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Wocate Workshop 29./30.10.2010 1 Kompetenzen durch Technikunterricht an den Schulen World Council of Associations for Technology Education Workshop 29./30.10.2010 Verfasser: Dipl.-Ing. Siegfried Brandt Vorstand VDI Berlin Brandenburg 29.10.2010

Kompetenzen durch Technikunterricht an den Schulen · Lösungen entwerfen und auswählen Ideensammlung, Analogiemethode, Black Box Methode, Brainstorming, Skizzen, Modellbau, Pflichtenheft

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Wocate Workshop 29./30.10.2010 1

Kompetenzen

durch

Technikunterricht an den Schulen

World Council of Associations for

Technology Education

Workshop 29./30.10.2010

Verfasser: Dipl.-Ing. Siegfried Brandt

Vorstand VDI Berlin Brandenburg

29.10.2010

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Anforderungen an die Gesellschaft

Zunehmend wird sichtbar, dass die deutsche Industrie im Speziellen und die deutsche Wirtschaft im

Allgemeinen ihre Internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Mängel in der Bildungspolitik verliert.

Deutschland weist auf Grund seiner Ingenieurkompetenz und Innovationsfähigkeit komparative

Vorteile im Bereich hochwertiger Technologien auf. Hierbei ist die Beschäftigung von Ingenieuren die

Basis der hohen Wettbewerbsfähigkeit in diesen Branchen. Im europäischen Vergleich besitzt

Deutschland nach Finnland derzeit die zweitgrößte Ingenieurdichte. Die deutsche Wirtschaft droht

aber in Zukunft ihre komparativen Vorteile zu verlieren, wenn die Anzahl der nachrückenden

Ingenieure sinken sollte.

Der niedrige Anteil Jüngerer unter den Ingenieuren und die vergleichsweise geringe Anzahl

technischer Studienabschlüsse sind ein Anzeichen dafür, dass der Ingenieurnachwuchs in

Deutschland nicht ausreichend gesichert ist, obwohl die naturwissenschaftlichen Kompetenzen der

Schüler eine gute Ausgangsbasis bildet.

Da ebenso die vorhandenen Beschäftigungspotenziale nicht ausreichend genutzt werden, ist die

Tragfähigkeit des deutschen Geschäftsmodells damit gefährdet.

Aus diesem Grund sind Maßnahmen zur Erhöhung des technischen Interesses von Schülerinnen und

Schülern durch einen Technikunterricht erforderlich, um zur Erschließung der Studierpotenziale von

beruflich Qualifizierten und zur Steigerung der Absolventenzahlen in den Ingenieurwissenschaften zu

kommen.

Zwei Ziele des Technikunterrichtes sollen diese Entwicklung stoppen. Zum einen die Förderung des

Interesses der Schüler/Innen an einem Technik orientierten Studium über den klassischen Weg:

Schule, Abitur, Bachelor, Master, Beruf, zum anderen die Förderung des Interesses an einer

praktischen Ausbildung mit Lehrabschluss mit dem klassischen Weg Sekundarabschluss (ohne

Abitur), Lehre, Berufstätigkeit, Meisterprüfung, jedoch mit der zusätzlichen Chance über eine

durchlässige Berufsausbildung ein Bachelorstudium unter Teilanerkennung der Meisterqualifikation

anzuschließen und dann wieder mit Bachelor/Master in den Beruf zu gehen.

Bringen wir uns erneut ins Bewusstsein, dass der gesamte Wohlstand nicht über allgemein bildende

Fächer erreicht worden ist, sondern ausschließlich über die Wertschöpfung der Technik. Technik ist

damit nicht nur Lebensgrundlage, sondern Kulturgut.

Die Schule muss daher vermitteln:

wie Technik zu verstehen ist,

wie Technik hergestellt wird,

wie Technik genutzt wird,

wie Technik zu bewerten ist,

wie Technik zu kommunizieren ist.

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Technik ist ein bedeutender Bestandteil des Lebens und hat einen hohen Stellenwert für die

gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands und Europas. Dies zeigt

sich in einer komplexen technischen Welt, die sowohl für Laien wie für Spezialisten zunehmend

undurchschaubarer wird und in dem Einfluss der Technik zu politischen, ökonomischen und

ökologischen Problemfeldern. Die Berufswelt unterliegt dabei durch den technischen Wandel

insgesamt einer starken dynamischen Entwicklung. Diese Gesamtbewertung erfordert einen

Anspruch an die Leistungen des Technik Unterrichtes, die sich in folgenden Punkten zusammenfassen

lassen:

Sachorientierung in den Bereichen Stoff-, Energie- und Informationsumsatz

Einführung in die für Technik typischen Methoden und Handlungen Planen, Konstruieren,

Herstellen, Bewerten, Verwenden, Entsorgen

Erkenntnis von Strukturen und Funktionen technischer Sachsysteme und Prozesse sowie der

Bedingungen und Folgen von Technik

Vorbereitung für die Bewältigung von Anforderungen heutiger Technik im privaten,

beruflichen und öffentlichen Leben

Vermittlung von Fähigkeiten, gegenwärtige und zu erwartende durch Technik mitbestimmte

Lebensverhältnisse verantwortungsbewusst mit zu gestalten

Berufs- und Studienorientierungen

Entwicklung und Förderung technischer Begabungen

Förderung der Kreativität durch technische Problemlösungskonzepte

Die Kultusministerkonferenz (KMK) entschied, die Ergebnisse schulischen Lernens nach bundesweit

einheitlichen vergleichbaren Standards zu beschreiben und nach bestimmten Klassenstufen zu

überprüfen. Der VDI hat sich mit der Erarbeitung von Bildungsstandards für die technische Bildung

beschäftigt, weil er die technische Bildung im Rahmen der schulischen Allgemeinbildung stärken will.

Der VDI hat ein Kompetenzmodell entwickelt, mit dem er sich in der Bildungsdiskussion zu Wort

meldet. Der VDI unterstützt aktiv durch seine Initiativen. Als Orientierung sowohl für die

Bildungspolitiker wie für die eigenen Initiativen wurden Kompetenzbereiche definiert, für die

Ordnungskriterien und Merkmale formuliert wurden. Diesen Kompetenzbereichen wurden

Anforderungsbereiche zugeordnet.

Im Folgenden werden diese Konzepte zusammengefasst.

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Kompetenzbereiche für das Fach Technik

Diese Kompetenzen befähigen Schüler/innen erfolgreich zu handeln, und sind damit wesentlich von Bedeutung

für Lebenswelt und Lebensgestaltung. Sie führen zu Fähigkeiten in den Bereichen Arbeiten und Produktion,

Bauen und Wohnen, Transport und Verkehr, Information und Kommunikation, Haushalt und Freizeit. Somit zu

allen Bereichen des täglichen Lebens.

Technik verstehen Zielorientierung und Funktionen, Begriffe, Strukturen, Prinzipien der Technik kennen und anwenden

Technik konstruieren und herstellen

Technische Lösungen planen, entwerfen, fertigen optimieren, prüfen und testen

Technik nutzen Technische Lösungen auswählen, fach- und sachgerecht anwenden sowie entsorgen

Technik bewerten Technik unter historischer, ökologischer, wirtschaftlicher, sozialer sowie humaner perspektive einschätzen

Technik kommunizieren

Diese Kompetenzbereiche werden nach Ordnungskriterien und Merkmalen spezifiziert

Kompetenzbereich „Technik verstehen“

Verständnis der Technik erfordert Ordnungskriterien und Merkmale zum Bewerten und Einordnen.

Sie liefert Denkwerkzeuge, damit die sachkundige gestalterische Teilhabe an gesellschaftlichen

Entwicklungsprozessen möglich ist, die auch durch Technikentwicklung beeinflusst wird

Ordnungskriterium Merkmale

Zweck Bedürfnisbefriedigung: individuelle, gesellschaftliche, ökologische und ökonomische

Bedingungen Naturgesetze, soziokulturelle Werte

Funktionen/prozesse Formung, Wandlung, Transport, Speicherung, Schutz, Erhaltung

Systeme Elemente, Strukturen, Relationen

Prinzipien Organisation, Planung, Entwicklung, Innovation

Wirkungen Individuum, Gesellschaft, Natur

Kompetenzbereich „Technik konstruieren und herstellen“

Hierbei soll die Fähigkeit erreicht werden, vorhandene Lösungen einzusetzen oder neue Lösungen

antizipierend zu entwickeln, um Methoden zur sach- und sicherheitsgerechten Problemlösung zu

finden.

Methoden Merkmale

Probleme erkennen Analyse und Beobachtung

Lösungen entwerfen und auswählen Ideensammlung, Analogiemethode, Black Box Methode, Brainstorming, Skizzen, Modellbau, Pflichtenheft

Konstruieren

Planen und Fertigen

Optimieren Testen ,Prüfen, Bewerten, Entscheiden

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Kompetenzbereich „Technik nutzen“

Nicht jeder ist mit Konstruktion und Herstellung von Technik befasst, aber alle verwenden Technik

zur Existenzsicherung und Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Jeder ist im privaten, beruflichen und

öffentlichen Umfeld mit der zweckgerichteten Auswahl von Technik konfrontiert.

Die Fähigkeit, Technik zweckentsprechend, effizient und verantwortlich zu nutzen, ist wesentliche

Bedingung zur Bewältigung der materiellen, sozialen, kulturellen und politisch bedingten

Lebenssituationen. Auswahlkriterien sind daher hier: Auswahl, in Betrieb nehmen, Gebrauchen,

Pflegen, Warten, Fehlersuchen, Reparieren, außer Betrieb nehmen, Entsorgen.

Kompetenzbereich „Technik bewerten“

Technisches Handeln ist immer Handeln im Zielkonflikt zwischen beteiligten Interessengruppen:

Hersteller, Nutzer, Betroffene. Bewertungen vollziehen sich dabei im Spannungsfeld des objektiv

möglichen und subjektiv gewollten, zwischen dem machbaren und vertretbaren, zwischen dem

notwendigen und wünschenswerten.

Bewertungen basieren daher nicht nur auf technischen, sondern in gleichem Maße auf ökologischen,

ökonomischen, ergonomischen und ethischen Kriterien.

Kompetenzbereich „Technik kommunizieren“

Technisches Handeln erfordert Entscheidungen, die zu kommunizieren sind. Kommunikation

erfordert die Fähigkeit, eigene Ideen einzubringen und andere tolerant zu bewerten

Dazu sind technikspezifische Kompetenzen von Bedeutung, die dazu befähigen, fachsprachlich,

grafisch, multimedial Informationen und Darstellungen zu beschaffen, verstehen, analysieren,

erstellen, aufzubereiten und zu präsentieren

Anforderungsbereiche

Für die 5 Kompetenzbereiche hat der VDI Regelstandards entwickelt. Sie sind drei

Anforderungsbereichen zugeordnet:

Reproduktion und Anwendung einfacher Sachverhalte und Fachmethoden,

Fähigkeit zur Reorganisation und Übertragen komplexer Sachverhalte und Fachmethoden,

das Lösen einfacher technischer Problemstellungen, situationsgerechte Anwendung,

Problembezogenes Anwenden und Übertragen komplexer Sachverhalte und Fachmethoden,

situationsgerechte Auswahl, Herstellen von Bezügen

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Kompetenzbereiche Anforderungsbereiche

I II III

Technik verstehen Merkmale bekannter technischer Sachsysteme und Prozesse beschreiben

Merkmale technischer Sachsysteme und Prozesse auf ähnliche Systeme übertragen und erklären sowie ihre Wirkungen erläutern

Merkmale komplexer technischer Sachsysteme und Prozesse analysieren und ihre Wirkungen diskutieren

Technik konstruieren und herstellen

Für ein gegebenes technisches Problem einen einfache Lösung unter Anleitung sach- und sicherheitsgerecht fertigen

Für ein technisches Problem eine Lösung selbstständig planen, sowie sach- und sicherheitsgerecht fertigen

Für ein selbst erkanntes technisches Problem Lösungen entwerfen, eine Variante begründet auswählen, selbstständig planen, sach- und sicherheitsgerecht fertigen sowie optimieren

Technik nutzen Technische Sachsysteme und Prozesse unter Anleitung zweckentsprechend auszuwählen, gebrauchen und zu entsorgen

Technische Sachsysteme und Prozesse zweckentsprechend selbstständig auswählen, gebrauchen, pflegen, warten und entsorgen

Technische Sachsysteme und Prozesse Kriterien orientiert selbstständig auswählen, gebrauchen, pflegen, warten, Fehler suchen, reparieren und entsorgen

Technik bewerten Vorgegebene Bewertungen von Technik und deren Kriterien nachvollziehen

Vorgegebene Bewertungen von Technik beurteilen und eigene Entscheidungen treffen

Eigene Bewertungen von Technik durch Auswahl geeigneter verfahren und Kriterien treffen und begründen.

Technik kommunizieren

Technische Informationen recherchieren und einfache technische Dokumente lesen und darstellen

Komplexe technische Informationen recherchieren und auswählen, sowie einfache technische Dokumente in geeigneter fachsprachlicher /graphischer Form selbständig anfertigen, präsentieren und auf Aussagen anderer sachgerecht eingehen.

Komplexe technische Informationen aus verschiedenen Quellen selbstständig beschaffen, strukturieren sowie in geeigneter fachsprachlicher /graphischer Form selbständig anfertigen, präsentieren und adressatengerecht diskutieren

Zustand an den Schulen

Berlin führt mit der Sekundarschule das Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik ein. Beispielhaft sind im

Folgenden der strategische Ansatz und ein Auszug aus dem rahmenlehrplan angegeben. Man erkennt

vergleichbare Strukturansätze, so dass es sich anbietet, die VDI Ansätze auf die Rahmenlehrpläne der

Berliner Sekundarschulen abzubilden.

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Mit Fachwissen souverän

umgehen

Methoden zielgerichtet

einsetzen

Erfolgreich kommunizieren

Urteile und Entscheidungen

sach-und situationsgerecht

treffen

Zentrale Handlungskompetenzen

Berufliche, wirtschaftliche und technische

Zusammenhänge reflektiert wahrnehmen und

individuelle und gesellschaftliche Problemlösungen

aktiv mitgestalten

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Aber:

Wirtschaft Arbeit Technik ist ein schöner Titel, aber wo ist das Curriculum zur Unterstützung der

Lehrer?

Die Fachleute sagen, dass Lehrer ganz wesentlich durch Materialien gesteuert werden. Sie weisen

darauf hin, dass wegen der hohen Stundenausfallraten die Fachkompetenz wegen fachfremdem

Unterricht nicht ausreichend ist.

Wo bleibt der rote Faden für den Lehrer, eine Curriculum Vorlage, um diese Kompetenzen und Ziele

auf Basis eines SOL – selbstorientiertes Lernens (SOL) umzusetzen.

Hier setzt der VDI Berlin Brandenburg an und erweitert seine bisherigen Vorgehensweisen an den

Schulen.

Der VDI als Sprecher der Ingenieure hat den Zusammenhang zwischen dem Fachkräftemangel und

den Bildungsanforderungen schon sehr früh erkannt und betreibt seit Jahren bildungspolitische

Aktivitäten. Der Landesverband VDI Berlin Brandenburg konzentrierte sich dabei auf 3

Schwerpunkte:

Beteiligung an der Diskussion zur aktuellen Studienreform nach Bologna.

Unterstützung der Universitäten, speziell der TU Berlin, zu ihrer Finanzierung.

Verbesserung der Plattform für Technikunterricht an den Schulen

Dies sowohl in Berlin wie in Brandenburg. Der VDI BB startete mit einer Auftaktveranstaltung 2007 in

der Wuhlheide als Fortbildungsveranstaltung für naturwissenschaftliche Lehrer aus allen

Schulzweigen für Technik orientierten Unterricht, unterstützt durch die Industrie, Converteam,

RollsRoyce und ABB und einer gemeinsamen Fortbildungsreihe in 2008 in Zusammenarbeit mit

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg und dem VDI BB unterstützt von

Industrieunternehmen in Brandenburg.

Was wurde bisher bereits durchgeführt?

Wuhlheide: Lehrerfortbildung für Methoden des Technik Unterrichtes

Helmholtz Gymnasium Potsdam: Projektwochen, Studienberatungen Bachelor

Weinberggymnasium Kleinmachnow: Projektwochen, Studienberatung Bachelor

Humboldtgymnasium Potsdam (Wissenschaftswoche): Vorträge, Bewerbertraining,

Berufsorientierung, WAT

Gottfried-Herder-Oberschule KW (Projektwoche): Workshops mit Forscherkisten und

Themen zu Erneuerbarer Energie, Strömungen, Kraftwerkstechnik, schuleigener Solaranlage

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Gymnasium Luckau (Wissenschaftswoche): Technische Unterrichtseinheiten, praktische

Übungen, Versuche, Erfahrungsberichte von Studierenden und Jungingenieuren,

Berufsorientierung

Gymnasium Blankenfelde-Mahlow (Projektwoche): Workshops zu Themen Erneuerbare

Energie, Strömungen, Solartechnik, Berufsorientierung

Grundschule Rangsdorf (Projekttage): Workshops mit Forscherkisten (Schneeballeffekt

„Kinder zeigen Kindern“) und

Folgeprojekttage in KITAS (in Zusammenarbeit mit VDIni Club)

Der VDI hat sich entschlossen zusätzlich zu diesen Einzelaktivitäten mit dem Ziel, eine höhere

Nachhaltigkeit zu erreichen, mit den Senatsstellen in Berlin und Ministerien in Brandenburg

Vereinbarungen zu treffen, die die Unterstützung der Bildungspolitiker sicherstellt. Dies soll erfolgen

durch die Unterstützung bei der Erarbeitung eines Curriculums, das dann über die Schulverwaltungen

in die Schulen eingespeist werden kann

Zu diesem Zweck wurden Kooperationsverträge abgeschlossen:

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Kooperationsvertrag mit der Senatsverwaltung

für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Berlin

Kooperation mit dem Brandenburger Ministerium

für Bildung, Jugend und Sport

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VDI Projekt Technikunterricht in der Sekundarschule

Im Rahmen eines Pilotprojektes wird ein Curriculum erarbeitet, für das das Thema „Regenerative

Energien“ ausgewählt worden ist. Das Thema muss einerseits auf den Rahmenlehrplan der neuen

„Integrierten Sekundarschulen“, auf die Kompetenzziele des VDI und auf die Zielgruppen abgebildet

werden. Hierbei soll für jede Schulstufe der integrierten Sekundarschule alle Kompetenzbereiche

behandelt werden, das Anforderungsniveau der Kompetenzbereiche (I, II, III) jedoch den Schulstufen

angepasst werden, z.B. Klasse 7: I, Klasse 8: II, Klasse 9/10: III . Integraler Bestandteil ist ein

pädagogisches Konzept für die unterschiedlichen Jahrgangsstufen.

Das pädagogische Konzept soll darauf ausgerichtet sein, ein gemeinsames Verständnis für

energiepolitische Themenstellungen für jedes Klassenniveau zu erreichen. Die Motivation der Schüler

soll erreicht werden durch Selbstorganisation und Selbstverantwortung der Schüler.

Innerhalb des pädagogischen Konzeptes sollen folgende Punkte besondere Berücksichtigung finden:

Förderung der Kreativität

Förderung des Selbstverständnisses von Technik als integralen Bestandteil von Kultur und

Gesellschaft und Verständnis für die Relevanz der Dimension von Technik

(Wirtschaftsfaktoren, Chancen und Risiken, demographischer Wandel etc.)

Klassenstufenorientierte Ausprägung

Direktes Erleben von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen (Physik, Chemie, Mathematik,…)

und Herstellung von Bezügen zu den naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächern.

Kennenlernen und Verstehen der Fachterminologie, klassenstufenabhängig

Unterstützung von eigenverantwortlicher und selbstständiger Bewertung

Kritisches Denken, Selbstreflexion und Problemlösung im Team

Verknüpfung von Politik und Technik

Berücksichtigung von Gender- und Diversityaspekten (relevant für das Berufsleben und

wichtig für die Förderung und Motivation von Mädchen für technische Berufe)

Verbesserung der technischen Bildungskompetenz und Anreiz zur Ergreifung eines Berufs in

technischen Feldern, BerufsorientierungErarbeitung und Sicherstellung eines nachhaltigen

Konzeptes

Die Zielgruppen sind einerseits Lehrer an ausgewählten Schulen, Schüler durch Teilnahme an

Projekttagen und Begleitung der Pilotstunden und die Senatsverwaltung für Bildung für die

Mitgestaltung und den Transfer des Curriculums.

Das Pädagogisches Konzept wird in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich „Pädagogische

Psychologie“ der Fakultät I der TU Berlin erarbeitet.

Die Vorgehensweise ist darauf ausgerichtet darauf, ein Verständnis für energiepolitische

Fragestellungen Klassenstufen übergreifend zu vermitteln und auszubauen, Anreize zur Gestaltung

und Theorievermittlung eines haptisch erfahrbaren Technikunterrichts zu liefern. Der Fokus liegt auf

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der Berufsorientierung und Steigerung der Motivation zur Ergreifung eines Berufs in technischen

Feldern unter Einbeziehung von Gender- und Diversity-Aspekten gelegt. Das Selbstverständnisses

von Technik als integralen Bestandteil von Kultur und Gesellschaft und der Dimension von Technik als

Wirtschaftsfaktor soll gefördert werden.

Das Ergebnis wird ein Leitfaden zur Unterrichtsgestaltung zum Thema „Regenerative Energien für

den Technikunterricht.“ sein, der an die jeweiligen Anforderungsniveaus und Kompetenzbereiche

der Klassenstufen angepasst werden soll.

Der Leitfaden soll Möglichkeiten einer Unterrichtsgestaltung mit dem Schwerpunkt der

Berufsorientierung liefern mit dem Ziel, mehr Schülerinnen und Schüler durch frühe praktische

Erfahrungen zur Ergreifung eines Berufes in technischen Feldern oder eines Studiums in MINT-

Fächern zu motivieren.

Das Projekt Innopunkt/DMS - Durchlässigkeit als Bildungsplan

Parallel zu diesen Schulaktivitäten beteiligt sich der VDI an der Innopunkt

Initiative „Mehr Durchlässigkeit in der Berufsbildung – Brandenburg in

Europa“ (DmS)

Damit will das Land Brandenburg mehr Akzeptanz für bereits bestehende

rechtlich fixierte Gestaltungsmöglichkeiten zur besseren Durchlässigkeit erreichen und in den

Strukturen nachhaltig implementieren.

Die Initiative wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Mitteln des Landes

finanziert.

Ziel ist die Durchsetzung der akademischen Weiterqualifizierung heutiger Meister(ohne Abitur) und

verlässlichen Hochschulzugang nach Hochschulgesetz §11/§25 Berlin/Brandenburg (IHK Projekt) und

damit Eröffnung eines berufsbegleitenden verkürzten Bachelorstudiums. Die Verkürzung soll durch

Anrechnung von Kompetenzen erreicht werden, die durch einen curricularen Vergleich auf Basis des

Credit point Systems ermittelt wird

Damit wird die strategische Ausrichtung des „Technikunterrichtes an den Schulen“ nicht nur auf die

Qualifizierung eines Ingenieurstudiums über den klassischen Weg Abitur-Bachelor-Master-Beruf

ausgerichtet, sondern auch zur Motivation des Weges über Lehre Meisterprüfung zum

Bachelor/Master ohne über den Umweg des nachträglichen Abiturs gehen zu müssen.

Anforderungen an die Bildungspolitik

Alle die hier geschilderten Maßnahmen bedürfen der Zusammenarbeit aller Beteiligten. Die Schulen

müssen ihren Unterricht auf die Vermittlung von Kompetenzen aufbauen, bedürfen der Einbindung

in eine regionale Bildungslandschaft, benötigen Kooperationspartner. Um den Schülern die

Möglichkeit zu geben, die Arbeitswelt frühzeitig (z.B. über Praktika) kennen zu lernen, brauchen wir

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die Eltern zur Stützung des Erziehungs- und Bildungsauftrages von Schule, und die Unternehmen als

Partner für eine Weiterentwicklung der Berufswahlorientierung.

Mit dem Thema „Wirtschaft Arbeit Technik“ ist nur ein Aspekt der Bildungspolitik angesprochen. Dies

ist kein partikularinteresse der Ingenieure, sondern tangiert unsere Wertschöpfungsentwicklung. Der

Zusammenhang zwischen Fachkräftemangel und Bildungslandschaft soll daher noch einmal an zwei

Szenarien bewusst gemacht werden:

Die Dramatik der nicht besetzbaren Positionen liegt im technischen Bereich

Als Referenz Maßstab des Wertschöpfungsverlustes dient die durchschnittliche jährliche Pro Kopf

Wertschöpfung 60.996 € (2007) und eine 69%ige Lohndifferenz zwischen Ing .Tätigkeit und

Durchschnitts Beschäftigten (Durchschnitt 37.802 €, Ingenieur 63.819 € )

Wertschöpfungsverlust je fehlender Ing Stelle liegt damit bei 63.819*(60.996/37.802) = 102.961 €.

Bei ca. 70.000 offenen Stellen (netto 2007) entspricht das einem Wertschöpfungsverlust von ca. 7

Mrd. €. Die Rechnung basiert auf der Statistik 2007 (94.400 offene Ing. Stellen, 24800 arbeitslos

gemeldete Ing.). Für September 2010 wurden 40.900 offene Ing.-Stellen gemeldet, trotz

Wirtschaftskrise. Das ist eine Steigerung gegenüber August 2010 um 5 % und eine Steigerung

gegenüber Vorjahresmonat um 59 % .

Angesichts des Ausmaßes von Fachkräfteengpässen in sämtlichen technischen Qualifikationen bedarf

es eines koordinierten Bündels an Maßnahmen der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, aber auch

intelligenter Strategien der Unternehmen im Bereich der Gewinnung und Bindung hochqualifizierter

Arbeitskräfte.

Die beiden Länder Berlin und Brandenburg sind im

• Wirtschaftsbereich stark vernetzt. Bewohner aus Brandenburg arbeiten in Berliner

Unternehmen, Berliner Bürger arbeiten in Brandenburger Unternehmen. Es gibt eine

beachtliche Wohnortfluktuation ohne den Arbeitsplatz zu wechseln.

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• Wissenschaftsbereich stark verbesserungswürdig. Die Hochschulen sehen sich untereinander

im Wettbewerb um Studenten weniger um Inhalte. Sie unterliegen unterschiedlichen

Hochschulgesetzen.

• Im Hinblick auf die Durchsetzung einer DMS Strategie (nach Landeskinderprinzip) ist dies

kontraproduktiv. Das Finanzierungskonzept wird zum Umsetzungshindernis.

Im Schulbereich gilt weiterhin Föderalismus Chaos, nicht nur zwischen den Ländern Berlin und

Brandenburg, sondern in der gesamten Bundesrepublik, wie die VDI Studie Technik und Bildung in

Deutschland über die föderale Situation analysiert.

In der Wirtschaft wird von Mitarbeitern und damit von Familien Mobilität erwartet, um den

Anforderungen einer globalisierten Gesellschaft gerecht zu werden. Mobilität im Schulbereich wird in

der föderalen Bildungslandschaft nicht unterstützt. Der Flickenteppich der technischen

Bildungslandschaft ist hier nur ein Beispiel und kann sicher auch auf andere Bildungsbereiche

abgebildet werden. Sollte sich dies nicht ändern, so laufen wir Gefahr, dass die Bildungspolitik als

Basis für unsere wirtschaftliche Entwicklung die Anforderungen der heutigen Gesellschaft nicht

unterstützt.