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Kühlwasserbehandlung Bearbeitet von Aquaprox Aquaprox 1. Auflage 2007. Buch. X, 182 S. Hardcover ISBN 978 3 540 71098 1 Format (B x L): 15,5 x 23,5 cm Weitere Fachgebiete > Technik > Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen, Lebensmitteltechnik Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Kühlwasserbehandlung

Bearbeitet vonAquaprox Aquaprox

1. Auflage 2007. Buch. X, 182 S. HardcoverISBN 978 3 540 71098 1

Format (B x L): 15,5 x 23,5 cm

Weitere Fachgebiete > Technik > Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen,Lebensmitteltechnik

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Die im Kühlsystem vorhandenen Ablagerungen bestehen meistens aus einer Mi-schung von organischen, mineralischen und biologischen Produkten. Man unter-scheidet zwei Arten:

• harte und anhaftende Ablagerungen, die aus Kesselstein mineralischen Ur-sprungs bestehen,

• verschmutzende Ablagerungen, die staubig sein und Schlamm bilden können, wenn die Wasserumlaufgeschwindigkeit nicht hoch genug ist, um sie im Schwebezustand zu halten. Diese Ablagerungen können mehr oder weniger haftend und mehr oder weniger weich sein. Wenn sie biologischen Ursprungs sind, können sie jedes beliebige Aussehen annehmen.

5.1 Kesselstein

Kesselsteine sind kristalline, mineralische Ablagerungen, die aus der Bildung von Kristallen in einer übersättigten Lösung stammen. Sie sind i. Allg. dicht, haben ein großes Kohäsionsvermögen und haften bestens auf Flächen.

5.1.1 Kesselsteinbildung

Ein leicht löslicher Elektrolyt löst sich in Wasser auf, bis sich eine mit seinen Ionen gesättigte Lösung bildet. Betrachten wir eine mit festem Calciumsulfat gesättigte Calciumlösung.

Wenn eine feste Calciumsulfatmenge in Lösung übergeht, muss sich eine glei-che Anzahl Calcium- und Sulfationen bilden:

CaSO4 (fest) <> Ca++ + SO4- - (gesättigte Lösung).

Wendet man das Gesetz der chemischen Gleichgewichte auf dieses System an, so erhält man folgenden mathematischen Ausdruck:

[Ca++] [SO4- -] / [CaSO4] = Ke.

Da die Calciumsulfatkonzentration grundsätzlich konstant bleibt, erhält man:

[Ca++] [SO4- -] = Ke [CaSO4] = Kps ,

wobei Kps das Löslichkeitsprodukt genannt wird.

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84 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Wenn für die chemische Gleichung der Ablagerungsbildung mehrmals das gleiche Ion verwendet wird, wird die Konzentration dieses Ions in dem Ausdruck des Löslichkeitsproduktes in die entsprechende Potenz erhoben. So zersetzt sich das Trikalziumphosphat gemäß folgender Gleichung:

Ca3(PO4)2 <> 3 Ca++ + 2 PO43−

und das entsprechende Löslichkeitsprodukt ist

[Ca++]3 × [PO43-]2 = KPs

5.1.2 Einfluss der Temperatur auf das Löslichkeitsprodukt

Das Löslichkeitsprodukt für Calciumsulfat ist:

• 900.000 bei 25 °C (in ppm ausgedrückt) • 840.000 bei 60 °C (in ppm ausgedrückt) • 710.000 bei 80 °C (in ppm ausgedrückt).

Da das Löslichkeitsprodukt bei steigender Temperatur abnimmt, ist das Calcium-sulfat, wie die meisten Calciumsalze, in warmem Wasser weniger löslich als in kal-tem Wasser. Die Ablagerung bildet sich daher auf der warmen Wand, wo sie festhaf-ten kann, und nicht im kälteren Wasser.

Die fragliche Temperatur ist also nicht die Temperatur der umlaufenden Was-sermasse, sondern die Temperatur des Wassers in dem dünnen Film, der unmittel-bar mit der Rohrwandung in Berührung steht.

Abb. 28 Temperaturgradient

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5.1 Kesselstein 85

In der Praxis gibt es keine Kesselsteinbildung, wenn

[Ca++] [SO4- -] < 500.000,

wobei die SO4- - - und Ca++ -Konzentrationen in ppm ausgedrückt sind.

Wenn das Produkt der Calciumkonzentration (oder 0,4 × Calciumhärte) durch die Sulfatkonzentration des Umlaufwassers unter 500.000 gehalten wird, bildet sich kein Calciumsulfatkesselstein (oder Gips) auf den Flächen des Kühlsystems.

5.1.3 Einfluss des pH-Wertes auf das Löslichkeitsprodukt

Temperatur und Konzentration sind nicht die einzigen veränderlichen Größen, die auf das Löslichkeitsprodukt einwirken. Gewisse kesselsteinerzeugende Bestand-teile sind in der Gegenwart anderer Ionen empfindlich, insbesondere in der Ge-genwart von Wasserstoff oder Hydroxylionen, die mit dem pH-Wert in Zusam-menhang stehen. So ist Siliziumdioxid in alkalischem Wasser löslicher als in saurem Wasser.

Es ergibt sich wieder eine empirische Gleichung, welche die Siliziumdioxidab-lagerungen voraussagt und folgendes ausdrückt:

Siliziumdioxid bildet eine Kesselsteinablagerung, wenn die Konzentration im Kühlwasser 50 (pH-3,5) überschreitet. Bei einem pH-Wert von 6,5 kann man 50 (6,5 – 3,5) = 150 ppm zulassen, bevor sich Kesselstein ablagert.

Calciumphosphat ist ein anderes Produkt, das dem pH-Wert gegenüber emp-findlich ist. Da sich Phosphorionen selten in natürlichem Wasser befinden, jedoch als Behandlungsprodukt zugesetzt werden, schwankt deren Konzentration nicht so stark wie die des Calciums.

5.1.4 Calciumcarbonat

Die Bedingungen, unter denen Calciumcarbonat Kesselstein absetzt, sind kom-plex. Der Prozess hängt von der Calciumhärte, der Gesamtalkalität, der Gesamt-menge gelöster Feststoffe, der Temperatur und dem pH-Wert ab.

Das Problem wurde von Langelier erkannt. Er untersuchte das Kohlensäure-gleichgewicht eines kalkhaltigen Wassers und schaltete alle Gleichgewichte mit ein, die bei einer gegebenen Temperatur zwischen den H+, OH−, CO3

−, HCO3−,

Ca++-Ionen und H2CO3 bestehen, wodurch eine Beziehung zwischen pH-Wert, Gesamtcalciumhärte, Alkalität und Temperatur hergestellt werden konnte.

Um mühsame Berechnungen zu sparen, wurden die verschiedenen Gleichungen des Calciumcarbonat-Gleichgewichts in ein Diagramm umgesetzt, s. die Nomo-gramme von Langelier in Abb.29. Die von Langelier durchgeführte Studie stellt eine Vorhersagetechnik dar, die ankündigt, ob ein Wasser dazu neigt, Kalkstein zu lösen oder abzusetzen. Wenn Wasser Kalkstein absetzt, ist es kesselsteinbildend, wenn es im Gegenteil Kalkstein auflöst, ist es korrosiv.

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86 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Abb. 29 Langelier-Sättigungsindex

Die Langelier-Sättigungszahl ist gleich dem Unterschied zwischen dem augen-blicklichen pH-Wert des Wassers und dem Sättigungs-pH-Wert (pH-Wert, bei dem Wasser weder kesselsteinbildend noch korrosiv ist). Diesen Sättigungs-pH-Wert

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5.1 Kesselstein 87

PHS erhält man anhand der Temperatur, der Kalkhärte, der m-Alkalität (TAC) und des Gesamtgehaltes an gelösten Feststoffen. In der Praxis

• trägt man die in CaCO3 ausgedrückte Calciumhärte vertikal auf die Diagonale der pCa auf und liest pCa horizontal ab,

• trägt man die in CaCO3 ausgedrückte Gesamtalkalität auf die Diagonale der pTAC auf und liest pTAC horizontal ab,

• trägt man die Gesamtfeststoffe in ppm auf die Isotherme „Konstante c“ der ge-wünschten Temperatur auf und liest den Wert der Konstanten c auf Skala c ab.

Der Sättigungs-pH-Wert ist gleich der Summe

pCa + pTAC + C = pHs und man erhält

die Langelier-Sättigungszahl = 2 pHs – pH.

Auswertung:

wenn pH – pHs > 0 → kesselsteinbildendes Wasser wenn pH = pHs → „neutrales“ Wasser wenn pH – pHs > 0 → korrosives Wasser.

Eine andere, ähnliche Bestimmungsmethode zur Lösung dieses Problems ist der Ryznar-Stabilitätsindex:

Stabilitätszahl = 2 pHs – pH.

Tabelle 27 zeigt, dass Wasser bei fast jeder Konzentration zur Kesselsteinbil-dung führt.

Andere Indexzahlen wie die von Puckorius und der Faktor SAL von L. Duvi-vier werden ebenfalls verwendet.

Der Puckorius-IP-Index lautet:

IP = 2 pHs – pHe

pHe = 1,485 log (TAC) + 4,54.

Die Zahlanalyse ist derjenigen von Ryznar ähnlich.

Tabelle 26 Auswertung nach dem Ryznar-Stabilitätsindex

Ryznar-Stabilitätszahl Tendenz des Wassers

4 bis5 5 bis 6 6 bis7 >7

intensive Kesselsteinbildung leichte Kesselsteinbildung leichte Kesselsteinbildung bis leichte KorrosionKorrosion

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88 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Um die Tendenz zur Verkalkung eines Wasser zu kennzeichnen und die Gren-zen der nicht zu überschreitenden Konzentration einzuhalten, kann man auch den Faktor SAL benutzen, entwickelt von L. Duvivier, der folgender Gleichung ent-spricht:

SAL = [TAC] × 2/f. f ist ein Koeffizient, der von der ionischen Kraft des Wasser abhängt. Der SAL-

Faktor hängt von der Temperatur ab. Man bestimmt den Grenzwert auf einer Pi-lotinstallation, unter normalen Funktionsbedingungen des Umlaufs.

Eine Kesselsteinablagerung, die seltener vorkommt, besteht aus Magnesiumsili-kat. Sie bildet sich in zwei Phasen; zunächst schlägt sich Magnesiumhydroxid nie-der und reagiert dann mit dem gelösten Kolloidsiliziumdioxid, was zu einer dichten, schwer zu entfernenden Kesselsteinablagerung führt. Die Lösung des Problems besteht darin, die Bildung von Magnesiumhydroxid zu verhindern. Wenn der pH-Wert des Magnesiumhydroxids unter dem pH-Wert des umlaufenden Kühlwasser liegt, kann eine Kesselsteinablagerung auf Magnesiumsilikatbasis erfolgen.

Eine wasserfreie Kesselsteinablagerung kann an den äußerst heißen Flächen der Rohre (d. h. über 120°C) entstehen, selbst bei so niedrigen Löslichkeitsprodukten wie (Ca++) ٠ (SO4

--) = 50.000. Dies ist auf ein Konzeptionsproblem zurückzuführen: In diesem Fall sind Wärmeaustauscher oder Luftkühler den Wasserkühlern vorzu-ziehen. Abbildung 30 zeigt den Löslichkeitsvergleich einzelner Kalksteinablage-rungen.

Es gibt auch Zinkphosphatsteinablagerungen. Sie sind i. Allg. auf eine schlech-te Anwendung der Wasserbehandlung zurückzuführen.

Die sog. Kesselsteinablagerungen auf Eisenphosphat- und Eisenoxidbasis sind in Wirklichkeit Verschmutzungsprodukte, die normalerweise nicht haftend sind.

5.2 Kesselsteinverhütung

Zwei Verfahrensgruppen können in Betracht gezogen werden: • subtraktive Verfahren: Ausscheidung eines oder mehrerer kesselsteinbildender

Ionen, • additive Verfahren: Zusatz von Substanzen, die das Löslichkeitsprodukt zurück-

gehen lassen, den Kristallwachstumsvorgang beeinträchtigen oder die gebilde-ten Kristalle vertreiben.

Subtraktive Verfahren

Die subtraktiven Verfahren wurden bereits in Kap. 2 beschrieben: Enthärtung mit Austauscherharzen und mit Zeolithen sowie die Kalk-Soda-Enthärtung. Diese Methoden erfordern Investitionen in Form notwendiger Ausgaben für das Verfah-ren sowie Arbeitskosten. Ihre Inangriffnahme erfolgt nach einer technisch-wirt-schaftlichen Studie. Entscheidend kann das Kriterium der Verfügbarkeit des vor-handenen Frischwassers sein.

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5.2 Kesselsteinverhütung 89

Abb. 30 Löslichkeitsvergleich von Kesselstein erzeugenden Calciumsalzen

Tabelle 27 Stabilitätszahlen des bei 38 °C umlaufenden Wassers mit einem pH-Wert von 8,9 bei verschiedenen Konzentrationszyklen

Zyklen Stabilitätszahl Tendenz zur Kesselsteinablagerung (CaCO3 ohne Behandlung)

1 2 3 4 5

6.56 5.40 4.70 4.20 3.70

keine Kesselsteinablagerung leichte Kesselsteinablagerung mäßige Kesselsteinablagerung

bedeutende Kesselsteinablagerung sehr bedeutende Kesselsteinablagerung

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90 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

5.2.1 Additive Verfahren

Es handelt sich hier um Verfahren, die bei fast allen Verdampfungskühlsystemen einsetzbar sind, auch dann, wenn ein subtraktives Verfahren für das Frischwasser verwendet wird.

Lösen durch Ansäuern

Die Säuerung ist eines der ältesten Verfahren zur Verhütung der Kesselsteinbildung. Das Calciumbicarbonat wird gemäß folgender Reaktion in Sulfat umgewandelt:

Ca(HCO3)2 + H2SO4 CaSO4 + 2 H2O + 2 CO2.

Da Calciumsulfat viel löslicher ist als Carbonat, ist diese Behandlung selbst in einer Anlage wirksam, die mit einer hohen Zykluszahl arbeitet. Ist die Sulfatkon-zentration des Zusatzwassers bereits hoch, so kann die Zugabe von Schwefelsäure die Überschreitung des Löslichkeitsprodukts des Calciumsulfats mit sich bringen. In diesem Fall kann es erforderlich sein, Salzsäure oder eine andere Säure zu ver-wenden (s. Abb. 31).

Abb. 31 Schwefelsäurezugabe in Abhängigkeit vom ph-Wert des Umlaufwassers

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5.2 Kesselsteinverhütung 91

Die meisten Kühlsysteme mit Turm werden immer mehr in basischer Umge-bung (pH-Wert zwischen 8,0 und 8,5), einige in neutraler Umgebung (pH-Wert zwischen 7,0 und 7,5) und andere in saurer Umgebung (pH-Wert zwischen 6,0 und 6,5) betrieben. Dieses Problem wird in Kap. 6 behandelt.

Lösen durch Chelat bildende Mittel

Das Lösen durch Chelat bildende Mittel EDTA und NTA (Äthylendiamintetraes-sigsäure und Nitrilotriessigsäure) ist vor allem bei alkalischen pH-Werten äußerst wirksam. Jedoch werden diese Produkte in der Stöchiometrie verwendet. Man findet sie deshalb wenig bei Kühlwassersystemen, dagegen häufig in Siedekes-seln.

Hinzufügen von Dispersionsmitteln zum Entkalken

Im Gegensatz zu den Mitteln, die die Kalk bildenden Ionenkonzentrationen ein-schränken, ermöglicht ein Zusatz von Anti-Kalk-Produkten den Ionen, sich über die Grenzen des natürlichen Niederschlags hinaus zu konzentrieren. Ein physika-lisch-chemischer Vorgang verzögert die Unlöslichkeit und die Ablagerung an CaCO3 und damit den Prozess der Kristallbildung, da die Konzentration des Pro-dukts immer weitgehend substöchiometrisch ist.

Zusätze verhindern nicht den Niederschlag des Calciumcarbonats im thermo-dynamischen Sinne, da sie auf diesen nicht reagieren. Die verwendeten Konzen-trationen von einigen ppm sind zu schwach dafür. Der Niederschlag wird nur aufgeschoben.

Zahlreiche Wissenschaftler haben die Niederschlagsparameter und die Verän-derungen des Kristallinnetzes in Gegenwart von Entkalkungsmitteln untersucht. Folgende allgemeine Schlüsse lassen sich aus ihren Arbeiten ziehen:

• die Calciumcarbonatkristalle sind deformiert und haben weniger die Tendenz sich anzusammeln,

• die für den Niederschlag notwendige Zeit erhöht sich mit der zusätzlichen Kon-zentration,

• die Quantität an niedergeschlagenem Calciumcarbonat vermindert sich, wenn sich die zusätzliche Konzentration erhöht.

Die Wirkung dieser Inhibitoren ist nicht sehr bekannt. Das Phänomen dürfte eher eine Auswirkung auf das Kristallwachstum haben als auf den Prozess der Nukleation. Das Kristallwachstum wird i. Allg. durch die Verbreitung von Ionen oder Molekülen auf der Oberfläche mit kontinuierlicher Ablagerung herbeigeführt oder durch die Fixierung von Ionen oder Molekülen auf einer adsorbierten Schicht auf der Oberfläche des Kristalls. Wenn sich die Zusätze zu einem bestimmten Moment der Entwicklung des Kristalls auf der Oberfläche adsorbieren, können sie den Wachstumsprozess reduzieren und verändern.

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92 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Die organischen, anionischen Polymere von geringem Molekulargewicht (1000 bis 10.000) können ebenfalls bestimmte, bereits geformte Kristalle verteilen. Tat-sächlich ionisieren sie sich in wasserhaltiger Lösung, um eine negative Belastung zu erreichen. Sie bilden auf ihrer Oberfläche eine negative Belastungszone, indem sie die „kolloidalen“ Partikel von CaCO3 umhüllen. Die so geladenen Kolloide stoßen sich gegenseitig ab und haften weder untereinander noch an den Wänden.

Kesselsteininhibitoren

Kesselsteininhibitoren teilen sich in zwei Gruppen auf: in Moleküle auf Phosphor-basis und organische Carboxyl-Polymere.

Phosphorbasismoleküle

Anorganische Polymere Sie werden durch Entwässerung geeigneter Orthophosphate vorbereitet. Ihre all-gemeine Struktur ist gekennzeichnet durch die sich wiederholende Verbindung – P – O – P – .

Tatsächlich handelt es sich um die ersten Kalkinhibitoren, die in industriellem Maßstab verwendet wurden. Am bekanntesten ist das Natriumhexametaphosphat. Folgende Nachteile sind mit ihrer Verwendung verbunden:

• sehr geringe Stabilität in wasserhaltiger Umgebung, die auf eine ungenügende Stabilität der P-O-P-Verbindung zurückzuführen ist,

• ihre Hydrolyse ist besonders von der Temperatur und dem pH-Wert abhängig, • sie degradieren zu Orthophosphaten, die keinerlei stabilisierenden Eigenschaf-

ten besitzen.

Die Orthophosphate ziehen die Bildung von Calcium-Phosphatablagerungen mit sich, die – auch wenn sie sich nicht ablagern – den Wärmeaustausch beträcht-lich verringern. Sie ernähren die Mikroorganismen, die eine exzessive Vermeh-rung an Algen und Bakterien sowohl im Kühlsystem als auch in natürlicher Um-gebung, in die das Ablaufwasser (Eutrophisierungsphänomen) geleitet wird, mit sich bringen können. Ihre stabilisierende Wirkung beschränkt sich auf Maximal-konzentrationen in Bicarbonaten von 4 bis 5 meq/l.

Aus diesen Gründen werden die Polyphosphate praktisch nicht mehr für die Behandlung von Wasser verwendet, außer zur Hemmwirkung der Korrosion. Sie werden in Kap. 6 näher behandelt.

Phosphonsäuren und ihre Salze Diese Produkte wirken offensichtlich eher durch Hemmung der Kristallbildung als durch eigentliches Lösen. Im Gegensatz zu den Chelat bildenden Mitteln sind sie bei geringeren als durch die Stöchiometrie bestimmten Dosen wirksam. Die Hem-mung würde stattfinden, sobald diese Produkte im Spurenzustand an der Oberflä-che der kesselsteinerzeugenden Kristallkeime absorbiert werden. Die Kristall-keime werden am Wachstum gehindert, wobei der Kesselstein in Pseudolösung verbleibt. Sie agieren durch „Schwellenwirkung“ (threshold effect).

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5.2 Kesselsteinverhütung 93

Es handelt sich um organische Produkte, die sich durch Synthese bilden. Sie werden i. Allg. durch die Reaktion der Phosphorsäure auf die Säureanhydriden und/oder Chlorsäure vorbereitet, besonders Acet-, Propion-, Butan- und Valerian-säure. Anstelle von Phosphorsäure kann man die Phosphortrichloridsäure auch direkt mit einer Carbonsäure reagieren lassen. So ergibt sich die 1-Hydroxyd-Ethyliden-1,1-Diphosphonsäure (HEDP) aus der Synthese des Phosphortrichlorids und der Acetsäure in wasserhaltiger Umgebung.

Die Phosphonate, deren Moleküle einen oder mehrere Stickstoffe enthalten, sind für Chlor relativ empfänglich. Es gibt daher eine Unvereinbarkeit zwischen der Verwendung von Stickstoff-Phosphonsäuren und den fortlaufenden Injektio-nen in chlorhaltigem Wasser.

Aufgrund seiner Stabilität in den Systemen mit Chlorverwendung wird häufig HEDP benutzt. Eine andere Phosphonsäure, die Amino-tri(Methylen)-Phos-phonsäure (AMP) wird ebenfalls verwendet, ist jedoch empfindlich gegenüber Oxy-danten wie Chlor.

Die Phosphonsäuren und ihre Salze können sich auf das Kupfer niederschlagen. Wenn dieses Metall und seine Legierungen (z. B. „Admiralsmetall“) im Umlauf sind, muss man ihnen einen Korrosionsinhibitor für Kupfer und Kupferlegierun-gen, wie Benzotriazol oder Tolyltriazol hinzufügen.

Unter bestimmten Bedingungen können die Phosphonsäuren ihre Entkalkungs-wirkung gegenüber der Alcali-Erde verlieren. Dieses Phänomen, „Trübungszone“ genannt, wird in Abb. 32 dargestellt. Bei größeren Mengen an Phosphonat erscheint eine Trübung, die aus dem Niederschlag an Calciumphosphonat entsteht. Noch größere Mengen – der Stöchiometrie nahe – lösen den Niederschlag auf, was jedoch nicht von ökonomischem Interesse ist. Die Phosphonatkonzentration, durch die der Niederschlag auftritt, entsteht durch Bedingungen des pH-Wertes und des Calci-umkonzentrats. Ein erhöhter pH-Wert und sehr starke Calciumkonzentrationen können bei sehr geringen Phosphonatkonzentrationen zu Niederschlägen führen.

Organische Polymere Die für die Entkalkungsbehandlung des Wassers verwendeten organischen Poly-mere gehören zur Familie der Polycaroxylsäuren und ihrer Salze. Ihr Molekular-gewicht ist relativ gering: 1000 bis 10.000. Es handelt sich in der Mehrzahl um Polyacryl-, Polymetacryl- und Polymalsäurederivate.

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94 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Abb. 32 Abhängigkeit der Entkalkungswirkung von der Konzentration

Polyacrylsäure wird aus in Wasser aufgelöster Acrylsäure hergestellt. Potassi-umpersulfat wird als Katalysator hinzugefügt. Die Temperatur muss kontrolliert und unverändert beibehalten werden; je nach den Polymeren, die man erhalten möchte. Die Reaktion der Polymerisierung wird durch die Einführung von Ketten-stoppern hervorgerufen. Anschließend wird das Präparat gekühlt und die Polyacryl-säure durch Natriumcarbonatsäure, Potassium oder Ammoniak leicht neutralisiert. Schließlich, um jeden Geruch zu vermeiden, werden die verbleibenden Monomeren durch Oxidierung mit Hydrogenperoxid eliminiert. Die Katalysatormenge, die Temperatur und der Augenblick der Einführung des Kettenstoppers bestimmen das Molekulargewicht und die Struktur der Polymere.

Vorwiegend werden folgende Formeln von Polyacrylaten verwendet:

Auch Polymetacrylate werden verwendet:

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5.3 Verschmutzende Ablagerungen 95

Die Mehrzahl der derzeit auf dem Markt verfügbaren Polymeren widerstehen oh-ne bemerkenswerte Schäden Temperaturen von 250°C bis 300°C. Sie sind voll-kommen widerstandsfähig gegen Chlor. Aufgrund der guten Verträglichkeit können sie zusammen mit ständigen Injektionen von Natriumhypochlorit benutzt werden.

Phosphonate und Mischungen von Phosphonaten und Polymeren sind i. Allg. bessere Kesselsteinentferner als die Polymere für sich. Sie ermöglichen es, einen Ryznar-Index von 3,50 beizubehalten.

5.3 Verschmutzende Ablagerungen

Die verschmutzenden Ablagerungen (fouling) bestehen aus mineralischen oder organischen Feststoffen, die sich ursprünglich im Schwebezustand befanden und umfangreiche, nicht konsistente Ablagerungen bilden. Sie stören den Wasserum-lauf, setzen den Wärmeaustausch herab, bilden einen ausgezeichneten Nährboden für Mikrobenkulturen und mindern die Wirksamkeit der Korrosionsschutzbehand-lungen. Diese Substanzen sind natürlichen Ursprungs, sie können auch aus Lecks und Verfahren stammen, vgl. die Tabellen 21 und 22.

5.3.1 Prinzip der Ablagerungsbildung

Große Teilchen

Die Bildung einer Ablagerung ist auf den Einfluss der Schwerkraft zurückzufüh-ren, wonach das Teilchen nach der Stokes’schen Regel herunterfällt. Nach dieser Regel ist die Absetzungsgeschwindigkeit im ruhenden Wasser je nach Art des Schwebestoffes und nach dessen Durchmesser äußerst verschieden, vgl. Tabelle 7.

Da sich das Wasser im Umlauf befindet, kann eine Ablagerung der größeren Teilchen nur dann erfolgen, wenn die Geschwindigkeit des Flüssigkeitsstroms niedriger als die Fallgeschwindigkeit ist; die Ablagerungen bilden sich daher in wenig bewegten Bereichen.

Feine Teilchen

Unterhalb des Mikrons findet die Stokes’sche Regel keine Anwendung mehr, da die Teilchen der Ursprung elektrostatischer Erscheinungen sind, wodurch sie auf unbestimmte Zeit im Schwebezustand verbleiben.

Eines dieser feinen Teilchen, dessen Fläche im Vergleich zur Masse sehr groß ist, soll ausführlich untersucht werden.

Die negativen Ionen der Mitte neigen dazu, an der Oberfläche des Teilchens adsorbiert zu werden (Abb. 33 a). Dadurch wird ein unbeständiger Zustand her-vorgerufen, da in der Natur keine freien negativen Ladungen bestehen können.

Es bildet sich also mehr oder weniger eine Schicht positiver Ionen an der Ober-fläche (Abb. 33 b). Diese positiven Ionen, eine kompakte oder starre Schicht, auch Stern’sche Schicht genannt, neutralisieren die negativen Ladungen nur teilweise.

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96 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Des Weiteren ist in der Lösung ein Gemisch aus positiven und negativen La-dungen vorhanden, und zwar mit einem Überschuss an positiven Ladungen, der zur vollständigen Neutralisierung (Abb. 33 c) der negativen Ladungen ausreicht.

Die positiven Ladungen sind äußerst beweglich. Der Bereich zwischen der Stern’schen Schicht und der elektrisch neutralen Lösung ist unter der Bezeichnung der Gouy’schen Schicht oder diffusen Schicht bekannt. Das Ganze wird mit „dop-pelter Helmholtzschicht“ bezeichnet.

Die elektrischen Ladungen rufen die gegenseitige Abstoßung der einzelnen Teilchen hervor, was die sog. Braun’sche Bewegung mit sich bringt. Die einzel-nen Teilchen können sich daher weder absetzen noch aneinander prallen, um sich zu größeren Massen, die sich ablagern könnten, zu vereinigen.

Wenn sich ein aufgeladenes Teilchen in Bezug auf seine Umgebung fortbe-wegt, bewegt sich die Flüssigkeit mit ihm fort. Zwischen der durch das Teilchen mitgerissenen Flüssigkeit und der Masse der Flüssigkeit besteht eine Schärfläche. Das Millivoltpotenzial der Gouy’schen Schicht auf der Ebene der Schärfläche ist das Zetapotenzial.

Das Zetapotenzial, d. h. die auf die Ionisation an der Oberfläche praktisch aller Teilchen in wässriger Suspension zurückzuführende, normalerweise negative Ladung (Elektron), ist eine der bedeutendsten Kräfte der Natur. Seine Hauptauf-gabe besteht darin, die Anfangsabstoßung hervorzurufen, die zur Aufrechterhal-tung der Individualität der im Wasser schwebenden Zellen erforderlich ist, ob im Pflanzen- oder im Tierreich. Wenn diese Abstoßungsladung von ihrem normalen Wert (−15 bis −20 Millivolt) auf null gesenkt wird, erfolgt Koagulation, und es stellt sich der Tod ein.

Abb. 33 Untersuchung eines feinen Teilchens

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5.3 Verschmutzende Ablagerungen 97

Was für lebende Organismen gut ist, trifft nicht unbedingt auf Wasserumlauf-Kühlsysteme zu. Jedes Mal, wenn das Wasser mit den zum Wärmeaustausch bestimmten Stahlflächen in Berührung kommt, versucht das Eisen, in Lösung über-zugehen. Es handelt sich hier nicht um Korrosion, sondern um eine Auflösungser-scheinung.

Um in Lösung überzugehen, muss sich das Metall ionisieren. Es entsteht also eine mit einer positiven Ladung bedeckte Fläche. Wenn sich ein negativ geladenes Teilchen in der Nähe der positiv geladenen Fläche befindet, wird es durch elektro-statische Wirkung angezogen.

Schließlich kommt es zu einer dicken Schicht, die den Wärmeaustausch mindert; die Apparatur wird verschmutzt oder verstopft. Die Verschmutzung ist die Ablage-rung von normalerweise im Schwebezustand befindlichen Stoffen im Gegensatz zum Kesselstein, der die Ablagerung von in Lösung befindlichen Stoffen ist.

Da das Eisen im Wasser löslicher ist als Kupfer, ist die positive Ladung an sei-ner Oberfläche größer. Rohrbündel aus Stahl verstopfen sich daher schneller als Rohrbündel aus „Admiralsbronze“ Kupfer, Zink oder Zinn.

Weitere Ursachen sind Ablagerungen von Mikrobenkolonien, Algen, Bakterien und Pilzen, die sich durch Zellenwucherung bilden. Sie führen zu organischen Gebilden wie Pilzmycelium oder faserigen Algen. Selbst wenn die Zellengebilde aus Einzelzellen bestehen, sind sie untereinander durch oft konsistenten Schleim verbunden, der einen bedeutenden Verstopfungsfaktor darstellt. Näheres hierzu findet sich in Kap. 7.

5.3.2 Verhütung der verschmutzenden Ablagerungen

Physikalische Mittel

Obwohl physikalische Mittel höhere Investitionen erfordern als Behandlungen mit chemischen Produkten, sind sie manchmal unentbehrlich und oft sehr nützlich.

In den Kühlsystemen mit Wasserkreislaufführung ist eine Feinfilterung des Rücknahmewassers äußerst wirksam, was die Ausscheidung hoher Konzentratio-nen an verschmutzenden Substanzen betrifft, die aus Zusatzwasser und Luft kom-men. Es sind zahlreiche wirksame Filtertypen zur Ausscheidung der Feststoffe und Öle erhältlich. Im Allgemeinen durchströmt eine kleine Menge (gewöhnlich 3 bis 8 %) des Rücknahmewassers den Filter. Aufgrund dieser Tatsache werden die Schwebeteilchen auf ein Minimum reduziert und die Konzentration an verschmut-zenden Substanzen wird auf die ziemlich großen Teilchen beschränkt.

Filter und sogar Siebe auf der Höhe der Lufteinlässe der Kühltürme können den Gehalt an aus der Luft kommenden Schmutzstoffen herabsetzen, insbesondere bei den Systemen mit Luftreiniger, die in der Textil- und Tabakindustrie verwendet werden. Siebe müssen immer dann eingesetzt werden, wenn irgendwelche Rest-stoffe, Vögel oder Insekten Probleme verursachen können.

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98 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Chemische Mittel

Chemikalien sind die hauptsächlichen Mittel zur Verhütung von Ablagerungen. Sie stehen in großer Zahl zur Verfügung.

Polymere

• Natürliche organische Polymere wurden als erste verwendet; es handelte sich um Tannine, Alginate und Stärkemittel. Sie ergaben recht gute Ergebnisse, je-doch nur, wenn sie in ziemlich hohen Konzentrationen von 50 bis 200 ppm und mehr verwendet wurden.

• Acrylpolymere mit niedrigem Molekulargewicht, die in viel geringeren Men-gen wirksam sind, sind heute an deren Stelle getreten. Es handelt sich um Poly-acrylate in Form von Natriumsalzen. Sie wurden bereits vorgestellt.

• Polymerisate mit niedrigem Molekulargewicht haben eine besonders große ablagerungsverhindernde Wirkung. Die im Handel erhältlichen Polymere haben ein Molekulargewicht unter 10.000.

Sie wirken nicht nur als komplex bildende Mittel für die mehrwertigen Ionen (komplex bildend, aber nicht sequestrierend), sondern auch als Dispergiermittel durch Adsorption. Da jedoch ihr Molekulargewicht recht niedrig ist, haben sie keine koagulierende Wirkung.

Sie haben eine dispergierende und gleichzeitig kesselsteinverhütende Wirkung, indem sie das kristalline Gitter der Niederschläge verformen. Des Weiteren ver-hindern sie die Ablagerung.

Andere synthetische Polymere wirken auf gleiche Weise, sie sind i. Allg. auf Maleinsäureanhydridbasis hergestellt.

Polyphosphate Polyphosphate mit verschiedenen Kettenlängen werden seit vielen Jahren bei der Behandlung des Eisen(III)-Schlammes und bei der Beseitigung von Kalkstein verwendet. Sie werden bei der Behandlung der warmen Haushaltswässer einge-setzt, allein oder zusammen mit Polysilikaten.

Polyphosphate haben jedoch die Eigenschaft, sich langsam zu hydrolisieren und daher ein wenig von ihrer Wirksamkeit zu verlieren. Diese Frage wird in Kap. 6 behandelt, da die Polyphosphate insbesondere als Korrosionsschutzmittel verwen-det werden.

Polynaphthylmethansulfonate (PNMS) Es handelt sich hier um anionische Dispergiermittel, die in ihren Molekülen meh-rere Naphthylsulfonkerne besitzen, die durch Methylenbrücken miteinander ver-bunden sind. Sie haben ausschließlich dispergierende Wirkung ohne jegliche Schaumentwicklung. Sie sind bei allen in Kühlwasser vorkommenden pH-Werten aktiv.

Sie halten die ablagerungsbildenden Stoffe im Schwebezustand, die folglich mit dem Ablaufwasser entfernt werden. Sie bewirken eine bemerkenswerte Ver-flüssigung der mineralischen Ton- und Schlammsuspensionen und ermöglichen

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5.3 Verschmutzende Ablagerungen 99

es, den an Trockensubstanz viel reicheren Schlamm aus den Vorbehandlungsanla-gen abzuführen. Sie werden in Kühlsystemen wenig benutzt.

Tenside Die eigentlichen Tenside sind Moleküle mit einer langen Hydrophobkette oder –gruppe und einer solubilisierenden Gruppe mit viel geringerer Länge. Ihre Hauptei-genschaft besteht darin, die Oberflächenspannung des Wassers herabzusetzen und emulgierend zu wirken.

Sie werden verwendet, um die verschmutzenden oder die Wasserverdampfung störenden, öligen Substanzen, die man infolge des Einsatzes von Schmutzwasser oder aufgrund von Lecks in der Anlage antrifft, zu emulgieren. Sie sind auch bei der Dispersion von mikrobiologischem Schlamm wirksam. Die Senkung der Ober-flächenspannung verbessert außerdem die Wirkung der verwendeten Biozide. Einige dieser chemischen Zusammensetzungen können in Gebieten mit starken Turbulenzen Schaum bilden.

5.3.3 Ablagerungsverhindernde Behandlungen

Das Wissen um die existierenden Behandlungsmittel ist unentbehrlich, genügt jedoch allein nicht, um eine ablagerungsverhindernde Behandlung auswählen zu können. Die Ablagerung kann durch Elemente, die sich im Zusatzwasser befinden, hervorgerufen werden oder auf solche zurückzuführen sein. Auf jeden Fall ist es wichtig, die Art der Ablagerung zu kennen. Tabelle 28 zeigt eine typische Analyse von Ablagerungen.

Probe A stammt aus dem Kühlturmsystem einer großen Chemiefabrik, die für die Korrosions- und Ablagerungskontrolle Zinkformel/organische Zusammenset-zung verwendet. Die Verstopfungsstoffe werden durch einen sehr hohen Ab-brandverlust und das Vorhandensein von Eisenoxid und Zinkoxid sichtbar. In diesem Fall fällt der Korrosionsinhibitor selbst aus und tritt in Form von Zinkoxid und Abbrandverlust auf. Diese Ablagerung kann durch Detergenzien und saure Reinigungsmittel eliminiert werden. Um jedoch ein erneutes Erscheinen zu ver-hindern, ist es nötig, den Korrosionsinhibitor zu wechseln oder die Dosierung zu verringern.

Probe B stammt aus einem Kühlwassersystem mit einer Kreislaufführung; ver-wendet in einer großen Raffinerie. Dies trifft man häufig bei Kühlsystemen an, die Flusswasser verwenden. Die hohen Anteile an Aluminiumoxid und Siliziumoxid entsprechen den Schlemmlandböden der Flüsse. Die Konsequenz dieser Ablage-rung ist die Korrosion der Einrichtungen, also die Bildung von Eisenoxid. Die ande-ren Bestandteile, die sich durch die Analyse zeigen, stammen aus den im Flusswas-ser enthaltenen Schadstoffen, die in der Ablagerung eingeschlossen sind. Da kein Korrosionsinhibitor verwendet wird, werden die verstopfenden Substanzen am einfachsten durch Schlammverflüssiger entfernt. Ein saures Reinigungsmittel kann ebenfalls bis zu einem gewissen Grad wirken. Zur Vorbeugung ist jedoch häufig der kontinuierliche Zusatz eines Dispergiermittels nötig.

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100 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

Probe C ist eine Ablagerung aus einem mit Flusswasser gespeisten Kühlsystem einer Raffinerie. Die Analyse zeigt wieder das Problem der Verschmutzung und des Einschlusses des Schlamms (AI2O3, SiO2) in der Ablagerung. Eine regelmäßi-ge Chlorbehandlung hat nicht ausgereicht, um diese Ablagerungen zu vermeiden.

Die Installation eines abgeleiteten Filters könnte das System effizient reinigen. Es ist nötig, eine effiziente Verflüssigungsbehandlung kombiniert mit Biozid ein-zurichten, um das System von Problemen aller Art zu befreien.

Funktionsweise des Kühlsystems und seine Eigenschaften

Die Funktionsweise des Kühlsystems und seine spezifischen Eigenschaften müs-sen kontinuierlich analysiert werden. Das Öffnen der Wärmeaustauscher und die Überprüfung der Installationen während des programmierten Anhaltens erlauben es, mögliche Ablagerungen zu kontrollieren. Ansonsten müssen Proben zur Ana-lyse entnommen werden.

Geschwindigkeit

Jedes Kühlsystem hängt von der gleichmäßigen und konstanten Strömung des Wassers auf den Oberflächen der Wärmeaustauscher ab. Da sich die verschmut-zenden Substanzen i. Allg. in Suspension im Wasser befinden, setzen sie sich in Bereichen mit schwacher Strömung, z. B. in den Becken der Kühltürme oder in den Luftkondensatoren ab. Dies geschieht vor allem an Stellen, an denen sich die Geschwindigkeit plötzlich ändert, wie in den Wasserbehältern der Wärmeaustau-scher oder an den Wandungen und Mänteln der Rohrbündel.

Tabelle 28 Typische Analyse von Ablagerungen und Schmutzstoffquellen (Trockenprobe: 24 Stunden bei 110 °C)

Test A B C

Asche 30 % 17 % 55 %

AI2O3 2 % 35 % 12 %

SiO2 1% 13 % 8 %

CaO 10 % 4 % 1 %

Fe2O3 30 % 25 % 23 % P2O5 — 4 % 1 %

ZnO 25 % — —

CO2 2 % — —

SO3 — 2 % —

Insgesamt 100 % 100 % 100 %

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5.3 Verschmutzende Ablagerungen 101

Temperatur

Die Risiken der Verstopfung (oder Verschmutzung) erhöhen sich mit steigender Temperatur. Dies ist auf den „Brenneffekt“ an den Flächen, auf denen sich die Schmutzstoffe absetzen sowie auf die Neigung zur Kesselsteinablagerung zurück-zuführen. Des Weiteren wirken sich die Erhöhung des Korrosionsgrades, die schnelleren Reaktionen und der Wirkungsverlust gewisser verstopfungsverhin-dernder Mittel aus.

Art der Ausrüstung

Die Art der verwendeten Ausrüstung kann zur Erhöhung der Verstopfung beitra-gen. So können die Wärmeaustauscherrohre, die über die Rohrwand hinausgehen, zu einer schnellen Verschmutzung führen. Die Bimetallelemente der Rohre aus „Admiralsbronze“ und die Rohrwände oder Ablenkplatten aus Stahl können auf Korrosionsprodukte zurückzuführende Verstopfungen verursachen.

Ursprung und Behandlung des Wassers

Das in einem Kühlwassersystem verwendete Wasser ist je nach Herkunft oder erfahrener Behandlung verschieden. Das Wasser, d. h. seine Trübung, Salzhaltig-keit oder Härte ändern sich je nach den gegebenen Witterungsverhältnissen. Die Qualität eines behandelten Wassers kann sich während seiner Klärung aufgrund der zugesetzten Chemikalien ändern. Manchmal kann die gesamte Schlamm-schicht infolge eines Temperaturwechsels mitgerissen werden (Phänomen der Nachflockulation).

Beobachtungen und menschliche Kontrollen

Die Betriebsweise der Kühlsysteme muss streng überwacht werden. Ein un-zweckmäßiger Einsatz der Ausrüstung, z. B. die Verminderung der Strömung durch die Wärmeaustauscher, kann eine ernsthafte Verschmutzung oder Verstop-fung hervorrufen. Die Verschmutzung kann kontrolliert werden durch

• die Beseitigung der verschmutzenden Substanzen nach ihrer Bildung, • ein regelmäßiges Wartungsprogramm, • eine regelmäßige Säurewäsche zur Ausscheidung der verschmutzenden Sub-

stanzen, • ein vorbeugendes Programm.

Oft kombiniert man das vorbeugende Programm und die Reinigung, wenn das vorbeugende Programm nicht vollständig wirksam ist.

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102 5 Ablagerungen und Ihre Behandlung

5.4 Kontrolle und Beobachtung

Die Qualitätskontrolle und Entwicklung des Wärmeaustauschers sind eng verbun-den mit der Auswertung der Qualität der Wasserbehandlung in einem Kühlsystem. Von der Qualität des Wärmeaustauschers hängt der Nutzeffekt der gesamten Pro-duktion ab. Die Kontrolle kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden.

5.4.1 Prüfung des Ablagerungsumfangs auf einer Kontrollfläche

Die Prüfung des Ablagerungsumfangs lässt sich wie folgt vorbereiten:

• Bereitstellung von Reagenzgläsern an einer Stelle mit höchster Temperatur, • Entnehmen dieser Reagenzgläser nach 4, 6 oder 8 Wochen, • Prüfung und Analyse der organischen und anorganischen Ablagerung, • 1 Stunde lang Trocknen bei 110 °C, • Messen des Ablagerungsumfangs durch magnetische Induktionsvariation, wenn

die Oberfläche magnetisch ist oder durch Foucault-Strom, wenn die Oberfläche nicht magnetisch ist.

Die für die Untersuchung der Korrosion verwendeten Reagenzgläser können der Überprüfung von Kesselstein angepasst werden.

Art und Umfang der Ablagerung geben – je nach Dauer – Auskunft über die Art der Funktionsstörung der Behandlung und die durchzuführenden Korrekturen.

Diese vergleichende Kontrolle auf Zeit hat den Nachteil, dass das Kontrollrea-genzglas nicht einem Wärmeaustauscher unterworfen wird.

5.4.2 Prüfung des Leistungsverlusts eines Testaustauschers

Nach der Reinigung gibt die Prüfung des Leistungsverlusts eines Austauschers, der für seine stabile Menge an Wasser und seine schwierigen Wärmeaustauscher-bedingungen bekannt ist, Auskunft über die Art und die Entwicklung der Ver-schmutzung.

Diese Methode ist ganz besonders bei einer Verschmutzung biologischen Ur-sprungs anwendbar.

5.4.3 Prüfung eines Kontrollaustauschers

Hierbei handelt es sich um eine sehr wichtige Maßnahme, da sie die Leistung der Produktionseinheit ausdrückt. Die Austauschqualität wird durch den Übertra-gungskoeffizienten dargestellt; vgl. Abschn. 3.4.

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5.4 Kontrolle und Beobachtung 103

Das Messen und die systematische Kontrolle des Wärmeübertragungskoeffi-zienten können also mit der Kenntnis von sechs Werten, vier Temperaturen und zwei Mengen durchgeführt werden. Auch hier müssen zuverlässige Messungen zur Verfügung stehen.

Zu den Kontrollmethoden des Kesselsteins und der Verschmutzung gehören auch analytische Überprüfungsmethoden.

Prüfung des Umlaufwassers

• Vergleich der Konzentrationsverhältnisse: TH Ca, SO4, DI, wenn dies möglich ist,

• Bakterienzählung.

Prüfung der wiederverwendeten Ablagerungen

• quantitative und qualitative Dosierung der Elemente, • Analyse durch Spektroskopie mit Röntgenstrahlen, die die Identifizierung der

Mineralverbindungen und ihre Kristallisierungsform ermöglichen.

Abb. 34 T1 = Eingangstemperatur des Kühlwassers; T2 = Ausgangstemperatur des Kühl-wassers; t1 = Eingangstemperatur des Verfahrens; t2 = Ausgangstemperatur des Verfahrens (alles in °C)