ab, sofern sie für unser Kerngeschäft nicht

mehr erforderlich sind.

Da kommt einiges zusammen, was man

verkaufen kann ...

Die derzeitige Lage auf dem Immobilien-

markt kommt unserer Strategie entgegen:

In den vergangenen beiden Jahren haben

wir Immobilien im Wert von mehr als 1 Mil-

liarde Euro veräußern können.

Gelten die Vorgaben des Konzerns zur

Clusterung sowie zum Halten und zum Ver-

kaufen der Immobilien für alle Vertriebsmar-

ken einheitlich?

Da gibt es durchaus Unterschiede. Un-

sere Cash-&-Carry-Märkte beispielswei-

se sind „not for sale“. Dahinter steckt die

Überlegung, dass wir mit unseren Cash-

&-Carry-Märkten meist der „first mover“

im jeweiligen Land sind. Das versetzt uns

in die Lage, Standorte zu noch günstigen,

marktüblichen Konditionen zu erwerben.

Mit der konjunkturellen Aufwärtsentwick-

lung dieser Länder steigen auch die Immo-

bilienwerte. Und an dieser Wertentwicklung

möchten wir gern selbst partizipieren, statt

dies einem Investor zu überlassen.

Wenn Cash & Carry typisch für Immobilien

im Eigenbestand ist: Welche Marken treten

als Mieter auf?

Der ganz überwiegende Teil der Media-

Markt- und Saturn-Flächen zum Beispiel ist

angemietet. Real- und Extra-Märkte halten

wir in A- und B-Lagen hingegen meist im

Bestand, auch hier gilt, dass vor allem im

Ausland solche Standorte ein gutes Wert-

entwicklungspotenzial bieten. Auch unsere

Galeria-Kaufhof-Häuser sind zum Großteil

im Eigentum, allerdings agieren wir auch

hier gemäß unserer geschilderten Strategie

und haben zwölf Häuser an C-Standorten

jüngst veräußert.

Erst vor einigen Monaten hat sich die Metro

Group außerdem von 36 Kaufhalle-Immo-

bilien getrennt – steht das Signal also nicht

doch eher auf Verkaufen?

Nein, sicher nicht. Der Verkauf der Kaufhalle

erfolgte vor dem Hintergrund, dass wir hier

in der Rolle eines bloßen Vermieters wa-

ren. Wir betreiben aber kein reines Immo-

biliengeschäft, das heißt, wir halten keine

Immobilien, wenn wir für sie nicht selbst ein

Handelskonzept haben. Insofern war der

Verkauf nur konsequent. Wir trennen uns

aber nicht von Immobilien, um Fantasien

am Kapitalmarkt zu beflügeln.

Es hat also auch Nachteile, das Kernge-

schäft nicht im Eigentum zu betreiben?

Sofern die Mietverträge sinnvoll und lang-

fristig gestaltet sind, sehe ich keine Nach-

teile. Die einzige Gefahr besteht ja dar-

in, dass ein Vermieter nach Auslaufen des

Vertrages die Fläche an einen unserer Wett-

bewerber vergibt ...

... weil das signalisieren würde, dass deren

Handelskonzept besser ist ...

Da unsere Handelskonzepte hochattraktiv

sind, besteht dafür kein Anlass: Saturn oder

Media Markt etwa sind wichtige Anker mit

enormer Zugkraft. Insofern gibt es hier aus

unserer Sicht kaum Risiken – wenngleich

wir selbstverständlich unsere Handelskon-

zepte und -standorte permanent überprü-

fen und optimieren. Andererseits haben

Substanzwerte in der Bilanz noch nie ge-

schadet – und wir sind in der glücklichen

Lage, uns davon nicht trennen zu müssen.

Zygmunt Mierdorf ist im Vorstand der Metro Group zuständig für die Bereiche Personal und Soziales, Informatik, E-Business, Immobilien und Umwelt.

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Private Equity liegt im Trend. Diese Finanz­

investoren, die mit reichlich Fremdkapital

im Rücken ganze Unternehmen aufkaufen

und nach ein paar Jahren wieder verkau­

fen, werden von institutionellen Anlegern

in aller Welt mit Geld überhäuft. Um dieses

Geld sinnvoll anzulegen, müssen sie Fir­

men kaufen – und weil damit die Nachfra­

ge steigt, steigen auch die Preise. Die Kas­

sen der Finanzinvestoren sind gut gefüllt,

wissen die Private­Equity­Experten von

PricewaterhouseCoopers (PwC) Deutsch­

land. Das gesamte Volumen der europa­

weiten M&A­Transaktionen könne in diesem

Jahr den Rekordwert des Vorjahres von

1,4 Billionen Dollar noch einmal übertreffen.

Eine andere traditionelle Finanzierungsquel­

le könnte jedoch darunter leiden: die Börse.

Es zeichnet sich ab, dass sich der Wettbe­

werb zwischen Übernahmen und Fusionen

einerseits sowie der Börse andererseits im

Jahr 2007 zulasten der Börse verschieben

kann. Für Großkonzerne wird es demnach

vergleichsweise unattraktiv, beispielswei­

se einen abzuspaltenden Unternehmens­

bereich an die Börse zu bringen.

Das bedeutet zwar noch nicht, dass Pri­

vate­Equity­Investoren genauso viel zahlen,

wie ein Börsengang einbringen würde. Aber

dafür bringt der Verkauf an Finanzinvestoren

andere Vorteile mit sich. Sie zahlen schnell,

da die komplexe und zeitraubende IPO­

Vorbereitung entfällt. Und sie zahlen sicher,

während ein Börsengang noch in der letzten

Minute scheitern kann.

Private Equity attraktiver als IPO

Als Talentschmiede für den

Management­Nachwuchs ist

PwC bekannt. Dass auch lite­

rarische Talente dort heran­

wachsen, ist eher ungewöhn­

lich. Aber an Marisha Pessl

ist ja auch nicht viel gewöhn­

lich. Die gerade 30­jährige US­

Amerikanerin hat erst eng­

lische Literatur studiert und mit

Auszeichnung abgeschlossen

und dann eine Weile als Finanzberaterin bei PwC gearbeitet. Sie hat

mehrere Romane fix und fertig in der Schublade liegen und gleich

für ihren ersten, „Special Topics in Calamity Physics“, vom Viking­

Verlag einen sechsstelligen Vorschuss bekommen (deutsch: „Die

alltägliche Physik des Unglücks“, S. Fischer Verlag). Und sie hat es

mit ihrem Debütwerk bei der „New York Times“ auch gleich auf die

Liste der zehn besten Bücher des Jahres 2006 geschafft.

PwC­Romancieuse

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Der Finanzplatz Luxemburg

ist immer wieder für eine lo­

ckere Regelung gut. Dies­

mal ist es ein kürzlich in Kraft

getretenes Spezialfonds­

Gesetz, mit dem das Groß­

herzogtum vor allem Hedge­

Fonds zu sich locken möchte.

Sowohl steuerlich als auch

institutionell wird Luxemburg

dadurch eine Alternative für

Fondsmanager, die dem etwas anrüchigen Image eines Domizils in

Steuerparadiesen wie den Cayman Islands entfliehen wollen. „Das

Spezialfonds­Gesetz bietet eine schöne Kombination von Anlage­

flexibilität und einer gewissen Aufsicht“, urteilt Catherine Rückel

von PwC Luxemburg. Die ersten Anträge von Hedge­Fonds sind

in Luxemburg bereits eingegangen, im weiteren Verlauf des Jahres

wird mit einigen Dutzend Anträgen gerechnet.

Hedge­Fonds nach Luxemburg

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Viele Wege führen zum Eigenkapital. Aber

die meisten davon bringen es mit sich, dass

die Investoren nicht nur am Kapital, sondern

auch an der Entscheidungsfi ndung im Unter-

nehmen beteiligt werden wollen. Hybrid-Anlei-

hen jedoch, eine bislang in Deutschland noch

kaum bekannte Finanzierungsform, stellen bilan-

zielles Eigenkapital bereit, ohne dass dafür Unter-

nehmensanteile abgegeben werden müssten. „Diese

Anleihen werden so ausgestaltet, dass sie im Rahmen von

Rating-Verfahren zumindest teilweise als Eigenkapital anerkannt

werden“, sagt Bernd-Joachim Kruth, Finanzierungsexperte bei PricewaterhouseCoopers

Deutschland. Erforderlich dafür ist, dass das Anleihekapital dem Unternehmen langfristig zur

Verfügung steht (mit Laufzeiten von in der Regel mehr als zehn Jahren) und dass es nach-

rangig ist, im Insolvenzfall also erst nach den Kreditgebern bedient wird. Der Preis, den ein

Unternehmen für solche Konditionen zu zahlen hat, liegt bei einem Zinsaufschlag in Höhe

von zwei bis vier Prozentpunkten.

Hybrides Kapital

Wer bei Betriebsrenten sparen will, muss aufpassen, um keine bösen Überraschungen zu

erleben. So können zwar Unternehmen auf eine eigentlich fällige Erhöhung der Betriebs-

renten verzichten, wenn dadurch Arbeits-

plätze oder die Wettbewerbsfähigkeit des

Unternehmens gefährdet würden. Allerdings

müsse das den Rentnern auch mitgeteilt

werden, was viele Firmen schlicht unterlas-

sen. PwC-Experte Andreas Eckhardt weist

auf das gravierende Risiko dieses Versäum-

nisses hin: „Pensionäre können grundsätz-

lich binnen drei Jahren eine nachträgliche

Überprüfung und rückwirkende Anpassung

der Rentenleistung verlangen. Wenn der

Arbeitgeber seine Entscheidung nicht aus-

drücklich erklärt hat, verlängert sich diese

Frist sogar um weitere drei Jahre.“ Unter-

nehmen können also mit sechs Jahre rück-

wirkenden Forderungen konfrontiert werden.

Rückwirkender Rentenhammer

Drei Fragen an ...Andreas Mackenstedtzur IFRS-Umsetzung in Europa

pwc: Wie schlagen sich die europäischen

Konzerne im Jahr eins nach der Bilanz-

umstellung auf IFRS?

Mackenstedt: Wacker. Die große Mehrheit

der von der Universität Gießen in unserem

Auftrag getesteten 357 Blue Chips hat die

M&A-bezogenen Rechnungslegungsvor-

schriften erfolgreich umgesetzt. Allerdings

gibt es noch Nachholbedarf hinsichtlich

Verständlichkeit, Vergleichbarkeit und Infor-

mationsgehalt der Anhangsangaben.

Liegt die Transparenz höher als in der Vor-

IFRS-Zeit?

Eindeutig ja. Das Ziel des neuen Rech-

nungslegungsstandards, die Transparenz

zu erhöhen, ist erreicht. Das zeigt sich allein

schon an den Angaben, die zur Höhe des

Goodwills und den Ergebnissen der Impair-

ment-Tests gemacht werden.

Berichten deutsche Konzerne transparenter

als etwa französische?

Wenn überhaupt solche generellen Trans-

parenz-Unterschiede feststellbar sind, dann

nicht zwischen den Nationen, sondern zwi-

schen den Branchen.

Andreas Mackenstedt leitet den Bereich Valuation & Strategy bei PwC Eurofi rms

Goodwill ist Chefsache

Angaben in Prozent der befragen UnternehmenWo wird der Impairment-Test durchgeführt?

Quelle: PricewaterhouseCoopers

Konzernrechnungswesen

RechnungswesenEinzelgesellschaften

ControllingKonzernebene

ControllingEinzelgesellschaften

49

6

20

12

29

33

14

18

für Goodwillfür Vermögenswerte

Deutliche Unterschiede bei Impairment-Tests ergab eine Befragung der International Re-

porting Group von PwC bei 94 deutschen Konzernen. Jeder zweite prüft die nach IFRS not-

wendige Werthaltigkeit von Goodwill im zentralen Rechnungswesen – nur 29 Prozent ma-

chen das beim Test einzelner Vermögenswerte. Umgekehrt das Bild beim Rechnungswesen

der Einzelgesellschaften: 33 Prozent testen Vermögenswerte, nur 6 Prozent den Goodwill.

kaum bekannte Finanzierungsform, stellen bilan-

zielles Eigenkapital bereit, ohne dass dafür Unter-

nehmensanteile abgegeben werden müssten. „Diese

Anleihen werden so ausgestaltet, dass sie im Rahmen von

Rating-Verfahren zumindest teilweise als Eigenkapital anerkannt Drei Fragen an ...Andreas Mackenstedt

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Bilanzerwärmung Der Klimawandel beeinflusst die Bilanzen. Nicht immer, aber immer öfter. Also müsste er auch in die Geschäftsberichte Einzug halten.Von Dieter W. Horst

Klimawandel hat gute Chancen, zum Wort

des Jahres 2007 zu werden. Nachdem über

die Erderwärmung bereits seit Jahrzehnten

geredet wird, hat sich in jüngster Vergan­

genheit zum Reden das Handeln gesellt.

Die Reduktion von Treibhausgasen, insbe­

sondere von Kohlendioxid, steht auf der

Tagesordnung – und die Unternehmen wer­

den nicht nur von Umweltschützern, son­

dern immer häufiger auch von Investoren

gefragt, ob und wie sie dazu beitragen.

Der Klimawandel ist also gerade dabei, zu

einem wichtigen Einflussfaktor für den

Geschäftsverlauf zu werden. Das wiederum

hat für die Unternehmen eine bislang noch

kaum wahrgenommene Konsequenz: Die

Chancen und Risiken, die der Klimawandel

für sie mit sich bringt, müssen Aufnahme in

der Geschäftsberichterstattung finden.

Müssen? Müssen. Seit dem Bilanzrechts­

reformgesetz von 2004 ist nämlich klar for­

muliert, wann nichtfinanzielle Informationen

in den Lagebericht eines Konzerns aufzu­

nehmen sind. Für die „ausgewogene und

umfassende, dem Umfang und der Komple­

xität der Geschäftstätigkeit entsprechende

Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage

des Konzerns“ seien Informationen über

nichtfinanzielle Leistungsindikatoren wie

Umweltbelange insoweit mit aufzuführen,

als sie „für das Verständnis des Geschäfts­

verlaufs und der Lage von Bedeutung sind“.

Und das gilt inzwischen für viele Unterneh­

men. In direkt betroffenen Branchen wie

Energieerzeugung und Automobilbau ohne­

hin, aber auch bei scheinbar weit von der

Kohlendioxid­Debatte entfernten Unterneh­

men. So waren die deutschen Brauereien

von einer massiven Verteuerung des Roh­

stoffs Gerste betroffen – die stark steigende

Rohstoffnachfrage von Biomassekraftwer­

ken und Biogasanlagen lässt die Preise stei­

gen. In den kommenden Jahren werden die

Kapazitäten dieser regenerativen Energie­

quellen weiter stark ausgebaut werden. Auch

Bier ist folglich vom Klimawandel betroffen!

Betrachtet man nicht die bereits eingetre­

tenen, sondern die erst in Zukunft eintre­

tenden Entwicklungen, ist tendenziell sogar

jede Branche betroffen – vom Schuhherstel­

ler bis zum Touristikkonzern. Ob extreme

Wetterereignisse die Schiffsverbindungen

nach Ostasien unterbrechen, ob die Top Ten

der Urlaubsländer sich in Wüstengebiete

verwandeln – der Klimawandel kann die ver­

schiedensten Auswirkungen auf die Bezie­

hungen zu Kunden und Lieferanten und auf

den Geschäftsverlauf haben.

Noch allerdings erfüllen nur wenige Unter­

nehmen ihre Pflicht zur Nachhaltigkeits­

berichterstattung sicher, effizient und effek­

tiv. Das wiederum liegt nicht zuletzt daran,

dass sich hier noch keine Standards der

Berichterstattung eingespielt haben. Für die

Finanzdaten gibt es umfassende externe

Vorgaben – durch HGB und Aktiengesetz,

durch US­GAAP und IFRS. Diese Standards

sind – teilweise seit Jahrzehnten – erprobt,

durch Rechtsprechung und behördliche

Auslegung detailliert ausgelegt und werden

kontinuierlich weiterentwickelt.

All das fehlt bei der Nachhaltigkeitsbericht­

erstattung. Fehlende Standards zur Daten­

erhebung, fehlende IT­Unterstützung, ein

fehlendes internes Kontrollsystem sowie

nicht zuletzt die dezentrale Organisation

der Nachhaltigkeitsthemen ergeben oft eine

mangelhafte Datenqualität.

Diese Lücken können nicht von heute auf

morgen geschlossen werden. Auch die Stan­

dardisierung der Finanzinformationen dau­

erte Jahrzehnte und ist noch immer nicht

abgeschlossen. Einen ähnlichen Zeithorizont

bei der klimarelevanten Berichterstattung zu

prognostizieren heißt deshalb nicht, das Pro­

blem auf die lange Bank zu schieben.

Das größte Verbesserungspotenzial liegt

dabei kurzfristig in der Qualität der Daten­

erhebung und ­analyse. Zwei einfache Maß­

nahmen ermöglichen schnelle und zählbare

Erfolge: Zum einen die Entwicklung eines

Corporate Responsibility Accounting Manu­

al, das Methoden für eine revisionssichere

Erhebung und Dokumentation der Basis­

informationen sowie der aus ihnen abgelei­

teten Kennzahlen festlegt.

Zum Zweiten, noch einfacher: Man verwen­

de für die Berichterstattung nur Daten und

Key Performance Indicators, die das Ma­

nagement auch zur internen Steuerung der

Nachhaltigkeitsleistung einsetzt. Dies erhöht

nicht nur die Effektivität der internen Pro­

zesse zur Planung, Kontrolle und Leistungs­

messung, sondern auch die Datenqualität

der externen Berichterstattung – und damit

die Glaubwürdigkeit des Unternehmens.

Kontakt

[email protected]. 069 9585­1397

Der Klimawandel beeinflusst bei immer mehr Unternehmen das Geschäft. Also muss er Aufnahme in die Geschäftsberichterstattung finden. Doch viele Unternehmen kommen dieser Pflicht noch nicht ausreichend nach.

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792,5 Milliarden EuroUmweltökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert über die Kosten mangelhaften Klimaschutzes und über die schnellsten und effektivsten Wege zu nachhaltigem Wirtschaften.Interview: Detlef Gürtler

pwc: Frau Professor Kemfert, pünktlich zum

Ende des mildesten Winters seit Menschen­

gedenken haben Sie prognostiziert, was der

Klimawandel die deutsche Volkswirtschaft

kosten wird: 792,5 Milliarden Euro bis zum

Jahr 2050.

Kemfert: Prognose ist das falsche Wort.

Diese Rechnung, die ich für das Deutsche

Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ge­

macht habe, erhebt nämlich nicht den An­

spruch, die tatsächliche Entwicklung der

kommenden Jahrzehnte vorherzusagen. Es

handelt sich um eine Simulation: Was wür­

de uns der Klimawandel kosten, wenn wir

keine Maßnahmen dagegen unternehmen,

wenn kein Klimaschutz betrieben würde?

Wie setzen sich diese knapp 800 Milliarden

Euro zusammen?

Etwa 330 Milliarden Euro entfallen auf

direkte Schäden, also etwa zerstörte Infra­

struktur durch extreme Klimaereignisse.

Mit knapp 300 Milliarden Euro schlagen

erhöhte Energiekosten zu Buche, der Rest

entfällt auf Anpassungsmaßnahmen wie

Hochwasserschutz oder Umstellungen in

der Landwirtschaft. Insgesamt ergibt diese

Simulation, dass Verzicht auf Klimaschutz

bis zum Jahr 2050 das Wachstum des Brut­

toinlandsprodukts um etwa einen halben

Prozentpunkt pro Jahr reduziert.

Aber gerade erst haben wir doch gesehen,

dass ein milder Winter das Wirtschafts­

wachstum fördert. Einige Konjunkturfor­

scher beziffern diesen positiven Effekt in

diesem Jahr auf ebenfalls 0,5 Prozent­

punkte.

Beim DIW beziffern wir den positiven Effekt

des milden Winters aufs ganze Jahr gerech­

net auf 0,1 Prozentpunkte. Unsere Simula­

tionsrechnung bis 2050 zeigt zwar ebenfalls

einen Energiespareffekt im Winter. Dieser

wird jedoch mehr als kompensiert durch

den höheren Kühlungsaufwand in den hei­

ßeren Sommern. Zudem rechnen wir in die­

sen Sommern mit massiven Problemen, da

wesentlich häufiger als bisher der Wasser­

stand der Flüsse so weit absinken wird,

dass die Binnenschifffahrt eingestellt wer­

den muss und für die Kraftwerke nicht mehr

genug Kühlwasser da ist.

Die Tourismusbranche hingegen dürfte sich

über solche mediterranen Sommer eher

freuen.

In den Alpen wird das sicherlich anders

aussehen als an der Ostsee. Aber per sal­

do könnte die Tourismusbranche in der Tat

eine der wenigen Branchen unserer Volks­

wirtschaft sein, die vom Klimawandel pro­

fitieren.

Wer gehört sonst noch zu den Profiteuren?

Die Bauwirtschaft. Was bei Hochwassern

oder Sturmfluten zerstört wird, muss ja

hinterher wieder aufgebaut werden …

… so wie ja auch jeder Verkehrsunfall das

Bruttoinlandsprodukt steigert – in Werkstät­

ten, Auto­ und Krankenhäusern …

Vorsicht! Für sich betrachtet, steigert zwar

die Reparatur einer beim Bergrutsch zer­

störten Brücke das Bruttoinlandsprodukt.

Aber der negative dynamische Wachstums­

effekt, der durch die Zerstörung von Infra­

struktur, Immobilien und Sachkapital aus­

gelöst wird, wiegt weit schwerer. Zudem

handelt es sich hier volkswirtschaftlich um

einen Crowding­out­Effekt: Das Geld, das

der Staat für Reparaturmaßnahmen nach

Katastrophen ausgeben muss, steht ihm

nicht mehr für andere, produktive Investi­

tionen zur Verfügung.

Die Schäden durch extreme Klimaereig­

nisse, sprich: durch Naturkatastrophen,

beziffern Sie bis zum Jahr 2050 auf etwa

7 Milliarden Euro pro Jahr, für die 50 Jah­

re danach auf 22 Milliarden Euro pro Jahr.

Haben Sie dafür in die Kristallkugel ge­

schaut?

Niemand weiß, wann genau ein Wirbel­

sturm, ein Erdrutsch oder eine Dürreperiode

kommt. Auch wir nicht. Für die Kalkulation

solcher Katastrophen arbeiten wir mit Ins­

trumenten der Klimaforscher, die es möglich

machen, Wahrscheinlichkeiten zu berech­

nen. Aus der Kombination der Wahrschein­

lichkeit verschiedener Schadensereignisse

„Der Kapitalmarkt ist der effizienteste Hebel, um den Klimaschutz in der Welt voranzutreiben.“

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792,5 Milliarden EuroUmweltökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert über die Kosten mangelhaften Klimaschutzes und über die schnellsten und effektivsten Wege zu nachhaltigem Wirtschaften.Interview: Detlef Gürtler

und ihren potenziellen Kosten ergeben sich

die von Ihnen genannten Zahlen.

Gerade mal eine Woche nach Ihnen hatte

McKinsey noch mal ein paar Hundert Mil-

liarden draufgelegt: 1100 Milliarden Euro

koste es, wenn die EU-Staaten die soeben

beschlossenen Klimaschutzziele bis 2020

auch tatsächlich erreichen wollen. Wer hat

nun richtig gerechnet: Sie oder die?

Weder noch. Oder sowohl als auch. Wir

kommen im Übrigen zu ähnlichen Zah-

len wie McKinsey: Heruntergerechnet auf

Deutschland, würden die Klimaschutzkosten

weniger als ein Prozent des Bruttoinlands-

produkts betragen. Die McKinsey-Studie ist

allerdings eine ingenieurwissenschaftliche

Betrachtung, sie geht von heutigen Tech-

niken aus und bezieht für die kommenden

13 Jahre keinen technischen Fortschritt und

keine marktwirtschaftlichen Instrumente in

die Kalkulation ein.

Lange Zeit scheinen viele Unternehmen

darauf gehofft zu haben, dass das Thema

Klimawandel wieder aus den Schlagzeilen

verschwindet. Danach sieht es jetzt nicht

mehr aus …

Kurzfristig kann es natürlich immer wie-

der passieren, dass andere Themen den

Klimawandel in die zweite Reihe zurück-

drängen. Aber dauerhaft wird das The-

ma eher noch an Bedeutung gewinnen.

Wer bislang glaubte, den Klimawandel als

„Modeerscheinung“ aussitzen zu können,

wird schnell umsteuern müssen.

Apropos steuern: Die Aussitz-Strategie war

wohl besonders bei der Autoindustrie ver-

breitet.

Genauer gesagt: bei der deutschen Auto-

industrie. Die wäre durchaus in der Lage

gewesen, das Thema Klimawandel und

Klimaschutz offensiv und konstruktiv an-

zugehen. Aber die deutschen Autokonzerne

haben das leider verschlafen. In Schulno-

ten gemessen, bekommt die Branche dafür

eine glatte Fünf, allerdings muss man auch

fairerweise sagen, dass viele Verbraucher

in der Vergangenheit gerne spritfressende

Autos gekauft haben.

Andere Branchen stehen besser da?

Die deutsche Umwelttechnikbranche: Der

Maschinenbau ist ohnehin eine deutsche

Domäne, und weltweit hat Umwelttechnik

made in Germany einen hervorragenden

Ruf. Und vor allem der Wirtschaftsbereich

der erneuerbaren Energien. Durchwach-

sener präsentiert sich die Energiebranche

insgesamt. Sie ist am härtesten vom Klima-

wandel betroffen und muss den größten

Beitrag zum Klimaschutz leisten. Viele von

den großen Energiekonzernen befinden sich

da noch mitten im Lernprozess.

Je größer der Konzern, desto länger dauert

der Lernprozess?

Nein. Die Geschwindigkeit des Lernpro-

zesses bei Unternehmen wird im Wesent-

lichen vom Kapitalmarkt bestimmt. Wenn

dieser ein bestimmtes Verhalten honoriert

und ein anderes Verhalten bestraft, kann

man gar nicht so schnell schauen, wie sich

die Unternehmen daran orientieren. Unter-

nehmen sind in der Anpassung ihres Ver-

haltens wesentlich flexibler als die privaten

Haushalte oder der Staat, und der Kapital-

markt ist der flexibelste Markt, über den wir

derzeit verfügen. Deshalb handelt es sich

hier um den effizientesten Hebel, um in

Deutschland – und in der Welt – den Klima-

schutz voranzutreiben.

Wenn der Kapitalmarkt klimaschonendes

Verhalten honoriert …

Aber das tut er ja schon. Immer mehr An-

leger fragen die Unternehmen, ob und wie

sie nachhaltig wirtschaften. Und dabei han-

delt es sich nicht mehr nur um Kleinanleger,

sondern um große institutionelle Investoren.

Dieses Feedback aus dem Kapitalmarkt ist

gerade für Unternehmen sehr wichtig, die

bislang noch dachten, der Kelch des Klima-

wandels gehe an ihnen vorbei.

Claudia Kemfert ist Professorin für Umweltökonomie an der Humboldt-Universität Berlin und leitet die Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Sie berät EU-Präsident Barroso, die Weltbank und die UNO.

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Fit for MiFIDNach langen Wehen wird die EU-Finanzmarktrichtlinie zum 1. November in Kraft treten. Doch der große Wurf bringt erst einmal viel Kleinarbeit.Von Günter Borgel und Martina Rangol

Wäre alles so gelaufen, wie es sich die EU

vorstellte, wäre MiFID schon längst in Kraft.

Immerhin wurde diese europäische Finanz-

marktrichtlinie bereits am 21. April 2004 ver-

abschiedet. Nach dem ursprünglichen Zeit-

plan hätten die EU-Staaten zwei Jahre Zeit

gehabt, um die Vorgaben der Richtlinie in

nationales Recht umzusetzen, und seit An-

fang dieses Jahres wäre MiFID europaweit

im Einsatz – der große Wurf für Transparenz

und Fairness am Finanzmarkt.

Aber europäische Uhren gehen nun mal

anders als nationale Uhren, und je größer

ein Wurf werden soll, desto deutlicher wird

dieser Effekt. Denn zum einen fordern neue

EU-Richtlinien viele Änderungen an vielen

nationalen Gesetzen, zum anderen rufen

sie eine Vielzahl von Lobbyisten und Inter-

essenverbänden auf den Plan, da sie die

Geschäftsinteressen zentraler Branchen

jeder Volkswirtschaft tangieren.

Deshalb ist es kein Wunder, dass es in den

meisten EU-Ländern auf allen Ebenen des

Umsetzungsprozesses zu vielfältigen Kom-

plikationen kam. Zwei Jahre nach dem

Startschuss (und nur wenige Wochen vor

dem ursprünglichen Termin für die Umset-

zung in nationales Recht) zog die EU des-

halb die Reißleine und gab noch drei Quar-

tale Umsetzungszeit zu. Nunmehr war der

31. Januar 2007 der definitive Stichtag, um

MiFID in Gesetzesform zu gießen.

Aber auch das sollte noch nicht ganz rei-

chen. An eben diesem 31. Januar gab

es in Deutschland immerhin schon einen

Kabinettsentwurf für das „Finanzmarkt-

Richtlinie-Umsetzungsgesetz“, kurz FRUG,

und der hatte auch schon eine erste Ab-

stimmungsrunde mit dem Bundesrat hin-

ter sich. Aber von der tatsächlichen, end-

gültigen Gesetzesform, die an diesem Tag

vorliegen sollte, war dieser Entwurf noch

einige weitere Monate entfernt. Die für die

MiFID-Anwendung wichtige „Wertpapier-

dienstleistungs-Verhaltens- und Organisa-

tionsverordnung“ lag Ende Januar erst in

einem ersten Entwurf vor. Am 29. März 2007

wurde das FRUG im Bundestag verabschie-

det, der Bundesrat folgte am 11. Mai.

Wenn die Uhren des Gesetzgebers lang-

samer gehen als geplant, müssen eben die

Uhren in den Unternehmen schneller laufen.

Denn für sie bleibt es dabei: Ab dem 1. No-

vember 2007 muss MiFID verpflichtend und

EU-weit von allen Wertpapierdienstleistern

angewendet werden.

Womit sich eine pikante Frage stellt: Wie

bereitet man sich auf die Anwendung eines

Gesetzes vor, das es noch gar nicht gibt?

Denn hinterher würde sich niemand darauf

hinausreden können, dass ihm die Umset-

zungszeit zu kurz war – die Grundzüge sind

aus der Finanzmarktrichtlinie schließlich seit

mehr als drei Jahren bekannt:

• Kunden müssen in die Klassen „Privat-

kunden“, „Professionelle Kunden“ und „Ge-

eignete Gegenparteien“ eingeteilt werden.

• Interessenkonflikte müssen identifiziert

und vermieden oder offengelegt werden.

• Für die bestmögliche Auftragsausführung

sind Grundsätze zu entwicklen und die

Kunden hierüber zu informieren.

• Kundeninformationen und Marketing-

material müssen umfangreichen Transpa-

renz- und Qualitätskriterien entsprechen.

Die meisten Wertpapierdienstleister haben

deshalb bereits im Vorfeld der gesetzlichen

Regelung zumindest einen Schnellcheck

durchgeführt: Ist mein Unternehmen über-

haupt betroffen? Wenn ja: Wie? Und was

muss ich ändern? Wer Wertpapierdienst-

leistungen anbietet, muss beispielsweise

klären, ob es bei ihm bei der Ausführung

von Kundenaufträgen zu Interessenkon-

flikten kommen kann. Ist das der Fall,

müssen spezifische Grundsätze für den

Umgang mit solchen Konflikten aufgestellt

werden sowie gesichert sein, dass unver-

meidbare Interessenkonflikte dem betrof-

fenen Kunden offengelegt werden.

Wenn es nur solche Einzelfälle wären, wä-

re der Umsetzungsaufwand klar kalkulier-

bar. Durch die große Zahl von neuen De-

finitionen und Bestimmungen im großen

Wurf des Finanzmarkts wird jedoch eine

entsprechend große Menge von Prozess-

veränderungen und Anpassungen der IT-

Systeme erforderlich werden. Dabei unter-

scheiden sich die Auswirkungen je nach

Geschäftsfeldern und Finanzinstrumenten,

nach Kundenklasse, nach Serviceart und

nach Funktion im Unternehmen.

Dabei bietet MiFID und deren Umsetzung

nicht nur mühevolle Kleinarbeit, sondern

auch Chancen. Wertpapierdienstleister ler-

nen ihr eigenes Unternehmen neu kennen.

Hier können sich ganz neue Ideen für das

(Kunden-)Geschäft ergeben.

Und wenn tatsächlich am 1. November der

MiFID-Startschuss fällt, beginnt die nächs-

te Uhr zu laufen: Denn dann muss sich

herausstellen, wie lange die Halbwerts-

zeit eines großen EU-Wurfs währt. Schon

im Jahr 2008, so zumindest die Ankündi-

gung, will die EU-Kommission jedenfalls

mal schauen, ob und wie sich die MiFID-

Regelungen – und die Ausnahmen von den

Regelungen – in der Praxis bewähren.

[email protected]. 069 [email protected]. 069 9585-2280

Online-Info: www.pwc.de/de/pwc225

MiFID bringt dem Finanzmarkt in der EU mehr Transparenz und Verlässlichkeit. Doch weil die Politiker sich mit der Umsetzung der EU-Vor-gabe zu viel Zeit ließen, ist jetzt bei den Unter-nehmen der Spielraum für Änderungen gering.

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MiFID ist wie ...Weihnachten. Und ein bisschen wie Altbausanierung. Sagt Detlev Dietz, bei der Commerzbank verantwortlich für die MiFID-Umsetzung.Interview: Detlef Gürtler

pwc: Mit quietschenden Reifen bringt der

Gesetzgeber gerade noch das MiFID-Umset-

zungsgesetz auf den Weg. Ist da der Start-

termin 1. November überhaupt zu halten?

Dietz: Hätten wir das Gesetz früher haben

wollen? Ja. Schaffen wir die Umsetzung

noch? Auch ja. Natürlich kann man über die

späte gesetzliche Regelung jammern. Aber

wer jetzt laut jammert, zeigt im Grunde,

dass er das Thema bislang verschlafen hat.

Sie jammern also nicht?

Mit MiFID ist das wie Weihnachten. Wer erst

am 23. Dezember abends feststellt, dass

er am 24. Dezember Geschenke braucht,

kommt natürlich in Hektik – ist aber selbst

dran schuld. Dass MiFID kommen würde,

war seit Jahren bekannt, es war auch im

Wesentlichen bekannt, was kommen würde.

Offen war lediglich, ob der deutsche Ge-

setzgeber als vorbildlicher Europäer noch

ein paar Bestimmungen auf die Mindest-

anforderungen der EU-Richtlinie drauf-

sattelt. Das ist aber nicht geschehen, wir

bekommen praktisch genau das, was die

EU-Richtlinie vorsieht. Und darauf konnte

man sich auch schon früher einstellen.

Aber beim Thema Weihnachten kriegen

viele Menschen leuchtende Augen. Beim

Thema MiFID ist uns das nicht aufgefallen.

MiFID ist ein rein regulatorisches Projekt,

ein Muss-Projekt. Auf einer von 1 bis 10

reichenden Beliebtheitsskala liegt es damit

ziemlich genau bei 1 – wenn nicht sogar

drunter.

Aber es bleibt beim 1. November?

Hier könnte man unterscheiden. Es gibt bei

MiFID regulatorische Anforderungen – da

kann man sicherlich darüber reden, ob tat-

sächlich der 1. November 2007 ein geeig-

neter Stichtag ist, oder ob, sagen wir, der

1. Januar 2008 sich nicht eher anbieten wür-

de. Anders liegt der Fall beim zivilrechtlichen

Teil des Gesetzes: Da steht der Termin bom-

benfest. Wenn der Kunde am 1. November

ein Geschäft abschließt und dabei Nachteile

erleidet, weil die Bank MiFID nicht imple-

mentiert hat, hat die Bank ein Problem.

Was haben Sie getan, um dieses Problem

nicht zu bekommen?

Rechtzeitig angefangen. Ich bin 2006 als

Gesamtprojektleiter für die MiFID-Um-

setzung bei der Commerzbank eingesetzt

worden. Es war von Anfang an klar, dass es

sich um einen erheblichen Aufwand han-

deln würde: Das ist ein Projekt mit einem

Höchstmaß an Querschnitt durch die gan-

ze Bank. Sie müssen sämtliche Kunden-

beziehungen anfassen, nicht nur Privat-

kunden-, sondern auch Firmenkunden- und

Bankbeziehungen. Alle Markt- und alle

Servicebereiche der Bank werden tangiert.

Hören wir da doch ein leises Jammern?

Aber nicht doch. Es wird zwar alles tan-

giert, aber nichts komplett umgestülpt. Man

muss ran an die Prozesse, muss die IT neu

stricken und das eine oder andere auch

händisch machen, aber nichts Revolutio-

näres. MiFID ist keine Rocket Science: Was

da beispielsweise in Sachen Kundenschutz

verlangt wird, war in unserer Bank zum

großen Teil auch vorher schon verankert.

Aber eben nicht genau so, wie es der

Gesetzgeber jetzt verlangt.

Nehmen wir das Beispiel „Best Execution“.

Natürlich hat die Commerzbank auch bis-

her versucht, dem Kunden bei jeder einzel-

nen Transaktion die bestmögliche Ausfüh-

rung zu gewährleisten. Neu ist hier lediglich,

dass MiFID sehr hohe Anforderungen an

Prozess- und Kundendokumentation stellt,

damit alle Transaktionen auch von der Auf-

sicht nachvollzogen werden können.

Wie sind Sie beim Umsetzungsprojekt

konkret vorgegangen?

Im ersten Schritt wurden die mit MiFID

verbundenen Themen auf drei große Kom-

plexe aufgeteilt: Transaktion, Kundenbezie-

hung, Compliance. Innerhalb dieser Kom-

plexe wurden Modulteile definiert, wie etwa

Best Execution, und dann betrachtet, wie

sie sich jeweils auf die einzelnen Unterneh-

mensbereiche auswirken. Dabei war die IT

von Anfang an involviert.

„MiFID ist ein Projekt mit einem Höchstmaß an Querschnitt durch die ganze Bank.“

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Und dann haben Sie bestimmt, was geän-

dert werden muss?

Das haben die Unternehmensbereiche

schon selber gemacht. Zentral vorgegeben

wurden nur einzelne Grundsätze …

… zum Beispiel?

Bleiben wir bei der Best Execution. Dort

war die Vorgabe, dass die Best-Execution-

Policy über die ganze Bank hinweg gleich

definiert sein muss. Ausnahmen sind allen-

falls andere rechtliche Rahmenbedingungen

in anderen Ländern: In Großbritannien oder

Polen sieht die Umsetzung der EU-Richt-

linie etwas anders aus als in Deutschland.

Dann haben die Unternehmensbereiche

ihre Hausaufgaben gemacht?

Wir haben aus den einzelnen Bereichen die

Fachkonzepte zur Umsetzung zurückbe-

kommen und sie in IT-Konzepte umgearbei-

tet. Diese wurden – und werden – erprobt

und gehen schließlich in die Umsetzung.

Klingt nach viel Arbeit.

In der Spitze waren in Sachen MiFID bis zu

200 Mitarbeiter des Hauses in unterschied-

lichen Teams involviert.

Haben Sie schon einen Überblick, was das

die Commerzbank am Ende kosten wird?

Für eine genaue Abrechnung ist es natur-

gemäß noch zu früh. Aber vermutlich wer-

den die Kosten der MiFID-Einführung am

Ende in einem zweistelligen Millionenbetrag

liegen. Wobei dabei nicht die Arbeitszeit

eingerechnet ist, die die Mitarbeiter hier im

Haus aufgewendet haben und aufwenden –

MiFID zwingt uns ja nicht, für unsere Leute

Stundenzettel auszufüllen.

Bei anderen Instituten kursieren Zahlen

zwischen 5 und 100 Millionen Euro.

Der direkte Aufwand für die MiFID-Um-

setzung ist sehr schwer berechenbar, weil

in vielen Fällen ein derart umfangreiches

Projekt zum Anlass genommen wird, auch

gleich noch ein paar andere Umbaumaß-

nahmen an den internen Abläufen und den

Produktionsprozessen vorzunehmen. Das

ist wie bei einer Altbausanierung. Wenn Sie

ohnehin ein Gerüst aufbauen müssen, um

das Dach neu zu decken, können Sie ja

auch gleich die Fassade noch mitmachen

oder das Dachgeschoss ausbauen.

Bringt MiFID außer Kosten auch Nutzen?

Das ist noch viel schwerer zu berechnen.

Den Kunden jedenfalls bringt MiFID ein

höheres Maß an Transparenz und Informa-

tion. Ob eine vorbildliche MiFID-Umsetzung

der Bank neue Kunden bringt oder mehr

Geschäft mit den bestehenden Kunden,

wage ich nicht zu prognostizieren. Ein Blick

auf das Wettbewerbsumfeld, mit möglicher-

weise neuen Marktteilnehmern, legt jedoch

eine Reduktion von Transaktionskosten

nahe, ausgelöst durch die Best-Execution-

Regelungen.

Was kommt auf mich zu, wenn ich am

1. November eine Ihrer Filialen betrete?

Wenn Sie bisher schon Kunde bei uns sind,

sind Sie rechtzeitig vorher über die Sie be-

treffenden Änderungen informiert worden.

Aber Sie müssen nicht extra 17 Formulare

ausfüllen, um weiter Geld aus dem Auto-

maten ziehen zu können. Nur wenn Sie

eine Transaktion durchführen wollen, für die

neue Abläufe vorgesehen sind, werden Sie

mit Änderungen konfrontiert.

Und wenn ich bislang noch kein Kunde bei

Ihnen bin, aber einer werden will?

Dann erfahren Sie einen Beratungsprozess,

der um MiFID-Neuerungen erweitert wurde,

Sie aber nicht verzweifeln lässt.

Detlev Dietz ist seit 2003 für die Commerzbank tätig. 2007 wurde er zum Chief Opera-tional Officer für das Asset-Management der Commerzbank ernannt. Seit Anfang 2006 leitet er zudem das Projekt zur konzernweiten MiFID-Umsetzung.

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Alltag in einem Krankenhaus: Der 71-jährige

Theo Ebensberger lässt sich in einer Privat-

klinik ein neues Hüftgelenk einsetzen. Der

Patient bleibt sechs Tage, für das Kranken-

haus optimal, denn genau bei sechs Tagen

liegt die untere Verweildauer. Die 68-jährige

Ruth Walter lässt sich dagegen in einem um

1900 erbauten Universitätsklinikum behan-

deln, sie liegt 15 Tage stationär. Neun Tage

länger, beide Kliniken bekommen das glei-

che Geld – die Fallpauschale.

Jede Klinik erhält je Patient und Diagnose

von der gesetzlichen Krankenversicherung

einen fixen Betrag, wenn die Dauer seines

Krankenhausaufenthalts innerhalb des vor-

geschriebenen Zeitkorridors liegt. Das ist

für die modernen, gut organisierten Kran-

kenhäuser schön, für die veralteten Kliniken

aber schlecht. Denn: Die Fallpauschalen

zwingen die Krankenhäuser zwar, wirt-

schaftlich zu arbeiten, doch oftmals können

die öffentlichen mit den privaten Kliniken

gar nicht mithalten, weil ihnen das Geld für

Modernisierungen fehlt. Dazu kommt außer-

dem, dass die Personalkosten steigen. „Die

öffentlichen Krankenhäuser müssen sparen,

haben aber kein Geld, um ihre Prozesse

zu verbessern und damit Einsparpoten-

ziale zu erschließen“, fasst Harald Schmidt,

Gesundheitsexperte bei Pricewaterhouse-

Coopers (PwC), den Teufelskreis zusammen.

Die Kosten steigen, die Einnahmen aber

nicht. In dieser Situation können sich die

Leiter der öffentlichen Kliniken nur noch

retten, indem sie Investitionen in Gebäude,

Geräte und Reparaturen verschleppen. Auf

30 Milliarden Euro schätzt das Fritz Beske

Institut für Gesundheits-System-Forschung

in Kiel mittlerweile den Investitionsstau.

Pessimistischere Schätzungen gehen sogar

von bis zu 50 Milliarden Euro aus.

Gebäude verfallen, werden nicht gepflegt,

die Abläufe werden unwirtschaftlich. Es

gibt beispielsweise öffentliche Krankenhäu-

ser, in denen das Personal bis zu zehnmal

längere Wege zurücklegen muss als in gut

geführten Privatkliniken. „Wenn die Pfleger

ständig unterwegs sind, können sie keine

Patienten versorgen“, bringt es Schmidt

auf den Punkt. Er weiß von einer Uni-Klinik,

die allein 70 Mitarbeiter für Botengänge be-

schäftigt. Unnötig lange Korridore bedeuten

aber nicht nur längere Strecken für das Per-

sonal, sondern auch mehr Fläche, die der

Betreiber reinigen und instandhalten muss.

In anderen Infrastrukturbranchen wie Ener-

gieversorgung, Nahverkehr oder dem Bau

von öffentlichen Gebäuden heißt eine der

häufigsten Antworten auf Investitionsstau

ÖPP (Öffentlich-Private Partnerschaften),

auch unter dem englischen Begriff PPP

(Public-Private Partnership) bekannt: Privat-

unternehmen und öffentliche Stellen teilen

sich Kosten und Nutzen einer Investition

und/oder der Bewirtschaftung (s. Grafik

Seite 40).

Bei Krankenhäusern jedoch gibt es in

Deutschland bislang keine ÖPP. Dafür gab

es vor allem zwei Gründe. Der erste war

das bisherige duale Finanzierungsmodell,

wonach das Land die Bau- und Investitions-

kosten der Kliniken trug und die Kranken-

kassen die Betriebskosten. Logischerweise

entschied sich das Land stets für die kos-

tengünstigeren Bauangebote, auch wenn

diese höhere Betriebskosten verursachten,

da diese von den Kassen getragen wurden.

Den Krankenhausbetriebswirten konnte es

also schlicht egal sein, ob ein Krankenpfle-

ger beim Essenverteilen 2,5 oder 5,5 Kilo-

meter zurücklegen musste.

Der zweite Grund: die Richtlinien für die

PPP-Fördergelder der Bundesländer. Bei-

spiel: Bei einem Förderverfahren für ein-

zelne Investitionsprojekte muss der Pri-

vatinvestor bereits bei Beantragung der

Fördermittel Detailangaben machen, die er

zu dem Zeitpunkt entweder noch gar nicht

kennt oder die eine hohe Preisgabe sei-

nes internen Know-hows bedeuten. Selbst

wenn der Investor bereit wäre, mit dem Bau

vor Zusage der Fördermittel zu beginnen,

darf er diese Fördermittel dann gar nicht

mehr bekommen. Grund dafür ist ein „haus-

haltsrechtliches Verbot der Förderung be-

reits begonnener Vorhaben“.

Durch die Einführung der Fallpauschalen

entfiel im Jahr 2005 Grund eins. Seither

lohnt es sich für Krankenhäuser, durch In-

vestitionen ihre Betriebskosten zu senken.

Und um Grund zwei noch loszuwerden, gab

das hessische Gesundheitsministerium bei

PwC ein Gutachten in Auftrag. „Eine mo-

derne Krankenhauspolitik muss dafür sor-

gen, dass Ökonomie und Qualität der medi-

zinischen Versorgung kein Gegensatz sind“,

sagt die hessische Sozialministerin Silke

Lautenschläger, und das Gutachten zeigt

den Weg dorthin.

Öffentlich-Private Partnerschaften, so das

Fazit, sind auch in Hessens Krankenhäu-

Skalpell ... Tupfer ...Finanzspritze ...Deutschlands öffentliche Kliniken stecken im Investitionsstau. Partnerschaften mit privaten Investoren können jetzt Abhilfe schaffen.von Geraldine Friedrich

„Viele öffentliche Kliniken müssen sparen, haben aber kein Geld, um die Sparpotenziale zu erschließen.“Harald Schmidt, PwC-Experte für die Gesundheitsbranche

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sern möglich – allerdings nur bei einer Än-

derung der bisherigen Förderpraxis. Künf-

tig soll die Bewilligung von Fördermitteln

auf Grundlage einer „Wirtschaftlichkeits-

untersuchung“ erfolgen. PwC-Gutachter

Schmidt: „Ich war überrascht, wie zielstre-

big und schnell die hessische Regierung

darauf reagierte und nun bereit ist, diese

gesetzliche Hürde abzubauen. Das ist wirk-

lich ungewöhnlich.“

Allerdings stehen die verantwortlichen Ge-

sundheitspolitiker in Ländern und Kommu-

nen auch unter ungewöhnlichem Druck:

Die durch die Fallpauschalen eingeleitete

Konsolidierung der Branchen geht bislang

fast ausschließlich zulasten der öffentlichen

Träger. Schon jetzt hat sich ihr Anteil an den

Kliniken bundesweit deutlich reduziert, und

nach PwC-Prognosen würde mehr als die

Hälfte der bislang noch öffentlich betrie-

benen Krankenhäuser bis zum Jahr 2020 an

private Träger verkauft oder gar geschlos-

sen werden.

Von den 2170 im Jahr 2004 gezählten Akut-

krankenhäusern (also den Standardkliniken)

waren 38 Prozent öffentlich, 39 Prozent

gemeinnützig und 26 Prozent privat ge-

führt. Im Jahr 2020 rechnet PwC mit 1850

Akutkrankenhäusern, von denen 46 Pro-

zent von privaten und nur noch 18 Prozent

von öffentlichen Trägern betrieben werden.

Wenn diese Prognose tatsächlich so ein-

tritt, befürchten Bund, Länder und Kranken-

kassen, dass die großen Klinikketten wie

Rhön, Helios oder Asklepios die Preise und

die Marktbedingungen bestimmen könnten.

Schmidt: „Die Angst wächst, dass Privat-

kliniken ihre Patienten nur noch innerhalb

des eigenen Konzerns hin- und herschicken.

Die freie Wahl des Krankenhauses wäre da-

mit beeinträchtigt.“

Der beste Weg, das zu verhindern: die

Wettbewerbsposition der öffentlichen Kli-

niken zu verbessern. Und zumindest einer

der besten Wege dafür heißt ÖPP. „Öffent-

lich-Private Partnerschaften bieten für

Krankenhäuser die Chance, ihre dringend

notwendigen Investitionen mithilfe privater

Partner zu finanzieren und endlich aus dem

Teufelskreis ‚Kein Geld für Reparaturen –

Betriebskosten steigen weiter – Einnahmen

sinken‘ auszubrechen“, sagt Martin Weber,

Experte für Public-Private Partnership bei

PwC.

Das Prinzip funktioniert so: Der private

Investor, zum Beispiel ein Baukonzern, baut

neue Krankenhäuser beziehungsweise mo-

dernisiert bestehende. Er kümmert sich

auch um die Finanzierung, an der sich Ban-

ken mit Krediten und das Land in Form von

Fördergeldern beteiligen. Anschließend ver-

mietet oder verleast er das Gebäude über

eine vorab festgelegte Dauer, meist 25 bis

30 Jahre, an die Betreiber und bekommt

dafür Miete oder eine Leasinggebühr.

In der Regel sind die Investitionen in die

Gebäude bei allen Modellen sehr hoch.

Durchschnittlich rechnet ein privates Kran-

kenhaus mit Investitionen in Höhe von

180.000 Euro pro Bett, bei den öffentlichen

liegt dieser Betrag bei 200.000 Euro. So

kommen bei einem neu zu planenden 500-

Betten-Haus schnell 100 Millionen zusam-

men. Der Charme der PPP-Lösung liegt

darin, dass sich die hohen Investitionen zu

Beginn über die Projektlaufzeit in deutlich

niedrigeren Betriebskosten niederschla-

gen – Lebenszykluskonzept nennt sich das.

„Derjenige, der baut, muss von vorneherein

überlegen, wie das Krankenhaus im Betrieb

läuft und was es kostet“, erläutert Weber.

Die wichtigsten PPP-Modelle und die häufigsten Anwendungsfelder.

PPP-Anwendungsfelder

So funktioniert PPP

Hoheitsträger einerseits und ein privates Unternehmenandererseits bilden ein Gemeinschaftsunternehmen inprivater Rechtsform, das die öffentliche Aufgabe erfüllt.

Vertrag

Die Verantwortung für die Erfüllung verbleibt beim Ho-heitsträger (Leistungsverpflichtung). Die zur Aufgaben-erfüllung notwendigen Leistungen beschafft sich derHoheitsträger durch einen Vertrag mit einem privatenUnternehmen, das die notwendigen Anlagen betreibtund meist errichtet hat.

Betreibermodell

Auf Grund einer vom Hoheitsträger erteilten Konzessionunterhält das privatrechtlich organisierte Unternehmenunmittelbare Leistungsbeziehungen mit den Bürgern.

Konzessionsmodell

Konzession

Verkehrsinfrastrukturprojekte

Immobilienprojekte(Verwaltungsgebäude, Hoch-schulen und Krankenhäuser)

Logistik mobiler Wirtschaftsgüter(z. B. IT-Bereich, Telefonanlagen,Fahrzeugflotten)

kommunale Ver- und Entsorgung,öffentlicher Nahverkehr

Städtebau, Stadtentwicklung(Planung, Erschließung,Bebauung, Revitalisierung)

Wirtschaftsförderung(Standortförderung unterBeteiligung von Städten undGemeinden)

Infrastrukturentwicklung(Wirtschafts- und Beschäfti-gungsförderung)

Forschung und Entwicklung,Technologietransfer

IT-Projekte (E-Government)

Sicherheitspartnerschaften(Rahmenvereinbarungen,Organisationen des Sicherheits-gewerbes)Quelle: Difu

Kooperationsmodell

öffentlicheHand

privateWirtschaft

öffentlicheAufgabe

Gemeinschafts-unternehmen

„Mit PPP können die Kliniken aus dem Teufelskreis steigender Kosten und sinkender Erlöse ausbrechen.“Martin Weber, PwC-Experte für Public Private Partnership

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Beispiel: Oftmals setzen die Bauherren bei

Böden billige Materialien ein, die später viel

aufwendiger zu pflegen sind und häufiger

repariert werden müssen.

„Sowohl die Baufirmen als auch die Banken

sind sehr interessiert, das wissen wir aus

Gesprächen, die wir bereits geführt haben“,

sagt Schmidt. Die Baubranche könnte neue

Umsatzpotenziale erschließen, für die Ban-

ken fällt das Problem weg, dass die meisten

öffentlichen Krankenhäuser in ihrer bishe-

rigen Bilanzstruktur nach Basel-II-Kriterien

nur beschränkt oder gar nicht kreditwürdig

sind. Auch Private-Equity-Unternehmen be-

ginnen, sich für deutsche Krankenhäuser

zu interessieren. Schmidt: „In sechs Mona-

ten bis zwölf Monaten werden wir auf dem

Krankenhausmarkt mit ganz neuen Interes-

senten zu tun haben.“

PPP bietet aber noch weitere Vorteile: Der

Träger kann fast alle Dienstleistungen wie

Wäscherei, Reinigung, Abfall, aber auch IT

und Diagnostik auslagern. Nur der medizi-

nisch-pflegerische Bereich bleibt als Kern

öffentlich. Die meisten Kosten lassen sich

beim Personal sparen: Im Durchschnitt

wendet eine Privatklinik wie das Rhön-Klini-

kum 56 Prozent ihrer Umsatzerlöse für Per-

sonal auf, bei den von den Kommunen und

Kreisen betriebenen Krankenhäusern sind

es laut Schmidt bis zu 75 Prozent. „Es kann

natürlich sein, dass eine Privatklinik mehr

Dienstleistungen ausgelagert hat und diese

damit unter die Sachkosten fallen, trotzdem

lässt sich sagen: Viele der öffentlich be-

triebenen Häuser arbeiten unwirtschaftlich,

weil sie den Faktor Arbeit nicht durch den

Faktor Kapital ersetzen können.“

Kann also der Teufelskreis von Investitions-

stau, hohen Betriebskosten und geringer

Produktivität durch einen Engelskreis aus

modernen Kliniken mit geringen Betriebs-

kosten und attraktiven Angeboten ersetzt

werden? Schmidt warnt davor, PPP als

„Allheilmittel“ zu sehen. Die durch private

Investitionen erzielten Vorteile kämen nur

zum Tragen, wenn die Krankenhausleitung

sie auch im täglichen Betrieb nutze: „Der

knappste Faktor im Gesundheitswesen

sind Managementkapazitäten, denn gute

Krankenhausmanager wechseln lieber in

die Privatwirtschaft.“ Dort locken weniger

Bürokratie, kurze Entscheidungswege und

die Chance, auch politisch unpopuläre Ent-

scheidungen fällen zu können, etwa stärker

leistungsbezogene Gehälter zu bezahlen.

Noch ein anderer Grund dämpft die ÖPP-

Euphorie. Der ständige Kostendruck im

hoch lobbyisierten Gesundheitssystem wird

es schlicht nicht zulassen, dass sich im Teil-

system Krankenhaus ein Engelskreis bildet.

Wenn die Krankenhäuser mit dem Fall-

pauschalensystem attraktive Profitmargen

erzielen, werden die Vertreter von Ärzte-,

Pharma- oder Kassenlobby schon bald

damit beginnen, die Margen abzuknapsen;

indem sie entweder versuchen, die Fallpau-

schalen wieder zu reduzieren oder das Sys-

tem schlicht zu kippen.

„Natürlich könnten die Krankenkassen auf

die Idee kommen, den Einspareffekt aus

den günstigeren Betriebskosten für sich zu

nutzen“, gibt auch PwC-Experte Schmidt

zu bedenken. Je nachdem, wie drastisch

dann die Umverteilungseffekte ausfallen,

könnten am Ende sogar diejenigen das

Nachsehen haben, die jetzt im Vertrauen

auf die Berechenbarkeit des aktuellen Sys-

tems der Krankenhausfinanzierung in die

Modernisierung investieren.

[email protected]. 069 [email protected] 069 9585-5921

Online-Info: www.pwc.de/de/pwc224

Das neue Fallpauschalensystem der Kranken-hausfinanzierung setzt vor allem die öffent-lichen Kliniken unter Konsolidierungsdruck. ÖPP ist eine attraktive Variante, um die Wett-bewerbsposition zu verbessern.

Klinik-ÖPP im AuslandWährend sich Deutschland mit ÖPP in Krankenhäusern noch schwertut, sind solche Pro-

jekte in vielen anderen Ländern gang und gäbe. In Großbritannien gibt es in der Gesund-

heitsbranche bereits seit über 30 Jahren Öffentlich-Private Partnerschaften. Aber auch in

Japan, Kanada, Spanien und Portugal ent-

stehen Kliniken auf diesem Weg. Im spa-

nischen Maja da Honda existiert dank PPP

ein 900-Betten-Krankenhaus mit einem In-

vestitionsvolumen von 200 Millionen Euro.

Grundsätzlich nimmt international nicht nur

die Zahl der PPP-Kliniken, sondern auch

deren Investitionstiefe zu. Es geht also im-

mer häufiger nicht nur um die Finanzierung

des Baus von Klinikgebäuden und deren In-

standhaltung, sondern auch darum, Dienst-

leistungen wie Catering, IT, Pflege und Re-

habilitation an externe Auftragnehmer zu

vergeben.

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Wer auf Dienstreise geht, hat in der Regel Anspruch auf eine Ver-

pfl egungspauschale. Eine PwC-Studie zu Reisekostenrichtlinien

ergab jedoch unterschiedliche Vorgehensweisen, wenn der Mit-

arbeiter auf Reisen zum Essen eingeladen wird. Die Mehrheit der

Unternehmen kürzt in diesen Fällen die Verpfl egungspauschale

entsprechend. Recht hoch ist allerdings auch der Anteil der Unter-

nehmen, die für diesen Fall keinerlei Regelung getroffen haben.

EinladungsabrechnungAls erster Leiter der Verein-

ten Nationen hat der neue

Generalsekretär Ban Ki-moon

jetzt seine Finanzverhältnisse

veröffentlicht. Nach der von

PwC-Mitarbeitern überprüf-

ten Offenlegung verfügen der

Südkoreaner Ban und seine

Ehefrau über Immobilienbe-

sitz in ihrem Heimatland im

Wert von etwa 1 Million Dol-

lar sowie über mehrere Konten mit insgesamt weniger als 250.000

Dollar Guthaben. Mit dieser Offenlegung seines Vermögens will

Ban Ki-moon ein Zeichen der Transparenz in der zuletzt immer wie-

der von Korruptionsskandalen erschütterten UNO setzen. Sein Vor-

gänger Kofi Annan hatte zwar ebenfalls seine Vermögensverhält-

nisse von PwC überprüfen lassen, die Ergebnisse allerdings nicht

veröffentlicht.

Bonuszahlungen und Aktienoptionen machen nach wie vor einen

Großteil der Gehälter von Vorständen und Topmanagern aus.

Allerdings setzen immer mehr Unternehmen eine Obergrenze für

Erfolgsprämien, wie aus der Studie „Trends bei Mid und Long Term

Incentive Plänen 2006“ von PricewaterhouseCoopers (PwC) her-

vorgeht. Zudem erhalten Manager anstelle von Aktienoptionen zu-

nehmend einen mittel- oder längerfristig orientierten cashbasierten

Bonus, der an konkrete Zielvorgaben geknüpft ist.

Zwar bleibt die Entwicklung des Aktienkurses bei den untersuchten

Incentive-Plänen noch immer der wichtigste Maßstab für die Be-

urteilung der Managementleistung, allerdings gewinnen alterna-

tive Unternehmenskennzahlen an Bedeutung. Auslöser für diesen

Trend ist weniger die zum Teil heftige Kritik von Aktionären und

Öffentlichkeit an der Höhe der Manager-Boni. Vielmehr erwarten

die meisten Unternehmen von der Umstellung eine verbesserte

Anreizwirkung. Für die Studie wurden börsennotierte Unternehmen

aus Dax, MDax, SDax und TecDax befragt.

Fast zwei Drittel der Unternehmen zahlten im Geschäftsjahr 2006

erfolgsabhängige Gehaltsbestandteile nur bis zu einer Obergren-

ze. Diese obere Schranke ist meist über die Steigerung des Aktien-

kurses oder der Entwicklung der verwendeten Kennzahlen festge-

legt. Demgegenüber gab es eine Deckelung der Boni im Jahr 2005

erst bei 56 Prozent und 2004 sogar nur bei 42 Prozent der be-

fragten Unternehmen. Die meisten Incentive-Programme (81 Pro-

zent) sehen eine Sperrfrist von zwei bis drei Jahren für die Aus-

übung einer Aktienoption oder die Auszahlung einer Erfolgsprämie

vor. Demgegenüber ist der Anteil von Programmen mit langen

Sperrfristen von vier und mehr Jahren (drei Prozent) deutlich ge-

ringer. Kommt es zur Auszahlung, sehen 64 Prozent der Incentive-

Pläne eine Barausschüttung und 21 Prozent eine Vergütung durch

Aktienausgabe vor. Bei den verbleibenden 15 Prozent besteht ent-

weder eine Wahlmöglichkeit, oder der Vorstand entscheidet über

die Vergütungsmodalitäten.

Aussagen in Prozent der BefragtenWer auf Dienstreise zum Essen eingeladen wird ...

Quelle: PricewaterhouseCoopers

44... bekommt die

Verpflegungs-pauschalegekürzt

29... muss die Einladung

nicht melden

23... darf das Essen

nicht abrechnen

4... keine Angabe

UNO-Generalsekretär für Transparenz

Boni statt Optionen

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Hotelzimmer kauft man nicht, man mietet.

Es sei denn, man springt auf den Hotel-

„buy-to-let“-Trend auf – und macht beides.

Insbesondere in der Londoner City und dort

insbesondere im Luxushotel-Segment gibt

es immer mehr Hotels, in denen man sein

Eigentumszimmer erwerben kann. Der Ei-

gentümer erwirbt damit das Anrecht auf eine

bestimmte Anzahl von Übernachtungen pro

Jahr sowie auf einen Anteil an den im übri-

gen Jahr mit seinem Zimmer erzielten Miet-

einnahmen. Dieses Angebot wird nicht nur

von ausländischen Geschäftsreisenden an-

genommen, die sich so ihren „Koffer in Lon-

don“ leisten, sondern auch von Londoner In-

vestmentbankern. Wenn die Verhandlungen

zu einem Deal (oder das Beisammensein

danach) mal wieder bis in die Nacht gedau-

ert hat, sparen sie sich so die lange Fahrt ins

private Häuschen im Grünen.

Eigentumshotel

Neue Trends im Risikomanagement ent-

deckte die PwC-Studie „Creating Value:

Effective Risk Management in Financial Ser-

vices“. Während bei Finanzdienstleistern

hier bislang die Anpassung an Vorgaben

der Regulierungsbehörden im Vordergrund

stand, geht es nunmehr bei den Investiti-

onen verstärkt um die Realisierung von zu-

sätzlichem Nutzen. „Bei immer mehr Insti-

tuten setzt sich die Erkenntnis durch, dass

systematisches Risikomanagement Wett-

bewerbsvorteile schafft und damit unmit-

telbar zur Wertsteigerung beitragen kann“,

sagt Stefan Palm, Leiter des PwC-Be-

reichs Financial Services Risk Management.

„Zweifellos können Risikomanager einen

Mehrwert schaffen, indem sie die unter-

schiedlichen regulatorischen Anforderungen

mit der internen Ertrags- und Risikosteue-

rung in Einklang bringen und damit für das

operative Geschäft nutzbar machen.“

Risikomanagement soll sich auszahlen

Drei Fragen an ...... Marion Lörlerzum Eignungstest für Coaches

pwc: PwC prüft nicht nur Bilanzen, sondern

auch Coaches?

Lörler: Nur für den Eigenbedarf. Wir möchten

sicher sein, dass im PwC-Pool nur Coaches

sind, die mit ihrem Gegenüber auf Augen-

höhe agieren können. Sie sollen nicht nur

ihren Job, sondern auch unseren Job verste-

hen, also selbst über Management erfahrung

verfügen.

Mussten Sie aufgrund dieser neuen Vor-

gaben viele Coaches rauswerfen?

Es geht nicht so sehr ums Rauswerfen, son-

dern um die Kontrolle, wer reinkommt. Nur

wenn wir unseren Mitarbeitern gegenüber

klarmachen können, dass ihnen keine Psy-

cho-Scharlatane, sondern professionelle

Business-Coaches gegenübersitzen, kön-

nen wir auch das Image dieser sinnvollen

Dienstleistung verbessern.

Gibt es schon erste Erfolge?

Seit der Einführung des Coach-Pools im

vergangenen Jahr hat sich die Inanspruch-

nahme von Coaches durch unsere Füh-

rungskräfte um 30 Prozent erhöht.

Marion Lörler leitet bei PwC Deutschland die Führungskräfteentwicklung.

ist die Nummer des European Desk bei PwC in Schanghai: Und da der Direktor des Euro-

pean Desk Claus Schürmann heißt und aus Deutschland nach China gekommen ist, gibt

es dort ein besonders offenes Ohr für die Interessen und Anliegen deutscher Unternehmen,

die Geschäfte mit oder in China machen wollen. Ob es um die neuen chinesischen Rech-

nungslegungsstandards geht, um die Gründung von Joint Ventures oder Auslandsnieder-

lassungen, um Zoll- oder Steuerfragen: In den PwC-Büros in Schanghai und Peking sind

sowohl Steuer- als auch Rechtsexperten vor Ort, um den Kunden einen umfassenden Ser-

vice zu gewährleisten. Zum Team gehören unter anderem Jens-Peter Otto und Ralph Dre-

her (Schanghai) sowie Dirk Bongers im Büro Peking. Schürmanns Gegenpart in Deutsch-

land ist Harald Kayser, der Leiter der hiesigen China Business Group: 0711 25034-3115.

+81 21 6123-2372

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Junge UNIONDie alte UNION wurde 144 Jahre. Die neue UNION ist jetzt gute zehn Jahre alt. Mit dem Einstieg eines Finanzinvestors beginnt für sie der nächste Lebensabschnitt.Von Corinna Freudig

Verbindungen: Konrad Fröhlich (o. l.), Werkzeugmaschinenschlosser, weiß alles über Bohrwerke. Die UNION ist der Arbeitsgeber seines Lebens. Sieghard Bender (o. r.) von der IG Metall stand an der Wiege bei der Wiedergeburt der UNION – der Neugründung als Mitarbei-tergesellschaft nach der Insolvenz. Klaus Dornaus (u. r.), PwC-Wirtschaftsprüfer, prüfte das Konzept und gab seinen Segen. Jan Pieter de Graaf (u. l.), Private-Equity-Investor, steht für die neue neue UNION. Er hat 71 Prozent der Anteile übernommen.

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Konrad Fröhlich ist nicht fröhlich. Mit Inves-

toren hat der Werkzeugmaschinenschlosser

keine guten Erfahrungen gemacht. Schließ-

lich haben sie sein Unternehmen, die

UNION Werkzeugmaschinen GmbH Chem-

nitz, in die Insolvenz getrieben. Und zehn

Jahre nachdem eine neue UNION gegrün-

det wurde, als Mitarbeitergesellschaft, da

kommt wieder so ein Investor daher. Über-

nimmt 71 Prozent. Und sieht so gar nicht

aus wie ein Maschinenbauer.

Jan Pieter de Graaf will auch kein Maschi-

nenbauer sein. Mit dunkler Kunststoffbrille,

IWC-Chronometer, Siegelring und akku-

ratem Seitenscheitel würde ihm das auch

keiner abnehmen. De Graaf ist Investor.

Hands-on-Investor, um genau zu sein. Denn

so nennt sich die holländische Private-Equi-

ty-Gesellschaft Nimbus, deren Münchner

Büro er leitet. „Wir übernehmen Unterneh-

men, um sie zu stabilisieren und zu entwi-

ckeln“, sagt de Graaf. „Insofern verstehen

wir uns auch als strategischen Investor.“ Im

Dezember 2006 hat Nimbus 71 Prozent der

UNION übernommen.

Dies ist die Geschichte der UNION seit der

Wende. Eines Unternehmens, das priva-

tisiert wurde und 1996 nicht vor dem Aus,

sondern im Aus stand – weil es Investoren

hatte, die Wettbewerber waren, einen an-

geschlagenen Mutterkonzern hatten und

der UNION das Geld aus der Tasche zogen.

Eines Unternehmens, das sich aus eige-

ner Kraft wieder berappelte. Ohne Investor.

Und das mit Nimbus jetzt wieder einen In-

vestor hat.

Aber der ist anders. Bringt eine Tasche

voller Geld mit. Hält bisher seine Verspre-

chen. Nur wenige Wochen nach dem Ein-

stieg wurde die dringend notwendige neue

Werkzeugmaschine für 1,5 Millionen Euro

bestellt, der Bau einer ebenso notwen-

digen Werkhalle begonnen. Dort soll ein

neuer Maschinentyp gebaut werden, der

im Absatzmarkt Indien gefragt ist. Den hat

die UNION bisher kaum erschlossen, aber

in den künftigen Wachstumsstrategien

spielt er eine wichtige Rolle. „Wir haben so

schnell Investitionszusagen machen kön-

nen“, sagt de Graaf, „weil die UNION gut

aufgestellt ist und es als Basis für die wei-

tere Entwicklung einen sehr gut vorberei-

teten und plausiblen Businessplan gibt.“

Das freut das Geschäftsführer-Duo Kurt

Hermans, den Kaufmann, und Rolf Adams,

den Techniker. Und das freut auch Konrad

Fröhlich. Vielleicht sind ja wirklich nicht alle

Investoren Unheilsbringer. Vielleicht muss

es nicht mit allen so schieflaufen wie da-

mals nach der Wende, als die Treuhand für

die „VEB Werkzeugmaschinenfabrik UNION

Karl-Marx-Stadt und Gera im Kombinat

Fritz Heckert“ zuständig wurde.

Es gibt noch etwas, was Konrad Fröhlich

am Nimbus-Mann Jan Pieter de Graaf gut

findet: Dass er die Kapitalbeteiligung der

Mitarbeiter unterstützt. Denn de Graafs

Großvater in Holland hat das bei seiner Fir-

ma auch gemacht. Deshalb sagt de Graaf

in bestem Investorendeutsch: „Das ist ein

echtes Asset, weil es die Motivation der

Mitarbeiter richtig fördert.“

Ihn hat es nicht gestört, dass UNION-An-

teile – genug für eine Sperrminorität – in

einer Mitarbeitergesellschaft verbleiben.

„Alles in allem“, sagt Konrad Fröhlich, „bie-

tet ein neuer Investor auch gute Chancen,

um die UNION auf Wachstumskurs zu brin-

gen.“ Ein wenig Mut zureden muss er sich

aber schon. Denn das Investoren-Trauma

ist nun einmal da.

Investor Nummer eins war die Schiess-

Gruppe aus Düsseldorf, 1991. Kurze Zeit

später schloss sie den Unternehmens-

standort Gera, an dem Fröhlich arbeitete.

Mit 30 Kollegen aus Gera wurde er weiter-

beschäftigt, in Chemnitz. Noch heute pen-

delt er via Fahrgemeinschaft die rund 70

Kilometer (einfache Strecke), um Bohrwerke

zu bauen.

Wer Bohrmaschine sagt, ist schnell un-

ten durch bei den UNIONern. Denn Bohr-

maschinen können längst nicht das, was

ein Bohrwerk kann: bohren und fräsen für

Windkraftanlagen und Containerschiffe,

Turbinen und Rotoren, für Siemens, BASF,

HDW und Voith. Auf den Platten können

Werkstücke von bis zu zehn Tonnen fest-

geschnallt werden, damit sich die Bohrspin-

del mit ihrem stählernen Zahn in ebenso

stählerne Maschinenleiber fressen kann.

Konrad Fröhlich weiß alles über Bohrwerke.

Mit 14 Jahren hat er 1974 bei der UNION

seine Lehre angefangen. Er war froh, dass

er in Chemnitz weiterarbeiten konnte. Denn

die Alternative hätte damals Arbeitslosig-

keit geheißen. So heißt sie auch noch heu-

te: Chemnitz leidet an Überalterung und

Einwohnerschwund, die Arbeitslosenquote

liegt bei 20 Prozent.

Seine Freude über die Aufnahme in Chem-

nitz ist von kurzer Dauer. Schiess, Tochter

der angeschlagenen Metallgesellschaft aus

dem Frankfurt im Westen, gerät ins Trudeln.

1994 übernimmt die Dörries-Scharmann AG

aus Mönchengladbach. Wie schon Schiess

ein Wettbewerber der UNION und wieder

Tochter einer Mutter mit Schwierigkeiten:

des Bremer Vulkan. Die rutscht in den Kon-

kurs, die UNION rutscht mit. „In unfeiner

Weise wird hier die Deindustrialisierung

Ostdeutschlands praktiziert“, schrieb da-

mals die „Freie Presse Chemnitz“ voller Wut

auf die Wende und den Westen, die UNION-

Geschichte werfe „kein gutes Licht auf den

Durchhaltewillen westdeutscher Unterneh-

men in den neuen Bundesländern.“

1996 ist es vorbei. Im März stellt die Ge-

schäftsführung Antrag auf Konkurs. „Im

Nachhinein war das aber unser großes

Glück“, erzählt Konrad Fröhlich. „Nur weil

wir völlig am Ende waren, konnten wir ganz

neu anfangen.“ 138 Mitarbeiter standen da-

mals bei der UNION in Lohn und Brot. 1989,

zur Zeit der Wende, waren es noch fast 800

gewesen.

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„Die Mitarbeiterbeteiligung ist ein echtes Asset, weil sie die Motivation der Mitarbeiter fördert.“Jan Pieter de Graaf, Deutschland-Chef Nimbus Hands-On-Investors

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In guten wie in schlechten Zeiten: Der kaufmännische Geschäftsführer Kurt Hermans (r.) begleitet die UNION seit zehn Jahren. Als er kam, stand sie vor einem Neuanfang als Mitarbeitergesellschaft, jetzt steht sie mit einem neuen Mehrheitsinvestor wieder vor einem Neuanfang. Dass der gelingt, dabei hilft auch Rolf Adams (l.), seit knapp einem Jahr technischer Geschäftsführer.

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Viele dieser Mitarbeiter sind altgediente

UNIONer. Sie wollen ihren Job nicht kampf­

los aufgeben. Denn: Die Produkte sind gut,

die Auftragsbücher gefüllt, die Pläne für

neue Bohrwerke liegen in der Konstrukti­

onsabteilung, und die UNION ist zwar zah­

lungsunfähig, aber nicht überschuldet. Die

Mitarbeiter besetzen das Werk. Alle 138,

ausnahmslos. Ein Teil arbeitet weiter, die

anderen kontrollieren jedes Fahrzeug auf

dem Werksgelände. Die Investoren haben

schon genug weggenommen – Maschi­

nen abgebaut und Einnahmen aus einem

Grundstücksverkauf auf eigene Konten

übergeleitet.

Zu den Besetzern gehört Sieghard Bender,

damals Erster Bevollmächtigter der IG Me­

tall in Chemnitz. Der Schwabe, heute für

die IG Metall wieder nach Esslingen zurück­

gekehrt, war 15 Jahre in Chemnitz und

kennt die Geschichte der UNION seit der

Wende bis ins letzte Detail. „Das war kein

kaputtes Unternehmen. Deshalb haben wir

es einfach selbst übernommen.“

Eine Konzeptgruppe aus Mitarbeitern,

Geschäftsführung und Gewerkschaft ent­

wickelt ein Rettungsmodell – die Mitarbei­

terbeteiligung. 100 UNIONer sollen für je

10.000 Mark Anteile am Unternehmen kau­

fen und somit eine kapitale Absicherung

für weitere Finanzierungen schaffen. Eine

gewagte Konstruktion – allemal in der Ex­

DDR, wo die Grenzen zwischen Kapital und

Arbeit(er) allen politisch verbreiteten Lügen

zum Trotz unüberbrückbar waren.

Das Konzept wird den Banken vorgestellt

und dem Freistaat Sachsen. Der schickt

es zur Prüfung an Klaus Dornaus, Wirt­

schaftsprüfer und Niederlassungsleiter von

PricewaterhouseCoopers (PwC) in Chem­

nitz. „Ich sollte am Ende sagen: funktioniert,

oder: funktioniert nicht.“ Ein Albtraum­Auf­

trag. „Schlaflose Nächte hat er mir bereitet.

Mir war ja klar, wenn ich sage: Nein, geht

nicht, ist die UNION tot. Und wenn ich Ja

sage und das geht in die Hose, habe ich mit

dem Freistaat ein Problem.“ Zwei Wochen

bunkert er das Papier in der hintersten Ecke

einer Schreibtischschublade.

Dann liest er es und kommt zu der Über­

zeugung: Ja, das kann funktionieren. Noch

nicht genau so, wie es da steht, aber es

geht. Gemeinsam mit der Konzeptgruppe

feilt er an dem Papier, verhandelt mit Ban­

ken und dem Land, das Bürgschaften über­

nehmen sollte.

Am 23. September 1996 ist es so weit. Die

neue UNION wird gegründet als Mitarbeiter­

gesellschaft von 100 Mitarbeitern, vertreten

„Hersteller von Zentren für die Bearbeitung schwerer, großvolumiger Werkstücke der metallverarbeitenden Industrie.“ So liest sich das offiziell. Auf deutsch heißt das: Die UNION baut Bohrwerke, die bei der Produktion von Containerschiffen und Windkraftanlagen bohren und fräsen.

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Kontakt

[email protected]. 0351 4402-760

Mitarbeiterbeteiligung kann auch bei Unter-nehmen in Krisensituationen funktionieren – wenn ein realistischer Business-Plan zugrun-de liegt und Stakeholder wie Banken und die Politik das Konzept unterstützen.

durch einen Beirat, der die Geschäftslei-

tung kontrolliert und unterstützt. In diesem

Beirat: Mitarbeiter, Bank, Vertreter der Stadt,

Arbeitsamt, IG Metall.

Die Neugründung bedeutet jedoch nicht

zwingend einen sofortigen Arbeitsplatz: Nur

13 Mitarbeiter können die Arbeit gleich wie-

der aufnehmen, der Rest bleibt arbeitslos.

„Wir mussten den Kunden erst einmal be-

weisen, dass wir wieder da sind“, erinnert

sich Fröhlich. Schließlich war die UNION

ein halbes Jahr insolvent gewesen, hatte in

dieser Zeit zwar noch Bohrwerke montiert,

für diese jedoch nicht einmal die Gewähr-

leistung übernehmen können. Das haben

nicht alle Kunden durchgehalten.

Die Mitarbeiter halten durch. Obwohl erst

sechs Monate später der letzte der 100 Ge-

sellschafter wieder eingestellt wird.

Das hat Kurt Hermans fasziniert, einen tief

aus dem Westen, aus Aachen, der erst auf

der Karte schauen musste, wo Chemnitz

liegt. Ob er nicht die kaufmännische Ge-

schäftsführung für die UNION übernehmen

wolle, war er gefragt worden. Im Januar

1997 zieht er nach Chemnitz. Heute ist der

mittlerweile 60-Jährige immer noch da. Und

steht wieder an einem Neuanfang, aber

einem, den er maßgeblich mitgestaltet.

Hermans ist schon lange kein Wessi mehr,

sondern ein UNIONer. „Die ist etwas Beson-

deres. Die Initiative, die die Mitarbeiter da-

mals gezeigt haben, gibt es nicht oft. Weder

im Westen noch im Osten.“ Nach dem Neu-

anfang hat er alle Hände voll zu tun, beglei-

tet von Klaus Dornaus, seit der Neugrün-

dung Prüfer und Berater der UNION und

des Beirats. Unter den 100 Mitarbeiterge-

sellschaftern ist keiner, der sich mit Liquidi-

tätsströmen, Refinanzierungen, Kreditlinien

und Bilanzposten auskennt, der Buchhal-

tung oder Berichtswesen aufbauen kann.

Der erste Erfolg zeigt sich 1998: Die Bilanz,

die Klaus Dornaus testiert, weist einen Ge-

winn aus. Und die Zahlen werden immer

schwärzer. Bis 2003. Der Umsatz fällt von

23 Millionen auf 18,5 Millionen Euro. Wirt-

schaftsflaute, Konjunkturkrise, vor allem in

der Old Economy Maschinenbau.

„Das gefiel unserer Hausbank nicht“, erzählt

Hermans. „Schließlich stand die damals

wie alle Banken durch Basel II unter einem

enormen Druck.“ Ein Investor muss her, ver-

langt die Bank. Mit Nachdruck. Auch, als es

längst wieder aufwärts geht. 2004: 21 Milli-

onen Euro. 2005: 22,7 Millionen.

Aber die Zahlen helfen nicht. „Mir war das

unverständlich“, wundert sich Klaus Dor-

naus, „Das Krisenfrüherkennungssystem

hatte hervorragend funktioniert, wir hatten

richtig reagiert, und es war erkennbar, dass

die UNION wieder zu guter Form aufläuft.“

Schwere Zeiten für Kurt Hermans. Nicht nur

wegen der Bank. Auch der technische Ge-

schäftsführer macht ihm das Leben schwer.

Mauschelt und verbündelt sich hinter sei-

nem Rücken. „Und er trieb vor allem in die

Mitarbeiterschaft einen Spaltpilz, indem er

eigene Konzepte mit eigenen Investoren

entwickelte. Da war eine ganz miese Stim-

mung“, sagt IG-Metaller Bender.

Die Bank schaltet einen externen Bera-

ter ein. Er soll die Fortführungsfähigkeit der

UNION als Mitarbeitergesellschaft prüfen.

Das Ergebnis: Die ist gegeben – der Busi-

nessplan ist realistisch, sogar eher konser-

vativ gerechnet, die Risiken sind vernach-

lässigbar. Hilft nichts. Die Bank fordert

einen Investor. Sieghard Bender glaubt, den

Grund zu kennen: „Das Modell der Mitar-

beitergesellschaft war in der Region nicht

gewollt und hatte politisch nicht viel Rü-

ckendeckung, außer von Ministerpräsident

Kurt Biedenkopf. Und als der aus dem Amt

schied, gab es keine Unterstützung mehr.“

Dann geht der ungeliebte Geschäftsführer-

kollege, sein Nachfolger: Rolf Adams. Er

versteht sich gut mit Kurt Hermans, die bei-

den ziehen an einem Strang. Mittlerweile

hat Hermans der Bank seinen Wunsch-

Investor präsentiert. Sie lehnt ihn ab, weil

er nicht genügend Anteile übernehmen will.

Sie besteht auf einem externen M&A-Bera-

ter. Der stellt im Frühjahr 2006 den Kontakt

zu Nimbus her.

Mit Nimbus wird verhandelt, lange verhan-

delt. „Wir hatten drei Ziele“, sagt Kurt Her-

mans: „Die UNION sollte in ihrer Struktur

erhalten bleiben, mit einer eigenen Kons-

truktionsabteilung, einem eigenen Rech-

nungswesen und so weiter. Sie sollte am

Standort Chemnitz bleiben. Und ein Teil der

UNION sollte in der Hand der Mitarbeiter

bleiben.“ Die Verhandlungen dauern lange,

bis Dezember 2006. Schließlich übernimmt

Nimbus 71 Prozent des Stammkapitals. Die

Mitarbeiter schließen sich in der UNION

Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft mbH

zusammen und behalten eine Sperrmino-

rität. Ein Beirat mit Vertretern der Mitarbei-

tergesellschaft und Nimbus berät die Ge-

schäftsführung und diskutiert strategische

Entscheidungen.

Dass es seitens der Mitarbeitergesellschaft

ein Mitsprache- und Vetorecht für den Exit

gibt, den Finanzinvestoren irgendwann im-

mer anstreben, stört Hands-on-Investor

de Graaf nicht: „Ein Engagement ist ohne-

hin nur dann erfolgreich, wenn am Ende alle

Beteiligten etwas davon haben.“

Ende 2006 beschäftigte die UNION 154

Mitarbeiter. Der Umsatz lag mit rund 25,8

Millionen Euro so hoch wie nie seit der

Wende. Es gibt keinen Grund für Konrad

Fröhlich, nicht fröhlich zu sein. Seine Stim-

mung ist zwar noch immer verhalten, aber

nicht pessimistisch. „Es kam gut an“, sagt

er, „dass das Nimbus-Management letztes

Jahr, noch vor dem Einstieg bei uns, an der

Zehnjahresfeier zur Gründung der UNION

als Mitarbeitergesellschaft teilgenommen

hat.“ Manchmal sind es die kleinen Dinge,

die zählen.

„Der Konkurs war unser Glück. Nur weil wir völlig am Ende waren, konnten wir neu anfangen.“Konrad Fröhlich, Werkzeugmaschinenschlosser

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„Was kümmern mich latente Steuern in

der Zukunft – mit den jetzt realen habe ich

schon genug zu tun.“ Der Stoßseufzer eines

Vorstandschefs ist nachvollziehbar, ver-

kennt jedoch die Bedeutung dieses Themas.

Dabei genügt ein Blick in den Wirtschafts-

teil: Ein großer Konzern gab einen Steuer-

aufwand von rund 600 Millionen Euro an.

Doch wie der Geschäftsbericht offenbart,

besteht ein künftiger Ertrag durch latente

Steuern; ohne diesen wäre der Aufwand

deutlich höher – fast 900 Millionen Euro.

Durch IFRS werden latente Steuern zu

einem immer wichtigeren Thema für die

Unternehmensleitungen. Denn bei IFRS

weichen die Wertansätze an vielen Stel-

len von der Steuerbilanz ab. Diese Unter-

schiede können in späteren Jahren zu ei-

ner steuerlichen Be- oder Entlastung des

Unternehmens führen – durch künftige

Steueransprüche (aktive latente Steuern)

oder Steuerverpflichtungen (passive latente

Steuern). Daher sind beide in den Büchern

des Geschäftsjahres zu berücksichtigen.

Während das deutsche Bilanzrecht bisher

nur vergleichsweise überschaubare Vor-

schriften zu latenten Steuern enthielt, be-

stehen in den IFRS sehr komplexe Vor-

gaben, und mit vielen der Bestimmungen

betreten die deutschen Konzerne steuer-

liches wie bilanzielles Neuland.

Die Schonzeit dafür ist bereits vorbei. Denn

seit letztem Jahr haben gerade Unterneh-

men, die IFRS-Jahresabschlüsse vorlegen,

mit einer genaueren Prüfung zu rechnen,

so Sven Fuhrmann, Steuerexperte bei

PricewaterhouseCoopers (PwC): „Seit 2006

kann die Deutsche Prüfstelle für Rechnungs-

legung (DPR) die Prüfung von Konzernab-

schlüssen nach IFRS vornehmen. Und sie

tut es auch.“ Schon für 2006 waren rund

150 Unternehmen zur Überprüfung der

Jahresabschlüsse vorgesehen, schließlich

ist allein die Steuerposition in den Jahres-

abschlüssen enorm: 23 Milliarden Euro – so

hoch waren zusammengenommen die Ver-

lustvorträge aller Dax-30-Unternehmen im

Jahr 2005.

Die latenten Steuern sind damit alles ande-

re als ein buchhalterischer Korrekturposten,

sondern sie liefern wichtige Informationen

für das Management. So kann ein Anstei-

gen aktiver latenter Steuern mit einer Zu-

nahme der Verlustvorträge zusammenhän-

gen, was ein Warnzeichen für krisenhafte

Entwicklungen sein kann. Denn jede Ände-

rung einer Bilanzposition löst meist auch

latente Steuern aus. Werden zum Beispiel

Wertpapiere bei einer Neubewertung ein-

schließlich stiller Reserven bilanziert, wäre

es nicht zutreffend, den gesamten unrea-

lisierten Gewinn auszuweisen. Denn das

Unternehmen könnte bei einem Verkauf der

Papiere nur über den Betrag verfügen, der

nach Abzug der Steuern verbleibt. Daher

werden zur Aktivierung der stillen Reserven

im Jahresabschluss parallel passive latente

Steuerpositionen gebildet.

International haben latente Steuern ein we-

sentlich höheres Gewicht als im HGB. Dort

machte die Steuerberichterstattung nur ei-

nen Bruchteil dessen aus, was US-GAAP

und IFRS den Experten im Rechnungs- und

Steuerwesen abverlangen. Die formalen

Anforderungen an einen HGB-Konzernab-

schluss haben sich in den letzten zehn Jah-

ren kaum geändert. Wer jedoch heute unter

IFRS die Bücher eines kapitalmarktorien-

tierten Unternehmens führt, muss sich be-

reits für jeden Quartalsabschluss auf neue

Anforderungen einstellen, so Rüdiger Loitz,

bei PwC Mitglied der International Repor-

ting Group: „IFRS ist viel weniger fehler-

tolerant, sondern fordert höchste Professio-

nalität von Steuer- wie Bilanzfachleuten.“

Jede Unternehmensführung ist schließlich

dafür verantwortlich, einen Jahresabschluss

vorzulegen, der den gesetzlichen Anforde-

rungen entspricht. Eine nachträgliche Än-

derung, ein sogenanntes Re-Statement,

gilt als Alarmfall für jeden CEO eines ka-

pitalmarktorientierten Konzerns – welcher

Vorstand macht schon gern alte Jahres-

abschlüsse wieder auf, um Positionen zu

korrigieren? Daher muss der Vorstand

durch belastbare Prozesse im Unternehmen

sicherstellen, dass im Zahlenwerk auch die

richtigen Zahlen enthalten sind.

Ob diese Zahlen schwarz oder rot sind,

hängt nicht zuletzt von den latenten Steu-

ern in der Bilanz ab, weiß PwC-Berater

Sven Fuhrmann. Denn immer noch gelte

die alte Weisheit der Buchhalter: „Weißt du

nicht wohin, buche gegen Gewinn.“

Keine FisilatentenIn IFRS-Bilanzen spielen latente Steuern eine weit wichtigere Rolle als nach HGB. Die Gefahr eines Re-Statements steigt damit drastisch. Von Alexander Ross

[email protected]. 069 [email protected]. 0211 981-2839

Online-Info: www.pwc.de/de/pwc223

Die Wertansätze in Steuerbilanz und IFRS- Bilanz unterscheiden sich so stark, dass latente Steuern vom Nebeneffekt zur relevan-ten Bilanzposition werden – und eine entspre-chend aufwendige Behandlung erfordern.

Welcher Vorstand macht schon gerne alte Jahresabschlüsse wieder auf?

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So sieht es aus, wenn ein 20-Euro-Vermögen durchleuchtet wird. Transparenz bei großen Vermögen bringt eine neue PwC-Software.

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Control kann man mit Kontrolle überset­

zen. Aber Wealth Control besser nicht mit

Vermögenskontrolle. Denn in diesem Wort

schwingt zu sehr die große Neugier von

dritter Seite mit, insbesondere von Staat

und Fiskus, die gerne einen möglichst ge­

nauen Einblick in die Vermögenswerte ihrer

Bürger nehmen würden – um einen mög­

lichst großen Anteil davon umzuverteilen.

Die bessere Übersetzung heißt Vermögens­

controlling. Denn so wie die komplexen

Strukturen und Prozesse in großen Unter­

nehmen ein professionelles Controlling nö­

tig machen, erfordern auch die komplexen

Strukturen großer Vermögen eine professio­

nelle Herangehensweise, um den Überblick

zu behalten oder zu bekommen. Da gibt es

mobile und immobile Vermögenswerte, die

aktiv oder gar nicht gemanagt werden, die

in den unterschiedlichsten Varianten auf

die einzelnen Familienmitglieder verteilt

sind und sowohl aktuell als auch im Erbfall

die verschiedensten steuerlichen Konse­

quenzen mit sich bringen. Und es gibt in

der Regel Menschen, die sich um Bewah­

rung und Vermehrung dieser Vermögens­

werte kümmern – aber häufig keinen, der

von einem unabhängigen Standpunkt aus

auf die Ergebnisse schaut.

Viele Banken und Vermögensverwalter

haben sich auf die Betreuung großer Ver­

mögen spezialisiert, und in der Regel ver­

fügen sie auch selbst über Produkte, die

Teil des jeweiligen Portfolios sein können.

PricewaterhouseCoopers (PwC) verkauft

selbst keine Anlageprodukte und gibt keine

Aktientipps. Deshalb ist das Unternehmen

besser geeignet, unabhängig und neutral

den Umgang mit großen Vermögen zu be­

werten.

Dabei wurden gute Erfahrungen mit einer

speziell auf diese Anforderungen zuge­

schnittenen Software gemacht. Dieses Ins­

trument hat sich so gut entwickelt, dass es

nun allen vermögenden Privatpersonen und

Familien angeboten werden kann, die PwC

für die steuerliche Optimierung ihrer Port­

folios und Transaktionen beauftragen. Denn

mit „Private Wealth Control“ kann PwC

zwar nicht den Vermögensberater ersetzen,

aber feststellen, ob dieser im Vergleich zu

anderen seinen Job gut gemacht hat.

Das PwC­Vermögenscontrolling geht nach

einem dreistufigen Ansatz vor: Bestands­

aufnahme, Performance­ und Strukturanaly­

se und schließlich steueroptimierte Struktu­

rierung des Vermögens. Beim ersten Schritt,

der Bestandsaufnahme, scheint es sich um

eine pure Selbstverständlichkeit zu han­

deln. Aber gerade bei Unternehmerfamilien,

die seit mehreren Generationen erfolgreich

agieren, ist es eine komplexe, manchmal

geradezu detektivische Angelegenheit, alle

Vermögenswerte auf einer vergleichbaren

Basis darzustellen. Verschiedene Unter­

nehmen sind in verschiedenen Holdings mit

verschiedenen Anteilsverhältnissen organi­

siert, verschiedene Familienstämme haben

sich mal geteilt, mal vereint, mal gestritten,

mal versöhnt, und alles hatte und hat noch

immer Auswirkungen auf die Organisation

der Vermögenswerte.

Von diesen ist wiederum nur ein kleiner Teil

einfach und zweifelsfrei bewertbar, etwa

börsennotierte Aktien. Für Immobilien hin­

gegen, für GmbH­Anteile oder den Picas­

so im Salon werden keine Kurse gestellt. Je

größer und gestreuter das Vermögen, desto

schwieriger ist es folglich, allein den Be­

stand festzustellen.

Im zweiten Schritt geht es um die Analyse

von Vermögensperformance und ­struk­

tur. Welche Vermögenswerte werfen welche

Renditen ab? Sind die vorgegebenen An­

lagestrategien eingehalten worden? Was

kommt insgesamt am Ende für die Eigen­

tümer heraus, und das nicht nur vor, son­

dern auch nach Steuern? So kann bei der

Performanceberechnung der Vermögens­

verwalter durchaus zu anderen Ergebnissen

kommen als PwC, woraufhin es dann die

Ursache zu eruieren gilt.

Dies gilt insbesondere in der anschließen­

den dritten Phase, wenn es um die mög­

lichen steuerlichen Auswirkungen einzelner

Vermögenstransaktionen geht. Hier berüh­

ren sich schließlich die Transparenz schaf­

fende Tätigkeit des Vermögenscontrol­

ling und die Wert schaffende Tätigkeit der

steuerlichen Beratung. Denn je klarer die

Informationen über Bestand und Entwick­

lung eines Familienvermögens sind, desto

leichter und exakter fällt auch die steuer­

optimierte Strukturierung des Vermögens.

Vermögen ist gut ...... mit Controlling noch besser. Mit einer neuen PwC­Software kann geprüft werden, wie gut der Vermögensverwalter seinen Job macht.Von Carsten Rössel und Margot Voß­Gießwein

[email protected]. 0211 981­7141margot.voss­[email protected]. 0211 981­2708

Online­Info: www.pwc.de/de/pwc222

Je größer und komplexer ein Vermögen ist, desto schwerer fällt es, die Qualität der Vermögensverwaltung zu beurteilen. Das PwC­Vermögenscontrolling ermöglicht es, den Überblick zu behalten.

Schon die Bestandsaufnahme von Vermögens­werten kann detektivisches Vorgehen erfordern.

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Publikationen

Global BusinessRestructuringImmer mehr Unternehmen verlagern Funk-

tionen ins Ausland. Die wichtigsten Ziele:

Senkung von Produktionskosten, Erschlie-

ßung neuer oder bessere Bedienung be-

stehender Absatzmärkte und nicht zuletzt

die Nutzung von Steuervorteilen. Aufgrund

der zunehmenden Wichtigkeit von Funk-

tionsverlagerungen hat PwC Deutschland eine Befragung zu deren

steuerlicher Behandlung durchgeführt. Untersucht wurden dabei die

Regelungen in 18 Ländern in Europa, Nordamerika und Asien. Die

Studie zeigt die exponierte Stellung Deutschlands bei dieser The-

matik im internationalen Vergleich; die Aussagen können Ausgangs-

punkt für Überlegungen zu steuerlichen Gestaltungen sein.

Ihr Ansprechpartner:

[email protected], Tel. 069 9585-5835

Download unter: www.pwc.de/de/pwc 216

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gen

Making AcquisitionsTransparentDie IFRS zu Merger Accounting, IFRS 3,

IAS 36 und IAS 38, haben die Zugangs-

wie auch die Folgebilanzierung von Akqui-

sitionen grundlegend verändert. Die damit

angestrebte stärkere Transparenz soll den

Kapitalmarktteilnehmern einen tieferen

Einblick in Unternehmenserwerbe und

ihre zukünftigen finanziellen Auswirkungen verschaffen. Insbeson-

dere betreffen die Neuregelungen die Errechnung von Fair Value und

Goodwill bei übernommenen Vermögenswerten sowie die Durchfüh-

rung von Impairment-Tests. Für das Jahr 2005 (das erste Jahr der

verpflichtenden IFRS-Anwendung in der EU) untersuchte die Uni-

versität Gießen im Auftrag von PwC, wie die im jeweiligen Top-Index

gelisteten Unternehmen in 17 europäischen Ländern in ihren Kon-

zernabschlüssen mit diesen Regelungen umgegangen sind.

Ihr Ansprechpartner:

[email protected], Tel. 069 9585-5704

72 Seiten, 19,80 Euro, Bestellmöglichkeit: www.pwc.de/de/pwc217

Reform des Umwand-lungssteuerrechtsLebhaft diskutiert und jetzt verabschiedet:

Das „Gesetz über steuerliche Begleitmaß-

nahmen zur Einführung der Europäischen

Gesellschaft“ (SEStEG) ermöglicht innerhalb

der Europäischen Union grenzüberschrei-

tende Umwandlungen und erleichtert die

Wahl der Rechtsform. Praktiker müssen die neue Rechtslage jetzt

schnell anwenden. Was ist neu am auch „Neues Umwandlungs-

teuergesetz“ genannten SEStEG? Wie wirken sich die vielfältigen

Änderungen in den verschiedenen Steuergesetzen aus – im Um-

wandlungs-, Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Außen-

steuergesetz? Die PwC-Herausgeber dieses Buches über „Aus-

wirkungen des SeStEG auf Reorganisationen und internationale

Entstrickungen“ zeigen viele neue Gestaltungsmöglichkeiten. Bei-

spiele aus der Unternehmenspraxis erleichtern die Umsetzung.

Ihr Ansprechpartner:

[email protected], Tel. 069 9585-6459,

Schäffer-Poeschel-Verlag, 340 S., 79,95 Euro ISBN: 3-7910-2516-3

Pharmaindustrie in derVertrauenskriseEs ist schwer nachvollziehbar, dass eine

Branche, deren Ziel es ist, Leben zu ret-

ten und die Gesundheit zu erhalten, eine

so schlechte Reputation hat. Doch die

Pharmaindustrie hat aus mehreren Grün-

den in den letzten Jahren Vertrauen bei

Patienten, Versicherungen, Ärzte und Regulatoren verloren. Die Be-

richterstattung über unerwartete Nebenwirkungen gehört ebenso

hierzu wie zum Teil überzogene Marketingbemühungen. Zum Teil je-

doch, so diese PwC-Studie für den US-Pharmamarkt, resultiert das

schlechte Image der Pharmabranche auch aus Unkenntnis der Ver-

braucher. Die Studie geht detailliert auf die Gründe für diesen Ver-

trauensverlust ein und zeigt Möglichkeiten zur Umkehr des Trends.

Ihr Ansprechpartner:

[email protected], Tel. 030 2636-5217

Download unter: www.pwc.de/de/pwc218

Page 55: Juli 2007 pwc€¦ · schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4 Interview: Frank Brown Der INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern

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M&A im BereichFinancial ServicesDiese (englischsprachige) PwC-Studie

zeigt: Die Fusionswelle im europäischen

Finanzdienstleistungssektor ist 2006 wei-

ter angestiegen. Das Volumen der Zusam-

menschlüsse und Übernahmen legte im

Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent

auf 137 Milliarden Euro zu. Innerhalb des

Finanzsektors führen auch 2007 die Banken die Konsolidierung an.

Anders als im Vorjahr waren es dabei vor allem nationale Übernah-

men, die für die Fusionsdynamik sorgten: Hier verdreifachte sich das

Transaktionsvolumen auf rund 76 Milliarden Euro und überholte damit

die grenzüberschreitenden Transaktionen. Die deutschen Kreditinsti-

tute und auch die übrigen heimischen Finanzdienstleister waren aller-

dings 2006 eher Zuschauer als Beteiligte des Fusionsgeschehens.

Ihre Ansprechpartner:

[email protected], Tel. 0211 981-2362

[email protected], Tel. 069 9585-5803

Download unter: www.pwc.de/de/219

Private EquityTrend Report 2007Vor dem Hintergrund des geplanten Private-

Equity-Gesetzes befragte PwC führende

Vertreter internationaler Beteiligungsgesell-

schaften über die Zukunft von Private Equi-

ty in Deutschland und weltweit. Dabei zeigte

sich die ungebrochene Attraktivität deutscher

Zielobjekte: 67 Prozent der befragten Private-

Equity-Fonds mit Sitz im Ausland wollen im laufenden Jahr über Invest-

ments in Deutschland verfügen, 4 Prozentpunkte mehr als 2006. Die

Mehrheit der Befragten ist für die Branchenentwicklung in Deutschland

zuversichtlich: 56 Prozent von ihnen erwarten, dass bis 2012 die Rah-

menbedingungen für Private-Equity-Investitionen Deutschlands ver-

bessert werden, nur 12 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus.

Ihr Ansprechpartner:

[email protected] Tel. 069 9585-1251

Download unter: www.pwc.de/de/pwc 200

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© Juli 2007. PricewaterhouseCoopers AG

PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständi-gen und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der PricewaterhouseCoopers International Limited.

PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.

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Page 56: Juli 2007 pwc€¦ · schaftselite von morgen, ihre Hoffnungen, Ziele und Ängste. Seite 4 Interview: Frank Brown Der INSEAD-Dekan über den Unterschied zwischen Managern und Leadern

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Erfolgsformeln

Das ist die Formel dafür, dass die USA einer weltweiten Koalition für den Klimaschutz beitreten und verstärkt in Umweltschutz-Technologien investieren. Die Formel stammt von der Berliner Umweltöko-nomin Claudia Kemfert. Was sie sonst noch zum Klimawandel berechnet? Siehe Seite 32

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