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KIAS, Ulrich: Zur numerischen Taxonomie in der Bodenkunde: Möglichkeiten und Grenzen der Ableitung von Bodeneinhei'ten aus den Daten der Reichs-BodenSchätzung 1. Ausgangslage Ausgangspunkt unserer Überlegungen (wenn ich sage unserer Überlegungen, so meine ich damit die Arbeitsgruppe am Lehrstuhl Landschaftsökologie Münster, die sich im Rahmen zweier Forschungsprojekte mit Fragen der Aufbereitung und Nutz- barmachung der Daten der Reichsbodenschätzung befaßt, nämlich der Projekte: 'Neue Kommunikationswege in den Geowissenschaften mit Hilfe der ADV und 'An- wendung rechnergestützter Auswertungsverfahren für Bodendaten'), Ausgangspunkt unserer Überlegungen also ist die Tatsache, daß die Daten der Reichsbodenschätzung nach wie vor in weiten Teilen der Bundesrepublik die ein- zige bodenkundliche Informationsquelle größeren Maßstabs darstellen. Eine Erschließung dieser vielfach nur in den Schubladen der Finanzämter lagernden Daten ist daher von größtem Interesse. Zwar wurden diese Daten in erster Linie für physikalische Zwecke erhoben und außerdem repräsentieren sie nicht mehr den neuesten Stand bodenkundlichen Wissens, dennoch dürften in nächster Zeit bodenkundliche Daten dieser maßstäblichen Genauigkeit kaum flächendeckend erho- ben werden können. Einerseits können die Daten der Reichsbodenschätzung in korrigierter und aufbereiteter Form als erste Informationsquelle für die bodenkundliche Feldaufnahme durch die geologischen Landesämter dienen, anderer- seits aber auch bei Planungsvorhaben, die auf ökologische Daten zurückgreifen müssen und in möglichst kurzer Zeit flächendeckende Aussagen erfordern, bei Nichtvorliegen moderner Bodenkarten aushilfsweise an deren Stelle treten. 2. EDV-Konzeption Eine nutzbringende Anwendung im Sinne der ersten Fragestellung ist, wie gesagt, nicht neu, das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung (NLBF) etwa legt bei seinen Kartierarbeiten seit ehedem die Bodenschätzung als Hilfsmittel zu- grunde. Eine umfassende, wie unter 1. skizzierte Ausnutzung der Daten der Reichsbodenschätzung ist jedoch nur möglich, wenn dafür rechnergestützte Bear- beitungs- und Auswertungsverfahren herangezogen werden. Vorteile gegenüber konventionellen Methoden lassen sich wie folgt zusammenfassen: o Nur einmal erforderliche manuelle Datenaufbereitung, o permanente Speicherung der bodenkundlichen Informationen, o vielfältige Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten, o vielfältige Ausgabe- und Darstellungsmöglichkeiten in Karten- und Tabellen- form sowie als Auswertungsdateien. Vor allem im Hinblick auf die zeitliche und personelle Kapazität scheint eine Bewältigung der angerissenen Aufgaben nur über die EDV möglich. In diesem Zu- sammenhang konnte auf Vorarbeiten des NLFB zurückgegriffen werden, das jahre- lange Felderhebungen und -vergleiche zur Aufbereitung der Bodenschätzungsdaten in Form eines Übersetzungsschlüssels zusammenfaßte (FLEISCHMANN, HACKER u. OELKERS, 1979). Dieser Schlüssel, der überwiegend auf Untersuchungen in niedersächsischen Bodenlandschaften fußt, wurde am Lehrstuhl Landschaftsökologie Münster in ein EDV-Programm umgesetzt (HEINEKE, 1981). In- zwischen liegt auch eine erste Version vor, die die speziellen Gegebenheiten Baden-Württembergs berücksichtigt und die z.Zt. anhand weiterer Testflächen KIAS, Zürich 313

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KIAS, Ulrich: Zur numerischen Taxonomie in der Bodenkunde: Möglichkeiten undGrenzen der Ableitung von Bodeneinhei'ten aus den Daten derReichs-BodenSchätzung

1. Ausgangslage

Ausgangspunkt unserer Überlegungen (wenn ich sage unserer Überlegungen, someine ich damit die Arbeitsgruppe am Lehrstuhl Landschaftsökologie Münster, diesich im Rahmen zweier Forschungsprojekte mit Fragen der Aufbereitung und Nutz-barmachung der Daten der Reichsbodenschätzung befaßt, nämlich der Projekte:'Neue Kommunikationswege in den Geowissenschaften mit Hilfe der ADV und 'An-wendung rechnergestützter Auswertungsverfahren für Bodendaten'), Ausgangspunktunserer Überlegungen also ist die Tatsache, daß die Daten derReichsbodenschätzung nach wie vor in weiten Teilen der Bundesrepublik die ein-zige bodenkundliche Informationsquelle größeren Maßstabs darstellen. EineErschließung dieser vielfach nur in den Schubladen der Finanzämter lagerndenDaten ist daher von größtem Interesse. Zwar wurden diese Daten in erster Liniefür physikalische Zwecke erhoben und außerdem repräsentieren sie nicht mehr denneuesten Stand bodenkundlichen Wissens, dennoch dürften in nächster Zeitbodenkundliche Daten dieser maßstäblichen Genauigkeit kaum flächendeckend erho-ben werden können. Einerseits können die Daten der Reichsbodenschätzung inkorrigierter und aufbereiteter Form als erste Informationsquelle für diebodenkundliche Feldaufnahme durch die geologischen Landesämter dienen, anderer-seits aber auch bei Planungsvorhaben, die auf ökologische Daten zurückgreifenmüssen und in möglichst kurzer Zeit flächendeckende Aussagen erfordern, beiNichtvorliegen moderner Bodenkarten aushilfsweise an deren Stelle treten.

2. EDV-Konzeption

Eine nutzbringende Anwendung im Sinne der ersten Fragestellung ist, wie gesagt,nicht neu, das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung (NLBF) etwa legtbei seinen Kartierarbeiten seit ehedem die Bodenschätzung als Hilfsmittel zu-grunde. Eine umfassende, wie unter 1. skizzierte Ausnutzung der Daten derReichsbodenschätzung ist jedoch nur möglich, wenn dafür rechnergestützte Bear-beitungs- und Auswertungsverfahren herangezogen werden. Vorteile gegenüberkonventionellen Methoden lassen sich wie folgt zusammenfassen:

o Nur einmal erforderliche manuelle Datenaufbereitung,

o permanente Speicherung der bodenkundlichen Informationen,

o vielfältige Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten,

o vielfältige Ausgabe- und Darstellungsmöglichkeiten in Karten- und Tabellen-form sowie als Auswertungsdateien.

Vor allem im Hinblick auf die zeitliche und personelle Kapazität scheint eineBewältigung der angerissenen Aufgaben nur über die EDV möglich. In diesem Zu-sammenhang konnte auf Vorarbeiten des NLFB zurückgegriffen werden, das jahre-lange Felderhebungen und -vergleiche zur Aufbereitung der Bodenschätzungsdatenin Form eines Übersetzungsschlüssels zusammenfaßte (FLEISCHMANN, HACKER u.OELKERS, 1979). Dieser Schlüssel, der überwiegend auf Untersuchungen inniedersächsischen Bodenlandschaften fußt, wurde am LehrstuhlLandschaftsökologie Münster in ein EDV-Programm umgesetzt (HEINEKE, 1981). In-zwischen liegt auch eine erste Version vor, die die speziellen GegebenheitenBaden-Württembergs berücksichtigt und die z.Zt. anhand weiterer Testflächen

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[Dateiaufbau aus den korrigiertenDaten der RBS (AUFBAU)

Ausdruck der Datender RBS auf einemFormblatt (CONTRL)

1

Obersetzung der Daten der RBS 1nheutigen bodenkundlichen Sprach-gebrauch, Ableitung von Horizont-symbolen (EINBW, UEBERBW, MISCHBW)

Ausdruck der über-setzten Daten aufeinem Formblatt(CONTRL)

Aufbereitung der übersetzten Datenzur Ableitung von Bodeneinheitenauf dem Wege der numerischen Taxo-nomie (AU S WERT)

Ableitung vonwichtigen Parame-tern zur Kennzeich-nung des ßodenwas-serhaushaltes (NFK)

Ausdruck in Tabel-lenform (NFK)

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Ableitung von Bodeneinheiten (CAM)

Ausdruck der Zugehörigkeit der Pro-file zu Bodeneinheiten

Abbildung 1: Bisher vorliegende Programmbausteine zur Auswertung derReichsbodenschätzung (Programmnamen in Klammern)

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noch verbessert wird (KIAS, 1981). Abbildung l auf Seite 314 zeigt einenÜberblick über die bisher vorliegenden Programmbausteine zur Auswertung derReichsbodenschätzung sowie deren Stellung im Rahmen des Programmsystems.

3. Die Programmkomponenten

Ich möchte insoweit kurz auf die Programme eingehen, als es mir im Hinblick aufdie darauf aufbauende Auswertung nützlich erscheint.

Das Programm AUFBAU dient dazu, die Daten auf elektronischen Datenträgern auf-zunehmen. Es ist als Dialogprogramm geschrieben, a l l e Angaben zum Dateiaufbauwerden also vom Bearbeiter über den Bildschirm eingegeben, wobei gleichzeitigwährend der Eingabe Fehlerkorrekturmöglichkeiten sowie eine Wiederholungsauto-matik angeboten werden, so daß immer wiederkehrende Angaben nur einmal eingege-ben bzw. nur bei Änderung neu eingegeben werden müssen. Hiermit sind vor allemTitel Informationen gemeint, wie TK-Nummer, Blattname, etc.. Die Datei Struktursieht dann wie in Abbildung 2 dargestellt aus.

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\FELDNAME\j\INHALT\j ..

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BLOCKE MITV- HORIZONTBE-

SCHREIBUNGEN

Abbildung 2: Die Datei Struktur nach AUFBAU

Der zweite Schritt der Aufbereitung beinhaltet die Übersetzung derSchätzungsdaten in den heutigen bodenkundlichen Sprachgebrauch, nämlich bezogenauf die Substratbezeichnungen und die horizontkennzeichnenden Merkmale sowiedie Ableitung von Horizontsymbolen (Programme EIN, UEBER, MISCH).

Ausdrucke der bodenkundlichen Datei in der Form des neuen bodenkundlichen Auf-nahmeformulars der geologischen Landesämter liefert die Routine CONTROL. Damitsoll eine möglichst gute Lesarbeit für den bodenkundlichen Anwender und gleich-zeitig eine Standardisierung erreicht werden. Es können Ausdrucke sowohl derRohdaten als auch der übersetzten Daten vorgenommen werden (Abbildung 3 aufSeite 316 und Abbildung 4 auf Seite 317).

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Abbildung 3: EDV-AusdruckProfilbohrung

der nicht übersetztenmit dem Programm CONTRL

Daten

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Abbildung 4: EDV-Ausdruck der übersetzten Daten einer Profilbohrung mitdem Programm CONTRL

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Doch nun zum eigentlichen Schwerpunkt meiner Ausführungen, nämlich der Ablei-tung von Bodeneinheiten aus den auf diese Weise aufbereitendenBodenschätzungsdaten. Unter Rückgriff auf die übersetzten Daten liefert dasProgramm AUSWERT eine Datei, die als Input für Verfahren der numerischenTaxonomie eingesetzt werden kann. Dazu werden die nominal skalierten Daten, wieBodenart sowie die ordinal skalierten Daten, wie Humus- und Kalkgehalt entspre-chend den Angaben der Kartieranleitung Bodenkunde (1971) in metrische Datenumgesetzt, und zwar in der Form:

o %-Gehalte der Tonfraktion

o %-Gehalte organische Substanz

o %-Gehalte CaC03 (Calziumkarbonat)

Insgesamt wurde ein Datensatz von 54 Variablen erstellt:

o ein Indikator für die Entwicklungstiefe (Oberfläche des C-Horizontes in we-niger als 10 dm) (als binäre Variable)

o ein Indikator für die Hydromorphie (Oberfläche des S- oder G-Horizontes inweniger als 10 dm) (als binäre Variable)

o die Zustandsstufe

o die Bodenzahl bzw. Grünlandgrundzahl

o Variablen zur Kennzeichnung des Gehaltes an organischer Substanz je 0,5 dmbis in eine Tiefe von 5 dm (10 Variable)

o Variablen zur Kennzeichnung des Tongehaltes je 0,5 dm bis in eine Tiefe von10 dm (20 Variable)

o Variablen zur Kennzeichnung des Gehaltes an CaC03 je 0,5 dm bis in eineTiefe von 10 dm (20 Variable).

Eine solche Aufbereitung der Daten wurde gewählt, um den Verlauf derProfilcharakteristik über die gesamte Profiltiefe möglichst exakt nachzeichnenzu können. Es ist klar, daß je nach Datenlage bei einem solchen Vorgehen inmehr oder weniger starkem Maße Doppel informationen vorliegen werden. Daher wur-de in einem ersten Verarbeitungsschritt eine genaue Datenanalyse mit Angabe vonMittelwert, Standardabweichung, Minimum, Maximum, Schiefe sowie den vorlie-genden Korrelationen durchgeführt, um auf diese Weise zu einer ersten Filterungzu kommen. Dadurch konnte eine erhebliche Variablenreduktion erreicht werden,ohne daß das eigentliche Anliegen, nämlich das Nachzeichnen derProfilcharakteristik, wesentlich beeinträchtigt wird.

Die Durchführung der Rechnungen wurde mit dem an der Universität Münster ent-wickelten Programmpaket CAM (=C1usteranalyse Münster) vorgenommen (de LANGE undSTEINHAUSEN, 1979). Es bietet verschiedene Distanzmaße und Verfahren, die es,ergänzt durch Eingabe- und Ausgaberoutinen, zu einem ziemlich komfortablen Pro-grammsystem machen.

Im vorliegenden Fall wurde als Distanzmaß die Euklid1sehe Distanz gewählt, einÄhnlichkeitsmaß, das nicht zuletzt aufgrund seiner guten Handhabung eine rechtweite Verbreitung gefunden hat, allerdings auch mit einigen Problemen behaftetist. Streng genommen ist dieses Ähnlichkeitsmaß nur bei unkorrelierten Varia-blen korrekt anwendbar. Bei vorliegenden Korrelationen gehen stärkerkorrelierte Merkmale mit demselben Gewicht ein wie schwach oder nicht

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korrelierte Merkmale. Dadurch erhalten solche Informationen indirekt einstärkeres Gewicht als andere. Es läßt sich aber zeigen (HARRIS, 1955, zit. inVOGEL, 1975), daß die Anwendung der euklidischen Distanz bei korreliertenz-standardisierten Variablen das gleiche Ergebnis liefert wie eineDistanzgruppierung unter Zugrundelegung der dazugehörigen Hauptkomponenten, ge-wichtet mit ihrem Eigenwert, also dem Wert, der ein Maß für den Anteil derjeweils durch sie erklärten Varianz darstellt. Diese Ausführungen deuten be-reits an, und im folgenden soll das noch klarer werden, daß dasKlassifikationsergebnis durch verschiedene subjektive Elemente beeinflußt wird.Bereits die Auswahl der Klassifikationsmerkmale ist ein solches subjektivesElement, in dem streng genommen hierbei eine Gewichtung mit den Gewichten 0 undl vorgenommen wird. Eine Klassifikation kann also nicht, wie vielfachfälschlich dargestellt, den Anspruch auf 'Objektivität' erheben, vielmehrbemißt sich die Qualität einer Clusteranalyse an dem aus fachwissenschaftlicherSicht betrachteten und als plausibel erachteten Ergebnis.

Um nicht mißverstanden zu werden: Ich möchte hier nicht der Willkür das Wortreden, worum es mir geht ist, daß bei kritischer Sichtung und Kontrolle des Da-tenmaterials in bestimmten Fällen Korrelationen in Kauf genommen werden, dieunter Umständen aus fachwissenschaftlicher Sicht sogar sinnvoll sein können undeine sinnvolle Interpretation der Ergebnisse möglich machen.

Eine Manipulation der Gruppenbildung wurde dergestalt vorgenommen, daß die Va-riablen zur Kennzeichnung von Hydromorphie sowie geringer Entwicklungstiefe mitdem Faktor 5 gewichtet wurden, um von vornherein eine aus bodenkundlicher Sichtsinnvolle Klassentrennung zu erreichen. Man hätte statt dessen auch eine ge-schichtete Clusteranalyse nach vorheriger Trennung vornehmen können, ausGründen der Arbeitsvereinfachung wurde aber die beschriebene Vorgehensweisegewählt. Des weiteren erfolgte bei der Arbeit mit dem Originaldatensatz einer-Standardisierung der Variablen, um den Einfluß der Maßeinheiten auf das Grup-pierungsergebnis zu eliminieren, d.h. das Objekt mit dem größten Wert erhieltden Wert l, das Objekt mit dem kleinsten Wert den Wert 0, die Spannweitebeträgt also 1. Diese Standardisierung führt gleichzeitig zu einer größerenTrennschärfe bei der Klassenbildung.

Wie bereits aus einer früheren Analyse von HEINEKE (1979) hervorgeht, stelltesich der Gruppierungsalgorithmus nach WARD als das Verfahren heraus, das fürdie vorliegende Fragestellung die besten Ergebnisse liefert, wobei durch einenanschließenden Lauf mit dem HILL-CLIMBING-Verfahren zur direkten Verbesserungdes Varianzkriteriums eine weitere Optimierung möglich ist. Auch stellte sichim Rahmen dieser Untersuchung heraus, daß eine vorgeschaltete Hauptkomponenten-analyse keine aus fachwissenschaftlicher Sicht besseren Ergebnisse liefert,allerdings Erschwernisse bei der Interpretation.

Abschließend zum Ergebnis:Aufgrund der gewählten Vorgehensweise ist eine einfache, auch noch für denNichtfachmann nachvollziehbare Interpretation möglich bei gleichzeitig qualita-tiv zufriedenstellenden Ergebnissen. Als Beispiel für die Ergebnisdarstellungsollen hier Abbildung 5 auf Seite 320 sowie Tabelle 6 auf Seite 321 dienen.Die Darstellung zeigt einen Ausschnitt aus dem Testgebiet Ketsch in der Nähevon Schwetzingen/Mannheim (Topograph. Karte 1:25000, Blatt 6617). Es handeltsich bei diesem Testgebiet um ein Transsekt von der Rheinaue auf die Niederter-rasse.

Zum Schluß erlauben Sie mir noch e.ine Bemerkung: Ich bin mir durchaus imklaren, daß manche Probleme noch im Detail liegen und Vieles hier nur ange-rissen werden konnte. Ein großes Problem ist insbesondere auch noch dieExtrapolation der punktuellen Information in den Raum, wenn man nicht letztlichdoch wenig zufriedenstellende Verfahren, wie die Konstruktion vonThiessenpolygonen mit anschließender Glättung verwenden w i l l , die mit

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Abbildung 5: Ergebnisdarstellung eines Ausschnittes aus dem TestgebietKetsch (Plotterkarte)

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A. Cluster mit tiefgründig entwickelten Böden

Cluster l : schwachsandig-sandige bis tonige Schluffe, meist schwach humos bishumos, Bodenzahlen meist zwischen 50 bis 60

Cluster 2 : schwachschluffige Sandböden bis tonige Schluffe, im Oberboden durch-gängig humos, häufig über das gesamte Profil kalkhaltig, Bodenzahlenum 60

Cluster 3 : schwach schluffige Sandböden, im Oberboden schwach humos bis humos,Bodenzahlenintervall zwischen 40 und 50

B. Cluster mit weniger tiefgründig entwickelten Böden

Cluster 4 : schluffige Tonböden bis tonige Schluffe, im Oberboden durchgängig hu-mos, selten schwach humos, alle Profile mit hohem Kalkanteil, meistüber das ganze Profil kalkhaltig, Bodenzahlenschwerpunkt 60

Cluster 5 : schluffige Tonböden bis tonige Schluffe, überwiegend stärker humos,kalkfrei, Bodenzahlen zwischen 50 bis 60

Cluster 6 : schwachsandige Lehmböden bis tonige Schluffe, alle Profile im Ober-boden durchgängig humos, im Oberboden ebenfalls kalkhaltig, im Unter-boden meist mergelig, Bodenzahlen über 60

Cluster 7 : sandige Lehmböden bis lehmige Sandböden, mäßig humos bis humos, Pro-file meist kalkhaltig, Bodenzahlenschwerpunkt bei 60

C. Cluster mit hydromorphen Böden

Cluster 8 : Moorböden, mit mineralischem Auflagehorizont (mineralische Auflagemeist stark schluffiger Ton), Auflage mäßig humos bis humos, Boden-zahlen um 40

Cluster 9 : Moorböden, Bodenzahlen zwischen 20 und 30

Tabelle 6: Bodenkundliche Beschreibung der Cluster des Testgebietes Ketsch

bodenkundlicher Grenzziehung wohl sehr wenig zu tun haben. Allerdings bin ichder Meinung, daß wir Ergebnisse produzieren konnten, die ermutigen, den einge-schlagenen Weg weiterzugehen.

Literatur

1. ARBEITSGEMEINSCHAFT BODENKUNDE: Kartieranleitung - Anleitung und Richtli-nien zur Herstellung der Bodenkarte 1:25000, Hannover, 1971

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2. FLEISCHMANN, R., HACKER, E. und OELKERS, K.-H.: Vorschlag zu einemÜbersetzungsschlüsse] für die automatische bodenkundliche Auswertung derBodenschätzung, Geol. Jahrbuch, H. F6, S. 3-23, 1979

3. HEINEKE, H.J.: Möglichkeiten der Verarbeitung der Bodenschätzungsergebnissemit Hilfe taxonomischer Verfahren. Diplomarbeit LehrstuhlLandschaftsökologie der Universität Münster (unveröffentlicht), 1979

4. HEINEKE, H.J.: Zum Aufbau eines EDV-gestützten räumlichen Informationssy-stems zur ökologischen Auswertung von Bodendaten, Klagenfurter Geogr.Sehr., Bd. 2, S. 343-351

5. KIAS, U., unter Mitwirkung von HECKMANN, H.J. und HEINEKE, H.J.: Anwendungrechnergestützter Auswertungsverfahren für Bodendaten; Ergebnisbericht desForschungsauftrages der Landesanstalt für Umweltschutz BW, verv.Manuskript, Münster, 1981

6. de LANGE, N. und STEINHAUSEN, D.: Programmpaket zur automatischen Klassi-fikation - Verfahren zur Clusterung quantitativer und qualitativer Daten,Sehr.r.d. RZ der Universität Münster, H. 36, 1979

7. VOGEL, F.: Probleme und Verfahren der numerischen Klassifikation,Göttingen, 1975

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