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(K)ein Fehler zu viel ꟷ Medikationssicherheit im ambulanten Bereich und die Schnittstellen
2. Nationale Fachtagung
14. März 2019 im Kursaal, Bern
Programm
13:30 BegrüssungRuth Humbel, Nationalrätin, Präsidentin des EQUAM Stiftungsrats
13:40 «Sichere und angemessene Medikation: Facetten und Lösungsmöglichkeiten»Prof. Dr. med. Stefan Neuner-Jehle, MPH, Leiter Chronic CareInstitut für Hausarztmedizin, Universität Zürich
14:10 «Mehr Sicherheit beim Umgang mit Medikamenten durchSelbstmanagementförderung?»Dr. Jörg Haslbeck, Krebsliga Schweiz, Abteilungsleiter Nachsorge; Institut für Pflegewissenschaft, Universität Basel
15:10 Workshops17:00 Zusammenfassung der Workshops & der Fachtagung
Dr. med. Felix Huber 17:30 Networking-Apéro14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 2
Sichere und angemessene Medikation: Facetten und Lösungsmöglichkeiten
Prof. Dr. med. Stefan Neuner-Jehle, MPHLeiter Chronic Care
Agenda
1. Häufigkeit risikoreicher und sinnloser Medikation
2. Strategien zur Reduktion von Medikationsfehlern
3. drei «Good Clinical Practice» Beispiele
4. Fazit und Diskussion
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 5
Polypharmazie ist häufig
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 6
Medikamente pro Kopf (> 65 Jahre):Bevölkerung: 5.650% polypharmaziert
im Heim: 9.386% polypharmaziert
ambulante Patienten (> 65 Jahre,polypharmaziert)°: 8
vor vs. nach Spitalaufenthalt*:4.9 vs. 6.052% vs. 67% polypharmaziert
n = 350’000SD’s nach jeder Zahl:4.7, 4.8, 2.6, 2.9, 2.9
Helsana Report 2017 (n = 74’290) / BfS 2018°Neuner-Jehle S et al, Chronic Care Study, Trials 2016
*Nobili A, REPOSI study. Eur J Clin Pharmacol. 2011
Die Risiken durch Polypharmazie
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 7
Viktil K et al. Br J Clin Pharmacol 2006 Lau D et al, Ann Intern Med 2005, n = 3‘372
n = 827
Pflegeheimbewohner > 65 mit Polypharmazie:
30% höheres Risiko für Hospitalisation (CI 1.09-1.47, p .002) für Tod (CI 1.05-1.55, p .01) im Folgemonat
… im Vergleich zu Bewohnern ohne Polypharmazie
Medikamentenassoziierte Probleme
Die riskanten Substanzgruppen
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 8
33%
13%14%
11%
9%
4%
3%
10% 3%OAK
Tc-Hemmer
Insulin
orale Antidiabetica
ZNS
Antiinfektiva
Chemotherapeutica
Kardiaka
andere
Budnitz D et al, NEJM 2011Helsana Report 2017
Patienten im Pflegeheim: 3/4 nehmen Analgetica 2/3 nehmen psychoaktive Substanzen 1/2 nehmen Gerinnungshemmer 1/2 nehmen Säurehemmer 1/7 nehmen Antidiabetica
Strategien zum Vermeiden von Medikationsfehlern
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 9
The Swiss Cheese Model
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 11
Sicherheitsbarriere gegen Fehler:
Naturgemäss gibt es darin Schwachstellen («Löcher»): «latente Sicherheitslücken»
Reason J, Human Error. Cambridge University Press 1990/BMJ 2000
System (Committment für Sicherheitsfragen, Investition in Sicherheitssysteme)
Technik (Blistersysteme, Warnsysteme)Fachpersonen (Verschreibungssorgfalt, DA’s, Alerts, CIRS)
Patient und Angehörige (organisierte Verabreichung z.B. mit Dosette,Medikamentenschrank)
The Swiss Cheese Model
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 12
Reason J, Human Error. Cambridge University Press 1990/BMJ 2000
Personalmangel, Schlafmangel,Arbeitslast UnaufmerksamkeitMangelhafte Kontrollen
Kommunikation an Schnittstellen, z.B. «Schweigen aus Angst»
mangelnde Kenntnis des Patienten
Dosis / Präparat verwechselt
Dazu kommt der menschliche Faktor: «aktive Fehler» und das Zufallsprinzip der Verkettung:
Beispiele für «Good Clinical Practice» für sichere und angemessen Medikation
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 13
Beispiel 1: systematisches Deprescribing
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 15
«Brown bag» Review: Update der aktuell eingenommenen Medikamente Enthüllung mutlipler Verschreiber Erfassung der Adhärenz
1. Schritt: Medikamenten-Abgleich
Cooper JA et al, Cochrane, BMJ Open 2015Neuner-Jehle S et al., PRAXIS 2014 /Trials 2016
Beispiel 1: systematisches Deprescribing
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 16
2. Schritt: Medikamenten-Reviewing
Systematische Evaluation der Angemessenheit: Indikation Nebenwirkungen > Nutzen Dosis korrekt Alternativen
... unter Berücksichtigung von:
• Alter (Negativlisten wie Priscus / FORTA)
• Nierenfunktion
• Lebenserwartung & Gebrechlichkeit
Cooper JA et al, Cochrane, BMJ Open 2015Neuner-Jehle S et al., PRAXIS 2014 /Trials 2016
Beispiel 1: systematisches Deprescribing
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 17
+ Fortsetzung organisieren
«Rückverschreiben» verbessert klinische Endpunkte um relative 38% ! OR: 0.62 (0.43-0.88)
Cooper JA et al, Cochrane, BMJ Open 2015Neuner-Jehle S et al., PRAXIS 2014 /Trials 2016
3. Schritt: Abgleich mit Patientenbedürfnissen und Behandlungszielen
Ein Patient
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 18
Abwägen von Nutzen vs. Risiko aus Patientensicht
80-jähriger Patient• Diabetiker• Herzschwäche, Vorhofflimmern• Polyarthrose
behandelt mit 10 Medikamenten:• Insulin, 2 Antidiabetica per os• 2 Antihypertensiva, 1 Antikoagulans• 3 Analgetica, 1 Schlafmittel
«Viele Ihrer Medikamente schützen Ihr Herz und Ihren Kreislauf. Sie können sich aber auch gefährlich auswirken - Kollaps, Organblutungen - darum könnte Ihnen eine Reduktion nützen – was meinen Sie dazu?» Aufzeigen von Nutzen vs. Risiko
«OK, aber einen Hirnschlag mit Verlust meiner Selbständigkeit möchte ich auf keinen Fall riskieren.»…«Und eine gute Schmerzkontrolle ist mir auch sehr wichtig»
Clinic Care Studie (präliminäre Resultate)
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 19
• 1 von 8 Medikamente pro Kopf können bei multimorbiden Patienten ≥ 60
ohne negative Folgen weggelassen werden
• 4/5 der weggelassenen Medikamente bleiben über 12 Monate hinweg gestoppt
• 3 von 4 Patienten sind mit dem Absetzen einverstanden
Zechmann S, Neuner-Jehle S et al, in preparation
• nach 6 Monaten verwässert der Effekt, durch neue Erkrankungen und
entsprechende Medikation Wiederholung des «Deprescribing» nach 6
Monaten
Beispiel 2: STRIP
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 20
Eigenschaften des STRIP-Assistenten:
• Elektronische Entscheidungshilfe für
Ärzte
• Ziel: Unterstützung bei der Durchführung
von Medikamenten-Checks basierend
auf elektronischen Patientenakten
• basiert auf evidenzbasierten
Empfehlungen zur Vermeidung von
potenziell unangemessenen
Verschreibungen bei älteren Menschen
Anwendung des STRIP-
Assistenten (OPTICA-Studie):
• Datenimport aus eKG
• Hausärzte nutzen
Empfehlungen vom STRIP-
Assistenten
• Gemeinsame Diskussion und
Entscheidung mit dem
Patienten
• Evaluation der Bereitschaft von
Patienten, Medikamente
abzusetzen
STRIP: Systematic Tool to Reduce Inappropriate Prescribing
Meulendijk et al. 2015, Drenth-van Maanen AC et al. 2018)
Beispiel 3: Austrittsmanagement
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 21
Eine „multidimensionale“ telefonische Intervention führt zu einem Fünftel weniger
Rehospitalisationen innert 30 Tagen (von 11.5 auf 9.3%, p<.0001)
Erfolgsfaktoren: mehrere involvierte Betreuer und Stärkung der Eigenaktivitäten
Tage bis zum Hausarztkontakt
Costantino M, Pop Helth Managm 2013
Effekt
5%
4%
3%
2%
1%
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 23
Fragen?Anmerkungen?
Prof. Dr. med. Stefan Neuner-Jehle, MPHInstitut für HausarztmedizinUniversität und Unispital Zürich
[email protected]@usz.ch
Unsere Organisation – kurz und knapp
Seit ihrer Gründung 1910 hat sich die Krebsliga Schweiz stets weiterentwickelt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden in der gesamten Schweiz kantonale und regionale Krebsligen. Heute spielt die Krebsliga als Kompetenzzentrum zu Krebs eine führende Rolle.
280 Personen arbeiten für die Krebsliga – 120 davon in der Dach- und Fachorganisation, 160 in den kantonalen und regionalen Krebsligen.
5’000 Anfragen pro Jahr betreuen die Beraterinnen des Krebstelefons – am Telefon, im Chat oder per Mail.
1910
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 30
«Gemeinsam gegen Krebs»
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 30
VisionDie Krebsliga setzt sich ein für eine Welt, in der weniger Menschen an Krebserkranken, weniger Menschen an den Folgen von Krebs leiden und sterben, mehrMenschen von Krebs geheilt werden und Betroffene und ihre Angehörigen in allenPhasen der Krankheit und im Sterben Zuwendung und Hilfe erfahren.
Agenda
1. Leben mit Krebs – Leben mit Medikamenten
2. Gesundheitskompetenz und Medication Literacy
3. Was tun? Gesundheitskompetenz und Selbstmanagement fördern
4. Fazit
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 31
Fakten und Zahlen zu Krebs
In der Schweiz….
… erkrankt jede/r Dritte im Laufe des Lebens an Krebs1
… ist Krebs die zweithäufigste Todesursache2
… erkranken jährlich 42‘000Menschen neu
an Krebs.
... davon sind rund 16‘000
im erwerbsfähigen Alter.
1. Herz-Kreislauf-Krankheiten2. Krebskrankheiten3. Atmungsorgane4. Unfälle/Gewalteinwirkung5. Demenz6. alle übrigen Diagnosen
Quelle: BFS – Todesursachenstatistik © BFS 2019
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 32
1) Heusser et al. Onkologe 2017; 2) BFS, 2019
Zunahme Cancer Survivors – Zielgruppe mit hoher gesellschaftlicher & gesundheitspolitischer Relevanz
In CH leben ca. 4 - 5% der Bevölkerung mit einer Krebsdiagnose3,4
Steigende Prävalenz durch Fortschritte in Diagnostik & Therapie: ca. 320’000 Personen5
Wandel von Krebs zur chronischen Krankheit6
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 33
3) Heusser/Noseda Schweizer Krebsbulletin 2016; 4) Hermann et al. BMC Cancer 2013; 5) Lorez et al. Schweizer Krebsbulletin 2014; 6) Foster et al. J Canc Pol 2018
Viele Medikamente – eine Herausforderungauch bei Cancer Survivorship
Mehrheit der Krebsbetroffenen > 65 Jahre, chronisch krank mit Mehrfachmedikation7
Polypharmazie-Risiko bei Krebs erhöht?! – «older cancer patients have a risk of poly-pharmacy as high as, and maybe higher than patients of the same age without cancer»8
Hohe Prävalenz von Polypharmazie (80%) und potenziell inadäquater Medikation (PIM, 40%) bei Krebsbetroffenen in US-Studie(n = 117) – im Schnitt 7.3 Medikamente/TN9
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 34
7) Maggiore et al. Onkologist 2010; 8) Balducci et al. Ann Oncol 2013; 9) Prithviraj et al. J Geriatr Oncol 2012
Herausforderungen bei chronischer Krankheit – auch ein Thema für Krebsbetroffene
Schmerzen
Komplexe Medikamentenregime
Appetit- und Schlaflosigkeit
Verändertes Körperbild
Erschöpfung / Fatigue
Angst, Depression, Frustration
(gefühlte) Stigmatisierung
Soziale Isolation
Einfluss auf Erwerbstätigkeit, Arbeitsplatzverlust
Abhängigkeit von Angehörigen, Fachpersonen
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 35
Corbin/Strauss (2010), Schaeffer (2004), Von der Weid 2017
Anderer Blick auf Umgang mit Medikamenten (1/3)
Von der Therapietreue bei Hippokrates …
«[The physician] should keep aware of the fact that patients often lie when they state that they have taken certain medicines.»10
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 36
10) Trostle Soc Sci Med 1988
… über die Therapiemotivation…
Ausmass, mit welchem das Verhalten eines Betroffenen mit Empfehlungen übereinstimmt, die er von Gesund-heitsfacherpersonenerhalten hat und mit denen er sich einverstanden erklärt11
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 37
Anderer Blick auf Umgang mit Medikamenten (2/3)
11) Nach Haynes 1979, erweitert durch WHO 2003 Adherence to Long-Term-Therapies
… hin zu Medication Literacy:
«the degree to which individuals can obtain, comprehend, communicate, calculate and process patient-specific information about their medications to make informed medication and health decisions in order to safely and effectively use their medications, regardless of the mode by which the content is delivered (e.g. written, oral and visual).»12
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 38
Anderer Blick auf Umgang mit Medikamenten (3/3)
12) Pouliot et al. Res Social Adm Pharm 2018
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 39
Medication Literacy – Erlebnisse eines TV-Arztes
Fakten und Patienten-Erfahrungen zu Gesundheitskompetenz und Medikamenten
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 40
Bild aus: http://www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ag6/downloads/Material-_und_Methodensammlung.pdf (S.11)
Gesundheitskompetenz und Medikamente
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 41
Vgl. gfs.Bern (2016); Faktenblatt BAG 2017
Gesundheitskompetenz und Medikamente
Auszug medikamentenbezogene Befragungsergebnisse (n = 1‘107)13
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 42
13) vgl. gfs.Bern (2016; S. 18) entlang HLS-EU-Consortium (2012)
7.1%7.5%
6.2%7.5%9.1%
10.6%7.0%
10.3%8.5%7.8%3.0%
2.1%9.1%
7.3%
39.8%37.0%
31.7%42.2%39.7%
18.8%40.1%
42.5%44.3%
37.1%30.7%
25.3%42.8%
38.4%
43.8%45.4%
45.9%44.4%
43.9%
53.0%43.8%
40.5%40.2%
45.8%51.1%
55.9%41.0%
44.6%
9.2%10.1%
16.3%5.8%
7.4%
17.5%9.0%
6.8%7.0%
9.4%15.2%
16.8%7.2%
9.7%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
männlichweiblich
Bildung niedrigBildung mittelBildung hoch
MHo. MH
15-29 J.30-45 J.46-64 J.ab 65 J.
chr. Erk.o. chr. Erk.
Gesamt
exzellentes ausreichendes problematisches inadäquates HL-Niveau
Gesundheitskompetenz und Medikamente
HLS-GER: bei chronisch Erkrankten tiefer als bei Gesunden (n = 2‘000)14
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 43
14) Schaeffer et al. 2017
7.1%
12.5%
13.1%
13.3%
17.5%
21.4%
21.6%
26.3%
27.1%
35.9%
37.6%
46.9%
53.8%
54.0%
60.5%
60.6%
4.8%
7.9%
4.…
7.1%
7.0%
11.3%
12.1%
15.8%
20.4%
18.3%
13.1%
21.3%
31.7%
38.6%
45.7%
39.2%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
15.im Notfall einen Krankenwagen zu rufen?
8. die Anweisungen Ihres Arztes oder Apothekers zur Einnahme der verschrieben…
16. den Anweisungen Ihres Arztes oder Apothekers zu folgen?
14. den Anweisungen für die Einnahme von Medikamenten zu folgen?
5. zu verstehen, was Ihr Arzt Ihnen sagt?
4. herauszufinden, wo Sie profressionelle Hilfe erhalten, wenn Sie krank sind?
9. zu beurteilen, inwieweit Informationen Ihres Arztes auf Sie zutreffen?
3. herauszufinden, was im Fall eines medizinischen Notfalls zu tun ist?
7. zu verstehen, was in einem medizinischen Notfall zu tun ist?
13.mit Hilfe der Informationen, die Ihnen der Arzt gibt, Entscheidungen bezüglich…
1. Informationen über Krankheitssymptome, die Sie betreffen, zu finden?
2. Informationen über Therapien für Krankheiten, die Sie betreffen, zu finden?
6. die Packungsbeilagen/Beipackzettel Ihrer Medikamente zu verstehen?
11. zu beurteilen, wann Sie eine zweite Meinung von einem anderen Arzt einholen…
12. zu beurteilen, ob Informationen über eine Krankheit in den Medien…
10. Vor- und Nachteile von verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu beurteilen?
o. chr. Erk. chr. Erk.
Gesundheitskompetenz und Medikamente
HLS-GER: Schwierigkeiten, Informationen zu verstehen (n = 2‘000)14
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 44
14) Schaeffer et al. 2017
Verstehen schriftlicher bzw. mündlicher Informationen
«Im Krankenhaus stehen die da und quatschen Lateinisch vor meinem Bett und unsereiner versteht wieder mal Bratkartoffel.» 15
«Die Medikamente waren für mich auf Deutsch gesagt böhmische Dörfer. Das war etwas Furchtbares.»15
«Die meisten Beipackzettel versteht man ja einfach nicht. Das ist es ja. Mir reicht schon ein Beipackzettel. (Wenn du den gelesen hast), hast du zwanzig andere Fragen, aber weißt nicht über dein eigenes Medikament Bescheid.»16
«Ja die Beipackzettel, da sind alle Informationen drin, aber das liest sich keiner durch, viel zu kompliziert.»16
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 45
Gesundheitskompetenz und Medikamente – Das sagen PatientInnen...
15) Haslbeck 2010, S. 118; 16) Schaeffer et al. 2019, S. 18
Gesundheitskompetenz und Medikamente
HLS-GER: Wohin sich wenden auf der Suche nach Gesundheitsinformationen? (n = 2000)14
1.9%
3.6%
6.6%
12.6%
13.6%
18.2%
21.6%
22.7%
49.7%
89.3%
1.0%
2.0%
6.8%
14.3%
10.2%
27.8%
32.1%
24.3%
32.8%
78.1%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Gesundheitsamt
Beratungsstelle
Bücher, Broschüren oder Zeitschriften
Freunde oder Bekannte
Notaufnahme im Krankenhaus
Internet
Familie
Apotheke
Facharzt
Hausarzt
o. chr. Erk. chr. Erk.
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 46
14) Schaeffer et al. 2017
Gesundheitskompetenz und Medikamente
HLS-GER: Schwierigkeiten, Erklärungen des Fachpersonals zu verstehen?(n = 2000)14
11.7%
18.2%
27.7%
27.7%
44.1%
51.0%
63.0%
12.7%
17.9%
24.9%
34.6%
40.7%
37.9%
39.8%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
...von dem Gesundheitsamt?
...von einer Beratungsstelle?
...von einer Apotheke?
...von Anderen?
...von Ihrer Krankenkasse?
...von Ihrem Hausarzt?
...von Ihrem Facharzt?
o. chr. Erk. chr. Erk.
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 47
14) Schaeffer et al. 2017
ÄrztInnen als Informationsquelle
«Die Ärztin sagte, ihr wären Patienten lieber, die die Medikamente nehmen und den Beipackzettel nicht lesen würden. Die wären für sie besser zu handeln als Leute, die ständig kritisch hinterfragten…»15
«[Ich] habe Arztvertrauen, da bin ich ganz ehrlich. Sonst schnappe ich über mit meinen vielen Medikamenten.»15
«Wenn der Haus- oder Facharzt mit Fachausdrücken durch die Gegend wirft, sage ich sofort: Was ist das? Wenn ich das nicht weiss, dann frage ich nach. Aber es gibt auch Leute, die haben Hemmungen nachzufragen.»16
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 48
15) Haslbeck 2010, S. 125 bzw. 117; 16) Schaeffer et al. 2019, S. 23
Gesundheitskompetenz und Medikamente – Das sagen PatientInnen...
Medikamente kennen – handhaben – einnehmen«Ich weiss von jeder Schachtel, wofür das Medikament ist. Aber fragen Sie mich nicht, wie die heissen. Ich behalte einfach die Namen nicht.»17
«Wenn man einen Tumor, also Krebs hat, sagen sie einem die Nebenwirkungen schon. Dann bekommt man auch einen Zettel, auf dem man lesen kann, welche Neben-wirkungen es gibt. Aber bei den gewöhnlichen Medika-menten sagt niemand etwas.»17
«Ich habe zum Arzt gesagt, das und das habe ich ja schon. Und jetzt steht da, man bekäme das noch stärker. Da hat er gesagt: ‹Sie dürfen nicht lesen, was auf den Beipackzetteln steht›. Aber ich lese sie manchmal trotzdem.»17
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 49
Krebs und Medikamente – PatientInnen sagen... ähnliches.
17) Klein et al. Pflege 2013, S. 100/101
In Medication Literacy investieren? – Ergebnisse einer Meta-Analyse
Health literacy (HL) & treatment adherence
48 Studien (n = 19’072): “Patients with higher levels of HL have rates of adherence that are, on average, 14% higher than patients that have low health literacy skills“18
(r = .14, 95% CI [0.08, 0.19])
Effect of HL interventions on adherence101 Studien (n = 20’545): “16% higher risk ofnonadherence among patients who do not participate in a health literacy interventionthan among patients that do“18
(r = .16, 95% CI [0.14, 0.19])
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 50
18) Miller Pat Edu Couns 2016
Was tun, um Medication Literacy zu fördern? (1/4)
Gesundheitskompetenz «einschätzen»19
«Warnhinweise» erkennen, einschätzen, z.B. keine Nennung von Namen oder Wirkstoffen von Medikamenten
Kurze Fragen stellen, z.B. zum Verstehen schriftlicher Gesundheitsinformationen
B
B
„ I ch habe m ei n e
Br i l l e z u Ha use
l i egen l a ssen .“
Wie erkenne ich eine
eingeschränkte
Gesundheitskompetenz?
B
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 51
19) Schmidt-Kaehler et al. 2017
Was tun, um Medication Literacy zu fördern? (2/4)
Gesundheitskompetenz «einschätzen»Gespräche wirksam gestalten19
In eigenen Worten wiedergeben («teach back») Informationen häppchenweise «Ask me 3» – zu Fragen motivieren Motivierende Gesprächsführung
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 52
19) Schmidt-Kaehler et al. 2017
Was tun, um Medication Literacy zu fördern? (3/4)
Gesundheitskompetenz «einschätzen»Gespräche wirksam gestaltenEinfache, verständliche Informationen19
Leichte bzw. einfache Sprache Piktogramme einsetzen:20
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 53
19) Schmidt-Kaehler et al. 2017; 20) American Chronic Pain Association
Was tun, um Medication Literacy zu fördern? (4/4)
Gesundheitskompetenz «einschätzen»Gespräche wirksam gestaltenEinfache, verständliche InformationenSelbstwirksamkeit und Selbstmanagement fördern, z.B. per Gesundheitscoaching «peer-2-peer» 21,22 – Gruppenkurse oder Telefon-
Beratung zum Planen von Handlungen, Lösen von Problemen, Treffen von Entscheidungen
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 54
21) z.B. Boardman et al. J Adv Nurs 2014; 22) Haslbeck et al. BMC Health Service Res 2015
Fazit
Bekannte Herausforderungen, erweiterter Blickwinkel – mit Medication Literacy
fokussieren auf Kompetenzen und Motivation der PatientInnen sowie
Kommunikationskompetenzen von Fachpersonen
Verständliche Gesundheitsinformationen – Wann ist der einfache, «PatientInnen-
freundliche» Beipackzettel breit zugänglich?
«One size does not fit all» – Bedarf an multi-dimensionalen/-professionellen
Interventionen ausgerichtet auf Krankheitsverlauf und diverse Zielgruppen
«Vulnerable Gruppen» – Gezielt auf Patientengruppen eingehen, die niedrige
Health bzw. Medication Literacy angeben bzw. aufweisen
«Experten aus Erfahrung» – Potenzial und Möglichkeiten nutzen, Peer-Beratung
und -Unterstützung zu implementieren
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 55
«Do something,
do more,
do better»
Michael Marmot
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 56
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Fragen?Anmerkungen?
Dr. Jörg Haslbeck, MScNLeiter Abteilung Nachsorge
Krebsliga SchweizEffingerstrasse 40, Postfach, 3001 Bern Tel.: 031 389 9178 E-Mail: [email protected]: www.krebsliga.ch
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 58
Workshops
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 60
Workshop Workshopleiter_in Tisch
Medikationsabgleich und -plan Dr. phil. Martin HošekDr. med. Christian Marti
1
Infrastruktur & Prozesse in der Praxis Dr. med. Florian SuterJanine Naef
2
Infrastruktur & Prozesse in der Praxis Andrea LinnemöllerHans-Peter Wyss
3
Polypharmazie und Multimorbidität Lic. ès lettres, MPH Andrea Niederhauser 4
Polypharmazie und Multimorbidität Dr. Lea Brühwiler 5
«Therapie Treue» / Compliance / Adherence
Dr. Jörg HaslbeckDr. med. Patrick Landolt
6
Schnittstellen Dr. phil. II Carla Meyer-Massetti 7
Les interfacesPaula Bezzola, MPHCharlotte Vogel
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Workshops
Ziele
Diskussion und aktiver Austausch zum jeweiligen Thema, jede Person kommt zu Wort, alle Sichtweisen und Expertisen einbringen – neue Erkenntnisse
Ablauf
Vorstellungsrunde Inputs aus den Referaten oder zusätzlich von WS-Leiter_in Eigene Fragen – Liste an möglichen Fragen Zusammenfassung und Erkenntnisse
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 61
Workshops – Erkenntnisse – Übertrag in Alltag
Welches war für mich die wichtigste Erkenntnis aus der Diskussion? Was nehme ich in meinen Arbeitsalltag mit? Bitte Stichworte auf blaue Moderationskarte schreiben.
Werde ich aufgrund der gewonnen Erkenntnisse etwas in meinem Berufsalltag verändern oder anpacken? Wenn ja, was? Auf grüne Moderationskarte.
Quel a été pour moi l'aperçu le plus important de la discussion ? Qu'est-ce que j'emporte avec moi pour ma pratique professionnelle quotidienne ? Écrivez des mots-clés sur une carte de modération bleue.
Est-ce que je vais changer ou mettre en place quelque chose dans ma pratique professionnelle sur la base des connaissances que j'ai acquises aujourd'hui? Si oui, quoi ? Le noter sur la carte de modération verte
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 62
Vielen Dank unseren Sponsoren für Ihre Unterstützung!
Programmsponsoren:
Apérosponsor:
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 65
Wir laden Sie herzlich zum Networking-Apéro ein!
Danke fürs Mitmachen und gute Heimreise
14.03.2019 2. Nationale Fachtagung der EQUAM Stiftung 66