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1 kirchenPÄDAGOGIK Zeitschrift des Bundesverbandes Kirchenpädagogik e.V., Ausgabe 1/2002 Kirchenpädagogik in Theorie und Praxis Aktuelle Informationen und Angebote zur Weiterbildung Schwerpunkt: Mitgliederversammlung 2001

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1kirchenPÄDAGOGIK

Zeitschrift des Bundesverbandes Kirchenpädagogik e.V., Ausgabe 1/2002

Kirchenpädagogik in Theorie und Praxis

Aktuelle Informationen und Angebote zur Weiterbildung

Schwerpunkt: Mitgliederversammlung 2001

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Ausgabe 1/2002

Inhalt

INHALT

Impressum ........................................................................ 2

Editorial ............................................................................ 3

Grußwort .......................................................................... 4

Diskussion5

Was ist Kirchenpädagogik? ............................................. 5

Wenn Liturgik und Didaktik sich küssen ...................... 12

Mit Kinderaugen durch den Dom .................................. 16

Aus den Regionen20

„Vom Abstellraum zur Wohnung Gottes“ ...................... 20

Geglückte KooperationKirchenführerausbildung in Niedersachsen .................. 22

Mitgliederversammlung23

Kinder verdienen einen herausragenden Platz .............. 23

Thesen zur Kirchenpädagogik ....................................... 24

Die Calenberger Neustadt in Hannoverund ihre Kirchen in der „Straße der Toleranz“ .............. 26

Arbeitsbögen .................................................................. 30

Methoden zu Erschließung bzw.zum Erstzugang .............................................................. 33

Nachtrag zur Kirchenpädagogen-Tagungim September in Hannover ............................................ 33

Regionale Ansprechpartner34

Allein auf weiter Flur? ................................................... 34

BV Regionalgruppe Berlin-Brandenburg ...................... 35

Inge Hansen, Hamburg................................................... 35

Ulla Groha, Kernen ........................................................ 36

Annette Klinke, Düsseldorf ........................................... 37

Christiane Kürschner, Hannover .................................... 38

Examensarbeiten39

„Ich entdecke die Herz-Jesu-Kirche“ ............................ 39

Aus dem Lese-Sessel41

Lebendige Steine – Offene Kirchen .............................. 41

Kirchenpädagogik und Religionsunterricht .................. 42

Jugend im Museum ........................................................ 43

Mitglieder44

Neue Mitglieder ............................................................. 44

Veranstaltungen45

MitgliederversammlungBundesverband Kirchenpädagogik ................................ 45

Treffen regionaler Gruppen ........................................... 45

Veranstaltungen .............................................................. 45

Für Sie entdeckt47

Entdeckungen im Backsteinland ................................... 47

Am Ende bleibt das Wort48

IMPRESSUMHerausgeber:Bundesverband Kirchenpädagogik e.V.Redaktion:Erika Grünewald (eg), hauptverantwortlich • Ruth Görnandt(rg), Layout • Annegret Strobel, Korrekturen • HeideKremzow, DurchsichtRedaktionsanschrift:Erika GrünewaldKulenwisch 4322339 HamburgE-Mail: [email protected]: 500Druck: Missionshandlung Hermannsburg DruckereiTitelphoto: Jens Schulze, HannoverTitelgestaltung: Schwanke/Raasch graphic design, Hanno-verFür den Inhalt der Beiträge sind jeweils die Autoren ver-antwortlich.

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Ausgabe 1/2002 3

Editorial

Hier kurz einige Worte zur Entwicklung der Zeitschrift KirchenPädagogik, von der nunmehr die dritte Nummer er-scheint. Bereits im zweiten Heft haben wir damit begonnen, besondere Schwerpunkte vorzustellen. In diesem Heft räu-men wir der ersten Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Kirchenpädagogik viel Platz ein, denn sie ist das äußer-liche Zeichen all dessen, was der Verband anstrebt: Die Vernetzung von Kollegen untereinander und ein Forum, in demMitglieder mit einander ins Gespräch und zum Austausch kommen können. Auch wenn nicht alles so ablief, wie mancherdas aus der Erfahrung mit länger etablierten Gruppierungen kennt oder sich erwünscht, so markierte sie als Statement denBeginn dessen, was wir angestrebt haben – ein Bundesverband der Kirchenpädagogen zu sein.

Die Zeitschrift wächst mit ihren Aufgaben. Von ihr wird bundesweit Notiz genommen; erfreulicherweise bietenmittlerweile Autoren auch von sich aus Beiträge an. Für die Zukunft möchten wir einige Rubriken stärken – z.B. die Vor-stellung von Examensarbeiten, die die Kirchenpädagogik berühren und an deren Erarbeitung Kirchenpädagogen auchbehilflich waren. Mehr Platz soll themenorientierten Beiträgen eingeräumt werden, wie z.B. den Epochen der Architekturoder Anregungen zum Umgang mit einzelnen Gegenständen des Kirchenraum-Inventars. Einige Seiten könnten der Arbeitmit Heiligen oder mit schwierigen Ausgangssituationen gewidmet werden.

Auch in der Zukunft werden wir auf Ihre Mitarbeit angewiesen sein, und wir hoffen, Sie auch immer wieder anspre-chen zu dürfen. Nur so ist es möglich, auch das zu bringen, was Ihnen naheliegt.

Mit herzlichen Grüßen,

(Erika Grünewald)

LIEBE LESERIN,

LIEBER LESER!

Erika Grünewald,Redakteurin der Zeitschrift Kirchenpädagogik

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Ausgabe 1/2002

Der Begriff „Kirchenpädagogik“ ist bundesweit längst in aller Munde und zum Gegenstand vielfältiger Reflexion undvon Publikationen geworden. Was ist das Spezifikum der Kirchenpädagogik, welche Ziele hat sie, auf welchen Wegen löstsie diese ein, in welchem gesellschaftlichen, schulischen und kirchlichen Kontext ist sie angesiedelt?

Als Äußerung des Bundesverbandes zu diesen Fragen präsentieren wir Ihnen in dieser Ausgabe – nach einem längerenReifungsprozess – nun unsere „Thesen zur Kirchenpädagogik“. Acht Thesen sind es, in denen der Verband in aller Kür-ze eine Art Definition der Kirchenpädagogik wagt, so wie die Mitglieder sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt verstehen undpraktizieren.

Seit seiner Gründung im Mai 2000 ist der Verband von 13auf mittlerweile 122 Mitglieder angewachsen. War seine Aus-gangslage von Pädagoginnen geprägt, die mit Kindern und Ju-gendlichen arbeiten, so hat sich die Mitgliederzusammensetzunginzwischen verändert. Es haben sich viele Menschen (und Insti-tutionen) dem Verband angeschlossen, die fast ausschließlich mitErwachsenen arbeiten. Kirchenführerinnen und Kirchenführerlassen sich in ihrer Praxis durch die Kirchenpädagogik heraus-fordern und anregen. Diese Akzentverschiebung galt es bei derErarbeitung der Thesen zu berücksichtigen. Die anderenRahmenbedingungen bei Führungen mit Erwachsenen warenhier zu bedenken unter Beibehaltung didaktischer Kriterien fürdie allen gemeinsame pädagogische Arbeit im Kirchenraum.

Nicht als in Stein gemeißelte Gesetze sind die Thesen zuverstehen, sondern als erste gemeinsame Schritte auf dem Weg,die unterschiedlichen Erwartungen an die Arbeit unter einen kirchenpädagogischen Hut zu bringen. Dieser sollte den der-zeitigen Mitgliedern passen, ohne zu weit und damit unförmig zu werden. Hier stehen wir nun erst einmal … Wohl zuverstehen sind die Thesen aber als ein Gesamtpaket, aus dem man nicht steinbruchartig die eine oder andere nach Beliebenauswählen kann. Keine einzige These umfasst für sich allein das ganze Thema, zusammen umkreisen sie es von vielenSeiten. Kurz und handhabbar sollten sie sein, geeignet für den Gebrauch und die Verbreitung auf den vielen Veranstaltun-gen zur Kirchenpädagogik, die landauf, landab die Aktiven auf Trab halten!

(Inge Hansen, Mitglied des Vorstandes Bundesverband Kirchenpädagogik)

Die Thesen-Macher:Inge Hansen, Religionslehrerin, Referentin für Kirchenpädagogik, Pädagogisch-Theologisches Institut, HamburgTessen von Kameke, Pastor an der Berufsschule, Bad ZwischenahnBirgit Neumann, Pastorin, Projektstelle Offene Kirchen, MagdeburgHarald Schlüter, Diplomtheologe, Referent für Dom- und Kirchenführung, Domforum, KölnAstrid Warner, Religionslehrerin i.R., ehrenamtliche Kirchenpädagogin, St. Marien, Uelzen.

Inge HansenHarald SchlüterAstrid WarnerTessen von Kameke(von links)

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER!

Inge Hansen läutet die Ära der Thesen ein!Foto: Mike Wilke

Grußwort

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Was ist Kirchenpädagogik? – Stellen Sie diese Fragezehn Kirchenpädagoginnen, und Sie werden zehn verschie-dene Antworten erhalten. Das liegt nicht nur an den unter-schiedlichen Gebäuden, in denen kirchenpädagogische Ar-beit ihren Ort hat, oder an den verschiedenen Zielgruppen,sondern vor allem an den unterschiedlichen Ansätzen und(pädagogischen) Prägungen, die jede Kirchenpädagogin inihre Arbeit einbringt.

Was ist Kirchenpädagogik? Ich möchte versuchen, dar-auf eine Antwort zu geben. Aber es ist mir wichtig zu beto-nen, dass es eben eine Antwort ist. Ansätze andererKirchenpädagoginnen werden sich von dieser Antwort mehroder weniger abheben. Wie es die Religionspädagogik nichtgibt, der Begriff vielmehr eine Disziplin bezeichnet, die derständigen Diskussion unterliegt, so gibt es auch nicht dieKirchenpädagogik. Mit der Gründung des BundesverbandesKirchenpädagogik im Jahr 2000 ist ein Forum entstanden,das die Diskussion fördern und voran bringen möchte.Erfreulicherweise beteiligt sich auch die akademische The-ologie an diesem Gespräch und gibt zur Klärung des Begrif-fes Kirchenpädagogik anregende und wichtige Impulse.2 Sosoll auch die vorliegende Darstellung der Kirchenpädagogikein Beitrag zu dieser Diskussion sein und keine abschließen-de Auskunft.

I. Die Entstehung der Kirchenpädagogik

Der Kontext der EntstehungWie alle geschichtlichen Phänomene ist auch die

Kirchenpädagogik nicht aus dem Nichts entstanden. Ver-schiedene Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass sichseit Ende der 80er Jahre die kirchenpädagogische Arbeit for-miert hat. Mir scheinen drei Faktoren von besonderer Be-deutung zu sein:

ReligionspädagogikNach einer längeren Phase des einseitig problemorien-

tierten Ansatzes3 hat sich die Religionspädagogik seit An-fang der 80er Jahre wieder verstärkt den Themen Religionund Bibel als ihrem Gegenstandsbereich zugewandt. DieGründe dafür liegen nicht nur in der seit Mitte der 70er Jah-re zunehmenden Kritik am problemorientierten Religions-unterricht (NIPKOW, BALDERMANN u.a.).4 Auch die Erfahrun-gen des Religionsunterrichts in einer zunehmend säkularenGesellschaft warfen die Frage nach der Vermittlung von Re-ligion wieder neu auf.

Die religiöse Erfahrungsarmut von Kindern und Jugend-lichen nötigt den Religionsunterricht, die Lernenden mitgelebtem und gestaltetem Glauben bekannt zu machen, da-mit christliche Religion in ihrem Glauben und Handelnüberhaupt verständlich wird. Religion erschließt sich nicht

nur durch theoretische Arbeit an Texten, sondern viel stär-ker durch die Frage nach ihrer Lebensrelevanz und sinn-deutenden Kraft. Das kann am besten an Phänomenen ge-lebten Glaubens verdeutlicht werden: Neben Gebet undGottesdienst gehören dazu auch sakrale Kunst, Kirchen-räume usw. Erst die Begegnung mit diesen Phänomenen er-möglicht den Lernenden eine sachgerechte Auseinanderset-zung mit dem Christentum.

Dieser neue Bezug der Religionspädagogik auf „Lebens-formen und Räume, in denen Religion Resonanz gewinnt“5,ist eine wichtige Bedingung für die Entstehung der Kirchen-pädagogik.

Die Wiederentdeckung des SakralraumesEbenfalls seit den 80er Jahren beginnt die Wiederentde-

ckung des Kirchenraumes als ein von der Alltagswelt unter-schiedener, besonderer Raum.

In den 60er und 70er Jahren hatte die Bekämpfung einerEinkapselung von Kirche und Theologie in einer abgeschlos-senen Sonderwelt (gegen eine unchristliche Umwelt) und dieForderung nach einer Kirche in der und für die Welt dazugeführt, den Bezug von Glaube und Gottesdienst zur Alltags-welt scharf zu betonen.6 Im Kirchenbau schlug sich dieseAuffassung in der Negation des sakralen Charakters vonKirchenräumen nieder. Der Raum, in dem sich die Glauben-den zum Gottesdienst versammeln, sollte kein Sonderraumsein, sondern sich in die Alltagswelt integrieren. Zu dieserÜberlegung trat die Wiederentdeckung der sog. „Vielfach-nutzung“ von Kirchenräumen im Mittelalter7 und die Kri-tik an Kirchen als Repräsentationsbauten. Diese Aspektebündelten sich zu der mittlerweile viel gescholtenen Idee desGemeindezentrums, dessen Gottesdienstraum bewusst derMultifunktionalität unterliegt.8

Die Wende zurück zur Besonderheit des Gottesdienst-raumes verdankt sich nach RAINER VOLP zwei Notwendigkei-ten:9 Zum einen ist dies der Bau von Spezialkirchen (Wall-fahrtskirchen, Autobahnkirchen, Flughafenkapellen usw.).Deren besondere Funktion stellte die Frage nach dem dafürerforderlichen Raumprogramm schärfer und musste präzi-ser beantwortet werden, als es sonst üblich war.10 Zum andernlenkte die Frage nach dem Umgang mit alten Kirchen undihrer Ausstattung den Blick auf Intentionen und Kriterien inder Vergangenheit, um ihre heute mögliche Funktion vondort aus neu bestimmen zu können.11

Diese Aufgaben im Umgang mit neuen und altenKirchenräumen ließ die besondere Bedeutung des Kirchen-raumes wieder stärker in das Blickfeld rücken. Diese neu ge-wonnene Einsicht in die Besonderheit des Raumes und dasdaraus entstehende Bedürfnis, seine Bedeutung zu verstehen,sind wichtige Voraussetzungen für die Arbeit der Kirchen-pädagogik.

Was ist Kirchenpädagogik?1

Entstehung – Gegenstand – ArbeitsweiseRuth Görnandt, Munster

DISKUSSION

Diskussion

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Ausgabe 1/2002

Entstehung der MuseumspädagogikIn den vergangenen 25 Jahren ist das Interesse an der

Vergangenheit deutlich gestiegen. Ein Indikator dafür ist diesteigende Zahl der Museen und ihrer Besucher: Im Jahr 1975zählten die etwa 1800 Museen in Westdeutschland etwa 22Millionen Besucher. Im Jahr 1996 gab es im Westen über3200 Museen, die von etwa 67 Millionen Menschen besuchtwurden. Die Zahl der Museen im gesamten Bundesgebiet lag1998 bei knapp 4500 mit über 95 Millionen Besuchern.12

Sicher spielt bei diesem Interesse an Museen auch dieüberhöhende, nostalgische Erinnerung an die „gute alte Zeit“oder der exotische Blick auf eine fremde Vergangenheit eineRolle. Nach ROLAND DEGEN spiegelt sich darin aber auch dieSuche nach authentischen Zeugnissen anderer Lebens-gestaltungen und Lebensinhalte. Mit der Ausstellung dieserZeugnisse durchbrechen die Museen offensichtlich wohltu-end den permanenten Zwang zu Innovation und Originali-tät. Sie erinnern die Besucher an ihre eigene geschichtlicheHerkunft und verweisen auf zeitübergreifende Sinnzusam-menhänge. Damit leisten die Museen einen Beitrag zur Sinn-und Selbstfindung des Menschen.13

Das Interesse an der Vergangenheit ist heute nicht mehrauf eine kleine Schicht von Fachleuten beschränkt. Dasmacht aber auch dasProblem deutlich, dassAusdrucksformen ver-gangener Zeiten nichtaus sich heraus ver-ständlich sind. Betrach-ter einer anderen Zeitbenötigen bestimmteHintergrundinformatio-nen, um diese Äußerun-gen verstehen zu kön-nen.

Angesichts dieserErfordernisse hat sichseit den 70er Jahren dieMuseumspädagogikherausgebildet, diezunächst vor allemerfahrungsorientierteMethoden der Kunster-schließung mit Kindernzum Schwerpunkt hatte. Mittlerweile ist die Museums-pädagogik aber auch oft an der Konzeption von Ausstellun-gen beteiligt, um erfahrungsorientierte Vermittlungsformenzu entwickeln.

Die Museumspädagogik wurde eine der wichtigsten Wur-zeln für die Kirchenpädagogik.

Die Entstehung der Kirchenpädagogik14

In Nürnberg hat das Kunstpädagogische Zentrum desGermanischen Nationalmuseums die Innenstadtkirchenbereits in den 70er Jahren in die museumspädagogische Ar-beit einbezogen.15 In den 80er und 90er Jahren hat GabrieleHarrassowitz als Leiterin des Fachbereiches Religion dieseArbeit nachhaltig geprägt. „Ihre von der Symboldidaktik aus-

gehende Methode der Kunstbetrachtung hat der Kirchen-pädagogik bundesweit wichtige Impulse gegeben.“16

Mitte der 80er Jahre entdeckte das Hamburger Pädago-gisch-Theologische Institut die Hamburger Hauptkirchen alsOrte für ein erfahrungsorientiertes Lernen. Projekt-stelleninhaberin ist seitdem Inge Hansen, die zu Beginn der90er Jahre mit einer festen Stelle in das PTI Hamburg ein-gebunden wurde. Anregungen für ihre Arbeit bezog IngeHansen aus der museumspädagogischen Arbeit in KölnerKirchen, insbesondere des Schnüttgen-Museums, und ausdem bereits erwähnten KpZ in Nürnberg.

Seit Ende der 80er Jahre arbeitet auch Christiane Kürsch-ner als Kirchenpädagogin an der Marktkirche Hannover. Siebrachte ihre Erfahrungen aus Kirchenführungen an der Ber-liner St. Marienkirche ein, auf die sie erfahrungsorientierteAnregungen des kirchlichen Kunstdienstes (H. HOFFMANN)übertragen hatte. Außerdem liegen wichtige Wurzeln ihrerArbeit in Bristol/England bei Dorothy Jamal, die in der dor-tigen Kathedrale pädagogisch tätig war.

Besonders von Hamburg und Hannover gingen in den90er Jahren entscheidende Impulse zur Bildung einer Dis-ziplin Kirchenpädagogik aus. Das gilt nicht nur für die ver-schiedenen Methoden der Kirchenpädagogik. Durch die

Schulung von Multip-likatoren entstandenbundesweit viele un-terschiedliche kirchen-pädagogische Projek-te. Der Begriff „Kir-chenpädagogik“ ent-stand, als sich 1991verschiedene in Kir-chen pädagogisch ar-beitende Frauen erst-mals trafen und ihrerArbeitsweise eine ein-heitlichen Bezeich-nung geben wollten.17

Seitdem fanden regel-mäßig die „Kirchen-pädagogischen Jahres-treffen“ statt, zu denensich immer mehr Teil-nehmerinnen einfan-

den. Auf Initiative von Erika Grünewald (Hamburg) ist ausdiesem Kreis schließlich der im vergangenen Jahr gegrün-dete Bundesverband Kirchenpädagogik hervorgegangen.

II. Der Gegenstand der kirchenpädagogischenArbeit

Wie ist der Kirchenraum zu beschreiben? Oder anders:Worin liegt der spezifische Unterschied des Kirchenraumesgegenüber anderen Räumen, der für die kirchen-pädagogische Vermittlung von Bedeutung ist?

„Kirchen erzählen vom Glauben“ So heißt einemittlerweile geläufige Formel.18 Sie macht deutlich, was esmit der Besonderheit des Kirchenraumes auf sich hat: Die-se Besonderheit, die kirchenpädagogisch vermittelt werden

Kirchenpädagogik in Hamburg: Arbeiten zum Thema „Engel“Foto: Fr. Friedrichs

Diskussion

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kirchenPÄDAGOGIK

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soll, ergibt sich aus dem besonderen Gegenstand, auf den derKirchenraum verweist, nämlich dem christlichen Glaubenund seiner Praxis. Der Kirchenraum hat seine besondereQualität nicht aus sich selbst heraus, etwa aus besonderenHeilkräften des Ortes, bestimmten Magnet- und Energie-feldern o.ä. Zumindest muss man nicht auf solche, meinerMeinung nach fragwürdigen Modelle zurückgreifen, um denRaum im Blick auf die kirchenpädagogische Vermittlungbeschreiben zu können.

Die Kunst des KirchenraumesEin wichtiges Element des Kirchenraumes ist die in ihm

vorhandene Kunst. Sie umfasst nicht nur die künstlerischeGestaltung des Raumes selbst (Wände, Decken, Kapitelle,Fenster, Emporen usw.), sondern auch die Gestaltung derFunktionsgegenstände (z. B. Altar, Kanzel, Lesepult) undüberhaupt eigenständige sakrale Kunst (Figuren, Bilderusw.). Kunst im Kirchenraum verweist vor allem auf die ver-schiedenen Erzählungen der großen Heilsgeschichte Gottesmit den Menschen (nicht nur biblische Geschichten, sondernauch Erzählungen aus der Geschichte des Christentums wiez.B. die Heiligenlegenden). Der Sinn solcher Kunst ist dieerinnernde Aktualisierung der Heilsgeschichte. Sie bringtdurch ihre besondere Gestaltung ihre Interpretation für diejeweilige Gegenwart zur Geltung. Dasselbe gilt für die Dar-stellung christlicher Symbole (Kreuz, Kelch, Taube, Ankerusw.).

Dabei besteht der Sinn von Kunst nicht in der detail-getreuen Abbildung der Geschichten oder Symbole. Sie wer-den vielmehr in eine Form gebracht, die sie verfremdet, in-dem Elemente in ungewohnter oder sogar unrealistischerWeise zusammengestellt werden. Damit will sie einen Sach-verhalt sichtbar machen, der in der Wirklichkeit sonst un-sichtbar, vielleicht überhaupt mit Worten nicht beschreib-bar wäre. Bekannte Beispiele sind der Goldgrund auf mit-telalterlichen Bildern, um die vordergründig unsichtbare Ge-genwart Gottes zum Ausdruck zu bringen (etwa bei derKreuzigungsszene), oder die irrealen Größenverhältnisse, dieWichtiges groß und weniger Bedeutsames klein darstellen.Kunst kann innere Empfindungen sichtbar machen, indemsie entweder Gefühle oder seelische Vorgänge der dargestell-ten Personen durch Farben und Bewegungen abbildet. Odersie drückt die Empfindungen einer Zeit gegenüber einemThema des Glaubens aus, wie z.B. die schauerlich-dramati-schen Kreuzigungsgemälde der Barockzeit. Oft sind für dasVerständnis christlicher Kunst Kenntnisse der mittelalterli-chen Farb- und Zahlensymbolik, der biblischen Typologieund der Ikonographie unumgänglich. Wenn auch schon diegenaue Betrachtung eines Kunstwerkes zu wichtigen Er-kenntnissen über seine Aussage führt, so ist doch oft einkunst-, theologie- und frömmigkeitsgeschichtliches Wissennotwendig, das Betrachtern einer anderen Zeit erst vermit-telt werden muss.

Die künstlerische Gestaltung eines Funktions-gegenstandes verbindet die Bedeutung seiner Funktion (z.B.des Abendmahles oder der Taufe) mit einer bestimmten Be-deutung aus Bildern und Symbolen. Die Funktion eines Ge-genstandes erhält auf diese Weise eine spezifische Aussage,

die den Vollzug der Handlung unterstützt und kommentiert.Hier ist abgesehen von Fachwissen auch die Kenntnis derFunktion eines Gegenstandes die Voraussetzung, um seineAussage zu verstehen.

Kunst im Kirchenraum ist formgewordene Auseinander-setzung mit dem christlichen Glauben. Insofern vermitteltKunst im Kirchenraum ihre spezifische Interpretation christ-licher Glaubensinhalte.

Die Geschichte des KirchenraumesViele Kirchen tragen die Spuren ihrer Geschichte über-

deutlich an sich. Dazu gehören Spuren von Zerstörungen undWiederaufbau (z. B Krieg, Verfall) oder Spuren von gewollterVeränderung des Raumes (An- und Umbau, Anpassung aneinen neuen Baustil usw.). Diese Spuren der Geschichte zeu-gen meistens auch von einer geistlichen Auseinandersetzung,die zu dem veränderten Kirchenraum geführt hat. In derRegel wurden im 2. Weltkrieg zerstörte Kirchen nichtoriginalgetreu wieder aufgebaut, sondern zeigen bewusst dieVeränderungen der Rekonstruktion und erinnern so an ihreZerstörung im Krieg.19 Gewollte Veränderungen spiegelndurch ihre architektonischen Formen das jeweilige Zeit- undGlaubensverständnis wieder, das bewusst in den altenKirchenraum hineingetragen wird.

So gesehen wird in der Geschichte einer Kirche die kon-krete Geschichte gelebten Glaubens vor Ort sichtbar. Daranwird nicht nur deutlich, welche Veränderungen die Darstel-lung des Glaubens erfahren hat, sondern auch, dass Glaubeeine Lebensäußerung ist, die notwendig der geschichtlichenVeränderung unterliegt. „Insofern sind Kirchen form-gewordene Kommunikation und Orte sozialer und inhaltli-cher Auseinandersetzung. In den permanenten Veränderun-gen des Raumes durch die Jahrhunderte zeigt sich die kriti-sche Kraft dieser Kommunikation, die weniger an Konser-vierung als an progressiver Erweiterung und zukunftsoffenerVeränderung dieser Überlieferung interessiert ist.“20

Die Funktionen des KirchenraumesEs ist oft zu hören, die Besonderheit eines Kirchenraumes

liege in seiner wohltuenden Zweck- oder Funktionslosigkeit.Meines Erachtens nach liegt die Besonderheit des Raumesjedoch gerade in seiner Funktionalität. Und zwar sorgen eben

Romanisches Kapitell in der St. Godehardt-Kirche,Hildesheim (Stich aus dem 19. Jh.)

Diskussion

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die besonderen Funktionen, für die der Raum errichtet wur-de, dafür, dass er sich von Alltagsräumen und deren Funkti-onen abhebt.

Folgt man der kommunikationswissenschaftlichen The-orie21, so liegt der spezifische Sinngehalt, den Architekturvermittelt, in ihrer Funktion. Eine Treppe als architektoni-sche Form vermittelt beispielsweise den Sinn „hinauf- bzw.hinabsteigen, um in eine andere Ebene zu gelangen“.

Die spezifischen Funktionen des Kirchenraumes im Un-terschied zu anderen Räumen dürften auf der Hand liegen:Die Feier des gemeinsamen Gottesdienstes mit Wort-verkündigung und Sakramenten, die Kasualgottesdienste(Taufe, Trauung, Beerdigung) sowie das private Gebet, Ein-kehr und Stille. Allgemein formuliert besteht die Funktiondes Kirchenraumes also darin, derBegegnung mit Gott in ihren ver-schiedenen Formen zu dienen.Unterschiedliche (liturgische) Er-fordernisse schaffen dabei unter-schiedliche Kirchenräume. Daswird deutlich, wenn man dieGemeindekirche mit einer Klos-terkirche oder einer Kapelle fürdie private Andacht vergleicht,einen katholischen Kirchenraummit einem der reformierten Tradi-tion oder die mittelalterliche Kir-che mit ihren Prozessionswegenmit der reformatorischen Predigt-kirche.

Die in diesen Räumen ange-strebten Formen der Gottes-begegnung gestalten den Raumdurch bestimmte Funktions-elemente, vor allem die so ge-nannten „Prinzipalstücke“ Altar,Kanzel, Taufe und Orgel, aberauch andere Gegenstände wie Le-sepult, Kerzenleuchter, Chorge-stühl, Kirchenbänke oder Stühle,Beichtstühle, Weihwasserbeckenusw. Alle diese Elemente verweisen auf die Funktion desRaumes und sind deshalb wichtige Spuren bei der Frage nachseinem Sinn und seiner spezifischen Aussage.

Von den konkreten Funktionen des Kirchenraumes lässtsich eine Funktion unterscheiden, die eine wichtige Rahmen-bedingung für die liturgische und individuelle Gottes-begegnung darstellt. Es handelt sich dabei um dieAusgrenzung eines besonderen Raumes aus der den Men-schen normalerweise umgebenden Alltagswelt.22 Zum einenstellt der Kirchenraum einen gestalteten Raum dar, der sichwohltuend auf Menschen auswirkt. Er gewährt einen äuße-ren Rahmen, der sich im Innern des Menschen spiegelt undberuhigend wirkt. Die normalerweise auf den Menschen ein-strömende Menge äußerer Reize und Eindrücke aus seinerUmwelt sind hier reduziert. Die Wahrnehmungskapazität desMenschen ist entlastet. Wie der Wohnraum stellt derKirchenraum zudem eine Schutzzone dar, die den Menschen

vor Unsicherheiten der Natur (Wetter), der Kultur (Unfälle)oder des sozialen Zusammenlebens (Konflikte) bis zu einemgewissen Grad bewahrt. Unberechenbarkeit, Diffusität undGefahr des Lebens sind somit begrenzt. Eine wichtige Rol-le spielen zum anderen die Raummaße, durch die derKirchenraum die ungewöhnliche Kombination von Weiteund Geborgenheit vermittelt. Die ausgewogenen Proporti-onen des Raumes wirken beruhigend auf den Menschen (sehrstark in romanischen Kirchenräumen).

Diese Eigenschaften ermöglichen dem Menschen, imKirchenraum Stille zu erfahren, zur Ruhe zu kommen unddamit innere Einkehr zu finden. Die Ausgrenzung desKirchenraumes kann zur Öffnung gegenüber Bereichen desLebens führen, die der Mensch in seiner täglichen Beanspru-

chung meistens zurückdrängt. Inder Umfriedung des Kirchen-raumes wird eine Distanz zumAlltag hergestellt, die esbeispielsweise erlaubt, über ihnnachzudenken, Ängste zuzulas-sen, eigene Grenzen zu bedenkenoder nach Sinn zu fragen. Derfestumgrenzte Raum bietet einenwichtigen Rahmen, ohne den „diedifferenzierte Selbsterfahrungweder möglich noch erträglich ist.Das gilt erst recht für jene trans-subjektiven Erlebnisqualitäten,die zur religiösen Erfahrung gehö-ren“.23

Dazu gehört auch das Raum-programm, also die Frage, in wel-che Unterräume der Kirchenraumaufgeteilt ist, wo bestimmteHandlungen verortet sind und wiesie miteinander in Beziehung ge-setzt werden. Ein bekanntes Bei-spiel ist der barocke Kanzelaltar,der alle Handlungsformen demverkündigten Wort zuordnet –manchmal dadurch verstärkt, dass

sich auch noch die Orgel direkt bei ihm befindet. Oder dieZentralräume seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts, indenen sich die Gemeinde um eine gemeinsame Mitte ver-sammelt und nicht mehr in der längsaxialen Ausrichtung aufden Altar im Osten.

Bestimmte Handlungen werden durch das Raum-programm von vorn herein ermöglicht oder auch ausge-schlossen. Moderne Einraum-Kirchen ohne Unterräumebetonen zwar die Zusammengehörigkeit der Gemeinde undden Sonntagsgottesdienst als Mitte und Schwerpunkt desGemeindelebens, erschweren jedoch den Rückzug des ein-zelnen zu persönlichem Gebet und Einkehr.

Die Bauform des KirchenraumesNeben dem Verweis auf die Funktionen und der damit

verbundenen Aussage trifft jeder Kirchenraum durch seineBauform (hoch, niedrig, hell, dunkel, weit, eng usw.) be-

Foto: Rolf Görnandt

Kathedrale in Wells/England: Hauptschiff vonWesten (12. bis 14. Jh.)

Diskussion

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stimmte Aussagen überGott, Welt und Mensch.Welche Beziehungen einKirchenraum zur Weltdraußen aufnimmt zeigt,wie die Menschen, dieeine Kirche erbaut ha-ben, zu ihrer Umwelt inBeziehung standen. Istder Innenraum einer Kir-che regelrecht als eineGegenwelt zur Alltags-welt draußen gestaltet?Wie ist der Übergangzwischen innen undaußen angelegt? Außer-dem spiegelt die Gestal-tung eines Kirchen-raumes ein bestimmtesGottesbild und damitauch ein bestimmtesBild des Menschen alsGegenüber Gottes.

Welche Aussagen ein Kirchenraum in dieser Weise trifft,wird sehr schön deutlich, wenn wir uns den romanischenKirchenraum betrachten: Mit seinen relativ kleinen Fensternund seiner massigen, burghaften Bauweise grenzt sich einsolcher Kirchenbau stark von seiner Umwelt ab. Die Um-welt erlebt der frühmittelalterliche Mensch als durchwaltetvon sichtbaren und unsichtbaren Feinden, seien es Kriegeund Raubüberfälle oder dämonische Mächte. Die Umweltist stets vom lebensfeindlichen Chaos bedroht. Gott dage-gen ist Herr über alle sichtbaren und unsichtbaren Fürsten,König der Himmel und der Erde, der mit seiner unendlichenMacht seine Heilsordnung durchsetzt. Die heilvolle OrdnungGottes bildet sich in der klaren, übersichtlichen und ruhigenArchitektur des romanischen Raumes ab. Die Aussagen ei-nes solchen Raumes in Blick auf Gott, Welt und Mensch istalso: Gott, der mächtige König, beschützt seine von der Weltund ihren Mächten bedrohten Gläubigen.

Die Bauform eines Kirchenraumes verdichtet sich imKontext von Glaubenszeichen und Glaubenspraxis zu einertheologischen Aussage seiner Zeit. Sie zeigt, wie Glaube,Theologie und Frömmigkeit sich in einer bestimmten ge-schichtlichen Situation in einer konkreten Form niederge-schlagen haben.

Zusammenfassung„Kirchen erzählen vom Glauben.“ Ein Kirchenraum er-

hält seine je spezifische Botschaft durch die Funktionen, fürdie er vorgesehen ist, durch seine Aussagen über Gott, Weltund Mensch, durch seine individuelle Geschichte und ihreVerarbeitung sowie durch seine Kunst, die auf bestimmteDeutungen christlicher Glaubensinhalte verweisen.

Der Verweischarakter auf eine Auseinandersetzung mitInhalten des Glaubens und seiner Praxis macht die kirchen-pädagogisch relevante Bedeutung gegenüber anderen Räu-men aus.

III. Die kirchenpädagogische VermittlungKirchenpädagogik entzündet sich am Verstehens-

problem. Wie die Überlegungen zum Kirchenraum gezeigthaben, besteht dessen Besonderheit nicht einfach nur in sei-nem Verweis auf feststehende Glaubensinhalte, sondern auchim Verweis auf den immer neu stattfindenden Dialog zwi-schen Glauben und Lebenserfahrung. Um den Kirchenraumin diesem Sinn verstehen zu können, ist nicht einfach nurWissen (Kunstgeschichte, Theologie, Geschichte) nötig.Religion und Glaube erschließen sich, wie bereits erwähnt,durch die Frage nach ihrer Lebensrelevanz und ihrer sinn-deutenden Kraft.

Auf diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn in derKirchenpädagogik immer wieder Methoden angewendetwerden, die sich weit in den Bereich der Glaubenspraxishineinwagen. Weil die Verwendung solcher Methodeneinerseits naheliegend erscheint, andererseits in der kirchen-pädagogischen Diskussion sehr umstritten ist, ist auf sie hierkurz einzugehen.

Was Kirchenpädagogik nicht leisten kannIm letzten Jahr veröffentlichte die Evangelische Zeitung

einen Beitrag mit dem Titel „Kirche erleben“. Darin wurdebeschrieben, was Kirchenpädagogik ist: „Gottesbegegnungermöglichen, den Kirchenraum erleben, ihn mit allen Sin-nen erfassen, sich öffnen für spirituelle Erfahrung.“24

Meines Erachtens erfordern Ziele wie Gottesbegegnungund spirituelle Erfahrung den Einsatz religiöser Vollzüge.Das kann z.B. so geschehen, dass in einer um den Altar ste-henden Gruppe Brot und Trauben gereicht werden, um denSinn des Altars persönlich erfahrbar werden zu lassen.Sicherlich liegt es zunächst nah, fehlende Kenntnisse überden christlichen Glauben und seine Praxis im Kontext eineserfahrungsorientierten Ansatzes auf diese Weise zu vermit-teln. Für eine kirchliche Gruppe (Kindergottesdienst, Kon-firmanden, Erwachsenenkreis usw.) mag das auch eine reiz-volle und gute Möglichkeit sein. Spätestens bei einer Schul-klasse oder bei gemischt religiösen Lerngruppen ergebensich hier Schwierigkeiten. Der Eintritt in den Bereich derGlaubenspraxis mit dem Ziel der Gottesbegegnung oder derspirituellen Erfahrung lässt den Lernenden keine Möglich-keit, sich zu distanzieren. In dem Augenblick, in dem sie sichdem ihrer Empfindung nach vereinnahmenden Geschehenentziehen, müssen sie sich zwangsläufig aus dem Lernpro-zess ausschließen. Ihnen wird die Möglichkeit genommen,Erfahrungen mit dem Raum zu machen und ihn auf dieserGrundlage zu verstehen. Sie werden den Kirchenraum alseinen Ort kennen lernen, in dem ihre Zweifel, Kritik undentschiedene, unsichere oder fragende Distanz keinen Orthaben.25

Religiöse Vollzüge erfordern die innere Beteiligung derTeilnehmer. Mündiges Lernen und Verstehen lebt aber nungerade von einer gewissen Distanz, die es den Lernenden er-laubt, den Lerngegenstand kritisch zu hinterfragen. Nichtumsonst formuliert die heutige Religionspädagogik dieGottesbegegnung nicht als Lernziel des Religionsunterrichts,sondern überlässt dies der Glaubenspraxis des einzelnen bzw.dem Gottesdienst der Gemeinde.

Drachentöter: Konsolfigur in derKathedrale von Wells

Foto: Rolf Görnandt

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Möchte man dennoch nicht auf den Einsatz von Elemen-ten aus dem liturgischen Handlungsbereich verzichten, somüssen die Rahmenbedingungen mit den Teilnehmern ge-klärt sein, damit diese wissen, worauf sie sich einlassen. EinÜbergang von der Lernsituation zu einem religiösen Voll-zug darf niemals stillschweigend erfolgen. Außerdem soll-ten diese Elemente sehr sparsam eingesetzt werden, will mandas eigentliche Lernziel der kirchenpädagogischen Arbeit,nämlich das der verstehenden Aneignung des Kirchen-raumes, nicht durch das Ziel der Gottesbegegnung ersetzen.Sollte Letzteres der Fall sein, so wäre allerdings zu fragen,warum man dies nicht im geklärten und angemessenen Rah-men eines Gottesdienstes oder einer Andacht verfolgt.

Der bildungsorientierte AnsatzEin anderer kirchenpädagogischer Ansatz hat seine Wur-

zeln im schulischen Religionsunterricht. Ich möchte ihndeshalb den „bildungsorientierten Ansatz“ nennen. Er lässtsich natürlich auch auf die Arbeitmit Erwachsenen übertragen. Er hatmeines Erachtens den Vorteil, dasser die zum Lernen erforderlicheDistanz durch eine kritische Betei-ligung der Lernenden erreicht, diees ihnen erlaubt, sich mit ihrer eige-nen Erfahrung und Kritik in denLernprozess einzubringen.

Der Kirchenraum als form-gewordene Auseinandersetzung mitGlaubensinhalten und Glaubens-praxis kann Menschen herausfor-dern, sich ihrerseits damit auseinan-derzusetzen. Die Kirchenpädagogikwill diesen Prozess ermöglichenund begleiten. Eine solche Ausein-andersetzung kann sie nur dann an-gemessen anleiten, wenn sie dieLernenden als Subjekte ihresLernens ernst nimmt. Lernen ist,wie bereits die neuere Säuglings-forschung26 gezeigt hat, von Anfangan ein produktiver, interaktiver Vor-gang der Welterschließung durchdas Subjekt. Der Mensch ist an sei-ner Entwicklung schöpferisch undaktiv beteiligt, er ist selbst ihr wich-tigster Initiator. Erziehung und Bildung dürfen also nicht alseinseitiges Einwirken der Erziehenden auf die zu Erziehen-den betrachtet werden, sondern sie stellen ein dialogischesGeschehen dar. Lernen muss Eigenbeteiligung ermöglichen,so dass die Lernenden in einem dialogischen Prozess ihreIdentität bilden, entfalten und bewahren können.27

Damit die Lernenden sich in diesem Sinn in den kirchen-pädagogischen Lernprozess einbringen können, muss die-ser Prozess offene Stellen aufweisen, die die Lernenden mitihrer eigenen Lebens- und Welterfahrung füllen können. Sokönnen sie für sich selbst entdecken, an welchen Stellen inihrem Lebenskontext die christlichen Inhalte ihr deutendes

und sinngebendes Potential entfalten. Das heißt konkret: DieBetrachtung von Bildern oder die Erschließung von Sym-bolen im Kirchenraum darf nicht schon die einzig gültigeInterpretation mitliefern, sondern muss vielmehr einenInterpretationsspielraum eröffnen.

Im Prozess der Auseinandersetzung sollen christlicheInhalte verständlich werden, indem sie sich auf einem be-stimmten Erfahrungshintergrund konkretisieren lassen: Washeißt z.B. Leiden und wie nachvollziehbar sind für mich(durch Kunst und Raum dargestellte) Antworten des Glau-bens auf dieses Lebensphänomen? Dies erfordert zunächst,dass die Lernenden befähigt werden müssen, die Darstel-lungsformen eines Inhaltes im Kirchenraum wahrzunehmenund zu verstehen. Das bedeutet aber vor allem, dass derLernprozess mit der Wahrnehmung und dem Verstehen nichtabgeschlossen sein kann, sondern erst in der individuellenAneignung zum Ziel kommt. Daraus folgt auch, dass derLernprozess ergebnisoffen angelegt sein muss. Die Begeg-

nung mit dem Kirchenraum ermög-licht dann nicht nur die (für jedenunterschiedliche) Aneignung, son-dern auch die Kritik oder sogar dieAblehnung seiner Inhalte. Die Be-gegnung mit christlichen Inhaltenim Kirchenraum kann sich durch-aus auf Widerständiges und Frem-des richten. Gerade solche Inhaltekönnen Aufmerksamkeit und Inte-resse wecken, wenn sie so vermit-telt werden, dass sie den gewohntenLebenszusammenhang produktivverfremden oder unterbrechen.

Nach diesen Überlegungendürfte deutlich sein, dass die Be-rücksichtigung der Zielgruppe, dieAufnahme ihrer Fragen und Inter-essen in die Begegnung mit demKirchenraum ein wesentlicherGrundpfeiler der kirchenpädago-gischen Vermittlung ist. Bei derVorbereitung einer Erkundung istdeshalb zu fragen, welche Faktoreneine Lerngruppe prägen und welcheZugänge sich daraus zum Lern-gegenstand Kirchenraum ergebenkönnen. Aber nicht nur die

Kirchenpädagogin muss überlegen, welche Themen desKirchenraumes für eine Lerngruppe von besonderem Inter-esse sein dürften. Die Lerngruppe selbst muss in der Begeg-nung mit dem Kirchenraum die Möglichkeit erhalten, die fürsie wichtigen Themen des Kirchenraumes entdecken undthematisieren zu können. Der Ablauf einer Erkundung er-fordert an bestimmten Stellen also auch Flexibilität.

Ziel einer kirchenpädagogisch angeleiteten Begegnungmit dem Kirchenraum ist die verstehende Aneignung desRaumes und seiner Aussage(n). Dies ist nur so möglich, dassdie sich auf diese Begegnung einlassenden Menschen zueiner Auseinandersetzung mit dem Glauben herausgefordert

Kirchenpädagogik in Hamburg: Ein Engel ausStoffresten Foto: Fr. Friedrichs

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werden. Für christliche Teilnehmer bietet sich hier dieChance, anhand formgewordener Auseinandersetzung mitdem Glauben ihren eigenen Glauben zu verstehen und zuvertiefen. Für nichtchristliche Teilnehmer dagegen ergibtsich die Möglichkeit, den Glauben der Christen kennenzu-lernen und ggf. mit ihrem eigenen Glauben in Beziehung zu

11 Die Positionierung des Altars in der Vierung beispielweiseermöglicht die Feier des Abendmahls um den als Abendmahls-tisch zurückgewonnenen Altar im Zentrum und öffnet denChorraum wieder für den Chor.

12 Quellen: R. DEGEN „ ‚Echt stark hier!‘ – Kirchenräumeerschließen. Aufgaben – Typen – Kriterien“, in: R. DEGEN/I. HANSEN (Hg.), Lernort Kirchenraum, Münster 1998, (5-19) 6Anm. 1; Statistisches Bundesamt Deutschland, http://www.statistik-bund.de/basis/d/biwiku/kult1a.htm (2.10.2001).

13 R. DEGEN, „Kirchenräume als Gedächtnis der Christenheit“,in: JRP 13 (1996), (145–161) 150f.

14 Vgl. I. HANSEN, „Wurzeln und Blüten“, in: Kirchenpädagogik1/2001, 6–8.

15 Z.B. B. GRIESSHAMMER/K.M. GREBE/K.G. KAISER, ModellBürgerkirche – Bau und Ausstattung der Lorenzkirche inNürnberg (Schriften des Kunstpädagogischen Zentrums imGermanischen Nationalmuseum Nürnberg, Materialien 3),Nürnberg 1978.

16 HANSEN, a.a.O., 7.17 Obwohl man sich der Unklarheit des Begriffs bewusst war,

entschied man sich damals für die Bezeichnung Kirchen-pädagogik, um die Nähe zur Museumspädagogik deutlichwerden zu lassen.

18 Sie geht auf Konsultationen des Gemeindekollegs der VELKDin Celle Ende der 80er Jahre zurück, aus denen Kurse zurKirchenführerausbildung mit demselben Titel hervorgegangensind. Vgl. auch J. RITTNER-KOPP, „Kirchen erzählen vomGlauben“, Kirchenpädagogik 2/2001, 10–13.

19 So bestehen die Rippen des rekonstruierten Gewölbes in derHannoverschen Marktkirche heute nicht mehr aus Naturstein,sondern aus Beton. Ein sehr anschaulicher Raum ist die(ursprünglich barocke) Dresdner Kreuzkirche mit ihren grauenrohen Wänden und den Resten des zerstörten Inventars, wasdem Raum geradezu den Charakter einer Bußkirche verleiht.

20 DEGEN, a.a.O. (Anm. 13), 153.21 Z.B. U. ECO, Einführung in die Semiotik, München 81994,

295–310.22 M. JOSUTTIS, Der Weg in das Leben, München1991, 71-76

behandelt diesen Aspekt unter dem Stichwort „Umfriedung“.23 JOSUTTIS, a.a.O., 71.24 EZ Nr. 37, 16.9.2001, S. 5.25 Vgl. E. GRÜNEWALD, „Strömungen in der Kirchenpädagogik“,

Kirchenpädagogik 1/2001, 9.26 V. ELSENBLAST, „Wie entwickelt das Subjekt Bedeutungen,

Perspektiven, Handlungen?“, in: U. BECKER/C.T. SCHEILKE

(Hg.), Aneignung und Vermittlung. Beiträge zu Theorie undPraxis einer religiösen Hermeneutik (FS K. GOSSMANN),Gütersloh 1995, 112–119.

27 Vgl. G. DOYÉ, „Begegnung als Aneignung und Vermittlung“,in: U. BECKER/C.T. SCHEILKE (Hg.), a.a.O., 213–220.

Ruth Görnandt ist Kandidatin des Predigtamts an derMilitärkirche St. Stephanus in Munster und arbeitet alsKirchenpädagogin an verschiedenen evangelischen Klösternin Niedersachsen.

setzen. Dafür muss eine kirchenpädagogische Erkundungnicht zu einem Gottesdienst werden. Und sicherlich wird vonder kirchenpädagogischen Arbeit nicht nur (aber auch!) derGottesdienst, sondern auch der Dialog zwischen den Reli-gionen und die Präsenz des Christentums im Bewusstsein derGesellschaft profitieren.

Anmerkungen:1 Für den Druck überarbeitete Fassung eines Referates auf der

Tagung „Abenteuer Kirchenraum“ in der EvangelischenAkademie Bad Herrenalb vom 17.–19. Oktober 2001.

2 S. den Beitrag von THOMAS KLIE in diesem Heft.3 Ausgehend von der anthropologischen Theologie sieht der

problemorientierte Religionsunterricht seine Aufgabe darin,„den Menschen in seiner Welt lebensfähig zu machen“ (G.OTTO). Spezifisch religiöse Themen kommen vor, soweit siediesem Ziel dienen. Anfang der 70er Jahre wurde der Gegen-standsbereich des problemorientierten Religionsunterrichtsausgedehnt auf die Gesellschaft und die Kritik an ihr. Ziel warnun die „politische Aufklärung“ (S. VIERZIG) und die gesell-schaftskritische Emanzipation der Heranwachsenden. „Religi-on“ wurde in einem weiten Sinn verstanden, indem man alledenkbaren Deuteschemen und Weltauffassungen einbezog,auch wenn diese sich selbst nicht als „Religion“ begriffen; W.STURM, „Religionspädagogische Konzeptionen des 20. Jahr-hunderts“, in: G. ADAM/R. LACHMANN, ReligionspädagogischesKompendium, Göttingen 41993, (30–65), 37–44.

4 Der problemorientierte Religionsunterricht wurde kritisiert alsein „Superfach Ideologie“ (F. RICKERS). Weiter wurde u.a.Kritik am Religionsbegriff als zu weit und ungeschichtlichgeübt und am Stellenwert der Theologie, die zugunstenanderer humanwissenschaftlicher Inhalte aus der Religions-pädagogik auszuziehen drohe; STURM, a.a.O., 44. 46–48.

5 B. DRESSLER, „Die Schule entdeckt die Kirche als Ort vonReligion. Was kann der Religionsunterricht von der Kirchen-pädagogik lernen?“, in: T. KLIE, Der Religion Raum geben.Kirchenpädagogik und religiöses Lernen, Münster 1998, (77–92) 77.

6 Vgl. dazu die von D. BONHOEFFER ausgehende Polemik gegendas „Denken in zwei Räumen“, beispielsweise in der Ethik,DBW 6, München 1992, 41–52, die in der evangelischenTheologie nach dem 2. Weltkrieg aufgenommen wurde, z.B.bei G. EBELING, Das Wesen des christlichen Glaubens (1959),München/Hamburg 31967, 144ff.

7 Diesen Aspekt trug LUDWIG KALLMEYER 1966 auf dem Kirchen-bautag in Hamburg vor und machte auf den „Mehrwert“mittelalterlicher Kathedralen durch ihre Vielfachnutzungaufmerksam – dieser neu entdeckte Aspekt wurde allerdings inder Folgezeit einseitig missverstanden; R. VOLP, Liturgik. DieKunst, Gott zu feiern, Bd. I: Einführung und Geschichte,Gütersloh 1992, 403.

8 Neben aller berechtigten Kritik an solchen Gottesdiensträumensollte nicht übersehen werden, dass hinter dieser Idee desGemeindezentrums sinnvolle theologische Überlegungenstanden. Das Gemeindezentrum als eine Gestaltformgewordenen Glaubens zu entdecken, halte ich für einewichtige Herausforderung für die Kirchenpädagogik.

9 R. VOLP, „Kirchenbau und Kirchenraum“, in: H.-C. SCHMIDT-LAUBER/K.-H. BIERITZ (Hg.), Handbuch der Liturgik. Liturgie-wissenschaft in Theorie und Praxis der Kirche, Leipzig/Göttingen 1995, (490–509) 500f.

10 Beispiele dafür sind die Versöhnungskirche im KZ Dachau(1964–67), die Autobahnkirche in Florenz (1963) oder dieStudentenkirche in Mainz (1967).

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1. Bernhard von Clairvaux und die Kirchen-pädagogik

Aus der Zeit, als die architektonische Ästhetik romani-scher Kathedralbauten von der Natursymbolik dominiertwurde, stammt ein langer Klagebrief von Abt Bernhard vonClairvaux an Abt Guillelmus. Darin klagt der sittenstrengeZisterzienser-Obere, die Mönche läsen viel lieber inmarmoribus als in codicibus – also lieber Marmor und Re-lief in den Kirchen und Kreuzgängen als all die alten Kodicesund Pergamente in den Klosterbibliotheken. Sie verbräch-ten jeden Tag, den Gott werden lasse, damit, die in Steingehauene Fauna des „Physiologus“ mit seinen Fabelwesen,Zentauren und Dämonen zu bestaunen, als die heiligenSchriften zu studieren und ihnen nachzusinnen.

Unser Abt vermutet als Motiv fürdie tadelnswerte Verirrung seinerKlosterbrüder eine Art geheimer Lustam Schauen und Begaffen. SeinerMeinung nach rührt sie von demWundern über die mirakulösen Ge-stalten und verschiedenartigenWesenheiten her. Was Bernhard vonClairvaux verwirft, ist die concu-piscentia oculorum, der begierigeBlick, das gefräßige Auge. Also einefür den monastischen Rigorismusabsolut illegitime Form der Neugier.Sie goutiert am symbolischen Gegen-stand ausschließlich seine sinnen-hafte Erscheinung.

Auf den ersten Blick scheint esmehr als gewagt, den ästhetischenPuristen Bernhard von Clairvauxkirchenpädagogisch in Anspruch zunehmen. Zu schroff fällt diesbezüg-lich seine Kritik aus und zu wenig kompatibel erscheinenmittelalterliche Mönchsfrömmigkeit und spätmoderneReligionspädagogik. Und doch lässt Bernhards Litaneidurchaus auch religionspädagogische Lesarten zu. Lesarten,die den kirchenpädagogischen Diskurs durchaus befruchtenkönnten. Schauen wir also einmal genauer hin.

Bernhard konstruiert einen direkten Gegensatz zwischenTextzeichen und Raumzeichen. Die einen sind für Christen-menschen gut und nützlich zu lesen, während die anderenablenken und die Sinne unnötig in Erregung versetzen. DieseEntgegensetzung muss man nicht unbedingt teilen, aber siegibt doch ein brauchbares Kriterium ab, um die bisher prak-tizierte Kirchenpädagogik einmal etwas näher zu beleuch-ten. In welcher Weise gelingt es bei einer entsprechendenÜbung im Sakralraum, die verschiedenen Raumzeichen,denen sich die Kirchenpädagogik ja schließlich verdankt undan denen sie ihre Inszenierungsmuster ausrichtet, auf dieje-nigen Textzeichen zu beziehen, denen sich ihrerseits diese

Raumzeichen verdanken? Kirchliche Kunst ist und war imhohen Maße Programmkunst – eine Verhältnisbestimmungzwischen biblischen, religiösen und nicht zuletzt auch litur-gischen Texten scheint also aus religionsdidaktischen Grün-den unbedingt erforderlich.

2. Eine kritische Rekonstruktion der realexistierenden Kirchenpädagogiken

Landauf, landab wird mittlerweile mit Erfolgkirchenpädagogisiert. In Hamburg und Nürnberg schon län-ger als 15 Jahre. In anderen Landstrichen widmet man sicherst seit kurzem dem Kirchenraum in didaktischer Hinsicht.In einigen Orten sind bezahlte Stellen eingerichtet worden.

Im Religionspädagogischen InstitutLoccum bspw. ist Kirchenpädagogikeines der Standardthemen in derLehrerfortbildung. In der westfäli-schen Kirche wird derzeit eine ersterAusbildungsgang für Kirchenführer/innen mit starken kirchen-pädagogischen Anteilen durchge-führt. Und last but not least signali-siert das Erscheinen einer Verbands-zeitschrift wie „KirchenPädagogik“einen deutlichen qualitativen Sprunginnerhalb der Disziplin.

Sehe ich recht, dann scheint diekirchenpädagogische Bewegung der-zeit in eine Konsolidierungsphaseüberzugehen. Grund genug also,nicht nur konzeptionell nach vorn zuschauen, um Modelle und Fort-bildungsprogramme zu entwerfen –die Kirchenpädagogik verträgt zu

Beginn ihrer zweiten Dekade auch durchaus schon eine kri-tische Rückschau. Es gilt also, einen Blick darauf zu wer-fen, welche Praxis sich mittlerweile vielerorten etabliert hat.Ich frage also danach, welche Methoden, dadurch dass sieeinfach pragmatisch vollzogen werden, indirekt zum Pro-gramm erhoben worden sind.

Ich unternehme den vagen Versuch, die verschiedenenVarianten der mir bekannten kirchenpädagogischen Praxiszu systematisieren. Ich bin auf sie durch eigenes Experimen-tieren gestoßen, habe entsprechende Übungen miterlebt undhabe zudem einiges aus der entsprechenden Anleitungs-literatur entnommen.1 Natürlich handelt es sich dabei umidealtypische Stilisierungen, die niemals in dieser Reinformvorkommen. Es finden sich eher – soweit das überhauptempirisch zu erheben ist – eine Fülle von Mischformen undindividuellen Zuschnitten. In der Kirchenpädagogik hatteeben die praktische Erprobung einen relativ langen Vorlaufvor der Theorie. Und erst in den letzten Jahren entsteht –

Wenn Liturgik und Didaktik sich küssenSpielformen der KirchenpädagogikThomas Klie, Göttingen

Fabelfiguren (13. Jh.) aus der KathedraleSt. Vincent in St. Malo/Frankreich

Foto: Rolf Görnandt

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vermittelt durch die Referendariats- und Vikariatsaus-bildung, Lehrerfortbildungskurse und eine umfangreicherwerdende Literatur – ein gegenseitig sich befruchtendesTheorie-Praxis-Verhältnis.

Ich mache derzeit vier bzw. fünf Spielformen derKirchenpädagogik aus. An sie will ich Bernhards –zugegebenermaßen etwas grobes – Unterscheidungsrasteranlegen. Ich tue dies, um den Akzent, den ich selbst didak-tisch wie theologisch für geboten halte, deutlicher zu mar-kieren. Dabei wird hoffentlich auf den ersten Blick deutlichwerden, dass meine Typen Konstrukte darstellen. Sie ver-zeichnen bewusst, um eine klärende Distanz zu schaffen.

1. Die erlebnispädagogische Variante(Lernziel: einen sakralen Event schaffen; Raumkonzept:

Abenteuerspielplatz)In dieser Spielform wird der Raum funktionalisiert für

ein pädagogisch übergeordnetes Programm. Eine Erschlie-ßung von Textzeichen ist nicht vorgesehen, und der Raumhat auch nicht wirklich Zeichencharakter: Er steht vielmehrfür sich selbst. Was zählt, ist die unmittelbare Wirkung aufdie Teilnehmenden und die sich daraus ergebenden Lern-wege. Der Raum kann mehr oder weniger beliebig in Ge-brauch genommen werden. Die Methoden, die hier zum Ein-satz kommen, können ausnahmslos auch in einem altenSchloss, einem mittelalterlichen Rathaus oder einer Burg-ruine angewandt werden. Altersmäßig sehe ich hiervornehmlich jüngere Kinder bis etwa zum Sekundarbereich Iversammelt. Man „spielt“ etwas in und mit einer Kirche.

2. Davon hebt sich deutlich die kultur-protestantische Variante ab.(Lernziel: Kirchräume als kulturelle Lebensäußerungen

der Religion kennenlernen; Raumkonzept: Kulturdenkmal)Die Wortzeichen haben hier die Funktion, Informationen

über den Raum und die ihn bedingende Kultur zu liefern.Daten und Fakten sollen an die Frau oder an den Mann ge-bracht werden. Nach einer kulturprotestantischen Übungweiß man, was und warum man etwas gesehen hat. Und mansoll es auch behalten. Denn Kirchen sind Teil des gemein-samen Kulturerbes und Wertgefüges. Darum muss man vielüber sie wissen. Die Bau-Informationen dienen letztlichdazu, den unschätzbaren historischen Wert von Kirchen-gebäuden ermessen zu können. Altersmäßig habe ich hierbeieher Sek. II-Schüler und in besonderer Weise engagierte,möglicherweise akademisch interessierte Erwachsene vorAugen.

3. Die spirituelle Variante(Lernziel: Gefühl fürs Unendliche entwickeln; Raum-

konzept: auratischer Ort)Hier geht es ausschließlich um den Raum, genauer um

seine Anmutungsqualitäten. Die Erarbeitung von Text-zeichen ist wie in der erlebnispädagogischen Variante (1)nicht vorgesehen. Anders als in dieser Variante hat hier derRaum jedoch Zeichencharakter. Er steht für Transzendenz,

für das Erhabene und die Erfahrbarkeit des Göttlichen imIrdischen. Es geht um das Umfangensein von einer religiö-sen Sphäre. Die einzelnen Übungsteile haben eher medita-tiven Charakter. Kognitive Lernziele treten weitgehend hin-ter emotionale Ziele zurück. Diese Variante ist nicht unbe-dingt altersspezifisch ausgerichtet. Stilleübungen lassen sichmit Kindergarten-Kindern genauso gut durchführen, wiemeditative Elemente mit dem Altenkreis.

4. Die gemeindebildende Variante(Lernziel: geistliche Kirchenführung; Raumkonzept: re-

ligiöse Heimat)Hierbei spielen sowohl Raumzeichen als auch Text-

zeichen eine Rolle. Es geht schließlich um einen Gemeindebildenden Akt. Die Teilnehmer an einer solchen Übung sol-len religiös unterwiesen werden (über Textzeichen), und ihrGemeinde-Sein soll (über die Raumzeichen) bekräftigt wer-den. In Bezug auf das Lebensalter sehe ich wie in der drit-ten Variante theoretisch keine Beschränkungen, habe aber,was die praktische Umsetzung angeht, eher Übungen wahr-genommen, die sich an Erwachsene richten: Presbyterien,Kirchentouristen oder Gruppen aus der sog. Kerngemeinde.

Alle diese Spielformen haben ihre Berechtigung. Sie er-schließen bestimmte Klientele und sind eingelagert in regi-onale Besonderheiten. Sie leiten sich aus religions- odergemeindepädagogischen Präferenzen ab, und die sindbekanntlich sehr dehnbar. Alle diese Kirchenpädagogikenreagieren in je unterschiedlicher Weise auf das spürbar ge-stiegene Raumbewusstsein in unserer Gesellschaft.

So ist festzustellen, dass im Gegensatz zu früher in vie-len alten Kirchen die Zahl der Kirchentouristen die derGottesdienstbesucher um ein Vielfaches übersteigt. Die Klos-terkirche in Loccum z. B. durchziehen pro Jahr etliche Tau-send Touristen, die in der Regel fluchtartig die Kirche ver-lassen, wenn ein Gottesdienst beginnt. Dies ist nur ein Zei-chen für die postmoderne Sensibilität für sakrale Räume. Jeaustauschbarer die Inhalte werden, desto wichtiger werdenoffenbar die Oberflächen und Formen. Kirchenpädagogikreagiert auf diese zeitgeistigen Signaturen. Offenbar trittdabei wieder ins allgemeine – auch säkulare – Bewusstsein,dass Heiliges immer auch auf Räume angewiesen ist. Es gibtWort und Sakrament nicht außer- oder oberhalb von Räu-men. Verkündigung und Teilhabe am Heiligen geschiehträumlich, die Hinwendung zum Lebensgrund braucht eineästhetisch bestimmte Gestalt – sonst ist überhaupt nichtswahrnehmbar und vermittelbar. Religion ereignet sich inbestimmten Formen. Sie hat leib-räumliche Dimensionen.

Viele scheinbar säkulare Formen der Religionspraxisspiegeln uns dieses neue ästhetische Bewusstsein. Denkenwir nur an die Love-Parade, an Partei- und Kirchentage undan das mitunter überzogene Inszenierungsbedürfnis bei pri-vaten Familienfeiern. Die Sensibilität für das Räumliche undAtmosphärische umfasst alle Alters- und Gesellschafts-gruppen. Man weiß heute besser als in den wilden 70ern:„Events“ können nur raumgreifend inszeniert werden. Eineneue alte Entdeckung für Christen evangelischer Spielart.

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„Und räumlich glaubet der Mensch“ – so titelt der Kunst-historiker und Theologe Andreas Mertin einen Aufsatz zumThema.2

Bemerkenswert scheint mir die Beobachtung, dassKirchenpädagogik – soweit feststellbar – anfangs und zumTeil auch jetzt noch ein fast rein protestantisches Phänomenwar und ist. Unsere katholischen Schwestern und Brüderhaben offenbar ein noch eher ungebrochenes, irritationsfreies– vielleicht „religiöseres“ – Verhältnis zu ihren Sakral-räumen. Ist Kirchenpädagogik ein evangelisches Krisen-Phä-nomen? Einiges spricht dafür. Der deutsche Protestantismusals Gestalt-gewordene religiöse Krise hat sich darinallerdings seit fast 500 Jahren recht komfortabel eingerich-tet.

Phänomenologisch betrachtet kennt das Protestantische,überspitzt ausgedrückt, gar keine Formen. Evangelisch sein,heißt tendenziell formlos zu sein. Evangelisch sein, heißtdem verbum externum, dem leiblichen Wort, weniger zuzu-trauen, als dem verbum internum, der inneren Berufung. Diesist zwar theologisch-lutherisch äußerst fragwürdig, aberleider Teil des preußisch-pietistischen Erbes. Diese Form-losigkeit ist die besondere Stärke der evangelischen Religi-on, aber natürlich auch ihre Achillesferse – denn Formlosesist sehr viel verwitterungsanfälliger.

Dazu kommt noch, dass das Protestantische sich seitjeher höchst formenkritisch darstellt. Die persönlich bedeut-samen Inhalte evangelischer Religion bewegen sich eben aufder Geschenkebene, auf der Ebene der Einstellungen, der in-neren Befindlichkeit und des Motivationalen. Alles anderehat „nur“ den Rang von Äußerlichkeiten. Das ist religions-pädagogisch eine bedauernswerter Umstand, denn jedes

Kind lernt Religion gleichsam von außen nach innen. ÜberFormenspiele gelangt es zu Bedeutungsspielen. Wo es aberkeine Formen gibt, gibt es auch nichts zu lernen. Eine form-vergessene Religion kann man in der Tat unglaublich schnellvergessen – wenn man sie denn überhaupt je gelernt hat.

Die neue, säkulare Aufmerksamkeit für Räume zwingtevangelische Christenmenschen also, Form und Inhalt ihrerReligion evangelisch noch einmal ganz neu ins Verhältniszu setzen.

Dass Religion Raum fordert und auf leib-räumliche Prä-sentation angewiesen ist, so sie denn greifbar gemacht wer-den soll, ist nicht nur eine theologische Binsenweisheit, nichtnur eine zeitgeschichtliche Episode und schon gar keineErkenntnis der neueren Religionsdidaktik. Ich erinnere nuran den Boom der sog. Symboldidaktik Mitte der 80er Jah-re. Dass Religion formvollendet „dargestellt“ werden will(und nicht nur informell „mitgeteilt“ werden kann) ist dieGrundidee jeder Liturgie. Mit der Kirchenpädagogik, die ausder Relation von Leib, Raum und Religion einen bildendenFunken schlägt, haben ReligionspädagogInnen undPastorInnen also eine Art “Heimspiel”. Ich halte die Kirchen-pädagogik für die späte Frucht der alten Liebe von Liturgikund Didaktik – so meine These. Lehr-Kunst und Kult-Han-deln haben im letztverbindlichen Spiel mit geheiligten For-men einen lange verkannten gemeinsamen Gegenstand. Ichkomme also nicht umhin, noch eine fünfte Spielform derKirchenpädagogik zu benennen.

3. Wenn Liturgik und Didaktik sich küssen

5. Die liturgische Variante(Lernziel: gelebte Religion rekonstruieren; Raum-

konzept: religiöser Funktionsraum)Evangelische Religion weiß sich vom wirkmächtigen

Bibelwort in besonderer Weise bestimmt. Sie bezieht ihreKonturen von der in den Worten des Alten und Neuen Tes-taments zum Ausdruck kommenden Frohbotschaft. Theolo-gisch gilt die situationsangemessene Auslegung der Heili-gen Schrift als der Vorgang, der Evangelische Kirche seinlässt. Schwärmerisch-unmittelbare Affekte werden dabei vonder Lehrgestalt dieser Kirche eher beargwöhnt denn begrüßt.Schauen und Gaffen ist in evangelischer Lesart sehr viel we-niger christlich als Hören und Lesen – hierin kann man mitden Zisterziensern durchaus übereinstimmen. „Also kommtder Glaube aus dem Hören, das Hören aber durch das WortChristi“ (Röm 10, 17).

Dieses Leitbild führte jedoch in der Geschichte evange-lischer Kirchlichkeit immer wieder zu einer Verengung aufdie allsonntägliche Predigt und im Unterricht auf den zuverstehenden Text oder den zu lernenden Katechismus. Alsozu einer Reduktion von Religion auf wortsprachlicheVermittlungsformen.

Hier trägt – Gott sei’s gedankt – nicht zuletzt die Kirchen-pädagogik dazu bei, das Spektrum der Lernwege und Lehr-weisen nachhaltig zu erweitern. Sie erschließt den Protes-tanten ihre religiösen Zweckbauten und damit einen großenTeil der räumlich-ästhetischen Dimensionen ihrer Religion.Kirchenpädagogische Erschließung der Kanzel in

St. Jacobi, Hamburg Foto: Erika Grünewald

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Wenn die kirchenpädagogische Wiederentdeckung des „leib-lichen Wortes“ (CA V) auch über den Umweg der – theolo-gisch durchaus entbehrlichen – Kirchengebäude erfolgt, sobildet sie doch ein wichtiges Widerlager gegen die typischprotestantische Formvergessenheit.

Martin Luther wusste noch um die Relevanz der „äußer-lichen Zeichen“. Sie bildeten für ihn ein sinnenfälliges Ve-hikel der Verheißung. Ohne akzeptable Außenseite kann nachLuther auch das „Wort“ nicht ge-schehen. Der Herr über Zeit undRaum bindet seine Botschaftimmer wieder und in vielfältigerWeise an „leibliche Dinge“.„Denn Gott hat es allezeit so ein-gerichtet, dass er auf Erden einleibliches Zeichen, eine Person,einen Ort oder eine Stätte gegebenhat, wo er gewisslich gefundenwerden wollte. Denn wo wir nichtdurch ein leiblich äußerlichesZeichen gebunden und gefangenwerden, dann wird jeder Gott dortsuchen, wo es ihm gefällt. (…)Und so hat Gott uns Christen ei-nen Tempel gebaut, wo er wohnenwill: nämlich das mündliche Wort,die Taufe und das Abendmahl,welches leibliche Dinge sind.“3

Es ist also die leib-räumlicheAußenseite, die es lutherischmöglich macht, religiös „gebun-den und gefangen“ zu werden.Oder religionspädagogisch ge-wendet: Die Medien sind es, dieuns religiös motivieren. Die In-szenierung evangelischer Religi-on kann nicht ohne äußere Formen vonstatten gehen – sowürde es der Religionspädagoge Luther heute ausdrücken.

So gesehen schließen sich die „marmornen“ und„codifizierten“ Textzeichen unseres eingangs zitierten Zis-terzienser-Abts keineswegs aus. Vielmehr bedingen sie sichgegenseitig beim Lernen von Religion. Denn in Kirchen fin-den sich immer auch Spuren gelebter Religion und somitauch unserer Religion. Kirchen verweisen auf Gottesdiens-te, Andachten, Lieder und Gebete, christliche Hochzeits- undTauf-Begehungen. Sie verweisen auf den Kult – auf christ-liche Praxis in liturgischer Gestalt. Eine Praxis, die jeder an-deren Form christlicher Lebensäußerung vorausgeht und siesomit transzendiert. Jeder noch so nüchterne Sakralraumvermittelt etwas von diesem höchst irrationalen und – schautman einmal auf die Zahlen der Gottesdienstbesucher in man-chen Landstrichen – allerdings ziemlich unrationellen Ge-heimnis gottesdienstlich gelebten Glaubens. Eine Kircheverweist auf Gott, den Schöpfer und Erlöser und sie verweistauf die menschlichen, allzumenschlichen Versuche, diesenGott liturgisch zu vergegenwärtigen. Die Baumeisterin ei-ner jeden Kirche ist die Liturgie.

Nur die gottesdienstlichen Handlungen rechtfertigen einKirchengebäude. Dass die architektonische Gestaltung dabeinatürlich immer auch nach den Regeln der Kunst geschah,steht nicht im Widerspruch dazu. Im Gegenteil: Gerade weilsich in der christlichen Liturgie der dreieinige Gott unterWort und Sakrament gegenwärtig macht, haben die Men-schen immer wieder versucht, diesem Geschehen durch dieäußere Formgebung so weit wie irgend möglich zu entspre-

chen. Die ästhetisch ansprechen-den Räume unserer Kirchen„sprechen“ also nicht für sich,sondern sie sind Ausdruck des-sen, wie sich Christenmenschenin Geschichte und Gegenwart li-turgisch zu Gott verhalten. EineKirche gottesdienstlich zu deu-ten, meint, sie von ihrem genui-nen Gebrauchskontext her zu ver-stehen. Dies kann didaktisch nurüber die die liturgischen Konven-tionen abstützenden biblischenund kirchlichen Grundtexte ge-schehen, also über die „codices“.Methodisch kommt dies z. B.durch die Einbindung von Lesun-gen und biblischen Voten zumAusdruck, in pädagogisch ange-messen inszenierten liturgischenVersatzstücken, wie z. B. Bege-hungen, Haltungen und Gesten,aber auch in bibliodramatischenElementen.

Ein Gottesdienst macht denihn umgebenden Raum zu einembewohnten Raum. In ihm ver-sammeln sich allsonntäglich

Christenmenschen unter dem Wort. Sie lassen ihren zeitlichbegrenzten Aufenthalt in diesem besonderen Raum durcheine religiöse Handlungsfolge bestimmen. Ihr Raum-Erle-ben wird also in einer ganz besonderen Weise getaktet. EinKirchenraum stellt somit eine stark funktional gegliederteRäumlichkeit dar. Da gibt es gibt Zonen, in denen sich dieInteraktion verdichtet, wie z. B. der Altar oder der Chorraum,Zonen, in denen sich weniger häufig etwas abspielt, wie dasTaufbecken und Zonen, die entweder nur Durchgangs-Funk-tionen erfüllen (wie der Vorraum) oder nur eingeschränkt zu-gänglich sind (Orgelempore, Kanzel). Als Schauplatz desGottesdienstes ist das gegliederte Kircheninnere „kein nach-trägliches Zubehör zu einem autarken Schauspiel“; es „ge-hört zur Regie der Aufführung“, wenn die Raumordnung„Plätze, Fluchten, Wege und Hindernisse vorschreibt“.4

Die Topographie eines kirchlichen Kultraumes entsprichtdemnach in hohem Maße seiner gottesdienstlichenIngebrauchnahme. Die Grundspannungen, von der jede Li-turgie lebt – zwischen Gott und Welt, Leben und Tod (Ost-West-Achse), Gesetz und Verheißung (Nord-Süd-Achse) –finden in der Raumordnung ihre Entsprechung. Die Raum-

Krypta des Klosters WülfinghausenFoto: Rolf Görnandt

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zeichen zeichnen sich dabei durch starke Affinitäten zu denliturgischen bzw. Wort-Zeichen aus. Der Raum und die Fei-er, für die gebaut wurde, stehen in einem wechselseitigenResonanzverhältnis. So wird die Wirkung der Raumzeichendurch das situative „Bespielen“ ebenso verstärkt wie der je-weilige Vollzug durch seine räumliche Kulisse. BeideZeichensysteme werden in der Liturgie zeitgleich wahrge-nommen. Das Gotteshaus fungiert für die anwesende Ge-meinde als „Diener und Deuter“ (Langmaack) des liturgischentfalteten Raumes.5

Ich komme zurück zur Kirchenpädagogik. Ein solchesRaumprogramm kann nicht „irgendwie“ erschlossen werden,sondern nur religionsdidaktisch gezielt und in angemesse-ner Weise. Handlungsorientierte events – auch wenn sie un-ter kirchenpädagogischen Vorzeichen erfolgen – tendierenjedoch dahin, diese fundamentale Spannung zugunsten ei-ner momentanen Befriedigung von Neugier zu verschleifen.Hierbei wird nur das „gefräßige Auge“ gefüttert. Allerdingswird es nicht wirklich satt gemacht. Denn zumeist steht dabeidie Sinnenhaftigkeit der Handlung selbst im Vordergrund undnicht die didaktische Funktion, die sie innerhalb eines Lern-kontextes innehat.

Eine problematische Entwicklung ist also immer dannangezeigt, wenn sich das Staunen über die „marmornen“ Zei-chen ästhetisch verselbständigt. Wenn die Schau- und Sin-nenlust von einer kirchenpädagogischen Konstanten zurinszenierungstechnischen Dominante wird. Denn dadurchgeht der Verweischarakter der Raumzeichen verloren. Na-türlich ist es „spannend“ zu ergründen, dass eine Kirchewomöglich aus Wesersandsteinen erbaut wurde, Steinmetzedort ihre Zeichen hinterlassen haben, Altaraufsätzevornehmlich aus Lindenholz gefertigt sind und dass Orff-Instrumente in einem gotischen Dom „ganz toll“ klingen.Doch die eigentliche Spannung, die einen Kirchenraum be-stimmt, rührt nicht von seiner ästhetischen Anmutung her,sondern von ihrer zeichenhaften Zumutung, Göttlichem imIrdischen Raum zu geben.

Bernhard von Clairvauxs Brief lässt auf eine gewisseAhnung von der Ambivalenz ästhetischer Erfahrung schlie-

ßen. Er erkannte sie – und dies ist didaktisch von weitrei-chender Bedeutung – als ebenso brüchig wie flüchtig. Of-fenbar sinkt die Halbwertzeit von Faszination und Schaulustmit dem Quadrat der (zeitlichen und räumlichen) Entfer-nung. Insofern ist das Lesen „in marmoribus“ auch aus pä-dagogischen und didaktischen Gründen auf das Lesen „incodicibus“ angewiesen – und umgekehrt.

Beide „Lektüren“ erschließen sich wechselseitig unddürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Erst dasIneinander und Miteinander von Anschauung und Darstel-lung lässt Lernen lebendig und Erfahrung bildend werden.Erst der liturgische Rahmen macht das kirchenpädagogischeBild.

Anmerkungen:

1 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Erlebnisraum Kirche,Reliprax 19/1996; Entdeckungen in Braunschweiger Kirchen.Materialien zur Erkundung, Braunschweiger BeiträgeSonderheft 1998; JULIUS, CHR. U.A., Der Religion Raum geben.Eine kirchenpädagogische Praxishilfe, Loccum 1999;„Kirchenräume – Kirchenträume“, in: Religion/katholisch 5/2001.

2 MERTIN, ANDREAS: „‘und räumlich glaubet der Mensch.’ DerGlaube und seine Räume“, in: THOMAS KLIE (Hg), Der ReligionRaum geben. Kirchenpädagogik und religiöses Lernen,Münster 22000, 51-76.

3 WA 16, 209, 21-29 (1525).4 WALDENFELS, BERNHARD, In den Netzen der Lebenswelt,

Frankfurt/M. 21994, 198.5 Diese Korrelation ist z. B. festgeschrieben worden in den sog.

‘Rummelsberger Grundsätzen’ zum Kirchenbau (1951).Danach sind „Aufgabe und Gestalt“ des evangelischenGottesdienstes maßgeblich für die Kirchengebäude, in denener sich „vollzieht und dem sie gleichnishaft Gestalt gebensollen“.

Dr. Thomas Klie ist Pastor und Lehrbeauftragter an derEvangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Göttin-gen.

Mit Kinderaugen durch den DomEin Greifswalder Projekt zum NachmachenIrmfried Garbe, Greifswald

Der Anlass„Ist das ein Plumpsklo?“ fragt ein Junge im Chorraum

des Greifswalder Doms St. Nikolai. Er steht mit seinenSchulkameraden vor dem hölzernen Taufstein – 1830 vomBruder Caspar David Friedrichs gefertigt. Seine Frage istkein Witz; er möchte wirklich wissen, woran er ist. Der Jungeist etwa zehn und das erste Mal in einer Kirche. Er trifft aufLeute, denen er seine Fragen zu stellen sich traut. Der Jun-ge kennt erstaunlicherweise noch Plumpsklos! Taufsteinesind ihm in jeder Hinsicht fremd. Unsere Dommitarbeiterin

erklärt ihm, was es mit dem Taufstein auf sich hat. Als dieSchulklasse wieder geht, bleibt seine unvergessliche Asso-ziation im Gedächtnis. Es war eine krasse, aber nichtuntypische Kinderfrage im postsozialistischen, vielleichtpostchristlichen Greifswald. Jeder Mitarbeiter, der bei unsKinder durch St. Nikolai führt, kann Ähnliches berichten.

Die relative Unwissenheit des Jungen stieß uns an, mehrüber Kinder in unserer Kirche nachzudenken. Der Dom isteine City-Kirche, Ziel von bis zu 300 Besuchern täglich –

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Rentnern, Urlaubern, Kindern. Es gibt tägliche Öffnungszei-ten von 10-16 Uhr. Der Turm des Domes, des „langen Ni-kolaus“, zieht alle Generationen an, auch die, die keinenKunst- oder Stadtführer dabeihaben. Macht gar nichts, Er-wachsene finden hier viele Angebote: Tafeln, Faltblätter,Kunstführer, Konzerte, Ausstellungen, meditative Nacht-führungen, Mittagsandachten, Gottesdienste, Orgelmusikund Stille. Aber es gibt nur eine einzige Mitarbeiterstelle fürÖffentlichkeitsarbeit, ab und an unterstützt von ehrenamtli-cher Hilfe. Sie alle zusammen können trotz großer Langmutnur einen geringen Teil der Besucher durch den Dom beglei-ten, ab und zu – wenn Erzieher und Lehrer ihr Kommenrechtzeitig melden – auch Kindergruppen. Das macht vielFreude, weil es ausgesprochen intensive, bewegende Begeg-nungen sind. Was aber stellen wir den vielen Kindern, die

wir nicht begleiten können, als Verstehens- und Ent-deckungshilfe in unserer Kirche zur Verfügung? Sind wirüberhaupt auf Kinderbesuch eingerichtet, wenn es – wie sooft – ohne uns gehen muss? Jeder weiß, dass Kinder im öst-lichen Deutschland heute zu 95 Prozent in Familien ohne re-ligiöse Praxis und Kenntnis aufwachsen. Diese Kinder ha-ben im buchstäblichen Sinne keine Ahnung, was ihnen in ei-ner Kirche begegnet oder begegnen könnte. Gleichwohl brin-gen sie unendlich viel Phantasie, Entdeckerfreude und Auf-geschlossenheit mit. Was lässt sich tun, um unsere KircheKindern auch ohne Dabeisein ein Erlebnis werden zu las-sen? Das war die Frage. Und sie zündete.

Die IdeeWir brauchen einen Domführer für Kinder, soviel stand

fest. Die Idee, wie er entstehen könnte, borgten wir uns vonSt. Bartholomäi in Demmin (Vorpommern). Dort hatten Kin-der der evangelischen Grundschule 1999 einen Kinder-kirchenführer hergestellt. Also: Kinder entdeckten, maltenund beschrieben „ihr“ Kirchengebäude für andere Kinder.Das Demminer Vorbild war überzeugend und ausbaufähig.Wir fragten uns: Warum müssen es konfessionell sozialisierteKinder sein? Wird eine Beteiligung von vielen Gruppen imErgebnis nicht noch spannender? Kann man versuchen, dieKompetenz, das Interesse, die Phantasie von möglichst vie-len Kindern durch einen Preiswettbewerb ins Rollen zu brin-gen? Ist ein öffentliches Preisausschreiben auch ein Signalfür die ganze Stadt? Darauf bauten wir. Einem Preisaus-schreiben, an dem alle Greifswalder Kinder teilzunehmendie Chance hätten, maßen wir vier Vorteile zu:

1.) Kinder ganz unterschiedlicher Herkunft, mit ganz un-terschiedlichen Kenntnissen und Begabungen beschäftigensich mit einem Kirchengebäude ihres Ortes. Dabei ist es völ-lig legitim, dass ihr Motiv vielleicht zuerst der Preis ist, derwinkt. Am ausgelobten Preis sollte keinesfalls geknickertwerden! Heute habe ich den Eindruck: wir hatten unsallesamt nicht hinreichend vorgestellt, wieviel Zeit, Kreati-vität und Sorgfalt die Kinder in ihre Entwürfe stecken wür-den!

2.) Kinder sind Fachleute für Kinder. Ihre Beobachtun-gen, Fragen, Experimente, Spielideen werden andere Kin-der viel besser ansprechen können, als wir Erwachsene unsdies unter Mühsalen abringen. Ein Preisausschreiben vermit-telt Kindern außer dem nötigen Elan auch das Gefühl, wirk-lich ernst genommen zu sein.

3.) Keiner der Domgemeindemitarbeiter und -helfer hätte– bei aller Liebe zur Sache – die zeitlichen und ideellenMöglichkeiten gehabt, einen ansprechenden Kinderkirchen-führer zu konzipieren. Uns konnten nur Kinder auf dieSprünge helfen. Ihre Beschäftigung mit dem Dom würde alsomehr als Spiel und kirchenpädagogisches Arrangement sein.Die Kinder entwickeln ein echtes Produkt! Es ist einmaligund in sich unübertreffbar. Doch sollte kein kanonischesUnikat entstehen. Die ganze Prozedur kann in einigen Jah-ren auf’s Neue mit anderen (oder den gleichen) Kindern statt-finden. Und es wird wieder Spaß machen!

4.) Das Preisausschreiben ist ein Signal nach innen wienach außen. Alle – Gemeinde, Eltern, Lehrer und Kinder –

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Die Kanzel im Greifswalder Dom

merken, es geht tatsächlich um was und gleichzeitig passiertetwas. Unsere Gemeinde kommt ins Gespräch an Orten, diesonst selten über „Kirche“ reden; gleichzeitig könnte dasProjekt auch Nachbargemeinden Anstoß geben.

Der AnfangAm Anfang war die Idee der Auslobung. Es stellte sich

schon in dieser Phase heraus, dass mit Entwicklungszeit undÜberzeugungsarbeit gerechnet werden muss. Von der vor-geschlagenen Preissumme von 500,- DM mochte der zustän-dige Gemeindeausschuss für Finanzen zunächst nur 10 % insAuge fassen. Das war eine verständliche, aber realitätsferneReaktion: Wer kleinlich investiert, wird entsprechend be-lohnt. Mit einer solchen Preislockung wäre das Projekt vonvornherein in den Wind geschrieben gewesen. Vor allem hät-te diese Summe in einem lächerlichen Verhältnis zu derMühe der Kinder gestanden. In der Debatte des Gemeinde-kirchenrats leuchtete das ein und der sowieso geplante Ver-kauf einer alten, nicht mehr erhaltungswürdigen Garage er-brachte die nötige Summe sogar ohne Belastung desGemeindeetats. Aber selbst wenn der Zufall hier nicht mit-gespielt hätte, hätte der Vorbereitungskreis alle Wege be-schritten, einen anständigen Preis zu erhalten. Für eine guteIdee finden sich auch Sponsoren!

Im November 1999 wurde die Idee geboren, im Dezem-ber begann das gemeindeinterne Gespräch. Der offizielleAuslobungsbrief erreichte die Greifswalder Schulen EndeJanuar 2000, rechtzeitig vor den Schulferien. Das Schulamthatte die Weitergabe übernommen. Gebeten wurden alleKlassen der Stufen 1–8 an 44 Schulen Stadt- und Umland-schulen im Rahmen ihres Religions-, Geschichts- oderDeutschunterrichts (vielleicht sogar in projekt-bezogener Kombination) einen Entwurf des Kinder-kirchenführers bis zum 1. Juli 2000 in der Kirchen-gemeinde einzureichen. Die Klassen konntensich teilen oder aber mit anderen Gruppen ver-bünden. Die ausgesetzten Preise wurde ge-staffelt: 1. Platz 250,- DM, 2. Platz 100,-DM, 3. Platz 50,- DM, Plätze 4–6 eineJahresfreikarte für den Turmbesuch St.Nikolai. Jeweils drei freie Turmbesuchemit Angehörigen als Trostpreise für alleweiteren Teilnehmer. In der Rückschaumeine ich: Eigentlich hätte die Mühe derKinder generöser belohnt werden müssen.Im Anschreiben wurden die Hauptpreiseangegeben.

Unsere Projektbeschreibung war be-wusst sparsam gehalten. Es sollte kindli-che Phantasie entbunden, aber möglichstwenig beschränkt werden. Deshalb hießes andeutungsweise, ein Kinderkirchen-führer könnte alles enthalten, was Kinderndie Wanderung durch unseren Dom spannend macht: Mal-seiten, Rätsel, Suchspiele, Erzählungen/Dialoge etc. zurDomausstattung, zur Domgeschichte oder zum Namenspa-tron und „vieles, vieles andere, was Kindern Spaß macht undihr Interesse am Dom weckt“. Der erwartete Umfang des

Kinderführers wurde in der großzügig gemeinten Spanne von16–32 Seiten angegeben. Das war eindeutig zu hoch ange-setzt, die 16-Seiten-Marke stellte sich als Leistungsober-grenze heraus. Die Entwürfe sollten auf DIN-A-4-Papier ge-halten sein. Farbige Seiten sollten auf den äußeren Sicht-bereich beschränkt bleiben – auch das stellte sich als nichtkindgemäß heraus und wurde von den meisten Teilnehmernglücklich ignoriert.

Zum Schluss kündigte die Ausschreibung an, über dieeingereichten Exemplare werde eine Jury befinden. Für dieDrucklegung des Domführers für Kinder behielt sich dieGemeinde vor, aus allen eingereichten Entwürfen Ideen undVorschläge heranziehen zu können. Als am Anfang desSchulhalbjahrs die ersten 5–6 Beteiligungsmeldungen vonKlassen verschiedener Schulen eingelaufen waren, wuchsunsere Freude und Spannung. Die Ergebnisse konnten mitjeder neuen Gruppe nur gewinnen. Viel Zeit und gute Lau-ne widmete unsere Mitarbeiterin den bald stundenlang imDom herumstromernden und fragenden Schulklassen.

Der HöhepunktAm Freitag, den 14. Juli 2000, war es soweit. Zur Preis-

verleihung, die im Zusammenhang des beginnenden Stadt-kirchentags von Presse und Gemeinde wahrgenommen wur-de, strömten Schülerinnen und Schüler in den Dom. Die Di-rektoren hatten ihnen schulfrei gegeben. Von ursprünglich14 Arbeitsgruppen hatten immerhin 12 von der 1. bis zur 8.Klasse durchgehalten und ein Produkt eingereicht. Das über-traf unsere Erwartungen und bestätigte großartig, dass dieIdee ohne aufwendige Purzelbäume zum Zuge kommen

kann. Nur eine fächerübergreifende Arbeitsgemein-schaft war nicht realisiert worden. Die Schüler-

gruppen kamen überwiegend aus Religions-unterrichtskursen.

Es war der Jury nicht leicht gefallen,unter den vielen eindrücklichen, überra-

schenden, klugen und launig-witzigenEntwürfen eine Rangfolge festzule-gen. Da mussten erst einmal Maßstä-be gefunden werden. Sie lauteten inzwangloser Folge: I. Gesamteindruck(Ideenvielfalt), II. Kindgerechtheit,III. Dombezug (einschließlich Funk-tion), IV. Sachlogik (sind Ideen/Er-klärungen nachvollziehbar?), V. Ge-staltung und Vorgabentreue. Auch dieAltersunterschiedlichkeit der betei-ligten Schülergruppen und die starkdifferenzierten Schulformen (u.a. be-teiligte sich eine Klasse einerBehindertenschule) wurden berück-sichtigt. Nach knapp 5 Stunden ange-strengter Begutachtung lagen die Be-

wertungen fest. Es hatte sich als praktikabel erwiesen, dassalle 6 Jury-Mitglieder je für sich eine Bewertungstabelle an-legten, in denen die einzelnen Gesichtspunkte durch einePunktzahl zwischen 1 und 12 festgelegt waren. Dadurchwurden die vergebenen Punkte aller Jury-Mitglieder im

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kirchenPÄDAGOGIK

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Quersummenverfahren verrechen-bar und so die Platzierung des je-weiligen Entwurfs entschieden. Inder Jury arbeiteten eineGraphikerin, eine Buchhändlerin,eine Kunsthistorikerin, eineKatechetin, ein Professor fürReligionspädagogik und ein Vikarmit. Den ersten Platz erhielt in gro-ßer Übereinstimmung der Entwurfeiner 1. Klasse. Die Plätze 2 und 3fielen auf zwei 4. Klassen.

Die Spannung während derPreisverleihung war groß. Natür-lich fieberte jede Gruppe demHauptpreis entgegen. Dass ausge-rechnet die ganz Kleinen ihn er-hielten, das war für manche Größere nicht leicht zu akzep-tieren. Die großartige Stimmung blieb davon unbetroffen.Rege musterten jetzt auch die Schüler die eigenen und diefremden Entwürfe, kritisch oder zustimmend. Und als diebunten Seifenblasen von der Orgelempore auf die Haupt-gewinner herunterschwebten, war das große Staunen imRaum, mit vernehmlichem Raunen untermalt. Anderthalbschulfreie Stunden waren im Nu vergangen. Mit Orgelmusikund kleinen Zusatzgeschenken verließen die Schüler den ih-nen inzwischen bestens vertrauten Dom.

Das ErgebnisNun waren die weiteren Schritte zu gehen. Aus allen

Einzeleinfällen musste jetzt etwas gemacht werden. Unse-re Vorsicht zur Frage der Drucklegung der Preisträger hattesich als richtig erwiesen: den rundherum überzeugendenKinderführer, der sofort druckfertig gewesen wäre, hatten dieKindern nicht entwickelt. Aus der erstaunlichen Fülle anüberzeugenden Details der Kinderentwürfe wurde eine sach-lich logische Auswahl getroffen. Es mussten Stil- undGestaltungsfragen, drucktechnische Details und Kosten-kalkulationen beraten werden. Auch dafür war nochmals einlanger Atem nötig. Von Januar bis September 2001 liefen dieVorbesprechungen. 16 Seiten waren Detail für Detail zuplanen: Eine logische Seitenfolge, verbindende Elemente,Texte, Ideen und Darstellungen aus den Vorlagen, z.T. Neues.Wir entschieden uns für einen bunten Druck auf glattemhellen Papier. Ein Graphiker wurde engagiert, der mit vielFingerspitzengefühl und technischem Raffinement unserKonzept umsetzte. Seite für Seite fügte sich allmählich einGesamtbild. Wir ließen uns nicht von der Urlaubersaison un-ter Druck setzen, obwohl es auch bedauert wurde, dass derSommer verstrich. Im Frühherbst 2001 wurde der letzteSchliff angelegt. Wir brauchten mehr Zeit, als gedacht, aberdas Ergebnis sollte den Druck von 2000 Exemplaren lohnen.Genau zwei Jahre hatte es von der ursprünglichen Idee biszu dem Tag gedauert, an dem die nagelneuen, im hoch-gestreckten Speisekartenformat ausgedruckten „Domführer

„Das Kleidungsstück, das derPfarrer während des Gottesdienstesträgt, nennt man Talar.“

(aus dem Domführer für Kinder)

für Kinder“ fertig dalagen. Am 28. November2001 wurden sie mit den Schülergruppen imDom gefeiert und in einer „Dom-Rallye“ getes-tet. Für das gelöste Rätsel gab es Preise, die laut-stark ihre Funktion bewiesen …

Was enthält der fertige Kinderführer?Unser „Domführer für Kinder“ bietet einen

Rundgang über 12 Stationen. Jede Seite stellteinen Ort vor, der im oberen Eckfoto eingeblen-det ist. Methodisch enthält jede Seite die glei-chen drei Angebote:

1.) Er bietet Texte, die die wichtigsten Ortein einem Frage-Antwort-Dialog (schwarz ge-druckt, vom Domteam erdacht) und in Kinder-texten (blau gedruckt, aus den Entwürfen) erläu-tern. Wir wollen lesewilligen Kindern die Chan-ce geben, wirklich erfahren zu können, was eine

christliche Kirche ist, wie andere Kinder das beschrieben ha-ben und was unseren Dom besonders macht.

2.) Er bietet verschiedenfarbig gedruckte Kinder-zeichnungen (Strich- und Malbilder) zur jeweiligen Station.Wir legten Wert darauf, die beobachteten Objekte durch eine(selten 2–3) markante Illustration(en) aus Kinderhand in denBlick zu rücken. Das hätte man auch anders machen kön-nen. Wir wollten eine konzentrierende Reduktion.

3.) Er bietet ein Rätselspiel, das im unteren Fünftel je-der Seite mitläuft. Den Hintergrund bildet ein Detailfoto, aufdessen lachsfarbener Tönung sich die Rätselfrage gut abhebt.Die Kinder können dieses Detail am jeweiligen Ort in derWirklichkeit entdecken. An zwei Stationen ist das für dieLösung des Rätsels auch nötig. Unsere Frage bezieht sichz.T. auf dies Foto, z.T. auf die Stationstexte. Unter drei an-gegebenen Antwortmöglichkeiten befindet sich die richtige.Die letzte Innenseite enthält eine Gesamtübersicht diesesRätselspiels. Wer mindestens sieben richtige Antworten ein-trägt, kann sich im Domfoyer einen kleinen Preis einlösen.

Uns interessiert natürlich, welche Angebote von den Kin-dern wahrgenommen werden. Darüber weiter nachzudenken,wird in vielleicht einem Jahr möglich und nötig sein. Vorersthoffen wir, dass viele Kinder und Eltern den geringen Preisvon 3 DM bzw. 1,50 EUR für eine besondere Dom-entdeckung aufwenden. Vielleicht werden wir in drei, vierJahren wieder Kinder einladen, einen andern Domkinder-kirchenführer zu entwickeln. Die Erfahrungen mit dem be-schriebenen Projekt sind aber schon jetzt so positiv wiefolgenreich: unser langer Nikolaus ist Greifswalder Kindernein ganzes Stück näher gekommen. Wir verdanken das denKindern selber.

Ob sich andernorts Nachahmer/Weiterentwickler einessolchen Projekts finden? Uns wär’s recht. Und den Kinderndort bestimmt auch.

Irmfried Garbe war Vikar an der St. Nikolai-Kirche in Greifs-wald und ist derzeit im pastoralen Dienst in der Christus-kirchengemeinde in Greifswald tätig.

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Der Industriestaubsauger in einer Ecke der Seitenkapellewar der Stein des Anstoßes. Mehr als sechs Wochen stander dort, in der Nähe der großen Teppiche im Chorraum undnicht so weit weg wie im Abstellraum; eigentlich ganz prak-tisch. Was machen wir da eigentlich mit unseren Kirchen-räumen? Ist das Haus Gottes wirklich unser Zuhause? Wür-den wir zu Hause den Staubsauger im Wohnzimmer stehenlassen, weil er dann schneller zur Hand ist?

Aufgescheucht durch diese Fragen fand sich in einerKirchenvorstandssitzung der St. Sixti-Gemeinde in Northeimschnell eine Gruppe zusammen, die bereit und neugierig war,ihren Kirchenraum neu in den Blick zu nehmen. Ordnunggeschaffen hatten wir schnell. Konsequent wurde alles, wasirgendwo liegen geblieben war, geprüft, umgeräumt, besseraufgestellt oder weggeworfen. Aus unschönen Provisorienwurden ansehnliche Plätze. Ein neuralgischer Punkt war derPlatz hinter dem Altar, wo sich hervorragend Kerzen, Vasen,Kästen mit den Liednummern und an-deres abstellen lässt. Freigeräumt istdie Absicht der Baumeister des Mittel-alters wieder erkennbar: Mit demKreuzestod Christi – dargestellt imAltarbild – ist nicht alles zu Ende.Durch den Auferstehungsglauben er-öffnet sich dahinter ein neuer, weiterRaum der Hoffnung; in manchen Kir-chen durchtränkt vom Licht der vielenChorfenster und an der Decke mit Ster-nen bemalt, die auf den „neuen Him-mel“ warten lassen, der in der Offen-barung verheißen ist. Dieser Ort kannganz neu entdeckt werden.

Aber schon im Turmraum, der Ein-gangshalle, waren wir endgültig nichtmehr beim Aufräumen, sondern beineuem Gestalten. Was wollen wir mitdiesem Ort? Soll er so schlicht sein,dass er den Eintretenden auf Gottes-dienst oder Stille im Innern der Kirchevorbereitet? Oder soll der Besucherhier etwas erfahren über die Mitarbeiter und Angebote derGemeinde? Ist dieser Ort ansprechend gestaltet durch einenBlickfang mit einer Pflanze, einem Bild, einer Kerze? Gibtes ein begrüßendes Wort? Wollen wir, dass Menschen sichhier niederlassen, eine Kerze anzünden können, evtl. einGebet formulieren? Oder beim Hinausgehen etwas in einGästebuch schreiben? Also ein Raum der Information undKommunikation?

Heftige Diskussionen kamen auf, Bilder wurden ab- undwieder aufgehängt, Tische weggetragen und hässliche In-formationsregale entrümpelt. Die Kerzen kamen aus der

Vorhalle in das Seitenschiff, wo um eine selten genutzteWeltgebetskugel ein neuer Gebetsplatz entstand. Das trugdie Diskussion bis in die Gemeinde: Menschen vermisstendie Kerzen in der Vorhalle, wo sie schnell mal auf dem Wegdurch die Stadt hineinhuschen und ein Licht anzünden konn-ten. Wir überlegten: Wollen wir ein fast gedankenloses Ri-tual im Eingang fördern oder die Leute in den Raum lockenund dem Gebet einen würdigen Ort geben? Wen erreichenwir womit? Haben wir das Recht, Gebetsrituale zu verän-dern?

Inzwischen ist die Kerzenbank in den Turmraum zurück-gekehrt und mit dem Gebetsplatz im Südschiff experimen-tieren wir noch. Dort stehen Stühle im Halbkreis, in die Rit-zen zwischen Steinen können Gebete geschoben werden,eine Pflanze musste wegen mangelnden Lichts leider wiederentfernt werden. Um diesen Ort zu einem Anziehungspunktwerden zu lassen, hat der Kirchenvorstand beschlossen,

probeweise für ein Jahr einen über 550Jahre alten, kostbaren Schnitzaltar, derin der verschlossenen Sakristei der Öf-fentlichkeit kaum zugänglich ist, hieraufzustellen. In der gotischen Hallen-kirche gab es einmal viele solcherGebetsplätze in den Seitenschiffen.

Ansonsten haben wir in der Kircheviel Raum geschaffen: Beide Seiten-schiffe wurden von den Bänken befreit.Wir werden sie im Frühling bei einemGemeindefest versteigern. Für beson-dere Gottesdienste wie Weihnachtenoder Kirchenkonzerte wurden 200Stapelstühle angeschafft, die nur beiBedarf aufgestellt werden. Ein Stückzurück zum Ursprung der mittelalterli-chen Hallenkirche, in der der Gottes-dienst ein singendes Wandeln von Al-tar zu Altar war. Im Mittelschiff bleibtgenug Platz für die Gemeinde. Sie istnun näher zusammengerückt, es gibtweniger leere Bänke und vereinzelt

sitzende Besucher. Das wirkt sich auf die Gottesdienst-atmosphäre aus. Auch zu hause stellen wir nicht mehr Stühleauf, als wir Gäste erwarten.

Bei all dem wiegen nicht nur die wegzutragenden Bän-ke, sondern auch die aufkommenden Fragen schwer: Wer hatin diesem Raum das letzte Recht? Die lebendige, feierndeGemeinde, die in jedem Jahrhundert ihren Glauben andersausdrückt oder die grund(stein)legenden Glaubenszeugnissedes Mittelalters? Wenn jede Generation das Recht für sichin Anspruch nehmen würde, sichtbare Spuren ihres Glaubensim Raum zu hinterlassen, wie sähen dann unsere Kirchen

AUS DEN REGIONEN

„Vom Abstellraum zur Wohnung Gottes“Birgit Hecke-Behrends, Northeim

Die „verlegte Taufe“ in der St. Sixti-Kirchein Northeim Foto: Heinz Behrends

Aus den Regionen

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Ausgabe 1/2002 21

aus? Aber sind sie allein Orte des Denkmalschutzes? Wiegewichten wir?

Mit einer Veränderung haben wir dem Kirchenraum aufjeden Fall ein Stück seiner Ausgewogenheit zurückgegeben:Die Taufe hat einen neuen Ort gefunden. Ausgehend von demWunsch nach mehr Gemeindenähe stand sie eingeengt imSeitenschiff zu nah bei der Kanzel, von den Gottesdienst-besuchern im Hauptschiff auch nicht zu sehen. Als neuer Ortwurde der Platz unter dem gotischen Bogen vorn im Durch-gang zwischen Nord- und Mittelschiff ausgesucht. Taufe istEintritt – wie durch einen Torbogen – in die christlicheGemeinde. Jetzt kann auch die von alters her sogenannteTauftür im Nordschiff wieder als solche benutzt werden.Einige Bankhalbreihen verschwanden, andere wurden mitStühlen verlängert und die Taufe mit einem Halbkreis wiemit einem um sie gelegten Arm in die Gemeinde hineingenommen. Damit fühlen sich PastorIn, Taufgesellschaft undGemeinde wohl. Diese Umsetzungsaktion hat den Beteilig-ten großen Spaß gemacht: mit Hilfe eines spontan vomBestatter geholten Gabelstaplers fuhr die knapp 500 Jahrealte, bronzene Taufe – kurzfristig ihrer Löwenfüße beraubt– quer durch die Kirche an ihren neuen Ort.

Als Letztes haben wir eine riesige, drei mal fünf Metergroße, hölzerne Gedenktafel für die gefallenen Absolventendes Northeimer Lehrerseminars aus dem 1. Weltkrieg ausdem Südschiff entfernt und dem Heimatmuseum als Leih-gabe zur Verfügung gestellt. Das erschien uns angemessen.Die erinnerten Gefallenen haben nur für kurze Zeit als Stu-denten in der Stadt gelebt. Auch bot die Tafel keinerlei Ein-bindung des Themas „Tod“ in den Horizont christlicher

Auferstehungshoffnung. Die Gemeinde will ihre Aufgabedes Gedenkens stärker in die Friedensdekade einbinden.

Der Kirchenraum der St. Sixti-Kirche ist in Bewegunggekommen, Menschen haben sich in ihm auf einen Weg ge-macht, der noch nicht zu Ende ist. Verantwortliche habenneues Sehen trainiert, gerade da wo alles bekannt zu seinschien. Neue Blickwinkel haben sich geöffnet, die Gemeindeist in einen Dialog mit ihrem Kirchenraum getreten. Und siespricht miteinander über ihr Zuhause, das Schritt für SchrittWohnung Gottes wird.

Wir haben uns dabei von einigen Standards leiten lassen,die wir in der kirchenpädagogischen Arbeit gelernt haben:- Die Struktur des Baukörpers darf nicht verstellt oder ver-

hängt sein. Was den Bau trägt, muss sichtbar sein.- Der Bezug der „Einrichtung“ zum liturgischen Handeln

und Beten soll erkennbar sein.- Platz zum Gehen und Verweilen, für Aktion und Stille

muss sein.- Aktuelles Gemeindeleben wird im Raum auf Zeit sicht-

bar.- Theologische Grunderkenntnisse bleiben im Raum umge-

setzt (Taufe als Eintritt, Auferstehung als Ort des Lichtes).- Der Raum ist offen und einladend wie eine gute Stube, in

die jederzeit ein Gast eintreten kann.Wo sich kirchenpädagogische Arbeit langsam entwickelt,

schließt das geschulte Wahrnehmen den Raum nicht nur auf,sondern kann auch zu seiner schrittweisen Umgestaltungführen. Wie gut, dass anfangs der Staubsauger im Weg stand.

Birgit Hecke-Behrends ist Diakonin und Kirchenpädagoginim Kirchenkreis Leine-Solling (Hannoversche Landeskirche).

Zu unserem Titelbild

Neue Wege, eine Kirche zu erschließen sind Hamelner Berufsschülergegangen. Unter dem Titel „Stop – Look – Listen“ haben drei Berufsschu-len die Berufsschulpastorin Silvia Mustert, die katholische Religions-lehrerin Irmi Spangenberger und ihren Mann, den Pastoralreferenten GeorgSpangenberger unterstützt bei der Erschaffung einer Ausstellung, die ei-nen neuen Blick auf Weihnachten eröffnete.

An zehn Stationen wurden „Weihnachtslandschaften“ aufgebaut, dieden Besucher ermunterten, sich körperlich und seelisch in die Adventszeitmit einzubringen. Schaffell und Flöte neben Gold, Weihrauch und Myrrhe appellierten an die Sinne; in Kugelnaus Maschendraht konnte der Besucher einen Segenswunsch hineinstecken – und im Tausch einen mitneh-men. Prägefolienabdrucke von dem Marienrelief wurden angefertigt, oder der Geschmack von Äpfeln, Nuss undMandelkern wahrgenommen. Bei der Arbeit an einem über vier Meter hohen Stern aus Baustahl sind jungeLeute aus dem Berufsgrundbildungsjahr Metall über die Bedeutung des Sternes ins Gespräch gekommen –quer durch alle Religionszugehörigkeiten. Es entstand ein kleiner ökumenischer Austausch.

Die notwendigen DM 30 000 konnten durch die Unterstützung der Hanns-Lilje-Stiftung, beider Kirchen so-wie der Stadt aufgebracht werden. Weihnachten ist nun vorbei, aber die Ausstellungsexponate können ausge-liehen werden: (0 51 51) 56 05 48.

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Aus den Regionen

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Kirchen sind besondere Räume. Menschen spüren in ih-nen etwas von dem, was seit vielen Generationen Menschengetragen und geprägt hat. Sie spüren, dass all dies auch sieselbst zu tragen und prägen vermag.

Menschen sehnen sich nach geöffneten Kirchen. Nichtnur um – wie etwa am 11. September – der Sprachlosigkeitund fassungslosen Trauer einen Ort zu geben, sondern oftauch einfach nur so, gewissermaßen im Vorübergehen, oderganz bewusst aufgesucht, als Ort zur Ruhe und Besinnung.

Auf unterschiedliche Weise wird in den Kirchen der EKDschon seit einigen Jahren versucht, dieses Bedürfnis vonMenschen aufzunehmen.• In vielen Gliedkirchen der EKD geht die Kirchen-

pädagogik Wege, Menschen über erzähltes, gespürtes undsinnliches Erleben den Kirchenraum aufzuschließen undso spirituellen Erfahrungen einen Raum zu geben.

• Der Kirchliche Dienst in Freizeit, Erholung und Touris-mus in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers begleitet dieErfahrungen von Kirchengemeinden mit geöffneten Kir-chen. Mit dem Signet „Verlässlich geöffnete Kirche“ wirbter dafür, dass noch mehr Kirchengemeinden ihre Kirchenöffnen, christliche Gastfreundschaft leben und dies auchöffentlich kommunizieren.

• In der Kirchenprovinz Sachsen wurde eine Grundausbil-dung für ehrenamtliche Kirchenführerinnen und Kirchen-führer entwickelt. „Kirchengebäude prägen das Bild derevangelischen Kirche in der Öffentlichkeit mit. Sie sindöffentliche Räume und sollten daher auch öffentlich zu-gänglich sein“ – so formuliert es Bischof Axel Noack,Magdeburg, im Vorwort zur Dokumentation über dieGrundausbildung für Kirchenführerinnen und Kirchen-führer seiner Landeskirche. (JUTTA GLADEN, BIRGIT NEU-MANN, CHRISTINE ZAPF-OPPERMANN, Lebendige Steine – of-fene Kirchen, erschienen als „information 44“, herausge-geben vom Evangelischen Arbeitskreis Freizeit-Erholung-Tourismus in der EKD).

Im Dezember 2001 hat sich für den Bereich der Konfö-deration evangelischer Kirchen in Niedersachsen einInitiativkreis getroffen, um auf der Grundlage des Modellsaus der Kirchenprovinz Sachsen eine Ausbildung für ehren-amtliche Kirchenführerinnen und Kirchenführer in ihremBereich zu entwickeln.

Diesem Initiativkreis, der für weitere Interessierte offenist, gehören an:• Christiane Kürschner, Referentin für Kirchenpädagogik

der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers• Karin Lorenz, Leiterin des Kirchlichen Dienstes in Frei-

zeit, Erholung und Tourismus (KDFET)• Wilhelm Niedernolte, Leiter der EEB Niedersachsen• Dorothee Prüssner, Kirchenpädagogin in der Ev.-luth. Lan-

deskirche in Braunschweig• Michael Riedel-Schneider, Pastor im KDFET und Mitver-

antwortlicher des Projekts „Gästeführen mit Stern“ derLEB Ostfriesland

Für den Jahresbeginn 2003 ist ein erster Probelauf fürdie qualifizierte Ausbildung zur Kirchenführerin oder zumKirchenführer geplant. Die Inhalte der Ausbildung werdenverantwortet durch die kirchlichen Dienste, die den Initiativ-kreis gebildet haben. Angeboten und getragen wird dieseAusbildung über die EEB Niedersachsen. Angestrebt ist eineZertifizierung dieser Ausbildung durch den BundesverbandKirchenpädagogik und die EEB, damit mit dem Zertifikateine bundesweite und staatliche Anerkennung verbundenwerden kann.

Wenn Sie Interesse an weiteren Informationen zu dieserAusbildung haben oder sich für diese Ausbildung als Teil-nehmende vormerken lassen möchten, können Sie mit denfolgenden Personen Kontakt aufnehmen:

Pn. Karin Lorenz (05 11) 12 41 - 444P. Wilhelm Niedernolte (05 11) 12 41 - 471

Geglückte Kooperation – Kirchenführerausbildung in NiedersachsenKarin Lorenz, Hannover

Regionaltreffen in OldenburgHartmut Schwarz, Oldenburg

Der Arbeitskreis Kirchenpädagogik in der Oldenburgischen Kirche traf sich am 24.10.01 inder Kirche in Oldenburg Bloherfelde zum Thema „Moderner Kirchenraum und Kirchenpädagogik“.Die Bloherfelder Kirche ist als Teil eines Gemeindezentrums in den 70er Jahren gebaut worden.Entsprechend nüchtern ist ihr Äußeres und Inneres. Der Arbeistkreis hat die Herausforderung an-genommen, auch diesen nüchternen Gottesdienstraum in seiner sakralen Dimension erfahrbar wer-den zu lassen. Dabei wurde z.T. auch mit ganz neuen Ideen experimentiert. So wurde u.a. in An-spielung auf das Himmlische Jerusalem (Apk 21) der quadratische Grundriss der Kirche als ver-steckte Kreuzform mit Seilen sichtbar gemacht und mit „Höhenstangen“ das Zentrum der Kirchedurch die Teilnehmer erspürt. Ein Lichtertanz in der Weite des Kirchraumes schloss die unge-wöhnliche Kirchenerkundung ab.

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MITGLIEDERVERSAMMLUNG

Das Thema des Jahres war natürlich unsere erste Mitgliederversammlung; deshalb ist sie in diesem Heft zugleich der Schwer-punkt. Unterschiedlichen Beiträge werden die zwei Tage wieder präsent werden lassen, und wir danken allen, die sich ander Darstellung des Rückblickes beteiligt haben.

Die Mitglieder des Bundesverbandes Kirchenpädagogike. V. aus ganz Deutschland trafen sich zum ersten Mal nachder Gründung ihres Verbandes in Hannover. 13 Frauen grün-deten im Mai 2000 den Bundesverband Kirchenpädagogike.V., um auf dieses wichtige neue, in der Öffentlichkeit sehrgefragte Arbeitsgebiet der Kirchen verstärkt aufmerksam zumachen. Sie arbeiten seit Jahren überwiegend mit Kindernund Jugendlichen „mit allen Sinnen und Verstand“ inKirchenräumen. Ziel des Verbandes ist es laut Satzung„Menschen, denen die christliche Religion fremd gewordenist oder die ihr fernstehen, mit Glaubensaussagen und Tra-ditionen des Christentums bekannt zu machen.“

Inzwischen gehören 104 Mitglieder aus 16 Landeskir-chen und 11 Bundesländern zu diesem Verband. 100 vonihnen sind Vertreterinnen und Vertreter der evangelischenund 4 der katholischen Kirche. 31 Mitglieder sindGemeindeverbände, Kir-chengemeinden oder Insti-tute. Dazu gehören z. B.das Comeniusinstitut,Evangelische Arbeitsstättefür Erziehungswissen-schaft, der Christus-pavillon in Volkenrodaoder das Kulturforum desKölner Doms. Zu dieserersten Tagung kamen 65Mitglieder aus allen Teilender Bundesrepublik.

Die Bischöfin der Han-noverschen Landeskirche,Dr. Margot Käßmann, istdie Schirmherrin diesesVerbandes. Sie hielt den Eröffnungsvortag zur gegenwärti-gen Erziehungsdebatte in Deutschland: „Wieviel Raum undZeit geben wir Kindern?“ Darin hob sie die Bedeutung vondurchbeteten Räumen für die Gesellschaft hervor und for-derte die Kirchengemeinden auf, Kindern mehr Raum zu ver-abredeten Zeiten in Kirchenräumen zu geben, nicht nur wieüblich in den Gruppenräumen der Gemeindehäuser. Sieunterstrich die Bedeutung von Krabbelgottesdiensten undFamiliengottesdiensten und forderte gleichzeitig mehrkirchenpädagogische Veranstaltungen. Eltern hätten gegen-über ihren Kindern eine „Erziehungsleistung“ zu erbringenund sollten dabei ihre Kinder nicht zu „Erziehungsobjekten“

machen, sie nicht nach ihrem Bilde formen, sondern viel-mehr die Ebenbildlichkeit Gottes in ihnen wahrnehmen.Kinder müssten in der Kirche und in der Gesellschaft als ei-genständige Subjekte einen herausragenden Platz bekom-men. Dabei wies sie auf den 2. Kongress für zukunfts-orientierte Bildung und Erziehung am 23./24. November inGöttingen hin, der sich mit der zunehmendenOrientierungslosigkeit der Jugend befasst: „Jugendlicheohne eigene innere Orientierung neigen zur kritiklosen Über-nahme fremder Entscheidungsangebote und Entscheidungs-kriterien. Eine bestürzende Vorstellung! Große manipulier-bare Bevölkerungsgruppen, die kritiklos Fremdes überneh-men und verführbar sind.“

Die praktische Arbeitsphase führte die Kirchen-pädagoginnen und -pädagogen in die Kirchen der „Straßeder Toleranz“ im Hannoverschen Stadtteil Calenberger Neu-

stadt. Die 65 Fachleute er-kundeten unter verschiede-nen Blickwinkeln kirchen-pädagogische Arbeits-möglichkeiten in der ka-tholischen St. Clemens-kirche, der reformiertenKirche und der evange-lisch-lutherischen Neu-städter Hof- und Stadt-kirche St. Johannis. DieAuswertung begleiteteProf. Dr. Horst Schwebel,Leiter des EKD-Institutsfür Kirchenbau und sakra-le Kunst der Gegenwartaus Marburg.

In der Mitgliederversammlung gründeten die Mitgliederregionale Arbeitsgruppen und bestimmten Ansprech-partnerinnen in den Regionen. Außerdem rangen dieVerbandsmitglieder um vom Vorstand vorgelegte Thesen zudiesem neuen Arbeitsgebiet. Ein Ausschuss mit Interessen-vertretern aller Gruppen wird die abschließende Formulie-rung erarbeiten. Dem Ausschuss gehören an: Inge Hansenvom Pädagogisch-Theologischen Institut in Hamburg und 2.Vorsitzende des Verbandes; Astrid Warner, pensionierteLehrerin und ehrenamtliche Kirchenpädagogin aus Uelzen;Tessen v. Kameke, Schulpastor und Leiter der Ev. Akade-

Kinder verdienen einen herausragenden PlatzBericht von der 1. Tagung des Bundesverbandes Kirchenpädagogik e. V.am 21. und 22. September 2001Christiane Kürschner, Hannover

Auswertung der Kirchenerkundungen mit Prof. SchwebelFoto: Heide Kremzow

Fortsetzung auf Seite 26

Mitgliederversammlung

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THESEN ZUR KIRCHENPÄDAGOGIK

Kirchenpädagogik will Kirchenräume für Menschen öffnen und den Sinngehalt christlicherKirchen mit Kopf, Herz und Hand erschließen und vermitteln, um so Inhalte des christlichenGlaubens bekannt zu machen und einen Zugang zu spirituellen Dimensionen zu ermöglichen.Angesichts dieser Aufgabe tritt das jeweils unterschiedlich ausgeprägte Selbstverständnisder Konfessionen hinter den grundsätzlichen Gemeinsamkeiten zurück.

1. Kirchenpädagogik bringt Mensch und Kirchenraum in Beziehung.

Kirchenräume mit ihren in Architektur und Ausstattung bewahrten christlichen Glaubensaus-sagen und Traditionen können neue Bedeutung gewinnen, indem sie mit dem Lebens-horizont der beteiligten Menschen in Beziehung gesetzt werden.Kirchenpädagogik nimmt hierbei die Vorerfahrungen und Empfindungen der Teilnehmendenernst und bezieht deren fremden Blick mit ein.

2. Kirchenpädagogik bedeutet raum- und erfahrungsbezogenes Arbeiten.

Kirchenräume sind Arbeitsort, Gegenstand und Medium der Kirchenpädagogik.Räume machen die eigene Leiblichkeit bewusst; sie werden mit dem ganzen Körper und mitallen Sinnen erfahren.Kirchenpädagogik erschließt Kirchenräume nicht nur sprachlich und visuell, sondern auchim Durchschreiten, Ertasten, Empfinden.

3. Kirchenpädagogik eröffnet Zugänge zu religiösen Erfahrungen.

Die besondere Ausstrahlung des Raumes sowie die persönliche Ansprache, die Konzentrati-on der Wahrnehmung und die Verlangsamung des Alltagstempos in der kirchen-pädagogischen Arbeit können Zugänge zu oftmals verschütteten religiösen Erfahrungen undSehnsüchten der Beteiligten anbahnen.Kirchenpädagogik hat die Aufgabe, diesen Prozess unaufdringlich und behutsam zu mode-rieren.

4. Kirchenpädagogik arbeitet in methodischer Vielfalt.

Kirchenpädagogik greift ästhetische, dramaturgische, körperbezogene und meditativeVermittlungsansätze so wie klassische Methoden der Religionspädagogik auf. Ihre Auswahlist abhängig von der Zielgruppe, den thematischen Anknüpfungen im Kirchenraum und denörtlichen Rahmenbedingungen.Die Entwicklung methodischer Grundlinien aus den unterschiedlichen Ansätzen und Erfah-rungen steht für die nächsten Jahre an.

Thesen

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THESEN ZUR KIRCHENPÄDAGOGIK

5. Kirchenpädagogik braucht Zeit.

Das Lernen im Kirchenraum bedarf einer Verlangsamung, um WahrnehmungsprozessenRaum zu geben und für Achtsamkeitserfahrungen Zeit zu lassen.Wer an einem kirchenpädagogischen Projekt beteiligt ist, nimmt sich Zeit.Für Schulklassen haben sich mehrere Stunden bewährt.

6. Kirchenpädagogik wirkt nach außen.

Kirchenpädagogik ist im Zusammenspiel von religions- und museumspädagogischerBildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen entwickelt worden und hat hierin ihr ursprüng-liches Aufgabenfeld. Sie verknüpft Inhalte des Religionsunterrichts mit den Fragen vielerSchulfächer, insbesondere des Geschichts-, Sachkunde-, Kunst-, Politik-, Latein- und Musik-unterrichts. Die schulische Verfächerung wird am authentischen Ort christlicher Überliefe-rung und gelebter Praxis aufgebrochen. Den Schulen eröffnet sie einen außerschulischenLernort und wirkt ihrerseits auf die innerschulische Bildungsarbeit ein.Kirchenführungen für Touristen erhalten neue Impulse, wenn sie sich auf die Moderation desDialogs zwischen den Menschen und dem Kirchenraum einlassen.

7. Kirchenpädagogik wirkt nach innen.

Kirchenpädagogik regt die gemeindepädagogische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen undErwachsenen an und verhilft durch die Erschließung des Kirchenraumes zu einer persönli-chen Verwurzelung und Standortbestimmung. Sie macht die Stellung des Raumes im Alltagund in der gottesdienstlichen Feier der Gemeinde bewusst.Der Kirchenraum, seine Gestaltung, Betreuung und Vermittlung nach außen kann sich zueiner gemeindlichen Mitte entwickeln. Auch Menschen außerhalb traditioneller Formen derGemeindearbeit lassen sich in dieses Aufgabengebiet einbinden.

8. Kirchenpädagogik ist eine langfristige Investition in die kommende Generation.

Die Zukunft der Kirche in der multikulturellen Gesellschaft hängt nicht unerheblich davon ab,ob den Menschen säkularisierter und anderer kultureller Kontexte christliche Inhalte ver-ständlich und zugänglich gemacht werden können.Als ein Projekt der Übersetzung an der Schwelle zwischen Kirche und Gesellschaft leistet dieKirchenpädagogik für die Begegnung mit der biblischen Botschaft einen unverzichtbarenBeitrag. Dieser Stellenwert muss sowohl Kirchengemeinden wie Landeskirchen und Bistü-mern in nächster Zeit vermittelt werden, da Kirchenpädagogik nicht zuletzt auf konkreteUnterstützung vor Ort angewiesen ist!

Thesen

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Die Calenberger Neustadt in Hannover und ihre Kirchenin der „Straße der Toleranz“Annette von Boetticher, Hannover

Ev.-luth. Hof- und Stadtkirche St. Johannis, HannoverFoto: Annette v. Boetticher

mie in Rastede; Dr. Harald Schlüter vom Domforum ausKöln und Pfarrerin Birgit Neumann aus Sachsen Anhalt,Initiatorin einer Kirchenführerausbildung über landes-kirchliche Grenzen hinweg. Die Zeitschrift „Kirchen-pädagogik“ wird die Thesen zu Beginn des nächsten Jahresin ihrer dritten Ausgabe veröffentlichen.1 Christiane Kürsch-ner, Kirchenpädagogin der Hannoverschen Landeskircheund 1. Vorsitzende des Verbandes (Autorin dieses Beitrags),forderte ihre Landeskirche auf, ein bereits jahrelang im Klos-ter Amelungsborn praktiziertes Modell erneut zu unterstüt-zen. Dabei geht es um die punktuelle Erteilung vonReligionslehrerstunden durch erfahrene Religions-lehrerinnen und -lehrer als Kirchenpädagoginnen und-pädagogen in Kirchenräumen. Konkrete Pläne und Projekt-entwürfe für diesen besonderen Unterricht mit Kindern undJugendlichen gibt es bereits in mehreren Städten.

Die Mitglieder wenden sich mit der Bitte um tatkräftigeUnterstützung an ihre Landeskirchen und Bistümer. Die

kirchenpädagogische Arbeit auf breiter Basis wird auch inZukunft wesentlich von ehrenamtlich Tätigen erfolgen müs-sen. Doch die Ausbildung dieser Christinnen und Christenmüsse in die bereits vorhandenen kirchlichen Strukturenintegriert werden. Das kann ein gemeinnütziger Verein un-möglich aus eigener Kraft schaffen! Die Entwicklung, diebundesweite Vernetzung der vorhandenen Erfahrungen unddie Motivierung von ehrenamtlichen und hauptamtlichenKirchenpädagoginnen und -pädagogen durch den Bundes-verband Kirchenpädagogik e. V. sei bereits ein großes Ge-schenk für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit.

Christiane Kürschner ist Kirchenpädagogin an der Markt-kirche in Hannover.

Anmerkung:

1 S. die Seiten 24 und 25 in dieser Ausgabe.

Im 17. Jahrhundert ließen sich in der Calenberger Neu-stadt von Hannover zahlreiche Bürger nichtlutherischenGlaubens nieder, denen in der Altstadt kein Wohnrecht ge-währt wurde. Neben der lutherischen Neustädter Hof- undStadtkirche , die zunächst für die höfischen Beamten undBediensteten gebaut worden war, bot sich hier auch für an-dere Glaubensgemeinschaften die Möglichkeit mit herzog-licher Unterstützung eigene Gotteshäuser zu errichten. Dieheutige „Rote Reihe“, in deren Bereich sich die verschie-denen Kirchen befinden, wurde daher als „Straße der Tole-ranz“, im heutigen Sprachgebrauch als „Ökumenische Mei-le“ bezeichnet.

Die Neustädter Hof- und Stadtkirche St. JohannisAls der katholische Herzog Johann Friedrich von

Braunschweig-Lüneburg im protestantischen FürstentumCalenberg im Jahre 1665 die Regierung übernahm, hatte diesschwerwiegende Folgen für die herzogliche Beamten- undDienerschaft: Die bislang protestantische Hofkapelle imLeineschloss wurde katholisch und stand nicht mehr fürlutherische Gottesdienste zur Verfügung. In dieser Situati-on entschlossen sich die Landstände des Fürstentums für denNeubau einer lutherischen Kirche in der Calenberger Neu-stadt schräg gegenüber dem Leineschloss an der Stelle derbisherigen Marienkirche. Mit herzoglicher Unterstützungentstand hier in den Jahren 1666–70 sowohl für die Hof-beamten, als auch für die lutherische Bevölkerung der Neu-stadt der erste Sakralbau im heutigen Niedersachsen, der ent-sprechend den protestantischen Vorstellungen einen einheit-lichen Predigt- und Andachtsraum mit Doppelempore undKanzelaltar aufwies. Es gab keine Vorbilder für diese Saal-

kirche mit ihren beachtlichen Ausmaßen, sie ist vielmehrselber Vorbild für viele weitere Kirchen geworden. Die Bau-leitung hatte der herzogliche Hofbauschreiber Brand Wes-termann, ob die Planungen von dem Italiener Sartorio stam-men, ist nicht erwiesen. Der Kirchturm musste schon 1691wegen Einsturzgefahr niedergelegt werden; ab 1700 wurdeer neu aufgebaut. Der eindrucksvolle Bau war die Kirche derGeneralsuperintendenten im Fürstentum Calenberg (heutedie der Landessuperintendenten der evangelisch-lutherischenLandeskirche Hannover) und diente als Grabstätte für Pre-diger und Hofbeamte, u. a. befindet sich dort das Grab desUniversalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz.

1870 wurde die Kirche modernisiert, die obere Saal-empore entfernt und im Obergeschoss neue rundbogige Fens-

Mitgliederversammlung

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ter eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg war die Kirche so starkzerstört, dass man ihren endgültigen Abriss in Erwägung zog.1956-58 wurde sie jedoch wieder aufgebaut und am 1. Ad-vent 1958 von Bischof Hanns Lilje eingeweiht. 1992-94wurde der Innenraum von dem Kirchenarchitekten UlfriedMüller in moderner Form, aber in Anlehnung an den baro-cken Urzustand neugestaltet.

Die Reformierte KircheSeit 1685 stieg der Zustrom französischer Protestanten,

der Hugenotten, in die Calenberger Neustadt, nachdem dasEdikt von Nantes, das ihnen einst in Frankreich freieReligionsausübung zugesichert hatte, von Ludwig XIV. auf-gehoben worden war. 1697 bildete sich in der Neustadt einefranzösisch reformierte Gemeinde, die von der ebenfalls demreformierten Bekenntnis angehörenden Kurfürstin Sophie,der Gemahlin des ersten Kurfürsten von Hannover, Ernst Au-gust, gefördert wurde. Parallel dazu bildete sich auch einedeutsche reformierte Gemeinde, die zunächst zwei als Kir-che und Pfarrhaus ausgestattete Häuser in der Brand- undWagnerstraße ebenfalls als Sakralräume mitbenutzen durf-te. 1704/05 erbaute die deutsche Gemeinde an der EckeBrandstraße/Archivstraße eine eigene Kirche. Nach dem Toddes letzten französischen Predigers 1819 schlossen sich diebeiden reformierten Gemeinden zusammen. Die Kirche wur-de 1896 wegen Baufälligkeit abgerissen und von dem Ar-chitekten Hubert Stier neugebaut. 1943 wurde das Gebäudezerstört; der Wiederaufbau zog sich bis 1960 hin. Dabei wur-de die Kirche stark vereinfacht, der Kirchenraum höher ge-legt, der östliche Eingang geschlossen und der ehemaligeTurmhelm nicht wiederhergestellt.

Die St. ClemenskircheNach dem 30jährigen Krieg war es in den protestanti-

schen Territorien verboten, katholische Kirchen zu bauen,die als solche erkannbar waren, d. h. nur in Privaträumendurften katholische Messen gefeiert werden.

Jahrelang hatte sich Herzog Ernst August von Hannoverum eine Rangerhöhung, die Kurwürde, bemüht. Er warschließlich bereit, dem katholischen Kaiser Leopold I. gro-ße politische und finanzielle Zugeständnisse zu machen. ImKurkontrakt von 1692 verpflichtete er sich, den Katholikenin seinem Herzogtum Religionsfreiheit zu gewähren und ei-nen Kirchenbau zu fördern. Als Bauplatz wurde 1709 mitKollektengeldern der v. Windheimsche Hof in der Nordwest-ecke der Calenberger Neustadt erworben. Die Bauleitung lagin den Händen des Venezianers Thomaso Giusti. Sein Ent-wurf konnte jedoch aus Kostengründen nicht verwirklichtwerden (Modell im Historischen Museum Hannover).Schließlich entstand nach venezianischem Vorbild eineKuppelkirche auf einem griechischen Kreuzgrundriss. Beider Einweihungsfeier im November 1718 war der Bau nochnicht vollendet, man hatte auf die Türme verzichten müs-sen. Bis 1824 war St. Clemens Missionskirche, seit 1825 istsie Pfarrei im Bistum Hildesheim, seit 1894 Propstei. DieKirche wurde 1943 erheblich zerstört. In den Jahren 1952/53 wurde sie in etwas veränderter Form wieder aufgebaut,wobei die Kuppel höher und im römischen Barockstil ge-staltet wurde. Hinzuweisen ist auf die vier Heiligenfigurenauf der Attika über der Ostseite (1966), die Bronzeportale(1984) mit Darstellungen aus der Offenbarung des Johannesund im Inneren auf die zehn Apostelfiguren aus Alabaster-stuck (1985/86).

Dr. Annette v. Boetticher ist Historikerin und Kirchen-vorsteherin der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hanno-ver.

Reformierte Kirche, HannoverFoto: Annette v. Boetticher

Propsteikirche St. Clemens, HannoverFoto: Annette v. Boetticher

Mitgliederversammlung

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„Zeige mir eine Kirche, und ich zeige dir die grenzenlo-se Vielfalt der Kirchenpädagogik.“ Dieses Motto hätte überunserem Gang durch die „Straße der Toleranz“ stehen kön-nen, den wir während unserer Jahrestagung am 21./22. Sep-tember in Hannover unternahmen. Nicht einmal der strömen-de Regen konnte die etwa 80 Teilnehmer davon abhalten, indrei äußerst unterschiedlichen Kirchen auf Spurensuche zugehen. Die folgenden Ausführungen sollen die Erinnerungwachrufen an die inhaltlichen Schwerpunkte der dreiArbeitsgruppen und ihre Gruppenergebnisse, die hier jedochnur in Auszügen wiedergegeben werden können. Für unse-ren Rundgang standen uns drei Kirchen unterschiedlichertheologischer Prägung zur Verfügung:- Die Evangelisch-Reformierte Kirche- Die Evangelisch-Luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche

St.Johannis- Die Katholische Basilika St. Clemens

Die Arbeitsgruppen teilten sich auf nach den BereichenKunst, Geschichte, Theologie/Spiritualität. Für den jewei-ligen Bereich standen Arbeitspapiere zur Verfügung (s. S.30–32), auf denen spezifische Fragestellungen für jede derdrei Kirchen die Spurensuche anzuregen halfen. Folgendeeinheitliche Absichten wurden hier für unser Vorgehen for-muliert:- Die Wahrnehmung für Details an Gebäuden und in Räu-

men zu schärfen und auf diesem Wege Hinweise auf his-torische, ästethische und theologische Bedeutungen, Zu-sammenhänge und Entwicklungen zu erhalten,

- das Verständnis für die Raumäußerungen anderer Konfes-sionen zu wecken und zu fördern,

- mögliche methodische Zugänge zur Erschließung der ver-schiedenen Raumsprachen zu bedenken.

Für den ersten Bereich „Kirchenräume und Geschich-te“ gaben die folgenden Fragen hilfreiche Impulse:- Welche Zeit-Schichten sind außen und innen wahrnehm-

bar?- Stimmen äußerer und innerer Eindruck überein?- Welche stadtgeschichtliche Position hatte das Gebäude

vermutlich in früherer Zeit und welche könnte es heutehaben?

Und als übergreifende Fragestellungen an alle dreiArbeitsgruppen galten:- Wird ein persönlicher Zugang zum Kirchenraum gefun-

den?- Welche Methode zur Erschließung des Kirchenraumes

bzw. als Erstzugang wird vorgeschlagen?Diese beiden letztgenannten Aspekte sollen abschließend

für alle drei Kirchen gemeinsam beantwortet werden, da sichauf diese Weise die anregende Vielfalt des kirchen-pädagogischen Denkens und der Methodik auf unserer Ta-gung am besten wiedergeben lässt.

An allen drei Kirchen wurden Spuren von Krieg und Zer-störung festgestellt. Die größte Übereinstimmung des Äu-ßeren mit dem Innenraum herrschte nach Meinung der Grup-pe in der St. Clemens Basilika, während sich in der Refor-

mierten Kirche die „Dornröschenstimmung“ der begrüntenFassade im Innenraum nicht fortsetzte. An dieser Kirchewurde der größte „Zeitsprung“ sichtbar, der sich zwischenden mittelalterlichen Ursprüngen der äußeren Mauerresteund dem Innenausbau der Nachkriegszeit vollzogen hatte.Als weiteres historisches Zeugnis von Zerstörung und Neu-beginn wurde der fragmentarische Altar in der NeustädterSt. Johanniskirche bewertet, ebenso die Konzentration vonKunstwerken unterschiedlicher Zeitepochen. In dieser Kir-che wurde auf einen fehlenden Mittelpunkt hingewiesen; derInnenraum mehr als Raum für künstlerische Darbietungen,vorrangig musikalischer Art, empfunden. Bei der Betrach-tung der stadtgeschichtlichen Position unterschied sich dieReformierte Kirche von den anderen durch ihre Lage außer-halb der Stadtmauern. Während die St. Clemens-Basilikasich in die Großbauten der Stadt einreiht, befindet sich dieNeustädter St. Johanniskirche in ihrer historischen Funkti-on als Hofkirche in einer exponierten Lage und bildet eingroßzügiges Zentrum.

Der zweiten Arbeitsgruppe, die sich dem Thema„Kirchenräume und Kunst“ zuwandte, dienten folgende dreiImpulsfragen als Richtschnur:- Welche Kunst birgt der Raum?- Welches Kunsthandwerk birgt er?- Wie wirkt die Kunst in diesem Raum?

In der Reformierten Kirche ließen sich auf diese Fragenkeine Antworten finden, dafür entstanden umso lebhaftereÄußerungen zu den Fragen des Zugangs und der methodi-schen Erschließung, auf die später eingegangen werden soll.Für die Neustädter St. Johanniskirche wurde als Grundkritikgeäußert, dass eine Unterscheidung zwischen Kunst undKunsthandwerk schwer zu vollziehen sei. Die Wirkung desRaumes wurde als „museal“ bezeichnet, auch der Eindruckdes „Weltlichen“ und „Festlich Dekorierenden“ scheint indiese Richtung zu gehen. Der moderne Christus in dieserKirche wurde als „provokativ und spannungsvoll zu denverschiedenen Stilrichtungen“ bezeichnet, die Altarwand als„klar strukturiert und doch spannend“. Die Betrachtung derSt. Clemens Basilika brachte eine deutliche Unterscheidungder beiden Bereiche Kirchenraum und Krypta. Während die-se von den meisten Beteiligten als ein Ort der Konzentrati-on empfunden wurde, ließ der obere Kirchenraum konträreEindrücke und Meinungen entstehen. Was für den einen alseine mit allen Sinnen erfahrbare Vielfalt galt, bedeutete fürden anderen ein „Zuviel“, das „die Wahrnehmung zu zerrei-ßen drohte“. „Die Funktion der Kunst ist die Frömmigkeit“ist eine Gruppenäußerung, die in dieser Kontroverse ent-stand.

Zum Thema „Kirchenräume und Theologie/Spirituali-tät“ standen der dritten Arbeitsgruppe die folgenden Fragenzur Verfügung:- Welche zentralen Botschaften des Christentums sind in

diesem Raum verkörpert?- Welche Spuren von Gemeinschaft, welche Spuren von

Leben und Hoffnung finden sich?

Auf der Straße der ToleranzAnnegret Strobel, Hamburg

Mitgliederversammlung

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kirchenPÄDAGOGIK

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Die meisten Äußerungendieser Arbeitsgruppe bezogensich auf die Begegnung mit derReformierten Kirche. Sie wur-de als „die Ehrlichste von al-len“ empfunden, und es ent-stand in der Auswertung derEindruck, als übe der „nichts-sagende“ Raum eine hohe In-spiration aus. Einige Teilneh-mer fühlten sich in dieserschmucklosen Umgebung sehrstark der Aussage des Wortesverpflichtet und erinnerten indiesem Zusammenhang wört-lich an den Anfang desJohannes-Evangeliums „AmAnfang war das Wort“. Einenweiteren zentralen Punkt stell-te für die Gruppe die Verbin-dung des Innen- mit demAußenraum dar: Der Blick ausden Fenstern bedeute dieWahrnehmung des Lebens aufder einen, die Verheißung desParadieses auf der anderen Seite. Der Raum schien an denBesucher eine klare Aufforderung der eigenen Standort-bestimmung zu stellen: „Wie grausam, man ist gezwungen,die eigene Mitte zu finden“. Auf die Frage nach den Spurenvon Leben und Gemeinschaft wurde für diese Kirche einedeutliche Antwort gefunden: „Das Leben bringe ich mit.“Gegensätzliche Äußerungen wurden für die beiden anderenKirchen gemacht. In der Neustädter Stadtkirche erspürte dieGruppe die Vermittlung von „Tradition und Autorität“, in derSt. Clemens Basilika die Entfaltung von „Macht und Pracht“.Die Neustädter Kirche wurde als „Musikkirche“ bezeichnet,die „gefüllt mit Leben“ sei im Gegensatz zur ReformiertenKirche. Das Bild des grünen Kreuzes wurde als theologischesZeichen für Hoffnung gedeutet, während in der katholischenSt. Clemens Basilika eine spirituelle Bedeutung von derKrypta auszugehen schien: „Kraft und Geborgenheit“ über-trug sich aus ihrer Tiefe.

Die Frage nach dem persönlichen Zugang zu den dreiKirchenräumen soll für alle Kirchen zusammenfassend inKürze referiert werden: Für die Reformierte Kirche bilde-

ten – wie oben bereits ausgeführt – das Wortund der „liturgische Zugang“ die Schwer-punkte sowie der Vorschlag, zusätzlich überdas Kirchenverständnis der Reformierten zusprechen. Die Neustädter Stadtkirche ließesich eher mit erzählenden Worten als mit„dem Wort“ erschließen: Lieblings-geschichten, biblische Geschichten und bi-ographische Ausführungen zu den Pastoren-bildnissen wurden vorgeschlagen, sowiehistorische Ausführungen zu Zerstörungund Wiederaufbau. Einen eher spirituellenZugang erwogen die Teilnehmer zur St.Clemens Basilika, ausgehend von verschie-denen Bereichen innerhalb des Bauwerkes:Von den Apostelstandbildern, von Tauf- undWeihwasserbecken („Wasser des Lebens“)von der Krypta oder den Pforten.

Vielfältig waren die Ergebnisse der dreiArbeitsgruppen zu der letzten übergreifen-den Frage nach Methoden zur Erschließung(bzw. dem Erstzugang) der genanntenKirchenräume und brachten so die großemethodische Vertrautheit und Praxisnäheder Teilnehmer zum Ausdruck. Zweifellos

lag hier der Schwerpunkt der kirchlichen Spurensuche. Diemethodischen Vorschläge sollen abschließend in einer Über-sicht zusammengefasst werden, um gegebenenfalls einenschnellen Zugriff bei der Vorbereitung auf neu zu erschlie-ßende Kirchenräume zu ermöglichen (s. S. 33).

Die „Straße der Toleranz“ – Hannover, im September beiDauerregen. Auch ein Blick auf die Gedenkstätte für einefrühere Synagoge gehörte dazu. Aber noch etwas wurdesichtbar, blieb unausgesprochen: Es gibt viele denkbare Ortefür eine „Straße der Toleranz“. Überall dort, wo Kirchen-pädagogen/innen vorurteilslos und offen kirchliche Räumelebendig machen, befinden sie sich auf einem Wegstück die-ser Straße. Ich habe einen Pflasterstein davon aus Hannovermit nach Hause genommen.

Und Sie?

Annegret Strobel ist ehrenamtliche Mitarbeiterin im BereichKirchenpädagogik am PTI Hamburg.

Die Heilige Familie aus der BasilikaSt. Clemens, Hannover Foto: Heide Kremzow

Wir haben ein Pagemakerprogramm für das Layout unserer Zeitschrift. Einherzliches Dankeschön an alle Spender/-innen, besonders an die LandesbischöfinDr. Margot Käßmann und Herrn Prof. Dr. Horst Schwebel.

Mitgliederversammlung

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kirchenPÄDAGOGIK

Ausgabe 1/2002 33

Methoden zur Erschließung bzw. zum Erstzugang

Reformierte Kirche

• Schweigender Eingang:Was brauche ich, um Gottes-dienst zu feiern ?

• Was würdest du in diesemRaum tun, um ihn mit Lebenzu füllen ?

• Wo ist hier Gott? Was brau-che ich zum Leben?

• Welche Farben würde ich die-ser Kirche wünschen ?

• Malen, was an dieser Kirchefehlt und an die entsprechen-de Stelle heften.

• Baumaterial und Natur in Be-ziehung bringen.

• Bewegung des Laubes über-nehmen.

• Gerüche wahrnehmen.Mit bunten Tüchern arbeitenund verschieden Düften.

• Die Kirche von außen undinnen zeichnen lassen.

Neustädter Kirche

• Woran erkennst du, dass diesein besonderer Raum – eineKirche – ist?

• Die Kirche mit Orff-Instru-menten spielend erschließen

• Singen/MusikTanz/Nachstellen der Altar-szene

• Buntglasfenster aus verschie-denen Zeiten

• Geschichten erfinden zu denBildnissenBilder inhaltlich sortieren,Kirchenfenster und Bilder er-zählen lassen

• Kunstpfad mit Begehung undBesinnung

• Erlaufen der Kirche (Laufenauf verschiedenen Ebenen)

• Wir basteln einen Altar

• Das Thema Taufe abschreiten

• Christusdarstellungen ver-gleichen und eigene malenlassen

St. Clemens

• Was sagen die Apostel zu mirund über mich?

• Kindertisch (Gemeinschaft)

• Singen in der KryptaLieblingsplätze in der Kryp-ta finden, Dialoge führenPilgerwege durch die KryptaKrypta mit LichtarbeitenKreuzwegstationen mit Blei-stift abreiben lassen/selbstgestalten

• Kuschelecken entdeckenVersammlung im Altarraum

• Räume begehen/Wege erkun-den

• Themen:TaufeWasserApostelSeligpreisungenFliegen (Blick in die Kuppel)Himmlisches Jerusalem

Klasse – wir konnten in drei ganz unterschiedlichen sa-kralen Räumen schnuppern: Und ziemlich kontrovers unse-re Eindrücke zusammentragen. Die Antwort auf die Fragean das Auditorium: Welche der drei Kirchen würden Sie be-vorzugt kirchenpädagogisch behandeln? kam dann ziemlichklar – die Mehrzahl der Teilnehmer votierte für die katholi-sche, nur wenige, aber immerhin, für die reformierte Kirche.Mich beschäftigt die Frage immer noch.

Bei der Auswahl kirchenpädagogischer „Schauplätze“lasse ich mich von ganz äußerlichen Dingen leiten: EinKirchenraum, der als schlichter Predigtraum geschaffen wur-de, mag vielfältig nutzbar sein und insbesondere den Gottes-dienst erlebbar werden lassen; ich glaube nicht an die Wir-kung des Raumes per se. Mir erscheint es falsch, ihn künst-lich zu befüllen: etwa mit psalmodierenden Schulklassen o.ä. – Deshalb die Flucht ins Katholische, Bildhafte. Schüler-

innen und Schüler, unvertraut mit biblischen Inhalten, aberauf der Suche nach dem, worum es in der Kirche geht, ler-nen es über das bildhafte Erfassen (das kann im übrigen auchin einem bildlosen, aber bewusst gestalteten Kirchenraumsein, denn der löst ebenfalls sinnliche Impulse aus). Michbringt dies auf das reformierte Raumverständnis – als Ant-wort auf übersteigerte Bilderflut setzt es beim mündigenChristenmenschen an, der jegliches „kathol’sches“ Beiwerkentbehren kann: Aber wie geht es nun uns Heutigen damit?Sind wir nicht, darin vergleichbar den vorreformatorischenMenschen, unkundig genug in religiösen Dingen, um uns mitBildern auf die Sprünge helfen zu lassen?

Gisela Donath ist Kirchenpädagogin an der ArbeitsstelleEvangelischer Religionsunterricht der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg.

Nachtrag zur Kirchenpädagogen-Tagung im September in HannoverGisela Donath, Berlin

Mitgliederversammlung

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REGIONALE ANSPRECHPARTNER

Allein auf weiter Flur?In diesem Heft wollen wir anfangen, die Regionalpartner, die nun seit der Mitgliederversammlung offiziell in Kraft ge-setzt wurden, vorzustellen. Die kurzen Schilderungen sollen den Lesern helfen, sich von den Aktivitäten und den Personenin ihrer Nähe ein Bild machen zu können.

Badische LandeskircheProf. Dr. Hartmut RuppReligionspädagogisches Institutder Badischen LandeskircheBlumenstraße 5–776133 Karlsruhe (07 21) 91 75 - 413/-425 (07 21) 91 75 - 435E-Mail: [email protected]

Evangelische Kirche in Berlin-BrandenburgGisela DonathArbeitsstelle Evangelischer ReligionsunterrichtSamariterstraße 2710247 Berlin (0 30) 4 27 47 82 (0 30) 4 26 21 40

Evangelisch-lutherische Landeskirche inBraunschweigDorothee PrüssnerSiemensstraße 2938640 Goslar (0 53 21) 2 00 81 (0 53 21) 2 00 82

Bremische Evangelische KircheDr. Andreas QuadeReligionspädagogische Arbeitsstelle/EvangelischeMedienzentraleder Bremischen Evangelischen KircheHollerallee 7528209 Bremen (04 21) 3 46 15 70 (04 21) 3 46 15 71E-Mail: [email protected]

Evangelisch-lutherische Landeskirche HannoversAnsprechpartner:Christiane KürschnerMarktkircheHanns-Lilje-Platz 230195 Hannover (05 11) 3 64 37 23 (05 11) 3 64 37 37E-Mail: [email protected]

Regionalgruppenleiter:

Hannover Stadt und Land:Christiane Kürschner, Referentin für Kirchenpädagogik inder hannoverschen LandeskircheMarktkircheHanns-Lilje-Platz 230195 Hannover (05 11) 3 64 37 23 (05 11) 3 64 37 37

Südniedersachsen:Birgit Hecke-BehrendsEntenmarkt 237254 Northeim (0 55 51) 9 19 95 73 (0 55 51) 91 16 38E-Mail: [email protected]

Lüneburger Raum:Ingrid BrammerLüner Straße 1521335 Lüneburg (0 41 31) 2 43 07 83 (St. Nikolaikirche)

Osnabrücker Raum:Rüdiger BlomeyerKulturforum DomGroße Freiheit 10 (05 41) 31 84 18E-Mail: [email protected]

Evangelisch-Lutherische LandeskircheMecklenburgsHeidemarie WellmannKirchenkreis GüstrowDomplatz 1218273 Güstrow (0 38 43) 68 26 13

Nordelbische Evangelisch-Lutherische KircheInge HansenPädagogisch-Theologisches InstitutTeilfeld 120459 Hamburg (0 40) 36 00 19 - 22 (0 40) 36 00 19 - 50E-Mail: [email protected]

Regionale Ansprechpartner

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Evangelisch-Lutherische Kirche in OldenburgUwe FischerArbeitskreis KirchenpädagogikAkademie der Ev.-Luth. Kirche in OldenburgHaareneschstraße 6026121 OldenburgE-Mail: [email protected]

Evangelische Kirche im RheinlandAnnette Klinke„Kirche in der City an der Johanneskirche“Martin-Luther-Platz 3940212 Düsseldorf (02 11) 13 58 11 (02 11) 32 34 31

Bistum Rottenburg-StuttgartUlla Grohaz.Z. erreichbar beiArbeitskreis DenkmalbildungNelkenstraße 4171394 Kernen (0 71 51) 46 01 00 (0 71 51) 46 01 00E-Mail: [email protected]

BV Regionalgruppe Berlin-BrandenburgGisela Donath ist Kirchenpädagogin und Diplom-

Historikerin. Sie arbeitet seit zehn Jahren in Berliner Kir-chen, überwiegend mit Schulklassen im Projekt „Kirchenentdecken“ – einem Angebot des evangelischen Religions-unterrichts. In der Hauptsache sind es die City-Kirchen, indie es die Schulen zieht, gehören diese doch als Sehenswür-

digkeiten für Tou-risten zum Stan-dardprogramm.Gerade dort wirdals angenehm er-lebt, dass mansich nicht von ei-ner hoch geschei-ten „Kirchenfüh-rerin“ berieselnlassen muss, son-dern selbst aktivgestaltend einenganzen Schultagauf Entdeckungs-tour geht. In denBerliner Kirchengibt es nicht diegroße Kunst zubestaunen – diefindet man in den

Gemäldegalerien, im übrigen museumspädagogisch hervor-ragend präsentiert in vielfältigen Angeboten für Schüler-innen und Schüler – wohl aber lassen sich Räume mit einerganz eigenen Ausstrahlung erleben. Wer einmal auf den Ge-schmack gekommen ist, kommt immer wieder – zu mehr-tätigen Veranstaltungen in unterschiedlichen Kirchen, zuthematischen Schwerpunktthemen, Projektwochen oder ein-fach jedes Jahr in eine andere Kirche. Im Oktober ist dasSchuljahr verplant. Es handelt sich z. Zt. um 13 unterschied-liche Kirchen, die G.D. nach eigenen Kriterien ausgewählthat. Für Gruppen, die ihre Ortskirche allein unter die Lupenehmen möchten, gibt es Unterrichtsmaterial, schließlichlohnt nicht jedes Gotteshaus den Aufwand langfristiger An-meldung und weiter Reisen quer durch die ganze Stadt. DerKontakt vor Ort zwischen Schule und Gemeinde möge auchauf diesem Wege zusätzlich in Gang kommen. So bildet dieErarbeitung von Materialien den zweiten Schwerpunkt ih-rer Beschäftigung. Als Drittes bringt es die wachsendePopularisierung der Kirchenpädagogik als eigenständigesArbeitsfeld mit sich, dass im Rahmen von Fortbildungen fürLehrer, aber auch bei Gemeindeveranstaltungen ihre Mitwir-kung gefragt ist.

Inge Hansen, HamburgDie institutionalisierte Einrichtung kirchenpädago-

gischer Projekte gibt es in Hamburg seit Beginn 1988. Zudiesem Zeitpunkt wurde mir das befristete, vom Arbeitsamtbezahlte Projekt mit dem Titel „Wir entdecken die Hambur-ger Hauptkirchen“ und dem Auftrag, pädagogische Projek-te in den fünf alten Kirchen mit Schulklassen aller Art durch-zuführen, übertragen. Die große, positive Resonanz von Sei-ten der Schule und die tatkräftige Unterstützung undZukunftsvision des damaligen Leiters des Pädagogisch-The-ologischen Institutes in Hamburg, Dr. Horst Gloy, sorgtendafür, dass die Nordelbische Kirche für diese Arbeit ab 1991eine hauptamtliche, volle Referentenstelle einrichtete unddiese am PTI-Hamburg ansiedelte.

Damit wuchs das Projekt über die Hamburger Innenstadt-kirchen hinaus und sollte nun schrittweise zunächst die Kir-chen auch anderer Hamburger Kirchenkreise, später auchanderer Orte in Nordelbien, sprich, in Schleswig-Holsteinumfassen. Ein neuer Name musste gefunden werden. Es ent-stand der „Kirchenpädagogische Dienst“. Zugleich wurdeerkannt, dass diese umfassende „Kirchenpädagogisierung“nicht mehr von einer Person allein zu bewältigen sein wür-de. Es wurden Gelder eingestellt für die Beschäftigung freierMitarbeiterInnen auf Honorarbasis. Während die eine hin-zugewonnene Kollegin mich bei den am meisten nach-gefragten Kirchenerkundungen in der Innenstadt unterstützte– bezahlt von den Hauptkirchen –, baute die andere den„Servicebetrieb“ im kleinen Kirchenkreis Altona auf einerdort eigens eingerichteten, auf 3 Jahre befristeten Stelle auf.

Seit 1993 ist Erika Grünewald Mitarbeiterin im„Kirchenpädagogischen Dienst“, nur auf Honorarbasis abermit vollem Einsatz. Ihr kirchenpädagogisches Repertoire, inden Hauptkirchen erworben und ständig trainiert, hat sieKanzellesen in Berlin Foto: Gisela Donath

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längst um praktische Einsätzeund konzeptionelle Beratungs-arbeit in anderen Kirchen-kreisen erweitert.

Die nicht nachlassendeNachfrage nach Kirchen-erkundungen von Seiten derSchulklassen und Konfir-mandInnengruppen beischrumpfenden Honorarmit-teln hat 1999 zur Anwerbungund Ausbildung von ehrenamt-lichen Kräften geführt. Diesedrei Frauen aus dem Grund-schulbereich (Annegret Stro-bel ist sogar schon Mitglied imVerband geworden) haben sich inzwischen in je einer Kir-che eingearbeitet und stehen einmal pro Woche, einmal proMonat, bzw. je nach Bedarf in „ihrer“ Kirche zur Verfügung.Zusammen mit Erika Grünewald und mir bilden sie denArbeitskreis Kirchenpädagogik in Hamburg, der sich einmalim Monat zu Austausch und Kurzfortbildung trifft.

Im „Kirchenpädagogischen Dienst“ können dieInteressentInnen mittlerweile unter 20 erschlossenen Kir-chen wählen, je nach räumlicher Nähe oder inhaltlichem In-teresse. In jeder dieser Kirchen gibt es eine/nAnsprechpartner/in. Neben den freien MitarbeiterInnen sinddies z.T. auch die PastorInnen oder Diakone der Gemeinden,die mit der Kirchenpädagogik vertraut gemacht wurden.Neben der organisatorischen Verwaltung des „Kirchen-pädagogischen Dienstes“ und der Erschließung weitererKirchen ist die Arbeit mit MultiplikatorInnen in Hamburgzum festen und stetig anwachsenden Bestandteil meinerTätigkeit geworden. Seit vielen Jahren hat die Kirchen-pädagogik einen festen Platz in der im Hamburger PTI an-gesiedelten Lehrer- Referendars- und Vikarsfort-/ausbildung.

Und dann ist da noch Schleswig-Holstein: Seit Mitte der90er Jahre hat sich das Nachbarbundesland und nord-elbischer Mitauftraggeber meiner Arbeit für die Kirchen-pädagogik geöffnet. Seitdem ist der Strom der Nachfragennach Einführungen in die Kirchenpädagogik in großen Do-men wie in kleinen Dorfkirchen nicht mehr abgerissen. Ei-nige Kirchen sind im Norden mittlerweile pädagogisch er-schlossen und werden von mir reihum immer wieder mitVikarsgruppen besucht. Derzeit entwickelt sich an der KielerNikolai-Kirche ein ehrenamtlicher KirchenführerInnenkreis,in dem auch Menschen mit kirchenpädagogischem Interes-se integriert sind. Diese erhalten ihre Zusatzqualifikation bisauf Weiteres noch auf dem (Um-)Weg über Hamburg undunsere hiesigen Fortbildungsangebote.

Meine Zukunftswünsche?- Mehr fest installierte Kirchenpädagogik in Schleswig-

Holstein! Eine die Kirchenpädagogik dort begünstigendeSituation hat sich dadurch ergeben, dass die neue Kolle-gin für den Sekundarstufen-I-Bereich am PTI Kiel , Sieg-linde Kelm, eine der ehemaligen HamburgerKirchenpädagoginnen ist. Mit ihrer Unterstützung vor Ortim Norden und gemeinsamer Kraft versuchen wir, die

Ulla Groha, KernenStudium der Kunstgeschichte, Publizistik und Deutschen

Volkskunde in Mainz und Dijon.Nach selbstständigen Tätigkeiten in den Bereichen

Kunstwissenschaft und Museumspädagogik beim Branden-burgischen Landesamt für Denkmalpflege sowie am Martin-Gropius-Bau und beim Museumspädagogischen DienstBerlin war ich im Rahmeneines wissenschaftlichenVolontariats am StadtmuseumBautzen angestellt. Seit 1998bin ich als Kunsthistorikerinund Museumspädagogin imRaum Stuttgart freiberuflichtätig. Ich arbeite insbesonderein der Kunstvermittlung fürdie Stuttgarter Staatsgalerieund in der Erwachsenenbil-dung für verschiedeneBildungseinrichtungen, wie z.B. Katholische Bildungs-werke, Volkshochschulenoder Familienbildungsstätten. Mein Tätigkeitsfeld umfasstKunstgespräche, Seminare, Vorträge, Bildungsfahrten, Mu-seums-, Stadt- und Kirchenführungen für alle Altersgruppen.

Meine TätigkeitIch versuche mit meinen Veranstaltungen, insbesondere

jenen für Kinder, mit neuen pädagogischen Methoden zu ex-perimentieren. Denn die Kunst ist Teil unseres Lebens. Siewurde nicht nur für Fachleute geschaffen. Sie spricht allunsere Sinne an. Wenn wir uns auf die Kunst einlassen, wennsie uns persönlich berührt, dann gibt sie Anstöße und Er-

Kirchenpädagogik in Kiel,aber auch an anderen Ortenschrittweise weiter zu institu-tionalisieren. Orte wie Lübeckmit 7 großen Kirchen undSchleswig mit einem Domverdienten eigene „Kirchen-pädagogische Dienste“, unddas nicht nur auf ehrenamtli-cher Basis. Der seit 1999 be-stehende „Arbeitskreis Kir-chenpädagogik in Nordelbien“hat mittlerweile Gott sei Danknicht mehr nur Mitglieder ausdem Hamburger Umfeld undwird im Jahr 2002 erstmalig

im schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe tagen.- Weniger Organisations- und Verwaltungsarbeit und wieder

mehr Zeit zu haben für die Arbeit mit Kindern und Jugend-lichen in den Hamburger Kirchen, für Kooperationen mitKünstlerInnen, mit Museen und anderen außerschulischenBildungseinrichtungen in der Stadt.

Inge Hansen widmet sich den Aposteln Foto: Mike Wilke

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kenntnisse für die eigene Wirklichkeit. Deshalb lade ich inmeinen Veranstaltungen dazu ein, sich mit der Kunstauseinander zu setzen, damit die Begegnung mit ihr zu ei-nem ganz eigenen Erlebnis wird, das Möglichkeiten der per-sönlichen Wegfindung und Weiterentwicklung eröffnen hilft.Hierbei bieten sich verschiedene Zugänge zur Kunst an, vonder wissenschaftlich erkenntnisgetriebenen bis hin zur spie-lerisch unkonventionellen. Gerne arbeite ich dabei mitgestaltpädagogischen Mitteln und mit Elementen des Krea-tiven Schreibens. In unterschiedlichen Veranstaltungsformensteht das Interesse und die Lust an der Kunst im Vordergrund.In Fortbildungen für Lehrer, Stadt- oder Kirchenführer ver-mittle ich die Ansätze, die klassische frontale Vermittlungs-situation durch eine auch bei Kirchenführungen möglicheVielfalt an Methoden und Sozialformen zu erweitern.

Unser Arbeitskreis DenkmalbildungSeit 2000 bin ich an kirchenpädagogischer Kurs-

konzeption beteiligt, motiviert durch meine Zugehörigkeitzur Kirche und die Überzeugung, dass Wesentliches derKunst den Betrachtern vorenthalten bleibt, wenn nicht einevertiefende Erschließung ihrer Botschaften angeboten wird.

Jüngstes Projekt war ein ökumenischer Ausbildungskurszum/zur Kirchenführer/in über die Katholischen Bildungs-werke der Region Stuttgart. Es mündete in die Gründung desArbeitskreises Denkmalbildung, zusammen mit meinemEhemann Emanuel Gebauer und weiteren Bildungs-referentInnen der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die in die-sem Kurs ausgebildeten Kräfte haben sich beim letzten Tagdes offenen Denkmals engagiert, und so die Möglichkeitgeschaffen, auch neuere und weniger beachtete Kirchen in-teressierten Besuchern nahe zu bringen. 2002 ist eine Wie-derholung des Kurses als Grundkurs vorgesehen, der jetztergänzt wird durch verschiedene situations- und zielgruppen-orientierte Angebote.

Ein Wunschziel des Arbeits-kreises Denkmalbildung ist es,dass der Kirchenraum übersolchermaßen ausgebildeteKirchenführer als Ausdruck ge-lebten Glaubens wieder erfahrbarwird. Darüber hinaus möchten wirdie Chance für den Aufbau einesNetzwerkes ausgebildeter Kir-chenführer/innen besonders derjüngeren Generation bieten, alsVermittler zwischen Öffentlich-keit und Kirchengemeinschaft,zwischen dem Unverbindlichenund dem Verbindlichen.

Der Arbeitskreis Denkmal-bildung ist im Internet erreichbarunter www.DenkmalBildung.de(neue Angebote ab Januar 2002im Aufbau).

Annette Klinke, DüsseldorfSeit sechs Jahren arbeite ich in der Johanneskirche/Stadt-

kirche Düsseldorf. Eingestellt als Sozialarbeiterin studiereich inzwischen noch nebenberuflich Gemeinde- undReligionspädagogik. In dieser„Kirche in der City“ bin ich fürdas im Foyer eingerichtete Caféverantwortlich. Mit 34 Ehrenamt-lichen halten wir an fünf Tagenden großen Raum vor demKirchraum offen und bewirten dieMenschen, die uns aufsuchen.Wir bieten ihnen Informationenzu ihren Fragen an, aber auch einOhr zum Zuhören, falls er-wünscht. Dies ist meine Haupt-aufgabe; neben der reinen Organisation für das Café kommtauch noch die Suche nach Ehrenamtlichen und die Beglei-tung ihrer Tätigkeit hinzu. Wir halten Kontakt zu verschie-denen Hilfseinrichtungen und Beratungsstellen unsererStadt, um den Gästen entsprechende Unterstützung nennenzu können. Dieser Arbeitsbereich läuft erfolgreich, an ruhi-gen Tagen kommen ca. 150 Menschen zu uns; von stark fre-quentiert reden wir bei über 400 Gästen. Die Menschen kom-men mit den unterschiedlichsten Anliegen, einige habenFragen, andere wollen in Ruhe lesen und dabei eine TasseKaffee trinken. Einige suchen auch den Kirchraum auf, umetwas Ruhe zu finden und beten zu können.

„Kinder erkunden die Kirche – daher könnte es imKirchenraum etwas unruhiger sein.“

An manchen Tagen hängt dieses Schild als Warnung ander Türe zwischen Kirchraum und Foyer. Diesen Teil mei-ner Tätigkeit habe ich mir selbst ausgesucht, denn dieKirchenpädagogik hatte in unserem Haus keinen Vorläufer.In Zusammenarbeit mit dem Schulreferat unseres Kirchen-

kreisverbands haben wir regelmäßig das An-gebot veröffentlicht, mit Schulklassen ausDüsseldorf die Kirche zu erkunden. Klassen-lehrerinnen und auch Religionslehrerinnenhaben das Angebot gerne angenommen, konn-ten sich aber meist nur auf zwei Stunden ein-lassen. Projekttage haben bei uns in dieserForm noch keine Tradition. Die Kirchen-erkundungen in der karg ausgestattetenJohanneskirche (erbaut 1881, Gebäudeinnereim zweiten Weltkrieg zerstört und in den 50erJahren erneuert) werden als Bereicherung desUnterrichts wahrgenommen, besonders imReligionsunterricht. Einige Klassen kommenauch im Klassenverbund, dann ist aufgrund derZusammensetzung der Erfahrungshintergrundmit Gotteshäusern noch einmal größer.

Von der Regionalgruppe erhoffe ich mir einNetz zum Erfahrungsaustausch und neue Kon-takte zu Menschen, die in unserer Region ähn-lich arbeiten, jedoch von einander noch nichtswissen. Ich denke, dass in der doch kargen

Kanzellesen in DüsseldorfFoto: Annette Klinke

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Kirchenpädagogiklandschaft Nordrhein-Westfalens mehrMenschen tätig sind, als wir im Moment vermuten. Nebender Frage, wo diese Menschen zu finden sind, wäre es inte-ressant zu erfahren, wie sie arbeiten und woher sie Anregun-gen bekommen. Zusammen mit Harald Schlüter (DomforumKöln) möchte ich im März einladen, um eine Bestandsauf-nahme zu machen und Gemeinsamkeiten herauszufinden.

Christiane Kürschner, HannoverAls Kirchenpädagogin an der Marktkirche biete ich

Projekttage für Schulklassen zu unterschiedlichen Themenan. (Siehe Homepage: www.bvkirchenpaedagogik.de „Pro-jekte vor Ort“.) (Wird demnächst eingerichtet; Anm. d. Red.)

Da meine Stelle zum Citykirchenprojekt des Stadt-kirchenverbandes gehört, arbeite ich im Augenblick daran,eine Ritualisierung von Kirchenerkundungen bei Schulklas-sen ins Leben zu rufen. Ziel dieses Konzeptes ist es, fürSchulklassen ein interessantes, altersgerechtes Programm„Kirche zum Anfassen“ in verschiedenen Kirchenräumen zu-sammenzustellen:1.Kirchengebäude aus dem Mittelalter/Klöster – Romanik,

Gotik2.Nachreformatorische Kirchengebäude – Renaissance, Ba-

rock3.Kirchen des 19. Jh. – Klassizismus, Neogotik4.Kirchen des 20. Jh. – Gründerzeit bis Moderne

Dafür suche ich dringend noch mehr hauptamtliche undehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie werden

in Kursen so fortgebildet, dass sie in Kirchenräumen ausunterschiedlichen Jahrhunderten Projekte für Kinder undErwachsene sachkundig anbieten können.

Achtung! Aufgrund von Bauarbeiten in der kirchen-pädagogischen Werkstatt unter der Marktkirche muss ichmein Angebot für Schulklassen in diesem Schuljahr starkeinschränken. Die neuen Angebote werden rechtzeitig in derPresse bekanntgegeben.

Als regionale Ansprechpartnerin für „Hannover – Stadtund Land“ möchte ich alle haupt- und ehrenamtlichenKirchenpädagoginnen und -pädagogen bei Regionaltreffenmiteinander ins Gespräch bringen, um neue kirchen-pädagogische Ideen in Theorie und Praxis auszuwerten undin die eigene Arbeit zu integrieren.

Führung in der Marktkirche in HannoverFoto: Dethard Hilbig

Erziehung heuteVon unserer Schirmherrin, Landesbischöfin Dr. Margot

Käßmann, ist ein neues Buch erschienen, auf das wir un-sere Mitglieder aufmerksam machen möchten:

MARGOT KÄSSMANN,Erziehen als Herausforderung,

Freiburg: Herder, 2001.(189 Seiten)

„Der Soziologe Niklas Luhmann hat einmal gesagt,man müsse die eigenen Kinder nicht erziehen. Wenn mansie allerdings erziehen wolle, sei das ohne Religion nichtmöglich. Das bestätigt meine Grundüberzeugung, dass wirunseren Kindern Antworten auf ihre religiösen Fragenschuldig sind. Es mag sein, das sie diese Antworten für sichals irrelevant ansehen oder sie bekämpfen. Sie haben aberein Recht auf ein deutliches Gegenüber. Es erscheint mirtragisch im Blick auf Erziehung und auch schäbig, alsEltern, Erwachsene, Lehrerinnen, Vorbilder, keine Über-zeugungen, keinen Glauben mitzuteilen.“ (Seite 11f)

Regionale Ansprechpartner

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EXAMENSARBEITEN

Der Verband und seine Mitglieder werden gelegentlich zur Beratung hinzugezogen bei der Vorbereitung von Examens- oderReferendarsarbeiten. Als Gegenleistung bitten wir die Autoren, ihre Arbeiten hier kurz vorzustellen. Den Anfang machenwir in diesem Heft.

Am 26. November 1994 wurde die nach dem 2. Weltkriegursprünglich als Notkirche gedachte Herz-Jesu-Kirche inMünchen-Neuhausen von einem Feuer völlig zerstört. Ausdem anschließend ausgeschriebenen Architektenwettbewerbzum Neubau der Kirche gingen die Architekten Allmann,Sattler, Wappner (München) als Sieger hervor und wurdenim Juni 1996 mit der Planung beauftragt. Ihr Entwurf, dereine radikal moderne Architektur mit einem (von der Ge-meinde gewünschten) traditionellen Raumkonzept zusam-menbrachte, war – nicht allein in der Gemeinde – äußerstumstritten. Auf den Tag sechs Jahre nach der Brandkatast-rophe konnte der Erzbischof von München und Freising,Friedrich Kardinal Wetter, am 26. November 2000 die Kir-che feierlich einweihen.

Der Bau ist geprägt von drei konzeptionellen Leitbildern:Offenheit, Verwandlung und Mysterium sowie Geborgenheit.Die offene, lichte Kirche mit einem fließenden Übergangvom Kirchplatz durch die Vorhal-le in den Kirchenraum ist durchdas große Eingangstor in beson-derer Weise baulich umgesetzt:Die gesamte Fassade wird so zueinem Bild des Empfangs. Dieanderen Leitbilder sind vor allemin der Raumstruktur zu erkennen:Den Kirchenraum bilden zweiineinandergestellte Hüllen miteinem Umgang dazwischen. Dieäußere Hülle, in welcher dieWände der Kirche vollständig inGlas aufgelöst sind, lässt Lichtungehindert einströmen. Durchdie zunehmende Mattierung desGlases vom Eingang der Kirchezum Altarraum hin verringertsich die Blickdurchlässigkeitkontinuierlich, gleichzeitig wirddas Licht immer mehr gebrochenund somit weicher. Die innere Hülle besteht aus Kassettenmit Ahornholzlamellen, die sich zum Altarraum hin stetigweiter öffnen und immer mehr Licht durchscheinen lassen.Im hinteren Bereich der Kirche ist ein massiver, aus Sicht-beton gefertigter Emporenkasten auf Säulen eingestellt,wodurch der Effekt noch verstärkt wird. Der Kirchenraumwird hinter dem Altar von einem lichtdurchlässigen Kreuz-

vorhang aus einem Tombakgewebe (Messinglegierung mithohem Kupferanteil) geschlossen. Ist der Eingangsbereichder Kirche noch in mystisches Halbdunkel getaucht, so er-strahlt der Altarraum in großer Helligkeit. Der je nach Jah-res- bzw. Tageszeit und Wetter unterschiedliche Lichteinfallhat ganz unterschiedliche Raumeindrücke zur Folge.

Der ausgeführte Bau vermochte inzwischen etliche Kri-tiker zu überzeugen und wird auch von der Gemeindegrößtenteils gutgeheißen. Die Herz-Jesu-Kirche hat nichtbloß große Aufmerksamkeit der Presse erhalten. Auch derBesucherstrom reißt nicht ab. Jedoch hat sich gezeigt: Trotz(oder manchmal gerade: wegen) der Reduktion auf Wesent-liches ist der Raum vielen Besuchern zunächst unverständ-lich. An diesem Punkt kann Kirchenpädagogik ansetzten.

Seit einiger Zeit setzt das Institut für praktische Theolo-gie der katholisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München einen Schwerpunkt in der

Begegnung vonTheologie undKunst. Im Sommer-semester 2001 ent-stand am Lehrstuhlfür Religionspäda-gogik eine Diplom-arbeit, welche imZuge der Konzepti-on eines Kirchen-führers für Kinderzur Herz-Jesu-Kir-che in München-Neuhausen das Ge-biet der Kirchen-pädagogik berührthat.

Im Anschluss andie Untersuchungder aktuellen Situa-tion religiöser Sozi-

alisation und Erziehung wurde in diesem Zusammenhang diejunge Disziplin der Kirchenpädagogik als eine Möglichkeitder Reaktion darauf verstanden. Nach der Eingrenzung derZielgruppe und der Untersuchung der neugebauten Herz-Jesu-Kirche sind schließlich die Ergebnisse der Diskussionder Kirchenpädagogik in die Konzeption des Kinderkirchen-führers eingeflossen.

„Ich entdecke die Herz-Jesu-Kirche“Kirchenführer für Kinder zur neuen Herz-Jesu-Kirche in München-Neuhausen konzipiertMartin Laskewicz, München

Die Herz-Jesu-Kirche in München, AußenansichtFoto: Florian Holzherr

Examensarbeiten

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Ausgehend von der auf den ersten Blick bilderlosen Kir-che ist auch der Kinderkirchenführer so konzipiert, dass erdie wesentlichen Elemente thematisiert und auf methodischvielfältige Weise erschließt, wobei versucht wird, dieLebenswelt der Kinder zu integrieren. Die Kirche selbstspricht dabei die Kinder an. Neben dem großen Portal, demRaum als solchem und den liturgischen Orten wirdbeispielsweise der Kreuzweg ebenso behandelt wie die inden Boden eingelassenen „Fünf Wunden“, ein Kunstwerk zurHerz-Jesu Verehrung, das die Kinder auf die Liebe Gotteshinweisen kann. Die im Hinblick auf die Zielgruppezunächst als schwierig einzustufende, moderne Architektur,hat nicht zuletzt den Vorteil, dass die Kinder viele der Din-ge, mit denen sie sich anhand des Kinderkirchenführersbeschäftigt haben, leicht in anderen Kirchen wiedererken-nen können.

Es hat sich gezeigt, dass Kinder auch diesem modernenBau etwas abgewinnen können, wenn sie sich darauf einlas-sen. Zwar überwiegt im ersten Moment (vor allem beim An-blick des Äußeren) noch der Zweifel: „Das ist doch gar kei-ne Kirche!“ bekommt man öfters zu hören. Doch schon baldist das Interesse für diese „ganz andere“ Kirche geweckt.

Gerade die Tatsache, dass sie so modern ist, empfanden vieleKinder als Bereicherung. Ein zehnjähriger Junge sagtebeispielsweise: „Das ist nicht so langweilig mit dem Holzund dem Glas.“ Die Aktionen und der Kirchenführer für Kin-der zur Münchner Herz-Jesu-Kirche sind somit Beispielegegen das weitverbreitete Vorurteil, für Kirchenpädagogikseien vor allem alte, mit Kunstschätzen besonders reich aus-gestattete Kirchen geeignet.

An dieser Stelle ist nicht der Ort, näher auf die aktuelleDiskussion über Kirchenpädagogik einzugehen. Allein her-ausgreifen möchte ich im folgenden den ökumenischen As-pekt. Zwar wurden kirchenpädagogische Projekte zunächstweitestgehend im protestantischen Bereich entwickelt.Ebenso hat sich die Disziplin dort besser etablieren können,was sich z. B. in der Mitgliederstatistik des BundesverbandesKirchenpädagogik e. V. widerspiegelt. Erst nach und nachfasst Kirchenpädagogik im katholischen Bereich Fuß. An-gesichts dessen zu behaupten, dass sich der protestantischeStil – der sich im Allgemeinen durch eine Konzentration aufdas Wesentliche sowie durch eine kritische Haltung aus-zeichnet – im Umgang mit Räumen und in der Kirchen-pädagogik behaupten müsse, scheint mir jedoch nicht halt-bar: Es gibt keine so große Differenz im Verständnis von undim Umgang mit Sakralräumen, dass es gerechtfertigt wäre,zwischen katholischer und protestantischer Kirchen-pädagogik zu unterscheiden: Sakralität ist in einem christ-lichen Verständnis vor allem als personale und handlungs-bezogene Kategorie zu verstehen. Sicherlich werden sich dieeinzelnen Angebote auf evangelischer bzw. katholischerSeite in Abhängigkeit von den räumlichen Gegebenheitenin ihrer Schwerpunktsetzung unterscheiden. Viel wichtigerscheint mir jedoch gerade das gemeinsame Anliegen zu sein:den Menschen von heute die sakralen Räume, die weiterhineine große Anziehungskraft ausüben, vielen aber fremd ge-worden sind, geistlich zu erschließen. Dabei gilt es nun, dasgroße Potential, welches Kirchenpädagogik meines Er-achtens für die Zukunft bieten kann, gemeinsam auszulotenund somit die Disziplin voranzubringen.

Das Erscheinen des Kirchenführers für Kinder zurMünchner Herz-Jesu-Kirche wird noch etwas auf sich war-ten lassen, denn es sollen das projektierte Vortragekreuz unddie noch nicht fertiggestellte Orgel mit einbezogen werden.

Martin Laskewicz schrieb seine Diplomarbeit in Katholi-scher Theologie, Schwerpunkt Religionspädagogik, im Be-reich der Kirchenpädagogik.

Herz-Jesu-Kirche: Blick nach OstenFoto: Florian Holzherr

Examensarbeiten

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AUS DEM LESE-SESSEL

Als sich vor Jahren die Kirchenpädagogik zu profilierenbegann, hat sie sich bewusst als Raumpädagogik verstehenwollen gegen jenen vorpädagogischen, den Raum oft zerre-denden monologischen Erklärstil, bei dem es vorrangig aufbloße Kurzinformationen zu Bau- und Stilgeschichte ankam.Von daher musste sich die Kirchenraumpädagogik mit demBegriff Kirchenführung und den damit verbundenen Konven-tionen schwer tun und raumerschließende, didaktisch reflek-tierte Verfahrensweisen und Zugänge zu einer weithin un-verständlich gewordenen gebauten Inhaltstradition vonanderswo zu gewinnen suchen. Doch einer nötigen Weiter-entwicklung des Typs Kirchenführung, der besonders inTourismuskirchen weiterhin gefragt ist, dürfte mit einerpolemischen Abgrenzung kaum ge-dient sein. Zudem ist noch keineswegserwiesen, ob und wie weit die ausReligions- und Kunstpädagogik ent-wickelten Verfahren einer Pädagogikdes Kirchenraums mit Kindern undSchuljugendlichen in gleicher Weiseauch für Erwachsene Geltung bean-spruchen können. Also käme es dar-auf an, entsprechende Erschließungs-typen aufgaben- und gruppenspezi-fisch auch weiterhin zu unterscheiden,jedoch nicht polemisch zu scheiden.Gibt es nicht auch theologische, di-daktische und methodische Kriterienfür Kirchenführungen, die letztere ausden offensichtlichen Dilemmata die-ser Gattung zumindest teilweise her-ausführen könnten?

Dies über vorhandene Ansätzeweiter zu entwickeln und wechselsei-tige Isolierungen zu überwinden, dürf-te zu den noch nicht hinreichend ge-klärten Aspekten pädagogisch reflektierter Kirchenbau-Er-schließung gehören. Es verwundert deshalb nicht, dass dievorliegende Veröffentlichung, die ihr Interesse an Kirchen-erkundungen pädagogisch verstehen möchte, dies aber aus-schließlich an die Gattung Kirchenführung bindet, indirekteher auf dieses generelle Klärungsdefizit verweist als es zulösen vermag. Diese prinzipielle Vorbemerkung scheint nö-tig, um – durch dieses Buch angeregt – auf offene Fragenaufmerksam zu machen, die der weiteren Erörterung bedür-fen. Nötig wäre dies auch deshalb, weil dem Begriff Kirchen-pädagogik möglicherweise wie den Begriffen Gemeinde-pädagogik oder Museumspädagogik ein modisch-inflationä-rer Wortgebrauch drohen dürfte, der schließlich für zu vielherhalten muss und damit sein spezifisches – auch kritisches– Profil verliert.

Trägt das vorliegende Buch für derartige Klärungenkaum etwas bei, ist es dort, wo sich sein eigentliches Inter-

esse deutlich abzeichnet, nachdrücklich zu begrüßen. Dieausschließliche Absicht der vorrangig in der kirchlichen Er-wachsenenbildung von Sachsen-Anhalt tätigen AutorinnenJutta Gladen, Birgit Neumann und Christine Oppermann-Zapf besteht darin zu zeigen, wie in der postkonfessionellenSituation Ostdeutschlands Menschen unterschiedlicherkirchlicher Sozialisation ausgebildet werden, um den Kir-chenbau im buchstäblichen wie übertragenen Sinn zu öff-nen. Wenn in den Kirchen an der „Straße der Romanik“ imRaum Magdeburg-Halberstadt 1999 allein 540 000 Besuchergezählt wurden – bei steigender Tendenz –, die sonst kaumin Kirchen anzutreffen sind, zeigt allein dies bereits, wel-che Aufgaben hier anstehen. Sofern die in Landeskirchen

Verantwortlichen hier blind sind oder– was dasselbe ist – die Kirchenbau-Überlieferung lediglich Stadtführernoder dem Massentourismus überlas-sen, jedoch nach neuen Nutzungs-konzepten für ihr Kirchenbau-Erberufen, machen sie sich selbst unglaub-würdig.

Die Autorinnen aus demMagdeburger Raum fordern nicht nurmit einleuchtenden Argumenten eineAusbildung für derartige (ehrenamt-liche) Aufgaben, sondern dokumen-tieren, wie nach ersten Ost-West-Be-gegnungen von Kirchenführern in derHarz-Region nach der „Wende“ unddem ermutigenden Versuch einerGrundausbildung 1998 in Werniger-ode diese Anfänge in evangelisch-ka-tholischer Zusammenarbeit weiter-entwickelt wurden. Diese in Deutsch-land offenkundig bisher einmaligeAusbildungsstruktur als Kurssystem

mit einem Pflichtprogramm von 132 Stunden, bei dem inWochenendseminaren mit Einführungen in Regional-, Kir-chen- und Kunstgeschichte, zudem in Bibelkunde und The-ologie, verbunden mit Exkursionen, Hausarbeiten und inten-siver Gruppenkommunikation Erwachsenenbildung konkretwird, verdient nachdrücklich beachtet zu werden. DieseGrundausbildung schließt mit einer schriftlichen Prüfungs-arbeit, feierlicher Übergabe von Zertifikat bzw. Teilnahme-bescheinigung und geistlicher Vergewisserung für den vor-gesehenen ehrenamtlichen Dienst meist in der Heimat-gemeinde. In dieser Ausbildungskonzeption nehmen finanz-schwache Kirchen im weitgehend entkirchlichten Sachsen-Anhalt ihre Situation darin ernst, dass sie entdecken, wo siebei reduzierter Kraft neu investieren müssen – und dabeisogar aufgabenbezogene Fördertöpfe aufspüren. Wer seineKräfte konzentrieren muss und seine Sache dabei nichtkaputtsparen will, muss für in dieser Situation neu erkannte

Lebendige Steine – Offene Kirchen

Aus dem Lese-Sessel

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Ausgabe 1/2002

Aufgaben auch neu investieren. „Es könnte sich hier einneues Arbeitsfeld der Kirche entwickeln, das … auf landes-kirchlicher Ebene einer Vernetzung und Strukturierung be-darf. Es trägt … einen missionarischen und innovativenCharakter, da wir zunehmend erleben, dass Menschen … einverstärktes Interesse an der Suche nach Wurzeln und Tradi-tionen haben“ (S. 96).

Die in dieser Dokumentation zu erkennende Aufgabe istangesichts von Traditionsbruch und nachkirchlicherSäkularität einerseits und neuer Suche nach Wurzelgrundund subjektiv wichtigem Lebenssinn in der Gesellschaftandererseits so umfassend, dass das Eröffnen der Kirchen-bau-Inhalte der motivierenden Aus- und Weiterbildung fürdie hierzu Bereiten bedarf. Die beschriebenen Beispiele ausder Region Magdeburg-Dessau-Wittenberg sind insofernmaßstabsetzend, als sie hierzu Willige oder Einzelgemeindennicht sich selbst überlassen, sondern dieAnfangsbefähigungen für Kirchenführungen als eine zentra-le Aufgabe von Landeskirchen und Bistümern entsprechendangehen. Dass dabei die keineswegs immer kirchlich sozia-lisierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch unabhängig

vom Ausbildungsziel „Kirchenführung“ genötigt sind, sichselbst mit zentralen Inhalten und Grundfragen christlichenGlaubens auseinander zu setzen und die Absolventen oftnach Fortsetzung und Erweiterung des Gelernten fragen,zeigt den katechetisch-erwachsenenbildnerischen Aspektdieser Ausbildung.

Wer sich beim Lesen dieser Dokumentation durch Wie-derholungen (und dann doch manchmal recht konventionel-len Erstarbeiten einiger Absolventinnen und Absolventen,die abgedruckt sind) nicht entmutigen lässt, wird hier Bei-spiele und Erfahrungen wahrnehmen können, die tatsächlich– wie die Verfasserinnen und der Herausgeber meinen – zurregionenspezifischen Vervielfältigung einladen und derVernetzung bedürfen.

EVANGELISCHER ARBEITSKREIS FREIZEIT-ERHOLUNG-TOURIS-MUS IN DER EVANGELISCHEN KIRCHE IN DEUTSCHLAND (HG.),Lebendige Steine – Offene Kirchen. Grundausbildung für eh-renamtliche Kirchenführerinnen und Kirchenführer. EineDokumentation. Informationen 44, Hannover: Kirchenamtder EKD, 2001. (146 Seiten)

Roland Degen

Als abschließende Ergänzung zum 1998 erschienenenSammelband „Der Religion Raum geben. Kirchenpädagogikund religiöses Lernen“ (Lit, Münster) und „Der ReligionRaum geben. Eine Kirchenpädagogische Praxishilfe“ (rpi,1999) ist der dritte Band „Kirchen-pädagogik und Religionsunterricht“präsentiert worden (rpi, 2001).

Die Autoren des jüngsten Bandessind keineswegs die gleichen, die diebeiden vorhergehenden gestaltet ha-ben, und so müssen die Fragen neugestellt werden. Wie verhalten sichKirchen- und Religionspädagogik zueinander? Durch welche Brille wirdhier geschaut? Welcher Bereich be-reichert den anderen und wie werdenbeide in ihrer Integrität bewahrt? The-ologisch fundiert sind die Beiträge,daran ist nicht zu zweifeln; die Mehr-zahl der Autoren sind evangelischePastoren bzw. Vikare und widerspie-geln die Institution, die die Texte ver-anlasst hat. Aber wie steht es um dieEntdeckungen „mit allen Sinnen“?Wo verlassen die Autoren die Schule,um das zu erfahren, was die Essenzder Kirchenpädagogik ausmacht?

In wieweit darf die Kirche die Schule missionarisch ein-spannen? Hin und wieder wird diese Frage frontal angespro-chen (Berndt, Lehmann), aber die meisten Autoren gehendavon aus, dass jede Kirche ihre Gemeinde, jede Schule ihreKirche hat; eine lebendige Kirche ist immer nebenan. „Kir-

che und Schule … sind unmittelbar aufeinander verwiesen.Sie erschließen sich gegenseitig“ (Heinrich). Hier macht sichdie Sicht der Pastoren bemerkbar. Leider ist die Kirche nichtunabdingbar mit der Schule verwoben; bei vielen Schülern

und Eltern – sowohl bei ausländi-schen wie bei deutschen – löst die An-kündigung eines Besuches in der Kir-che sogar ausgesprochene Beklem-mung aus. Mit deutlicher Frischesetzt sich A. Lehmann in Berlin mitder Angst vor der Kirche auseinander,die sogar manch einen Schüler zuTränen treibt.

Ebenso wenig wird der TatsacheRechnung getragen, dass hier Lehr-einheiten vorgestellt werden, so, alswären die Lehrer oder Pastoren auchdie Kirchenpädagogen. Dies ent-spricht jedoch nicht der Praxis. ImGegenteil: Zumeist empfängt der Kir-chenpädagoge für wenige Stundeneine Klasse in der Kirche und hat kei-nen Einfluss über die Vor- und Nach-bereitung. Ob eine solche überhaupterfolgt, bleibt dem Lehrer überlassen.Meine Erfahrung ist, dass sie meis-tens minimal bleibt, besonders wenn

es sich um eine vierte Klasse handelt, die im vorliegendenBand stellvertretend für die gesamte Grundschule behandeltwird.

Wenn die Vorgabe die Einbindung in die Vor- und Nach-bereitung ist, so ist dieser nicht immer erfolgt. Gelegentlich

Kirchenpädagogik und Religionsunterricht

Aus dem Lese-Sessel

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kirchenPÄDAGOGIK

Ausgabe 1/2002 43

Vor 30 Jahren bekam „der neue Mann von der Öffent-lichkeit“ bei seiner Einstellung den lapidaren Auftrag: Se-hen Sie zu, dass mehr Menschen ins Museum kommen!

Was darauf folgte und im vorliegenden Band bilderreichgezeigt wird, ist die Entwicklung eines damals national wieinternational noch nicht da gewesenen Projektes für „Feri-en im Museum“. Viele der Methoden und Inhalte sindmittlerweile auch anderswo Standardprogramm, aber diefotographische Vorstellung der Resultate dieses Programmesist beeindruckend.

Die Tatsache, dass die Kirchenpädagogik ihre Wurzelnz.T. auch in der Museumspädagogik hat, macht die Lektürezum besonderen Genuss, auch wenn nicht alle Elemente fürsie umsetzbar sind. Doch was z.B. beim Projekt über dasBauen einer romanischen Kirche gelernt werden kann ver-dient Beachtung. Bei einigen Bildern fragt sich der Leser,ob er das Original oder die Kinderarbeit vor sich liegen hat.Es macht bereits Spaß, darin zu blättern.

FÖRDERKREIS JUGEND IM MUSEUM E. V. (HG.), Jugend im Mu-seum. Rückblick auf 30 Jahre Zusammenarbeit mit dem Rhei-nischen Landesmuseum Bonn, Bonn o.J. (405 Seiten)

Erika Grünewald

Jugend im Museum

Literatur-Hinweis

HANSEN, INGE

„Kirchen öffnen: Projekt für Kinder vom Kindergartenalter bis zur 6. Schulklasse“in:was + wieKinder religionspädagogisch begleitenHeft 1/ 2002, Gütersloher Verlagshaus, S. 10–14

wird der Kirchenbesuch als den Ausgangspunkt betrachtet(Berndt), also ohne Vorbereitung, oder die Nachbereitungnimmt eine untergeordnete Rolle ein (Lehmann). Die Frageder Vor- und Nachbereitung kann auch den Unterschied zwi-schen Theorie und Praxis aufzeigen; selbst wenn alle Bei-träge in die Praxis umgesetzt wurden, dann sicherlich unterder Vorgabe, diese bereits aufgestellten Beiträge zu bestäti-gen.

Zum einen reflektieren sie den niedersächsischen Lehr-plan; Ausnahmen bilden die Beiträge aus Berlin (Lehmann)und Sachsen-Anhalt (Drewniok). Welche Rolle das spieltzeigt ein Vergleich mit z.B. der Hamburger Situation, in dermanche Lehrer die gesamten Religionsunterrichtsstundenbündeln, um eine Kirche, eine Moschee und eine Synagogejeweils für einen Tag zu besuchen. Weder Vor- noch Nach-bereitung sind vorgesehen.

Nicht immer wird dem kirchenpädagogischen AnsatzFolge geleistet. Bedenklich ist es, wenn „um etwas zum

schwingen zu bringen“, nicht die Klasse zur Glocke, son-dern die Glocke ins Klassenzimmer geholt wird. EineFantasiereise kann niemals das körpereigene Mitschwingenverursachen, das die Schüler immer wieder ins Staunenbringt, noch ihren Wunsch befriedigen, ein solches Gewichtmit dem eigenen zu messen. Leider steht der Begriff „Grund-schule“ lediglich für die vierte Klasse, obwohl vielerorts her-vorragende Arbeit mit jüngeren Klassen geleistet wird.

Und dennoch: Der Band ist gut, nicht nur für Religions-lehrer, sondern auch für die Kirchenpädagogen, die dieSchwelle der Schule nicht mit überschreiten. Die Beiträgeliefern wertvolle Impulse für vertiefende Projekttage, diesich sogar auf eine ganze Woche erstrecken können.

THOMAS KLIE (HG.), Kirchenpädagogik und Religions-unterricht. 12 Unterrichtseinheiten für alle Schulformen,Loccum: Religionspädagogisches Institut, 2001. (159 Sei-ten)

Erika Grünewald

Aus dem Lese-Sessel

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Ausgabe 1/2002

Die Dokumentation zum Symposium Kirchenpädagogik – „Der Religion Raumgeben“ enthält u.a. Beiträge von Christoph Bizer, Christiane Kürschner, IngeHansen, Roland Degen, Andreas Mertin u.a.85 Seiten, 7 EUR (inkl.Versand).

Erhältlich bei derAkademie der Ev. Luth. Kirche in OldenburgHaareneschstr. 6026131 Oldenburg (04 41) 7 70 14 31 (04 41) 7 70 14 99E-Mail: [email protected]

NEUE MITGLIEDER

Augustini, Dirk 65329 HohensteinBartsch, Erwin 90513 ZirndorfBoetticher, Dr. Annette von 30167 HannoverBomhard, Markus 26160 Bad ZwischenahnFinger, Brigitte 30539 HannoverGußmann, Oliver 91541 Rothenburg o.d.T.Hecke, Katrin 37154 NortheimKowalik, Michael 75210 KelternLäpple, Hans-Jürgen 64289 DarmstadtRiedel-Schneider, Michael 26605 AurichSchommartz, Sabine 30974 WennigsenSchürmann-Menzel, Anita 26624 SüdbrookmerlandWestermann, Helga 72762 Reutlingen

Pädagogisch-Theologisches Instititut Hamburg20459 Hamburg

Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Nicolai21335 Lüneburg

Arbeitsstelle für kirchliche Dienste in der KirchenprovinzSachsen39104 Magdeburg

Kirchenkreis Leine-Solling37154 Northeim

So erreichen Sie unsere Geschäftsstelle:

Bundesverband Kirchenpädagogik e.V.Hanns-Lilje-Platz 2

30159 Hannover (05 11) 3 64 37 23 (05 11) 3 64 37 37E-Mail: [email protected]

Mitglieder

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kirchenPÄDAGOGIK

Ausgabe 1/2002 45

Mitgliederversammlung Bundes-verband KirchenpädagogikAchtung, Terminkorrektur!Die nächste Mitgliederversammlung in Osnabrück findet am Frei-tag, den 20. September und Sonnabend, den 21. September 2002statt.Das Thema wird demnächst bekanntgegeben.

Treffen Regionaler Gruppen

Regionaltreffen „Hannover – Stadt und Land“2. Treffen der Regionalgruppe „Hannover – Stadt und Land“Termin: 17. Juni 2002, 15.00–18.00 UhrOrt: Kloster Marienwerder, Quantelholz 62, 30419 HannoverThema: Ausbau der kirchenpädagogischen Angebote im Groß-raum Hannover

Anmeldung bei:C. Kürschner, (05 11) 3 64 37 23E-Mail: [email protected]

Arbeitskreis Kirchenpädagogik in Nordelbien(AKKIPÄD) in Bad OldesloeTreffen aller in Hamburg und Schleswig-Holstein kirchen-pädagogisch Tätigen zu Austausch und gemeinsamem Arbeitenin einer KircheLeitung: Inge Hansen (PTI ), Pastorin Anja Blös (Bad Oldesloe)Zeit: Donnerstag, 25. April 2002, 10 –13 Uhr (anschl. Gelegen-heit zu einem Imbiss)Ort: Peter-Paul-Kirche, Bad Oldesloe, Beginn im Gemeindehaus,Kirchberg 4, 23843 Bad Oldesloe

Anmeldung:bis zum 19. April 2002 im PTI, (0 40) 36 00 19 - 30

Erstes Regionaltreffen in NRWZeit: Freitag, den 19.04.2002, 11.00 – 16.00 UhrOrt: DOMFORUM, Köln (im Anschluss besteht die Einladungzu einer Führung über die Dächer des Kölner Domes)Eingeladen sind Mitglieder und Interessierte. Das Treffen dientder Information, dem Kennenlernen sowie der Vernetzung undVerabredung über die Form der weiteren Aktivitäten.

Kontaktpersonen:

Annette Klinke, „Kirche in der City“Johanneskirche, Martin-Luther-Platz 39, 40212 Düsseldorf (02 11) 13 58 11 (02 11) 32 34 31E-Mail: [email protected]

Harald Schlüter, DOMFORUMDomkloster 3, 50667 Köln (02 21) 92 58 47 - 32 (02 21) 92 58 47 - 31E-Mail: [email protected]

Verbindliche Anmeldung:bis zum 08.04.2002 bei Annette Klinke

Veranstaltungen

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hanno-vers

Kursreihe „Kirche zum Anfassen“Für Lehrerinnen und Lehrer, Katechetinnen und Katecheten, dieim Primarbereich, vorrangig in der Grundschule, evangelischenReligionsunterricht erteilenFester Teilnehmerkreis für die gesamte KursreiheLeitung: Lena Kuhl /Christiane KürschnerDie Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen Kirchen und sakraleRäume mit neuen Augen zu sehen und mit allen Sinnen wahrzu-nehmen. Sie bekommen didaktische und methodische Anregun-gen für Begegnungen mit alten und neuen Kirchen, mit einemmodernen Gemeindezentrum und mit einem Kloster. InhaltlicheSchwerpunkte sorgen für jeweils neue Akzentuierungen innerhalbder Kursreihe.Die Kursreihe umfasst vier Blöcke in einem Zeitraum von zweiJahren.Kurs 3: 30. 4. bis 2. 5. 2002Ort: GoslarKirchenpädagogische Erkundungen zu den Themen “Heilige” und“Engel”, Zugang zu Heiligenfiguren: Heilige aus Holz, Heiligeaus Fleisch und Blut – auf der Spur ihrer Fremdheit und Kostbar-keit, Zugang zu Engeln/Biblische Bezüge, Workshop-ArbeitKurs 4: 24. bis 26. 10. 2002Ort: Stift BörstelKennen lernen einer renovierten Klosteranlage, Technik desErzählens als inhaltlicher Schwerpunkt in der Kirchenpädagogik,Kirchenräume als Orte für Stille-Erfahrungen

Information und Anmeldung:Religionspädagogisches Institut LoccumPostfach 21 6431545 Rehburg-Loccum

Pädagogisch-Theologisches Institut Hamburg

Workshop-Nachmittag in der Ansgar-Kirche,Hamburg-Langenhorn

Ein Angebot an benachbarte Schulen (Grundschulen, Orientie-rungsstufen) sowie an Interessierte aus den Langenhorner Kir-chengemeinden zur Einführung in kirchenpädagogisches Arbei-ten in einer „normalen“ GemeindekircheVerantwortlich: Inge HansenLeitung: Erika GrünewaldZeit: Mittwoch, 10. April 2002, 15–18 UhrOrt: Ansgar-Kirche, Langenhorner Chaussee 266, 22415 HamburgKosten: Kopierkosten für Arbeitsmaterial

Anmeldung:bis 5. April 2002 im PTI-Hamburg, (0 40) 36 00 19 - 30

VERANSTALTUNGEN

Nachstehend werden Veranstaltungen erwähnt, die für unterschiedliche Mitglieder von unterschiedlichem Interesse seinwerden. Nicht alle erheben den Anspruch, eine pädagogische Arbeitsweise vorzustellen, sondern bieten die Möglichkeitzur Vertiefung einzelner Themenbereiche an. Es ist nicht die Absicht der Redaktion, die Angebote im Sinne einer Fortbil-dung zur qualifizierten Kirchenpädagogik vorzustellen.

Veranstaltungen

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46kirchenPÄDAGOGIK

Ausgabe 1/2002

Vertiefender Studientag zum Thema „Christusbil-der – Menschenbilder“ in Hamburg

für kirchenpädagogisch Tätige aus Schule und GemeindeAuseinandersetzung mit der Vorstellung von Jesus Christus in un-seren eigenen Köpfen und Herzen und in der bildenden Kunst,wie wir ihr in den Hamburger Hauptkirchen begegnen.Zeit: Sonnabend, 8. Juni 2002, 10–16 UhrOrt: Pädagogisch-Theologisches Institut Hamburg, Teilfeld 1,20459 Hamburg und Hamburger HauptkirchenKosten: Kopierkosten für Arbeitsmaterial

Anmeldung:bis zum 27. Mai 2002 im PTI-Hamburg, (0 40) 36 00 19 - 30

Einführung in die Kirchenpädagogik für Erzieherin-nen in Hamburg

Leitung: Inge Hansen, Jochem Westhof (Kindergottesdienst)Zeit: Donnerstag, 20 Juni 2002, 10–16 UhrOrt: Kirche N.N. in Hamburg (wird noch bekannt gegeben)Kosten: Kopierkosten für Arbeitsmaterial

Anmeldung:bis zum 3. Juni 2002 im PTI-Hamburg, (0 40) 36 00 19 - 30

Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg

Akademie der Evangelisch-Lutherische Kirche inOldenburg

„Gelebter Raum – erlebte Zeit“Kirchenpädagogischer Tag in der Lamberti-KircheDer Studientag „Gelebter Raum – erlebte Zeit“ gibt die Möglich-keit, auf unterschiedliche Weise die Oldenburger Lamberti-Kir-che zu entdecken und sich mit Aspekten der Kirchenpädagogikvertraut zu machen.Termin: 27. April 200210.30–13.30 Uhr: Kirchenpädagogische Führung15.30–17.30 Uhr: „Signatur der Zeit im Raum der Kirche“, Vor-trag von Prof. Dr. Christian Grethlein19.00 Uhr: Orgelkonzert zum Thema „Raum und Zeit“, TobiasGöttingOrt: Oldenburg, Lamberti-KircheLeitung: Uwe Fischer, Tessen von Kameke, Hartmut SchwarzKosten: 20 EUR, ermäßigt 15 EUR (ohne Mittagessen)Hinweis: Die Führung, der Vortrag und das Konzert sind aucheinzeln zu besuchen!

Anmeldung:Forum Kreativität und ÄsthetikUwe Fischer (04 41) 77 01 - 402 (04 41) 77 01 - 419

Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche inDeutschland (VELKD)

Gemeindekolleg CelleEinführungskurs:„Kirchen erzählen vom Glauben“Kurs für dialogische KirchenführungenTermin: 24. bis 27. Oktober 2002Ort: Güstrow/Mecklenburg

Kosten:145 EUR Unterbringung & Verpflegung15 EUR Kursgebühr10 EUR Arbeitsmaterial

Ausführliches Kursprogramm erhältlich bei:Johannes Bilz, Adelheid Damster (Sekr.)Berlinstraße 4–629223 Celle (0 51 41) 5 30 14 (0 51 41) 5 30 16E-Mail: [email protected]

Theologische Studienseminar der VELKD„Lasst die Kirche im Dorf!“: Zur Erhaltung und Nutzung alterKirchenDas Kirchgebäude als Raum für Konzerte und Kunsthappenings,Werbeflächen an Kirchen, weltliche Beerdigungen in Dorfkirchen,Umnutzung und Verkauf von Kirchgebäuden, Abriss einsturz-gefährdeter Kirchen – mancherorts stellt sich die Frage, wie dasKirchgebäude erhalten und neu genutzt werden kann, wenn esnicht oder kaum für Gottesdienste in Anspruch genommen wird.Initiativen machen bundesweit auf den desolaten baulichen Zu-stand vieler Dorfkirchen in Ostdeutschland aufmerksam. Mit demSpendensammeln verbindet sich die Frage nach der Nutzung derKirchen. Aufgabe dieses Kurses ist, über die theologische,ekklesiologische, historische und kulturelle Bedeutung einer Kir-che für Dorf und Stadt nachzudenken. Kirchgebäude sind„gestaltgewordener Glaube“, Orte des Gebetes, des Schutzes unddes Gotteslobes. Kann man sie (noch) anders nutzen bzw. ver-markten?Grundsätzliche und aktuelle Fragen sollen bedacht werden:• Aus welchen Gründen brauchen Glaube und Gottesdienst eine

Kirche?• Israels Glaube an Gott mit und ohne Tempel• Was bedeutet das Kirchgebäude in der evangelischen und der

römisch-katholischen Kirche (Beispiel: Kirchenmusik)?• Eine kurze Architekturgeschichte des Kirchbaus im 20. Jahrhun-

dert• Welche Beziehungen haben Nichtkirchenglieder zum

Kirchgebäude ihres Heimatortes?• Erfahrungen mit „offenen“ Kirchen sowie Ausbildung und Ein-

satz von Kirchenführern• Welche Nutzung legt die bauliche Gestaltung der Kirche nahe?Teilnehmer: Pfarrerinnen und Pfarrer, kirchliche Baubeauftragteund für die bauliche Erhaltung einer Kirche besonders engagierteLaien, Kirchenführerinnen und -führerLeitung: Dr. Matthias Rein, StudienleiterZeit: 24. Juni bis 5. Juli 200225./26.6.: Christiane Kürschner wird als Referentin für Kirchen-pädagogik den Bundesverband Kirchenpädagogik vertreten.

Theologisches Studienseminar der VELKDBischof-Meiser-Str. 682049 Pullach (0 89) 7 44 85 29 - 0 (0 89) 7 93 75 57E-Mail: [email protected]

Veranstaltungen

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kirchenPÄDAGOGIK

Ausgabe 1/2002 47

FÜR SIE ENTDECKT

Entdeckungen im Backsteinland

Die Backsteingotik des Nordens zählt zum KulturerbeEuropas. Überall in Mecklenburg-Vorpommern kündenschon von weitem stattliche Backsteinkirchen als Landmar-ken vom Stolz dieser Region. Mächtige Stadtbefestigungenmit dicken Mauern und massigen Toren, aber auch vieleprächtige Rats- und Bürgerhäuser aus Backstein erzählen voneiner der bewegendsten Epochen dieses Landes. Selbst inden entlegendsten Dörfern finden sich sehenswerte Kirchenaus Backstein. Sie stehen vielfach für Besichtigungen undVeranstaltungen offen.

Die „Wege zur Backsteingotik“ führen Einheimische undihre Gäste durchs ganze Land.

Ausstellung „Wege zur Backsteingotik“28. April bis 3. November 2002, täglich 10–18 Uhr

Hansestadt Greifswald

Geist und ReligionEine gotische Kathedrale – groß, lichtdurchflutet, erha-

ben. Ihr Geheimnis? Mehr als Backstein und Mörtel. Histo-rische Figuren, überlebensgroß in Stein gehauen, ergründenin einem außerordentlichen Ausstellungsgottesdienst, wasdie Gotik im Innersten zusammenhält. Ein Stück Kirchen-geschichte zum Anfassen.Ort: Kirche St. Jacobi, Domstraße, 17489 Greifswald

Hansestadt Lübeck

Drehscheibe des HandelsLübeck als „Königin der Hanse“ verdankt ihren Erfolg,

Reichtum und ihre Gesamterscheinung in erster Linie ihrenweltweit tätigen Kaufleuten. Sie prägten Handel, Politik,Kultur, Recht und Gesellschaft. Das Holstentor war einpräg-samer Ausdruck lübeckschen Selbstbewusstseins.Ort: Holstentormuseum, Holstentorplatz, 23552 Lübeck

Hansestadt Rostock

Die Sprache der SteineDie besondere Wirkung eines gotischen Backsteinbaus

entsteht durch den organischen Zusammenklang von Bau-körper und Ornamentik. Ausgehend von der 1578-86 entstan-denen Stadtbilddarstellung, der Vicke-Schorler-Rolle, wer-den dem Besucher die Schmuckformen der gotischenBacksteinarchitektur veranschaulicht.Ort: Kloster zum Heiligen Kreuz, Klosterhof,

18055 Rostock

Hansestadt Stralsund

Maritime Wege zur BacksteingotikDas Stralsunder Ausstellungsprojekt beinhaltet die Ent-

wicklung des mittelalterlichen Schiffbaus und dokumentiertdie Schifffahrtswege und den Warenumschlag zur Hansezeit.Es reflektiert den kulturellen Austausch zwischen den Han-sestädten mit einer wechselseitigen Beeinflussung derBacksteinarchitektur.Ort: Katharinenkloster, Mönchstraße 25-27,

18439 Stralsund

Hansestadt Wismar

Wir bauen eine KathedraleDer Besucher erhält am Beispiel der Wismarer

St. Marienkirche Einblicke in die Technik des backstein-gotischen Sakralbaus. Der besondere Reiz entsteht durch dieVerbindung virtueller computergestützter Präsentationen mitrealen und originalen Objekten einer mittelalterlichenKirchenbaustelle.Ort: Kirchturm von St. Marien, Marienkirchplatz,

23966 Wismar

Weiterführende Informationen erhalten Sie in der gleich-namigen Broschüre. Bestellungen richten Sie bitte an denTourismusverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. Platz der Freundschaft 118059 Rostock (03 81) 4 03 05 00 (03 81) 4 03 05 55E-Mail: info@auf-nach-mv-deInternet: www.auf-nach-mv.de

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AM ENDE BLEIBT DAS

WORT

„Wenn du etwas verstehen willst, brauchst dumindestens drei verschiedene Perspektiven.“

Leonardo da Vinci