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Kriegswirtschaft
7. KriegswirtschaftNachdem sich abzeichnete, dass der Krieg bis Weihnachten 1914 nicht zu gewinnen war und die Ressourcen für die weitere Kriegsführung immer knapper wurden, begann die deutsche Führung die Wirtschaft auf die Erfordernisse des Krieges umzustellen. Die Umstellung umfasste die Anfangsphase der Improvisation bis ungefähr Mitte 1915, die Phase der Verbesserung bis Ende 1916 und endete mit der Radikalisierung.1
Durch den enormen Anstieg der Kriegskosten kam es schon im ersten Kriegsjahr zur politischen, militärischen und wirtschaftlichen Krise. Der Finanzbedarf wurde durch das Auflegen von Kriegsanleihen abgemildert, für die auch Oberbürgermeister Holle in Essen energisch warb. Er stellte in einem Aufruf fest: „Heute gehört alles verfügbare Geld dem Vaterland.“ (Q1)
Auf zahlreichen Postkarten, die von einigen namhaften Grafikern entworfen wurden, warb man für die Kriegsfinanzierung des Reiches durch die Kriegsanleihen. Auf der martialisch wirkenden Postkarte (Q2) von Fritz Erler ist die Entschlossenheit abzulesen, sich für die Erlangung des Sieges einzusetzen. Mit den Postkarten behandelt man eine wichtige Quellengattung, die durch den neuen Offsetdruck eine hohe Verbreitung fand. Sie zeigten „ebenso entschlossen wie opferbereit wirkende Männer und Frauen, die offenbar keinerlei Zweifel am Siege ‚ihrer Feldgrauen‘ hegen.“2
Essen wurde als „Waffenschmiede des Deutschen Reiches” über alle Ländergrenzen hinaus bekannt, u. a. mit dem von Krupp entwickelten 42cm-Geschütz „Dicke Berta”. Selbst in Kantinen (Q3) wurde das berühmte Geschütz gepriesen. Hier wird die große Bedeutung von Krupp deutlich, ebenso durch Fotografien (Q4), die die riesigen Räume zeigen, in denen bei hohen Gewinnen Rüstungsmaterial hergestellt wurde. Das Unternehmen bildete zu dieser Zeit den größten Rüstungsbetrieb in Deutschland. Dessen Produktionsstätten wurden erweitert, „die Zahl der Beschäftigten stieg von 39.000 bei Kriegsbeginn über 70.000 (1. Juli 1916) auf 105.000 (1. Juli 1918).”3
Die deutsche Kriegswirtschaftspolitik verfolgte das Ziel, genügend Waffen und Munition für die Kriegsführung herzustellen. Es galt daher, die Rohstoffversorgung zu sichern und die rarer werdenden Arbeitskräfte auf die Unternehmen zu verteilen. Zudem musste die Nahrungsmittelversorgung trotz der von den Alliierten verhängten Wirtschaftsblockade sichergestellt werden. Die Material- und Lebensmittelknappheit stieg in den Kriegsjahren weiter stark an und durch die erheblichen Kriegsverluste erhöhte sich die Zahl der Einberufenen enorm. „Bis Anfang 1915 standen in Deutschland 4,4 Millionen Soldaten im Feld, bevor sich diese Zahl bis Anfang 1918 auf sieben Millionen erhöhte. Rekrutiert wurden insgesamt dreizehn Millionen Deutsche, das sind zwanzig Prozent der Gesamtbevölkerung.“4
1 Vgl. Oltmer, Jochen: Unentbehrliche Arbeitskräfte. Kriegsgefangene in Deutschland 1914-1918, in: Ders. (Hrsg.): Kriegsgefangene im Europa des Ersten Weltkrieges, Paderborn 2006, S. 70 f.
2 Wuttke, Ingo: Propaganda, in: Katalog 1914. Mitten in Europa. Die Rhein-Ruhr-Region und der Erste Weltkrieg, hrsg. von Grütter, Heinrich Theodor und Hauser, Walter, Essen 2014, S. 180–183, S. 182.
3 Vgl. Tenfelde, Klaus: Krupp in Krieg und Krisen. Unternehmensgeschichte der Fried. Krupp AG 1914 bis 1924/25, in: Gall, Lothar (Hrsg.): Krupp im 20. Jahrhundert. Die Geschichte des Unternehmens vom Ersten Weltkrieg bis zur Gründung der Stiftung, Berlin 2002, S. 15-165, S.58.
4 Kleine Vennekate, Erik: Die Mobilisierung von Arbeitskräften an der „Heimatfront“. Der Einsatz von Frauen und Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg, in: Forum Geschichtskultur Ruhr, 01/2014: 1914-2014. Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg, S. 45-51, S. 45.
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Die Einberufungen erhöhten den bestehenden Arbeitskräftemangel. In der Folge wurde den deutschen Beschäftigten „die freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt“5 und zunehmend wurden Jugendliche, Kriegsgefangene (Q5) und ausländische Zivilarbeiter beschäftigt.
Nachdem im August 1916 die Oberste Heeresleitung unter Paul von Hindenburg mehr Machtbefugnisse erhalten hatte, wurden eine Erhöhung der Kriegsproduktion, eine Umorganisation der Behörden und die totale Mobilisierung der noch vorhandenen wirtschaftlichen und personellen Reserven – also die Militarisierung von Wirtschaft und Gesellschaft - eingeleitet.
Das „Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst" vom 2. Dezember 1916 ließ weitgehende Staatseingriffe in Produktion und Arbeitsverhältnisse zu. Dort hieß es unter Paragraph § 2:
„Als im vaterländischen Hilfsdienst tätig gelten alle Personen, die bei Behörden, behördlichen Einrichtungen, in der Kriegsindustrie, in der Land- und Forstwirtschaft, in der Krankenpflege, in kriegswirtschaftlichen Organisationen jeder Art oder in sonstigen Berufen oder Betrieben, die für Zwecke der Kriegführung oder der Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar Bedeutung haben, beschäftigt sind, soweit die Zahl dieser Personen das Bedürfnis nicht übersteigt.”6
Für alle nicht zum Wehrdienst eingezogenen Männer zwischen 17 und 60 Jahren wurde eine allgemeine Arbeitspflicht erlassen. Der preußische Kriegsminister Erich von Falkenhayn betonte angesichts des Arbeitermangels: „Alle bisher als dienstuntauglich befundenen Wehrpflichtigen sind erneut darauf zu untersuchen, ob ihre Leiden bei geeigneter Lebensweise zu beheben sind. Hierher würden z. B. Körperschwäche infolge schlechter Ernährung, nervöse Herzaffektionen infolge unsinniger Lebensweise usw. gehören. Diese Leute sind möglichst auf Truppenübungsplätzen, also den Versuchungen der Großstadt entzogen, unterzubringen und in sachgemäßer Weise zu steigernder Leistungsfähigkeit heranzuziehen." (Q6) Erich von Falkenhayn schloss schroff mit den Worten: „Es ist anzunehmen, daß gerade eine große Anzahl gebildeter junger Leute (Bierstudenten usw.) hierdurch dem Heere und der Industrie zugeführt werden kann.” (Q6)
Gerade in den kriegswichtigen Branchen wurden zunehmend mehr Frauen beschäftigt. Dies galt auch für Berufe, in denen zuvor ausschließlich Männer tätig waren. So stellte auch Krupp „ganz entgegen der Firmentradition vermehrt Frauen ein“.7 Zahlreiche Fotografien zum Arbeitseinsatz von Frauen8 sind überliefert (Q7-Q9).
Die Situation der Frauen war teilweise geprägt durch Mangelernährung und geringen Lohn, sowie starke Kontrolle (Q10) und psychische Belastungen bei der Arbeit. Oft war ihre Beschäftigung nur schwer mit der Versorgung der Kinder vereinbar.
Ein Brief an die Firma Krupp ist überliefert. Er verdeutlicht, unter welchen schlechten Bedingungen Frauen, die erstmals in den Rüstungsbetrieben eingesetzt waren, arbeiten mussten. Die darin geäußerten Beschwerden bezogen sich vor allem auf die schlechte Behandlung durch den Betriebsführer und den geringen Lohn (Q11).
5 Münkler, Herfried: Der große Krieg. Die Welt 1914-1918, 4. Auflage 2014, S. 569.
6 Vgl. http://1000dok.digitale-sammlungen.de/dok_0001_hil.pdf
7 Wisotzky, Klaus: Die Jahre der Gewalt – Essen 1914-1945 in: Borsdorf, Ulrich (Hrsg): Essen. Geschichte einer Stadt, Bottrop/Essen 2002, S. 368-465, S. 370.
8 Hier kann sich ein Besuch der Ausstellung des Kleinen Hauses der Villa Hügel anschließen, um weitere Aspekte zur Rolle von Krupp im Ersten Weltkrieg zu thematisieren.
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Insgesamt wurde der Erste Weltkrieg „nicht nur auf den Schlachtfeldern ausgetragen, sondern auch in den Fabriken und Bauernhöfen, in den Banken, Häfen und auf den Eisenbahnlinien. Ein industrieller Krieg mit Massenarmeen war auf längere Zeit ohne eine Mobilisierung der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft nicht durchzuhalten.“9
Quellenkommentar:
Q1: Der Aufruf von Oberbürgermeister Holle zeigt in bestimmender Wortwahl, wie er von der Essener Bevölkerung die Zeichnung von Kriegsanleihen erwartet.
Q2: Die propagandistische Postkarte zielt auf die berührende Wirkung eines gemalten Soldaten. Die Postkarte ist als künstlerische Darstellung zu verstehen, da auch der Name des Künstlers zu lesen ist.
Q3: Die Wandmalerei in der Kantine des 1. Landsturm-Batl. Essen VII 60 zeigt, wie intensiv für die Firma Krupp und deren Geschütze geworben wurde.
Q4: Die große abgebildete Halle auf dem Foto verdeutlicht die enorme Bedeutung der Firma Krupp für die Rüstungsindustrie.
Q5: Die Tabelle zeigt, wie stark der Anteil der Kriegsgefangenen, die im Ruhrkohlenbergbau beschäftigt waren, von 1914 bis 1918 anstieg.
Q6: In der Stellungnahme durch Falkenhayn wird deutlich, welche Bedeutung der Firma Krupp zugemessen wird. Er werden Maßnahmen vorgeschlagen, um den Arbeitermangel zu beheben.
Q7-Q9 zusammen behandeln: Die Fotografien beschreiben die Arbeit der Frauen in Branchen, in denen früher nur Männer eingesetzt waren.
Q10: In dem Schreiben des Deutschen Metallarbeiter Verbandes, Verwaltungsstelle Essen, des Christlichen Metallarbeiter Verbandes, Ortsverwaltung Essen und des Gewerkvereins der Metallarbeiter, gerichtet an das Direktorium der Friedrich Krupp A. G. vom 24. November 1915, wurden Kritikpunkte10 hinsichtlich der Frauenarbeit wie eine niedrigere Bezahlung trotz höherer Arbeitsleistung als die der männlichen Kollegen und eine zu strenge Kontrolle dargelegt.
Q11: Der Brief an die Firma Krupp legt die zum Teil schlechte Behandlung und geringe Bezahlung der „Kriegerfrauen” dar, die erstmals seit 1914 in den Rüstungsbetrieben beschäftigt waren.
9 Janz, Oliver: 14 - Der große Krieg, Frankfurt am Main 2013, S. 230.
10 Zur weiteren Quellenarbeit für die Oberstufe ist ein Besuch des Archivs für Soziale Bewegungen in Bochum zu empfehlen.
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Q1 Aufruf zur 3. Kriegsanleihe, (Essener General-Anzeiger, 21. September 1915) (HdEG/Stadtarchiv)
Aufgabe: Stelle die finanzielle Situation des Staates dar, indem du die zentralen Aussagen zusammenfasst. Bewerte den Appell des Oberbürgermeisters an die Essener Bürger.
Zusatzaufgabe SII: Recherchieren Sie die Bedeutung von Kriegsanleihen und ordnen Sie diese in den Kontext des Ersten Weltkrieges ein.
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Q2 Postkarte „Helft uns siegen! zeichnet Kriegsanleihe“ (HdEG/Archiv Ernst Schmidt)
Aufgabe: Setze dich mit dem Medium Postkarte auseinander, indem du diese Postkarte beschreibst und ihre Funktion für die Kriegsanleihe erläuterst.
Rechercheaufgabe: Erkundige dich über den Grafiker Fritz Erler und seine Bedeutung für die Propaganda des Ersten Weltkrieges.
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Q3 Postkarte „Wandzeichnung in der Kantine des 1. Landsturm-Batl. Essen (VII 60).“ (HdEG/Archiv Ernst Schmidt)
Aufgabe: Arbeite die Bedeutung des Bildes für die Soldaten heraus, indem du Ort, Art und zentrale Elemente des Bildes beschreibst und analysierst.
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Q4 Postkarte „Essen. Krupp’s Fabrik. Kanonenwerkstatt V.“ (HdEG/Archiv Ernst Schmidt)
Aufgabe: Diskutiere die Bedeutung von Krupp als Rüstungsbetrieb, indem du das Bild beschreibst und analysierst.
Zusatzaufgabe SII: Recherchieren Sie weitere Fotografien zur Geschichte der Firma Krupp als Waffenfabrikant in Literatur, Internet und Archiv.
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Q5 Tabelle „Kriegsgefangene im Ruhrkohlenbergbau (einschl. Bergrevier Krefeld) (aus: Rawe, Kai: „ … wir werden sie schon zur Arbeit bringen!“, S. 75)
Aufgabe: Analysiere die Tabelle, in dem du untersuchst, wie sich die Zahl von Kriegsgefangenen im Ruhrkohlenbergbau im Verlauf des Krieges erhöhte.
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Q6 A Stellungnahme des preußischen Kriegsministers zur „Arbeiterfrage“, 8. Juni 1915 (Historisches Archiv Krupp, Essen)
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Q6 B Stellungnahme des preußischen Kriegsministers zur „Arbeiterfrage“, 8. Juni 1915 (Historisches Archiv Krupp, Essen)
Man wird wohl oder übel der Industrie doch einen großen Teil der Arbeiter belassen müssen, um sie nicht im dringendsten Augenblick zu lähmen. Damit verringert sich aber auch die Zahl der zum Heer Zurücktretenden.
2.) Kriegsgefangene werden als Arbeiter in Fabriken, auf dem Lande usw. eingestellt. Ihre Zahl ist, da viele wegen Krankheitsverdacht ausfallen, leider nicht ausreichend, den Mangel zu beheben. An sich ist diese Maßregel aber gut und daher nach Möglichkeit auszudehnen.
Trotz beider Maßnahmen bleiben nach wie vor, neben den sozialen Schäden Arbeiter- und Soldatenmangel bestehen und werden zu einer Krisis führen. Es sind also weitere Mittel dagegen zu ergreifen. M. E. müssen, wie s. Z. bei der Munitionsanfertigung, radikale Maßnahmen für die Kriegsdauer eintreten, am besten gesetzliche, z. B.:
1.) Erweiterung der Landsturmpflicht bis zum 50. Lebensjahre.
2.) Für die Kriegsindustrie „unabkömmliche“ Wehrpflichtige werden nicht den Fabriken freigegeben, sondern unter Belassung in ihrem Militärverhältnis zu den Fabriken kommandiert. Ihre Arbeitsleistung wird militärisch kontrolliert.
3.) Erweiterung des Kriegsleistungsgesetzes dahin, daß dem Staat das Recht zusteht, jeden Staatsangehörigen- ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht- zu Arbeitsleistungen für Kriegszwecke einzustellen, zu denen er nach seinen Fähigkeiten, Beruf und Gesundheitszustand geeignet ist.
4.) Festsetzung der Arbeitszeiten (Nachtschichten,) Löhne und Familienzahlungen zu 2 und 3 durch den Staat.
5.) Alle bisher als dienstuntauglich befundenen Wehrpflichtigen sind erneut darauf zu untersuchen, ob ihre Leiden bei geeigneter Lebensweise zu beheben sind. Hierher würden z. B. Körperschwäche infolge schlechter Ernährung, nervöse Herzaffektionen infolge unsinniger Lebensweise usw. gehören. Diese Leute sind möglichst auf Truppenübungsplätzen, also den Versuchungen der Großstadt entzogen, unterzubringen und in sachgemäßer Weise zu steigender Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Abgesehen von dem militärischen Gewinn ist es auch nur gerecht, wenn die mehr oder minder durch eigene Schuld Untauglichen dem Dienst für’s Vaterland zugeführt werden. Durch ärztliche Untersuchungen von Zeit zu Zeit sind dann die felddienstfähig oder arbeitsfähig gewordenen auszusuchen und dem Ersatz der Feldtruppe oder der Arbeit zuzuführen. Es ist anzunehmen, daß gerade eine große Anzahl gebildeter junger Leute (Bierstudenten usw.) hierdurch dem Heere und der Industrie zugeführt werden kann.
Diese Maßregeln würden zur Folge haben:
a) Die Zahl der „unabkömmlichen“ Wehrpflichtigen wird sich auf ein vernünftiges Maß verringern, (wenn er notgedrungen noch immer sehr hoch bleiben wird).
b) Der Heeresersatz wird gesteigert und der Ausfall zu a) annähernd ausgeglichen.
c) Der Arbeitermangel wird beseitigt, z. Z. überflüssige Industriezweige werden zum Vorteil des Ganzen eingeschränkt, die unsinnigen Lohnsteigerungen fallen fort.
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d) Beseitigung der berechtigten Unzufriedenheit der im Felde stehenden Kämpfer und Hebung des Pflichtgefühls im ganzen Volk.
e) Beseitigung der unlauteren Preisstellungen gewisser industrieller Unternehmungen und des Agentenunwesens.
Um die ganze Sache praktisch und schnell durchzuführen, wird sich vielleicht die Bildung eines „Kriegsarbeitsamtes“, das dem Kriegsministerium anzugliedern und mit Vertretern des Heeres, der betreffenden anderen Ministerien, der Industrie und Finanz sowie einigen Parlamentariern (Erzberger) zu besetzen wäre, empfehlen. Ihm würde es obliegen, im Großen die Durchführung der gesetzlichen Maßregel zu leiten und insbesondere Fabriken, die für den Krieg liefern, bei Arbeitermangel Arbeiter usw. zuzuführen, freiwerdende Arbeiter anderwärts zu verwenden, Bestimmungen über vorübergehende Erweiterung der Arbeitszeit, sobald und wo sie nötig sind, zu erlassen usw.
gez.: v. Falkenhayn
Aufgabe: Überprüfe die kriegsbedingten Probleme der Industrie, indem du diese benennst und den vorgeschlagenen Lösungen gegenüberstellst.
Zusatzaufgabe: Beurteile die Errichtung eines „Kriegsarbeitsamtes”, indem du die vorgeschlagenen Vertreter benennst und ihre Interessen erläuterst.
Zusatzaufgabe SII: Beurteilen Sie die Erfolgsaussichten, „Bierstudenten” von den „Versuchungen der Großstadt“ fernzuhalten.
Rechercheaufgabe: Recherchiere zur Person Matthias Erzberger und informiere dich über Straßen in Essen, die nach Personen des Ersten Weltkrieges benannt wurden.
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Q7 Arbeiterinnen der Kokerei Mathias Stinnes Karnap, 1914-1918 (Archiv Ernst Schmidt/Fotoarchiv Ruhr Museum)
Q8 Arbeitspause bei Krupp in den Essener Geschossdrehereien, um 1917 (Historisches Archiv Krupp, Essen)
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Q9 Frauenarbeit bei Krupp (Historisches Archiv Krupp, Essen)
Aufgabe: Arbeite die Bedeutung der Frauen für die Kriegswirtschaft heraus, indem du die Arbeitsbereiche benennst und ihre Wichtigkeit für den Krieg erläuterst.
Gruppenaufgabe: Bildet zwei Gruppen und formuliert eine propagandistische Rede von Oberbürgermeister Holle für die Beschäftigung von Frauen in der Kriegswirtschaft und die Rede eines Bürgers, die sich gegen diese Entwicklung zur Kriegszeit richtet.
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Q10 A Schreiben des Deutschen Metallarbeiter Verbandes, des Christl. Metallarbeiter Verbandes und des Gewerkvereins der Metallarbeiter an das Direktorium der Firma Krupp, 24. November 1915 (Historisches Archiv Krupp, Essen)
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Q10 B Schreiben des Deutschen Metallarbeiter Verbandes, des Christl. Metallarbeiter Verbandes und des Gewerkvereins der Metallarbeiter an das Direktorium der Firma Krupp, 24. November 1915 (Auszüge) (Historisches Archiv Krupp, Essen)
„ (…) Es stellten bisher Zünder zusammen: 1300 Männer täglich 12 000 Stück; jetzt 1500 Beschäftigte, darunter 2/3 Arbeiterinnen täglich 16 000 bis 17 000 Stück.
Vorausgesetzt, dass diese Angaben stimmen, zeigen sie für die Frauen eine höhere Leistung als für die Männer an.
(…) In der erwähnten Versammlung wurde es von verschiedenen Teilnehmerinnen offen ausgesprochen, dass Herr Betriebsleiter De Vivanco Anträge auf Verdiensterhöhungen mit den Worten abgewiesen habe: „So lange die Arbeiterinnen noch in seidenen Blusen und Lackschuhen kommen, erkenne ich die Notwendigkeit höherer Löhne nicht an.“ Dem Herrn ist an diesem Abend ausserdem der Ausspruch in den Mund hineingelegt worden, „ich kann soviel Arbeiterinnen bekommen, wie ich haben mag. Wen es nicht passt, kann gehen.“
(…) Wir nehmen an, dass dem Direktorium die soziale Schichtung der in den Zünderbetrieben beschäftigten Arbeiterinnen bekannt ist, dass neben kleinbürgerlichen Mittelstandsexistenzen, Verkäuferinnen und Kontoristinnen, auch weibliche Personen aus Arbeiterkreisen tätig sind, die alle um ihre durch den Krieg mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogene Existenz ringen. Diesen Arbeiterinnen, soweit sie die aus günstigeren Zeiten stammende bessere Kleidung jetzt auftragen, daraus einen nicht misszuverstehenden Vorwurf zu machen und dabei Schlussfolgerungen zu ziehen, die vom sozialen Fühlen ebenso weit entfernt sind, wie Lackschuhe von einer gerechten Wertung der Arbeitskraft, erscheint uns wenig angebracht und entspricht ja auch gar nicht der vom Direktorium auf diesem Gebiete bisher geübten Tradition.
(…) Es ist beispielsweise verboten, die Wege nach den Aborten zu zweien zu benutzen. Als skandalös ist uns das Auftreten des Fräulein W., einer Aufseherin, bezeichnet worden. Nach den uns gemachten Angaben ist diese Dame wiederholt in die Aborte eingedrungen, um nachzuprüfen, ob die Notdurft von der sich im Raume befindlichen Arbeiterin, auch tatsächlich verrichtet werde.“
Aufgabe: Stelle die Aussagen des Betriebsleiters und der Gewerkschaftsvertreter gegenüber und beurteile die Lebenssituation der Frauen im Krieg.
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Q11 A Anonymer Brief an die Firma Krupp, 26. Mai 1917 (Historisches Archiv Krupp, Essen)
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Q11 B Anonymer Brief an die Firma Krupp, 26. Mai 1917 (Historisches Archiv Krupp, Essen)
Essen den 26.5.1917
Firma Krupp.
In Namen mehrer Arbeiterin schreibe ich die Bitte mann möge wenn sich eine Arbeiterin, besonders KriegerFrauen welche bedacht sich etwas zu verdienen und sich zum Meister wenden um eine verdienende Arbeit zuerhalten, auch gewähren und nicht wie wenn mann eine Hund abfertigen wie gewönetlich der Meister H. von Geschossdreherei VI mit die Leute verfährt, lieber lässt und droht sie mit entlassung als das mann eine andere Arbeit oder überweisung giebt mit welchen rechte kann dieser Mann besonders mit Kriegerfrauen so verfahren, verdienen dies unsere Kolegen die Ihre Pflicht für Vaterland tun, und Ihre Frauen sind bestrebt um etwas zuverdienen und sparen wenn die Männer wiederkehren die elend kranck oder Krüppeln sind.
Ehre und achtung für den jenigen Meister der die KriegerFrauen den vorzug gieb. Bitte diesen Meister an die Front zuschicken, den wir sind jede Stund bereit, und wir wissen auch das an uns die Reih ist, um alles zu schreiben wäre zuviel. Aber nach unsern achtung wenn eine Arbeiterin – Kriegerfrau bittet um eine lohnende beschäfti[gu]ng so solle dies gewährt werden, und nicht Frauen der Männer auch verdienen besonders bei Tyssen und auf Zeche einen Lohn verdienen und die Frauen 8-10 M. und eine Kriegerfrau muss mit 4.60 zufrieden sein und einer behandlung und die niederigste Arbeit zum Hohn und Spott für Ihren Mann im Kriege. Meister H. bitte dem Klopfstock in die Hand zugeben dan hätte der ja alles. Aber es wird die Zeit kommen wo mann Rache fordert für die Kehrcolone würden sich 16 j. besser sein als Frauen für die diese Arbeit zum Hohn spricht. Nur eins das nicht alle Meister H. gleichen.
Daher bitten wir zu prüffen das das Direcktorium einen blick machen soll über die Behand[l]ung armer Kriegerfrauen die gezwungen sind zu Arbeiten um sich Ihrer Kindern und Haushalt hochzuhalten, besonders solche die erst Anfänger sind.
Ein Mann Geschossdreherei
für allen VI und VII
unsere Namen muss ich verschweigen und um mit die unseren Meister zu keinen Konflick zu kommen.
Aufgabe: Bewerte die Arbeitssituation der Frauen, indem du ihre soziale Lage schilderst und ihre Löhne denen der Männer gegenüberstellst.
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Zusammenfassende Fragen zum Kapitel:
A) Fasse die Maßnahmen zur Bewältigung des Arbeitskräftemangels zusammen, gib die damit verbundenen Probleme wieder und charakterisiere die Arbeitsbedingungen für die Frauen.
B) Erörtere die Aussage des Historikers Oliver Janz: „Der Erste Weltkrieg wurde nicht nur auf den Schlachtfeldern ausgetragen, sondern auch in den Fabriken und Bauernhöfen, in den Banken, Häfen und auf den Eisenbahnlinien. Ein industrieller Krieg mit Massenarmeen war auf längere Zeit ohne eine Mobilisierung der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft nicht durchzuhalten. “1 1 Janz, Oliver: 14 - Der große Krieg, Frankfurt am Main 2013, S. 230.