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Das Ostpreußenblatt Nr. 25 – 24. Juni 2006 U NABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR D EUTSCHLAND C5524 - PVST. Gebühr bezahlt M it sechs Monaten Anlauf sollte es der ganz große Reformschritt werden – der dringend notwendige Umbau unseres Gesundheitssystems. Wer, wenn nicht die Experten dieser Regierung mit der Kraft einer Großen Koalition im Rücken könnte es schaffen, die medizinische Versorgung lang- fristig und zu erträglichen Konditionen zu sichern. Das magere Ergebnis nach der ersten Verhandlungsrunde überrascht schon nicht mehr, es paßt in die Kollektion der Kleinlichkeiten aus dem Hause Merkel-Müntefering. In den Koalitionsvereinbarungen war das Gesundheitswesen gänz- lich ausgeklammert worden, weil sonst das schwarz-rote Bündnis nicht zustande ge- kommen wäre. Auch jetzt will niemand den sanften Lauf der Regierungsgeschäfte riskieren; mehr Reform wird nicht. Daß nach einem halben Jahr Bedenkzeit vielleicht doch et- was mehr herauskommen soll- te als die angedrohte Fort- schreibung zu noch mehr Büro- kratie, noch mehr organisierter Verschwendung und Besitz- standswahrung, das steht da- hin. Neue Begriffe wie Fonds oder Pool-Finanzierung sind vielleicht originelle Wortbeiträ- ge, sie beschreiben aber nur die alten Fehlentwicklungen: Es wird immer mehr Geld in das System der Großverdiener ge- pumpt, jetzt auch noch Steuer- mittel, ohne die effiziente Ver- wendung zu sichern. Die Reformstrategen lassen eines außer acht – die Versi- cherten. Wenn es nicht gelingt, die Menschen wirklich auf mehr Verantwortung für sich selbst zu verpflichten und eine vernünftige Lebensführung auch in der Beitragsgestaltung zu honorieren, dann bleibt es bei dem teuren „Greife, was du kannst“-Gesundheitswesen. KLAUS D. VOSS: Fehlstart Dumm durch Wucht der Bilder Studie untersucht Zusammenhang zwischen Schulleistungen und Medienkonsum H ersteller und Vertreiber von Videospielen beteu- ern ebenso wie Fernseh- macher gern, daß ihre Angebote kaum einen negativen Einfluß auf die Jugend hätten. Auch junge Menschen seien imstande, Illusion und Wirklichkeit, soll heißen: Bild- schirm und wahres Leben, zu unterscheiden. Daß die jungen Amokläufer, die in den vergan- genen Jahren Deutschland schockierten, durchweg rege Kon- sumenten von Gewaltvideos und brutalen Computerspielen waren, wird gern als tragischer Einzelfall abgetan. Eine neue Studie beweist das genaue Gegenteil: Computer, Spielkonsolen und reichlicher TV- Konsum lassen demnach die Kin- der verdummen. Sie tritt damit auch der Behauptung von Medien- und Spieleproduzenten entgegen, daß deren Angebote die jungen Menschen durch die dargebrach- ten Informationen und den spiele- rischen Umgang mit dem techni- schen Gerät weiterbildeten und für die moderne Welt fit machten. In einer breit angelegten Studie will das „Kriminologische For- schungsinstitut Niedersachsen“ (KFN) unter der Leitung des Kri- minologen Christian Pfeiffer her- ausgefunden haben, daß sich ins- besondere Computerspiele äu- ßerst negativ auf die schulischen Leistungen der Kinder auswirken. Die Forscher des KFN haben 6 000 Viert- und 17 000 Neunt- kläßler in elf Städten und Regio- nen nach ihrem schulischen Um- feld und ihrer Freizeitgestaltung befragt und dabei ermittelt, welche Medien sie nach Schulschluß nut- zen. Die Ergebnisse wurden dann abgeglichen mit den schulischen Leistungen in Deutsch, Mathema- tik und Sachkunde. Ergebnis: Am besten schneiden die Schüler ab, die keins der ge- nannten Geräte zur ständigen Ver- fügung haben. Am schlechtesten diejenigen, die sowohl einen eige- nen Fernseher als auch einen Computer und eine Spielkonsole ihr eigen nennen. In Dortmund beispielsweise besitzen von den befragten männlichen Viertkläß- lern beinahe zwei Drittel ein eige- nes Fernsehgerät, bei den Mäd- chen immerhin knapp 50 Prozent. In München verfügen nur 28 Pro- zent der gleichaltrigen Jungen und 17,6 Prozent der Mädchen über ei- ne Glotze im Zimmer. Auch bei Spielkonsolen und Computern sind die Dortmunder um ein mehrfaches „besser“ ausgestattet als ihre Münchner Kameraden. Bei den schulischen Leistungen schnitten die Münchner im Pisa- Vergleich jedoch deutlich besser ab als die jungen Dortmunder. Kein Zufall, behauptet KFN-Lei- ter Pfeiffer gegenüber der „Frank- furter Allgemeinen“: Die Flut der Eindrücke, denen die Kinder im TV, am Computer oder in Video- spielen ausgesetzt seien, überlage- re die Schulbildung. Wegen der Wucht der Bilder im Kopf könnten sie dem Unterricht kaum in dem Maß folgen wie jene Alterskolle- gen, die den vorigen Nachmittag beim Spielen mit Freunden, mit Sport oder Musizieren verbracht hätten. Pfeiffer verweist indes darauf, daß Dortmund auch die ärmere Stadt sei, in der der durchschnittli- che Bildungsgrad der Eltern nie- driger sei als etwa im reichen München, wo Anregung und ge- zielte Förderung durch das Eltern- haus wegführten vom stupiden Herumhängen an Bildschirmen. Willkommen in »LeninLand« Name des Revolutionsführers als Markenzeichen für einen Freizeitpark D er gute alte Lenin würde sich wohl im Mausoleum umdrehen, wenn er erfüh- re, was die Enkel der Revolution ausgerechnet in seiner Geburtstadt Simbirsk – 1924 zu seinen Ehren in Uljanowsk umbenannt (nach Le- nins bürgerlichem Namen Wladi- mir Iljitsch Uljanow) – vorhaben: Schon in Kürze soll ein ultramo- derner Vergnügungspark mit dem an Disneyland erinnernden Namen „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio- nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im Vordergrund. Als besondere Attraktionen wer- den dem Besucher lebensnahe Eindrücke aus dem sozialistischen Alltag geboten: Auf dem original- getreu nachgebauten Roten Platz finden täglich Maiparaden statt, ein sprechendes Lenindenkmal verkündet dessen wichtigste politi- sche Parolen. Wem Anschauen noch nicht den rechten „Kick“ ver- paßt, kann an interaktiven Experi- menten teilnehmen, sich beispiels- weise als Arbeiter auf einer Kol- chose verdingen, wo er lernt, Kühe zu melken oder Butter zu schlagen. Als Entlohnung gibt es Schwarz- brot. Selbstverständlich wird der Vergnügungswillige dabei auf Schritt und Tritt von unsichtbaren KGB-Agenten überwacht, Verhaf- tungen sind inklusive. Es werden auch Viehwaggons bereit stehen, die den Verhafteten das Gefühl der bevorstehenden Deportation nach Sibirien vorgaukeln sollen. Pläne zu einem solchen Freizeit- park existieren schon länger, und zwar vom Gouverneur der Region Uljanowsk, Sergej Morosow. Hintergrund ist, daß die bereits existierende Lenin-Gedenkstätte, die sich in einem monumentalen Park am Ufer der Wolga über 12000 Quadratmeter erstreckt, nicht mehr genügend Besucher an- lockt. Zu ihrer besten Zeit kamen an die 17000 Besucher täglich, heute sind es nur noch 100. In den vergangenen Jahren hatte der Gou- verneur viele Ideen – von einem Skulpturenfriedhof für Sowjet- denkmäler, die andernorts abge- baut wurden, bis zu einem Ski- standort an der Wolga mit der Be- zeichnung „Leninhügel“ – die Um- setzung scheiterte jeweils am Un- willen der Investoren. Das soll nun dieses Mal anders sein, da Moro- sow einen Investor für „Lenin- Land“, einen bislang unbekannten Amerikaner, gefunden haben will. Altkommunisten in Uljanowsk zeigen sich entsetzt über diese Plä- ne. Sie befürchten, daß sowjetische Symbole ausgebeutet würden und Lenin, der nach wie vor große Ver- ehrung im Land genießt, als Mon- ster dargestellt werde. Gouverneur Morosow hat je- doch keinerlei Skrupel bei der Vermarktung der sowjetischen Vergangenheit. Er zeigt sich ame- rikanisch geschäftig und spricht von Lenin als gutem „Brand“ (Markenzeichen). „LeninLand“ werde seiner Einschätzung nach viele zahlungskräftige Touristen in die wirtschaftlich florierende Re- gion locken. Verzerrtes Bild Zentralrat der Juden schlägt neue Töne an S eit Charlotte Knobloch die Nachfolge von Paul Spiegel angetreten hat, ist der Zentralrat der Juden um eine betont sachli- che Diskussion bemüht. Die neue Präsidentin hatte gleich nach Amtsantritt in einem Interview mit „Deutschlandradio Kultur“ der Regierung vorgehalten, nicht entschieden genug Darstellungen Deutschlands als fremdenfeindli- ches Land entgegengetreten zu sein. Rechtsextremistische Über- griffe nannte sie „einzelne Aus- wüchse, die man absolut verurtei- len muß“. Doch: „Ich habe Angst, daß das Bild von Deutschland ganz verzerrt in der übrigen Welt dargestellt wird. Das hat dieses Land nicht verdient.“ Der Generalsekretär des Zen- tralrats, Stephan Kramer, forderte in der „Netzeitung“ einen Neube- ginn bei der Vermittlung des The- mas Nationalsozialismus. „Nur, weil jemand Deutscher ist, ist er nicht schuldig. Es gibt keine Kol- lektivschuld.“ Die Art und Weise, wie die Bildungsarbeit zum Holo- caust betrieben wurde, sei völlig kontraproduktiv. Der Bundesregierung empfahl Kramer, die Programme zur Be- kämpfung des Rechtsextremismus zu überprüfen: „Wir müssen etwas dagegen unternehmen, daß be- stimmte Lobby-Gruppen, die ständig auf der Suche nach neuen Finanzierungsquellen sind, von den Geldern profitieren.“ Das Geld sei in der klassischen Ju- gendarbeit besser eingesetzt. Von HANS HECKEL Den Armen eine Heimstatt geben A m 20. Juni begingen die Ver- einten Nationen den Welt- flüchtlingstag. UN-Generalsekretär Kofi Annan erinnerte in diesem Zusammenhang an die Millionen Heimatlosen, die in Flüchtlingsla- gern hausen und keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben haben. Doch was können die Vereinten Nationen tun? Was kann der reiche Westen tun? Afrika, wo die meisten Flüchtlinge aufgrund von kriegeri- schen Auseinandersetzungen in Lagern dahinvegetieren, können auch die UN nicht befrieden. Le- bensmittel, Zelte und Kleidung zur Erleichterung der lebensbedroh- lichen Situation erreichen in dem häufig unwegsamen Gelände nicht immer ihr Ziel. Vor allem aus linken Kreisen wird hier immer wieder die Forde- rung laut, diese Menschen im eige- nen Land aufzunehmen. Deutsch- land habe als reiche Industriena- tion die Pflicht, sich der Men- schen, denen es schlechter geht, anzunehmen. Für sie sind Mel- dungen wie jene, daß die Zahl der Asylanträge 2005 um 19 Prozent auf 29000 Erstanträge zurückging, ein Zeichen für die völlige Fehlein- schätzung der Bundesregierung. Deutschland bräuchte schon allein aufgrund seiner demographischen Probleme mehr statt weniger Zu- wanderung. Kann aber Deutschland, ein Land, in dem nach neuesten Um- fragen jeder fünfte Bewohner be- reits einen „Migrationshinter- grund“ hat, noch zusätzliche Fremde vertragen? Kritiker ver- weisen zudem immer wieder dar- auf, daß der deutsche Arbeits- markt jetzt schon überbelastet sei, eine eigene Existenzsicherung von meist völlig unausgebildeten Flüchtlingen aus Afrika nicht ge- geben ist (siehe Seite 4). Bel Von M. ROSENTHAL-KAPPI Von KLAUS D. VOSS Halbzeit in Deutschland: Für die Fußballstars beginnt in den WM-Stadien jetzt der Ernst des Lebens – die K.O.-Runden stehen an. Nur die Weltmeister- schaft der künstlich intelligenten Kicker ist bereits entschieden (siehe Seite 5). Mehr zum deutschen Patrio- tismus auf Seite 24. Foto: pa Kann der Westen den Flüchtlingen der Welt helfen?

Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

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Page 1: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

Das OstpreußenblattNr. 25 – 24. Juni 2006 U N A B H Ä N G I G E WO C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U TS C H L A N D C5524 - PVST. Gebühr bezahlt

Mit sechs Monaten Anlaufsollte es der ganz große

Reformschritt werden – derdringend notwendige Umbauunseres Gesundheitssystems.Wer, wenn nicht die Expertendieser Regierung mit der Krafteiner Großen Koalition imRücken könnte es schaffen, diemedizinische Versorgung lang-fristig und zu erträglichenKonditionen zu sichern.

Das magere Ergebnis nachder ersten Verhandlungsrundeüberrascht schon nicht mehr, espaßt in die Kollektion derKleinlichkeiten aus dem HauseMerkel-Müntefering. In denKoalitionsvereinbarungen wardas Gesundheitswesen gänz-lich ausgeklammert worden,weil sonst das schwarz-roteBündnis nicht zustande ge-kommen wäre. Auch jetzt willniemand den sanften Lauf derRegierungsgeschäfte riskieren;mehr Reform wird nicht.

Daß nach einem halben JahrBedenkzeit vielleicht doch et-was mehr herauskommen soll-te als die angedrohte Fort-schreibung zu noch mehr Büro-kratie, noch mehr organisierterVerschwendung und Besitz-standswahrung, das steht da-hin. Neue Begriffe wie Fondsoder Pool-Finanzierung sindvielleicht originelle Wortbeiträ-ge, sie beschreiben aber nurdie alten Fehlentwicklungen:Es wird immer mehr Geld in dasSystem der Großverdiener ge-pumpt, jetzt auch noch Steuer-mittel, ohne die effiziente Ver-wendung zu sichern.

Die Reformstrategen lasseneines außer acht – die Versi-cherten. Wenn es nicht gelingt,die Menschen wirklich aufmehr Verantwortung für sichselbst zu verpflichten und einevernünftige Lebensführungauch in der Beitragsgestaltungzu honorieren, dann bleibt esbei dem teuren „Greife, was dukannst“-Gesundheitswesen.

KLAUS D. VOSS:

Fehlstart

Dumm durch Wucht der BilderStudie untersucht Zusammenhang zwischen Schulleistungen und Medienkonsum

Hersteller und Vertreibervon Videospielen beteu-ern ebenso wie Fernseh-

macher gern, daß ihre Angebotekaum einen negativen Einfluß aufdie Jugend hätten. Auch jungeMenschen seien imstande, Illusionund Wirklichkeit, soll heißen: Bild-schirm und wahres Leben, zuunterscheiden. Daß die jungenAmokläufer, die in den vergan-genen Jahren Deutschland schockierten, durchweg rege Kon-sumenten von Gewaltvideos undbrutalen Computerspielen waren,wird gern als tragischer Einzelfallabgetan. Eine neue Studie beweistdas genaue Gegenteil: Computer,Spielkonsolen und reichlicher TV-Konsum lassen demnach die Kin-der verdummen. Sie tritt damitauch der Behauptung von Medien-

und Spieleproduzenten entgegen,daß deren Angebote die jungenMenschen durch die dargebrach-ten Informationen und den spiele-rischen Umgang mit dem techni-schen Gerät weiterbildeten und fürdie moderne Welt fit machten.

In einer breit angelegten Studiewill das „Kriminologische For-schungsinstitut Niedersachsen“(KFN) unter der Leitung des Kri-minologen Christian Pfeiffer her-ausgefunden haben, daß sich ins-besondere Computerspiele äu-ßerst negativ auf die schulischenLeistungen der Kinder auswirken.

Die Forscher des KFN haben6000 Viert- und 17000 Neunt-kläßler in elf Städten und Regio-nen nach ihrem schulischen Um-feld und ihrer Freizeitgestaltungbefragt und dabei ermittelt, welcheMedien sie nach Schulschluß nut-zen. Die Ergebnisse wurden dannabgeglichen mit den schulischen

Leistungen in Deutsch, Mathema-tik und Sachkunde.

Ergebnis: Am besten schneidendie Schüler ab, die keins der ge-nannten Geräte zur ständigen Ver-fügung haben. Am schlechtestendiejenigen, die sowohl einen eige-nen Fernseher als auch einenComputer und eine Spielkonsoleihr eigen nennen. In Dortmundbeispielsweise besitzen von denbefragten männlichen Viertkläß-lern beinahe zwei Drittel ein eige-nes Fernsehgerät, bei den Mäd-chen immerhin knapp 50 Prozent.In München verfügen nur 28 Pro-zent der gleichaltrigen Jungen und17,6 Prozent der Mädchen über ei-ne Glotze im Zimmer. Auch beiSpielkonsolen und Computernsind die Dortmunder um einmehrfaches „besser“ ausgestattetals ihre Münchner Kameraden. Beiden schulischen Leistungenschnitten die Münchner im Pisa-

Vergleich jedoch deutlich besserab als die jungen Dortmunder.

Kein Zufall, behauptet KFN-Lei-ter Pfeiffer gegenüber der „Frank-furter Allgemeinen“: Die Flut derEindrücke, denen die Kinder imTV, am Computer oder in Video-spielen ausgesetzt seien, überlage-re die Schulbildung. Wegen derWucht der Bilder im Kopf könntensie dem Unterricht kaum in demMaß folgen wie jene Alterskolle-gen, die den vorigen Nachmittagbeim Spielen mit Freunden, mitSport oder Musizieren verbrachthätten.

Pfeiffer verweist indes darauf,daß Dortmund auch die ärmereStadt sei, in der der durchschnittli-che Bildungsgrad der Eltern nie-driger sei als etwa im reichenMünchen, wo Anregung und ge-zielte Förderung durch das Eltern-haus wegführten vom stupidenHerumhängen an Bildschirmen.

Willkommen in »LeninLand«Name des Revolutionsführers als Markenzeichen für einen Freizeitpark

Der gute alte Lenin würdesich wohl im Mausoleumumdrehen, wenn er erfüh-

re, was die Enkel der Revolutionausgerechnet in seiner GeburtstadtSimbirsk – 1924 zu seinen Ehrenin Uljanowsk umbenannt (nach Le-nins bürgerlichem Namen Wladi-mir Iljitsch Uljanow) – vorhaben:Schon in Kürze soll ein ultramo-derner Vergnügungspark mit deman Disneyland erinnernden Namen„LeninLand“ entstehen.

Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht derFreizeitcharakter im Vordergrund.Als besondere Attraktionen wer-den dem Besucher lebensnaheEindrücke aus dem sozialistischen

Alltag geboten: Auf dem original-getreu nachgebauten Roten Platzfinden täglich Maiparaden statt,ein sprechendes Lenindenkmalverkündet dessen wichtigste politi-sche Parolen. Wem Anschauennoch nicht den rechten „Kick“ ver-paßt, kann an interaktiven Experi-menten teilnehmen, sich beispiels-weise als Arbeiter auf einer Kol-chose verdingen, wo er lernt, Kühezu melken oder Butter zu schlagen.Als Entlohnung gibt es Schwarz-brot. Selbstverständlich wird derVergnügungswillige dabei aufSchritt und Tritt von unsichtbarenKGB-Agenten überwacht, Verhaf-tungen sind inklusive. Es werdenauch Viehwaggons bereit stehen,die den Verhafteten das Gefühl derbevorstehenden Deportation nachSibirien vorgaukeln sollen.

Pläne zu einem solchen Freizeit-park existieren schon länger, undzwar vom Gouverneur der RegionUljanowsk, Sergej Morosow.Hintergrund ist, daß die bereitsexistierende Lenin-Gedenkstätte,die sich in einem monumentalenPark am Ufer der Wolga über12 000 Quadratmeter erstreckt,nicht mehr genügend Besucher an-lockt. Zu ihrer besten Zeit kamenan die 17 000 Besucher täglich,heute sind es nur noch 100. In denvergangenen Jahren hatte der Gou-verneur viele Ideen – von einemSkulpturenfriedhof für Sowjet-denkmäler, die andernorts abge-baut wurden, bis zu einem Ski-standort an der Wolga mit der Be-zeichnung „Leninhügel“ – die Um-setzung scheiterte jeweils am Un-willen der Investoren. Das soll nun

dieses Mal anders sein, da Moro-sow einen Investor für „Lenin-Land“, einen bislang unbekanntenAmerikaner, gefunden haben will.

Altkommunisten in Uljanowskzeigen sich entsetzt über diese Plä-ne. Sie befürchten, daß sowjetischeSymbole ausgebeutet würden undLenin, der nach wie vor große Ver-ehrung im Land genießt, als Mon-ster dargestellt werde.

Gouverneur Morosow hat je-doch keinerlei Skrupel bei derVermarktung der sowjetischenVergangenheit. Er zeigt sich ame-rikanisch geschäftig und sprichtvon Lenin als gutem „Brand“(Markenzeichen). „LeninLand“werde seiner Einschätzung nachviele zahlungskräftige Touristen indie wirtschaftlich florierende Re-gion locken.

Verzerrtes BildZentralrat der Juden schlägt neue Töne an

Seit Charlotte Knobloch dieNachfolge von Paul Spiegel

angetreten hat, ist der Zentralratder Juden um eine betont sachli-che Diskussion bemüht. Die neuePräsidentin hatte gleich nachAmtsantritt in einem Interviewmit „Deutschlandradio Kultur“der Regierung vorgehalten, nichtentschieden genug DarstellungenDeutschlands als fremdenfeindli-ches Land entgegengetreten zusein. Rechtsextremistische Über-griffe nannte sie „einzelne Aus-wüchse, die man absolut verurtei-len muß“. Doch: „Ich habe Angst,daß das Bild von Deutschlandganz verzerrt in der übrigen Weltdargestellt wird. Das hat diesesLand nicht verdient.“

Der Generalsekretär des Zen-tralrats, Stephan Kramer, fordertein der „Netzeitung“ einen Neube-ginn bei der Vermittlung des The-mas Nationalsozialismus. „Nur,weil jemand Deutscher ist, ist ernicht schuldig. Es gibt keine Kol-lektivschuld.“ Die Art und Weise,wie die Bildungsarbeit zum Holo-caust betrieben wurde, sei völligkontraproduktiv.

Der Bundesregierung empfahlKramer, die Programme zur Be-kämpfung des Rechtsextremismuszu überprüfen: „Wir müssen etwasdagegen unternehmen, daß be-stimmte Lobby-Gruppen, dieständig auf der Suche nach neuenFinanzierungsquellen sind, vonden Geldern profitieren.“ DasGeld sei in der klassischen Ju-gendarbeit besser eingesetzt.

Von HANS HECKEL

Den Armen eineHeimstatt geben

Am 20. Juni begingen die Ver-einten Nationen den Welt-

flüchtlingstag. UN-GeneralsekretärKofi Annan erinnerte in diesemZusammenhang an die MillionenHeimatlosen, die in Flüchtlingsla-gern hausen und keine Chance aufein selbstbestimmtes Leben haben.Doch was können die VereintenNationen tun? Was kann der reicheWesten tun? Afrika, wo die meistenFlüchtlinge aufgrund von kriegeri-schen Auseinandersetzungen inLagern dahinvegetieren, könnenauch die UN nicht befrieden. Le-bensmittel, Zelte und Kleidung zurErleichterung der lebensbedroh-lichen Situation erreichen in demhäufig unwegsamen Gelände nichtimmer ihr Ziel.

Vor allem aus linken Kreisenwird hier immer wieder die Forde-rung laut, diese Menschen im eige-nen Land aufzunehmen. Deutsch-land habe als reiche Industriena-tion die Pflicht, sich der Men-schen, denen es schlechter geht,anzunehmen. Für sie sind Mel-dungen wie jene, daß die Zahl derAsylanträge 2005 um 19 Prozentauf 29000 Erstanträge zurückging,ein Zeichen für die völlige Fehlein-schätzung der Bundesregierung.Deutschland bräuchte schon alleinaufgrund seiner demographischenProbleme mehr statt weniger Zu-wanderung.

Kann aber Deutschland, einLand, in dem nach neuesten Um-fragen jeder fünfte Bewohner be-reits einen „Migrationshinter-grund“ hat, noch zusätzlicheFremde vertragen? Kritiker ver-weisen zudem immer wieder dar-auf, daß der deutsche Arbeits-markt jetzt schon überbelastet sei,eine eigene Existenzsicherungvon meist völlig unausgebildetenFlüchtlingen aus Afrika nicht ge-geben ist (siehe Seite 4). Bel

Von M. ROSENTHAL-KAPPIVon KLAUS D. VOSS

Halbzeit inDeutschland: Für die Fußballstars beginnt in denWM-Stadienjetzt der Ernstdes Lebens – die K.O.-Rundenstehen an. Nur die Weltmeister-schaft der künstlich intelligentenKicker ist bereitsentschieden (siehe Seite 5).Mehr zum deutschen Patrio-tismus auf Seite 24.

Foto: pa

Kann der Westen den Flüchtlingen der

Welt helfen?

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PO L I T I K2 Nr. 25 – 24. Juni 2006

DIESE WOCHE

Die Guten sind erwünschtDeutschland ist ein »Einwanderungsland«, abernicht um jeden Preis

Hintergrund

4

Neue Bedrohung ausAsien?Russen und Chinesen verstärken Zusammenarbeit

Aus aller Welt

7

Sieg der UnvernunftWofür haben die Klinikärz-te eigentlich gestreikt?

Gesundheit

8

Die ostdeutsche TraditionweitergereichtVor 25 Jahren starb der Maler Karl Eulenstein

Kultur

9

»Carl-Blum-Haus« eingeweihtSchule in Gembern zumAltersheim umgebaut

Ostpreußen heute

13

Neues Leben für eine alte IdeeGedanken zum 26. Internatio-nalen Hansetag

Geschichte

21

Kontakt: 040/414008-0

Redaktion: Anzeigen:Abo-Service:www.preussische-allgemeine.de

-32-41-42

Von Brüssel getriebenEU will Deutschland ein Tabakwerbeverbot aufzwingen

Europa

6

Die Schulden-Uhr:

Sozialstaatals Bürde

Derzeit häufen sich die Ne-gativmeldungen über die

finanziellen Folgen der Fehl-planungen bei Hartz IV. Aberes sind nicht nur die beträcht-lichen Kosten für Hartz IV., wasden sowieso schon verfas-sungswidrigen Haushalt 2006belastet. Insgesamt stellen diehohen Sozialausgaben eineBürde dar. So fließen von je-dem ausgegebenen Euro deröffentlichen Hand rund 70Cent in die soziale Sicherung.Hinzu kommen die Zinszah-lungen wegen der hohenSchuldenlast.

1.508.449.622.042 ¤

(eine Billion fünfhundertachtMilliarden vierhundertneun-undvierzig Millionen sechs-hundertzweiundzwanzigtau-send und zweiundvierzig)

Vorwoche: 1.507.171.897.281 ¤Verschuldung pro Kopf: 18.284 ¤ Vorwoche: 18.268 ¤

(Stand: Dienstag, 20. Juni2006, 12 Uhr. Zahlen: www.steuerzahler.de)

Ein Knopfdruck – und diePolizei kennt den Standorteines Handys auf 50 Meter

genau – ist das die Vision einerpunktgenauen Überwachung, dieGeorge Orwells düsteren Progno-sen vom „Big Brother“-Staat be-denklich nahe kommt?

Die brandenburgische Polizeiwill ein in Fachkreisen als „Handy-Catcher“ bekanntes Gerät zur Or-tung von Mobiltelefonen einset-zen, daneben auch andere Neuent-wicklungen ausdem Bereich derelektronischenKommunikationals Fahndungs-und Überwa-chungssystemenutzen.

Daß die geplante Novelle zumPolizeigesetz aus dem Haus vonInnenminister Jörg Schönbohm(CDU) doch erheblich Staub auf-wirbeln wird, ist inzwischen allenklar. Andere Bundesländer habenähnliche Pläne und wollen folgen;Hessen ist das Kunststück gelun-gen, sein neues Polizeigesetz mitvergleichbaren Regelungen ohnegrößeres bundesweites Aufsehenzu verabschieden.

Nicht nur die Datenschutzbeauf-tragten sind durch den branden-burgischen Referentenentwurfalarmiert; Dagmar Hartge ausPotsdam sprach von einer „brisan-ten Mischung neuer Technolo-gien“. Die SPD warnte vor zu weit-gehenden Eingriffen in die Bür-gerrechte, die Zustimmung desgrößeren Koalitionspartners imPotsdamer Landtag gilt als offen.Die Linkspartei/PDS erinnertesich schon einmal an den Begriff„Polizeistaat “.

Darum geht es dem Innenmini-sterium: Zwar werde immer die

Abwehr von Ter-roristen zur Be-gründung für neueEinsatzmittel an-geführt, meinteSchönbohms stell-vertretender Pres-sesprecher Geert

Piorkowski, aber der Alltag der Po-lizei sei ein ganz anderer. „Dieneue Ortungstechnik hilft bei derSuche nach vermißten Kindernund Jugendlichen“– das kommefast täglich vor. Das Gerät werdevermißte Personen aufspüren kön-nen, bevor Schlimmes passiere.Schließlich liege die Handy-Aus-stattungsquote in dieser Altergrup-pe bei 80 Prozent. Da sei die poli-zeiliche Intervention bei drohen-

den Terrorakten allenfalls „der Ex-tremfall“.

Brandenburg will außerdem dieVideoüberwachung gefährdeterZonen bei Bedarf generell ermög-lichen, bisher können die Kamerasin einem begrenzten Versuch nuran vier Orten im ganzen Land ein-gesetzt werden.

AutomatischeKennzeichen-Le-segeräte sollendie Nummern-schilder vorbei-fahrender Autoserfassen, spei-chern und ge-suchte Fahrzeuge herausfiltern –die Geräte werden seit Jahren inden Niederlanden verwendet, seitkurzem testweise auch in Ham-burg. Der Computer schlägtAlarm, wenn ein gesuchtes, weilgestohlenes Autokennzeichen ent-deckt wird. Einsatzgebiete in Bran-denburg sollen auch der Grenz-raum und die Autobahnen nachOsteuropa sein.

Hauptstreitpunkt wird aber dieHandy-Ortung sein, das scheintjetzt schon klar. Auch die Polizei-gewerkschaft GdP in Brandenburghat damit „ein Problem“. Bei derHandy-Ortung können schließlichauch die Mobiltelefone jener Men-schen entdeckt werden, die von

Berufs wegen mit vertraulichen In-formationen umgehen, Ärzte undAnwälte, Geistliche und Journali-sten. GdP-Landeschef AndreasSchuster: „Die werden mit einemSchlag erfaßt.“

Das Einsatzspektrum des „Han-dy-Catchers“ ist in der Tat deutlichgrößer als Vermißtensuche und

Terrorabwehr. DieTeilnehmer an Ver-anstaltungen oderDemonstrationenlassen sich übermitgeführte Mobil-telefone relativ ge-nau identifizieren,

auch die Insassen von Fahrzeugenbei Kontrollen, Besucher in Woh-nungen oder Gaststätten – immervorausgesetzt, das Funktelefon isteingeschaltet. Genug Gründe, alleAspekte, die Grundrechte und denDatenschutz berühren, gründlichabzuwägen. Der Potsdamer Refe-rentenentwurf, der durch eine In-diskretion vorab bekannt wurde,soll jetzt den Ministerien undFachverbänden zugeleitet werden,geplant ist die Verabschiedung desneuen Polizeirechts noch in die-sem Jahr. Eines ist PressesprecherPiorkowski heute bereits klar: „Der‚Handy-Catcher‘ wird nur unterRichtervorbehalt eingesetzt wer-den können.“

Brandenburgs Vorstoß erregt die

Datenschützer

Die Teilnehmer einer Demonstration

identifiziert

Von KLAUS D. VOSS

Vom Handy verratenPolizei kann Mobiltelefone auf 50 Meter genau orten / Umstrittenes Gesetz

Handy-Catcher nutzen einetechnische Regelung aus,

durch die eigentlich der rei-bungslose Telefonverkehr in denMobilfunknetzen (GSM) gewähr-leistet werden soll.

Jedes moderne Handy besitzteine unveränderbare Geräte-Kennummer (IMEI) und eineweitere Kennung auf der SIM-Te-lefonkarte, IMSI genannt. DieseNummern sichern die eindeuti-ge Identifikation des Telefonsbeim Betrieb am GSM-Netz, zumBeispiel zur Gebührenabrech-nung.

Das GSM-Netz besteht aus ei-ner Kette von Sendern, die lan-desweit sogenannte Funkzellenfür den Handy-Empfang aufbau-

en. Die Mobiltelefone suchenständig nach dem stärksten Sen-der, um eine möglichst guteEmpfangsqualität zu halten. Fin-det das Handy einen stärkerenSender als den bisher genutzten,so „bucht es um“ und meldetsich zur Identifikation mit denIMEI- und IMSI-Nummern an –ohne daß der Besitzer es wahr-nehmen kann.

Der 50000 Euro teure Handy-Catcher simuliert nun einen be-sonders starken Mobilfunksen-

der und „zwingt“ alle Handys inseiner Reichweite, sich zu ihmumzumelden.

Über die beiden KennungenIMSI und IMEI kann das Mobilte-lefon geortet, sein regulärer Besit-zer festgestellt und die Spur desHandy-Trägers verfolgt werden.Dazu muß sich das Gerät nur imBereitschaftsbetrieb befinden.

Geschützt vor der Handy-Or-tung sind nur stromlos geschal-tete Mobilfunkgeräte – oder dieneuen und teuren UMTS-Han-dys. Die UMTS-Geräte fallen aufden Catcher-Trick nicht herein,weil sich bei diesem Systemnicht nur das Handy gegenüberdem Funknetz identifizierenmuß, sondern auch das Telefon-netz gegenüber dem jeweiligenMobiltelefon. vs

Der Besitzer merkt von

allem nichts

»Ehre sei Gott in der Höhe«Stoiber will zum Schutz des Christentums den Paragraphen 166 ändern – Initiative droht, zum Eigentor zu werden

Wir halten es nicht längerfür hinnehmbar, in derÖffentlichkeit be-

schimpft zu werden“, rief KardinalFriedrich Wetter den wartendenJournalisten zu. Der Erzbischofvon München und Freising war ge-rade von einem Treffen von Vertre-tern der katholischen, protestanti-schen und griechisch-orthodoxenKirchen, der jüdischen Gemein-den und dem Islamexperten undMuslim Harry H. Behr gekommen,zu dem sie der bayerische Mini-sterpräsident Stoiber eingeladenhatte.

Der CSU-Chef sammelt Bataillo-ne, um den Strafrechtsparagra-phen 166, der bislang religiöse Be-kenntnisse vor Verunglimpfungschützen soll, spürbar zu verschär-

fen. Der sei „völlig stumpf und wir-kungslos, weil er eine Bestrafungnur dann vorsieht, wenn der öf-fentliche Frieden bedroht ist undAufruhr droht“, beklagt Stoiber. Inder Tat sieht der geltendeGesetzestext eine Freiheitsstrafebis zu drei Jahren oder eine Geld-strafe erst vor, wenn jemand „öf-fentlich oder durch das Verbreitenvon Schriften den Inhalt des religi-ösen Bekenntnisses anderer in ei-ner Weise beschimpft, die geeignetist, den öffentlichen Frieden zustören“. Die gleiche Einschrän-kung gilt nach Absatz zwei des sel-ben Paragraphen für eine Person,die „öffentlich oder durch Verbrei-ten von Schriften eine im Inlandbestehende Kirche oder andereReligionsgesellschaft oder Weltan-schauungsvereinigung, ihre Ein-richtungen oder Gebräuche … be-schimpft“.

Aus der Einschränkung auf „frie-denstörende“ Beschimpfungenkönnten militante Gruppen ihrenVorteil ziehen, während zurück-haltende Religionsgemeinschaftenbenachteiligt sind. Wie ließe sichdie akute Friedensstörung besser„beweisen“ als durch inszeniertegewalttätige Demonstrationen dermutmaßlich Beschimpften? Ge-meinschaften, denen es aus religi-ösen Gründen fern liegt, öffentli-che Unruhen anzuzetteln, habenunter diesen Umständen weit we-niger Chancen, daß Beschimpfun-gen gegen sie rechtliche Konse-quenzen nach sich ziehen.

So weit mögen vor allem Chri-sten dem bayerischen Ministerprä-sidenten folgen. Sie mußten mitansehen, wie nach den gewaltsa-men Protesten gegen die Moham-med-Karikaturen plötzlich in Krei-sen über die „Grenzen der Kritik“

und den „Respekt vor der Reli-gion“ lebhaft diskutiert wurde, diezuvor jeden Spott über das Chri-stentum und seine Institutionenunter den Schutz der Meinungs-freiheit gestellt sehen wollten. Diejede Selbstverteidigung von seitender Kirche als „Fundamenta-lismus“ geißelten und damit in ei-nen Zusammenhang mit dem isla-mistischen Terror setzten. Soll esden Christen etwa zum juristi-schen Nachteil gereichen, daß sieeinen „Dschihad“, einen „heiligenKrieg“ selbst nicht führen wollenund es daher ablehnen, öffentlichFlaggen zu verbrennen oderSchlimmeres zu tun? Bedenklichjedoch, daß Edmund Stoiber aus-gerechnet die Mohammed-Karika-turen anführt, um den mangeln-den Schutz der Religion dingfestzu machen. An ihnen habe mansehen können, so der CSU-Chef,

was passiere, wenn jemand aufden religiösen Gefühlen andererherumtrampeln könne, ohne mitKonsequenzen rechnen zu müs-sen.

Der Islam zieht die Grenzen desreligiös Tolerierbaren für sich äu-ßerst eng. Vieles, was in abendlän-dischen Gesellschaften selbstver-ständlich ist und auch von gläubi-gen Christen problemlos akzep-tiert wird, gilt strengen Moslemsbereits als „Beleidigung“ ihresGlaubens. Solche Strenggläubigenwerden nicht zögern, einen ver-schärften Paragraphen 166 für ihreZwecke zu nutzen.

Stoiber, die christlichen Kirchenund die jüdische Gemeinde solltensich vorsehen, daß sie mit ihrer In-itiative kein Eigentor landen. Eineetwaige Neufassung des Paragra-phen 166 muß diese Gefahr vonvornherein bannen.

Von HANS HECKEL

Nebeneffekt der Mobilfunk-Technik: Im Fall eines Falles kann die Polizei Handy-Besitzer schnell aufspüren Foto: avanti

So funktioniertder Trick

der Fahnder

Sicher sind nurdie neuen

UMTS-Geräte

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PR E U S S E N / BE R L I N Nr. 25 – 24. Juni 2006 3

Sehr dummVon HARALD FOURIER

Wo es kein Gespräch mehr gibt, beginntdie Gewalt“, wußte schon Sokrates. In

der Nacht zum vergangenen Sonnabendbekam dies ein 20jähriger aus Potsdam zuspüren. Der Malerlehrling verblutete voreiner Kneipe, die von einem Türken geführtwird.

Es ging nicht um Hautfarbe, nicht einmalum Fußball. Deutsche und vorderasiatische,vornehmlich türkische Jugendliche gerietenaneinander – mittendrin das spätere OpferDavid F. Die orientalischen Krawallbrüderwurden von den deutschen Stammgästen vordie Tür gesetzt, das Tor dichtgemacht. AlsDavid F. unmittelbar danach das Lokalverließ, wurde er mit einem Messerattackiert. „Er ist in sein Verderben gerannt“,sagte ein Augenzeuge. Alles spricht für einenRacheakt. David F. soll die Schlägerei vomZaun gebrochen haben. Inzwischen ist auchder mutmaßliche Täter, ein 18jähriger Afgha-ne, inhaftiert worden. Gegen ihn bestehtdringender Tatverdacht.

Zu Ostern erst hatte eine beinahe tödlicheKneipenschlägerei den Generalbundesanwaltauf den Plan gerufen. Die zwei vermeint-lichen Täter wurden von einem Sonderkom-mando gestellt und wie Al-Kaida-Terroristenin Guantanamo Bay behandelt. (Der Haupt-verdächtige wurde übrigens gerade wegenVerdunkelungsgefahr wieder in Haft genom-men. Hier nimmt es der Rechtsstaat sehrgenau!)

Aber diesmal ist das Opfer ein Deutscher,der Täter ein Afghane, und die Behördenoperieren mit der Abgeklärtheit, die auch in-dem Fall vom Ostersonntag wünschenswertgewesen wäre: Es gebe keine Anhaltspunktefür eine politisch motivierte Tat, heißt es.

Einen Tag später gab es in Schönefeld eineRangelei von zehn Jugendlichen. VierAngreifer sollen sechs Opfer überfallen undmit rassistischen Parolen beschimpft haben.Wenn die Angreifer nicht gerade BudSpencer und Terrence Hill waren, dannwaren sie sehr mutig oder sehr dumm.Danach sind zwei der mutmaßlichenAngreifer und eines der mutmaßlichen Opfermit Verletzungen in Krankenhäusernaufgetaucht.

Sofort hat die Skandalpresse daraus ein„Nazi-Blutbad in Schönefeld“ („BerlinerKurier“) kreiert. Denn das Opfer kommt ausÄthiopien, die beiden Täter sind Einheimi-sche.

Montagfrüh erfuhr der Leser der „BerlinerZeitung“ auf der Titelseite von dem„rassistischen Überfall“. Auf Seite 24 – imLokalteil – stand dann, daß der Äthiopier nurambulant versorgt wurde, sich die beiden„Nazis“ aber mit schweren Kopfverletzungenin stationärer Behandlung befänden.

Das immer dreistere Auftretenfrüherer Stasioffiziere verliehdem diesjährigen Gedenken

an den 17. Juni 1953 eine besondereBrisanz. Auf der offiziellen Trauerfeierder Bundesregierung und des BerlinerSenats auf dem Friedhof Seestraße inBerlin-Wedding sprach Bundesver-kehrsminister Wolfgang Tiefensee(SPD) vor einem deutlich zahlreiche-ren Presseaufgebot als sonst an diesemJahrestag.

Am Eingang zum Friedhof demon-strierte die Junge Union. Auf den JU-Plakaten war „Rot-Rot, schämt euch“zu lesen. Hauptziel der Kritik war Ber-lins PDS-Kultursenator Thomas Flierl(„Herr Flierl, Täter müssen Täter blei-ben“). Außerdem war ein Plakat zu se-hen, auf dem Gitterstäbe abgebildetwaren. Dazu hieß es in Anspielung aufFlierls verharmlosende Worte für dieMfS-Verbrecher: „Hier waren keine‚Zeitzeugen‘ am Werk!“

Flierls Genossin Petra Pau gehörteindes wie in den Vorjahren zu denTeilnehmern der Kranzniederlegung.Die Bundestagsvizepräsidentin – gera-de von einer USA-Reise zurückgekehrt– stellte sich demonstrativ neben Ma-rianne Birthler, die Leiterin derGauckbehörde, und schüttelte später

den Überlebenden des Volksaufstandsdie Hand. Ihr Gesichtsausdruck ver-riet, wie ungewöhnlich dieser Terminfür sie nach wie vor ist. Ebenso mür-risch wirkte CDU-SpitzenkandidatFriedbert Pflüger, der neben Birthlerund Pau hinter der Absperrung teil-nehmen mußte, während der Regie-rende Bürgermeister Klaus Wowereitim Mittelpunkt der Zeremonie stand.

Wolfgang Tiefensee, der in der DDRden Dienst an der Waffe verweigerthatte, sprach sich für eine Ehrenpen-sion oder Opferrente für SED-Opferaus. Dies sei im Bundestag auf denWeg gebracht. Der Minister wünscht,daß dies „so schnell wie möglich“ um-gesetzt werde, und beendete seinekurze Ansprache vor der Kranznieder-legung mit den Worten: „Gedenkenwir dieser tapferen Männer und Frau-en, und nehmen wir dieses Gedenkenzum Anlaß, auch weiterhin für Zivil-courage zu streiten.“

Neben Tiefensee (für die Bundesre-gierung) und Klaus Wowereit (für denSenat) nahmen noch Christoph Stölzl(CDU) für das Berliner Abgeordneten-haus und Carl-Wolfgang Holzapfel alsVorsitzender der „Vereinigung 17. Juni“an der Kranzniederlegung teil.

Für Holzapfel war es ein Momentder Genugtuung. Vor genau einem Jahrwar der DDR-Regimegegner vor demBerliner Bundesfinanzministerium in

den Hungerstreik getreten (PAZ26/05). Damals wollte Holzapfel errei-chen, daß die Fototafeln, die an denAufstand gegen die sowjetischeFremdherrschaft erinnerten, wiederan dem Ministerialgebäude aufge-hängt werden. Die Gedenktafeln hatteder damalige Amtsinhaber und Haus-herr Hans Eichel in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entfernen lassen.

Holzapfel brach seinen Hungerstreikab, als ihm von seiten der CDU-Vorsit-zenden Angela Merkel versichert wur-de, nach ihrer Wahl zur Kanzlerin wer-de sie sich dafür einsetzen, daß die Ta-feln wieder angebracht würden. DieserAnkündigung ließ die inzwischen Ge-wählte aber bislang keine Taten folgen.Doch Holzapfel hat nicht lockergelas-sen und nach seinem Hungerstreik einKonzept erarbeiten lassen. Dieses siehteine Umwandlung des Platzes vor demehemaligen Luftwaffenministerium ineine Gedenkstätte mit dem Namen„Platz des 17. Juni“ vor. Hier trafen1953 die Demonstranten auf die RoteArmee.

Immerhin: In diesem Jahr gab eserstmals eine stille Kranzniederlegungdurch den Regierenden Bürgermeistervor dem Ministerium, dem sich auchdas Abgeordnetenhaus angeschlossenhat. Holzapfel kommentierte diesgegenüber der Preußischen Allgemei-nen: „Damit ist eines unserer wichtig-

sten Ziele erreicht: Das Gedenken istnach 16 Jahren endlich nicht mehr nurim Westen, sondern es findet auch imehemaligen Ostteil statt.“

Er kündigte an, hart bleiben zu wol-len in der Frage der Umbenennungdes Platzes und des Wiederaufhängensder Tafeln. Zum Regierenden Bürger-meister besteht seitens der 17.-Juni-Aktivisten inzwischen immerhin einKontakt. Weniger gut ist das Verhältniszu dem neuen Hausherren des Gebäu-des. Auch Bundesfinanzminister PeerSteinbrück (SPD) weigere sich strikt,die Tafeln wieder aufzuhängen, sagtHolzapfel.

Eine Stunde nach der offiziellenFeier organisierte die örtliche SPD diedemonstrative Niederlegung von ein-tausend Rosen vor dem Gebäude.Auch hier verstärkte sich der Ein-druck, daß in der regierenden SPD derWiderstand gegen die Fototafelnbröckelt. Neben der Vereinigung 17. Ju-ni macht sich Alexandra Hildebrandt,die Chefin des Mauermuseums „Check-point Charlie“, für das Wiederanbrin-gen der historischen Bilder stark. Ber-lins stellvertretender SPD-Vorsitzen-der Christian Hanke, der auch gleich-zeitig stellvertretender Bezirksbürger-meister von Berlin-Mitte ist, sagtewörtlich: „Wenn es nach mir ginge,dann hätten sie die Tafeln hängen las-sen können.“

Hält Merkel ihr Wort?Gedenken an den Volksaufstand: Stalinismus-Opfer fordern »Platz des 17. Juni« in Berlin

Vorkämpfer derdeutschen Einheitgewürdigt:Berlins Regieren-der BürgermeisterKlaus Wowereit(SPD) gedachte derHelden des17. Juni in derHauptstadt

Foto: Schleusener

Ost-Berlin: In der S-Bahnsitzt ein Mann. Er liest ei-ne Festschrift, die ihn als

obrigkeitshörigen Staatsbürger er-scheinen läßt. Der Titel: „Rede desVorsitzenden des Politbüros desZentralrats der SED Walter Ulb-richt auf dem dritten Parteitagüber den Aufbau des Sozia-lismus.“

Einer von uns, denken dieStaatsspitzel und schenken demFahrgast keine weitere Aufmerk-samkeit. Was sie nicht wissen:Nur der Umschlag weist auf einenSED-nahen Inhalt hin. Im Innernbefindet sich keine SED-Propa-ganda, sondern Wolfgang Leon-hards „Die Revolution entläßt ihreKinder“.

Begebenheiten wie diese –noch nicht einmal 50 Jahre her –hat es tausendfach gegeben. Al-lein das antikommunistische Le-onhard-Buch wurde vom Ostbüroder SPD 15 000mal mit falschemUmschlag in die Sowjetzone ge-schafft. Es ist nur ein kleines Mo-saikstück aus dem vergessenen

Kapitel „Widerstand in der frühenDDR“.

Für den „Bund der StalinistischVerfolgten“ (BSV), einen der Ver-eine, der die Opfer kommunisti-scher Willkürherrschaft vertritt,war der diesjährige 17. Juni Anlaßfür eine Vortragsveranstaltungüber den Widerstand in jenen er-sten Jahren der DDR. Zwei Tagevor dem traurigen Jahrestag be-richtete der Journalist und Histo-riker Friedrich Schlomann überseine eigene Arbeit und die ande-rer Widerstandsgruppen.

Dabei schilderte er Begebenhei-ten wie das Einschleusen vonantikommunistischer Literatur indie Sowjetzone. Schlomann,selbst CDU-Mitglied in Schwerin,hat unter anderem George Or-wells „1984“ nach Leipzig ge-schmuggelt. Der Umschlag wiesdas Buch als einen Gedichtbandvon Heinrich Heine aus. FürSchlomann waren solche Unter-grundtätigkeiten notwendig, weiloffene Opposition „ab 1948 un-möglich“ wurde. Der Zeitzeugepräsentierte alte Flugblätter, dieheute in Archiven liegen und „dieman nirgendwo mehr sieht“.

Schlomanns Vortrag konzen-trierte sich auf die beiden führen-den antikommunistischen Wider-standsgruppen: die „Kampfgrup-pe gegen Unmenschlichkeit“(KGU) und den „Untersuchungs-ausschuß freiheitlicher Juristen“.Die Aktionen dieser Gruppensprechen noch heute für den er-heblichen Einfallsreichtum derSED-Gegner. So brachte die KGUBriefmarken in Umlauf, die ge-ringfügig abgewandelt wurden:Statt „Deutsche DemokratischeRepublik“ war „Undeutsche, Un-demokratische Diktatur“ daraufzu lesen. Zudem wurden Flugblät-ter mit allen möglichen Metho-den, darunter auch per Luftbal-lons, millionenfach verteilt.

Eine andere beliebte Methodewar das Verschicken von Opposi-tionszeitschriften per Post. Schlo-mann erinnert sich: „Die Um-schläge durften nicht gleich aus-sehen, mußten jeweils mit ande-ren Schreibmaschinen betipptwerden. Am besten auch auf an-deren Umschlagformaten. DenAbsender mal hinten, mal vorne.“

Es ist klar, daß jeder Unterstüt-zer einer Widerstandsgruppe da-

her kaum mehr als zehn Briefeam Tag auf den Weg bringenkonnte. Um die Empfänger sol-cher Schriften nicht zur Ziel-scheibe von staatlicher Willkür zumachen, wurden die Schreibenwahllos an alle möglichen Perso-nen verschickt, auch an Regime-Treue und SED-Funktionäre. Sokonnte jeder behaupten, die Brie-fe per Zufall erhalten zu haben.

1954 gelang den Untergrund-kämpfern ein besonderer Coup:Auf täuschend echtem DDR-Re-gierungsbriefpapier wurden aus-ländische Rüstungslieferantenwie die Türkei informiert: Bittestoppen Sie alle Lieferungen, wirkönnen unsere Verbindlichkeitennicht mehr bezahlen, stand darinzu lesen. Schlomann: „Mit diesenAktivitäten haben wir die DDR-Führung und ihre Geheimdiensteerfolgreich gelähmt.“

Andere KGU-Plakate verkünde-ten eine 20prozentige Preissen-kung in den Läden der staatlichen„Handelsorganisation“ (HO) undführten zum Kundenansturm aufdie Einzelhandelskette. Da wußtenatürlich niemand etwas von ei-ner Preissenkung. Die Kunden ge-

rieten in Rage und die DDR-Füh-rung war in helle Aufregung ver-setzt.

Erst zum Ende der 50er Jahrestabilisierte sich die Herrschaftder SED. Der Widerstand gegendie Willkürherrschaft ließ nach,der Westen begann sich mit demStatus quo abzufinden. Bis zu die-sem Zeitpunkt hatten auch diepolitischen Parteien im Westen(CDU, FDP, SPD) den Widerstandunterstützt. In den ersten Jahrender Teilung arbeiteten die demo-kratischen Parteien im Westennoch auf einen Sturz des Regimeshin, auf den sie sich vorbereitetwähnten. Doch jetzt wurden dieOstbüros aufgelöst und – Schrittfür Schritt – der Kontakt zu denOst-Machthabern gesucht.

Das Ergebnis sei gewesen, daß1989 – von patriotischen Außen-seitern abgesehen – niemandmehr für den Sturz der SED-Herr-schaft und die Wiedervereinigungeingetreten sei oder daran ge-glaubt habe. „Schon gar nicht dieDDR-Widerstandsgruppen, diewollten davon genauso wenigwissen wie der Westen“, so Schlo-manns bitteres Fazit.

Mauerrest wirdzerstückelt

Das letzte längere Fragmentder Berliner Mauer wird teil-

weise abgerissen. Das 1,3 Kilome-ter lange Teilstück der ehemals155 Kilometer umfassendenSperranlage rund um West-Berlin,das sich am Südrand des BezirksFriedrichshain befindet, war 1991von Künstlern aus 24 Ländern be-malt worden. Unter dem engli-schen Titel „East Side Gallery“soll es seitdem an das Verbrechender Teilung Deutschland erin-nern.

Nun wird ein 45 Meter langerAbschnitt aus dem Mauerfrag-ment herausgebrochen, weil dieamerikanische „Anschutz Enter-tainment Group“ für ihre gegen-über geplante „Anschutz-Arena“einen Zugang zur Spree fordert.

Denkmalschützer beklagen, daßmit dem Durchbruch der Ein-druck der Unüberwindbarkeit,den das Mauermahnmal dem Be-sucher vemittelt habe, verlorenge-he. Derweil hat Anschutz bereitsNachahmer gefunden: Das katho-lische Kolpingwerk hat angekün-digt, ein benachbartes Grund-stück bebauen zu wollen und fürDurchfahrten den Abriß einesweiteren Teils der Restmauer be-antragt. H.H.

Im antikommunistischen UntergrundPer Luftballon oder als Heine-Buch getarnt: Wie die SED-Propaganda in den 50ern unterlaufen wurde

Von HARALD FOURIER

Von MARKUS SCHLEUSENER

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HI N T E RG R U N D4 Nr. 25 – 24. Juni 2006

Wer wollte jetzt noch be-streiten, daß Deutsch-land ein Einwande-

rungsland ist? Der wieselflinkeStürmer mit dem ghanaischen Va-ter, David Odonkor, entzückt dieNation und draußen jubelnschwarz-rot-gold schwenkendetürkische Fans ju-belnd auf denPlätzen, wo dieGroßleinwändestehen. Da habenwir es doch!Selbst die ent-schiedenen Kriti-ker von „Multikulti“ mag der garnicht unangenehme Verdacht be-schleichen, daß sie vielleicht un-recht hatten mit ihren Befürchtun-gen. Sie mögen sichfühlen wie eineglücklichere Kas-sandra, die nichtsfröhlicher gestimmthätte als die Ein-sicht, falsch gele-gen zu haben mitihren düsteren Pro-phezeiungen.

Doch Entschei-dungen aus Über-schwang sind sel-ten weise.

Die Debatte „Ein-wanderungslandoder nicht“ er-scheint vor allemdeshalb oft als ver-bohrtes, inhaltsar-mes Fingerhakelnum einen Begriff,weil die streitendenParteien – undzwar beide! – dasWort sinnverkehrtgebrauchen. Ei-gentlich müßte dieStoßrichtung bei-der Lager genauentgegengesetztverlaufen:

Als der bayeri-sche InnenministerGünther Becksteinvor Jahren forderte,Deutschland solledie Ausländer her-einlassen, „die unsnützen, statt die,die uns ausnützen“,bezog er von dersogenannten „Ein-wanderungslobby“heftige Prügel. Da-bei hatte der CSU-Politiker nichts an-deres getan als dasGrundprinzip benannt, nach demalle Einwanderungsländer han-deln.

Wer ein Land schon deshalb als„Einwanderungsland“ betitelt, weilin ihm eine gewisse Anzahl vonMenschen ausländischer Herkunft

ihre dauerhafte Bleibe gefundenhat, hat damit praktisch sämtlicheLänder der Welt beschrieben –denn dieser Befund trifft auf allezu, selbst auf die ärmsten und ent-legensten. Überall wird der Besu-cher auf Menschen treffen, diefremder Herkunft sind. Der Unter-schied zwischen den Begriffen„Land“ und „Einwanderungsland“

wäre so gesehenderselbe wie zwi-schen „Wasser“und „nassemWasser“ – also garkeiner.

Doch die Rea-lität sieht anders

aus: Einwanderungsländer unter-scheiden sich von anderen Län-dern dadurch, daß sie Art undUmfang der Einwanderung gezielt

steuern. Sie folgen dabei exakt derMaxime, die Beckstein kurz undknapp umschrieben hat: dem na-tionalen Eigeninteresse. Die Anlie-gen derer, die gern einwandernwürden, werden bestenfalls anzweiter Stelle berücksichtigt, wenn

überhaupt. Genau dies aber be-kämpft die „Einwanderungslobby“mit allen Mitteln. Es sollen geradenicht die Interes-sen Deutschlandssein, die darüberentscheiden, objemand hereindarf oder nicht.Bis hin zu derMaximal forde-rung „Grenzen auf für alle“ sollenallein die Anliegen derer zählen,die kommen wollen.

Aus dieser bewußt falsch gesetz-ten Definition von „Einwande-rungsland“ resultiert auch derWiderstand gegen den Begriff:Wohl wissend, daß Deutschland inGefahr gerät, wenn es sich allenErdenmenschen als möglicherWohnsitz öffnet, auch denen, die

wirtschaftlich mehr kosten als sieerbringen und / oder kulturell ho-he Integrationshürden mitbringen,lehnen sie den Begriff als solchenab.

Sobald sich die Diskussion abervon der banalen Schlagwortebene

zu den Sachfragen vorarbeitet, fin-det ein regelrechter Polsprungstatt: Jetzt (wie in der Kontroverse

um die Beckstein-Äußerung) ist esdie Einwande-rungslobby, diesich vehementdagegen wehrt,daß Deutschlanddie eigennützigen

Prinzipien von tatsächlichen Ein-wanderungsländern übernimmt.Und es sind jene, die den Begriff„Einwanderungsland“ zuvor äu-ßerst kritisch sahen, die sich seinetatsächlichen Inhalte umgehend zueigen machen.

Neben den zu klärenden Fragennach wirtschaftlicher Nützlichkeitund kultureller Verträglichkeit be-leuchten die Szenen schwarz-rot-

gold-seliger Zu-wanderer einenweiteren Aspekt,den die Einwande-rungslobby mit Ge-walt auszublendentrachtet: Daß kaumetwas die Integra-tion so sehr fördernkann wie die Ent-wicklung patrioti-scher Gefühle fürdie neue Heimat –die freilich erst ein-mal vorgelebt wer-den müssen vonden Einheimi-schen. Wo kein Feu-er ist, da gibt esauch keinen Fun-ken, der übersprin-gen könnte. Die pa-triotischen Gegnerder Einwande-rungslobby ent-decken allzu oftantideutsche Wal-lungen als die tiefe-re Triebkraft der„Multikultis“, wel-che die Fremdennur deshalb mas-senhaft ins Landlassen wollen, da-mit diese mit demDeutschen schluß-machen. Die Ver-achtung dem eige-nen Volk gegenü-ber wird bloß ge-tarnt als Men-schenfreundlich-keit den Fremdengegenüber, die indiesem Spiel nurMittel zum Zwecksind. Wer erinnertsich nicht noch an

die kalte Ablehnung, welche denRußlanddeutschen Anfang der90er Jahre gerade von jenen ent-gegenschlug, die sonst jede Zu-wandererwelle begeistert begrüß-ten, wenn sie nur nichtdeutsch ge-nug war.

Die Guten sind erwünschtDeutschland ist ein »Einwanderungsland«, aber nicht um jeden Preis

Die gegenwärtige Einwande-rungspolitik der Bundesre-

publik Deutschland ist geprägtvon Gutmenschen, welche denStaat zum Sozialamt der Welt ma-chen wollen, sowie von National-masochisten, denen die Schädi-gung des deutschen Volkes unddie Internationalisierung seinesLandes ein Anliegen sind.

Eine vergleichbare Motivationgab es in Preußen nicht. Aller-dings erfolgte auch in diesen StaatEinwanderung. Das begann be-reits nach der Eroberung und mitder Erschließung des Landes derPrußen durch den Deutschen Or-den. Im Hohenzollernstaat wardie Einwanderungspolitik – abge-sehen vom Toleranzgedanken unddem Solidaritätsempfinden des

Herrscherhauses gegenüber ver-folgten Glaubensgenossen – ge-prägt vom Interesse des Staates.

So versuchte der Große Kur-fürst (1620–1688) im 17. Jahrhun-dert durch die Ansiedlung vonHugenotten, Niederländern, Men-noniten und Juden die Bevölke-rungsverluste seines Territoriumswährend des DreißigjährigenKrieges (1618–1648) auszuglei-chen. Als nach dem Tatareneinfallvon 1656 1708 auch noch die Pestnach Ostpreußen eingeschlepptwurde und bis 1711 dort wütete,reagierte der Soldatenkönig(1688–1740) darauf mit der An-siedlung der Salzburger in dieserProvinz. Es gab also eine Symbio-se. Die wegen ihres protestanti-schen Glaubens von ihren katho-

lischen Landesherren vertriebe-nen Flüchtlinge fanden eine neueBleibe und der Landesherr wirkteeinem akutem Arbeitskräfteman-gel entgegen.

Eine derartige Symbiose setztjedoch nicht nur eine entspre-chende Situation des Aufnahme-landes, sondern auch eine ent-sprechende Qualität der Migran-ten voraus. Der Historiker undMigrationsforscher Klaus J. Badeverweist auf einen wichtigenUnterschied zwischen den dama-ligen Glaubensflüchtlingen undden heutigen Einwanderern in dieSozialsysteme, wenn er schreibt:„Es war somit insgesamt für dieGlaubensflüchtlinge, die seit dem16. Jahrhundert ins deutscheReich kamen, typisch, daß sie

nicht nur etwas wollten – eineneue Heimat, Glaubensschutz, ei-ne neue Existenzgrundlage –,sondern daß sie auch etwas mit-brachten und in ihren Gastgeber-staat einzubringen vermochten,begehrtes Know-how, die Fähig-keit, wirtschaftliche Impulse zugeben, Arbeitskraft und Engage-ment, demographisches ,Potenti-al‘, das für die um Ausbau, Konso-lidierung und Straffung bemühtendeutschen Staaten von hoher Be-deutung war.“

Doch selbst Arbeitskräfteman-gel führte in Preußen nichtzwangsläufig zur Öffnung derEinwanderungsschleusen. BestesBeispiel ist das 20. Jahrhundert.Über den sogenannten Rückkehr-zwang sollte verhindert werden,

daß Polen, die als Saisonarbeiternach Ostdeutschland kamen, sichdort niederließen und zu Einwan-derern wurden. Der eine Grundwar die Sorge vor Überfremdung,der andere der Wunsch bei einemRückgang des Arbeitskräftebe-darfs entsprechend flexibel rea-gieren zu können. Letzteres warinsbesondere der SPD und denGewerkschaften wichtig, dennArbeitskräfteüberschuß bedeutetArbeitslosigkeit und niedrigeLöhne.

Heute ist es umgekehrt. Die Ein-wanderungsschleusen sind geöff-net trotz Arbeitskräfteüberschuß,und es gilt als links, jede Formvon Einwanderung zu bejahen,auch die in einen überfüllten Ar-beitsmarkt. M. R.

In Preußen dachte man auch an den StaatEinwanderung im großen Stil erfolgte nur bei Arbeitskräftemangel und selbst dann nicht automatisch

Von HANS HECKEL

Am Ziel der Träume: Auswanderer im Hafen von New York vor der Freiheitsstatue Foto: pa

ZeitzeugenLevi Strauß, geboren am

26. Februar 1829 als Löb Strauß inButtenheim bei Bamberg, verließ1847 mit seiner Mutter und zweiSchwestern Deutschland aus wirt-schaftlicher Not. Der Vater – malals Hausierer, mal als Tuchhändlerbeschrieben – war an Tuberkuloseverstorben, als Löb 16 war. InAmerika nannte sich Löb Levi, be-trieb eine Textilhandlung mit sei-nen bereits ausgewanderten Brü-

dern. Mit dem Goldrausch zog eran die Westküste. Angeblich muß-te er alles bis auf etwas Leinenstoffunterwegs verkaufen. Die legendä-re Jeans entwickelte der Ge-brauchswarenhändler aber nichtaus diesem Ballen, sondern erst1872. Inspiriert von Goldgräbernentwarf er robuste Hosen mit Nie-ten (von Pferdegeschirren) an denTaschen – zuerst auch braune.1873 wurden sie patentiert, ausGeldmangel ein Mitinhaber ge-führt. Noch im selben Jahr ver-kaufte Strauß fast 6 000Denim–Hosen und Mäntel. SeineFirma ist heute einer der größtenJeanshersteller der Welt. Straußstarb am 26. September 1902 inSan Francisco.

Wernher von Braun, ge-boren 1912 im westpreußischenWirsitz, begeisterte sich als mathe-matisches Talent (vorzeitiges Abi-tur mit 17) früh für Astronomie.Als Jugendlicher experimentierteer mit Raketen. Besonders inspi-rierte ihn der Physiker HermannOberth mit dem Buch „Rakete zuden Planetenräumen“ (1923). Nachdem Studium an der Berliner Tech-nischen Universität und anschlie-ßender Promotion in Physik (1934)

leitete er bereits 1937 (bis 1945) alstechnischer Direktor die Heeres-versuchsanstalt Peenemünde aufUsedom, trat im selben Jahr in dieNSDAP ein (1940 in die SS). Er ent-wickelte die V1- und V2-Raketen:„Wir haben diese Rakete gebaut,um das Tor zu anderen Welten zuöffnen.“ Braun beteiligte sich auchnach 1945 an militärischer Rü-stung – diesmal für die USA. Erwar wesentlich an der Entwicklunatomarer Mittelstreckenraketen be-teiligt, gilt als Vater des US-Rake-ten- wie -Mondprogramms. 1955wurde er US-Bürger. Der Visionärder Raumfahrt starb 1977 in Ale-xandria (Virginia), USA.

Caspar von Geismar, ge-boren 1783 in Athen, entstammteeinem alten Adelsgeschlecht ausWarburg (heute Nordrhein-Westfa-len). Mit 15 Jahren trat er in dieösterreichische Armee ein. Nachderen Niederlage gegen Napoleonbei Austerlitz 1805 kämpfte er für

Rußland weiter, erlebte den Rück-zug Napoleons aus Rußland wiedie Völkerschlacht bei Leipzig1813. Er bewahrte Weimar vor derZerstörung durch Napoleon, betratangeblich als erster russischer Sol-dat der Befreiungskriege französi-schen Boden und erhielt denhöchsten russischen Militär-Or-den. Der General-Adjutant des Za-ren starb 1848 in St. Ptersburg.

Der Klassiker:Einwanderung

in die USAGebt mir Eure Müden, Eure

Armen, Eure zusammenge-pferchten Massen, die nach Frei-heit lechzen“ – diese berühmtenZeilen des Gedichts „The Collo-sus“ (1883) der deutsch-jüdi-schen Amerikanerin Emma La-zarus, eingraviert zu Füßen derFreiheitsstatue, beschriebenjahrhundertelang das patheti-sche Versprechen der USA alsEinwanderungsland.

Die heutige Realität ist freilicheine andere – als moderner Ein-wanderungsstaat sind in denUSA genaue Regeln und Quoten,die Einwanderung kanalisieren,Standard. Ernsthaft einer Quoteund damit Beschränkungenunterworfen wurde die Einwan-derung erstmals 1924. DieseQuote orientierte sich anfangs aneinem Länderschlüssel. Ab 1965wurden die Reihenfolge der An-tragstellung auf Immigration, dieHerkunft nach Weltregion (He-misphäre) und Fragen der Fami-lienzusammenführung berück-sichtigt. Seit 1978 gilt für die Ein-wanderung in die USA eine welt-weit einheitliche Quote.

So erhielten im Jahr 2003 nachUS-Regierungsangaben 463 204Personen die US-Staatsbürger-schaft. Der Durchschnitt über dieJahre 1997 bis 2003 beträgt etwa634000. Zu den offiziellen Ein-wanderern kommen geschätzt275000 illegale Einwanderer hin-zu. Deren Zahl beträgt insgesamtgeschätzt fünf Millionen. Um letz-tere Entwicklung einzudämmen,wurde 2005 ein neues, ergänzen-des Einwanderungsgesetz in Kraftgesetzt. Das Gesetz „Real ID Actof 2005“ verschärft die Regeln fürpolitisches Asyl und des habeascorpus (Beschränkung von Haftund Haftdauer) sowie andereEinwanderungsbestimmungen.Auch die Unterstützung von ille-gal Einwandernden kann nunstrafbar sein. Seit März 2006 er-heben sich immer mehr Stimmensowohl für wie gegen das neueEinwanderungsgesetz.

Neben Kurz-Visa und speziel-len Regeln für verschiedensteZwecke (Urlaub, Praktika,Grundbesitz oder Vermögen inden USA) bieten die US-Gesetzevier Kategorien, die legale Ein-wanderung ermöglichen. Erstens,man hat unmittelbare Verwandtedort, zweitens, sie dient der Fa-milienzusammenführung, drit-tens aufgrund von Arbeit undviertens mittels einer „Green-card“. Kategorie drei zu entspre-chen ist schwer (außergewöhnli-che oder gesuchte Fachkräfte).Den meisten bleibt die Hoffnungauf die „Greencard“, die in einerspeziellen Lotterie vergeben wirdund jährlich 50 000 Dauervisagewährt.

Sozialamt der Welt –Deutschland

nimmt fast jeden auf

Andere fragen nach wirtschaftlicher

Nützlichkeit

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DE U TS C H L A N D Nr. 25 – 24. Juni 2006 5

Reden ist ja gut und schön, abermanchmal muß man auch

handeln. Das hat die 29jährigeBerlinerin Désirée Grebel getanund Anfang April eine Online-Pe-tition beim Bundestag eingereicht.„Der Deutsche Bundestag mögebeschließen, daß Praktika vonHochschulabsolventen, die längerals drei Monate dauern und indem Berufsbild abgeleistet wer-den, für das der Hochschulabsol-vent ausgebildet wurde, in ein re-guläres Arbeitsverhältnis umge-wandelt werden.“

Mit dieser Petition hat die Jour-nalistik- und Geschichts-Absolven-tin offenbar einen Nerv getroffen,denn nicht nur, daß sie innerhalbder Unterzeichnungsfrist 48 000Unterstützer für ihren Antrag ge-funden hat, auch die Medien zeig-ten großes Interesse an dem The-ma. Ob „Frankfurter AllgemeineZeitung“, „Tagesschau“ oder „Spie-gel-Online“; mehrere überregiona-le Medien machten das Anliegenpublik. Dabei ist Grebel nichtselbst betroffen. Zwar hat sie achtPraktika absolviert, doch die mei-sten waren während des Studiumsund nicht danach. Und um dieses„danach“ geht es letztendlich. Eskönne nicht sein, daß hochqualifi-

zierte Universitätsabgänger für ei-ne Vollzeitstelle nur ein Taschen-geld erhalten, so Grebel. Als siehörte, daß einem Bekannten einDrei-Jahres-Praktikum angebotenwurde, war für sie eindeutig klar,daß es sich nur um Ausbeutunghandeln könne. Im Alleingangreichte sie die Petition ein, die soviel Zulauf erhielt, daß die ent-sprechende Internetseite beimBundestag zusammenbrach.

Egal wie der Ausgang der Peti-tion ist – der Bundestag muß sichnur mit dem Vorschlag beschäfti-gen, ihm aber nicht Folge leisten –,Désirée Grebel läßt so manche Ar-beitnehmerverbände blaß ausse-hen. Beispielsweise den Deut-schen Gewerkschaftsbund (DGB).Zwar hatte der DGB kürzlich eineoberflächliche Studie herausgege-ben, die besagte, daß immer mehrHochschulabsolventen für einigehundert Euro ausgebeutet würden,auch hatte man Diskussionsrun-den mit Bundestagsabgeordnetengeführt und europaweit zum Prak-tikantenstreik gerufen, doch dasErgebnis war dürftig. Grebel hathingegen die Medien auf das The-ma gestoßen und hofft, daß nunauch der Bundestag entsprechendauf ihre Petition reagiert.

Allerdings sind nicht alle Reak-tionen auf ihren Vorschlag positiv.Einige Studenten befürchten, daß,sollte er umgesetzt werden, vieleFirmen keine Praktika mehr an-bieten würden und sie somit dienotwendige Praxiserfahrung nichterlangen könnten. Doch hier winktdie inzwischen Festangestellte ab.Wer die Petition genau liest, er-kennt, daß hier nur die Rede von„Absolventen“ und nicht von „Stu-denten“ ist. Ihr geht es darum, daßjunge Menschen mit Diplom, Ma-gister oder Master nicht unterWert beschäftigt werden. Sie ha-ben schließlich ihre Ausbildungbeendet und haben im Rahmendes Studiums Praxissemester ab-solviert. Diese Gruppe soll gesetz-lich davor geschützt werden, für400 Euro sozialversicherungsfreiausgebeutet zu werden.

Jeanne d’Arc derPraktikantenDeutschland gegen Iran

Bei der Fußballweltmeisterschaft der Roboter in Bremen gab es eindeutige Favoriten Von REBECCA BELLANO

„Generation Praktikum“ – Seiteinigen Jahren zeichnet sich ab,daß immer mehr Hochschulab-solventen nach ihrem Abschlußnicht mehr gleich in eine Festan-stellung übernommen werden,sondern sich von einem mehr-monatigen, schlechtbezahltenPraktikum zum nächsten han-geln. Deshalb spricht man von„Generation Praktikum“.

Bei der Roboterfußball-WMin Bremen hat Deutschlandausgezeichnet abgeschnit-

ten. Elf der 33 Preise gingen an Teams aus dem Gastgeberland.China, Japan und der Iran belegendie darauffolgenden Plätze. Hiersind ihre Geschichten:

„Uns alle vereint ein Traum“,sagt MinoruAsada, der Chefder Robocup-Föderation. Die-ser Traum sollim Jahr 2050 inErfüllung ge-hen. Dann hof-fen die Wissen-schaftler aus al-ler Welt eineM a n n s c h a f tkonstruiert zuhaben, die ge-gen MenschenFußball spielenund auch ge-winnen kann.

Fußballspie-lende Robotersind eine gran-diose Idee,dachten sichWissenschaftleraus aller Weltund luden 1997zur ersten Ro-boterweltmei-sterschaft nachJapan. In diesemJahr fand derRobocup in Bre-men statt.

Die Messehallen sind voll mitjungen Leuten und ihren Laptops.Überall schrauben und präparie-ren Wissenschaftler und ihr Nach-wuchs (die jüngsten sind acht Jah-re alt) ihre Roboter.

Es gibt verschiedene Klassenvon Robotern, die vier wichtigstenheißen: Kleine, Mittlere, Vierbei-ner und Humanoide. Letztere sinddiejenigen, die den Menschen am

ähnlichsten sehen, während dieVierbeiner Hunden gleichen. Hu-manoide gibt es erst seit vier Jah-ren beim Robocup. Sie sind nochsehr unbeholfen und brauchenMinuten, um einmal den Platz zuüberqueren. Wenn sie dabei nichtumfallen, was oft genug geschieht.

Die Kleinen sind etwa so großwie ein Kochtopf und flitzen aufRädern über den Kunstrasen. DieMittleren (die eigentlich die Gro-

ßen heißen müßten) gelten als Kö-nigsklasse. Sie sehen so ähnlichaus wie Staubsauger und werdenimmer Tor-gefährlicher. Sie kön-nen Bälle über die Köpfe ihrerKollegen hinwegschießen.

Von 440 teilnehmenden Teamskommen 97 aus Deutschland. Alszweitstärkste Nation sind nicht et-wa Amerikaner oder Japaner, son-dern die Iraner mit 59 Teams ver-

treten. Erst dann folgen die Japa-ner mit 45 teilnehmenden Grup-pen.

Wie kommt das? Ubbo Visser,der Organisator des Robocups2006, ist sich selbst nicht ganz si-cher. Er meint: „Das ist eine alteFrage. Die Iraner stecken wohleher in der Materie Fußball stär-ker drin als die Amerikaner.“

Die erste Gruppe von Iranerin-nen lehnt ein Interview rundher-

aus ab. Warum? „Unsere Chefinhat es verboten“, sagt der männli-che Betreuer der drei verschleier-ten Schülerinnen oder Studentin-nen. Und fügt flüsternd hinzu: „Sieist ein bißchen bescheuert.“ Dievier Iraner ziehen von dannen.

Ein genereller Maulkorberlaßscheint jedoch nicht verhängtworden zu sein. Die nächsteGruppe junger Frauen gibt bereit-

willig Auskunft: Elham Abdeni-kooiepoor, Sepideh Zareian undZeinab Mousarian sind 21 Jahrealt. Sie gehören zur Entwickler-gruppe „Robosina“. Sie haben einProgramm geschrieben, das einerreinen Computersimulationdient. Die drei Iranerinnen beob-achten gerade, wie ihr Programmgegen das der deutschen Gruppe„Brainstormers“ kämpft. Es stehtunentschieden.

Die drei lässig Verschleiertenstudieren Softwareprogrammie-rung an der „Bu-Ali Sina Univer-sität“. Sie wirken zunächstschüchtern, bleiben aber keineAntwort schuldig.

Auf die Frage, warum sie glau-ben, daß so viele Iraner nach Bre-men gekommen sind, antworteteine der drei: „Iraner sind ebensehr clever.“

Die Anmeldung der Gruppe al-leine hat über 800 Euro gekostet,sagen sie. Für den zehntägigenAufenthalt der Nachwuchswissen-schaftlerinnen mußten ihre Fami-lien insgesamt 12000 Euro auf-bringen.

Da hatten es die Amerikanernebenan einfacher. Eric (19) ver-weist auf die Sponsoren „HewlettPackard“, „Dell“ und „Microsoft“.Er gehört zu einer Gruppe, die

richtige Roboteraus der kleinenKlasse mitgebrachthat. Sein Team„RFC Cambridge“kommt vom „Mas-sachusetts Instituteof Technology“(MIT). RFC Cam-bridge ist jedochchancenlos. ZurHalbzeit führen die„Field Rangers“ ausSingapur gegen„RFC Cambridge“bereits 7:0.

„Die haben dieRegeln geändert“,beschwert sich Eric.Der Student derComputerwissen-schaft hat eben ersterfahren, daß nurein Verteidiger inden Strafraum darf.Das ganze ist eineArt Abseitsregel.Deswegen verlierendie Amerikanerständig. So schnellkönnen sie ihreProgramme nichtumschreiben.

Solange er aber hier ist, interes-siert den jungen Amerikaner nureins: Wo kann ich nachmittags dieSpiele sehen?

Die Spiele, bei denen Menschengegeneinander antreten, die rich-tigen eben. Es wird wohl – trotzaller Begeisterung – noch bis 2050dauern, bis Computerfußball sospannend geworden ist wie Robo-terfußball.

Von MARKUS SCHLEUSENER

Zumindest seit SchrödersAgenda 2010 und Hartz IVhaben Teile der Legislative

und der Exekutive die Notwendig-keit erkannt, den ausufernden So-zialstaat angemessen zurückzu-schneiden. Nun scheint sich dieseErkenntnis auch in der Judikative– der dritten (Teil)staatsgewalt –durchzusetzen. Der Präsident desBundesver fa s -sungsgerichtes,Prof. Hans-JürgenPapier hat vorwenigen Tagen ineinem bemer-kenswerten Pres-segespräch festge-stellt, daß der Rückbau des Sozial-staates von der Verfassung hernicht nur nicht verboten sei, son-dern unter Umständen gebotensein könne. Er begründete dieseAussage mit dem Prinzip der Ei-genverantwortung, die neben demSozialstaatsprinzip Grundlage derbundesdeutschen Verfassung sei.

Eine richtige, gleichwohl er-staunliche Feststellung.

Das Bundessozialgericht, dasBundesarbeitsgericht und dasBundesverfassungsgericht mit sei-nem Mitglied Papier haben überJahrzehnte in einem unedlenWettstreit mit der Legislative dieAusuferung des Sozialstaates be-fördert. Die Rechtssprechung der

Obersten Bundesgerichte mit derganz einseitigen Fixierung auf dasim Artikel 20 GG verankerte Sozi-alstaatsprinzip hat dazu geführt,daß die Legislative die freiheitli-che Dimension des sozialenBundesstaates bei der Gesetzge-bung vernachlässigte.

Nunmehr bedarf das Verhältnisder gebotenen Solidarität mit denSchwachen und der gebotenenund erforderlichen Eigenverant-wortung des einzelnen einer neu-

en Austarierung. Die Einsicht,

daß der Rück-schnitt des Sozi-alstaates unum-gänglich ist, hatsich durchgesetzt,doch fehlte der

politischen Klasse bisher der Mut,dies auch unmißverständlich denMenschen im Lande zu sagen.Man flüchtete sich in Formulie-rungen wie „den Sozialstaat zu-kunftsfähig machen“, „den Sozial-staat umbauen“ oder ähnliches.

Nun spricht erstmalig der Spit-zenrepräsentant eines Verfas-sungsorgans vom Rückbau des So-zialstaates. Das ist neu. Das ist ge-radezu ein Verstoß gegen das Sy-stem der politischen korrektenAusrichtung.

Kommt jetzt die Kurskorrektor?Wird zukünftig wieder mehrWahrhaftigkeit den politischenDiskurs bestimmen? Eine Schwal-be bringt noch keinen Sommer.

Präsident des Verfassungsgerichtes

bricht Tabu

Von WILHELM V. GOTTBERG

Späte EinsichtVerfassung gebietet Rückbau des Sozialstaates

So tun als obDebatte um Ehegattensplitting schadet der Institution Ehe

Man ringt um das Ehegat-tensplitting, ideologischeGrabenkämpfe finden

zwischen den Zeitungsspaltenstatt. Genau das ist beabsichtigt.Die Familien sollen glauben, dieUnion kümmere sich um sie, aberdie Verhältnisse in der Großen Ko-alition stünden dagegen. Nur: Die-se Debatte ist ein Schattenboxen.Beide Seiten wissen, daß ein Fami-liensplitting teurer ist als das Ehe-gattensplitting, schon vor fünf Jah-ren hatte der SPD-Finanzexpertedie Kosten vom Familienministe-rium ausrechnen lassen undschweigt seither. Solange dieseZahlen (rund 30 Milliarden Euro)nicht in den Zeitungen stehen,werden sie in Berlin heiß debattie-ren – und nichts tun. Es sei denn,sie schafften das Ehegattensplittingab und verführen nach der Devisedieser Regierung: So tun, als obman den Familien helfen wolle,und im Eifer des publizistischenGefechts eine Regelung treffen, dievon den Familien bezahlt wird.

So sind sie beim Elterngeld ver-fahren. Sie geben den Familien 1,4Milliarden Euro und holen ihnengleichzeitig zehn Milliarden ausder Tasche (Streichen der Eigen-heimförderung, Kürzung des Kin-dergelds und der Pendlerpauscha-le, Erhöhung der Mehrwertsteuer).Ein Familiensplitting nach franzö-

sischem Muster wäre durchaus an-gebracht. Hier haben die Eltern jeden Faktor eins, die ersten zweiKinder den Faktor 0,5 und ab demdritten Kind jedes Kind den Faktor1. Das zu versteuernde Einkommeneiner Familie mit vier Kindernwird also durch fünf geteilt, dasEhegattensplitting ist Bestandteildes Familiensplittings. Die Verfah-rensweise der Großen Koalition sä-he so aus: Eltern haben den Faktornull, Kinder allenfalls 0,5. Im Bei-spielfall würde das Einkommendurch 1,5 geteilt, nicht durch zwei

wie beim Ehegattensplitting, dieRegierung hätte wieder gespart –auf Kosten der Familien. Und siewürde sich laut brüsten, etwas fürdie Familien getan zu haben.

Diese Debatte ist heuchlerisch.In Wirklichkeit vermischen sich inihr, wie der Vorsitzende des Fami-lienbunds der Katholiken in Bay-ern, Johannes Schroeter sagt, „steu-errechtliche Ahnungslosigkeit,Haß auf erziehende Eltern und fi-nanzielle Gelüste zu einem wider-lichen Gebräu“. Kaum jemandspricht von der Ehe als einem Wertan sich. Hier übernehmen zweiMenschen Verantwortung fürein-

ander und das für ein ganzes Le-ben, jedenfalls sollte es so sein.Und dank dieser Verantwortungfüreinander können Kinder ausdiesem Bund gesund in die Gesell-schaft hineinwachsen. Aber auchohne Kinder hat diese Annahme„positive externe Effekte“, sie wirktverbindlich auch nach außen, siewebt mit am Ambiente der Solida-rität. Eheleute sind, so haben wis-senschaftliche Studien ergeben,beruflich leistungsfähiger, emotio-nal stabiler, psychisch und phy-sisch gesünder. Auch das stärkt dieSolidarität in der Gesellschaft. „Ge-rade in einer hoch individualisier-ten Gesellschaft ist die InstitutionEhe ein kulturelles Kapital, das fürden ganz überwiegenden Teil derBevölkerung ein wichtiges Instru-ment seiner gesellschaftlichen In-tegration darstellt“ (Andre Ha-bisch). Wer das Ehegattensplittingersatzlos streichen will, der zeigt,daß er von dieser Institution nichtshält, daß er die Bedeutung dieseskulturellen Kapitals nicht begriffenhat und nur in Kategorien derGeld- und Lustmaximierung denkt.Wer es gut meint mit Ehe und Fa-milie – die Verfassung nennt dieBegriffe nicht umsonst immer zu-sammen –, der beendet die Diskus-sion oder führt sie so, daß das Ehe-gattensplitting in einem neuen Fa-miliensplitting aufgeht. Alles ande-re schadet der Institution Ehe alsdem Kern der Familie und damitauch diesem Land.

Von JÜRGEN LIMINSKI

Bei Heirat wird Gesellschaft

entlastet

Verbissen dabei: Sogar Iranerinnen waren in Bremen vertreten, als Roboter aller Art um den Sieg kämpften. Fotos (2): Messe Bremen

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EU RO PA6 Nr. 25 – 24. Juni 2006

Das Europa der EU, alsoder Brüsseler Europäi-schen Union, ist in

schlechter Verfassung, weil esnach dem Willen euro-fanatischerPolitiker unbedingt eine „Verfas-sung“ und einen „Außenminister“erhalten muß. Die EU soll nachdiesem Willen endlich mit allenAttributen eines richtigen Staatesgeschmückt werden, mit denendiese EU sich weltweit sehen las-sen kann. Die Nationalstaatensamt ihren Parlamenten sollenhinter einer solchen Fassade zu-rücktreten und somit viel von ih-rer Bedeutung verlieren. Mit an-deren Worten: Europa wird seineSeele und seinen Geist verlieren,denn die freiheitlich-demokrati-schen Nationalstaaten sind das ei-gentlich Europäische an Europa.

Seit dem Zwei-ten Weltkrieg undder Überwin-dung von Natio-nalsozial ismusund Kommu-nismus hat Euro-pa die Chance zufriedlichem und freiheitlichemZusammenleben seiner demokra-tischen Nationalstaaten genutztund mit dem Europarat und sei-ner parlamentarischen Versamm-lung in Straßburg die Grundlagenfür ein System freiheitlich-demo-kratischer Staaten in ganz Europagelegt, auf denen es systematischaufgebaut werden kann. Statt des-sen ist mittlerweile europäischePolitik auf die Brüsseler Umver-

teilungsmaschinerie fixiert, die zuZeiten des „Kalten Krieges“ rich-tig und notwendig war. Heuteaber und in Zukunft müßte sie ab-gebaut statt mit einer „Verfassung“samt „Außenminister“ festge-schrieben zu werden, wenn „Eu-ropa“ Europa bleiben will, alsonationalstaatlich, freiheitlich unddemokratisch.

Deutschland als Hauptnetto-zahler der EU hat allein nach sei-ner Wiedervereinigung rund 160Milliarden Euro nach Brüssel be-zahlt, statt zur Bewältigung derKommunismusfolgen im eigenenLand ein Zahlungsmoratoriumder EU zu erhalten.

Deutschland kämpft mit hoherArbeitslosigkeit, mit einem ausdem Gleichgewicht geratenen So-zialsystem und mit schweren Pro-

blemen seinesGesundheitswe-sens. Zugleich istdie Erhaltungund Entwicklungseiner einst mu-stergültigen In-frastruktur ins

Stocken geraten, so daß dieselangsam aber sicher vergammelt.Dennoch ist es die deutscheKanzlerin, auf die sich die Blickeder Brüsseler Eurofantasten rich-ten, wenn es gilt, ihre heiß gelieb-te Verfassung zu retten und sei esauch nur, um sie vorläufig auf einAbstellgleis zu bugsieren.

Nachdem bei Volksabstimmun-gen in Frankreich und in denNiederlanden diese Verfassung

abgelehnt worden ist, hätten De-mokraten, die den Volkswillen re-spektieren, diese Entscheidungenhingenommen und das Projektbeerdigt. Nicht jedoch die Kasteder Berufseuropäer, die ihre eige-ne Lebensgrundlage und Lebens-perspektive gefährdet sehen. Siebeschlossen statt-dessen „einenneuen Anlauf“zur Rettung ihres„Verfassungsver-trages“.

Ö s t e r r e i c h sBundeskanzlerWolfgang Schüssel als Ratsvorsit-zender nennt das in seinem Poli-tikerdeutsch: „Nach der Refle-xionspause beginnt jetzt die Re-flexionsphase“ oder mit anderenWorten, nach der Sprachlosigkeitkomme jetzt das Denken. Im übri-gen, so Schüssel, brauche die Ver-fassung „einen anderen Namen“,also nur ein neues Aushänge-schild.

Auch ansonsten ist die Verwir-rung perfekt: Luxemburgs Jean-Claude Juncker meint, Europa„ginge auch ohne England“ , derDeutsche Hans-Gert Pöttering(Vorsitzender der EuropäischenVolkspartei) wies das scharf zu-rück, SPD-Vorsitzender Kurt Beckmeinte, einzelne Teile des Vertra-ges sollten „gesondert umgesetzt“werden, das erreichte Positivemüsse „den Menschen dargestelltwerden.“

Während Frankreich vor-schlägt, wichtige institutionelle

Veränderungen vorzuziehen,nennen das andere „Rosinen-pickerei“, im bestem Politiker-deutsch meint Elmar Brok (CDU)dazu, das sei „nicht zielführend“.

EU-Kommissionspräsident JoséManuel Barroso rief alle „pro-europäischen Kräfte“ auf, den

„ E u ro p a p es s i -mismus“ zu über-winden.

A n g e s i c h t sdieser Streite-reien und offen-kundigen Ziello-sigkeit sollte das

Verfassungsprojekt aufgegebenwerden, um alle Kräfte darauf zukonzentrieren, die EU dahin zuführen, daß sie den demokrati-schen Nationalstaaten Hilfestel-lung bei der Lösung ihrer Proble-me leisten kann.

Für Deutschland würde das be-deuten, daß es endlich auf Zeitvon seiner Zahlmeisterrolle be-freit wird, um die gewaltigen Pro-bleme in seinem Inneren an-packen zu können.

Wenn Deutschland schon ge-zwungen ist, mit der größtenSteuererhöhung seit 1949 seineMehrwertsteuer zu erhöhen,dann ist es mehr als absurd, wenndie daraus fließenden Steuermit-tel zum Teil über Brüssel in Staa-ten geleitet werden, denen esgegenwärtig wesentlich bessergeht als Deutschland. Die Bürgerwird man auf diesem Weg nicht„nach Europa mitnehmen“ kön-nen – im Gegenteil.

Die EUbaut ihren Einfluß

weiter aus

Brüssel will die Verfassung auch gegen

Bürger durchboxen

Gedanken zur Zeit:

Das Ende der Nationalstaaten?Von WILFRIED BÖHM

Von Brüssel getriebenEU-Gesundheitskommission will Deutschland ein Tabakwerbeverbot aufzwingen

Die EU, genauer die EU-Ge-sundhei tskommiss ion ,sorgt wieder einmal für po-

litischen Sprengstoff in Berlin,treibt die Bundesregierung mit ei-ner Richtlinie zum Verbot von Ta-bakwerbung in Deutschland vorsich her. Sie greift damit tief in na-tionale Kompetenzen ein. Ein seitJahren anhaltender Prozeß vordem Europäischen Gerichtshof(EuGH) droht zuungunsten desKlägers Bundesrepublik auszuge-hen. Deutschland klagte, weil dieEU keine Richtlinienkompetenz fürGesundheit hat, ihr Kommissar Da-vid Byrne jedoch ein Werbeverbotfür Tabak in Deutschland durchset-zen wollte. Tatsächlich steht derdeutsche Gesetzgeber moralisch inder Rolle des Angeklagten da. Da-bei geht es letztlich um politischeKompetenz, Entscheidungsmachtund die Frage, was der National-staat noch selbst regeln darf. 2003hatte Brüssel gegen bestehendeZuständigkeiten Tabakwerbungverboten, Deutschland hatte ge-klagt und knickt nun – eineNiederlage, ablesbar an den Aussa-gen des EU-Gene-ralanwalts, vorAugen – ein.

Raucher kön-nen nicht mehrmit Verständnisrechnen. Diese vordergründigeBotschaft aus Brüssel kommt an.Der Gesundheitskommission gehtes darum, Deutschland als letztesLand ohne ausdrücklichen gesetz-lichen Nichtraucherschutz zu dis-ziplinieren. Das Mittel dazu aller-dings ist äußerst zweifelhaft. DerEuropäische Gerichtshof steht ineinem Gerichtsverfahren offenbardavor, auf Initiative der EU-Ge-sundheitskommission Tabakwer-bung endgültig zu verbannen. Das

mag man inhaltlich bedauern odernicht – die politische Unart, wieBrüssel sich seine heile Verbrau-cherwelt erzwingt, birgt Zündstoff.

„Wir werden demnächst einennationalen Gesetzentwurf zumWerbeverbot auf den Weg brin-gen“, sagte ein Sprecher desBundesverbraucherministeriumsam vorvergangenen Dienstag. Sosolle weiteres „Kompetenzgerangelzwischen Berlin und Brüssel“ ver-mieden werden, hieß es aus demMinisterium. Genau darum geht esder Bundesregierung bei ihremderzeitigen vorauseilenden Geset-zesvorhaben: Niemand soll mitbe-kommen, daß die Brüsseler Wett-bewerbshüter für die allgemeineVerbotsfrage nicht zuständig sind.

Deutschland ist offiziell nochKläger gegen diese ausufernde EU-Regulierung in einem bisher EU-fremden Bereich, bereitet aberschon gehorsam eine nationaleVerordnung nach Brüsseler Wün-schen vor. Selbst wenn Berlin rechtbekommt, soll es nach Verbrau-cherschutzminister Seehofer beimBrüsseler Willen bleiben. Bis wannein deutsches Gesetz Tabakwer-bung verbietet, ist noch offen. DerEindruck jeglicher EU-Überregu-

lierung soll in Zei-ten, da Merkel miteinem neuen EU-Verfassungsanlaufflirtet, nicht auf-kommen.

Daß das bürokratische Europaschlicht nicht zuständig ist, warnämlich vor Jahren höchstrichter-lich vom Europäischen Gerichtshoffestgestellt worden. Ein gerade erstim Jahr 2000 gefälltes Urteil wurdenun unterlaufen. Die Bundesrepu-blik Deutschland droht nach ihrererfolgreichen Klage gegen ein EU-Tabakwerbeverbot 2000 diesmalmit ihrer Klage gegen die Anma-ßungen der europäischen Tugend-wächter zu scheitern. Die Parallele

zum EU-Verfassungsprojekt ist er-staunlich: Auch der EU-Regulie-rungsfeldzug gegen das Rauchenist eigentlich gescheitert, und dochmachen die Befürworter in diesemFall sogar gegen höchstrichterli-ches Votum weiter, solange bis dasErgebnis zu ihren Gunsten ausfällt.Für den Gesundheitsschutz seiendie nationalen Re-gierungen zustän-dig, beschloß2000 der EuGH.Das soll nun nichtmehr gelten,glaubt man dem EU-GeneralanwaltPhilippe Léger. Er empfahl, diedeutsche Klage gegen das von derEU angestrebte Tabakwerbeverbotzurückzuweisen. Und der Stimmedes Anwalts folgt das Gerichtmeist. Sein Argument: Es gelte ei-ner „Fragmentierung des Binnen-marktes“ entgegenzuwirken.

Die eigentlich treibende Kraft istjedoch der Ire David Byrne, bis No-vember 2004 EU-Gesundheits-kommissar. Im damaligen EuGH-Urteil hieß es, ein Werbeverbot sei„unverhältnismäßig“, Brüssel über-schreite seine Kompetenzen. DochByrne bohrte weiter, nutzte eineSchwachstelle in der Argumenta-tion der Richter. In der weit ausleg-baren Grauzone der „Wettbewerbs-verzerrung“ liegt nämlich die wah-re Macht der Brüsseler Kommissa-re. Liegt sie vor, dürfen sie ein-schreiten. Byrne besann sich imMai 2003 mit einer neuen Richtli-nie auf diese Weisheit, der EuGHleistete mit seinem 2000er-UrteilSchützenhilfe. Auch im Gesund-heitsschutz könne die EU aktivwerden, wenn der Wettbewerb ge-fährdet sei, so die Richter. Für Lé-ger wiederum seien der „grenz-überschreitende Handel mit Pres-seerzeugnissen sowie grenzüber-schreitende Rundfunkübertragun-gen“ nur mit der Brüsseler Richtli-nie „weiter zu gewährleisten“.

Unterschiede bei der Tabakwer-bung gefährden also den Rund-funkempfang (in ihm darf nachdeutschem Recht Tabakwerbunggar nicht vorkommen), machen dasLesen deutscher Zeitungen imAusland unmöglich – eine faden-scheinige Argumentation, denn dergrenzüberschreitende Handel ist

gering. Doch esscheint längstnicht mehr umArgumente zu ge-hen. Bereits Rot-Grün legte seiner-

zeit nur halbherzig Protest gegenByrnes Pläne vor Gericht ein. Dienationalen Vorschläge für Nicht-raucherschutz, die Gesetzesinitiati-ven der 90er Jahre, wurden nieumgesetzt. Zu festgefahren schienauch Brüssel die deutsche Politik –darum entschied Byrne, sein Lieb-lingsthema auch gegen geltendeAufgabenverteilung der Bundesre-publik aufzuzwingen.

Graswurzelbürokratie mag mandie neue EU-Strategie nennen. DerGetriebene ohne eigene Entschei-dungskompetenz ist ausgemacht:Schließlich sei Deutschland ganzhinten im Nichtraucherschutz undmüsse europäisch abgestraft wer-den, so der Tenor von Europaabge-ordneten. Was Wettbewerb ist, be-stimmen allerdings nicht sie als ge-wählte Parlamentarier, sondern dieHüter in den Kommissionen. ImZweifelsfall alles, heißt deren Bot-schaft. Wer dann das Gesetz aus-führt, ist unerheblich – tatsächlichhat Brüssel längst Einfluß auf Be-reiche, von denen es bisher aus gu-tem Grund ausgeschlossen war.

Die für deutsche Arbeitsplätzeverheerende europäische Dienst-leistungsrichtlinie hat gezeigt, wa-rum der Arbeitsmarkt bisher Sacheder Nationalstaaten war und esbesser auch geblieben wäre. Nunhat die EU also auch die Gesund-heit an sich gerissen.

AusländerfeindlichWarum muß Deutschland »Germany« heißen?

Ein knappes weißes Höschenbedeckt die weiblichenRundungen oberhalb son-

nengebräunter Beine. Auf demweißen Frottee mit schwarzer Um-naht prangt über beide Pobackenverteilt in großen Lettern unüber-sehbar „GERMANY“. Ein jeder indiesem Land weiß, in diesem Hös-chen steckt eine wohlproportio-nierte Freundin der deutschenFußball-Nationalmannschaft. DieRückseite des Mädels entzückt undes behagt dem (männlichen)Ästheten wenig, dieses hübscheBild als Aufhän-ger für eine Gene-ralkritik heranzu-ziehen.

Warum kannauf der Hose nicht„Deu t sch land“prangen? IstDeutschland zu groß, ... das Wortzu lang? Denken wir ernsthaft, un-sere ausländischen Besucher sindunfähig, die deutschsprachige Ver-sion unseres Landesnamens zuord-nen zu können? Sollte es so sein,so müssen wir uns dem Vorwurfder Ausländerfeindlichkeit stellen.

Man kann es so gerade ebennoch ertragen, wenn von „Fans“und „Teams“ im „Kicker“ die Spra-che ist. Doch schon der Begriff „Re-feree“ stimmt einen mißmutig. Alsgäbe es hierzulande keine Schieds-richter mehr.

Doch endgültig nervt es, wennder deutsches Geld scheffelnde Pe-ter Kapitzka in der konservativenTageszeitung „FAZ“ nach seinem

Verkaufsschlager „Autoflaggen“ ge-fragt, seine „car flag“ hochlobendanpreist. Kapitzka ist Lizenzinha-ber für den Flaggenverkauf imRahmen der Fifa-Spiele und seine„car flag“ begegnet uns derzeit se-kündlich im Straßenverkehr. Imübrigen, so Kapitzkas unerschüt-terlicher Patriotismus, „mit Natio-nalstolz sind wir Deutschen ja einbißchen vorsichtig“, deshalb zier-ten die Landesfarben nur eine unddie „Trophy“ die andere Seite derFlagge. „Trophy“, damit ist wohl diegoldene WM-Trophäe gemeint.

Mit der „car flag“ der Fans fürdas Team Germany zur Trophy?Die kleinen Tims, Toms, Kevins,

Mikes und Ronnysflitzen schon flei-ßig über den Bolz-platz, um spätereinmal auf demheiligen Grün Sie-ge für Deutsch-land zu erringen.

Es müssen ja nicht gleich Sieg-fried, Gunther, Gernot und Gisel-her antreten, mit Hagen als Liberound Dankwart im Tor. Aber der va-terlandslose Patriotismus ist leiderhausgemacht! Friedrich von Logau(1604–1655) überlieferte uns einaltes deutsches Sprichwort: Das Ei-sen zeugt ihm selbst den Rost, vondem es wird verzehret; wir Deut-schen haben selbst gezeugt, die,die uns jetzt verheeret!

Heute bleibt die Flimmerkisteaus. Ich genieße lieber unter som-merlichem Himmel in dem Gar-tenstuhl, der auf dem ungemähtenRasen thront, einen alten Schmö-ker zum Nibelungenlied. Wie gingdas gleich noch aus?

Von B. KNAPSTEIN

Von SVERRE GUTSCHMIDT

Durch Werbung zum Rauchen animiert? Die EU will Tabak-unternehmen das Werben für ihre Produkte verbieten. Foto: epd

Es geht um Macht,nicht um Gesetze

EU überschreitetihre Kompetenzen

Nicht »Autoflaggen«,sondern »car flag« –

Englisch im Übermaß

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AU S A L L E R WE LT Nr. 25 – 24. Juni 2006 7

In der Regel wird ein Literatur-preis für einen Roman, einGedicht oder auch ein Drama

verliehen. Daß auch eine Verfas-sung mit einem Literaturpreisbedacht wird, ist eine Seltenheit.

In Italien wird in der nächstenWoche die italienische Verfassungmit dem „Premio Strega“, einerder wichtigsten literarischen Aus-zeichnungen, prämiert.

Anlaß dieser symbolischenHandlung ist nicht nur der 60.Geburtstag der Republik, sondernauch die Tatsache, daß die geplan-te neue Verfassung unter Feder-führung des ehemaligen Minister-präsidenten Berlusconi entstan-den ist. Dieser Verfassungstextwurde im November des vergan-genen Jahres von der kürzlichabgewählten Mitte-Rechts-Regie-rung auf Mehrheitsbasis beschlos-sen. Da sich die Oppositionjedoch nicht mit der neuen Verfas-sung einverstanden erklärte, hattesie ein Referendum durchgesetzt.Aus diesemGrund sind dieItaliener am 25.und 26. Juni dazua u f g e r u f e n ,mittels Referen-dum über dieVerfassungsre-form abzustimmen.

„Devolution“ ist das Schlagwort,das den Regionen mehr Autono-mie verleihen soll. So sollen dieBereiche Gesundheit, Schule undPolizei nicht mehr wie bisher zen-tral von Rom, sondern von denRegionen aus in finanziellerEigenregie verwaltet werden. DaItalien durch ein sehr starkes sozi-ales Nord-Süd-Gefälle geprägt ist,hat eine solche Änderung auch

zur Folge, daß ein Kranker inPalermo schlechtere Chancen aufHeilung hätte als in Mailand.

Ein besonders wichtiger Punktder neuen Verfassung ist, daß derMinisterpräsidentmit mehr Machtausgestattet wer-den soll. Bisherist es so, daß derMinisterpräsidentvom Präsidentender Republikernannt wird. Nach der neuenVerfassung soll er direkt vom Volkim Zuge der Parlamentswahlengewählt werden können. Außer-dem soll er Minister bestellen,abrufen sowie die Kammern desParlaments auflösen können.Diese Aufgaben liegen bisherbeim Präsidenten der Republik.Der Ministerpräsident würde,wenn es nach der neuen Verfas-sung ginge, nicht mehr wie bisherdas Vertrauen der Kammernbenötigen, um regieren zu kön-nen.

Wächst die Macht des Minister-präsidenten nach der neuen Ver-

fassung, so wirdder Präsident inseinen politi-schen Kompeten-zen einge-schränkt: Er istnicht mehr dieletzte Instanz, die

über Gesetze entscheidet, dieKammern auflöst und den Mini-sterpräsidenten ernennt.

Reformiert werden sollen auchdas Zwei-Kammern-System, wel-ches aus Parlament und Senatbesteht. Bisher setzte sich das Par-lament aus 630 Abgeordnetenzusammen. Laut Gesetzesentwurfsoll die Anzahl der Parlamentarieraus Kostengründen auf 518 redu-ziert werden. Der Senat, der die

Interessen der Regionen vertritt,würde künftig nur noch 200 statt315 Senatoren zählen. Abgeschafftwerden würden auch das Amt desSenators auf Lebenszeit, von

denen es derzeitfünf gibt.

Für den vorkurzem abge-wählten Minister-präsidenten Ber-lusconi ist dasReferendum eine

Verlängerung des Wahlkampfes. Inseinen TV-Kanälen „Rete4“, „Italia1“ und „Canale 5“ laufen Kampag-nen, in denen die Wähler aufgeru-fen werden, für die neue Verfas-sung zu stimmen, um der Linkeneine Lektion zu erteilen. Genanntwird bei diesen Kampagnenjedoch nur der Punkt, in dem esdarum geht, die Anzahl der Abge-ordneten und Senatoren zu redu-zieren. Ein Punkt, über den mansich in Italien relativ einig ist.

Der Ex-Präsident Azeglio Ciam-pi, von der Rechten wie der Lin-ken gleichermaßen geschätzt,hatte sich in den vergangenenTagen in der italienischen Tages-zeitung „La Repubblica“ entschie-den gegen die neue Verfassungausgesprochen. Er sei von denGrundwerten und der Stabilitätder alten Verfassung überzeugt.Mit dieser Aussage hatte er sichden Groll der Rechten – insbeson-dere des Lega-Nord-Chefs Umber-to Bossi – zugezogen, dessenerklärtes politisches Ziel von jeherdie „Devolution“ ist.

Bei diesem Volksentscheid istein Mindestwahlbeteiligung nichterforderlich. Bisher sieht esdanach aus, daß die Wähler derEmpfehlung ihres ehemaligen Prä-sidenten Ciampi folgen werden,gegen die neue Verfassung zustimmen.

Dem Ergebnis der Volksab-stimmung vom 21. MaiRechnung tragend, erklär-

te sich Montenegro am 3. Juniauch formell für unabhängig. Derneue Staat wurde bereits von Ruß-land, der EU, den USA undetlichen anderen offiziell aner-kannt. Die Auflösung des von derEU erzwungenen Staatenbundsmit Serbien scheint – ähnlich wieder Zerfall der Tschechoslowakei– unblutig zu verlaufen. AlleinigerRechtsnachfolger des Bundes istSerbien, Montenegro muß sichselber um Aufnahme in interna-tionale Organisationen bemühen.Montenegro hat bereits bei derNato angefragt – wohl nicht ausSicherheitserwägungen, sondernweil Nato-Stützpunkte Devisen-bringer sind. Und Montenegro hatauch der Nato etwas zu bieten,nämlich die Bucht von Kotor, dieeinst Hauptstützpunkt der öster-reichisch-ungarischen Kriegsma-rine war.

Es war unschwer vorauszusa-gen, daß die Ereignisse in Monte-negro Auswirkungen auf dieNachbarschaft haben würden –eben deshalb hatten ja die „Euro-päer“ bis zuletzt die Unabhängig-keit Montenegros zu verhinderngetrachtet. Prompt meldeten sichdie Serben in Bosnien-Herzegowi-na zu Wort und beriefen sichebenfalls auf das „Selbstbestim-mungsrecht der Völker“. MiloradDodik, Ministerpräsident der„Republika Srpska“, sprach sogarvon einem Referendum nach demMuster Montenegros. Seit demAbkommen von Dayton 1995besteht Bosnien-Herzegowina ausder „Republika Srpska“ und der„Bosnisch-Kroatischen Födera-

tion“, ist de facto aber ein Protek-torat, in dem der „Hohe Repräsen-tant der internationalen Gemein-schaft“, derzeit der DeutscheChristian Schwarz-Schilling, allewesentlichen politischen und per-sonellen Entscheidungen derlokalen Behörden genehmigenmuß und aufheben kann. Dodikmußte daher gleich wieder einenRückzieher machen, um nichtabgesetzt zu werden. Schwarz-Schilling wies ihn mit derBehauptung zurecht, daß dieRepublika Srpska weder mit Mon-tenegro noch mit Kosovo ver-gleichbar sei. Was er natürlich

nicht sagte: Wenn die Serben inBosnien-Herzegowina Selbstbe-stimmung fordern, werden das diedortigen Kroaten ebenfalls tun –und was sollte dann mit den mus-limischen Bosniaken geschehen?

Aber da ist noch etwas: So wiedie Grenzen der Nachfolgestaatender Sowjetunion auf von Stalingezogene Republikgrenzenzurückgehen, dürfen auch in Jugo-slawien nur die von Tito gezoge-nen Republikgrenzen zu Staats-grenzen werden. Jede Änderungdieser ohne Rücksicht auf Völkergezogenen Grenzen wird als„Gefährdung der Nachkriegsord-nung in Europa“ angesehen. Unddaher darf es höchstens einSelbstbestimmungsrecht von„Bevölkerungen“ geben – in exi-stierenden Grenzen, siehe Monte-negro.

Mittlerweile trat auch Carla delPonte, Chefanklägerin in Den

Haag, wieder auf den Plan. Miteinem Rundumschlag, denn sieübte nicht nur heftige Kritik anSerbien, weil Mladic und Karadzicnoch immer nicht festgenommenund ausgeliefert wurden, sondernauch an Rußland, wo sich ein paarder als Kriegsverbrecher Gesuch-ten aufhalten sollen, und – manhöre und staune – sogar an derUNMIK, der Uno-Verwaltung imKosovo!

Es mag Zufall sein oder auchnicht: Zwei Tage nach del PontesKritik an der UNMIK wurdebekannt, daß der Däne Sören Jes-sen-Petersen, seit knapp zwei Jah-ren Chef der UNMIK, von seinemAmt zurücktritt – „aus familiärenGründen“. Er war der fünfteUNMIK-Chef seit 1999. Währendseine Amtsvorgänger – der Fran-zose Kouchner, der Däne Haek-kerup, der Deutsche Steiner undder Finne Holkeri – durchweg vonunrealistischen Annahmen undPostulaten ausgegangen warenund dementsprechend agiert hat-ten, war er der erste Pragmatikerin dieser Funktion und kann einedurchaus beachtliche Bilanz zie-hen.

Optimisten meinen, es würdesich gar nicht mehr lohnen, einenNachfolger zu suchen, weil dieWiener Kosovo-Verhandlungen inein paar Monaten abgeschlossensein könnten. Da aber selbst nachder sechsten Verhandlungsrundenoch in keiner auch nur annä-hernd wichtigen Frage Überein-stimmung erzielt wurde, scheintPessimismus eher angebracht.Sollte aber wieder einmal eineLösung oktroyiert werden, würdedas eine begrenzte Souveränitätdes Kosovo bedeuten und – wie inBosnien – auch weiterhin einemassive „internationale“ Präsenzerforderlich machen.

Bewegung auf dem BalkanNeue Unabhängigkeit Montenegros weckt Begehrlichkeiten

Von R. G. KERSCHHOFER Von VITTORIA FINZI

Dezentralisierung –Mehr Macht

für die Regionen

Berlusconi macht vielWerbung für

»seine« Verfassung

Wirbel um neue VerfassungItaliens Volk entscheidet über Neuregelungen

Der Ostblock ist tot, es lebeder Ostblock! So, oder soähnlich sieht die Horrorvi-

sion der Nato-Strategen aus. Undzumindest eine anverwandte Vari-ante der Horrorversion scheintunter dem Namen „Shanghai Coo-peration Organization“ (SCO), als„Shanghai Fünf“ gegründet, 2001ins Leben gerufen worden zu sein.Ein sino-russisches Militär-Manö-ver bei Wladiwostok und der chi-nesischen Halbinsel Shandong mit10 000 beteiligten Soldaten und140 Kriegsschiffen im August desVorjahres bildet den passendenHintergrund für Konfliktszenarien.

Die SCO basiert auf einem 1996in Shanghai unterzeichneten „Ver-trag über die Vertiefung des militä-rischen Vertrauens in Grenzregio-nen“ und einem weiteren Vertragüber die Reduzierung von Truppenin Grenzregionen. Heute gehörender Organisation China, Rußland,Kasachstan, Kirgisien und Tadschi-kistan als SCO-Gründer sowie dasspäter beigetretene Usbekistan an.

Indien, Pakistan, die Mongoleiund der Iran haben einen Beobach-terstatus.

Sollte sich das Vertrauensbünd-nis, das offiziell innerasiatischeKrisen lösen und den grenzüber-schreitenden Terrorismus in dieSchranken weisen soll, zu einemechten Bündnis für gemeinsameSicherheitspolitik auf der asiati-schen Kontinentalplatte verfesti-gen, dann werden zumindest dieenergiehungrigen USA ein neuesGegengewicht in der Welt haben.Konfliktstoff wäre vorhanden,denn das SCO-Einflußgebiet istreich an fossilen Ressourcen.

Für die Möglichkeit einer sol-chen Entwicklung spräche die Auf-lösung des russisch-chinesischenGegensatzes. China, der erwachen-de Drache, hat in Usbekistan gera-de eine viertel Milliarde US-Dollar

umfassende Investition getätigt, umseinen Energiebedarf zu sichern.Der Iran, Beobachter des Bündnis-ses, hat, unterstützt von SCO-Mit-glied Kirgisien, einen Aufnahme-antrag gestellt. Ein Förderer desTerrorismus in der Anti-Terror-Alli-anz?

Sollte der erdöl-triefende, unsi-chere Kantonistdes Nahen Ostenstatsächlich in dasShanghai-Bündniseintreten, liegt derWesten mit seinerB e z e i c h n u n g„Anti-Nato“ garnicht so falsch.Sollte zudem derIran das ressour-cenarme Chinadurch Energiever-sorgungsverträgean sich bindenkönnen, danngenügte in der Tatein Steinwurf vonTeheran in Rich-tung Tel Aviv, umdie Welt ins Wan-ken zu bringen.Ein Horrorszena-rio!

Doch noch ist esnicht so weit!China und Ruß-land möchteneigentlich keineErweiterung derAllianz. LediglichIndien ist von derSCO offiziell zum Beitritt ermutigtworden.

Darüber hinaus stehen wesentli-che nationale Interessen der Part-

ner nicht im Einklang. Die asiati-schen Großmächte sind noch weitdavon entfernt, eine militärischeinheitliche Sprache zu sprechen.Auch dürfte es Moskau wenigbehagen, daß der Einfluß Pekingsauf die von der russischen Haupt-

stadt weit entfernt liegenden russi-schen Provinzen im Osten wächst.Immerhin, Separatismus ist im Flä-chenstaat Rußland kein Fremd-

wort. Ein Spagat zwischen Westund Ost könnte die innenpolitischeStabilität Rußlands, dessen Kitt denNamen Wladimir Putin trägt,gefährden. Und der garantiertnaturgemäß nur eine begrenzteHaltbarkeit.

Rußland sitzt zudem derzeit demMinisterkomitee des Europaratesvor, und hier werden die Men-schenrechte groß geschrieben.

Schon jetzt muß Moskau sich vonder aus Straßburg berichtendenPresse anhören lassen, man habe„den Bock zum Gärtner“ gemacht.

Ein Vergleich der SCO mit denEuropäischen Gemeinschaftenliegt nahe. Dies, zumal Putin als

Reaktion aufeinen Vorstoß desiranischen Präsi-denten Ahmadi-nedschad dieGründung eines„Energieclubs derSCO“ als aktuellbezeichnet.

Der Zweck,durch IntegrationkriegswichtigerWirtschaftsfakto-ren den Friedenauf dem Konti-nent zu sichernund alte Gegen-sätze zu überwin-den, mag auf demasiatischen Konti-nent sinnvoll undgeboten sein. Mandarf bei einemVergleich von EGund SCO jedochnicht übersehen,daß die Gegensät-ze und Interes-senlagen dere u r o p ä i s c h e nGroßmächte bis1945 klar umris-sen waren.Freund und Feindwaren als solche

erkennbar und dem entsprechen-de Zweckbündnisse schnellgeschlossen. Diese Klarheit fehltim Einflußgebiet der SCO heute.

Kriege werden kaum noch zwi-schen Nationen geführt, sonderneher zwischen einer Staatenge-meinschaft und im Untergrundwirkenden Terrorkräften. Religiösmotivierter Terrorismus, privat-wirtschaftliche Motive von soge-nannten War Lords, aber auch dieInteressen global agierender Wirt-schaftsunternehmen verlaufenquer zu den klassischen Sicher-heitsinteressen der beteiligtenStaaten. Eine allzu freundlichePolitik gegenüber dem Iran undseiner nuklearen Geheimniskrä-merei dürfte die BeziehungenMoskaus zu den europäischenPartnern deutlich belasten.

Nein, die SCO scheint auf länge-re Sicht weiterhin ein Zweckbünd-nis im kleineren Rahmen zu blei-ben. Man habe jetzt „effektiveHebel zur gemeinsamen Bekämp-fung der drei Bösen: des Terro-rismus, des Separatismus und desExtremismus“, bestätigte dennauch Putin in diesen Tagen nocheinmal den aktuellen Auftrag desBündnisses in der russischen Zei-tung „Rossijskaja Gaseta“.

Selbst gemeinsame militärischeÜbungen der SCO-Staaten täu-schen nicht über den fehlendenEinklang klassischer nationalerSicherheitsinteressen im Sinnevon „Staat-schützt-sich-vor-Nach-barstaat“ hinweg. Chinas Militärwird weitgehend von der russi-schen Waffenindustrie versorgtund die gemeinsame Waffen-schau im Japanischen Meer vomAugust des Vorjahres machte aufBeobachter eher den Eindruckeiner Werbeveranstaltung für rus-sische Bomber. Auch wenn es inzehn Jahren anders aussehenmag, der neue Ostblock ist viel-leicht geboren, aber um laufen zukönnen muß das Kind noch vieleGleichgewichtsprobleme über-winden. Im Augenblick kämpftdas Kind tatsächlich nur gegendie Infektionen der kleinen Terrorzellen.

Von BERNHARD KNAPSTEIN

Neue Bedrohung aus Asien?Russen und Chinesen verstärken als »Shanghai Fünf« ihre Zusammenarbeit

Konkurrenz für die USA? Irans Präsident sucht die Nähe zu den „Shanghai Fünf“. Foto: laif

Serben wollen auch

ihre Eigenständigkeit

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Mit unsicheren Schrittennähert sich Veit S. demRednerpult, er scheint

ruhiger zu werden, als es ihm beimersten Versuch gelingt, das Mikro-phon zu ergreifen. Noch ein paarhastige Bewegungen, und er be-ginnt zu reden: „Ich bin heute mitder Bahn hierhin gereist, fast 300Kilometer weit!“ Tosender Beifall –das fachkundige Publikum weiß,was diese so banal klingende Mit-teilung zu bedeuten hat.

Veit S., 64 Jahre alt, leidet seitzwei Jahrzehnten an Parkinson,seit vielen Jahren bereits im weitfortgeschrittenen Stadium. Ausder fränkischen Heimat ist er nachFrankfurt a. M. gereist, um auf ei-nem wissenschaftlichen Sympo-sium im Rahmen des DeutschenParkinson-Kongresses über neueTherapiemöglichkeiten zu berich-ten. Was er vorträgt, findet bei denvielleicht 150 Zuhörern – Medizi-ner (überwiegend im Professoren-rang), Pharma-Forscher und Fach-journalisten – lebhaftes Interesse.Wie er es vorträgt – frei redend,für einen Parkinson-Patienten auf-fällig unaufgeregt – beeindrucktauch emotional. Und die Tatsache,daß er erstmals eine solche Reisemit einem öffentlichen Verkehrs-mittel wagen konnte, verstärktdiese Wirkung noch.

Parkinson (wissenschaftlich:Morbus Parkinson, benannt nacheinem britischen Arzt, der dieSymptome 1817 erstmals be-schrieb) ist eine neurodegenerati-ve Erkrankung des Gehirns. Siezerstört Nervenzellen, die den Bo-tenstoff Dopamin herstellen. Sol-che Stoffe haben die Aufgabe, Im-pulse zwischen den Nervenweiterzuleiten; Dopamin ist unter

anderem für die „Befehlsübertra-gung“ im motorischen System desKörpers zuständig. Steht es nichtausreichend zur Verfügung, gerätder gesamte Bewegungsapparataus dem Gleichgewicht.

Die Krankheit tritt etwa ab dem45. bis 50. Lebensjahr auf, beiMännern nahezu doppelt so häu-fig wie bei Frauen. In Deutschlandleben zur Zeit rund 400000 Par-kinson-Patienten. Die Fachmedizi-ner rechnen mit steigenden Zah-len; auch beobachten sie, daßimmer häufiger auch Jüngere er-kranken (laut Prof. Dr. WolfgangOertel, Uni Marburg, sind bereitszehn Prozent der Parkinsonkran-ken unter 40).

Drei markante Symptome sindtypisch für Parkinson: Rigor, Tre-mor und Bradykinese. Rigor be-deutet eine Versteifung der Mus-kulatur, welche zu unnatürlicherKörperhaltung führt und mit star-ken Schmerzen verbunden ist.

Beim Tremor handelt es sich umein unkontrolliertes rhythmischesZittern von Händen, Armen oderBeinen – für den Laien das auffäl-ligste Merkmal eines Parkinson-Patienten. Bradykinese schließlichist die zunehmende Verlangsa-mung aller möglichen Bewegun-gen. Sie äußert sich zum Beispielin einer auffälligen Veränderungder Mimik, der Sprache oder desBewegungsablaufs beim Gehen.

Für den Patienten hat dieKrankheit aber noch weitaus stär-kere Auswirkungen. Schon in derFrühphase werden häufig Depres-sionen und Schlafstörungen beob-

achtet. Sprechstörungen, Verlang-samung der Denkfähigkeit undEinschränkung der Konzentra-tionsfähigkeit führen dazu, daßder Kranke für geistesgestört (de-ment) gehalten wird, obwohl seinegeistige Leistungsfähigkeit weitge-hend erhalten bleibt (der eingangsbeschriebene Auftritt auf demÄrzte-Symposium war ein ein-drucksvoller Beleg dafür).

Große Probleme entstehen,wenn schnelle Reaktionen gefor-dert sind, etwa wenn man ins Stol-pern gerät. Der Gesunde gleichtdas mit wenigen, meist unbewuß-ten Bewegungen aus, während derParkinsonkranke bei der gering-sten Störung total aus dem Gleich-gewicht gerät und zu stürzendroht. Dies und der Wechsel zwi-schen hyperaktiven und geradezuapathischen Phasen hat oft einegesellschaftliche Stigmatisierung,ja Diskriminierung zur Folge – ne-ben Schmerzen und körperlichen

Leiden ein dramatischer Verlustan Lebensqualität!

Eine Heilung, also eine Thera-pie der Ursachen, ist bis heutenicht möglich. Man kann nurSymptome lindern und denKrankheitsverlauf verlangsamen.Hier haben sich drei Typen vonMedikamenten bewährt: Levado-pa (L-Dopa), eine Art Dopamin-Vorstufe, die im Hirn die Produk-tion des Botenstoffs anregt,Dopamin-Agonisten (Ersatzstoffe,welche die Wirkung von Dopaminnachahmen), sogenannte Hem-mer, die den Abbau von Dopamin(MAO-B-Hemmer) beziehungs-

weise L-Dopa (COMT-Hemmer)bremsen.

Im fortgeschrittenen Krank-heitsstadium zeigen diese Mittelaber auch deutliche Nachteile. DieVerabreichung wird für den Pa-tienten immer komplizierter, dieWirkung immer schwächer, derWechsel zwischen Zuständen gu-ter (On) und schlechter Beweg-lichkeit (Off) immer häufiger; amEnde droht ein schmerzerfülltesLeben im Rollstuhl.

Neue Hoffnung gibt diesen Pa-tienten das auf dem Symposiumvorgestellte Therapiekonzept Du-odopa. Es handelt sich um eineKombi-Substanz aus L-Dopa undeinem COMT-Hemmer, die übereine Sonde direkt in den Dünn-darm gelangt. Der Patient trägt amKörper einen Beutel, nicht größerals ein Portemonnaie, mit einerPumpe und einem 24-Stunden-Vorrat des Medikaments. Damitkann er situationsgerecht selberden L-Dopa-Spiegel steuern.

Wie die Marburger NeurologinDr. Karla Eggert berichtet, hat sichdas von „Orphan Europe“ ent-wickelte Therapiekonzept in vier-jähriger klinischer Erprobung be-stens bewährt. Es ist seit 2004 inDeutschland zugelassen und wirdvon den Krankenkassen bezahlt.Mit Duodopa behandelte Patien-ten haben doppelt so lange Zeitennormaler Beweglichkeit, signifi-kant weniger Tremor-Erscheinun-gen und Schmerzen und insge-samt eine deutlich höhereLebensqualität. So können endlichauch Parkinson-Kranke im weitfortgeschrittenen Stadium zumin-dest begrenzt am öffentlichen Le-ben teilnehmen. Und Patient VeitS. konnte nur deshalb zu diesemSymposium nach Frankfurt reisen,weil er seit ein paar Monaten aufdie Duodopa-Pumpe drückt.

8 Nr. 25 – 24. Juni 2006 GE S U N D H E I T

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Sieg der UnvernunftWofür haben Klinikärzte eigentlich gestreikt?

Die „Hauptsache“ erfuhrman so nebenbei: Mit derAnerkennung als eigen-

ständiger Tarifpartner habe derMarburger Bund „Tarifgeschichtegeschrieben“, bekundete stolz des-sen streitbarer Vorsitzender Dr.Frank Ulrich Montgomery. Dashätte er auch schon ein paar Wo-chen früher haben können; Unter-schiede zwischen dem vorletztenund dem letzten Angebot der Län-der im Tarifstreit mit den Klinik-ärzten sind nur bei sehr genauemHinsehen wahrnehmbar. Das imVergleich zu den vollmundigen 30-Prozent-Forderungen fast schondürftige Ergebnis muß Montgome-ry nun den von ihm Vertretenenschmackhaft machen. Was ange-sichts des berechtigten Zorns derÄrzte in den östlichen Bundeslän-dern nicht einfach sein dürfte –wie die Urabstimmung über denneuen Tarifvertrag ausgeht, ist völ-lig offen.

Um der massiven Kritik auchaus den eigenen Reihen die Wuchtzu nehmen, tritt Ärzte-FunktionärMontgomery die Flucht nach vornan: „Nach dem Streik ist vor demStreik“.

Nun will er 70000 an kommuna-len Krankenhäusern angestellteMediziner an die Arbeitskampf-Front führen, um dort zu erkämp-fen, was die 22000 Ärzte in Lan-desdiensten bereits erreichthaben: den Status eines eigenstän-digen Tarifpartners auf „gleicherAugenhöhe“ mit der übermächti-gen DGB-Gewerkschaft ver.di.Und nach der in den vergangenen13 Streikwochen zur Schau getra-genen Sturheit müssen sich auchdie Patienten in städtischen undKreiskrankenhäusern auf lang an-haltende Beschwernisse einstellen.

Die kommunalen Krankenhaus-betreiber lehnen die Forderungendes Marburger Bundes generell abund bestehen auf Anwendung desmit ver.di ausgehandelten Tarifver-trags für den Öffentlichen Dienst.Diese Position ist wegen der deso-laten Finanzlage der ÖffentlichenHände verständlich, aber nicht un-bedingt sachgerecht.

Die Tätigkeitsmerkmale des me-dizinischen Klinikpersonals unter-scheiden sich wesentlich von de-nen der Müllwerker, der Sach-bearbeiter in einem Statistikamtoder der Sekretärin des Bürger-meisters. Es dient der Sache, wennhier spezifische Regelungen derArbeitsbedingungen und -zeitenausgehandelt werden – in diesemPunkt ist dem Marburger Bundbeizupflichten.

Leider ist dieser Aspekt aber mitzunehmender Dauer des Klinik-streiks immer mehr in den Hinter-grund getreten; am Ende war nurnoch von Geld, Verbandsinteres-sen und verletzten Eitelkeiten dieRede.

Dafür den Kopf (oder welchenkranken Körperteil auch immer)hinhalten zu müssen, sind die Pa-tienten in den Landes- und Unikli-niken leid. Sie können sich nichtsicher sein, nunmehr endlich vonKampfaktionen verschont zu blei-ben, und auch die in den kommu-nalen Krankenhäusern, die nachdem Willen der Marburger-Bund-Fuktionäre demnächst „dran sind“.

Die im Marburger Bund organi-sierten Ärzte sind in der Pflicht,endlich deutlich zu machen, wofürsie eigentlich gestreikt haben undvielleicht weiter werden. Sonstwerden sie auf die Solidarität derPatienten nicht mehr zählen kön-nen. H.J.M.

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KU LT U R Nr. 25 – 24. Juni 2006 9

Die ostdeutsche Tradition weitergereichtVor 25 Jahren starb der Maler Karl Eulenstein, der sich erst spät dem Expressionismus zuwandte

Der Maler Eulenstein er-freut sich schon langenicht nur unter den Ma-

lern aus dem östlichen Bereich ei-nes ausgezeichneten Rufes“,schrieb einmal Paul Fechter überden Maler aus Memel. „Von sei-nen Bildern aus den Jahren vordem Kriege sind viele mit Rechtin Privatsammlungen und Museengelandet; er ist ein Maler aus derSubstanz, aus dem Sein, nicht nuraus dem Können; er geht dem,was er vom Heute aus wie alle le-benden Gestalter der Gegenwartals sinnvolle Aufgabe empfindet,von der Substanz, nicht von derTechnik aus nach. Er hat schonfrüh eine Aufgabe erkannt, an derzu arbeiten heute sinnvoller undnotwendiger ist denn je: die Auf-gabe nämlich, die spezifisch ost-deutsche Tradition nicht zu be-

wahren, aber lebendig weiterzu-reichen ...“

„Eulenstein“, so Fechter weiter,„begann seinen Weg in den Jah-ren, in denen die ersten nachex-pressionistischen Generationensich daran machten, den ,Aus-druck‘ um jeden Preis, den mandann später der Literatur über-ließ, wieder durch Bilder zu erset-zen, das heißt durch Malerei. Derdeutsche Osten hat an der Lösungdieser Aufgabe intensiv mitgear-beitet ... Man braucht vor allemnur das Werk Karl Eulensteins ausden 20er und 30er Jahren zu be-trachten, um dieses Aufsteigen ei-ner neuen – man ist versucht zusagen: östlich bestimmten – For-menwelt sehr deutlich zu erken-nen ...“

„Sie sind von sehr verschiede-ner Art, diese Aquarelle und Ge-mälde aus den letzten Jahren“, be-tonte Paul Fechter. „Eulensteinmöchte zu der Schwere und über-sonnten Melancholie des Memel-landes auch gern das Strahlende,das Licht in dem Riesenraum überdem weiten Lande und seinerEinsamkeit geben ...

Der Traum vom Osten wirdFarbtraum eines melancholischenLeuchtens: Zwischen fernen Dü-nen und schweren Segeln derHaffkähne glänzt irisierend inopalisierender Unwirklichkeit dieabendliche Farbenwelt des Haffs

mit all den Wundern und all demReichtum, wie ihn trotz des Bo-densees nur das Kurische und dasFrische Haff zu entfalten vermö-gen – in Stunden, in denen schondie Wirklichkeit selbst unwirk-licher und phantastischer wird alssie es je auf den gelöstesten undam meisten entwirklichten Blät-tern eines mit William Turnerwetteifernden östlichen Malerswerden könnte ...“

Der Kunsthistoriker GünterKrüger, der als ausgewiesenerKenner der Künstlerkolonie Nid-den galt und der sich im Schaffenso vieler ostpreußischer Künstlerauskannte wie kein anderer, ur-teilte über das Werk des Meme-lers: „Aus Karl Eulensteins Bil-dern sprechen das aus der Erfah-rung, dem Erscheinungsbild derNatur und ihrer Lebewesen ge-wonnene und auf das Wesentlicheangereicherte sowie transzenden-te Denken. Beide Denkweisen ge-meinsam ermöglichen die Allge-meingültigkeit seiner schöpferi-schen Aussagen ...

Gerade darin liegt das Eigene inEulensteins Kunst, die stärkere,allein aus der Wirkung der hei-matlichen Umwelt auf den fein-fühligen Menschen erklärbareNähe zu Corinth, der in seinemBuch vom Erlernen der Malereiden Satz geprägt hatte: ,DasSchwerste ist: Unwirklichkeitüben!‘ Wie Corinth suchte Eulen-stein die Lösung vom Gegenstand,von der Natur, durch die Farbe ...“

„Das Geheimnis der Unter-scheidung des ostpreußischen Ex-pressionismus, wie ihn Eulensteinin vollendeter Weise vertritt“, soKrüger, „liegt letzten Endes alleinin der Natur, in der er lebte, indem Erleben des Elementaren,aus dem er herauswuchs und dassein Wesen so stark prägte, daß erselbst fern der Heimat nur nochderen Bild in seinem Herzen trugund auf die Leinwand oder Pappebannte ...

Aus dieser Verdichtung des Bil-des der Heimat und ihrer Men-schen entstand ein Altersexpres-sionismus, der in seiner Eigen-ständigkeit, von der östlichenLandschaft und ihren Gegeben-heiten geprägt, dem der ersten Ex-pressionistengeneration nichtnachsteht.

Vielmehr stellt er eine Umset-zung dar von der schon immer alsdekorativ empfundenen Gegen-überstellung hart umreißenderForm und reiner Farbfläche zudem letztmöglichen Ausdrucksge-halt des Malerischen. Dies ist einechter, bisher zu wenig erkannterund bekannt gewordener Beitrag

Ostpreußens im Werden der deut-schen Kunst.“

Wer war dieser Mann, der aufso unverkennbare Weise dieLandschaft des Nordostens mitdem Pinsel festhielt? Karl Eulen-

stein, der als sechstes von siebenKindern eines Kapitäns am 25. August 1892 in Memel gebo-ren wurde, studierte von 1919 bis1923 bei Richard Pfeiffer an derKönigsberger Kunstakademie, woer als Vorsitzender des Studieren-denausschusses in der Nachfolgevon Ernst Mollenhauer an den Re-formbewegungen beteiligt war.1926 ließ er sich als freischaffen-der Maler in Berlin nieder. Fluchtund Vertreibung aus der Heimatblieben ihm so erspart, doch gingder Zweite Weltkrieg auch an ihmnicht spurlos vorüber. Noch inden letzten Tagen des Kriegeswurde sein Berliner Atelier einOpfer der Bomben – die meistenseiner Arbeiten verbrannten, nurweniges konnte gerettet werden.

„Das ist keine Landschaft derErinnerung, sondern der Beteili-gung, als sei der Maler selbst vonden Elementen eines“, las man1939 über eine Eulenstein-Aus-stellung. Und ein Jahr später: „Im-mer fühlt man vor diesen Gemäl-den die Verbundenheit des Künst-lers mit dem Elementarischen,

der über ihr Abbild hinaus dasSinnbildhafte der Wirklichkeit inmalerisch reicher Verdichtungmeistert ... Ihm offenbart sich, wieder Erde, dem Wasser, der Luft,dem Licht ,zumute ist‘ ...“ Eulen-

stein selbst hat einmal die Begeg-nung des Künstlers mit der hei-matlichen Landschaft und seineStimmung geschildert. Er schrieb1932 in den „Ostdeutschen Mo-natsheften“: „Nach Jahren wiederin der heimatlichen Landschaft –ein wunderliches Gefühl. Die Bil-der, die man tief im Innern mitsich geführt hat, die ab und zu vi-sionär emportauchten, sie stimm-ten nicht. Alles ist viel nüchterner.Man sucht eine Häusergruppeauf, eine Straße, ein Ufer, Ein-drücke, die einen jahrelang ver-folgt haben – und man ist ent-täuscht. Platt, nichtssagend stehtalles da. Man versteht sich selbstnicht.“ – Worte, die auch einMensch nachempfinden kann, dernicht künstlerisch fühlt oder gararbeitet.

Eulenstein aber erkennt: „Unddoch ist alles richtig. Man hat nurübersehen, daß alles einmalig ist,auch Eindrücke einer Landschaft... Die Natur besteht für sich. Sieist für den Betrachter immer das,was er aus ihr macht. Auch für dieKünstler. Sein Werk aber besteht

ebenfalls für sich. Die Grenzensind gesetzt: hier Natur – hierKunst.“

Und Karl Eulenstein hat immerwieder die Begegnung mit der Na-tur gesucht, hat sich dem Erleben

gestellt. Auch als er bereits in Ber-lin lebte und arbeitete, ist er im-mer wieder in seine Heimat Ost-preußen gereist, hat die KurischeNehrung, hat Nidden besucht undEindrücke gesammelt, die ihn biszu seinem Tod am 23. Juni 1981,vor nunmehr 25 Jahren, nichtmehr losließen.

Und dennoch: „Meine Versu-che, vor der Natur zu malen, sindmir immer mißlungen“, bekannteer. „Ich wurde erbarmungslos er-drückt, besonders von der Neh-rung. Erst in stillen Stunden,wenn die Überfülle der Natur diebeschränkten malerischen Aus-drucksmittel nicht mehr zu un-fruchtbaren Experimenten ver-führen konnten, entstand etwasanderes, Selbständiges, nach sei-ner eigenen Gesetzlichkeit. Undseine Form stand nur in sehr lo-sem Zusammenhang mit der Na-tur. Ja, ich glaube, die Natur gibtnur das Stichwort, den durch einelange Geschlechterreihe ange-häuften Formungsdrang in seinemletzten Glied, im Künstler, zurEntladung zu bringen.“

Eulenstein hat in Öl, Temperaund Aquarell gemalt. Seine The-men fand er vor allem in derLandschaft seiner Heimat, ihrenMenschen, den Bauern und Fi-schern. Als der Mitarbeiter desOstpreußenblatts Martin Pfeide-ler Karl Eulenstein 1958 in sei-nem Berliner Heim besuchte undihn fragte: „Weshalb, Herr Eulen-stein, haben Sie sich nie an einemanderen Gegenstand versucht?Sie leben seit 1926 in Berlin, wes-

halb gibt es kein Bild vom Grune-wald, keine märkische Landschaftvon Ihnen?“, da antwortete derMaler: „Weil man hier nie so alleinist, um die Landschaft wirklichtief erleben zu können ...“ –„Aber“, so Martin Pfeideler, „Siewaren ja auch bei den Fischern ...“Darauf Eulenstein: „Das warenaber auch Ostpreußen! Und keineBerliner ...“

Jörn Barfod, der 1991 über Eu-lenstein eine Monographie imHusum Verlag herausgegeben hat,schrieb über das Werk des Spätex-pressionisten: „In der technischenWirkung und den Farben findetman sich plötzlich in der Gestal-tung von Himmel und Wasser aneinen der Großen des deutschenExpressionismus erinnert, anEmil Nolde. Denn in den Werkenab etwa 1950 kommt Eulensteinaus den ... Tendenzen der späten1930er und frühen 1940er Jahresowie in Motivabstrahierungenaus Erinnerung und Vorlagen zurexpressionistischen Stilhaltung.Daß er Nolde schätzte, ist überlie-fert. Auch die anderen namhaftenExpressionisten waren ihm sicheraus den Besuchen in den BerlinerMuseen bekannt, teils auch per-sönlich ... Ab etwa 1950 jedenfallskann man Karl Eulenstein als ost-preußischen Spätexpressionistenbezeichnen; spät in der allgemei-nen Kunstentwicklung wie auchin seinem eigenen Werk: der Ex-pressionismus ist der Stil desSpätwerks Eulensteins ...“

In allen Bildern Eulensteins, inden frühen Werken, die uns meistnur durch schwarzweiße Fotogra-fien überliefert sind, ebenso wiein dem Spätwerk wird deutlich,was Karl Eulenstein einmal in ei-nem Interview bekannt habensoll: „Ich kann nicht sagen, wasmir die ostpreußische Heimat gab,aber ich kann es malen!“

Von SILKE OSMAN

Karl Eulenstein: In der Memelniederung (Tempera, 1954) Foto: Archiv

Es entstand einekünstlerische Nähe

zu Corinth

Warum Eulensteinnie im

Grunewald malte

Das Schweigen gebrochenDem Schriftsteller Wolfgang Koeppen zum 100. Geburtstag

Eine Entdeckungsfahrt in diedeutsche Prosa“ nannte die„New Yorker Staatszeitung“

den ersten Roman von WolfgangKoeppen, der 1934 bei Bruno Cas-sirer unter dem Titel „Eine un-glückliche Liebe“ erschienen war.„Der Erstlingsroman eines jungenSchriftstellers, der sich durch die

Originalität seiner Sprache,die Konsequenz seinerPsychologie und die großarti-ge dichterische Einseitigkeitseiner Leidenschaft als Werkeiner Persönlichkeit überzahllose Neuerscheinungendieses Herbstes hinaushebt“,lobte die „Kölnische Zeitung“,während die rechtsgerichtete„Berliner Börsen-Zeitung“ am23. Dezember 1934 rigorosforderte, den Autor in ein Ar-

beitsdienstlager zu schicken. ZumAbschluß der großen Koeppen-Ausstellung, die in München vonder Stadtbibliothek bis zu diesemSonntag in der Glashalle am Ga-steig gezeigt wird (die PAZ berich-tete), wurde dieser Roman in einerszenischen Lesung mit Ensemble-mitgliedern der Münchner Kam-

merspiele einem interessierten Pu-blikum dargebracht. Bekannt wur-de Wolfgang Koeppen allerdingsdurch drei andere Romane, dienacheinander in kurzen Abstän-den erschienen: „Tauben im Gras“1951, „Das Treibhaus“ 1953 und„Der Tod in Rom“ 1954. Sie zählenheute zu den wichtigsten der ge-samten deutschen Nachkriegslite-ratur. Selbst Kritikerpapst MarcelReich-Ranicki war voll des Lobes.„Wann immer die neue deutscheLiteratur zu trübseligen GedankenAnlaß gab, dachte ich mir im Stil-len: Aber es gibt ihn, der die ,Tau-ben im Gras‘ geschrieben hat ...“,würdigte er zum 85. GeburtstagKoeppens in der „Frankfurter All-gemeinen Zeitung“ den Autor. Umden vielfach ausgezeichnetenKoeppen ist es lange Zeit still ge-

wesen. Nun, zu seinem 100. Ge-burtstag am 23. Juni, erinnert mansich seiner wieder. Geboren alsunehelicher Sohn der NäherinMarie Koeppen wuchs Koeppenzunächst im pommerschen Greifs-wald auf. Der Vater, der AugenarztReinhold Halben, wollte nichtsvon ihm wissen. 1908 zog die Mut-ter mit dem Kind nach Thorn zuihrer Schwester und folgte ihrauch ins ostpreußische Ortelsburg,wo Wolfgang das Realgymnasiumbesuchte. 1919 ging’s zurück nachGreifswald. Laufbursche einerBuchhandlung und Volontär amGreifswalder Stadttheater warendie weiteren Stationen des jungenMannes, der später auch zur Seefuhr, als Schiffskoch. Doch immermehr zog ihn das Wort, das Thea-ter an. „Die folgenreichste und

glücklichste Tat in meinem Le-benslauf war, wenn ich rückblik-kend von ihr sprechen darf, dieÜbung des Lesens. So eröffnetesich mir früh schon neben der ent-täuschenden realen Welt eine an-dere verheißungsvolle, eine Über-,Unter-, Vorder- und Hinterwelt, ei-ne unauslöschliche Freude, einAstralgebilde, das mir zum archi-medischen Punkt meiner Existenzwurde“, schrieb er in „Eine schöneZeit“. In Wismar und in Würzburg,schließlich in Berlin erfolgten er-ste ernsthafte Begegnungen mitder Bühne. Dann aber wandte sichKoeppen dem Journalismus zu,wurde festes Redaktionsmitglieddes „Berliner Börsen-Courier“, bisdieser gleichgeschaltet wurde.Nach dem ersten Roman erschiendann bald auch ein zweiter: „Die

Mauer schwankt“ 1935. Koeppenarbeitete an Drehbüchern und Ex-posés für Filme, schrieb Beiträgefür Zeitungen. Nach seinen dreigroßen Romanen verfaßte er vorallem Reisereportagen, bis er 1962eine erste große Schreibkrise hat-te, eine Krise, die nahezu bis zuseinem Tod am 15. März 1996 an-halten sollte.

„Ich lebe in einem Roman unddas mindert meinen Willen, ihn zuschreiben“, begründete Koeppenseine Unlust in einem Interview1972. Horst Krüger sagte von ihm:„Wer die Sprache so dicht um sichversammelt hält – was bleibt ihmdenn als Schweigen?“ Im Geden-ken zu seinem 100. Geburtstagwurde das Schweigen um Wolf-gang Koeppen gebrochen, für wielange? SiS

Wolfgang Koeppen Foto: Wolfgang-Koeppen-Archiv

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LE S E R F O R U M10 Nr. 25 – 24. Juni 2006

Von den zahlreichen an uns gerich-teten Leserbriefen können wir nurwenige, und diese oft nur in sinn-wahrend gekürzten Auszügen, ver-öffentlichen. Die Leserbriefe gebendie Meinung der Verfasser wieder,die sich nicht mit der Meinung derRedaktion zu decken braucht. An-onyme oder anonym bleiben wol-lende Zuschriften werden nicht be-rücksichtigt.

Gefeiert wie ein Popstar: Papst Benedikt XVI. in Polen Foto: EPA / Corbis

Stasi-Garde ohne Schamgefühl Unrecht wird totgeschwiegenBetr.: „Einheitsfront gegen dieOpfer“ (Nr. 22)

In PAZ Nr. 20 hatte ich Gele-genheit, mich zum Thema derEnteignungsopfer in den „Gedan-ken zur Zeit“ zu äußern. Der nunveröffentlichte Vortrag von KarlFeldmeyer spricht mir mit jedemWort aus der Seele. Ich kann heu-te hinzufügen, daß ich auf meinenText „Aufbau Ost bleibt ohneMittelstand ein Torso“ von kei-nem der Führungspersönlichkei-

ten aus Politik und Medien, dieich mit meiner Denkschrift kon-frontiert hatte, eine positive Reak-tion erhielt, die die konkrete In-angriffnahme einer Korrektur der1990 auf Basis von Unwahrheitenbegangenen Fehler vermuten lie-ße. Die Nichtreaktion auf das, wasFeldmeyer mit Recht ein deut-sches Watergate nennt, muß je-dem Menschen, der noch ein Ge-wissen hat, eine Warnung sein.Gerade die politische Klasse unddie Meinungsmacher in den Mas-

senmedien predigen seit Jahr-zehnten aus überzeugendemGrund, nicht wieder wegzusehen,wenn Unrecht geschieht. Die Aus-grenzung einer Gruppe aus derRechtsgemeinschaft, wie 1990durch die Grundgesetzänderunggeschehen, ist himmelschreien-des Unrecht. Doch jene, die dieMacht haben, schweigen. WelcheÜberzeugungskraft kann von denAppellen solcher „Eliten“ über-haupt noch ausgehen?

Lienhard Schmidt, Hamburg

Betr.: „Als Täter entlarvt“ (Nr.20)

Herr Rentmeister nennt die ab1945 im Speziallager Sachsenhau-sen Inhaftierten „die einstigen Pei-niger und Mörder unserer Kame-raden“, aus dem Buch „Stalins La-ger in Deutschland“ (Klonovsky /v. Flocken) entnehme ich, daß dortKinder von neun bis 15 Jahren zudem Häftlingskreis gehörten. Voneiner Klasse zehn- und elfjährigerkamen drei zurück. Herr R. war

selbst niemals Häftling in Sachsen-hausen, er war ein Kind, das durchdie Haft des Vaters eine schwereKindheit hatte, doch das berechtigtnicht, andere so beschämend ab-zuqualifizieren, die selbst nochKinder waren und nicht Hitlers Ta-ten zu verantworten hatten.

„Frontal 21“ zeigte neulich dasselbstsichere Auftreten ehemali-ger Stasi-Offiziere in Hohen-schönhausen, beklemmend, wiediese Gruppe die einstige Arbeitals „ehrenhaft“ unterstrich. Auch

meine Generation hat sich in jun-gen Jahren für eine Idee enga-giert, deren unmenschliche Aus-wüchse von uns nach 1945 begrif-fen wurden. Wir haben uns nochfür Verbrechen geschämt, für diewir einzelnen nicht verantwort-lich waren. Dieses Schamgefühlexistiert bei der alten Stasi-Gardenicht, sonst hätte man sich HerrnMinister Schönbohm gegenübernicht so ungehörig aufgeführt.

Marg.-Elfriede Krause, Pattensen

Danke Benedikt Spendenaufruf für Dönitz?Betr.: „Die richtigen Worte“ (Nr.22)

Ich bin eine protestantischeOstpreußin, in Ostpreußen gebo-ren und möchte dem katholi-schen, in Bayern geborenen, PapstBenedikt XVI. aus ganzen Herzendanken für die mutigen Wahr-heitsworte, die er über das ganzedeutsche Volk in Auschwitz (nichtüber Auschwitz) gesprochen hat.

Worte, die nach so langer Zeitder Unversöhnlichkeit einmal ge-sprochen werden mußten, dieaber keiner der deutschen Politi-ker, weder Männer noch Frauen,gewagt haben: Daß es nämlichkein Volk gibt, das nur aus Ver-brechern besteht, daß es falsch ist,eine ganze Generation zu ver-damme, weil eine Schar von Ver-brechern sich durch falsche Ver-sprechungen die Macht er-schlichen und mißbraucht hat,zum unsagbarem Leid für andere,aber vor allem für die Deutschenselbst.

Danke, Danke Papst BenediktXVI.

Annemarie Kordack, Herford

Betr.: „Da wird mir übel“ (Nr. 23)

Ich glaube nicht, daß sichDeutschlands Linke von ihrem Haßgegen ihr eigenes Land trennenwerden. Diesen Haß haben siedoch seit Jahrzehnten gepflegt,selbst in Gesetze gegossen und ha-ben unter dem Joch einer „politi-schen Korrektheit“ die freie Mei-nung zu ersticken gesucht.

Der Papst sagte in Warschau, daßwir uns vor dem arroganten An-spruch hüten müßten, uns zu Rich-tern früherer Generationen zu er-heben, die in anderen Zeiten undunter anderen Umständen gelebthaben. Diesen arroganten An-spruch pflegt die ganze Linke, de-ren Denken weit in das bürgerliche

Lager hineinreicht und es unsschwer macht, Linke und Nicht-Linke zu trennen, was uns dazuführen sollte, unter Auslassung ei-ner verschwommenen Mitte Rechtsund Links sauber abzuklären. Wasist denn eigentlich rechts, waslinks? Antifa, Runde Tische gegenRechts und ähnliche Gruppierun-gen sind nach ihren Zwecken, ih-ren Zielen, Absichten und Meinun-gen genauso zu untersuchen, wiedas für sogenannte rechte Grup-pierungen gelten muß. Wir müssenendlich wissen, was gemeint istund was sich hinter Namen undSchlagworten versteckt, bevor wirzutreffend zu urteilen vermögen.

Monika Engelsmann,Nordhorn

Linke haben ihren Haß gepflegt

Betr.: Pflege von Karl Dönitz’Grab

Sie berichteten über den Zu-stand vom Grab von GroßadmiralKarl Dönitz. Daß die beiden Mari-neverbände dem Zeitgeist folgen,überrascht mich nicht! Leider kann

man aus dem Artikel nicht erken-nen, ob das vorhandene Geld fürdie Pflege und den Erhalt des Gra-bes reicht. Sollte das Geld nichtreichen, wäre ein Spendenaufrufzum 115. Geburtstag am 16. Sep-tember 2006 doch empfehlens-wert! Reiner Baur, Ludwigsburg

Reif zur Versöhnung Kultur und gewachsene Strukturen erhaltenBetr.: „Schwarz-Rot-Gold oderSchwarz-Weiß-Rot?“ (Nr. 17)

Ich bin noch schwindelig vonder Lektüre Ihres von großerSachkenntnis zeugenden Artikelsüber die deutschen Farben, zeigtIhr Aufsatz aber auch, gewolltoder ungewollt, welch’ unmöglichgebrochenes Verhältnis die Deut-schen zu ihrer Nation haben.

Ihre beiden Artikel steigertendeutsches Gefühlsleben ins gera-dezu Groteske. Ich hätte es be-grüßt, wenn Sie ganz eindeutigfestgestellt und bekannt hätten,daß „Schwarz-Rot-Gold“ im Laufe

der Jahrhunderte die größtendeutschen Traditionen „abdeck-te“, ebenfalls der Hinweis auf dieeindeutige Herkunft unsererReichsfarben. Sie schnitten diesesThema nur an. Unbestritten sinddie Farben ein Rückgriff auf dasalte Kaiserwappen des Mittelal-ters: das goldene Schild, derschwarze Adler und die rotenFänge.

In der Zeit der großdeutschenRevolution, 1848, war der Wap-penadler noch doppelköpfig. Siewissen es. Mit Gründung deszweiten deutschen Reiches ohneEinbeziehung Österreichs, 1871,

wurde wohlbedacht Schwarz-Weiß-Rot eingeführt. Schwarz-Weiß als Reverenz vor dem denKaiser stellenden Preußen undRot-Weiß für den NorddeutschenBund, mit welchem Preußen 1870gegen Frankreich in den Kriegzog. Tatsächlich, und das ist janicht zu verkennen, wurdeS/W/R mit kleiner bekannterUnterbrechung bis zum 8. Mai1945 geführt (!), ab 1932/33 jedoch mit einer bis dahin neuartigen Zusammenstellung.„Schwarz-Rot-Gold“ sollte maninzwischen nicht mehr zur Dispo-sition stellen. „Wegen dem See-

lenschatz, der so vielen abge-zwungen!“

... vielleicht noch nebenbei undabweichend vom eigentlichenThema: Fiel Ihnen schon auf, daßunsere jetzige Republik als erstedeutsche Staatseinheit sich ein-deutig zum Namen „Deutschland“bekennt und darunter firmiert.

Ihnen frohes Schaffen und bitte,wenn es denn geht, nicht allzulange Artikel.

Unterscheidungen preiszuge-ben heißt, Kultur und danach ge-wachsene Strukturen fallenzulas-sen. Friedrich-Karl Hehnen,

München

Unangepaßte Richterin Gefiltertes BildBetr.: „Streit um bulgarischeBettlerbande“ (Nr. 21)

Was uns heute vor allem fehlt,sind wache, objektive Medien, dieohne politische Schlagseiten ihreLeser und Hörer korrekt informie-ren. Heute erhalten viele Leser /Hörer oftmals ein gefiltertes Bildder Wirklichkeit, die Vorurteileund politische Justierungen vonJournalisten werden als Wahrhei-ten verkauft, während die Pflichtzum Hinterfragen und zum Zweifelvergessen wird.

Auch an Vertreter der Kirchen,die ja auch nicht die Wahrheit ge-pachtet haben, ist die Forderung zustellen, erst sorgsam zu prüfen, be-vor Gläubige möglicherweise mitfalschen Informationen gefüttertund Emotionen geweckt werden,für die es keinen Anlaß gibt.

Nora Fraude, Lörrach

Betr.: „Die richtigen Worte“ (Nr.22)

Warum ist Herr Mahlitz in sei-nem Artikel eigentlich so zufrie-den, daß sich Papst Benedikt XVI.bei seiner Reise in Polen nicht ent-schuldigt hat? Ganz offensichtlichverkennt er, daß sich unser Papstvor Gott und den Menschen sehrwohl dafür entschuldigt hat, daßeine verbrecherische deutsche Cli-que mit Terror, Einschüchterungund Mord unser eigenes Land be-herrschte und sogar die Willkürdes Mordens nach Polen, insbe-sondere aber nach Auschwitz ge-tragen hat. Das ist wahrlich eingroßes, mutiges Bekenntnis vonihm. Und wenn das so von derüberwiegenden Mehrheit der Po-len erkannt und anerkannt wird,sollten wir doch alle nachdenklichund zuversichtlich werden. Damitsind wir jetzt doch viel näher anund offener mit unserer eigenenGeschichte, als die, die die wahr-haften Äußerungen des Papstes ins

Abseits stellen wollen, indem siemit der „Gesamtdeutschen Täter-schuld“ weiter schwadronieren.

Eigentlich sollten diese Mei-nungsträger heutzutage längst be-merkt haben, daß sie damit denAusgleich zwischen Deutschenund Polen massiv behindern,wenn sie und ein Großteil von Po-litikern meinen, in alten Schablo-nen „Neues“ schreiben und sagenzu müssen.

Lassen wir doch die Menschenbeider Länder entscheiden, lassenwir sie doch als friedliche Nach-barn zusammenkommen! Der Be-such des Papstes hat deutlich ge-zeigt, daß diese Menschen reif zurVersöhnung sind. Setzen wir alsoauf die sich positiv entwickelndenKräfte der Gegenwart, der Zukunftund vor allem auf die Jugend.

Und wenn uns Benedikt XVI.dabei so massiv unterstützt, solltenwir in Gottes Namen auch dafürdankbar sein.

Bernhard Kienast, Gunzenhausen

Betr.: „8. Mai – Tag der Besin-nung“ (Nr. 19)

Nach 61 Jahren nennt man die-sen Tag wohl so. Wir aus Ostpreu-ßen lernten ihn dann hier späterals „Tag der Befreiung“ kennen.Dieser 8. Mai 1945 war ein unge-wöhnlich schöner, sonniger Tag,ruhig und still. Nach diesemstrengen Winter, wo man am 21.Januar fast ganz Ostpreußen aufdie Straßen schickte.

Im Februar 1945: Der Geschütz-donner kam näher. Ringsherumloderten helle Feuer. So beschloßunsere Familie noch am Abend„wir gehen weiter zum Dorf in ei-nen festen Keller“, was unsererFamilie dann auch das Leben ret-tete. Es war der 5. Februar. Auchdieses Haus brannte, als man unsaus dem Keller holte und über ei-ne Wiese trieb. Zum Wald, zurZiegelei und danach noch einpaar Orte weiter. Am 4. März erst

gelang es uns zurückzukehren.Gleich beim Ortseingang fandenwir dann Aufnahme im Oberstüb-chen. Großeltern, Mutter und wirdrei Kinder.

Eine Kommandantur gab’snicht im Ort. Wurden wir malüberfallen, waren wir schutzlos.Es hielt aber immer jemand Wa-che.

Nun dieser sonnige 8. Mai1945. Es kam ein russischer Offi-zier, der uns mitteilte, das „Chitt-

ler tott und Wojna kaputt“, erwolle aufschreiben, wie viele Fa-milien, wie viele Personen; hattePapier und Bleistift dabei. Gingvon Haus zu Haus, das heißt vonStube zu Stube, es sollte jede Fa-milie eine Kuh erhalten. MeineOma hat geweint, war es dochdie Milch, die Kindern und altenLeuten zum Überleben fehlte.Wußte sie noch, wie ihre Groß-mutter ihr einst erzählt hatte,daß im unglücklichen Krieg

1806/07 der ganze Ort nur eineKuh hatte.

Nur wehe den Menschen, wodie russischen Soldaten alkoholi-sche Getränke bekamen und imRausch und Siegestaumel nichtmehr wußten, was sie tun. Da istnoch viel Blut geflossen. BeimFließen von Alkohol gab’s auchnoch Tote – die Mütter erhieltendie Nachricht „fürs Vaterland ge-fallen“. Das war: „Der 8. Mai1945“ Ursula Lübge, Fischbeck

Betr.: „Gegen den Strom“ (Nr.22)

Der Autor irrt, wenn er meint,daß das von ihm genannteSondervotum das erste der Rich-terin Evelyn Haas sei. Die Richte-

rin hat bisher zehn Sondervotenerstellt. Sie sind in der Liste der„Abweichenden Meinungen“ derRegisterbände enthalten. Sie ste-hen in jeder Bücherei eines Amts-gerichtes. Von den „Abweichen-den Meinungen“ soll hier nur das

vom 93. Bande erwähnt werden.Es ist auch heute noch lesenswert.Es behandelt den Ehrenschutz desSoldaten bei schweren Beleidi-gungen. Heinzgeorg Neumann,

Vizepräsident des Verwaltungs-gerichtes a. D., Lüneburg

Die letzten Kriegstage waren für uns ein angstvolles Durcheinander

Die CDU wird unter Merkels Führung zu einem Paket ohne InhaltBetr.: „Fehlpässe der Regierung“(Nr. 23)

Mit Angela Merkel erleben wireine Pleite. Mit ihr steigen dieSteuern und Lasten, die Bürokra-tie wie die Bevormundung der

Bürger wachsen, wirkliche Ar-beitsplätze lassen sich für Deut-sche wohl nur auf dem Mond fin-den. Vertretung deutscher Interes-sen? Was ist das? Eine EU-Verfas-sung will sie in Gang bringen, diekeiner will. Unsere Soldaten ent-

sendet sie in ferne Länder, wo sienichts zu suchen haben. Die CDUwird unter ihrer Führung zu ei-nem Paket ohne Inhalt, kopf-, füh-rungs- und wertelos. Allerdingsginge es uns unter einem SPD-Kanzler sicher nicht besser.

Im Ausland soll sie gut ange-kommen sein. Uns hat das Geldgekostet. Was hat es uns gebracht?

Da lebe doch der Fußball hoch.Hatten nicht schon die alten Rö-mer Spiele für das Volk? BallacksWade bewegt Millionen. Vor dem

Reichstag eine Attrappe desOlympiastadions, in dem am ver-gangenen Donnerstag die Mode-ratoren Kerner und Gottschalk ge-nauso hilflos agierten wie diegegenwärtige Bundesregierung.

Freimut Fendler, Landshut/Isar

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LE S E R F O R U M Nr. 25 – 24. Juni 2006 11

Chefredakteur:Klaus D. Voss

(V. i. S. d. P.)

Chef vom Dienst, Leserbriefe, Bü-cher: Rebecca Bellano; Politik, Pa-norama, Preußen/Berlin: HansHeckel; Kultur, Unterhaltung, Lebenheute: Silke Osman; Geschichte,Landeskunde, Ostpreußen heute:Dr. Manuel Ruoff; Heimatarbeit,Aktuelles: Florian Möbius; Ostpreu-ßische Familie: Ruth Geede.Freie Mitarbeiter: Wilfried Böhm, Dr.Richard G. Kerschhofer (Wien),Hans-Joachim von Leesen, JürgenLiminski.Verantwortlich für den Anzeigen-teil: Knut Bantow.Anschrift für alle: Parkallee 84/86,20144 Hamburg. Verlag: Lands-mannschaft Ostpreußen e.V., Parkal-lee 86, 20144 Hamburg. PreußischeAllgemeine Zeitung /Das Ostpreu-ßenblatt ist das Organ der Lands-mannschaft Ostpreußen und er-scheint wöchentlich zur Informationder Mitglieder des Förderkreises derLandsmannschaft Ostpreußen. – Ab1. 1. 2006 Bezugspreis Inland 8,30 ¤monatlich einschließlich 7 ProzentMehrwertsteuer, Ausland 10,50 ¤monatlich, Luftpost 14,50 ¤ monat-lich. Abbestellungen sind mit einerFrist von einem Monat zum Quartals-ende schriftlich an den Verlag zurichten. Konten: HSH Nordbank, BLZ210 500 00, Konto-Nr. 192 344 000.Postbank Hamburg, BLZ 200 100 20,Konto-Nr. 84 26-204 (für Vertrieb);Konto-Nr. 907 00-207 (für Anzeigen). Für unverlangte Einsendungen wirdnicht gehaftet. Rücksendung erfolgtnur, wenn Porto beiliegt. Für Anzei-gen gilt Preisliste Nr. 28,. Druck:Schleswig-Holsteinischer Zeitungs-verlag GmbH, Fehmarn Str. 1, 24782Büdelsdorf . – ISSN 0947-9597. DieBezieher der Preußischen Allgemei-nen Zeitung / Das Ostpreußenblattwerden mit dem Beginn des Abonne-

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Von den zahlreichen an uns gerich-teten Leserbriefen können wir nurwenige, und diese oft nur in sinn-wahrend gekürzten Auszügen, ver-öffentlichen. Die Leserbriefe gebendie Meinung der Verfasser wieder,die sich nicht mit der Meinung derRedaktion zu decken braucht. An-onyme oder anonym bleiben wol-lende Zuschriften werden nicht be-rücksichtigt.

Ehrenmal in Königsberg für die 1945 im Kampf um die Stadt gefallenen sowjetischen Marinesoldaten: Was für viele Russen eineTouristenattraktion ist, läßt viele deutsche „Heimwehtouristen“ erschauern. Foto: Caro

Von HerderKriegsverbrechenBetr.: „Das Spiel mit den Opfer-zahlen“ (Nr. 19)

Nach dem militärisch vollkom-men sinnlosen Luftangriff derAmerikaner und Engländer im Fe-bruar 1945 auf Dresden sind25000 gezählte Brandopfer poli-tisch korrekt. Das Massaker vonDresden, das die Alliierten gezieltherbeigeführt haben, ist und bleibtein Kriegsverbrechen, auch wenndie Politiker im Bundestag sichwinden, dies zuzugeben.

Die aus Schlesien vertriebenenund in der Stadt sich aufhaltendenFlüchtlinge dürften die offiziellverordnete Zahl von 25000 erheb-lich übertreffen. Doch Vorsicht istgeboten: In vielleicht wenigen Jah-ren könnte die angezweifelte Zahlder 25000 grausam Getöteten denStaatsanwalt auf den Plan rufen.Warum? Die Behauptung, daß Alli-ierte sich eines Kriegsverbrechenseiner solchen Größenordnungschuldig gemacht haben, vor allembei weitem größer als bislang vonoffizieller Seite eingestanden wur-de, widerspricht der veröffentlich-ten Meinung von den moralischguten Alliierten und den bösendeutschen Kriegsverbrechern. Jochen Lückoff, Bad Liebenwerda

Betr.: „Was äußerlich nicht daist“ (Nr. 21)

Darf ich darauf hinweisen, daßes sich bei den Worten „Licht, Le-ben, Liebe“ auf dem Bild der „Ma-donna von Stalingrad“ ursprüng-lich um die Inschrift auf JohannGottfried Herders Grabplatte inWeimar gehandelt hat? Jedemhalbwegs gebildeten protestanti-schen Geistlichen ist das 1942vermutlich noch bewußt gewesen.

Dr. Dr. h.c. Norbert Hinske, Trier

Das ist TilsitBetr.: „Königsberg – Verzeih!“(Nr. 20)

Das auf Seite 14 zu obigem Arti-kel abgebildete Foto ist eindeutigdie Hohe Straße in Tilsit und nichtin Königsberg. In dem linken Hausmit den Säulen befand sich früherder Kreditverein, rechts danebensteht das Haus mit dem Ritteroberhalb des Balkons, auf demBalkon darunter befindet sich eingroßer Fisch. Auf dem abgebilde-ten Foto deutlich sichtbar.

Siegrid Ernst, Kiel

Königsberg im Herzen – »Wir hoffen lediglich, noch ein kleines Stückchen Heimat zu finden«Betr.: „Königsberg – Verzeih“(Nr. 20)

Der Artikel „Königsberg – Ver-zeih“ von Harald Breede hat michmehr als ein wenig befremdet.

Gleich am Anfang ist er ent-täuscht, daß die Ostsee-Kreuzfahr-ten nicht in dem früheren Königs-berg anlegen. Die Kaimauern desHafens sind zerbröckelt, die Zäunesind verrostet und teilweise her-untergefallen. Einen Schiffsverkehrgab es kaum in dem Hafen, auf dergegenüberliegenden Seite sind Un-mengen von Kränen zusammenge-tragen und anscheinend nicht be-nutzt, denn wir sahen keine Auf-bau-Arbeit irgendwo, der Hafenwar leer. Die Hafengebäude warenteilweise zerfallen, Fenster ausge-schlagen, die Außenmauernschmutzig und bröckelnd. Sicher-lich ist eine Kreuzfahrt-Gesell-schaft nicht bereit, ihre zahlendenKunden da hereinzufahren.

Herr Breede bedauert, daß mei-stens nur von den Plattenbauten

gesprochen wird. Das ist verständ-lich, denn wenn man in das frühe-re Königsberg hereinfährt, fährtman Straßen und immer wiederStraßen entlang und ist überwältigtvon diesen vernachlässigten Plat-tenbauten, einer neben dem ande-ren. Die ganze Innenstadt scheintdavon übersät zu sein, wo manauch hinsieht. Und sie sind grauund schmutzig, die Geländer derBalkons meist verrostet und hierund da mit Wellblech verstärkt.Dieses aber mit Mietskasernen inTrabantenvorstädten in westlichenLändern zu vergleichen, ist wirk-lich ein wenig zu weit gegriffen. Ja,es gibt solche Viertel in den mei-sten Städten, aber sie bedeckennirgends sonst ein ganze Stadt.

Wir „Heimweh-Touristen“ habennicht vergessen, was man unsererHeimat angetan hat. Wir suchenKönigsberg und finden es überwäl-tigt und erstickt von Kaliningrad.Wir hoffen lediglich bei einem Be-such noch irgendein kleines Stück-chen Heimat zu finden, ein kleines

winziges Bleibsel aus unserer Ver-gangenheit, als Ostpreußen undKönigsberg noch schön waren.Deshalb ist ein alter Kanaldeckelaus der Zeit, als die Stadt noch Kö-nigsberg war, sehr wichtig. HerrBreede scheint zu vergessen, daßwir alten Ostpreußen, wir „Heim-weh-Touristen“, nach dem früherenKönigsberg fahren, nicht nach demheutigen Kaliningrad. Ich, und ichkann ja nur von mir selbst spre-chen, bin nicht daran interessiert,Kaliningrad zu erforschen. Ichmöchte irgendwie finden, daß Ost-preußen noch nicht ganz tot ist,daß Königsberg noch atmet. Ja, derDom ist wieder gebaut – mit deut-schen Geldern, Herr Breede, sonstläge er auch heute noch in Trüm-mern, oder hätte einen Plattenbauanstelle. Wenn jemand den An-kunftsbahnhof Nordbahnhof an-statt von dem Hauptbahnhof ge-nannt hat, so ist es vielleicht, daßder Nordbahnhof so sehr viel be-kannter war in Königsberg. Unswurde von der russischen Stadt-

führung das Innere des Haupt-bahnhofs vorgezeigt. Wir habenihn gesehen samt goldenem Kron-leuchter. Gewöhnlich ist ein Bahn-hof kein Vorzeigestück in Stadt-rundfahrten, aber ja, der Bahnhofist wieder aufgebaut. Der Nord-bahnhof steht auch noch mit denSäulen von „damals“. Mein Blickwurde aber immer wieder zu demgroßen Parkplatz davor gezogen,denn darunter liegt mein Vater im-mer noch in einem Massengrab.Und ich konnte nicht einmal eineBlume in Gedenken dort hinlegen.Auch nicht natürlich, wo die vie-len, vielen anderen Mitglieder mei-ner Familie irgendwo verscharrtoder vielleicht nur liegengelassenwurden. Für Deutsche gibt es indem heutigen Kaliningrad keineFriedhöfe mehr. Sollte ich das ver-gessen, um eine wieder renovierteVilla zu bewundern? Ich wunderemich übrigens, warum unsere rus-sische Stadtführung uns diesewunderschöne Villenvorstadt, vonder Herr Breede erzählt, nicht ge-

zeigt hat. Das Villenviertel, das unsgezeigt wurde, war überwachsenmit Unkraut und anscheinend un-bewohnt. Darunter waren zweioder drei sehr schön renovierteVillen, mit schönen Gärten, zwi-schen all dem Schmutz und Zer-störung. Die russische Führung er-klärte, daß diese Villen den Mafia-Bossen gehören. Herr Breedeschreibt von dem schönen blauenSchloßteich, den wir anscheinendnie sehen. Oh doch, wir sind umden Teich herumgegangen. DerTeich war jedenfalls vor drei Jahrenvöllig braun und verschmutzt, mitUnkraut bewachsenen Ufern, indem auch mehr als genug Unratlag. All das wird nicht schöner,weil neue Autos – die habe ichnicht übersehen – auf den Straßenfahren.

Bitte, Herr Breede, bitten Sienicht um Verzeihung in unseremNamen. Wer um Verzeihung bittensollte, sind die Amerikaner, die un-sere schöne Stadt mit Bomben zer-störten, und die Russen, die unsere

ganze Heimat niederwalzten undversuchten, ihr die Seele zu neh-men. Wir brauchen Königsbergnicht um Verzeihung zu bitten,denn wir tragen Königsberg undunsere geliebte Heimat in unseremHerzen. Das heutige Kaliningradbedeutet uns nichts und hat eigent-lich nichts mit unserem Königs-berg gemein, außer der geographi-schen Lage und dem wiedererbau-ten Dom und anderen wenigen re-novierten Plätzen, und nicht ein-mal das ist, außer der Erlaubnis,den Russen zu verdanken. HerrnBreede sprach in seinem Artikelnicht Königsberg an, denn anschei-nend hat er keine Tränen für Kö-nigsberg. Es klang mehr wie eineBitte um Verzeihung an Kalinin-grad, das wir „Heimweh-Touristen“nicht sehen können oder wollen.Ich fand, was da heute steht, istnicht Königsberg und verdient beiGott nicht den Namen.

Irme d’Erceville, West Vancouver,

Kanada

Wir wollen Kanaldeckel und alte RuinenBetr.: „Königsberg verzeih“ (Nr.20)

Der Auszug hat mich sehr verär-gert. Regelrecht wütend gemacht,was bei mir selten vorkommt. Die-ser Herr Breede hat wahrschein-lich keinerlei persönliche Bezie-hung zu unserer Stadt. Breedesteht nicht im Königsberger Ein-wohnermeldebuch. Mir hat jederandere Bericht mit Foto von einem„Kanaldeckel“ mehr Freude berei-tet. Er fuhr sehr bequem und mitviel Geld in der Tasche. Wodka fürjeden, der mit mir spricht sozusa-gen.

Die meisten von uns verließendie Heimat damals plötzlich. Luft-schutzgepäck, extra Kleidung ange-zogen und ab. Mit einem Frachter,zu Fuß bis Pillau, mit dem letztenZug am 22. Januar 1945 oder ähn-lich. Viele blieben zurück. Auch fürdiese Menschen blieb keine Zeitzum Abschied nehmen. Nur derAugenblick zählte zum Überleben.Durchhalten, durchhalten, es kanndoch nur noch besser werden.

Herrn Breedes Bericht über dieschönen breiten Straßen und Plät-ze, wir wissen daß unter dem As-phalt viele Deutsche ihr Grab ge-funden haben, und wir treten daleise auf. Die breiten Straßen undPlätze gibt es, weil viele Straßenausradiert sind. Deshalb die Spu-rensuche.

Die Kreuzapotheke – mein Vaterhat dort gearbeitet von 1934 bis

1945. Im Amtsgericht war er vom1. Februar bis 9. April 1945, einerder letzten Kampfstützpunkte. DieSternwarte, ach der herrliche altePark rundum, von Ecke Volksgar-ten bis runter zur Kinderklinik vol-ler Anemonen und im Herbst Ka-stanien. Hannelore Randzuss, dieauf dem Gelände der Sternwarte ineinem Einfamilienhaus wohnte,war mit mir befreundet, unsere Vä-ter ebenfalls.

Gegenüber der Botanische Gar-ten. Hier wohnte Professor Mothesmit Familie, und mein Bruder unddie Mothes-Zwillinge Heinrichund Winrich waren Schulkamera-den und Freunde. Die Medizini-sche Klinik in der Drumstraße,nebenan war „meine Herbartschu-le“, steht auch noch. Und ist, Gottsei’s gedankt, noch gut zu erken-nen. Wie schön, daß sie nicht reno-viert ist und neu angepinselt.

Herr Breede, das sind Erinne-rungen, Erinnerungen an unsereHeimat, die uns genommen wurde.Meinen Sie, ich bin aus lauterUnternehmungslust nach Kanadagezogen?

Wir wurden in dem Rest vonDeutschland mit Geringschätzungaufgenommen. Beschimpft, geprü-gelt und verhöhnt. „Marjellchen,hast dir bekleckert mit das Gelbevon die Ei“ war noch das mildeste.

So, die Leute, die da „Nach Hau-se“ fahren, sind keine Touristen. Essind Heimatlose, die Spuren su-chen. Spuren, welche beweisen,

wenn auch nur sich selbst gegenü-ber, daß auch sie hier einmal be-heimatet waren. Die Spurensuchersuchen nicht nur nach der altenSchule, sondern auch den Platz,wo viele ihrer Angehörigen denletzten Atemzug getan haben.

Lesen Sie „Überleben warschwerer als sterben“, E. Morgen-stern. Auch sie war in die Herbart-schule gegangen. Die Bücher vonLehndorff, Lothar Fink, Hans Dei-chelmann, Anneliese Kreutz –„Das große Sterben in Königsberg“.Dann erst, Herr Breede, werdenSie die „Spurensucher“ verstehen.

Uns, meinen Eltern und vielenanderen war das Ostpreußenblattseit seinem Anfang ein StückchenHeimat. Berichte von Ostpreußen,Suchanzeigen, Geschichten von zuHause. Eine Zeitung, die uns ver-stand.

Wir wollen Kanaldeckel und alteRuinen und Berichte, nicht Reise-berichte von Touristen – für Rekla-me kann ich ein Reisebüro besu-chen. Und vor allem, Herr Breede,verunglimpfen Sie in der Zukunftnicht die Berichte anderer in derAnnahme, daß alle vor Freude dar-über vor Ihnen Purzelbäume schla-gen.

Wer im Herbst nach Königsbergfährt, bitte schickt mir eine Kasta-nie aus Königsberg für meinen„Kastanienbaum aus Königsberg“(wird gepflanzt).

Brigitte von Kalben, West Hill, Kanada

Letzter ZeitzeugeBetr.: „Was äußerlich nicht daist“ (Nr. 21)

Mir ist bekannt, da ich selbstam 31. Januar 1943 in sowjetischeGefangenschaft in Stalingrad ge-riet, daß die Zeichnung „Madon-na“ von Herrn Reuber an seinenFreund, den Baron aus dem OrtGrießem bei Hameln, der alsKranker oder Verwundeter nochfast als letzter aus dem Kesselausgeflogen wurde, mitgegebenwurde. Dieser Baron, dessen Na-men mir entfallen ist, baute zumDank seiner Heimkehr in Grie-ßem auf seinem Grundstück einekleine Kapelle für die Gemeinde,da es in diesem Ort keine Kirchegab. In dieser Kapelle befindetsich auch das Relief der Madon-na. 1982 war ich dort, der Baronwar verstorben, die Tochter trafich nicht an. Die Kapelle war totalverwahrlost.

Ich bin einer der letzten Zeit-zeugen, daher auch meine Stel-lungnahme. Rudolf Nagaitschik,

Wolfenbüttel

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LE B E N S ST I L E12 Nr. 25 – 24. Juni 2006

I hr werdet sehen – mein Turmwird noch bewundert wer-den, wenn eure Häuser schon

längst nicht mehr stehen“, pro-phezeite Margarete Böttiger trot-zig ihren Nachbarn.

Rund 650 Jahre hält sich das 90Zentimeter starke Mauerwerk desLindleinturms in Creglingen nunschon aufrecht. Die Vorhersagehat also eine gewisse Berechti-gung.

Darf man hier wirklich eintre-ten? Die Bewoh-nerin scheint ge-rade außer Haus,Pardon, außerTurm, zu sein.Der Blick des Be-suchers schweiftüber die armseli-ge Habe der kleinen Stube. Hemdund Handtuch hängen zerlöchertam Haken, aus einer Toilettenta-sche quillen Medikamente, aufdem Tisch stapeln sich Zeit-schriften und Papiere, das Bettversinkt unter einem Berg vonDecken und der Wasserkessel aufdem Windofen wartet nur darauf,erhitzt zu werden.

An die Wand ist der Schwarz-Weiß-Abzug eines Hochzeitsbildesgeheftet. Täglich saß MargareteBöttiger auf dem einfachen Holz-stuhl davor. Wer mag hier geheira-tet haben? Margaretes Mutter warledig, sie selbst wurde 1897 inCreglingen unehelich geboren.Verheiratet war auch sie nicht. Da-für besaß sie den Turm. Ihre Fami-lie waren die Tiere, vor allem Kat-zen. „Auf Wiedersehen im Him-mel“ notierte sie im Kalender hin-ter jedem Datum, an dem einer ih-rer Lieblinge verstorben war. Dazugehörte auch das „liebe Perl-

huhn“. Als sieselbst 1995 im Al-ter von 98 Jahren ent-schlief, hinterließsie der Stadt325 000 Markund den Auftrag,

ihr Heim ungeachtet aller mate-rieller Wertigkeit zu konservierenund aus dem Lindleinturm einHeimatmuseum zu machen.

Dafür hatte die Magd und Tage-löhnerin ihren Nachttopf 70 Jahrelang im Stall hinter dem Turmentleert und Holz und Brikettzum Herd geschleppt. EinzigerLuxus waren ein Eisschrank so-

wie in späteren Jahren ein Gasko-cher und ein elektrischer Heiz-körper.

Ein bewußt ärmliches Leben,obwohl sie es als Dienstmädchenin sogenannten besseren Häusernanders kennengelernt hatte. Alsihr die schwer erkrankte Mutterim Juli 1927 schrieb: „Liebe Toch-ter der Thurm ist noch nicht ver-kauft. Ich denke, wenn es GottesWille ist, komme ich vom Armen-haus raus ... ich kann es nichtmehr erwarten, bis Du kommst“,kehrte die Tochter von ihrerDienststelle aus Stuttgart nachCreglingen zurück und erwarbdie Immobilie noch im selbenJahr. Für die Mutter jedoch zuspät. Sie verstarb wenige Monatevor dem Einzug.

Das heiß ersehnte gemeinsameTurm-Weihnachtsfest fand nichtmehr statt. Dafür verschwandenweder Weihnachtsbaum, nochWeihnachtsschmuck jemals wie-der aus der Guten Stube. Auchnicht zu Margaretes Geburtstagam 19. Mai, wenn Pfarrer undBürgermeister regelmäßig zumGratulieren kamen. Einer der sel-tenen Tage, an denen das obereTurmgeschoß zu Ehren kam.Denn mit dem nie benutzten

frisch bezogenen Bett war es seitdem Einzug Museum für dieMutter.

Seit Beginn des 13. Jahrhun-derts gehörte das Dorf im Tauber-tal zum Besitz des Hauses Hohen-lohe Brauneck. Am 19. Januar1349 erhielt Gottfried III. vonKaiser Karl IV. die Erlaubnis,Creglingen zur Stadt zu erhebenund diese mit Gräben, Mauernund Türmen zu befestigen. Dieexakte Entstehungszeit dermittelalterlichen Befestigungsan-

lage ist bislang unerforscht. Auf-grund einer Urkunde von 1362,die Creglingens Einwohner alsOppidani bezeichnet, nimmt manan, daß sie zu diesem Zeitpunktbereits bestand. Noch im frühen19. Jahrhundert war Creglingenvollständig umwehrt. Erst durchdie Stadterweiterungn im 20.Jahrhundert wurde die Stadtbefe-stigung weitgehend abgebrochen.

Der Lindleinturm war nachdem Dreißigjährigen Krieg als La-gerraum verpachtet, 1795 als

„entbehrlicher Thurm“ verstei-gert und zum „Wohnhäußlein“umgebaut worden. 1999 wurde erals Heimatmuseum eröffnet. Inzwei weiteren Wach- und Wehr-türmen, die ebenfalls den Zeit-läuften trotzen konnten, sindheute komfortable Ferienwoh-nungen eingerichtet.

Lindleinturmmuseum: Öffnungs-zeiten Freitag von 10 bis 12 Uhr,am Wochenende von 10 bis 12und von 14 bis 17 Uhr.

Kurioses Erbe Ein Wehrturm gegen die Schmach der Armut

Lindleinturm: Innenansicht der Guten Stube mit permanenter Weihnachtsdekoration Foto: K.Hein

Von HELGA SCHNEHAGEN

Die Bewohnerinscheint gerade außer

Haus zu sein

Märchenhafte Stimmung Burg Falkenstein im Harz bietet einen Blick in die Geschichte

Die aus dem 12. Jahrhundertstammende Burg Falken-stein gilt als Kulturjuwel

des östlichen Harzes. Auf einemBerg im Selketal errichtet, blicktsie auf urwalddichte Wälder. Lite-rarisch unsterblich machte sieGottfried August Bürger mit derBallade „Die Pfarrerstochter vonTaubenhain“, in der ein Bergjun-ker mit der Dorfschönen folgen-schwer techtelmechtelte. ZahlloseKünstler verfielen dem Reiz derBurg und der sie umgebendenLandschaft: Caspar David Fried-rich, Novalis, Klopstock. Carl Ma-ria von Weber komponierte Teileseines „Freischütz“ im Selketal.Der berühmteste Schreiber aberwar Eike von Repgow, der um1220 bis 1235 das älteste deutscheRechtsbuch, den „Sachsenspiegel“,verfaßte, und zwar in so eindeuti-ger Sprache, daß er auch eindeuti-ge Rechtsprechung schuf. Die Nut-

zung des Buches ging weit überden deutschsprachigen Raum hin-aus, holländische und polnischeÜbersetzungen folgten.

Mit dem „Sachsenspiegel“ sindwir mitten in der Geschichte derFalkensteiner, denn Graf Hoyervon Falkenstein, ein Freund Rep-gows, hatte zur Niederschrift ange-regt. Zwölf Generationen, von 944bis 1334, umfaßte das Geschlecht.Der letzte Falkensteiner, Graf Bur-chard, vermachte 1332 seinen ge-samten Besitz dem Domstift Halb-erstadt, das wiederum Grund undBoden den Freiherren von der As-seburg übertrug, die sich ihrer-seits, durch die Jahrhunderte bis1945, für das Wohlergehen derBurg einsetzten. Dann fand immittleren Deutschland die sattsambekannte Enteignung statt; späterbetreuten verantwortungsbewußteMuseumsbeauftragte das Kultur-denkmal, das 1993 dem neuenBundesland Sachsen-Anhalt zurweiteren Pflege anvertraut wurde.Der Rundgang durch die Burganla-ge versetzt in märchenhafte Stim-mung. Bei der enormen Ausdeh-

nung der Burg müssen wir uns aufEinzelheiten beschränken. DerInnenhof verleitet zum Verweilen.Drei mächtige Bauwerksflügel unddrei Türme umschließen ihn. Dergrößte Turm, der Bergfried, dienteals Verlies für Schwerverbrecher,die durch das „Angstloch“ abge-seilt wurden. Das „Herrenhaus“war Wohntrakt der männlichenFalkensteiner und Asseburger.

Natürlich wurden die Räume imVerlauf der Jahrhunderte verschie-den genutzt; das Inventar wechsel-te mit dem Zeitgeschmack. Das„Biedermeierzimmer“ bestichtdurch herrliche Holztäfelung, zweiStücke der als Raritäten geltenden„Lyramöbel“ mit halbrundemUnterbau (Schreibsekretär, Vitri-ne) werden bestaunt. Der kostbareHammerflügel von Ignaz Pleyelwurde aus Paris nach Falkensteingeliefert. Die Burgkapelle ist Be-standteil des „Frauenhauses“ undoriginal aus der Renaissance er-halten. Die Gemälde auf der Em-pore samt Inschriften sind nach-denklicher Betrachtung wert. Aufder „Flucht nach Ägypten“ lesen

wir: „Gott findet für den, der sichmitten unter Feinden befindet,Schutz, mag er auch von der hei-matlichen Erde verbannt sein.“Hoch an der Wand, seitwärts derKanzel, ein spätgotisches Kruzifix.In der gegenüberliegenden Wandfällt ein „Romanischer Belüftungs-stein“ auf. Er diente der Frischluft-zufuhr des fensterlosen Raumes,in dem „Inklusen“, Frauen undMänner, die sich zur Askese ein-mauern ließen, ihr Leben fristeten.Speise und Trank wurde durch ei-nen Spalt gereicht. Aberglaubewill wissen, daß die Inklusen demBauwerk Unversehrtheit sicher-ten.

Nach dem Rundgang kann manzum nahen, von Achatz Ferdinandvon der Asseburg erbauten Ba-rockschloß Meisdorf wandern,heute eine Anlage eleganter Hotel-lerie.

Museum Burg Falkenstein, 06543 Fal-kenstein, Öffnungszeiten: Dienstag bisFreitag von 9 bis 17 Uhr, am Wochen-ende von 9 bis 18 Uhr, November bisFebruar von 9 bis 16 Uhr.

Von ESTHER KNORR-ANDERS

Burg Falkenstein: Die Burgkapelle blieb erhalten. Foto: privat

Töchter sind doch was Liebes, oder?Wenn der Nachwuchs seine Marotten auslebt und die Eltern charmant um den Finger wickelt

Es ist leichter, einen Sack Flöhezu hüten, als ein Haus voller

Kinder, heißt es im Volksmund.Wer diesen Satz erfunden hat,muß eine genervte Mutter gewe-sen sein, die mindestens dreiTöchter hatte … Als der liebe Gottdiese besondere Spezies erschuf,muß er ein kleines bißchen ver-wirrt gewesen sein. Vielleicht hat-te er ja auch nur zuviel von sei-nem selbst geschaffenen Wein ge-kostet.

Und doch: Töchter sind wasLiebes! Sie sind ganz und gar ver-schieden, doch in einem gleichensie sich alle: Wenn sie diesen ge-wissen Ausdruck in den Augenhaben, mit dem sie ihren Vater

herumkriegen wollen. Schon dieAllerkleinsten haben ein feinesGespür für die Schwächen ihrerEltern.

Manchmal möchte man die ver-wandtschaftlichen Verhältnisseverleugnen. Zum Beispiel dann,wenn man mit so einem Töchter-chen in einem überfüllten Warte-zimmer sitzt, und das liebe Kindüberdeutlich in das kränkelndeSchweigen ruft: „Mama, guck mal,die Frau hat aber dicke Beine!“

Auch in einem feinen Restau-rant mit verbindlich lächelndemOber kann einem so ein niedli-ches töchterliches Wesen einenSchock versetzen, indem es strah-lend verkündet: „Der Bedienersieht aus wie ein Pinguin!“ (Wo-mit sie durchaus nicht Unrechthat).

Als mein Mann und ich es unsabgewöhnt hatten, in solchen Au-genblicken rote Köpfe zu kriegen,waren die lieben Töchter schongroß. Nun passiert so etwas nichtmehr – halbwüchsige Töchterschießen mit anderen Kanonenauf Spatzen.

Will man diese zottelhaarigenGeschöpfe, die mit ihren langenArmen und Beinen und ihremFreiheitsdrang nicht wissen wo-hin, voller Stolz mit einem etwaspingeligen Verwandten zu-sammenführen, so kann es sein,daß sie zum Schrecken ihrer El-tern ungekämmt und mit den äl-testen Jeans angetan, hereinge-schlurft kommen und Gummikauend nur ein uninteressiertes„Hey …“ nuscheln, wobei sie denentsetzten Onkel wenigstens noch

charmant anlächeln. Die soge-nannte Etikette ist den halbwüch-sigen Töchtern von heute egal,Benehmen ist bei ihnen ohnehinGlückssache. Eins muß man ih-nen allerdings lassen: Sie sind er-frischend natürlich, dazu grund-ehrlich. Was wir damals ver-schämt hinter der vorgehaltenenHand flüsterten, sagen Teeniesheute frei und unverklemmt her-aus. Man weiß immer, woran manmit ihnen ist.

Haben sie das heulende Elend,dann werfen sie sämtliche Türenknallhart ins Schloß und sichselbst auf die unaufgeräumteCouch mit den vielen Schmuse-tierchen. Für die böse Welt sindsie erst einmal gestorben. Dannweiß man als Mutter gleich: DenRasen mähen sie heute nicht

mehr. Dazu sind sie viel zu fru-striert. Und morgen schon garnicht.

Schlimm wird es, wenn dieTöchter verliebt sind. Meine, dievorher kaum eine Nudel von ei-nem Kloß unterscheiden konnten,entfalteten plötzlich ungeahnteKochkünste. Im Nu war mein vor-her so gut gefüllter Kühlschrankleer, die Küche dafür voll von Es-sensresten und schmutzigem Ge-schirr. Nun brauchten sie auchstatt der üblichen zwei T-Shirtsund drei Jeans die doppelte Men-ge Wäsche pro Woche. Bevorzugtwurden jetzt Kleidchen, kurz wiedas Oberteil eines Schlafanzugsund außerordentlich schwer zupflegen.

Das Weltbild mancher Töchterist in einem gewissen Alter recht

kompliziert; ihr Verhältnis zuMännern ist oft gespalten. Spen-dable Väter gehen gerade nochdurch, der kleine Bruder nervt,nur der jeweilige Freund ist okay.

Aber sie haben auch ihr Gutes.Liegt man krank und geschafft imBett und sie stehen verlegen vordir, wickeln ein paar verdrückteBlümchen aus, heimlich ausNachbars Garten gepflückt, undsagen in einem Atem: „Hier,Muschken, damit du ganz schnellwieder gesund wirst – ohne dichist es irgendwie öde – kannst duuns mal deine beiden neuen Edel-jeans leihen – wir haben dochheute Abend diese Fete“, dannreißt es einen vor Rührung vomLinnen und man denkt mit einerTräne im Augenwinkel: „Töchtersind doch was Liebes!“

Von GABRIELE LINS

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Das ehrwürdige Schloß vonStettin beherbergte einst die

Herzöge von Pommern. Heute gibtes in dem wunderschönen Bau einMuseum, viele Ausstellungen,Theateraufführungen und Konzer-te. Und ein Mal im Jahr dürfensich in den alten Mauern auchKinderchöre beim Deutsch-Polni-schen Workshop zu Hause fühlen.

Hier gibt es vie-le Räume zumProben und einetolle klanglicheAtmosphäre. Da-von konnten sichin den letztenWochen nun auchder Königsberger Knabenchor„Wiwat“ überzeugen. Gemeinsammit dem MDR-Kinderchor unddem Chor des Gymnasiums „Kan-tylena“ aus Treptow an der Regaaus der Republik Polen wurde täg-lich mehrfach geübt, oft natürlichgemeinsam oder die einzelnenStimmgruppen unter sich. Es gingdarum, beim Finalkonzert am1. Juni im Bogislaw-Saal aus dreiChören ein großes Ensemble zubilden und mit diesem drei Werke

aufzuführen: zwei Kanons von Jo-sef Swider und zum Schluß einFestival Sanctus von John Leavitt.Das sei den 110 Mädchen und Jun-gen sehr gut gelungen, meint derDirigent des MDR-Kinderchores,Professor Gunter Berger: „Es warein großer Chor zu erleben. DieKinder standen zusammen auf derBühne. Es gab praktisch keine

Grenzen – alswenn sie jahre-lang zusammengesungen haben.Das hat auch dasPublikum spürenkönnen und hatunsere Arbeit mit

kräftigem Applaus honoriert.“Der Gastgeber, Schloßdirektor

und Musik-Professor EugeniuszKus, ergänzte: „Der Workshop istimmer wieder eine gute Gelegen-heit, um Kinder aus ganz unter-schiedlichen gesellschaftlichenund sozialen Verhältnissen mit-einander in Kontakt zu bringen.“So verbrachten die Sängerinnenund Sänger nach dem Konzert inder Kirche von Arnswalde, einerKleinstadt in der Woiwodschaft

Westpommern, ihre Freizeit ge-meinsam beim Grillen am See,und sie unternahmen eine kleineBootsfahrt. Das Lied „Bruder Ja-cob“ kannten alle, und ansonstenging es auf Englisch, Deutsch, einbißchen auf Polnisch oder Rus-sisch oder mit Händen und Füßenum ihre Lieblingsmusik, umschicke Klamotten, um offeneGrenzen, den Euro und vielesmehr. Und das sei ja gerade der

Sinn dieser alljährlichen Treffen,sagte einer der Gründungsväter,Professor Reinhard Stollreiter ausBerlin: „1995, 50 Jahre nachKriegsende haben wir hier dieSingende Grenze veranstaltet –von Ahlbeck bis Zittau. Auf bei-den Seiten oder direkt auf denBrücken über Oder und Neiße tra-fen sich Chöre und haben mitein-ander gesungen. Diese Idee habenwir in den Folgejahren mit dem

Festival und dem Workshop inStettin aufgegriffen, denn geradeauf die junge Generation kommtes an, daß man nicht nur gemein-sam singt, sondern daß auchFreundschaften entstehen.“ Höhe-punkt für die drei Kinderchörewar dann der gemeinsame Auftrittbei der Eröffnungsveranstaltungdes 5. Internationalen StettinerChorfestivals, an dem 28 Chöreaus zehn Staaten teilnehmen. E. B.

Nr. 25 – 24. Juni 2006 13Das Ostpreußenblatt

Am 10. Juni wurde im zumKönigsberger Gebiet ge-hörenden Gembern das

evangelische Altersheim „Carl-Blum-Haus“ unter der Diakonieder Kirchengemeinde Gumbinneneingeweiht. Das Gebäude ist An-fang der 30er Jahre des vergange-nen Jahrhunderts in Mallenup-pen, Kreis Darkehmen als Schuleerbaut worden, in der die Kinderaus den umliegenden Dörfern vonder 1. bis zur 8. Klasse in einemRaum unterrichtet wurden. Von1946 bis 2003 wurde das Gebäudeals Kindergarten genutzt.

Der heutige Probst des Königs-berger Gebietes, Heye Osterwald,hat das leerstehende Gebäude fürdas Altersheim ausgesucht. Viele

bürokratische Hürden waren zuüberwinden und das Geld für dennotwendigen Umbau zu besorgen.Spender von verschiedenen kirch-lichen Stellen der BundesrepublikDeutschland, viele kirchennaheEinzelpersonen sowie ehemaligeBewohner Ostpreußens undFreunde des Projektes aus Hol-land haben diese Gelder aufge-bracht. Einen besonderen Anteilhat dabei Horst-Peter Boltz, derals Koordinator für die Geld- undSachspenden fungierte.

Die Einweihung wurde von ho-hen kirchlichen und staatlichenWürdenträgern in einem fest-lichen Rahmen vorgenommen.Der Komponist und Musikmana-ger Siegfried Matthus konnte da-

bei alte Fotos der ehemaligenSchule von 1942 und des Kinder-gartens von 1988 übergeben, dennnur knappe 200 Meter von diesemHaus entfernt wurde er 1934 im

damaligen Mallenuppen geboren.Für seine beiden Brüder, den Or-ganisten Günter Matthus und denArzt Gert Matthus, die ebenfallsdabeiwaren, hieß ihr Geburtsortdann Gembern, wie Mallenuppennach 1937 genannt wurde.

Von 1940 bis 1941 ist SiegfriedMatthus in dem Gebäude zurSchule gegangen und hat hier dieGrundlagen des Schreibens unddes Lesens gelernt. Von 1941 bis1944 besuchte er dann die Schulein Angerapp.

Keinen größeren Kontrast kannman sich vorstellen, als zwischendem im neuen Glanz der Renovie-rung entstandenen Gebäude undder urwaldartigen Wildnis, dieüber den 1998 noch erkennbarenFundamenten von Siegfried Mat-thus’ Geburtshaus inzwischen ge-wuchert ist. Lediglich der von sei-nem Vater mit Betonringen befe-stigte alte Brunnen ist zwischendem dichten Gestrüpp noch in ei-ner Vertiefung zu finden, denn die

umliegende Erdschicht ist mehrals ein Meter über dem damaligenNiveau gewachsen.

So verläuft Menschheitsge-schichte. Dort, wo keine Bemü-hungen unternommen werden,Überliefertes zu erhalten und wei-ter zu entwickeln, wird es von derunbesiegbaren Lebenskraft derErde verschlungen und versinkt inVergessenheit. Wo jedoch neueIdeen schöpferisch gestaltet undumgesetzt werden, entsteht in dieZukunft weisendes Neues.

Diese Gedanken gingen Sieg-fried Matthus an diesem Tag inseinem Geburtsort Mallenuppenbei der Einweihung seiner ehema-ligen Schule als Altersheim durchden Sinn. S. M.

»Carl-Blum-Haus« eingeweihtDie ehemalige Schule in Gembern wird fortan als evangelisches Altersheim genutzt

»Wiwat«-Chorin Stettin

Auftritte mit Polen und Deutschen

Gemeinsames Singen in der Kirche von Arnswalde Foto: MDR

Einweihung: Sie wurde von hohen kirchlichen und staatlichen Würdenträgern in einem festlichen Rahmen vorgenommen. Foto: Marxen

MELDUNGEN

Wilna–Riga–Königsberg

Königsberg – Die litauischeFluggesellschaft „Air Baltic“ wirdin Zusammenarbeit mit der russi-schen Fluglinie „Pulkovo Airli-nes“ zum 2. Juli eine Direktver-bindung zwischen Riga und Kö-nigsberg einrichten. Damit gibt eseine Flugverbindung vom litaui-schen Vilnius (Wilna) über Riganach Königsberg. „Air Baltic“wird viermal pro Woche Flüge miteiner Fokker 50 durchführen, undzwar an den Wochentagen Mon-tag, Mittwoch, Freitag und Sonn-tag. Der Flug wird etwa 70 Minu-ten dauern. Ein einfaches Ticketwird um die 80 Euro einschließ-lich Flughafengebühr kosten. JJ

Ein ehemaligerZögling der Schule

war auch dabei

Die Kinder aus dendrei Nationen

verstanden sich gut

Fokker 50 Foto: privat

Neue Zertifikatein Königsberg

Königsberg – In die RussischeFöderation dürfen nur noch Fahr-zeuge eingeführt werden, die derEuro-Norm 2 entsprechen. Seitdem 22. Mai gibt es in der Föde-ration Zertifikate über die Erfül-lung dieser Umweltschutznormfür eingeführte Autos aus demWesten. Ausstellungsort ist Ost-preußens Hauptstadt Königsberg.An anderen Einfuhrpunkten wirddie Abwicklung für ausländischeFahrzeuge zumindest längerfristigwesentlich komplizierter werden.Wie die Internetzeitung „gazeta.ru“ berichtet, sind Spezialistendes Zertifizierungszentrums ausMoskau nach Königsberg geflo-gen, um ein entsprechendes„Zentrum für Standardisierungund Vermessung“ einzurichten.Bislang hat das Zentrum wedereine Beurteilung noch eine Li-zenz. Dennoch sollen hier Zertifi-kate ausgestellt werden, derenPreis zwischen 1000 und 3 000Rubel (ungefähr zwischen 30 und90 Euro) variieren kann. Laut ei-nem Experten aus Moskau wirddie Dauer der Zertifizierungspro-zedur wohl zwischen wenigenStunden und einigen Tagen lie-gen.

Am anderen Ende der Russi-schen Föderation hat man ausdem Faktum, daß es hier keineEuro-2-Zertifikate gibt und auchniemand – nicht einmal die tech-nischen Überwachungsdienstefür Kraftfahrzeuge – einem bis-lang sagen kann, wo man zumBeispiel in Wladiwostok solch einZertifikat bekommen könnte, dieKonsequenzen gezogen. Die Fer-nöstliche Zollbehörde ließ durchihre Pressestelle mitteilen, daßman dort, solange es keine ver-bindliche Regulierung bezüglichder Euro-2-Zertifikate gebe, wei-ter nach den bisherigen Einfuhr-bestimmungen verfahren werde.

Doch auch aus einem anderenGrund ist kurzfristig nicht mit ei-ner signifikanten Verbesserungder Luftqualität zu rechnen. Sobrauchen die in der RussischenFöderation selber produziertenKraftfahrzeuge nicht der Euro-Norm-2 zu entsprechen, was sieauch nicht tun. Der Produzent derauch im Westen bekannten russi-schen Automobilmarke „Lada“kündigte lediglich an, daß einigeder zukünftigen Modelle der Um-weltschutznorm entsprechenwürden. Allerdings wird mit die-sen in frühestens drei Jahren ge-rechnet. MRK

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OST P R E U S S E N H E U T E14 Nr. 25 – 24. Juni 2006 Das Ostpreußenblatt

Tapiau gehört zu den Anla-gen des entwickelten Ka-stelltyps der späten Or-

denszeit. Die Burg wurde überannähernd quadratischemGrundriß errichtet (46 x 48 Me-ter). Man verzichtetet auf Berg-fried und Ecktürme, so daß nachaußen hin der blockhafte reineKubus der vier aneinander gefüg-ten Häuser dominiert. Es handeltsich um einen frühen Großbaudes „reduzierten“ Typs, dessenEntwicklungsreihe mit Ragnit(1397–1408) endete. Bemerkens-wert sind die beträchtlichen Aus-maße der Burg und die Verwen-dung des vierflügeligen Kastellty-pus, der eigentlich die klassi-schen Konventsburgen auszeich-nete. Tapiau war im 14. Jahrhun-dert jedoch nur noch Pflegersitzin einem abgelegenen Randbe-reich des Ordensstaates. Der auf-wendige Ausbau nach 1351 er-klärt sich vermutlich aus der

Funktion als Etappenort der Li-tauerfahrten. Den zahlreichenvornehmen Teilnehmern dieserKriegszüge wollte man Zwischen-stationen mit standesgemäßerAusstattung und herrschaftlicherArchitektur bieten. Bei einem Teilder eleganten Räume im erhalte-nen Nordwestflügel dürfte es sichum Gastzimmer gehandelt haben.

Der Chronist Peter von Dus-burgs berichtet, daß die Burg1265 gegründet wurde. Der Nameeines Komturs (Ulrich Bauwarus)ist erstmals 1280 überliefert.Nach einer im 16. Jahrhundert er-wähnten Bauinschrift soll dieBurg 1351 unter dem OberstenMarschall Siegfried von Dahen-feld (1347–59) an ihren heutigenPlatz verlegt und neu errichtetworden sein. 1390/91 hielt sichHeinrich von Derby, der spätereenglische König, während seinerPreußenreise einige Tage in Tapi-au auf. Nach 157 verwahrte manhier Teile des aus der Marienburgüberführten Ordensarchivs. Nachdem Ende der Ordenszeit war Ta-piau ein häufiger Aufenthaltsort

von Herzog Albrecht, der 1568auf der Burg starb. Zischen 1787und 1797 erfolgte der Abbruchvon drei Flügeln und der Ausbaudes nordwestlichen Flügels zurLandesarmenanstalt. 1879 richte-te der preußische Staat ein Ge-fängnis in Tapiau ein. Dabeistockte man den erhaltenenBurgflügel auf und erstellte neueGebäude anstelle der abgebro-chenen Flügel. 1945 blieb derBau unversehrt, und bis heutewird er als Gefängnis genutzt.Aufgrund dieser Funktion ist dieBurg seit dem 19. Jahrhundert fürForscher und Besucher fast unzu-gänglich.

Tapiau liegt etwa 35 Kilometeröstlich von Königsberg an derHauptstraße nach Insterburg. DieBurg befindet sich am Südrandder Stadt.

Aus: „Burgen im Ordensland –Deutschordens- und Bischofsbur-gen in Ost- und Westpreußen“,Bergstadtverlag, Würzburg 2006,160 Abb., 288 Seiten, 24,90 Euro,Bestell-Nr.: 5489

Lewe Landslied und Familienfreunde,als Neuleserin möchte ich heuteFrau Carola Hinz aus Wandersle-ben begrüßen, und das hat seinenbesonderen Grund. Natürlichfreue ich mich über jeden neuenAbonnenten, weil er unseren Fa-milienkreis erweitert und somitdie Erfolgschancen für die beiuns veröffentlichten Wünscheund Fragen steigen läßt, dochdarauf werde ich noch im weite-ren Verlauf eingehen. Worüberich mich aber besonders gefreuthabe, ist die Art, wie sie zu unse-rer PAZ gestoßen ist, und ihreErklärung, warum sie sofort ein„Schnupperabo“ bestellte. FrauHinz schreibt: „Eine Familienfor-scherin schickte mir die Preußi-sche Allgemeine Zeitung vom21. Mai mit Ihrem Beitrag ,dieOstpreußische Familie‘. Ich mußdazu sagen, ich kannte weder dieZeitung noch ihre Beiträge. Erstwar ich überrascht, dann kam ichvom Lesen nicht wieder los, habejetzt ein Schnupperabo.“ Das wardie Einleitung zu ihrem Schrei-ben, in dem sie unsere Ostpreu-ßische Familie um Hilfe bittet.Frau Hinz kommt nämlich in ih-rer Familienforschung nicht wei-ter, zu lange lag sie auf Eis. Daslag vor allem am geteiltenDeutschland – ihr Vater wußtenicht einmal, daß seine Urgroß-mutter aus Ostpreußen stammte.Das stellte Frau Hinz jetzt erstfest und ist aber damit an einentoten Punkt gelangt, den wir viel-leicht beleben können. Es geht al-

so um die Ur-Urgroßmutter vonCarola Hinz, über die sie einigekonkrete Angaben besitzt, da essich um keine Flüchtlingsfamiliehandelt. Amalie Mathilde Schim-melpfennig, * 5. Januar 1858 inPaterswalde, 8. April 1938 inLübeck, war verheiratet mit Chri-stian Hilgenfeldt, * 4. März1855, 17. November 1920 inLübeck. Ihre Tochter ThereseAmalie Mathilde Hilgenfeldt, *11. April 1879 in Lübeck, dort1940 verstorben, heiratete FritzAugust Carl Krauskopf. Es sinddie Urgroßeltern von CarolaHinz, geborene Krauskopf. Siehat bislang nicht herausfindenkönnen, ob die UrgroßmutterTherese noch Geschwister hatte.Gänzlich fehlen ihr aber Anga-ben über die ostpreußische Her-kunft der Amalie Schimmelpfen-nig, über die Frau Hinz, wie sieschreibt „bei meinen Ahnenweiterkommen will“. Es geht alsoum die Wurzeln, die im dicht beiWehlau gelegenen Paterswaldeliegen und die sich auf die Fami-lie Schimmelpfennig beziehen,wahrscheinlich auch auf die Fa-milie Hilgenfeldt. Der Geburtsortdes Urgroßvaters ist leider nichtübermittelt. Es wäre möglich, daßsich im Kreis unserer Ostpreußi-schen Familie Angehörige dieserFamilien finden, die aus demKreis Wehlau stammen, vielleichtsogar aus Paterswalde. Wennauch solch eine Verwandtschaftdann auch nur „das siebenteWasser vom Kissehl“ wäre – wieman im alten Ostpreußen eine

sehr, sehr weitläufige Sippenver-bindung bezeichnete –, so hilftsie Frau Hinz doch in ihrer Fami-lienforschung einen Schritt wei-ter. Jedenfalls würde sie sich überjede Zuschrift freuen (CarolaHinz, Am Sportplatz 10 in 99869Wandersleben).

Ja, ich sprach von den Chan-cen, die sich vergrößern, je brei-

ter sich unser Leserkreis auffä-chert. Welche Erfolge könntenwir vorweisen, wenn jederLandsmann unsere Zeitung zu-mindest lesen würde! Aber wirwissen, daß unsere treuen Freun-de unermüdlich helfen, den hieraufgezeigten Spuren nachzuge-hen. Und so hofft auch HelmutGutowski weiter, daß sich dochnoch Verwandte finden, die mit

ihm und seiner Frau am 12. Au-gust das Fest der Goldenen Hoch-zeit begehen, das wäre sein größ-ter Wunsch. Es muß Verwandtegeben, denn seine GroßelternKarl und Luise Maziul aus Val-lenzinnen, Kreis Johannisburghatten zehn Kinder! Die bliebenmit Sicherheit nicht ohne Nach-kommen – nur, wo sind sie zufinden? Unser erster Aufruf voreinigen Wochen erbrachte nichteinen Hinweis, es kam keine Zu-schrift, kein Anruf. Also hakenwir noch einmal nach, damit dasEhepaar Gutowski die GoldeneHochzeit in einer Großsippe be-gehen kann. Es handelt sich umdie Familien Maziul und Skowro-nek – aus dieser Familie stammtedie Großmutter – aus Vallenzin-nen. Die Großeltern sollen nachder Flucht in Sachsen gewohnthaben, es gab aber keine Verbin-dung zu den Verwandten. Hoffenwir, daß sich nun endlich jemandaus der Familie meldet – viel-leicht können wir ja dann im Au-gust ein Foto von der GoldenenHochzeit bringen – mit der end-lich gefundenen Verwandtschaft(Helmut Gutowski, Arndtstraße29 in 74074 Heilbronn, Telefon 071 31 / 17 25 72)!

Nachfassen wollen wir auchnoch einmal für Frau Brigitte Leh-mitz, für die wir im Februar nachChristel Baltrusch – so der Mäd-chenname der Ostpreußin, dievon der Fluchtwelle in das schles-wig-holsteinische Poggensee ge-schwemmt wurde – suchten.Christel, die mit ihrer Mutter und

Schwester Wally geflohen war, ar-beitete im Nachbardorf Mannha-gen auf dem Bauernhof von Bern-hard und Brigitte Winterberg, denEltern von Brigitte Lehmitz. Das1932 geborene Mädchen war dortvon 1949 bis 1952 tätig und ge-wann das Herz der Winterberg-Tochter. Schmerzvoll war deshalbder Abschied von der 20jährigen,als diese mit ihrer Familie 1952 indas Rheinland zog, wahrschein-lich nach Mönchengladbach.Christel Baltrusch dürfte geheira-tet haben und einen anderen Na-men tragen, aber Frau Lehmitzhofft noch immer, sie aufgrunddieser ergänzenden Angabenendlich zu finden (Brigitte Leh-mitz, Am Rensemoor 9 in 23909Ratzeburg, Telefon 0 45 41 / 87 8035).

Erstaunlich schnell haben sichdagegen die Suchwünsche vonDr. Rudolf Monzel und seinerFrau Waltraut erfüllt, die ich inder PAZ Nr. 20 brachte. Als13jährige mußte Waltraut – da-mals Perk – im Februar 1945 ihreHeimatstadt Mehlsack verlassenund mit ihrer Mutter und vierGeschwistern über Haff und Seeflüchten. Verständlicherweise hatFrau Monzel nur noch vage Er-innerungen an den Fluchtwegund wollte diese ergänzen, fragtedeshalb nach eventuellen Zeit-zeugen. Hier nun das Schreibenvon Herrn Dr. Monzel, das be-reits Anfang Juni bei mir eintraf:

„Meine Frau und ich dankensehr herzlich für die Veröffentli-chung unserer Informationswün-

sche. Ihre Aussage hat sich vollbestätigt, der Erfolg blieb nichtaus. Der erste Anruf erfolgte be-reits mittags am 20. Mai. Inzwi-schen sind fünf Anrufe und zweilängere Briefe eingegangen. Eshaben sich allein fünf Familienaus Mehlsack gemeldet, drei da-von haben auch am 10. Februardie Flucht angetreten, zum Teilauf den gleichen Schiffen, bezie-hungsweise den gleichen Flucht-weg gehabt: Haffeis – Nehrung –Pillau – mit „Hektor“ nach Go-tenhafen, nach mehreren Tagenmit der „Deutschland“ nach Saß-nitz – mit dem Zug nach Schles-wig-Holstein. Wir konnten dankder Ostpreußischen Familie füruns neue und wertvolle Hinweisezum Fluchtweg der Familie Perkerhalten. So wissen wir zum Bei-spiel jetzt, daß die Ausschiffungauf Reede Saßnitz am 24. Februar1945 erfolgte. Es ist beschlossen,die jetzt bestehenden Kontakteweiter zu pflegen und den Aus-tausch der Fluchterlebnisse fort-zusetzen.“

Gerade dieser letzte Satz hatmich erfreut, beweist er dochwieder einmal, wieviel Verbin-dungen über die eigentlichenFragen hinaus durch unsere Ost-preußische Familie zustandekommen.

Eure

Ruth Geede

Erst saß hier ein Komtur später GefangeneDie etwa 35 Kilometer östlich von Königsberg liegende Burg Tapiau wird seit 1879 als Strafvollzugsanstalt genutzt

Von CHRISTOFER HERRMANN

Ordensburg Tapiau: Ansicht aus dem Jahre 1895, als die Burg bereits in ein preußisches Staats-gefängnis umgewandelt war Foto: Herrmann

Königsberg soll schöner werdenWurde die Stadt letztes Jahr für die 750-Jahr-Feier herausgeputzt, so laufen jetzt die Vorbereitungen für das Jubiläum 60 Jahre Oblast

Wurde im vergangenen Jahrbereits einiges unternom-

men, um die Stadt zum 750jähri-gen Bestehen herauszuputzen, gibtes in diesem Jahr neue Pläne desderzeitigen Chefarchitekten derStadt, Alexander Baschin, sie zurFeier des Jubiläums 60 Jahre Ob-last weiter zu verschönern. Für dieBürger bedeutet dies, daß sie ihreBalkonverkleidungen aus Glas aufeigene Kosten entfernen lassenmüssen. Zunächst betrifft dies dieAnwohner der Fuchsberger Allee(Sowjetskij Prospekt) und der

Wrangelstraße (TschernjachowskijProspekt). Grund für diese Anord-nung ist, daß die Gebäudefassadenkomplett renoviert und die Bal-kons gefliest werden sollen.

Bei den Bewohnern stößt diesesVorhaben auf wenig Begeisterung.Die Russen nutzen den Balkongerne als zusätzlichen Wohnraum,in dem Dinge gelagert werden, diein der meist kleinen Wohnung kei-nen Platz finden. Auf dem Balkonzieht man Gemüsepflanzen vorund trocknet seine Wäsche. AlsFreisitz zum Genuß des schönenWetters findet der Balkon keineVerwendung. Daß die Häuserfassa-den durch die an Bretterbuden er-innernden Holzrahmen mit Glas-

füllung das Stadtbild nicht geradeverschönern, wollen die Mieter,welche die Konstruktionen auf ei-gene Kosten und meist im Eigen-bau errichtet haben, nicht einse-hen, oder sie setzen eben anderePrioritäten. Wollen sie nach derRenovierung ihre Konstruktionenwieder aufbauen, müssen sie sichin Zukunft erst eine Baugenehmi-gung bei der Behörde holen.

Es trifft jedoch nicht nur die ein-fachen Bürger. Alexander Baschinhat bereits 24 Geschäftsinhaberder Fuchsberger Allee, die Lädenin der Straße betreiben, zu einemTreffen eingeladen, bei dem er siemit der Information überrumpelte,daß sie die Fassaden ihrer Läden

einheitlich zu gestalten hätten, undzwar auf eigene Kosten. Zur Unter-stützung hatte der Stadtplaner denDesigner Tair Waleew mitgebracht,der als rechte Hand des Architek-ten die gestalterische Planung fürdie Renovierungen übernehmensoll. Nach den Plänen sollen dieGebäude der Straßen farblich ein-heitliche Fassaden erhalten. DemStadtarchitekten gefällt es nicht,wenn der Sockel eines Hauses eineandere Farbe hat als die restlichenStockwerke. Benachbarte Häusersollen nicht in unterschiedlichenFarben gestrichen sein. OberstesZiel Baschins ist es, Ordnung indas Stadtbild zu bringen. UnterBerufung auf die Unterstützung

seines Programms durch Gouver-neur Boos teilte er den wenig be-geisterten Geschäftsleuten mit,daß sie bis zum 1. September dieBauarbeiten abgeschlossen habensollten, schließlich werde Präsi-dent Putin zum Gebietsjubiläumerwartet.

Baschin verfolgt hochgesteckteZiele. Er möchte die Zeit der „Be-ton“-Zäune als Element des ver-gangenen Jahrhunderts hintersich lassen. Seiner Meinung nachgibt es bereits zu viele Garagenund Hallen am Ufer des Pregels.Auch auf die Kioske auf den Stra-ßen des Zentrums hat es der Ar-chitekt abgesehen: FliegendeHändler ohne festen Standort sol-

len aus dem Stadtbild verschwin-den. Baschin möchte zu kleinerenFormen zurückkehren, alles das,was auf Augenhöhe eines Men-schen zu sehen ist, verschönern.Bürgersteige, Abfallbehälter, Kio-ske sollen ein einheitliches Designerhalten.

Daß mancher Geschäftsmann,der die Fassade seines Ladens erstim vergangenen Jahr für die 750-Jahrfeier auf seine Kosten und mitGenehmigung der zuständigenBehörden hat herrichten lassen,kaum Verständnis aufbringen wirdfür neuerliche Baumaßnahmenwegen der Geschmacksänderungder Stadtplaner, ist mehr als ver-ständlich.

Von MANUELA

ROSENTHAL-KAPPI

Ruth Geede Foto: privat

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GL Ü C K W Ü N S C H E Nr. 25 – 24. Juni 2006 15Das Ostpreußenblatt

ZUM 99. GEBURTSTAGConrad, Käte, geb. Becker, aus

Lyck, Memeler Weg 3, jetzt Pfarrer-Barheine-Weg 21, 44149 Dort-mund, am 1. Juli

Osygus, Friederike, geb. Chrzon,aus Ebendorf, Kreis Ortelsburg,jetzt Remscheider Straße 76, Ev.Altenheim, 42899 Remscheid, am2. Juli

ZUM 97. GEBURTSTAGHofviele, Martha, geb. Zapatka,

aus Wilhelmsthal, Kreis Ortels-burg, jetzt Haspeler Schulstraße26, 42285 Wuppertal, am 1. Juli

Lehmann, Erwin, aus Monken,Kreis Lyck, jetzt 4 Cité Mahon,68000 Neuf-Brisach, Frankreich,am 2. Juli

Schlecht, Erna, geb. Matz, ausBieberswalde, Kreis Wehlau, jetztStadenstraße 91, 90491 Nürnberg,am 27. Juni

ZUM 96. GEBURTSTAGAlbrecht, Curt, aus Jorksdorf,

Kreis Labiau, jetzt Berliner Straße,58511 Lüdenscheid, am 26. Juni

Kummutat, Horst, aus Mühlen –Försterei – Kreis Osterode, jetztPostweg 25, 26203 Hundsmühlen,am 28. Juni

ZUM 95. GEBURTSTAGMeding, Maria, geb. Jeschkows-

ki, aus Königsberg-Juditten, Ring-straße, jetzt c/o Eggerth, Am Kü-sterholz 1, 23611 Bad Schwartau,am 30. Juni

Steckel, Charlotte, aus Willen-berg, Kreis Ortelsburg, jetzt An derJahnhöhe 4, 97084 Würzburg, am26. Juni

ZUM 94. GEBURTSTAGGrajetzky, Dr. Gerda, aus Stadt-

felde, Kreis Ebenrode, jetzt Ver-einsstraße 8, 51103 Köln, am 30.Juni

Rettkowski, Martha, aus Klein-ruten, Kreis Ortelsburg, jetzt BreiteStraße 67, 32130 Enger, am 26. Ju-ni

ZUM 93. GEBURTSTAGPfeiffenberger, Martha, geb.

Kotsch, aus Klemenswalde, KreisElchniederung, jetzt Marschweg66, 24568 Kaltenkirchen, am 30.Juni

ZUM 92. GEBURTSTAGAugustin, Emma, geb. Fröhlich,

aus Kölmersdorf, Kreis Lyck, jetztMaurenstraße 16, 78354 Sipplin-gen, am 28. Juni

Berger, Eugen, aus Kattenau,Kreis Ebenrode, jetzt Südweg 20 B,06255 Schafstädt, am 30. Juni

Buchow, Ilse, geb. Zuhn, aus Ta-we, Kreis Elchniederung, jetztHebborner Straße 129, 51467 Berg.Gladbach, am 2. Juli

Gonschorrek, Margarete, geb.Kleszewski, aus Herzogskirchen,Kreis Treuburg, jetzt Tilsiter Weg 3,31535 Neustadt / Rbg., am 29. Juni

Jacksohn, Hildegard, geb. Petro-witz, aus Lötzen, jetzt Otto-Lang-behn-Straße 10, 23669 Timmen-dorfer Strand, am 2. Juli

Mohrlang, Christoph, aus Lank,Kreis Heiligenbeil, jetzt Hum-boldtstraße 11, 31812 Bad Pyr-mont, am 29. Juni

Nachtigall, Antonie, geb. Blasko,aus Wallenrode, Kreis Treuburg,jetzt Niederfeldstraße 58, 33611Bielefeld, am 30. Juni

Schulz, Adalbert, aus Leegen,Kreis Ebenrode, jetzt Scheideweg5, 23896 Nusse, am 26. Juni

ZUM 91. GEBURTSTAGGuddat, Walter, aus Gutsfelde,

Kreis Elchniederung, jetzt Siel-horst 78, 32369 Rahden, am 27. Ju-ni

Rupietta, Berta, geb. Schimi-nowski, aus Kyschienen, Kreis Nei-denburg, jetzt 513 Bush Street,

Redwing, MI 55066, am 28. Juni

ZUM 90. GEBURTSTAGBludau, Eva, aus Rogenau-Ritter-

gut, Kreis Ortelsburg, jetzt Amsel-ring 13, 31608 Marklohe, am 30.Juni

Knoop, Erika, geb. Jessat, ausZoppert und Goldap, jetzt Garten-straße 39 B, 31812 Bad Pyrmont,am 2. Juli

Lassek, Johann, aus Kl. Eppin-gen, Kreis Neidenburg, jetzt Dorf-straße 2, 99510 Großromstedt, am28. Juni

Pauli, Käthe, geb. König, aus Ta-piau, Bergstraße, Kreis Wehlau,jetzt Blumenstraße 5, 59955 Win-terberg, am 30. Juni

Thiel, Frieda, geb. Reischuck,aus Stellwagen, Kreis Elchniede-rung, jetzt Bredenhop 17, 32609Hüllhorst, am 1. Juli

Zerneckl, Emma, geb. Chojetzki,aus Reiffenrode, Kreis Lyck, jetztSudheimer Straße 29 a, 37154Northeim, am 29. Juni

ZUM 85. GEBURTSTAGBalschun, Hanna, geb. Quaß, aus

Saiden, Kreis Treuburg, jetzt Harz-weg 7, 34134 Kassel, am 29. Juni

Brennert, Johanna, geb. Kalweit,aus Damerau, Kreis Ebenrode,jetzt Rosenstraße 57, 59079 Hamm,am 27. Juni

Droste, Werner, aus Montzen,Kreis Lyck, jetzt Bölckestraße 8,42899 Remscheid, am 27. Juni

Fricke, Gerda, geb. Schukat, ausTeichacker, Kreis Ebenrode, jetztBoomstuck 6, 29575 Eddelstorf,am 26. Juni

Gassewitz, Kurt, aus Lyck, jetztLokstedter Holt 12, 22453 Ham-burg, am 28. Juni

Glaner, Lotte, geb. Lippik, ausEbenfelde, Kreis Lyck, jetzt Müh-lentor 1 a, 19243 Wittenberg, am26. Juni

Heßke, Fritz, aus Pr. Thierau,Kreis Heiligenbeil, jetzt Karlstraße24, 36341 Lauterbach, am 1. Juli

Kühne, Ruth, aus Insterburg,jetzt Jacob-Rehder-Straße 2, 23701Eutin, am 29. Juni

Kunze, Irmgard, geb. Kornatzki,aus Prostken, Hauptstraße, KreisLyck, jetzt Grundstraße 9, 64289Darmstadt, am 1. Juli

Mikisch, Anna, aus Fürstenwal-de, Kreis Ortelsburg, jetzt Grenz-straße 49, 45881 Gelsenkirchen,am 28. Juni

Sakrzewa, Erich, aus Herzogs-höhe, Kreis Treuburg, jetzt Rei-chenbacher Straße 12, 98574Schmalkalden, am 29. Juni

Salvat, Vera, geb. Bloch, aus Kö-nigsberg, jetzt Hermann-Köhl-Straße 10, 86159 Augsburg, am 22.Juni

Scharnowski, Ilse, geb. Schöne-beck, aus Fließdorf, Kreis Lyck,jetzt OT Spitzkuhn, Eichenallee10, 17207 Bollewick, am 28. Juni

Schlungbaum, Ruth, geb. Res-zies, aus Kuckerneese, Kreis Elch-niederung, jetzt Cottbuser Straße11, 56075 Koblenz, am 2. Juli

Tegtmeyer, Ruth, geb. Martinu,aus Wehlau, Parkstraße, jetzt Ho-lunderweg 28, 99706 Sondershau-sen, am 28. Juni

Treiber, Hildegard, geb. Stendt-ke, aus Willenberg, Kreis Ortels-burg, jetzt Fichtestraße 25, 69126Heidelberg, am 28. Juni

Will, Ingeborg, geb. Schröder,aus Heiligenbeil, Friedrichstraße,jetzt Rastatter Straße 1, 79108 Frei-burg, am 28. Juni

Wolowice, Lucie, geb. Bludau,aus Burgkampen, Kreis Ebenrode,jetzt Bahnhofstraße 11, 23966 Wis-mar, am 26. Juni

ZUM 80. GEBURTSTAGApsel, Walter, aus Wehlau, Gar-

tenstraße, jetzt Rilkestraße 8,93152 Nittendorf, am 28. Juni

Barthel, Liselotte, geb. Greifen-

berger, aus Herdenau, Kreis Elch-niederung, jetzt Wallstraße 34,31061 Alfeld, am 26. Juni

Buchholz, Waltraud, geb. Slopi-anka, aus Hügelwalde, Kreis Or-telsburg, jetzt Müldaustraße 291,41238 Mönchengladbach, am 28.Juni

Burba, Klaus, aus Tapiau,Schleusenstraße, Kreis Wehlau,jetzt Waldweg 3, 23974 Neuburg,am 28. Juni

Czekay, Lisbeth, aus Reichensee,Kreis Lötzen, jetzt Marienstraße66, 42105 Wuppertal, am 1. Juli

Dambacher, Irmgard, geb. Heft,aus Bekarten, Kreis Pr. Eylau, jetztHausenerstraße 1, 78658 Zimmerno. R., am 1. Juli

Danilowski, Berta, geb. Kup-schies, aus Groß Blumenau, KreisOrtelsburg, jetzt Darler Heide 98,45891 Gelsenkirchen, am 27. Juni

Dorß, Günter, aus Treuburg,Mühlen 4, jetzt Werfelring 52,22175 Hamburg, am 28. Juni

Falkenberg, Charlotte, geb. Ma-ruhn, aus Worienen (Landsberg),Kreis Pr. Eylau, jetzt Scheideweg 1,23896 Nusse, 18. Juni

Gassewitz, Gerhard, aus Lyck,jetzt Lokstedter Holt 12, 22453Hamburg, am 1. Juli

Geschonke, Hans, aus Wehlau,Deutsche Straße, jetzt Luxenburg3, 26434 Wangerland, am 2. Juli

Gollnow, Hildegard, geb. Nied-zwetzki, aus Moneten, Kreis Treu-burg, An der Weide 65, 29614 Sol-tau, am 29. Juni

Gröneveld, Renate, aus Lyck,jetzt Cloppenburger Straße 171,26133 Oldenburg, am 1. Juli

Gropp, Antonie, geb. Wilkat, ausRauschmünde, Kreis Ebenrode,jetzt Biengartenweg 5, 95632 Wun-siedel, am 30. Juni

Heinrichs, Hildegard, geb. Ger-des, aus Gartenau, Kreis Neiden-burg, jetzt Hermannsplatz 17,41460 Neuss, am 27. Juni

Hildebrandt, Elfriede, geb. Rei-nert, aus Großdorf, Kreis Johannis-burg, jetzt Altkönigstraße 37,65824 Schwalbach a. Ts., am 28.Juni

Kärgel, Elsbeth, geb. Plew, ausTapiau, Königsberger Straße, KreisWehlau, jetzt Eichenweg 10, 58509Lüdenscheid, am 1. Juli

Klein, Ute, aus Treuburg, jetztAn der Dankeskirche 4, 40597Düsseldorf, am 2. Juli

Kolnisko, Siegfried, aus Wiesen-höhe, Kreis Treuburg, jetzt Ho-lunderweg 2, 31855 Aerzen, am28. Juni

Kopke, Christel, geb. Sadlowski,aus Groß Jerutten, Kreis Ortels-burg, jetzt Am Hidding 7, 45772Marl, am 27. Juni

Kostrzewa, Kurt, aus Ortelsburg,jetzt Weißenburger Straße 8,22049 Hamburg, am 27. Juni

Krause, Grete, geb. Kulessa, ausEbenfelde, Kreis Lyck, jetzt Karl-Thon-Platz 7, 14641 Nauen, am 2.Juli

Krebs, Heinz, aus Binien, KreisLyck, jetzt Tiegener Straße 11,29614 Soltau, am 26. Juni

Kurtz, Waltraut, geb. Annuß, ausEichhagen, Kreis Ebenrode, jetztHermann-Steht-Straße 1, 59348Lüdinghausen, am 28. Juni

Lasarzik, Ruth, aus Cranz, KreisSamland, jetzt Ginnheimer Land-straße 187, 60431 Frankfurt, am 27.Juni

Meier, Lieselotte, geb. Schattau-er, aus Klimmen, Kreis Ebenrode,jetzt Lindenstraße 93, 25548 Kel-linghusen, am 26. Juni

Moellenbeck, Edith, aus Gr. Ro-sinsko, Kreis Johannisburg, jetztKirchstraße 3, 47546 Kalkar, am27. Juni

Mohr, Edith, geb. Breuksch, ausKöthen, Kreis Wehlau, jetzt Vögel-ser Straße 12, 21339 Lüneburg, am30. Juni

Mohr, Otto, aus Starkenberg Ab-bau, Kreis Wehlau, jetzt Garten-straße 19, 71134 Aidlingen, am 2.Juli

Müller, Renate, geb. Wischnews-ki, aus Prostken, Kreis Lyck, jetztAlexanderweg 36, 27324 Eystrup,am 2. Juli

Pucilowski, Gertrud, geb. Weiß-mann, aus Sulimmen, Kreis Löt-zen, jetzt Breslauer Straße 14,42549 Velbert, am 27. Juni

Prinz, Jochen, aus Prökelwitz,Kreis Mohrungen, jetzt Karl-Marx-Straße 3, 44141 Dortmund, am 30.Juni

Schramma, Edith, aus Lemzen-dorf, Kreis Lyck, jetzt Wenkenstra-ße 26, 32105 Bad Salzuflen, am 28.Juni

Starre, Rudolf, aus Stosnau,Kreis Treuburg, jetzt Neustraße 72,47228 Duisburg, am 28. Juni

Stille, Erna, geb. Tobjinski, ausHeiligenbeil, Mauerstraße 2, jetztWohldamm 2, 30855 Langenha-gen, am 26. Juni

Treskow, Hildegard, geb. Tre-skow, aus Wehlau, Krichenstraße,jetzt Gustav-Werner-Straße 6,72762 Reutlingen, am 28. Juni

Waschkewitz, Walter, aus Köl-mersdorf, Kreis Lyck, jetzt Han-steinstraße 40, 34121 Kassel, am27. Juni

Weiß, Frieda, geb. Kledtke, ausSkören, Kreis Elchniederung, jetztLange Straße 2, 27607 Langen, am26. Juni

Wilms, Helga, geb. Hippler, ausLyck, jetzt Viktoriastraße 64, 41061Mönchengladbach, am 29. Juni

Wittenberg, Gertrud, geb. Fink,aus Alexbrück, Kreis Ebenrode,jetzt Riecklinger Stadtweg 1,30823 Garbsen, am 29. Juni

Zapka, Erwin, aus Georgsheide,Kreis Ortelsburg, jetzt Rochowstra-ße 11, 10245 Berlin, am 27. Juni

ZUR GOLDENEN HOCHZEITGrunwald, Georg, aus Hütte,

Kreis Elbing, und Frau Margarete,geb. Matysek, aus Blesen, KreisSchwerin/Warthe, jetzt Kühle-weinstraße 24, 39106 Magdeburg,am 30. Juni

Kriese, Gerhard, aus Marienwal-de, Kreis Angerapp, und Frau Ur-sula, geb. Baumgart, aus Lieben-ort, Kreis Labiau, jetzt EseinerStraße 11 g, 29303 Bergen, am 23.Juni

Penner, Helmut, aus Neuhof,Kreis Elbing, und Frau Ilse, geb.Heybowitz, aus Groß Jerutten,Kreis Elbing, jetzt MajenfelderLandstraße 3, 23715 Majenfelde,am 30. Juni

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23. Juli, das Sommerfest derLandsmannschaft Ostpreußen,Feste Boyen, Lötzen.

6. bis 8. Oktober, das Geschichts-seminar im Ostheim, Bad Pyr-mont.

16. bis 22. Oktober, die 52. Werk-woche im Ostheim, Bad Pyr-mont.

27. bis 29. Oktober, das Schrift-leiterseminar im Ostheim.

4. / 5. November, die Ostpreußi-sche Landesvertretung im Ost-heim, Bad Pyrmont.

6. bis 10. November, PolitischesSeminar für Frauen im Ost-heim, Bad Pyrmont.

Kontakt: Landsmannschaft Ost-preußen, Parkallee 84 / 86,20144 Hamburg, Telefon (0 40)4 14 00 80.

Veranstaltung der LO

München – Im Kulturzentrum Gasteig ist noch bis zum 25. Juni ei-ne Ausstellung dem Schriftsteller Wolfgang Koeppen (1906–1996)gewidmet. Unter dem Titel „Ich wurde eine Romanfigur“ sind großeTeile aus dem Nachlaß des in Greifswald geborenen und in Ortels-burg aufgewachsenen Koeppen zu sehen. Täglich von 8 bis 23 Uhrim Kulturzentrum Gasteig, Rosenheimer Straße 5, 81667 München,Telefon (0 89) 48 09 80

Ausstellung

Page 16: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

Endgültiger Name – Mitte Maierhielt das neue Gymnasium inWartenburg (Barczewo), das voreinem Jahr eingeweiht worden ist,seinen endgültigen Namen, undzwar „Gymnasium No. 1 der Erm-ländischen Heimat“. Auf Bittender Verwaltung von Wartenburgwurde der Kreisgemeinschaft dieÜbernahme eines Patronats ange-tragen. Die gleiche Bitte erging andie Gemeinde Hagen a. T. W. alsPartnergemeinde zu Wartenburgund an den Verein zur Unterstüt-zung hilfsbedürftiger Personenunter der Schirmherrschaft vonDr. Heiner Ehrenbrink und HeinzNiemann. Das Patronat wurde vonallen vorgenannten Institutionenangenommen. Der KreisvertreterLeo Michalski überbrachte in Ver-tretung der Kreisgemeinschaft ei-ne Geldspende. Die GemeindeHagen a. T. W. unter Leitung ihresBürgermeisters, Dieter Eickholt,unterhält seit 13 Jahren eine Part-nerschaft mit Wartenburg. Zu denFeierlichkeiten reisten neun Per-sonen aus der Verwaltung an.Zwischen der Realschule Hagena. T. W. und dem Gymnasium inWartenburg besteht seit Jahren ei-ne gut funktionierende Schulpart-nerschaft. Der Kreisvertreter wur-

de im Verlauf der Veranstaltungvom polnischen Fernsehen undder Presse interviewt zum The-ma: Schulpartnerschaften undPartnerschaften mit den Gemein-den im heutigen Landkreis Allen-stein.

Heimatbrief Nr. 137 – Den An-gerburger Heimatbrief Nr. 137 –Ausgabe Mai 2006 – dürften alleBezieher erhalten haben. Wer denHeimatbrief jedoch nicht erhaltenhaben sollte oder künftig lesenmöchte, wende sich bitte an unse-re Geschäftsstelle in 27356 Roten-burg (Wümme). Den aufmerksa-men Lesern wird auch nicht ent-gangen sein, daß in dem Heimat-brief ein Wort des Kreisvertretersfehlte. Versehentlich wurde dasWort des Kreisvertreters nicht ab-gedruckt. Hier nun das etwas ge-kürzte Wort des Kreisvertreters.

Das Jahr 2006 gilt nicht nur alsMozart-Jahr – der große Kompo-nist wurde vor 250 Jahren geboren–, sondern auch als Heine-Jahr(Heinrich Heine * 1856), Freud-Jahr (Sigmund Freud * 1856),Brecht-Jahr (Berthold Brecht *1856) und Franz-II.-Jahr (1806 legtFranz II. die deutsche Kaiserkronenieder). Auch der 400. Geburtstagdes Malers Rembrandt, 1606 inLeiden geboren, wird in diesem

Jahr begangen. Ein wichtiges Da-tum ist für uns Angerburger der 4.April 1571. Mit diesem Datum ver-sehen ist „Der Angerburger Privi-legium“, mit dem Herzog AlbrechtFriedrich in Preußen Angerburgdas Stadtrecht, seinen Namen undsein Wappen gab. Das umfangrei-che Dokument befindet sich nochheute als historische Abschrift imPreußischen Staatsarchiv Berlin.Mit der Unterschrift des Herzogswar Angerburg die 96. Stadt, dieder Deutsche Ritterorden im Rah-men seines Auftrages (den er 1226vom Kaiser in Rimini und 1234vom Papst in Reiti erhalten hatte)und das nach ihm folgende Her-zogtum Preußen auf ihrem Gebietangelegt hatten. 1946 gaben dieneuen Bewohner der Stadt Anger-burg den Namen „Wegorzewo“und dem Fluß Angerapp den Na-men „Wegorapa“. Die Stadt Anger-burg hat also eine lange undwechselvolle Geschichte, daranwollen wir uns in diesem Jahr er-innern. Wenn Sie diese Zeilen le-sen, hat in Masuren ein neuerFrühsommer begonnen und die48. heimatpolitische Tagung liegthinter uns. Der Zuspruch zu die-ser von Friedrich-Karl Milthalerins Leben gerufene Tagung istnach wie vor groß. Prof. Dr. Wolf-gang Eichwede von der Univer-sität Bremen, Projektleiter Ger-hard Lipfert von der BruderschaftSalem und Propst i. R. ErhardWolfram haben die Tagung zu ei-nem Erfolg werden lassen. Dafürmöchte ich den Referenten noch-mals danken. Herzlich einladenmöchte ich Sie auch zu den 52.Angerburger Tagen am 16. / 17.September 2006 in Rotenburg(Wümme). Es wird diesmal eineKaffeefahrt angeboten. Informatio-nen über dieses Treffen finden Sieim Heimatbrief Nr. 137. Alle unse-re Veranstaltungen sind mit gro-ßem Aufwand verbunden und ma-chen nur Sinn, bei entsprechen-dem Besuch. Bitte leisten Sie mitIhrem Besuch einen Beitrag fürdie nötige Motivation der Organ-

toren. Bitte versäumen Sie unsereTreffen nicht und kommen Sie mitIhren Angehörigen, Bekanntenund Freunden zu unseren Veran-staltungen. Dank verdienten auchder Schriftleiter des AngerburgerHeimatbriefes, Horst Preuß, fürseine unermüdliche Arbeit undauch alle die ihn dabei unterstützthaben. Bitte helfen Sie ihm weiter-hin mit Beiträgen, Bildern undDokumenten. Danken möchte ichaber auch allen, die unsere Arbeitfür Angerburg durch eine Spendeunterstützen und auch die Fried-höfe in der Heimat nicht verges-sen. Bleiben Sie gesund, und ge-nießen Sie die vor uns liegendeSommerzeit.

Treffen der Tannenwalder – DasTreffen der Tannenwalder fandwieder im Ostseebad Kühlungs-born statt. Diese Tradition begann1992. Nach einer „Suchmeldung“im Ostpreußenblatt kam sofort ei-ne Antwort von Gisela Schlacht.Sie hatte die Tannenwalder mitUnterstützung von Inge Eiser-mann gesucht, in Listen geführtund Kontakte hergestellt. Loni undFranz waren sofort tatkräftig dabeiund unterstützten diese Arbeit. Sowurden die Tannewalder Treffenorganisiert und ins Leben gerufen.Jährlich wurden zur Weihnachts-zeit rund 300 Einladungen ver-schickt. Es wurden unzählige Be-suche in Tannenwalde unternom-men, dort wurden Kontakte zurLehrerschaft und zu den russi-schen Bewohnern hergestellt.Franz war wie ein Tannenwalderdort zu Hause. Sein Verdienst istes, daß die Treffen zum Erlebniswurden und auch Einladungenund Besuche russischer Tannen-walder nach Stockelsdorf entstan-den. Seinen Wunsch, dies allesaufrechtzuerhalten, werden wirihm erfüllen. Wir haben dasGlück, daß im vergangenen Jahrzwei „junge“ Tannenwalder desJahrgangs 1938 über AnneliesKelch und das Internet zu uns ge-funden haben: Sie sind eine we-sentliche Bereicherung und lassenes auch nicht an tatkräftigerUnterstützung fehlen. In der Regelkommen die Tannenwalder zwei-mal jährlich zusammen, im Früh-jahr und im Herbst. Waren es imJahre 2000 noch an die 145 Perso-nen, so fanden sich diesmal 58Tannenwalder und Partner ein.Seit Mitte der 90er hat sich Küh-lungsborn als ständiger Veranstal-tungsort bewährt. Traditionell be-gann das diesjährige Treffen miteinem Gottesdienst mit Abend-mahl. Herta Schulz-Dankers assi-stierte wieder der Referentin FrauJax, die den Pfarrer Burkhard ver-trat. In der Predigt wurde der Ver-storbene des vergangenen Jahresgedacht: Dr. Egon Conrad, FranzSchubert und Inge Eisermann-Bergmann. Anschließend begrüß-te Loni Schubert die Angereistenrecht herzlich und bedankte sichfür die vielen liebevollen Beweiseder Anteilnahme zum Tode ihresMannes. Ein großes Danke sprachsie auch an Inge Eisermann fürderen ständige Unterstützung aus.Sie werden uns sehr fehlen. Amnächsten Tag ging es mit einemBus zur Insel Poel und in die Han-sestadt Wismar. Am Sonntag fandnun eine Art „Abschiedsabend“statt, denn ein Teil der Teilnehmerfuhr nach Hause, die übrigen 40Tannenwalder blieben und genos-sen in der Folgewoche ihren Ur-laub. Herr „BernStein“ mit Beglei-tung brachte wunderschöne Lie-der aus Ostpreußen zu Gehör, dieer zum Teil selbst getextet hat, be-sonders Lieder über seine HeimatMasuren. An zwei Folgeabenden

zeigte Horst Videos, die uns Ost-preußen im Jahre 1937 zeigten, dasah alles noch ordentlich und ge-pflegt aus und Ostpreußen galt alsgefragtes Urlaubsland bei denDeutschen. Nach der Verteilungeigenhändig angefertigter Lieder-bücher mit ostpreußischen undanderen Volksliedern haben wirdann jeden Abend mehrere Lie-der gesungen. Begleitet haben unsdabei routiniert mit Oboe und Gi-tarre Klaus und Monika Gerbeth,zwei ehemalige Orchestermitglie-der an der Komischen Oper inBerlin. Elsa Tolksdorf-Lopschus(86) ließ es sich nicht nehmen, unsan mehreren Abenden Anekdotenund Gedichte vorzutragen, diezum Schmunzeln, aber auch zumNachdenken anregten. Alle ver-missen die Heimat. Mit Bedachtkehren wir deshalb immer wiederan die Ostseeküste nach Küh-lungsborn zurück: der Ostsee-strand, die tiefen Wälder, einsameDörfer, das flache Land, selbst derweite Himmel Mecklenburgs, alldas erinnert an unser geliebtesOstpreußen, und ein Gefühl derheimatlichen Nähe kommt auf.Wir wollen uns im Herbst diesesJahres wiedertreffen. Auch wennwir nicht mehr in der Zeit vonPostkutschen leben und es heuteeinfacher und bequemer ist, zureisen, so ist doch für den einenund anderen auch heute die An-reise beschwerlich – mit mehrma-ligem Umsteigen und langer An-reise, zum Beispiel aus Freiburg i.B. So ist es immer wieder für die-jenigen unter uns, die im hohenAlter sind, eine anerkennenswerteLeistung, am Treffen teilzuneh-men. Unser Blick geht voraus: Am24. August 1807 wurde Tannen-walde zum ersten Mal urkundlicherwähnt, so daß unser Tannenwal-de im nächsten Jahr 200 Jahre altwird. Dessen wollen wir würdiggedenken, mit einer Reise um den15. Mai 2007 in die Heimat. DieReise wird etwa acht bis zehn Ta-ge dauern. Tatjana Abramowawird den Empfang wieder für dieTannenwalder ausrichten. Anmel-dungen werden erbeten an: LoniSchubert, Clever Landstraße 21 a,23617 Stockelsdorf, Telefon (0451) 2 57 77. Auch für die nächstenTreffen möchten sich die Tannen-walder bitte unter dieser Anschriftmelden. Das Treffen im Herbst2006: vom 11. bis 20. Oktober,Frühjahr 2007: 12. bis 22. April2007.

Ortstreffen der Groß Ottenhage-ner – Daß Groß Ottenhagen wahr-scheinlich bereits vor 2000 Jahrenbesiedelt war, erfuhren die Teil-nehmer bei dem Ortstreffen. TimoIbsen, Archäologe aus Kiel, jetztwissenschaftlich tätig beim Archä-ologischen LandesmuseumSchleswig-Holstein, informiertewieder über seine neusten For-schungsergebnisse. Er hatte dasGräberfeld von Groß Ottenhagen,das bereits in den 20er Jahren vonHerbert Jankuhn untersucht wor-den war und dessen Funde bis aufwenige Ausnahmen als verschol-len gelten, 2003 und 2004 er-forscht. Um die Lage des Gräber-feldes genau einzugrenzen, hatteProf. Jankuhn drei Gebäude, dasWohnhaus Blöhmke, die ScheuneBlöhmke und die Schmiede Fehlauin sein Feldtagebuch eingetragen.Die originalen Ausgrabungsberich-te selbst und zahlreiche Fund-zeichnungen aus seinem Nachlaßhaben sich glücklicherweise erhal-ten. Sie lagern heute fast vollstän-dig im Archiv des Archäologi-schen Landesmuseums Schleswig,

Stiftung Schleswig-HolsteinischesLandesmuseum, Schloß Gottorf.Das Gräberfeld von Groß Ottenha-gen, auf Grund dessen man unterdem heutigen Ortskern oder zu-mindest in unmittelbarer Umge-bung eine Siedlung annimmt, be-findet sich am Rande der Kiesgru-be Blöhmke. Die Archäologen ha-ben drei sogenannte Belegungs-phasen festgestellt: Die erste da-tiert von etwa 30 v. Chr. bis 480 n.Chr. und entspricht der Epocheder Römischen Kaiserzeit; sie istgekennzeichnet durch Körperbe-stattungen und Brandbestattungen.Die zweite Belegungsphase ist dieZeit der Völkerwanderung (nach375); für sie sind ausschließlichBrandbestattungen nachzuweisen.Die dritte Phase ist die des frühenMittelalters (10. und 11. Jahrhun-dert). Unter den menschlichenBrandbestattungen lagen regelhaftunverbrannte Pferdebestattungen.Herr Ibsen hielt seine Zuhörer soin seinem Bann, daß die zweistün-dige „Lehrstunde“ keine Lange-weile aufkommen ließ; er referier-te auf Wunsch der Teilnehmerauch noch über seine derzeitigAusgrabung in der Nähe vonCranz, dem Dorf Wiskiauten. Dortgibt es ein bereits im Jahre 1865entdecktes Gräberfeld. Prof. Ibsen,deutsche und russische Archäolo-giestudenten graben nach der da-zugehörigen Ansiedlung, wo Pruz-zen und Wikinger gelebt habendürften. Beim nächsten Treffenwill er über die Ergebnisse seinerneuen Ausgrabungen berichten;ihn interessiert die Begegnung mitfrüheren Bewohnern des Land-strichs, dessen Vorgeschichte erjetzt erforscht. Wir Ostpreußenkönnen kaum glauben, daß sichheute auch junge deutsche Wis-senschaftler mit der „grauen Vor-zeit“ unserer Heimat beschäftigen,und wir Groß Ottenhagener sindstolz darauf, daß gerade in unse-rem Dorf bedeutende Funde zu Ta-ge gefördert werden. Trotz der Vor-träge kamen die familiären undnachbarschaftlichen Themen nichtzu kurz. Und auch über die Ge-dichte und Vorträge, die von unse-ren Landsleuten geboten wurden,konnten wir lachen und uns amü-sieren. So wurde der letzte Abendzu einem unterhaltsamen undfröhlichen Ausklang, an dem dankdes Akkordeonspiels von WalterLöwenberg auch noch getanztwerden konnte. Schließlich äußer-te man allgemein den Wunsch,nicht wieder zwei Jahre bis zumWiedersehen verstreichen zu las-sen, sondern schon im kommen-den Jahr ein Treffen zu veranstal-ten; denn immerhin waren 56 Teil-nehmer gekommen, obgleich sichzunächst nur 46 angemeldet hat-ten. Über Termin und Einzelheitenwird rechtzeitig informiert.

Gr. Lindenauer Orts- und Umge-bungstreffen – Beim 10. Gr. Linde-nauer Orts- und Umgebungstref-fen fanden 38 Landsleute zusam-men. Das Treffen stand unter demMotto: „Wiedersehen macht Freu-de“. Die Tage verliefen in einersehr harmonischen Atmosphäre.Es gab viele gute Gespräche, dazueinen kurzen Videofilm über dieEntstehung der Weberei Kapkeim.Zusammen mit den „Freunden derMundharmonika im Werra-Meiß-ber-Kreis“ wurden mit großer Be-geisterung schöne Heimat- undVolkslieder gesungen, darunterauch das alte Ostpreußenlied vonJohanna Ambrosius „Sie sangenall, du bist nicht schön ...“ Aus derStadt Sontra hatten wir die Hän-selsänger zu Gast, und auch dieTeilnehmer selbst trugen so man-ches Besinnliches und Heiteres inostpreußischer Mundart vor. EinBesuch im Museum im alten Boy-neburger Schloß – ein Museumzum Anfassen – war sehr interes-sant und amüsant. Insgesamt eingelungenes Treffen und deshalbwerden wir alle – wenn uns dieGesundheit erhalten bleibt – auch2008 zu Himmelfahrt wieder inSontra zusammenkommen.

HE I M ATA R B E I T16 Nr. 25 – 24. Juni 2006Das Ostpreußenblatt

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Ruth Geede - Aus dem Lebeneiner OstpreußinDie Mutter der Ostpreußischen Familieerzählt aus ihrem Leben:Kindheit und Jugend, Beginn der schrift-stellerischen Tätigkeit, Flucht aus Kö-nigsberg, Neubeginn nach Kriegsende.

Ruth Geede wurde 1916 in Königsberggeboren und veröffentlichte bereits 1934 Märchen und Erzäh-

lungen in Zeitschriften, sowie erste Rundfunkbeiträge für den Reichssender Kö-nigsberg. Es folgten bald plattdeutsche Sagen und Erzählungen, Dramen undLustspiele. Sie leitete 40 Jahre die Redaktion eines niedersächsischen Zeitungs-verlages in Hamburg. Außerdem ist sie Mitarbeiterin der ersten Stunde beimOstpreußenblatt/Preußische Allgemeine Zeitung. DVD, Laufzeit: ca. 90 Min.

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AUS DEN HEIMATKREISEN

Die Kartei des Heimatkreises braucht Ihre Anschrift. Melden Sie deshalb jeden Wohnungswechsel.

Bei allen Schreiben bitte stets den letzten Heimatort angeben.

Kreisvertreter: Leo Michalski,Adolf-Westen-Straße 12, 42855Remscheid, Telefon und Fax (0 2191) 2 45 50. Geschäftsstelle: Ge-meindeverwaltung Hagen a. T. W.,Postfach 12 09, 49170 Hagen a. T.W., Telefon (0 54 01) 97 70

ALLENSTEINLAND

Kreisvertreter: Kurt-Werner Sa-dowski. Geschäftsstelle und Ar-chiv: Bärbel Lehmann, Telefon (042 61) 80 14, Am Schloßberg 6,27356 Rotenburg (Wümme)

ANGERBURG

Stadtvorsitzender: Klaus Weigelt.Geschäftsstelle: Annelies Kelch,Luise-Hensel-Straße 50, 52066Aachen. Patenschaftsbüro: Kar-melplatz 5, 47049 Duisburg, Tel.(02 03) 2 83-21 51

KÖNIGSBERG–STADT

Kreisvertreterin: Gisela Broschei,Bleichgrabenstraße 91, 41063Mönchengladbach, Telefon (0 2161) 89 56 77, Fax (0 21 61) 8 77 24.Geschäftsstelle: Im Preußen-Mu-seum, Simeonsplatz 12, 32427Minden, Tel. (05 71) 4 62 97, Mi.Sa. u. So. 18-20 Uhr.

KÖNIGSBERGLAND

HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung auf Seite 17

Page 17: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

Heimatbrief Nr. 126 – Der Hei-matbrief Nr. 126, der den Wahlauf-ruf enthält, ist inzwischen zumVersand gebracht worden. AlleMitglieder der Kreisgemeinschaftwerden gebeten, sich an der Wahlzu beteiligen. Gemäß Paragraph 9Abs. 2 unserer Satzung weisen wirauf die erste Veröffentlichung desWahlaufrufes im Weihnachtshei-matbrief 2005 sowie in der PAZ /OB, Folge 15, 15. April 2006, hin.Die Wahlkarte muß bis zum 15. Ju-li 2006 (Ausschlußfrist) beimWahlleiter Horst Preuß, Fuldastra-ße 7, 40822 Mettmann vorliegen.

Gerhard Terner – Am 3. Julifeiert Gerhard Terner, seit 25 Jah-ren Mitglied des Kreisausschussesder Kreisgemeinschaft und als sol-ches Beauftragter für die Sensbur-ger Gesellschaft „Bärentatze“, sei-nen 80. Geburtstag. Der Vorstandder Kreisgemeinschaft übermitteltihm herzliche Glückwünsche ver-bunden mit einem Dankeschönfür seinen langjährigen intensivenEinsatz für seine Landsleute in derBundesrepublik Deutschland unddenen in der ostpreußischen Hei-mat. Lm. Terner wurde am 3. Juli1926 in Köhlershof, GemeindeNeberg als Sohn des LandwirtsGeorg Terner geboren. Nach Been-digung der Schulzeit an der Frei-herr-vom-Stein-Schule in Sens-

burg absolvierte er auf dem elter-lichen Betrieb die landwirtschaft-liche Lehre und legte 1943 die Ge-hilfenprüfung ab. Im selben Jahrwurde er „zur Verteidigung derHeimat“ eingesetzt. In der Nähevon Danzig geriet er in russischeGefangenschaft, die er in Sibirienbis 1949 durchstehen mußte. AlsSpätheimkehrer wurde er in West-deutschland nach Abschluß einerzweiten Lehre – im kaufmänni-schen Bereich tätig. Auf Grundseiner Leistungen, seiner Einsatz-bereitschaft und seines Verant-wortungsbewußtseins stieg er biszum Geschäftsführer eines Dort-munder Unternehmens auf. So-bald es seine Zeit erlaubte, wurdeGerhard Terner in der Kreisge-meinschaft Sensburg tätig, zu-nächst als Kirchspielvertreter vonSorquitten. Sehr schnell wurde erin den Kreisausschuß berufen undübernahm dort verschiedene Auf-gaben. Seine größte und anstren-gendste Arbeit wartete auf ihn alsBeauftragter für die SensburgerDeutsche Gesellschaft „Bärentat-ze“. Er wirkte bei der Gründungder „Bärentatze“ mit und war Ver-mittler zwischen der LO und denSensburgern, er war Berater beidem Aufbau der sozialen Arbeitdort, bei der Alten- und Kranken-betreuung und setzte sich für dieFörderung des deutschen Sprach-unterrichts ein. Mit nie ermüden-dem Engagement unterstützte erdie in der Heimat verbliebenenLandsleute, sammelte Geld, Medi-kamente und Sachspenden, pack-te hunderte Pakete und organisier-te deren Transporte. Wie viele eswaren, hat er nicht gezählt. Seinejährlichen Fahrten nach Ostpreu-ßen führten ich nicht nur zur Ge-schäftstelle der „Bärentatze“, son-dern darüber hinaus zu vielenhilfsbedürftigen alten Menschen,die ihn mit großer Freude erwarte-ten. Wenn Terner aus gesundheit-lichen Gründen diesen Aufgaben-bereich in absehbarer Zeit abgibt,wird er auch weiterhin „seinenBärentatzen-Leuten“, den in derHeimat verbliebenen Landsleuten,eng verbunden bleiben. Als Aner-kennung und Dank für seine Lei-stung und seine Treue zur ost-preußischen Heimat wurde Ger-

hard Terner 1991 mit dem Ver-dienstabzeichen und 1996 mitdem Silbernen Ehrenzeichen derLandsmannschaft Ostpreußenausgezeichnet.

Heimatbrief Nr. 78 – Der Hei-matbrief „Land an der Memel“ Nr.78 ist rechtzeitig vor Pfingsten er-schienen und an alle Mitarbeiterund sonstigen Empfänger ver-sandt worden. Landsleute, die denHeimatbrief bisher nicht erhaltenhaben, können diesen bei demSchriftleiter Manfred Malien, Ra-storfer Straße 7 a, 24211 Preetz,Telefon und Fax (0 43 42) 8 75 84,anfordern. Dort ist auch das „Me-mel Jahrbuch 2006 – Rund um dieMemel und das Kurische Haff“,152 Seiten, 8.50 Euro, zuzüglichVersandkosten, erhältlich.

Bundesvorstand – Sonnabend,22. Juli, 14 Uhr, findet das 2. Völ-kerballfest der ostpreußischenJugend in Lötzen statt. Das Pro-gramm kann unter E-Mail: [email protected] angefor-dert werden. – Sonntag, 23. Juli,10 Uhr, ist das große ostpreußi-sche Sommerfest auf der FesteBoyen in Lötzen. Es werden rund2 000 Teilnehmer aus Ostpreu-ßen und der Bundesrepublik an-reisen. – Vom 21. bis zum 29. Ju-li gibt es eine BJO-Freizeit imKreis Lyck. Lyck, Lötzen, die Ma-surischen Seen und Danzig ste-hen auf dem Programm. Infor-mationen dazu erhalten Sieebenfalls unter E-Mail: [email protected]. – Vom 23.Juli bis zum 6. August wird eineKinderfreizeit in Ottendorf (imKreis Cuxhaven) unter der Lei-tung der stellvertretenden BJO-Bundesvorsitzenden Aneta Ma-ciag in Kooperation mit derKreisgemeinschaft Schloßberg(Pillkallen) geboten.

BJO-West – Sonntag, 16. Juli, 11Uhr, findet ein „Kleines Ostpreu-ßentreffen“ der LandesgruppeNordrhein-Westfalen auf SchloßBurg statt. Der Bund Junges Ost-preußen (BJO) ist mit einem In-fostand und dem beliebten CaféLorbaß vertreten. Beginn derVeranstaltung ist um 11 Uhr, dieKundgebung findet um 14 Uhrstatt. Nähere Informationen er-halten Sie unter www.kleines-ostpreussentreffen.de.vu

Buchen – Freitag, 23. Juni, 15 Uhr,Treffen im „Amtsstüble“, Mosbach.Wolf Wiechert erzählt über „DieWiecherts in Ostpreußen“.

Freiburg – Sbd., 24. Juni, 15 Uhr,Sommerbeisammensein mit Kaffeeund Kuchen, „Schloß Völz“, Quel-lenstraße 14, Munzingen.

Lahr – Donnerstag, 6. Juli, 19 Uhr,Stammtisch im Gasthaus Krone,Dinglinger Hauptstraße 4.

Schorndorf – Mittwoch, 5. Juli,traditionelles Gartenfest bei Hilde-gard Eckstein in Oberken. Die Göp-pinger Gruppe ist eingeladen.

Schwenningen – Donnerstag, 6.Juli, 14.30 Uhr, Treffen der Seniorenim „Thessaloniki“. Bericht über dasBundestreffen der Pommern.

Ulm / Neu-Ulm – Sonnabend, 8.Juli, Schabbernachmittag in den„Ulmer Stuben“.

Augsburg – Sonnabend, 24. Juni,

HE I M ATA R B E I T Nr. 25 – 24. Juni 2006 17Das Ostpreußenblatt

Auf den Spuren desberühmten Plane-

tenforschers Nicolaus Co-pernicus können Kindervom 24. bis 28. Juli 2006und vom 21. bis 25. Au-gust 2006, jeweils von13.30 bis 16.30 Uhr, wan-deln.

Die Erde dreht sich –um sich selbst und umdie Sonne! Diese unge-heuerliche Entdeckungmachte Nicolaus Coper-nicus, ein Domherr ausFrauenburg. Copernicus(1473–1543) beobachtetemit bloßem Auge, wiesich die Erde und anderePlaneten um die Sonnebewegen.

Auf den Spuren des be-rühmten Wissenschaft-lers und Astronoms Co-pernicus können Kindervon 8 bis 14 Jahren eineWoche lang Geheimnissedes Weltalls erforschen.Sie erfahren mehr überdas kopernikanischeWeltbild, nach dem diePlaneten alle um die Son-ne kreisen und nicht, wiefrüher angenommen, umdie Erde.

Die jungen Forscherbauen ein eigenes Plane-tenmodell, lassen Raketenstarten und entdecken mehr überihre Sternzeichen. Die können sieselbst als Linolschnitt drucken.Eine abenteuerliche Phantasierei-se entführt die Kinder zu denSternen. Der Wissenschaftler undAstronom Nicoalus Copernicus

stieß mit seinen Entdeckungendas ptolomäische Weltbild um.Ptolomäus (zirka 110–178) gingdavon aus, daß alle Himmelkör-per sich um die Erde drehen. Die-se Theorie wurde vom kopernika-nischen Weltbild widerlegt.

Kosten: 28 Euro (inklusive Ma-terial) für eine Woche. Anmel-dung bei Silke Straatman, Mu-seumspädagogische Abteilung desOstpreußischen Landesmuseums,Ritterstraße 10, 21335 Lüneburg,Telefon (0 41 31) 7 59 95 20. EB

Sonne, Mond und SterneSommerferienprogramm für Kinder im Ostpreußischen Landesmuseum

Auf den Spuren der Planeten: Kinder entdecken Copernicus. Foto: privat

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NEIDENBURG

Kreisvertreter: Siegbert Nadolny,Wasserstraße 9, 32602 Vlotho, Te-lefon (0 57 33) 55 85. Geschäfts-stelle: „Sensburger Zimmer“ inder Stadtverwaltung Remscheid,Kreuzbergstraße 15, 42849 Rem-scheid.

SENSBURG

Kreisvertreter: Hartmut Preuß,Hordenbachstraße 9, 42369 Wup-pertal, Telefon (02 02) 4 60 02 34,Fax (02 02) 4 96 69 81. Geschäfts-stelle: Helmut Pohlmann, Telefon(0 46 24) 45 05 20, Fax (0 46 24)29 76, Rosenstraße 11, 24848Kropp

TILSIT-RAGNIT

LANDSMANNSCHAFTLICHE ARBEIT

LANDESGRUPPEN

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Wien – Über 96000 Zugriffeverzeichnet die Donauschwä-bische Arbeitsgemeinschaft fürihr Internet-Totenbuch derDonauschwaben. Unterwww.totenbuch-donauschwa-ben.at können Landsleute undInteressierte Suchwörter zuDonauschwaben eingeben,nach Verwandten und Angehö-rigen recherchieren oder imForum zu dem Thema disku-tieren. Suchworte wie Heimat-gemeinde, Vor- und Familien-name sind möglich. Nähere In-formationen bietet das HausDer Heimat, A-1030 Wien,Steingasse 25, Tel.: 01 / 7 18 5958, Fax 01 / 7 18 59 68.

Donauschwaben

Ellingen – Noch bis 16. Julizeigt das Kulturzentrum Ost-preußen alte Bilder aus Ost-preußen: „Der Fotograf ist da!“Kontakt, Tel.: (0 91 41) 86 44-0.

Ausstellung

Vors.: Jochen Zauner Geschäfts-stelle: Parkallee 86, 20144 Ham-burg, Tel. (0 40) 41 40 08 24, Fax(0 40) 41 40 08 48, E-Mail: [email protected]

BUND JUNGESOSTPREUSSEN

Vors.: Uta Lüttich, FeuerbacherWeg 108, 70192 Stuttgart, Tel./Fax(07 11) 85 40 93, Geschäftsst.:Haus der Heimat, Schloßstr. 92,70176 Stuttgart, Tel./Fax (07 11) 633 69 80

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vors.: Friedrich-Wilhelm Böld, Tel.(08 21) 51 78 26, Fax (08 21) 3 4514 25, Heilig-Grab-Gasse 3, 86150Augsburg, E-Mail: [email protected], Internet: www.low-bayern.de

BAYERN

Landsmannschaftl. ArbeitFortsetzung auf Seite 18

Page 18: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

15 Uhr, Treffen in den „Zirbelstu-ben“. Als Gast wird der Sprecherder LO, Wilhelm v. Gottberg, er-wartet.

Rastenburg – Sonntag, 9. Juli, 15Uhr, Stammhaus, Rohdamm 24 B,13629 Berlin. Anfragen an Her-bert Brosch, Telefon 8 01 44 18.

LANDESGRUPPE

Norddeutsches Ostpreußentref-fen – Am 6. und 7. Oktober findeteine zweitägige Busreise nachNeubrandenburg und zum Golm /Usedom mit Besuch der Gedenk-stätte für die Opfer des 12. März1945 statt. Abfahrt ist um 7.30Uhr, Hamburg-Hauptbahnhof,Kirchenallee. Der Preis beträgt 72Euro pro Person im Doppelzim-mer (DZ); darin enthalten sind dieBusfahrt, die fachkundige Füh-rung auf dem Golm, Kaffee undKuchen, Abendbuffet, Übernach-tung sowie Frühstücksbuffet. Essind nur noch wenige DZ frei. Nä-heres bei Walter Bridszuhn, Tele-fon (0 40) 6 93 35 20.

HEIMATKREISGRUPPENElchniederung –Sensburg – Sonntag, 2. Juli, 15

Uhr, Grillparty im Polizeisport-heim, Sternschanze 4, 20357Hamburg. Anmeldungen umge-hend an K. Budszuhn, Frieden-straße 70, 25421 Pinneberg, Tele-fon (0 41 01) 7 27 67.

BEZIRKSGRUPPENBillstedt – Dienstag, 5. Septem-

ber, 15 Uhr, Treffen im Restaurant„Für’n Appel und ’n Ei“, MöllnerLandstr. 27, Billstedt (im Ärzte-haus am Marktplatz). Die Treffensind kultureller Natur (Heimatge-schichte, Literatur, Erlebniserzäh-

lungen, Plachandern, Ausflügeund anderes mehr). Gäste sindherzlich willkommen. Kontakt:Annelie Papiz, Telefon (0 40) 7392 60 17.

Harburg / Wilhelmsburg –Montag, 26. Juni, 15 Uhr, bunterSommernachmittag im GasthausWaldquelle, Höpenstraße 88,Meckelfeld (mit dem Bus 443 bisWaldquelle). Es wird der Video-film „Meine Reise nach Rußland

– über Königsberg an der Kuri-schen Nehrung entlang unddurch die baltischen Staaten nachSt. Petersburg“ gezeigt. Der Refe-rent ist Dieter Gustmann.

WESTPREUSSENNorddeutsches Ostpreußentref-

fen – Am 6. und 7. Oktober findeteine zweitägige Busreise nachNeubrandenburg und zum Golm/ Usedom mit Besuch der Ge-

denkstätte für die Opfer des 12.März 1945 statt. Abfahrt Har-burg-ZOB 7.45 Uhr, Hamburg-Kirchenallee 8 Uhr. Übernach-tung in Neubrandenburg. Kostenmit Abendessen und Frühstück,Kaffee: 90 Euro im EZ, 77 Euroim DZ. Auskunft und Anmeldungbei Dieter Neumann, Telefon 7 0092 79.

Bergstraße – Sonntag, 2. Juli, 11Uhr, Sommerfest im Hause desGeflügelzuchtvereins Reichen-bach. Es gibt: Prager Schinken, di-verse Salate sowie Kaffee und Ku-chen.

Darmstadt – Mittwoch, 5. Juli,14 Uhr, Treffen der Frauengruppeim Städtischen SeniorentreffDarmstadt-Eberstadt-Süd III, Wei-digweg 2.

Kassel – „Gelobt seihst du jeder-zeit, Frau Musika“ – dieses geflü-gelte Wort des DichterfürstenEmanuel Geibel schwebte überdem Treffen der Gruppe. Es wurdedort der „Wald in Lied und Wort“gefeiert, und wer könnte dies bes-ser als die romantisch veranlagtenDeutschen? Dorothea Deyß führteals „geistige Waldführerin“ durchdie klingenden und sprechendengrünen Gefilde und verdeutlichtean vielen Beispielen, mit welchschönen und einprägsamen Bil-dern die Dichter das Weben undWesen der Baumwelt demmenschlichen Sein und Treibengegenüberstellten. Der MusikkreisDeyß / Dietrich setzte mit Chor-und Instrumentalbeiträgen zusätz-liche Akzente. Wie sehr die Her-zen der Anwesenden bewegt wur-den, bewies das kräftige Mitsingender bekannten Waldlieder. Sehrbegrüßt wurde die Vorlage einigerfast vergessener oder gänzlich un-bekannter Stücke, wie beispiels-weise „Und wieder blühet die Lin-de“ (Fritz Sotke) oder „Die Bäu-me“, eine wunderschöne Volks-

weise aus den Niederlanden.Schade, daß das Gleichnishafte inder Naturdichtung, auf das dieVortragende immer wieder hin-wies, gegenwärtig oft nicht mehrverstanden wird. Wer sich nichtmehr wundern kann, dem kommtauch kaum noch ein Lob undDank an den Schöpfer aller Gabenüber die Lippen. Frau Deyß undihr Kreis wurden mit einem herz-lichen Dankeschön und dem kräf-tigen Beifall aller Landsleute ver-abschiedet. – Die Gruppe ist auchimmer gut für Sonderunterneh-mungen: So organisierte das Vor-standsmitglied Kurt Spriewald imMai eine Kleinbusfahrt zur Weserund an die Leine. Alle Ausflüglerkamen bei den Besichtigungenvon E-Werk, Kloster und Heim-kehrerdenkmal Friedland voll aufihre Kosten.

Bielefeld – Die Gruppe flog aus,und zwar zur „Dittchenbühne“nach Elmshorn. Nach der Ankunftim Hotel machte man sich frisch,und weiter ging es zur Dittchen-bühne. Dort wurde die Gruppeschon erwartet. Es gab gleich Kaf-fee und Kuchen sowie hinterhereinen Bärenfang. Es war wie derBesuch bei guten Freunden. Dannzeigte der Leiter Raimar Neufeldtseinen Gästen das Haus, das The-ater mit 120 Sitzplätzen, dieAußenbühne mit ebenfalls 120Plätzen, den Kindergarten für 60Kinder und erzählte von den ver-schiedenen Kurs- und Freizeitan-geboten. Anschließend sahen dieTeilnehmer das Schauspiel „DerStrom“, von dem großen west-preußischen Dichter Max Halbe.Das Schauspiel fesselte geradezudie Besucher. Am nächsten Tagging es nach Friedrichstadt. 1621wurde die Stadt unter HerzogFriedrich III. von Gottorf durchvertriebene holländische Glau-bensflüchtlinge, den „Remon-stranten“ gegründet. Es ist einekleine Stadt ganz im holländi-schen Stil mit Grachten, Brückenund hübschen Giebelhäusern. Umdie Stadt näher kennenzulernenwurde eine einstündige Schiffs-rundfahrt durch die Grachten ge-macht, in deren Verlauf die Stadt-geschichte nähergebracht wurde.Anschließend ging man zum„Lampion“, wo ein gutes Mittages-sen eingenommen wurde. Einweiterer kultureller Höhepunkterwartete die Reisenden in Husum– eine Führung durch das „Theo-dor Storm Haus“, danach fandsich noch ein weinig Zeit, durchdie Stadt zu bummeln und Kaffeezu trinken. Am Abreisetag besuch-te man in der Nachbarstadt Pinne-berg das Samland Museum. Es istin einem 200 Jahre alten Fach-werkhaus untergebracht, das von

HE I M ATA R B E I T18 Nr. 25 – 24. Juni 2006Das Ostpreußenblatt

Sie ziehen um?Die Preußische Allgemeine Zeitung zieht mit!Bitte ändern Sie die Adresse ab dem:

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Bitte ausschneiden und absenden an: Preußische Allgemeine Zeitung, Vertrieb, Parkallee 86, 20144 Hamburg

Ich möchte auch im Urlaub nicht auf meine Preußische All-gemeine Zeitung verzichten.

Senden Sie mir bitte die Preußische Allgemeine Zeitung inder Zeit vom bis zum an:

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Meine Heimatadresse lautet:Name :

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Preußische Allgemeine Zeitung, Vertrieb, Parkallee 86, 20144 Hamburg

Immer mit dabeiAuch im Urlaub die PAZ lesen

Liebe Leser der Preußischen Allgemeinen Zeitung / Das Ostpreußenblatt,

da Sommerzeit für viele auch im-mer Reisezeit bedeutet, vieleMenschen aber auch gern im Ur-laub Vertrautes um sich haben,bieten wir Ihnen auch dieses Jahrwieder an, sich Ihre PreußischeAllgemeine Zeitung / Das Ost-preußenblatt in den Urlaubnachschicken zu lassen.

Damit das auch schnell undeinfach möglich ist, befindet sichin dieser und einigen darauffol-genden Ausgaben ein kleinerCoupon, in dem Sie alle wichti-

gen Informationen eintragen unduns dann per Post zukommenlassen können.

Auch wer in nächster Zeit um-zieht, findet an dieser Stelle dasentsprechende Formular, dennselbst wer einen Nachsendean-trag bei der Post hinterlegt hat,bekommt nur seine Briefsendun-gen allerdigns nicht Zeitungenund Zeitschriften an seinen neu-en Wohnort nachgesendet.

Damit Sie nicht auf Ihre Preu-ßische Allgemeine Zeitung / DasOstpreußenblatt verzichten müs-sen, bitten wir Sie, uns alleswichtige mitzuteilen. Danke!

Ihre PAZ

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Kontakten Sie uns unter:www.preussische-allgemeine.de [email protected]

Vors.: Hans-Joachim Wolf, Tel. (0337 01) 5 76 56, Habichtweg 8,14979 Großbeeren, Geschäftsfüh-rung: Tel. (0 30) 23 00 53 51,Deutschlandhaus, Stresemann-straße 90, 10963 Berlin

BERLIN

Vors.: Hartmut Klingbeutel, Kip-pingstraße 13, 20144 Hamburg,Tel. (040)44 49 93, (0170)3102815. Stellv.: Walter Bridszuhn, Frie-drich-Ebert-Damm 10, 22049Hamburg, Tel./Fax (040)6933520.

HAMBURG

Einstimmig ohne Aussprachehat der Bundestag am 6. April

einen Gesetzentwurf der Bundes-regierung zur Änderung und Be-reinigung des Lastenausgleichs-rechts (16/916,16/955) angenom-men. Er folgte dabei einer Empfeh-lung des Finanzausschusses (16/1145). Das Lastenausgleichsgesetzaus dem Jahr 1952 regelt den Aus-gleich von kriegs- und kriegsfolge-bedingten Schäden und Verlustensowie von Härten, die sich aus derNeuordnung des Geldwesens nachdem Krieg ergeben haben. Im klas-sischen Lastenausgleich müssen

der Regierung zufolge noch rund1500 zum Teil schwierige Verfah-ren bearbeitet werden.

Die Zahl der Empfänger vonKriegsschadenrente habe zuletztjährlich um rund 14 Prozent abge-nommen und belaufe sich nochauf rund 14500, heißt es. Die be-auftragten Kreditinstitute verwal-ten noch 210 Millionen Euro anKrediten. Im Vordergrund stehedie Rückforderung von Zahlungenwegen des Ausgleiches von Vermö-gensschäden in den neuen Län-dern durch inzwischen vorgenom-mene Rückgaben oder Entschädi-

gungen. Von rund 520000 mög-lichen Rückforderungsfällen seienbislang 70 Prozent abgeschlossen.Die Änderungen zielen darauf ab,das Gesetz bei den schwierigenVerfahren für Vergleiche zu öffnenund die Wiederaufnahme nachAbschluß von Vergleichsverfahrenzeitlich einzuschränken.

Der Bundesrat hatte darauf hin-gewiesen, daß das Gesetz mit sei-ner Zustimmung verabschiedetwerden müsse, da auch Landesbe-hörden betroffen seien. Die Regie-rung hielt diese Zustimmung nichtfür erforderlich. Walter Haack

Geänderte BedingungenDer Lastenausgleich – noch 1500 Verfahren offen

Vors.: Margot Noll, geb. Schi-manski, Am Storksberg 2, 63589Linsengericht, Telefon (0 60 51) 736 69

HESSEN

Vors.: Jürgen Zauner, Geschäfts-stelle: Werstener Dorfstraße 187,40591 Düsseldorf, Tel. (02 11) 3957 63. Postanschrift: Buchenring21, 59929 Brilon, Tel. (0 29 64) 1037, Fax (0 29 64) 94 54 59

NORDRHEIN-WESTFALEN

Page 19: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

der Stadt Pinneberg zur Verfügunggestellt wird. Das Museum bieteteinen Überblick über die Ge-schichte der Region rund um Kö-nigsberg bis zu den Erlebnissenvon 1945. Alltagsgegenständewecken Erinnerungen. Auch dieBernsteingewinnung und Verar-beitung wird dargestellt. Was allesehr beeindruckte, war ein Foto,auf dem die Gestalt einer Frau imabgetragenen Mantel und mit ei-nem Koffe war. Mit diesem Kofferin der Hand, einem Kleinkind aufdem Arm und vier weiteren Kin-dern an ihrem Gürtel festgebun-den war diese Frau über das gefro-rene Haff geflüchtet. Viele fühltensich in diesem Augenblick an ihreigenes Schicksal erinnert. Zurückin der Gegenwart führte ein Be-such zum Schulauer Fährhaus,dem „Willkommhöft“, am Jachtha-fen von Wedel. Dort wird jedesSchiff, über 500 Bruttoregisterton-nen, mit seiner Nationalhymne

begrüßt (Richtung Hamburger Ha-fen) und verabschiedet (RichtungElbmündung). Glück muß manhaben, und die Reisegruppe hattedieses. Kurze Zeit nach ihrer An-kunft schob sich das größteKreuzfahrtschiff der Welt, die„Freedom of the Seas“ vorbei. An-schließend ging es zurück nachBielefeld wo man, nach einemZwischenstopp am SteinhuderMeer, ankam.

Köln – Dienstag, 4. Juli, 14 Uhr,Treffen der Gruppe im Kolping-haus International, St.-Apern-Stra-ße 32, 50667 Köln. Frau Langezeigt Videofilme über „SchloßBurg“ und das „Deutschlandtref-fen in Berlin“. Lm. Meier bringtselbstgemachte Jostenbänder mit,die käuflich erworben werdenkönnen. Gäste sind herzlich will-kommen. Nähere Informationenbei D. Taruttis, Telefon (02 21) 7916 16.

Mönchengladbach – Montag, 3.

Juli, 15 Uhr, Treffen der Frauen-gruppe in der „Bürgerklause“.

Neuss – Sonnabend, 1. Juli, 12bis zirka 17 Uhr veranstaltet dieKreisgruppe auf dem Gelände derSt. Cornelius-Pfarrei, EuskirchenerStraße (Neuss-Erfttal), ihr diesjäh-riges Grillfest, zu dem herzlicheingeladen wird. Angeboten wer-den: ostpreußische Spezialitäten,Kaffee und selbst gebackener Ku-chen, alkoholfreie Getränke, Biervom Fass und ostpreußische Spiri-tuosen. Eintritt frei.

Aschersleben – Mittwoch, 5. Ju-li, 14 Uhr, Handarbeits-Frauen-nachmittag im „Bestehornhaus“,Zimmer 6.

Dessau – Montag, 3. Juli, 14.30Uhr, Treffen der Singgruppe in derBegegnungsstätte H. Rühmann.

HE I M ATA R B E I T Nr. 25 – 24. Juni 2006 19Das Ostpreußenblatt

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Ein Wanderverein, der inBraunschweig eigentlicherst 55 Jahre „unter den

Sohlen“ hat, feierte dort amSonnabend, 13. Mai, sein 125jäh-riges Bestehen. Was etwas wider-sprüchlich klingt, resultiert ausbewegter Vergangenheit. Das giltauch für den geographisch nichtohne Vorkenntnis einzuordnen-den Namen: „Glatzer Gebirgsver-ein“ (GGV).

1881 wurde der Verein in derschlesischen Festungsstadt Glatz(polnisch: Klodzko) gegründet.Der „GGV“ sorgte in der waldrei-chen, von Bergen umkränztenGrafschaft Glatz für Ausbau undMarkierung der Wanderwege undgenoß gesellschaftlich hohes An-sehen. 1945, mit der Ausweisungder Deutschen aus Schlesien,wurden auch die „GGVer“ in alleWinde vertrieben. Viele kamennach Niedersachsen, besondersin den Raum Braunschweig. Dasführte 1951 dort zur Neugrün-dung des Vereins unter altem Na-men. Heute hat er in der Bundes-republik 1015 Mitglieder, darun-ter auch eine „Sektion“ für west-lich der Weser wohnende mit Sitzin Düsseldorf.

Neben dem Wandergedankenwird natürlich die Erinnerung andie Heimat hochgehalten. So sindder von den Polen zerstörte Kai-ser-Wilhelm-Turm auf dem 1425Meter hohen Glatzer Schneebergund die „Glatzer Rose“, bei Bot-anikern als wildwachsende „Eu-ropäische Trollblume“ bekannt,noch immer Symbol und Abzei-chen des Vereins.

Zur Feier in der Stadt Heinrichsdes Löwen scharten sich etwa 150Mitglieder um die Vereinsfahneaus dem Jahr 1955. Der – übri-gens schon nicht mehr in Schle-sien geborene – 1. Vorsitzendedes Vereins, Christian Drescher,

Braunschweigs Oberbürgermei-ster, Dr. Gert Hoffmann, und derpolnische Vize-Bürgermeistervon Glatz, Michalski, sprachenGrußworte. Aus Berlin war deraus der Grafschaft Glatz stam-mende Apostolische Nuntius,Erzbischof Dr. Erwin Josef Ender,gekommen, um in der Kirche St.Aegidien den Festgottesdienst zuzelebrieren.

Historie und Heimatkunde zu-gleich brachte der ebenfalls ausdem Glatzer Land stammendeemeritierte Hamburger ProfessorDr. Arno Herzig in seinen Fest-vortrag ein: „Die Geschichte derGrafschaft Glatz und ihre Verbin-dungen zum Herzogtum Braun-schweig“. Er erinnerte auch dar-an, daß die Gründung des „Glat-zer Gebirgsvereins“ im Jahre 1881zeitlich etwa einherging mit demBau der Bahnlinien in die be-

rühmten Heilbäder der Graf-schaft Glatz, Bad Altheide, BadReinerz, Bad Kudowa und BadLandeck, und mit dem damit zu-sammenhängenden Beginn desTourismus. Bis 1945 führte dieReichsbahn sogar einen Kurswa-gen vom Schlesischen Bahnhof inBerlin (dem „katholischen“, wiedie Spree-Athener gern spotteten)bis nach Bad Kudowa, nahe dertschechischen Grenze. Die Heil-bäder des Glatzer Berglandessind unter den Namen PolanicaZdrój für Altheide, DuznickiZdrój für Reinerz, Kudowa Zrdójund Ladeck Zdrój für Kudowaund Landeck auch heute nochvon Polen gepflegte, vielbesuchteund beworbene Kurorte.

Als Brückenschlag zur Heimatist zu werten, daß der „Glatzer

Gebirgs-Verein“ seine 125 Jahrenicht nur in Braunschweig feierte,sondern eine Woche darauf auchmit den Polen in der Gründungs-stadt Glatz.

Mit Bussen und Privatwagenwaren neben den Braunschwei-ger „GGVern“ auch Mitgliederdes Patenvereins „Sauerländi-scher Gebirgsverein (SGV) ausLüdenscheid und eine GruppeGrafschafter Wallfahrer mit ihremGroßdechanten, Prälat FranzJung, Münster, zu den Feierlich-keiten in die Grafschaft Glatz ge-kommen. Nach einem Festgottes-dienst in der Glatzer Dekanats-kirche, zelebriert vom Großde-chanten, wurde an einem Hausim Stadtmittelpunkt, in dem einstder Gebirgsverein gegründet wor-den war, eine Gedenktafel (indeutscher und polnischer Spra-che) enthüllt. Nachmittags warGelegenheit im „Museum ZiemiKlodzkiej“ (Museum des GlatzerLandes) eine Ausstellung zu be-suchen, die dem „Gebirgsverein“als „Quelle der touristischen Be-wegung im Glatzer Land“ gewid-met war. Den Tag beschloß einFestkonzert im Kurpark von BadAltheide, das von dem Chor„Concerto Glacensis“ sowie vondem Polizeichor Marburg gestal-tet wurde.

Die folgenden Tage sahen unteranderem als Programmpunktevor: die Lichterprozession in derBasilika von Albendorf (Wam-bierzyce), dem einst „schlesischesJerusalem“ genannten Wallfahrts-ort, Besichtigungen der alten Pa-piermühle in Bad Reinerz, des Jo-seph-Wittig-Museums in Neuro-de und der Kristallglashütte inSeitenberg sowie natürlich auch– wie es sich für einen Wander-verein geziemt – eine Jubiläums-wanderung. Der schloß sich –höchst erfreulich – auch eineGruppe der „Polnischen Gesell-schaft für Touristik und Heimat-kunde“ an.

Brücke zur HeimatDer »Glatzer Gebirgsverein« feiert Jubiläum

Von KARLHEINZ MOSEIn einem Rundfunkvortrag vom3. September 1934 beschrieb

Willi Drost das in den 1770er Jah-ren erbaute Haus der Kaufmanns-familie Uphagen als Ausdruck derkultivierten Lebensform des Dan-ziger Bürgertums. Es ist dies nichtallein ein persönlichesBekenntnis des ver-dienstvollen DanzigerDenkmalpflegers, son-dern auch ein literari-sches Juwel, das mitThomas Manns be-rühmter kleiner Schrift„Lübeck als geistige Le-bensform“ wetteifert, ohne sichwohl dessen bewußt zu sein.

Die kunstvoll geschnitzten, mitpräzisen Abbildungen von Pflan-zen und Tieren sowie mit exoti-schen Szenen geschmückten Pa-neels und Türen der repräsentativoder intim gestalteten Räume desHauses sind nach Drost Zeugnisseeiner vergangenen, von Schönheitund Harmonie durchdrungenen

Welt. In diese einzutreten lud erseine Zuhörer ein. Auch heutenoch läßt sich das nach denKriegszerstörungen als Museumwiederhergestellte Uphagenhausals von der weltoffenen Freund-lichkeit und Lebensbejahung des

Danziger Rokoko ge-prägt wahrnehmen.

Der Text von DrostsRundfunkvortrag wirdin deutscher Spracheund in polnischerÜbersetzung wiederge-geben; bebildert wirder mit Photographien

aus der Vorkriegszeit sowie mitzeitgenössischen Zeichnungenaus dem Leben der Danziger Bür-ger von Daniel Chodowiecki. K. S.

Willi Drost: „Das DanzigerUphagenhaus als Lebensform –Gdanski Dom Uphagena jako for-ma zycia“, Mit einem Editorialvon Gerhard Eimer. Bonn 2006,broschiert, 32 Seiten, 9 Abb., 3,20Euro

Das UphagenhausNeuerscheinung zum Danziger Rokoko

Vors.: Bruno Trimkowski, Hans-Löscher-Straße 28, 39108 Magde-burg, Telefon (03 91) 7 33 11 29

SACHSEN-ANHALT

Das Herder-Institut und

seine Rolle inder Forschung

Landesbeirat für Vertriebeneinformierte sich in Marburg

Der Kulturausschuß des Hessi-schen Landesbeirates für Ver-

triebenen-, Flüchtlings- und Spät-aussiedlerfragen tagte im Herder-Institut in Marburg und informier-te sich vor Ort. Der Beirat wurdevom Landesbeauftragten begleitetund vom Leiter des Institutes, Di-rektor Dr. Irgang, in die For-schungsarbeit eingeführt.

Der Landesbeauftragte der Hes-sischen Landesregierung für Hei-matvertriebene und Spätaussied-

Gefeiert wurdedas Jubiläum auch in

der Heimat

Fortsetzung auf Seite 20

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Page 20: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

HE I M ATA R B E I T / UN T E R H A LT U N G20 Nr. 25 – 24. Juni 2006Das Ostpreußenblatt

6 7 8 9 10 6 2 11 3 12 2 5 12 3 13 2 1 2 5

2 14 15 4 10 1 7 10 3 4 16 4 5 11 10 14

3 4 17 17 4 7 1 18 2 10 3 7 17 18 10 15 18 7 1 10

18 7 1 10 3 1 18 12 10 6 7 1 1 8 19

1 9 2 17 6 18 10 20 2 9 10 7 17 10 8 11 5 4

14 10 18 7 9 2 2 17 10 3 7 10 18 14 17 17

2 1 21 3 12 1 2 3 4 5 22 2 7 22 2 20

23 10 5 2 17 6 10 10 22 4 18 7 4 5

4 18 12 7 10 14 10 24 10 5 18 5

22 18 10 14 1 10 10 7 18 2 5 10 18

3 10 7 5 10 1 4 18 24 10 9 2 17 10

10 13 18 7 17 17 4 1 17 17 10

18 7 13 13 22 17 14 24 10 25 14 2 3

1 2 5 4 18 2 9 3 2 14 18 10 3

11 4 11 3 3 6 10 5 5 10 18

2 3 7 24 7 12 2 3 2 4 18 5 2 17

2 22 18 10 1 1 10 10 24 24 10 14 11

18 10 5 17 3 2 7 10 3 2 18 26 10

S A L O N

WICKEWAHLGANGLFASANAUPOESIELOZONHEULOTTOISRAELITREPRISE

RISELSRGEWISSCXSKATWREMAKEITECHNO

UERIKAATELIERUTTASYLGSALONDAIDAM

JENATWEEDORIONORGIEUEBENRNDREUSEEIRANERLEINESORBEKATEEFRITTOSTTERIFFDTUBEQUAL

SANORAKLAURELHOHLLWENNERALIBIGALAORNATADRESSEEBBEUHRENTLAIELARVE

So ist’s richtig:

Zahlen-KreuzwortDas Ausgangswort ist SALON. Wandeln Sie nun auch die restlichen Zahlen inBuchstaben um. Gleiche Zahlen bedeuten gleiche Buchstaben im Rätsel und imZahlenschlüssel.

Schüttelrätsel

AAEEGILNRT

AEHL DEELN LLNU AEMNT ERST AIOT EELS

EHMRU EOS

DEELNW

EEILST

ALT

In diesem ungewöhnlichen Kreuzworträtsel stehen anstelle der Fragen dieBuchstaben der gesuchten Wörter alphabetisch geordnet in den Fragefel-dern. Zur Lösung beginnen Sie am besten mit den kurzen Wörtern (Ach-tung: ORT kann z. B. ORT, TOR oder auch ROT heißen).

BELAG

BAU

LOS

DREHER

GURKE

MANN

PARK

PARKETT

MARK

REKORD

KNOBLAUCH

WURST

LOHN

KRAFT

1234567

BrückenrätselErweitern Sie die linken und rechten Wörter jeweils durch ein gemeinsa-mes Wort im Mittelblock. Auf der Mittelachse ergibt sich in Pfeilrichtungein anderes Wort für Feuerwerkskörper.

MagischSchreiben Sie waagerecht und senk-recht dieselben Wörter in das Dia-gramm.

1 Gewürz-, Gemüsepflanze,2 Rosengewächs, Schwarzdorn,3 gerade Aufgekommenes

Schüttelrätsel:

Brückenrätsel:1. Fussboden, 2. Knochen,3. Ergebnis, 4. Pillen, 5. Salat, 6. Steuer,7. Fahrzeug – Boeller

Magisch:1. Fenchel, 2. Schlehe,3. Neuheit

EAGALANTERIE

HERUMEOSLNLEISTE

WEDELNTAL

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

S A L O N

Zahlen-Kreuzwort:

ler, Rudolf Friedrich, würdigte diebedeutsame Ostmitteleuropa-For-schung, die sich schwerpunktmä-ßig auf die Baltischen Staaten unddie Länder Polen, Tschechien unddie Slowakei konzentriert. Er wiesdarauf hin, daß es sich bei demHerder-Institut um eine vom Bundund allen sechzehn Bundeslän-dern öffentlich geförderte Einrich-tung handelt, wobei Hessen alsSitzland eine besondere Verant-wortung trage. „Ein großer Teil derForschungsarbeit ist auch im Sin-ne der Kulturarbeit nach Para-graph 96 des Bundesvertriebenen-und Flüchtlingsgesetzes zu sehen.Deshalb weiß Hessen die Arbeitdes Herder-Institutes zu schätzenund wird an der bisherigen For-schungsförderung festhalten“, re-sümierte der Landesbeauftragte.

Der Institutsleiter und seineMitarbeiter gaben einen interes-santen Überblick über das Her-der-Institut und seine internatio-nale Vernetzung. Ein besonderesAugenmerk gilt den kulturellen,ethnischen und politischen Wech-selbeziehungen und Austausch-prozessen, die Ostmitteleuropavom Frühmittelalter bis in dieGegenwart in hohem Maße ge-prägt haben. Ein wichtiges Anlie-gen der Institutsarbeit sei die ver-gleichende Betrachtung der ost-mitteleuropäischen Geschichteund ihre Vermittlung und Integra-tion in ein gesamteuropäischesGeschichtsbild, hieß es. Das Insti-tut unterhalte weiterhin umfas-sende Spezialsammlungen, erstel-le grundlegende Hilfsmittel für dieForschung, betreibe eigene For-schung und fungiere als Forumdes internationalen wissenschaft-lichen Diskurses.

Mit dem Kulturausschußvorsit-zenden Dr. Stingl empfahl derLandesbeauftragte eine möglichstzeitnahe Fortsetzung des Informa-tionsbesuches, wobei Friedrichauch dafür warb, Heimatkreisbe-treuer der Heimatvertriebenenund deren Landsmannschaften ei-nen Überblick über die Arbeit zugeben.

Erfreut zeigte sich der Landes-beauftragte darüber, daß die Ar-beit des Herder-Institutes von denorganisatorischen Änderungen anden Universitäten Marburg undGießen nicht tangiert werde.

Es war am hellen Mittag, alssie ihm zum ersten Mal indiesem Haus begegnete

und zutiefst erschrak. Sie hätte imnachhinein nicht sagen können,warum sie erschrak. Es konntenicht daran liegen, daß sie ihnnoch nie in diesem Haus bemerkthatte. Das war nichts Ungewöhn-liches, denn dieses zehnstöckigeHochhaus spuckte immer irgend-wann auf den Fluren oder in denAufzügen Gesichter aus, die neuerschienen, und dennoch vonkeinem Bewohner des Registrie-rens für wichtigbefunden wur-den.

Nein, das konn-te es nicht sein.Es konnte auchnicht an derSchwarzbärtig-keit liegen, die Kinn und Lippen-partie wohlgeformt ausfüllte unddiesem Mann gleichermaßen ei-ne südländische Melancholie wieeine gravitätische Dämonie bei-gab. Nein, auch dieser Anblickwar nicht so ungewöhnlich, daßer hätte erschrecken können.

Wenn sie es recht bedachte,war es die unerwartete Freund-lichkeit, die sie zutiefst verunsi-chert hatte. Er hatte für Augen-blicke auf sie gewartet, hatte ihrdie Tür zum Haus offengehalten.So etwas war in diesem Hausnoch nie vorgekommen. So etwashatte die Zeit abgeschafft. AlsKind war es ihr zum letztenmalbegegnet. Da hatte sie auf Befehlihrer Eltern selber irgend jeman-dem die Tür aufhalten müssen,dessen Gesicht hinter einemschweren Paket verschwundenwar. Dieser Mann hatte ihr dieTür aufgehalten. Er hatte dabeilächelnd eine makellose Zahnrei-he entblößt, wie es nur schurki-schen Filmhelden zukam. Lä-cheln? Vielleicht war es eher einGrinsen gewesen.

Sie grübelte darüber nach. Esgab keine Freundlichkeit ohneGrund. Heute nicht mehr. Esmußte etwas bedeuten. Etwas,wovor immer gewarnt wurde.Wie, wenn die Freundlichkeit nurdie Eröffnung einer Hinterhältig-keit war? Wurde man nicht im-mer wieder zur Vorsicht gerufen?Zuvorkommende Freundlichkeitgab es in dieser Hochhausweltnicht. Wo hätte man in diesemMassenbetrieb wohl auch damithinkommen sollen, jedem x-be-liebigen Menschen Freundlich-keit zu zeigen.

Je mehr sie nachgrübelte, um sosicherer war sie, daß ihr Er-

schrecken be-rechtigt war.Aber sie war ge-warnt. Sie würdediese Freund-lichkeitsmaskeund ihrer Hinter-gedanklichkeit

schon aus dem Wege gehen. Nur ein paar Tage später muß-

te sie erfahren, daß es damitnicht so einfach war. Es warSonntag. Sie freute sich jedenSonntag auf ihr Spezialitätenre-staurant. Das war die einzigekleine Vergünstigung, die sie sichjede Woche gönnte. Da sah sieden Menschen schon von derTür aus in der Fensternische sit-zen, breit und heiter. Niemandaus dem ganzen Hochhaus war jein dieses Restaurant gekommen.Warum er. Er lauert mir also auf.Weiß schon, wo ich sonntags es-se.

Diese Feststellung landete wieein Faustschlag auf ihrem Magen.Der Schmerz riß sie von der Türfort, ließ sie in ihre Wohnung zu-rückeilen. Sie würde sich ebenmit Brot und Margarine begnü-gen. Es blieb ihr die billige Bei-kost, daß sie den Maskenträgerabgehängt hatte. Der Trost warteuer bezahlt. Der Sonntag warverdorben. Ihr wurde zum ersten Mal in ihrem Leben übel vor Angst.

Der Dunkelbärtige ließ sichnicht abhängen. Er fand sie imWaschmaschinenraum, wo sie al-le vier Wochen ihre Buntwäschedurch die Maschine jagte. Erzeigte ihr, daß er sie zu findenwußte. Bewies ihr, daß es für ihnkein Hindernis gab; sagte es ihrmit einem scheinbar nichtssagen-den Zahnpastalächeln. Fügtenoch die Harmlosigkeit drein: Al-so dies ist der Waschraum. Alswenn er den und nicht sie ge-sucht hätte. Dann nickte er ihr zu,als wenn er etwas vom Waschenverstünde. Verlor seine Lächel-maske nicht, obwohl sie stummblieb und sich in einen Schutz-raum zwischen Außenwand undWaschmaschine zurückgezogenhatte. Er ging und sagte nach-drücklich: Auf Wiedersehen.

Es war nur wie ein kleinesZwischenspiel. Aber die Angstschüttelte sie danach so sehr, daßes ihr schwer fiel, die kleinenWäschestücke aus der Maschinezu nehmen und im angrenzendenTrockenraum aufzuhängen. Siezitterte auch im Bett noch, fanddie halbe Nacht lang keinenSchlaf.

Was, um des Himmels willen,was steckte dahinter? Was wollteder Mann von ihr? Die Unruheließ sie nicht mehr los, machte siefahrig und seltsam kraftlos. Dochsie dachte nicht daran, so leichtaufzugeben. Er sollte sich das nurnicht einbilden.Sie blieb auf derHut. Und doch,was nützte es.Wenn sie auchfühlte, wie ihrein Lauern imNacken saß, erselbst trat tagelang nicht in Er-scheinung. Er ließ sich Zeit. Ließsie zappeln. Er ließ sich nichtprogrammieren. Er würde kom-men, wenn es ihm paßte; wenn erwieder auf ihr Unvorbereitetseintreffen würde. Das war es wohl.Sie war sicher, daß er so rech-nete.

Aber auch sie rechnete. Rech-nete jeden Augenblick mit sei-nem plötzlichen Erscheinen.Rechnete sich immer wieder vor,was alle bunten Blätter und ein-farbigen Sendungen an Warnun-gen von sich gaben. Vermied ausdiesem Grund den Fahrstuhl, ob-wohl ihr das Treppensteigennicht leicht fiel. Rechnete in jederfreien Minute mit seiner heraus-fordernden Freundlichkeit ab. Al-les Aufrechnen brachte sie an denRand der Zurechnungsfähigkeit.Sie spürte es wohl. Aber dieserMensch sollte sich verrechnen.Nur darum ginges noch.

Und dannstand er dochwieder unver-mittelt vor ihr. Erhatte sie über-rumpelt. Profi-haft. Es hatte an ihrer Tür geklin-gelt. Dezent und höflich. EinBlick durch das Guckloch aufden Hausflur hinaus zeigte ihrnichts. Also kam das Klingelnwohl von der Haustür her. Siewollte es durch die Sprechanlageabweisen. Es gab für alle Woh-nungstüren dieses Flures nur ei-ne Sprechanlage. Sie öffnete dieTür, um an den Apparat zu ge-hen. Da trat er vor sie. Er hatte soan der Seite gestanden, daß derTürspion ihn nicht erfassenkonnte. Nun stand er da, hielt ein

winziges Wä-schestück in dieHöhe, fragte, obes ihr gehöre, erginge damit vonTür zu Tür, erhätte es im Wä-scheraum gefun-

den. Und das Lächeln machtesich wie immer aufreizend breitin diesem Gesicht. Es signalisier-te Fröhlichkeit, wo für sie keinewar.

Sie wußte nicht, wie sie sichhinter die Tür hatte retten kön-nen. Sie wußte auch nicht, wasihr noch die Kraft gegeben, vor

dieser Tür eine Barrikade ausTisch und Sesseln zu bauen. Alssie wieder zu sich kam, war esNacht, und sie lag neben der Bar-rikade.

Ich bleibe liegen, dachte sie.Ich bleibe für immer hier liegen.Es hat keinen Sinn mehr, über-haupt noch aufzustehen. Warumbin ich noch da. Aber der Mor-gen trieb sie wieder hoch. DasPflichtgefühl für ihren Beruf rangnoch einmal die Angst nieder.

Sie torkelte in den Tag hinein.Sie schwankte mit schweren Fü-ßen die Treppen hinunter. Ihre

Hände tastetenzitternd dieHaustür ab, alswüßten sie nicht,sie zu öffnen. Ih-re Augen ver-zerrten die Stra-ße bis zur Unbe-

gehbarkeit. Sie stolperte ihr ent-gegen. Dachte: Ich muß, ich muß.Dachte: Im Büro ist Rettung.Dachte: Irgendwann war das al-les einmal anders. Dachte: Washat die Freundlichkeit so un-freundlich gemacht. Sie wolltenoch weiter denken, aber die Ge-danken wurden ihr entrissen.Irgendwas hatte sie der Straße indie Arme gestoßen. Etwas, dasgrasgrün und groß war. Die Stra-ße preßte ihren Kopf an ihr stei-nernes, kaltes Herz. Es machteihr nichts aus. Dann bemerktesie, daß der Bärtige sich über siebeugte. Sein freundliches Lä-cheln war erloschen, hatte einemgrauen Entsetzen auf seinem Ge-sicht Platz gemacht. Sie sah esganz deutlich. Sah es ohne jedeVerzerrung. Sie dachte mit Er-staunen: Hinter dieser Freund-lichkeitsmaske ist ja doch einMensch. Sie nahm dieses Erstau-nen mit einer für sie neuenLeichtigkeit, die sie sonderbarglücklich machte, auf ihre Reisemit. Vielleicht, ja vielleicht konn-te sie doch noch einmal in dieseFreundlichkeit umkehren, dieecht gewesen war.

Die Feststellung warwie ein Faustschlag

in ihren Magen

Dann beugteder Bärtige sich

über sie

Nur freundlich?Eine unheimliche Begegnung und der Kampf mit der eigenen Angst machen einer Rentnerin zu schaffen

Von ANNEMARIE IN DER AU

Sie wußte nicht,wie sie sich hatte

retten können

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GE S C H I C H T E Nr. 25 – 24. Juni 2006 21

Respekt, Respekt. 3 000 De-legierte vertraten 105Städte aus zwölf Ländern

– das sind nüchterne Zahlen des26. Internationalen Hansetages,der am vergangenen Wochenendein Osnabrück stattfand. Gleich-zeitig wurde mit diesem Treffendas Jubiläum 650 Jahre Städte-hanse gefeiert. Wenigen der Neu-hanseaten, die da in Osnabrückso überaus zahlreich zusammen-kamen, wird bewußt gewesensein, daß selbst zur Blütezeit derHanse niemals ein vergleichs-weise stattlicherer Hansetag zele-brierte wurde. Jedenfalls, was dieteilnehmenden Personen betrifft.Allerdings mußten die Ratssend-boten vergangener Tage imGegensatz zu ihre heutigen Kolle-ginnen und Kollegen einen be-trächtlichen Teil der nicht uner-heblichen Reisespesen aus der ei-genen Tasche bezahlen. Und un-bedingt komfortabel war das Rei-sen auch nicht. Also beschränkteman sich auf das Erforderlicheund vermied das Vermeidbare.

Der rege Zuspruch zum 26.Hansetag der Neuzeit verdeut-licht aber auch dies: Eine Ideesetzt sich durch, wenn sie zurrechten Zeit entwickelt wird. Of-fenbar ist der Hansetag solch eineIdee. Über 300 Jahre lang hat ihnniemand wirklich vermißt. Alssich dann aber die niederländi-sche Stadt Zwolle 1980 auf ihrehanseatische Tradition besannund zu einem Hansetag der Neu-zeit einlud, fragte sich mancher inden größeren Hansestädten, wa-rum man nicht schon früher aufdiesen Gedanken gekommen sei.Europa wuchs zusammen, Gren-zen verloren ihre Bedeutung –und die Städte hatten überall ge-nügend gleiche oder ähnlicheProbleme, bei deren Bewältigungein Erfahrungsaustausch hilfreichsein könnte. Die Idee einer neuenHanse und damit eines neuenHansetages fiel also auf fruchtba-ren Boden.

Eigentlich hatten die Bürgervon Zwolle 1980 der 750-Jahr-feier ihrer Stadt einen besonde-ren Glanzpunkt aufsetzen wollen,als sie zum Hansetag luden. Nie-mand hätte erwartet, daß darauseine feste Einrichtung würde. Eswar der damalige BürgermeisterLübecks, Robert Knüppel, derden Vorschlag machte, dem seit311 Jahren erstmals wieder ein-berufenem Hansetag weitere fol-gen zu lassen. In Zwolle warenVertreter von 45 Städten aus fünfNationen zusammengekommen.Sie griffen den Vorschlag des Lü-becker Bürgermeisters auf – underinnerten sich daran, daß Lü-beck einst das Haupt der Hansegewesen war. Auf diesen Ranghatten übrigens 1294 die BürgerZwolles Lübeck gehoben, als siesich in einem Schreiben für dietatkräftige Sicherung ihres See-handels durchdie LübeckerFlotte bedanktenund in dem Briefformulierten, siehingen „wie dieGlieder mit demHaupte“ (Lübeck)zusammen. Lü-beck hatte diese Führungsrollegerne angenommen und ihr mitgroßem Erfolg entsprochen. Des-sen eingedenk, bot auch die neueHanse Lübeck die Führungsrollean – einer muß schließlich die or-ganisatorische Arbeit leisten.

Inzwischen gehören dem Han-sebund der Neuzeit 163 Städteaus 15 europäischen Ländern an.Es ist damit die weltweit größte,freiwillige Städtegemeinschaft.Neben den eigentlichen Hanse-städten rechnen sich auch einige

der ehemaligen großen Handels-kontore wie Nowgorod in Nord-westrußland und einige der klei-neren Niederlassungen demBündnis zu.

Zielsetzung und Aufgaben um-reißt der amtierende LübeckerBürgermeister Bernd Saxe so:„Die ‚neue‘ Hanse hat sich zurAufgabe gemacht, den Geist derHanse als Lebens- und Kulturge-meinschaft der Städte lebendig zuhalten, ihren in Jahrhunderten er-probten Bürgersinn, die Identifi-

zierung des Bürgers mit seinerStadt und ihren Aufgaben gewis-sermaßen als Hansisches Ver-mächtnis aufzugreifen und mitneuer Kraft zu erfüllen. Die Ideeder Versöhnung über die Grenzenhinweg, die Idee einer dauerhaf-ten Friedensordnung in Europa,tritt dabei immer stärker hervor.“

Diese Aufgaben wurden in ei-ner Satzung festgeschrieben. Daswäre nicht weiter erwähnenswert– jeder Verein hat seine Satzung –wenn es nicht die erste Satzungder Hanse überhaupt wäre. Deralte, erfolgreiche Städtebund derHanse kam gänzlich ohne Sat-zung aus. Der neue Städtebundalso hat seit dem Jahr 2000 eineSatzung, in der die Eckpunkte derAktivitäten klar bestimmt sind.Die Kaufleute, welche die ersteHanse gründeten, brauchten soetwas nicht.

Die Kaufleute wußten, was siewollten: In Frieden gute Geschäf-te machen. Darum schlossen siesich zu einer Interessen- undZweckgemeinschaft zusammen.Das waren die Anfänge der Kauf-mannshanse. Schon 1161 handel-ten deutsche Kaufleute über dieOstsee mit Gotland. Um die Ge-fahren der Reise zu mindern,gründeten die Fernhändler eingenossenschaftliches Bündnis,das sie „Hanse“ nannten. Es istdas älteste deutsche Wort für Ge-sellschaft oder Gemeinschaft.

Vermutlich bildeten LübeckerKaufleute dies Bündnis zusam-men mit Fernhändlern aus West-falen, Niedersachsen und vomNiederrhein, denn ein MandatHeinrichs des Löwen galt für„Theutonici“, nicht allein für „Lu-bicensis“.

Im 13. Jahrhundert schlossensich auch andere, neu an der Ost-see gegründete Städte der Hansean. Somit wurde die Gemein-schaft der Gotlandfahrer, der„universi mercatores imperii Ro-

mani Gotlandiam frequentantis“zur Keimzelle der Kaufmanns-hanse.

Die deutschen Kaufleute in Vis-by bestimmten vier „Älderleute“,die ihre Interessen nach außenvertraten und interne Streitigkei-ten schlichteten. Diese Äldermän-ner repräsentierten zugleich dievier stärksten Gruppen: die Kauf-leute aus Lübeck, Soest, Dort-mund und Visby selbst.

Über Gotland ging der Handelmit dem Nordosten Europas. Die

Händler tauschten Wachs, Pelzeund Honig ein gegen Tuche, Waf-fen, Wein, Gerätschaften. Späterkamen Salz, Heringe, Getreideund Stockfisch hinzu. Gotlandwar Stützpunkt im Handel mitNowgorod, das entweder von den„Wasserfahrern“ über den Finni-schen Meerbusen und die Nevaoder von den „Landfahrern“ überRiga und Reval angesteuert wur-de.

Als Fernhändler gehörten dieKaufleute in einer Stadt wie Lü-beck ohnehin zurf ü h r e n d e nSchicht, und sodeckten sich ihrekommerziellenInteressen naht-los mit denen derStadt. Erst Mittedes 14. Jahrhun-derts begann sich das zu ändern.

1356 lud der Lübecker Rat Ver-treter jener Städte an die Trave,denen am Handel mit Flanderngelegen war. Die Ratsherren woll-ten nicht mehr den Kaufleuten al-lein die konfliktreichen Verhand-lungen um Handelsrechte über-lassen. Die großen norddeutschenStädte, die Fernhandel betrieben,folgten der Einladung. Das Treffenwird deshalb als der erste allge-meine Hansetag eingestuft. ZweiJahre später tauchte erstmals derBegriff von der „stad van der Du-deschen hense“ (Stadt von der

Deutschen Han-se) auf. Deshalbwird mit dem er-sten Hansetagauch der Über-gang von derKaufmanns- zurStadthanse ver-bunden.

Ein festes Bündnis ist die Hansenie gewesen. Schon die Angabenüber die Zahl der Städte, die ihrangehörten, schwanken zwischen50 und 200. Handfeste Eigenin-teressen bestimmten die jeweiligeZugehörigkeit. Deshalb hat esauch keinen Hansetag gegeben,auf dem alle Städte vertreten wa-ren. Besonders eng arbeiteten diewendischen Städte mit Lübeck ander Spitze zusammen. Währendder großen Zeit der Hanse sindzu dieser Interessengemeinschaft

70 Städte zu rechnen. Sie warenes auch, die hauptsächlich zumHansetag — meist nach Lübeck —eingeladen wurden. Vertreterweiterer 100 Städte zog man gele-gentlich hinzu. Die FührungsrolleLübecks verdeutlicht auch dieTatsache, daß die Stadt zu denHansetagen einlud. Neben dieserhöchsten Instanz der Hanse ent-wickelten sich regionale Hanseta-ge, auf denen Städte zusammen-kamen, die durch eine gemeinsa-me Interessenlage der Region ver-

bunden waren. Die Teilnahmedaran war häufig reger als bei dengroßen Zusammenkünften, da dieStädte die hohen Reisekostenscheuten.

Genau festgelegt wurde der Be-griff der Hanse nicht. Ein Schrei-ben an den englischen König de-finiert 1450 das Bündnis vage:„dat de stede van der hense sinwol en corpus in etliken erunts-coppen unde vorbitnissen“, alsoeine Einrichtung aus Freund-schaften und Bündnissen. Etwas

kalkulierte Geheimniskrämereisteckte allerdings auch in dieserwenig konkreten Auskunft. DieEngländer hatten mehrfach nach-gefragt, wer denn alles zu demBündnis gehöre. Da die Mitglie-der der Hanse nahezu Zollfreiheitgenossen, wollten die Engländerdieses Privileg keinem Nichtmit-glied gewähren. Tatsächlich aberhat die Hanse ihre Mitglieder nie-mals registriert und auch keinVerzeichnis geführt.

Trotz dieser lockeren Form desZusammenschlusses und der va-gen Umschreibung der Aufgabenentwickelte sich der Hansetagbald zur höchsten Instanz desBündnisses für Städte zwischenLivland und Holland. Er trafgrundsätzliche Entscheidungen,gegen die keine Berufung möglichwar. Ihm oblagen die Ratifizie-rung von Verträgen oder die Fest-legung von Handelsprivilegien,Verhandlungen mit ausländi-schen Städten oder Herrschern,die Berufung von Gesandten –und letztendlich die Entschei-dung über Krieg und Frieden. Al-le gefaßten Beschlüsse waren fürdie Mitglieder bindend.

Das Kerngebiet der Hansereichte von der Mündung der El-be bis zur südwestlichen Küsteder Ostsee. Von Beginn an bilde-ten die sogenannten wendischenStädte Lübeck, Hamburg, Wismar,Rostock, Stralsund, Greifswald

und Lüneburg das Rückgrat desBündnisses. Früh kamen Anklam,Demmin, Stettin, Stargard, Kol-berg, Kiel und Stade hinzu. Späterreihten sich aus dem Gebiet Bux-tehude, Rügenwald, Stolp, Trep-tow, Wollin, Schlawe, Greifenberg,Kammin, Köslin, Belgard, Goll-now und Usedom in das Bündnisein. Besonders zahlreich war derZusammenschluß in Westfalenund Niedersachsen vertreten. Dasist nicht weiter verwunderlich,denn die Fernkaufleute, die sichin Lübeck angesiedelt hatten,stammten vorzugsweise aus die-sem Bereich, verfügten also überverwandtschaftliche und wirt-schaftliche Beziehungen. Zu denersten Mitgliedern gehörten dieStädte Dortmund, Soest, Münster,Minden, Bremen, Braunschweig,Goslar, Hildesheim, Göttingen,Magdeburg, Hannover – und derGastgeber 2006, Osnabrück. Spä-ter stieß nahezu jede Stadt inWestfalen zu dem Bündnis. InPreußen waren sechs Städteschon zum Beginn der Hanse da-bei: Kulm, Thorn, Elbing, Danzig,Königsberg und Braunsberg.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten –die kannten das Bündnis derHanse und die Hansetage selbst-verständlich auch. Bezeichnen-derweise waren die schlechtenZeiten der Hanse die guten Zei-ten für die Hansetage, und umge-kehrt waren die guten Zeiten derHanse die schlechten für dieHansetage. Denn wenn es irgend-wo kriselte, drängte alles zu denHansetagen. Florierten die Ge-schäfte aber ohne Probleme,schwänzte man ganz gerne dieZusammenkünfte.

So sahen sich schon die Vertre-ter auf dem Hansetag 1441 zudoppelter Klage veranlaßt: VieleStädte fehlten unentschuldigt,oder aber sie hatten Vertreter ent-sandt, die weder rechtlich nochfachlich ausreichend qualifiziertwaren. Fortan, so beschlossen dieAnwesenden, müsse jede Stadt,die keinen geeigneten Vertreterentsende, eine Geldbuße zahlen

oder aber einenRe in igungse idablegen, der fol-genden Wortlauthatte: „Ich schwö-re von unserenRates wegen; daßwir nicht gekom-men sind zur Tag-

fahrt nach Lübeck, das haben wirnicht mit Vorsatz unterlassen oderum Kosten zu sparen, sondern esist geschehen aus wirklichen Not-sache und nicht anders, sonderArglist, daß mir Gott helfe undseine Heiligen.“

1669 aber half auch das nichtsmehr. Nur noch acht Städte ka-men zu dem Hansetag in Lübeck:Hamburg, Bremen, Danzig, Ro-stock, Braunschweig, Hildesheim,Osnabrück und Köln. Zwar wurdein insgesamt 18 Sitzungen heftigüber die Zukunft des Bündnissesdiskutiert – aber es hatte keinemehr. In nicht einem einzigenPunkt konnte Übereinstimmungerzielt werden. Lediglich dasSonderbündnis zwischen Lübeck,Hamburg und Bremen hatte wei-ter Bestand.

So entschlummerte mit dieserTagfahrt 1669 das großartigeBündnis der Hanse. Insgesamt 72Hansetage hatte es gegeben, 54davon fanden in Lübeck statt. Die„neue“ Hanse verteilt ihre Termi-ne etwas gerechter. Da kommt je-der einmal an die Reihe. Im kom-menden Jahr ist es Lippstadt, indrei Jahren Nowgorod, in zehnJahren Bergen …

Ja, die Termine der neuen Han-setage sind begehrt und langfri-stig vergeben. Wismar ist 2029 ander Reihe. Solche Terminplanungzeigt, wie vital die neue Hansenach langem Tiefschlaf ist.

Neues Leben für eine alte IdeeZum 26. Internationalen Hansetag kamen 3000 Delegierte aus 105 Städten nach Osnabrück

Wenn dieSonne wendet

Für unsere germanischen Vor-fahren war die Sonne die be-

stimmende Kraft des Jahres, ins-besondere für das Gedeihen derSaaten. Am 21. Juni erreicht dieSonne ihren höchsten Stand, amnächsten Tag schon beginnen dieTage kürzer zu werden. Diesermarkante Einschnitt bot sich alsofür die Entwicklung eines Feuer-brauchtums an.

Als die christliche Kirche beiund nach der Missionierung ver-suchte, die Sonnwendbräuche als„heidnisch“ abzuqualifizieren undzu verbieten, mißlang dies nahezuvöllig. Notgedrungen nahm mandaher eine Umwidmung vor undverlegte das Mittsommerfest aufden 24. Juni, den Tag Johannes desTäufers, des Vorläufers Jesu Chri-sti. Schnell hatten Theologen aucheine Deutung für das Johannisfeu-er (so hieß das Sonnwendfeuernun) bereit. Sie zitierten ein Wortdes Johannes über Christus: „Ermuß wachsen, ich aber muß ab-nehmen“ – und meinten so denrechten Sinn von Sonne und Feu-er gefunden zu haben (Johannes:die abnehmende Sonne; Christus:das wahre Licht der Welt).

Doch die Menschen empfandendas Feuer eher im Kontext vonFruchtbarkeit, Gedeihen und Ge-sundheit, wie zahlreiche Bräuchezeigen. Junge Paare sprangen ge-meinsam durchs Feuer, ohne dieHände loszulassen; man erhofftesich dabei Gesundheit und Festi-gung der Liebeskraft. Ähnlicheserhoffte man sich auch beim Tanzums Feuer. Verkohlte Holzstückeaus dem Sonnwendfeuer steckteman in Äcker und Gärten und er-wartete Mehrung der Fruchtbar-keit. An manchen Orten trieb mandas Vieh durch den Rauch desSonnwendfeuers (Bannung vonKrankheiten). Diesen und anderenBräuchen sprach der Volksglaubeheilsame Wirkungen auf Mensch,Vieh, Acker- und Gartenland zu.So rollten in der Johannisnachtvon den Bergen Sonnenräder zuTal. Am Kurischen Haff bezogman sogar die See in das Feuer-brauchtum ein: Man machte Feuerauf alten Kähnen oder man ent-zündete Teertonnen und ließ siehinausschwimmen.

Die Aufklärungszeit war demBrauchtum eher abgeneigt, undim 19. Jahrhundert griffen die Be-hörden im Geiste des Absolu-tismus reglementierend und ver-bietend ein. Sie erreichten damit,daß in Teilen des deutschenVolksraums die Sonnwendfeuer inVergessenheit gerieten.

Eine gegenläufige Bewegungsetzte mit der Romantik ein, dieeine nächtliche Illuminierung derNatur als stimmungsträchtig emp-fand. Die deutsche Jugendbewe-gung griff das Feuerbrauchtumauf. In der Notzeit nach dem Er-sten Weltkrieg setzten die Bündeund Gemeinschaften der Jugend-bewegung bei den Sonnwend-feiern auch politische Akzente. Sowurde das Lied „Flamme empor“aus der Zeit der Befreiungskriegeangestimmt („… schwören amFlammenaltare, Deutsche zusein“). Gerne gesungen wurde beiden Sonnwendfeiern auch „Undwenn wir marschieren“, die letzteStrophe lautet: „Du Volk aus derTiefe, du Volk in der Nacht, vergißnicht das Feuer, bleib auf derWacht!“

Der Nationalsozialismus über-nahm das Sonnwendbrauchtumund gestaltete die Feiern im Sinneseiner Ideologie aus. Die HJ feier-te die Sonnenwende als „Fest derJugend“. Das hinderte nach 1945aber selbst entschiedene NS-Geg-ner – egal ob nun kommunistischoder katholisch – nicht, in ihremSinne das alte Brauchtum aufzu-greifen. Wo die Sonnwendfeuer imländlichen Raum überlebten, wur-den sie gerne in die Folkloredar-bietungen von Fremdenverkehrs-gemeinden miteinbezogen.

Manfred Müller

Von KLAUS J. GROTH

Nach olympischem Vorbild: Präsentation der Delegationen vor dem Rathaus Foto: Stadt Osnabrück

Der erste historische allgemeine Hansetag,mit dem die Kaufmanns- zur Städtehanse

wurde, fand vor 650 Jahren in Lübeck statt

Der Hansebund ist mit 163 Städten aus15 europäischen Ländern die größte

freiwillige Städtegemeinschaft der Welt

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NE U E BÜ C H E R22 Nr. 25 – 24. Juni 2006

„Die Diszi-plinen ‚Poli-tische Geo-graphie /Geopolitik /

Geostrategie‘ gehören im deutsch-sprachigen Raum (vor allem be-dingt durch historische Belastung)– im Gegensatz zu den USA, Groß-britannien, Frankreich, Rußland,China zu den am meisten vernach-lässigten Forschungsgebieten.“Dies konstatiert Heinz Brill gleichzu Beginn seines Buches „Geopoli-tische Analysen Beiträge zur deut-schen und internationalen Sicher-heitspolitik 1974–2004“. Eine Fol-ge davon ist, daß heute in Deutsch-land sicherheitspolitische Grund-satz-Debatten kaum mehr stattfin-den oder dabei Gegenwartsge-sichtspunkte überwiegen, obwohldie sicheren Grundlagen auf die-sem Feld vor allem aus „der Ver-gangenheit und Kultur der Völker“(Raymond Aron), der Vergegen-wärtigung der Langzeitentwik-klungen der Staaten und des inter-nationalen Systems und der Fähig-keit zu langfristigem „raumpoliti-schen Denken“ zu gewinnen sind.

Der Verfasser, ein unentwegterVordenker bei der Revitalisierungder Geopolitik im deutschenSprachraum, macht darauf auf-merksam, wie sehr wir uns inDeutschland in den letzten Jahr-zehnten selbst von diesem Den-ken und seinen Erkenntnissen ab-

gesperrt haben. Heinz Bill, einerder wenigen ausgewiesenen deut-schen Fachleute in der geopoliti-schen Grundlagen- und Projekt-forschung, ehemals Wissenschaft-licher Direktor im „Amt für Stu-dien und Übungen der Bundes-wehr“, hat schon 1994 mit seinemWerk „Geopolitik heute: Deutsch-lands Chance?“ eine Art Leitfadenund Lehrbuch dazu geschrieben,mit dem er Deutschland wieder indiese internationale Debatte ein-fügte. Nun legt er mit dem neuenBand gewissermaßen die Ernteseiner Forschungs- und Lehrtätig-keit sowie seiner Publizistik zurGeopolitik und Sicherheitspolitikaus den letzten 30 Jahren vor. Ineinem ersten Teil wird die geostra-tegische Situation Deutschlandsam Ende des Zweiten Weltkriegesdargestellt, beginnend mit derdeutschen Lage als Objekt im geo-strategischen Kraftfeld der Super-und Großmächte 1945 und bis zurschrittweisen Wiedergewinnungeiner neuen sicherheitspoliti-schen Subjektrolle und ihrer Leit-linien, aber auch bis zu dem Zau-dern gegenüber der Erwartungder USA einer „Übernahme geo-politischer Verantwortung“ (Bushsen.).

Brill greift dann in den folgen-den Kapiteln weit aus, vom Nato-Beitritt Spaniens mit seinen geo-strategischen Bezugspunkten überdie Vision der Einheit der arabi-

schen Welt (Gaddafi) bis zur strate-gischen Lage Chinas (in einer Re-zension des Buches von OskarWeggel „China und die Drei Wel-ten“). In der Gegenwart geht esdann um so aktuelle wie grundle-gende Fragen wie die Osterweite-rung der Nato und die Balkankon-flikte im Blick auf die jeweiligeInteressenlage der Mächte, aberauch etwa um die geopolitischenProbleme um das Wasser in denverschiedenen Weltregionen, dieBrill in einer umfangreichen hoch-interessanten Studie darlegt: Was-ser als Transportmittel, strategi-sche Ressource, lebensnotwendi-ger Rohstoff, internationale Kon-fliktursache und ökologisches Pro-blem, ein Exempel und eine Pilot-studie für eine moderne Art desgeopolitischen und strategischenZugriffs.

Abschließend kommt der Autorauf die bereits begonnene Rehabi-litation der Geopolitik in den Poli-tik- und Sozialwissenschaften zusprechen, etwa bei Ernst AugustRoloff („Die Wiederentdeckungdes Raumes“) und Gottfried Eiser-mann („Staat, Geographie und Po-litik“). Sie zeigt sich auch in inter-nationalen und interdisziplinärenKolloquien mit erstrangigen Beset-zungen wie Admiral Yves Lacoste,Direktor des „Centre de recher-ches et d’analyses geopoliques“,Universität Paris VIII, einem derwichtigsten französischen Vorden-

ker, oder Imanuel Geiss, Univer-sität Bremen („Europas Mitte zwi-schen Machtexzeß und Machtver-leugnung“). Die aktuellsten Fragen,die sich mit Geopolitik und Strate-gie verknüpfen, sind die der Glo-balisierung und Denationalisie-rung, neuer ethnisch-religiöserBlockbildung (Huntington), denenClaus Leggewie eine „Geopolitikmultikultureller Gesellschaften“gegenübergestellt hat. Gegen Fran-cis Fukuyamas These vom „Endeder Geschichte“ wendet HeinzBrill ein: „Nicht das ‚Ende der Ge-schichte‘ steht uns bevor, sondernoft sind die neuen Probleme diealten geblieben und eine Zeit gro-ßer Umwälzungen bahnt sich an.“

Besonders hervorzuheben sinddie zahlreichen erläuternden Kar-ten und Kartenskizzen; ein Mangelist das Fehlen eines Sach- und Per-sonenregisters. Dem Band möchteman eine lebhafte Resonanz vorallem in dem leider klein geworde-nen Kreis deutscher Sicherheits-politiker und geopolitisch interes-sierter Wissenschaftler wünschen,möglichst auch darüber hinaus aufdem Weg zu einer neuen Blüte derGeopolitik. Klaus Hornung

Heinz Brill: „Geopolitische Analy-sen – Beiträge zur deutschen undinternationalen Sicherheitspolitik1974 – 2004“, Biblio Verlag, Bis-sendorf 2005, geb., Abb., 459 Sei-ten, 34 Euro, Best.-Nr. 5584

Die Inte-gration aus-ländischerM i t b ü rg e rkann nur ge-lingen, wenn

auch die deutsche Seite bereit ist,sich ernsthaft mit der Mentalitätder Zugereisten zu befassen. Wieginge das besser als über die Lite-ratur? Der „Robert Bosch Stiftung“verdanken wir die Initiative undsicher auch Mitfinanzierung einervom Züricher Unionsverlag her-ausgegebenen „Türkischen Bio-graphie“. 20 Bände sollen es wer-den, die ersten drei liegen vor, gutausgestattet in Leinenausgaben.Ausgezeichnet sind die Überset-zungen, die manchmal geradezuselbst poetisch sind. Es gibt je-weils ein literaturhistorischesNachwort.

Man hätte es sich gewünscht,daß der erste Band „Von Istanbulnach Hakkari“ nicht nur 30 türki-sche Autorinnen und Autoren mitKurzgeschichten des 20. Jahrhun-derts vorgestellt hätte, sondernauch die Schönheit des Landeshätte aufleuchten lassen. So führtdie literarische Rundreise zwardurch das riesige Land bis in dieKurdengebiete, präsentiert abermehr die meist armselige Welt derkleinen Leute. Es wird zwar eherverständlich, warum sie ihr Heil inDeutschland gesucht haben, nichtaber der Reiz der an Naturschön-

heiten und Kulturgütern so über-aus reichen Türkei lebendig. Erstaus den Lebensläufen der Schrift-steller wird deutlich, welche gei-stigen Anregungen die Bildungs-stätten des Landes zu vermittelnimstande sind. Das wirkt dem beiuns landläufigen Bild entgegen,das mehr von den türkischenUnterprivilegierten geprägt ist.Christliches scheint übrigens inden Texten wie selbstverständlichauf.

Ahmet Ümit gilt als der Autor,der Krimis in der Türkei literatur-fähig gemacht hat. Das klugeNachwort des exzellenten Über-setzers Wolfgang Scharlipp gehtauf das Genre ein, das auch diepolitisch unruhigen Zeiten seitden 60er Jahren widerspiegelt. Soauch Ahmet Ümit, der selbst anUntergrundaktionen beteiligt warund nun Kulturberater des Goe-the-Instituts in Istanbul ist. SeinKrimi „Nacht und Nebel“ führt indie Welt der türkischen Geheim-dienste und ist auch für deutscheLeser durchaus spannend ge-schrieben. Norbert Matern

Tevfik Turan (Hrsg.): „Von Istan-bul nach Hakkari“, UnionsverlagZürich 2005, geb., 411 Seiten,19,90 Euro und Ahmet Ümit:„Nacht und Nebel“, Unionsverlag,Zürich 2005, geb., 365 Seiten,19,90 Euro, Best.-Nr. 5585 bzw.Best.-Nr.

ReizvollLiterarische Türkeireise

DauerkriegTöten als »Schwarze Witwe«

Ein roter FadenHörbuch verdeutlicht Strukturen in der deutschen Geschichte

Wie ein Voyeur dabeiDänische Nachwuchsautorin entführt in die bürgerliche Enge Kopenhagens

Weil zweiihrer Brüdereiner militan-ten tschet-schenischen

Untergrundorganisation angehö-ren, werden Raissa und ihreSchwestern immer wieder vonrussischen Soldaten verhaftet undstundenlang verhört. Dabei be-schimpfen die meist angetrunke-nen Männer die jungen Frauenaufs Gröbste, peitschen mit Ger-ten auf ihre Finger und Fußsohlenein, um aus ihnen Informationenüber die Brüder herauszuprügeln.

Raissa und ihre Schwestern ver-raten die Brüder nicht. Von Politikverstehen sie nicht viel, sie wissenaber, was von ihnen erwartet wird.Sie leben im Krieg, bekommen ihntäglich zu spüren.

Ihre ständige Angst vor russi-schen Panzern und Granaten, vorder Brutalität der Soldaten lähmtsie. Sie lernen, ihre Feinde zu has-sen, und gehorchen ihren Män-nern. Sie sind in ihren tschetsche-nischen Traditionen verwurzelt,die Rolle der Frau ist streng defi-niert.

Als Raissas ältere SchwesterMedina mit einem Clanmitgliedverheiratet wird, erhält der Bräuti-gam den auch für ihn tödlichenAuftrag zu einem Blutracheakt.Raissa muß derweil Geiseln in ih-rem Elternhaus versorgen, eineAufgabe, die sie haßt. Ihre Brüderschlagen sie brutal, wenn sie sichihren Anweisungen widersetzt. In „Ich sollte als Schwarze Witwesterben – Die Geschichte der Rais-sa und ihrer toten Schwestern“wird Raissa als gebildete jungeFrau gezeichnet, die davon träumt,den engen Fesseln ihrer Familieentfliehen zu können.

Ihre Eltern begreifen nicht, daßihre Söhne Achmed und Aslan ei-ner Terroristen-Organisation an-gehören, die von afghanischen Ta-

liban angeführt und finanziertwird. Sie fragen auch nicht da-nach. Der Vater arbeitet weit wegvon zu Hause in Kasachstan undkann nur mit Mühe und Not seineFamilie ernähren. Achmed undAslan beschließen, ihre verwitwe-te Schwester zur Schwarzen Witweauszubilden, die ihren Mann rä-chen soll. Die junge Frau ist zu al-lem bereit. Ihre Schwester Hedjaschließt sich ihr an.

Die Schwarzen Witwen werdennach kurzer Ausbildungszeit nachMoskau geschickt, um den An-schlag auf das Musical-Theater„Nordost“ zu verüben. Beide Frau-en kommen dabei ums Leben.

Raissa ist die einzige Frau derFamilie, der es gelingt, der Hölleaus Krieg und Fanatismus zu ent-fliehen. Daß ausgerechnet ein rus-sischer Offizier ihr zur Flucht undzu einer neuen Identität verhilft,wirkt allerdings etwas unglaub-würdig.

Sabine Adler hat als Korrespon-dentin des Deutschland-Radiosjahrelang in Tschetschenien re-cherchiert und dabei zahlreicheGespräche und Interviews mittschetschenischen Frauen geführt.Sie zeichnet ein realistisch wir-kendes Bild der Komplexität einesLandes, in dem Grausamkeit, Fa-natismus und Skrupellosigkeitvorherrschen.

Der Leser erhält eine Vorstel-lung davon, wer diese SchwarzenWitwen sind und wie es dazukommt, daß sie töten. Durch sei-nen Romancharakter wird dasBuch, das mit realistischen Faktengespeist ist, zu einer spannendenLektüre. Michaela Wagner

Sabine Adler: „Ich sollte alsSchwarze Witwe sterben – DieGeschichte der Raissa und ihrertoten Schwestern“, DVA, Mün-chen 2005, 359 Seiten, 19,90 Eu-ro, Best.-Nr. 5582

W e r2 0 0 0J a h r e

deutsche Geschichte, beginnendmit der Varusschlacht bis hin zumMauerfall in knappen 175 Minutenerzählen will, der kann diese na-turgemäß nur grob skizzieren unddabei gewaltige Lücken reißen.Dennoch ist es möglich. Karl Höff-kes hat nun eine solche Skizze alsHörbuch vorgelegt.

Das drei CDs umfassende Hör-buch „Die Geschichte der Deut-schen“ von Polarfilm ist ausgespro-chen empfehlenswert. Die politischinkorrekte Darstellung einiger Zu-sammenhänge vermag zu überzeu-gen. Die sonore Sprecherstimme

Matthias Ponniers und auch Co-Sprecherin Eva Garg bringen diehistorischen Ereignisse glaubhaftzu Gehör.

Die Entwicklung Deutschlandswird dabei nicht ohne eine gehöri-ge Portion Polemik gegen hanseati-sche und Fuggersche Kaufmanns-interessen, gegen deutsche „Erb-feinde“, gegen Wilhelminische Nai-vität oder gegen die Kirche darge-stellt.

Nur wenige kleinere sachlicheFehler unterlaufen Autor Höffkes.So krönte sich zum Beispiel Bran-denburgs Kurfürst Friedrich III. inKönigsberg bekanntermaßen nichtzum König „von“, sondern zumKönig „in Preußen“.

Doch seien wir nicht zu penibel.Das Geschichts-Hörbuch verlierttrotz ironischer Spitzen nie denBlick für die wesentlichen Abläufehistorischer Zusammenhänge undganzheitliche Darstellung der Ge-schichte der Deutschen im Kontextmit ihren Nachbarn.

Besonderen Wert legt der Autorbeispielsweise auf den Zusammen-hang zwischen den beiden Welt-kriegen. Ohne Versailles kein Hit-ler und kein Zweiter Weltkrieg, sodie eindeutige und kaum bestreit-bare Deutung der Zeitgeschichte.Eine mutige Deutung, die nicht nurFreunde finden wird.

Wenn die Mauer fällt, die Ge-schichte in die Gegenwart mündet

und die letzte CD sich dem Endeneigt, dann wird der aufmerksameHörer den roten Faden durch diedeutsche Geschichte nicht verlo-ren haben.

Die CD-Sammlung ist ein schö-nes Geschenk für Geschichtsfreun-de und Gymnasiasten, denenwegen des abgehakten Themen-blockunterrichts meist der Blick indie gewachsene Struktur der Ge-schichte und für eben jenen rotenFaden fehlt. B. Knapstein

„Die Geschichte der Deutschen“,Polarfilm, Geschichts-Hörbuch auf3 CDs, Laufzeit 175 Minuten, Mün-ster 2006, 19,95 Euro, Best.-Nr.5485

Alle Bücher sind über den PMD, Parkallee 84/86, 20144 Hamburg, Telefon (0 40) 41 40 08 27,

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Fest um-schlingt sieeinen, dieLeere undEinsamkeitdes Lebens.

Obwohl sie ein negatives Gefühlvermittelt, gelingt es der AutorinJette Kaarsböl, den Leser an sichzu binden. Dabei ist die äußereHandlung von „Das Versprechender Ehe“ schnell erzählt.

1933 entdeckt ein Küchenmäd-chen in Kopenhagen, daß die alteDame am Fenster des Nachbar-hauses schon seit Tagen in derselben Position am Fenster sitzt.Der herbeigeholte Hausmeisterstellt fest, daß die alte Dame totist. Die als übellaunig und ver-kniffen geltende Frederikke Faberist eines natürlichen Todes gestor-ben, trotzdem wird der Fall so er-zählt, daß der Leser von Neugiergetrieben wissen will: Wer wardiese vermögende Alte?

Die dänische Autorin, die fürihren Debütroman in ihrem Hei-matland mehrfach ausgezeichnetworden ist, wechselt in ihrem Ro-

man die Erzählzeiten. Chronolo-gisch berichtet sie über die Ereig-nisse im Leben der Verstorbenenvon 1875 bis zum Eklat 1883 so-wie ihrem letzten Lebensjahr.

1875 soll die BürgerstochterFrederikke Leuchenbach mit demjungen Pfarrer Christian Holmverheiratet werden. Die unerfah-rene 21jährige empfindet nur Ab-neigung für den betulichen Ver-lobten. „Der Blinde legt einen trö-stenden, väterlichen Arm um dieStumme“, so Kaarsböl, die be-schreibt, wie Frederikke versucht,ihren Kummer zu verbergen, undChristian Holm dies als schüch-terne Verliebtheit wertet.

Wie ein Wunder bietet sich Fre-derikke ein Fluchtweg aus derdrohenden Verbindung. FrederikFaber, ein junger unverheirateterArzt, will sie vor einer Ehe mitdem reaktionären Pfarrer retten.Da er, wenn er verheiratet ist, bes-sere Chancen auf eine Beförde-rung hat, macht er dem unbedarf-ten Mädchen einen Heiratsantrag,den die in den charismatischenLiberalen Verliebte sofort an-

nimmt. Was Frederikke jedochnicht weiß, der Leser der Gegen-wart aber ahnt, ist die Tatsache,daß Frederik homosexuell ist.Und während der Freundeskreisum ihren Mann ständig über dieEmanzipation der Frau redet undFrederik sich als Befreier Fre-derikkes fühlt, merkt die Däninlangsam, was um sie herum pas-siert, denn was soll sie mit ihrerFreiheit anfangen? Unendlichlangsam vergehen ihre inhaltslo-sen Tage, während ihr Mann voneinem beruflichen und gesell-schaftlichen Termin zum näch-sten eilt. Liebe, Zärtlichkeit undeigene Kinder sind für sie ver-schlossen. Überall ersticken diebürgrlichen Konventionen ihrenLebensdrang.

Die schöne Naive verzweifelt,fühlt sich wie im Gefängnis.„Menschen wie du begehen kei-nen Selbstmord. Sie werden nurboshaft!“, entgegnet ihr Gatte aufFrederikkes Selbstmordgedanken.„,Seht ihr so aus, ihr Männer desFortschritts?‘ spuckt Frederikkeihnen hinterher. ,Essen, trinken …

reden, reden, reden – währendeure Ehefrauen daheim sitzenund verdorren.‘“

Die bildhafte Sprache der Auto-rin, ihre Art, Gefühle und Ängsteselbst ihrer Nebencharaktäre de-tailliert und faßbar zu machen,besticht. Da sie als Erzähler denLeser immer wieder direkt an-spricht, seine Verwunderung überdie damaligen Gegebenheiten an-spricht, entsteht der Eindruck,daß man als Voyeur das LebenFrederikkes betrachtet. Das magmoralisch zwar verwerflich sein,gibt dem Roman aber einen ganzbesonderen Reiz. Am Ende derGeschichte ist keiner unschuldig– auch der Leser nicht.

Wer die Atmosphäre aus Wer-ken wie Fontanes „Effi Briest“oder Thomas Manns „Die Bud-denbrooks“ mag, wird Kaarsöls„Das Versprechen der Ehe“ lie-ben. Rebecca Bellano

Jette Kaarsböl: „Das Versprechender Ehe“, Piper Nordiska, Mün-chen 2006, geb., 558 Seiten, 22,90Euro, Best.-Nr. 5583

Zeit der UmwälzungenSicherheitspolitik im Visier – Heinz Brill veröffentlicht geopolitische Analysen

Page 23: Kann der Westen Dumm durch Wucht der Bilder · 2011. 12. 23. · „LeninLand“ entstehen. Neben historischen Informatio-nen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im

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vom 6.3. bis 24.10.2004 imOstpreußischen Landesmu-seum Lüneburg zu sehen)G e r h a r dL ö b e n b e r g(14.9.1891 bis1 9 . 8 . 1 9 6 7 )gehört zu denbekanntestenNatur- undJ a g d m a l e r ndes 20. Jh. imdeutschsprachigen Raum. Seine erste Jagdwild-Zeichnung

wurde 1909 in´Wild undHund́ veröf-fentlicht. ImErsten Welt-krieg arbeiteteer als Illustra-tor, in den dar-auf folgendenJahren ver-diente er sei-nen Lebens-unterhalt alsPorträtmaler.Jagd- undNaturgemäldeb e s t i m m t e ndanach sein

Schaffen bis zu seinem Lebensende.Löbenberg gehört zu den wenigenKünstlern, die jagdliches Verständ-nis und künstlerische Begabung zugleich hohen Anteilen besaßen. Erverkörpert in der deutschen Jagd-malerei die auf dem Impressio-

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PA N O R A M A24 Nr. 25 – 24. Juni 2006

MELDUNGEN ZITATE

Zeichnung: Götz Wiedenroth Muttersöhnchens Badefreiheit

Laß ma’ gut sein, Opa!Die Volkspädagogen vom »Nie-wieder–Deutschland«-Kolleg ertragen das Fahnenmeer

mental kaum noch und werden langsam kauzig / Der Wochenrückblick mit HANS HECKEL

Stellen Sie sich nur folgendeSituation vor, dann ahnenSie, was manche Menschen

in diesem Lande gerade durchma-chen: Jahrzehntelang haben Sieder dumpfen Masse harsche Gar-dinenpredigten gehalten über ih-re Nichtswürdigkeit. Im GlanzeIhrer moralischen und intellek-tuellen Unübertrefflichkeit konn-ten Sie die graue Horde nach Be-lieben schuhriegeln und am Endedes Monats haben Sie die Deppendafür auch noch bezahlt. JedenMorgen standen sie vor Ihnenstramm. Dann konnten Sie sicheinen rauspicken und vor den an-deren zur Sau machen. Deshalbschauten sie alle immer ängstlichzu Boden und trauten sich am En-de nicht mal mehr, auch nur ei-nen einzigen Satz zu sagen, denSie ihnen nicht vorher Wort fürWort eingetrichtert hatten.

Dann der Schock: Als Sie einesTages zur üblichen Levitenlesungins Zimmer treten, sind alle wegund toben draußen im Gartenpuppenlustig mit ein paar Freun-den aus der Nachbarschaft überden Rasen. Die grauen, verhusch-ten Appellmäuse sehen auf ein-mal bunt und prall und fröhlichaus. Und sie drehen Ihnen nichtmal eine Nase, sondern behan-deln Sie wie schlechte Luft!

Wenn Sie sich das vorstellenkönnen, dann bekommen Sie eineAhnung davon, was der ebennoch geachtete und gefürchteteStand der Volkspädagogen ausdem „Nie-wieder-Deutschland“-Kolleg zur Zeit durchleidet. Essind die entsetztlichsten Tage seitdem Mauerfall: Deutsche Fahnenwohin man blickt und Schwarz-Rot-Gold in allen erdenklichenVariationen. Überall Freude stattdes tiefen Frusts, an dessen Allge-genwart man doch so lange undso aufopferungsvoll geschuftethatte.

Das Mahnerkollegium war aufden Ausbruch dieser „dreistenUnbekümmertheit“ („FrankfurterRundschau“) der Deutschen nichtvorbereitet. Für die gelerntenNiederhalter und Demoralisiererriecht das alles nach Revolte, janach Umsturz! Und man hatnichts als uralte, verrosteste Kara-biner im Schrank, die unter demfrechen Gelächter der unbotmä-ßig gewordenen Zöglinge zerbrö-seln.

Die „Süddeutsche Zeitung“ etwamuß auf argumentative Schieß-prügel aus den Baureihen 1933bis 1968 zurückgreifen: National-stolz und Nationalsozialismusklängen ähnlich, ballert ein alterKämpe von dem Münchener Blattund bellt dazu: „Fehlt nur nochder Blockwart, der kontrolliert, obauch von jedem Balkon die Flaggebaumelt“. Bevor der eintrifft, gibtder Schreiber schnell selbst denTagesbefehl: „Flagge zeigen:Nein!“ Ob ihn einer gehört hat?

Nicht anzunehmen, denn dasFlaggenmeer ist ja kaum verdaut,da fangen sie auch noch an, dieNationalhymne zu singen! Das hatdie Lehrergewerkschaft GEW indie Schützengrä-ben getrieben.Die Gewerk-schaftler verfü-gen indes eben-sowenig übermodernes Mate-rial. Sie schmei-ßen in ihrer Notmit einer ver-gilbten, weil 16Jahre alten Streitschrift gegen dasDeutschlandlied nach ihren pa-triotisch verseuchten Schülern.Der Pressetext zur Neuveröffentli-chung des pitoresken Archivfun-des liest sich so, als sei die derzei-tige „Nationale Stimmungsma-che“ ein einziger genialer Coupder NPD, dem die Erziehungsge-werkschaftler „in Kooperation mitallen demokratischen Kräften ei-ne klare Absage“ erteilen wollen.Ärgerlich nur, daß die „demokra-tischen Kräfte“ keine Lust haben.Selbst Grünen-Politikern und So-zialdemokraten ist anzumerken,daß ihnen der Anfall ihrer altenGenossen in den Lehrerzimmernirgendwie peinlich ist. Ihre Reak-tionen erinnern an Klassiker desOhnsorg-Theaters, wo alte Leutegern mal als kauzige Quenglerauftraten, denen Heidi Kabel dannbesänftigend die Schulter strei-chelte: „Laß ma’ gut sein, Opa!“

In dem GEW-Aufruf schimmertdie leise Hoffnung durch, daß dieNPD sich doch noch ein Herz faßtund dem WM-beflügelten „FurorTeutonicus“ („Süddeutsche“) dierichtigen braunen Bilder verpaßt– per Aufmarsch und mit Reden,die sogar noch älter klingen alsGEW-Broschüren. Schwarz-rot-goldener Irokesenputz oder klei-

ne Autofähnchen werden von derblöden Masse ja nicht so leichterkannt als Vorboten der nächstenMachtergreifung. Eine zünftigeSpringerstiefelparade wäre daschon ganz was anderes. Von ei-nem lächerlichen Geplänkel inGelsenkirchen abgesehen erwie-sen sich die NPDler bis Redak-tionsschluß jedoch als Totalaus-fall. Arme GEW.

Arm, aber tapfer: Der Bundes-vorsitzende Ulrich Thöne will mitden „Argumenten gegen dasDeutschlandlied“ für die „Not-wendigkeit einer tiefgreifendenAuseinandersetzung mit der Ge-schichte und Gegenwart des Na-tionalismus in Deutschland und

eben auch mitder Geschichteund Gegenwartdes Deutsch-landliedes“ indie Schlacht zie-hen. Wie daswohl sein wird,wenn der HerrThöne seinenSchülern zum

Fanfest vor der Großbildleinwandnachschleicht, um dort „tiefgrei-fend“ gegen seine das Deutsch-landlied singenden Schützlingeanzukeifen. Der Mann hat denMut zur Lächerlichkeit.

Aber nein, keifen wird er gewißnicht. Denn „gröhlen“, „brüllen“oder „schreien“ tun immer nurdie, die das verpönte Lied geradesingen, wie uns ebenfalls die„Süddeutsche“ aufklärt. Ist esnicht bemerkenswert, welch glas-klares Bild diese Leute von „dem“Deutschen haben? So genaukennt uns sonst nur die britischeHetzpresse.

Nein, Herr Thöne keift nicht, erwird dem nächsten Schüler, dersich ein Fähnchen ans Fahrrad ge-steckt hat, beherzt am Lenkerpacken und ihn verhören, ob ersich im Klaren darüber sei, daß er„die soziale Kluft in diesem Landübertüncht“ und seine türkischenMitschüler „assimiliert“. LautGEW-Erklärung richtet der Jungemit dem Flaggezeigen nämlichgenau das an.

Selbstverständlich sind dieGEW-Lehrer nicht allein bei ih-rem Marsch aus der finsteren Ver-gangenheit in eine noch dunklereZukunft. Aus den Tiefen der 70erJahre beißt uns der Chefmahner

der Bundesrepublik, GünterGrass, höchstpersönlich ins Ge-wissen. Pünktlich zur WM läßt„Bundes-Günter“ („Spiegel“) ver-lauten, daß „Leute wie Stoiberund andere“ die „latente Frem-denfeindlichkeit stubenrein“ ge-macht haben. Fast hätte er „Leutewie Franz Josef Strauß“ gesagt, be-sann sich aber nach dem Blick aufseinen Küchenkalender. Stoiberoder Strauß? – ist ihm eigentlichauch egal, alter Haß welkt nichtund sucht sich seine Götzen vonallein.

Wichtig war allein der Zeit-punkt: Hunderttausende Auslän-der feiern mit den Deutschen undsind ganz hingerissen davon, wiedie Gastgeber immer mitgehenauch bei Spielen, an denen diedeutsche Elf gar nicht beteiligt ist.Milliarden Erdenbürger schauenzu und lauschen ihren Kommen-tatoren, die sich vor Lob über diedeutsche Mischung aus herz-licher Gastfreundschaft und per-fekter Organisation gar nichtmehr einkriegen wollen. Da hieltes den Mahner nicht mehr hinterder Pfeife, da mußte etwas getanwerden. Seine Botschaft an dieWelt: Die Deutschen sind ganz an-ders als sie sind.

Das Mahnerkollegium berätderweil in Dauerkrisensitzung,wie es weitergehen soll. „Deutsch-land, Deutschland, bald ist es vor-bei“ singt der „Spiegel“ das er-sehnte Ende der gräßlichen Fah-nenkrankheit herbei. Man beru-higt sich damit, daß das eigentlichgar kein Patriotismus sei, sondernbloß eine „Deutschland-Party“,die am 10. Juli zuende gehe undaus. Herr Thöne kann sich dannendlich auf seine Schüler und die„kritische Aufarbeitung“ des Ge-schehenen stürzen. Viele werdenkleinlaut einräumen müssen, daßsie das Deutschlandlied mitge-summt oder gar gesungen oderwenigstens gern gehört haben.Und daß, obwohl „alleine die Me-lodie“ bei „Angehörigen der Op-fer des Zweiten Weltkriegsschlimme Erinnerungen“ wecke,wie der GEW-Landeschef von Ba-den-Württemberg, Rainer Dah-lem, herausbekommen hat. DieSchüler werden nun also eine un-tilgbare Schuld auf sich geladenhaben, die es zu bearbeiten gilt.Da sind die Thönes und Dahlemsin ihrem Element.

Aus den Tiefen der70er Jahre ist Günter

Grass gekommen, um uns ins Gewissen

zu beißen

Die Mihigrus

Bekanntlich stellt ein Wort sichein,sobald Begriffe fehlen –nur kann’s auch vice versasein,wenn andre Regeln zählen.

Denn wo man glaubt, es wäreschlecht,Begriffe zu begreifen,da kommt ein Euphemismusrecht,die Leute einzuseifen.

Wenn ergo heut’ sich werbenimmt,als wär’ er hier zuhause,wird flugs der Wortschatzfrisch getrimmt,und Nörgler haben Pause!

Gewiß, noch sperrig liegt imMundder Modespruch der Frommenaus „Migration“ und „Hinter-grund“ –doch dem ist beizukommen.

Denn gut gekürzt statt auf-geblähtwird jedes Ding kompakter,und was als Klartext zukonkret,ist komprimiert abstrakter:

Grad wie man von „Azubis“sprichtund nicht von Stellenlosen,empfiehlt sich drum „Mihigrus“schlichtbei Multikulturosen.

Als „Pemihigrus“ kann mandannumschreiben die Personen,die irgendwie seit irgendwannin unserm Lande wohnen.

Daß „Framihigrus“ Frauen sind,wird jeder leicht erkennenund folglich das Mihigru-Kindein „Kimihigru“ nennen.

Das Kürzel „Jumihigrus“ stehtfür Jugendliche schließlich –und wo dem Wort der Sinnvergeht,da macht es nicht verdrießlich!

So ist im Grunde bloß, wasschönt,als Name akzeptabel,und „Krimihigrus“ wär’ verpöntbei uns im neuen Babel.

Pannonicus

ZUR PERSON

Brecht stattFallersleben?

Die aktuelleHymne ist

belastet undpaßt nicht zuunserem Land.“Mit dieser Fest-stellung über-raschte Jochen

Nagel, Vorsitzender der „Gewerk-schaft Erziehung und Wissen-schaft“ (GEW) in Hessen sowie er-fahrener Landeselternbeirat.

Er brachte Politiker so ziemlichaller Parteien einschließlich zahl-reicher Bürger damit gegen sichauf. Es sei „dringend eine offeneDebatte nötig“, so der Berufsfunk-tionär. Eine GEW-Broschüre von1990 über das „furchtbare Lob-lied auf die Nation“ wird auf Na-gels Initiative an „Vertrauensleu-te“ in den hessischen Schulenverteilt. Die Bundes-GEW hat sichder Aktion angeschlossen.

Wes Geistes Kind er ist, verrietNagel nicht nur durch seine so-gleich vorgeschlagene Alternative– die Kinderhymne von BertoltBrecht. Kindisch benahm sich Na-gel schon früher, forderte anläß-lich des Irak-Krieges 2003 die„Fahne der Aufklärung“ hoch zuhalten. Er ist kurzum für die Be-troffenheit so mancher Schülermitverantwortlich, mit denen die-se ihre Eltern überraschten. Nagelist überall, diskutiert gern, wennes um so bildungsnahe Themenwie „Reichtum besteuern“ geht,unterzeichnet gegen „Gesin-nungstests für Migranten“ undengagiert sich „gegen Berufsver-bote“, sprich für Verfassungsfein-de. Pisa-Ergebnisse interessierenihn dagegen vergleichsweise we-nig, es sei denn, es geht um Leh-rer-Neueinstellungen. SV

Der 1963 geborene HistorikerPaul Nolte (nicht zu verwechs-len mit seinem älteren KollegenErnst Nolte) erklärt in der„Welt“ vom 15. Juni den jugend-lichen deutschen Patriotismuszur WM:

„Heute hat das auch eine an-dere Dimension als vor vier Jah-ren. Der Generationswechsel istweiter vorangeschritten – undmit ihm auch die Unverkrampft-heit im Umgang mit nationalenSymbolen … Die Achtundsechzi-ger-Generation löst sich auf,bricht auseinander.“

Der Redakteur Ollo Kambireder Zeitung „24 Heures“ vonder Elfenbeinküste wundertsich im „Spiegel“ vom 19. Juninachträglich über die negativeDeutschlandberichterstattungund „Reisewarnungen“ vor derWM:

„Als ich in München ange-kommen bin, hatte ich deshalbgroße Angst vor rassistischerGewalt … Inzwischen weiß ich,daß meine Sorgen unberechtigtwaren. Ich fühle mich sicher inDeutschland, fühle mich wohl.“

Ed Fagan nimmtPolen aufs KornNew York – Der US-Anwalt Ed

Fagan, der bereits milliarden-schwere Restitutionsklagen gegenDeutschland vertreten hatte, willnun auch gegen Polen vorgehen.Seinen auch für ihn selbst äußerstgewinnträchtigen Feldzug durchEuropa hatte er in der Schweizbegonnen und auch Österreich,Frankreich und Italien mit Milli-ardenforderungen überzogen.

Von Polen fordert Fagan Rück-zahlung von Staatsanleihen ausder Zeit vor dem Zweiten Welt-krieg, für die Warschau nachKriegsende keine Wiedergutma-chung geleistet habe. Es geht umüber eine Milliarde Dollar. Dievergangenen Mittwoch in War-schau eingereichte Sammelklagesei für Polen aber „nur der An-fang“ so Fagan laut einer Mel-dung.

Saudi-Arabien:Christen nach

Gebet verhaftetDschiddah – Vier ostafrikani-

sche Gastarbeiter sind im saudi-arabischen Dschiddah verhaftetworden, weil sie zusmammen mitetwa 100 weiteren Gastarbeiterneinen privaten christlichen Got-tesdienst abgehalten hatten. Zehnmit Holzknüppeln bewaffnete Po-lizisten führten die zwei Äthio-pier und zwei Eritreer nach einerMeldung der Nachrichtenagentur„Idea“ ab. In Saudi-Arabien ist je-de, auch private Religionsaus-übung mit Ausnahme des islami-schen Ritus verboten.