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Laborversuch zur Untersuchung des schwingungstechnischen Übertragungsverhalten von Motorlagern 1
Fachhochschule Gießen-Friedberg Prof. Dr.-Ing. Klaus Herzog
Laborversuch zur Untersuchung des schwingungstechni schen
Übertragungsverhalten von Motorlagern
Seite
1 Einleitung und Versuchsaufbau 1
2 Funktionsprinzip von Beschleunigungssensoren 2
3 Signalaufbereitung 7
4 Signalanalyse 8
5 Versuchsdurchführung 11
1 Einleitung und Versuchsaufbau
Zur Schwingungsisolierung werden Verbrennungsmotoren in Kraftfahrzeugen weich
aufgehangen. Die Motorlagerung besteht meist aus drei oder vier Gummilagern. In
erster Nährung kann der Motor in seiner Lagerung als Einmassenschwinger betrachtet
werden. Während des normalen Fahrbetriebs treten überwiegend Schwingungen im
überkritischen Bereich auf, so dass die Motorschwingungen von der Karosserie weit-
gehend entkoppelt werden. Im niederfrequenten Bereich kann unter Umständen durch
Fahrbahnunebenheiten der Motor im Resonanzbereich der Lagerung angeregt werden
und es kommt zu dem so genannten Stuckern. Aus diesem Grund ist oft ein Lager der
Motorlagerung als Hydrolager ausgeführt. Dieses Lager besitzt dann eine frequenzab-
hängige Dämpfung. Im Laborversuch soll jedoch die Lagerung hinsichtlich der Anre-
gung des Motors untersucht werden. Durch Gas- und Massenkräfte werden Verbren-
nungsmotoren zum Schwingen angeregt.
Für den Versuch steht ein 4-Zylinder-Reihenmotor auf einem Prüfstand zur Verfügung.
Es handelt sich um einen 1,6l Ottomotor mit Benzindirekteinspritzung. Auf dem Prüf-
stand kann der Motor bei verschiedenen Drehzahlen und Lastpunkten betrieben wer-
den. Zur Untersuchung der Übertragungsfunktion eines Motorlagers sind an diesem
Beschleunigungssensoren motorseitig und prüfstandsseitig angebracht (siehe Bild 1).
Laborversuch zur Untersuchung des schwingungstechnischen Übertragungsverhalten von Motorlagern 2
Fachhochschule Gießen-Friedberg Prof. Dr.-Ing. Klaus Herzog
Bei den Beschleunigungsaufnehmern handelt es sich um drei-axiale Aufnehmer. Zur
Beschreibung der Messrichtung wird das Fahrzeugkoordinatensystem verwendet. Dies
bedeutet die vertikale Richtung, die hier mit der Zylinderrichtung zusammenfällt, wird
als Z-Richtung bezeichnet. Die Fahrzeuglängsrichtung ist als X-Richtung festgelegt
und fällt hier mit der Motorlängsrichtung zusammen. Die Y-Richtung liegt dann schließ-
lich quer dazu.
Bild 1: Positionen der Beschleunigungsaufnehmer ( )
2 Funktionsprinzip von Beschleunigungssensoren
Das Funktionsprinzip eines Beschleunigungssensors ist in Bild 2 gezeigt. Im Be-
schleunigungssensorgehäuse ist die seismische Masse m an einer Feder mit der Fe-
dersteifigkeit c aufgehängt. Wird der Sensor beschleunigt (durch eine Erregung von
außen, Erregerweg s), so wird auf Grund der auf die Masse m einwirkenden Träg-
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heitskraft die Feder gelängt. Die Masse verändert also relativ zum Gehäuse ihre Posi-
tion. Dieser Relativweg ist ein Maß für die Beschleunigung.
seismischeMasse m
Absolut-weg x
Erreger-weg s
Relativ-weg xR
Federsteifigkeit c
Beschleunigungssensorgehäuse
Bild 2: Funktionsprinzip eines Beschleunigungsaufnehmers
Für die Bewegungsgleichung der seismischen Masse ergibt sich folgender Ausdruck:
0xcxm R =⋅+⋅ && (1)
Der absolute Weg, den die Masse zurückgelegt hat, setzt sich zusammen aus der
Summe von Erregerweg s und Relativweg xR. Das gleiche gilt auch für die Beschleuni-
gungen, die sich durch zweimaliges Ableiten der Wege ergeben.
sxx R &&&&&& += (2)
Einsetzen von Gleichung (2) in Gleichung (1) ergibt:
smxcxm RR &&&& ⋅−=⋅+⋅ (3)
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Im folgenden soll von einer sinusförmigen Erregung ausgegangen werden.
)tsin(ss ⋅Ω⋅= (4)
Somit ergibt sich auch eine sinusförmige Beschleunigung.
)tsin(s)tsin(ss 2 ⋅Ω⋅−=⋅Ω⋅⋅Ω−= &&&& (5)
Die gleichen Zusammenhänge gelten auch für den Relativweg.
)tsin(xx RR ⋅Ω⋅= (6)
)tsin(xx R2
R ⋅Ω⋅⋅Ω−=&& (7)
Durch Einsetzen von (5), (6) und (7) in (3) kann folgende Gleichung hergeleitet wer-
den:
smxcxm RR2 &&⋅=⋅+⋅Ω⋅− (8)
Daraus ergibt sich für das betragsmäßige Amplitudenverhältnis von Relativweg zur
Erregerbeschleunigung die folgende Übertragungsfunktion:
2
R
mc
1
s
x
Ω−=
&& (9)
Im folgenden Diagramm ist dieser Zusammenhang dargestellt, und zusätzlich sind
Übertragungsfunktionen für unterschiedliche Dämpfungen eingezeichnet. Auf der Abs-
zisse ist die Erregerkreisfrequenz bezogen auf die Eigenkreisfrequenz des Beschleu-
nigungssensors dargestellt. Die Ordinate ist entsprechend der normierten Übertra-
gungsfunktion skaliert. In Bereichen deutlich unterhalb der Eigenfrequenz hat die
Übertragungsfunktion einen Wert entsprechend des Verhältnisses von Federsteifigkeit
zu seismischer Masse.
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0
1
2
3
4
5
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3
Dämpfung = 0
Dämpfung = 0.5
Dämpfung = 1
m/cΩ
x s..c/
m
Frequenzverhältnis
Übe
rtra
gung
s-ve
rhäl
tnis
R
Bild 3: Übertragungsfunktion eines Beschleunigungsaufnehmers bei verschiedenen Dämpfun-
gen
Der Beschleunigungssensor muss also deutlich unterhalb seiner Eigenfrequenz betrie-
ben werden, damit die Messwerte nicht verfälscht werden. Um in einem hohen Fre-
quenzbereich Messungen durchführen zu können, muss der Sensor eine möglichst
hohe Eigenfrequenz besitzen. Somit muss das Verhältnis von Federsteifigkeit zu Mas-
se sehr groß sein. Hier bieten sich piezo-elektrische Sensoren an. Das folgende Bild
einen typischen Frequenzgang eines solchen Sensors.
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Bild 4: Typischer Frequenzgang eines piezo-elektrischen Beschleunigungssensors
(Quelle: Kistler)
Wird ein piezo-elektrischer Kristall mechanisch belastet so ergibt sich eine Ladungsverschie-
bung und es entstehen Oberflächenladungen. Dieser Effekt ist in Bild 5 dargestellt.
-
+
+
-
+
-
-
+
+
-
+-
-
F
F
+ + + + + + + + + + + + + + +
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Bild 5: Ladungsverschiebung bei mechanischer Belastung eines Piezo-Kristalls
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Beim piezo-elektrischen Effekt wird unterschieden zwischen Longitudinal-, Transver-
sal-, und Schubeffekt. Beim Longitudinaleffekt tritt eine Ladungsverschiebung in Belas-
tungsrichtung und beim Transversaleffekt quer zur Belastungsrichtung auf. Beim
Schubeffekt wird der Piezokristall durch Scherkräfte beansprucht. Alle drei Effekte sind
in Bild 6 dargestellt.
F
F
+ + + + + + + + + + +
- - - - - - - - - - - - - - -
FF
+ + + + + + + + + + +
- - - - - - - - - - - - - - -
F
F
+ + + + + + + + + + +
- - - - - - - - - - - - - - -
Bild 6: Longitudinal-, Transversal- und Schubeffekt eines Piezo-Kristalls
Bild 7 zeigt einen Beschleunigungssensor, der den Schubeffekt ausnutzt. Durch die
geringe seismische Masse und die hohe Steifigkeit des Piezoelementes wird eine sehr
hohe Grenzfrequenz erreicht.
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Bild 7: Aufbau eines piezo-elektrischen Beschleunigungssensors
3 Signalaufbereitung
Um das Ladungssignal eines piezo-elektrischen Sensors weiterverarbeiten zu können
muss es verstärkt werden. Bild 8 zeigt das Prinzip des Ladungsverstärkers.
ig
ie
invertierenderVerstärker
Bereichskondensator C r
Sensor mitLadung Q
Ausgangs-spannung U
a
ra C
QU −=
Bild 8: Prinzip des Ladungsverstärkers
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Im wesentlichen besteht ein Ladungsverstärker aus einem invertierender Operations-
verstärker und einem Rückkoppelkondensator Cr. Durch die Rückkopplung entsteht
ein Stromfluss ig der dem Stromfluss des Sensor ie entgegengesetzt ist. Unter der An-
nahme eines idealen Operationsverstärkers dessen Innenwiderstand unendlich ist,
wird kein Strom vom Verstärker aufgenommen. Somit müssen nach der kirchhoffschen
Knotenregel die Ströme ig und ie betragsmäßig gleich groß sein. Da die Ströme entge-
gengesetzt sind, fließt also letztendlich gar kein Strom (=bewegte Ladung). Die La-
dung des Rückkoppelkondensators ist jetzt aber genauso groß wie die Ladung des
Sensors. Somit entsteht am Eingang des Operationsverstärkers ein virtueller Null-
punkt. Die Größe der Kapazität des Rückkoppelkondensators legt den Messbereich
des Ladungsverstärkers fest. Mit Hilfe der Kondensatorgleichung ergibt sich die Aus-
gangsspannung des Ladungsverstärkers.
r
a CQ
U −= (10)
Die Ladungssignale von Beschleunigungssensoren sind sehr gering, so dass hochwer-
tige Kabel verwendet werden müssen, und die Kabellänge bis zum Ladungsverstärker
nicht zu lang sein darf. Aus diesem Grund sind Sensoren mit einer integrierten Elekt-
ronik entwickelt worden. Die Elektronik wird hier mit einem konstanten Strom versorgt.
Das Sensorsignal wird über dasselbe Kabel übertragen indem hier eine Spannung
aufmoduliert wird. Für diesen Laborversuch hier werden solche Sensoren verwendet.
Die Herstellerbezeichnung des Prinzips der hier verwendeten Sensoren lautet ICP®
(Integrated Circuit Piezoelectric). Es können nur dynamische Vorgänge untersucht
werden. Statisch liefern die Sensoren kein Signal.
4 Signalanalyse
Die Signale der Beschleunigungssensoren auf Grund der Motoranregung enthalten
verschiedene Frequenzen, so dass eine Betrachtung im Zeitbereich wenig Aufschluss
gibt. Hier hilft eine Frequenzanalyse des Signals weiter. Der am häufigsten hierzu ein-
gesetzte Algorithmus ist die Fast Fourier Transformation (FFT). Hier werden die Daten
eines vorgegeben Zeitfensters analysiert. Die Anzahl der Messwerte dieses Zeitfens-
ters muss eine Potenz von 2 sein. Die niedrigste Frequenz, die analysiert werden
kann, entspricht dem Kehrwert der Zeitdauer des Fensters. Alle weiteren Frequenzen,
die analysiert werden, sind vielfache hiervon. Wird ein großes Zeitfenster verwendet,
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so ergibt sich demnach eine hohe Frequenzauflösung. Das Zeitfenster darf aber nicht
zu groß werden, wenn sich bei transienten Vorgängen das Signal während der Dauer
des Zeitfensters stark ändert. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das Signal keine
Frequenzen enthält, die oberhalb der Abtastfrequenz liegen. Nach dem Shan-
non’schen Abtasttheorem muss die Abtastfrequenz mindestens doppelt so hoch sein,
wie die höchste Signalfrequenz. Um dies zu gewährleisten muss das Signal vor der
Digitalisierung mit Hilfe eines Tiefpassfilters (Anti Aliasing Filter) analog gefiltert wer-
den. Da es keine unendlich steilen Filter gibt, sollte in der Praxis die Abtastfrequenz
weit über dem doppelten der Grenzfrequenz des Filters liegen.
Die Bilder 9 und 10 zeigen Wasserfalldiagramme der Beschleunigungen motorseitig
und prüfstandsseitig in Z-Richtung. Hier sind während eines langsamen Hochlauf des
Motors Frequenzanalysen durchgeführt worden. Jedes der hier analysierten Spektren
gehört zu einer bestimmten Drehzahl. Es fällt auf, dass jedes Spektrum einen Maxi-
malwert bei einer bestimmten Frequenz aufweist, welche proportional zur Drehzahl
steigt. Wird diese Frequenz ins Verhältnis zur Drehfrequenz des Motors gesetzt, so
ergibt sich hier immer ein Faktor von 2. Bei dem hier untersuchten Motor handelt es
sich um einen 4-Takt 4-Zylinder Reihenmotor ohne Ausgleichswellen. Dies beutet,
dass die Massenkräfte zweiter Ordnung nicht ausgeglichen sind. In den Wasserfalldi-
agrammen ist also deutlich die Motoranregung zweiter Ordnung zu erkennen. Beide
Diagramme sind hier gleich skaliert, um die Schwingungsisolationseigenschaften des
Motorlagers herauszustellen. Die Amplituden der Beschleunigungen variieren häufig
über mehrere Dekaden, so dass sie in der Praxis meist logarithmisch skaliert werden.
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FFT_z_mot_rpm
0.02.04.06.08.0
10.012.014.016.018.020.022.024.026.028.030.032.034.036.038.040.042.044.046.048.050.0
m/s 2
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
Hz
2.00
4.00
10 3 U/min
Bild 9: Frequenzanalyse der Motorbeschleunigung in Z-Richtung während eines Teil-
lasthochlaufs
FFT_z_Karosserie_rpm
0.02.04.06.08.0
10.012.014.016.018.020.022.024.026.028.030.032.034.036.038.040.042.044.046.048.050.0
m/s 2
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
Hz
2.00
4.00
10 3 U/min
Bild 10:Frequenzanalyse der prüfstandsseitigen Beschleunigung in Z-Richtung wäh-
rend eines Teillasthochlaufs
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5 Versuchsdurchführung
Führen Sie nun selbst Messungen zur Motoranregung und zur Schwingungsisolation
des Motorlagers durch. Gehen Sie nach dem folgenden Schema vor:
1. Überprüfen Sie die Konfiguration des Mess-Systems, hinsichtlich der Kalibrie-
rung, Abtastrate und Filterung.
2. Starten Sie den Motor, und halten Sie Ihn in einem definiertem Betriebspunkt.
3. Starten Sie die Messung und stoppen nach wenigen Sekunden.
4. Nehmen Sie die Leistung vom Motor wieder zurück.
5. Schauen Sie sich zuerst die Messergebnisse aller Beschleunigungsrichtungen
im Zeitbereich an. Führen Sie anschließend eine Frequenzanalyse durch. Er-
mitteln Sie die den Wert der höchsten Amplitude des Spektrums und deren
Frequenz. Notieren Sie sich die Werte und den Betriebspunkt des Motors
(Drehzahl und Drosselklappenposition).
6. Wiederholen Sie die Messungen bei verschiedenen Drehzahlen bei Teil- und
Volllast.
7. Welche Rückschlüsse lassen sich mit den ermittelten Werten hinsichtlich der
Anregung des Motors und der Isolation des Motorlagers ziehen?