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230 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 steuer & recht I positionen der parteien Kai Jan Krainer | SPÖ Kai Jan Krainer, Abgeordneter zum Nationalrat, SPÖ- Finanzsprecher Hubert Fuchs | FPÖ MMag. DDr. Hubert Fuchs, Abgeordneter zum Nationalrat, Bereichssprecher Finanzen, FPÖ Werner Groiss | ÖVP Ing. Mag. Werner Groiss, Abgeordneter zum österr. Nationalrat, Vorsitzender Finanz- ausschuss, Die neue Volkspartei Krainer, SPÖ: Das ist okay, jeder soll sparen, wie er meint. Aber das öffentliche Pensionssystem muss so leistungsfähig bleiben, dass man dadurch auch in Zukunft seinen Lebensstandard in der Pension halten kann. Groiss, ÖVP: Die private Pensionsvorsorge ist als eine Art der Vermögensbildung eine mögliche Vorsorge gegen eine drohende Altersarmut. Wir stehen für eine Hilfe zur Selbsthilfe, daher sind private Pensionsvor- sorgen sinnvoll, und dieser Arm gehört ausgebaut. Fuchs, FPÖ: Wer die Möglichkeit hat, privat vorzu- sorgen, sollte dies auch tun; bedauerlicherweise haben immer weniger Personen den finanziellen Freiraum dazu. 1: Viele Bürger, aber auch Experten sorgen sich bezüglich einer möglicherweise drohenden Altersarmut in den kommenden Jahrzehnten. Krainer, SPÖ: Nein. Die bestehenden sind großzügig. Mehr wäre, ehrlich gesagt, nicht argumentierbar. Groiss, ÖVP: Ja, dies entspricht der Hilfe zur Selbsthilfe und dem Prinzip der Eigenvorsorge und hilft bei der Vermögensbildung. (Unterstützung sollte aber nur bis zu einer bestimmten Höhe einer Zusatzpension gewährt werden.) Fuchs, FPÖ: Ja, durch folgende Maßnahmen: Erhöhung des Freibetrags für die Zukunftssicherung auf mind. 1.500 Euro pro Arbeitnehmer und Jahr; Erhöhung des Freibe- trags für Mitarbeiterbeteiligung auf 5.000 Euro pro Arbeit- nehmer und Jahr; Erweiterung der Begünstigung auf an- dere Mitarbeiterbeteiligungsmodelle (nicht nur Aktien); Erhöhung der Bausparpämie von 1,5 auf 5 % pro Jahr und der staatlichen Förderung für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge von 4,25 auf 10 % pro Jahr. 2: Sollten die staatlichen Anreize in den Bereichen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge Ihrer Meinung nach ausgeweitet werden? Krainer, SPÖ: Kapitaleinkünfte werden in der Regel mit 27,5 Prozent besteuert, die Besteuerung der Arbeitsein- kommen ist viel höher. Wir wollen weniger Steuern auf Arbeit, dafür mehr auf Kapital und Vermögen. Ein ver- nünftiger Steuersatz auf Kapitaleinkünfte kann dafür verwendet werden, die Steuern auf Arbeitseinkommen zu senken. Groiss, ÖVP: Vermögensbildung gehört unterstützt. Die Erträgnisse aus dem Vermögen sind aber Einkünfte, und diese sollten allgemein der Besteuerung unterwor- fen sein. Wir sind gegen eine Vermögenssteuer, eine Steuerfreistellung der Vermögenserträge kann ich derzeit nicht befürworten. Fuchs, FPÖ: Die Wertpapier-KESt verursacht teilweise eine Scheingewinnbesteuerung, weil Anschaffungsne- benkosten bzw. Kosten beim Verkauf steuerlich nicht berücksichtigt werden dürfen. Diese Kosten sollten steuerlich abzugsfähig sein. Um einen privaten Vermö- gensaufbau nachhaltig zu fördern, sollten im Privatbe- reich langfristige Investitionen von der Wertpapier-KESt befreit werden. Im Übrigen sollte der KESt-Satz generell wieder auf 25 % vereinheitlicht werden. 3: Durch die Einführung der Wertpapier-KESt wurde das langfristige Ansparen und Investieren in Wertpapiere deutlich unattraktiver. Krainer, SPÖ: Gute Produkte verkaufen sich am Markt von selbst, schlechte werden durch staatliche Förde- rung nicht besser. In der nichtstaatlichen Vorsorge macht eine Förderung von Produkten, bei denen nicht einmal das eingezahlte Kapital garantiert wird (siehe „garantiefrei“), keinen Sinn, es würde damit eher ein Spekulationsanreiz gesetzt. Groiss, ÖVP: Jede Initiative, die Eigenverantwortung des Anlegers – ohne staatlichen Schutz – erhöht, finde ich begrüßenswert. Budgetäre Auswirkungen sind allerdings noch zu prüfen. Besonders positiv würde ich empfinden, wenn diese Fonds in österreichische KMUs investieren könnten, so könnten wir mit der Zukunftsvorsorge auch die Finanzierung der heimischen Wirtschaft verbessern. Fuchs, FPÖ: Eine grundvernünftige Idee der Fonds- verbände, die von der Bundesregierung bedauerlicher- weise nicht aufgegriffen wird. 4: Die Fondsverbände VÖIG und VAIÖ fordern ein gesperrtes Vorsorgedepot für die Pensions- und Pflegevorsorge. Was halten Sie von dieser Idee? Krainer, SPÖ: Die Mifid-II-Umsetzung wurde erst im Sommer beschlossen; wir sollten jetzt einmal abwar- ten, wie sich das in der Praxis bewährt. Groiss, ÖVP: Ohne Provisionen werden viele Produkte nicht verkauft werden können. Der Käufer ist nach derzeitiger Rechtslage ausreichend geschützt, weitere Verschärfungen lehne ich ab. Fuchs, FPÖ: Es sollte jedem freistehen, ob er sich an einen Vermittler wendet, der auf Provisions- oder auf Honorarbasis arbeitet – genauso wie es jedem Vermittler weiterhin freistehen soll, auf welcher Basis er arbeitet. 5: Obwohl Mifid II und IDD Honorar- und Provisionsberatung nebeneinander bestehen lassen, fordern Verbraucherschützer ein Provisionsverbot. Wie stehen Sie dazu? Krainer, SPÖ: Ja. Betrügerische Produkte gehören vom Markt genommen. Groiss, ÖVP: Der Finanzmarkt ist ein besonderer Markt, da immer wieder der Staat als „Hafter“ einspringen muss. Wo dies passieren kann, soll die FMA auch Produkte verbieten können. Fuchs, FPÖ: Sofern es sich um hochspekulative Wett- geschäfte (Differenzkontrakte, binäre Optionen etc.) handelt, ist im Sinne des Anlegerschutzes nichts dagegen einzuwenden. 6: Die FMA kann in Zukunft einzelne Finanzprodukte verbieten, das könnte einen erheblichen Eingriff in den Markt bedeuten. Ist dieses Recht aus Ihrer Sicht vernünftig? Foto: © Krainer, SPÖ: Die bestehende Regulierung ist im Prin- zip okay; ein bisschen ein Problem ist allerdings das One-size-fits-all-Prinzip. Das heißt, was für die Groß- bank sehr notwendig ist, ist für eine kleine Sparkasse womöglich nicht unbedingt angemessen. Groiss, ÖVP: Bei den Banken ist vor allem bei kleinen regionalen Banken eine Überregulierung entstanden, die von vielen nicht mehr zu bewerkstelligen ist. Daher: Ja, die einzelnen Vorschriften gehören überprüft. Fuchs, FPÖ: Diese überbordende Regulierungswut – nicht nur im Finanzbereich – ist ein Hemmschuh für das Wirtschaftswachstum und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Eine Durchforstung und Entrümpe- lung ist längst überfällig. 7: Der Finanzsektor ist stark reguliert worden, mittlerweile spricht man bereits von einer Überregulierung. Sind Sie für eine Überprüfung der einzelnen Vorschriften? WAHL 2017

Kai Jan Krainer | SPÖ Werner Groiss | ÖVP Hubert Fuchs | FPÖ · geschäfte (Differenzkontrakte, binäre Optionen etc.) handelt, ist im Sinne des Anlegerschutzes nichts dagegen

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Page 1: Kai Jan Krainer | SPÖ Werner Groiss | ÖVP Hubert Fuchs | FPÖ · geschäfte (Differenzkontrakte, binäre Optionen etc.) handelt, ist im Sinne des Anlegerschutzes nichts dagegen

230 www.fondsprofessionell.at | 3/2017

steuer & recht I positionen der parteien

Kai Jan Krainer | SPÖ

Kai Jan Krainer, Abgeordneter zum Nationalrat, SPÖ- Finanzsprecher

Hubert Fuchs | FPÖ

MMag. DDr. HubertFuchs, Abgeordneterzum Nationalrat, Bereichssprecher Finanzen, FPÖ

Werner Groiss | ÖVP

Ing. Mag. WernerGroiss, Abgeordneterzum österr. Nationalrat,Vorsitzender Finanz-ausschuss, Die neueVolkspartei

Krainer, SPÖ: Das ist okay, jeder soll sparen, wie ermeint. Aber das öffentliche Pensionssystem muss soleistungsfähig bleiben, dass man dadurch auch in Zukunft seinen Lebensstandard in der Pension haltenkann.

Groiss, ÖVP: Die private Pensionsvorsorge ist als eineArt der Vermögensbildung eine mögliche Vorsorge gegen eine drohende Altersarmut. Wir stehen für eineHilfe zur Selbsthilfe, daher sind private Pensionsvor -sorgen sinnvoll, und dieser Arm gehört ausgebaut.

Fuchs, FPÖ: Wer die Möglichkeit hat, privat vorzu -sorgen, sollte dies auch tun; bedauerlicherweise haben immer weniger Personen den finanziellen Freiraum dazu.

1: Viele Bürger, aber auch Experten sorgen sich bezüglich einer möglicherweise drohenden Altersarmut in den kommenden Jahrzehnten.

Krainer, SPÖ: Nein. Die bestehenden sind großzügig.Mehr wäre, ehrlich gesagt, nicht argumentierbar.

Groiss, ÖVP: Ja, dies entspricht der Hilfe zur Selbsthilfeund dem Prinzip der Eigenvorsorge und hilft bei derVermögensbildung. (Unterstützung sollte aber nur biszu einer bestimmten Höhe einer Zusatzpension gewährtwerden.)

Fuchs, FPÖ: Ja, durch folgende Maßnahmen: Erhöhungdes Freibetrags für die Zukunftssicherung auf mind. 1.500Euro pro Arbeitnehmer und Jahr; Erhöhung des Freibe-trags für Mitarbeiterbeteiligung auf 5.000 Euro pro Arbeit-nehmer und Jahr; Erweiterung der Begünstigung auf an-dere Mitarbeiterbeteiligungsmodelle (nicht nur Aktien); Erhöhung der Bausparpämie von 1,5 auf 5 % pro Jahrund der staatlichen Förderung für die prämienbegünstigteZukunftsvorsorge von 4,25 auf 10 % pro Jahr.

2: Sollten die staatlichen Anreize in den Bereichen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge Ihrer Meinung nach ausgeweitet werden?

Krainer, SPÖ: Kapitaleinkünfte werden in der Regel mit27,5 Prozent besteuert, die Besteuerung der Arbeitsein-kommen ist viel höher. Wir wollen weniger Steuern aufArbeit, dafür mehr auf Kapital und Vermögen. Ein ver-nünftiger Steuersatz auf Kapitaleinkünfte kann dafür verwendet werden, die Steuern auf Arbeitseinkommenzu senken.

Groiss, ÖVP: Vermögensbildung gehört unterstützt. DieErträgnisse aus dem Vermögen sind aber Einkünfte,und diese sollten allgemein der Besteuerung unterwor-fen sein. Wir sind gegen eine Vermögenssteuer, eineSteuerfreistellung der Vermögenserträge kann ich derzeit nicht befürworten.

Fuchs, FPÖ: Die Wertpapier-KESt verursacht teilweiseeine Scheingewinnbesteuerung, weil Anschaffungsne-benkosten bzw. Kosten beim Verkauf steuerlich nichtberücksichtigt werden dürfen. Diese Kosten solltensteuerlich abzugsfähig sein. Um einen privaten Vermö-gensaufbau nachhaltig zu fördern, sollten im Privatbe-reich langfristige Investitionen von der Wertpapier-KEStbefreit werden. Im Übrigen sollte der KESt-Satz generellwieder auf 25 % vereinheitlicht werden.

3: Durch die Einführung der Wertpapier-KESt wurde das langfristige Ansparen und Investieren in Wertpapiere deutlich unattraktiver.

Krainer, SPÖ: Gute Produkte verkaufen sich am Marktvon selbst, schlechte werden durch staatliche Förde-rung nicht besser. In der nichtstaatlichen Vorsorgemacht eine Förderung von Produkten, bei denen nichteinmal das eingezahlte Kapital garantiert wird (siehe„garantiefrei“), keinen Sinn, es würde damit eher einSpekulationsanreiz gesetzt.

Groiss, ÖVP: Jede Initiative, die Eigenverantwortung desAnlegers – ohne staatlichen Schutz – erhöht, finde ich begrüßenswert. Budgetäre Auswirkungen sind allerdingsnoch zu prüfen. Besonders positiv würde ich empfinden,wenn diese Fonds in österreichische KMUs investierenkönnten, so könnten wir mit der Zukunftsvorsorge auchdie Finanzierung der heimischen Wirtschaft verbessern.

Fuchs, FPÖ: Eine grundvernünftige Idee der Fonds -verbände, die von der Bundesregierung bedauerlicher-weise nicht aufgegriffen wird.

4: Die Fondsverbände VÖIG und VAIÖ fordern ein gesperrtes Vorsorgedepot für die Pensions- und Pflegevorsorge. Was halten Sie von dieser Idee?

Krainer, SPÖ: Die Mifid-II-Umsetzung wurde erst imSommer beschlossen; wir sollten jetzt einmal abwar-ten, wie sich das in der Praxis bewährt.

Groiss, ÖVP: Ohne Provisionen werden viele Produktenicht verkauft werden können. Der Käufer ist nach derzeitiger Rechtslage ausreichend geschützt, weitereVerschärfungen lehne ich ab.

Fuchs, FPÖ: Es sollte jedem freistehen, ob er sich an einen Vermittler wendet, der auf Provisions- oder auf Honorarbasis arbeitet – genauso wie es jedem Vermittlerweiterhin freistehen soll, auf welcher Basis er arbeitet.

5: Obwohl Mifid II und IDD Honorar- und Provisionsberatung nebeneinander bestehen lassen, fordern Verbraucherschützer ein Provisionsverbot. Wie stehen Sie dazu?

Krainer, SPÖ: Ja. Betrügerische Produkte gehören vomMarkt genommen.

Groiss, ÖVP: Der Finanzmarkt ist ein besonderer Markt,da immer wieder der Staat als „Hafter“ einspringenmuss. Wo dies passieren kann, soll die FMA auch Produkte verbieten können.

Fuchs, FPÖ: Sofern es sich um hochspekulative Wett-geschäfte (Differenzkontrakte, binäre Optionen etc.)handelt, ist im Sinne des Anlegerschutzes nichts dagegen einzuwenden.

6: Die FMA kann in Zukunft einzelne Finanzprodukte verbieten, das könnte einen erheblichen Eingriff in den Markt bedeuten. Ist dieses Recht aus Ihrer Sicht vernünftig?

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Krainer, SPÖ: Die bestehende Regulierung ist im Prin-zip okay; ein bisschen ein Problem ist allerdings dasOne-size-fits-all-Prinzip. Das heißt, was für die Groß-bank sehr notwendig ist, ist für eine kleine Sparkassewomöglich nicht unbedingt angemessen.

Groiss, ÖVP: Bei den Banken ist vor allem bei kleinenregionalen Banken eine Überregulierung entstanden, dievon vielen nicht mehr zu bewerkstelligen ist. Daher: Ja,die einzelnen Vorschriften gehören überprüft.

Fuchs, FPÖ: Diese überbordende Regulierungswut –nicht nur im Finanzbereich – ist ein Hemmschuh fürdas Wirtschaftswachstum und damit für die Schaffungvon Arbeitsplätzen. Eine Durchforstung und Entrümpe-lung ist längst überfällig.

7: Der Finanzsektor ist stark reguliert worden, mittlerweile spricht man bereits von einer Überregulierung. Sind Sie für eine Überprüfung der einzelnen Vorschriften?

WAHL2017

FP_A_Nationalratswahl_XXX_g 18.09.2017 15:11 Seite 230

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Werner Kogler | Die Grünen

Werner Kogler, stellver-tretender Klubobmann,stellvertretender Bun-dessprecher, Sprecherfür Budget und Finan-zen, Die Grünen

Sepp Schellhorn | Neos

Sepp Schellhorn, Ab-geordneter zum Natio-nalrat, Sprecher fürKultur, En er gie, Tou ris -mus, Wirt schaft undIn dus trie, NEOS

Bruno Rossmann | Liste Pilz

Bruno Rossmann,Abgeordneter zum Nationalrat, Budget-und Steuerexperte der Liste Pilz

1: Wie stehen Sie grundsätzlich zur privaten Altersvorsorge?

Kogler, Die Grünen: Wir stehen einer privaten Pen -sions- und Pflegevorsorge grundsätzlich offen gegen-über. Wesentlich jedoch ist: Jeder soll in Würde alternkönnen. Das darf keine Frage des Einkommens seinund muss daher entsprechend von staatlicher Seite sichergestellt werden.

Schellhorn, Neos: Wir sehen die Konzentration auf diestaatliche Pensionsversicherung kritisch, der Fokus soll-te stärker auf der privaten bzw. betrieblichen Altersvor-sorge liegen. Nur mit einer besseren Durchmischungder Systeme ist eine umfangreiche Absicherung und eine entsprechende Risikostreuung sichergestellt.

Rossmann, Liste Pilz: Pensionsarmut zu verhindern istöffentliche Aufgabe. Die private Altersvorsorge kann fürBesserverdienende eine sinnvolle Ergänzung sein. Aberauch sie müssen sich des Risikos dieser Anlageform bewusst sein. Für niedrige Einkommen ist eine privateVorsorge selbst mit steuerlicher Förderung nicht leistbar.

2: Sollten die staatlichen Anreize in den Bereichen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge Ihrer Meinung nach ausgeweitet werden?

Kogler, Die Grünen: Mit steuerlichen Vergünstigungensollte man jedenfalls verantwortungsvoll und sorgsamumgehen, der Staat sollte sich daher auf die Sicher -stellung der Funktionsfähigkeit des Umlageverfahrenskonzentrieren.

Schellhorn, Neos: Wir plädieren dafür, dass jeder Er-werbstätige die Möglichkeit haben soll, 1/11 seines Ein-kommens steuerfrei in eine kapitalgedeckte Altersvor-sorge zu investieren – so wie das bei Politikern bereitserlaubt ist. Zusätzlich müssen steuerliche Schlechter-stellungen von bestehenden Altersvorsorgeproduktenumgehend beseitigt werden. Schließlich hat der Staateine entsprechende Steuerfreiheit sicherzustellen.

Rossmann, Liste Pilz: Das öffentliche Pensionssystemdarf nicht durch die kapitalgedeckten Säulen ausgehöhltwerden. Staatliche Förderungen für die private und be-triebliche Altersvorsorge sollten keinesfalls ausgeweitetwerden. Kapitalgedeckte Systeme sind mit Risiko behaftetund haben in der Vergangenheit immer wieder zu Verlus -ten geführt. Bisher sind alle kapitalgedeckten Pensions-kassenmodelle durch Börseneinbrüche massiv in Mit -leidenschaft gezogen worden.

3: Wie stehen Sie zu einer möglichen Abschaffung dieser Steuer für Privatanleger, wie es die Wiener Börse fordert?

Kogler, Die Grünen: Ich glaube nicht, dass die Einführungder Wertpapier-KESt langfristiges Ansparen und Investie-ren in Wertpapiere unattraktiver macht. ATX-Investorenkonnten in den letzten 25 Jahren durchschnittlich sechsProzent jährlich verdienen. Vergleicht man das mit denZinsen am Sparbuch, ist die Börse auch nach Steuerndeutlich attraktiver. Mit einer Abschaffung der Steuer wirdman Privatanleger nicht verstärkt für die Börse interes -sieren können. Mit Financial Education eher.

Schellhorn, Neos: Wir stehen grundsätzlich für eineumfassende Steuerentlastung, von der alle profitieren.25 % KESt auf Zinsen und Dividenden wären akzepta-bel. Generell treten wir dafür ein, Kursgewinne ab fünfJahren Laufzeit nicht zu versteuern, um das längerfristi-ge Halten zu fördern. Nachdem unrealisierte Gewinnenicht versteuert werden sollen und Verluste gegenzu-rechnen sind, muss hier ein passendes Klima für dieWertpapiervorsorge gegeben sein.

Rossmann, Liste Pilz: Ich sehe keinen Grund, Erträgeaus Wertpapieren zur Gänze steuerfrei zu stellen. Gegenüber Erwerbseinkommen sind sie ohnehin schonsteuerlich privilegiert. Diese Privilegierung ist vertei-lungspolitisch nicht vertretbar.

4: Die Fondsverbände VÖIG und VAIÖ fordern ein gesperrtes Vorsorgedepot für die Pensions- und Pflegevorsorge vor. Was halten Sie von dieser Idee?

Kogler, Die Grünen: Warum nicht hier die neoliberaleSichtweise anwenden? Zusätzliche private Ansparfor-men sind okay, jedem ist freigestellt, in Zukunft mehr zukonsumieren als in der Gegenwart. Es lässt sich jedochnicht erschließen, warum der Steuerzahler hier aufkom-men soll. Gegen eine Zwangseinweisung in den Kapital-markt spreche ich mich jedenfalls sehr deutlich aus.

Schellhorn, Neos: Dass Kunden individuelle Anlagevehi-kel in das Vorsorgedepot packen können, ist internationaldurchaus üblich. Der Vorteil an dieser Variante ist die grö-ßere Flexibilität im Vergleich zur bestehenden Zukunftsvor-sorge. Grundsätzlich könnten wir diesem Vorschlag alsoeiniges abgewinnen. Die positiven Aspekte der Marktkräftewirken zu lassen, kann für die dritte Säule hilfreich sein.

Rossmann, Liste Pilz: Ich stehe diesem Produkt skeptisch gegenüber.

5: Obwohl Mifid II und IDD Honorar- und Provisionsberatung nebeneinander bestehen lassen, fordern Verbraucherschützer ein Provisionsverbot. Wie stehen Sie dazu?Kogler, Die Grünen: Wir sind auf der Seite der Verbrau-cher. Ganz klar. Bei der Provisionsberatung gibt es Inter-essenkonflikte, die falsche Anreizwirkung ist evident.Die Forderung ist daher durchaus nachvollziehbar.

Schellhorn, Neos: Wir glauben an den mündigen Bürger,ein übertriebener Verbraucherschutz führt manchmal zumGegenteil. Wir sehen Mifid II als angemessen; noch weiterzu gehen wäre nicht unbedingt der richtige Weg.

Rossmann, Liste Pilz: Ich schließe mich den Forderun-gen der Konsumentenschützer an und befürworte einProvisionsverbot.

6: Die FMA kann in Zukunft einzelne Finanzprodukte verbieten, das könnte einen erheblichen Eingriff in den Markt bedeuten. Ist dieses Recht aus Ihrer Sicht vernünftig?

Kogler, Die Grünen: Manchmal kann ein Verbot vonbestimmten Produkten in Ausnahmefällen durchausSinn machen: etwa dann, wenn es zu einer großen Anzahl von Geschädigten kommen kann.

Schellhorn, Neos: Natürlich ist es richtig, bei fundier-tem Verdacht einzuschreiten, jedoch darf das Instru-ment nicht willkürlich verwendet werden.

Rossmann, Liste Pilz: Es treten am Markt immer wieder Produkte mit abenteuerlichen Renditeverspre-chungen auf, die Eingriffe durch die FMA durchausrechtfertigen.

7: Der Finanzsektor ist stark reguliert worden, mittlerweile spricht man bereits von einer Überregulierung. Sind Sie für eine Überprüfung der einzelnen Vorschriften?Kogler, Die Grünen: Eine kritische Evaluierung von Vorschriften ist tatsächlich auch schon wieder notwen-dig. Wobei klar ist, was das Ziel ist: mehr Stabilität imFinanzsystem, Schutz von Steuerzahlern und Transpa-renz für Kunden.

Schellhorn, Neos: Durch eine Überregulierung werdenGroßbanken, die zu groß sind, um zu scheitern, produ-ziert, und kleine Regionalbanken sind chancenlos.Grundsätzlich sollte Österreich aber aktiv an einer Bankenregulierung mitwirken, um einfache Regeln anstatt komplizierter Modelle zu fördern.

Rossmann, Liste Pilz: Von einer Überregulierung wür-de ich nicht sprechen, da die Richtlinienvorschläge derEuropäischen Kommission vielfach durch mächtige Finanzlobbyisten verwässert wurden. Eine Überprüfunglehne ich nicht grundsätzlich ab, sie darf aber nichtvom Finanzsektor selbst durchgeführt werden.

WAHL2017

FP_A_Nationalratswahl_XXX_g 18.09.2017 15:11 Seite 231