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Ein Förderprogramm der Stiftung EVZ
In Kooperation mit
AUSSCHREIBUNG 2012:
KRIEG, NACHKRIEG, KALTER KRIEGERINNERUNGEN AN DEN ZWEITEN WELTKRIEG IM ZEICHEN DES NEUANFANGS (1945 BIS 1960)
Ausschreibung: Förderung internationaler Projekte zur europäischen Erinnerung Förderzeitraum: Januar bis Oktober 2012 Einsendeschluss für Projektskizzen: 15. Mai 2011
Die Geschichtswerkstatt Europa ist ein
Programm der Stiftung „Erinnerung, Verant-
wortung und Zukunft“ (EVZ), das interna-
tionale Projekte zur Analyse europäischer
Erinnerungskulturen fördert. Ziel ist ein
Dialog junger Europäer über die Unterschiede
und Gemeinsamkeiten nationaler, regionaler
und lokaler Erinnerungen an die kollektiven
Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts.
Das Institut für angewandte Geschichte
ist in Kooperation mit der Europa-Universität
Viadrina für die Förderung der Projekte
verantwortlich. Das Institut begleitet Projekt-
ideen beratend von der Skizzenentwicklung
über die Antragstellung bis zur Abrechnung
und organisiert im Januar 2012 ein Treffen in
Frankfurt an der Oder, das für die Teilnehmer
der geförderten Projekte verpflichtend ist. Das
Treffen trägt zur inhaltlichen sowie metho-
dischen Vorbereitung und zur Vernetzung der
Teilnehmer bei.
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AUSSCHREIBUNG 2012:
KRIEG, NACHKRIEG, KALTER KRIEG
Der Zweite Weltkrieg und der aus ihm hervorgehende Kalte Krieg führten zu einer nachhaltigen Spaltung Europas. Diese zeigt sich bis heute auch in den stark unterschiedlichen Erinnerungskulturen der europäischen Gesellschaf-ten. In der Geschichtswerkstatt Europa 2012 werden Projekte gefördert, die das Nachwirken des Zweiten Weltkriegs in den europäischen Gesellschaften in den ersten 15 Jahren nach Kriegsende untersuchen. Die inter nationalen Pro-jekte sollen damit einen Beitrag zum Verständnis der Formierungsphase europäischer Erinnerungs kulturen leisten.
Dem von Deutschland entfachten Zweiten Weltkrieg, dem Holocaust, dem Völkermord an den Roma, der Zwangsar-beit, Umsiedlungen und anderen Formen von Verfolgung fielen Millionen von Menschen zum Opfer oder sie überleb-ten nur schwer gezeichnet das Erlebte. Auch die deutsche Kapitulation vom Mai 1945 brachte dem Kontinent nur eingeschränkt Ruhe und Frieden. Der mühsame Wiederaufbau der in Trümmern liegenden Städte wurde überschattet von Hunger und Elend, von massenhaften Migrationen, militärischen Konfrontationen und fortgesetzten politischen Repressionen.
Die Gewalterfahrungen der unmittelbaren Vergangenheit waren für die Menschen in der Nachkriegszeit sehr prä-sent. Das individuelle Erinnern an das Erlebte und an das eigene Verhalten während des Krieges hatte Einfluss darauf, wie sich der oder die Einzelne in den sich neu konstituierenden Gesellschaften positionierte und prägte die persönlichen, auch familiären Beziehungen, aber auch das gesellschaftliche Klima. Dabei gingen Individuen, Gruppen und Gesellschaften mit diesen Erinnerungen höchst unterschiedlich um. Manche wollten über das Erlebte sprechen, verstehen, erklären, anklagen. Anderen war es hingegen lieber, sich auf den Neuanfang zu konzentrieren, und sie versuchten, das Vergangene zu vergessen. Wichtiger schien es, die Beschwernisse des Alltags zu überwin-den und sich in den neuen Verhältnissen einzurichten. Eine eingehende gesellschaftliche Reflexion dessen, was in den Jahren zuvor geschehen war, hatte vor diesem Hintergrund wenig Platz. Hinzu kam, dass der aufziehende Kalte Krieg bereits neue Feindbilder schuf und die Gesellschaften ideologisch auflud. In diesem Prozess entstanden auf beiden Seiten jeweils spezifische Geschichtsinterpretationen, die als verbindlich implementiert werden sollten.
Die Geschichtswerkstatt Europa fördert im Jahr 2012 bis zu 30 Projekte, die den Umgang mit den Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg in den ersten 15 Nachkriegsjahren in Europa thematisieren. Sie sollen auf einem von drei Themenfeldern angesiedelt sein, auf denen die unterschiedlichen Praktiken im Denken bzw. Nicht-Denken an die Vergangenheit besonders deutlich werden: Rückkehr, Transfer und Geschichtspolitik.
RÜCKKEHR
Im Nachkrieg waren in Europa Millionen von Menschen unterwegs. Hinter ihnen lagen Zwangsarbeit, Kriegsgefan-genschaft, frühere Flucht und Vertreibung. Viele kehrten zurück in eine durch den Krieg und seine Folgen verän-derte und für sie fremde Umgebung. Wie gelang es diesen Menschen, sich in die neuen Bedingungen einzufinden? Was entschied darüber, ob sie das Erlebte verschweigen oder mitteilen wollten? Wie gestalteten sich die Gespräche über das Zurückliegende innerhalb der Familien? Welche Rolle spielten Verbände von Verfolgten und heimkehrenden Kriegsgefangenen für die Konstituierung von Erinnerung in den jeweiligen Gesellschaften?
TRANSFER
Nach 1945 wurden die Kontaktmöglichkeiten zwischen Ost und West kontinuierlich eingeschränkt. Ein Austausch über die Gewalterfahrungen des Zweiten Weltkriegs war über die neue Konfliktlinie hinweg kaum möglich. Mehr noch: In beiden Lagern setzten sich Interpretationen der Kriegsereignisse durch, die dem jeweils anderen Schuld zuwiesen. Dennoch bestanden in der direkten Nachkriegszeit Verflechtungen und Verbindungen zwischen beiden Blöcken fort. Konnten sich auf diesen Wegen alternative Erinnerungsdiskurse entwickeln? Welche Rolle spielten dabei informelle private, wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Netzwerke? Konnten gemeinsame, West und Ost verbindende, Erinnerungen überleben und wenn ja, in welcher Form?
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GESCHICHTSPOLITIK
Die historischen Meistererzählungen, die in der Zeit nach 1945 in Europa entstanden, waren Bestandteil der ideolo-gischen Konfrontation des Kalten Krieges. Sie sollten gesellschaftlichen Zusammenhalt schaffen und blendeten aus, dass es im Krieg selbst teilweise ganz andere Koalitionen gegeben hatte. Sie leugneten die Opfer der jeweils ande-ren Seite und sollten die Erinnerung an gemeinsame Erlebnisse löschen. Welche Rolle spielte die Geschichtspolitik für die ideologische Formierung der beiden verfeindeten Blöcke? In welchen Formen nationalstaatlicher Geschichts-politik (Denkmälern, Riten, Heldenerzählungen, Gesängen etc.) wurde diese Erinnerung von oben implementiert? In welchen Situationen kollidierte sie mit dem Gedächtnis lokaler, nichtstaatlicher Akteure?
FÖRDERUNG
Die Geschichtswerkstatt Europa fördert internationale Projekte, in denen Studierende, Absolventen, Nachwuchs-wissenschaftler, Journalisten sowie andere Akteure der Zivilgesellschaft im Alter von 18 bis 35 Jahren gemeinsam von Januar bis Oktober 2012 Krieg, Nachkrieg, Kalter Krieg – Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg im Zeichen des Neuanfangs (1945 bis 1960) untersuchen. Sie werden dabei inhaltlich und methodisch von einem Mentor begleitet, den sie selbst vorschlagen können.
Die Projekte werden vom Antragsteller gemeinsam mit einem Partner aus einem mittel- bzw. osteuropäischen Land oder Israel geplant und durchgeführt. Ziel ist eine transkulturelle Reflexion über europäische Erinnerungskulturen. Darüber hinaus soll durch Präsentationen und Diskussionen eine breitere Öffentlichkeit erreicht werden. Als Pro-jektergebnis wird ein Text-, Foto- oder Filmbeitrag erwartet, der auf www.geschichtswerkstatt-europa.org ver-öffentlicht wird.
Es gibt zwei alternative Formen der Finanzierung für Reisen, Unterkunft, Verpflegung, Sachmittel und Kommunika-tion: Institutionen können für Projekte ab vier Teilnehmern Zuwendungen bis maximal 15.000 Euro erhalten. Inter-nationale Teams von zwei bzw. drei Personen aus je einem Land können ohne institutionelle Anbindung Projektsti-pendien in Höhe von 2.500 Euro pro Person für die Realisierung des Projekts erhalten.
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Die Geschichtswerkstatt Europa ist ein
Programm der Stiftung „Erinnerung, Verant-
wortung und Zukunft“ zur Auseinandersetzung
mit europäischer Erinnerung. Die Förderung
von Projekten wird vom Institut für ange-
wandte Geschichte in Kooperation mit der
Europa-Universität Viadrina koordiniert. Das
Internationale Forum wird vom Global and
European Studies Institute der Universität
Leipzig ausgerichtet.
Die hier dargestellten Bilder sind im Rahmen bis-
heriger Projekte der Geschichtswerkstatt Europa
entstanden.
SKIZZEN
Jedes Projektteam soll vor Antragstellung in einer Skizze folgende Fragen beantworten:
Wie lautet die zentrale Frage des Projekts?
Welche Arbeitsschritte sind für die Bearbeitung dieser Frage vorgesehen?
Auf welche Vorarbeiten stützen Sie sich dabei? Nennen Sie bitte fünf Referenzwerke.
Welche Methode ist für Ihr Projekt zentral?
In welchem internationalen Team wird das Projekt gemeinsam umgesetzt?
Wie ist Ihr Projektteam entstanden? In welcher Form haben Sie bisher zusammengearbeitet?
Wie verständigen Sie sich innerhalb der Projektgruppe über Begrifflichkeiten und Vorgehensweisen?
Wie wollen Sie der europäischen Ebene der Erinnerungskultur in Ihrer Projektarbeit Rechnung tragen?
Welche erfahrene Person in Ihrem Umfeld kann Ihr Projekt als Mentor begleiten?
In welcher Form werden die Ergebnisse aufbereitet und einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert?
Welche Ausgaben sind notwendig, um das Projekt zu realisieren?
Die Projektskizze kann vom 1. April bis zum 15. Mai 2011 über das Online-Formular der Geschichtswerkstatt Europa eingesandt werden. Im September 2011 entscheidet eine Fachjury, welche Projekte aufgefordert werden, einen Antrag zu stellen.
KONTAKT
Institut für angewandte GeschichteGesellschaft und Wissenschaft im Dialog e.V.Geschichtswerkstatt EuropaGroße Scharrnstraße 5915230 Frankfurt an der Oder
Kontakt: Anna LittkeTel.: +49 (0) 335 5534 5535 Mail: [email protected]: geschichtswerkstatt Online: www.geschichtswerkstatt-europa.org
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