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Juristische Falltechnik in der verwaltungsrechtlichen Praxis – Grundlagen - Referentin: Dr. Carolyn Tomerius, Rechtsanwältin VAk Berlin

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Juristische Falltechnik in der verwaltungsrechtlichen Praxis

– Grundlagen -

Referentin:Dr. Carolyn Tomerius, Rechtsanwältin

VAk Berlin

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 2

Dr. Carolyn Tomerius, Rechtsanwältin Lebenslauf geboren 1968 in Niedersachsen verheiratet, Mutter von 3 Kindern Studium der Rechtswissenschaften in Bonn 1993 - 1994 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni GH

Essen; Promotion an der Ruhr-Universität Bochum Referendariat am Kammergericht Berlin mit Stationen u.a.

beim VG Berlin und der Senatsverwaltung für Wirtschaft 1998 Verwaltungsrichterin seit 1998 Rechtsanwältin in Berlin Lehrbeauftragte u.a. an der HWR Berlin und der

Verwaltungsakademie Berlin (Staats- und Verwaltungsrecht)

Publikationen u.a. im Verwaltungs – und Energierecht

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Dr. Carolyn TomeriusVerwaltungsrecht 3

Veranstaltungsplan (I)

I. Grundlagen des Verwaltungshandelns1) Begriff und Gegenstand der öffentlichen Verwaltung 2) Rechtsquellen und ihre Ordnung3) Handlungsformen der Verwaltung4) Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung5) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

II. Grundlagen und Methodik der Fallbearbeitung1) Urteils-/Bescheid- und Gutachtenstil2) Aufbau von Rechtsnormen3) Unbestimmte Rechtsbegriffe4) Gebundene Entscheidung und Ermessen 5) Auslegung von Gesetzen; typische juristische Argumente

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Dr. Carolyn TomeriusVerwaltungsrecht 4

Veranstaltungsplan (II)III. Der Verwaltungsakt

1) Begriff und Tatbestandsmerkmale2) Wirksamkeit, Bestandskraft, Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit des Verwaltungsaktes 3) Bekanntgabe und Zustellung4) Fehler im Verwaltungsverfahren, Heilung und Unbeachtlichkeit

IV. Rechtsschutz1) Widerspruchsverfahren2) Überblick über Klagearten3) Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes

V. Aufbau von Ausgangs-, Abhilfe- und Widerspruchsbescheid

VI. Ausgewählte Probleme und Fälle des Allgemeinen und Besonderen Verwaltungsrechts

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„Stilarten“

1. Obersatz2. Voraussetzungen3. Subsumtion4. Ergebnis

(„mithin“, „also“, „folglich“, „demnach“ ...)

Im Gutachten, insbesondere bei Problemen

1. Ergebnis2. Begründung

(„weil“, „denn“...)

In Urteil und Bescheid; nur für unproblematische Stellen im Gutachten

Gutachtenstil Urteils-/Bescheidstil

Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht

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Dr. Carolyn TomeriusVerwaltungsrecht 6

Verwaltung

= Vollzug der Gesetze (Exekutive)(nicht:Legislative, Judikative)

Außenrecht

formelles Gesetz Rechtsverordnung Satzung Gewohnheitsrecht _____________ Verwaltungsakt öffentlich-rechtlicher Vertrag schlichtes Verwaltungshandeln

Rechtsquellen/-formen der Verwaltung

Innenrecht

Verwaltungsvorschriften Einzelanweisungen, Erlass

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Dr. Carolyn TomeriusVerwaltungsrecht 7

Rechtsnormenabstrakte Regelungen generelle Regelungen

Regelung einer unbestimmten Vielzahl von

Fällen

Richten sich an einen jetzt noch nicht im einzelnen

bekannten Personenkreis

Gesetze von Bundestag und Landtagen

Rechtsverordnungen (Art. 80 GG) Satzungen

individuelle Einzelfallregelung

konkreter Einzelfall

Gesetz im formellen Sinn

Gesetz im materiellen Sinn

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Rechtsverordnung

• materielles Gesetz, da von Organen der vollziehenden Gewalt erlassen ( formelles Gesetz)

• allgemeiner Inhalt ( Einzelfallregelung durch VA)• Rechtssatz mit Außenwirkung ( Verwaltungsvorschriften)• Veröffentlichung in Gesetz- und Verordnungsblättern

( Verwaltungsvorschriften)

= allgemeinverbindliche Anordnung für eine unbestimmte Vielzahl von Personen; Merkmale:

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Voraussetzung zum Erlassvon Rechtsverordnungen

Art. 80 Abs. 1 GG

Ermächtigungsnorm muss Inhalt, Zweck und Ausmaß regeln (keine „gesetzesvertretende Verordnung“)

Verordnung muss Rechtsgrundlage nennen

Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht

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Verwaltungsvorschriften

Arten Merkmale

norminterpretierend normkonkretisierend ermessensdirigierend

nur Innenrecht, keine unmittelbare Außenwirkung

können nicht RGL für belastende VAe sein

mittelbare Außenwirkung („Selbstbindung der Ver-waltung“, Art. 3 Abs. 1 GG)

= Anordnung der vorgesetzten gegenüber der nachgeordneten Behörde, die innerhalb der Verwaltung

für eine Vielzahl von Fällen gelten soll (z.B. „Runderlasse“, Dienstanweisungen, Vollzugsbestimmungen, Richtlinien)

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Gewohnheitsrecht

Rechtsquelle des ungeschriebenen Rechts;zwingende Voraussetzung:

1. allgemeine Übung,2. allgemeine Überzeugung, dass die Anwendung

rechtlich geboten ist

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Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

Vorrang des Gesetzes Vorbehalt des Gesetzes

„Kein Verwaltungshandeln gegen Gesetz“

„Handeln nur mit Gesetz“

= Totalvorbehalt (+) bei Eingriffen in Freiheit

und Eigentum des Bürgers und

bei für den Bürger besonders bedenklichen Angelegen-heiten (Wesentlichkeitstheorie)

/

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Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes (I)

I. Vorrang des Gesetzes = Art. 20 III GG = Rangfolge der Normen

GG

Gesetze desBundestages

RVO und Satzungen des Bundes

Landes-verfassung

Gesetze desLandtages

RVO und Satzungender Länder

Art. 31 GG

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Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes (II)

II. Vorbehalt des Gesetzes hergeleitet aus:

DemokratieprinzipRechtsstaatsprinzipGrundrechten

= jedes Handeln der Verwaltung, das in Freiheit und Eigentum des Bürgers eingreift, bedarf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage; weites Verständnis wegen Art. 2 Abs. 1 GG!

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Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips:staatliches Handeln, das in Freiheit des Bürgers eingreift, muss verhältnismäßig sein, d.h.:

1. legitimen Zweck verfolgen2. geeignet3. erforderlich4. angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinn)

sein.

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Rechtsnormen

Tatbestandsvoraus-setzungen;

„wenn…“

• enthält oft:unbestimmte Rechtsbegriffe

gebundene oder Ermessensent-scheidung

„dann…“

• auch hier unbestimmte Rechtsbegriffe möglich

Tatbestand Rechtsfolge

Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht

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= Inhalt wird nicht durch festumrissenen Sachverhalt ausgefüllt, sondern muss durch die Rechtsanwender auf einen gegebenen

Tatbestand im Einzelfall fixiert werden

• tatsächlich (z.B. „Dunkelheit“)• rechtlich (z.B. „notwendige Maßnahme“, „Gefahr für

öffentliche Sicherheit und Ordnung“)

Gerichtlich voll überprüfbar; Ausnahme: Beurteilungsspielraum (z.B. Prüfungsentscheidungen, beamtenrechtliche Beurteilungen)

Unbestimmter Rechtsbegriff

Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht

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Gebundene und Ermessensentscheidung

= Verwaltung wird bestimmtes Tun oder Unterlassen zwingend vorgeschrieben

volle gerichtliche Überprüfung

= Gesetz überlässt es der Verwaltung,

ob sie einschreitet(sog. Entschließungs-ermessen)

wie sie einschreitet(sog. Auswahlermessen)

Gericht überprüft nur auf Ermessensfehler(§ 114 VwGO)

„Muss-Vorschrift“ „Kann-Vorschrift“

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 19

Ermessensfehler

Verwaltung sieht nicht, dass ihr Ermessen zusteht; stellt gar keine Ermessenserwä-gungen an

wählt eine Rechtsfolge, die den Rahmen der Ermessensvor-schrift überschreitet

Verwaltung trifft Entscheidung aufgrund sach- oder gesetzes-widriger Erwä-gungen, insbesondere Verstoß gegen Grundrechte und Grundsatz der Verhältnismäßig-keit

Ermessens-nichtgebrauch

Ermessens-überschreitung

Ermessens-fehlgebrauch

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Ermessensentscheidungen in 3 Arten

• sog. gebundenes Ermessen („soll“)

= Verwaltung darf nur in besonderen Ausnahmefällen von der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge abweichen

sog. pflichtgemäßes Ermessen („kann“, „darf“ ...)

= Verwaltung darf im Rahmen des Zwecks der Ermächtigung und der gesetzlichen Grenzen des Ermessens frei entscheiden(§ 40 VwVfG)

= in besonderen Einzelfällen ist nur eine Entscheidung der Verwaltung ermessens-fehlerfrei. Anspruch auf ermessensfehler-freie Entschei-dung wandelt sich um in Rechts-anspruch auf bestimmtes Tun

„Soll-Vorschriften“

„Kann-Vorschriften“

„Ermessensreduzie-rung auf

Null“

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„Selbstbindung der Verwaltung“

• Handelt die Verwaltung in gleich gelagerten Fällen nach– Ermessen– bestimmten internen Verwaltungsvorschriften– feststehender Übung,darf sie hiervon ohne sachlichen Grund nicht abweichen.

Grund: Art. 3 Abs. 1 GG; aber: „Keine Gleichheit im Unrecht“

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Auslegungsmethoden

• Wortlaut („grammatikalisch“)• Gesetzeszusammenhang („systematisch“)• Gesetzesgeschichte („historisch“)• Sinn und Zweck der Norm („teleologisch“) Normen, die im Rang unter dem GG stehen, müssen

verfassungskonform ausgelegt werden, also so, dass den Grundrechten weitestmöglich Geltung verschafft wird (Grenze: Gesetz ist völlig eindeutig)

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 23Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 23

(Gesetzes-)Analogie

1. Regelungslücke2. planwidrig, d.h. nicht gewollt3. vergleichbare Interessenlage zwischen dem

geregelten und dem ungeregelten Fall

Grundsätzlich zulässig, da Anwendung des Gleichheitssatzes; Ausnahme: keine Analogie im Strafrecht zulasten des Beschuldigten

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= bestehende gesetzliche Regelung wird auf einen nicht gesetzlich geregelten

Fall entsprechend angewendet

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 24Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 24

Umkehrschluss/Gegenschluss

Voraussetzung: durch Auslegung wird ermittelt, dass das Gesetz eine plangemäße Lücke beinhaltet

= „Gegenstück“ zur Analogie; die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen

ungeregelten Tatbestand wird ausgeschlossen, weil das Gesetz den

nicht geregelten Fall gerade nicht erfassen will, sog. argumentum e

contrario

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 25Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 25Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 25

Erst-Recht-Schluss

Voraussetzung: durch Auslegung wird ermittelt, dass das „Kleinere“ Teilmenge der Prämisse, des „Größeren“ ist

= argumentum a maiore ad minus; logischer Schluss vom „Größeren zum

Kleineren“, vom „Strengeren zum Leichteren“; stellt das Gesetz gewisse

strenge Voraussetzungen für die Ausübung eines Rechts z.B. auf

Rechtsfolgen-seite auf, dann darf „erst recht“ die weniger einschneidende

Rechtsfolge gewählt werden

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Der Verwaltungsakt (VA)(§ 35 S. 1 VwVfG)

• Maßnahme• einer Behörde• auf dem Gebiet des

öffentlichen Rechts• zur Regelung• eines Einzelfalls• mit Außenwirkung

6 Tatbestands-vorausset-

zungen

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Tatbestandmerkmale des VA im Einzelnen:

1. Maßnahme

= jedes Verhalten mit Erklärungswert(weites Verständnis)

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Tatbestandmerkmale des VA im Einzelnen:

2. Behörde

= jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (s. § 1 Abs. 4 VwVfG)

(nicht: Rechtsprechung, Gesetzgebung, Handeln Privater)

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Tatbestandmerkmale des VA im Einzelnen:

= öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage; eindeutig hoheitliche Handlungsform

(nicht: Privatrecht; politische, verfassungs- oder völkerrechtliche Regierungsakte)

3. Auf dem Gebiet des öffentlichen

Rechts

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Tatbestandmerkmale des VA im Einzelnen:

= Maßnahme bezweckt ihrem Ausspruch nach das unmittel-bare Herbeiführen einer Rechtsfolge (finaler Moment); z.B.Verbot/Gebot; Rechtsgewährung/-versagung; Rechtsgestaltung(nicht: wenn Rechtsfolge kraft Gesetzes eintritt; schlichtes Verwaltungshandeln; schlichte öffentlich-rechtliche Willenserklärung; Vorbereitungshandlung; Wiederholung des VA)

4. Regelung

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Tatbestandmerkmale des VA im Einzelnen:

5. Einzelfall

= es muss sich um eine konkrete Regelung handeln, entweder

konkret-individuell oder konkret-generell

(als Allgemeinverfügung, § 35 S. 2 VwVfG)

(nicht: bei abstrakt-genereller Rechtsnorm)

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Tatbestandmerkmale des VA im Einzelnen:

1. Rechtsfolgen müssen bei außerhalb der Verwaltung stehender Person eintreten und dies muss

2. beabsichtigt sein.(nicht: bei verwaltungsinterner Wirkung, z.B. bei Organisationsregelungen; bei nur mittelbarer, faktischer Außenwirkung)

6. Außenwirkung

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Wirkungen des VA nach INHALT

bestimmte Handlung wird auf-gegeben(z.B. Platz-verweis)

Recht wird eingeräumt (z.B. Erteilung einer Bauge-nehmigung)

Rechtslage wird verbindlich festgestellt (z.B. Fest-stellung einer Schwerbe-hinderung)

BefehlRechtsgestalt

ungFeststellun

g

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 34

Wirkungen des VA nach RECHTSFOLGE

in Recht wird eingegriffen (Rechtsposition entzogen, Pflichten auferlegt)

Recht wird gewährt oder bestätigt

Sonderformen VA mit Doppelwirkung (sowohl belastend als auch

begünstigend; Erteilung einer Genehmigung unter Auflagen)

VA mit Drittwirkung (für einen Dritten hat der VA Rechtswirkung; insbesondere Nachbar im Baurecht)

belastend begünstigend

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Wirksamkeit des VA

• Voraussetzung: Bekanntgabe (§ 43 Abs. 1 VwVfG)

• bleibt wirksam, es sei denn Aufhebung oder Erledigung (§ 43 Abs. 2 VwVfG)

• Ausnahme: unwirksam nur bei Nichtigkeit

Merke:1. Auch der rechtwidrige VA ist wirksam!2. Mit Ablauf der Rechtsmittelfrist wird der

rechtswidrige VA bestandskräftig!

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 36

Bekanntgabe (§ 41 VwVfG)

• Oberbegriff; viele Formen: Verkündung, schriftliche Übersendung, elektronische Übermittlung, öffentliche Bekanntgabe, Zustellung ...

• grds. Formenfreiheit, es sei denn, besondere Form gesetzlich angeordnet (z.B. Zustellung für Widerspruchsbescheide, § 56 Abs. 2 VwGO)

• Bekanntgabe setzt Zugang voraus (= § 130 BGB); je nach Form der Bekanntgabe unterschiedlich (s. § 41 Abs. 2 für schriftliche VA; Dreitagesfiktion)

• Beweislast für Bekanntgabe im Zweifel bei Behörde; Heilung möglich

= Eröffnung des Inhalts des VA mit Wissen und Willen der Behörde

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 37

Zustellung

• formalisierte Form der Bekanntgabe (VwZG)• gesetzlich angeordnet, z.B. für Widerspruchsbescheide (§ 56 Abs.

2 VwGO), im Planfeststellungsverfahren und förmlichen Vw-Verfahren (§ 69 Abs. 2, 74 Abs. 1 VwVfG)

• 4 Formen:1. mit (Post-)Zustellungsurkunde (ZU) (Übergabe;

Ersatzzustellung in Wohnung, Einlegen in den Briefkasten; Niederlegung)

2. mittels eines eingeschriebenen Briefes3. mittels Empfangsbekenntnis (EB)4. öffentliche Zustellung (§ 10 VwZG)

• Heilung (§ 8 VwZG)

= Übergabe eines Dokuments, die beurkundet wird und dem Empfänger Besitz an dem Schriftstück verschafft

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Rechtswidrigkeit von Gesetzen und Verwaltungsakten

Gesetz Verwaltungsakt

bei Fehlern (formelle oder materielle) Nichtigkeit

Art. 100 GG: Gerichte müssen bei Zweifeln an formellen Gesetzen vorlegen

Fehler führen zur Rechtswidrigkeit; VA kann bestandskräftig werden!

Nichtigkeit nur bei schwer-wiegenden und offenkundigen Fehlern(§§ 43, 44, VwVfG)

Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 39

Rechtswidrigkeit von VAen

formeller Fehler

Frist zur Geltungsmachung von Fehlern grds.: 1 Monat (§ 70 VwGO)

materieller Fehler

= Fehler bei Zuständig-keit, Form und Verfahren

= VA stimmt nicht mit Gesetz und Recht überein

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Prüfungsreihenfolge bei Fehlern im Verwaltungsverfahren

§ 44 Abs. 2

§ 44 Abs. 3

§ 44 Abs. 1

§ 45

§ 46

§ 47

nichtig?

rechtswidrig, aber

Heilung Fehler

unbeachtlich Umdeutung

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 41

Rechtsbehelfe

formlos förmlich

Gegendarstellung Aufsichtsbeschwerde Dienstaufsichtsbe-

schwerde

= es gelten bestimmte Formen und Fristen

Widerspruch Klagearten nach der

VwGO

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 42

Sinn des Widerspruchsverfahren

• Selbstkontrolle der Verwaltung

• Rechtsschutz für den Bürger

• Entlastung der Gerichte

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 43

Wirkungen des Widerspruchs

• Suspensiveffekt:§§ 80 Abs. 1, 80 a VwGO

(Ausnahme: § 80 Abs. 2 VwGO)

• Devolutiveffekt:hilft Behörde dem Widerspruch nicht ab, entscheidet eine andere, grundsätzlich die nächsthöhere Behörde (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; Ausnahme: § 73 Abs. 1 Nr. 2 und 3 VwGO)

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Keine aufschiebende Wirkung des Wider-spruchs (§ 80 Abs. 2 Nr. 1-4 VwGO) bei:

• Anforderungen der öffentlichen Abgaben und Kosten• unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen von

Polizeivollzugsbeamten• in gesetzlich vorgeschriebenen Fällen (z.B. § 4 AGVwGO

bei Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung in Berlin)• Anordnung der sofortigen Vollziehung durch Behörde

Rechtsbehelf: § 80 Abs. 4 VwGO(bei Behörde), § 80 Abs. 5 VwGO(bei Gericht)

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 45

Eiliger Rechtsschutz

Anordnung oder Wiederher-stellung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und/oder Anfechtungsklage

Erlass einer einstweiligen Anordnung Regelungsanordnung Sicherungsanordnung

§ 80 Abs. 5 VwGO § 123 VwGO

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Zulässigkeit des Widerspruchs (§ 79 VwVfG i.V.m. §§ 68 ff. VwGO)

• Verwaltungsrechtliche Streitigkeit (§§ 68, 40 Abs. 1 VwGO analog)

• Statthaftigkeit des Widerspruchs: 2 Arten– § 68 Abs. 1 VwGO: Anfechtungswiderspruch– § 68 Abs. 2 VwGO: Verpflichtungswiderspruch

• Widerspruchsbefugnis: § 42 Abs. 2 VwGO analog; Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten bzw. Anspruch auf Erlass des VA muss möglich sein

• Ordnungsgemäße Einlegung: 1.Form: schriftlich oder zur Niederschrift (§ 70 VwGO),2.Verfahren: bei Erlass – oder Widerspruchsbehörde (§ 70

Abs. 1 S. 1 oder S. 2 VwGO)3.Frist: § 70 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO; eventuell

Wiedereinsetzung

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 47

Begründetheit des Widerspruchs

= wenn VA rechtswidrig war und Widerspruchsführer dadurch in seinen Rechten verletzt (Anfechtungswiderspruch; § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO analog)

= wenn Ablehnung des VA rechtswidrig war und Widerspruchsführer Anspruch auf Erlass des VA hat (Verpflichtungswiderspruch; § 113 Abs. 5 VwGO analog);

Widerspruchsbehörde prüft auch Zweckmäßigkeit (Ermessen!)

Entscheidung trifft:1. Ausgangsbehörde (= Abhilfe, § 72 VwGO)oder2. Widerspruchsbehörde (= Widerspruchsbescheid,

§ 73 Abs. 1 S. 1 VwGO)

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 48

Widerspruch unstatthaft (§ 68 Abs. 1 S. 2 VwGO), wenn

• Gesetz dies bestimmt(z.B. §§ 70, 74 VwVfG , § 11 AsylVfG)

• VA von oberster Bundes- oder Landesbehörde

• Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid erstmalig beschwert

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 49

Klagearten

Anfech-tungklage

Verpflichtungs-klage

Leistungs-klage

Fest-stellungs-klage

Fortset-zungsfest

el-lungsklag

e

Feststellung der Recht-mäßigkeit

von Satzungen

nach BauGB und VO

= richtet sich danach, was der Bürger erreichen will (= Begehr)

Aufhebung eines

belastenden VA

Erlass eines abgelehnten

oder unterlasse-

nen VA

Abwehr oder

Vornahme eines

schlichten

Verw.han-delns

Feststellen des

Bestehens oder Nicht-

bestehens eines

Rechtsver-

hältnisses

Feststellung, dass VA

rechtswidrig gewesen war oder

hätte erlassen werden müssen

Normen-kontroll-

verfahren

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 50

Voraussetzungen der Anfechtungsklage

I. Rechtsweg zum VG– Spezialzuweisung? (z.B.

§ 54 BeamtStG)– § 40 Abs. 1 VwGO

II. Statthafte Klageart (s. Begehr)

III. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen– Vorverfahren erfolglos

durchgeführt (§ 68 ff. VwGO)

– Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO)

– Klagefrist (§ 74 VwGO)– Klagegegner (§ 78 VwGO)

IV. Allgemeine Zulässigkeitsvorauss.

§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO

Die Klage ist begründet, wenn der VA rechtswidrig und der Kläger (daher) in seinen Rechten verletzt ist.

Prüfung der Rechtmäßigkeit eines VA

Zulässigkeit Begründetheit

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Dr. Carolyn Tomerius Verwaltungsrecht 51

Voraussetzungen der Verpflichtungsklage

I. Rechtsweg zum VG (s. Anf.klage)

II. Statthafte Klageart (s. Begehr)

III. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen1. Vorverfahren erfolglos

durchgeführt (§ 68 ff. VwGO)2. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2

VwGO): Kläger muss Anspruch auf Erlass VA haben• aus öffentlichen-

rechtlichem Verwaltungshandeln, z.B. Zusicherung

• aus Gesetz• aus Grundrechten, z.B. Art. 3

Abs. 1 GG3. Klagefrist (§ 74 VwGO)4. Klagegegner (§ 78 VwGO)

IV. Allg. Zulässigkeitsvorauss.

§ 113 Abs. 5 VwGO S. 1: „Die Klage ist begründet,

da der Kläger einen Anspruch auf Erlass des VA … hat“ (gebundene Entscheidung/E rmessensreduzierung)

S. 2: „Die Klage ist begründet, da der Kläger einen Anspruch hat, dass über seinen Antrag ... neu beschieden wird.“ (Ermessensentscheidung)

Zulässigkeit Begründetheit

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Prüfung der Rechtmäßigkeit eines VA

RGL

Zuständigkeit Form Verfahren

Tatbestand der RGL

Rechtsfolge Allgemeine

Rechtmäßig-keitsanforde-rungen

formelle Rechtmäßigkei

t

materielle Rechtmäßigkeit

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Aufbau eines Ausgangsbescheides (Kurzfassung)

1. Kopf2. Betreff3. Einleitungssatz4. Tenor / Entscheidungssatz5. Begründung6. Rechtsbehelfsbelehrung7. Unterschrift8. Dienstsiegel9. eventuell Anlagen

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Aufbau eines Ausgangsbescheides im Einzelnen(I)

1. Kopf– Behördenbezeichnung– evtl. Vermerk über besondere Zustellungsart– Richtige Adressierung

2. Betreff– „Ihr Antrag vom ...“

3. Einleitungssatz– „Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage ergeht

folgender Bescheid…“

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Aufbau eines Ausgangsbescheides (II)

4. Tenor– Hauptentscheidung (belastender, begünstigender,

feststellender VA, auch jeweils teilweise)– VA-Charakter (§ 35 VwVfG)– muss hinreichend bestimmt sein, da vollstreckbar (§

37 VwVfG)– evtl. Nebenbestimmungen (§ 36 VwVfG)– evtl. Anordnung der sofortigen Vollziehung bzw.

Hinweis auf Wegfall der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 VwGO)

– Anordnung von Zwangsmitteln mit Frist (§ 13 VwVG)– Kostenentscheidung

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Aufbau eines Ausgangsbescheides (III)

5. Begründung– Sachverhalt– Rechtliche Würdigung: Subsumtion unter die

angewandten gesetzlichen Regelungen (auch der Kostenentscheidung); Ermessenserwägungen müssen dargestellt werden; § 80 Abs. 3 VwGO: besonderes Interesse an sofortiger Vollziehung muss schriftlich begründet werden

6. Rechtsbehelfsbelehrung– welcher Rechtsbehelf?– bei wem?– wo?– wann?

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Aufbau eines Ausgangsbescheides (IV)

7. Grußformel und Unterschrift

8. Dienstsiegel

9. Anlagen

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Abhilfebescheid

1. Zustellung mit ZU (§ 73 Abs. 3 VwGO analog, § 7 VwZG)

2. „Ihr Widerspruch vom ...“

3. „Nach der Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund Ihres Widerspruchs vom ... ergeht folgender Abhilfebescheid“.

4. (1) Aufhebung/Abänderung(2) Kosten des Abhilfeverfahrens(3) Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung

eines Rechtsanwaltes/Bevollmächtigten

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Widerspruchsbescheid

1. Zustellung mit ZU (§ 73 Abs. 3 S. 1 VwGO)

2. „Ihr Widerspruch vom ...“

3. „Nach der Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund Ihres Widerspruchs vom ... ergeht folgender Widerspruchsbescheid“.

4. (1) Hauptentscheidung(2) Kosten des Verfahrens(3) Festsetzung der Widerspruchsgebühr(4) Entscheidung über die Hinzuziehung eines

Rechtsanwaltes

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