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Grundsätzlich können Diabetiker fast alle Berufe ausüben, es sei denn, sie haben schwerwiegende Folge- oder Zusatzerkrankungen. Bei der Berufs- wahl ist zu berücksichtigen, dass das plötzliche Entgleisen der Stoff- wechsellage die Sicherheit des Patienten und anderer Menschen gefährden kann. I m Vorstellungsgespräch muss die Frage nach einer chronischen Krank- heit nicht beantwortet werden. Wie die Frage nach dem Vorliegen einer Schwangerschaft ist diese Frage un- zulässig. Ausnahme: Die Erkrankung schließt eine bestimmte Arbeit aus, wie beispielsweise als Pilot. Die Frage nach einer vorliegenden Schwerbehinderung muss allerdings wahrheitsgemäß beantwortet werden. Wenn der Bewerber dies nicht tut, kann der Arbeitgeber den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und auflösen. Die Entscheidung, ob ein Diabetiker einen Schwerbehindertenausweis beantragt oder nicht, sollte unter die- sem Aspekt gut abgewogen werden. Eine Einstellung im öffentlichen Dienst oder eine Verbeamtung ist grundsätz- lich möglich, allerdings wird hier häufig ein ärztliches Gutachten zur Gesund- heitssituation des Patienten gewünscht. Ungeeignet sind außerdem Berufe mit Personenbeförderung (Taxifahrer, Busfahrer, Pilot, Lokführer), verant- wortlicher Überwachungsfunktion (Fluglotse, Schrankenwärter etc.) oder Schusswaffengebrauch (Polizist, Wachdienst). Auch wenn der angestrebte Beruf nicht zu den ungeeigneten oder ungünstigen Berufen zählt, sollten sich Diabetiker darüber informieren, ob Richtlinien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz oder Eignungsvorschriften existieren. Beachtet werden müssen z. B. berufs- genossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeunter- suchungen, das Arbeitssicherheitsge- setz, Unfallverhütungsvorschriften, die Gefahrstoffverordnung oder die Eignungsvorschrift für bestimmte Berufe. Berufswahl Insulin spritzende Diabetiker sollten bestimmte Aspekte bei der Berufswahl beachten: Ungünstig sind Berufe, bei denen sie • sich selbst gefährden, z. B. an Arbeitsplätzen in großer Höhe (Dachdecker, Gebäudereiniger). • keine regelmäßigen Pausen zum Essen und Entspannen haben, z. B. als Sanitäter oder Feuerwehrmann. • ihren Blutzucker nicht in gewohnter Weise messen können. • die Arbeitsbelastung nicht planen können und viel Stress haben, der sich negativ auf die Stoffwechsel- lage auswirkt. • Arbeiten in Schutzkleidung verrichten müssen, durch die der Körper nicht direkt zugänglich ist, z. B. in Kühl- hallen oder Labors. • nachts arbeiten müssen. Schichtdienst ist grundsätzlich möglich, soweit der Tag-Nacht-Rhythmus nicht völlig durcheinander gerät. Berufswahl bei Diabetikern Krankheit DIABETES Arzt-Ausgabe Juli 2006 Nr. 6 Soziales und Inhalt Autofahren mit Diabetes 2 Notfallausweise 2 Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2006 3 Risiko Gestationsdiabetes 4 Neue Applikationen für Insulin 4 Arbeiten in großer Höhe sind ungünstig für Diabetiker

Krankheit - betapharm.de · Referat Sozialrecht, Offenbachstr. 12, 74629 Pfedelbach Der Anforderung sind ein mit 55 Cent frankierter Rückumschlag und ein Kostenbeitrag in Briefmarken

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Grundsätzlich können Diabetiker fastalle Berufe ausüben, es sei denn, siehaben schwerwiegende Folge- oderZusatzerkrankungen. Bei der Berufs-wahl ist zu berücksichtigen, dass das plötzliche Entgleisen der Stoff-wechsellage die Sicherheit desPatienten und anderer Menschengefährden kann.

Im Vorstellungsgespräch muss dieFrage nach einer chronischen Krank-

heit nicht beantwortet werden. Wiedie Frage nach dem Vorliegen einerSchwangerschaft ist diese Frage un-zulässig. Ausnahme: Die Erkrankungschließt eine bestimmte Arbeit aus,wie beispielsweise als Pilot.Die Frage nach einer vorliegendenSchwerbehinderung muss allerdingswahrheitsgemäß beantwortet werden.Wenn der Bewerber dies nicht tut, kannder Arbeitgeber den Vertrag wegenarglistiger Täuschung anfechten undauflösen.Die Entscheidung, ob ein Diabetikereinen Schwerbehindertenausweisbeantragt oder nicht, sollte unter die-sem Aspekt gut abgewogen werden.Eine Einstellung im öffentlichen Dienstoder eine Verbeamtung ist grundsätz-lich möglich, allerdings wird hier häufigein ärztliches Gutachten zur Gesund-heitssituation des Patienten gewünscht.

Ungeeignet sind außerdem Berufemit Personenbeförderung (Taxifahrer,Busfahrer, Pilot, Lokführer), verant-wortlicher Überwachungsfunktion(Fluglotse, Schrankenwärter etc.) oderSchusswaffengebrauch (Polizist,Wachdienst).Auch wenn der angestrebte Beruf nichtzu den ungeeigneten oder ungünstigenBerufen zählt, sollten sich Diabetikerdarüber informieren, ob Richtlinienzum Arbeits- und Gesundheitsschutzoder Eignungsvorschriften existieren.Beachtet werden müssen z. B. berufs-genossenschaftliche Grundsätze fürarbeitsmedizinische Vorsorgeunter-suchungen, das Arbeitssicherheitsge-setz, Unfallverhütungsvorschriften, die Gefahrstoffverordnung oder dieEignungsvorschrift für bestimmteBerufe.

Berufswahl

Insulin spritzende Diabetiker solltenbestimmte Aspekte bei der Berufswahlbeachten:Ungünstig sind Berufe, bei denen sie• sich selbst gefährden, z. B. an

Arbeitsplätzen in großer Höhe(Dachdecker, Gebäudereiniger).

• keine regelmäßigen Pausen zumEssen und Entspannen haben, z. B.als Sanitäter oder Feuerwehrmann.

• ihren Blutzucker nicht in gewohnterWeise messen können.

• die Arbeitsbelastung nicht planenkönnen und viel Stress haben, dersich negativ auf die Stoffwechsel-lage auswirkt.

• Arbeiten in Schutzkleidung verrichtenmüssen, durch die der Körper nichtdirekt zugänglich ist, z. B. in Kühl-hallen oder Labors.

• nachts arbeiten müssen.Schichtdienst ist grundsätzlich möglich,soweit der Tag-Nacht-Rhythmus nichtvöllig durcheinander gerät.

Berufswahl bei Diabetikern

KrankheitDIABETESArzt-Ausgabe Juli 2006 Nr. 6

Sozialesund

InhaltAutofahren mit Diabetes 2

Notfallausweise 2

Deutscher GesundheitsberichtDiabetes 2006 3

Risiko Gestationsdiabetes 4

Neue Applikationen für Insulin 4

Arbeiten in großer Höhe sind ungünstig für Diabetiker

KuS_Diabetes 27.06.2006 16:22 Uhr Seite 1

MedizinSoziales 2

In Deutschland svölkerung, etwa 5Diabetiker. 90 ProTyp-2-Diabetes. Äeuropäischen Länder Betroffenen ist bedingt zum eweiteren Anstieg zum anderen durBehandlung der Komplikationen.

Auffallend ist, daBehandlungskostheit für Folgeerktes aufgebracht whauptsächlich vozuckereinstellungHbA1C spiegelt dletzten drei Monstreben ist ein WEin HbA1C-Wert bedeutet durchscwerte von über 2mung des Langzeim Quartal erfolgist, dass dieser zuwird. Bei 22 Prozerfolgt überhaupMessung. Drei Viertel der Ddurchgeführter Mhalb der Zielbereidie Verbreitung dmessung leisten.

DeutbericDer GesundheitsUnion zum letztnahme zu Inzide

Grundsätzlich ist ein Arzt dazu verpflichtet, Patienten, die aufgrund ihrerKrankheit nicht Auto fahren können, darauf hinzuweisen. Diabetiker, diekeine Krankheitszeichen zeigen und erwarten lassen, dürfen in der RegelKraftfahrzeuge führen.

Autofahren mit Diabetes

Nachfolgend detaillierte Informa-tionen, was das in der Praxis

bedeutet. Entnommen sind die Leit-sätze zur Fahreignung bei Diabetes aus den „Begutachtungs-Leitlinien zurKraftfahrereignung“, herausgegebenvon der Bundesanstalt für Straßen-wesen. Darin werden drei Gruppen von Diabetikern, entsprechend ihrerBehandlungsart und Kontrollbedürftig-keit, unterschieden.

Diabetiker nur mit Diät sowie mitDiät und Medikamenten

zur Besserung der Insulinresistenz undResorptionsverzögerung von Nähr-stoffen: uneingeschränkte Teilnahmeam motorisierten Straßenverkehr.

Diabetiker mit Diät und oralenAntidiabetika:

in der Regel uneingeschränkte Teil-nahme am Straßenverkehr.

Diabetiker mit Diät und Insulin:

Diese Patienten sind hypoglykämie-gefährdet. Deshalb dürfen sie in der Regel keine Kraftfahrzeuge der„Gruppe 2“ führen. Das betrifft bei-spielsweise Lkw und Busse sowie dieErlaubnis zur Beförderung von Fahr-gästen.Dagegen dürfen sie Kraftfahrzeugeder „Gruppe 1“ führen, das sind z. B.Mopeds, Kraft- und Leichtkrafträder,Kraftfahrzeuge, Fahrzeuge bis 3,5 Ton-nen und Motorräder.Voraussetzung dafür ist, dass sie Stoff-wechselselbstkontrollen durchführen,auftretende Hypoglykämien und Hy-

perglykämien bemerken und erfolg-reich behandeln können.Grundsätzlich sollten alle sechs Monateeine augenärztliche Untersuchung undregelmäßig ärztliche Kontrollen durch-geführt werden.

Diabetiker mit schweren Stoff-wechselentgleisungen

mit Hypo- und Hyperglykämien dürfennicht am Straßenverkehr teilnehmen. Wer erstmals oder neu eingestellt wird,darf so lange nicht am Straßenverkehrteilnehmen, bis die Einstellphase durchErreichen einer ausgeglichenen Stoff-wechsellage abgeschlossen ist.

Diabetiker, die mit Insulin behandeltwerden, sollten zur eigenen und zurSicherheit der anderen Verkehrsteil-nehmer im Auto immer folgende Dingemitführen:• schnell wirkende Kohlehydrate wie

Trauben- oder Würfelzucker• Blutzuckertestgerät• Diabetikerausweis

(siehe nebenstehenden Artikel)• ausreichend Insulin und Spritzen

Den Aufbewahrungsort sollte möglichstauch der Beifahrer kennen.

Vor einer längeren Fahrt

sollten Diabetiker den Blutzucker messenund notieren. Im Falle eines Unfalls istdies aus juristischen Gründen wichtig.Nach § 2 Fahrerlaubnisverordnung be-steht eine „Pflicht zur Vorsorge“, umandere Verkehrsteilnehmer nicht zugefährden.

In den letzten Jahren wurden dieSicherheitsvorkehrungen an Flug-häfen verstärkt. Verreist ein Diabetiker, kann es bei Sicherheits-oder Zollkontrollen wegen der Ein-malspritzen, Pens oder Stechhilfenzu Problemen kommen.

Um ein reibungsloses Einchecken zuermöglichen, ist es für Diabetikersinnvoll, ein Attest mit sich zu führen.

Internationales Diabetes-Attest

In diesem Formular bestätigt derbehandelnde Arzt mit seinem Praxis-stempel und seiner Unterschrift, dasses sich beim Reisenden (Name, Geburts-datum, Wohnort) um einen Diabetikerhandelt. Außerdem wird beschrieben,wie er sich behandeln (spritzen, Blut-zucker messen) und welche Gegen-stände er deshalb mit sich führenmuss. Das Attest-Formular ist über denDeutschen Diabetiker Bund, Landes-verband Baden-Württemberg, in zehnSprachen erhältlich. Es kann angefordertwerden bei: Reiner Hub, DDB,Referat Sozialrecht, Offenbachstr. 12,74629 PfedelbachDer Anforderung sind ein mit 55 Centfrankierter Rückumschlag und einKostenbeitrag in Briefmarken im Wertvon 1 Euro beizulegen.

Europäischer Notfallausweis

Diabetiker mit schweren Hypoglykämiensollten im Ausland einen Notfallaus-weis mit sich tragen. Inhalte sind u. a.:• Auflistung der Patienten-Medikation• Sofortmaßnahmen im Fall einer

Hypoglykämie• Familie oder Personen, die im Not-

fall informiert werden sollen• Adresse des behandelnden ArztesDer Europäische Notfallausweis istbeim Deutschen Diabetiker Bund e. V.(DDB) in neun Sprachen erhältlich.Nichtmitglieder zahlen dafür 2 Euro.Bestellt werden kann telefonischunter 0561 703477-0 oder im Internetunter www.diabetikerbund.de, Stich-wort DDB-Broschüren.

!Mehr Informationen über Diabetes finden Sie unterwww.betanet.deSuchwort Diabetes.

Notfallausweise

KuS_Diabetes 27.06.2006 16:22 Uhr Seite 2

Medizin 32

In Deutschland sind 7 Prozent der Be-völkerung, etwa 5,7 Millionen Menschen,Diabetiker. 90 Prozent leiden an einemTyp-2-Diabetes. Ähnlich wie in andereneuropäischen Ländern nimmt die Zahlder Betroffenen kontinuierlich zu. Diesist bedingt zum einen durch einenweiteren Anstieg der Fettleibigkeit undzum anderen durch eine verbesserteBehandlung der Erkrankung und ihrerKomplikationen.

Auffallend ist, dass ein Vielfaches derBehandlungskosten der Grundkrank-heit für Folgeerkrankungen des Diabe-tes aufgebracht wird. Diese hängenhauptsächlich von der Güte der Blut-zuckereinstellung ab. Der LangzeitwertHbA1C spiegelt die Einstellung derletzten drei Monate wider. Zu er-streben ist ein Wert von 6,5 Prozent.Ein HbA1C-Wert von über 8 Prozentbedeutet durchschnittliche Blutzucker-werte von über 200 mg/dl. Die Bestim-mung des Langzeitwertes sollte einmalim Quartal erfolgen. Besorgniserregendist, dass dieser zu selten kontrolliertwird. Bei 22 Prozent der Patientenerfolgt überhaupt keine HbA1C-Messung. Drei Viertel der Diabetiker haben beidurchgeführter Messung Werte ober-halb der Zielbereiche. Abhilfe kann hierdie Verbreitung der Blutzucker-Selbst-messung leisten. Im Gegensatz zur

Mehrzahl der insulinbehandeltenbeherrschen nur 37 Prozent der mitTabletten behandelten Diabetiker dieSelbstmessung.

Die Folgeerkrankungen des Diabetesmellitus werden durch Begleiterkran-kungen wie Hypertonie und Hyperlipid-ämie verstärkt. Hiervon sind Diabetikerim Vergleich zur Normalbevölkerunghäufiger betroffen. Die Inzidenz derHypertonie beträgt in der Normalbe-völkerung 44 Prozent. Dagegen sind 77 Prozent der Diabetiker betroffen. Bei neu aufgetretenem Typ-2-Diabetesmuss deshalb gezielt nach Bluthoch-druck und Fettstoffwechselstörunggesucht werden. Eine intensive Blut-druckeinstellung kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Interessanter-weise besteht dabei auch ein negativesKosten-Nutzen-Verhältnis: Obwohl zu-nächst höhere Behandlungskosten ent-stehen, werden durch die Verhinderungvon Folgeerkrankungen insgesamt Ein-sparungen erzielt. Dies bei gleichzeitigverlängerter Lebenszeit. Nur 16 Prozentder Diabetiker haben eine ausreichendeHypertonie-Behandlung. Weiterhin istdie Therapie einer Fettstoffwechsel-störung umso effektiver, je höher dasvaskuläre Risikoprofil ist. Jedoch haben55 Prozent der Patienten mit Fettstoff-wechselstörung und stattgehabtemGefäßereignis keinen Lipidsenker.

Deutscher Gesundheits-bericht Diabetes 2006Der Gesundheitsbericht „Diabetes 2006“ wurde von der Deutschen Diabetes-Union zum letzten Weltdiabetestag veröffentlicht. Es ist eine Bestandsauf-nahme zu Inzidenz, Versorgung und Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus.

n wurden diengen an Flug-reist ein bei Sicherheits-wegen der Ein-er Stechhilfenen.

Einchecken zur Diabetikert sich zu führen.

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nen über Sie unter

es.

usweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind fürdie eingeschränkte Lebenserwartungvon Diabetikern verantwortlich. Überdrei Viertel versterben an einem aku-ten Gefäßverschluss, hauptsächlich anHerzinfarkt. Von Schlaganfallpatientenhaben mindestens 20 Prozent einenDiabetes. Weitere Folgeerkrankungensind das diabetische Fußsyndrom mitder möglichen Komplikation einerAmputation und die diabetischeNephropathie. Sie ist die häufigsteUrsache für ein Nierenversagen mitDialysepflichtigkeit. Diese Komplika-tionen sind mit einem dramatischenVerlust an Lebensqualität verbunden.Die Lebenserwartung eines dialysebe-handelten Typ-2-Diabetikers ist mitder eines Patienten mit metastasier-tem Magenkarzinom vergleichbar.

Unter Berücksichtigung der Menschenmit nicht diagnostiziertem Diabetessind 10 Prozent der Bevölkerung, etwa8 Millionen Menschen, betroffen.Angesichts dieser Zahlen wird die Not-wendigkeit einer verstärkten Präven-tion deutlich. Hierzu ist eine Lebens-stiländerung erforderlich, mit ver-minderter Kalorienaufnahme underhöhten Kalorienverbrauch. Täglicheine halbe Stunde Gehen reduziert das Diabetesrisiko um 36 Prozent. Hiersind Schulen, Ärzte und Massenmediengefordert. Die Therapie kann wiederumdurch Stoffwechselselbstkontrollen undPatientenschulungen optimiert werden.Diabetiker müssen durch Hausärzte,Fachärzte und Schwerpunktkranken-häuser gemeinsam betreut werden.Disease-Management-Programmekonnten die Versorgungsqualität ver-bessern. Diesbezüglich ist jedoch dringend eine Verminderung büro-kratischer Belastungen erforderlich.Dann können auch alle Hausärztediese Programme umsetzen. Um demepidemischem Zuwachs an Neuerkran-kungen zu begegnen, wurden weiter-hin, mit zwei nationalen Studien zur Prävention und Versorgung des Diabetes mellitus, die Forschungsbe-mühungen gebündelt.

Der vollständige Beitrag „Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2006“ ist im Internet unterwww.diabetes.uni-duesseldorf.de/download/DDU_Gesundheitsbericht.pdferhältlich.

KuS_Diabetes 27.06.2006 16:22 Uhr Seite 3

Medizin 4

gruppe signifikant niedriger. Die Kom-plikationsrate lag in der Kontroll-gruppe bei 4 Prozent, in der Interven-tionsgruppe dagegen lediglich bei 1 Prozent. Die Zahl der makrosomenKinder (ab 4 kg Geburtsgewicht) warin der Kontrollgruppe doppelt so hoch.Weiterhin war die Lebensqualität derFrauen in der Interventionsgruppe höher.Auffallend war auch eine niedrigereRate von Depressionen drei Monatenach der Entbindung.1. Crowther CA, N Engl J Med 2005; 352:

2477-86

Die Prävention diabetesbedingterFolgekrankheiten ist nur mit eineroptimalen Stoffwechselkontrollemöglich. Mit inhalierbarem Insulinsteht bald eine neue Applikations-form zur Verfügung, die den Thera-pieeinstieg erleichtert.

In vielen Studien zu Typ-2-Diabeteswurde nachgewiesen, dass die Mehr-zahl der Patienten die Therapieziele,nämlich HbA1C-Werte von unter 6,5Prozent, nicht erreicht. In den Leit-linien der Deutschen Diabetes-Gesell-schaft wird eine Therapieeskalationempfohlen, sobald die Blutzuckerkon-trolle unter laufender Therapie nichtmehr zufriedenstellend ist. Insulinermöglicht zwar eine gute Blutzucker-einstellung, wird aber von den meistenPatienten wegen der häufigen Injek-tionen und komplizierten Therapie-regimen abgelehnt. Bei Verfügbarkeit einer inhalativenApplikation würden sich dreimal mehrPatienten für eine Insulintherapie ent-

scheiden. Die Wirksamkeit ist mindes-tens so gut wie bei subkutaner Gabe.Besonders geeignet scheint sie für dieTherapie beim Typ-2-Diabetes in Kom-bination mit oralen Antidiabetika zusein. In einer prospektiven Studie hat-ten Patienten, die zusätzlich zur oralenantidiabetischen Therapie vor den Mahl-zeiten eine Insulininhalation erhielten,eine hochsignifikant bessere Stoff-wechselkontrolle. Der initiale HbA1C-Wert von 9,5 Prozent sank nach dreiMonaten auf median 7,3 Prozent.1

Die Applikation über die Lunge bietetals Vorteile eine große Resorptions-oberfläche und das Fehlen einer First-Pass-Clearance der Leber. Der Wirkein-tritt von inhaliertem Insulin ist ähnlichschnell wie der kurzwirksame Insulin-analoga, die Wirkdauer ist vergleich-bar mit der von Normalinsulin. DieBioverfügbarkeit beträgt 10 Prozentim Vergleich zu subkutanen Insulinen.Die Wirkung von 1 mg entspricht etwa3 IE. Häufigste unerwünschte Begleit-wirkung ist ein milder Husten, der bei

etwa 10 Prozent der Patienten auftritt,jedoch im weiteren Behandlungsverlaufauf 2 Prozent sinkt. Kontraindiziert istdie Therapie bei Rauchern und beieiner schweren COPD oder Asthmabronchiale. Die ersten Präparate sollenim Laufe dieses Jahres zur Verfügungstehen.1. Rosenstock, Diabetes 2002, 51, Suppl 2: A132

Neue Applikationsform für Insulin

Herausgeber:betapharm Arzneimittel GmbH Kobelweg 95, 86156 AugsburgTelefon: 0821-74 8810Telefax: 01805-7488100E-Mail: [email protected]

Redaktion: Sabine Bayer, beta InstitutDr. Siegfried Stoll, betapharm

Fotos:Seite 1: ©Udo Kroener – FOTOLIA Seite 2: ©tadija – FOTOLIASeite 3: ©Marc Dietrich – FOTOLIASeite 4: ©Peter Galbraith – FOTOLIA

Impressum

Frauen waren in der Kontrollgruppe. Die Interventionsgruppe bekam eineindividuelle diätetische Behandlungunter Berücksichtigung des Gewichtesvor der Schwangerschaft, der Gewichts-zunahme während der Schwanger-schaft und in Abhängigkeit von derkörperlichen Aktivität. Weiterhin wurden täglich viermal Blutzucker-messungen durchgeführt, bis zweiWochen lang ein Nüchternblutzuckervon unter 99 mg/dl und zwei Stundenpostprandial ein Wert von unter126 mg/dl vorlagen. Bei zweimaligerÜberschreitung dieser Grenzwerte biszur 35. Schwangerschaftswoche wurdeeine Insulintherapie eingeleitet.Danach wurden postprandiale Wertebis 143 mg/dl toleriert. Eine Insulin-therapie wurde auch eingeleitet beieinmaliger Messung eines Blutzuckersvon über 161mg/dl. Die Rate an ernsthaften perinatalenKomplikationen, wie Totgeburt, Schul-terdystokie, Plexuslähmung und Kno-chenfraktur, war in der Interventions-

In einer britisch-australischen Studiekonnte gezeigt werden, dass die Be-handlung eines Gestationsdiabetesdeutliche Vorteile für Mutter undKind bringt.

Als Gestationsdiabetes wird eine ge-störte Glucosetoleranz bezeichnet,

die während der Schwangerschaftauftritt. Davon sind 2–9 Prozent allerSchwangeren betroffen. Durch einenoralen Glucosetoleranztest kann dieDiagnose gestellt werden. Bei Frauenmit Risikofaktoren, wie Übergewicht,vorhergehende Geburt eines makro-somen Kindes, Kindern mit Fehlbildun-gen und Totgeburten, wird ein Scree-ning empfohlen. Ob ein Screening unddie Behandlung eines Gestationsdiabe-tes Risiken für Mutter und Kind redu-zieren können war unklar. In die kontrollierte Doppelblind-Studiewurden 1.000 Frauen in der 24.–34.Schwangerschaftswoche eingeschlos-sen. 490 Frauen wurden in die Inter-ventionsgruppe randomisiert, 510

Risiko Gestationsdiabetes

KuS_Diabetes 27.06.2006 16:22 Uhr Seite 4