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KAPITEL J Symmetrien 1. Einleitung a) Warum Symmetriebetrachtungen? Je komplizierter die Probleme, desto mehr spielen Symmetriebetrachtungen eine Rolle. Die Symmetriebetrachtungen in der Molekülphysik haben- z.B. gegenüber denen in der Hochen- ergiephysik - denVorteil, daß sie mit sehr anschaulichen Operationen, nämlich einfachen Ab- bildungen wie Drehungen und Spiegelungen zu tun haben. Durch die Berücksichtigung der Geometrie, die oft aus dem Experiment bekannt ist, erleichtert man sich die mathematischen Probleme, etwa die Aufstellung der Wellenfunktion. Diese wird z.B. benötigt, um etwa Bin- dungskräfte zu berechnen, aus denen dann die mit den Schwingungsfrequenzen der Atome berechnet werden können. Die Geometrie der Normalschwingungen, d.h. der Schwingungs- moden, bei denen jedes Atom mit gleichbleibender Amplitude und Phasenbeziehung schwin- gen kann und aus denen man alle möglichen Schwingsformen durch Linearkombination er- halten kann, können unmittelbar aus den Symmetriebetrachtungen gewonnen werden. Last not least: Jede Symmetrie ist mit einem Erhaltungssatz verbunden. b) Einige Symmetrieoperationen Eine Symmetrieoperation ist eine Abbildung, durch die man ein Molekül in sich selbst über- führt. Ein Wassermolekül z.B. besteht aus einem O- und zwei H-Atomen, die in einer Ebene liegen (Abb. 69 ) Durch eine Drehung um die Symmetrieachse in dieser Ebene um 180° vertauscht man beide H-Atome. Da die H-Atome nicht unterscheidbar sind, ist das Atom vor und nach der Drehung ebenfalls nicht unterscheidbar. Man sagt, H 2 O ist gegenüber C 2 invariant. Allgemein bezeich- net man mit C n eine Drehung um ϕ = 360/n. Das Ammoniakmolekül NH 3 ist symmetrisch ge- genüber C 3 , das JCl 4 - - Ion gegenüber C 4 , das Benzol gegenüber C 6 . (Man beachte, daß im Benzol die Wellenfunktionen in einer trigonalen Form vorliegen und völlig symmetrisch ge- genüber Drehung um 60° sind.) 107 Abb. 69: Moleküle mit Rotationssymmetrie bezüglich einer Achse

KAPITEL J Symmetrie 1. Einleitung · In unseren Beispielen haben die ursprünglichen Matrizen die Dimension 3, d.h. durch die Re- duzierung werden 1€x€1 Matrizen, die im allgemeinen

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KAPITEL JSymmetrien

1. Einleitung

a) Warum Symmetriebetrachtungen?Je komplizierter die Probleme, desto mehr spielen Symmetriebetrachtungen eine Rolle. DieSymmetriebetrachtungen in der Molekülphysik haben- z.B. gegenüber denen in der Hochen-ergiephysik - denVorteil, daß sie mit sehr anschaulichen Operationen, nämlich einfachen Ab-bildungen wie Drehungen und Spiegelungen zu tun haben. Durch die Berücksichtigung derGeometrie, die oft aus dem Experiment bekannt ist, erleichtert man sich die mathematischenProbleme, etwa die Aufstellung der Wellenfunktion. Diese wird z.B. benötigt, um etwa Bin-dungskräfte zu berechnen, aus denen dann die mit den Schwingungsfrequenzen der Atomeberechnet werden können. Die Geometrie der Normalschwingungen, d.h. der Schwingungs-moden, bei denen jedes Atom mit gleichbleibender Amplitude und Phasenbeziehung schwin-gen kann und aus denen man alle möglichen Schwingsformen durch Linearkombination er-halten kann, können unmittelbar aus den Symmetriebetrachtungen gewonnen werden. Lastnot least: Jede Symmetrie ist mit einem Erhaltungssatz verbunden.

b) Einige SymmetrieoperationenEine Symmetrieoperation ist eine Abbildung, durch die man ein Molekül in sich selbst über-führt. Ein Wassermolekül z.B. besteht aus einem O- und zwei H-Atomen, die in einer Ebeneliegen (Abb. 69 )

Durch eine Drehung um die Symmetrieachse in dieser Ebene um 180° vertauscht man beide H-Atome. Da die H-Atome nicht unterscheidbar sind, ist das Atom vor und nach der Drehungebenfalls nicht unterscheidbar. Man sagt, H2O ist gegenüber C2 invariant. Allgemein bezeich-net man mit Cn eine Drehung um ϕ = 360/n. Das Ammoniakmolekül NH3 ist symmetrisch ge-

genüber C3, das JCl4- - Ion gegenüber C4, das Benzol gegenüber C6. (Man beachte, daß im

Benzol die Wellenfunktionen in einer trigonalen Form vorliegen und völlig symmetrisch ge-genüber Drehung um 60° sind.)

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Abb. 69: Moleküle mit Rotationssymmetrie bezüglich einer Achse

2. Punktgruppen

a) SymmetrieoperationenWir unterscheiden 4 nicht triviale Arten von Symmetrieoperationen

α) Drehung um eine Achse Cn

Diese Operation wird mit Cn bezeichnet, wobei n angibt, wie oft man Cn hintereinander aus-führen muß, um eine Drehung von 360° zu vollführen. Ist der Drehwinkel , wird ϑ

n = 360/ϑWenn das Molekül mehrere Achsen hat, wird die mit dem maximalen n als Hauptachse ge-nommen und in z-Richtung gelegt. Die z-Richtung ist die vertikale Richtung.Z.B. ist bei einem H2 Molekül die Verbindungslinie der Atome eine C -Achse. Diese wird∞

als z-Achse gewählt. Die x und die y-Achse (sowie alle senkrecht auf z stehenden Achsensind C2-Achsen.Bei einer Drehung des Moleküls um sind die neuen Koordinaten der Atomeϑ

x = x cos ϑ − y sin ϑy = x sin ϑ + y cos ϑz = z

In Vektorschreibweise hat diese Gleichung die Formr´ =Cr

mit

Cn = 

cos ϑ −sin ϑ 0sin ϑ cos ϑ 0

0 0 1

Cn ist die Matrixdarstellung der Drehoperation. Für C2 ist  = 180° und damitϑ

C2 =

−1 0 00 −1 00 0 0

Hintereinanderausführung zweier Operationen ist in der Matrizendarstellung äquivalent zurMultiplikation der zugehörigen Matrizen. Aus der Definition erkennt man sofort, daß

C4C4 = C4 2 = C 2

Unser erstes Ziel wird sein, die vollständige Gruppe der Operationen für eine bestimmteSymmetrie hinzuschreiben. Dazu benötigen wir ein neutrales Element und das hierüber defi-nierte inverse zu jeder Operation.

β) Identität EE läßt das Molekül unverändert

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x´ = xy´ = yz´ = z

in Vektorschreibweise r = Er mit

E =

1 0 00 1 00 0 1

Das inverse Element Op-1 eines Operators Op ist dann definiert über

Op-1Op = OpOp-1 = Ez.B.

C43C4 = C4

4 = EC4

-1 = C43

γ) Spiegelung an einer Ebene σWenn eine Achse vorgegeben ist, unterscheidet man zwischen Spiegelung an einer horizonta-len Ebene (σh), d.h. einer Ebene, die senkrecht zur Achse liegt, und einer vertikalen Ebene,die dann die Achse enthält.Für eine horizontale Ebene heißt die Transformation

x' =  xy'  =  yz'  =  -z

und die zugehörige Matrix

1 0 00 1 00 0 −1

für die xz-Ebene entsprechend

1 0 00 −1 00 0 1

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Abb. 70: horizontale und vertikale Spiegelebene

Als Beispiel zeigt Abb.70a die Spiegelsymmetrie des H2 Moleküls bezüglich σh, Abb. 70b dieSpiegelsymmetrie des H2-Moleküls bezüglich zweier σv-Ebenen. Es muß darauf hingewiesenwerden, daß σv die Atome in ihrer Lage beläßt, daß σv aber nicht das gleiche wie E bewirkt.Z.B. wird ein Pfeil, der senkrecht auf σv steht, durch die Spiegelung umgedreht, während erbei der Identität natürlich seine Richtung beibehält. Man muß daher σv und E unterscheiden.

δ) Inversion i (Spiegelung an einem Punkt)Bei der Inversion wird jede Koordinate durch ihr Negatives ersetzt.

x´ = -xy´ = -yz´ = -z

Die Matrix, mit der dies durch Multiplikation mit einem Vektor erreicht wird, hat die Form

i =

−1 0 00 −1 00 0 −1

ε) Drehspiegelung Sn

Bei der Drehspiegelung führt man zunächst eine Drehung um eine Cn-Achse aus und danacheine Spiegelung an einer Fläche senkrecht zu Cn. Als Beispiel für ein Molekül, das symme-trisch gegenüber Drehspiegelung ist, wird Allen C3H4 betrachtet.

Dreht man zunächst um eine Achse, die durch die drei Kohlenstoffatome geht, um 90° undspiegelt dann an der Ebene, die senkrecht zur Achse steht und durch das mittlere Kohlen-stoffatom geht, erhält man das ursprüngliche Molekül. Die Drehachse und die Spiegelebenenennt man Symmetrieelemente. Allgemein sind Symmetrieelemente Flächen oder Punkte, diebei der Operation fest bleiben.

b) PunktgruppenDie Operationen bilden die Elemente einer Gruppe, wobei die Verknüpfung dieser Elementedurch Hintereinanderausführen der Operationen gegeben ist. Die Bezeichnungen der ver-schiedenen Gruppen erfolgt in der Molekülphysik nach Schönflies (in der Festkörperphysikwird ein System nach Hermann-Mauguin bevorzugt).

110

Abb. 71: Allen ist symmetrisch gegenüber

Drehspiegelung

α) C1

Die Gruppe C1 umfaßt alle Moleküle, die überhaupt keine Symmetrie aufweisen. Sie enthältals einzige Operation die Identität E. Als Beispiel ist in Abb.72 HNClF dargestellt

β) Cs

Moleküle dieser Gruppe besitzen als einziges Symmetrieelement eine Spiegelebene σ. DieGruppe enthält die Operationen σ und E. Beispiele s. Abb. 73

γ) Ci

Moleküle der Gruppe Ci besitzen als einziges Symmetrieelement ein Inversionszentrum. Ope-rationen sind i, E. Als Beispiel wird in Abb. 74 1,2 Difluor - 1,2 - Dichlorethan angeführt

δ) Cn

Moleküle dieser Gruppe besitzen als einziges Symmetrieelement eine Cn-Drehachse. Opera-tionen sind Cn , Cn

m, (m < n), EAbb. 75 zeigt als Beispiel Borsäure BO3H3

111

Abb. 72: Ein Molekül ohne Symmetrie

Abb. 73: Moleküle der

Punktgruppe Cs

Abb. 74: Ein Molekül, das nur gegenüber Inversion

symmetrisch ist

Abb. 75: Borsäure hat als einziges Symmetrieelement eine

Drehachse

ε) Cnv

Symmetrieelemente: Eine Drehachse Cn und n senkrechte Spiegelebenen, d.h. Ebenen, die dieDrehachse enthalten.Operationen Cn, (Cn

m), σv, σv', ...EAls Beispiel wird in Abb.76 das Wassermolekül betrachtet, die der Gruppe C2v angehört.Bild

Die Operationen sind E, C2, σv, σv'

Die Multiplikationstabelle zeigt das Ergebnis der verschiedenen Verknüpfungen, das man ambesten aus der Geometrie von Abb. 76 abliest.

ζ) Cnh

Symmetrieelemente: Cn, σh

Operationen Cn, Cnm, σh bei geradem n : i.

η) Dn

Symmetrieelement Cn, n C2 Achsen senkrecht zu Cn

) DndϑWie Dn zusätzliche Symmetrieelemente: vertikale Ebenen auf den Winkelhalbierenden zu denC2-Achsen. Dnh wie Dnd, aber zusätzlich horizontale Ebene,Sn: SnAchseT: TetraedersymmetrieO: OktoedersymmetrieD sind Gruppen zweiatomiger Moleküle mit einer Drehachse, auf der alle Atome∞h und C∞v

angeordnet sind. D sind symmetrisch zu einer horizontalen Ebene, z.B. homonukleare∞v

112

Abb. 76: Wasser gehört der Symmetriegruppe C2v an

Tabelle VII: Die Gruppe C2v

zweiatomige Moleküle, C haben keine solche Symmetrie, z.B. zweiatomige heteronukleare∞h

Moleküle.

c) Reduktion der MatrizenDie Matrizen, mit denen die Gruppe dargestellt werden, können reduziert werden, d.h. mankann sie ersetzen durch Matrizen kleinerer Dimension, die der gleichen Multiplikationstabellefolgen. Hierzu verwendet man eine Ähnlichkeitstransformation

α) ÄhnlichkeitstransformationEine Ähnlichkeitstransformation einer Matrix A hat die Form

A´ = Q-1AQwobei Q die Transformationsmatrix ist. Unterzieht man drei Matrizen A, B, C, für die AB = C gilt einer Ähnlichkeitstransformation, so ist

A´B´ = Q-1AQQ-1BQ = Q-1ABQ = Q-1CQ = C´d.h. das transformierte Produkt ist das Produkt der transformierten Matrizen. Man setzt sichalso zum Ziel, eine Transformationsmatrix Q zu finden, die alle Darstellungsmatrizen einerGruppe, etwa E, Cn , i vereinfacht. Die transformierten Matrizen E', Cn ', i' stellen dann diegleiche Gruppe dar.

ß) Jordansche NormalformEine einzelne Matrix A kann man unter sehr weiten Voraussetzungen durch eine Ähnlich-keitstransformation auf eine Diagonalform bringen, d.h. in eine Einheitsmatrix überführen.Eine gleichzeitige Überführung aller Matrizen, die die Gruppe bilden, in eine Einheitsmatrixist i.a. nicht möglich. Man kann aber die transformierten Matrizen optimal an die Diagonal-form annähern, d.h. die transformierte Matrix besteht aus Blöcken, die nur in der Umgebungder Diagonalen von Null verschieden sind. Außerhalb dieser Blöcke stehen nur Nullen.

Diese Form heißt die Jordansche Normalform. Bei zwei Matrizen A und B in Blockform mitgleicher Dimension der Blöcke, ist auch das Produkt in Blockform

mit A1' · B1' = C1', A2' · B2' = C2' , ...

113

Die ursprünglichen großen Matrizen zerfallen also in Untermatrizen, wobei jede der Multipli-kationstabelle der Gruppe folgt.In unseren Beispielen haben die ursprünglichen Matrizen die Dimension 3, d.h. durch die Re-duzierung werden 1 x 1 Matrizen, die im allgemeinen eine 1 oder -1 enthalten oder2 x 2 Matrizen entstehen. Bei Symmetriebetrachtungen hat man es manchmal auch mit größe-ren Marizen zu tun. Wenn wir z.B. die Symmetrieeigenschaften der Schwingungen der Ato-me des Wassers untersuchen wollen, werden wir an jedes Atom ein Koordinatensystem xi yi zi

anbringen.

Bei einer Symmetrieoperation, etwa C2 muß dann die Transformation aller 9 Koordinaten be-trachtet werden.

Bei der praktischen Konstruktion der irreduziblen Darstellungen beschreitet man nicht denWeg über Ähnlichkeitstransformationen, sondern man operiert mit den Charakteren der Ma-trizen. Der Charakter einer Matrix ist ihre Spur, d.h. die Summe der Diagonalelemente.

γ) Irreduzible Darstellungen der Gruppe Während es eine beliebig große Anzahl von reduziblen Darstellungen einer Gruppe gibt, diedavon abhängen, auf welches Objekt oder welche Funkion man sein Augenmerk richtet, istdie Charakterisierung durch irreduzible Darstellungen eindeutig. Es gibt genau K unterschied-liche irreduzible Darstellungen, wobei K die Anzahl der Operationsklassen der Gruppe ist.

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Abb. 79: Geometrie zur Ermittlung einr 9 dimensionalen

Matrixdarstellung der Gruppe C2v

Eine Operationsklasse ist ein vollständiger Satz von Operationen X, Z,Y ..., mit denen manimmer in diesem Satz bleibt, wenn man mit zwei Elementen dieses Satzes eine Ähnlich-keitstransformation durchführt.

Y =Z-1XZWie man durch Ausprobieren feststellen kann, gibt es in der Punktgruppe C3v drei Klassen

σv , σv' , σv''C3 , C3

2

EE bildet immer eine Klasse für sich. Im übrigen finden sich in einer Klasse i.a. gleichartigeSymmetrieoperationen wie Spiegelungen an einer vertikalen Ebene, Drehungen um eine Ach-se usw. Es gibt also in C3v drei irreduzible Darstellungen.

δ) Bezeichnungen der irreduziblen DarstellungenDie irreduziblen Darstellungen werden nach Konvention durch einen Buchstaben mit gewis-sen Indizes und durch einen Satz von Charakteren bezeichnet.

Bei linearen Molekülen werden die irreduziblen Darstellungen mit großen griechischen Buch-staben bezeichnet, z.B. in C heißt∞v

A1 E1 ≡ Σ+ ≡ ΠA2 E2 ≡ Σ− ≡ ∆

d) CharaktertafelnDer Charakter einer Operation χ(Op) ist gleich der Spur der zugehörigen Matrix

χ = Σ Σi=1

n

a ii

(n ist die Dimension der Matrizen)

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α) Konstruktion einer reduziblen DarstellungDie Darstellung hängt davon ab, für welches geometrische Element man die Symmetrie be-züglich der verschiedenen Operationen der Gruppe betrachtet.

Als Beispiel wird das ebene Molekül H2N2 behandelt, das der Punktgruppe C2n angehört. Die-

se hat die Elemente E, C2,i und σh. Als geometrische Objekte für die Symmetriebetrachtungwerden die HN-Verbindungen ∆R1 , ∆R2 hergenommen. Diese transformieren sich wie folgt:

E: E

∆R1

∆R2

=

1 00 1

∆R1

∆R2

=

∆R1

∆R2

χ(E) = 2

C2: C2

∆R1

∆R2

=

0 11 0

∆R1

∆R2

=

∆R2

∆R1

χ(C2) = 0

i: i

∆R1

∆R2

=

0 11 0

∆R1

∆R2

=

∆R2

∆R1

χ(i) = 0

σ: σh

∆R1

∆R2

=

1 00 1

∆R1

∆R2

=

∆R1

∆R2

χ(σh) = 2

β) Charaktertafel der irreduziblen Darstellung von C2h

Die Charaktere der irreduziblen Darstellungen von C2h sind in Tabelle X dargestellt. DieGruppe hat 4 Operationsklassen. Es gibt also 4 irreduzible Darstellungen. Die Charaktere be-stimmt man nicht über Reduktion mit Hilfe von Ähnlichkeitstransformationen, sondern mithilfe von Sätzen über die Charaktere, die im nächsten Abschnitt vorgeführt werden.

Am oberen Rand stehen die 4 Operationen der Gruppe, am linken Rand die Bezeichnungender irreduziblen Gruppen. Im Hauptfeld stehen die Charaktere. Die Bezeichnung A wird

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Abb. 81: Bei der Konstruktion einer reduziblen Darstel-

lung sucht man die Transformationsmatrizen für ir-

gendeine geometrische Größe, hier ∆R1, ∆R2.

Tabelle X: Charaktertafel der irreduzib-

len Darstellung der Gruppe C2h

verwendet, wenn bei C2 +1 steht, B, wenn unter C2 -1 steht. Der Index g deutet auf χ(i) = +1;u auf χ(i) = -1.γ) Basis der irreduziblen DarstellungenDie Basis zeigt an, welche Funktionen wie die entsprechende irreduzible Gruppe transformie-

ren. Als Beispiel machen wir uns wieder wie oben bei ∆R1 , ∆R2 mit Hilfe der Geometrie

klar, wie x(y, z) transformieren.

Ein Vergleich mit der Charaktertafel zeigt, daß x (und ebenso y) wie Bu transformieren. Mansagt, x (und auch y) ist eine Basis zu Bu. Man erkennt eine Anwendung: Die Charaktere voneindimensionalen Darstellungen lassen sofort erkennen, ob die dazugehörige Basis symme-trisch oder antisymmetrisch bezüglich der angesprochenen Operation ist. Rx, Ry, Rz beschrei-

ben Rotationen um die als Index angegebenen Achsen.

Wir leiten - wie oben - für x die Transformation bezüglich der verschiedenen Operationen ausder Geometrie ab. Dabei ist hilfreich, den Pfeil, der die Drehrichtung symbolisiert, Punkt fürPunkt zu transformieren

E: Rx/ = Rx χ(Ε) = 1

C2: Rx/ = Rx χ(C2) = -1

i: Rx/ = Rx χ(i) = 1

σh: Rx/ = -Rx ξ(ση) = -1

Rx und damit Ry transformieren wie Bg und sind daher Basis zu Bg.

δ) Zerlegung einer reduziblen Darstellung in irreduzibleÄhnlich wie man einen Vektor zerlegen kann in eine Linearkombination von Basisvektoren,läßt sich eine beliebige Darstellung einer Punktgruppe aus einer Linearkombination von irre-duziblen Darstellungen bilden. Am einfachsten faßt man die Charaktere χ als Komponenteneines Vektors auf. Die Zerlegung schreibt man dann:

χ(Op) = Σνιχi(Op)

117

Abb. 82: Wie transformieren die Koordinaten unter den Ope-

rationen von C2h?

Abb. 83: Transformation von Rotationen

χ ist der Charakter der reduziblen Darstellung, der zur Operation Op gehört. χi der entspre-chende der irreduziblen Darstellung. νi gibt an, wie oft eine bestimmte irreduzible Darstellungin der reduziblen vorkommt. νi ist also eine ganze Zahl.In unserem obigen Beispiel ist

Damit ergibt sich Γred = Ag + Bu

e) Konstruktion von CharaktertafelnDie Sätze von Charakteren, die zu einer irreduziblen Darstellung gehören, haben noch andereEigenschaften von Vektoren.Satz 1:

ΣOp

χ i(Op)χ j(Op) = δijh

h ist die Ordnung der Gruppe, d.h. die Anzahl ihrer Elemente. Diese Formel entspricht derOrthogonalitätsrelation von Basisvektoren.Außerdem gilt für die Dimensionen der irreduziblen Darstellung ni

Satz 2:

Σ n i2 = h

Da eine Ähnlichkeitstransformation den Charakter nicht ändert, giltSatz 3:

Innerhalb einer Operationsklasse sind die Charaktere für eine Darstellung gleich.

Schließlich hatten wir bereits Satz 4:

Die Anzahl der reduziblen Darstellungen einer Gruppe ist gleich der Anzahl der Operati-onsklassen der Gruppe.

Zur Konstruktion einer Charaktertafel, etwa für die Punktgruppe C3v können wir zunächst dietotalsymmetrische Darstellung, die aus lauter Einsen besteht, eintragen. Sodann können wirmeist über Satz 2 die Charaktere für die Operation E gewinnen, da χi(E) die Ordnung der irre-duziblen Darstellung Γi angibt. (E ist immer diagonal und enthält in der Diagonalen so vieleEinsen wie die Ordnung der Matrix ist. Die übrigen Einträge lassen sich über die Orthogona-litätsbeziehung erraten.

118

Für die Gruppe C3v, für die oben die Multiplikationstafel ermittelt wurde, läßt sich dieser Vor-gang nachvollziehen.

Da E zweidimensional ist, ist die Basis ein Vektor aus zwei Elementen.

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Tabelle XII: Die Charaktertafel der Gruppe C3v