Upload
hoangnhan
View
215
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Kölner Beiträge zur Restaurierung und Konservierung von Kunst- und Kulturgut
Digitale Edition Band 1
Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
Lena Reuber
2010 CICS (Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft)
Köln
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
2
Kölner Beiträge zur Restaurierung und Konservierung von Kunst- und Kulturgut Digitale Edition Band 1 2010
Herausgeber: Fachhochschule Köln Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) Ubierring 40, D-50678 Köln Satz / Realisierung des Layouts: H. Portsteffen Dieser Band basiert auf der Diplomarbeit von Lena Reuber (2008), betreut durch Prof. Dipl. Rest. Hans Portsteffen und Dipl. Rest. Petra Demuth © Lena Reuber
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
3
Vorwort Die Technik der Rissverklebung zur Behandlung von Rissen an textilen Bildträgern bedarf trotz aller grundlegender Erfahrungen weiterer nachhaltiger Forschung. Seit Jahren widmet sich die Studienrichtung Restaurierung und Konservierung von Gemälden, Skulpturen und Moderner Kunst am CICS (Cologne Institut of Conservation Sciences) diesem Forschungszweig intensiv. Wesentliche Schwerpunkte bilden dabei die Klebstoffwahl in Abhängigkeit von der Faserart sowie die Haltbarkeit der Verklebung insbesondere unter wechselnden klimatischen Bedingungen. Mit der vorliegenden Diplomarbeit präsentiert Lena Reuber die Ergebnisse von Klebstofftests für die Einzelfadenverklebung. Durch den Vergleich der Höchstzugkraft von über 6000 verklebten Leinenfäden sind nunmehr erstmals in dieser Tiefe aussagekräftige und praxisrelevante Daten ermittelt worden. Somit stellt diese Arbeit unseren ersten wichtigen Meilenstein dar. Namentlich sei an dieser Stelle Lena Reuber, Petra Demuth und Elisabeth Jägers für ihr Engagement und die intensive Zusammenarbeit herzlich gedankt. Die Publikation enthält die vollständige Diplomarbeit, gekürzt wurden lediglich einige Teile des Anhangs. Mit der gewählten Form des e-books möchte das Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft die Reihe der Kölner Beitrag durch eine weitere Publikationsreihe ergänzen und mit der digitalen Edition die Frequenz der Veröffentlichungen von Restaurierungs- und Forschungsprojekten, die an der Fachhochschule Köln stattfinden, erhöhen. H.P.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
4
Kurzzusammenfassung In dieser Arbeit werden Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinenfäden getestet. Als Grundlage werden die Eigenschaften von ausgewählten Klebstoffen und von Leinenfäden vorgestellt. Es wurden Zugversuche mit 25 Klebstoffen an insgesamt über 6.000 Fäden durchgeführt. Mit den Klebstoffen Störleim-Weizenstärkekleister, Mowilith D50, Polyamid 5065 und einem Epoxidharz erfolgten weitergehende Versuche. Dabei wurde zusätzlich die Abhängigkeit der Zugbeständigkeit von der verklebenden Person getestet. Außerdem wurden aufgespannte verklebte Leinenfäden wechselnden klimatischen Bedingungen ausgesetzt und deren Zugbeständigkeit in „normalem“, extrem trockenem und extrem feuchtem Klima geprüft. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion anhand einer Versuchsreihe zur Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Klebungen in Gewebestrukturen. Die Ergebnisse werden durch Diagramme veranschaulicht und geben Hinweise für die Umsetzung bei der Einzelfadenverklebung am textilen Bildträger. Abstract In this diploma thesis adhesives for thread-by-thread tear mending of linen yarn are tested. Basic understanding of adhesive and linen characteristics is provided. Tensile tests were carried out with 25 adhesives at altogether over 6,000 threads. Further investigations were carried out with sturgeon glue-wheat starch, Mowilith D50, Polyamid 5065 and an epoxy resin. Additionally the dependency of the adhesive bond on the single user was tested. Moreover stretched pieces of glue joined linen yarn were exposed to changing climatic conditions. Subsequently tensile stiffness and strength in “normal”, extremely dry as well as extremely humid climate was tested. In conclusion the transferability of the results to adhesive bonds in lined canvas was discussed on the basis of a final test run. The results are presented in graphs and are discussed and give precious hints for mending tears in textile painting supports.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
5
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................................................6 2 Aktueller Stand der Rissverklebung.................................................................................................................6 2.1 Begriffsdefinitionen.............................................................................................................................7 2.2 Forschungsstand in der Literatur .........................................................................................................7 2.3 Bisher gebräuchliche Klebstoffe..........................................................................................................8 3 Leinenfäden ..............................................................................................................................................10 4 Klebemittel ..............................................................................................................................................14 4.1 Theoretische Grundlagen der Fadenverklebung ................................................................................14 4.2 Kriterien für die Klebstoffauswahl ....................................................................................................17 4.3 Eigenschaften ausgewählter Materialien ...........................................................................................20 4.3.1 Störleim.................................................................................................................................21 4.3.2 Stärkekleister.........................................................................................................................26 4.2.3 Junfunori ...............................................................................................................................28 4.3.4 Aquazol .................................................................................................................................30 4.3.5 Celluloseether........................................................................................................................33 4.3.6 Polyvinylacetate ....................................................................................................................36 4.3.7 Acrylate.................................................................................................................................39 4.3.8 Polyamide .............................................................................................................................42 4.3.9 Beva 371 ...............................................................................................................................44 4.3.10 Epoxidharz ...........................................................................................................................44 5 Zugversuche an Einzelfäden ..........................................................................................................................46 5.1 Versuchsaufbau........................................................................................................................................47 5.1.1 Vorbereitung der Prüflinge....................................................................................................47 5.1.2 Zugprüfung ...........................................................................................................................49 5.1.3 Klimabelastung .....................................................................................................................50 5.2 Zugbelastung der Klebstoffe im Vergleich ..............................................................................................52 5.2.1 Acryldispersionen .................................................................................................................55 5.2.2 Schmelzklebstoffe ................................................................................................................58 5.2.3 Mod. Störleim-Lösungen und deren Einzelkomponenten .....................................................61 5.2.4 Polyvinylacetatdispersionen..................................................................................................65 5.2.5 Epoxidharz ............................................................................................................................68 5.2.6 Vergleich mit den Daten von Heiber ....................................................................................69 5.3 Zugbelastung im personenbezogenen Versuch ........................................................................................70 5.3.1 Störleim-Weizenstärkekleister ..............................................................................................70 5.3.2 Mowilith D5..........................................................................................................................71 5.3.3 Polyamid ...............................................................................................................................72 5.3.4 Epoxid...................................................................................................................................73 5.3.5 Fazit ......................................................................................................................................74 5.4 Zugbelastung nach zyklischer Klimabelastung ........................................................................................75 5.4.1 Störleim-Weizenstärkekleister ..............................................................................................75 5.4.2 Mowilith D50........................................................................................................................76 5.4.3 Polyamid ...............................................................................................................................77 5.4.4 Epoxid...................................................................................................................................78 5.4.5 Fazit ......................................................................................................................................79 5.5 Zugbelastung bei extremen Klimata.........................................................................................................80 5.5.1 Feuchtes Klima 93% rF.........................................................................................................80 5.5.2 Trockenes Klima 25% r.........................................................................................................82 5.5.3 Zusammenfassung der Ergebnisse ........................................................................................84 6 Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Verklebungen in Leinwandstrukturen....................................................85 6.1 Spannungsverhältnisse in textilen Trägern...............................................................................................85 6.2 Versuchsaufbau........................................................................................................................................88 6.3 Diskussion der Ergebnisse .......................................................................................................................89 7 Zusammenfassung..........................................................................................................................................92 8 Ausblick ..............................................................................................................................................94 9 Verzeichnisse und Anhang 9.1 Bibliographie............................................................................................................................................97 9.2 Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................................................................105 9.3 Verzeichnis der Abbildungen, Diagramme und Tabellen ......................................................................107 9.4 Herstellerverzeichnis..............................................................................................................................109
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
6
1 Einleitung
Die vorhandenen Untersuchungen zu Klebstoffen für die Rissverklebung genügen den heutigen wissenschaftlichen
Anforderungen nicht. Daher sollen in dieser Arbeit verschiedene Klebstoffe im Hinblick auf ihre Eignung für die
Rissverklebung an Leinengeweben untersucht werden. Dabei wird vor allem folgenden Fragen nachgegangen:
Welche theoretischen Grundlagen der Klebetechnik sind für die Rissverklebung relevant? Wie sind Oberfläche und
Adhäsionseigenschaften von Leinenfäden beschaffen? Welche Eigenschaften haben ausgewählte Klebstoffe für die
Rissverklebung?
Im praktischen Teil der Arbeit wird als wesentliche Fragestellung geprüft, wie hoch die Zugbeständigkeiten von
Klebungen mit verschiedenen Klebstoffen sind. Außerdem werden Versuchsreihen zu folgenden Aspekten
durchgeführt:
Wie sehr ist die Belastbarkeit der Klebungen abhängig von den ausführenden Personen? Wie wirken sich häufige
Klimawechsel auf die Zugbeständigkeit der Klebungen aus? Und welche Veränderungen treten bei besonders feuchtem
beziehungsweise besonders trockenem Klima auf?
Letztendlich soll überlegt werden, welche Spannungen eine Rissverklebung aushalten muss und wie sich die Ergebnisse
der Klebungen an einzelnen Fäden auf Verklebungen in Leinengeweben übertragen lassen.
2 Aktueller Stand der Rissverklebung Risse gehören zu den am häufigsten vorkommenden Schäden am textilen Bildträger. Ursachen können Überspannung,
Eigengewicht, Zersetzung der Fasern, Stoßüberdehnungen, Knicke und Schnitte sein.1
In Geweben können Risse viele verschiedene Erscheinungsformen haben. Heiber nennt unter anderem flexible,
dehnbare, flauschige, verharzte, hart verkleisterte, wachsgetränkte, brüchige, verkrustete, überlappende, verfilzte, feine,
starke, eng beieinanderliegende, gekräuselte, glatte, lang auseinandergefaserte, zu lange, zu kurze, oxidierte und
fehlende Fadenenden. Weiterhin können sie in beweglichem oder starrem Gewebeverbund, mit Überschuss an
Bildfläche durch Dehnung oder mit klaffenden Rissrändern durch Längszug auftreten. Außerdem werden Risse nach
ihrer Rissrichtung (parallel zum Schuss, parallel zur Kette, diagonal abgetreppt, verzweigt, L-, T- oder V-förmig), der
Länge des Risses und dem Bildformat unterschieden.2 Zudem können Risse in verschiedenen Geweben mit
unterschiedlichen Fasermaterialien und Bindungen auftreten.
Die ersten Methoden zur Behandlung von Rissen waren Doublierungen, das Aufkleben rückseitiger Flicken oder das
Zuspachteln mit Klebstoff oder Grundierung.3 Eine weitere Methode ist die Schließung mit Faserbrei.4 Es ist bekannt,
dass diese Maßnahmen auch heute noch in einigen Fällen erwogen werden. Meistens zieht man jedoch das Verkleben
der einzelnen Fäden oder das Vernähen des Risses vor. Letzteres ist allerdings nur bei stabilen Geweben möglich, die
dem Zug durch die dünnen neuen Fäden widerstehen. Beide Methoden ergeben beinahe unsichtbar geschlossene Risse
und sind mit dem Grundsatz des minimalen Eingriffs bisher am besten vereinbar.
1 HEIBER 1996, S. 120. 2 HEIBER 1996, S. 120. 3 NICOLAUS 1996, S. 106, SANDNER et al. 1990, S. 112. 4 BEINER-BÜTH, BECKMANN 2007.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
7
2.1 Begriffsdefinitionen Neben dem Begriff „Rissverklebung“5 werden in der Literatur auch „Einzelfadenverklebung“6 und „Verleimung von
Rissen“7 verwendet. Damit kann sowohl die Verklebung einzelner Fäden als auch eines ganzen Risses gemeint sein.
Bezeichnungen wie „Riss- oder Fadenverschweißung“8 oder „Kauterisierung“9 werden teilweise irrtümlich verwendet,
wenn ein Schmelzklebstoff mit Hilfe einer Heiznadel aufgebracht wird. Auch „Punktverklebung“10 als Ausdruck einer
minimalen Klebestelle ist irreführend, da entweder eine Überlappung besteht oder, in seltenen Fällen, eine „Stoß-auf-
Stoß-Verklebung“ vorgenommen wird, bei dem der Klebstoff eine Brücke zwischen den zwei Fadenenden bildet. Wenn
Schmelzklebstoffe verwendet werden, um einen Riss zu schließen oder Fadenbrücken aufzubringen, spricht man auch
von „Rissversiegelung“11. Im letzten Fall wird auch „Rissverklammerung“12 benutzt.
Im Folgenden soll für das Verbinden von zwei Fadenenden mit einem Klebstoff allein der Begriff Rissverklebung
verwendet werden, da er sich in der Literatur durchgesetzt hat. Dem Fachpublikum ist bewusst, dass es sich dabei in der
heute üblichen Form um das Schließen des Risses durch Verklebung der einzelnen gerissenen Fäden handelt.
2.2 Forschungsstand in der Literatur Der Forschungsstand zur Methode und vor allem zu den Materialien der Rissverklebung ist in Anbetracht der häufigen
Anwendung nicht ausreichend.
Eines der ersten Verfahren zur Klebung von kleinen Rissen publizierte im Jahr 1945 Kudrajawzew. Er schlägt vor, die
Fäden miteinander zu „verflechten“, und der Rissbereich mit Fischleim oder Harz einzustreichen und mit Seidenpapier
zu hinterkleben.13 Bis in die 70er Jahre des 20.Jhs. wurden Rissverklebungen ansonsten kaum thematisiert, da die
Behandlung mit Flicken oder Doublierung vorherrschte. Man brachte der Methode vor allem in Bezug auf ihre
Haltbarkeit wenig Vertrauen entgegen. Daher wurden in den 70er und 80er Jahren vor allem Klebemittel mit hoher
Adhäsionskraft wie Epoxidharze eingesetzt. Publikationen von Kuiper/Hestermann 1976, Weddingen 1979 und Gabler
1980 erhöhten den Bekanntheitsgrad der Rissverklebung.14 Alle empfahlen die Verwendung von Epoxidharz, und nur
die letzteren verzichteten auf eine anschließende Doublierung. Cederholm, Osmond und Heisterüber begannen kurz
darauf, sich mit dem Vergleich verschiedener Klebemittel für die Rissverklebung zu beschäftigen.15 In den folgenden
Jahren erprobte man diverse Klebstoffe, publizierte jedoch nur sehr wenige Erfahrungsberichte (siehe Kapitel 2.3). Erst
die Einführung einer Heiznadel in die Restaurierungswerkstätten machte es möglich, Schmelzklebstoffe zu verwenden
oder flüssige Klebemittel schneller trocknen zu lassen.16 Durch die Forschungen Heibers konnte sich die
Rissverklebung letztlich als Methode zur Schließung von Rissen etablieren.17 Die Versuche, auf denen seine Aussagen
basieren, wurden jedoch mittels einer Briefwaage und subjektivem Zug an Einzelfäden und mit einem Wassereimer an
Gewebestreifen gemessen. Zudem testete er nur sechs Klebstoffe (Ponal, Mowilith DM1 und DM4, Plextol B500,
5 HEIBER 1996, S. 117. 6 BECKER 2002, S. 8. 7 HEIBER 1983/84, S. 36f. 8 HEDINGER 1997, S. 36; NICOLAUS 1996, S. 108. 9 ESSERS 1985, S. 42. 10 ROUX 1993, S. 8. 11 SANDNER et al. 1990, S. 116. 12 SANDNER et al. 1990, S. 113. 13 KUDRAJAWZEW 1945, S. 46f. 14 KUIPER, HESTERMANN 1976 (Klebungen mit Epoxidharz-getränkten Fadenbrücken gefolgt von einer Doublierung an Rembrandts
Nachtwache), WEDDINGEN 1979 (schlägt eine Verklebung mit Epoxid, Beva oder Polyamid als Alternative zur Doublierung vor), GABLER 1980/81 (verklebt einen 2m langen Riss mit Epoxidharz und Epoxidharzgetränkten Leinenfasern als Fadenbrücken).
15 CEDERHOLM 1985, HEISTERÜBER 1985, OSMOND 1987. 16 HEIBER 1983/84, S. 37. 17 HEIBER 1996, HEIBER 2003.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
8
12%iger Störleim und 20%iger Störleim mit 13%igem Weizenstärke im Verhältnis 1:1). Verschiedene Aspekte sind
seitdem im Rahmen mehrerer Diplomarbeiten untersucht worden. Roux fasste in ihrer Diplomarbeit Forschungen und
Überlegungen zur Rissverklebung zusammen.18 Eipper untersuchte die Eignung verschiedener PVAC-Dispersionen für
die Rissverklebung.19 Becker untersuchte in ihrer Diplomarbeit Festigkeit und Elastizität von Einzelfadenverklebungen
mit Acryldispersionen in der Textilrestaurierung.20 Plötz versuchte, ein geeignetes Klebemittel für Risse in
Polyestergeweben zu finden.21 In einer weiteren Arbeit widmete sie sich dem Verkleben mit Wachs getränkter Fäden.22
Mit dem Verkleben von Rissen in Polyamidgeweben beschäftigte sich Nägler.23
Keine dieser Untersuchungen bietet jedoch einen Vergleich aller üblichen Klebstoffe bei Leinenfäden. Zudem ist die
Anzahl der Prüfkörper meist nicht ausreichend, so dass keine statistisch fundierten Aussagen über die Belastbarkeit der
Verklebung gemacht werden können, oder die Prüfmethoden sind nicht objektiv. Trotz der zahlreichen recht positiv in
ihrem Ergebnis ausfallenden Forschungsarbeiten wird immer noch Kritik an der Rissverklebung geäußert. In den
meisten Fällen bezieht sie sich auf die Belastbarkeit und Haltbarkeit der Klebungen. So merkte z.B. Brachert an, dass
das Problem der Klebemittel noch nicht befriedigend gelöst sei, da sich die Risse in vielen Fällen nach kurzen
Anfangserfolgen spannungsreich verziehen oder wieder öffnen. Er nennt hierzu aber keine Beispiele.24 Auch im
englischsprachigen Ausland wird der Rissverklebung bisher häufig wenig Vertrauen entgegengebracht. Meist werden
Epoxidharze zum Verkleben empfohlen, da die anderen Klebstoffe „zu schwach“ seien.
Auffallend ist das Fehlen einer verlässlichen Grundlage zum Einschätzen der Belastbarkeit von Fadenverklebungen und
eines Vergleichs der heute üblichen Materialien.
2.3 Bisher gebräuchliche Klebstoffe Zu den verwendeten Klebstoffen fällt der Forschungsstand sehr unter-schiedlich aus. Hinzu kommt, dass sich die
Untersuchungen in vielen Punkten, vor allem aber zum Alterungsverhalten in Umfang und Methodik unterscheiden und
größtenteils nicht vergleichbar sind.
Bislang kam eine breite Auswahl an Klebemitteln für Rissverklebungen zur Anwendung. Die ersten Rissverklebungen
in den 70er Jahren führte man mit Epoxidharz durch.25 Auch heute noch werden sie vor allem für Stoß auf-Stoß-
Verklebungen und wachsgetränkte Gewebe empfohlen.26 Epoxidharz stellte sich auch als bestes Klebemittel für textile
Träger aus Polyester (PETP) heraus.27
Verwendete Produkte sind unter anderem Araldit Standard sowie Uhu plus endfest und schnellfest.
In den Anfängen der Rissverklebung verwendete man auch Acrylharzschmelzen.28 So wurde beispielsweise Plexigum
P24 oder auch Paraloid B72 zum Schließen von Rissen angewandt.29 Auch Acrylharze in Lösung wurden benutzt.
Sandner nennt für die Rissverklebung 10%iges Pexisol P550, Paraloid B72 oder Piaflex F41 und LT30 in Benzin;30
Worch nennt zusätzlich Paraloid F10.31
18 ROUX 1993. 19 EIPPER 1993. 20 BECKER 2002. 21 PLÖTZ 2002. 22 PLÖTZ 2003. 23 NÄGLER 2005. 24 BRACHERT 1992, S. 332. 25 WEDDINGEN 1979, S. 31; GABLER 1980/81, S. 23. 26 HOFMANN 2003, S. 44; SANDNER 1990, S. 133; HEIBER 2003, S. 40. 27 PLÖTZ 2002, S. 77. 28 HEIBER 2003, S. 120. 29 HACKE 1989, S. 52-59. 30 SANDNER 1990, S. 133.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
9
In den folgenden Jahren setzten sich jedoch Acrylharzdispersionen aufgrund der Lösungsmittelfreiheit und der besseren
Modellierbarkeit der Fäden durch den Wasserzusatz durch. Sandner nennt eine Mischung aus Plextol D360 und D541
(9:1).32 Becker ermittelte in ihrer Diplomarbeit als besten Klebstoff für die Einzelfadenverklebung an Textilien eine
wasserverdünnte Mischung der Acrylkleber Lascaux 360HV und 498HV (1:1).33 Auch Worch hält die Acrylkleber
Lascaux 360HV und 498HV für besonders empfehlenswert.34 Bei von Hoff´s Versuchen erwies sich die Dispersion
Plextol B500 als gut geeignet.35
Eine andere, häufig verwendete Klebstoffgruppe sind die Polyamidschmelzen.36 Sie werden unter anderem für die
Verklebung von Rissen in wachsgetränkten Geweben empfohlen.37 Das verwandte lösliche Nylon Calaton fand
ebenfalls Verwendung als Schmelzklebstoff.38 Polyamid wurde zudem auch „punktartig“ zur Verstärkung von
Verklebungen mit wässrigen Bindemitteln eingesetzt.39
Ein weiteres als Schmelze aufgebrachtes Klebemittel ist BEVA 371.40
Laut Eipper gehören PVAC-Dispersionen zu den am häufigsten verwendeten Klebemitteln für die Rissverklebung.41
Besonders häufig wird von Restauratoren Ponal-Holzleim genannt.42 Heiber verwendete PVAC an etwa 40 Gemälden
ohne bisherige Beanstandung.43 PVAC als Schmelzklebstoff wurde von Suhiko verwendet.44 Von Hoff testete Mowilith
SDM5 der Firma Clariant und Primal AC33 von Röhm&Haas.45 Verwendung finden außerdem Mowilith DM1, DM5,
DMC2, Mischungen aus Mowilith D und DM105, sowie Mischungen verschiedener Vinnapas-Sorten, etwa aus
Vinnapas H60 und EP11, DP50 oder D40.46 Auch natürliche Klebemittel wie Störleim finden häufig in verdickter Form
Verwendung. Laut Heiber ist eine Mischung von 20%igem Störleim und 13%igem Weizenstärkekleister das bislang
vorteilhafteste Klebemittel für die Rissverklebung.47 Hofmann verwendete statt Weizenstärkekleister 1%iges
JunFunori® als Verdickungsmittel für Störleim.48 In Wien wird Störleim außerdem mit dem Celluloseether Tylose
MH3000 angedickt, mit Glucose als Plastifizierungsmittel und mit Dialdehyd als Vernetzer versetzt.49
Weitere, jedoch nur selten in der Literatur erwähnte Klebstoffe sind Polyvinylbutyral in Benzin50 und
Polyurethandispersionen.51
31 WORCH 2006, S. 29. 32 SANDNER 1990, S. 133. 33 BECKER 2002, S. 144. 34 WORCH 2006, S. 22. 35 VON HOFF 2006, S. 46f. 36 SANDNER 1990, S. 133. 37 PLÖTZ 2003, BODECHTEL 2000, S. 37; ROUX 1993, S. 110. 38 BODECHTEL 2000, S. 19. 39 BODECHTEL 2000, S. 40. 40 SANDNER 1990, S. 133; WORCH 2006, S. 22. 41 EIPPER 1993, S. 69. 42 Ponal Standard wird von GLANZER 1995, S. 74 als Standardklebemittel der HfAK Wien genannt. 43 HEIBER 2003, S. 120. 44 SUHIKO 1968, S. 23-31. 45 VON HOFF 2006, S. 48. 46 EIPPER 1993, S. 72. Im Stichting Kollektiv, Amsterdam, wurde eine Mischung aus 4 Teilen Vinapas EP11 (neuer Name Airflex EP11) und einem
Teil Vinapas D40 (neuer Name Vinac D50 Dispersion) verwendet (freundliche mündliche Mitteilung von Dipl.-Rest. Christine Fröhner, Köln). BRACHT et al. 2003 (S. 26) verwendeten Vinapas EP11 und DP50 (4:1). Eine Erklärung für die Auswahl wird nicht gegeben.
47 HEIBER 1996, S. 134. 48 HOFMANN 2003, S. 47. 49 GLANZER 1995, S. 90; WUNTSCHEK 1997, S. 135-138. 50 SANDNER 1990, S. 133; SURVOV,YASHKINA 1979, S. 117-121. 51 MASSA et al. 1991; PLÖTZ 2002; NÄGLER 2005.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
10
3 Leinenfäden Im Folgenden soll die Beschaffenheit der physikalischen und chemischen Oberfläche von Leinefäden, soweit bekannt,
beschrieben werden, damit die Adhäsion der Klebstoffe an diesem Material gedeutet werden kann. Zudem werden für
eine Rissverklebung wichtige Eigenschaften der Leinenfäden angegeben.
Leinenfäden werden aus den Bastfaserbündeln der Flachspflanze linum usitatissimum Linné gesponnen.52 Die
Bastfasern befinden sich in der Rindenschicht des Stengels der Flachspflanze und werden durch „Pflanzenleim“, eine
pektinhaltige Kittsubstanz, zusammengehalten. Diese wird bei der Aufbereitung biologisch (Röste) oder chemisch
zersetzt. Anschließend folgt eine mechanische Aufbereitung durch Brechen, Schwingen und Hecheln.53
Unterschiede in Aufbau, Struktur und Eigenschaften der Flachsfasern sind üblich und beinahe unvermeidbar. Sie
hängen unter anderem von der Flachssorte, dem Anbaugebiet, der Standweite, den Ernährungs- und den
Wachstumsbedingungen ab. Eine zunehmende Reife lässt die Faser verholzen, verringert die Teilbarkeit der
Faserbündel und somit die Feinheit.54 Die Farbe der Fasern richtet sich nach dem angewendeten Röstverfahren. Bei der
Wasserröste ist sie gelblich, bei der Tauröste silbergrau bis grünlich, chemisch gerösteter Flachs ist dagegen gelb- bis
weißlich.55 Kaltwasser- und taugerösteter Flachs haben den natürlichen Leinenglanz, da Begleitsubstanzen
(Pflanzenleime, Fette und Wachse) zum größten Teil erhalten bleiben, übergerösteter Flachs ist dagegen stumpf.56
Abb. 1: Aufbereitungsarten für Flachsfasern
Weitere Unterschiede im Garnmaterial ergeben sich durch die verwendete Faserlänge, die Drehrichtung, den
Drehwinkel, den Fadendurchmesser, die Feinheit, die Gleichmäßigkeit, den Spinnprozess und eventuell vorhandene
Schlichten. Beispielsweise sind nassgesponnene Fäden gleichmäßiger, aber auch teurer als trocken gesponnene.57
Gerösteter Flachs besteht hauptsächlich aus Cellulose (64,1%), Hemicellulose (16,7%), Pektin (1,8%) und Lignin
(2,0%), während Fette, Wachse und Eiweißstoffe nur einen geringen Anteil ausmachen.58 Durch die Art der
Aufbereitung variieren die Anteile (siehe Abb. Tab. 1)
52 KOCH 1994. S. 765. 53 KOCH 1994, S. 768-770; BEIER 2000, S. 55. 54 KOCH 1994, S. 772. 55 KOCH 1994, S. 772. 56 KOCH 1994, S. 772. 57 Freundliche mündliche Mitteilung von Dipl. Ing. Felicitas Weiße, FH Köln. 58 BEIER 2000, S. 57.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
11
Gehechelte Leinenfaser
Bast
Taugeröstet
Wassergeröstet
Dampfgeröstet
Aschegehalt,% Lignin, % Lignin säureunlöslich Lignin säurelöslich
- 8,4 - -
1,37 5,71 4,32 1,39
1,01 5,96 4,98 0,98
- 6,3 - -
Pektinsubstanzen (PS), % der Einwaage Polyuronsäuren, % der PS Hexosane, % der PS Pentosane, % der PS
6,88 49,42 33,14 17,44
3,03 40,8 43,8 15,4
2,28 50,3 34,2 15,5
4,7 52,4 31,0 14,5
Hemicellulosen (HC), % der Einwaage Polyuronsäuren,% der HC Hexosane, % der HC Pentosane, % der HC
8,3 18,7 56,3 25,0
7,41 9,4 71,8 18,8
7,14 13,3 69,2 18,4
6,10 17,2 62,4 20,4
Summe der Kohlenhydrate (KH), % der Einwaage Polyuronsäuren,% der KH Hexosane, % der KH Pentosane, % der KH
13,4 29,69 49,03 21,28
10,7 18,87 64,9 16,5
9,4 21,6 62,1 16,3
10,8 32,60 49,88 17,59
Tabelle 1: Analyseergebnisse der chemischen Zusammensetzung von Flachsfasern, die aus einer einheitlichen Strohpartie hergestellt wurden Die äußerste Schicht der aufbereiteten Leinenfaser (d.h. der Fasern im Leinenfaden) ist die Sklerenchym59-
Mittellamelle. Sie verkittet die Elementarfasern (Bast-Einzelzellen) miteinander und besteht vor allem aus
calciumhaltigem Pektin60 mit Lignineinlagerungen. Sie ist daher äußerst resistent gegen chemische und enzymatische
Einflüsse und wird normalerweise durch die Röste nicht angegriffen.61 Dagegen wird die Parenchym62-Mittellamelle,
die die Flachsfaserbündel umgibt, durch stufenweisen Pektinabbau bei der Röste zerstört.63. Bei der chemischen
Aufbereitung und bei dampfgerösteten Fasern sind die Pektine vollständig abgebaut.64 Es folgen im Faserquerschnitt
nach innen Primär- und Sekundärwand, die hauptsächlich aus Cellulosefibrillen bestehen, sowie Tertiärwand und
Lumen. In den Cellulosefibrillen wechseln sich amorphe und teilkristallin geordnete Bereiche ab.65 Bei den meisten Gemäldebildträgern muss also mit einer Pektinschicht auf den Fasern gerechnet werden, die zum
großen Teil die Adhäsionseigenschaften bestimmt. Hauptbestandteil von Pektin ist Pektinsäure (1,4-glucosidisch
verknüpftes Polysaccharid aus Galakturonsäurebausteinen). Ein Teil der funktionellen Gruppen bilden Methylester
(mittelpolare Bindungsstellen), während andere wasser-unlösliche Calcium- oder Magnesiumsalze (polare
Bindungsstellen) bilden.66 Bei neueren Bildträgern kann das Pektin durch alternative Aufschlussverfahren jedoch völlig
entfernt sein. Die Klebung erfolgt in diesem Fall auf einer reinen Celluloseoberfläche. Auch im Verlauf der Alterung
des textilen Trägers kann es zu einer Reduzierung der äußersten, pektinhaltigen Schicht kommen, da sie aufgrund ihres
amorphen und hygroskopen Charakters sowie des leicht abbaubaren Pektins besonders anfällig gegenüber
Alterungsmechanismen ist.67
59 voll ausdifferenzierte Fasern, die kein Plasma mehr enthalten (also „tot“ sind). 60 Pektin= 1,4-glucosidisch verknüpftes Polysaccharid aus Galakturonsäurebausteinen. 61 ROUETTE 1995, S. 652. 62 lebende, mit Zellplasma gefüllte Zellen. 63 ROUETTE 1995, S. 652. 64 ROUETTE 1995, S. 651. 65 VITI, HAUDEK 1981, S. 80. 66 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 32. 67 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 34.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
12
Eine Vielzahl von weiteren Materialien kann bei der Fadenherstellung als Schlichte68 aufgebracht werden. Genannt
werden unter anderem Stärke, Gummen, Cellulosederivate, Harze, Öle, Wachse, Zucker, Glutine, Bier, Wasserglas,
Silikonharze, Formaldehyde und Tetrafluorethylen (Teflon).69 Sie sollen die Verarbeitbarkeit des Fadens beim Spinnen
und Weben verbessern oder wasserabweisende, antistatische, feuerhemmende oder insektizide Wirkung haben. Diese
Stoffe liegen dann auf den Faseroberflächen und sind mitbestimmend für deren Adhäsionseigenschaften.
Eine einzelne Leinenfaserzelle stellt ein polygonales, in die Länge gezogenes Prisma dar, dessen beide Enden spitz
zulaufen. Auch abweichende Formen, wie zum Beispiel an der Stengelbasis, wo die Fasern einen schlauchförmigen
Querschnitt zeigen und die Faserenden abgerundet sind, sind möglich.70 Die Oberfläche ist glatt und teilweise auch
fibrilliert (Längsrillen).71 Als charakteristische Struktur zeigt die Flachsfaser in Längsrichtung knotige Anschwellungen
oder auch sogenannte Verschiebungen.72 Im Querschnitt zeichnen sich Flachsfasern durch eine verhältnismäßig starke
Wanddicke und ein kleines Lumen (Zellinnenhohlraum) aus.73 Weiterhin sind im Querschnitt angeschnittene
Wanddurchbrüche wie Poren und Tüpfel erkennbar, diese sind aber durch die Primärwand nach außen verschlossen.74
Flachsfasern zählen zu den besonders unelastischen Fasern. Sie können durch Spannungen nur sehr wenig gedehnt
werden.75 Durch das Spinnen kann der Faden jedoch deutlich dehnbarer sein als die einzelnen Fasern. Beim Spinnen
werden die Leinenfaserbündel miteinander verdreht. Dabei bleiben fast keine Hohlräume bestehen, da die Fasern beim
Spinnen eng aneinandergepresst werden.76 Während des Spinnens sowie auch schon beim Trocknen nach der Röste sind
Verformungen der Fasern möglich.77 Wie im Querschnitt des für die Versuche dieser Arbeit verwendeten Leinenfadens
zu sehen, sind die Fasern unterschiedlich dick, unterschiedlich geformt und gefärbt (siehe Abb. 4). Die dunkleren
Zwischenräume stellen Hohlräume dar, in die das Klebemittel eindringen kann. Durch die aneinandergepressten Fasern
bleiben nur wenige und enge Hohlräume zum Eindringen für das Klebemittel übrig.
Abb. 2: Querschnitt des für die Versuche in dieser Arbeit verwendeten Leinenfadens. Die Fasern sind unterschiedlich dick, unterschiedlich geformt und gefärbt. Die dunkleren Zwischenräume stellen Hohlräume dar.
68 Schlichten bezeichnet die Behandlung von Garnen vor dem Verweben, wodurch ihre Glätte, Geschmeidigkeit, Geschlossenheit und Festigkeit
verbessert wird. Die Verarbeitung auf dem Webstuhl wird damit erleichtert. 69 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 101. 70 KOCH 1994, S. 771. Ein qualitativ hochwertiger Flachs zeigt in seinen Elementarfasern 3-7 Kanten, schlechte Fasern sind oval (ROUETTE 1995,
S. 652). 71 LATZKE 1988, S. 40. 72 KOCH 1994, S. 772. Er merkt weiter an, dass es über die Entstehung keine eindeutigen Hinweise gibt. 73 KOCH 1994, S. 771; WÜLFERT 1999, S. 275. 74 WÜLFERT 1999, S. 248 und S. 256. 75 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 34. 76 TOST 2005, S. 9. 77 Freundliche mündliche Mitteilung von Gesa Bernges, Köln.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
13
Rissverklebungen werden häufig mit Wärme und/ oder wässrig gebundenen Klebemitteln durchgeführt. Bei
Wassereinwirkung laufen zwei parallele Prozesse ab: zum einen werden Wassermoleküle durch chemische Bindung an
die reaktionsfähigen Gruppen der Faser gebunden, zum anderen wird Wasser innerhalb der intermolekularen
Zwischenräume in den amorphen Bereichen über physikalische Bindung aufgenommen.78 Durch die eindringenden
Wassermoleküle kommt es zur Quellung der Faser, das vor allem in einem Dickenwachstum sichtbar wird. Gleichzeitig
kommt es zu einer Kontraktion der Länge.79 Im Gewebe kommt es dadurch zu Schrumpfungsprozessen. Ein einzelner
Faden dagegen dreht sich auf und verlängert sich dabei meist. Diese Prozesse sind jedoch bei dem geringen
befeuchteten Bereich während einer Rissverklebung zu vernachlässigen.
Zu hohe Temperaturen sind schädlich für Cellulosefasern, vor allem oxidierte Fasern reagieren sehr empfindlich. Bei
hoher Hitze kommt es zu Quervernetzungen, Kettenbrüchen und thermischen Oxidationsreaktionen. Das Material wird
steif, brüchig und verfärbt sich gelblich-braun; die mechanische Belastbarkeit nimmt ab.80
Obwohl neue Leinenfasern eine kurze Behandlung mit kalten verdünnten Säuren vertragen und eine hohe Beständigkeit
gegenüber Laugen besteht, können abgebaute, gealterte Fasern sehr empfindlich gegenüber den mildesten alkalischen
oder sauren Behandlungen reagieren, besonders wenn sie schon photochemischem Abbau unterworfen waren.81 Die
Verwendung von Klebemitteln muss daher in Hinblick auf den pH-Wert dem Alter des textilen Trägers angepasst sein.
Im Laufe der Alterung verschiebt sich der pH-Wert von Leinen in den sauren Bereich (pH 4)82 und die Zugfestigkeit
nimmt ab.83
Im Laufe der natürlichen Alterung werden Kettenmoleküle abgebaut. Durch die Einwirkung von Licht, Wärme,
Feuchtigkeit und mechanischer Belastung wird dieser Abbau beschleunigt.84 Folgen sind sowohl eine Verkürzung der
Kettenlänge der Celluloseketten als auch eine Lockerung der intramolekularen Anziehungskräfte 85 Auch Pektin und
Lignin werden zu kürzeren Ketten abgebaut, was zu einer weiteren Schwächung beiträgt.86
In Bezug auf die Rissverklebung bedeutet dies, dass Leinefasern sowohl in ihrer chemischen Oberfläche als auch in
ihrem physikalischem Aufbau deutliche Unterschiede aufweisen, die vor allem von den Wachstumsbedingungen, der
Aufbereitung und der Alterung abhängig sind. Es muss also davon ausgegangen werden, dass bei Leinenfäden
unterschiedliche Adhäsionseigenschaften vorkommen können.
Außerdem wird deutlich, dass hohe Temperaturen und ein zu hoher oder zu niedriger pH-Wert bei der Verklebung
vermieden werden sollten, da sie zu Schäden in den ohnehin schon durch den Riss geschwächten Fasern führen
können.87
78 BEIER 2000, S. 59. 79 BEIER 2000, S. 60. 80 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 27, S. 35f. 81 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 36. 82 HEDLEY 1993, S. 63. 83 HEDLEY 1993, S. 59f. 84 BEIER 2000, S. 62. 85 BEIER 2000, S. 62. 86 BEIER 2000, S. 63. 87 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 27, S. 35f
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
14
4 Klebemittel In der DIN EN 923:2005 ist Klebstoff definiert als „ein nichtmetallischer Stoff, der Werkstoffe durch
Oberflächenhaftung (Adhäsion) so verbinden kann, dass die Verbindung eine ausreichende innere Festigkeit (Kohäsion)
besitzt“. Im Fall der Verklebung von Leinenfäden ist damit die Verbindung von zwei Bündeln parallel nebeneinander
liegender, dünner, zylindrischer, poröser und elastischer Fasern gemeint.88
4.1 Theoretische Grundlagen der Fadenverklebung Für die Festigkeit einer Klebung spielt das Verhältnis von Adhäsionsfestigkeit zu Kohäsionsfestigkeit eine wichtige
Rolle: Ohne Adhäsion ist trotz hervorragender Kohäsion keine feste Verklebung möglich; umgekehrt gilt das gleiche.
Im Folgenden sollen daher Adhäsion und Kohäsion erläutert werden.
Die Haftung eines Klebstoffs an den Fadenoberflächen wird beeinflusst durch die Art und die Größe der
Wechselwirkungen an der Kontaktfläche (z.B. Polarität und funktionelle Gruppen von Klebstoff und Fasern, Benetzung
der Fasern durch den Klebstoff), absorbiertes Wasser und Verunreinigungen, Diffusion des Klebstoffs in die Fäden und
die Oberflächenstruktur der Fäden.
Die Adhäsionskräfte sollten über eine möglichst große Fläche verteilt sein, um punktuelle Belastungen zu vermeiden.
Für die Rissverklebung bedeutet dies, dass die Fäden möglichst überlappen sollten, um die Adhäsionsfläche zu
vergrößern. Die Entfernungen, über die Adhäsionskräfte wirken können, sind sehr gering. Sie bewegen sich in der
Größenordnung von hunderttausendstel Millimetern (0.1-1 nm).89
Daher ist eine gute Benetzung Voraussetzung für eine gute Klebung. Die Benetzung ist abhängig von
Benetzungswinkel, Oberflächenspannung und
Viskosität des Klebstoffs. Um alle Höhen und Tiefen der Leinenfaseroberfläche zu benetzen, darf der Klebstoff daher
nicht zu hochviskos sein.
Abb. 3: Die Benetzbarkeit eines Festkörpers durch ein Klebemittel wird durch den Randwinkel α bestimmt. Je kleiner der Winkel ausfällt, desto besser ist die Benetzung.
Es wird in mechanische, spezifische und Auto-Adhäsion unterschieden:
Unter mechanischer Adhäsion wird eine mechanische Verklammerung in den Poren und Kapillaren der Faseroberfläche
verstanden. Sie entsteht durch das Verfestigen des flüssigen Klebstoffs in der porösen Oberfläche, der dort eine
formschlüssige Verankerung mit der Faser bildet. Die spezifische Adhäsion beruht auf zwischenmolekularen und
chemischen Bindungen zwischen Klebstoff und Faser. Die heutigen Kenntnisse über die spezifische Adhäsion können
jedoch noch nicht alle beobachteten Erscheinungen erklären.90 Für eine starke Haftung sollten die Bindungsenergien
von Klebstoff und zu verklebendem Material möglichst gleich sein. Kristalline Bereiche im Klebstoff, aber auch in der
Leinenfaser wirken sich negativ auf diese Form der Adhäsion aus, da durch den regelmäßigen Aufbau die
88 HEIBER 1996, S. 131. 89 HABENICHT 1997, S. 61. 90 HABENICHT 1997, S. 229.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
15
Nebenvalenzkräfte weitgehend gegenseitig abgesättigt sind.91 Die Auto-Adhäsion beschreibt die Adhäsion durch
Diffusion der Klebstoffmoleküle in die Leinenfasern durch Brown´sche Bewegungen92 in Abhängigkeit von der
Molekülstruktur des Klebemittels.
Grundsätzlich beruht die Ausbildung der Bindungskräfte im Gegensatz zu Werkstoffen mit glatter Oberfläche bei
Textilien zum überwiegenden Teil auf der mechanischen Adhäsion. In Ergänzung hierzu sind zwischen-molekulare
Kräfte an der Festigkeit der Bindung beteiligt (siehe Abb. 4).93 Abb. 4: Mechanische und spezifische Adhäsion
Unter Kohäsion versteht man das Wirken von Anziehungskräften innerhalb eines Stoffes.94 Sie hängt unter anderem
davon ab, wie hoch Polarität und Molekulargewicht des Klebstoffs sind, aber auch inwieweit die Ordnung der
Moleküle beim Trocknen oder Abkühlen (wieder)hergestellt wird.95 Je geordneter die Moleküle sind, desto stärker
wirken auch zwischenmolekulare Kräfte und desto stärker ist die Kohäsion. Auch Fehlstellen oder Luftblasen
vermindern die Festigkeit der Klebung. Bestimmende Faktoren für die Kohäsion sind der Glasübergangspunkt, die
Zugfestigkeit und das Dehnungsvermögen des Klebstoffs.
Die Zugfestigkeit bietet den Kräften Widerstand, die beim Aufspannen des Gemäldes entstehen und die Fäden unter
kontinuierlicher Spannung halten. Der Klebstoff sollte daher eine ausreichende Zugfestigkeit besitzen, um irreversible
Dehnungen zu vermeiden. Es kann allgemein gesagt werden, dass sich Zugfestigkeit und Elastizität einer Klebung
umgekehrt proportional zueinander verhalten - je höher die Zugfestigkeit, desto geringer die Elastizität.96 Unter
Elastizität versteht man eine reversible Dehnung des Klebstoffs. Im Gegensatz dazu wird die bei höherer Belastung
auftretende irreversible Verformung als Fließen oder plastische Verformung bezeichnet.97 Dabei verringern sich die
91 PLÖTZ 2002, S. 35. 92 Bewegung von Teilchen durch zufälligen Zusammenstoß mit anderen Teilchen. Dabei erfahren sie jedes Mal eine neue Kraft/ einen neuen Impuls,
der zu einer weiteren zufälligen Bewegung führt. 93 HABENICHT 1997, S. 644. 94 HABE NICHT 1997, S. 301f. 95 HABENICHT 1997, S. 302. 96 DOWN et al. 1996, S. 30. 97 HABENICHT 1997, S. 254.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
16
innere Festigkeit und Glasübergangstemperatur des Klebstoffs.98 Bei Dauerbelastungen kann es bei einigen Klebstoffen
zusätzlich zum so genannten Kriechen kommen. Darunter versteht man die zeitlich verzögerte Deformation unter
konstanter Belastung.99 Durch das Kriechen werden Spannungen100 innerhalb des Klebstoffs durch plastische
Verformung abgebaut.101 Das Kriechen kann durch das in zeitlicher Folge eintretende Versagen einzelner Bindungen
zwischen den Molekülen erklärt werden. Die Belastung bewirkt eine Molekülverschiebung, die aufgelösten Bindungen
werden dabei nur teilweise durch neue Bindungen ersetzt. Mit fortschreitender Lockerung erschöpft sich die
Verformungsmöglichkeit nach einer gegebenen Zeit und es kommt zum Bruch. Die kontinuierlichen Belastungen führen
somit zu einem Festigkeitsverlust.102
Bei der Klebung von Leinenfäden gibt es verschiedene Verbindungsmöglichkeiten: Die höchste Belastbarkeit erhält
man durch eine möglichst große Überlappung der Fadenenden. In diesem Fall treten bei einer Belastung Scherkräfte auf
einer längeren Strecke auf, außerdem werden so die Schälkräfte an den Rändern der Klebung verringert.103 Damit eine
möglichst große Klebefläche entsteht, sollten alle Fadenenden mit Klebstoff getränkt oder von diesem dünn umhüllt
sein (dieser allerdings nicht herausquellen) damit alle Fasern miteinander und mit dem Klebstoff in Berührung sind. Bei
einer idealen Verklebung reichen die ausgefransten Fasern ineinander und erhöhen so die mechanische Verklammerung.
In Fällen, bei denen keine Überlappung möglich ist, können die Fäden auch „Stoß-auf-Stoß“ verbunden werden. Dabei
stoßen die Fasern in den seltensten Fällen direkt aneinander, sondern sind „ein Gespinst aus unterschiedlich langen
Faserspitzen“104, die kaum oder keine Überlappung aufweisen. Da die Verbindung dann nur auf einer kleinen Fläche
stattfindet, wird diese höher belastet, wenn Zugkräfte auftreten.105 Empfehlenswert für jede andere Art von Verklebung
ist die Anwendung von Druck, denn die Klebung hält umso besser, je enger die Klebefuge zusammengepresst und die
Klebschichtdicke reduziert ist.106 Durch den kombinierten Einsatz von Temperatur und Druck kann die Bildung von
Hohlräumen verhindert, die Benetzung verbessert, der Kontakt zwischen Klebstoffmolekülen und Faser erhöht, die
Diffusion und damit die Adhäsion verstärkt, die Oberflächenspannung herabgesetzt und die Reaktionsgeschwindigkeit
gesteigert werden.
Außer Druck und Temperatur ist auch die Viskosität des Klebstoffs von Bedeutung. Das Eindringen des flüssigen
Klebstoffs in die Leinenfasern kann zu unzureichenden Klebschichtdicken führen. Je nach Saugfähigkeit der Fasern
sind entsprechende Viskositäten vorzusehen, gegebenenfalls kann über eine Thixotropierung oder über die Größe der
Polymerpartikel ein Wegschlagen verhindert werden.107
Anwendungstechnisch lassen sich Klebstoffe in vier Kategorien unterteilen. Sie können als Dispersion, in Lösung oder
als Schmelze angewendet werden, oder sie härten durch eine chemische Reaktion. Das Abbinden der gelösten
Klebstoffe und der Dispersionsklebstoffe wird durch das Verdunsten des Wassers oder Lösungsmittels bzw. deren
98 HORIE 1994, S. 19. 99 HABENICHT 1997, S. 254. 100 Eigenspannungen in Klebungen können durch unterschiedliche Volumenänderungen von Klebstoff und Leinenfasern bei Temperaturwechseln
oder Luftfeuchtewechseln entstehen. Spannungen können auch durch das Schwinden der Klebung durch höhere Dichte, Abgabe von Spaltprodukten, Lösungsmittelresten oder Wasser sein.
101 HABENICHT 1997 S. 260. 102 HABENICHT 1997, S. 254. 103 YOUNG 2003, S. 55. 104 HEIBER 1996, S. 132. 105 YOUNG 2003, S. 55. 106 HEIBER 1996, S. 131. 107 HABENICHT 1997, S.647f.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
17
Aufnahme in den Leinenfaden eingeleitet. Dabei erhöht sich die Teilchenkonzentration bis zur Berührung.108
Gleichzeitig erfolgt die Ausbildung der Haftungskräfte zur Leinenfaser. Die Fadenenden müssen zusammengeführt
werden, solange der Klebstoff flüssig ist (bei kleinen Mengen wie in der Rissverklebung ist dieser Moment meist sehr
kurz), damit die notwendige Adhäsion stattfindet.109 Der anschließend ausgeübte leichte Druck einer Heiznadel bringt
die Fadenenden enger zusammen und bewirkt damit eine verbesserte Haftung, während durch die Wärme eine
schnellere Trocknung erreicht wird.
Bei Schmelzklebstoffen wird der Festigkeitsgrad vorübergehend durch Wärme herabgesetzt, wodurch die
Molekülbeweglichkeit zunimmt. Infolgedessen erreicht der Klebstoff fließende Eigenschaften unter dem Druck der
Heiznadel, und das Polymer wird so in die Grenzschicht der Fasern eingedrückt.
Bei chemisch härtenden Klebstoffen wie den Epoxidharzen vernetzen die Bestandteile des Klebstoffs an der
aufgebrachten Stelle. Sie brauchen dazu weder Druck noch Wärme.
Rissverklebungen müssen laut Heiber „unübersichtlichen Spannungs-zuständen (Biege- und Schälspannung,
Schermoment)“ widerstehen.110 Jede Bewegung des verklebten Leinenfadens, sei es durch äußere Belastungen oder
eigene Quell- und Schrumpfbewegungen, hat Druck- und Zugkräfte zur Folge und belastet die Klebefläche. Die ersten
Spannungen treten beim Aufspannen des Gemäldes nach der Rissverklebung auf. Aber auch späteres Auskeilen,
Transporte und Eigenbewegungen des Gemäldes durch Klimawechsel können Spannungsänderungen hervorrufen.
Dabei entstehen sowohl Zugspannungen als auch Biegespannungen, da die Fäden im Gewebe umeinander geschlungen
sind und sich die Biegung z.B. beim Quellen der Fäden erhöht. Ebenso ist dies der Fall bei erneuter Belastung senkrecht
zur Bildfläche, unter anderem bei Kittung und Retusche der Fehlstelle über dem verklebten Riss.
Eine Klebung kann in unterschiedlichen Weisen versagen. Bei einem Adhäsionsbruch löst sich die Bindung zwischen
Klebemittel und Leinenfäden. Bei einem Kohäsionsbruch gibt das Klebemittel selbst nach. Wenn das Klebemittel
brüchig ist, wird es brechen, wenn das verklebte Material nicht den Spannungen nachgibt. Wenn es einen niedrigen
Glasübergangspunkt hat, wird die Bindung langsam durch Kriechen gestreckt und bis zum Bruch verformt.111 Bei
schnellen Belastungen z.B. durch Schlag oder Stoß ist keine Relaxation durch Molekülumlagerungen möglich, durch
das Fehlen der zeitverzögerten Verformung kommt es zum Bruch. 112
4.2 Kriterien für die Klebstoffauswahl Klebemittel für eine Rissverklebung müssen einer Vielzahl von Anforderungen genügen. Diese können nicht alle
gleichzeitig erfüllt werden und widersprechen sich sogar teilweise.113 Für jeden Riss muss daher die Relevanz eines
jeden Kriteriums erneut abgewogen werden.
Die Wahl des Klebstoffs richtet sich vor allem nach dem zu verklebenden Material und nach der Beanspruchung der
Klebestelle.
108 HABENICHT 1997, S. 187. 109 HEIBER 1996, S. 132. 110 HEIBER 1996, S. 131. 111 HORIE 1994, S. 74. 112 HABENICHT 1997, S. 255. 113 YOUNG 2003, S. 55f.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
18
4.2.1 Mechanische Eigenschaften Klebkraft: Es sollte eine möglichst hohe Klebkraft bei möglichst geringem Materialeinsatz angestrebt werden, damit
kein Verdicken der Klebestelle eintritt.
Benetzung: Für eine gute Adhäsion auf Leinenfasern muss eine gute Benetzung vorliegen (So wird z.B. für
wachsgetränkte Fasern ein unpolarer Klebstoff benötigt.114)
Kohäsion: Die Kohäsion der Klebestelle sollte der des Fadens entsprechen. Der Klebstoff sollte ausreichende Kohäsion
besitzen, um die Verklebung trotz der in der Leinwand herrschenden Spannungsverhältnisse zu erhalten. Im Idealfall
hätte die Verklebung eine minimal geringere Festigkeit als die Fäden des textilen Trägers, damit bei einer erneuten
Stoßbelastung die Verklebung zuerst nachgibt.
Die benötigte Festigkeit orientiert sich auch an der Art des Risses und des Gewebes. So brauchen Risse in Ecken und
längere Risse stärkere Klebstoffe. Neue Gemälde brauchen dagegen elastischere Klebstoffe, da sie stärker auf
Klimaschwankungen reagieren und der Klebstoff die Quell- und Schrumpfprozesse möglichst nicht behindern sollte.115
Eine Resistenz der Verklebung gegenüber Belastungen wie Bewegungen, Erschütterungen, Vibrationen und Zug ist
wünschenswert. Im Fall einer plötzlichen und starken Zugausübung sollte sich die Klebestelle allerdings zugunsten der
„intakten“ nicht verklebten Bereiche lösen. Das Versagen der Klebestelle unter Belastung sollte dabei möglichst
langsam und nicht ruckartig (wie bei einem Sprödbruch) geschehen, damit sich der Riss nicht sofort vergrößert.116
Das Klebemittel sollte nicht härter als der verklebte Leinenfaden sein, damit er bei Belastungen nicht beschädigt wird.
Bei einer auf die Verklebung folgenden Kittung sollte nach Cederholm das Klebemittel fester als die Kittung sein, da
diese sonst die Verklebungsstelle dominiert.117
Elastizität: Eine gewisse Elastizität sollte vorhanden sein, um die Bewegungen des Bildträgers bei Klimaschwankungen
und mechanischen Belastungen mitzumachen oder aufzufangen. Die Elastizität des Klebstoffs sollte dabei höher sein als
die der Fäden, um starke Beanspruchungen an den Rändern der Klebeverbindung zu vermeiden. Die Rissverklebung
sollte aber auch steif genug sein, um sich nicht zu verformen. Damit dies nicht passiert, muss die Verklebung genauso
steif sein wie der textile Träger. Im Falle einer zu geringen Elastizität bzw. zu hohen Steifheit der Klebestelle reiben
sich die Leinenfasern bei Belastung kontinuierlich bei ihren Bewegungen an dieser Stelle. Sie werden somit geschwächt
und es entsteht eine neue Sollbruchstelle neben der Verklebung. Laut Berger und Russell muss der Klebstoff mindestens
so steif sein wie die Leinwand mit darauf liegender Bildschicht, damit sich keine Deformationen im Rissbereich
ergeben.118
Dehnbarkeit: die Dehnbarkeit sollte sich im mittleren Bereich befinden, da sich die Klebung bei zu niedriger
Dehnbarkeit schon bei minimaler Belastung lösen würde.119 Bei zu hoher Dehnbarkeit der Klebung wird die
Zugspannung an der Klebung verstärkt. Dies kann zu Deformationen im Bereich der Klebung sowie zu ihrem Lösen
führen. Der Versuch, die Flexibilität der Fäden so weit wie möglich zu erhalten, könnte dem Hauptziel, nämlich einer
ausreichend hohen Zugkraft, entgegenstehen. Elastizität und Flexibilität haben bei der Klebstoffauswahl daher einen
niedrigeren Stellenwert als die Festigkeit, bzw. sind als zweitrangig einzustufen.120 Unter kontinuierlicher Belastung,
114 PLÖTZ 2003, Teil 2, S. 7. 115 HEISTERÜBER 1985, S. 8. 116 YOUNG 2003, S. 56. 117 EIPPER 1993, S. 70; CEDERHOLM 1985. 118 BERGER, RUSSELL 1993, S. 114. 119 BECKER 2002, S. 54. 120 BECKER 2002, S. 55.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
19
wie sie bei aufgespannten textilen Trägern üblich ist, sollte keine Verformung des Klebstoffes durch Relaxation oder
kalten Fluss erfolgen.
Glasübergangspunkt (Tg)121: Der Glasübergangspunkt sollte laut Plötz zwischen 40 und 65 °C liegen.122 Bei höherem
Tg sei die Klebestelle zu spröde, um Belastungen auszuhalten. Laut Horie sollte ein thermoplastischer Klebstoff einen
Tg über 40 °C haben, da darunter bei kontinuierlicher Belastung Deformationen auftreten können.123 Klebstoffe mit
einem Tg in der Nähe oder unter der Raumtemperatur sollten nur verwendet werden, wenn keine langzeitigen
Belastungen auftreten.
Schmelztemperatur: Bei einem Schmelzklebstoff sollte die Schmelztemperatur nicht zu hoch liegen (laut Becker nicht
über 65 °C)124, um die Leinenfasern nicht durch erhöhte Temperaturen zu belasten. Wärme beschleunigt die chemischen
Alterungsreaktionen eines Kunstwerks. Außerdem kann die Malschicht schon bei geringen Temperaturen verformt
werden.125 Bei Gemälden des 19. Jahrhunderts können laut Fromm schon ab 75 °C Oberflächenveränderungen der
Malschicht auftreten.126
Beständigkeit gegenüber Klimaschwankungen: Die Klebung solle einer Lagerung und Präsentation in feuchten und
trockenen Räumen oder bei extremen Klimaschwankungen (z.B. in Kirchen) standhalten, und dabei möglichst nicht in
Festigkeit und Flexibilität variieren. In einer klimatisierten Umgebung ist dieser Aspekt zweitrangig. Die Verklebung
sollte auch Klimaschwankungen bei Konservierungsmaßnahmen, zum Beispiel feuchten Planierungen oder
Malschichtfestigungen mit wässrigen Bindemitteln aushalten. Brachert ist der Meinung, dass die Klebstoffe auf
Feuchtigkeit möglichst nicht reagieren sollten.127 Hingegen wäre es auch denkbar, dass das Klebemittel möglichst das
gleiche Verhalten wie die Leinenfasern bei Feuchtigkeit aufweisen sollte, um diese keinen weiteren mechanischen
Belastungen auszusetzen. Ein geeigneter Rückseitenschutz und präventive Maßnahmen zur Klimaregulierung sollten die
Beständigkeit der Rissverklebung unterstützen.
4.2.2 Chemische Eigenschaften pH-Wert: Leinenfasern können einer Behandlung mit kalten verdünnten Säuren widerstehen. Sie haben auch eine hohe
Beständigkeit gegenüber Laugen. Trotzdem können abgebaute, gealterte Fasern sehr empfindlich gegenüber den
mildesten alkalischen oder sauren Behandlungen reagieren, besonders wenn sie schon photochemischem Abbau
unterworfen waren.128 Die Verwendung von Klebemitteln muss daher im Hinblick auf den pH-Wert dem Alter des
textilen Trägers angepasst sein. Im Laufe der Alterung verschiebt sich der pH-Wert von Leinen in den sauren Bereich
(bis pH 4),129 Niedrige Werte (sauer) katalysieren zufällige Kettenbrüche, höhere Werte (basisch) verursachen Brüche
an den Kettenenden, beides schädigt die schon durch den Riss belasteten Fasern noch mehr.130
Emission: Die Emission schädigender Substanzen durch das Klebemittel sollte vermieden werden.
4.2.3 Verarbeitungseigenschaften
121 Der Tg gibt die Temperatur an, bei der ein Material von einem festen, glasartigen Zustand in einen weichen, elastischen Zustand übergeht. Beim
Über- bzw. Unterschreiten des Tg ändern sich Eigenschaften wie Dehnbarkeit, Fließeigenschaften, Härte, Stoßfestigkeit, Klebrigkeit und Zugfestigkeit.
122 PLÖTZ 2002, S. 46. 123 HORIE 1994, S. 78. 124 BECKER 2002, S. 51. 125 BERGER, RUSSELL 1993, S.115. 126 FROMM 1991, S. 91. 127 BRACHERT 1992, S. 332. 128 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 36. 129 HEDLEY 1993, S. 63. 130 ROUX 1993, S. 54.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
20
Applikation: Das Klebemittel sollte einfach zu applizieren sein, es sollte eine geringe Empfindlichkeit gegenüber
Verarbeitungsfehlern aufweisen und die Abbindezeit bzw. Trockenzeit sollte von ausreichender Länge sein. Sie sollte
einerseits Gelegenheit geben, die Fügeteile sorgsam miteinander zu verbinden und die Klebung zu modellieren,
andererseits möglichst schnell soweit abbinden, dass die danebenliegenden Fäden bearbeitet werden können.
Viskosität: Die Viskosität des Klebstoffs sollte hoch genug sein, um ein unnötiges Eindringen in den Faden zu
vermeiden. Sie sollte aber auch niedrig genug sein, um eine ausreichende Benetzung zu gewährleisten. Auch die
Applizierbarkeit wird entscheidend von der Viskosität beeinflusst. Laut Young beinhaltet eine gute Benetzung einen
gewissen Grad an Tränkung der Fadenenden.131
Mindestfilmbildungstemperatur (MFT): Die MFT bezeichnet die Temperatur, die eine Dispersion benötigt, um einen
festen klaren Film beim Trocknen zu bilden, ist bei dem Einsatz der Heiznadel zum Trocknen in der Regel (bei einer
Mindestfilmbildungstemperatur unter 40 °C) ohne Relevanz.
„Reversibilität“ / Wiederbearbeitbarkeit: Das Klebemittel sollte ohne Gefahr für die originale Substanz wieder entfernt
werden können. Im Fall einer Rissverklebung ist diese Forderung allerdings kaum einzuhalten. Meist lässt sich die
Klebung nicht mechanisch oder durch Wärme völlig entfernen, ohne die Fasern zu schädigen. Mit Lösungsmitteln kann
das Klebemittel noch tiefer in die Fasern penetrieren. Eine einmal vollzogene Klebung ist somit irreversibel. Daher
sollte eine möglichst uneingeschränkte Wiederbearbeitbarkeit angestrebt werden.132 Dabei muss die Lösungs-
mittelbeständigkeit der Fasern und der Bildschicht berücksichtigt werden.
Kompatibilität mit weiteren Maßnahmen: Bei der Auswahl des Klebemittels sollten die weiteren geplanten Schritte
berücksichtigt werden. Dabei ist vor allem die Kompatibilität mit Kittung und Retusche des Rissbereiches zu bedenken.
Problematisch können auch geplante oder spätere Oberflächenreinigungen, Firnisabnahmen, Firnisaufträge, Festigung
und Planierungen sein, wenn das Rissverklebungsmittel nicht wasser- oder lösemittelbeständig ist. Für eventuelle
Doublierungen oder Malschichtfestigungen mit Wärme sollte auch die Temperaturbeständigkeit des Klebstoffs bedacht
werden. Durch Lösemittel-, Wasser- und Temperatureinwirkung kann sich die Belastbarkeit der Rissverklebung
reduzieren, selbst wenn das Klebemittel beständig erscheint.
4.2.4 Optische Eigenschaften Die optischen Eigenschaften des Klebemittels sind für eine Rissverklebung von untergeordneter Relevanz, sofern die
Verklebung nicht auch von der Vorderseite des Gemäldes sichtbar ist, beispielsweise bei ungrundierter und teilweise
unbemalter Leinwand. Auch der Kunsthandel verlangt zuweilen unberührt wirkende Rückseiten. Verfärbungen,
Veränderungen in Tiefenlicht, Glanz und Oberflächenstruktur der Fasern sowie alterungsbedingte Vergilbungen sollten
in diesen Fällen so weit wie möglich vermieden werden.
4.2.5 Alterungseigenschaften Insgesamt gilt, dass alle geforderten Eigenschaften sich während der Alterung nicht verändern sollten.
4.3 Eigenschaften ausgewählter Materialien In den Zugversuchen sollen zunächst möglichst viele für die Rissverklebung übliche Klebstoffe getestet werden. Die
Auswahl wird teilweise in den einzelnen Kapiteln begründet, beruht jedoch hauptsächlich auf dem Anliegen, eine große 131 YOUNG 2003, S. 56. 132 Wiederbearbeitbarkeit bedeutet, dass der Riss im Falle eines Versagens wieder verklebt werden kann und dann noch die gleichen Möglichkeiten
der Klebstoffauswahl bestehen wie vor der Verklebung.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
21
Anzahl von in der Rissverklebung üblichen Klebstoffen zu vergleichen. Die Vorauswahl an in Frage kommenden
Klebstoffen fiel auf folgende Produkte:
In den folgenden Kapiteln werden diese hinsichtlich ihrer material-spezifischen Eigenschaften näher beschrieben,
insoweit diese von der sehr unterschiedlich ausfallenden Literaturlage dargestellt werden. Insgesamt ist der
Forschungsstand zu den Klebstoffen äußerst inhomogen. So sind die Eigenschaften der verschiedenen Acrylate gut
erforscht, während bei anderen Klebemitteln wie beispielsweise Tylose MH1000 keine spezifischen Ergebnisse
verfügbar sind, so dass auf die Eigenschaften der Klebemittelgruppe Celluloseether zurückgegriffen werden musste.
In dieser Arbeit soll von den zahlreichen Kriterien nur die Reaktion der Verklebungen auf kurzfristige Zugbelastungen
überprüft werden.
4.3.1 Störleim Störleim wird aus den Schwimmblasen des Störs gewonnen. Störleim zählt zu den Glutinleimen, die
Kollagenhydrolyseprodukte sind. Sie werden hergestellt aus Kollagen, einem Skleroprotein (bestehend aus
Aminosäuren, die über Peptidbindungen miteinander zu langen Ketten verbunden sind). Die durch Hydrolyse gelösten
Molekülstränge lagern sich zu kugelförmigen Sphäroproteinen zusammen. Die Molmassenverteilung ist recht breit von
niedrigen bis hochmolekularen Peptiden entsprechend des Abbaus durch hydrolytische Spaltung.133 Das
Molekulargewicht beträgt durchschnittlich 20.000 bis 40.000 g/mol. Unter einer Größe von 20.000 g/mol kann kein
Film gebildet werden.134
Störleim setzt sich wie folgt zusammen: 70% Glutin, 16% Osmazom, 7,5% Wasser, 4% Kali-, Natron- und Kalksalze,
2,5% unlösliche Hautanteile.135 Die Zusammensetzung kann je nach Aufbereitung und Rohstoff variieren. In warmem
Wasser ergibt sich eine kolloidale Lösung, die zum Kleben verwendet wird. Der pH-Wert der Lösungen liegt zwischen
5,3 und 7,0.136 Am isoelektrischen Punkt von pH 4,5 verhält sich Störleim besonders stabil, da sich hier besonders viele
ionische Bindungen bilden können.137 Die Viskosität ist ebenfalls vom isoelektrischen Punkt abhängig, an dem sie am
niedrigsten ist. Der Tg des Störleims variiert, je nachdem wie viel Wasser gebunden ist.138
Für die Versuche in dieser Arbeit wird Störleim sowohl allein als auch in Mischung mit Stärkekleistern, Aquazol® 500,
Celluloseethern und JunFunori® eingesetzt.
133 HAUPT 2000, S. 48. 134 MASSCHELEIN-KLEINER 1995, S. 57. 135 HABEL-SCHABLITZKY 1992, S. 49. Osmazom ist ein veralteter und nicht mehr gebräuchlicher Begriff, der mehrere Substanzen umfasst
(Kreatin, Kreatinin, Inosinsäure und Milchsäure). Leider konnten keine neueren Angaben zur genauen Zusammensetzung von Störleim in der Literatur gefunden werden.
136 HABEL-SCHABLITZKY 1992, S. 75. 137 Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Dr. Jägers, FH Köln. 138 COERDT 2007, S. 34.
Störleim-Mischungen
Schmelzklebstoffe Dispersionen Epoxidharz
- Störleim-Weizenstärke - Störleim-Reisstärke - Störleim-JunFunori - Störleim-Aquazol - Störleim-Tylose - JunFunori-
Weizenstärke - sowie die einzelnen
Bestandteile dieser Mischungen
- Beva 371 - Paraloid B72 - Degalan PQ611 - Polyamid 5065
(Lascaux) - Textilschweißpulver 5060 der Firma Kremer-Pigmente
- Plextol B500 - Plextol D360 - Plextol D498 - Plextol D540 - Lascaux D498HV - Mowilith DMC2 - Mowilith DHS S1 - Mowilith LD167 - Mowlith D50
UHU plus schnellfest
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
22
Adhäsion
Das Glutin in seiner amorphen Knäuelform enthält viele nach außen stehende Aminosäureenden mit vielfach
funktionellen Gruppen, die Verbindungen sowohl zu anderen Glutinmolekülen als auch zur Klebeoberfläche eingehen
können. Die Klebkraft der Fischblasenleime wird von vielen Autoren, vor allem in geringen Konzentrationen, als sehr
gut eingeschätzt.139 Störleim hat unter den Glutinleimen aufgrund seines niedrigen Molekulargewichts einen
vergleichsweise niedrigen Gelpunkt.140 Entscheidend für die Rissverklebung ist, dass er dadurch auch in kleinsten
Mengen vergleichsweise lange niedrigviskos bleibt und daher einen guten Kontakt zur Faseroberfläche herstellen kann.
Bei zu niedrigen Temperaturen oder zu schnellem Gelieren käme es zu keiner guten Benetzung und Porenfüllung und
damit zu keiner guten Adhäsion.
Andere Glutinleime wie Hautleim und Knochenleim sind aufgrund ihrer schnellen Gelbildung und damit schlechten
Adhäsion für die Rissverklebung nicht geeignet.141
Kohäsion
Die Aminosäureketten der Glutine sind nach der Trocknung durch Wasserstoffbrücken verbunden. Dadurch sind sie
hart, brüchig und unflexibel.
Ein Fließen der Moleküle unter Dauerbelastung ist somit nicht möglich.142 Störleim ist dabei jedoch flexibler und
weicher als z.B. Gelatine, kann aber die gleichen Zugbelastungen aushalten.143
Entscheidend für die Kohäsion kann die Temperatur sein, bei der die Leimlösung zu einem Film trocknet. Das langsame
Gelieren knapp unterhalb der Geliertemperatur144 begünstigt die Ausbildung eines hochgeordneten, teil-kristallinen
Netzwerks.145 Eine Erhöhung der Temperatur146 kann dazu führen, dass die Moleküle nicht renaturieren können und
weitgehend in ihrer amorphen Struktur bleiben. Diese Filme weisen eine deutlich geringere Zugfestigkeit und erhöhte
Brüchigkeit gegenüber den ohne Wärmezufuhr getrockneten Filmen auf.147
Durch den Zusatz von Füllstoffen werden Hohlräume aufgefüllt und eine ausreichend dicke Klebschicht für die
Ausbildung optimaler Haftungskräfte geschaffen.148
Reaktion auf Klimaschwankungen
Störleimfilme besitzen aufgrund ihrer Hygroskopizität auch in getrocknetem Zustand einen gewissen Wassergehalt, der
sich in Abhängigkeit vom Umgebungsklima ändert. Die mechanischen Eigenschaften der Filme hängen stark von ihrem
Feuchtigkeitsgehalt ab. Zumbühl führte Versuche zum Verhalten von Gelatine bei Klimaschwankungen durch, deren
Ergebnisse sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Störleimfilme übertragen lassen.149 Er fand heraus, dass Gelatine
auf Klimaschwankungen mit internen Spannungsänderungen reagiert. Unterhalb von 64% rF kommt es dabei durch die
spezifische Wassereinlagerung zu Spannungsabnahme mit starker Verminderung der Zugfestigkeit. Überhalb von 65%
rF gelangt der Tg an die Raumtemperatur und die Zugfestigkeit nimmt ab, während die Dehnbarkeit rapide zunimmt.
Gleichzeitig schrumpfen die Filme durch fortschreitende Helixbildung unter feuchten Bedingungen. Es konkurrieren
daher Kontraktionsreaktionen mit plastischen Relaxationsprozessen. Ab einer rF von 69% treten nach einer gewissen
139 HABEL-SCHABLITZKY 1992, S. 90; PRZYBYLO 2006, S. 117. 140 HAUPT 2000, S.44 Der Gelpunkt gibt die Temperatur an, bei der eine Gelbildung einsetzt. 141 Freundliche mündliche Mitteilung von Dipl. Rest. Petra Demuth, FH Köln. 142 MICHEL et al. 2002, S. 270. 143 GEIGER, MICHEL 2005, S. 198. 144 Die Geliertemperatur ist abhängig von den vorhandenen Moleküllängen. Diese können bei Störleim unterschiedlich sein. Im Durchschnitt liegt die
Geliertemperatur unter 20-25 °C (HAUPT 2000, S. 97). 145 HAUPT 2000, S. 97. 146 laut ZUMBÜHL 2003, S. 96 über 50 °C; nach HAUPT 2000, S. 97 über 25 °C. 147 HAUPT 2000, S. 40. 148 PLÖTZ 2003, Teil 2, S. 7. 149 ZUMBÜHL 2003, S. 97-102.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
23
Zeit in der Summe Spannungszunahmen auf. Die Spannungen werden auf das umliegende Material übertragen. Die
Gelatinefilme schrumpfen über mehrere Feuchtezyklen kontinuierlich weiter, da in Gelform eine Zunahme an
Kristallinität stattfindet. Die Relaxationsfähigkeit nimmt gleichzeitig zunehmend ab, wodurch sich die Kapazität des
Spannungsabbaus vermindert. Diese Reaktionen können aufgrund des ähnlichen chemischen Aufbaus auch bei Störleim
erwartet werden.150
Zusätzlich können durch Feuchtigkeitseinwirkungen Peptidbindungen hydrolysiert werden.151 Es kommt dadurch zu
Kettenspaltungen und verringertem Molekulargewicht und somit auch zu verringerter Belastbarkeit. Trotz dieser
Nachteile, die Störleim zunächst als ungeeignet für die Rissverklebung erscheinen lassen, wird als Vorteil angesehen,
dass er als Glutinleim im Materialsystem der Gemälde bleibt. Glutinleim befindet sich häufig in der Vorleimung und
teilweise auch in der Grundierung. Dabei ergeben sich vergleichbare Vorgänge bei Klimaschwankungen.
Löslichkeit / Reversibilität
Störleim bleibt nach dem Trocknen in kaltem Wasser quellbar und in warmem Wasser kolloidal löslich. Przybylo stellte
fest, dass sich künstlich gealterte Störleimfilme nicht mehr vollständig in warmem Wasser lösen lassen.152 Störleim ist
unlöslich in Öl, Wachs, organischen Lösungsmitteln und Alkohol.153
Alterung
Störleim hat sich bei Langzeitstabilitätstests (UV-Strahlung und Klimaschwankungen) von Michel et al. optisch und
auch in Bezug auf seine mechanischen Eigenschaften im Vergleich zu Funori, Celluloseethern und Gelatine am
wenigsten verändert.154 Sommermeyer kommt dagegen bei kombinierter Licht- und Klimaalterung zu dem Ergebnis,
dass Störleim versprödet und an Filmstabilität verliert, während Methylcellulose (Methocel A4M von Dow Chemicals)
weitgehend unverändert bleibt.155 Getrockneter Störleim kann verspröden, wenn niedermolekulare Weichmacher wie
Wasser, Fette und Glycerol aus dem Film diffundieren.156 So stellten beispielsweise Geiger und Michel fest, dass
Störleim während der Alterung etwas steifer wurde.157 Versuche von Habel-Schablitzky zeigten jedoch, dass in vielen
Fällen die Klebkraft durch die Alterung sogar zunahm.158
Durch Spannungen (z.B. durch Feuchtigkeitswechsel) wird Glutinleim mechanisch abgebaut.159 Während der Alterung
können Glutinleime vergilben.
Der getrocknete Leim ist in Raumklima unanfällig gegenüber Mikroorganismenbefall.160
4.3.2 Stärkekleister Stärke ist ein natürliches Polymer, das aus Glucosemolekülen zusammen-gesetzt ist. Es besteht hauptsächlich aus
Amylose (unverzweigte Ketten aus α-1,4-Glucose) und Amylopektin (buschartig verzweigte kurze Ketten aus α-1,6-
Glucose).161 Durch Kochen der Stärke in Wasser kommt es durch Quellen und Aufplatzen der Stärkekörner zu einem
150 Die Fakten des gesamten Abschnitts sind entnommen aus: ZUMBÜHL 2003. 151 MILLS, WHITE, 1987, S. 78. 152 PRZYBYLO 2007, S. 119. 153 BRANDIS 1990, S. 127. 154 MICHEL et al. 2002, S. 274. 155 SOMMERMEYER 1998, S. 49. 156 COERDT 2007, S. 35. 157 GEIGER, MICHEL 2005, S. 198. 158 HABEL-SCHABLITZKY 1992, S. 92. 159 COERDT 2007, S. 35. 160 Freundliche schriftliche Mitteilung von Birgit Wessel, FH Köln 1998, S. 13. 161 LISZEWSKA 2005 , S. 24.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
24
irreversiblen Verkleistern. Aufgrund der Herstellung des Kleisters mit demineralisiertem Wasser liegt der pH-Wert
zwischen 6,5 bis 7,0.162
Als Verdickungsmittel für Störleim wurden Weizen- und Reisstärke ausgewählt, da sie laut Springob in Mischung mit
Störleim die höchste Klebkraft haben.163
Adhäsion
Stärkekleister ist der am häufigsten eingesetzte Klebstoff in der Papierrestaurierung.164 Daher kann eine gute Adhäsion
auf cellulosehaltigem Material, beispielsweise auf Papier und Leinenfasern, angenommen werden. Auch aufgrund der
zahlreichen Hydroxylgruppen haben Stärkekleister sehr gute Adhäsionseigenschaften auf polaren Substanzen wie
Cellulose und Leinenfasern.165
Kohäsion
Amylose trocknet aufgrund der geradlinigen, unverzweigten Molekülstruktur zu einem starren, festen und stabilen Film,
während Amylopektin aufgrund der amorphen, verzweigten Struktur schwache, weiche und flexible Filme bildet.166
Laut Gill sind getrocknete Kleister aus Reisstärke weniger steif als solche aus Weizenstärke.167
Reaktion auf Klimaschwankungen
Kleister ist ein hygroskopisches Material, das stark auf Feuchtigkeit reagiert. Das absorbierte Wasser verursacht eine
Quellung und damit eine Dimensionsänderung.168 Bei hoher Feuchtigkeit ist er anfällig gegen Schimmel und Insekten.
Löslichkeit / Reversibilität
Getrocknete Weizen- und Reisstärkefilme quellen in kaltem Wasser, sodass die Verbindungen wieder gelöst werden
können. Da getrockneter Stärkekleister selbst erst ab Temperaturen von fast 100 °C löslich ist, verbleiben bei der
Lösung mit kälterem Wasser Stärkereste an den Fasern. Amylaseenzyme können die Stärkereste vollständig
entfernen.169
Alterung
Amylose altert durch Hydrolyse und Photooxidation mit Kettenbrüchen.170 Daher wäre eine Abnahme der Kohäsion
anzunehmen. Als Polysaccharid kann Stärke unter feuchten Bedingungen Nahrung für zahlreiche Pilze und Bakterien
sein.171 Mikrobieller Befall wird jedoch lediglich bei sehr feuchtem Klima zu erwarten sein.172 Der pH-Wert ändert sich
durch künstliche Alterung nicht wesentlich.173
162 Im Rahmen dieser Arbeit mit pH-Messpapieren getestet. 163 SPRINGOB 2001, S. 126. 164 Freundliche mündliche Mitteilung von Dipl. Rest. Verena Grande, Frankfurt. 165 KRUGER, LACOURSE 1990, S. 153; TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 123. 166 HORIE 1994, S. 135f. 167 GILL 1994, S. 44. 168 WORCH 2006, S. 28. 169 DANIELS 1995, S. 75. 170 HORIE 1994, S. 136. 171 TIMAR-BALASZY, EASTOP 1998, S. 123. 172 SPRINGOB 2001, S. 121. 173 LISZEWSKA 2005, S. 28.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
25
Eigenschaften in Mischung mit Störleim
Durch die Zugabe von Stärkekleister erhöht sich die Viskosität von Störleim, gleichzeitig werden die Fließfähigkeit
und die Eindringtiefe ins Gewebe verringert und eine partielle Tränkung verhindert.174 Weizenstärkekleister ist ein
häufig verwendetes Verdickungsmittel für Störleim für die Rissverklebung.175 Springob beschreibt, dass
Weizenstärkekleister eine geringere Eigenspannung beim Trocknen und bei gleichem Feststoffgehalt eine höhere
Viskosität als Reisstärkekleister hat. Trotzdem muss Weizenstärkekleister in höherer Konzentration dem Störleim
zugegeben werden, um ein Eindringen in die Leinenfasern zu vermeiden. Reisstärkekleister ist dagegen besser homogen
mit Störleim mischbar und verhindert somit eine Entmischung und das tiefe Eindringen des Leims in die
Leinenfasern.176 Er ist zugleich niedrigviskoser als Weizenstärkekleister. Dadurch können dünnere Klebeschichten und
ein besseres Eindringen der Mischung in feine Hohlräume erwartet werden.177
Hofmann beschreibt, dass sich Weizenstärke-Störleim-Mischungen schon am Tag der Herstellung entmischen, daher
immer entweder mehr Störleim oder mehr Stärkekleister aufgebracht wird und ein Abwandern des Störleims aus der
Mischung in die Fasern mit Randbildung beobachtet werden konnte.178
In Störleim-Kleister-Mischungen ist der Leim der Hauptträger der Adhäsion. Der Kleister fungiert in erster Linie als
Füllmittel und erst in zweiter Linie als Klebemittel. Er füllt die Hohlräume zwischen den Fasern auf und vergrößert
damit die Klebefläche. Nach Untersuchungen von Springob haben Mischungen von Störleim mit Weizen- und
Reisstärken die höchste Klebkraft. Sie wird größer, je stärker der Klebstoff in die Fäden eindringt und sich dort
verankert.179
Laut Ackroyd ist es möglich, dass der Störleim als proteinhaltiges Material eine chemische Reaktion mit der Stärke
eingehen und damit deren Degradation beschleunigen könnte.180
Springob beobachtete während der Alterung jedoch keine Veränderungen in der Klebkraft der Leim-Kleister-
Mischungen.181 Vermutlich ist das Nachlassen der Kohäsion des Füllstoffs nicht ausschlaggebend für die Kohäsion der
Mischung. Nägler gibt aber an, dass die Klebstoffmischung im Lauf der Zeit verspröden und vergilben kann.182
Beim Trocknen der Störleim-Kleister-Mischung kommt es zu Spannungen, für die vor allem der Störleim
ausschlaggebend ist; der Kleister verringert in der Mischung dessen Spannung.183
Üblicherweise wird für die Rissverklebung eine Mischung aus 20%igem Störleim und 10%igem Weizenstärkekleister
1:1 verwendet.184 Die Mischung muss immer warm gehalten werden (40-50 °C), und zwar in einem geschlossenen
Behälter, damit sich die Konzentration nicht ändert. Die Mischung sollte jeden Tag neu angesetzt werden, da Störleim
sich im Kühlschrank gut hält, Stärkekleister dagegen luftdicht in einer Spritze aufgezogen bei Raumtemperatur
aufbewahrt werden sollten.185
174 SPRINGOB 2001, S. 111. 175 HEIBER 1996, HEIBER 2003. 176 SPRINGOB 2001, S. 126. 177 SPRINGOB 2001, S. 126. 178 HOFMANN 2003, S. 44f. 179 SPRINGOB 2001, S. 126. 180 ACKROYD 1995, S. 87. 181 SPRINGOB 2001, S. 126. 182 NÄGLER 2005, S. 103. 183 ACKROYD 1995, S. 84. 184 Freundliche mündliche Mitteilung von Dipl. Rest. Petra Demuth, FH Köln. 185 Bei Lagerung im Kühlschrank kommt es zur Retrogradation des Kleisters (Rückbildung in wasserunlösliche Form durch Kristallisation).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
26
4.3.3 JunFunori® JunFunori® ist eine standardisierte und gereinigte Form des pflanzlichen Klebstoffs Funori.186 Es handelt sich um ein
Gemisch wasserlöslicher sulfonierter Polysaccharidstrukturen, das aus der Rotalge Gloiopeltis furcata extrahiert wird.187
Ursprünglich wurde es speziell für die Festigung pudernder Malschichten entwickelt, wird jedoch auch als
Verdickungsmittel für Störleim empfohlen.188 Schon bei 1%iger Konzentration entsteht eine hochviskose kolloidale
Lösung.189 Diese verhindert aufgrund der hohen Viskosität die Tränkung von Pigmentagglomeraten, und
möglicherweise auch von Leinenfäden.190
JunFunori®-Filme haben sehr gute optische Eigenschaften, sie verändern das Aussehen von verklebten oder gefestigten
Bereichen nicht oder nur kaum.191
Da der pH-Wert von JunFunori® in der Literatur nicht thematisiert wird, soll an dieser Stelle ergänzend der pH-Wert
von Funori-Lösungen erwähnt werden. Er wird mit 6,2-7,5192 bzw. 7,0-7,8193 angegeben. Es ist anzunehmen, dass der
pH-Wert von JunFunori ebenfalls in diesem Bereich anzusiedeln ist.
Adhäsion
Die Klebkraft ist eher gering, sie liegt zwischen Klucel E und Gelatine.194 JunFunori® hat zwar eine etwas stärkere
Klebkraft als Funori, ist aber immer noch ein vergleichsweise schwacher Klebstoff.195
Kohäsion
JunFunori® ist ebenso wie Glutinleim eher spröde und schlecht dehnbar. Durch die kristalline Struktur, die sich durch
die zahlreichen Wasserstoffbrückenbindungen ergibt, wird ein Fließen der Moleküle verhindert. JunFunori® kann
jedoch etwas höheren Belastungen widerstehen.196
Reaktion auf Klimaschwankungen
Die Reaktion der getrockneten Filme auf Feuchteschwankungen verläuft wesentlich schneller und mit stärkerer
Volumenänderung als bei Glutinleimen.197
Löslichkeit / Reversibilität
JunFunori® ist sehr gut löslich in Wasser. Unlöslich ist es in Benzinen, Ketonen und Aromaten. Durch Alkohole wird
Schrumpfen mit Spannungsbildung ausgelöst.198 Zur Reversibilität finden sich in der Literatur keine Aussagen.
186 Exklusiver Vertrieb durch die Firma Lascaux seit 2001. Funori kann auch verwendet werden, ist aber ein Naturprodukt und daher in schwankender
Qualität erhältlich. Aufgrund der Reproduzierbarkeit der Messergebnisse soll daher in dieser Arbeit die standardisierte Form JunFunori® verwendet werden.
187 LASCAUX <www.lascaux.ch> (15.01.2008) s. JunFunori. 188 LASCAUX <www.lascaux.ch> (15.01.2008) s. JunFunori; MICHEL et al. 2002, S. 267f. 189 Eine 1%ige JunFunori®-Lösung hat eine Viskosität von 4,51 Pa*s (Messung mit einem Rotationsviskosimeter). Die Viskosität einer 0,5%igen
Lösung ist um ein vielfaches geringer (Freundliche mündliche Mitteilung von Ina Hausmann, Köln 2005, S.11 und S. 35). 190 KREMER <www.kremer-pigmente.de> (15.012008) s. Funori. 191 MICHEL et al. 2002; LASCAUX <www.lascaux.ch> (15.01.2008) s. JunFunori. 192 MICHEL et al. 2002, S. 265. 193 Neutraler Bereich mit leichter Tendenz zum Basischen. Freundliche schriftliche Mitteilung von Marion Korb, FH Köln 1995, S. 19. 194 GEIGER, MICHEL 2005, S. 196. 195 MICHEL et al. 2006, S. 322. 196 GEIGER, MICHEL 2005 S. 198 197 Freundliche schriftliche Mitteilung von Marion Korb, FH Köln 1995, S. 21f. 198 Freundliche schriftliche Mitteilung von Marion Korb, FH Köln 1995, S. 27.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
27
Alterung Die Ergebnisse der künstlichen Alterungstests lassen keine Änderungen der Zugbelastbarkeit oder der chemischen
Struktur erkennen. Während der künstlichen Alterung mit UV-Bestrahlung und Klimawechseln kommt es zu einem
Ausbleichen der JunFunori®- Filme.199 Sie werden zudem weicher und flexibler, möglicherweise aufgrund absorbierten
Wassers.200 Infrarotspektren vor und nach der künstlichen Alterung zeigten keine signifikanten Unterschiede. Dies ist
ein Anzeichen dafür, dass keine Änderungen der molekularen Struktur während der künstlichen Alterung stattgefunden
haben.201 Auch unter Zugbelastung änderte sich das Verhalten des gealterten Materials kaum.202
Die Anfälligkeit für Mikroorganismen ist nicht höher als bei Glutinleimen oder Celluloseethern.203
Aufgrund der wenigen Alterungsstudien an JunFunori® sollen hier auch einige Beobachtungen an Funori erwähnt
werden: Laut Korb ändert sich der pH-Wert von Funori-Lösungen während einjähriger Lagerung in Lösung nicht, auch
eine Vergilbung war nicht festzustellen.204 Jahrzehntelange Erfahrungen von Restauratoren mit Funori-Festigungen
zeigen, dass kein Bindungsversagen oder Farbveränderungen zu erwarten sind.205
Aufgrund des hohen Sulfatanteils kann vermutet werden, dass es im Verlauf der Alterung zu sauren Abspaltungen
kommen könnte, jedoch gibt es hierfür keinen Nachweis.206
Eigenschaften in Mischung mit Störleim
In Mischung mit Störleim erhöht sich die Klebkraft von JunFunori®, außerdem wird das Eindringverhalten verbessert.
JunFunori® wirkt als Verdicker und verhindert so, dass der Störleim in die Fasern abfließt. Es soll auch die
Randbildung oder ein Verdunkeln durch den Störleim verhindern können.207 Hofmann berichtet, dass in Mischung mit
Störleim eine homogene Mischung entsteht, und die Heiznadel nicht an den Fasern kleben bleibt wie bei einer Störleim-
Weizenstärkekleister-Mischung.208
In Fällen, in denen die Rissverklebung sich in einem für den Betrachter des Kunstwerks sichtbaren
Bereich befindet, wird die JunFunori® -Störleim Mischung aufgrund der geringen Verfärbung und
Tiefenlichtveränderung der verklebten Fasern verwendet.209
199 GEIGER, MICHEL 2005 S. 196. 200 GEIGER, MICHEL 2005 S. 198. 201 GEIGER, MICHEL 2005 S. 200f. 202 GEIGER, MICHEL 2005 S. 198. 203 MICHEL et al. 2002, S. 272f; GEIGER, MICHEL 2005, S. 201. 204 Freundliche schriftliche Mitteilung von Marion Korb, FH Köln 1995, S. 14 und S. 19 (1 Jahr in Lösung im Kühlschrank aufbewahrt). 205 SWIDER, SMITH 2005, S. 123. 206 Freundliche schriftliche Mitteilung von Marion Korb, FH Köln 1995, S. 34. 207 LASCAUX <www.lascaux.ch> (15.01.2008) s. JunFunori. 208 HOFMANN 2003, S. 45. 209 Freundliche mündliche Mitteilung von Dipl. Rest. Petra Demuth, FH Köln.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
28
4.3.4 Aquazol 500®
Aquazol ist der Handelsname für Poly-2-ethyl-2-oxazolin (abgekürzt PEOX). Es handelt sich um ein
Polymerisationsprodukt von 2-ethyl-2-oxazolin mit der Summenformel -(H5H9NO)n.210
Aquazol® dient in dieser Arbeit zur Modifikation von Störleimlösungen. Es erhöht deren Viskosität und kann
gleichzeitig selbst als Klebstoff eingesetzt werden, so dass die Klebkraft nicht übermäßig abnimmt. Der ausgewählte
Typ Aquazol® 500 hat ein Molekulargewicht von 500.000 g/mol. Er weist von allen Aquazoltypen die höchste
Viskosität und die höchste Klebkraft auf und ist daher als Verdickungsmittel für Störleim am besten geeignet.211 Für die
Rissverklebung wurde eine den Störleim-Kleister-Mischungen ähnliche Viskosität angestrebt, die bei einer
Konzentration von 25% erreicht wurde.
Adhäsion
Aufgrund der Kompatibilität von Aquazol® mit vielen anderen Polymeren wird eine sehr gute Haftung des Polymers
auf den unterschiedlichsten Oberflächen, wie z.B. Wachs und verschmutzten Oberflächen, möglich.212 In der Industrie
wird Aquazol sogar als Haftungsvermittler eingesetzt.213 Nach Untersuchungen von Arslanolgu ist die Adhäsion von
Aquazol® vergleichbar mit Glutinleimen.214
Kohäsion
Aufgrund von Zugtests von Wolbers et al. erscheint Aquazol® als ein schwaches Klebemittel.215 Im Vergleich zu den
anderen Aquazoltypen hat Aquazol® 500 die höchste Klebkraft.216
Zugbelastbarkeit und Elastizität von Aquazol sind direkt abhängig vom Klima. Da Aquazol® wasserlöslich ist, nimmt
seine mechanische Stärke durch Wasserabsorption ab.217 Je höher die relative Feuchte ist, desto geringeren
Zugbelastungen hält das Material stand und desto größer ist die Dehnung am Bruchpunkt. Trotz großer Schwankungen
in den Messwerten kann es insgesamt nur geringen Zugbelastungen standhalten und ist ein außerordentlich plastisches
Material. Bei Standardklima (70 °F, 55% rF) sind Glutinleime brüchiger als Aquazol®.218 Die Zugbelastungen zeigen,
dass Aquazol® 500 selbst bei sehr niedriger relativer Feuchte noch sehr gut verformbar ist.219
Von Vorteil ist das geringe Schrumpfen und damit das Fehlen von Eigenspannungen bei Aquazol® beim Trocknen (im
Gegensatz etwa zu Störleim und Gelatine).220
Reaktion auf Klimaschwankungen
Im Vergleich zu Glutinleimen reagieren PEOX zwar langsamer auf Klimaschwankungen, absorbieren aber insgesamt
mehr Wasser als Störleim,
Gelatine oder PVAl, jedoch weniger als Gummi arabicum.221 Diese Eigenschaft kann bei hoher rF (über 84%) zu einem
Verlust der Klebkraft und „gelieren“ von Aquazol führen. Je höher die relative Feuchte ist, desto geringeren
210 WOLBERS et al. 1998. 211 WOLBERS et al. 1998, S. 525. 212 ARSLANOGLU 2003, S. 12. 213 CHIU et al. 1986, S. 432. 214 ARSLANOGLU 2003, S. 17. 215 WOLBERS et al. 1998, S. 526. 216 WOLBERS et al. 1998, S. 525. 217 WOLBERS et al. 1998, S. 523. 218 ARSLANOGLU 2003, S. 13. 219 WOLBERS et al. 1998, S. 526. 220 ARSLANOGLU 2003, S. 15. 221 ARSLANOGLU 2004, S. 14
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
29
Zugbelastungen hält Aquazol® 500 stand und desto größer ist die Dehnung am Bruchpunkt. Das Material wird also bei
steigender Feuchtigkeit weicher und leichter verformbar.222 Dies sollte bei Verwendung in unstabilem Klima beachtet
werden, besonders, da ab etwa 80% rF Gemäldebildträger durch das Quellen der Fasern eine höhere Spannung
bekommen.223
Aquazol® verfügt über eine außergewöhnlich gute thermische Stabilität, wobei erste Degradationserscheinungen erst ab
380 °C auftreten.224
Vor einer Anwendung sollten die späteren Klimabedingungen bedacht werden. Bei rF unter 75% gibt es keine
signifikante Abnahme der Adhäsion. Über 84% rF geliert Aquazol® und die Adhäsion lässt nach.225
Löslichkeit / Reversibilität
Aquazol® ist sehr gut in Wasser und fast allen polaren und mittelpolaren organischen Lösungsmitteln wie z.B.
Alkoholen und Ketonen löslich. In aliphatischen Benzinen ist es unlöslich, in aromatischen dagegen teilweise löslich.226
Wasser ist ein schlechterer Löser als Aceton, deshalb ergeben sich in Wasser hochviskosere Lösungen und Aquazol®
löst sich etwas langsamer.227 Mit Aquazol verklebte Fäden können jederzeit mit anderen Klebstoffen wiederbearbeitet
werden, falls die Klebung sich als ungenügend erweisen sollte.228
Alterung
Der einzige Alterungstest wurde von Wolbers et al. durchgeführt, dabei wurde nur die Alterung unter Lichteinfluss
überprüft.229 Die Filme veränderten sich dabei durch Lichtalterung nicht.230 Es konnte keine Farbänderung festgestellt
werden. Auch an FTIR-Spektren konnten kaum Veränderungen beobachtet werden, was bedeutet, dass keine Oxidation
oder andere größere Abbauprozesse stattgefunden haben.231 Der pH-Wert verringerte sich nur minimal (von 6,4 +/-0,1
auf 6,2+/-0,1).232 Die Löslichkeit von Aquazol® veränderte sich während der Alterung nicht.233 Als einzige
Veränderung wurde festgestellt, dass das Molekulargewicht während der Alterung durch Kettenspaltung abnimmt.234
Das Material wird dabei noch leichter löslich. Gleichzeitig nehmen auch Klebkraft und Zugbeständigkeit ab. Ungeklärt
ist, ob Aquazol® bei längerer Alterung weiter an Klebkraft einbüßt.
Die durchgeführten Tests entsprechen einer natürlichen Alterung von etwa 24 Jahren,235 was für eine Verwendung in
der Restaurierung nicht ausreichend ist. Da nur die Lichtalterung getestet wurde, ist fraglich, ob die Alterung bei einer
Rissverklebung an der lichtabgewandten Gemälderückseite ähnlich verläuft.
Trotz der geringen Erfahrungen kann Aquazol® für die Rissverklebung angewendet werden, da mit der Alterung in
erster Linie eine bessere Löslichkeit einhergeht und die Reversibilität somit gewährleistet ist.
222 WOLBERS et al. 1998, S. 521; ARSLANOGLU 2003, S. 12. 223 HEDLEY 1993, S.114. 224 CHIU et al. 1986, S. 427f. 225 ARSLANOGLU 2003, S. 18. 226 CHIU et al. 1986, S. 425, S. 430; Freundliche schriftliche Mitteilung von Dipl. Rest. Christine Fröhner, Köln 2006, S. 45f. 227 WOLBERS et al. 1998, S. 523; ARSLANOGLU 2003, S.18. 228 ARSLANOGLU 2004, S. 11. 229 WOLBERS et al. 1998, S. 514-527. 230 WOLBERS et al. 1998, S. 520. 231 WOLBERS et al. 1998, S. 521 232 WOLBERS et al. 1998 S. 517. 233 WOLBERS et al. 1998, S. 523. 234 WOLBERS et al. 1998, S. 522 und S. 526. 235 WOLBERS et al. 1998, S. 516.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
30
Weitere Eigenschaften
Laut Produktdatenblatt des Herstellers reagiert Aquazol® in wässriger Lösung pH-neutral.236 Wolbers et al. stellten
einen pH-Wert von 6,4 fest.237
Der Glasübergangspunkt von Aquazol® liegt bei 69-71 °C, der Erweichungsbereich zwischen 110-120 °C.238
Aquazol 500® erzeugt schnell einen recht hohen Glanz durch Sättigung der Fasern.239
Nach einem Tag Trocknung kommt es nur noch zu minimalem Gewichtsverlust, nach 10 Tagen ist jedoch immer noch
ein kleiner Anteil Wasser im Film enthalten.240 So lange sollte die Verklebung möglichst keinen Spannungen ausgesetzt
werden.
Eigenschaften in Mischung mit Störleim
Zu den Eigenschaften in Mischung mit Störleim ist noch nichts bekannt oder publiziert.
4.3.5 Celluloseether Celluloseether sind Cellulosederivate, die durch Substitution der Wasserstoffatome der Hydroxylgruppen der Cellulose
hergestellt werden. Es gibt einfache Ether und Mischether, bei denen die Cellulose mit zwei oder mehreren
Substituenten (Alkyl-, Hydroalkyl-, Carboxyalkyl- oder Aralkylgruppen) umgesetzt wird. Die Anzahl der Substituenten
an jeder Glucoseeinheit wird mit dem Substitutionsgrad (DS) gekennzeichnet. Es gibt Celluloseether sowohl in
wasserlöslicher Form (Methylcellulose MC, Hydroxypropylmethylcellulose HPMC, Hydroxypropylcellulose HPC,
Hydroxyethylcellulose HEC, Ethylhydroxyethylcellulose EHEC, Natrium-Carboxymethylcellulose CMC) als auch in
organischen Lösungsmitteln löslicher Form (Ethylhydroxyethylcellulose EHEC, Ethylcellulose EC).241 Sie sind in
verschiedenen Viskositätsgraden erhältlich. Aufgrund der Vielzahl von Celluloseethern mit variierenden Eigenschaften
kann hier nur ein kursorischer Überblick gegeben werden.
MC
Methylcellulose
HPMC
Hydroxypropylmethylcellulose
HPC
Hydroxypropylcellulose
HEC
Hydroxyethylcellulose
EHEC
Ethylhydroxyethylcellulose
CMC
Natrium-Carboxymethylcellulose
EC
Ethylcellulose
Tab. 2: Abkürzungen verschiedener Celluloseether
Für die Rissverklebung ausgewählt
In der HfAK Wien wird als Verdickungsmittel für Störleim die Methylhydroxyethylcellulose (MHEC) Tylose MH1000
verwendet.242 Deshalb wurde es in die Tests mit einbezogen. Da dieser Celluloseethertyp in der Literatur nicht weiter
236 POLYCHEMISTRY <www.polychemistry.com> (16.01.2008) s. Aquazol 500. 237 WOLBERS 1998, S. 517; POLYCHEMISTRY <www.polychemistry.com> (16.01.2008). 238 CHIU et al. 1986, S. 427; POLYCHEMISTRY <www.polychemistry.com> (16.01.2008). 239 ARSLANOGLU 2004, S. 15. 240 ARSLANOGLU 2003, S. 17 und S. 13. 241 OESS 1995, S. 63. 242 WUNTSCHEK 1997, S. 13.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
31
thematisiert wird, soll hier auf die Eigenschaften der gesamten Gruppe der Celluloseether eingegangen werden. Am
ehesten entspricht er der Gruppe der Hydroxyethylcellulosen (HEC).
Aufgrund des geringen Bindevermögens und der geringen Klebkraft,243 sowie der geringen Langzeitbeständigkeit der
HEC,244 können andere Celluloseether als Modifizierungsmittel für Störleim zweckentsprechender sein.245 Am
geeignetsten sind vermutlich langkettige Methylcellulosen (MC), da sie zu den Celluloseethern mit der höchsten
Klebkraft gehören und das hohe Molekulargewicht auf gute Verdickungseigenschaften schließen lässt. Da häufig
Verunreinigungen in den technischem Produkten auftreten, ist die Verwendung von Produkten mit dem Namenszusatz F
(food grade) oder P (pharmaceutical grade) empfehlenswert.246
Adhäsion
Wasserlösliche Celluloseether bilden eine gute Haftung zu verschiedenen Untergründen aus.247 Aufgrund der polaren
Struktur kann eine gute Haftung auf polaren Materialien angenommen werden.
Kohäsion
Celluloseether bilden transparente elastische Filme mit hohem Pigmentbindevermögen. Laut Oess gilt HEC als der
beste Filmbildner, es folgen HPC und MC-Mischether, MC hat die schlechtesten Filmbildungseigenschaften. Hingegen
steigen Bindevermögen und Klebkraft in umgekehrter Reihenfolge.248 CMC bildet im Vergleich zu den anderen
Celluloseethern relativ harte und steife Filme, die eine gute Zugfestigkeit besitzen.249 Mit steigendem Molekulargewicht
steigt bei allen Celluloseethern die Zugfestigkeit, Dehnbarkeit und Flexibilität der Filme.250 Die Viskosität von Tylose
MH1000 ist mit 1000 mPa*s vergleichsweise hoch, daher kann auch ein hohes Molekulargewicht angenommen
werden.251
Reaktion auf Klimaschwankungen
Celluloseether sind hygroskopisch. Bei hohen relativen Feuchten können die Filme klebrig werden.252 Die Haftung
sowie die Kohäsion nehmen dadurch beträchtlich ab. Mit dem Substitutionsgrad steigt im Allgemeinen die Fähigkeit zur
Wasseraufnahme.253 CMC nimmt aufgrund ihres ionischen Charakters besonders viel Feuchtigkeit auf.254
Löslichkeit / Reversibilität
Die Wasserlöslichkeit der Celluloseether hängt einerseits vom Molekulargewicht ab, andererseits vom
Substitutionsgrad. Laut Feller und Wilt sind die Polymere bis zu einem DS von 0.1 in verdünnten Basen löslich, dann
gehen sie in eine wasserlösliche Form über (etwa DS 1.0-2.3). Bei einem hohen Substitutionsgrad (DS 2.3-3.0) sind sie
243 OESS 1995, S. 43. 244 FELLER, WILT 1990, S. 93. 245 Aus Zeitgründen konnte ein Versuch zur Eignung verschiedener Celluloseether und zur Ermittlung einer angemessenen Konzentration nicht in
diese Arbeit mit aufgenommen werden. Getestet wurden nur bisher für die Rissverklebung empfohlene Klebstoffkombinationen. 246 OESS 1995, S. 69 247 OESS 1995, S. 45. 248 OESS 1995, S. 43. 249 OESS 1995, S. 48. 250 HORIE 1994, S. 129. 251 Im Produkt- und Sicherheitsdatenblatt ist die Molekülgröße nicht enthalten, schriftliche Anfragen wurden nicht beantwortet. 252 FELLER, WILT 1990, S. 27. 253 OESS 1995, S. 48. 254 FELLER, WILT 1990, S. 27.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
32
auch in organischen Lösungsmitteln löslich.255 Solche hohen Substitutionsgrade sind jedoch selten. Der
Substitutionsgrad von Tylose MH1000 wird nicht angegeben,256 das Pulver ist jedoch wasserlöslich.
Viele wasserlösliche Celluloseether haben ein umgekehrtes Temperatur-Löslichkeitsverhalten. Sie sind bei niedrigen
Temperaturen oder Raumtemperatur löslich und bei höheren Temperaturen unlöslich.257 So wird z.B. MC ab etwa 55 °C
unlöslich und fällt aus. CMC ist dagegen sowohl in kaltem als auch in heißem Wasser löslich.258
Nach der Filmbildung können Celluloseether durch Wasser bzw. Lösungsmittel wieder angelöst werden.
Alterung
Celluloseether können durch Hitze, Licht und Enzyme abgebaut werden.259 Auch erhöhter Säure- oder Basengehalt
kann zu Kettenbrüchen führen.260 Im Allgemeinen ist die Stabilität vom Substitutionsgrad abhängig. Je vollständiger die
OH-Gruppen substituiert sind, desto eher neigt der Ether zu Degradationserscheinungen.261 Laut Feller und Wilt fallen
die Alterungseigenschaften bzw. die Beständigkeit der Celluloseether in derselben chemischen Klasse teilweise sehr
unterschiedlich aus, so dass jedes Produkt einzeln untersucht werden müsste.262 Sie gehen jedoch davon aus, dass
lösungsmittellösliche Ether wie EC und EHEC sowie die wasserlösliche HEC nicht langzeitbeständig sind, da bei
thermischer Alterung die Viskosität abnimmt, Peroxide gebildet werden und Verfärbungen entstehen.263 Auch HPC
(Klucel) ist nur bedingt beständig (es kommt zu Kettenbrüchen und Gewichtsverlusten), wobei die hochmolekularen
Typen M und H weniger stabil als die niedrigmolekularen Typen G und L sind.264 Eine ausgezeichnete Stabilität haben
dagegen MC und HPMC. Auch CMC hat eine sehr hohe Stabilität, wird jedoch unter MC eingeordnet.265 Horie gibt
dagegen an, dass CMC weniger beständig sei als Stärke.266 Aufgrund des hohen Natrium-Anteils ist CMC beständig
gegenüber mikrobiellem Befall.267 Oess unterteilt die Celluloseether in ihrer Beständigkeit wie folgt: MC, OS-MC,
HEMC, HPMC > CMC, WS-EHEC >HEC >HPC >EC.268
Eigenschaften in Mischung mit Störleim
In Lösungen wirken Celluloseether allgemein viskositätserhöhend.269 Daher können sie die Viskosität der Mischung
erhöhen und das Eindringen vermindern. Gleichzeitig wird die Klebkraft des Störleims herabgesetzt. Mit
Celluloseethern verdickte Störleimlösungen zeigen eine deutlich verringerte Eindringtiefe, im Randbereich kommt es
jedoch aufgrund der schnellen Entmischung zu einer Störleimkonzentration.270
255 FELLER, WILT 1990, S. 20. 256 Im Produkt- und Sicherheitsdatenblatt sind diese Informationen nicht enthalten, schriftliche Anfragen wurden nicht beantwortet. 257 FELLER, WILT 1990, S. 29. 258 FELLER, WILT 1990, S. 110. 259 FELLER, WILT 1990, S. 22. 260 FELLER, WILT 1990, S. 32. 261 OESS 1995, S. 67. 262 FELLER, WILT 1990, S. 95. 263 FELLER, WILT 1990, S. 93. 264 FELLER, WILT 1990, S. 94. 265 FELLER, WILT 1990, S. 95. 266 HORIE 1994, S. 126. 267 FELLER, WILT 1990, S. 111. 268 OESS 1995, S. 63. 269 HORIE 1994, S. 129; FELLER, WILT 1990, S. 108-111. 270 SPRINGOB 2001, S. 123f.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
33
4.3.6 Polyvinylacetate (PVAC) Polyvinylacetate sind Polymerisate aus Vinylacetaten [Summenformel: -CH(O-CO-CH3)-CH2]. Sie sind in einem
breiten Spektrum von Molekulargewichten erhältlich. Sie können als Dispersion, in Lösung oder als Schmelzklebstoff
verwendet werden. Obwohl sie in den beiden letzten Fällen bessere Alterungseigenschaften haben, da keine
Wechselwirkungen mit Additiven auftreten können, empfiehlt sich aufgrund der Verarbeitungseigenschaften für die
Rissverklebung die Verwendung einer Dispersion.
Die Zusammensetzung der Dispersionen ist bei Anwendern bis auf die Hauptkomponente meist nicht bekannt und wird
von den Herstellern nicht angegeben. Es ist jedoch bekannt, dass der Zusatz verschiedener Additive üblich ist, wobei
konservatorische Ansprüche selten berücksichtigt werden.271 Diese Dispersionsbestandteile verbleiben nach der
Trocknung im Film und beeinflussen dessen Eigenschaften. Eine Dispersion enthält durchschnittlich: 50-70% Wasser,
30-50% PVAC, 1-3% Netzmittel, 1-3% Katalysator, 0-3% Schutzkolloid, 0-5% Weichmacher, 0-1% Puffer und 0-1%
Verdicker.272
Es gibt zwei Hauptgruppen von Polyvinylacetaten, die sich in ihren physikalischen Eigenschaften grundlegend
unterscheiden: Homopolymere Dispersionen besitzen eine hohe Zugfestigkeit, Härte und geringe Flexibilität. Die
meisten copolymeren PVAC haben dagegen aufgrund ihrer inneren Weichmachung eine geringere Zugfestigkeit und
Härte, dafür aber eine deutlich höhere Flexibilität. 273
Auswahl für die Rissverklebung
Durch einen niedrigen Glasübergangspunkt neigen die meisten Polyvinylacetate zu Schmutzeinbindung und kaltem
Fluss (Formveränderung in erhärtetem Zustand unter Belastung).274 Für die Rissverklebung kommen daher nur PVAC-
Dispersionen mit möglichst geringem kaltem Fluss und einem Tg in der Nähe von 40 °C in Frage. Allgemein übliche
PVAC-Dispersionen in der Gemälderestaurierung sind Mowilith DM5 und DMC2. Diese haben einen Tg unterhalb der
Raumtemperatur (2 bzw. 13 °C) und erscheinen daher für die Rissverklebung ungeeignet. Mowilith DM1 mit einem
höheren Tg wurde deshalb häufiger verwendet.275 Bedauerlicherweise wurde die Produktion aller drei Dispersionen
eingestellt. Für die Versuche wurden daher die weichmacherfreien, homopolymeren PVAC-Dispersionen Mowilith
DHS S1, LD167 und D50 aus dem breiten Sortiment ausgewählt. Sie wurden vor allem im Hinblick auf die
Zugbeständigkeit als wichtigstem Kriterium für die Rissverklebung ausgesucht. Alle haben einen Tg um 38 °C.
Mowilith D50 wird laut Herstellerangaben hauptsächlich zum Kleben von Pappe und Papier verwendet. Es eignet sich
auch für Textilbeschichtungen. Mowilith DHS S1 wird als schnellbindender Holzleim mit hoher Temperaturstabilität
angewandt. Die Klebkraft ist teilweise höher als die Kohäsion des Holzes. Mowilith LD167 eignet sich zum Kleben
von Papier und Holz.276 Die Dispersionen sind noch nicht ausreichend erforscht, um sie für die Anwendung in der
Restaurierung zu empfehlen. Dennoch werden sie in dieser Arbeit aus Mangel an Alternativen angewendet. Aus
Vergleichs-gründen soll auch das bekannte Produkt Mowilith DMC2 in die Untersuchungen einbezogen werden.
271 EIPPER 1993, S. 64. 272 WITTE et al. 1984, S. 29. 273 EIPPER 1993, S. 58. 274 HORIE 1994, S. 92. 275 HEIBER 1996, S. 134. 276 Die Angaben zur Verwendung der Mowilith-Typen stammen aus den technischen Datenblättern der Celanese Emulsions GmbH (CELANESE
<www.celanese.com> (07.03.2008) s. Mowilith).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
34
Tg °C pH MFT
°C
Viskosität mPa*s
Mittlere Teilchengröße Feststoffgehalt %
Mowilith DMC2 13 4.0-5.0 5 5.000-11.000
0.3-2.0 µm 55
MowilithDHS S1 38 3.5-5.5 15 30.000-60.000
0.4-2.5 µm 50
Mowilith LD 167 38 5.0-6.0 14 20.000-40.000
0.2-2.0 µm 60
Mowilith D50 38 3.0-4.0 13 20.000-40.000
0.4-0.2 µm 50
Tab. 3: Angaben des Herstellers Celanese Emulsions GmbH zu den Mowilithprodukten
Für die Versuche wurden sowohl die reinen Dispersionen als auch mit Wasser verdünnte Dispersionen verwendet.
Heiber empfiehlt eine Verdünnung im Verhältnis 4:1 bzw. 5:1 in Wasser.277 Eipper empfiehlt die Verdünnung der
Dispersionen 1: 1 in Wasser, da sie seiner Meinung nach zu hochviskos für die Rissverklebung seien.278 Er „puffert“
zusätzlich einige Dispersionen mit Ammoniak.279 Dies ist jedoch nicht empfehlenswert, da die Alterungsbeständigkeit
des Films sinkt, und Ammoniak flüchtig ist und somit nach kurzer Zeit die Neutralisationswirkung nachlässt. Die
Veränderung von Dispersionen sollte insgesamt möglichst vermieden werden, da die Komponenten ab Werk ideal
aufeinander abgestimmt sind. Bei Veränderungen kann es z.B. zu Entmischungen und damit veränderten Eigenschaften
kommen.
Adhäsion PVAC wird vor allem wegen seiner hohen Klebkraft angewendet. Aufgrund der mittelpolaren Dipol-Dipol-
Wechselwirkungen der Acetatgruppen besitzen PVAC sehr gute Adhäsionseigenschaften auf cellulosehaltigen
Materialien.280
Kohäsion Die Zugfestigkeit und Elastizität ist von Molekülaufbau, Molekülgröße und Tg des jeweiligen PVAC abhängig.
Dadurch, dass der Tg der meisten Polyvinylacetate in der Nähe der Raumtemperatur liegt, ergibt sich eine hohe
Zähigkeit und hohe Klebkraft, aber auch kalter Fluss (vor allem bei niedermolekularen Typen).281 Diese Klebstoffe
halten deswegen keiner starken oder andauernden Belastung stand. Dies lässt sie für die Rissverklebung, die unter
ständiger Spannung steht, als ungeeignet erscheinen. Die für die Versuche in dieser Arbeit ausgewählten PVAC haben
jedoch einen sehr hohen Tg von um 38 °C und sind laut Herstellerangaben gegen kalten Fluss beständig.282
Beim Dehnen der getrockneten Dispersionen kommt es zu einer Streckung in Richtung teilkristalliner Anordnung, was
sich mit einem Weißanlaufen des Films bemerkbar macht (dies muss keine Schwächung des Filmverhaltens
bedeuten).283 Nach der Meinung von Eipper sind die homopolymeren Dispersionen für den Einsatz in der
277 Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Winfried Heiber, Dresden. 278 EIPPER 1993, S. 66. 279 EIPPER 1993, S. 67. 280 Freundliche schriftliche Mitteilung von Anja Lethgau, FH Köln 1994, S. 16; HABENICHT 1997, S. 187f. 281 HORIE 1994, S. 92. 282 CELANESE <www.celanese.com> (07.03.2008) s. Mowilith. 283 EIPPER 1993, S. 66.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
35
Rissverklebung zu hart und spröde, die copolymeren Dispersionen dagegen aber zu weich. Deshalb müsse die
Herstellung von Mischungen für die Rissverklebung erwogen werden.284
Reaktion auf Klimaschwankungen
PVAC-Dispersionen sind wasserunlöslich, aber quellbar.285 Wasserlösliche Schutzkolloide wie Polyvinylalkohole oder
Methylcellulose erhöhen die Quellbarkeit aufgetrockneter Filme.
Durch die Quellreaktionen könnte in feuchter Umgebung die Belastbarkeit herabgesetzt werden. Ein Erweichen bei
hoher relativer Feuchtigkeit kann jedoch auch von Vorteil sein, da vorgeleimte und bemalte Leinengewebe sich bei
Feuchtigkeitswerten bis etwa 80% zunächst ausdehnen und schlaffer werden. Dabei werden die Leinenfasern durch die
quellende Vorleimung deformiert.286 Erst ab etwa 80% relativer Feuchte dominiert die Quellreaktion der Leinenfasern,
was eine Straffung des Gewebes und damit eine erhöhte Zugspannung zur Folge hat.287 Unter dem Einfluss von
Luftfeuchtigkeit kann zudem Säureabspaltung stattfinden.288
Löslichkeit / Reversibilität
Die Löslichkeit von getrocknetem PVAC ist von der Molekülgröße abhängig. Sie nimmt durch künstliche Alterung nur
leicht ab.289 PVAC ist in mittelpolaren Lösungsmitteln wie Aceton, Estern und Ethylacetat löslich, und in aromatischen
Kohlenwasserstoffen teilweise löslich. In Wasser und Alkoholen ist es unlöslich, aber quellbar, in aliphatischen Kohlen-
wasserstoffen ist es unlöslich.290 Bei der Abnahme mit Lösungsmitteln sollte das Eindringen des gelösten PVACs in die
Fasern verhindert werden.291
Da PVAC thermoplastisch ist, ist eine Abnahme durch Wärme theoretisch möglich, in der Praxis jedoch
problematisch.292
Alterung
Generell weisen Polyvinylacetate eine hohe Lichtstabilität auf. Es kann zu geringen Oxidationsreaktionen, Gilbung und
minimaler Quervernetzung kommen.293 Die mechanischen Eigenschaften wie z.B. die Flexibilität werden teilweise als
unverändert beschrieben.294 Eine Studie des Canadian Conservation Institute beschreibt jedoch unterschiedliche
Änderungen bei verschiedenen PVAC-Dispersionen.295
Unter Einwirkung von Feuchtigkeit ist eine hydrolytische Spaltung der Esterbindung unter Freisetzung von Essigsäuren
möglich.296 In mehreren Studien wurde festgestellt, dass sich der pH-Wert der meisten Dispersionen bei der Alterung in
den sauren Bereich verschiebt.297 Die Ausdünstung von Essigsäuren ist am Anfang sehr hoch, nimmt nach einem Monat
aber rapide ab.298 Es muss daher einige Monate nach der Verklebung auf einen regelmäßigen Luftaustausch an der
284 EIPPER 1993, S. 66. 285 HORIE 1994, S. 92. 286 SCHAIBLE 1987, S. 87. 287 HEDLEY 1993, S. 114. 288 EIPPER 1993, S. 70. 289 EIPPER 1993, S. 55; HOWELLS et al. 1984, S. 39. 290 HORIE 1994, S. 94; EIPPER 1993, S. 56. 291 HAUSMANN 2005, S. 79-114. 292 HAUSMANN 2005, S. 94. 293 HORIE 1994, S. 92. 294 KEYSERLINGK 1990, S. 310. 295 DOWN et al. 1996. 296 EIPPER 1993, S. 56. 297 KEYSERLINGK 1990, S. 310; HOWELLS et al. 1984, S. 42; WORCH 2006, S. 29; DOWN et al. 1996, S. 29. 298 DOWN et al. 1996, S. 27 und S. 39.
Nach Versuchen der Autorin der vorliegenden Arbeit beträgt der pH-Wert von Mowlith LD167 das direkt aus der Dose kommt 5, der Wert fällt in
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
36
Verklebungsstelle geachtet werden.
Durch Alterung vergilben PVAC-Dispersionen. Es konnte jedoch beobachtet werden, dass die Vergilbung keine
signifikante Änderung in der Löslichkeit zur Folge hatte. Daher sind vermutlich die relativ unstabilen
Dispersionszusätze Ursache der Vergilbung.299
PVAC mit extern zugesetzten Weichmachern sollte nicht verwendet werden, da diese schlechte Alterungseigenschaften
haben und in das verklebte Material auswandern können.300
4.3.7 Acryldispersionen Acrylharze werden aus Acryl- und Methacrylester-Monomeren polymerisiert.301 Sie können in Lösungsmitteln gelöst,
als Dispersionen oder als Schmelzklebstoff verwendet werden. Zur Herstellung einer Dispersion werden eine Anzahl an
Additiven benötigt. So setzt sich eine Dispersion durchschnittlich zusammen aus: Wasser (50-70%), Polymer (30-50%),
Tensid (1-3%), Initiator (1-3%), Schutzkolloid (0-3%), Puffer (0-1%) und Wasser.302
Auswahl für die Rissverklebung
Die in der Gemälderestaurierung üblichen Acryldispersionen sind Plextol B500, D498, D360303, Lascaux 498HV und
360HV, Primal AC33 und das
Acrylstyrolcopolymer MfK304. In der Textilrestaurierung werden aufgrund der höheren Viskosität die mit
Acrylsäureester angedickten Dispersionen Lascaux 360HV und 498HV bevorzugt.305 MfK ist mit einem besonders
guten Penetrationsvermögen für die Festigung gefasster Oberflächen entwickelt worden und daher für die
Rissverklebung ungeeignet. Primal AC33 wird nicht mehr hergestellt. Plextol D360 und Lascaux 360HV sind nach dem
Trocknen zu weich und klebrig für eine Rissverklebung. Deshalb wurden Plextol B500, D498 sowie Lascaux 498HV
ausgewählt. Da diese immer noch sehr niedrige Glasübergangspunkte haben, und daher kalter Fluss bei Dauerbelastung
zu erwarten ist, soll zusätzlich die Eignung des bisher in der Gemälderestaurierung wenig verwendeten Plextol D540
geprüft werden. Es handelt sich um ein Methacrylsäureester-Acrylsäureester-Copolymerisat mit anionischem
Emulgatorsystem. Plextol D540 ist zudem frei von Filmbildehilfsmitteln, Weichmachern und Lösungsmitteln.306
trockenem Zustand auf 4-5. Nach 15 Wochen hat der trockene Film wieder einen pH-Wert von 5 erreicht. Der pH-Wert von Mowilith DHS S1 liegt konstant bei 4 (frisch, getrocknet und 15 Wochen alt). Der pH-Wert von Mowilith D50 liegt frisch bei 4, fällt während der Trocknung auf 3-4 und steigt nach 15 Wochen auf 5 an.
299 HOWELLS et al. 1984, S. 42; HORIE 1994, S. 94. 300 EIPPER 1993, S. 63. 301 Nach Analysen von DOWN et al. 1996 (S. 21) besteht der Feststoff in Plextol B500 zu 66% aus Ethylacrylat und zu 34% aus Methylmethacrylat;
Lascaux 498HV besteht aus 56% Butylacrylat und 44% Methylmethacrylat. 302 DeWITTE et al. 1984, S. 32. 303 Im Verlauf dieser Diplomarbeit stellte sich heraus, dass Plextol D360 nicht mehr hergestellt wird. Im Handel wird als geeigneter Ersatz die
Dispersion K360 angeboten. Forschungen von Jenny Nieberle und Anna Bannach in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jägers ergaben, dass sich die Zusammensetzung geändert hat. Während D360 aus nBuMA und MA zusammengesetzt ist, besteht K360 dem FTIR-Spektrum zufolge aus PBA, Polyacrylnitril und Phtalat. Es ist also ein Weichmacher enthalten. Der pH-Wert liegt deutlich niedriger bei 2-3 (bei D360 noch 8) und ist damit zu sauer für die Anwendung in der Restaurierung. Durch das Andicken mit Polyacrylsäure und Ammoniak kann der pH-Wert auf 8 eingestellt werden. Die getrocknete Dispersion ist zudem deutlich klebriger als das Vorgängerprodukt und auch aus diesem Grund nicht geeignet für eine Rissverklebung.
304 Medium für Konsolidierung (Lascaux) 305 WORCH 2006, S. 29. Die angedickten Dispersionen werden immer mit Wasser (im Verhältnis 1:4 bis 1:10) verdünnt. 306 POLYMERLATEX <www.polymerlatex.com> (10.03.2008), s. Plextol.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
37
Tg
°C pH
MFT °C
Viskosität Pa*s
Mittlere Teilchen-größe
Feststoff-gehalt %
Wasserauf-nahme (in 24 h) %
Reißfestigkeit N/mm²
Reißdehnung %
Plextol B500
9 9.5 7 1-5 Pa*s 0.15 µm 50 15 3 500
Plextol D360
keine Angabe
7.5 0 1-4 Pa*s 0.25µm
60 Keine Angabe
Nicht gerissen bei 1000% Dehnung
1000
Plextol D498
13 9.0 5 3-10 Pa*s 0.15 µm 50 10 4 400
Lascaux 498 HV
6 8.0-9.0
5 6-9 Pa*s 0.15 µm ca. 40% 12 4 400
Plextol D540
29 9.0 20
3-10 Pa*s 0.15 µm 50 9 12 250
Tab. 4: Angaben der Hersteller PolymerLatex GmbH und Lascaux AG zu Plextolprodukten
Zusätzlich wäre der Einsatz von Plextol XA561 und M615 denkbar, leider konnte jedoch vom Hersteller keine Probe
zur Verfügung gestellt werden und kleine Mengen dieser Klebemittel sind im Handel nicht erhältlich.307
Laut Becker eignen sich für die Rissverklebung am besten Dispersionen, die im Verhältnis 5:2 mit Wasser verdünnt
wurden.308 Deshalb sollen außer den reinen Dispersionen auch verdünnte getestet werden.
Adhäsion
Laut Gehmann und Duffy zeigen Acrylate eine besonders gute Adhäsion auf vielen Materialien.309 Das Haftvermögen
steigt bei Erhöhung der Bindemittelmenge, der Temperatur oder des Drucks bei der Verklebung. Es nimmt dagegen bei
Zugabe von Verdickungsmitteln ab. Durch eine Nassklebung wird eine stärkere Bindung erreicht als bei reiner Wärme-
versiegelung.310 Eine bessere Adhäsion kann auch durch die Anwendung in Lösemitteln erreicht werden.311 Aufgrund
der Lösemittelbelastung beim Verkleben erscheint dies für eine Rissverklebung allerdings nicht geraten.
Kohäsion
Acrylharzfilme sind im Vergleich mit anderen Klebemitteln im Allgemeinen sehr flexibel und dehnbar.312 Die Kohäsion
ist daher im Vergleich eher schwach. Laut Roux werden Acryldispersionen nur selten für Rissverklebungen verwendet,
da sie zu elastisch sind und schnell Deformationen entstehen.313 Auch im Vergleich mit PVAC sind Acrylate flexibler
und weniger zugbeständig.314Im Allgemeinen sind Methacrylate härter, haben höhere Zugkräfte und weniger
Dehnbarkeit als die übrigen Acrylate.315
Laut Duffy sind besonders die Dispersionen Plextol B500 und Lascaux 498HV für Verklebungen mit hoher
Belastbarkeit geeignet.316 Laut Becker bildet Lascaux 498HV einen zähelastisch harten und extrem zugfesten Film.317
307 Sie haben eine mit Plextol D540 vergleichbare Zusammensetzung. Plextol M615 ist zur Reduktion der Mindestfilmbildungstemperatur (MFT) ein
Filmbildehilfsmittel zugesetzt. Die relativ hohen MFT von bis zu 27 °C sind nicht relevant, da die Klebungen mit der Heiznadel getrocknet werden.
308 BECKER 2000, S. 139. 309 GEHMAN 1990, S. 437; DUFFY 1989, S. 67-77. 310 ERHARDS 1993, S. 33. 311 DOWN et al. 1996, S. 32. 312 DOWN et al. 1996, S. 41. 313 ROUX 1993, S. 107. Gegenüber Dispersionen haben Acrylharzlösungen generell eine deutlich höhere Festigkeit und geringere Elastizität (siehe
DOWN et al. 1996, S. 32). 314 DOWN et al. 1996, S. 34. 315 GEHMAN 1990, S. 138. 316 DUFFY 1989, S. 67-77. 317 BECKER 2000, S. 70.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
38
Bedenklich erscheint jedoch der niedrige Tg von 13 °C, der kalten Fluss bei stetiger Belastung bei Raumtemperatur
vermuten lässt. Die Dispersionen Plextol D540 mit höherem Tg ist 3mal zugfester, aber auch nur halb so elastisch wie
Plextol B500 (siehe Tab. 4).
Reaktion auf Klimaschwankungen
Acryldispersionen sind nach der Trocknung wasserunlöslich, bleiben aber wasserempfindlich.318 Laut Duffy besteht
eine Gefahr der Reaktivierung durch Wasser.319 Die Wasserquellbarkeit verringert sich allerdings durch Alterung. Das
bedeutet auch, dass die Filme weniger wasserdurchlässig werden.320
Einige nichtflüchtige Puffer, die in den Dispersionen enthalten sein können, haben unter feuchten Bedingungen die
Tendenz zur Migration.321 Möglicherweise werden dabei Stoffe freigesetzt, die eine Abbaureaktion der Naturfasern
beschleunigen können.
Löslichkeit / Reversibilität
Die getrockneten Dispersionen sind nur schlecht mechanisch oder durch Wärme entfernbar. Sie können in Aromaten,
Ketonen und Estern wie Xylol, Toluol, Butylacetat, Ethylacetat, Methylethylketon und Aceton gelöst werden. Unlöslich
sind sie in Alkoholen und aliphatischen Kohlenwasserstoffen.322
Die Löslichkeit der in dieser Arbeit angewendeten Dispersionen ändert sich weder bei natürlicher noch bei künstlicher
Alterung.323
Alterung
Im Allgemeinen haben Acrylate sehr gute Alterungseigenschaften, besser beispielsweise als Polyvinylacetate. 324 Die
Alterungsbeständigkeit ist aber vom Typ abhängig. So verhält sich PMMA besonders stabil, während z.B. PBMA zu
Quervernetzungen neigt.325
Die zur Stabilisation der Dispersionen zugesetzten Substanzen verbleiben im Bindemittelfilm und können zu möglichen
Störfaktoren bei der Alterung werden.326 Bei Plextol B500 beispielsweise wirken sich die Zusätze negativ auf die
Lichtalterung aus.327 Das Andicken mit Polymethacrylsäure hat nach bisherigen Untersuchungen keinen Einfluss auf
das Alterungsverhalten eines Bindemittelfilms.328 Nach Duffy konnten keine Unterschiede in der Flexibilität zwischen
gealterten und ungealterten Proben gemessen werden.329 Laut seinen Angaben verhalten sich die Zugeigenschaften von
Plextol B500 während der Alterung am stabilsten.330 Erhards berichtet dagegen, dass bei ihren Versuchen vor allem
Plextol B500 sehr stark auf künstliche Klima- und Lichtalterung reagiert, woraus vor allem eine tendenzielle Zunahme
der Zugfestigkeit resultiere.331
318 ROUX 1993, S. 107. 319 DUFFY 1989, S. 67-77. 320 DUFFY 1989, S. 67-77. 321 ERHARDS 1993, S. 20. 322 ERHARDS 1993, S. 58f. 323 ERHARDS 1993, S. 59; PARKER 2005, S. 27. 324 DOWN et al. 1996, Studie des Canadian Institute for Conservation, in der das Alterungsverhalten von 27 PVAC- und 25 Acrylharzbindemitteln
über 5 Jahre geprüft wurde. 325 HORIE 1994, S. 103. 326 WORCH 2006, S.29. 327 VON HOFF 2005, S. 59. 328 ERHARDS 1993, S. 35. 329 DUFFY 1989, S. 67-77. 330 DUFFY 1989, S. 67-77.Es ist stabiler als Lascaux 498 HV und 360 HV sowie Plextol D498 und D360. 331 ERHARDS 1993, S. 81.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
39
Bei der Alterung kommt es zur Abspaltung geringer Mengen von Essigsäure bei Lascaux 360HV,332 daher vermutlich
auch bei 498HV.
Howells et al. beobachteten eine Gilbungstendenz, die auch im Dunkeln auftritt, aber keine Veränderungen in der
Löslichkeit mit sich bringt.333 Änderungen der mechanischen Belastbarkeit wurden nicht überprüft.
Zu Veränderungen im pH-Wert wurden gegensätzliche Beobachtungen gemacht: nach Erhards gibt es keine
Veränderungen, dagegen berichtet Parker dass der pH-Wert sinkt.334
Die unterschiedlichen Beobachtungen zum Alterungsverhalten der Acryldispersionen können sowohl auf
unterschiedliche Versuchsaufbauten als auch auf die möglicherweise durch den Hersteller geänderten
Zusammensetzungen sowie die Vielfalt der getesteten Dispersionen zurückgeführt werden.
Über die Alterungseigenschaften der Dispersionen Plextol XA561, M615 und D540 ist noch nichts bekannt.
Weitere Eigenschaften
Der pH-Wert der Dispersionen liegt relativ hoch, sinkt jedoch schon mit dem Trocknen, durch Alterung kann der pH-
Wert weiter sinken. Zum Beispiel hat Plextol B500 als Dispersion einen pH-Wert von 7,7, als frischer Film von 5,8 und
als gealterter Film von 5,2. Plextol D498 weist als Dispersion einen pH-Wert von 8,9 auf, als frischer Film pH 5,9 und
als gealterter Film pH 5,8.335
Der Glasübergangspunkt ist bedingt durch verschiedenen Aufbau unterschiedlich: Plextol B500 hat einen Tg von 9 °C,
Plextol D498 von 13 °C, Lascaux 498HV von 6 °C und Plextol D540 29 °C.336
Eine volle Belastbarkeit der Verklebung ist erst gegeben, nachdem die Verklebung mindestens 24 Stunden geruht hat.337
Mit längeren Wartezeiten steigt laut Becker die Festigkeit des Klebemittels Lascaux 498HV.338 Ein Zeitpunkt, ab dem
die Festigkeit nicht weiter ansteigt, wurde bisher nicht ermittelt.
4.3.8 Polyamide (PA) Polyamide sind Kohlenwasserstoffketten mit eingebauten Carbonamidgruppe (-CO-NH). Die allgemeine Strukturformel
lautet -[NH-(CH2)x-CO]n-. Die linearen Moleküle sind durch Verklammerungen, Schlaufenbildungen und Verhakung
der Molekülketten sowie über Wasserstoffbrückenbindungen verbunden. Die Ketten können sich auch parallel anordnen
und teilkristalline Bereiche bilden. Das durchschnittliche Molekulargewicht liegt zwischen 5000 und 8000 g/mol.339
Polyamide sind thermoplastisch. Sie haben einen schmalen Erweichungsbereich mit definiertem Schmelzpunkt und eine
niedrige Schmelzviskosität.340 Bei allen Polyamiden ist der Kontakt der Schmelzen mit Luftsauerstoff kritisch, da sie
hier oxidativem Abbau ausgesetzt werden.341 Nach der Erstarrung der Schmelze bleiben die Folien und die
Verklebungen lange elastisch und plastisch dehnbar.342 Erst nach einigen Stunden bekommt das Material seine
entsprechende Festigkeit. Nach der Verklebung sollte eine Klebestelle deshalb nicht sofort belastet werden.
332 DOWN et al. 1996, S. 29. 333 HOWELLS et al. 1984, S. 42. 334 ERHARDS 1993, S. 56; PARKER 2005, S. 26. 335 PARKER 2005, S. 26. 336 POLYMERLATEX <www.polymerlatex.com> (10.03.2008), s. Plextol; LASCAUX <www.lascaux.ch> (09.04.2008) s. Lascaux 498HV;
KREMER <www.kremer-pigmente.de> (29.04.2008), s. Paraloid B72; DEGUSSA <www.degussa.de> (23.04.2008), s. PQ611.
337 GEHMAN 1990, S. 444. 338 BECKER 2000, S. 141 und S. 116. Die Festigkeit der Verklebung nach einem Tag und nach 3 Wochen unterscheidet sich signifikant. 339 BODECHTEL 2000, S. 26. 340 BODECHTEL 2000, S. 9. 341 DOMININGHAUS et al. 1972, S. 80. 342 BODECHTEL 2000, S. 48.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
40
Für die Rissverklebung ausgewählt
Im Restaurierungsbedarf sind zum Verkleben drei „Polyamidpulver“ erhältlich: Die Polyamid-Textil-Schweisspulver
Nr. 5065 (mit einem Schmelzpunkt von 80 °C) und Nr. 256 (mit einem Schmelzpunkt von 110-120 °C) der Firma
Lascaux.,343 sowie das Textilschweißpulver 130-133 °C der Firma Kremer Pigmente.344 Die genaue Zusammensetzung
der Inhaltstoffe ist nicht bekannt. Prof. Dr. Jägers analysierte durch FTIR-Spektroskopie bei allen Polyamid-Pulvern
PA11 (Nylon 11) mit identischem Kurvenverlauf.345 Es handelt sich somit um aliphatische Polyamide aus
Aminoundecansäure-Monomeren.346 Die unterschiedlichen Schmelzpunkte sind auf verschiedene Kettenlängen und
möglicherweise auch auf unterschiedliche Zusätze zurückzuführen. Der Schmelzpunkt von reinem PA 11 wird in der
Literatur mit 185 °C, also deutlich höher als bei den hier genannten Textilschweißpulvern, angegeben.347 Es ist daher
sehr wahrscheinlich, dass Zusätze enthalten sind, die nicht analysiert werden konnten. Mögliche Zusätze sind
klebrigmachende Harze wie z.B. Kumaron-Inden-Harze, Polyterpenharze, Petroleumharze oder Kolophonium;
Weichmacher wie Phthalsäureester; Stabilisatoren und Antioxidantien wie Phenole, Phosphite oder organische Sulfite
sowie Füllstoffe und Streckmittel wie Kieselsäure, Quarzmehl oder Kreide.348
Die Polyamidpulver wurden für die Testreihe ausgewählt, da sie in der Restaurierung häufig zum Einsatz kommen,
wenn Risse in wachs- oder wachsharzgetränkten Geweben auftreten.349 Auch bei sehr wasser-empfindlichen Objekten
kann der Einsatz von Schmelzklebstoffen sinnvoll sein. Das Pulver 256 ist nicht mehr im Handel erhältlich und wird
daher für die Versuche nicht verwendet.
Name Hersteller/ Vertrieb
Zusammensetzung Schmelzpunkt °C
Polyamid-Textil-Schweisspulver Nr. 5065
Lascaux
PA 11
80
Polyamid-Textil-Schweisspulver Nr. 256
Lascaux (nicht mehr im Angebot)
nicht analysiert
110-120
Textilschweißpulver
Texolit (Vertrieb über Kremer Pigmente)
PA 11
130-133
Tab. 5: Eigenschaften der Polyamidpulver
Adhäsion
Polyamidschmelzen werden vor allem wegen ihrer hohen Klebkraft, besonders auf wachsharz-getränkten Geweben,
geschätzt.350 Bodechtel testete das Pulver Nr. 5065 im Vergleich mit anderen Klebstoffen. Es wurden Leinenfäden mit
einem Durchmesser von 0,3 mm verwendet und die Belastbarkeit durch Zug an einer Briefwaage ermittelt. Die
Zugbeständigkeit lag zwischen der von Ponal und dem Störleim-Weizenstärkekleister-Gemisch.351 In Tests von
Bischoff wurden Leinengewebe verklebt und mit der Hand auseinandergezogen. Die Zugbeständigkeit der
Polyamidklebung lag dabei zwischen Beva und Störleim und somit deutlich niedriger als bei Bodechtel.352
343 LASCAUX <www.lascaux.ch> (09.04.2008), s. Polyamidschweißpulver. Sie werden im Sicherheitsdatenblatt als Copolyamide bezeichnet, im
Produktdatenblatt dagegen als Nylon 12 (PA 12). Sie wären demnach aus 12-C-atomigen Monomeren (Lactamen von Aminocarbonsäuren) aufgebaut und kein Copolyamid (Polykondensation aus verschiedenen Bausteinen).
344 Dabei handelt es sich nach Analysen von Bodechtel nicht um ein Polyamid (BODECHTEL 2000, S. 33). In dieser Arbeit soll den Analysen von Frau Prof. Dr. Jägers vertraut werden.
345 Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Dr. Jägers, FH Köln. 346 DOMININGHAUS et al. 2005, S. 910. 347 DOMININGHAUS et al. 2005, S. 943; BRYDSON 1999, S. 493. 348 BODECHTEL 2000, S. 22. 349 PLÖTZ 2003; BODECHTEL 2000, S. 37; ROUX 1993, S. 110. 350 BODECHTEL 2000, S. 37; ROUX 1993, S. 110. 351 BODECHTEL 2000, S. 46f . 352 BODECHTEL 2000, S. 48 (Gudrun Bischoff: Untersuchungs- und Restaurierungsbericht des Leinwandgemäldes von Christian Wilhelm Karl
Kehrer „Das asiatische Nashorn“ um 1816/18, Hessisches Landesmuseum Darmstadt, 1997, unveröffentlicht).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
41
Kohäsion
Polyamide im Allgemeinen zeigen eine hohe Festigkeit, Steifheit und Härte, besonders im hochkristallinen Zustand. Sie
werden vor allem dort eingesetzt, wo von einem thermoplastischen Material hohe Festigkeit verlangt wird.353 Der Anteil
an kristallinen Bereichen ist mitbestimmend für die Kohäsionsfestigkeit der Klebeschicht. Er ist bei langsamem
Abkühlen besonders hoch. Auch beim Strecken der Klebestelle entstehen hochkristalline parallel gelagerte Kristallite.
354 Als Nachteil wird in einigen Fällen die stärker ausgeprägte Biegsamkeit angesehen.355 Die Reißfestigkeit von PA 11
wird mit 50 N/mm² angegeben, die Reißdehnung beträgt 500%.356
Aufgrund des viskoelastischen Charakters haben Polyamide eine Neigung zum Kriechen bei erhöhter Temperatur
und/oder statischer Dauerbelastung.357 Dabei kann es zu einem zeitabhängigen Spannungsabbau durch Verformung
(Relaxation) kommen.358
In den meisten Fällen wird die Anwendung des Pulvers Nr. 5065 als ausreichend für die Zugbelastung bei
Einzelfadenverklebungen erachtet.359 Für höhere Zugbelastungen wurde von Lascaux das Pulver Nr. 256 empfohlen.360
Dieses wird jedoch aufgrund der geringen Anfrage nicht mehr vertrieben. Das Textilschweißpulver der Firma Kremer
Pigmente hat mit 130-133 °C den höchsten Schmelzbereich der drei Produkte. Es ist daher eine noch höhere
Zugfestigkeit zu erwarten. Bodechtel vermutet, dass die Verklebungen unelastischer und eventuell auch höher belastbar
sind, da sich bei ihren Versuchen die geschmolzene Folie als vergleichsweise sehr steif und fest erwies.361
Reaktion auf Klimaschwankungen
Polyamide haben im Vergleich mit anderen Polymeren eine hohe Feuchtigkeitsaufnahme und
Wasserdampfdurchlässigkeit. Sie steigt abhängig vom Molekülaufbau mit der Anzahl der -CO-NH-Gruppen
(Säureamidgruppen, Carbonamidgruppen) und fällt mit wachsender Kristallinität.362 PA 11 hat jedoch im Vergleich zu
den anderen Polyamiden eine geringere Wasseraufnahme von maximal 2,5%.363 Mit steigendem Feuchtigkeitsgehalt
verschlechtern sich mechanische Eigenschaften und Abriebfestigkeit. Je höher der Feuchtigkeitsgehalt, desto mehr
verschiebt sich auch der Tg nach unten.364 Bei gleicher Temperatur führt daher ein höherer Feuchtigkeitsgehalt zu einer
höheren Dehnung und geringerer Belastbarkeit. Gleichzeitig kommt es durch die Wasseraufnahme zu einer
Volumenzunahme, einer Verringerung zwischenmolekularer Bindungskräfte, erhöhter Kettenbeweglichkeit, verringerter
Steifheit, Festigkeit und Härte sowie verringerten Gleitlaufeigenschaften und Verschleißwiderstand.365
Löslichkeit / Reversibilität
Es gibt keine Möglichkeit, Polyamide aus organischen oder brüchigen Materialien wieder herauszulösen ohne diese zu
beschädigen.366 Polyamide zeigen eine hohe Beständigkeit gegen Lösungsmittel (Benzine, Ester, Alkohole, Ketone,
353 BODECHTEL 2000, S. 9 und S. 12. 354 BODECHTEL 2000, S. 6 und S. 25; McGLINCHEY 1993, S. 116. 355 ROUX 1993, S. 110. 356 DOMININGHAUS et al. 2005, S. 943. 357 BODECHTEL 2000, S. 26. 358 NÄGLER 2005, S. 36. 359 BODECHTEL 2000, S. 37. 360 BODECHTEL 2000, S. 37. 361 BODECHTEL 2000, S. 44. 362 BODECHTEL 2000, S. 10. Wasser wird nur in den amorphen Bereichen aufgenommen. 363 DOMININGHAUS et al. 1972, S. 77. 364 GRELLMANN, SEIDLER 1998, S. 201. Zum Beispiel hat PA6 bei 3,5% Feuchtegehalt einen Tg von 5 °C, bei 10% Feuchtegehalt liegt der Tg
schon bei -15 °C. 365 GRELLMANN, SEIDLER 1998, S. 202. 366 BODECHTEL 2000, S. 21.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
42
Ether), Laugen und verdünnte Säuren, sind jedoch löslich in konzentrierten Säuren.367 Eine Löslichkeit oder auch nur
eine Quellung-durch Ethanol, Aceton, Toluol, Dimethylformamid und Shellsol T auch nach dreitägigem Bad konnten
nicht festgestellt werden.368
Die thermoplastische Verklebung kann jedoch mit Wärme wieder geöffnet und bearbeitet werden.
Alterung
Die allgemeine Annahme, dass Polyamide eine schlechte Alterungsbeständigkeit haben, ist nur teilweise richtig. UV-
Strahlung und Luftsauerstoff bewirken eine Verminderung der mechanischen Beständigkeit innerhalb weniger
Monate.369 Während der Alterung, die hauptsächlich durch UV-Strahlung ausgelöst wird, kommt es zu Vergilbung bis
Verbräunung und das Molekulargewicht nimmt ab.370 Die Verklebung wird dadurch mechanisch weniger belastbar,
Dehnbarkeit und Zugfestigkeit werden geringer. Im Verlauf der weiteren Alterung können auch Vernetzungsreaktionen
auftreten.371 Es kann zu Volumenschrumpfung von bis zu 6% und damit verbundenen Spannungen kommen.372
Wenn Polyamide jedoch unter Lichtausschluss bei Raumtemperatur verwendet und gelagert werden, ändern sich die
mechanischen Eigenschaften über lange Zeiträume nicht.373 Diese Bedingungen sind bei einer Rissverklebung in den
allermeisten Fällen gegeben.
Die Alterung der in der Restaurierung zum Verkleben verwendeten Polyamidpulver ist noch nicht ausreichend
erforscht. Die Alterung von Polyamid 11 wird in der Literatur nicht gesondert thematisiert. Langzeiterfahrungen von
Restauratoren liegen nicht vor, da es erst seit ca. 25 Jahren verwendet wird.374 Laut Bodechtel war bisher die
Wiederöffnung eines Risses noch nie nötig.375 In der Textilrestaurierung werden Polyamidschweißpulver jedoch
aufgrund der schlechten Alterungseigenschaften nicht mehr verwendet.376
4.3.9 BEVA 371
BEVA 371 (Berger´s Ethylen-Vinyl-Acetat) wurde von Gustav Berger in den 70er Jahren als Alternative zu den
Doublierklebstoffen entwickelt. Es ist wie folgt zusammengesetzt:377 45% Ethylen-Vinylacetat Copolymer mit 32% Vinylacetat (Elvax Harz 150)
27% Cyclohexanonharz (ehemals Keton N, vermutlich ersetzt durch Laropal K80)
15% Ethylen-Vinylacetat-Copolymer mit 15% Vinylacetat (AC-Copolymer 400)
9% ölfreies Paraffin mit einem Schmelzpunkt von 65 °C
4% Cellolyn 21 (Ester der Phtalsäure mit Hydroabietinalkohol)
BEVA 371 kann in Lösungsmitteln gelöst oder als Heißsiegelklebstoff bei ca. 65 °C (Erweichungsbereich 40-70 °C)378
verwendet werden. Die Verklebung ergibt sich durch das Verflüssigen des Paraffins, das einen engen Kontakt zu den
Fasern herstellt. Die höhermolekularen Verbindungen fungieren dagegen als Stützgerüst, das die Steifheit und Kohäsion
367 SCHWARZ 2000, S. 121. 368 BODECHTEL 2000, S. 50. Lediglich eine leichte Versprödung durch das Toluolbad trat ein. 369 DOLEZEL 1978, S. 218. 370 BODECHTEL 2000, S. 9; NÄGLER 2005, S. 37; WAENTIG 2004, S. 283. 371 NÄGLER 2005, S. 37. 372 NÄGLER 2005, S. 38; WAENTIG 2004, S. 284. 373 DOLEZEL 1978, S. 221. Der „lange Zeitraum“ ist nicht definiert, aber es wird ein Beispiel genannt, bei dem nach sechs Jahren keinerlei
Veränderung zu bemerken war. 374 BODECHTEL 2000, S. 50. 375 BODECHTEL 2000, S. 62. 376 WORCH 2006, S. 31. 377 BERGER 1976, S. 179. Die Zusammensetzung der BEVA-Folie hat sich seit 1993 nicht geändert (Freundliche mündliche Mitteilung von Prof.
Dr. Jägers, FH Köln, aufgrund eines Vergleichs von FTIR-Spektren). 378 LANZ 1996, S. 43.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
43
der Mischung erhöht. Eine Verklebung kann in warmen Zustand mit minimalem Druck erreicht werden. Die Klebung
sollte möglichst unter Druck, z.B. durch eine Pinzette, erkalten.
Adhäsion
BEVA 371 klebt auf den meisten Materialien, u.a. auch auf Hostaphan.379 Laut Berger ist die Adhäsionskraft zehnmal
höher als die von konventionellen Wachs-Harz-Mischungen.380 Es könnte daher auch für die Verklebung
wachsbeschichteter, harzgetränkter oder ölgenährter Fäden geeignet sein.
Kohäsion
BEVA 371 ist ein flexibler und dehnbarer Klebstoff mit einer Zugbeständigkeit im Mittelfeld der Acrylklebstoffe.381
Berger beschreibt die Mischung als „einigermaßen steif und bei Raumtemperatur ohne kalten Fluss“.382 Aufgrund dieser
Aussagen erscheint BEVA 371 als geeigneter Klebstoff für die Rissverklebung.
Anhand praktischer Erfahrungen verfügt BEVA 371 jedoch über eine eher geringe Klebkraft, die zwar für eine
Doublierung angemessen ist, für eine punktartige Fadenverklebung aber eventuell nicht ausreicht. Auch Berger selbst
hält BEVA 371 für ungeeignet zum Verkleben von Rissen, da es nicht steif genug sei.383
Reaktion auf Klimaschwankungen
Beva-Filme sind wasserdampfdurchlässig.384
Löslichkeit / Reversibilität Klebungen mit BEVA 371 können durch Wärme wieder gelöst und neu verklebt werden. Der Klebstoff ist außerdem
reversibel durch Gelbildung in aliphatischen Kohlenwasserstoffen und Aromaten.385 Laut Berger ist so eine vollständige
Abnahme ohne Flecken möglich.386 Es besteht jedoch bei allen Methoden die Gefahr einer tieferen Penetration des
Klebstoff in die Fasern beim Wiederanlösen. Nach Angaben von Berger ist BEVA 371 auch nach Alterung sehr gut
reversibel.387
Alterung
Beva 371 wurde bisher intensiv getestet, negative Auswirkungen oder auch ein theoretisch gut denkbares Auswandern
des Weichmachers Cellolyn 21 wurde bisher nicht festgestellt.388 Der Einsatz von BEVA 371 wird teilweise sehr
kritisch betrachtet, da es ein Gemisch aus mehreren Materialien ist, von denen einige nicht alterungsbeständig sind (so
neigt z.B. Keton N zu Quervernetzungen, erhöhter Polarität und Gilbung). BEVA 371 gilbt stark unter Lichteinfluss.389
Bei Versuchen von künstlicher Alterung kommt es zu Abspaltung von geringen Mengen Essigsäure.390 Laut Horie tritt
379 RAFT, RAFT 1973, S. 32. 380 BERGER 1976, S. 177. 381 DOWN et al. 1996, S. 31. 382 BERGER 1975, S. 127. 383 BERGER 1993, S. 114. 384 ROUX 1993, S. 106. 385 ROUX 1993, S. 106; LANZ 1996, S. 43. 386 BERGER 1975, S. 127. 387 BERGER 1975, S. 127; BERGER 1976, S. 177; RAFT, RAFT 1973, S. 33. 388 Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Dr. Jägers, FH Köln. 389 DOWN et al. 1996, S. 35. 390 DOWN et al. 1996, S. 28.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
44
bei Paraffin und Polyethylen durch Alterung Photooxidation, Abbau, Quervernetzung, Brüchigwerden und Entfärbung
auf.391 Der pH-Wert bleibt auch nach künstlicher Alterung im Dunkeln um 7.5, bei Lichtalterung steigt er leicht an.392
Tendenziell ist bei BEVA 371 eine Zunahme der Zugbeständigkeit durch Alterung zu konstatieren.393
4.3.10 Epoxidharz Epoxidharze sind Polyether-Klebstoffe, die aus zwei Komponenten, einem so genannten Harz mit Epoxidgruppe und
einem so genannten Härter, gemischt werden.394 Nach dem Mischen vernetzen die beiden Komponenten durch
Polyaddition. Häufig sind zusätzlich Weichmacher und Füllstoffe enthalten.395
Für die Rissverklebung wurden bisher Araldit AY103/HY991,396 Araldit AW106/HY935U (= Uhu plus endfest)397,
Araldit 2020398, Araldit AV100399 und Uhu plus schnellfest verwendet. Da in dieser Arbeit exemplarisch nur ein
Epoxidharz getestet werden soll, fiel die Auswahl auf Uhu plus schnellfest, da es keine Weichmacher (wie z.B. Uhu
plus endfest) enthält,400 und die Abbindezeit relativ kurz ist. Die Harzkomponente besteht aus Diglycidylether von
Bisphenol A (aromatisches Epoxid), die Härterkomponente aus Polyoxypropylendiamin (mehrwertiges Amin).
Füllstoffe und weitere Zusätze konnten nicht analysiert werden.401
Name
Zusammensetzung
Härtungszeit
Verarbeitungszeit
Belastbarkeit
Araldite AY103/HY991
keine Angaben
15 Stunden
90 Minuten
je nach Material 3 N/mm² bei Polycarbonat, 22 N/mm² bei Edelstahl
Uhu plus endfest (= Araldite AW106/ HY935U)
Diglycidylether von Bisphenol A, Fatty polyamide (high amine value), Dibutylphtalat, Silica
12 Stunden
ca. 2 Stunden
1,2 N/mm² (höher durch Erwärmen während Härtung)
Araldite 2020 keine Angaben 16 Stunden 45 Minuten
je nach Material: 2,5 N/mm² bei Polyamid, 26 N/mm² bei Glas
Araldite AV100
Diglycidylether von Bisphenol A, Fatty polyamide (high amine value), Silica, 2,4,6-tris (dimethylaminomethyl) phenol (DMP30)
keine Angaben da nicht mehr erhältlich
keine Angaben da nicht mehr erhältlich
keine Angaben da nicht mehr erhältlich
Uhu plus schnellfest
Diglycidylether von Bisphenol A, Polyoxypropylendiamin, keine Weichmacher und Zusätze
30 Minuten 5 Minuten (3 Minuten bei Kleinstmengen)
1,9 N/mm²
Tab. 6: Eigenschaften von bisher für die Rissverklebung verwendeten Epoxidharzen nach Angaben der Hersteller und DOWN 1984
391 HORIE 1994, S. 87. 392 DOWN et al. 1996, S. 24. 393 ERHARDS 1993, S. 78. 394 Die Epoxidharzchemie ist sehr vielfältig, da verschiedene Katalysatoren verwendet werden und kann daher im Rahmen dieser Arbeit nicht
ausführlicher erläutert werden. 395 EIPPER 1993, S. 69. 396 NÄGLER 2005, S. 77. 397 Freundliche schriftliche Mitteilung von Martin Zunhamer, Köln 1993/94, S. 10. 398 PLÖTZ 2003, Teil 2, S. 10f. 399 SANDNER et al. 1990, S. 115. 400 DOWN 1984, S. 66. 401 DOWN 1984, S. 66.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
45
Adhäsion
Laut Habenicht verfügen Epoxidharze auf praktisch allen Werkstoffen über ausgezeichnete Haftungseigenschaften.402
Damit sind sie auch für die Verklebung von wachsharzgetränkten Geweben und Synthesefasern geeignet.403
Epoxidharze haben ein besonders gutes Penetrationsvermögen, da sie vor dem Vernetzen aus vergleichsweise kleinen
Molekülen bestehen. Bei einer Rissverklebung können die Fasern im Umkreis von 1mm unbeabsichtigt getränkt
werden.404 Ein zu tiefes Eindringen in die Fasern könnte durch Anreicherung mit Füllstoffen oder Vorhärten der
Mischung vermieden werden.
Kohäsion
Durch die Vernetzung und chemische Bindung haben Epoxidharze eine höhere Kohäsionsfestigkeit als die
thermoplastischen Klebstoffe. Daher finden sie vor allem für Sonderfälle mit hohen Belastungen Verwendung, die z.B.
bei Rissen in Bildecken, bei Großformaten und bei Stoß-auf-Stoß-Klebungen auftreten können.405
Sie gehören zu den Klebstoffen mit der höchsten Klebkraft.406 Diese kann jedoch nur ausgebildet werden, wenn sich die
Fadenenden während der Aushärtung in engem Kontakt befinden.407 Das liegt daran, dass der Klebstoff Brücken
zwischen den Fasern bilden muss und diese umso stabiler sind, je kürzer die Brücken sind.
Durch den hohen Vernetzungsgrad besitzen Epoxidharzklebstoffe im Vergleich mit andern Klebstoffen nur ein
begrenztes Verformungsvermögen, sie sind eher unflexibel und spröde.408
Epoxidharz wird für die Rissverklebung vor allem wegen seiner Steifheit geschätzt.409 Berger und Russell sind der
Meinung, dass steife alte Bildschichtgefüge einen harten und steifen Klebstoff für die Rissverklebung brauchen und nur
Epoxidharz ausreichend steif sei.410 Nach Meinung von Cederholm ist eine harte Verklebung zudem notwendig, um ein
Markieren zu vermeiden und damit sie nicht weicher ist als die darauf folgende Kittung, die sonst die Klebung
dominieren würde.411 Young ist dagegen der Meinung, dass die Kohäsion etwas unterhalb der von Leinenfasern liegen
sollte und außerdem eine gewisse Elastizität und Flexibilität des Klebstoffs vorhanden sein sollte.412
Reaktion auf Klimaschwankungen
Bei Epoxidharz handelt es sich um reine räumlich vernetzte Struktur, die prinzipiell nur schwach durch Wasser und
Lösungsmittel quellbar ist. Sie reagieren somit kaum auf Schwankungen der relativen Luftfeuchte. Es ist jedoch eine
sehr langsame Wasserdampfdiffusion möglich.413
Durch die Steifheit der Klebestellen wird das Ausdehnen und Schrumpfen der Leinenfasern bei Feuchteschwankungen
behindert. Demnach sind die an die Klebestellen angrenzenden Gewebebereiche besonderen Belastungen ausgesetzt.
Löslichkeit / Reversibilität
Epoxide sind als Reaktionsharze im Prinzip unlöslich. Sie sind weder mit Wasser noch mit üblichen organischen
Lösungsmitteln löslich oder entfernbar. Da sie auch thermisch nicht erweicht werden können, gelten sie als
402 HABENICHT 1997, S. 24. 403 PLÖTZ 2003, Teil 2, S. 9. 404 ROUX 1993, S. 111. 405 SANDNER et al. 1990, S. 115; HEIBER 1996, S. 131f; PLÖTZ 2003, S. 9. 406 HABENICHT 1997, S. 251. 407 Freundliche schriftliche Mitteilung von Winfried Heiber, Dresden 2006. 408 HABENICHT 1997, S. 24. 409 ROUX 1993, S. 112. 410 BERGER, RUSSELL 1993, S. 115f. 411 EIPPER 1993, S. 70. 412 YOUNG 2003, S. 56. 413 Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Dr. Jägers, FH Köln.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
46
irreversibel.414 Eine Möglichkeit zur Entfernung ist die Quellung in heißem Wasserdampf, oder das Anquellen mittels
Kompressen oder Gelen mit folgenden Lösungsmitteln: Tetrahydrofuran, Dimethylformamid, chlorierten
Kohlenwasserstoffen, Pyridin, Dimethylsulfoxid, N-Methylpyrrolidon oder einem Aceton-Wasser-Gemisch.415 Dabei
muss darauf geachtet werden, dass das übrige Gemäldegefüge nicht belastet wird.
Alterung
Epoxidharze haben eine vergleichsweise geringe Alterungsbeständigkeit.416 Oxidationsreaktionen, die meist
photochemisch induziert sind, führen zu Gilbung, und Veränderungen der mechanischen Eigenschaften. Die Filme
werden dabei deutlich spröder. Auch bei der Alterung im Dunkeln kommt es zu Vergilbungsreaktionen. Dabei zeigt
Uhu plus schnellfest eine geringere Vergilbungsneigung als Uhu plus endfest.417
Laut Heiber haben Epoxidharzverklebungen dagegen eine angemessene Alterungsbeständigkeit und halten auch nach 20
Jahren noch sehr gut.418
Weitere Eigenschaften
Epoxidharze schrumpfen beim Aushärten beträchtlich. Sie reagieren stark polar und sind basisch.419 Die aminhaltigen
Härter der Epoxidharze sind giftig.420
Epoxidharze müssen ständig neu angemischt werden. Z.B. ist Uhu plus schnellfest nach fünf Minuten schon nicht mehr
verwendbar. Kleine Mengen müssen laut Herstellerangaben innerhalb von drei Minuten verarbeitet werden.421 Daher ist
der Materialverbrauch recht hoch und die Handhabung aufwendig. Nach 72 Stunden wird die Endfestigkeit erreicht.422
Theoretisch ist eine unendlich lange Zeit erforderlich, bis die Reaktion 100%ig abgelaufen ist.423
Ein zügiges und exaktes Arbeiten ist schwierig, da die Fadenenden bis zum endgültigen Härten nicht durch den
Klebstoff zusammenhalten.424 Sie müssen daher mit Hilfsmitteln in Position gehalten werden, oder vor der Verklebung
so miteinander verflochten sein, dass sie nicht auseinander rutschen können.
5 Zugversuche an Einzelfäden Im Rahmen dieser Arbeit sollen Probeverklebungen zunächst nicht an Geweben, sondern an Leinenfäden durchgeführt
werden. Dies scheint erforderlich, da sich die Kenntnis möglicher Klebstoffe für Rissverklebungen bislang im
Anfangsstadium befindet (siehe Kapitel 2.2). Probeverklebungen an Fäden bedeuten die Untersuchung von kleinst-
möglichen Einheiten. Demgegenüber würden Probeverklebungen an Geweben zusätzliche Variablen wie die Bindung,
Umschlingungswinkel der Fäden und Spannungen durch den Webprozess in die Zugversuche einbringen, die eine
Fehlinterpretation der Ergebnisse zur Folge haben könnten.
414 ROUX 1993, S. 111; EIPPER 1993 S. 69; HEIBER 1996, S. 133; BECKER 2002, S. 28. 415 HORIE 1994, S. 223; DERSCHAU, UNGER 1998, S. 488. 416 ROUX 1993, S. 111; EIPPER 1993 S. 69. 417 DOWN 1984, S. 68f. 418 HEIBER 1996, S. 131. 419 EIPPER 1993, S. 69. 420 PLÖTZ 2002, S. 61. 421 UHU <www.uhu.de> (29.04.2008), s. Uhu plus schnellfest. 422 UHU <www.uhu.de> (29.04.2008), s. Uhu plus schnellfest. 423 HABENICHT 1997, S. 16. 424 HEIBER 1996, S. 131.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
47
5.1 Versuchsaufbau Im ersten Teil der Versuche soll die Belastbarkeit der verklebten Fäden nach dreiwöchiger Trocknungszeit untersucht
werden. Diese Wartezeit soll ein vollständiges Verdunsten und Aushärten der verschiedenen Klebstoffe gewährleisten.
Diese ersten Versuche sollen von derselben Person durch-geführt werden, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse
sicherzustellen.
Danach sollen Verklebungen von mehreren Personen verglichen werden. Dazu werden Klebungen mit Klebstoffen
durchgeführt, die sich im ersten Versuch als besonders geeignet herausgestellt haben.
Anschließend wird die Belastbarkeit der Verklebungen nach mehrmaligen Klimawechseln untersucht. Dazu werden die
Fäden aufgespannt und in einem Klimaschrank wechselnden Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten ausgesetzt (siehe
Kapitel 5.1.3). Die darauf folgenden Versuche sollen die Veränderungen der Belastbarkeit in besonders trockenen oder
feuchten Klimata untersuchen. Zum Abschluss wird überprüft, wie sich die Ergebnisse auf Fäden in einem
Gewebeverband übertragen lassen.
Während des gesamten Prüfverfahrens wurde ein stabiles Raumklima nach DIN EN ISO 2062:1995 eingehalten.
Abweichend von der Norm wurde eine relative Feuchte von 55 +/- 2% und eine Temperatur von 20 +/- 2 °C gewählt,
weil diese den Klimabedingungen in den meisten Museen entsprechen.425
Es muss angemerkt werden, dass die Versuche nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben, da die Belastung in recht
kurzem Zeitraum ständig erhöht wird bis die Klebung versagt. In der Praxis kommen außer den dabei wirkenden
kurzfristigen Spannungs- und Dehnungsmechanismen bei einer Rissverklebung am Gemälde der Faktor Zeit hinzu.
Unter konstanter, lang andauernder Belastung kann es in Polymeren zu einem allmählichen Versagen durch „Kriechen“
oder „Fließen“ kommen (siehe Kapitel 4.1). Diese Eigenschaften werden von der Zugprüfmaschine nicht erfasst.
Die wichtige Frage, ob die Verklebungen bei konstanter Belastung oder Dehnung, wie sie an einem aufgespannten
Leinwandgemälde auftreten, den Ansprüchen genügen, kann aus Zeit und Platzgründen in der vorliegenden Arbeit nicht
untersucht werden, da für statische Versuche ein anderer Versuchsaufbau notwendig wäre.
Bei der Interpretation der Ergebnisse muss außerdem bedacht werden, dass der Zug bei diesen Versuchen nur axial auf
die Probe wirkt und nicht biaxial wie im Gewebe. Die nachgestellten Spannungssituationen sind aus den oben
genannten Gründen lediglich als Orientierung anzusehen.
5.1.1 Vorbereitung der Prüflinge Da die Adhäsion zwischen Faser und Klebstoff durch die physikalischen und chemischen Eigenschaften des
Fadenmaterials verändert werden kann, wurden alle Probeverklebungen an identischen Standard-Materialien
durchgeführt - nur die Klebstoffe wurden verändert. In der Praxis können sich durch fortgeschrittenen Abbau von
gealterten Leinenfasern oder Aufbereitungsunterschiede (siehe Kapitel 3) veränderte Oberflächen und dadurch andere
Adhäsionseigenschaften als bei den Versuchen in dieser Arbeit ergeben. Auch kann es dazu kommen, dass die Fasern
durch Alterung sehr brüchig werden und bei Belastungen vor der Verklebung reißen.
Aus Gründen der einfacheren Vergleichbarkeit der Messungen miteinander und ihrer Reproduzierbarkeit wurde
entschieden, neue Leinenfäden zu verwenden, die jederzeit für Folgeversuche nachbestellt werden können.
Damit die Durchmesser der Prüflinge an der Klebefläche möglichst wenig variieren, sollte ein gleichmäßig dicker Faden
verwendet werden. 425 In der Norm DIN EN ISO 2062:1995 werden 60% rF vorgegeben, deshalb wurde in diesen Versuchen der Wert auf die maximale empfohlene
Luftfeuchte für Leinwandgemälde von 55% (HILBERT 1996, S. 181 und 185) gesenkt.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
48
Die Suche nach einem solchen Faden war jedoch erfolglos, da es sehr aufwendig in der Herstellung wäre und bei
Webereien von Leinwänden keinen Bedarf dafür besteht. Es wurde daher versucht, durch den Vergleich mehrerer
Reinleinenfäden den gleichmäßigsten auszuwählen. Zusätzlich ergab sich das Problem verschiedener Schlichten auf den
Fäden, die teilweise nicht entfernbar sind (siehe Kapitel 9.5). Es handelt sich dabei teilweise um andere Materialien, als
im üblichen Gemäldeaufbau zu finden sind.
Für die Prüflinge wurde ein Leinenfaden ausgesucht, der über die Firma H.D. Textiltrade, Mönchengladbach, unter dem
Namen „Linen LEA 20 raw Nm12 Nr.115/2007“ bezogen werden kann. Durch Augenschein und durch Zugversuche
konnte eine vergleichsweise hohe Gleichmäßigkeit festgestellt werden. Zudem ist nur eine zu vernachlässigende Menge
einer Schlichte vorhanden. Diese besteht nach FTIR-Analysen aus Methylcellulose.426 Dieses dürfte die Adhäsion der
Klebung nicht beeinträchtigen. Auf ein Waschen der Fäden wurde daher verzichtet.
Die Fäden haben eine Zugfestigkeit von 32 cN/tex427, eine Z-Drehung, einen mittleren Durchmesser von ca. 0,27 mm
und eine Feinheit428 von 83 tex (12 Nm).429 Sie wurden auf etwa 30 cm Länge zugeschnitten, in der Zugmaschine
wurden nur die mittleren 10 cm eingespannt.
Die Form der Fadenenden ist von besonderer Bedeutung für die Verklebung. Beim Reißen von Leinfäden entstehen
stark divergierende Klebeflächen und somit starke Streuungen in den Messungen. Dagegen ist bei geschnittenen Fäden
eine genau definierte Überlappung möglich und die Varianz der Klebeflächen geringer.430 Daher wurde entschieden, die
Fäden zu schneiden und mit 1 mm Überlappung zu verkleben.431
Abb. 5: Die Klebungen wurden mit folgenden Hilfswerkzeugen ausgeführt: Mikroskop mit 25-facher Vergrößerung, 2 gekröpfte Zahnarztsonden zum Modellieren der Klebungen, Reibahlenhalter mit Insektennadel (so befestigt, dass das runde Köpfchen heraussteht) zum Auftrag der flüssigen Klebstoffe, regelbarer Engelbrecht Transformator mit Heiznadel (Ersa-Minor mit Miniheizschuhaufsatz Nr. 0042LD/SB) zum Trocknen der wässrigen Klebstoffe bzw. zum Schmelzen der Schmelzklebstoffe, Wärmeplatte mit Wasserbad und Thermometer zum Warmhalten der Störleimlösungen, Schnappdeckelgläschen mit Loch im Deckel zur Klebstoffentnahme, Millimeterpapier mit 0,5 Millimeter-Kästchen mit Hostaphanfolie abgedeckt als Unterlage, Eisengewichte zur Fixierung der Fäden, Schwanenhalslampe und Schere.
Im ersten allgemeinen Versuch wurden pro Klebemittel jeweils 15-30 Fäden verklebt. Es wurde versucht, die
Klebstoffmenge so zu dosieren, dass bei jeder Klebung mit demselben Klebstoff die gleiche Menge verwendet wurde.
Eine gleiche Klebemittelmenge bei allen Klebstoffen zu verwenden war nicht möglich, da z.B. von einem dickflüssigen
Klebstoff weniger benötigt wird als etwa von einem dünnflüssigen Klebstoff, der schneller eindringt. Am 426 Das FTIR-Spektrum ist Na-Carboxymethylcelluose (etwa Tylose C300) sehr ähnlich, zeigt jedoch leicht abweichende Signale bei den
Wellenlängen 2899.79, 2849.34 und 1732.36. Dies weist auf eine geringere Polarität hin. Eventuell können Spuren eines Tensids dafür verantwortlich sein. Die Analysen wurden von Prof. Dr. Jägers, FH Köln durchgeführt.
427 Die Festigkeit (Zugkraft) von Fäden wird auf ihre Feinheit bezogen in cN/tex ausgedrückt. 428 Die Feinheitsbezeichnung Tex (tex) gibt an, welche Masse in Gramm eine Längeneinheit von 1000 m hat. Die Feinheitsbezeichnung Nm gibt an,
wie viel Meter ein Gramm wiegen. 429 Frdl. schriftl. Mitteilung von H. Drießen, H.D. Textiltrade, Mönchengladbach, 27.3.2008. 430 BECKER 2002, S. 111. 431 Laut HEIBER 2003 (S. 40) ist eine Überlappung von 0,5 mm ausreichend, um eine belastbare Verklebung zu erreichen.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
49
erfolgreichsten bei den flüssigen Klebstoffen erwies sich die Methode, die Insektennadel oder ein Werkzeug, an dem
der Klebstoff nicht durch seine Oberflächenspannung nach oben wandert, mit einer definierten Tiefe in den Klebstoff
einzutauchen und dann eine definierte Zeit lang auf den Faden aufzusetzen (siehe Abb. 6). Eine noch genauere
Dosierung wäre mit elektrischen Dosiergeräten möglich, die für diese Arbeit jedoch nicht zur Verfügung standen.
Abb. 6: Klebevorgang bei flüssigen Klebstoffen Die Schmelzklebstoffe wurden mit subjektiv eingeschätzter angemessener Menge verwendet. Das genaue Vorgehen bei
der Klebung mit Klebstoffmenge und Temperatureinstellung der Heiznadel sowie den Beobachtungen beim Kleben
kann im Klebeprotokoll (Kapitel 9.6) nachgelesen werden.
5.1.2 Zugprüfung Der Zugversuch wird in Anlehnung an DIN EN ISO 1062 1995-05 durchgeführt. In einer Zwick-Universalprüfmaschine
(Typ Z 2.5/TN1S mit 10N Messdose) werden die Prüflinge mit konstanter Verformungsgeschwindigkeit bis zum Bruch
gedehnt.
Dafür wird ein klimatisierter Prüfling zunächst in den oberen Klemmbacken432 der Maschine befestigt. Eine
gewichtsgenormte Klammer von 1g (1cN) am unteren Fadenende des Prüflings erzeugt bei allen Prüflingen die gleiche
Vorspannung, mit der sie in den unteren Klemmbacken eingespannt werden. Abweichend von der Norm wird eine
Einspannlänge von 100 mm verwendet. Die Klebung befindet sich jeweils in der Mitte des eingespannten Bereichs.
Die Prüfmaschine wird ohne Vorspannkraft eingestellt, d.h. die Prüfung wird sofort am Nullpunkt beginnend gestartet.
Mit Beginn des rechnergesteuerten Versuchsablaufs bewegt sich die obere Klemme von der unteren feststehenden
Klemme mit einer Geschwindigkeit von 20 mm/min weg. Der Versuch endet mit dem Reißen oder Bruch des Prüflings
und dem Zurückfahren der oberen Klemme in ihre Ausgangsposition.
432 Die kleinen Klemmbacken wurden mittels selbstklebendem Klebeband mit Schmirgelpapier Korngröße 180 versehen, damit die Backen auch die
unverklebten Fäden (Nullproben) beim Zugversuch halten konnten, ohne dass die Fäden bei hohem Zug durch die Klemmen rutschen.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
50
Abb. 7 und 8: links Prüfplatz der Zugmaschine mit direkter PC-Auswertung, rechts Einspannvorrichtung mit eingespanntem Prüfling und genormter Gewichtsklammer am unteren Ende
Der Prüfling wird durch den Zug bis zum Reißen bzw. Bruch stetig zunehmend gedehnt. Dabei wird die dafür
erforderliche Zugkraft in Abhängigkeit von der Verlängerung der Probe gemessen. Je nach Material entsteht so ein
charakteristisches Zugkraft-Dehnungs-Diagramm. Aus dem Diagramm lassen sich Kennwerte wie die Höchstzugkraft433
und Höchstzugkraftdehnung434 ermitteln, die für einen Vergleich der Klebstoffe herangezogen werden können. Bei der
Interpretation muss bedacht werden, dass die Fadeneigenschaften mit gemessen werden.
Die Zugmaschine errechnet automatisch die Mittelwerte sowie den Variationskoeffizienten. Darüber hinaus wird auch
die Messunsicherheit angegeben. Sie ist für die Aussagekraft der Prüfergebnisse von Bedeutung, da durch sie alle
zufälligen und systematischen Fehler einer Prüfung erfasst werden. Sie gibt an, in welchem Bereich der „wahre
Mittelwert“ bei einer statistischen Sicherheit von 95% zu erwarten ist.
5.1.3 Klimabelastung–Einfluss von Feuchtigkeitsschwankungen Für die Fadenverklebungen ist das Langzeitverhalten von besonderer Bedeutung. Als hauptsächliche Ursache für eine
Schwächung der Klebeverbindung von Fadenverklebungen können Klimaschwankungen und wechselnde Zugbe-
lastungen im textilen Träger angesehen werden. Eine Belastung durch UV-Strahlung ist in den meisten Fällen nicht
gegeben. Selbstverständlich bedürfen Rückschlüsse aus verschärften Kurzzeitprüfungen auf das Langzeitverhalten, wie
sie in dieser Arbeit aus Zeitgründen angewendet werden, einer besonders kritischen Betrachtung.
Die Belastung unter wechselnden Temperaturen und relativer Luftfeuchte wird auch als dynamische Alterung
bezeichnet. Es handelt sich um ein bisher nicht genormtes Verfahren, das nach Käßberger et al. realistische
Annäherungen an Alterungsprozesse von Papier und Karton erlaubt und daher in der Papierindustrie und -Restaurierung
eingesetzt wird.435 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde das Verfahren jedoch hauptsächlich angewendet, um den
Einfluss von Feuchtigkeitsschwankungen auf die Belastbarkeit der Klebungen herauszufinden. Mit steigendem
433 Die Höchstzugkraft (angegeben in cN) ist die maximal ausgeübte Kraft, die zum Zerreißen einer Probeverklebung führt. Sie ist demnach ein Maß
für die kohäsive Festigkeit und das Adhäsionsvermögen eines Klebstoffs. 434 Die Höchstzugkraftdehnung (angegeben in % der Ausgangslänge) entspricht dem Maß für die maximale Dehnung, die zum Zerreißen einer
Verklebung führt. 435 KÄSSBERGER et al. 1998, S. 529f.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
51
Wassergehalt ändern sich die mechanischen Eigenschaften der meisten Klebstoffe. Normalerweise nehmen Elastizität
und Dehnbarkeit in gequollenem Zustand zu, während Festigkeit, Härte und Sprödigkeit abnehmen.
Bei langkettigen Molekülen mit polaren Gruppen, wie z.B. dem Glutin, ist dieses Verhalten sehr ausgeprägt.436 Laut
Habenicht stellt die Diffusion von Feuchtigkeit in die Klebefuge den stärksten Schädigungsmechanismus dar, da es
aufgrund der Kleinheit des Wassermoleküls mit gleichzeitig hohem Dipolmoment zu einer „Konkurrenzadsorption“
gegenüber den polaren Gruppen der Klebschichtmoleküle kommen kann.437 Gleichzeitig bewirkt die Feuchtigkeit ein
Quellen der Leinenfasern, wodurch sich die Fäden aufdrehen und verlängern, und dadurch die Spannung nachlässt.
Während der Trocknung wird wieder ein höherer Zug auf die Verklebungen ausgeübt.
Für die Klimabelastung wurden die Prüflinge nach einer Wartezeit von drei Wochen mit einer Vorspannung von 10g
(mittels Klemmgewicht am unteren Ende) mit 20 cm Länge auf hölzerne Keilrahmen aufgespannt. Die Keilrahmen
wurden in einen Klimaschrank der Firma Weiss Umwelttechnik GmbH, Gerätetyp UV 200SB, gebracht. Dort wurden
die Prüflinge sechs Wochen lang einem Klimawechsel von 25 auf 85% relativer Feuchte in Abstand von jeweils 2,5
Stunden unterzogen. Die Temperatur lag konstant bei 30 °C. Die Prüflinge durchliefen insgesamt ca. 400 Zyklen.
Anschließend wurden sie bei 55% rF und 20 °C der Zugprüfung unterzogen.
Einzelfadenverklebungen bei Becker zeigten bei unterschiedlichen Klimaverhältnissen stark divergierende Werte.438
Daher wurde auch eine Testreihe zur Ermittlung des Einflusses der jeweils gegenwärtigen relativen Feuchte auf die
Verklebungen durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden je 15 verklebte Prüflinge nach der 6-wöchigen dynamischen
Alterung bei einer relativen Feuchte von 25% beziehungsweise 93% geprüft.439 Das Klima mit 93% relativer
Feuchtigkeit wurde über eine gesättigte Kaliumsulfatlösung erzeugt. Das Raumklima für die bei 93% rF konditionierten
Prüflinge wurde so feucht wie möglich, auf 75% rF eingestellt, damit die Abgabe von Feuchtigkeit aus dem Prüfling
möglichst langsam erfolgt.
Die 25%ige Feuchtigkeit wurde durch getrocknetes Silicagel erzeugt. Beim Prüfen konnte nur schwer ein trockenes
Raumklima erreicht werden. Daher musste die Zugprüfung bei 40 % rF durchgeführt werden.
436 SCHAIBLE 1987, S. 89. 437 HABENICHT 1997, S. 244f. 438 BECKER 2002, S. 61. 439 Die Prüflinge wurden jeweils 72 Stunden an das Klima angeglichen.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
52
5.2 Zugbelastung der ausgewählten Klebstoffe im Vergleich Das Hauptaugenmerk bei der Auswertung der Versuche lag auf der Höchstzugkraft.440 Außerdem wurden die
Verarbeitbarkeit, das Eindring-verhalten und die farbliche Veränderung durch die Klebstoffe subjektiv während des
Klebevorgangs beurteilt (siehe Kapitel 9.6). Zusätzlich wird in signifikanten Fällen der Verlauf der Zug-Dehnungskurve
betrachtet. Im Bereich zwischen 280 und 300 cN Spannung gibt es bei allen Prüflingen eine kleine, maschinenbedingte
Stufe im Kurvenverlauf.
Die Zugbelastbarkeit der Klebungen wird mit dem Mittelwert angegeben (siehe Diagramm 1). Alle Prüflinge rissen an
der Klebestelle. Das bedeutet, dass die Messergebnisse tatsächlich als Eigenschaft der Klebstoffe gewertet werden
können. Zusätzlich wird der Bereich angegeben, in dem mit 95%iger Wahrscheinlichkeit eine Verklebung mit diesem
Klebstoff liegen wird. Die Angabe von 95%igen Wahrscheinlichkeiten ist in der statistischen Auswertung üblich, da
prinzipiell keine Aussagen über eine 100%ige Wahrscheinlichkeit gemacht werden können. Eine 95%ige
Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass nach den vorliegenden Versuchen bei Klebungen mit einem gleichen Klebstoff und
gleichem Fadenmaterial mit hoher Wahrscheinlichkeit (95 von 100 Fällen) ein Ergebnis in diesem Bereich erwartet
werden darf. Abweichungen können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Soll eine höhere Wahrscheinlichkeit
angegeben werden (bis zu 99,9 % möglich), wird der Bereich, in dem die Ergebnisse erwartet werden können,
entsprechend größer (Er muss sogar größer sein als die bei 15 Prüflingen vorliegenden Ergebnisse!). Die Ergebnisse
wären dadurch schlechter vergleichbar, weil dann alle Erwartungsbereiche mehr oder weniger gleich sein würden.
Der Variationskoeffizient441 beschreibt, um wie viel Prozent die Werte um den Mittelwert schwanken, er gibt also an,
wie groß die Schwankungen bei den Ergebnissen sind. Insgesamt kommt es zu recht hohen Schwankungen innerhalb
der einzelnen Testreihen, was sich in Variationskoeffizienten zwischen 17 und 53% äußert (siehe Diagramm 2). Dies
liegt unter anderem an den Schwankungen im Ausgangsmaterial, welches z.B. in der Zugbeständigkeit um 15% variiert.
So haben die Fäden leicht unterschiedliche Durchmesser, wodurch unterschiedlich dicke Klebungen entstehen, und auch
unterschiedlich viele Fasern für die Verbindung zur Verfügung stehen. Eine weitere Ursache kann die
Klebemittelmenge sein, bei der zwar versucht wurde, immer die gleiche definierte Menge aufzutragen, es jedoch
trotzdem zu minimalen Schwankungen kommen kann. Auch die Temperatur der Heiznadel kann im Verlauf der
Klebungen trotz gleich bleibender Einstellung leicht variieren und damit die Qualität der Klebung beeinflussen. Hinzu
kommen die Sorgfalt bei der Verklebung und die Art des Zusammenfügens der Fasern, die je nach dem Zustand des
Fadens an der Klebestelle leicht unterschiedlich ausfiel. Bei zu hohen Schwankungen wurde die Testreihe wiederholt,
um aussagekräftige Ergebnisse zu erlangen.
440 Gemessen wurden außerdem das E-Modul, die Dehnung bei Erreichen der Höchstzugkraft, die Zugbelastung, die zum ersten Bruch führt, die
Dehnung am ersten Bruch, sowie die Kraft, die für eine Dehnung von 0,5%, 1% und 2% aufgewendet werden muss. Diese Daten werden jedoch nicht ausgewertet, da sie den Umfang dieser Arbeit deutlich übersteigen würden. Die Datensätze für eine weiterführende Auswertung befinden sich im Anhang (Kapitel 9.8). Bei der Auswertung von E-Modul und der Dehnungswerte sollte unbedingt bedacht werden, dass immer Garn und Klebestelle zusammen belastet werden und die Dehnung, genau wie die Elastizität, sich nur schwer auseinanderdividieren lässt.
441 Der Variationskoeffizient ist die Standardabweichung (Maß für die Schwankungen oder Streubreite einer Probenreihe. Sie gibt die durchschnittliche Entfernung vom Mittelwert an) dividiert durch den Mittelwert. Er ermöglicht den Vergleich von Streuungswerten mit unterschiedlich großem Mittelwert.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
53
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
54
Plextol
D36
0Plex
tol B
500
Plextol
D54
0Plex
tol D
498
Plextol
D49
8 45 °
C
Plextol
D49
8 70%
Lasc
aux 4
98 H
V
Lasc
aux 4
98 H
V 70% Para
loid B
72
Degala
n PQ61
1 Beva 3
71
Polyam
id Krem
er
Polyam
id La
scau
x Reisstä
rke Weiz
enstä
rke Aquaz
ol 50
0 Störlei
mgel
Störlei
m-Aqu
azol
12,5%
Störlei
m-Aqu
azol
25%
Störlei
m-Tylos
e
Störlei
m-Junfu
nori
Störlei
m-Reis
stärke
Störlei
m-Weiz
enstä
rke
Störlei
m-Weiz
enstä
rke ka
lt
Mowilit
h DMC2 9
5%
Mowilit
h LD16
7 85%
Mowilit
h DHS 85
%
Mowilit
h D50
95% Mow
ilith D
50
Mowilit
h D50
95%
75°C
Mowilit
h D50
90%
Epoxid
harz
Uhu pl
us
0
102030405060
Var
iatio
nsko
effiz
ient
en
%
Diagramm 2: Variationskoeffizient der Klebungen im Vergleich
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
55
5.2.1 Acryldispersionen In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Zugbelastungstests an Klebungen mit Acryldispersionen vorgestellt.
Anschließend erfolgt eine kurze Zusammenfassung und ein Vergleich der Ergebnisse der Klebungen mit
Acryldispersionen. Plextol D360 Plextol D360 dringt eher schlecht zwischen die Fasern und bildet sehr schnell „Häutchen“ an der Oberfläche, die die
Adhäsion erschweren. Das Modellieren der Klebung ist daher schwierig. Beim Trocknen der Klebung mit der Heiznadel
bei 50 °C klebte Plextol D360 zäh an der Nadel. Durch die Erwärmung mit der Siegeltemperatur kommt es zu einer
Farbtonvertiefung an der Klebestelle, die auch nach dem Erkalten bestehen bleibt. Bei Verklebungen von Plextol D360
können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbeständigkeiten zwischen 98 und 144 cN erwartet werden. Die
Belastbarkeit der Klebungen ist damit sehr gering. Die Werte sind über diesen Bereich gleichmäßig verteilt. Die Zug-
Dehnungs-Kurven zeigen einen ähnlichen Kurvenverlauf (siehe Diagramm 3). Der Mittelwert liegt bei 121 cN, der
Variationskoeffizient beträgt 31%. Am Abfall der Kurven nach einem Höhepunkt ist zu sehen, dass die Klebungen nach
dem Erreichen der Höchstzugkraft weiter gedehnt werden, wozu aber dann weniger Kraft nötig ist.
Diagramm 3: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Plextol D360
Plextol B500 Plextol B500 dringt deutlich schneller und tiefer in die Fasern ein als die anderen Acryldispersionen. Da auch hier der
Trockenprozess an der Oberfläche der Dispersion sofort einsetzt und sich dadurch rasch „Häutchen“ bilden, welche die
Adhäsion beeinträchtigen, ist ein besonders rasches Vorgehen bei der Klebung nötig. Die Farbtonvertiefung nach dem
Erwärmen mit der Heiznadel ist geringer als bei Plextol D360.
Bei Klebungen mit Plextol B500 kann mit 95%iger Wahrscheinlichkeit mit Höchstzugkraftbelastungen zwischen 189
und 252 cN gerechnet werden. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 221 cN,
der Variationskoeffizient ist mit 26% vergleichsweise niedrig. Dies könnte an der niedrigen Viskosität (siehe Kapitel
4.3.7) liegen, die für ein gleichmäßiges Eindringen in die Fasern sorgt. Auch hier kommt es nach Erreichen der
Höchstzugkraft zu einer weiteren Dehnung, die weniger Kraftaufwand braucht. Dieser Bereich ist jedoch kürzer als bei
Plextol D360. Die Dehnbarkeit ist insgesamt deutlich geringer als bei Plextol D360. Plextol D540 Mit Plextol D540 wird eine gute Anfangshaftung der Fasern erreicht. Der Klebstoff trocknet jedoch sehr schnell und
kann beim weiteren Trocknen mit Hilfe der Heiznadel spröde Flocken zwischen den Fasern bilden. Es kommt zu einer
leichten Farbtonvertiefung an der Klebestelle.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
56
Die Klebungen mit Plextol D498 können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit mit Zugkräften zwischen 289 und 396 cN
belastet werden. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 343 cN. Der
Variationskoeffizient beträgt 37%, ist also höher als bei den übrigen Acryldispersionen. Die Testreihe wurde daher
wiederholt. Dabei ergaben sich sehr ähnliche Resultate. Nach dem Erreichen der Höchstzugkraft kann die Klebung nur
noch sehr geringfügig bei abfallender Kraft weiter gedehnt werden (siehe Diagramm 4).
Diagramm 4: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Plextol D540
Plextol D498 (Heiznadeltemperatur 65 °C) Die Art des Eindringverhaltens von Plextol D498 liegt zwischen dem von Plextol D360 und B500. Es werden im
Vergleich weniger schnell „Häutchen“ gebildet und die Verarbeitung ist dadurch etwas einfacher. Auch hier kommt es
zu einer Farbtonvertiefung während der Trocknung mit Hilfe der Heiznadel.
Klebungen mit Plextol D498 halten mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Belastungen zwischen 239 und 307 cN aus. Die
Werte sind über diesen Bereich recht gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 273 cN. Der Variationskoeffizient
beträgt 22%, ist also sehr niedrig. Das bedeutet, dass die Klebungen sehr einheitlich sind. Nach dem Erreichen der
Höchstzugkraft kommt es auch bei diesem Klebstoff noch zu einer geringen Dehnung bei abfallender Kraft.
Plextol D498 (Heiznadeltemperatur 45 °C)442 Die Klebungen mit Plextol D498 unterhalb der Siegeltemperatur von ca. 65 °C gestalten sich schwierig, da das enge
Zusammenfügen, das für eine gute Adhäsion und Kohäsion des Klebstoffs nötig ist, über den Druck der Heiznadel
hergestellt werden muss. Die Farbtonvertiefung ist geringer als bei wärmer getrockneten Klebungen. Bei Verklebungen
von Plextol D498 mit einer Heiznadeleinstellung von 45 °C (unterhalb der Siegeltemperatur) können mit 95%iger
Wahrscheinlichkeit Zugbeständigkeiten zwischen 178 und 230 cN erwartet werden. Die Werte sind über diesen Bereich
gleichmäßig verteilt und zeigen einen ähnlichen Kurvenverlauf. Der Mittelwert liegt bei 204 cN. Es werden somit etwas
geringere Zugfestigkeiten als bei einer Verklebung mit Siegeltemperatur erreicht. Der Variationskoeffizient beträgt
20%. Er ist somit recht niedrig, was auf eine gleichmäßigere Klebung schließen lässt. Wie bei den anderen Acryl-
dispersionen ist auch hier am Abfall der Kurven nach einem Höhepunkt zu sehen, dass nach dem Erreichen der
Höchstzugkraft die Klebungen mit weniger Kraft weiter gedehnt werden.
442 Die niedrige Temperatur wurde aufgrund der freundlichen mündlichen Mitteilung von Dipl. Rest. Petra Demuth, FH Köln, getestet, dass für die
Klebung mit Acryldispersionen keine Erreichen der Siegeltemperatur nötig ist und die Heiznadel wie bei der Störleim-Kleister-Mischung nur zum schnelleren Trocknen bei 45 °C dient.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
57
Plextol D498 verdünnt Durch das Verdünnen der Dispersion in demineralisiertem Wasser (5:2)443 kommt es zu einem schnellen, teilweise zu
tiefen Eindringen. Es ist daher schwierig, die Fasern an der Klebestelle zu modellieren, bevor der Klebstoff eingezogen
ist. Mit der Heiznadel ist jedoch auch im Anschluss durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt der Klebung ein präzises
Formen möglich. Die Farbtonvertiefung ist geringer als bei unverdünntem Plextol D498.
Mit verdünntem Plextol D498 werden mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugfestigkeiten zwischen 181 und 223 cN
erreicht. Die Werte liegen bis auf drei Messungen im oberen Bereich sehr eng beieinander, der Variationskoeffizient ist
entsprechend niedrig mit 19%. Im Durchschnitt werden 202 cN als Höchstbelastung erreicht. Die Klebungen halten,
vergleichbar mit dem bei 45 °C getrockneten Plextol D498, weniger Zugbelastung aus als unverdünntes Plextol D498.
Der Abfall der Zug-Dehnungs-Kurve ist kürzer und steiler als bei den Klebungen mit unverdünntem Klebstoff.
Lascaux 498HV Die mit Acrylsäure verdickte Dispersion Lascaux 498HV trocknet deutlich langsamer als unverdickte Dispersionen.
Daher tritt keine störende Häutchenbildung auf, die Klebung kann präzise modelliert werden. Der Klebstoff dringt
durch die Verdickung allerdings nicht gut ein und sitzt eher zwischen den Fasern. Durch das Trocknen mit der
Heiznadel bei der Siegeltemperatur von 65 °C kommt es zu einer Farbtonvertiefung.
Klebungen mit der verdickten Acryldispersion Lascaux 498HV können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit
Zugbelastungen zwischen 239 und 335 cN aushalten, bevor sie reißen. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig
verteilt, der Mittelwert liegt bei 287 cN. Es werden also leicht höhere Werte als bei Plextol D498 erreicht. Dies kann
daran liegen, dass die Häutchenbildung durch das Verdickungsmittel verzögert wird und dadurch mehr Zeit zum
Modellieren der Klebung bleibt. Eine weitere Ursache könnte sein, dass aufgrund der höheren Viskosität mehr Klebstoff
verwendet wurde. Der Variationskoeffizient beträgt 29%. Eventuell wurde es durch die bessere Modelliermöglichkeit
durch die langsamere Trocknung und ausbleibende Häutchenbildung wieder ausgeglichen. Der Verlauf der Zug-
Dehnungskurve ist vergleichbar mit Plextol D498.
Lascaux 498HV verdünnt Der in demineralisiertem Wasser verdünnte Klebstoff (5:2)444 dringt sehr schnell und tief ein. Dadurch wird die
Anfangshaftung erschwert, erst beim Ansiegeln bei 65 °C mit der Heiznadel ist ein gutes Formen der Fasern möglich.
Durch die langsamere Trocknung ist ein noch präziseres Formen als beim unverdünnten Klebstoff möglich. Auch hier
kommt es durch die Erwärmung zu einer Farbtonvertiefung. Mit verdünntem Lascaux 498HV können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbelastbarkeiten zwischen 110 und 152 cN
erreicht werden. Der Mittelwert liegt bei 131 cN, also nur etwa halb so hoch wie bei der unverdünnten Dispersion, aber
deutlich geringer als bei verdünntem Plextol D498. Die Werte sind gleichmäßig verteilt, der Variationskoeffizient liegt
bei 26%. Die Klebungen werden also durch das Verdünnen gleichmäßiger.
Durch die Verdünnung ergeben sich kürzere und steiler ansteigende Zug-Dehnungskurven, die nur teilweise nach
Erreichen der Höchstzugkraft abfallen.
443 Diese Verdünnung wird von BECKER 2002 (S. 144) als am besten geeignet für hoch-viskose Acryldispersionen für die Rissverklebung
angegeben. Im Vergleich mit Lascaux 498HV soll in dieser Testreihe auch Plextol D498 in gleichem Maß verdünnt werden. 444 Diese Verdünnung wird von BECKER 2002 (S. 144) als beste Verdünnung für hochviskose Acryldispersionen für die Rissverklebung angegeben.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
58
Zusammenfassung der Zugtests an Klebungen mit Acryl-dispersionen Generell weisen die Klebungen mit Acryldispersionen nur sehr geringe Zugfestigkeiten auf. Sie sind teilweise geringer
als bei Klebungen mit Stärkekleistern (siehe Kapitel 5.2.3).
Schwierigkeiten ergeben sich bei der Verarbeitung durch die schnelle ober-flächige Trocknung und die damit
verbundene „Häutchenbildung“, die eine gute Adhäsion verhindert. Durch die Zugabe von geringen Mengen Wasser
kann die erforderliche Verarbeitungsgeschwindigkeit reduziert werden, dies empfiehlt sich jedoch aufgrund der
gleichzeitig erfolgenden Abnahme der Zugbeständigkeit nicht. Bei den mit Acrylsäure verdickten Typen stellt sich das
Problem der Trocknung nicht, da keine Häutchenbildung erfolgt und die Trocknung erst durch die Erwärmung mit der
Heiznadel eintritt.
Die höchste Zugfestigkeit wird von Typen mit hohem Glasübergangspunkt (Tg) erreicht. So kann Plextol D540 die
höchste Zugbelastung aushalten, gefolgt von Lascaux 498HV und Plextol D498. Die Werte der beiden letztgenannten
liegen sehr dicht beieinander, obwohl Lascaux 498 deutlich hochviskoser ist (siehe Tab. 4). Dies hatte zur Folge, dass
der Klebstoff nicht so gut zwischen die Fasern dringen konnte. Das Verdickungsmittel verzögerte aber andererseits die
Trocknung und „Häutchenbildung“ und ließ somit mehr Zeit zum Modellieren der Fäden. Dadurch lässt sich die
geringfügig niedrigere Zugbelastbarkeit im Vergleich zu Plextol D498 erklären. Wird Plextol D498 mit Wasser
verdünnt, sinkt die Belastbarkeit um ein Viertel. Wird dagegen das mit Acrylsäure angedickte Lascaux 498HV
verdünnt, reduziert sich dessen Belastbarkeit um mehr als die Hälfte. Die von Becker empfohlene Verdünnung
hochviskoser Typen ist demnach für belastete Klebestellen nicht geeignet.445 Wird Plextol D498 mit einer Lötnadel
unter der Siegeltemperatur von 65 °C getrocknet, sinkt die Zugbeständigkeit der Klebung etwa auf das gleiche Niveau
einer verdünnten Dispersion.
Plextol B500 zeigt eine deutlich geringere Belastbarkeit als Plextol D498. Eine Ursache dafür könnte sein, dass Plextol
B500 einen geringeren Glas-übergangspunkt als Plextol D498 hat und daher geringeren Belastungen widerstehen kann.
Außerdem bilden sich sehr schnell „Häutchen“, die eine gute Adhäsion verhindern.
Plextol D360 hat wie erwartet die geringste Zugbeständigkeit unter den Acrylaten, da es einen sehr niedrigen
Glasübergangspunkt besitzt und daher bei Raumtemperatur weich und leicht verformbar ist und Zugkräften nur wenig
Widerstand leisten kann.
Soll eine Acryldispersion für eine Rissverklebung verwendet werden, empfehlen sich Plextol D540 oder Lascaux
498HV. Aufgrund der niedrigen Belastbarkeit wurden die Acryldispersionen für die Folgeversuche nicht weiter
verwendet.
5.2.2 Schmelzklebstoffe Im Folgenden werden die Zugbelastungstests der Klebungen mit Beva 371, Paraloid B72, Degalan PQ611 und den
Polyamidpulvern der Firmen Lascaux und Kremer-Pigmente vorgestellt.
Paraloid B72 Der Klebstoff muss zunächst mit der Heiznadel von einem Granulat-Korn abgeschmolzen und dann zwischen den
Fadenenden platziert werden. Dabei müssen die Fasern mithilfe der Heiznadel und einer Sonde modelliert werden. Bei
445 In Versuchen von BECKER 2002 (S. 144) ist Testsieger für die Rissverklebung von Leinenfäden an textilen Objekten eine Mischung aus Lascaux
360HVund 498HV (1:1), 10:4 in demineralisiertem Wasser verdünnt.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
59
der höchsten Einstellung der Heiznadel446 zieht Paraloid B72 immer noch zähe Fäden. Die Verarbeitung ist daher
schwierig und benötigt einige Übung.
Die Klebungen mit Paraloid B72 als Schmelze reißen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit bei Zugbelastungen zwischen
236 und 334 cN. Aufgrund des hohen Variationskoeffizienten von 42% wurde die Testreihe wiederholt. Die Ergebnisse
sind vergleichbar mit dem ersten Versuchsdurchlauf. Die Werte sind gleichmäßig verteilt, sodass eine Ursache für die
hohe Varianz nicht ermittelt werden konnte. Gründe können eventuell eine schwankende Temperatur der Heiznadel
oder eine unterschiedliche Verweildauer der Heiznadel an der Klebestelle sein. Der Mittelwert liegt bei 285 cN. Die
Klebungen reißen meist kurz nach dem Erreichen der Höchstzugkraft, das bedeutet, dass nur noch wenig Dehnung nach
dem Erreichen der Höchstzugkraft stattfindet.
Degalan PQ611 Die Vorgehensweise bei den Verklebungen mit Degalan PQ611 entspricht den Klebungen mit Paraloid B72. Auch
dieser Schmelzklebstoff ist bei der höchsten möglichen Temperatureinstellung der Heiznadel447 sehr zäh, dadurch
schlecht dosierbar und die Verteilung zwischen den Fasern der Fadenenden bereitet Schwierigkeiten.
Bei Klebungen mit Degalan PQ611 kann mit 95%iger Wahrscheinlichkeit mit Höchstzugkraftbelastungen zwischen 152
und 207 cN gerechnet werden. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 179 cN,
also niedriger als bei Paraloid B72. Der Variationskoeffizient liegt bei 37%. Die Verklebungen reißen mit dem
Erreichen der Höchstzugkraft.
Beva 371 Unter den Schmelzklebstoffen ist Beva 371, von einer als Röllchen aufgerollten Folie abgeschmolzen, vergleichsweise
einfach zu applizieren. Der Klebstoff zieht leicht Fäden, ist mit etwas Übung jedoch gut handhabbar. Er dringt besser
zwischen die Fasern als Degalan PQ611 und Paraloid B72. Durch das Schmelzen kommt es zu einer Verdunkelung an
der Klebestelle.
Die Klebungen mit Beva 371 widerstehen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit einer Zugkraft von 117 bis 192 cN. Es
gehört somit zu den Klebstoffen mit der geringsten Zugbeständigkeit. Der Mittelwert liegt bei 154 cN, die meisten
Werte liegen jedoch entweder im oberen oder im unteren Viertel und nicht beim Mittelwert. Der Variationskoeffizient
ist daher hoch und beträgt 42%. Nach dem Erreichen des Höchstkraftpunktes ist der Klebstoff bei rasch abfallender
Spannung weiter dehnbar.
Polyamidpulver (Kremer) Das Polyamidpulver wurde direkt mit der Heiznadel aufgenommen und zwischen die Fadenenden gebracht. Die
Klebestelle wurde mit Sonden und einer Heiznadel modelliert. Der Klebstoff ist bei der höchstmöglichen Temperatur
der Heiznadel immer noch recht zäh. Das Pulver ist deutlich gröber als das Pulver von Lascaux und daher etwas
schwieriger zu dosieren. Es kommt zu einer Farbtonvertiefung an der Klebestelle.
Das Polyamidpulver der Firma Kremer erzielt Verklebungen mit einer durchschnittlichen Zugbeständigkeit von 193 cN.
Die Werte schwanken mit 95%iger Wahrscheinlichkeit zwischen 153 und 233 cN mit einer Streuung von 36% vom
Mittelwert. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt.
446 Laut Angaben auf dem Gerät wird bei der höchstmöglichen Einstellung des Transformators eine Temperatur von 270 °C erreicht, aber durch die
dünne Spitze des Heiznadelschuhs ist auch eine Abkühlung denkbar. 447 Laut Angaben auf dem Gerät wird bei der höchstmöglichen Einstellung des Transformators eine Temperatur von 270 °C erreicht, aber durch die
dünne Spitze des Heiznadelschuhs ist auch eine Abkühlung denkbar.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
60
Die Spannung im Zug-Dehnungs-Diagramm steigt schnell an. Bei Erreichen der Höchstzugkraft entsteht meist ein
scharfer Knick nach unten im Kurvenverlauf.
Das Pulver hat also trotz eines höheren Schmelzpunktes eine niedrigere Belastbarkeit als das Pulver der Firma Lascaux
(siehe folgender Absatz). Dies widerspricht den Erwartungen, dass das Polyamid mit dem höheren Schmelzpunkt auch
die höhere Zugbeständigkeit habe. Ursachen können sein, dass der Schmelzpunkt des Polyamidpulvers der Firma
Kremer mit der höchsten Heiznadeleinstellung noch nicht erreicht wurde.448 Möglich ist auch, dass das Polyamid der
Firma Kremer aufgrund längerer Molekülketten schlechter zwischen die Fasern dringen kann.
Polyamidpulver 5065 (Lascaux)
Die Verarbeitung ähnelt dem des Polyamidpulvers von Kremer. Es ist jedoch feiner und dadurch besser dosierbar. Die
Heiznadel kann mit einer niedrigeren Temperatur verwendet werden (90 °C). Auch hier kommt es zu einer
Farbtonvertiefung. Insgesamt ist der Zeitaufwand für die Klebungen mit Polyamidpulvern vergleichsweise gering.
Mit dem Polyamidpulver der Firma Lascaux können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Klebungen mit einer
Höchstzugbelastbarkeit zwischen 353 und 502 cN erstellt werden. Die Werte sind regelmäßig verteilt. Der Mittelwert
liegt bei 428 cN, der Variationskoeffizient bei 31%. Es werden also höhere und weniger schwankende Zugfestigkeiten
erreicht als bei dem Polyamidpulver der Firma Kremer.
Im Kurvenverlauf des Zug-Dehnungsdiagramms ist ein langsamerer Anstieg der Spannung zu sehen als bei dem
Polyamid von Kremer. Der Klebstoff wird zunächst bei wenig Spannung stark gedehnt, danach steigt die Spannung bei
weniger Dehnung stärker an. Die Kurven haben oben ein nach unten abgerundetes Ende (siehe Diagramm 5)
Diagramm 5: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Polyamidpulver (Lascaux) Zusammenfassung der Zugtests an Klebungen mit Schmelzklebstoffen Unter den fünf getesteten Schmelzklebstoffen zeigt das Polyamidtextilschweißpulver der Firma Lascaux mit Abstand
die höchste Zugbelastbarkeit. Es wurde bei etwa 90 °C geschmolzen aufgebracht. Das Textilschweißpulver der Firma
Kremer Pigmente mit einer höheren Schmelztemperatur von 130-140 °C und vermutlich auch längeren Molekülketten
bei gleichem Aufbau (siehe Kapitel 4.3.8) erzielte dagegen, entgegen den Erwartungen, deutlich geringere
Zugbeständigkeiten (weniger als die Hälfte).
Geschmolzenes Paraloid B72 zeigt die nächsthöchste Zugbelastbarkeit. Sie ist vergleichbar mit der Belastbarkeit der
Acryldispersionen Plextol D498 und Lascaux 498HV. Im Vergleich dazu ist das weichere Degalan PQ611 weniger
belastbar, möglicherweise auch verursacht durch die schwierige Verarbeitbarkeit des zähen geschmolzenen Materials.
448 Möglich wäre auch, dass die Hitze zu hoch war, so dass eine thermische Oxidation, also ein Materialabbau, stattfand. Allerdings wäre dies
unterhalb des Schmelzpunktes nicht zu erwarten.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
61
Aufgrund der geringen Belastbarkeit und schwierigen Verarbeitung scheint es für die Rissverklebung nicht geeignet zu
sein. Die Verklebungen mit BEVA 371 erzielten noch geringere Zugbeständigkeiten.
Wenn ein Schmelzklebstoff für eine Rissverklebung verwendet werden soll, empfiehlt sich demnach das
Polyamidschweißpulver der Firma Lascaux.
5.2.3 Modifizierte Störleim-Lösungen und deren Einzelkomponenten In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Zugbelastungstests von Stör-leim, Weizenstärke, Reisstärke, Aquazol 500,
JunFunori und Mischungen dieser Klebstoffe erläutert.
Reisstärkekleister 10% Reisstärkekleister haftet sehr gut an den Leinenfasern, jedoch haften die mit Reisstärkekleister umhüllten Fasern nur
schlecht aneinander. Das Modellieren der Klebung gestaltete sich daher schwierig. Die Verklebungen sind nach dem
Trocknen kaum sichtbar.
Die Klebungen mit Reisstärkekleister ergaben geringe Zugbelastbarkeiten von durchschnittlich 143 cN. Die Werte
schwanken mit 95%iger Wahrscheinlichkeit zwischen 91 und 195 cN mit Abweichungen bis 51% vom Mittelwert. Sie
sind trotz der hohen Abweichungen gleichmäßig gestreut. Die Abweichungen können eventuell durch Inhomogenitäten
im Material erklärt werden.449 Auch hier erfolgte der Bruch bei der Höchstbelastung ohne weitere Dehnung.
Weizenstärkekleister 10% Weizenstärkekleister hat bei gleicher Konzentration eine höhere Viskosität als Reisstärkekleister. Dies wurde auch
schon von Springob beschrieben.450 Der Zusammenhalt der Fasern ist dadurch etwas einfacher zu erreichen. Die
optischen Eigenschaften der Klebung sind sehr gut, die Klebestelle ist bis auf eine leichte Verdickung kaum sichtbar. Auch die Verklebungen mit reinem Weizenstärkekleister ergaben geringe Zugbelastbarkeiten von durchschnittlich 159
cN. Sie liegen etwas höher als bei Reisstärkekleister. Die Werte schwanken zwischen 118 und 200 cN mit einer Varianz
von 34%. Der Bruch erfolgt bei der Höchstbelastung, danach erfolgt keine weitere Dehnung.
Aquazol 500, 25%ig Aquazol 500 ist in 25%iger Konzentration hochviskos und leicht zäh. Das Eindringen in die Fasern ist zunächst sehr
schlecht. Der Klebstoff sitzt als Tropfen auf dem Faden - er dringt jedoch beim Zusammendrücken der Fadenenden
rasch und gut zwischen die Fasern. Das Modellieren der Klebestelle ist sehr gut möglich. Zunächst tritt nur eine zu
vernachlässigende Farbtonvertiefung auf. Wird jedoch eine bestimmte Klebemittelmenge überschritten, kommt es auch
bei diesem Klebstoff zu deutlichen Farbtonvertiefungen. Verklebungen mit Aquazol können mit 95%iger
Wahrscheinlichkeit Zugbelastungen zwischen 352 und 484 cN aushalten. Die Werte liegen regelmäßig verteilt vor, die
Streuung der Werte beträgt 27%. Der Bruch erfolgt bei der Höchstzugbelastung ohne weitere Dehnung.
Störleim-Gel (20%) Eine erwärmte Störleim-Lösung wurde bei Raumtemperatur etwa zwei Stunden abgekühlt, bis eine hochviskose,
gelförmige Lösung entstand. Diese wurde auf die Fäden aufgetragen. Der Klebstoff lässt sich gut verarbeiten. Er dringt
jedoch beim Trocknen mit der Heiznadel etwas zu tief in die Fasern ein. Es kommt zu einer deutlichen 449 Diese waren mit dem bloßen Auge allerdings nicht zu beobachten. 450 SPRINGOB 2001, S. 126.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
62
Farbtonvertiefung an der Klebestelle. Verklebungen mit Störleimgel erreichen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit
Zugbelastbarkeiten zwischen 631 und 935 cN. Die Werte sind in diesem Bereich regelmäßig verteilt, die Varianz liegt
bei 45%, also relativ hoch. Dies lässt auf eine ungleichmäßige Klebung schließen. Der Mittelwert liegt erstaunlich hoch
bei 783 cN. Der Kurvenverlauf im Zug-Dehnungsdiagramm steigt linear an. Das heißt, die Spannungszunahme verläuft
proportional zur Dehnung. Der Bruch erfolgt bei der Höchstzugbelastung ohne weitere Dehnung. Eine Wiederholung
der Testreihe ergab ausgesprochen ähnliche Resultate.
Störleim 20%-Aquazol 500 12,5% (1:1) Die Mischung von Störleim mit Aquazol muss immer wieder gut gerührt werden, damit eine homogene Mischung
bestehen bleibt. Das Eindringverhalten ähnelt dem von reinem Aquazol 500. Die Verarbeitungseigenschaften sind sehr
gut, die Fasern lassen sich gut modellieren. Die Farbtonvertiefung ist ähnlich gering wie bei Aquazol 500. Klebungen
mit Störleim-Aquazol 12,5%-Mischung erreichen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbelastbarkeiten zwischen 196
und 353 cN. Die Werte sind in diesem Bereich regelmäßig verteilt, der Variationskoeffizient liegt bei 50%, also relativ
hoch. Dies lässt auf eine ungleichmäßige Mischung der beiden Komponenten schließen. Der Mittelwert liegt bei 275
cN. Der Bruch erfolgt bei der Höchstzugbelastung ohne weitere Dehnung.
Störleim 20%- Aquazol 500 25% (1:1) Die Verarbeitung der Mischung und das Eindringverhalten sind mit Störleim-Aquazol 12,5% vergleichbar. Die
Mischung ist etwas dickflüssiger. Die Farbtonvertiefung ist ähnlich gering wie bei Aquazol 500. Klebungen mit
Störleim-Aquazol 25%-Mischung erreichen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbelastbarkeiten zwischen 276 und 403
cN. Die Werte sind in diesem Bereich regelmäßig verteilt, die Varianz liegt bei 32%. Sie ist damit deutlich niedriger als
bei der Störleim-Aquazol 12,5%-Mischung. Dies lässt auf eine gleichmäßigere Mischung der beiden Komponenten
schließen. Der Mittelwert liegt bei 340 cN. Er ist damit vergleichsweise niedrig, liegt jedoch höher als bei der anderen
Störleim-Aquazol-Mischung. Auffällig ist, dass die Belastbarkeit der Mischungen geringer ist als die der
Einzelkomponenten. Der Bruch erfolgt bei der Höchstzugbelastung ohne weitere Dehnung.
Störleim 20%-Tylose MH1000 1% (1:1) Die Verarbeitbarkeit der Mischung ist sehr gut. Sie dringt jedoch etwas zu tief in die Fasern ein, und es kommt zu einer
bleibenden Farbtonvertiefung. Das bedeutet, dass die Verdickung nicht ausreichend ist. Die Klebungen mit Störleim-
Tylose-Mischung können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit mit Zugkräften zwischen 412 und 600 cN belastet werden.
Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 506 cN, der Variationskoeffizient liegt
bei 34%. Nach dem Erreichen der Höchstzugkraft bricht die Klebung und wird nicht weiter gedehnt.
Störleim 20%-JunFunori 1% (1:1) Die Applikation und Verarbeitung der Störleim-JunFunori-Mischung ist als sehr gut zu bewerten. Die Fasern können
gut modelliert werden und bleiben kaum an den Metallwerkzeugen kleben (im Gegensatz zu Störleim-
Weizenstärkekleister). Das Eindringverhalten und die optischen Eigenschaften sind sehr gut.
Klebungen mit Störleim-JunFunori halten mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Belastungen zwischen 452 und 624 cN aus.
Die Werte sind über diesen Bereich recht gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 538 cN, der
Variationskoeffizient beträgt 28%. Nach dem Erreichen der Höchstzugkraft reißt der Klebstoff und es tritt keine weitere
Dehnung auf.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
63
Störleim 20%-Reisstärke 10% (1:1) Mit der Mischung aus Störleim und Reisstärkekleister können die Klebungen ausnehmend gut modelliert werden, da
viel Zeit für das Formen bleibt. Das Eindringen des Klebstoffs erscheint optimal, weder zu tief noch zu oberflächlich.
Auch die optischen Eigenschaften sind vergleichsweise gut, wenn auch weniger gut als bei der Störleim-Junfunori-
Mischung. Bei Klebungen mit Störleim-Reisstärke kann mit 95%iger Wahrscheinlichkeit mit Höchstzug-
kraftbelastungen zwischen 569 und 855 cN gerechnet werden. Sie sind somit weniger belastbar als Klebungen mit
Störleim-Weizenstärke (siehe unten). Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei
712 cN, der Variationskoeffizient ist mit 51% vergleichsweise hoch. Auch bei einer Wiederholung der Testreihe blieb
die Tendenz zur breiten Streuung der Ergebnisse unverändert. Dies erscheint vor allem aufgrund der in der Literatur
angegebenen besonders guten und homogenen Mischbarkeit der Komponenten schwer zu erklären.
Der Kurvenverlauf zeigt einen beinahe linearen Anstieg der Dehnung proportional zur Spannung. Nach Erreichen der
Höchstzugkraft kommt es in vielen Fällen direkt zum Bruch, bei anderen Prüflingen zu einem kurzen, scharfen Abfall
der Zugkraft.
Störleim 20% -Weizenstärke 10% (1:1) Klebungen mit Störleim-Weizenstärke können sehr gut modelliert werden. Das Eindringverhalten ist angemessen. Die
optische Erscheinung ist ebenfalls als gut zu bewerten. Es kommt lediglich zu einer leichten Farbtonvertiefung, die
lediglich bei Verwendung von zuviel Klebstoff stärker ausfällt. Die Klebungen reißen in den meisten Fällen mit
Erreichen der Höchstzugkraft. Es können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbelastungen zwischen 686 und 1022 cN
ausgehalten werden, bevor die Klebungen reißen. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert
liegt bei 854 cN. Es werden also leicht höhere Werte als bei der Addition der einzelnen Komponenten Störleimgel und
Weizenstärkekleister erreicht. Der Variationskoeffizient beträgt 34%.
Die Störleim-Weizenstärkekleister-Verklebungen dehnen sich zunächst bei wenig Spannung. Anschließend steigt die
Spannung stärker an und der Kurvenverlauf wird beinahe linear (siehe Diagramm 6).
Diagramm 6: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Störleim-Weizenstärkekleister
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
64
Störleim 20% -Weizenstärke 10% (1:1) ohne Heiznadel Durch das Weglassen der Trocknung mittels Heiznadel entfällt die Möglichkeit des Nachmodellierens und Verdichtens
der Klebung mit der Heiznadel und des sofortigen Fixierens der Fasern in einer bestimmten Position. Die Trockenzeit
ist deutlich länger und die Verklebung sollte in dieser Zeit nicht bewegt werden. Die optischen Eigenschaften gleichen
den Verklebungen mit der Heiznadel.
Bei Störleim-Weizenstärkeverklebungen ohne Heiznadel können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Klebungen mit einer
Höchstzugbelastbarkeit zwischen 823 und 1089 cN erstellt werden. Die Werte sind regelmäßig verteilt. Der Mittelwert
liegt bei 956 cN, also höher als bei mit einer Heiznadel getrockneten Verklebung. Der Variationskoeffizient liegt bei
34%. Der Kurvenverlauf des Zug-Dehnungs-Diagramms hat sich im Vergleich zu den bei 45 °C getrockneten
Klebungen nichts wesentlich verändert. Eine Ursache für die höhere Zugbelastbarkeit kann sein, dass Störleim bei
Temperaturen über 25 °C beim Trocknen nicht seine optimale Struktur aufbauen kann und daher spröde wird. Eine
Wiederholung der Testreihe zeigte sehr ähnliche Resultate.
JunFunori 1% und JunFunori 1%-Weizenstärkekleister 10% (1:1) Eine Verklebung mit reinem JunFunori war nicht möglich, da eine Haftung der Fäden aneinander nicht erreicht werden
konnte. Ebenso war eine Klebung mit JunFunori-Weizenstärkekleister nur sehr schwer zu erzielen. Die Mischung war
zudem nicht homogen mischbar, es bildeten sich immer wieder Klümpchen. Außerdem war auch hier eine Haftung der
Fasern aneinander nur sehr schwer zu erreichen.
Zusammenfassung der Zugtests an Klebungen mit modifizierten Störleimlösungen und deren Einzelkomponenten Störleim-Mischungen sind besonders gut zu verarbeiten, da eine ausreichend lange Zeit zur Bearbeitung gegeben ist, die
Fasern sich durch den Feuchtigkeitsgehalt gut formen lassen und die Anfangshaftung in den meisten Fällen sehr gut ist.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Klebung jederzeit durch ein Wiederanlösen mit Wasser korrigiert werden kann.
Die Störleim-Mischungen zeigen insgesamt sehr gute Zugbeständigkeiten. Vor allem die Störleim-
Weizenstärkekleister-Mischung erzielte sehr gute Ergebnisse, die sogar über denen der Epoxidharzverklebungen liegen.
Die Belastbarkeit der Klebung lässt sich durch das Weglassen der Trocknung mit der Heiznadel weiter verbessern. Dies
liegt vermutlich daran, dass Störleim schon bei geringen Temperaturen (laut Haupt über 25 °C)451 zu schnell trocknet
und sich daher nicht in seiner optimalen Lage anordnen kann und spröde wird. Das Kleben ohne Heiznadel bedeutet
aber einen höheren Zeitaufwand, da die Klebung länger mit den Sonden in Form gehalten werden muss, bis eine
Anfangstrocknung erreicht ist. Eventuell kann eine Trocknung bei 30 statt 45 °C Abhilfe schaffen.
Wenn Störleim ohne Verdickungsmittel als Gel452 verwendet wird, so dringt es, ähnlich wie bei einer verdickten
Lösung, weniger schnell und tief in die Fasern ein als eine warme Störleimlösung. Es lassen sich dadurch Klebungen
erstellen, die sehr gut belastbar sind. Eine Wiederholung der Testreihe ergab ähnliche Werte. Die Verarbeitung ist im
Vergleich zu der Störleim-Weizenstärke-Mischung jedoch aufwendiger, da die Klebung praktisch erst beim
nochmaligem Anlösen des Leims während des Trockenprozesses mit der Heiznadel erfolgt. Die Verdickung des
Störleims mit Reisstärkekleister, JunFunori, Tylose und Aquazol 500 erbrachte im Vergleich dazu geringere
Zugbeständigkeiten. Darunter zeigen die Klebungen mit Störleim-Reisstärke-Mischungen die besten Ergebnisse. Eine
Ursache für die geringere Belastbarkeit im Vergleich zu Störleim-Weizenstärkekleister kann sein, dass Weizenstärke
451 HAUPT 2000, S. 97. 452 Der Störleim wurde aufgelöst und 2 Stunden bei Raumtemperatur abgekühlt bis ein flüssiger Gelzustand erreicht wurde.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
65
eine höhere Zugbeständigkeit als Reisstärke hat, wie sich in den vorliegenden Versuchen herausgestellt hat. Ein anderer
Grund kann die Trennung der Mischung beim Auftrag auf die Leinenfaser sein, wie sie von Springob und Hofmann
beobachtet wurde.453 Dabei füllen vermutlich die Weizenstärkepartikel die Hohlräume zwischen den Fasern, während
der Störleim ein Stück weiter eindringt. Störleim-Reisstärkekleister bilden dagegen homogenere Mischungen, die sich
nicht so schnell trennen.454
Bei den Mischungen aus Störleim mit Aquazol ist auffällig, dass die Mischungen eine geringere Klebkraft haben als die
beiden Einzelkomponenten. Die Mischung dieser Komponenten ist daher auch für andere Anwendungen nicht zu
empfehlen. Die Verdickung mit JunFunori und Tylose setzen die Klebkraft des Störleims herab. Die Klebung mit
JunFunori-Störleim-Mischung zeigt jedoch herausragend gute optische Ergebnisse, das heißt eine Verklebung ist
farblich nicht erkennbar. Verklebungen mit reinem JunFunori und mit JunFunori-Weizenstärkekleister-Mischungen
waren nicht erfolgreich durchführbar. Bei einer Entscheidung für ein wässrig gebundenes Klebemittel empfiehlt sich
daher aufgrund der Belastbarkeit die „altbewährte“ Mischung aus Störleim und Weizenstärkekleister,455 bestenfalls bei
Raumtemperatur und ohne Zuhilfenahme einer Heiznadel getrocknet.
5.2.4 Polyvinylacetat-Dispersionen In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Zugbelastungstests der Klebungen mit PVAC-Dispersionen vorgestellt. Da
bei Mowilith D50 die höchste Zugbeständigkeit vorlag, wurden bei diesem Klebemittel zusätzlich zwei Verdünnungen
und eine Änderung der Heiznadeltemperatur getestet. Mowilith DMC2 (95%) Die Polyvinylacetatdispersion Mowilith DMC2 wurde leicht verdünnt in demineralisiertem Wasser (19:1) verwendet,
da in dieser Konzentration ein angemessenes Eindringverhalten in die Fasern festzustellen war. Aufgrund der schnellen
Trocknung ist ein rasches Vorgehen bei der Klebung notwendig. Es kommt zu einer Farbtonvertiefung an den
Klebestellen.
Bei Verklebungen von Mowilith DMC2 können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbeständigkeiten zwischen 548 und
704 cN erwartet werden. Die Werte liegen vermehrt in den Bereichen um 500 und um 800 cN. Die Kurven mit einer
Höchstzugkraft um 500 werden nach dem Erreichen der Höchstzugkraft bei abfallender Spannung weiter gedehnt,
während die Klebungen, die über einer Belastung von 700 cN versagen, direkt reißen (siehe Diagramm 7). Der Mittelwert liegt bei 626 cN, der Variationskoeffizient beträgt 22%.
Diagramm 7: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Mowilith DMC2
453 SPRINGOB 2001, S. 126; HOFMANN 2003, S. 36. 454 Aussagen zur Trennung der Mischungen erfolgen aufgrund der Beobachtungen der Mischungen im Wasserbad. 455 Vgl. HEIBER 1996.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
66
Mowilith LD167 (85%) Mowilith LD167 wurde im Verhältnis 7:1 in demineralisiertem Wasser verdünnt. Das Eindringverhalten war dennoch
nicht befriedigend. Eine weitere Verdünnung erschien jedoch nicht angemessen, da die Viskosität dem Augenschein
nach dem der anderen Dispersionen entsprach. Die Häutchenbildung und Trocknung verläuft auch bei dieser Dispersion
sehr schnell, was ein zügiges Arbeiten verlangt. Auch eine Farbtonvertiefung ist nicht zu vermeiden.
Mit Mowilith LD167 als Klebemittel können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbelastbarkeiten zwischen 544 und
711 cN erreicht werden. Der Mittelwert liegt bei 628 cN, also vergleichbar mit Mowilith DMC2, und deutlich geringer
als bei Mowilith DHS S1 und D50 (siehe folgende Absätze). Die Werte sind gleichmäßig verteilt, der
Variationskoeffizient liegt bei 30%. Die Zug-Dehnungskurve verläuft beinahe linear. Die meisten Klebungen reißen
direkt am Höchstzugkraftpunkt. Die Werte wurden in einer Wiederholung der Versuchsreihe bestätigt.
Mowilith DHS S1 (85%) Auch diese Dispersion wurde im Verhältnis 7:1 in demineralisiertem Wasser verdünnt, da hier eine geeignete Viskosität
festgestellt wurde. Aufgrund der schnellen Trocknung muss der Klebstoff zügig verarbeitet werden. Es kommt zu einer
Farbtonvertiefung. Bei Klebungen mit Mowilith DHS S1 kann mit 95%iger Wahrscheinlichkeit mit
Höchstzugkraftbelastungen zwischen 561 und 980 cN gerechnet werden. Die Belastbarkeit liegt zwischen der von
Störleim-Reisstärke und Störleim-Weizenstärke. Sie liegt auch im Mittelfeld der Polyvinylacetate, unter Mowilith D50
und über Mowilith DMC2 und LD167. Die Werte sind in diesem Bereich gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei
770 cN. Der Variationskoeffizient ist mit 47% vergleichsweise hoch. Alle Kurven enden nach linearem Anstieg mit dem
Erreichen der Höchstzugspannung.
Mowilith D50 (95%) Mowilith D50 wurde im Verhältnis 19:1 in demineralisiertem Wasser verdünnt, um die Viskosität herabzusetzen und
die Trocknung zu verzögern. Trotzdem ist ein schnelles Arbeiten notwendig, da die Dispersion sonst antrocknet und
dann eine gute Haftung nur noch schwer zu erzielen ist. Die Klebungen sind durch eine Farbtonvertiefung sichtbar.
Klebungen mit Mowilith D50 halten mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Belastungen zwischen 824 und 1313 cN aus. Die
Werte sind über diesen Bereich recht gleichmäßig verteilt, der Mittelwert liegt bei 1067 cN. In dieser Testreihe ist es
somit der Klebstoff, der die höchsten Belastungen aushalten kann. Der Variationskoeffizient beträgt 41%. Er liegt also
recht hoch, was bedeutet, dass die Klebungen ungleichmäßig sind.456 Nach einem gleichmäßigen proportionalem
Anstieg von Dehnung und Spannung versagen die Klebungen am Höchstzugkraftpunkt ohne weitere Dehnung (siehe
Diagramm 8).
Diagramm 8: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Mowilith D50 95%
456 Auf eine Wiederholung der Testreihe wurde in diesem Fall verzichtet, da der Klebstoff im personenbezogenen Versuch weiter geprüft wird (siehe
Kapitel 5.3).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
67
Mowilith D50 unverdünnt
Unverdünntes Mowilith D50 dringt nur gering in die Fasern ein. Zugleich wird aufgrund der hohen Viskosität häufig
zuviel Klebstoff aufgenommen. Die Verarbeitung gestaltet sich zudem schwierig, weil die Trocknung zu schnell
abläuft, und der Klebstoff nicht gut zwischen die Fasern dringt. Es kommt zu einer Farbtonvertiefung.
Mit unverdünntem Mowilith D50 können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Klebungen mit einer Höchstzugbelastbarkeit
zwischen 1097 und 1500 cN erstellt werden. Die Werte sind regelmäßig verteilt. Der Mittelwert liegt bei 1299 cN, der
Variationskoeffizient bei 29%. Es werden also höhere und weniger schwankende Zugfestigkeiten erreicht als bei dem
leicht verdünnten Mowilith D50. Dies bedeutet eventuell eine auftretende Entmischung in der Dispersion durch
Verdünnung. Der Kurvenverlauf entspricht dem der unverdünnten Klebungen.
Mowilith D50 (90%) Die Verarbeitung des stärker verdünnten Mowilith D50 gestaltet sich deutlich einfacher. Das Eindringen in die Fasern
wird ebenfalls durch das Verdünnen verbessert. Trotz der Verdünnung wird eine Farbtonvertiefung an den Klebestellen
sichtbar.
Es werden mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugfestigkeiten zwischen 755 und 1073 cN erreicht. Die Werte liegen
regelmäßig verteilt vor, der Variationskoeffizient ist mit 30% in etwa gleich wie bei unverdünntem Mowilith D50, aber
niedriger als bei weniger verdünntem Mowilith D50 (95%).
Im Durchschnitt werden 914 cN als Höchstbelastung erreicht, die Klebungen halten also weniger Zugbelastung aus als
unverdünntes oder weniger verdünntes Mowilith D50. Der Kurvenverlauf des Zug-Dehnungs-Diagramms ist
vergleichbar mit denen von unverdünntem und weniger verdünntem Klebstoff.
Mowilith D50 (95%) Heiznadeltemperatur 75-80 °C457 Durch die Verwendung einer wärmeren Heiznadel (ca. 75-80 °C) wird die Klebung deutlich erleichtert, da das
Polyvinylacetat durch die Erwärmung weicher wird und eine Adhäsion über den Druck der Heiznadel erreicht werden
kann. Durch die Wärme entsteht eine stärkere Farbtonvertiefung als bei den vorherigen Versuchen mit diesem
Klebstoff. So können mit 95%iger Wahrscheinlichkeit Zugbeständigkeiten zwischen 941 und 1460 cN erreicht werden.
Der Mittelwert liegt bei 1201 cN. Die Zugbeständigkeit ist somit höher als bei einer niedrigeren Heiznadeleinstellung.
Die Streuung ist mit 39% geringer als bei der niedrigeren Heiznadeleinstellung.
Eine Änderung im Kurvenverlauf im Vergleich zu den anderen Klebungen mit Mowilith D50 konnte nicht beobachtet
werden.
Zusammenfassung der Zugtests der Klebungen mit Polyvinylacetatdispersionen Insgesamt haben die Polyvinylacetate, verglichen mit den anderen getesteten Klebstoffen, sehr hohe
Zugbeständigkeiten. Dies kann eventuell auch auf die besonders guten Adhäsionseigenschaften zurückgeführt werden.
Problematisch bei allen Polyvinylacetaten ist die kurze Zeit, die für das Zusammenfügen und Modellieren der
Klebestelle zur Verfügung steht.
Unter den Polyvinylacetaten hat Mowilith DMC2, wie aufgrund des niedrigen Tg zu erwarten, die geringste
Zugbeständigkeit. Erstaunlich ist, dass die Verklebungen mit Mowilith LD167 auf etwa den gleichen Wert kommen,
obwohl sie einen höheren Tg haben. Die Trocknung verläuft bei diesem Klebstoff besonders schnell und das
Klebemittel dringt weniger gut in die Fasern ein. Die Klebungen mit Mowilith DMC2 und LD167 halten weniger
Zugspannung aus als Verklebungen mit Störleim-Gel oder Störleim-Weizenstärkekleister-Mischung. Mowilith DHS S1
457 Dieser Versuch wurde erst nach der ersten Testreihe und nach der Auswahl für die weiterführenden Versuche gemacht.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
68
hält höhere Zugbelastungen aus. Die höchste Zugbeständigkeit ergibt sich jedoch bei der Verwendung von Mowilith
D50. Wird dieses weiter in Wasser verdünnt, sinkt die Zugbeständigkeit. Da die Verarbeitung der unverdünnten
Dispersion als schwierig anzusehen ist, wurde für die Folgeversuche Mowilith D50 (95%) ausgewählt. Da die
Verwendung von Wärme bei PVAC aber für Rissverklebungen von Heiber nicht empfohlen wird,458 wurde auch bei den
weiteren Versuchen davon abgesehen. Eine später durchgeführte Testreihe ergab, dass mit Wärme eine noch bessere
Adhäsion und vermutlich auch Kohäsion des Klebemittels erreicht werden kann. Dadurch steigt die Zugfestigkeit und
die Gleichmäßigkeit der Klebungen nimmt zu. Daher ist die Anwendung von Wärme für die Klebungen mit PVAC
zukünftig anzuraten.
5.2.5 Epoxidharz Uhu plus schnellfest Die Verklebungen mit Epoxidharz gestalteten sich an Einzelfäden als sehr schwierig, da keine Anfangshaftung besteht.
Die Fasern müssen ohne Klebstoff in die gewünschte Lage gebracht werden und bis zur Aushärtung des Epoxidharzes
in ihrer Position verbleiben. Sie werden dementsprechend vor dem Aufsetzen des Klebstoffs mittels Sonden miteinander
verflochten. Das Epoxidharz dringt sehr breit in horizontaler Richtung in die Fasern ein. Die Fäden im Umkreis bis zu
0.5 mm werden dadurch unbeabsichtigt mitgetränkt. Das Eindringverhalten in die Tiefe ist dagegen erstaunlich gering.
Ohne mechanische Hilfe dringt Epoxidharz nicht durch den ganzen Fadenquerschnitt.459 An den Klebestellen kommt es
zu einer deutlichen Farbtonvertiefung. Klebungen mit Epoxidharz erreichen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit
Zugbelastbarkeiten zwischen 204 und 960 cN. Die Werte sind in diesem Bereich regelmäßig verteilt, der
Variationskoeffizient liegt bei 35%. Der Mittelwert liegt bei 797 cN. Der Bruch erfolgt bei der Höchstzugbelastung
ohne weitere Dehnung
(siehe Diagramm 9). In vielen Kurven zeigen sich Zwischenspitzen, eventuell aufgrund teilweise auftretendem
vorzeitigen Versagens der Klebung.
Diagramm 9: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Epoxidharz
Die Epoxidharzverklebungen erreichen vergleichsweise niedrige Zugbeständigkeiten. So liegen entgegen den
Erwartungen die Verklebungen mit Störleim-Weizenstärke und PVAC deutlich höher, die Epoxidharzklebungen sind
eher mit Störleim-Gel-Klebungen vergleichbar. Ursache kann eventuell die schlechte mechanische Verklammerung der
Fäden sein, die durch das Epoxidharz anfangs nicht zusammengehalten werden können, weil die Haftung erst beim
chemischen Abbindeprozess entsteht. Das Beschweren der einzelnen Fäden mit Gewichten und
Silikonpapierzwischenlage erwies sich als nicht praktikabel, da die Fadenenden durch das Gewicht verschoben bzw. zur 458 Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Winfried Heiber, Dresden. 459 Das geringe Eindringen des Epoxidharzes in die Tiefe könnte auch dem guten Zustand der Fasern geschuldet sein. Zu vermuten ist, dass die
Faseroberfläche keine guten Adhäsionseigenschaften für Epoxidharz hat. Eine Ursache könnte z.B. die vorhandene Pektinschicht der Mittellamelle sein (siehe Kapitel 3). Dies würde auch die insgesamt eher schlechten Zugbeständigkeiten der Epoxidharzklebungen erklären. Bei gealtertem Fasermaterial kann die Oberfläche eine völlig andere Struktur aufweisen und somit eine veränderte und evtl. verbesserte Adhäsion auftreten.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
69
Seite gedrückt wurden. Bei einem Riss in einem Bildträger kann vermutlich mit einer höheren Zugbelastbarkeit
gerechnet werden, weil die Fadenenden weniger Möglichkeit haben, verschoben oder zur Seite gedrückt zu werden.
5.2.6 Vergleich mit den Daten von Heiber Im Vergleich zu den 1996 von Heiber publizierten Daten460 zeigt sich eine ähnliche Tendenz. Die niedrigste
Belastbarkeit ist bei der Acryldispersion Plextol B500 gegeben, gefolgt von Störleim. Die Verdickung mit Weizenstärke
zeigte bei Störleim eine deutliche Steigerung der Klebkraft. Diese wird von Ponal und den nicht mehr hergestellten
PVAC-Dispersionen Mowilith DM1 und DM4 übertroffen.
Die von Heiber ermittelten Werte sowie die Unterschiede zwischen den einzelnen Klebemitteln unterscheiden sich von
den in dieser Arbeit herausgestellten Ergebnissen. Dies kann auf unterschiedliches Fadenmaterial, Vorgehen und die
Belastungsprobe zurückzuführen sein.
460 HEIBER 1996, S. 134: Ponal 382 und 394 cN, Mowilith DM1 202 und 194 cN, Mowilith DM4 207 und 195 cN, Plextol B500 97 und 65 cN, Störleim 94 und 116 cN, Störleim-Weizenstärke 239 und 251 cN.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
70
5.3 Zugbelastbarkeit im personenbezogenen Versuch Für die folgenden Versuche werden aufgrund der hohen Belastbarkeit unter den Störleim-Mischungen Störleim-
Weizenstärkekleister, wegen der hohen Zugbeständigkeit und vergleichsweise guten Verarbeitbarkeit unter den PVAC
Mowilith D50 (95% in demineralisiertem Wasser) ausgewählt. Angesichts der höchsten Belastbarkeit unter den
Schmelzklebstoffen wurde zudem das Polyamidpulver 5065 der Firma Lascaux ausgesucht. Aufgrund der häufigen
Empfehlungen in der Literatur wurde auch Epoxidharz mit in die Testreihen aufgenommen. Acrylklebstoffe werden
wegen der generell geringen Belastbarkeit in die weiteren Versuche nicht mit einbezogen.
Da die Ergebnisse von Einzelfadenverklebungen erfahrungsgemäß461 stark von der ausführenden Person abhängen,
sollen in diesem Teil der Versuche die Verklebungen von mehreren Testpersonen ausgeführt und die Ergebnisse
verglichen werden. Somit wird die Bewertung der durchschnittlichen Belastbarkeit der Verklebungen etwas objektiver.
Die Teilnehmer an dem Versuch waren Studenten der Fachhochschule Köln, die kurz vorher an einem einwöchigen
Rissverklebungs-Workshop teilgenommen hatten. Die Ergebnisse der einzelnen Testpersonen werden im Folgenden mit
Nummern (P1, P2 ...) versehen.
5.3.1 Störleim-Weizenstärkekleister Bei der Durchführung durch die verschiedenen Testpersonen liegt die Belastbarkeit der Störleim-Weizenstärkekleister-
Verklebungen zwischen 340 und 978 cN. Die Schwankungen der Ergebnisse bei den einzelnen Personen betragen 26
bis 95%. Der Mittelwert der Ergebnisse liegt bei 683 cN mit 69% Varianz. Der insgesamt niedrigste Wert lag bei 107
cN, der höchste bei 2227 cN. Dies zeigt, dass bei entsprechender Klebemittelmenge und sorgfältiger Verbindung der
Fasern auch Werte über 2000 cN erreicht werden können. Ebenso wird deutlich, dass bei Anwendung von zuwenig
Klebstoff und eventueller nachlässiger Verarbeitung auch sehr geringe Belastbarkeitswerte erzielt werden.
Diagramm 10: Höchstzugkraft der Störleim-Weizenstärkekleister-Klebungen im personenbezogenen Versuch
Mit 95%iger Wahrscheinlichkeit können die Verklebungen Zugbelastungen zwischen 562 und 803 cN aushalten.
Die Zugbeständigkeit fällt somit im Durchschnitt im personenbezogenen Versuch deutlich niedriger aus als in den
Vorversuchen(siehe Kapitel 5.2). Zwei Testpersonen (P7 und P3) erreichten höhere Ergebnisse, die übrigen erzielten
deutlich niedrigere Ergebnisse als in den Vorversuchen erreicht wurden. P7 gibt an, dass sie bei diesem Klebstoff die
beste Möglichkeit zur Modellierung der Fasern sah, führte die Verklebungen im Vergleich zu den anderen Personen
461 Freundliche mündliche Mitteilung von Dipl. Rest. Petra Demuth, FH Köln.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
71
jedoch recht schnell aus. P3 hat für die Verklebungen dagegen sehr viel Zeit und Sorgfalt investiert und erreicht damit
ebenfalls eine vergleichsweise hohe Belastbarkeit. Dies zeigt, dass die Art der Modellierung der Klebestelle einen
großen Einfluss auf die Verklebung hat. Der Zeitaufwand dabei hängt von der Übung und Geschicklichkeit des
Restaurators ab.
Testperson P7 gibt zudem an, dass die Klebestellen dunkler geworden sind und glänzen. Dies spricht dafür, dass mehr
Klebstoff verwendet wurde als bei den anderen Testpersonen, die von kaum sichtbaren Klebestellen (P1) oder nur
geringen Veränderungen berichten. Dass von P7 die höchsten Belastbarkeiten erreicht wurden, ist daher sicher auch
durch die Klebemittelmenge zu begründen.
Insgesamt wird dem Klebstoff ein sehr gutes Modelliervermögen zugesprochen. Als nachteilig werden die langsame
Trocknung und das Festkleben an der Lötnadel empfunden. Das Eindringverhalten wird positiv beurteilt. Von beinahe
allen Testpersonen (außer P6) wird Störleim-Weizenstärkekleister nach den Klebungen mit allen Klebstoffen als
bevorzugter Klebstoff angegeben.
5.3.2 Mowilith D50 (95%) Die Klebungen mit Mowilith D50 erzielten bei allen Testpersonen relativ hohe Zugbeständigkeiten. Bei P1, P2, P3, P4,
P5 und P6 wird die höchste, bei P7 die zweithöchste Belastbarkeit erreicht. Die Zugkräfte, die zu einem Reißen führen,
schwanken zwischen 408 (P2) und 1583 (P3) cN. Die Streuung der Werte bei den einzelnen Personen liegt zwischen 23
und 61%. Der Mittelwert aller Proben beträgt 948 cN mit 58% Abweichung. Im Vergleich zu den Vorversuchen wird
also im Mittel ein niedrigerer Wert erreicht, es werden jedoch trotzdem durchschnittlich die höchsten Belastbarkeiten
erzielt.
Diagramm 11: Höchstzugkraft der Mowilith D50-Klebungen im personenbezogenen Versuch
Mit 95%iger Wahrscheinlichkeit kann bei Verklebungen mit Mowilith D50 mit Zugbeständigkeiten im Bereich von 810
bis 1087 cN gerechnet werden. Der höchste erreichte Wert liegt bei 2510 cN. Die geringste erzielte Belastbarkeit
innerhalb dieser Testreihe lag bei 23 cN. Dies zeigt, dass es bei der Verarbeitung mit diesem Klebstoff Schwierigkeiten
geben kann. Alle Personen geben an, dass der Klebstoff etwas zu viskos ist, daher schlecht eindringt und mit
mechanischer Hilfe „einmassiert“ werden muss. Durch die schnellere Trocknung im Vergleich zu Störleim-
Weizenstärkekleister ist zudem ein schnelles Vorgehen bei der Verklebung nötig. Von einigen Personen wird dies als
angenehm und als angemessene Trockenzeit empfunden (P4, P5, P7), andere bemängeln die weniger guten
Möglichkeiten zur Modellierung der Fasern und dadurch weniger präzise Verklebung (P1, P3, P6). Gerade die
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
72
Verklebungen dieser Personen erreichen aber recht hohe Belastbarkeiten im Zugversuch. Von P7, P5 und P4 werden die
Verarbeitungseigenschaften als gut bewertet. Alle Testpersonen bemerkten eine Verdunkelung und Glanzzunahme an
den Klebestellen.
Die Klebungen von P3 erreichen herausragend gute Zugbeständigkeiten von durchschnittlich 1583 cN mit einer relativ
geringen Abweichung von 33%. Dies liegt vermutlich an der großen Sorgfalt und dem hohen Zeitaufwand, mit dem die
Verklebungen durchgeführt wurden. Die Person klagte dabei aber auch über besondere Schwierigkeiten beim
Eindringen und die schlechte Modellierbarkeit der Verklebung. Daher kann angenommen werden, dass die Ursache der
hohen Belastbarkeiten auch in der Verwendung von besonders viel Klebstoff liegen könnte.
Die geringsten Zugbeständigkeiten sind dagegen bei P2 festzustellen. Sie liegen hier sogar noch unter denen von
Störleim-Weizenstärkekleister und Epoxidharz. Als Ursache können die generell niedrigen Ergebnisse dieser Person
genannt werden, die vermutlich durch die Verwendung von besonders wenig Klebstoff entstanden. Ein weiterer Grund
können die von dieser Person angegebenen Schwierigkeiten bei der Verarbeitung sein (zu schnelles Abbinden,
Klebstoff wird bröselig, ungenaue Modellierung).
5.3.3 Polyamid 5065 (Lascaux) Die Verklebungen mit Polyamidpulver konnten bei den einzelnen Personen im Durchschnitt Zugbelastungen zwischen
143 (P2) und 868 cN (P3) aushalten. Die Schwankungen der einzelnen Personen liegen zwischen 19 und 66%, sind also
vergleichsweise gering. Der Mittelwert aller Verklebungen liegt bei 555 cN mit einer Abweichung von 52%. Mit
95%iger Wahrscheinlichkeit liegen die Ergebnisse einer Verklebung mit Polyamid zwischen 483 und 627 cN.
Diagramm 12: Höchstzugkraft der Polyamid-Klebungen im personenbezogenen Versuch
Im Durchschnitt können bei Polyamid-Verklebungen die geringsten Belastbarkeiten unter den Klebstoffen dieser
Testreihe erreicht werden. Der niedrigste erreichte Wert liegt bei 17, der höchste bei 1080 cN. Dies zeigt, dass bei
entsprechender Klebstoffmenge und Verarbeitung sehr hohe Werte erreicht werden können. Bei zuwenig Klebstoff und
einer eventuell zu geringen Heiznadeltemperatur in Verbindung mit mangelnder Sorgfalt bei der Modellierung sind
jedoch auch nur sehr geringe Belastbarkeiten zu erwarten.
Die Zugbeständigkeit fällt insgesamt deutlich höher aus als in den Vorversuchen (personenbezogener Versuch 555 cN,
erster allgemeiner Versuch 428 cN). Einzig P2 erreicht niedrigere Werte als im Vorversuch. Dies kann zum einen durch
die längere Zeitspanne zwischen Verklebung und Auswertung bei den Gruppenversuchen erklärt werden, durch die
mehr Zeit zur Rekristallisation des Polyamids zur Verfügung stand und es dadurch steifer und belastbarer wurde.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
73
Für die Klebungen mit Polyamidpulver wurde von allen Testpersonen am wenigsten Zeit benötigt. Wertgeschätzt
werden die einfache und schnelle Verarbeitung, das präzise Aufbringen und die gute Modellierbarkeit nach einer kurzen
Eingewöhnungsphase. Bemängelt werden ein eher schlechtes Eindringen in die Fasern, sowie eine Verdunkelung und
Glanzzunahme an der Klebestelle.
Von P3, P5 und P7 wird das Polyamidpulver aufgrund der einfachen und schnellen Verarbeitung als bevorzugter
Klebstoff neben Störleim-Weizenstärke genannt, für P6 ist es der alleinige „Lieblingsklebstoff“ für die Rissverklebung.
5.3.4 Epoxidharz Bei drei Testpersonen (P3, P4, P7) mussten die Epoxidharzverklebungen aus der Wertung genommen werden, weil
zuviel Klebstoff verwendet wurde.462 Die Belastbarkeit der Epoxidharz-Verklebungen bei den übrigen Testpersonen
liegt zwischen 317 (P2) und 924 cN (P6). Die Schwankungen bei den einzelnen Personen betragen 47 bis 91%. Der
Mittelwert der Ergebnisse liegt bei 655 cN mit 64% Streuung, wenn P2 nicht mit in die Wertung einbezogen wird (von
P2 liegen nur 5 Prüflinge mit stark unterschiedlichen Messungen vor, die deshalb nicht in die Gesamtwertung
einfließen.).
Diagramm 13: Höchstzugkraft der Epoxidharz-Klebungen im personenbezogenen Versuch
Der insgesamt niedrigste Wert lag bei 27, der höchste bei 1508 cN. Dies zeigt, das bei mangelnder mechanischer
Verbindung der Fasern vor dem Auftrag des Klebstoffs, durch die es zu keiner engen Verbindung der Fasern kommt,
durchaus auch Werte im Bereich unter 50 cN erreicht werden können. Bei der Verwendung von Epoxidharz kann also
nicht davon ausgegangen werden, dass es immer sehr gut klebt, sondern es kommt vor allem hier auf eine sehr
sorgfältige Vorbereitung und Verarbeitung an. Bei wenigen Klebungen kam es zu einem Reißen des Fadens vor dem
Versagen der Klebung; diese Prüflinge wurden nicht in die Auswertung mit einbezogen. Es kann angenommen werden,
dass auch hier zuviel Klebstoff verwendet wurde.
Mit 95%iger Wahrscheinlichkeit können die Verklebungen Zugbelastungen zwischen 445 und 781 cN aushalten. Die
Zugbeständigkeit fällt somit im personenbezogenen Versuch etwas niedriger aus als in den Vorversuchen. Sie liegt aber
im personenbezogenen Versuch höher als die Beständigkeit von Störleim-Weizenstärkeverklebungen. Eine Testperson
(P6) erreicht höhere Ergebnisse, die übrigen (P1, P2 und P5) erzielten niedrigere Ergebnisse als in den Vorversuchen
erreicht wurden.
462 Der Klebstoff bildete einen dicken Tropfen um die Klebestelle, was in einem Gewebe nicht möglich wäre.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
74
Insgesamt wird dem Klebstoff eine schwierige Verarbeitung zugesprochen. Dies liegt vor allem an der schwierig zu
erreichenden engen Haftung der Fasern aneinander und der langen Härtungszeit. Als nachteilig werden auch das tiefe
Eindringen, das ständige Neu-Anmischen des Klebstoffs und der unangenehme Geruch empfunden. Optisch werden
eine Zunahme an Glanz und Tiefenlicht bemängelt.
Bei der Betrachtung der geöffneten Klebungen wird deutlich, dass in vielen Fällen ein Adhäsionsbruch vorliegt. Bei den
anderen Klebstoffen kann darüber keine Aussage getroffen werden, da genauere mikroskopische Betrachtungen nötig
wären.463
5.3.5 Fazit: Zugbelastung im personenbezogenen Versuch Insgesamt ist die Varianz der Ergebnisse der einzelnen Personen erstaunlich hoch. So erreicht bei jeder Testperson ein
anderer Klebstoff die höchsten Zugbelastbarkeiten. Bei P1, P3 und P6 ist es Mowilith D50, bei P5 ist es Polyamid, bei
P7 Störleim-Weizenstärkekleister und bei P4 haben alle Klebstoffe in etwa die gleiche Zugbeständigkeit. Bei P2 werden
insgesamt sehr niedrige Werte erreicht.
Diagramm 14: Höchstzugkraft im personenbezogenen Versuch
Als Gründe für die Differenzen können die unterschiedliche Übung der Ausführenden, die Dosierung des Klebstoffs,
die Art und Sorgfalt bei der Modellierung der Klebestelle, minimale Variationen in der Überlappung und Variationen
im Druck sowie in der Heiznadeltemperatur464 genannt werden. Eine hohe Qualität der Klebungen erfordert demnach
einige Übung und vor allem ständige Sorgfalt und Konzentration. Zumal zu beobachten war, dass die miss-glückten
Verklebungen nicht die ersten ungeübten Versuche waren, sondern durchaus mitten im zeitlichen Ablauf der
Klebungen auftraten.
Trotz der großen Schwankungen der Ergebnisse sind die Mittelwerte in etwa übereinstimmend mit den Vorversuchen.
Insgesamt fallen alle Zugbeständigkeiten etwas geringer aus, was aber auch durch den Einfluss der Klebungen von P2
mit durchweg sehr niedrigen Höchstzugkraftwerten verursacht worden sein kann. Die Belastbarkeit der Verklebungen
mit Polyamidpulver war dagegen höher als bei den Vorversuchen. Erklärt werden kann dies vermutlich durch eine
längere Wartezeit zwischen Verklebung und Zugbelastung als in den Vorversuchen, in der das Polyamid sich kristallin
anordnen konnte. 463 Für diese reichte der Zeitrahmen dieser Arbeit nicht aus. Die gerissenen Fäden werden jedoch an der FH Köln aufbewahrt und können jederzeit
auf die Bruchfläche hin untersucht werden. 464 Unterschiedliche Temperaturen können entstehen, da Heiznadeln und Transformatoren zwar des gleichen Typs verwendet wurden, diese aber in
ihren Einstellungen mit dem Alter durchaus schwanken können.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
75
5.4 Zugbelastbarkeit nach zyklischen Klimawechseln Die Prüflinge für diese Versuchsreihe wurden 43 Tage (=1032 Stunden) im Klimaschrank mit regelmäßigen 2,5-
stündigen Wechseln der relativen Luft-feuchte von 30 auf 85 % gelagert (siehe Abb. 9). Dabei wurden der Minimal-
und der Maximalwert über 400-mal erreicht. Als Temperatureinstellung wurde 30 °C gewählt, um unterhalb des
Glasübergangspunkts der Materialien zu bleiben, die Reaktionen aber dennoch etwas zu beschleunigen. Anschließend
wurden sie bei einem Klima von 55% relativer Feuchte und einer Temperatur von 20 +/- 2 °C der Zugprüfung
unterzogen.
Abb. 9: Ausschnitt des computergestützten Klimaprotokolls der zyklischen Klimawechsel. Der blaue Kurvenverlauf zeigt den Wechsel der
Luftfeuchtigkeit von 30 auf 85 % rF (Ist- und Sollwert). Die rote Kurve kennzeichnet den konstanten Temperaturverlauf bei 30 °C.
5.4.1 Störleim-Weizenstärkekleister Nach der zyklischen Klimabelastung der Störleim-Weizenstärkeverklebungen konnten diese den Zugkräften weniger
Widerstand bieten als in den vorherigen Versuchen (siehe Diagramm 15). Die Werte der Höchstzugkraft liegen jedoch
in den meisten Fällen (P1, P2, P3, P4, P6) nur knapp unter den Werten vor der Klimabelastung. Bei P7 ist dagegen ein
deutlicher Abfall zu erkennen. Einzig bei P5 werden nach den Klimabelastungen höhere Zugbeständigkeiten erzielt. Als
Ursache kann die Verwendung von mehr Klebemittel bei diesem Versuchsabschnitt vermutet werden. Ein weiterer
Zusammenhang ist die vergleichsweise geringe Zugbeständigkeit der Klebungen von P5 mit Störleim-
Weizenstärkekleister im personenbezogenen Versuch ohne Klimabelastung (niedrigster Wert), die deshalb in den
Folgeversuchen mit Klimabelastung übertroffen wird (durch Verbesserung der Klebetechnik). Die höheren Werte von
P5 nach der Klimabelastung liegen immer noch unter den Werten der meisten anderen Personen (außer P2).
Diagramm 15: Höchstzugkraft der Störleim-Weizenstärkekleister-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
76
Im Durchschnitt liegen die Zugbeständigkeiten knapp unterhalb der Beständigkeiten vor der Klimabelastung. Es werden
als Mittelwert nur noch 91% der vorherigen Zugbeständigkeit erreicht (619 cN). Zu erklären ist die tendenzielle
Abnahme der Zugbeständigkeit durch die Reaktionen von Glutinleimen auf Feuchtigkeitsschwankungen. Sie regieren
mit starken Spannungsänderungen und schrumpfen laut Zumbühl über mehrere Feuchtezyklen kontinuierlich weiter, da
in Gelform eine Zunahme an Kristallinität stattfindet. Gleichzeitig nimmt die Relaxationsfähigkeit ab, was eine
Versprödung zur Folge hat.465 Bei der Verklebung der Leinenfäden kann die Versprödung sowohl eine Abnahme in der
Kohäsion als auch in der Adhäsion zu den Fasern verursacht haben.
Der vergleichsweise geringe Umfang der Abnahme (ab 75% rF kommt es laut Zumbühl zu starkem Anstieg des
Wassergehalts und das System wird dominant verändert)466 kann möglicherweise durch das ähnliche Quell- und
Schwundverhalten von Leinenfäden und Glutinleim erklärt werden.
Der Kurvenverlauf des Zug-Dehnungsdiagramms hat sich im Vergleich zum personenbezogenen und zum ersten
allgemeinen Versuch nicht verändert.
5.4.2 Mowilith D50 (95%) Bei Verklebungen mit Mowilith D50 ist nach den Klimabelastungen ebenfalls eine tendenzielle Abnahme der Zugkraft
festzustellen. Bei den Klebungen der meisten Personen sind deutlich geringere Zugbeständigkeiten messbar (P1, P3, P6,
P7) als beim vorherigen Versuch, während der Unter-schied bei P4 nur minimal ist. Bei P2 und P5 sind dagegen
signifikant höhere Werte nach den Klimabelastungen zu verzeichnen. Ursachen hierfür können in einer Verbesserung
der Klebetechnik, einer größeren Überlappung oder der Verwendung von mehr Klebemitteln in diesem
Versuchsabschnitt gesehen werden.
Diagramm 16: Höchstzugkraft der Mowilith D50-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung
Der Mittelwert der Zugversuche nach den Klimabelastungen liegt mit 827 cN bei 87% der Ausgangsbeständigkeit unter
dem Mittelwert der Zugversuche vor der Klimabelastung. Ob die Zugbeständigkeit bei längerer Belastung weiter
abnehmen würde, ist unklar. Als Ursachen für die abnehmende Belastbarkeit kommt Materialermüdung durch die
wechselnde mechanische Belastung durch den unterschiedlichen Zug der quellenden und schwindenden Fäden in Frage.
Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Polymere durch den Zug gestreckt wurden und die Klebestellen durch den
verringerten Durchschnitt weniger belastbar sind. Hierbei kommt vor allem der bekannte sogenannte kalte Fluss der
465 ZUMBÜHL 2003, S. 102. 466 ZUMBÜHL 2003, S. 100.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
77
Polyvinylacetate in Betracht, obwohl bei einem Tg von 38 °C ein solches Verhalten nicht zu erwarten war. Durch
physikalische Alterung kann es zudem zu einer Relaxation und dichteren Anordnung der Molekülketten und damit zu
mehr Spannungen und Versprödung gekommen sein.467 Auch könnte der anfängliche saure pH-Wert468 des Mowilith in
Kombination mit regelmäßig auftretenden hohen Feuchtigkeiten eine Degradation an den Fasern hervorgerufen haben,
mit denen es in Kontakt war und somit einen Adhäsionsbruch begünstigt haben. Weiterhin könnte durch das Quellen
und Schwinden der Fasern die Adhäsion zwischen Klebstoff und Faser nachgelassen haben. Auch das PVAC selbst
könnte durch den Einfluss der Emulgatoren und Tenside bei Feuchtigkeit aufgequollen sein und so zu einem Nachlassen
der Adhäsion beigetragen haben. Zudem könnten Netzmittel und Tenside, die frei beweglich und nicht an das PVAC
gebunden sind, durch das Quellen und Schwinden an die Grenzflächen gewandert sein und können dort die Adhäsion
beeinträchtigt haben.
Im Kurvenverlauf des Zug-Dehnungsdiagramms sind keine Änderungen zu erkennen.
5.4.3 Polyamidpulver 5065 (Lascaux) Nach den zyklischen Feuchtigkeitsschwankungen hat die Zugbelastbarkeit der Klebungen mit Polyamidpulver in den
meisten Fällen (P1, P2, P3, P4, P6) zugenommen. Bei P5 und P6 kam es dagegen zu einer Abnahme der
Zugbeständigkeit. Der Mittelwert hat sich jedoch mit 750 cN auf 135% der
vorherigen Belastbarkeit erhöht. Die Ursache hierfür liegt vermutlich in den zyklischen Zugbelastungen durch die
Klimabelastung, die zu einem Strecken der Moleküle und damit zu einer kristallinen Anordnung der Moleküle
beigetragen haben können.469 Mit der kristallinen Anordnung der Moleküle steigt die Kohäsion von Polyamid.470
Wahrscheinlicher ist, dass auch die längere Zeit ausschlaggebend ist, die den Polymeren zur kristallinen Anordnung zur
Verfügung stand. So wurde schon eine Zunahme der Zugkraft von den Vorversuchen zu den Gruppenversuchen
festgestellt, wobei erstere 3 Wochen und letztere 5 Wochen nach dem Kleben getestet wurden. Die Prüflinge für die
Klimabelastung lagerten vor dem Aufspannen 3 Wochen, um dann 6 Wochen im Klimaschrank aufbewahrt zu werden,
Diagramm 17: Höchstzugkraft der Polyamid-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung
zwischen Klebung und Prüfung liegen also insgesamt 9 Wochen. Leider konnte kein Gegentest mit 9 Wochen alten
Prüflingen gemacht werden, die nicht im Klimaschrank aufbewahrt wurden. Die durchschnittliche Zugbeständigkeit
467 McGLINCHEY 1993, S. 115f. 468 Polyvinylacetat kann bei hoher relativer Feuchte Essigsäure abspalten (siehe Kapitel 4.3.6), ohne weiteres kommt es jedoch nicht zu einer
Essigsäureabspaltung (Freundliche mündliche Mitteilung von Prof. Dr. Jägers, FH Köln). 469 PA-Fasern haben nach dem Strecken eine höhere Zugbeständigkeit in der Streckrichtung (McGLINCHEY 1993, S. 116). 470 Siehe Kapitel 4.3.8.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
78
liegt mit 750 cN zwischen der von Störleim-Reisstärke und Störleim-Weizenstärke in den Vorversuchen. Es ist
durchaus möglich, dass die Zugbeständigkeit von Polyamidklebungen mit längerer Lagerungszeit weiter steigt.
Der Kurvenverlauf des Zug-Dehnungs-Diagramms hat sich im Vergleich zu den vorherigen Prüfungen deutlich
verändert. Die Dehnung verläuft linearer und bricht in den meisten Fällen mit Erreichen der Höchstzugkraft abrupt ab,
während vorher ein eher weiches und rundes Nachgeben aufgezeichnet wurde. Auch dies kann durch eine Zunahme an
Kohäsionsfestigkeit erklärt werden.
Durch die Versuche konnte nicht aufgezeigt werden, ob Polyamidverklebungen durch Klimaschwankungen in ihrer
Belastbarkeit abnehmen, da eine solche Reaktion, falls sie aufgetreten sein sollte, in jedem Fall durch die anfängliche
Zunahme der Kohäsion aufgrund der Zunahme an Kristallinität überdeckt worden ist.
5.4.4 Epoxidharz Über das Verhalten von Epoxidharz können keine gesicherten Aussagen getroffen werden, da die Klebungen von P3, P4
und P7 aufgrund von zuviel Klebstoff nicht verwendet werden konnten. Die Klebungen von P2 konnten aus
Zeitgründen nicht durchgeführt werden. Daher standen nur etwa 30 Prüflinge für den Vergleich zur Verfügung. Davon
waren zwei bereits auf den Rahmen im Klimaschrank gerissen. Die Spannung, die durch die Klimaschwankungen
entstand, war in diesen Fällen anscheinend schon zu hoch.
Diagramm 18: Höchstzugkraft der Epoxidharz-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung
Alle Klebestellen waren nach den Klimabelastungen ohne Lichteinfluss deutlich vergilbt. Bei auffällig vielen
Epoxidharzklebungen kam es zu deutlich sichtbaren Adhäsionsbrüchen. Die Zugbeständigkeit der Klebungen nimmt
generell ab.
Im Vergleich zu den Versuchen ohne Klimabelastung wird mit 635 cN nur noch eine Zugbeständigkeit von 96%
erreicht. Damit ist bei Epoxidharz unter den getesteten Klebstoffen mit der geringsten Abnahme in der Zugbeständigkeit
zu rechnen.
Gleichzeitig nimmt die Dehnbarkeit der Klebungen ab. Das Zug-Dehnungsdiagramm zeigt einen veränderten
Kurvenverlauf (siehe Diagramm 19). Die Klebungen sind zunächst leicht dehnbar (zu sehen am flachen Kurvenverlauf),
dann steigt die Kraft für die weitere Dehnung stark an. Die Klebung wird nach dem Erreichen der Höchstzugkraft und
vor dem endgültigen Bruch noch etwas weiter gedehnt (zu sehen am kleinen Häkchen am oberen Ende des
Kurvenverlaufs).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
79
Diagramm 19: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Epoxidharz nach der zyklischen Klimabelastung
Ursachen für die Abnahme der Zugfestigkeit können die geringeren Verformungsmöglichkeiten des Epoxidharzes sein,
das deshalb die Bewegungen der Fasern nicht mitmacht und die Adhäsion deshalb nachlässt. Eine weitere Ursache kann
die Versprödung des Epoxidharzes und damit ungenügende Kohäsion sein. Möglich ist auch eine sehr langsame
Wasserdampfdiffusion bei hohen Luftfeuchtigkeiten in das Epoxidharz. Dabei kommt es zu in winzigen Schichten
ablaufenden Quellreaktionen. Diese verursachen interne Spannungen an den Grenzflächen zwischen gequollenen und
nicht gequollenen Schichten und führen letztendlich zu Mikrobrüchen innerhalb des Materials.471 Dadurch kommt es zu
einem Nachlassen der Kohäsionskräfte. Da die hohen Luftfeuchtigkeiten bei den Klimabelastungen nur kurzzeitig
auftreten, sind die Möglichkeiten zur langsamen Wasserdampfdiffusion nicht sehr groß. Dieses Phänomen kann daher
nur in den äußersten Grenzflächen aufgetreten sein und wird damit hauptsächlich die Adhäsion beeinträchtigt haben.
5.4.5 Fazit der Zugprüfungen nach zyklischen Klimawechseln Insgesamt ist bei den Klebstoffen ein Nachlassen der Zugbeständigkeit nach den zyklischen Klimabelastungen zu
konstatieren. Die Zugbeständigkeit geht dabei auf 97% (Epoxid), 91% (Störleim-Weizenstärkekleister) beziehungs-
weise 87% (Mowilith D50) der Anfangsfestigkeit zurück. Allein die Polyamidklebungen nehmen an Zugbeständigkeit
zu, da die Zunahme an Kohäsion durch die längere Lagerungszeit eine eventuelle Abnahme durch die zyklische
Belastung überdeckt.
Die Klimaversuche liefen über 43 Tage (=1032 Stunden). Dabei waren die Prüflinge bei 30 °C 2,5-stündigen
Schwankungen der relativen Feuchte zwischen 30 und 85 % ausgesetzt. In der Praxis werden diese Schwankungen zwar
nicht so zeitlich dicht nacheinander erfolgen, es können aber durchaus im Laufe der „Lebensdauer“ einer Riss-
verklebung insgesamt mehr und eventuell auch stärkere Schwankungen erwartet werden. Zu diesem Zeitpunkt kann
noch keine Aussage darüber getroffen werden, ob die Zugbeständigkeiten bei weiteren Klimaschwankungen weiter
abnehmen würden und an welchem Punkt das Nachlassen der Klebkraft ein Ende finden würde. Daher sollte für alle
Rissverklebungen ein möglichst stabiles klimatisches Umfeld geschaffen werden.
Da es selbst bei Epoxidharz zum Nachlassen der Zugbeständigkeit kam, ist zu überlegen, inwieweit die Bewegungen
des Fadenmaterials zu einer Schwächung der Adhäsion beigetragen haben und ob dieses Nachlassen bei der
Zugbeständigkeit bei gealtertem Fasermaterial geringer ausfallen würde. Aufgrund des neuen Fasermaterials treten
stärkere Quell- und Schwundbewegungen auf als bei gealtertem Fasermaterial. Ebenfalls zu bedenken ist, ob die
Bewegungen des Fadens durch die Klimawechsel nicht stärker ausgefallen sein könnten als bei einem mit Bildschicht
versteiften Gewebe. Des weiteren sollte bedacht werden, dass sich Fadenmaterial bei Feuchtigkeit ausdehnt, die
Spannung also nachlässt, und bei Trockenheit wieder zusammenzieht, während diese Prozesse im Gewebeverbund
aufgrund der vorrangigen Dicken-Quellung und dadurch erhöhten Umschlingungswinkel bei Feuchtigkeit genau
entgegengesetzt ablaufen. 471 HORIE 1994, S. 69
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
80
5.5 Zugbelastung bei extremen Klimata Im Rahmen dieser Versuchsreihe soll überprüft werden, wie sich die Zugbeständigkeiten der Klebungen bei besonders
feuchtem und besonders trockenem Klima verhalten. Dazu wurden je 15 verklebte Fäden pro Klebstoff und Klima
aufgespannt und wechselnden Klimabelastungen ausgesetzt, zusammen mit den Probekörpern zur zyklischen
Klimabelastung, siehe Kapitel 5.1.3. Die Ergebnisse der zyklischen Klimabelastung können daher als Referenzwerte für
die Zugbeständigkeit bei „normalem“ Museumsklima verwendet werden. Anschließend wurden die aufgespannten
Probekörper in ein trockenes oder feuchtes Klima gebracht. Die Raumtemperatur von 20 °C wurde beibehalten. Das
feuchte Klima mit 93% relativer Feuchtigkeit wurde über eine gesättigte Kaliumsulfatlösung, das trockene Klima mit
25%iger Feuchtigkeit über getrocknetes Silicagel in dicht schließenden Plexiglasschränken erzeugt. Diesen Klimata
waren die Prüflinge jeweils 72 Stunden lang ausgesetzt, bevor sie der Zugprüfung unterzogen wurden.
Das Raumklima für die bei 93% rF konditionierten Prüflinge wurde während der Zugprüfung so feucht wie möglich, auf
75% rF eingestellt, damit die Abgabe von Feuchtigkeit aus dem Prüfling möglichst langsam erfolgt. Beim Prüfen der
auf 25% rF konditionierten Prüflinge konnte mittels Luftentfeuchter nur schwer ein trockenes Raumklima erreicht
werden. Daher musste die Zugprüfung bei 45 % rF stattfinden.
Vor der Zugprüfung wurden jeweils 5 Prüflinge gleichzeitig aus dem Konditionierungsklima entnommen und so schnell
wie möglich nacheinander geprüft. Dazu wurden insgesamt drei Minuten Zeit benötigt. Eine kontinuierliche
Veränderung, die auf eine Änderung des Feuchtigkeitsgehalts in so kurzer Zeit schließen lassen könnte, konnte in
keinem Fall beobachtet werden. Es muss jedoch damit gerechnet werden, dass die Prüflinge im trockeneren bzw.
feuchteren Prüfklima schnell Feuchtigkeit verloren bzw. aufgenommen haben.
Als Ausgangsfestigkeit der Klebungen werden die Werte aus dem ersten allgemeinen Vergleich der Klebstoffe
verwendet, da diese von derselben Person ausgeführt wurden. Als weiterer Vergleich werden die bei 55% rF getesteten
Klebungen mit derselben zyklischen Klimabelastung heran-gezogen.
5.5.1 Feuchtes Klima 93% rF Durch die Konditionierung bei 93% relativer Feuchte hatten sich bereits einige Klebungen von selbst gelöst. Jeweils
zwei Epoxidharz- und zwei Polyamidklebungen, sowie eine Verklebung mit Mowilith D50 hatten sich geöffnet.
Störleim-Weizenstärke bei 93% rF Die Zugbeständigkeit der Störleim-Weizenstärkekleister-Klebungen hat sich nach den zyklischen Klimawechseln durch
die hohe relative Luftfeuchtigkeit nur geringfügig verändert. Sie erreicht mit 586 cN noch 95% des Werts nach der
zyklischen Klimabelastung. Die Belastbarkeit der Mischung zeigt demnach die geringsten Veränderungen bei hoher
Luftfeuchtigkeit unter den getesteten Klebstoffen (Störleim-Weizenstärke, Mowlith D50, Epoxidharz, Polyamid). Die
Dehnbarkeit der Klebung sowie der Verlauf der Zug-Dehnungs-Kurve änderten sich nicht. Allerdings werden
Höchstwerte über 800 cN nicht mehr erreicht.
Bei hoher Feuchtigkeit verringert sich der Tg des Störleims, gleichzeitig kommt es zu einer Quellung des Störleimfilms
(siehe Kapitel 4.3.1). Zu erwarten war daher eine deutliche Abnahme der Zugfestigkeit mit gleichzeitig erfolgender
Zunahme der Dehnbarkeit der Störleim-Kleistermischung. Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen diese Theorie nicht
eindeutig, da nur eine geringe Abnahme der Zugbeständigkeit und keine Veränderung der Dehnbarkeit im Vergleich zu
den bei 55% rF getesteten Klebungen stattfand. Möglicherweise waren die Klebungen durch die zyklischen
Klimawechsel schon so stark belastet, dass die höchst-mögliche Zunahme an Kristallinität und Abnahme an
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
81
Relaxationsfähigkeit schon stattgefunden hat und eine weitere Quellung durch Feuchtigkeit nur noch einen geringen
Einfluss auf die Zugbeständigkeit hat. Eventuell könnte auch die Weizenstärkekomponente stabilisierenden Einfluss auf
die Reaktion des Störleims bei erhöhter Feuchtigkeit haben.
Mowilith D50 (95%) bei 93% rF Bei den Klebungen mit Mowilith D50 konnte eine deutliche Abnahme der Zugbeständigkeit durch den Einfluss der
hohen Luftfeuchtigkeit festgestellt werden. Sie sank von 827 cN nach den zyklischen Klimabelastungen auf 699 cN. Sie
verringerte sich also auf 85%. Im Vergleich zu den Verklebungen ohne Klimabelastung werden sogar nur 73% der
Zugfestigkeit erreicht. Ursachen können eine Quellung sowohl des Klebstoffs als auch des Fadenmaterials sein, wie in
Kapitel 5.4.2 diskutiert wurde, die einen Adhäsionsverlust zur Folge haben. Auch in der Dispersion enthaltene Tenside
können bei hoher relativer Feuchte einen negativen Einfluss auf die Festigkeit der Klebung haben. Durch die Quellung
des Klebstoffs kann es gleichzeitig auch zu einem Nachlassen der Kohäsionsfestigkeit gekommen sein. Die
Dehnfähigkeit des Materials bleibt jedoch auch bei hoher Luftfeuchtigkeit erhalten. Trotz allem ist bei den
Polyvinylacetatklebungen die Abnahme in der Zugbeständigkeit geringer als bei Polyamid und Epoxidharz. Eine
Änderung im Kurvenverlauf des Zug-Dehnungsdiagramms konnte nicht festgestellt werden.
Polyamid Lascaux bei 93% rF Obwohl die Klebungen vor dem Zugversuch eine Woche länger lagerten als die Prüflinge des vorherigen Versuchs, ist
die Zugbelastbarkeit sehr gering. Es werden nur noch 35% der Festigkeit der Versuche mit gleich langer zyklischer
Klimabelastung und 61% der Ausgangsfestigkeit erreicht. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die
Wasserdampfaufnahme nicht nur die kristalline Anordnung der Moleküle aufhebt, sondern sie sogar noch weiter
schwächt. Im Gegensatz dazu nahm die Belastbarkeit der Polyamidklebungen während der zyklischen Klimabelastung
zu. Allerdings wurden dabei nur maximal 85% rF erreicht und diese nur kurzzeitig beibehalten. Im Versuch mit hoher
Luftfeuchtigkeit lag die Feuchtigkeit bei 93% und wurde 72 Stunden lang aufrechterhalten. Dies muss zu der
außerordentlichen Abnahme an Zugfestigkeit beigetragen haben, indem die eindiffundierenden Wassermoleküle den
Kettenzusammenhalt in den kristallinen Bereichen, deren Bildung für die vorherige Zunahme an Belastbarkeit
verantwortlich war, gelockert haben. Durch Wassereinlagerung kann sich auch der Glasübergangspunkt von
Polyamiden nach unten verschieben. Folgen sind auch eine erhöhte Dehnbarkeit, Volumenzunahme und erhöhte
Kettenbeweglichkeit.472 Der vorliegende Polyamid Typ 11 hat eine vergleichsweise geringe Wasseraufnahmefähigkeit
unter den Polyamiden.473 Sie scheint jedoch ausreichend zu sein, um die Kohäsion
deutlich zu verringern. Zusätzlich ist wie bei den anderen Klebstoffen die Lockerung der Adhäsion durch Quellen des
Fadens möglich.
Gleichzeitig nimmt auch die Dehnbarkeit rapide ab. Während nach den zyklischen Klimawechseln noch bis zu 3%
Dehnung erfolgte, ist bei der hohen Luftfeuchtigkeit die höchste Dehnung bei 1,2% zu verzeichnen. Der Kurvenverlauf
des Zug-Dehnungsdiagramms ändert sich dahingehend, dass eine deutlich rundere Spitze zu sehen ist und die Dehnung
nach dem ersten Reißen des Klebstoffs weiter fortgesetzt wird. Die Klebung öffnet sich also nicht sprunghaft, sondern
gibt langsam nach.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch bei länger andauernder 80%iger oder 70%iger rF zu
Wassereinlagerung und Abnahme der Kohäsionsfestigkeit des Polyamids kommen kann.
472 GRELLMANN, SEIDLER 1998, S. 201. 473 DOMININGHAUS 1972, S. 77.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
82
Epoxidharz bei 93% rF Die Zugbeständigkeit der Epoxidharzklebungen fällt durch die hohe Feuchtigkeit auf einen erstaunlich niedrigen Wert.
Es werden nur noch Zugbeständigkeiten von durchschnittlich 436 cN erreicht. Sie fällt somit auf 72% der
Zugbeständigkeit nach den Klimawechseln und auf 58% der Ausgangsfestigkeit. Dies ist umso erstaunlicher, als die
Beständigkeit der Klebungen nach den zyklischen Klimawechseln nur geringfügig abgenommen hat. Bei diesen wurden
jedoch nur Höchstwerte von 85% rF und diese auch nur kurzzeitig erreicht. Eventuell kommt bei höherer und länger
einwirkender relativer Luftfeuchtigkeit eine andere oder deutlich stärkere Reaktion des Epoxidharzes auf Wasserdampf
zum tragen. Denkbar wäre eine Art Adhäsionsbruch zwischen hygroskopischem Fasermaterial und dem steifen
Klebstoff, der die Quellreaktion der Fasern nicht mitmacht. Dadurch kommt es zu feinen Brüchen im Grenzbereich. Ein
weiterer Erklärungsansatz ist die partielle Quellung durch die Penetration von Wasser in das eigentlich starre
Epoxidgebilde und die darauf erfolgende Entstehung von Brüchen.474
Die Klebungen geben außerdem langsamer und „weicher“ nach und öffnen sich nicht mehr sprunghaft. Diese Tendenz
war weniger ausgeprägt auch schon nach den zyklischen Klimawechseln zu beobachten.
Gerade von dem als klimabeständig geltendem Epoxidharz muss daher aufgrund der Tests mit UHU schnellfest bei zu
erwartenden temporären hohen Luftfeuchtigkeiten dringend abgeraten werden. Die Tendenz sollte an anderen in der
Restaurierung verwendeten Epoxidharzen überprüft werden.
5.5.2 Trockenes Klima mit 25 % rF Durch die Konditionierung bei 25 % relativer Feuchte lösten sich drei Epoxid-, eine Polyamid- und eine Störleim-
Weizenstärkekleister-Klebung. Sie konnten den durch das Zusammenziehen der Leinenfäden bei trockenem Klima
entstehenden Spannungen nicht widerstehen.
Auch bei dieser Vorkonditionierung muss damit gerechnet werden, dass im Verlauf der Prüfung und kurz vorher wieder
Luftfeuchtigkeit aus dem Raumklima mit 45% rF aufgenommen wurde und sich dadurch der Feuchtigkeitsgehalt der
Klebung verändert hat.
Störleim-Weizenstärkekleister bei 25 % rF Bei trockenem Klima ist der Kurvenverlauf im Vergleich zu den unter anderen Bedingungen geprüften Störleim-
Weizenstärkeverklebungen unverändert. Gleichwohl ist eine deutlich erhöhte Zugfestigkeit zu messen. Sie liegt um
200% über der Belastbarkeit der Klebungen, die denselben zyklischen Klimawechseln ausgesetzt waren und dann bei 55
% rF getestet wurden. Die Zugfestigkeit liegt auch 146% höher als die Ausgangsfestigkeit. Somit ist eine deutliche
Erhöhung der Zugfestigkeit bei trockenem Klima zu verzeichnen. Als Ursache kann vermutet werden, dass das
eingelagerte Wasser, das in Wechselwirkung mit dem Umgebungsklima steht, die polaren sekundären Bindungen
innerhalb des Klebstoffs teilweise besetzt. Bei trockenem Klima können somit mehr Bindungen innerhalb des
Klebstoffs entstehen. Es kommt daher zu einer Versteifung und Verfestigung. Auch in den Adhäsionsbereichen kann
Wasser in der Faser und im Klebstoff sekundäre Bindungsstellen besetzen. Sobald das Klima trockener wird, werden
diese Stellen für weitere Bindungen zwischen Klebstoff und Faser möglich. Adhäsion und Kohäsion können so
gleichermaßen ansteigen.
474 HORIE 1994, S. 69
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
83
Mowilith D50 bei 25 % rF Die Zugbeständigkeit der Mowilith-Verklebungen steigt in trockenem Klima ebenso stark an wie bei Störleim-
Weizenstärke. Im Vergleich zur alleinigen zyklischen Klimabelastung werden 200%, im Vergleich zur Ausgangs-
festigkeit 154% der Zugfestigkeit erreicht. Die Zunahme der Belastbarkeit ist durch die gleichen Mechanismen wie bei
Störleim-Weizenstärkekleister zu erklären. Zusätzlich kann es zu einer Streckung der Moleküle und damit zu einer
Verfestigung gekommen sein. Der Kurvenverlauf hat sich im Vergleich zu den Prüflingen nach der zyklischen
Klimabelastung nicht verändert.
Polyamid bei 25% rF Die Klebungen mit Polyamidpulver bilden wieder einmal die Ausnahme. Sie erreichen nur 57% der Zugfestigkeit im
Vergleich zu klimabelasteten Klebungen. Immerhin werden 100% der Ausgangsfestigkeit erreicht.
Der Kurvenverlauf im Zug-Dehnungs-Diagramm ist unregelmäßig. Viele Klebungen reißen schon bei einer geringen
Spannung. Andere erreichen bis über 800 cN als Höchstzugkraft. Die Abweichungen liegen dementsprechend hoch bei
58%. Die Gründe für die verringerte Belastbarkeit bei trockenem Klima sind bislang ungeklärt.
Epoxid bei 25% rF Bei den Klebungen mit Epoxidharz konnte eine Erhöhung der Zugfestigkeit in trockenem Klima festgestellt werden. Im
Vergleich zu den mit zyklischen Klimawechseln belasteten Klebungen wird eine Beständigkeit von 156%, im Vergleich
mit den allgemeinen Versuchen von 124% erreicht. Die Zunahme der Belastbarkeit ist also geringer als bei Störleim-
Weizenstärke und Mowilith, aber immer noch beträchtlich.
Der Kurvenverlauf im Zug-Dehnungs-Diagramm ist geradliniger als nach den alleinigen zyklischen Klimabelastungen.
Er ähnelt mehr dem linearen Verlauf der Ausgangsversuche.
Auch für diese Versuchsergebnisse ließen sich bislang keine Erklärungen finden
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
84
5.5.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Zugprüfung bei Extremklimata Erstaunlicherweise wurden deutlich andere Ergebnisse als nach den zyklischen Klimawechseln erzielt (siehe Diagramm
20), obwohl das trockene Klima mit 25% rF auch bei diesen erreicht wurde und das feuchte Klima mit 93% nur 8% über
dem im Klimaschrank erreichten oberen Feuchtigkeitswerten lag.
Diagramm 20: Höchstzugkraft der Klebungen bei extremen Klimata Die Störleim-Weizenstärkeverklebungen verhalten sich insgesamt erstaunlich beständig. Die Zugfestigkeit bei feuchtem
Klima verringerte sich nur auf 95% im Vergleich zu den gleich lang zyklisch belasteten Probeverklebungen. In
trockenem Klima steigt die Belastbarkeit auf das Doppelte an. Die Ergebnisse zeigen, dass die Störleim-
Weizenstärkekleister-Mischung in diesen Versuchen eine deutlich bessere Klimabeständigkeit aufweist als allgemein
angenommen wird.
Die Klebungen mit Mowilith D50 zeigen eine stärkere Abnahme der Zugbeständigkeit als die Störleim-
Weizenstärkeklebungen. Die Zugfestigkeit verringert sich auf 85%. Bei trockenem Klima wird dagegen auch bei diesem
Klebstoff die doppelte Beständigkeit im Vergleich zu den gleich lang zyklisch belasteten Klebungen erreicht.
Die Polyamidklebungen zeigen ein den anderen Klebstoffen gegenläufiges Verhalten. Durch die zyklischen
Klimabelastungen allein steigerte sich die
Zugfestigkeit. Die anschließend trockenem und feuchtem Klima ausgesetzten Verklebungen nahmen dagegen beide an
Zugfestigkeit ab. Besonders stark ist dies bei den bei 93% rF konditionierten Klebungen zu beobachten. Die
Zugfestigkeit sinkt auf 35% der zuvor erreichten Werte. Bei trockenem Klima verringert sich die Zugfestigkeit auf 57%
und nähert sich damit wieder dem Wert der ersten allgemeinen Versuche an.
Auch die Epoxidharzklebungen zeigten ein völlig unerwartetes Verhalten. Die Zugfestigkeit nahm durch den
Feuchtigkeitseinfluss bei 93% rF deutlich ab. Im Vergleich zu den gleich lang zyklisch belasteten Klebungen werden
nur noch 72% der Zugfestigkeit erreicht. In trockenem Klima nimmt die Zugfestigkeit dagegen zu.
Insgesamt ergibt sich aus den Versuchen, dass bei länger andauernden extremen Klimata Polyamidklebungen stark an
Festigkeit abnehmen, sowohl bei besonders trockenem als auch bei besonders feuchtem Klima. Bei Mowilith,
Epoxidharz und Störleim-Weizenstärke kommt es in trockenem Klima zu einer starken Erhöhung der Zugfestigkeit, die
bis zu 200% betragen kann. In feuchtem Klima nimmt die Zugfestigkeit bei allen drei Klebstoffen ab. Die geringste
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
85
Abnahme ist mit Abstand bei Störleim-Weizenstärkekleister zu konstatieren. Daraus ergibt sich, dass unter den
getesteten Klebstoffen die Störleim-Weizenstärkekleister-Mischung sich am beständigsten in extremen Klimata verhält.
6 Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Verklebungen in Leinwandstrukturen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Übertragbarkeit der Ergebnisse der einzelnen Fadenverklebungen auf
Rissverklebungen an Gemälden. Der dazugehörige Themenbereich ist äußerst komplex und kann hier daher nur in
seinen Grundzügen vorgestellt werden. Auch soll zusammenfassend der Frage nachgegangen werden, welche
maximalen Spannungen in einem Gemälde zu erwarten sind. Weiterhin ist von Interesse, ob und wie sich die
Belastbarkeit einer Klebung in einem Gewebeverbund ändert. Eine kleine Versuchsreihe mit Klebungen an
Gewebestreifen soll hierfür weitere Anhaltspunkte liefern.
6.1 Spannungsverhältnisse in textilen Trägern Entscheidend für die Auswahl eines Klebstoffs für eine Rissverklebung ist, mit welchem Spannungsmaximum bei dem
jeweils vorliegenden Gemälde zu rechnen ist. Die bisherigen Forschungen kommen zu keinem einheitlichen Ergebnis.
Spannungen in einem Gemälde mit textilem Bildträger haben vielfältige Ursachen. Die ersten Spannungen treten bereits
beim Aufspannen des Trägers oder fertigen Gemäldes auf. Die hierbei aufgewendete Spannung soll die Bildfläche in
einer Ebene halten und daher konstant bleiben. Auf jedem einzelnen Faden im Gewebe des textilen Trägers lastet also
eine gewisse ständige Spannung. Bei traditionell aufgespannten Gemälden sind die Spannungen oft sehr ungleichmäßig
verteilt. Hedley fand durch Versuche mit ungrundierterLeinwand heraus, dass die größte Dehnung unter Zug in den
Ecken auftritt.475 Auch an den Rändern einer aufgespannten Leinwand wurden unterschiedlich hohe Spannungen
gemessen.476 Forschungen von Heiber und Young/Hibberd ergaben ebenfalls, dass in den Eckbereichen die höchste
Spannungskonzentration auftritt.477
Eine weitere Ursache für unterschiedliche Spannungen ist, dass Gemälde aus fest miteinander verbundenen Schichten
bestehen, die sehr unterschiedliche
mechanische Eigenschaften haben. Grundierung und Malschichten sowie Firnis und Vorleimung können die Reaktionen
des Bildträgers mitmachen, verzögern, überlagern oder verstärken.478 Auch das Eigengewicht des Gemäldes verursacht,
vor allem bei Großformaten oder dicken Bild-schichten, eine nach unten zunehmende konstante Zugbelastung im
Gemälde.
Bei jedem Klimawechsel ändert sich die Spannung innerhalb des Gemäldegefüges durch Volumenänderungen des
textilen Trägers, des Keilrahmens und der Bildschichten. Auch Stöße, Vibrationen und Erschütterungen verursachen
kurzfristige Spannungsänderungen.479 Es wirken also einerseits langfristige Zugkräfte und andererseits kurzfristige und
wechselnde Spannungen auf ein Gemälde - und damit auch auf die Rissverklebung.
Bei einer zeitweiligen Spannungserhöhung kehrt eine Leinwand nach kurzer Zeit auf einen für jede Leinwand und jedes
Klima spezifischen Spannungswert zurück. Dabei werden übermäßige Spannungen durch Relaxationsprozesse
abgebaut. Dieser Spannungs-Gleichgewichtszustand wird maximal haltbare Spannung (maximum sustainable tension,
MST) genannt.480
475 HEDLEY 1975, S. 4. 476 HEDLEY 1975, S. 7. 477 HEIBER 1996, S. 39. 478 MAGER 2007 S. 44. 479 MECKLENBURG, TUMOSA 1991, S. 137. 480 BERGER, RUSSELL 1989, S. 198.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
86
Zur Messung von Spannungsänderungen in aufgespannten Geweben gibt es zwei unterschiedliche Versuchsaufbauten.
Wegen des einfacheren Versuchsaufbaus wird in vielen Versuchen nur in einer Richtung Zug angelegt. Bei Belastung in
zwei Richtungen überlagern sich die zwei Spannungsrichtungen und ergeben eine höhere Belastbarkeit des Gewebes.481
Dieser Aufbau ist den in Gemälden üblicherweise auftretenden Spannungen ähnlicher.
In der Restaurierungsliteratur ist es üblich, die Zugspannung von Gemälden mit Newton pro Meter (N/m, 1N entspricht
in etwa 0,1 kg oder 100g) anzugeben. Die Dicke der Leinwand mit den aufliegenden Schichten bleibt dabei unbeachtet.
Die folgende Tabelle soll eine Übersicht über einige wichtige Forschungsergebnisse zu den Spannungsverhältnissen und
– änderungen bieten.
Autor, Jahr
Prüfkörper Spannungsermittlung Ergebnis
BERGER, RUSSELL 1984
Leinengewebe (keine weiteren Angaben) stark geleimt mit Hautleim
selbstgebautes biaxiales Messsystem Maximale Spannung, die im Versuch erreicht wurde: 500 N/m
BERGER, RUSSELL 1988
Mittelgrobes, ungeleimtes und ungrundiertes Leinengewebe (keine näheren Angaben)
eigenes biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
60-130 N/m = maximale konstante Spannung (MST) für eine mittelgrobe Leinwand.
Der Wert gilt für unbeschichtetes Leinen. Bei Gemälden, die durch die Malschicht steifer sind, fällt der Wert eventuell höher aus.
HEDLEY 1988
Verschiedene Proben bei Raumklima
uniaxiale Zugprüfmaschine (Fa. Instron), wechselnde Klimabedingungen
300-800g / 2,5 cm ist eine normale stabile Spannung (entspricht 120-320 N/m)
Dieser Wert wurde als Startpunkt der weiteren Messungen (s. unten) festgelegt.
HEDLEY 1988
Leinengewebe, vorgeleimt, Bleiweiß-Kreide-Grundierung, etwa 300g/m², 14,2x14,6 Fäden/cm², Hinterspannung eines Gemäldes von 1862, Probengröße 2,5 x 15cm
uniaxiale Zugprüfmaschine (Fa. Instron), wechselnde Klimabedingungen
Höchste gemessene Spannung: 1,5 kg/2,5cm bei 30% rF (entspricht 600 N/m)
HEDLEY 1988
Leinengewebe, vorgeleimt, Bleiweiß-Kreide-Grundierung, etwa 300g/m², 14,6x15 Fäden/cm², Hinterspannung eines Gemäldes von 1856, Probengröße 2,5 x 15cm
uniaxiale Zugprüfmaschine (Fa. Instron), wechselnde Klimabedingungen
Höchste gemessene Spannung: 1,3 kg/2,5cm bei 20% rF (entspricht 520 N/m)
HEDLEY 1988
Leinengewebe, vorgeleimt, Bleiweiß-Kreide-Grundierung, etwa 300g/m², 14,2x15 Fäden/cm², Hinterspannung eines Gemäldes von 1866-68, Probengröße 2,5 x 15cm
uniaxiale Zugprüfmaschine (Fa. Instron), wechselnde Klimabedingungen
Höchste gemessene Spannung: 1,2 kg/2,5cm bei 10% rF (entspricht 480 N/m)
HEDLEY 1988
Ehemals doubliertes Ölgemälde mit dickem Firnis von 1920-35, Leinengewebe Twill-Webung (2:1), 15,7x17,7 Fäden/cm², Probengröße 2,5 x 15cm
uniaxiale Zugprüfmaschine (Fa. Instron), wechselnde Klimabedingungen
Höchste gemessene Spannung: 1,9 kg/2,5cm bei 20% rF (entspricht 760 N/m)
HEDLEY 1988
Ölgemälde von 1912, Probengröße 1,25 x 15cm
uniaxiale Zugprüfmaschine (Fa. Instron), wechselnde Klimabedingungen
Höchste gemessene Spannung: 1,2 kg/2,5cm bei 20% rF (entspricht 480 N/m)
BERGER, RUSSELL 1989
Leinengewebe 25x 25 cm + 1 cm Rand zum Aufspannen, 225g/m², 12x12 Fäden/cm², synthetische Vorleimung, Ölgrundierung
eigenes biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Es wurde eine zum Feuchtigkeitsgehalt antiproportionale Spannungsänderung festgestellt: bei 10% rF bestand eine Spannung von 450 N/m, bei 100% rF von 120 N/m
Bei normalem Klima Schwankungen um 200% in der Spannung
481 TOST 2005, S. 12; YOUNG, HIBBERD 1999, S. 137.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
87
BERGER, RUSSELL 1989
Leinengewebe 25x 25 cm + 1 cm Rand zum Aufspannen, 200 g/m², 15x18 Fäden/cm², Acrylleimung, Acrylgrundierung
eigenes biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Bei 100% rF werden Höchstspannungen von über 950 N/m erreicht, bei 10% rF sind es nur 60 N/m.
BERGER, RUSSELL 1989
Leinengewebe allgemein eigenes biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
200 N/m Spannung ist zu stark (es tritt plastische Verformung auf) 100N/m ist eine „normale“ Spannung.
Bei Klimaschwankungen wurden wiederholt Spannungsänderungen von mehr als 1500% registriert. Die Autoren schließen nicht aus, dass bei sehr starken Leinwänden dieser Wert auch konstant überschritten werden kann.
BERGER, RUSSELL 1989
Panoramagemälde 1,5 m hoch, Ölfarbe
Am oberen Rand besteht konstant eine Spannung von 200-400 N/m
YOUNG, HIBBERD 1999
Superfine plain weave Belgian Linen (Russell & Chappell L184, 230g/m²) 25 x25 cm
selbstgebautes biaxiales Messsystem der Tate Gallery, London
4000 N/m ist zu stark gespannt. Höchstmögliche Beanspruchung ist 2000 N/m²; für 25x25cm bedeutet dies 500 N/m in jeder Richtung
Im gleichen Artikel schreiben die Autoren, dass 30-60 N/m in jeder Richtung gleichwertig mit der Spannung eines neu aufgespannten oder doublierten Gemäldes sei.
BERGER, RUSSELL 2000, S. 277ff
Verschiedene Gewebe, Zusammenfassung von 18 Jahren Forschung
biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
lange haltbar ist nur eine Spannung von oder unter 100 N/m (MST)
Bei stärkeren Geweben können auch 200-300 N/m als Dauerspannung auftreten
BERGER, RUSSELL 2000, S. 277ff
Leinengewebe, vorgeleimt und grundiert mit Acrylhaltigem Bindemittel, 210g/m², 15x18 Fäden/cm²
biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Zwischen 10 und 100% rF treten Spannungen von 90 –750 N/m auf.
Es können Schwankungen bis 1500% auftreten.
BERGER, RUSSELL 1988
Rohes, schweres Leinengewebe 11,2 Doppelfäden/cm in Schuss- , 10 Doppelfäden in Kettrichtung pro cm, 350g/m²
biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Dauerhafter Zug ohne Schädigung: 170 N/m, bei Anstieg der Luftfeuchte Spannungsmaximum bei 230 N/m
BERGER, RUSSELL 1988
Leichtes Leinengewebe (16,6 F/cm, 200g/m²), ungeleimt, ungrundiert
biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Maximalwert bei hoher Luftfeuchte: 280 N/m
BERGER, RUSSELL 1988
Vorgeleimtes Leinengewebe biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Langsames Trocknen und Befeuchten: Maximalwerte von 260 N/m; Sprunghaftes Trocknen von 75 auf 40%: 380 N/m
Reagiert umgekehrt oder gedämpft auf Klimaschwankungen, frisch grundiertes Gewebe reagiert sehr ähnlich
BERGER, RUSSELL 1988
100 Jahre altes, vorgeleimtes und ölgrundiertes Leinengewebe
biaxiales Messsystem („The Berger/Russell biaxial stress tester for stretched canvas“)
Schnelle Klimawechsel: bis 200N/m
BERGER, RUSSELL 1988
Ölgemälde von 1974 biaxiales Messsystem („Berger/Russell bi-axial stress tester for stretched canvas“)
Spannungen bis 340 N/m
TOST 2005
Unbehandeltes, ungealtertes Leinengewebe (2,5 cm+ 5mm ausgefranste Seiten, Einspannlänge 10 cm) 14,3 x 13,4 Fäden/cm², 308,6 g/m², Schlichte vorhanden, Hersteller: Kremer Pigmente
Uniaxiale Zugprüfung, Zwick-Zugprüf-maschine, Firma Roell; obere Kraftgrenze 8N, Prüfgeschwindigkeit 20 mm/min, Ausgangs-länge: > 100mm
Höchstzugkraft 823 N (3292 N/m)
Höchstzugkraft, die kurz vor dem Reißen des Gewebes erreicht wird.
TOST 2005
künstlich gealtertes Leinengewebe (2,5 cm+ 5mm ausgefranste Seiten, Einspannlänge 10 cm) 14,3 x 13,4 Fäden/cm², 308,6 g/m², Schlichte vorhanden, Hersteller: Kremer
Uniaxiale Zugprüfung, Zwick-Zugprüfmaschine, Fa. Roell; obere Kraft-grenze 8N, Prüfge -schwindigkeit 20 mm/min, Ausgangs-länge: > 100mm
Höchstzugkraft 655 N (2620 N/m)
Höchstzugkraft, die kurz vor dem Reißen des Gewebes erreicht wird.
Tabelle 7: Bisherige Forschungsergebnisse zu (Höchst-) Spannungen in Leinwandgemälden
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
88
Die oben aufgeführten Forschungsergebnisse zeigen, dass durchaus sehr inkongruente Resultate erzielt wurden. Dies
liegt unter anderem an abweichenden Versuchsaufbauten, vor allem aber an der Unterschiedlichkeit der getesteten
Gewebe. Sie ergeben sich aus der Garnherstellung, Faserart, Faserlänge, Fadendurchmesser, Fadendrehung, Webart,
Fadendichte, Umschlingungswinkel, Leinwandbehandlung vor oder nach dem Weben, Größe des Probestücks und
schließlich dem Degradationsgrad des textilen Trägers. In der Praxis kommen in jedem Fall die Bildschicht aus
mehreren unterschiedlichen Schichten, sowie gegebenenfalls die Vorleimung hinzu. Diese Fülle an Einflussfaktoren und
Kombinationsmöglichkeiten erschwert eine allgemeine Vorhersage der zu erwartenden Spannungsmaxima in einem
Gemälde beträchtlich. Die Spannungen, denen eine Rissverklebung ausgesetzt sein wird, sind also vielfältig und in ihrer
Höhe nicht theoretisch vorhersehbar. Es kann jedoch in etwa eine Einschätzung vorgenommen werden. Die genannten
Spannungswerte für grundierte oder bemalte textile Träger liegen zwischen 60 und 950 N/m. Man könnte daher
annehmen, dass ein großes Gemälde mit dicker Malschicht und grober Leinwand bei feuchtem Klima Spannungen von
950 N/m erreicht. Dies entspräche bei 10 Fäden/cm einer Belastung 95 cN pro Faden. Dagegen weist ein kleines, locker
aufgespanntes Gemälde in trockenem Klima vermutlich eher Spannungen um 60 N/m auf. Das entspräche etwa 6
cN/Faden bei 10 Fäden/cm. Diese Werte werden von den in dieser Arbeit gemessenen
Resultaten bei weitem überschritten. Selbst die schwächsten Klebemittel wie z.B. Plextol D360 oder Beva 371 würden
diesen Anforderungen genügen.
Es ist jedoch zu bedenken, dass die Fäden in Geweben schlechter zu er-reichen sind als die in dieser Arbeit verwendeten
einzelnen Fäden. Daher ist mit niedrigeren Ergebnissen bei Rissverklebungen in Geweben zu rechnen. Zudem hält eine
Klebung nur so gut wie ihr schwächstes Glied, wie im folgenden Versuch nachgewiesen wird. Daher muss nicht der
Mittelwert, sondern der niedrigste erreichte Wert eines Klebemittels einberechnet werden. Ein weiterer wichtiger Punkt
ist, dass bei Versuchen von Berger und Russell bei „normalen Klimaveränderungen“ Spannungsschwankungen von
mehr als 1500% auftraten.482
Nehmen wir z.B. an, dass in einem Gemälde normalerweise eine Spannung von 500 N/m vorherrscht, also bei 10x10
Fäden/cm² die Verklebung pro Faden 50 cN aushalten muss. Sicherheitshalber sollte auf diesen Wert 10%
aufgeschlagen werden, da die Fäden im Gewebe schlechter zu erreichen sind (also 55 cN/Faden). Da dieser Wert um
1500% schwanken kann, kämen Höchstlasten von 825 cN pro Faden auf. Dieser Wert wird nur von wenigen getesteten
Klebemitteln mit ihrem Durchschnittswert erreicht (Störleim-Weizenstärkekleister und Mowilith D50). Wenn der
niedrigste erreichte Wert der Testreihen in Rechnung gestellt wird, genügt keines der getesteten Klebemittel der
Anforderung. Allerdings handelt es sich bei Schwankungen um 1500% um Extrembelastungen, die in den seltensten
Fällen auftreten, etwa bei Wasserschäden oder starken Stoßbelastungen. In diesen Fällen wäre eine erneute Öffnung der
Rissverklebung zu vertreten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die voraussichtlich weniger hohe Zugbeständigkeit der getesteten Klebemittel unter
langzeitigen Zugbelastungen, wie sie an Gemälden normalerweise vorherrschen. Auch ein Nachlassen der Belastbarkeit
der Klebstoffe durch ihre Alterung sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Für die Anforderungen an die Festigkeit einer einzelnen Fadenverklebung bedeutet dies, dass wegen der schwer
vorauszusehenden Höchstlast immer eine möglichst hohe Zugbeständigkeit angestrebt werden sollte.
6.2 Versuchsaufbau In diesem Versuch soll geklärt werden, ob die in Kapitel 5 gewonnenen Erkenntnisse zur Zugbeständigkeit der
Klebemittel an Einzelfadenverklebungen auch auf Risse und Schnitte in Geweben übertragbar sind. Zur Überprüfung
482 BERGER, RUSSELL 1989, S. 198.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
89
erfolgte eine Verklebung an Schnitten in Geweben. Dazu wurde das Gewebe „Leinwand 165“ der Firma Kremer-
Pigmente verwendet. Es wurde aufgrund des vergleichbaren Fadendurchmessers mit den Prüflingen der
Einzelfadenverklebungen ausgewählt. Das Leinengewebe hat eine Fadendichte von 11,5 Schuss- x 12 Kettfäden/cm²
und ein Gewicht von 160g/m². Auf den Fäden befindet sich eine Schlichte aus unbekannter Substanz, die mit wässrigen
Lösungen und Lösungsmitteln nicht entfernt werden kann (s. auch Kapitel 9.5).483
Wegen des Poisson-Effekts beim Ziehen von Gewebestreifen (das Gewebe zieht sich in der Mitte zusammen) sollten
möglichst breite Streifen verwendet werden. Gleichzeitig sollte die Zugmaschine trotzdem das Reißen des kleinen
Risses feststellen können. Aus dem Gewebe wurden daher Streifen von 4 x 23 (Schussrichtung) cm entnommen, und in
Abstand von 15 cm von der Webkante484 10 Schussfäden mit einer Mikroschere durchschnitten (Schnittlänge ca. 8 mm).
Ein Kettfaden wurde an dieser Stelle entfernt, um eine Überlappung zu ermöglichen. Es wurden die Schussfäden
zerschnitten, da sie eine geringere Wellung als die Kettfäden aufweisen und daher ein exakteres Abschätzen der
Überlappung ermöglichen. Anschließend wurde das Gewebe an der Schnittstelle mithilfe von Gewichten so positioniert,
dass eine Überlappung von 1 mm entstand. Dabei entstanden seitlich im unverklebten Gewebe leichte Zwickelfalten.
Aufgrund des hohen Zeitaufwands für die Klebungen wurden diese von mehreren Personen durchgeführt. Dabei stellte
sich heraus, dass die Qualität der Klebungen sehr unterschiedlich war. Viele Rissverklebungen mussten daher von
vornherein aufgrund zu geringer Überlappung, zuwenig oder zuviel Klebstoff aus der Auswertung der Versuche
genommen werden, sodass pro Klebstoff nur noch 7-10 Prüflinge für die Tests zur Verfügung standen. Die Arbeitszeit
variierte dabei zwischen 15 Minuten und zwei Stunden pro Riss mit zehn Fäden. Die Qualität der Verklebungen war
nicht von der aufgewendeten Zeit abhängig.
Die Prüflinge wurden zehn Wochen lang gelagert und anschließend eine Woche an das Prüfklima von 55% relativer
Feuchte und 20 °C angeglichen.
Für den Zugtest wurde prinzipiell die gleiche Einstellung an der Zugmaschine verwendet wie für die Tests an
Einzelfäden. Es wurden lediglich breitere Einspannvorrichtungen angebracht, eine Messdose mit größerem Messbereich
(bis 2,5 kN) verwendet und bei den angefragten Parametern der Durchmesser der Leinenfäden durch die Angaben 400
mm Breite und 80 g/m² ersetzt. Die Gewebestreifen wurden mittig und fadengerade eingespannt.
Die Zugmaschine sollte im Idealfall schon das Reißen eines einzelnen Fadens bemerken und die Prüfung abbrechen.
Dies war jedoch nicht möglich, da an ca. 50 Fäden gleichzeitig gezogen wurde und die Maschine für das Registrieren
eines einzelnen gerissenen Fadens so sensibel eingestellt werden musste, dass kleinste Unregelmäßigkeiten im
Zugverlauf zum vorzeitigen Abbruch der Prüfung führten.
Daher mussten die Einstellungen etwas „unsensibler“ eingerichtet (siehe Kapitel 9.7 Einstellungen der Zugmaschine)
und die Prüflinge während des Zugvorgangs genau beobachtet werden, sodass im Falle eines von der Maschine
unbemerkten Öffnen des Risses die Prüfung manuell abgebrochen werden konnte und diese somit immer noch
auswertbar war. Dies war bei ca. 50% der Prüflinge der Fall. Dies bedeutet, dass beim Erheben der Höchstzugkraftwerte
als subjektiver Faktor der Beobachter der Rissöffnung einen gewissen Einfluss hat.
6.3 Diskussion der Ergebnisse Bei den Zugtests an Rissverklebungen in Gewebestreifen wurden folgende Beobachtungen gemacht: Beim Prüfen der
Referenzproben ohne Schnitt und ohne Verklebung zeigte sich der Einfluss des Poisson-Effekts sehr deutlich. Die
äußeren vertikalen Fäden werden bei Zug am stärksten belastet und reißen als erste, da sie durch das Zusammenziehen 483 Freundliche schriftliche Mitteilung von Dr. Kremer, Fa. Kremer Pigmente, Aichstettten am 13.03.2008. Angaben zum Schlichtenmaterial konnten
nicht gemacht werden. Eine Analyse war ebenfalls erfolglos. 484 In Anlehnung an DIN 53803-2 müssen Gewebeproben einen Abstand von mindestens 100 mm zur Webkante haben. Diese 10 cm werden in den
vorliegenden Versuchen zwar nicht abgeschnitten, jedoch auch nicht in die Zugmaschine eingespannt.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
90
des Gewebestreifens in der Mitte die stärkste Verlängerung erfahren. Dagegen verhalten sich die mittleren vertikalen
Fäden des Gewebestreifens, in denen auch der verklebte Riss liegt, länger stabil. Ein erstes Reißen der Fasern konnte
bei Zugkräften um 85.000 cN bemerkt werden.
Das Gewebe selbst dehnt sich bei Belastung zunächst schnell aus. Dabei richten sich die vertikalen Fäden so gerade wie
eben möglich aus (bis ca. 2200 cN, zu sehen an einer kleinen Stufe im Kurvenverlauf). Erst danach kommt es zur
eigentlichen Belastung der Klebestellen. Die Höchstzugkraft auf jedem einzelnen Faden fällt dadurch insgesamt höher
aus als bei den einzelnen Fäden der vorhergegangenen Versuchsreihen.
Die beiden genannten Faktoren, der Poisson-Effekt und das anfängliche Dehnen des Gewebes vor der eigentlichen
Belastung der Klebung, bergen Schwierigkeiten für die Auswertung der Ergebnisse in sich. Sie sind daher nicht direkt
mit den Zugprüfungen an Einzelfäden vergleichbar. Vorher müssten die genaue Zugkraft bis zur geraden Ausrichtung
der vertikalen Fäden sowie der Einfluss der Spannungsverteilung im Gewebestreifen herausgerechnet werden.
Das Versagen der Rissverklebungen hängt in den meisten Fällen vom schwächsten verklebten Faden ab. Sobald dieser
reißt, erhöht sich die Spannung auf den danebenliegenden Fäden ruckartig, sodass diese ebenfalls reißen und der Riss
sich rasch vergrößert. Es wird deutlich, dass äußerste Sorgfalt bei der Verklebung von Rissen geboten ist, da die
Belastbarkeit der Klebung von der schwächsten Einzelfadenverklebung abhängig ist. Besonders eindrücklich konnte
dieses Phänomen bei den relativ spröden Klebstoffen Epoxidharz und Störleim-Weizenstärkekleister, aber auch bei
Mowilith D50 beobachtet werden. Bei den Polyamidverklebungen kam es dagegen zu einer langsameren Abfolge im
Nachgeben der einzelnen Klebestellen. Allerdings kann dieses Verhalten angesichts der geringen Anzahl an Prüflingen
nur als Tendenz angesehen werden, die weiterer Prüfung bedarf. Für weitere Versuche wäre eine langsamere
Zugkrafterhöhung anzuraten.
Die Ergebnisse der Höchstzugbelastungen an Rissverklebungen in Gewebestreifen können dagegen noch nicht einmal
eine Tendenz für die Übertragbarkeit der Belastbarkeit von Einzelfadenverklebungen auf Verklebungen in
Gewebestrukturen aufzeigen. Sie bieten bestenfalls Anhaltspunkte für weitere Forschungen. Dazu wäre die Erhebung
von deutlich mehr Datensätzen und ein äußerst genaues Vorgehen bei der Klebung der Risse notwendig. Möglichst
sollte eine Person mehrere Risse in einer einheitlichen Güteklasse verkleben.
Die bisher erhobenen Datensätze befinden sich im Anhang (Kapitel 9.6). Bei den Polyamidklebungen kam es zu einer
Zunahme der Zugbeständigkeit durch eine längere Lagerung zwischen der Klebung und dem Zugversuch als bei den
vorhergegangenen Versuchen. Sie werden deshalb hier nicht aufgeführt.
Bei 2200 cN findet vermutlich die Ausdehnung der Gewebestreifen durch die Ausrichtung der Fäden ein Ende. An
diesem Punkt zeigt sich, wie bereits beschrieben, eine kleine Stufe im Kurvenverlauf bei allen Prüfungen. Dieser Wert
wird daher von den gemessenen Höchstzugkraftwerten abgezogen. Es ist jedoch nicht sicher, ob die Dehnung nicht auch
noch weiter verläuft und somit ein höherer Wert abgezogen werden müsste.
Unter diesen Voraussetzungen ergeben sich folgende Resultate: Klebstoff Einzelfäden
allgemeiner Versuch cN
Einzelfäden Personenbezogener Versuch cN
Anzahl der verklebten Gewebestreifen
Schnitte Gewebestreifen minus 2200 cN
Belastungs- fähigkeit der
Risse in % Θ
Belastungs-fähigkeit der Risse in % Θ
Störleim
Weizenstärke
854 683 7 6.707 78 % 98 %
Mowilith D50
95%
1067 948 8 10.235 95 % 108 %
Epoxidharz 797 655 12 7.134 89 % 109 % Θ bezogen auf 10 Einzelfäden des allgemeinen Versuchs
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
91
Übertragbarkeit der Ergebnisse an Einzelfäden auf Klebungen in Gewebestrukturen
0
2000
4000
6000
8000
10000
12000
Störleim-Weizenstärke Mowilith D50 95% Epoxidharz
cN
10 Einzelfäden allgemeiner Versuch cN
10 Einzelfäden personenbezogener Versuch cN
Schnitte mit 10 verklebten Fäden in Gewebestreifen(minus 2000 cN)
Diagramm 21: Übertragbarkeit der Ergebnisse an Einzelfäden auf
Klebungen in Gewebestrukturen
Die Ergebnisse können mit zwei unterschiedlichen Referenzwerten interpretiert werden. Wenn die im
personenbezogenen Versuch ermittelten Zugbeständigkeiten als Referenzwert für die Belastbarkeit einer einzelnen
Verklebung zugrunde gelegt werden, wird deutlich, dass sich die Ergebnisse der Einzelfadenverklebungen in dieser
Arbeit direkt etwa 1:1 auf die Belastbarkeit von Fäden in Gewebestrukturen übertragen lassen. Die Schwankungen
zwischen 98 und 109 % sind auf die geringe Menge der Prüflinge (7-12) und die unterschiedlichen die Klebung
ausführenden Personen (15 Testpersonen) zurückzuführen.
Würde man die Zugbeständigkeit der ersten allgemeinen Versuchsreihe anstatt der personenbezogenen Versuchsreihe
als Referenzwert verwenden, ergäbe sich eine Reduktion der Zugbeständigkeit der einzelnen Klebungen im
Gewebeverbund auf 95 bis 78%. Es fände also ein tendenzieller Rückgang der Beständigkeit durch die Klebung in einer
Gewebestruktur statt. Dieser ließe sich durch die Schwierigkeiten bei der Verklebung im Gewebeverbund durch die
eingeschränkte Zugänglichkeit der Fäden und die erschwerte Modellierbarkeit der seitlichen Fasern erklären. Die Höhe
der jeweiligen Abnahme in der Zugbeständigkeit besitzt aufgrund der geringen Anzahl an Prüflingen keine
Aussagekraft.
Welche der beiden Interpretationsansätze richtig ist, kann nur durch weitere Untersuchungen geklärt werden.
Im Anschluss wurden auch die „misslungenen“ Rissverklebungen getestet und einige interessante Beobachtungen
gemacht. Auffällig bei den Klebungen mit Störleim-Weizenstärkekleister war, dass eine Verringerung der Überlappung
der Fadenenden auf 0,2 bis 0,5 mm keine Abnahme der Zugbeständigkeit bedeuten muss (Tendenz anhand von 3
Prüflingen). Gleichzeitig ergibt sich aus der Verwendung von übermäßig viel Klebstoff keine automatische Zunahme
der Zugbeständigkeit (Tendenz anhand von 2 Prüflingen), sondern es kommt bei diesem Klebstoff vor allem auf die
Sorgfalt bei der Verbindung der Fäden an. Einen weiteren Hinweis auf diesen Zusammenhang stellen drei Prüflinge dar,
die während der anfänglichen Dehnung unter 2200 cN rissen. Das bedeutet, dass der Riss sich schon öffnete, als die
Fäden sich erst gerade im Gewebe ausrichteten. Bei den anderen Klebstoffen trat kein einziger solcher Fall auf. Dies
kann nur als eine sehr schlechte Verbindung der Fasern gedeutet werden. Diese Ergebnisse wurden daher aus der
Wertung genommen. Vor den Zugversuchen ließ sich diese ungenügende Verbindung der Fasern nicht erkennen.
Vermutlich lassen sich mit diesem Klebstoff schnell und leicht optisch befriedigende Resultate erzielen, die trotzdem
nur geringen Zugbelastungen standhalten können. Es muss daher umso dringlicher auf die sorgfältige Verarbeitung bei
der Klebung geachtet werden.
Empfehlenswert in der Praxis ist eine empirische Kontrolle der Belastbarkeit nach 1-2 Tagen mithilfe einer Sonde.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
92
Auch bei den Klebungen mit Mowilith D50 (95%) war auffällig, dass eine geringere Überlappung keine Abnahme in
der Zugfestigkeit nach sich zieht. Diese Tendenz wurde anhand von drei Prüflingen mit 0,5 mm Überlappung
festgestellt, die alle über dem Durchschnitt der Verklebungen mit 1 mm Überlappung lagen.
Bei den Epoxidharzklebungen stellte sich heraus, dass die Belastbarkeit in keinem Zusammenhang mit der Überlappung
steht. Die Verwendung von übermäßig viel Klebstoff oder die probeweise Anwendung von Druck485 während der
Aushärtung, die bei Klebungen an Geweben im Gegensatz zu Klebungen an einzelnen Fäden möglich ist, erhöhten die
Zugbeständigkeit der Klebungen deutlich.
Insgesamt sollte bedacht werden, dass das in diesem Versuch verwendete Gewebe vergleichsweise weite Abstände
zwischen den Fäden hat und daher in ähnlicher Weise wie die Einzelfäden verklebt werden konnte. Auch hatten die
verwendeten Fäden in etwa einen ähnlichen Durchmesser. Nur diese Umstände erlauben unter Vorbehalt einen
Vergleich mit Werten der Einzelfadenverklebungen. Die Ergebnisse der Versuchsreihe zeigen, dass die leicht
unterschiedliche einachsige Zugbelastung eines Fadens in einem Gewebe keinen großen Einfluss auf die
Zugbeständigkeit im Vergleich zu einem Einzelfaden hat. Diese Tendenz muss jedoch weiter überprüft werden.
Versuche von Heiber zeigten ein anderes Verhalten von Klebungen in Gewebestreifen: Fäden in verklebten
Gewebestreifen hielten nur 35% der Zugbelastung einer vergleichbaren Einzelfadenverklebung aus.486 Gründe wurden
in der höheren Belastung der äußeren Fäden durch den Poisson-Effekt und in der Art der Messung gesehen. Während
bei den Einzelfadenverklebungen eine kontinuierliche Steigerung der Zugkraft stattfand, wurden die Gewebestreifen
über mehrere Tage in Stufen weiter belastet. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Klebungen zwar kurzfristig hohe
Spannungen aushalten können, diese aber auf Dauer nicht halten können und bei stetiger Belastung früher nachgeben.
7 Zusammenfassung der Ergebnisse Zu Beginn dieser Arbeit wurden die bisherigen Forschungen und Klebstoffe für die Rissverklebung zusammengefasst.
Dabei stellte sich heraus, dass bisher eine Vielzahl unterschiedlichster Klebstoffe angewendet wurde.
Als Grundlage für die Versuche wurde ein umfassender, vergleichender Überblick über zahlreiche für die
Rissverklebung in Frage kommende Klebstoffe mit ihren wichtigsten Eigenschaften erarbeitet. Gleichzeitig fand eine
Auseinandersetzung mit dem zu verklebenden Werkstoff Leinengarn und den theoretischen Grundlagen der Klebung
statt.
Es wurde entschieden, die Versuche an einzelnen Fäden durchzuführen, um mögliche Einflüsse des Gewebes, die eine
Interpretation erschweren könnten, auszuschließen. Um die Versuche reproduzieren und weiterführen zu können, wurde
ungealtertes Fadenmaterial verwendet.
Durch den allgemeinen Vergleich der Zugbeständigkeit von Klebungen mit über 30 verschiedenen
Klebstoffzusammensetzungen im ersten Teil der Versuche wurde erstmals eine Übersicht über die Zugbelastbarkeit
einer breiten Klebstoffauswahl erstellt. Alle Versuche wurden statistisch aus-gewertet. Dabei stellte sich heraus, dass
Acryldispersionen und Acrylschmelzen nur geringfügig belastbar sind. Unter den Schmelzklebstoffen hatte das
Polyamid-Textil-Schweißpulver der Firma Lascaux die höchste Zugbeständigkeit, trotz niedrigerer Schmelztemperatur
und vermutlich auch geringerer Kettenlänge als andere Polyamidtypen. In Zusammenhang mit Störleim wurden
verschiedene Modifikationen getestet. Am belastbarsten erwies sich die häufig verwendete Mischung aus Störleim mit
Weizenstärkekleister. Die Zugbeständigkeit kann durch Trocknung ohne Wärmequelle weiter verbessert werden. Aber
485 Versuchsweise wurden zwei Rissverklebungen direkt nach der Klebung mit Silikonpapier und 260g-Eisengewichten eine Stunde lang beschwert.
Das Gewicht verteilte sich auf eine Fläche von 13,13 cm², es lag also eine Belastung von 19,8 g/cm² vor. 486 HEIBER 1996, S.35.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
93
auch Störleim allein, wenn er in Gelform und nicht als Lösung aufgetragen wird, kann ausgesprochen hohe
Festigkeitswerte erzielen, die sogar über denen von Störleim-Reisstärkekleister liegen. Die modifizierten
Störleimlösungen ergaben insgesamt hohe Zugbeständigkeiten. Sie wurden nur von der Polyvinylacetatdispersion
Mowilith D50 übertroffen. Die Zugfestigkeit der Epoxidharzverklebungen mit Uhu-plus-schnellfest lag
unerwarteterweise unter der Zugfestigkeit von Störleim-Weizenstärkekleister-Klebungen. Optisch am vorteilhaftesten
er-wies sich eine Mischung aus Störleim mit JunFunori, bei der allerdings Einbußen in Bezug auf die Zugbeständigkeit
in Kauf genommen werden müssen.
Darauf aufbauend wurden mit Störleim-Weizenstärke, Polyamidpulver, Mowilith D50 und Epoxidharz weitere
Versuche durchgeführt.
In einem personenbezogenen Versuch mit mehreren „Test-Verklebern“ stellte sich heraus, dass die Klebungen bei allen
Klebstoffen stark personen-abhängig sind. Die Verklebung von Rissen sollte daher immer mit größter Sorgfalt erfolgen.
Insgesamt stellte sich heraus, dass Störleim-Weizenstärkekleister sehr gute Verarbeitungseigenschaften aufweist und
nach der Trocknung relativ gute optische Eigenschaften besitzt. Die Klebungen sind zudem jederzeit reversibel. Vor
allem die Modellierung der Klebestelle ist bei diesem Klebstoff ausschlaggebend für die spätere Zugfestigkeit. Bei
Verwendung von Mowilith D50 ist ein sehr schnelles und präzises Vorgehen bei der Klebung nötig. Daher erfordert
dieser Klebstoff einige Übung, die durch die höchste Zugbeständigkeit der getesteten Klebstoffe belohnt wird. Ein
großer Vorteil des Polyamidpulvers ist die einfache und schnelle Verarbeitung. Nachteilig ist die Farbtonvertiefung an
der Klebestelle. Die Epoxidharzklebungen bereiteten vor allem an einzelnen Fäden Schwierigkeiten, da eine Fixierung
der Klebestellen bis zur Aushärtung nicht möglich war. Die benötigte Klebstoffmenge wird schnell überschätzt. Die
größte Schwachstelle der Epoxidharzklebungen ist die Adhäsion.
Bei den Versuchen zum klimaabhängigen Verhalten der Verklebungen stellte sich heraus, dass es entgegen den
Erwartungen bei Störleim-Weizenstärkekleister zu einer vergleichsweise geringen Abnahme der Zugbeständigkeit durch
zyklische Klimaschwankungen kam. In besonders feuchtem Klima kam es bei diesem Klebstoff sogar zu der geringsten
Abnahme der Zugbeständigkeit unter allen Klebstoffen. In trockenem Klima verbesserte sich die Beständigkeit deutlich.
Damit verhält sich die Störleim-Weizenstärkekleistermischung in diesen Versuchen besser als allgemein angenommen.
Bei Mowilith D50 kam es zu einem stärkeren Nachlassen der Zugbeständigkeit nach den zyklischen Klimabelastungen.
Auch durch den Einfluss des feuchten Klimas verringerte sich die Zugbeständigkeit stärker als bei Störleim-
Weizenstärkekleister. In trockener Umgebung steigt die Zugbeständigkeit auch bei diesem Klebstoff. Die
Polyamidklebungen nahmen im Verlauf der Wartezeiten zwischen den Versuchen an Zugfestigkeit beständig zu. Dies
ist durch eine Rekristallisation und damit Zunahme an Kohäsion zu erklären. Auch nach den zyklischen Klima-
schwankungen blieb diese Tendenz unverändert. Eine dramatische Abnahme der Zugbeständigkeit fand erst bei länger
andauerndem sehr trockenem oder sehr feuchtem Klima statt. Bei Epoxidharz war nach der zyklischen Klimabelastung
die geringste Abnahme an Zugfestigkeit festzustellen. Ein starkes Nachlassen war dagegen bei der Konditionierung in
feuchtem Klima zu beobachten. Eine Erklärung für dieses Phänomen konnte nicht gefunden werden. In trockenem
Klima kam es zu einer deutlichen Zunahme der Höchstzugkraft.
Bei der Prüfung der Anwendbarkeit der Ergebnisse auf Klebungen im Gewebeverbund stellte sich heraus, dass keine
verlässlichen Angaben über die maximalen Spannungswerte, denen eine Rissverklebung ausgesetzt sein kann, gemacht
werden können. Daher sollte eine möglichst hohe Belastbarkeit angestrebt werden. Die Verklebung von Schnitten in
Geweben ergab, dass aufgrund der erschwerten Erreichbarkeit der einzelnen Fäden von allen Seiten mit einer Abnahme
der Höchstzugkraft von etwa 20% pro Faden zu rechnen ist.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
94
Abschließend soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass bei den Messungen Zugkräfte nur in einer Richtung
ausgeübt wurden, und nicht in mehrere Richtungen, wie es bei einem Gemälde der Fall ist. Außerdem fanden statische
Belastungen, die durch die Aufspannung des Gemäldes auf jedem Faden lasten, keine Berücksichtigung. Trotz dieser
Einschränkungen bietet die Arbeit erstmalig einen umfassenden Überblick über die Eigenschaften einer Vielzahl von
Klebstoffen für die Rissverklebung an Leinengeweben.
8 Ausblick Im Rahmen dieser Arbeit konnten einige geeignete Klebstoffe für die Rissverklebung getestet werden. Es sind jedoch
weitere Modifikationen und andere Materialien denkbar. So sollte z.B. die Auswahl der Polyvinylacetate nochmals im
Hinblick auf die am Markt erhältlichen Produkte verschiedener Hersteller ergänzt werden. Forschungen zum Aspekt der
Zusammensetzung und den Alterungseigenschaften der PVAC-Dispersionen für die Anwendung in der Restaurierung
wären dringend notwendig, da die bisher gebräuchlichen Produkte nicht mehr produziert werden. Ebenso ist hier der
Einsatz von Wärme zur Verbesserung der Zugbeständigkeit von PVAC-Klebungen von Interesse, der in dieser Arbeit
leider nur ansatzweise, aber mit guten Ergebnissen getestet wurde.
Auch bei der Gruppe der Epoxidharze könnten weitere Tests mit verschiedenen Produkten aufschlussreich sein, weil
durchaus andere Zug- und Klimabeständigkeiten als mit dem in der vorliegenden Arbeit getesteten UHU schnellfest
erreicht werden könnten. Auch durch die Modifikation mit Füllstoffen oder Veränderungen der Klebetechnik könnten
Verbesserungen erreicht werden.
Gerade das als klimabeständig geltende Epoxidharz stellte sich in den Versuchen dieser Arbeit als ungeeignet bei hohen
relativen Feuchten heraus. Dies gilt zumindest für den Typ Uhu schnellfest. Die Tendenz sollte aber auch an anderen in
der Restaurierung verwendeten Epoxidharzen überprüft werden.
Denkbar wären weiterhin andere Celluloseether als Verdickungsmittel für Störleim. Geeignet erscheinen vor allem
hochmolekulare Methylcellulosen. Dabei sollten mehrere Typen und deren notwendige Konzentration überprüft
werden. Zudem wäre die Modifikation von Störleim mit Honig bzw. Glucose sehr interessant, da sie eine höhere
Flexibilität erzeugen und Spannungen bei Feuchtigkeitswechseln verringern sollen.487 Auch Zusätze, die Störleim zum
Vernetzen bringen und damit die Kohäsion erhöhen, wie Glanzer und Wuntschek es vorschlagen,488 könnten überprüft
werden. Nachteilig wären dabei die verringerte Wiederbearbeitbarkeit und Reversibilität der Klebungen. Ebenfalls
lohnenswert könnte die Beschäftigung mit der Verbesserung der Zugbeständigkeit von Störleim-Weizenstärkekleister-
Verklebungen durch Trocknung ohne Zuhilfenahme einer Wärmequelle sein. Mögliche Verbesserungen der
Klebetechnik wären z.B. die Anwendung von Druck oder die Beschleunigung der Trocknung ohne den Einsatz von
Wärme. Auch könnte die Verwendung von Gelatine statt Störleim ausprobiert werden. Eine Mischung aus Gelatine und
Weizenstärkekleister ist laut Ackroyd flexibler und klebt besser als Störleim-Weizenstärkekleister.489
Bei der Gruppe der Polyamidschmelzklebstoffe sollte die Abhängigkeit der Zugfestigkeit von der Wartezeit untersucht
werden. Es stellen sich hierbei folgende Fragen: Wann und wie lange nimmt Polyamid an Festigkeit zu? Welches ist der
höchste Wert, der erreicht werden kann? Nimmt die Festigkeit nach einem Höhepunkt durch Alterung wieder ab?
Zudem sollte der Aspekt der Abnahme an Zugfestigkeit bei hoher relativer Feuchte weiter erforscht werden. Dabei ist
vor allem interessant, bei welchem Klima eine Abnahme der Zugbeständigkeit eintritt und wie lange sich die Klebung in
487 GLANZER 1995, S. 79. 488 Vgl. GLANZER 1995; WUNTSCHEK 1997. 489 Vgl. ACKROYD 1995, S. 87 (untersucht wird die Eignung als Doublierklebstoff).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
95
diesem Klima befunden haben muss. Auch der Vergleich mit anderen Polyamidtypen könnte aufschlussreich sein.490
Bei weiteren Tests mit Polyamiden sollten unbedingt auf gleich lange Lagerung bei gleichem Klimabedingungen
geachtet werden.
Aufgrund der schlechten Ergebnisse der Acryldispersionen und Acrylschmelzklebstoffe könnten hochkonzentrierte
Lösungen von Paraloid B72 und Degalan PQ611 auf ihre Eignung hin überprüft werden. Es ist anzunehmen, dass
Acrylharzlösungen eine bessere Adhäsion und Kohäsion als Dispersionen erzeugen und tiefer eindringen als die
Schmelzklebstoffe. Eventuell könnten die Klebungen mit einer Heiznadel nachbearbeitet werden. Massa schlägt die
Verwendung von thermoplastischen Poly-urethandispersionen vor.491 Auch diese könnten in weitere Versuche mit
aufgenommen werden.
Im Ausblick auf zukünftige Forschung wäre es wünschenswert, die Eigenschaften aller in der Restaurierung üblichen
Klebstoffe mit vergleich-baren Messungen zu untersuchen.
Zudem könnten Tests mit Klimabelastungen und Zugbelastungen bei extrem hohen und niedrigen Feuchtigkeitswerten
auch für die Klebstoffe erfolgen, die nach den Vorversuchen nicht weiter getestet wurden. Genauere Untersuchungen zu
den Veränderungen der Zugbeständigkeit bei verschiedenen Luftfeuchtigkeiten wären wünschenswert. Aufschluss
könnte eine Testreihe mit stufenweise erhöhten bzw. verringerten Luftfeuchtigkeiten und Zugtests bei allen Stufen
geben.
Auch die Abnahme bzw. Zunahme der Zugbeständigkeit der Klebstoffe im zeitlichen Verlauf könnte genauer untersucht
werden. In den vorliegenden Zugprüfungen wurden auch Dehnbarkeit (prozentuale Dehnung am Bruchpunkt) und
Elastizität (E-Modul) der Klebungen gemessen. Eine Auswertung der Ergebnisse hätte den Umfang der Arbeit
überstiegen, kann aber jederzeit anhand der Wertetabellen und Diagramme in Kapitel 9.8 durchgeführt werden.
Dehnbarkeit und Elastizität haben allerdings nur bedingte Aussagekraft, da immer der gesamte Prüfling, also Klebung
und Leinenfaden, gedehnt wurden.
Des Weiteren konnte die Thematik der Biegesteifigkeit und Reversibilität der Klebstoffe in dieser Arbeit nicht näher
untersucht werden und bietet somit Raum für weitere Untersuchungen. Auch die Schälfestigkeit der Klebungen ist von
Interesse, da sich bei hohen Luftfeuchtigkeiten die Umschlingungswinkel der Fäden im Gewebeverbund erhöhen und
somit Schälkräfte auftreten können.
Der durchaus wichtigen Frage nach der Veränderung der Zugbeständigkeit bei veränderter Belastungsart sollte weiter
nachgegangen werden. So sind Tests bei besonders langsamer oder besonders schneller Zuggeschwindigkeit denkbar,
aber auch die Veränderung der Belastbarkeit durch Vibrationen, wie sie z.B. bei Transporten auftreten. Die
Langzeitbelastbarkeit der Klebungen ist von besonderem Interesse. Für weiterführende Untersuchungen wurde im
Rahmen dieser Arbeit von vier Klebstoffen jeweils 15 Prüflinge mit jeweils acht Gramm Gewicht am unteren Ende für
einen Langzeitversuch angefertigt.
Entsprechend einer aufgespannten Leinwand sollten die Gewichtsbelastungen nicht nur in vertikaler, sondern auch in
horizontaler Richtung erfolgen. Interessant wäre daher das Testen von Verklebungen in Geweben mit biaxialen
Messgeräten.
Ein weiterer interessanter Punkt ist die Verteilung der Klebstoffe in der Leinenfaser und die Frage, inwieweit sie
eindringen und wie gleichmäßig sie verteilt sind. Dafür könnten die Klebstoffe oder Klebungen angefärbt und im
Mikroskop betrachtet werden.
490 PLÖTZ 2002 (S. 43) schlägt auch eine Copolyesterfolie als möglichen Schmelzklebstoff vor. Die Firma Schaetti bietet weitere thermoplastische
Klebepulver mit niedrigen Siegeltemperaturen an. 491 MASSA et al. 1991, S. 174.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
96
Worch schlägt weiterhin die Verbesserung der Adhäsion der Klebstoffe durch elektrostatische Aufladung vor.492 Auch
dieses Vorgehen könnte weiter untersucht werden.
Diese Fragestellungen sollten möglichst am gleichen Fadenmaterial geklärt werden, damit die Ergebnisse vergleichbar
sind. Zusätzlich könnte die Veränderung der Zugbelastbarkeit bei verschiedenen Fadenstärken aufschlussreich sein, da
sich bei feineren und dickeren Fäden unterschiedliche Probleme beim Klebemittelauftrag und der Verarbeitung ergeben.
Außerdem kann mit der Erprobung der Klebstoffe an anderen Fasermaterialien wie Baumwolle, Seide oder Kunstfasern
begonnen werden. Unterschiedliche Überlappungen oder „Stoß-auf-Stoß-Klebungen“ ohne Überlappung könnten
ebenfalls Gegenstand weiterer Forschung sein. Auch die Thematik der Adhäsion auf ölgenährten oder wachsgetränktem
Fadenmaterial ist ein weiteres Forschungsfeld. Desgleichen sollte der Einfluss von Vorfestigungen mit verschiedenen
Materialien auf die Klebungen untersucht werden.
Ein grundlegendes Thema weiterer Forschungen sollte außerdem die Klebung von Rissen in Geweben mit Malschichten
sein. Interessant ist hier vor allem, wie sich die Zugbelastung durch die steifere „Beschichtung“ verändert. Auch der
Frage, wie steif ein Klebstoff sein muss, damit der verklebte Riss sich nicht nach vorne oder hinten markiert, kann nur
an Geweben mit Malschicht nachgegangen werden. Ebenfalls sollte die Veränderung der Wasserdampfdiffusion
untersucht werden. Schlussendlich stellt sich die Frage nach der Belastung durch Erschütterungen und Feuchtigkeit bei
der Kittung auf Rissverklebungen. Insgesamt zeigt sich, dass zum Thema der Rissverklebung noch viele Fragen für
weitere Forschungen offen bleiben.
492 WORCH 2006, S. 28f.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
97
9.1 Bibliographie ACKROYD 1995 Paul Ackroyd: Glue-paste lining of paintings: an evaluation of the bond performance and relative stiffness of some glue-paste linings. In: Backing and Lining, UKIC Conference, (Totton, 7-8 Nov. 1995). Hrsg. von IIC London 1995, S. 83-91. ARSLANOGLU 2003 Julie Arslanoglu: Evaluation of the use of Aquazol as an adhesive. In paintings conservation. WAAC newsletter Vol. 25, Nr. 2, 2003, S. 12-18. ARSLANOGLU 2004 Julie Arslanoglu: Aquazol as used in conservation practise. WAAC newsletter Vol. 26, Nr. 1, 2004, S. 10-15. BECKER 2002 Laurence Becker: Möglichkeiten und Grenzen der Einzelfadenverklebung in der Textilkonservierung. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2002. BEIER 2000 Viola Beier: Auswirkungen von Nassreinigungen auf gealtertes Leinen. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2000. BEINER-BÜTH, BECKMANN 2007 Silke Beiner-Büth, Steffanie Beckmann: Faserbrei zur Schließung klaffender Risse - Ein Werkstattbericht. In: VDR-Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut, Heft 1/2 2007, S. 45-54. BERGER 1975 Gustav A. Berger: Heat-seal lining of a torn painting with BEVA 371. In: Studies in Conservation 20, 1975, S. 126-151. BERGER 1976 Gustav A. Berger: Formulating Adhesives for the Conservation of Paintings. In: Conservation and Restoration of Pictorial Art, Hrsg. von Norman Brommelle. London 1976, S. 169-180. BERGER 1984 Gustav A. Berger: Leserbrief an Maltechnik/ Restauro, Heft 2/1984, S. 68-71 und Stellungnahme dazu in Maltechnik /Restauro Heft 3/1984, S. 70. BERGER, RUSSELL 1984 Gustav A. Berger, William H. Russell: The new stress tests on canvas paintings and some of their implications on the preservation of paintings. In: Preprints of the ICOM Committee for Conservation (Kopenhagen, 10 - 14 September 1984), Bd. 2. Paris 1984, S. 7-9. BERGER, RUSSELL 1988 Gustav A. Berger, William H. Russell: An evaluation of the preparation of canvas paintings using stress measurements. In: Studies in Conservation, Vol. 33, 1988, S.187-204. BERGER, RUSSELL 1993 Gustav A. Berger, William H. Russell: Tears in canvas paintings. Resulting stress changes and treatment. In: ICOM Committee for Conservation 6th triennial meeting (Washington DC 22-27.08.1993). Hrsg. von Janet Bridgland. Paris 1993, S. 113-117. BERGER, RUSSELL 2000 Gustav A. Berger, William H. Russell: Untersuchungen zum Einfluss der Umwelt auf die Erhaltung von Leinwandgemälden. In: Restauro 5, 2000, S. 344-347. BODECHTEL 2000 Steffi Bodechtel: Über Polyamide in der Restaurierung: Betrachtungen zu Polyamid-Textilschweißpulver. Seminararbeit Hochschule für Bildende Künste Dresden 2000.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
98
BRACHERT 1992 Thomas Brachert: Vom Positivismus der Postmoderne, Reflexionen zur Konservierung von Leinwandgemälden. In: Restauro 5/1992, S. 332, und Leserbrief dazu von Winfried Heiber in: Restauro 1/1993, S. 2. BRACHT et al. 2003 Elisabeth Bracht, Irene Glanzer, Louise Wijnberg: Barnett Newman´s Cathedra: The restoration of slash damages in a colourfield painting. In: Alternatives to lining. Hrsg. von Mary Bustin und Tom Caley. London 2003, S. 21-27. BRAKEBUSCH 1996 Börries Brakebusch: Das mechanisch-physikalische Verhalten von Leinwandbildern. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 1996. BRANDIS 1990 Robert L. Brandis: Animal Glue. In: Handbook of Adhesives. Hrsg. von Irving Skeist et al.. New York 1990, S. 123-134. BRYDSON 1999 John A. Brydson: Plastic materials. Oxford7 1999. CEDERHOLM 1985 Kermit Cederholm: The treatment of small tears in canvas paintings. Postgraduate diploma Courtauld Institute London 1985. CELANESE <www.celanese.com> Celanese Emulsions GmbH (Hrsg.): Produktinformation zu Mowilith DHS S1 <http://www.celanese.com/emulsions_products_tech_dhss1.pdf> (07.03.2008), Produktinformation zu Mowilith LD 167: <http://www.celanese.com/emulsions_ products_tech_ld167.pdf> (07.03.2008), Produktinformation zu Mowilith D50: <http://www.celanese.com/mowilith_d_50_en.pdf> (07.03.2008). CHIU et al. 1986 Thomas T. Chiu, Bruce P. Thill, William F. Fairchock: Poly(2-ethyl-2-oxazoline): A new water- and organic-soluble adhesive. In: Advances in Chemistry No. 213, Washington DC 1986, S. 425-432. COERDT 2007 Andrea Coerdt: Zum Leimen zu gebrauchen. Untersuchungen zu kaltflüssigen Glutinleimen - Teil 1. In: Restauro 1, 2007, S. 32-38. DANIELS 1995 Vincent Daniels: The reversibility of starch paste. In: Lining and Backing, Totton 1995, S. 72-76. DEGUSSA <www.degussa.de> Produktionformation zu Degalan PQ611: <http://www.binders-and-additives.com/bindersadditives/MCMSbase/Pages/ProvideResource.aspx?respath=/NR/rdonlyres/978B7792-725B-46FB-80E2-149859C5EAF2/0/DEGALANPQ611.pdf> (23.04.2008). DERSCHAU, UNGER 1998 Dorit von Derschau, Joachim Unger: Epoxidharz-Restaurierungen- zum Problem der Entfernung. In: Restauro Nr. 7, 1998, S. 486-493. DeWITTE, COEN-BOGAERTS 1980 DeWitte, Coen-Bogaerts: Vergelijkend Onderzoek von enkele witte Houtlijmen, IRPA Bulletin XVIII, 1980-81, S. 131-142. DIETMANN 1982 Herbert Dietmann: Einführung in die Elastizitäts- und Festigkeitslehre, Stuttgart, 1982. DIN 53 804-1: Statistische Auswertungen, Teil 1: Kontinuierliche Merkmale. DIN EN ISO 139: Normalklimate für die Probenvorbereitung und Prüfung (inkl. DIN EN ISO 139/A1). DIN EN ISO 2062:1995 Garne von Aufmachungseinheiten- Bestimmung der Höchstzugkraftdehnung von Garnabschnitten.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
99
DOLEZEL 1978 Bretilav Dolezel: Die Beständigkeit von Kunststoffen und Gummi. München 1978. DOMININGHAUS et al. 2005 Hans Domininghaus, Peter Elsner, Peter Eyerer, Thomas Hirth: Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften. 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin 2005. DOWN 1984 Jane L. Down: The yellowing of epoxy resin adhesives; report on natural dark ageing. In: Studies in Conservation 29/1984, S. 63-76. DOWN et al. 1996 Jane L. Down, Maureen A. MacDonald, Jean Tétrault, R. Scott Williams: Adhesive testing at the Canadian Conservation Institute. An evaluation of selected Poly- (VinylAcetate) and Acrylic adhesives. In: Studies in Conservation 41, 1996, S. 19-44. DUFFY 1989 M. C. Duffy: A study of acrylic dispersions used in the treatment of paintings. In: Journal of the American Institute for Conservation, Vol. 28, Nr. 2, 1989, S. 67-77. EIPPER 1993 Paul-Bernhard Eipper: Die Reinigung von Gemäldeoberflächen mit Tensiden / Der Einsatz von modifizierten Polyvinylacetaten zur Konservierung von textilen Bildträgern, Bern 1993. ERHARDS 1993 Susanne Erhards: Doublierungen und alternative Doublierungsmaßnahmen mit Kunstharzdispersionen unter Berücksichtigung ihres Alterungsverhaltens, Diplomarbeit Fachhochschule Köln 1993. ESSERS 1985 Günter Essers: Verschweißen von Gewebeträgerrissen mittels Lötnadel. In: Restauro 2, 1985, S. 42-43. FELLER 1994 Robert L. Feller: Accelerated aging- photochemical and thermal aspects. Research in conservation 4. USA (ohne genauere Ortsangabe) 1994. FELLER, WILT 1990 Robert L. Feller, Myron H. Wilt: Evaluation of cellulose ethers for conservation. Research in Conservation 3. USA (ohne genauere Ortsangabe) 1990. FROMM 1991 Bruno Fromm: Überlegungen zum Einsatz von Wärme in der Gemälderestaurierung, Diplomarbeit Fachhochschule Köln 1991. GABLER 1980/81 Wolfram Gabler: Eine Möglichkeit der Restaurierung von Rissen in Leinwandgemälden ohne Doublierung. Dargestellt am Beispiel des Gemäldes „Die Nacht“ von Ferdinand Hodler. In: Mitteilungen DRV, 1980/81, S. 22-25. GEHMAN 1990 David R. Gehman: Acrylic adhesives. In: Handbook of Adhesives. Hrsg. von Irving Skeist et al., New York 1990, S. 437-450. GEIGER, MICHEL 2005 Thomas Geiger, Françoise Michel: Studies on the polysaccharide JunFunori used to consolidate matte paint. In: Studies in Conservation Vol. 50, No. 3, 2005, S. 193-204. GLANZER 1995 Irene Glanzer: Ein Klebstoffsystem für Rissvernähung am Gemälde. Diplomarbeit Hochschule für Angewandte Kunst Wien 1995. GRELLMANN, SEIDLER 1998 Wolfgang Grellmann, Sabine Seidler: Deformation und Bruchverhalten von Kunststoffen, Berlin 1998.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
100
HABEL-SCHABLITZKY 1992 Andrea Habel-Schablitzky: Fischblasenleim- Geschichte und Eigenschaften sowie Anwendung in der Holzrestaurierung. Diplomarbeit Köln 1992. HABENICHT 1997 Gerd Habenicht: Kleben. Grundlagen, Technologie, Anwendungen. 3. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 1997. HAUPT 2000 Tobias Haupt: Zubereitung von Störleim – Auswirkung der Zubereitungstemperatur und –zeit auf Viskosität, Gelierverhalten und Molekulargewicht. Diplomarbeit Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart 2000. HAUSMANN 2005 Ina Hausmann: Abnahme eines gealterten Polyvinylacetatüberzuges am Gemäldezyklus des Ratsaals zu Buxtehude, Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2005. HEDINGER 1997 Daniela Hedinger: Rissvernähung am Gemälde, Diplomarbeit Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart 1997. HEDLEY 1975 Gerry Hedley: Some empirical determinations of the strain distribution of stretched canvases. In: Proceedings of the ICOM Committee for Conservation (Venedig 6 - 11 September 1975), Paris 1975, S.75/11/4-1 bis 75/11/4-17. HEDLEY 1988 Gerry Hedley: Relative humidity and the stress/strain response of canvas paintings: Uniaxial measurements of naturally aged samples. In: Studies in Conservation 33, 1988, S. 133-148. HEDLEY 1993 Gerry Hedley: The practicalities of the interaction of moisture with oil paintings on canvas. In: Measured opinions. Collected papers on the conservation of paintings. Hrsg. von Caroline Villers. London 1993, S. 112-122. HEIBER 1983/84 Winfried Heiber: Kunstgriffe, Tüfteleien und Hilfsmittel aus Gemälderestaurierungswerkstätten. In: Mitteilungen DRV, 1983/84, S. 34-41. HEIBER 1996 Winfried Heiber: Die Rissverklebung. In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1, 1996, S. 117-146. HEIBER 2003 Winfried Heiber: The thread-by-thread tear mending method. In: Alternatives to lining, Hrsg. von Mary Bustin und Tom Caley, London 2003, S. 40-45. HEISTERÜBER 1985 Julia Heisterüber: Restauration des toiles déchirées. Etude comparative de différents types de déchirures, d´adhésifs et de méthodes de collage. Diplomarbeit École Nationale Supérieure des Arts Visuelles de la Chambre, Brüssel 1985. HILBERT 1996 Günther S. Hilbert: Sammlungsgut in Sicherheit- Beleuchtung und Lichtschutz, Klimatisierung, Sicherungstechnik, Brandschutz. Berlin 1996. HOFMANN 2003 Sylvia Hofmann: Konservierung und Restaurierung des Leinwandgemäldes „Ansicht der Jesuitenniederlassung Ebersberg“ zwischen 1710-1733, unbekannter Künstler, Bayrisches Nationalmuseum (praktischer Teil), Testreihen zur Homogenität, Stabilität und Klebefähigkeit eines Stärkekleister-Störleim-Gemisches in Abhängigkeit vom Herstellungsverfahren des Kleisters (theoretischer Teil). Diplomarbeit Hochschule für Bildende Künste Dresden 2003 HORIE 1994 Charles Velson Horie: Materials for Conservation - Organic consolidants, adhesives and coatings. 4. überarbeitete Auflage, London 1994.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
101
HOWELLS et al. 1984 Rachel Howells, Aviva Burnstock, Gerry Hedley, Stephen Hackney: Polymer dispersions artificially aged. In: Adhesives and consolidants, preprints of the ICOM Committee for conservation (Copenhagen, 10 - 14 September 1984). Paris 1984, S. 36-43. KÄSSBERGER et al. 1998 Michael Käßberger, Guido Dessauer, Helmut Stark: Der Grazer Alterungstest. Der dynamische Alterungstest von Papier und Karton. In: Das Papier 9, 1998, S. 529-531. KEYSERLINGK 1990 Michaela Keyserlingk: The use of adhesives in textile conservation. In: ICOM Committee for Conservation 9th triennial meeting (Dresden 26 - 31 August 1990), Vol. I., Paris 1990, S. 307-312. KOCH 1994 P.A. Koch: Flachs sowie andere Bast- und Hartfasern, aus: Faserstoff-Tabellen nach P.A. Koch, Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Aachen 1994, S. 765-785. KREMER <www.kremer-pigmente.de> Kremer Pigmente GmbH & Co. KG (Hrsg.): Produktinformation 63477 Fu-No-Ri. <http://kremer-pigmente.de/shopint/PublishedFiles/63477e.pdf> (15.01.2008), Produktinformation Mowilith DMC2: <http://www.kremer-pigmente.de/shopint/ PublishedFiles/67040.pdf> (27.04.2008), Produktinformation zu Paraloid B72: <http://www.kremer-pigmente.de/67400.htm> (29.04.2008). KRUGER, LACOURSE 1990 Leo Kruger, Norman Lacourse: Starch based adhesives. In: Handbook of Adhesives, New York 1990, S. 153-166. KUDRAJAWZEW 1945 E. W. Kudrajawzew: Ausbessern von Rissen und Löchern in der Bildleinwand. In: Die Technik des Gemälderestaurierens. Leipzig 1945, S. 44-53. KUIPER, HESTERMANN 1976 L. Kuiper, W. Hestermann: Restauratieverslag van Rembrandts Nachtwach, Bulletin van het Rijksmuseum 24/1-2, Bd.1, 1976, S. 14-48. LANZ 1996 Diane Lanz: Vergleichende Untersuchungen nähtechnischer und klebetechnischer Methoden als Sicherungsmöglichkeit für bemalte Textilien. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 1996. LASCAUX <www.lascaux.ch> Lascaux Alois K. Diethelm AG (Hrsg.): Produktinformation JunFunori®. <http://www.lascaux.ch/pdf/de/produkte/restauro/cellulosen/58352.01_jun_funori.pdf> (15.01.2008), Produktinformation zu Lascaux 498HV und Polyamidschweißpulver: <http://www.lascaux.ch/pdf/de/produkte/restauro/2_kleber_klebewachse.pdf> (09.04.2008). LATZKE 1988 Peter M. Latzke: Textile Fasern. Rasterelektronenmikroskopie der Chemie- und Naturfasern. Frankfurt a.M. 1988. LISZEWSKA 2005 Weronika Liszewska: Über Japanische Weizenstärke und deren Modifizierung mit JunFunori. In: PapierRestaurierung Vol. 6, 2005, S. 45-49. MAGER 2007 Simone Mager: Leinwand ohne Spannrahmen in der zeitgenössischen Kunst - Bildträger mit besonderen Eigenschaften und Anforderungen. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2007. MASSA et al. 1991 V. Massa, G. Scicolone, E. Cozzi: Ein neuer Polyurethanklebstoff für die Textilrestaurierung. In: Restauro 3, 1991, S. 173-178. McGLINCHEY 1993 Christopher W. McGlinchey: The physical aging of polymeric materials. In: Saving the twentieth century-The conservation of modern materials. Ottawa 1993, S. 113-121.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
102
MECKLENBURG, TUMOSA 1991 Marion F. Mecklenburg, Charles S. Tumosa: The mechanical behaviour of paintings subjected to changes in temperature and relative humidity. In: Art in transit, National Gallery of Art, Washington 1991, S. 173-216. MICHEL et al. 2002 Françoise Michel, Thomas Geiger, Anita Reichlin, Geneviève Teoh-Sapkota: Funori, ein japanisches Festigungsmittel für matte Malerei. In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung Nr. 16, 2006, S. 257-275. MICHEL et al. 2006 Françoise Michel, Anita Wanner, Robert Tobler: Funori-Kompressen, Oberflächenreinigung und Reduzierung von Wasserrändern. In: Restauro 5, 2006, S. 319-327. MILLS, WHITE 1987 John S. Mills, Raymond White: Proteins. In: The organic chemistry of museum objects. London 1987. NÄGLER 2005 Christina Nägler: Risse im Polyamidgewebe der Farbraumkörper von Gotthard Graubner. Möglichkeiten und Grenzen ihrer Verklebung. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2005. NGUYEN 2005 Thi-Phuong Nguyen: Gelatin as Adhesive. A short Introduction into a Promising Material. In: PapierRestaurierung – Mitteilungen der IADA (Internationale Arbeitsgemeinschaft der Archivs-Bibliotheksund Graphikrestauratoren), No. 4, 2005, S. 31-34. NICOLAUS 1996 Knut Nicolaus: Handbuch der Gemälderestaurierung, Köln 1996. OESS 1995 Eva Oess: Celluloseether als Festigungsmittel für Grundierungs- Mal- und Fassungsschichten an Gemälden, Skulpturen und dreidimensionalen Kunstwerken. Diplomarbeit Schule für Gestaltung Bern 1995. OSMOND 1987 G. Osmond: A comparision of different adhesives and techniques for mending tears in paintings on canvas supports. Canberra College of Advanced education 1987. PARKER 2005 James Parker: Testing adhesive formulations for use in the conservation of ethnographic artefacts. In: Conservation News 5, 2005, S. 24-27. PLÖTZ 2002 Sandra Plötz: Klebstoffe für die Verklebung von Rissen in Polyestergeweben. Seminararbeit Hochschule für Bildende Künste Dresden 2002. PLÖTZ 2003 Sandra Plötz: Die Verklebung von Rissen in einem mit Wachs getränkten Gewebe. Theoretischer Teil der Diplomarbeit Hochschule für Bildende Künste Dresden 2003. POLYCHEMISTRY <www.polychemistry.com> Polychemistry Innovations Inc. (Hrsg.): Aquazol® <http://www.polychemistry.com/products_aquazol_hp.php>, <http://www.polychemistry.com/products_aquazol.php> (16.01.2008), <http://www.polychemistry.com/dl/PCI18_Aquazol.pdf> (16.01.2008). POLYMERLATEX <www.polymerlatex.com> PolymerLatex GmbH (Hrsg): Produktdatenblatt Plextol B500 <http://www.polymerlatex.de/cms/index.php?id=details_pdf&type=123&s_tblprodkat_ProdId=141> (10.03.2008), Produktdatenblatt Plextol D498 <http://www.polymerlatex.de/cms/index.php?id=details_pdf&type=123&s_tblprodkat_ProdId=159> (10.03.2008), Produktdatenblatt Plextol D540 <http://www.polymerlatex.de/cms/d_AZ_pdf.php?s_ProdId=130> (10.03.2008) Produktdatenblatt Plextol XA 561 <http://www.polymerlatex.de/cms/index.php?id=details_pdf&type=123&s_tblprodkat_ProdId=820> (10.03.2008), Produktdatenblatt Plextol M615 <http://www.polymerlatex.de/cms/index.php?id=details_pdf&type=123&s_tblprodkat_ProdId=713> (10.03.2008).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
103
PRZYBYLO 2006 Maria Przybylo: Langzeit-Löslichkeit von Störleim. Tatsache oder Märchen? In: VDR Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut, Heft 1, 2006, S. 117-123. RAFT, RAFT 1973 Karen Raft, Adam Raft: Beva 371 ein neues Klebemittel für Restauratoren,. In: Maltechnik/Restauro 1, 1973, S. 31-39 REEDY, REEDY 1988 Terry J. Reedy, Chandra L. Reedy: Statistical analysis in art conservation research. Research in conservation 1. USA (keine genauere Ortsangabe) 1988. ROUETTE 1995 Karl Rouette: Flachs-Langfaseraufbau. In: Lexikon für Textilveredelung, Bd. 1, Dülmen 1995, S. 652f. ROUX 1993 Anne-Sophie Roux: Traitement de déchirures de supports de toile. Diplomarbeit École Supérieure des Arts appliqués Bern 1993. SANDNER 1990 Ingo Sandner: The treatment of cracks in canvas paintings with synthetic adhesives-Procedures and possible combinations. In: ICOM Committee for Conservation 9th triennial meeting (Dresden 26 - 31 August 1990). Paris 1990, S. 133-138. SANDNER et al. 1990 Ingo Sandner, Bernd Bünsche, Gisela Meier, Hans-Peter Schramm, Johannes Voss: Konservierung von Gemälden und Holzskulpturen. Berlin 1990. SCHAIBLE 1987 Volker Schaible: Neue Überlegungen zur Feuchtigkeit am Leinwandbild. In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung Nr. 1, 1987, S. 75-94. SCHWARZ 2000 Otto Schwarz: Kunststoffkunde. 6. überarbeitete Auflage, Würzburg 2000. SOMMERMEYER 1998 Barbara Sommermeyer: Konsolidierung matter, pudriger Malschichten aus dem Bereich der modernen Kunst/Anwendung ultraschallvernebelter Konsolidierungsmittel. Diplomarbeit Akademie der Bildenden Künste Stuttgart 1998. SPRINGOB 2001 Caroline Springob: Stärkekleister als Verdickungsmittel von Störleim zur Malschichtfestigung In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1, 2001, S. 111-132. SWIDER, SMITH 2005 Joseph S. Swider, Martha Smith: Funori- Overview of a 300- year-old consolidant. In: AIC Journal Vol. 44, No.2, 2005, S. 117-126. TIMAR-BALAZSY, EASTOP 1998 Agnes Timar-Balazsy, Dinah Eastop: Chemical principles of textile conservation. Oxford 1998. TOST 2005 Kristina Tost: Versuche zum Dehnungsverhalten gealterter Leinwand am Beispiel einer künstlich gealterten, mittelschweren Flachsleinwand. Seminararbeit Hochschule für Bildende Künste Dresden 2005. UHU <www.uhu.de> UHU GmbH & Co. KG (Hrsg.): Produktinformation zu Uhu plus schnellfest <http://www.uhu.de/produkte/test_prod_cons/produktansicht/index2.php?auswahlKategorie=9&artikel_id=92&sprache_id=1> (29.04.2008). VITI, HAUDEK 1981 Erna Viti, Heinz Werner Haudek: Textile Fasern und Flächen. Bd. 1, Wien 1981.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
104
VON HOFF 2006 Amelie von Hoff: Kriegsverloren & Wiedergewonnen. Die Restaurierung von Feuchtigkeitsschäden an einem Historiengemälde von J. Hübner mit dem Schwerpunkt der Ergänzung partieller Gewebeverluste des köpergewebten Bildträgers. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2006.
WAENTIG 2004 Friederike Waentig: Kunststoffe in der Kunst. Eine Studie unter konservatorischen Gesichtspunkten. Petersberg 2004.
WEDDINGEN 1979 Erasmus Weddingen: Zur Fragwürdigkeit des Doublierens. In: Mitteilungen DRV 1979, S. 30-34. WESSEL 2000 Birgit Wessel: Baumwollgewebe als Bildträger. Diplomarbeit Fachhochschule Köln 2000. WOLBERS et al. 1998 Richard C. Wolbers, Mary McGinn, Deborah Duerbeck: Poly(2-Ethyl-2-Oxazoline): A new conservation consolidant. In: Painted Wood: History and Conservation, Los Angeles 1998, S. 514-527. WORCH 2006 Maria Theresia Worch: Kleben oder Kleben-lassen? Erfahrungen und Einsichten mit Klebekonsolidierungen historischer Textilien. In: VDR-Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut, 1/2006, S. 15-33. WÜLFERT 1999 Stefan Wülfert: Der Blick ins Bild- lichtmikroskopische Methoden zur Untersuchung von Bildaufbau, Fasern und Pigmenten. Ravensburg 1999. WUNTSCHEK 1997 Sabine Wuntschek: Ein vernetztes Klebstoffsystem zur Rissverklebung. Zusatzthema der Diplomarbeit, Hochschule für Angew. Kunst Wien 1997.
YOUNG 2003 Christina Young: The mechanical requirements of tear mends. In: Alternatives to lining, Hrsg. von Mary Bustin und Tom Caley, London 2003, S. 55-58. YOUNG, HIBBERD 1999 Christina R. Young, Roger D. Hibberd: Biaxial tensile testing of paintings on canvas. In: Studies in Conservation 44, 1999, S. 129-141. ZUMBÜHL 2003 Stefan Zumbühl: Proteinische Leime- ein vertrauter Werkstoff? Aspekte zum feuchtephysikalischen Verhalten von Gelatine. In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 17/2003, Heft 1, S. 95-103.
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
105
9.2 Abkürzungsverzeichnis
% Prozent
°C Grad Celsius
°F Grad Fahrenheit
µm Mikrometer
Abb. Abbildung
AG Aktiengesellschaft
BEVA Bergers Ethylen-Vinyl-Acetat
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CE Celluloseether
cm Zentimeter
CMC Natrium-Carboxymethylcellulose
CMC Natrium-Carboxy-Methyl-Cellulose
cN Zentinewton (1cN = 0,01 Newton)
cST Centistokes, Einheit der kinematischen Viskosität
d.h. das heißt
DIN Deutsche Industrie Norm
Dipl. Diplom
Dr. Doktor
DS Degree of substitution (Substitutionsgrad)
EHEC Ethylhydroxyethylcellulose
EN Europäische Norm
et al. et alii / et aliae (und andere)
etc. et cetera
evtl. eventuell
f und folgende Seite
FH Fachhochschule
FTIR Fourier-Transfer-Infrarot-Reflektographie
g Gramm
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
h Stunde(n)
HC Hemicellulosen
HEC Hydroxyethylcellulose
HfAK Hochschule für Angewandte Kunst
HPC Hydroxypropylcellulose,
HPMC Hydroxypropylmethylcellulose
Hrsg. Herausgeber
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
106
HV hochviskos
Ing. Ingenieur
IR Infrarot
MA Methylacrylat
MC Methylcellulose
MfK Medium für Konsolidierung
MHEC Methylhydroxyethylcellulose
min Minute(n)
mol Mol
mPa*s Milli-Pascal-Sekunde, Einheit der Viskosität
N/m Newton pro Meter
N/mm² Newton pro Quadratmillimeter
nBuMA n-Butyl-Meth-Acrylat
nm Nanometer
Nr. Nummer
PA Polyamid
PBMA Polybutylmethacrylat
PEOX Poly-2-ethyl-2-oxazolin
PETP Polyethylenterephtalat
pH negativer dekadischer Logarithmus der H+- Ionen- Konzentration
PMMA Polymethylmethacrylat
Prof. Professor
PS Pektinsubstanz
PVAC Polyvinylacetat
PVAl Polyvinylalkohol
Rest. Restaurator/ Restauratorin
rF relative Feuchte
S. Seite
s. siehe
Tab. Tabelle
Tg Glasübergangspunkt
u.a. unter anderem
usw. und so weiter
UV Ultraviolett
z.B. zum Beispiel
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
107
9.3 Verzeichnis der Abbildungen, Diagramme und Tabellen Abb. 1: Aufbereitungsarten für Flachsfasern (erstellt von der Autorin). Abb. 2: Querschnitt der für die Versuche in dieser Arbeit verwendeten Leinenfadens (erstellt von der Autorin). Abb. 3: Die Benetzbarkeit eines Festkörpers durch ein Klebemittel (entnommen aus: KOCHENDÖRFER 2007, S. 13). Abb. 4: Mechanische und spezifische Adhäsion (entnommen aus: Chemievorlesung von Prof. Dr. Jägers, FH Köln). Abb. 5: Die Klebungen wurden mit folgenden Hilfswerkzeugen ausgeführt... (erstellt von der Autorin). Abb. 6: Klebevorgang bei flüssigen Klebstoffen (erstellt von der Autorin). Abb. 7: Prüfplatz der Zugmaschine mit direkter PC-Auswertung (erstellt von der Autorin). Abb. 8: Einspannvorrichtung mit eingespanntem Prüfling (erstellt von der Autorin). Abb. 9: Ausschnitt des computergestützten Klimaprotokolls der zyklischen Klimawechsel (erstellt von der Autorin). Diagramm 1: Höchstzugkraft der Klebungen im Vergleich (erstellt von der Autorin). Diagramm 2: Variationskoeffizienten (erstellt von der Autorin). Diagramm 3: Zug-Dehnungs Diagramm der Klebungen mit Plextol D360 (erstellt von der Autorin). Diagramm 4: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Plextol D540 (erstellt von der Autorin). Diagramm 5: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Polyamidpulver (erstellt von der Autorin). Diagramm 6: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Störleim-Weizenstärkekleister (erstellt von der
Autorin). Diagramm 7: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Mowilith DMC2 (erstellt von der Autorin). Diagramm 8: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Mowilith D50 95% (erstellt von der Autorin). Diagramm 9: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Epoxidharz (erstellt von der Autorin). Diagramm 10: Höchstzugkraft der Störleim-Weizenstärkekleister-Klebungen im personenbezogenen Versuch
(erstellt von der Autorin). Diagramm 11: Höchstzugkraft der Mowilith D50-Klebungen im personenbezogenen Versuch (erstellt von der
Autorin). Diagramm 12: Höchstzugkraft der Polyamid-Klebungen im personenbezogenen Versuch (erstellt von der Autorin). Diagramm 13: Höchstzugkraft der Epoxidharz-Klebungen im personenbezogenen Versuch (erstellt von der Autorin). Diagramm 14: Höchstzugkraft im personenbezogenen Versuch (erstellt von der Autorin). Diagramm 15: Höchstzugkraft der Störleim-Weizenstärkekleister-Klebungen vor und nach der zyklischen
Klimabelastung (erstellt von der Autorin). Diagramm 16: Höchstzugkraft der Mowilith D50-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung (erstellt
von der Autorin). Diagramm 17: Höchstzugkraft der Polyamid-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung (erstellt von
der Autorin). Diagramm 18: Höchstzugkraft der Epoxidharz-Klebungen vor und nach der zyklischen Klimabelastung (erstellt von
der Autorin). Diagramm 19: Zug-Dehnungs-Diagramm der Klebungen mit Epoxidharz nach der zyklischen Klimabelastung
(erstellt von der Autorin). Diagramm 20: Höchstzugkraft der Klebungen bei extremen Klimata (erstellt von der Autorin). Diagramm 21: Übertragbarkeit der Ergebnisse an Einzelfäden auf Klebungen in Gewebestrukturen (erstellt von der
Autorin). Tabelle 1: Analyseergebnisse der Zusammensetzung von Flachsfasern, die aus einer einheitlichen Strohpartie
hergestellt wurden (erstellt von der Autorin, Daten entn. aus: ROUETTE 1995, S. 651). Tabelle 2: Abkürzungen verschiedener Celluloseether (erstellt von der Autorin). Tabelle 3: Angaben des Herstellers Celanese Emulsions GmbH zu den Mowilithprodukten (erstellt von der
Autorin).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
108
Tabelle 4: Angaben der Hersteller PolymerLatex GmbH und Lascaux AG zu Plextolprodukten (erstellt von der
Autorin). Tabelle 5: Eigenschaften der Polyamidpulver (erstellt von der Autorin). Tabelle 6: Eigenschaften von bisher für die Rissverklebung verwendeten Epoxidharzen nach Angaben der
Hersteller und DOWN 1984 (erstellt von der Autorin). Tabelle 7: Bisherige Forschungsergebnisse zu (Höchst-) Spannungen in Leinwandgemälden (erstellt von der
Autorin). Tabelle 8: Übertragbarkeit der Ergebnisse an Einzelfäden auf Klebungen in Gewebestrukturen (erstellt von der
Autorin).
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
109
9.4 Herstellernachweis / Bezugsadressen Acrylkleber 498HV Lascaux Alois K. Diethelm AG,
Zürichstrasse 42, CH-8306 Brüttisellen
Aquazol 500 Talas 20 West 20th Street, 5th Floor, New York, NY 10011
Leinenfaden LINEN LEA:20 raw Nm12, Nr. 115/2007
H.D. Textil Trade GmbH, Volksgartenstr. 85-89, 41065 Mönchengladbach
Mowilith D 50%, Chargen-Nr. 227116
Celanese Emulsions GmbH, D-65926 Frankfurt am Main
Mowilith DHS S1, Chargen-Nr. 254769
Celanese Emulsions GmbH, D-65926 Frankfurt am Main
Mowilith DMC2 Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr. 76582
Mowilith LD 167, Chargen-Nr. 180166
Celanese Emulsions GmbH, D-65926 Frankfurt am Main
Paraloid B72 Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr. 67400
Plexigum PQ611 Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr. 67380
Plextol B500 Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr.75600
Plextol D360 Deffner&Johann, Mühläcker Straße 13, D-97520 Röthlein, Best.-Nr. 2558100
Plextol D498 Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr. 76000
Plextol D540 Chargen-Nr. 10-510-2-5
Röhm GmbH, Kirschenallee, D64293 Darmstadt, heutiger Hersteller: Polymer Latex
Polyamid- Textil- Schweißpulver 5065
Lascaux Alois K. Diethelm AG, Zürichstrasse 42, CH-8306 Brüttisellen
Reisstärke Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr.63440
Störleim Salianski Hausenblase
Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr. 63110
Textilschweißpuder Kremer-Pigmente Farbmühle, Hauptstr. 41, D-88317 Aichstetten, Artikel-Nr.97800
Tylose MH 1000 Deffner&Johann, Mühläcker Straße 13, D-97520 Röthlein, Best.Nr.: 2438 000
Uhu plus schnellfest UHU GmbH & Co. KG, Herrmannstrasse 7, D - 77815 Bühl, Art.-Nr. 45700
Lena Reuber Klebstoffe für die Rissverklebung an Leinengeweben
110
Die folgenden Kapitel des Anhangs sind der Diplomarbeit als CD beigelegt und wurden in die vorliegende Arbeit nicht mit aufgenommen.
9.5 Schlichten und Gleichmäßigkeit von Leinenfäden
9.6 Klebeprotokoll
9.7 Einstellungen an der Zugmaschine
9.8 Zugprüfungsprotokolle
9.9 Fragebögen zum personenbezogenen Versuch