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Landtag von Baden-Württemberg 12. Wahlperiode Petitionsausschuß Drucksache 12 / 486 1 1 11/7237 Hochschul- angelegenheit MWF 2 11/7569 Bausache SM/WM 3 11/7297 Ausländerrecht IM 4 12/187 Bausache WM 5 12/223 Bausache WM 6 11/3871 Gnadensache JUM 7 11/3905 Bausache WM 8 11/4287 Staatliche Liegenschaften FM 9 11/4808 Ausländerrecht IM 10 11/4826 Strafvollzug JUM 11 11/4691 Gewässerschutz UM 12 10/3039 Kanalisations- und Erschließungskosten IM 13 10/3404 Kommunale Angelegenheit IM 14 11/5652 Ausländerrecht IM 15 11/6669 Familienangelegenheit MFK 16 11/7661 Hochschul- angelegenheit MWF 17 11/7354 Ausländerrecht IM 18 12/341 Beschwerde über Behörden FM 19 11/7702 Sozialversicherung SM 19 11/7702 Bausache WM 20 11/7129 Sozialversicherung SM 21 11/6690 Eingliederung/Lasten- ausgl./Vertr.-Angel. IM 22 12/69 Ausländerrecht IM Beschlußempfehlungen und Berichte des Petitionsausschusses zu verschiedenen Eingaben 23 11/6892 Sozialhilfe SM 24 11/7050 Lehrer MKS 25 11/7156 Sozialhilfe SM 26 12/209 Öffentlicher Dienst MWK 27 11/7410 Öffentlicher Dienst JUM 28 11/7447 Bausache WM 29 11/7545 Vermessungswesen WM 30 11/7550 Gesundheitswesen SM 31 11/7760 Strafvollzug JUM 32 10/6970 Bausache WM 33 11/2177 Immissionsschutz UM 34 11/4773 Medienrecht, Rundfunk- wesen, Fernsehen STM 35 11/6358 Ausländerrecht IM 36 11/6586 Arbeitsmarkt/ Arbeitsschutz SM 37 12/68 Richter JUM 38 11/6383 Ausländerrecht IM 39 11/6400 Ausländerrecht IM 40 11/7258 Staatsanwaltschaften JUM 41 11/7277 Verkehrswesen VM 42 11/7641 Ausländerrecht IM 43 11/7819 Sozialversicherung SM 44 11/7850 Wohnungs- und Siedlungswesen IM 45 12/93 Richter JUM 46 12/131 Sozialversicherung SM 47 11/6899 Strafvollzug JUM Ausgegeben: 17. 10. 96 Inhaltsverzeichnis

Landtag von Baden-Württemberg 486 · Landtag von Baden-Württemberg 12. Wahlperiode Œ Petitionsausschuß Œ Drucksache 12/486 1 1 11/7237 Hochschul-angelegenheit MWF 2 11/7569 Bausache

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Landtag von Baden-Württemberg12. Wahlperiode

� Petitionsausschuß �

Drucksache 12 / 486

1

1 11/7237 Hochschul-angelegenheit MWF

2 11/7569 Bausache SM/WM

3 11/7297 Ausländerrecht IM

4 12/187 Bausache WM

5 12/223 Bausache WM

6 11/3871 Gnadensache JUM

7 11/3905 Bausache WM

8 11/4287 StaatlicheLiegenschaften FM

9 11/4808 Ausländerrecht IM

10 11/4826 Strafvollzug JUM

11 11/4691 Gewässerschutz UM

12 10/3039 Kanalisations- undErschließungskosten IM

13 10/3404 KommunaleAngelegenheit IM

14 11/5652 Ausländerrecht IM

15 11/6669 Familienangelegenheit MFK

16 11/7661 Hochschul-angelegenheit MWF

17 11/7354 Ausländerrecht IM

18 12/341 Beschwerdeüber Behörden FM

19 11/7702 Sozialversicherung SM

19 11/7702 Bausache WM

20 11/7129 Sozialversicherung SM

21 11/6690 Eingliederung/Lasten-ausgl./Vertr.-Angel. IM

22 12/69 Ausländerrecht IM

Beschlußempfehlungen und Berichte

des Petitionsausschusses

zu verschiedenen Eingaben

23 11/6892 Sozialhilfe SM

24 11/7050 Lehrer MKS

25 11/7156 Sozialhilfe SM

26 12/209 Öffentlicher Dienst MWK

27 11/7410 Öffentlicher Dienst JUM

28 11/7447 Bausache WM

29 11/7545 Vermessungswesen WM

30 11/7550 Gesundheitswesen SM

31 11/7760 Strafvollzug JUM

32 10/6970 Bausache WM

33 11/2177 Immissionsschutz UM

34 11/4773 Medienrecht, Rundfunk-wesen, Fernsehen STM

35 11/6358 Ausländerrecht IM

36 11/6586 Arbeitsmarkt/Arbeitsschutz SM

37 12/68 Richter JUM

38 11/6383 Ausländerrecht IM

39 11/6400 Ausländerrecht IM

40 11/7258 Staatsanwaltschaften JUM

41 11/7277 Verkehrswesen VM

42 11/7641 Ausländerrecht IM

43 11/7819 Sozialversicherung SM

44 11/7850 Wohnungs- undSiedlungswesen IM

45 12/93 Richter JUM

46 12/131 Sozialversicherung SM

47 11/6899 Strafvollzug JUM

Ausgegeben: 17. 10. 96

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

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Landtag von Baden-Württemberg � 12. Wahlperiode Drucksache 12 / 486

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1. Petition 11/7237 Hochschulangelegenheiten

Der Petent wendet sich gegen eine seiner Auffassungnach starre und unbewegliche �Zulassungsordnung�zur Vordiplomprüfung im Studiengang Geographie ander Universität. Der Petent war zum Zeitpunkt der Er-hebung der Petition nicht an der Universität einge-schrieben; vielmehr erfolgte die Immatrikulation erstam 21. Februar 1996 im 4. Fachsemester des Diplom-studiengangs Geographie.

Der Petent ist der Ansicht, daß die Zulassung zumVordiplom bzw. zur Zwischenprüfung nicht wenigenStudierenden ernste Schwierigkeiten bereite. Häufigliege es nur an einem Übungsschein, dessen Fehlendem Studierenden die Zulassung zur Vordiplomprü-fung verwehre. Im Gegensatz zu den allgemeinbilden-den Schulen, insbesondere den Gymnasien, bestehean der Geographischen Fakultät der Universität keineMöglichkeit, einen nicht erhaltenen Übungsscheinauszugleichen.

Im Grundstudium, das von den Studierenden als�Aussiebmethode� verstanden werde, seien zur Zulas-sung zur Vordiplomprüfung allein zwölf Scheine imHauptfach und zwei bis drei weitere Scheine im Ne-benfach notwendig.

Die Prüfungsbeamten der Universität, die der Petentals streng und abweisend bezeichnet, behinderten dieStudierenden, indem sie ihnen gegenüber kein Entge-genkommen zeigten.

Einige der geforderten Übungen, z. B. die EDV-Übung, würden nur ein Mal im Jahr angeboten; wennsie nicht bestanden würden, müsse der Betroffene biszum nächsten Sommersemester warten, um den Kurszu wiederholen. Viele Studierende stünden schon seitJahren mit einer ganzen Sammlung von Scheinen vordem Prüfungsamt und würden immer wieder abge-wiesen, weil ihnen ein oder zwei Übungsscheine fehl-ten.

Zur Verbesserung der von ihm als Mißstand bezeich-neten Situation macht der Petent folgende Vorschlä-ge:

1. Bei der Zulassung zum Vordiplom müßten Aus-gleichsmöglichkeiten für fehlende Leistungsnachwei-se (Übungsscheine) vorgesehen werden.

2. Darüber hinaus sollten seiner Auffassung nach Stu-dierende, die in Teilbereichen als außerordentlich be-gabt erkannt werden, auch dann zum Vordiplom zu-gelassen werden können, wenn ihnen ein oder zweiLeistungsnachweise (Übungsscheine) fehlten.

3. Es solle � vergleichbar mit den Regelungen in an-gelsächsischen Ländern, in denen ein �Diplom Nr. II�oder �Diplom B� erworben werden könne � ein Teil-abschluß für diejenigen Studierenden eingeführt wer-den, die im Hauptstudium den Hauptabschluß nichterreichen.

1. Es gibt � entgegen dem Vortrag des Petenten � kei-ne �Zulassungsordnung zur Vordiplomprüfung�.Die entsprechenden Regelungen sind vielmehr Be-standteil der Prüfungsordnung für den Diplomstudi-

engang Geographie, die die Zulassungsvorausset-zungen und die Durchführungsbestimmungen so-wohl der Diplomvorprüfung als auch der Diplom-prüfung enthält. Der Petent legt offensichtlich sei-nem Begehren die ältere Fassung dieser Diplomprü-fungsordnung vom 31. August 1976 (veröffentlichtin: Amtsblatt �Kultus und Unterricht� 1976, Seite2398 ff.) zugrunde. Dies ergibt sich zum einen dar-aus, daß er von einem Nebenfach ausgeht, währenddie neue Diplomprüfungsordnung vom 1. Dezember1993 (veröffentlicht in: Amtsblatt �Wissenschaftund Forschung 1994, Seite 243 ff.) zwei Neben-fächer vorschreibt. Dies wird zum anderen aberauch durch die von ihm als gefordert betrachteteZahl von Leistungsnachweisen erhellt, die in ihrerZahl und Beschreibung ungefähr der der Prüfungs-ordnung von 1976 entsprechen:

Nach der Diplomprüfungsordnung vom 31. August1976 mußten bei der Anmeldung zur Diplomvor-prüfung Nachweise über die erfolgreiche Teilnah-me an folgenden Lehrveranstaltungen vorgelegtwerden:

� Proseminar Einführung in das Studium der Geo-graphie

� Proseminar Einführung in die Kartographie

� Proseminar in Wirtschafts- oder Siedlungsgeo-graphie

� Proseminar in Klimageographie oder Geomor-phologie

� ein weiteres Proseminar aus dem Bereich der All-gemeinen Geographie

� Proseminar zur Raumplanung

� Proseminar zur Handhabung der Amtlichen Stati-stik

� Übungen zur Gesteinskunde

� Programmierkurs

� Einführungsvorlesung mit Übung zum Öffentli-chen Recht

� Geographische und geologische Geländeprakti-ka/Exkursionen (zusammen mindestens achtGeländetage)

� mindestens eine scheinpflichtige Lehrveranstal-tung im Nebenfach

Danach waren also insgesamt zwölf Leistungs-nachweise zu erbringen; bei einer Sollstudienzeitbis zur Anmeldung zur Diplomvorprüfung von vierSemestern entfielen damit auf jedes Fachsemesterdrei Leistungsnachweise.

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 und 3 der Diplomprüfungs-ordnung vom 1. Dezember 1993 sind demgegenü-ber Nachweise über die erfolgreiche Teilnahme anfolgenden Lehrveranstaltungen in den Pflicht-fächern zu erbringen:

� Proseminar zur Physischen Geographie

� Physisch-Geographisches Praktikum

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Landtag von Baden-Württemberg � 12. Wahlperiode Drucksache 12 / 486

� Anthropogeographisches Proseminar

� Anthropogeographisches Praktikum

� Proseminar zur Angewandten Geographie oderProseminar zu Forschungsmethoden und wissen-schaftstheoretischen Grundlagen der Geographie

� Proseminar zur Regionalen Geographie

� mindestens 15 Geländetage

� ein Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme anje einem Seminar oder einer gleichwertigen Lehr-veranstaltung in den beiden Nebenfächern

� mindestens 15 Geländetage

� ein Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme anje einem Seminar oder einer gleichwertigen Lehr-veranstaltung in den beiden Nebenfächern

Mit der neuen Prüfungsordnung, die am 19. Juni1994 in Kraft getreten ist, ist die Zahl der als Zulas-sungsvoraussetzung nachzuweisenden Leistungenum ein Viertel verringert worden. Die neue Prü-fungsordnung ist für alle Studierenden maßgebend,es sei denn, daß ein zum Zeitpunkt des Inkrafttre-tens an der Universität immatrikulierter Studieren-der den Antrag stellt, nach der Prüfungsordnungvon 1976 geprüft zu werden (§ 30 Abs. 2 der Prü-fungsordnung vom 1. Dezember 1993).

Der Petent, der erst im Jahre 1996 im StudiengangGeographie an der Universität eingeschrieben wur-de, unterliegt der neuen Prüfungsordnung. Er hatdaher einen Teil der Leistungsnachweise, etwa dievon ihm erwähnte EDV-Übung (Programmier-kurs), nicht mehr als Zulassungsvoraussetzungnachzuweisen.

Soweit � aufgrund personeller Engpässe � einigeder für den geforderten Leistungsnachweis voraus-gesetzten Lehrveranstaltungen nur ein Mal im Jahrangeboten werden können, stellt dies zum einenkeine Besonderheit des in Rede stehenden Studien-gangs dar und beinhaltet zum anderen keine nichtakzeptable Beschwernis der Studierenden, da beieiner entsprechenden individuellen Gestaltung desStudiums im Regelfalle Verzögerungen nicht ein-treten oder auf ein Mindestmaß beschränkt werdenkönnen.

Im übrigen trifft die nicht näher belegte Behaup-tung des Petenten, es sei ein sehr großer Anteil vonStudierenden vorhanden, denen die Erfüllung derZulassungsvoraussetzungen zur DiplomvorprüfungSchwierigkeiten bereite, ebensowenig zu wie dieUnterstellung, die mit der Prüfung befaßten Perso-nen würden die Studierenden behindern und dieZahl der Prüflinge absichtlich vermindern wollen.

2. Die ausschließlich auf das Grundstudium und dieVorprüfung bezogenen, auf unzutreffenden Annah-men beruhenden Vorschläge widersprechen zumeinen der gemäß § 51 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 Univer-sitätsgesetz zu beachtenden Rahmenordnung fürden Diplomstudiengang Geographie vom 13. Fe-bruar/9. November, 1990, die in § 17 Abs. 1 da es

sich um zusätzliche Leistungsnachweise (Ersatz-funktion) handeln müßte. Hinzu kommt, daß auchder unter dem Aspekt der Sicherung der Qualitätder Ausbildung zu beachtende �inhaltliche Ersatz�zumindest nach der neuen Prüfungsordnung pro-blematisch wäre: Das Grundstudium muß die in-haltlichen Grundlagen, das methodische Instrumen-tarium und die systematische Orientierung vermit-teln, die notwendig sind, um hinsichtlich des Studi-enerfolges eine positive Prognose wagen zu kön-nen. Ein Verzicht auf einzelne Anforderungen auchfür in einzelnen Bereichen Begabte oder ein Ersatzfür notwendig befundener Leistungen durch andereist mit dieser Zielsetzung, jedenfalls im in Fragestehenden Studiengang �Geographie�, aus Sicht derUniversität und des Wissenschaftsministeriumsnicht vereinbar.

Dem Vorschlag des Petenten, einen Teilabschlußfür diejenigen Studierenden einzuführen, welcheim Hauptstudium den Hauptabschluß nicht erreichthaben, trägt die Rahmenprüfungsordnung, wennauch nicht mit einem �Diplom II� oder einem �Di-plom B�, teilweise Rechnung. § 14 Abs. 3 der Rah-menprüfungsordnung Geographie sieht vor, daß inden Fällen, in denen der Kandidat die Diplomvor-prüfung oder Diplomprüfung nicht bestanden hatihm auf Antrag und gegen Vorlage der entspre-chenden Nachweise sowie der Exmatrikulationsbe-scheinigung vom Vorsitzenden des Prüfungsaus-schusses eine schriftliche Bescheinigung ausge-stellt wird, die die Noten der erbrachten Prüfungs-leistungen sowie die zur Vorprüfung fehlendenPrüfungsleistungen enthält und erkennen läßt, daßdie Vorprüfung nicht bestanden ist. Die Bescheini-gung eines Teilabschlusses ist darüber hinaus ausGründen des Schutzes des Rechtsverkehrs (Ver-wechslungsgefahr) nach den Allgemeinen Bestim-mungen für Diplomprüfungsordnungen allgemeinausgeschlossen (§§ 26 Abs. 1 Satz 4, 16 Abs. 4).

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Behringer

2. Petition 11/7569 Erweiterung einer Sendeanlage

Die Petentin wendet sich gegen die Erweiterung einerSendeanlage des D-Netzes in H. Zur Begründungwird auf eigene Beobachtungen verwiesen, wonach inH. im Vergleich zu Oberschwaben Hautkrebs, Hirntu-more und Hörsturzerkrankungen häufiger vorkommensollen. Ferner werden zu gesundheitlichen Auswir-kungen elektromagnetischer Felder Ausführungen ge-macht und auf den Forschungsbedarf auf diesem Ge-biet hingewiesen.

Gesundheitliche Beurteilung elektromagnetischer Fel-der

Im Nahbereich der Sendeantennen der Mobilfunk-geräte werden hochfrequente elektromagnetische Fel-

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Landtag von Baden-Württemberg � 12. Wahlperiode Drucksache 12 / 486

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der erzeugt. In diesem Frequenzbereich sind zunächstthermische Effekte von Bedeutung, die der Grenz-wertfestlegung zugrunde liegen. Daneben wird in derwissenschaftlichen Literatur über spezielle (sog. athe-rmische) Effekte berichtet, z. B. Änderungen im EEG,die insbesondere dann auftreten, wenn eine Hochfre-quenzstrahlung gepulst oder niederfrequent amplitu-den-moduliert ist. Die physiologische Bedeutung die-ser Effekte ist bisher unklar. Da die Frage einer ge-sundheitlichen Beeinträchtigung durch die athermi-schen Effekte der Hochfrequenzstrahlung weite Be-völkerungskreise betrifft, haben sich die zuständigennationalen und internationalen Gremien in der Ver-gangenheit wiederholt mit diesem Problem befaßt.Die internationale Strahlenschutzkommission (IRPA/ICNIRP) hat in einer Bewertung die Schlußfolgerunggezogen, daß die bisherige Datenlage über die ather-mischen Effekte unzureichend ist, um in die Grenz-wertfindung einbezogen zu werden. Insgesamt läßtsich nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kennt-nisstand nicht abschätzen, ob solche Effekte für dieRisikobewertung bei Expositionen gegenüber hoch-frequenten elektromagnetischen Feldern relevant sind.

Hinsichtlich der krebserzeugenden Wirkung ist dasBundesamt für Strahlenschutz (BfS) der Auffassung,daß bisher eine krebserzeugende oder krebsförderndeWirkung modulierter bzw. unmodulierter hochfre-quenter Felder bei Feldstärken unterhalb der Grenz-werte (siehe unten), wissenschaftlich nicht belegt ist.Die in der Petition dargelegte Zunahme der Haut-krebserkrankungen ist zutreffend. Nach epidemiologi-schen Studien wird das maligne Melanom als Tumormit der am schnellsten zunehmenden Häufigkeit be-trachtet. Die Hochfrequenzstrahlung zählt jedochnicht zu den Faktoren, die das Risiko einer Haut-krebserkrankung erhöhen.

Die Rolle des Melatonins beim Verlauf einer Krebser-krankung ist trotz umfangreicher Forschungen immernoch ein aktuelles Thema der experimentellen Krebs-forschung. Die von der Petentin genannte Studie derUS-Navy liegt dem Sozialministerium nicht vor undist auch dem BfS trotz einer speziellen Literaturre-cherche nicht bekannt.

Es ist jedoch festzustellen, daß die Daten aus der wis-senschaftlichen Literatur noch kein einheitliches Bildergeben. Deshalb besteht ein weiterer Forschungsbe-darf über die Wirkungsmechanismen elektromagneti-scher Felder. Diese Auffassung vertritt auch das BfS.

Stand des Genehmigungsverfahrens

1. Der Bundesminister für Post und Telekommunika-tion hat für das Betreiben von Funkanlagen einVerfahren vorgeschrieben, das die Erstellung einersog. Standortbescheinigung durch das Bundesamtfür Post und Telekommunikation (BAPT) zum In-halt hat (Verfügung 95/1992, Amtsblatt S. 275). Indiesem Verfahren ist der standortbezogene Nach-weis zu erbringen, daß durch den Betrieb der zu er-richtenden Funksendestelle die Vorschriften zumSchutz von Personen im Einflußbereich elektroma-gnetischer Felder eingehalten werden. Dabei wirdfür die Bewertung gesundheitlicher Risiken durch

elektromagnetische Felder DIN VDE 0848, Teil 2,zugrunde gelegt.

Dieses Verfahren ist auch in einer Verordnung fürimmissionsschutzrechtliche Genehmigung vonHochfrequenzanlagen vorgesehen, die am 25. Mai1995 von der Bundesregierung verabschiedet wur-de. Die Verordnung wird derzeit im Bundesrat be-raten.

2. Am 7. September 1995 hat das Landratsamt derDeutschen Telekom AG die Baugenehmigung fürden Neuaufbau je einer Basisstation für die Mobil-funknetze D1 und D2 sowie der Änderung der Sen-de- und Empfangsantennen an der Spitze eines be-reits vorhandenen 22 in hohen Antennenträgers er-teilt. In die Baugenehmigung wurde ein Widerrufs-vorbehalt für den Fall aufgenommen, daß die Anla-ge nicht den erforderlichen Schutzabstand einhält,der sich aus einer künftigen Rechtsvorschrift, tech-nischen Baubestimmung oder aus einer allgemeinanerkannten Regel der Technik über den Schutzvon Personen bei Einwirkung elektromagnetischerFelder ergibt. Dies gilt auch für den Fall, daß zumGesundheitsschutz der o. g. athermischen Wirkun-gen der Hochfrequenzstrahlung Grenzwerte festge-legt werden, die größere Sicherheitsabstände erfor-derlich machen.

In der Widerspruchsentscheidung vom 22. Januar1996 hat das Regierungspräsidium die Sendelei-stung der Basisstationen für die MobilfunknetzeD 1 und D 2 von ursprünglich 4 genehmigten Fre-quenzkanälen je Mobilfunknetz auf künftig 3 Ka-naleinheiten je D-Netz reduziert, nachdem dieDeutsche Telekom AG sich freiwillig bereit erklärthatte, die Sendeleistung beider Basisstationen zuvermindern. Am 7. Mai 1996 hat das Landratsamtdie sofortige Vollziehung der Baugenehmigung an-geordnet. Nach Zurücknahme der zunächst von derPetentin gegen die Baugenehmigung erhobenenAnfechtungsklage wurde das Verfahren der Peten-tin vom Verwaltungsgericht durch Beschluß vom12. Juni 1996 eingestellt. Beim Verwaltungsgerichtist derzeit noch ein von einem anderen Nachbarnangestrengtes Klageverfahren gegen die Baugeneh-migung vom 7. September 1995 anhängig.

Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 LBO 1983/§ 58 Abs. 1Satz 1 LBO 1996 ist eine Baugenehmigung zu er-teilen, wenn keine öffentlich-rechtlichen Vorschrif-ten entgegenstellen. Die Baugenehmigung für denNeuaufbau einer Basistation für die Mobilfunknet-ze D 1 und D 2 ist bauplanungsrechtlich nach § 34BauGB zu beurteilen. Das Vorhaben fügt sich indie Eigenart der näheren Umgebung ein, zumal dieHöhe des vorhandenen Antennenträgers nicht ver-ändert wird.

Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen das bau-planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

Das Vorhaben entspricht den Anforderungen deso. g. Normenentwurfs DIN VDE 0848 Teil 2. Dieswurde durch Bescheinigung des BAPT vom 23. No-vember 1995 festgestellt. Der sich danach ergeben-

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Landtag von Baden-Württemberg � 12. Wahlperiode Drucksache 12 / 486

de Sicherheitsabstand von 3,8 m für den Expositi-onsbereich 2 wird eingehalten. Im Expositionsbe-reich 2 können sich Personen ohne Gefahr zeitlichunbegrenzt aufhalten. Zum Wohngebäude der Pe-tentin besteht sogar ein Abstand von ca. 155 m.

Nach dem uns bekannten, derzeitigen Kenntnis-stand ist nicht zu befürchten, daß die von der ge-nehmigten Funkübertragungsstation ausgehendeelektromagnetische Strahlung die Gesundheit derAnwohnerschaft gefährdet oder ihr Wohlbefindenbeeinträchtigt. Für die Ausübung des in die Bauge-nehmigung aufgenommenen Widerrufsvorbehaltsliegt kein sachlich gerechtfertigter Grund vor.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Behringer

3. Petition 11/7297 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Der Petent begehrt die Aufhebung der gegen ihn er-gangenen Ausweisungsverfügung.

Bei dem Petenten handelt es sich um einen 35 Jahrealten italienischen Staatsangehörigen. Der im Bundes-gebiet geborene Petent lebte bis zu seinem 8. Lebens-jahr bei seiner Großmutter in Italien, bevor er von sei-nen Eltern nach Deutschland geholt wurde. Bis 1985besuchte er eine Sonderschule, die er in der 8. Klasseohne Abschluß verließ. Eine Berufsausbildung hat derPetent nicht absolviert; seit Dezember 1992 ist er ar-beitslos.

Der Petent ist im Bundesgebiet wie folgt strafrecht-lich in Erscheinung getreten:

� im April 1988 Verurteilung wegen vorsätzlichenFahrens ohne Fahrerlaubnis zu 4 Tagen Jugendar-rest

� im Juli 1988 Richterliche Weisung wegen uner-laubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in zweiFällen

� im Juni 1991 Verurteilung wegen Erwerbs vonBetäubungsmitteln und Beihilfe zum unerlaubtenHandeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Ju-gendstrafe von 7 Monaten, die auf zwei Jahre zurBewährung ausgesetzt wurde

� im September 1991 Verurteilung wegen fahrlässi-ger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 35Tagessätzen

� im Juni 1992 Verurteilung wegen Diebstahls zu ei-ner Geldstrafe von 20 Tagessätzen

� im August 1992 Verurteilung wegen Fahrens ohneFahrerlaubnis und unerlaubten Entfernens vom Un-fallort in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubniszu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten; die Strafewurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, dieStrafaussetzung wurde später widerrufen

� im März 1993 Verurteilung wegen Hehlerei zu ei-ner Geldstrafe von 30 Tagessätzen

im August 1994 Verurteilung wegen unerlaubtenBesitzes von Betäubungsmitteln und Hehlerei zueiner Freiheitsstrafe von 8 Monaten ohne Be-währung.

Der Petent war von November 1986 bis November1991 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis-EG. Auf-grund der von dem Petenten begangenen Straftatenund der deshalb von der Ausländerbehörde beabsich-tigten Ausweisung wurde die Aufenthaltserlaubnis-EG zunächst nicht verlängert.

Nach seiner Inhaftierung beantragte der Pentent er-neut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da er ei-ne Drogentherapie machen wolle und für die Ko-stenübernahme eine gültige Aufenthaltserlaubnisbenötige. Die Ausländerbehörde erteilte dem Petentendeshalb im Dezember 1994 eine bis Dezember 1995gültige Aufenthaltserlaubnis-EG. Der Petent hat sichjedoch weder während der Haft noch danach einerDrogentherapie unterzogen.

Im Mai 1995 wies die Ausländerbehörde den Petentenunter Anordnung des Sofortvollzugs unbefristet ausdem Bundesgebiet aus und drohte ihm die Abschie-bung an. Über den Widerspruch hat das Regierungs-präsidium noch nicht entschieden; es beabsichtigt je-doch, den Widerspruch in Kürze zurückzuweisen. Ei-nen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte dasVerwaltungsgericht im November 1995 ab. Die hier-gegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsge-richtshof Baden-Württemberg im Januar 1996 unan-fechtbar zurück.

Im Hinblick auf das anhängige vorläufige Rechts-schutzverfahren konnte der Petent nicht aus der Haftabgeschoben werden. Mitte November 1995 wurde eraus der Haft entlassen. Danach lebte der Petent zeit-weise mit einer deutschen Staatsangehörigen zusam-men. Der Petent beabsichtigt, die deutsche Staatsan-gehörige, die ein Kind von ihm erwartet, zu heiraten.Der Petent und seine Verlobte haben sich beim Stan-desamt S. nach den Voraussetzungen für ein Aufgeboterkundigt, ein Aufgebot wurde jedoch nicht bestellt.Außerdem hat der Petent noch einen vier Jahre altennichtehelichen Sohn von einer anderen Frau.

Im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung stell-te der Petent im Januar 1996 einen Antrag auf Abän-derung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts unddes Verwaltungsgerichtshofs im vorläufigen Recht-schutzverfahren. Diesen Antrag lehnte das Verwal-tungsgericht Ende Januar 1996 ab. Die hiergegen er-hobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshofim Februar 1996 unanfechtbar zurück.

Eine Abschiebung des Petenten war bisher nicht mög-lich, da sein Aufenthaltsort unbekannt ist. Er hat sichnach seiner Haftentlassung nur vorübergehend in S.und danach unter der in der Petitionsschrift genanntenAdresse in H. aufgehalten. Der Petent hat sich dort je-doch weder melderechtlich angemeldet, noch ist seinjetziger Aufenthaltsort bekannt. Der Petent wurdedeshalb zur Festnahme ausgeschrieben.

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Landtag von Baden-Württemberg � 12. Wahlperiode Drucksache 12 / 486

6

Der Petent hat das Bundesgebiet zu verlassen, da eraus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesenworden ist. Eine Aufenthaltsgenehmigung kann ihmnicht erteilt werden. Die erfolgte Ausweisung stelltnach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Ausländergesetzes (AuslG)einen zwingenden Versagungsgrund für die Erteilungeiner Aufenthaltsgenehmigung dar.

Die Ausweisung des Petenten ist zurecht erfolgt.Nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 AuslG wird ein Ausländer aus-gewiesen, wenn er wegen einer vorsätzlichen Straftatnach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu ei-ner Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckungder Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist.Diese Voraussetzung ist im Falle des Petenten. derüber keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 48AuslG verfügt, erfüllt. Die Ausweisung ist hier eineim Ausländergesetz zwingend vorgesehene Rechtsfol-ge ohne Ermessensspielraum für die Ausländerbehör-de. Die besonderen Voraussetzungen des Aufenthalts-gesetzes/EWG (AufenthG/EWG) für die Ausweisungvon Staatsangehörigen eines Staates der EuropäischenUnion, die für den Petenten als italienischen Staatsan-gehörigen gelten, sind ebenfalls erfüllt. Nach § 12Abs. 3 AufenthG/EWG ist eine Ausweisung nurzulässig, wenn der Ausländer durch sein persönlichesVerhalten dazu Anlaß gibt.

Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilunggenügt für sich allein nicht, um die Ausweisung zubegründen (§ 12 Abs. 4 AufenthG/EWG), d. h. es mußauch in Zukunft eine Gefährdung der öffentlichen Si-cherheit und Ordnung von dem Ausländer ausgehen.Liegen diese Voraussetzungen vor, steht das EU-Recht einer Aufenthaltsbeendigung nicht entgegen.

Die Ausweisung ist nach § 12 AufenthaltsG/EWGzulässig, da die weitere Anwesenheit des PetentenGrundinteressen der hiesigen Gesellschaft berührt.Solche sind u. a. die Bekämpfung des Drogenhandels.Beim Petenten kommt die konkrete Gefahr neuerStörungen, die von seiner Person in Deutschland aus-gehen hinzu, weil beim Petenten bislang keine sozialeIntegration in die hiesigen Lebensverhältnisse bestan-den hat und keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind,daß der Petent zukünftig Halt finden wird.

Der Petent ist wiederholt straffällig geworden und hatsich auch durch zahlreiche Verurteilungen und dieFestsetzung von Bewährungsfristen nicht davon ab-halten lassen, immer wieder neue Straftaten zu bege-hen. Er hat durch sein Verhalten über Jahre hinweggezeigt, daß er weder Willens noch in der Lage ist,sich an die Rechtsordnung in der BundesrepublikDeutschland zu halten. Es muß deshalb, wie auch dasVerwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshofin ihren Eilentscheidungen festgestellt haben, mit ho-her Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden,daß der Petent auch in Zukunft Straftaten begehenwird und deshalb eine Gefahr für die öffentliche Si-cherheit und Ordnung in Deutschland darstellt. DerVortrag in der Petitionsschrift, daß der Petent nachseiner Haftentlassung straffrei geblieben sei, kann zukeiner anderen Beurteilung führen, zumal es sich hier-bei nur um einen relativ kurzen Zeitraum handelt, derkeine verläßliche Prognose hinsichtlich eines Sinnes-

wandel des Petenten erlaubt. Im übrigen spricht auchdas Verhalten des Petenten nach der Haftentlassung,der derzeit als untergetaucht angesehen werden muß,keineswegs dafür, daß der Petent nun gewillt ist, einneues und geordnetes Leben zu beginnen.

Der Umstand, daß der Petent beabsichtigt, eine deut-sche Staatsangehörige, die ein Kind von ihm erwartet,zu heiraten, kann ebenfalls zu keinem Aufenthalts-recht für den Petenten führen. Das diesbezüglicheVorbringen war Gegenstand des zweiten vorläufigenRechtsschutzverfahrens. Sowohl das Verwaltungsge-richt als auch der Verwaltungsgerichtshof haben fest-gestellt, daß die beabsichtigte Eheschließung des Pe-tenten und bevorstehende Geburt des Kindes wederdie Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung be-rühren noch ein Absehen vom sofortigen Vollzug derAusweisung rechtfertigen. Da die Ehe bisher wedergeschlossen worden ist, noch eine Heirat absehbar ist,kann sich der Petent nicht auf Artikel 6 des Grundge-setzes berufen. Das gleiche gilt im Hinblick auf das �nach derzeitiger Kenntnis � noch ungeborene Kind.

Selbst bei einer Eheschließung könnte hieraus keinAufenthaltsrecht resultieren, da die Ehe in Kenntnisder vollziehbaren Ausweisungsverfügung erfolgenwürde. Die von dem Petenten ausgehende Gefährdungder öffentlichen Sicherheit und Ordnung � so auch dieGerichte � wiegt schwerer als das Interesse des Peten-ten und seiner Verlobten an einer gemeinsamen Le-bensführung im Bundesgebiet. In diesem Zusammen-hang hat das Verwaltungsgericht auch darauf hinge-wiesen, daß die Verlobte des Petenten an der Straftat,die zu der Verurteilung vom August 1994 geführt hat,beteiligt war (Heroinbesitz) und deshalb ebenfallsstrafrechtlich verfolgt wurde. Es ist deshalb nicht sehrwahrscheinlich, daß die Ehe auf den Petenten einengünstigen Einfluß haben wird und zu einer grundle-genden Änderung seines Lebenswandels führen wird.

Bei einer Eheschließung mit einer deutschen Staatsan-gehörigen wird dies jedoch Einfluß auf die Befristungder Ausweisung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG haben.Es steht dem Petenten frei, zu gegebener Zeit bei derAusländerbehörde einen Befristungsantrag zu stellen.

Der Petent kann auch nicht unter Berufung auf Art. 3Abs. 1 ENA von der Ausweisung verschont bleiben.Diese Vorschrift läßt eine Ausweisung grundsätzlichzu, wenn sie im Einklang mit dem deutschen Auslän-derrecht steht. Die Voraussetzungen für den besonde-ren Ausweisungsschutz nach Art. 3 Abs. 3 ENA er-füllt der Petent nicht.

Auch Art. 8 EMRK, der das Privatleben eines jedenMenschen in besonderem Maße schützt, bewahrt denPetenten nicht vor der beabsichtigten Maßnahme. DieAbwägung der zu schützenden Interessen des Peten-ten (seine familiäre Situation und sein bisheriger Auf-enthalt) sind aber mit dem Interesse der Allgemein-heit, zukünftig vor Straftaten des Petenten verschontzu bleiben, abzuwägen. Dabei genießt letzteres imFalle des Petenten den Vorrang.

Da der Petent vollziehbar zur Ausreise verpflichtet istund der Verwaltungsgerichtshof im vorläufigenRechtsschutzverfahren rechtskräftig festgestellt hat,

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daß die Abschiebung zulässig ist, kann gem. § 55Abs. 4 AuslG von der Einleitung aufenthaltsbeenden-der Maßnahmen auch nicht im Hinblick auf die einge-legte Petition abgesehen werden. Da der Petent unter-getaucht ist, wurde er zur Festnahme ausgeschriebenund wird nach Wiederaufgreifen umgehend nach Itali-en abgeschoben werden.

Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Ehe-schließung mit einer Deutschen teilte das IM ergän-zend mit, daß die obige rechtliche Bewertung auchdiesbezüglich aufrecherhalten wird.

Sonstige Gesichtspunkte, die eine abweichende Be-wertung der Petitionsangelegenheit rechtfertigen wür-den, sind nicht erkennbar. Im übrigen ist der Aufent-haltsort des Petenten nach wie vor nicht bekannt, derPetent hat sich auch nach seiner Eheschließung nichtmelderechtlich angemeldet.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Braun

4. + 5. Petitionen 12/187 und 12/223 betr. Bausa-che/Nutzungsänderung.

I.

Der Petent (Petition 187) erstrebt die weitere Nutzungder auf dem Grundstück Flst.Nr. 372 bis 4, 376 und379 in L. bestehenden Holzlagerhalle als Abbundan-lage.

Die Petenten (Petition 223) wenden sich gegen denweiteren Betrieb der Abbundanlage; sie verlangen de-ren sofortige Stillegung.

II.

Die Überprüfung der Petition hat folgendes ergeben:

1. Herr Josef B. ist Eigentümer der Holzlagerhalle aufdem o. a. Grundstück. Am 20. August 1981 erhielter die Baugenehmigung zur Errichtung einer Holz-lagerhalle und eines Holzlagerplatzes.

Da das Abbund-Zentrum Schwierigkeiten hatte,den für seine Produktion erforderlichen Neubau inB.-W. zu verwirklichen, bat der Petent, Geschäfts-führer des Abbund-Zentrums, seinen Bruder, dieneubeschaffte Abbundmaschine in der o. a. Holzla-gerhalle in L. aufstellen zu können und nahm dortentsprechende Änderungen vor. Nachdem dasLandratsamt diese Maßnahmen am 4. Oktober1994 festgestellt hatte, beantragte Herr Josef B. am24. Oktober 1994, die Holzlagerhalle für eineÜbergangszeit für den Betrieb des Abbund-Zen-trums nutzen zu können. Während des Nutzungsän-derungsverfahrens erhoben die Petenten Einwen-dungen, die jedoch vom Landratsamt zurückgewie-sen wurden. Gegen die Baugenehmigung vom 10.April 1995 erhoben die Petenten Widerspruch, überden noch nicht entschieden wurde: Herr Josef B.

beantragte daher beim Landratsamt die sofortigeVollziehung der Genehmigung, dem am 19. Mai1995 entsprochen wurde.

Die am 10. April 1995 erteilte Baugenehmigungwar auf ein Jahr befristet. Herr Josef B. beantragtedaher am 2./10. April 1996, die Geltungsdauer derGenehmigung zu verlängern, bis das Bauvorhabenin B.-W. realisiert sei.

Da die Gemeinde eine Fristverlängerung über den10. Juli 1996 ablehnte, teilte das Landratsamt HerrnJosef B. mit, daß beabsichtigt sei, den Antrag abzu-lehnen und die Nutzung durch das Abbund-Zen-trum zu untersagen. Daraufhin wandte sich seinBruder an den Petitionsausschuß.

2. Das Bauvorhaben liegt südlich einer Wohnbebauungund östlich des Gewerbegebietes �Hasenäcker-Ge-werbegebiet II� im Außenbereich von L. Da es nichtzu den im Außenbereich privilegierten Vorhabengehört, ist es gem. §35 Abs.2 BauGB zu beurteilen.Die Holzabbundanlage ist jedoch nicht genehmi-gungsfähig, da sie öffentliche Belange beeinträchtigt.

Die Nutzung der vorhandenen Lagerhalle als Ab-bund-Zentrum steht im Widerspruch zu der Funk-tion der Außenbereichslandschaft, der naturgegebe-nen Bodennutzung sowie der Erholung der Allge-meinheit zu dienen. Sie widerspricht auch den Dar-stellungen des Flächennutzungsplanes, der hierFlächen für die Landwirtschaft ausweist. Die Zu-lassung des mit erheblichen Lärm-, Staub- sowieVerkehrsimmissionen verbundenen Betriebes ließeaber auch die Verfestigung der vorhandenen Split-tersiedlung befürchten.

Letztendlich hat die Gemeinde L. das gem. § 36i. V. m. § 35 Abs. 2 BauGB erforderliche gemeind-liche Einvernehmen versagt. Sie hat auch gegenü-ber dem Landratsamt abgelehnt, das benachbarteGewerbegebiet zugunsten des Abbund-Zentrumszu erweitern.

3. Bereits anläßlich des Ortstermins am 15. August1995 hatte das Regierungspräsidium K. Herrn JosefB. gegenüber klargestellt, daß sich an der zeitlichenBeschränkung der Nutzung nichts ändern werde.Gleichwohl hat sein Bruder, Geschäftsführer desAbbund-Zentrums, bisher nichts unternommen, umdie seit 4. März 1996 bestandskräftige Baugeneh-migung zur Errichtung des Abbund-Zentrums inB.-W. zu verwirklichen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann nach Auffas-sung des Wirtschaftsministeriums dem Anliegen desPetenten (Petition 187) nicht entsprochen werden. DerPetition 223 kann dagegen stattgegeben werden.

Beschlußempfehlung:

Der Petition 12/187 kann nicht stattgegebenwerden.

Die Petition 12/223 wird, nachdem ihr ent-sprochen wird, für erledigt erklärt.

Berichterstatter: Braun

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6. Petition 11/3871 betr. Verzicht auf Strafvoll-streckung bei Ausweisung

Der Petent erstrebt mit seiner Eingabe vom 19. Mai1994 ein Absehen von der weiteren Strafvoll-streckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafenach § 456 a StPO bei gleichzeitiger Ausweisung bzw.Abschiebung in sein Heimatland Kroatien.

Der jetzt 33jährige Petent wurde durch Urteil desLandgerichts R. vom 2. September 1987-3 KLs 27/87wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes inTateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Kör-perverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11Jahren und 6 Monaten verurteilt. In diese Strafe wur-de eine frühere Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Jahren(bzw. die zugrunde liegenden Einzelstrafen von 5 und8 Jahren Freiheitsstrafe) einbezogen, zu der der Petentdurch Urteil des Landgerichts R. vom 24. Februar1987 � 3 KLs 59/86 � wegen zweier bewaffneterRaubüberfälle auf ein Lebensmittelgeschäft bzw. eineSparkassenfiliale verurteilt worden war.

Die Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Jahren und 6 Mona-ten verbüßt der Petent derzeit in der VollzugsanstaltF. Die Halbstrafe war am 15. September 1993 er-reicht, der Zweidrittelzeitpunkt ist am 16. August1995 und das endgültige Strafende am 16. Juni 1999.

Bereits mit Schreiben vom 5. August 1993 hat der Pe-tent beantragt, von der weiteren Vollstreckung derRestfreiheitsstrafe gem. § 456 a StPO abzusehen undihn in sein Heimatland Kroatien abzuschieben. DieserAntrag wurde mit Verfügung der StaatsanwaltschaftR. vom 18. August 1993 abgelehnt. Ein erneutes Ge-such des Petenten vom 4. Oktober 1993 wurde am 26.November 1993 von der Staatsanwaltschaft R. wie-derum abschlägig beschieden. Die Beschwerde desPetenten vom 13. Dezember 1993 wurde durch Be-scheid der Generalstaatsanwaltschaft S. vom 25. Janu-ar 1994 als unbegründet zurückgewiesen. Der Antragdes Petenten vom 11. Februar 1994 auf gerichtlicheEntscheidung gem. § 23 EGGVG wurde mit Beschlußdes Oberlandesgerichts S. vom 22. April 1994 als un-begründet verworfen.

In seinem Petitionsschreiben wendet sich der Petentgegen die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft R.,der Generalstaatsanwaltschaft S. und das Oberlandes-gericht S., deren Begründung er teilweise als wider-sprüchlich ansieht.

Die Staatsanwaltschaft R. und die Generalstaatsan-waltschaft S. haben in ihren Bescheiden insbesondereauf die Schwere der Schuld hingewiesen, die ein Ab-sehen von der weiteren Strafvollstreckung gem.§ 456 a StPO derzeit als verfrüht erscheinen läßt. DerPetent war in der Vergangenheit bereits schon einmalgem. § 456 a StPO abgeschoben worden, nämlich am6. Dezember 1985. Vor dieser Abschiebung war ermehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung, Nöti-gung, Bedrohung u. a. zu Jugendstrafen und Freiheits-strafen verurteilt worden, die er teilweise verbüßt hat-te. Trotz der erfolgten Belehrung über die Folgen ei-ner Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland ister im August 1986 wieder illegal eingereist und hat

innerhalb des Zeitraums von nur knapp einem Monatdrei mit Waffengewalt ausgeführte Raubüberfälle be-gangen.

Zum Zeitpunkt seiner illegalen Einreise in die Bun-desrepublik Deutschland hatte er selbst erklärt, daß ersich in Jugoslawien nicht mehr zurechtgefunden habeund sich nicht mehr als Jugoslawe fühle. Da somit beidem Petenten im Falle seiner (erneuten) Abschiebungdie Gefahr einer abermaligen illegalen Einreise beste-hen würde, wurde auf diesen Gesichtspunkt sowohl inder Verfügung der Staatsanwaltschaft R. vom 26. No-vember 1993 als auch in dem Bescheid der General-staatsanwaltschaft S. vom 25. Januar 1994 hingewie-sen. Ebenso hat auch das Oberlandesgericht in seinemBeschluß vom 22. Februar 1994 diesem UmstandRechnung getragen, indem es folgendes ausgeführthat:

�. . . Die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde istnicht ermessensfehlerhaft, geschweige denn willkür-lich, wie der Antragsteller vorbringt. Zu Recht gehtdie Vollstreckungsbehörde auch davon aus, daß dieGefahr besteht, der Beschwerdeführer werde � wie erin widersprüchlicher Argumentation selbst andeutet �im Falle einer Abschiebung alsbald wieder unterNichtachtung der deutschen Gesetze in die Bundesre-publik Deutschland zurückkehren. Auch im übrigenist die Vollstreckungsbehörde von einem zutreffendenSachverhalt ausgegangen. Sie hat insbesondere die In-teressen des Verurteilten an einem Absehen von wei-terer Vollstreckung abgewogen gegen die Gründe, diegegen ein Absehen sprechen. Wenn die Voll-streckungsbehörde hier den unzweifelhaft vorliegen-den besonderen Gründen, die für eine nachhaltigeVollstreckung sprechen � neben Vorstrafen insbeson-dere Art und Umstände der Taten sowie Schwere derSchuld �, hier ein ganz deutliches Übergewicht zu-spricht, so ist dies aus Rechtsgründen nicht zu bean-standen . . . �

Inzwischen konnte dem Wunsch des Petenten inso-weit entsprochen werden, als er nach Verbüßung vonzwei Dritteln der Haftstrafe entlassen und am 29. Sep-tember 1995 nach Zagreb abgeschoben wurde. ImFalle seiner Rückkehr müßte er mit der Verbüßungder Restfreiheitsstrafe rechnen.

Beschlußempfehlung:

Die Petition wird für erledigt erklärt.

Berichterstatter: Brinkmann

7. Petition 11/3905 betr. Bausache u. a.

Der Petent begehrt � der Sache nach � die Erteilungeines Bauvorbescheides zur Errichtung eines Reiter-hofs mit Dressur- und Springplatz. Er beanstandetdarüber hinaus die Höhe der Entschädigung für seindurch einen Brand zerstörtes bisheriges Anwesen.

Die Prüfung der Petition hat folgendes ergeben:

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1. Der Petent war Eigentümer eines auf einem von derGemeinde gepachteten Grundstück errichtetenlandwirtschaftlichen Anwesens. Dort betrieb er alsNebenerwerbslandwirt Nutzviehhaltung. DiesesAnwesen wurde durch einen Brand am 21. März1991 zerstört.

Der Petent möchte nicht das ursprüngliche, 1987genehmigte Anwesen wiederaufbauen, sondern ei-nen Reiterhof errichten. Mit Schreiben vom 13. Ja-nuar 1992 wandte er sich an das Bürgermeisteramtund bat, ihm dafür ein Gelände zu benennen undzur Verfügung zu stellen. Der Reiterhof sollte eineReithalle (ca. 30 x 60 oder 40 x 40 m), einen Dres-sur- und Springplatz sowie ein Bewegungskarussellfür die Pferde umfassen. Neben den eigenen Pfer-den sollten in der Halle auch ca. 30 Gastpferde un-tergestellt werden können.

Die Gemeinde trat daraufhin mit der Bitte an dasLandratsamt heran, zu klären, ob die Errichtung ei-nes solchen Bauvorhabens am ehemaligen Standortdes abgebrannten landwirtschaftlichen Gebäudesoder aber im Bereich eines Kieswerkes möglichsei. Nachdem das unter anderem um Stellungnah-me gebetene Amt für Landwirtschaft, Landschafts-und Bodenkultur darauf hingewiesen hatte, daßaufgrund des Mißverhältnisses zwischen der land-wirtschaftlichen Nutzfläche des Betriebs (ca. 9 ha)und dem geplanten Tierbestand von ca. 40 Pferdendie für eine Privilegierung erforderliche enge Bin-dung der Pferdehaltung an die Bodenproduktionfehle, teilte das Landratsamt der Gemeinde unddem Petenten mit, das Vorhaben müsse zum jetzi-gen Zeitpunkt abgelehnt werden. Es würde sowohlam alten Standort als auch im Bereich des Kies-werks im Außenbereich liegen und beeinträchtigeöffentliche Belange. Gleichzeitig regte das Land-ratsamt eine Überplanung des Kiesgrubenareals alsFreizeitgelände an. Diese Anregung wurde von derGemeinde bislang nicht aufgegriffen; hierauf be-zieht sich wohl der Petent, wenn er vorträgt, daßder Gemeinderat sein Bauvorhaben abgelehnt habe.

Am 30. September 1992 fand mit Vertretern desLandratsamtes, des Landwirtschaftsamtes und derGemeinde eine Besprechung mit dem Petentenstatt, in der erörtert wurde, unter welchen konkre-ten Umständen eine Genehmigung des geplantenVorhabens möglich wäre. Insbesondere wurde vonden Behördenvertretern dargelegt, welche Voraus-setzungen vorliegen müßten, um eine Privilegie-rung des Vorhabens zu begründen. Der Petent wur-de ferner darauf hingewiesen, daß er für den Fall,daß er die Planung konkretisiere und eine verbind-liche Prüfung der Genehmigungsfähigkeit wün-sche, einen förmlichen Bauantrag stellen müsse.Die Anwesenden kamen überein, daß sich der Pe-tent wieder an die Verwaltung wenden werde,wenn die angesprochenen Voraussetzungen ge-schaffen seien und die erforderlichen Unterlagenvorlägen. Das war zum Zeitpunkt der Petition nichtgeschehen.

Von der Versicherungsseite her ist der Brandscha-densfall des Petenten nach Zahlung der im Be-

scheid der Badischen Gebäudeversicherungsanstaltvom 7. Mai 1993 festgesetzten Entschädigung von172 500 DM und nach schriftlichem Rechtsmittel-verzicht des Petenten rechtskräftig abgeschlossen.

2. a) Dem Begehren des Petenten auf Erteilung einesBauvorbescheides, das dem Petitionsvorbringerin der Sache wohl zu entnehmen ist, kann be-reits deshalb nicht entsprochen werden, weil derPetent keinen entsprechenden Antrag gestellthatte. Ein solcher ist aber gemäß § 54 Abs. 1LBO zwingende Voraussetzung zur Einleitungeines Verfahrens zur Erteilung eines Bauvorbe-scheides.

Aber auch für den Fall, daß der erforderlicheAntrag vorliegen würde, könnte ein Bauvorbe-scheid aufgrund der derzeit bekannten Sachlagenicht erteilt werden. Beide bisher erörtertenStandorte für das Vorhaben befinden sich je-weils deutlich außerhalb des Bebauungszusam-menhanges und daher im Außenbereich; dasVorhaben ist somit nach § 35 BauGB zu beurtei-len.

Eine Genehmigung des Vorhabens als Anlage,die einem landwirtschaftlichen Betrieb dient(Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB)scheidet schon deshalb aus, weil dem vom Pe-tenten beabsichtigten Reiterhof der notwendigeBezug zur Bodenproduktion fehlt. Es fehlt daheran den Merkmalen, die die Landwirtschaft imSinne des Bauplanungsrechts (§ 201 BauGB)ausmachen. Für die Haltung eines Pferdes ist dieBodenproduktion von mindestens einem halbenHektar Land erforderlich. Diese Voraussetzungist bei der vom Petenten beabsichtigten Zahl vonPferden angesichts der ihm nach seinen Anga-ben zur Bewirtschaftung nur zur Verfügung ste-henden Flächen bei weitem nicht erfüllt. Auf dieFrage, ob auf Grund der Planung des Petentenein dauerhafter Betrieb überhaupt zu erwartenist, kommt es daher nicht an. Doch sind erhebli-che Zweifel anzumelden.

Bei dem beabsichtigten Reiterhof handelt essich daher um ein sonstiges Vorhaben imAußenbereich im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB.Ein solches Vorhaben kann im Einzelfall zuge-lassen werden, wenn seine Ausführung oder Be-nutzung öffentliche Belange nicht beeinträch-tigt.

Öffentliche Belange werden vorliegend jedochbeeinträchtigt. Das Vorhaben widerspricht anbeiden Standorten den Darstellungen des Flä-chennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 11. Spie-gelstrich BauGB), nachdem im Bereich des ur-sprünglichen Anwesens Flächen für die Land-wirtschaft und im Bereich des KieswerksFlächen für den Kiesabbau vorgesehen sind.Darüber hinaus würde die Verwirklichung desVorhabens an beiden Standorten die Entstehungeiner Splittersiedlung befürchten lassen. In un-mittelbarer Umgebung der vorgesehenen Stan-dorte befinden sich bislang keine Gebäude. Im

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Falle der Erteilung der Genehmigung warenweitere Bauanträge insbesondere für solcheVorhaben, die � wie das vom Petenten beabsich-tigte� Freizeitzwecken dienen, zu erwarten. Daeine Genehmigung in diesen Fällen schwerlichversagt werden könnte, hätte diese eine städte-baulich unerwünschte Zersiedelung des Außen-bereichs zur Folge.

Unter den gegebenen Umständen ist die Ertei-lung einer Genehmigung daher nicht möglich.Der Petent hat aber die Möglichkeit, wie in derBesprechung am 30. September 1992 im einzel-nen erörtert, die Voraussetzungen für die Ge-nehmigungsfähigkeit zu schaffen (und dann ei-nen förmlichen Antrag zu stellen).

b) Die von der Badischen Gebäudeversicherungs-anstalt gezahlte Entschädigung für das durchBrand zerstörte Anwesen des Petenten ist nichtzu beanstanden.

Nach den Bestimmungen des Badischen Gebäu-deversicherungsgesetzes besteht für alle geschä-digten Gebäude im Bereich des ehemaligenLandes Baden strenge Wiederaufbaupflicht.Wird nicht wieder aufgebaut, so kann Nachsichtvon der Wiederaufbauverpflichtung gewährtwerden, wobei auf der Grundlage der gesetzli-chen Regelungen und der Ausführungsbestim-mungen des Verwaltungsrats vom 25. April1991 nach Beschaffenheit des einzelnen Fallesund nach dem pflichtgemäßen Ermessen derAnstalt die Entschädigungssumme herabzuset-zen ist. Nachdem im Fall des Petenten ein Wie-deraufbau nicht möglich war, wurde von dieserRegelung Gebrauch gemacht. Berücksichtigtworden ist dabei, daß das erst drei Jahre alte Ge-bäude zwar einen relativ hohen Zeitwert hatte,dem aber ein minimaler Verkehrswert gegenü-ber stand, da das Bauwerk auf gepachtetemGrundstück stand mit der vertraglichen Ver-pflichtung, bei Beendigung des Pachtvertragsden ursprünglichen Zustand wiederherzustellen,mit anderen Worten: das Gebäude wieder zuentfernen. Die gewährte Entschädigung stellt so-mit einen Kompromiß zwischen den Interessendes Geschädigten einerseits und dem Gesetzes-zweck bzw. den Interessen der Versichertenge-meinschaft andererseits dar.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Brinkmann

8. Petition 11/4287 betr. Verkauf landeseigenerWohngebäude

Die Petenten wenden sich gegen den Verkauf landes-eigener Wohngebäude und gegen die von der Liegen-schaftsverwaltung bisher geäußerten Preisvorstellun-gen.

Die Petenten sind Beschäftigte bzw. ehemalige Be-schäftigte einer landeseigenen Gesellschaft und Mie-ter der zur Veräußerung vorgesehenen landeseigenenGebäude. Das Land beabsichtigt den Verkauf derWohnhäuser mit jeweils 2 Wohnungen. Der Ver-kehrswert der Objekte wurde mit 1,15 Mio DM bzw.1 Mio DM ermittelt.

Die Verkaufsabsichten des Landes wurden den betrof-fenen Mietern zunächst schriftlich mitgeteilt. Im Rah-men einer verkaufsvorbereitenden Wohnungsbesichti-gung wurde ihnen Gelegenheit zur Erörterung allermit dem Verkauf zusammenhängender Fragen gege-ben. Die Petition wurde nach Bekanntgabe der Wert-ermittlung und vor dem Abschluß der laufenden Ver-handlungen eingelegt.

Die Petenten sind der Ansicht, daß die beabsichtigteVeräußerung der Häuser �eine Ungerechtigkeit ge-genüber den betroffenen Mietern� darstelle. Sie beru-fen sich dazu auf folgendes:

� Die Wohnungen seien für den Betrieb der Landes-einrichtung wichtig, weil das dort wohnende Perso-nal bei Störungen schnell verfügbar sei;

� die betreffenden Mieter würden im Verhältnis zuden Mietern des Gebäudes B.-straße 1, das nichtveräußert werden soll, ungerecht behandelt;

� der Preis, zu dem die Gebäude angeboten wordenseien, liege zu hoch. Ein Erwerb durch die Mietersei aus finanziellen Gründen nicht möglich. Es seidaher mit einer Veräußerung an Dritte zu rechnen,was mit Sicherheit zu drastischen Mieterhöhungenund mittelfristig zu einem Verlust der Wohnungenführen werde.

Gemäß § 63 Abs. 2 LHO können Vermögensgegen-stände des Landes dann veräußert werden, wenn siezur Erfüllung der Aufgaben des Landes in absehbarerZeit nicht benötigt werden. Die Vorhaltung von Woh-nungen im Eigentum des Landes ist für sich genom-men keine originäre Landesaufgabe. Gerade in Anbe-tracht der allgemeinen Haushaltssituation mit hoherAusgabenbelastung des Staatshaushalts ist es ange-zeigt, im Interesse der Allgemeinheit mögliche Ein-nahmepotentiale zu aktivieren.

Die Häuser sind für den Betrieb der Landeseinrich-tung nicht von wesentlicher Bedeutung. Die Ver-waltung hat bestätigt, daß eine betriebliche Notwen-digkeit nicht gegeben ist. Die Mehrzahl der Bedien-steten hat nicht die Möglichkeit, in einem landesei-genen Objekt zu wohnen. Nachteilige Auswirkun-gen sind dadurch bislang nicht bekannt geworden.Die Wohnhäuser sind daher für das Land entbehr-lich. Nicht entbehrlich ist dagegen das angrenzendeAnwesen B.-straße 1, da dort der Polizeiposten un-tergebracht ist. Bei einer Aufteilung des Hauses inWohneigentum könnten die Interessen des Landesin einer Eigentümergemeinschaft nicht durchgesetztwerden, weil in dem Gebäude zusätzlich drei Woh-nungen vorhanden sind. Insoweit sind sachlicheGründe für ein Absehen vom Verkauf gegeben. Ei-ne unzulässige Ungleichbehandlung der Petentenmit den Wohnungsinhabern ist darin nicht zu erken-

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nen. Art. 3 GG und Art. 14 GG sind daher nichtberührt.

Gemäß § 63 Abs. 3 LHO dürfen Vermögensgegen-stände nur zum vollen Wert veräußert werden. Gemäߧ 64 Abs. 3 LHO ist eine Wertermittlung zu erstellen.Die Wertermittlung schließt mit den genannten Ver-kehrswerten in Höhe von 1,15 Mio DM und 1 MioDM. Die Differenz erklärt sich aus unterschiedlichenGrundstücksgrößen. Bei den Objekten handelt es sichum Sachwertobjekte. Die Gebäude befinden sich ineinem guten Zustand. Sie wurden seit 1986 mit einemerheblichen Aufwand (pro Haus durchschnittlich rd.500 000,� DM) instandgesetzt. Der Verkehrswert ent-spricht einem Preis von 4 000,� DM/m2 Wohnfläche.Dieser Preis ist nach Auskunft der Gemeinde und ört-licher Maklerbüros für Altbauwohnungen in zentralerLage ortsüblich und angemessen. Bei der Bewertungwurde von einem Verkauf in unvermietetem Zustandausgegangen. Der Eigenerwerb durch die Mieter istdiesem Sachverhalt gleichzustellen.

Die Petenten haben nach wie vor ein grundsätzlichesErwerbsinteresse. Das Land ist bereit, die Wohnge-bäude vorzugsweise unaufgeteilt an die Mieter zu ver-äußern. Das Land bietet auch einen gemeinsamen Er-werb oder einen Erwerb durch Angehörige an.

Daneben ist das Land bereit, auf Wunsch vor der Ver-äußerung eine Aufteilung in Eigentumswohnungenvorzunehmen.

Aus sozialen Erwägungen wurde den Mietern folgen-des weitere Vorgehen vorgeschlagen:

� Die Wohnobjekte werden vom Land freibleibendzum Verkauf ausgeschrieben, nachdem die Mietereinen Erwerb zu den bisher vom Land angebotenenKonditionen ablehnen;

� da die Wohnungen vermietet sind, ist nicht auszu-schließen, daß die Häuser auf dem Markt einen ge-ringeren als den ermittelten Wert erzielen,

� die Mieter erhalten die Gelegenheit, die Wohnun-gen zum Höchstgebot zu erwerben (Eintrittsrecht),sofern das Höchstgebot einen noch akzeptablenPreis darstellt;

� erst wenn die Mieter von dieser Möglichkeit keinenGebrauch machen, werden die Wohnungen an denBieter verkauft.

Darüber hinaus wurden den Mietern folgende Zah-lungserleichterungen in Aussicht gestellt:

Aufteilung des Kaufpreises in zwei Hälften; zinsloseStundung der 2. Hälfte bis 4 Jahre nach Vertragsab-schluß, sofern eine Belastung des nachhaltigen. Jah-resbruttoeinkommens der zum Haushalt gehörendenFamilienmitglieder von mindestens 35 % vorliegt.

Bei einem Verkauf der Häuser an Dritte gelten die all-gemeinen Mieterschutzbestimmungen. Auch wennder Mieter sich nicht zum Kauf entschließt, bleibt seinMietverhältnis bestehen. Mieterhöhungen sind nur imRahmen des Miethöhegesetzes in Stufen, unter Ein-haltung von Kappungsgrenzen und nur bis zur Höheder ortsüblichen Miete möglich (Mietzins ein Jahr un-

verändert und Erhöhung innerhalb von drei Jahrennicht mehr als 30 %). Kündigungen setzen ein berech-tigtes Interesse voraus. Bei einer Veräußerung nachAufteilung in Wohnungseigentum ist zudem eineKündigung wegen Eigenbedarfs auf drei Jahre nachEigentumsübergang ausgeschlossen. Das Land ist ggf.bereit, diese gesetzlichen Schutzbestimmungen fürdie Mieter in die Kaufverträge mit Dritten zu über-nehmen. Aufgrund der Wertverhältnisse ist im übri-gen gemäß § 64 Abs. 2 LHO die Einwilligung desLandtags vor der Veräußerung einzuholen.

Die dargestellten Vorschläge zur weiteren Abwick-lung bzw. zu den Konditionen des Verkaufs sowie diegesetzlichen Schutzrechte der Mieter wahren die In-teressen der Wohnungsinhaber weitestgehend. Einweiteres Entgegenkommen wäre einer wirtschaftli-chen Verwertung der Gebäude bzw. der Erzielung ei-nes angemessenen Erlöses abträglich.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Brinkmann

9. Petition 11/4808 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Die Petentin begehrt die Erteilung einer Aufenthalt-serlaubnis, im Rahmen der Familienzusammen-führung.

Bei der Petentin handelt es sich um eine 15 Jahre altetürkische Staatsangehörige. Die Petentin schloß am25. Juli 1994 in der Türkei die Ehe mit einem 1974geborenen ehemals türkischen, jetzt deutschen Staats-angehörigen.

Die Petentin reiste nach der Eheschließung ohne imBesitz eines Einreisevisums zu sein in die Bundesre-publik Deutschland ein, um sich hier auf Dauer beiihrem Ehemann aufzuhalten. Sie beantragte die Ertei-lung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennach-zug.

Die Petentin ist gem. § 3 Abs. 3 Satz 1 AuslG ver-pflichtet, die Aufenthaltsgenehmigung vor der Einrei-se in der Form des Sichtvermerks (Visum) einzuho-len; sie erfüllt keinen Ausnahmetatbestand der nach§ 3 Abs. 3 Satz 2 AuslG erlassenen Verordnung zurDurchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG).

Als türkische Staatsangehörige ist sie nach § 1 Abs. 1DVAuslG uneingeschränkt visumspflichtig. Sie kanndie Aufenthaltsgenehmigung auch nicht gem. § 9Abs. 2 DVAuslG nach der Einreise einholen, weil sienach unerlaubter Einreise im Sinne des § 58 Abs. 1Nr. 1 AuslG sich nicht regelmäßig oder nach § 69Abs. 2 Nr. 1 AuslG geduldet im Bundesgebiet aufhältund zudem die Eheschließung vor der Einreise in dasBundesgebiet erfolgt ist.

Zwar besitzt die Petentin aufgrund der Eheschließungmit einem deutschen Staatsangehörigen einen Rechts-anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

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nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG. Da jedoch kein Ausnah-metatbestand des § 9 AuslG vorliegt, muß siezunächst ausreisen und ein Visum bei der deutschenAuslandsvertretung beantragen (§ 8 AuslG). Diedurch diesen gesetzlichen Versagungsgrund gesicher-ten Vorschriften über die Visumspflicht sind nicht le-diglich Ordnungsvorschriften. Die Erfüllung der Vi-sumspflicht ist vielmehr Grundbedingung der recht-mäßigen Einreise und jedes rechtmäßigen Aufenthaltsim Bundesgebiet. Die Pflicht zur Einholung der Auf-enthaltsgenehmigung vor der Einreise schützt das be-deutsame öffentliche Interesse, über ein Aufenthalts-begehren entscheiden zu können, solange sich derAusländer noch im Ausland aufhält.

Während des Petitionsverfahrens hat der Berichter-statter des Petitionsausschusses mit dem Ehemann derPetentin vereinbart, daß er bzw. sein Vater möglichstbald mit der Petentin in die Türkei fährt; um dort daserforderliche Visum einzuholen. Dieses wurde da-durch erleichtert, daß die zuständige Ausländerbehör-de ihre Vorabzustimmung erteilt hat. Dieses Verfah-ren wurde zwischenzeitlich durchgeführt, so daß demAnliegen der Petentin Rechnung getragen wurde.

Beschlußempfehlung

Die Petition wird für erledigt erklärt.

Berichterstatter: Brinkmann

10. Petition 11/4826 betr. Strafvollzug

Der 36jährige Petent verbüßt in der Justizvollzugsan-stalt eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unddrei Monaten wegen Diebstahls, Betrugs u. a. sowieeine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahrenund drei Monaten wegen Betrugs und gewerbsmäßi-ger Hehlerei. Das Strafende ist auf den 30. August1996 notiert.

In seiner Eingabe trägt der Petent im wesentlichenfolgendes vor.

1. Die Justizvollzugsanstalt habe zu Unrecht seinSchreiben an die in Frankreich wohnhafte Frau T.angehalten.

2. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen seinicht gerechtfertigt.

3. Er erhalte keine Vollzugslockerungen.

4. Ein Bediensteter habe die Kuchenausgabe am 20.April 1994 damit begründet, daß dies zu �Ehrendes Führergeburtstages� geschehe.

Hierzu wird wie folgt Stellung genommen:

Dieses Vorbringen wurde vom Justizministerium aufBeschwerden des Petenten bereits im Rahmen einesVerwaltungsverfahrens überprüft. Die Beschwerdenwurden mit Bescheid vom 20. Dezember 1994 als un-begründet zurückgewiesen.

Zu 1.:

Gemäß § 31 Abs. 1 StVollzG kann der AnstaltsleiterSchreiben anhalten,

1. wenn das Ziel des Vollzuges, oder die Sicherheitoder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,

2. wenn die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts ei-nen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichenwürde.

Das an Frau T. gerichtete Schreiben wurde danach zuRecht angehalten, da der Petent Frau T. hierin bittet,ein massive Drohungen beinhaltendes Begleitschrei-ben an den ebenfalls in Frankreich wohnhaften HerrnC. weiterzuleiten.

Bei ihre Anhalteverfügung hat die Justizvollzugsan-stalt zu Recht berücksichtigt, daß der Petent ausweis-lich der Feststellungen im Urteil des Amtsgerichtsvom 4. Oktober 1990 bereits seit längerem enge Kon-takte zur organisierten Kriminalität im In- und Aus-land hat. Die Staatsanwaltschaft hat im übrigen in die-sem Zusammenhang gegen den Petenten ein Ermitt-lungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohungeingeleitet.

Die Anhalteverfügung wurde alsbald nach Abklärungdes entscheidungserheblichen Sachverhalts verfaßtund dem Petenten noch am selben Tag eröffnet. Daßdie Justizvollzugsanstalt dem Petenten keine Rechts-behelfsbelehrung erteilt hat, ist nicht zu beanstanden,zumal die Gefangenen in der Hausordnung umfassendüber die jeweils in Betracht kommenden Rechtsbehel-fe informiert werden.

Zu 2.:

Angesichts der Flucht des Petenten aus der Außen-stelle der Justizvollzugsanstalt am 8. Dezember 1990� der Petent konnte erst am 2. April 1993 in derSchweiz festgenommen werden �, seiner Kontaktezur organisierten Kriminalität im In- und Ausland so-wie des am 19. Oktober 1994 angehaltenen Drohbrie-fes befürchtet die Justizvollzugsanstalt zu Recht, daßder Petent jede Gelegenheit nützen wird, sich erneutdem Vollzug der Freiheitsstrafe zu entziehen undunüberwachte Außenkontakte zur Begehung vonStraftaten zu mißbrauchen. Die optische und akusti-sche Besuchsüberwachung, die genaue Überwachungdes Schriftwechsels sowie die Beschränkung desFernsprechverkehrs auf Telefonate mit dem Verteidi-ger sind daher nicht zu beanstanden.

Daß die Sicherungsmaßnahmen erst am 4. November1994 verschärft wurden, beruhte auf organisatori-schen Problemen infolge der urlaubsbedingten Abwe-senheit des zuständigen Sicherheitsbeauftragten.

Zu 3.:

Vollzugslockerungen dürfen nach dem Strafvollzugs-gesetz ausnahmslos nur dann angeordnet werden,wenn nicht zu befürchten ist, daß der Gefangene sichdem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder dieLockerungen des Vollzuges zu Straftaten mißbrau-chen werde. Wie bereits ausgeführt besteht beim Pe-

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tenten jedoch erhebliche Flucht- und Mißbrauchsge-fahr.

Zu 4.:

Die Behauptung des Petenten, ein Bediensteter habedie Kuchenausgabe am 20. April 1994 damit begrün-det, daß dies zu �Ehren des Führergeburtstages� ge-schehe, ist unzutreffend. Nach dem Ergebnis derdurchgeführten Ermittlungen hat vielmehr ein als Es-sensholer eingesetzter Mitgefangener zusätzlich zurAnstaltsverpflegung eigenen Kuchen ausgegeben undsein Tun mit nazistischen Sprüchen begründet. DerMitgefangene wurde angesichts seines Verhaltensvom Vertrauensposten eines Essensholers abgelöst.

Die Ermittlungen ergaben des weiteren keinerlei Hin-weise darauf, daß Gefangene in der Anstalt mit nazi-stischen Parolen und Emblemen versehene T-Shirtstragen. Derart beschriftete oder bemalte Kleidungs-stücke würden im übrigen zur Gewährleistung der Si-cherheit und Ordnung der Anstalt sichergestellt und inrelevanten Fällen den Ermittlungsbehörden überge-ben.

In einer weiteren Eingabe trägt der Petent im wesent-lichen vor:

1. Die Besuchsdauer in der Justizvollzugsanstalt be-trage für ihn nur 45 Minuten.

2. Ein früherer Kollege sei nicht als sein ehrenamtli-cher Betreuer zugelassen worden.

3. Bedienstete der Justizvollzugsanstalt hätten Mitge-fangene gegen ihn aufgehetzt.

Zu der Behauptung des Petenten, auf Empfehlung sei-nes Meisters habe eine Zugangskonferenz stattgefun-den, die sich laut einem ihm eröffneten Lockerungs-plan für sofortige Lockerungen ausgesprochen und ei-nen 2/3 Entlassungstermin ins Auge gefaßt habe, wur-de folgendes festgestellt:

Der Petent wurde inzwischen aufgrund des Beschlus-ses der Strafvollstreckungskammer des Landgerichtsvom 17. Januar 1995 am 27. Februar 1995 bedingt ausder Strafhaft entlassen. Sowohl die Justizvollzugsan-stalt als auch die Staatsanwaltschaft waren in ihrenStellungnahmen einer bedingten Entlassung entge-gengetreten.

Die Teilnehmer der Zugangskonferenz am 14. De-zember 1993 hatten dem Leiter der Justizvollzugsan-stalt vorgeschlagen, eine Lockerungskonferenz durch-zuführen, sobald eine Ausfertigung des Urteils und ei-ne endgültige Strafzeitberechnung vorliegt. Ange-sichts der Flucht des Petenten im Dezember 1990 so-wie seiner dem Bereich der organisierten Kriminalitätzuzurechnenden Straftaten erachtete der Leiter der Ju-stizvollzugsanstalt die Gewährung alsbaldiger Voll-zugslockerungen ohne vorherige Abklärung des vor-aussichtlichen Entlassungszeitpunktes mit der Straf-vollstreckungskammer des Landgerichts und derStaatsanwaltschaft jedoch als nicht vertretbar. MitSchreiben vom 27. Juli 1994 teilte die Strafvoll-streckungskammer der Anstalt mit, daß gegen eineEntlassung zum Zweidrittelzeitpunkt (= 17. Februar

1995) derzeit durchgreifende Bedenken bestünden.Nach vorläufiger Einschätzung komme eine Entlas-sung frühestens Ende 1995 in Betracht. Am 15. Au-gust 1994 teilte sodann auch die Staatsanwaltschaftmit, daß sie nach derzeitigem Kenntnisstand einervorzeitigen bedingten Entlassung entgegentretenwird.

Da der Petent seine aus Sicht des Leiters der Justiz-vollzugsanstalt bewußt unwahren und böswilligen Be-hauptungen gegen den zuständigen Bediensteten inmehreren Eingaben gegenüber dem Petitionsausschußaufrecht erhielt, hat der Leiter der Justizvollzugsan-stalt inzwischen gegen den Petenten bei der Staatsan-waltschaft F. Strafanzeige wegen des Verdachts derVerleumdung erstattet und Strafantrag gestellt. DerLeiter der Vollzugsanstalt sah sich außerstande, derBitte des Berichterstatters des Petitionsausschusses zufolgen und die Strafanzeige zurückzunehmen. Er be-ruft sich darauf, daß der Petent seine aus Sicht desLeiters der Vollzugsanstalt bewußt unwahren Be-hauptungen unter anderem auch gegenüber zahlrei-chen Behörden sowie der örtlichen Presse aufgestellthabe.

Nichts desto trotz schließt der Petitionsausschuß sichder Bitte des Berichterstatters an, der Leiter der Voll-zugsanstalt möge die Strafanzeige zurückziehen. DieEingaben des Petenten enthalten naturgemäß subjek-tiv bestimmte Darstellungen, die sich vom objektivenSachverhalt unterscheiden können. Dieses ist nichtungewöhnlich und in der Regel nicht so schwerwie-gend, daß sie in der Abwägung zwischen dem Grund-recht der Petitionsfreiheit und dem Persönlichkeits-recht des Anstaltsleiters eine Strafanzeige rechtferti-gen würden.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Brinkmann

11. Petition 11/4691 betr. Hochwasserschutz

Der Petent begehrt die Beseitigung von künstlichenund natürlichen Anlandungen im Bereich der K.-Brücke in H.-K. Die daraus resultierenden Abflußver-engungen seien so gewaltig, daß sich bei Hochwasserein Rückstau bilde, der sich bis in die Wohnhäuserund Mühlengebäude seines handwerklichen Mühlen-betriebes auswirke und Schaden bereite. Der Petentmacht in der Petition über Schadensumfang oder dasSchadensausmaß keine konkreten Aufgaben.

Träger der Unterhaltungslast am Gewässer 1. Ord-nung ist nach § 49 Abs. 1 Wassergesetz das Land. DerUmfang der Gewässerunterhaltung ist in § 47 WG ge-regelt. Zur Unterhaltung gehören auch, soweit dasWohl der Allgemeinheit dies erfordert, die Reinigungund die Erhaltung des Gewässerbettes, die Sicherungder Ufer, der Vorländer und der Leitdämme sowie dieBeseitigung von Störungen des Wasserablaufs. Beider Gewässerunterhaltung handelt es sich um eine ho-

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heitliche Aufgabe des Landes. Ein RechtsanspruchDritter gegenüber den Trägern der Unterhaltungslastist nicht gegeben (§ 46 Abs. 1 WG). Die Gewässerun-terhaltung am K. im Bereich des Mühlenbetriebs desPetenten und im Bereich der Brücke wird vor Ort vomAmt für Wasserwirtschaft und Bodenschutz (WBA)wahrgenommen.

Der Petent hat sich mit Schreiben vom 28. Februar1994 an das Landratsamt gewandt und mitgeteilt, daßdie Hochwasserkatastrophe vom Dezember 1993 er-hebliche Schäden an seinen Gebäuden verursacht ha-be.

Als Ursache hierfür werden verschiedene Baumaß-nahmen im Bereich der Brücke benannt, die trotz ih-rer Einsprüche, in den letzten 50 Jahren durch dasStraßenbauamt und das Amt für Wasserwirtschaft undBodenschutz durchgeführt wurden.

Am 18. Januar 1994, also unmittelbar nach demHochwasserereignis vom Dezember 1993, fand zurBesprechung des Sachverhaltes ein Ortstermin mitden Herren J., dem Straßenbauamt und dem WBAstatt. Die Herren J. brachten dort folgende von Ihnenvermutete Ursachen für den Hochwasserrückstau unddie Schadensfolge vor:

1. Die Straße, über die der Fluß bei Hochwasser entla-stet, läge ca. 1 m höher als 1945.

2. Die Abwasserleitung des Regenüberlaufs inFließrichtung unterhalb der Brücke läge quer zumTal und verringere, da sie zusätzlich auch nochübererdet würde, den Hochwasserabflußquerschnittim Tal.

3. Unterhalb des in Fließrichtung rechten Brückenbo-gens lägen im � vor dem Krieg offenen � Abfluß-querschnitt noch Brückentrümmer von 1945.

Das WBA widersprach den Behauptungen der HerrenJ. Zu einem schädlichen Rückstau infolge der von denHerren J. angeführten Punkte ist es nicht gekommen.Die Höhen der Geschwemmsellinie des Hochwassersam 21. Dezember 1993 wurden am 10. Januar 1994vom WBA aufgenommen. Der durch die Brücke be-wirkte Rückstau betrug nur 15 cm (Höhepunkte inFließrichtung rechts unterhalb und rechts oberhalb desBrückenwiderlagers). Der durch die Mühlengebäudeund -anlagen selbst erzeugte Rückstau betrug nachden Messungen des WBA hingegen 74 cm (Höhe-punkte am Haus Nr. 17, N.-Straße, in Fließrichtungrechts oberhalb der Hofeinfahrt und Höhepunkt amBahndamm beim Weg Fls. Nr. 271 bzw. Hecke amSpielplatz).

Diese Messungen wurden am 20. Januar 1994 im Bei-sein der Herren J. vom WBA nochmals wiederholt.Der gemessene Höhenunterschied wurde in derGrößenordnung so bestätigt.

Zusammenfassend konnte festgehalten werden, daßdie Differenz der maximalen Wasserspiegellage am21. Dezember 1993 in Fließrichtung vor und hinterder Brücke 15 cm betrug. Die Differenz der maxima-len Wasserspiegellage in Fließrichtung vor und hinterden Mühlengebäuden betrug mindestens 44 cm und

höchstens 74 cm. Die Hauptursache für den schädli-chen Rückstau liegt danach an den Mühlengebäudenund -anlagen selbst sowie den dortigen Auffüllungen.Eine eindeutige Klarheit über die Ursachen könntenur durch eine Wasserspiegellagenberechnung einesGutachters erreicht werden.

Das Straßenbauamt teilte mit, daß seit 1947 Aufzeich-nungen über Straßenbaumaßnahmen an der Landes-straße zwischen der Brücke und dem Ortseingang vonK. vorliegen. Bis zum Wiederaufbau der kriegszer-störten Brücke im Jahre 1958 wurden ausschließlichStraßeninstandsetzungsmaßnahmen durchgeführt, dienur geringfügige höhenmäßige Auswirkungen (Grö-ßenordnung 1 cm) hatten. Der Wiederaufbau derBrücke selbst berücksichtigt den alten Brückenent-wurf und zog keine Veränderungen nach sich.

Mitte der 70er Jahre wurde am nördlichen Brücken-kopf der bestehende Feldweganschluß umgebaut undeine Straßenverbindung zwischen K. und G. geschaf-fen. Pläne hierzu liegen dem Straßenbauamt nicht vor.

In der Ortsdurchfahrt K. wurde in den Jahren1978/1979 ein Vollausbau der Landesstraße durchge-führt, Baubeginn war ca. 100 m vor dem jetzigen Ort-seingang. Bei diesem Straßenausbau wurde die Fahr-bahn (in Straßenmitte) im Bereich der Zufahrt zuMühle und den ersten Gebäuden der neuen S.-straße(Gebäude 16 und 17) zwischen 9 und 17 cm angeho-ben. Seit diesem Ausbau wurden keine weiteren Un-terhaltungsmaßnahmen an der Landesstraße vorge-nommen.

Die Straßenbauverwaltung ist der Auffassung, daßkeine der vorgenannten an der Landesstraße durchge-führten Maßnahmen zur Verschärfung der Hochwas-sersituation bei der Mühle beigetragen hat. Auch eineweitere Instandsetzungsmaßnahme an der Brücke imJahre 1986 hatte keine Auswirkungen auf den Hoch-wasserabfluß. Es wurde ausschließlich die Fahrbahnim Brückenbereich verstärkt.

Diese Auffassung wurde den Herren J. vom Landrat-samt mit Schreiben, vom 8. August 1994 auch mitdem Hinweis mitgeteilt, daß sie dem Landratsamt bis25. August 1994 mitteilen sollten, ob sie einen rechts-mittelfähigen Bescheid wünschen. Nachdem hierzubeim Landratsamt keine Mitteilung mehr einging,wurde mit Schreiben des Landratsamtes vom 4. No-vember 1994 dem Petenten mitgeteilt, daß das Land-ratsamt von der Erledigung der Angelegenheit aus-geht.

Auf ein Schreiben des Petenten an das Regierungsprä-sidium vom 23. August 1994 wurde ihm von dort am6. Oktober 1994 mitgeteilt, daß das Landratsamt nachweiterer Überprüfung auf Bitte des Regierungspräsi-dium festgestellt habe, daß der Fluß ordnungsgemäßunterhalten wird. Dieses Ergebnis sei ihm auch mitSchreiben vom 8. August 1994 mitgeteilt und begrün-det worden. Es steht ihm frei, das Landratsamt um ei-ne förmliche, rechtsmittelfähige Entscheidung zu bit-ten, gegen die Widerspruch eingelegt bzw. Klage er-hoben werden könne. Das Anliegen des Petenten wür-de dann durch das Regierungspräsidium als Wider-spruchsbehörde bzw. durch das Verwaltungsgericht

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überprüft. Dem Anliegen des Petenten würde somitangemessen Rechnung getragen.

Auf nochmalige Anfrage des Berichterstatters teiltedas Umweltministerium mit, daß eine Grundbereini-gung der Abfluß- und Rückstaupolitik im Bereich derBrücke bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen nurmit einer Wasserspiegellagenberechnung auf Basis ei-nes physikalischen Gewässermodells von einem Was-serbau-Institut zu ermitteln ist. Die Kosten hierfürsind mit ca. 200 000,� DM anzusetzen (ohne Umset-zung der Maßnahmen).

Der Petent hat sich zwischenzeitlich bereit erklärt, inunmittelbarer Nähe der Brücke ein Grundstück für dieUnterbringung des anfallenden Aushubs der Anlan-dungen zur Verfügung zu stellen. Darauf hat sich dasLand als Träger der Unterhaltungslast bereit erklärt,im Rahmen der Gewässerunterhaltung die Anlandun-gen im Bereich der Brücke zu entfernen und dort zulagern. Die Kosten hierfür wurden auf ca.30 000,� DM geschätzt. Mit der Beseitigung der An-landungen wurde bereits begonnen.

Nach telefonischer Rücksprache des Umweltministe-riums beim Petenten im Juni 1996 und der Gewässer-direktion werden auch die noch erforderlichen Maß-nahmen in gegenseitigem Einvernehmen durchge-führt.

Nach Abschluß dieser Maßnahmen ist der Petition ab-geholfen.

Beschlußempfehlung:

Die Petition wird für erledigt erklärt.

Berichterstatter: Drautz

12. Petition 11/3039 betr. Stundung von Abwasser-beiträgen

I.

Der Petent, der Ortsverband einer politischen Partei,wendet sich im Namen und im Auftrag von Bürgerndes 0rtsteiles L. gegen die Veranlagung zu Kanal-beiträgen durch die Gemeinde S. Er begehrt, nachdem Inkrafttreten des KAG-Änderundsgesetzes vom15. Dezember 1986 die Beiträge für landwirtschaft-lich genutzte Grundstücke nachträglich zu stunden.

II.

In den Jahren 1982/1983 wurde vom Land die Orts-durchfahrt in L. ausgebaut. Anläßlich der Baumaß-nahmen wurde von der Gemeinde S. im Zuge derOrtsdurchfahrt L. die Abwasserkanalisation verlegt.Nach Fertigstellung der Kanalisationsarbeiten bestandfür etwa 45 Grundstücke die Möglichkeit, an die öf-fentliche Entwässerungseinrichtung der Gemeinde an-geschlossen zu werden. Von den Eigentümern dieserGrundstücke erhob die Gemeinde S. im November1984 die satzungsmäßigen Abwasserbeiträge. Bei ei-nigen großflächigen Grundstücken, die zum Teil mit

landwirtschaftlichen Gebäuden bebaut sind, erreich-ten die Beiträge eine Größenordnung von 20 000,� bis30 000,� DM.

Die Bescheide vom November 1984 wurden bis aufeinen Fall bestandskräftig. Lediglich in drei Einzelfäl-len wurden an die Gemeinde Stundungsgesuche ge-richtet, wobei in einem Fall der Stundung entspre-chend den Vorschriften der Abgabenordnung stattge-geben werden konnte. Nach dem Inkrafttreten desKAG-Änderungsgesetzes 1986, mit dem die Stun-dungsverpflichtung für landwirtschaftlich genutzteGrundstücke nach § 10 Abs. 10 Kommunalabgaben-gesetz (KAG) auch auf bebaute oder tatsächlich ange-schlossene Grundstücke und Grundstücksteilflächenerstreckt wurde, beantragten Grundstückseigentümerdie nachträgliche Stundung der Kanalbeiträge nach§ 10 Abs. 10 KAG.

Die Gemeinde S. sah sich durch die Übergangsrege-lung des KAG-Änderungsgesetzes 1986 sowie derRechtsaufsicht daran gehindert, den Anträgen stattzu-geben. Die Gemeinde S. daran interessiert, die Beiträ-ge nach § 10 Abs. 10 KAG nachträglich stunden zukönnen, um die Grundstückseigentümer an der Orts-durchfahrt L. nicht schlechter als diejenigen zu stel-len, die erst nach dem weiteren Ausbau des Kanalisa-tionsnetzes zu Beiträgen herangezogen werden. ImOrtsteil L. müssen noch 40 % der Grundstücke an dieKanalisation angeschlossen werden. In weiteren achtOrtsteilen müssen von der Gemeinde S. die Abwas-serkanäle noch verlegt werden. Um eine Gleichbe-handlung der Beitragspflichtigen bei der Stundung derAbwasserbeiträge zu erreichen, war die Gemeinde be-reit, nachträglich die Beiträge für die bereits ange-schlossenen Grundstücke in einer Größenordnung vonetwa 100 000,� DM zu stunden.

Das Landratsamt sah sich als zuständige Rechtsauf-sichtsbehörde nicht in der Lage, die nachträglicheStundung der Beiträge durch die Gemeinde S. zudulden, weil zu befürchten ist, daß damit ein Beru-fungsfall für ungesetzliche Erstattungen geschaffenwird, und die Finanzkraft der Kommune es nichtzuläßt, auf Einnahmen in einer Größenordnung von100 000,� DM zu verzichten.

Die Gemeinde S. besteht aus 10 Ortsteilen. Von dennach der Gemeindereform eingegliederten 9 Ortstei-len war lediglich in einem Ortsteil ein VollständigesAbwassersystem vorhanden. Die noch ausstehendenInvestitionen im Wasserbereich und für die Wasser-versorgung stellen die Gemeinde S. vor erhebliche Fi-nanzierungsprobleme. Mit ihren ca. 4 900 Einwoh-nern zählt die Gemeinde S. zu den finanzschwächerenGemeinden im Lande. Die Steuerkraftsumme der Ge-meinde lag in den vorangegangenen Jahren immer un-ter dem Landesdurchschnitt, im Jahre 1989 erreichtedie Steuerkraftsumme mit 1 115,� DM/Einwohnererstmals � in der vergleichbaren Größenklasse � denLandesdurchschnitt. Der Schuldenstand konnte mitca. 1 110,� DM/Einwohner in den vorangegangenJahren nur dadurch konstant gehalten werden, daß dasLand den Ausbau der Entwässerungseinrichtung inden Ortsteilen nach den Förderrichtlinien Wasserwirt-schaft und zusätzlich aus dem Ausgleichstock bezu-

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schußte. Aus dem Ausgleichstock erhielt die Gemein-de in den Jahren 1985 � 1989 im Durchschnitt mehrals 500 000,� DM jährlich.

III.

Die Entwässerungsbeitragsbescheide vom 28. No-vember 1984 finden ihre Rechtsgrundlage in § 10KAG sowie in der Satzung der Gemeinde S. über dieöffentliche Abwasserbeseitigung vom 25. Januar1983. Nach dieser Satzung ist die Gemeinde S. be-rechtigt und verpflichtet, von Grundstückseigentü-mern Beiträge zu erheben, denen durch die Möglich-keit des Anschlusses ihrer Grundstücke an die öffent-liche Abwasserkanalisation nicht nur vorübergehendeVorteile geboten werden. Nach § 10 Abs. 6 KAG ent-steht die Beitragsschuld in dem Zeitpunkt, in dem dasGrundstück an die Einrichtung oder an den nutzbarenTeil der Einrichtung angeschlossen werden kann. DieEntstehung der sachlichen Beitragspflicht für den Ka-nalanschluß setzt somit nicht voraus, daß das Abwas-serkanalisationsnetz in seiner Gesamtheit hergestelltoder daß das in den Haushalten anfallende Abwasserüber die Abwasserkanalisation einem Klärwerk zurReinigung zugeführt wird.

Bestandskräftige Abgabenbescheide können nach § 3Abs. 1 Nr. 4 c K.AG nur unter den Voraussetzungender §§ 172 ff. Abgabenordnung (AO) geändert wer-den. Nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a können Abgabenbe-scheide zugunsten der Abgabenpflichtigen aufgeho-ben oder geändert werden, wenn der Abgabenpflichti-ge vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zugestimmt odereinen entsprechenden Antrag gestellt hat. Da dieGrundstückseigentümer im Ortsteil L. Stundungsan-träge erst 2 Jahre nach Bestandskraft der Bescheidegestellt haben, kommt eine Änderung nach dieserVorschrift nicht in Betracht.

Nach § 175 Abs. 2 Nr. 2 AO kann ein Abgabenbe-scheid geändert werden, soweit ein Ereignis eintritt,das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheithat (rückwirkendes Ereignis). Die umstrittene Frage,ob eine Rechtsänderung ein Ereignis im Sinne dieserVorschrift sein kann, kann hier letztlich offenbleiben,da Art. 2 Abs. 4 des KAG-Änderungsgesetzes vom 15.Dezember 1986 eine rückwirkende Anwendung derStundungsregelung in den vorliegenen Beitragsver-fahren nicht zuläßt. Nach Art. 2 Abs. 4 ist § 10 Abs. 10(heute 11) KAG auch auf Beiträge anzuwenden, dievor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes entstan-den sind, wenn

1. der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder

2. er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheidoder die Entscheidung über einen Stundungsantragvor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nichtunanfechtbar geworden ist.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG-Ände-rungsgesetzes 1986 waren die Beitragsverfahren imOrtsteil L. bereits � bis auf ein Verfahren � bestands-kräftig abgeschlossen und die Beiträge von demGrundstückseigentümer entrichtet worden. Das Land-ratsamt hat deshalb mit Recht die Auffassung vertre-ten, daß die Übergangsvorschrift eine Regelung im

Sinne der von der Gemeinde S. erwünschten Gleich-behandlung nicht zuläßt: Jede Stichtagsregelung hatzwangsläufig zur Konsequenz, daß vergleichbareSachverhalte vor und nach dem Inkrafttreten einerRechtsänderung unterschiedlich behandelt werden.

Bei der Ausübung der Rechtsaufsicht hat das Landrat-samt dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abga-benerhebung das ihm zukommende Gewicht beige-messen. Wenn die Gemeinde eine gültige Beitragssat-zung erlassen hat, ist die zur Beitragserhebung nachMaßgabe dieser Satzung gesetzlich verpflichtet. Indiesem Falle schließen das Rechtstaatsprinzip (Art. 20Abs. 3 GG) und der Gleichheitssatz es aus, Beiträgeabweichend von gesetzlichen und satzungsrechtlichenRegelungen zu erheben, insbesondere Beitragsbefrei-ungen und -stundungen über den Rahmen der Gesetzehinaus zu gewähren (vgl. Bundesverwaltungsgericht,Urteil vom 21. Oktober 1983, KStZ 1984 112).

Der Petitionsausschuß des Landtags hatte in seinerSitzung am 10. März 1992 beschlossen, die Petitionder Regierung als Material zu überweisen und hat da-bei zum Ausdruck gebracht, daß eine Änderung dergesetzlichen Regelung im Sinne der Petenten herbei-geführt werden sollte, weil er eine Ungerechtigkeitdarin sehe, daß ein Teil der Bürger des Orteiles L. dieKanalbeiträge hätte bezahlen müssen, während einanderer Teil von der Stundungsmöglichkeit des neuenKAG Gebrauch machen könne.

Die seinerzeit anstehende KAG-Novelle brachte imErgebnis jedoch keine Abhilfe der Petition. Die Stun-dungsregelung des § 10 Abs. 11 (früher Abs. 10) KAGwurde nicht geändert.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung desKommunalabgabengesetzes vom 12. Februar 1996zum 1. März 1996 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg dem Petitionsausschuß abschließendmit, daß nach wie vor Art. 2 Abs. 4 des KAG Ände-rungsgesetzes vom 15. Dezember 1986 gilt der aus-drücklich eine rückwirkende Anwendung der Stun-dungsregelung in den vorliegenden Beitragsverfahrennicht zuläßt.

Die Regierung kommt zu dem Ergebnis, daß der Peti-tion im Wege der Rechtsaufsicht nicht abgeholfenwerden kann.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden

Berichterstatter: Döpper

13. Petition 11/3404 betr. Abwasserbeiträge

I.

,Der Petent wendet sich namens seiner Brüder gegendie � aus seiner Sicht � fehlerhafte Behandlung vonzwei Widersprüchen durch das Landratsamt W. Er be-gehrt, die Entscheidungen des Landratsamtes auf ihreRechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

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II.

Ein Bruder des Petenten ist Eigentümer des Grund-stücks Lgb.Nr. 150/3 der Gemarkung S.-G. Das zwei-geschossig bebaubare Grundstück umfaßt eine Flächevon 530 qm. Der andere Bruder des Petenten ist aufderselben Gemarkung Eigentümer des GrundstücksLgb. Nr. 150/1. Das ebenfalls zweigeschossig bebau-bare Grundstück mit einer Fläche von 902 qm wirdteilweise landwirtschaftlich genutzt.

Im Sommer 1988 begann die Stadt S. im Zuge desAusbaus der Kreisstraße im Ortsteil G. die Ortskana-lisation zu verlegen. Mit Bescheid vom 4. November1988 erhob die Stadt S. für das Grundstück Lgb.Nr.150/3 Vorauszahlungen auf den Kanalbeitrag inHöhe von 3 577,50 DM. Das Grundstück Lgb.Nr.150/11 wurde mit Bescheid vom gleichen Tage zuVorauszahlungen in Höhe von 6 088,50 DM heran-gezogen. Gegen die Bescheide vom 4. November1988 erhoben die Brüder jeweils mit Schreiben vom19. November 1988 Widerspruch. Der Eigentümerdes Flurstücks Nr. 150/1 beantragte gleichzeitig nach§ 10 Abs. 10 Kommunalabgabengesetz (KAG) fürdie landwirtschaftlich genutzte Fläche seines Grund-stücks die zinslose Stundung des Vorauszahlungsbe-trages. Mit Änderungsbescheid vom 29. November1988 stundete die Stadt S. einen Teilbetrag in Höhevon 2 300,56 DM zinslos. wobei ein auf die land-wirtschaftlich genutzte Fläche von 568,04 qm entfal-lender Teil des Vorauszahlungsbetrages in dem Ver-hältnis gestundet wurde, der dem Verhältnis desTeilaufwands für die Brauchwasserbeseitigung zudem Gesamtaufwand für die Grundstücksentwässe-rung entspricht.

Mit gleichlautenden Schreiben vom 22. Februar1989 wies das Landratsamt W. die Brüder daraufhin, daß es den Widersprüchen nicht abhelfen wer-de. Die Abwassersatzung der Stadt S. vom 9. De-zember 1985 weise weder formelle noch materielleRechtsfehler auf. Nachdem mit den Kanalbauarbei-ten im Bereich der Brücken- und Wutachstraße imSommer 1988 begonnen worden sei, könne dieStadt nach § 30 ihrer Satzung Vorauszahlungen aufdie Kanalbeiträge erheben. Das Landratsamt W. batdie Brüder, bis spätestens Ende März 1989 mitzutei-len, ob sie ihre Widersprüche aufrecht erhalten. Mitgleichlautenden Schreiben vom 18. März 1989 ba-ten die Brüder um Fristverlängerung, da sie zuerstnoch ein Gutachten des Rechtsanwaltes der Interes-sengemeinschaft für Grundstücksbeitragsrecht e.V.abwarten wollten. Das Landratsamt W. gewährtedarauf eine Fristverlängerung bis zum 15. Mai1989. Mit Schreiben vom 13. Mai 1989 nahmen dieBrüder ihre Widersprüche zurück wobei sie demLandratsamt die Gründe mitteilten, die nach Ansichtdes Anwaltes der Interessengemeinschaft gegen dieRechtmäßigkeit der Vorauszahlungsbescheide spra-chen.

Der Petent beanstandet, daß das Landratsamt die Wi-derspruchsgründe sachlich nicht geprüft habe. ImRahmen des Petitionsverfahrens hat die Stadt S. zuden einzelnen Gründen der Erklärung vom 13. Mai1989 wie folgt Stellung genommen:

Zu Ziffer 1:

Für die Beschlußfassung einer Abwassersatzung hat dieStadt S. im Vorfeld einem Ingenieurbüro den Auftragerteilt die für eine Globalberechnung notwendigen Be-standserhebungen und Kostenberechnungen zu bearbei-ten. Die Beschaffung der Auswertungen, die als Grund-lage zur Globalberechnung dienten, haben die Stadt S.rund 140000,� DM gekostet. Der Gemeinderat hat dieErarbeitung einer Globalberechnung u. a. auch deshalbeinem Ingenieurbüro übertragen, weil davon eine neu-trale Sachbezogenheit erwartet wurde. Eine Beeinflus-sung auf die Beitragshöhe ist in keiner Weise gesche-hen. Dazu bestand auch keine Veranlassung. Es gibtkaum ein Rechtsgebiet, in dem soviel Bewegung auftrittwie im Beitragsrecht. Um hier auf dem laufenden zubleiben hätte man in den letzten Jahren jährlich die Sat-zungen zweimal ändern können. Die ab 1. Januar 1983rechtsgültige Abwassersatzung wurde mit Gemeinde-ratsbeschluß vom 9. Dezember 1985 den geändertenRechtsverhältnissen angepaßt. Zwischenzeitlich sindseitens der Verwaltungsgerichte in bezug auf denStraßenentwässerungsanteil neue Erkenntnisse und Ur-teile in die Rechtsmaterie eingeflossen. Rechtsanwältehaben oft ein leichtes Spiel hier einzuhaken und ihrenMandanten einen erfolgversprechenden Verlauf derKlage vorauszusagen. Die Stadt hat auf Grund der neu-en Rechtserkenntnisse gerade in bezug auf den Straßen-entwässerungsanteil eine Überarbeitung der Globalbe-rechnung vornehmen lassen, Laut Gemeinderatsbe-schluß vom 6. März 1989 wird der Straßenentwässe-rungsanteil nach dem Zweikanal-System ermittelt. AufGrund dieser Berechnung werden 24% der Kosten derStraßenentwässerung zugeordnet. Zusätzlich werden10% als Gemeindeanteil abgesetzt. Damit erhoffen wirdem derzeitigen Rechtsgefühl gerecht zu werden. Trotzdem höheren Anteil, der der Straßenentwässerung zuge-ordnet wird, liegen die neuen Beitragsbemessungsober-grenzen über den bisherigen Werten. Dies zeigt, daß diedamaligen geschätzten Werte nicht zuungunsten derBürger angesetzt worden waren. Zwischenzeitlich sindviele Investitionen getätigt worden und dabei haben sichdie tatsächlichen Kosten höher entwickelt. Um imRechtsverfahren sicher zu sein, beabsichtigen wir, dieneuen Berechnungen der WIBERA in Stuttgart zurÜberprüfung vorzulegen. Dennoch erhoffen wir, die Be-schlußfassung über die Abwassersatzung im Gemeinde-rat noch vor der Sommerpause durchziehen zu können.

Zu Ziffer 2:

Die beitragsfähigen Grundstücke sind entsprechendihrer Ausnutzbarkeit erfaßt und einzeln nachgewie-sen. Dabei sind sämtliche Grundstücke aufgenommenworden, die nach dem Flächennutzungsplan baulichgenutzt werden dürfen. Grundstücke, die nicht erfaßtsind, sind nach dem derzeitigen Kenntnisstand auchnicht baulich nutzbar. Als Rechnungsvergleich möch-ten wir anmerken, daß 1 000 qm Nutzfläche die Bei-tragsbelastung um 0,002,� DM beeinflussen.

Zu Ziffer 3:

Die ehemalige selbständige Gemeinde G. hat 1956mit dem Ausbau der Ortskanalisation begonnen. Da-

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mals war geplant, das gesamte Dorf zu kanalisieren.Von den Grundstückseigentümern entlang der Wutachist nach Auskunft des damaligen BürgermeistersHerrn M. eine Kanalverlegung nicht als notwendig er-achtet worden, weil jeder Bürger bereits eine eigeneEntsorgungsleitung zur Wutach verlegt hatte. Von derNotwendigkeit von Kläranlagen war damals nicht dieRede. Der ehemals selbständige Ortsteil G. hatte keineAbwassersatzung und somit keine Beiträge erhoben.Nach der Eingemeindung im Jahre 1973 ist auf G. dierechtsgültige Abwassersatzung der Stadt S. erstrecktworden. Beitragsnacherhebungen für die Leistungenaus dem Jahre 1956 sind nicht erfolgt. Andererseitshätte dies aber auch auf Grund der Eingliederungsver-einbarungen massive Widerstände gegeben. Von die-sem Verhalten kann kein Recht abgeleitet werden, daßfür Anschlußmöglichkeiten, die die Stadt S. schafft,weiterhin keine Beiträge mehr erhoben werden dür-fen. In der Wutachstraße ist im Jahre 1988 erstmalsein öffentlicher Kanal gebaut worden. Den Grund-stückseigentümern ist somit die Anschlußmöglichkeit(vorläufig nur für vorgeklärtes Abwasser) gegeben.Deshalb ist auch die Beitragspflicht für den Ortskanalentstanden. Sobald die Verbindung des Hauptsamm-lers mit der Kläranlage S. erstellt ist, was im Jahre1990 noch verwirklicht wird, entsteht eine weitereBeitragspflicht für die Kläranlage und den Haupt-sammler. Den Beitragssachbearbeitern sind die ge-setzlichen Möglichkeiten über die Veranlagungen vonKanälen, bei denen bereits eine Anschlußmöglichkeitvorhanden ist bzw. von neu zu bauenden Kanälen, diebisherige Ortskanäle ersetzen, welche nicht der Ge-samtplanung entsprechen, durchaus bekannt. Der all-gemeinen Auffassung der Grundstücksanlieger in derWutachstraße, welche jetzt eine neue Anschlußmög-lichkeit erhalten haben, die Verwaltung solle den Auf-wand auf alle gleichmäßig verteilen und auch Bei-tragsbescheide gegenüber jenen Grundstückseigentü-mern erlassen, die ihre Anschlußmöglichkeit bereitsim Jahre 1956 erhalten haben, kann die Verwaltungleider nicht nachkommen. Es ist auch nicht von Be-deutung, ob Grundstückseigentümer in der St. Martin-straße vor ca. 3 Jahren ihre Grundstücke noch tatsäch-lich angeschlossen haben, um so der Beitragspflichtzu entgehen, weil hier die Anschlußmöglichkeit be-reits zu einem früheren Zeitpunkt gegeben war.

Zu Ziffer 4:

Die Anschlußsituation in der Herrenwiese ist derzeitwirklich noch unklar. Derzeit ist von den Grund-stückseigentümer ein eigenerstelltes Kanalnetz zurWutach verlegt worden. Dieses Kanalnetz ist zur ord-nungsgemäßen Entsorgung nicht geeignet. Über dieEntsorgungsleitung fließt gleichzeitig Quellwasserumfangreichen Ausmaßes ab. Den Abwasserkanälensind ordnungsgemäße Kleinkläranlagen vorgeschaltet.Die Stadt S. wird sicher dieses Problem ebenfalls inAngriff nehmen. Von der Verhältnismäßigkeit sindderzeit jedoch andere Baumaßnahmen dringlicher.Zudem muß mit der Bundesbahn wegen der Kreuzungder Bahnlinie noch ein Vertrag abgeschlossen wer-den. Abschließend möchten wir festhalten, daß dieBeitragssachbearbeiter bestrebt sind, die Rechte der

Beitragspflichtigen zu wahren. Andererseits werdenaus Unkenntnis der Betroffenen oft Forderungen ge-stellt, denen wir gerade aus Rechtsgründen nichtnachkommen können. Dies stößt bei den Bürgern oftauf großes Unverständnis. Ebenso ist zu berücksichti-gen, daß evtl. aufgetretene Mängel an der Satzung, dieinfolge der geänderten Rechtsprechung sichtbar wer-den, die Beitragspflicht nicht in Frage stellen. Dieskönnte allenfalls eine Hinauszögerung des Fälligkeits-datums bewirken. Dabei ist derzeit noch nicht klar, in-wieweit der Gemeinderat die Beiträge auf Grund derhöheren Beitragsbemessungsobergrenze erhöht. Da-durch könnte sich die Situation für die Betroffenennoch verschlechtern.�

III.

Zu der Beanstandung des Petenten, das LandratsamtW. habe sich mit den Widerspruchsbegründungen inden Schreiben vom 13. Mai 1989 sachlich nicht aus-einandergesetzt, ist vorab folgendes zu bemerken:

Nachdem die Eigentümer der Flurstücke Nr. 1501/1und 150/3 die Widersprüche mit Schreiben vom 13.Mai 1989 zurückgenommen hatten, bestand für dasLandratsamt W. keine Möglichkeit mehr, die Wider-sprüche zu bescheiden. Denn mit der Rücknahme desWiderspruchs wird das Verfahren abgeschlossen. Indiesem Falle besteht für die Widerspruchsbehördekeine Veranlassung, sich mit der Widerspruchsbe-gründung sachlich auseinanderzusetzen. Die Verfah-rensweise des Landratsamtes W. ist deshalb nicht zubeanstanden.

Dagegen kann der Auffassung des Landratsamtes W.,die Vorauszahlungsbescheide vom 4. November 1988seien rechtmäßig, nicht gefolgt werden. Die Voraus-zahlungsbescheide vom 4. November 1988 sindrechtswidrig, weil es ihnen an der erforderlichen sat-zungsrechtlichen Grundlage fehlt.

Die Stadt S. kann nach § 10 KAG i. V. m. ihrer Sat-zung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom25. Januar 1983 i. d. F. vom 9. Dezember 1985 Vor-auszahlungen auf die Beitragsschuld erheben. Nach§ 30 der Abwassersatzung erhebt die Gemeinde Vor-auszahlungen auf die Teilbeträge in Höhe von 90 v. H.der voraussichtlichen Beitragsschuld, sobald mit derHerstellung des Teils der öffentlichen Abwasseranla-gen begonnen wird.

Die Regelung des Kanalbeitragssatzes in § 28 der Ab-wassersatzung vom 9. Dezember 1985 ist ungültig.Nach der ständigen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Normenkontrollbeschluß vom 17. Juli1984, VBIBW 1985, 190) hat der Gemeinderat als zu-ständiges Beschlußorgan nach den §§ 2, 10 KAG denBeitragssatz in den Grenzen, die ihm durch das Vor-teilsprinzip, den Kostendeckungsgrundsatz und denGleichheitssatz gesetzt sind, nach pflichtgemäßen Er-messen festzusetzen. Dieses Ermessen bezieht sichinsbesondere auf die dem Beitragssatz zugrunde zulegenden Berechnungsfaktoren, nämlich die Herstel-lungskosten der öffentlichen Einrichtung einerseitsund � in eingeschränktem Umfang � die an die öffent-liche Einrichtung anzuschließenden Flächen anderer-

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seits. Ferner hat sich der Ortsgesetzgeber vor oder beider Beschlußfassung über den Beitragssatz im Wegeeiner Ermessensentscheidung darauf festzulegen, inwelchem Umfang die Herstellungskosten der öffentli-chen Einrichtung über das Beitragsaufkommen oderüber das Benutzungsgebührenaufkommen finanziertwerden sollen. Soweit die Herstellungskosten bei Er-gehen des Satzungsbeschlusses noch nicht endgültigfeststehen, hat sie der Gemeinderat zu schätzen. DieseSchätzung hat die Bedeutung einer Prognose, die ge-richtlich nur darauf überprüft werden kann, ob sie ineiner der jeweiligen Materie angemessenen und me-thodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist,ob sie also sachgerecht und vertretbar ist. Entspre-chendes gilt für die Überprüfung des in aller Regel imWege einer Schätzung von der Gemeinde zu ermit-telnden nicht beitragsfähigen Teilaufwands, der aufden Anschluß von öffentlichen Straßen, Wegen undPlätzen entfällt. Die genannten Ermessensentschei-dungen hat der Gemeinderat spätestens bei der Be-schlußfassung über den Beitragssatz in einer für dasGericht erkennbaren und nachprüfbaren Art und Wei-se zu treffen. Dies wird in aller Regel nur anhand ei-ner schon damals vorliegenden Globalberechnungoder vergleichbarer, die erforderlichen Ermessensent-scheidungen widerspiegelnder Berechnungen nachge-wiesen werden können. Erst auf der Grundlage dieserfehlerfrei zu treffenden Ermessensentscheidungen isteine Überprüfung des Beitragssatzes auf seine Verein-barkeit mit dem Kostendeckungsgrundsatz möglich.Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegen-den Fall ergibt, daß der in § 28 der Abwassersatzungfestgesetzte Teilbeitragssatz für den öffentlichen Ab-wasserkanal ungültig ist, da eine an den jeweiligenAbflußmengen orientierte Schätzung der Straßenent-wässerungskosten nicht sachgerecht und vertretbarist, bundesrechtlich vielmehr eine kostenorientierteBerechnungsmethode geboten ist (BVerwG, Urteilvom 27. Juni 1985, DVBl. 1985, 1178).

Die Stadt S. hat den Straßenentwässerungskostenan-teil zwischenzeitlich nach einer kostenorientierten Be-rechnungsmethode ermittelt, wobei sich der Anteilvon den geschätzten 10 v. H. auf 24 v. H. der Herstel-lungskosten � abzüglich der Zuschüsse und Zuwei-sungen Dritter � erhöht hat.

Der teilweise in Literatur und Rechtsprechung vertre-tenen Auffassung, der sich das Landratsamt W. er-sichtlich angeschlossen hat, daß auch im Falle derUngültigkeit des in der Abwassersatzung festgelegtenBeitragssatzes die Satzung eine noch ausreichendeRechtsgrundlage für die angegriffenen Vorauszah-lungsbescheide bilde, wenn in dem Zeitpunkt, in demerstmals eine Anschlußmöglichkeit entsteht, eine gül-tige satzungsrechtliche Regelung des Beitragssatzesvorliegt, ist die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg nicht gefolgt. Die Erhebung von Vor-auszahlungen auf den endgültigen Beitrag setze nach§ 2 KAG eine gültige Beitragssatzung, insbesondereeinen gültigen Verteilungsmaßstab und einen gültigenBeitragssatz voraus (VGH Baden-Württemberg, Ur-teil vom 10. Februar 1983, VBIBW 1983, 408). Die in§ 30 der Abwassersatzung auf 90 v. H. der voraus-sichtlichen Beitragsschuld festgelegte Obergrenze der

Vorauszahlung läßt sich ohne einen gültigen Beitrags-satz auch nicht bestimmen. Die Vorauszahlungsbe-scheide vom 4. November 1988 sind deshalb rechts-widrig. Nach Rücknahme der Widersprüche sind dieBescheide aber in Bestandskraft erwachsen.

IV.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichts und des VGH Baden-Württemberg zumBeitragsrecht kann das Inkrafttreten einer Satzungauch ohne Rückwirkungsanordnung bewirken, daßein vorher erlassener, mangels Entstehens der sachli-chen Beitragspflicht zunächst rechtswidriger Bei-tragsbescheid rechtmäßig wird und deshalb im ver-waltungsgerichtlichen Verfahren nicht der Aufhebungunterliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7.Mai 1985, VBlBW 1985,428).

Die Stadt S. hat auf der Grundlage einer neuen Glo-balberechnung zwischenzeitlich die Änderung derSatzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung be-schlossen. Die gegen die Rechtsgültigkeit der Ab-wassersatzung bestehenden Bedenken werden durchdie Satzungsänderung ausgeräumt.

Der Petitionsausschuß des Landtags hatte in seinerSitzung am 10. März 1992 beschlossen, die Petitionder Regierung als Material zu überweisen. Die seiner-zeit anstehende KAG-Novelle brachte im Ergebnis je-doch keine Abhilfe der Petition.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung desKommunalabgabengesetzes vom 12. Februar 1996zum 1. März 1996 teilte das Innenministerium Baden-Württemberg dem Petitionsausschuß ergänzend mitdaß durch eine Änderung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchst.c KAG klargestellt wurde, daß im Falle der Ungültig-keit einer Satzung die Festsetzungsfrist nicht vor Ab-lauf eines Jahres nach Bekanntmachung der neuenSatzung endet. Dies bedeutet, daß mit dem rückwir-kenden Inkrafttreten einer Satzung die Festsetzungs-verjährungsfrist nicht rückwirkend zum Ablauf ge-bracht wird, so daß Gebührenansprüche innerhalb ei-nes Jahres nach Bekanntmachung der neuen Satzungnoch geltend gemacht werden können. Die rechtswid-rigen Vorauszahlungsbescheide vom 4. November1988 können somit durch die Änderungssatzung, dieauf der Grundlage. einer neuen Globalberechnung er-lassen wurde, nachträglich geheilt werden.

Dem Begehren des Petenten auf Auhebung der be-standskräftigen Vorauszahlungsbescheide kann somitauch nach Änderung des KAG nicht entsprochen wer-den.

Nachdem das Landratsamt W. sich jedoch bereit er-klärt hatte, die Widerspruchsgebühren auf Antragzurückzuerstatten, konnte der Petition teilweise abge-holfen werden.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann über die Erstattung derWiderspruchsgebühren hinaus nicht abge-holfen werden.

Berichterstatter: Döpper

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14. Petition 11/5652 betr. Aufenthaltsgenehmigungu. a.

Mit der Petition, die durch zahlreiche Schriftsätze er-gänzt wurde, werden mehrere Anträge gestellt, dieauch Gegenstand zahlreicher Verwaltungs- und Ge-richtsverfahren sind. Im Ergebnis geht es dem Petiti-onsverfasser darum, für sich und seine in der Türkeilebende Ehefrau samt dem dort geborenen gemeinsa-men Kind ein unbefristetes Daueraufenthaltsrecht inder Bundesrepublik Deutschland zu erhalten. Die Pe-tenten sind türkische Staatsangehörige.

1. Petentin

Die 1973 geborene Petentin begehrt die Erteilung ei-ner Aufenthaltsgenehmigung in der Form des Visumszum Zwecke des Familiennachzugs. Sie ist seit 16.November 1993 mit dem Petenten verheiratet.

Die Petentin hatte beim Generalkonsulat der Bundesre-publik Deutschland in Istanbul im Dezember 1993zunächst einen Visumsantrag zum Besuch ihres imBundesgebiet lebenden Ehemannes gestellt. Wegen er-heblicher Bedenken der Rückkehrbereitschaft wurdeder Antrag von seiten des Generalkonsulats am 3. März1994 und am 28. Juli 1994 abgelehnt. Im Juli 1994stellte sie sodann einen Antrag auf Erteilung eines Vi-sums zur Familienzusammenführung. Am 15. August1994 lehnte das Generalkonsulat der BundesrepublikDeutschland in Istanbul diesen Antrag ebenfalls ab.Dagegen erhob die Petentin beim VerwaltungsgerichtK. Klage. Einen Antrag nach § 123 VwGO auf Erlaßeiner einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsge-richt K. am 7. März 1995 zurückgewiesen.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 23. Ja-nuar 1996 die Klage der Petentin wegen der Versa-gung eines Visums zu Besuchszwecken durch das Ge-neralkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Ist-anbul vom März 1994 abgewiesen.

Durch Urteil vom 23. Januar 1996 hat das Verwal-tungsgericht auch die Klage der Petentin wegen derVersagung eines Visums zum Zwecke des Ehegatten-nachzugs durch das Generalkonsulat vom August1994 abgewiesen. Gegen diese Urteile hat die Peten-tin Rechtsbehelfe eingelegt, über die noch nicht ent-schieden ist.

Für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ist diedeutsche Auslandsvertretung im Heimatland der Peten-tin ausschließlich zuständig. Die Ausländerbehördendes Landes haben insofern keine Zuständigkeit. Soferndie Petentin auf eine Beteiligung des Landes am Ver-fahren anhebt, wird auf folgendes hingewiesen:

Der Ehemann der Petentin ist im Besitz einer Aufent-haltsbewilligung. Der Familiennachzug zu Aufenthalts-bewilligungsinhabern richtet sich nach § 29 AuslG. Da-nach kann dem Ehegatten eines Ausländers, der eineAufenthaltsbewilligung besitzt, zum Zwecke des nachArt. 6 des Grundgesetzes gebotenen Schutzes von Eheund Familie eine Aufenthaltsbewilligung für die Her-stellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemein-schaft mit dem Ausländer im Bundesgebiet erteilt wer-den. Die Ausländerbehörden des Landes sind bei der

Ausübung des ihnen nach § 29 AuslG eröffneten Er-messens an ermessensbindende Verwaltungsvorschrif-ten gebunden. Nr. 2.8.2 der Verwaltungsvorschrift desInnenministeriums zu den Vorschriften des Gesetzeszur Neuregelung des Ausländerrechts vom 27. Juni1991 sieht vor, daß der Ehegattennachzug zu Auslän-dern, die sich zum Studium oder einer anderen Aus-und Fortbildung im Bundesgebiet aufhalten, ohne eineunselbständige Erwerbstätigkeit nach der Arbeitsauf-enthalteverordnung auszuüben, regelmäßig nicht zuge-lassen wird. Eine derartige Erwerbstätigkeit übt derEhemann der Petentin aber nicht aus. Zwar ist er seitDezember 1987 als Programmierer mit einer wöchent-lichen Arbeitszeit von 20 Stunden beim Institut für Me-dizinische Biometrie und Statistik der A.-L.-Universitätin F. beschäftigt; da diese Tätigkeit nach Angaben derUniversität eine ideale Ergänzung zu den während desMathematikstudiums erworbenen theoretischen Kennt-nissen darstelle, wurde diese Tätigkeit im Rahmen desStudiums bzw. der Promotion ausländerrechtlich er-laubt. Es handelt sich dabei um keine Erwerbstätigkeitnach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 der Arbeitsaufenthalte-verordnung.

Auf die Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlus-ses EWG/TürkeiNr. 1/80 kann sich der Ehemann derPetentin nicht berufen. Da ihm eine Aufenthaltsbewil-ligung nur zum Zwecke des Studiums erteilt wordenist und ihm lediglich im Rahmen dieses Studiumsbzw. der Promotion die Möglichkeit zur Aufnahmeeiner Erwerbstätigkeit eröffnet wurde, gehört er näm-lich nicht dem allgemeinen inländischen Arbeitsmarkti. S. von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 an. Der Ehemann derPetentin hat also keinen Anspruch auf ein Bleiberecht,sondern ist selbst alsbald ausreisepflichtig.

Gründe, die im Falle der Petentin gebieten, den Ehe-gattennachzug abweichend von der Regel zuzulassen,sind nicht erkennbar. Die Einreise zum Zwecke desEhegattennachzugs kann schon aus Gründen derGleichbehandlung nicht zugelassen werden. Die Pe-tentin befindet sich in keiner anderen Lage als zahlrei-che nachzugswillige Ehefrauen von Studierendenbzw. Promovierenden auch. Härtegründe, die ein Ab-weichen von der Regel rechtfertigen könnten, sindauch nicht aus dem Vorbringen der Petentin, ihr sei esaufgrund ihrer Sozialisierung in der Türkei psychischund physisch nicht möglich, ein eigenständiges Lebenallein ohne ihren Ehemann in Istanbul zu führen undauch nicht daraus, daß eine Rückkehr in ihr Heimat-dorf aus Gründen der türkischen Gebräuche nicht inBetracht komme, nicht abzuleiten. Wie das Verwal-tungsgericht K. in seinem Beschluß vom 7. März1995 feststellt, unterliege dieses Vorbringen schondeshalb Zweifeln, da der Ehemann der Petentin nochmit Schreiben vom 16. Februar 1994 gegenüber demGeneralkonsulat in Istanbul im Rahmen eines Antragsauf Erteilung eines Besuchsvisums geltend gemachthabe, die Petentin wolle lediglich einige Zeit inDeutschland verbringen, bevor sie zu ihrer weiterenAusbildung nach Istanbul zurückkehre. Mit Schreibenvom 15. März 1994 habe der Ehemann der Petentinzudem vorgetragen, die Petentin wolle vorerst als Be-sucherin bei ihm wohnen, um sich in der Zwi-schenzeit zu entscheiden, ob sie sich in Deutschland

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wohlfühle. Danach war die Petentin, so das Verwal-tungsgericht, zum einen aber sehr wohl zu einem ei-genständigen Leben und der Aufnahme einer Ausbil-dung in Istanbul in der Lage, zum anderen war einevorübergehende Trennung � etwa bei Beendigung desBesuchsaufenthaltes der Petentin vor Abschluß derPromotion des Ehemannes � in die Lebensplanungder Petentin ohnehin aufgenommen worden. Zudemsei es aber auch nicht einsehbar, daß die Petentin,sollte ihr Leben in Istanbul alleine nicht möglich sein,nicht vorübergehend Schutz und Aufnahme bei ande-ren Familienangehörigen in der Türkei finden könnte.

Die Dauer der verbleibenden Trennungszeit ist imHinblick auf den � laut einer Bestätigung der Univer-sität bereits gegen Ende des Jahres 1995 vorgesehe-nen und unmittelbar bevorstehenden � Promotionsab-schluß des Ehemanns absehbar. Der Ehemann der Pe-tentin hat es in der Hand, sein Promotionsverfahrenzügig zum Abschluß zu bringen und sodann zu seinerEhefrau in die Türkei zurückzukehren.

Auch für die Erteilung eines kurzfristigen Besuchsvi-sums ist ausschließlich der Bund zuständig.

Auch im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehand-lung kann keine andere Entscheidung getroffen wer-den.

II. Petent

Der 1955 geborene Ehemann der Petentin und Peti-tionsverfasser begehrt die Erteilung einer unbefriste-ten, hilfsweise einer befristeten Aufenthaltserlaubnissowie die Einbürgerung in den deutschen Staatsver-band. Er hält sich seit Oktober 1980 zu Studien-zwecken im Bundesgebiet auf. Seit Abschluß des Stu-diums im Dezember 1991 promoviert er im Fach Ma-thematik. Für diesen Zweck ist er im Besitz einer be-fristeten Aufenthaltsbewilligung. Nach Abschluß die-ser wissenschaftlichen Arbeit muß der Ehemann derPetentin das Bundesgebiet wieder verlassen. Wie ihmschon immer verdeutlicht wurde, ist sein Aufenthalts-recht nur vorübergehender Natur und an den Zweckdes Studiums bzw. der Promotion gebunden. EinenAntrag des Petitionsverfassers auf Erteilung einer un-befristeten Aufenthaltserlaubnis lehnte die Ausländer-behörde mit Bescheid vom 11. Mai 1994 ab. Den ge-gen diese Verfügung erhobenen Widerspruch wiesdas Regierungspräsidium mit Bescheid vom 10. Fe-bruar 1995 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 6. Mai1996 auf die hiergegen erhobene Klage des Petentenden Bescheid der Ausländerbehörde und den Wider-spruchsbescheid des Regierungspräsidiums aufgeho-ben und die Ausländerbehörde verpflichtet, dem Pe-tenten eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu ertei-len. Das Verwaltungsgericht begründete seine Ent-scheidung damit, daß der Petent, dem im Rahmen sei-nes Studiums 1985 die Aufnahme einer Nebentätig-keit als wissenschaftliche Hilfskraft und 1987 als Pro-grammierer beim Institut für Medizinische Biometrieund Statistik des Universitätsklinikums F. gestattetwurde, aufgrund dieser Tätigkeit dem regulären Ar-beitsmarkt i. S. v. Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 angehört

und daher einen Anspruch auf Erteilung einer unbefri-steten Aufenthaltserlaubnis habe. Gegen dieses Urteilhat die Ausländerbehörde Berufung eingelegt.

Der Petent hat bei der Ausländerbehörde auch einenAntrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach§ 30 AuslG gestellt. Dieser Antrag wurde im Februar1996 abgelehnt. Über den dagegen erhobenen Wider-spruch hat das Regierungspräsidium noch nicht ent-schieden.

Der Petent hat am 14. Juni 1994 beim Verwaltungsge-richt u. a. auf Einbürgerung geklagt, ohne zuvor beider Staatsangehörigkeitsbehörde einen Einbürgerungs-antrag gestellt zu haben. Durch Gerichtsbescheid vom16. September 1994 hat das Verwaltungsgericht F. dieKlage bezüglich der Einbürgerung als unzulässig ab-gewiesen. Hiergegen legte der Petent über seinenRechtsvertreter am 4. November 1994 Berufung ein,stellte jedoch sodann gleichwohl am 7. März 1995 beider zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde einenformblattmäßigen Einbürgerungsantrag. In der Folgehat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergauf Antrag der Beteiligten am 20. April 1995 das Ru-hen des Verfahrens angeordnet. Das vom Petenten mitSchriftsatz vom 14. August 1995 wieder angerufeneBerufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshofmit Beschluß vom 27. Dezember 1995 bis zur Erledi-gung des beim Verwaltungsgericht F. anhängigenRechtsstreits wegen Erteilung einer Aufenthaltserlaub-nis ausgesetzt.

Die Staatsangehörigkeitsbehörde hat über den Einbür-gerungsantrag vom 7. März 1995 noch nicht absch-ließend entschieden. Doch hat sie dem anwaltlich ver-tretenen Petenten am 17. März 1995 unter Darlegungder Gründe und Einräumung rechtlichen Gehörs mit-geteilt, daß beabsichtigt ist, den Einbürgerungsantragabzulehnen. Gleichzeitig hat die Staatsangehörigkeits-behörde ihre Bereitschaft bekundet, mit einer f�örmli-chen Ablehnungsentscheidung bis zur rechtskräftigenEntscheidung über den Antrag auf Aufenthaltserlaub-nis zuzuwarten. Nachdem der Petent die Staatsan-gehörigkeitsbehörde wissen ließ, daß er eine derartigeZurückstellung nicht wünsche, hat diese zunächst mitVerfügung vom 18. August 1995 für die vorzuneh-mende Ablehnung des Einbürgerungsantrags einenGebührenvorschuß in Höhe von 375,� DM erhoben.

Der gegen den Gebührenbescheid eingelegte Wider-spruch wurde vom Regierungspräsidium mit Wider-spruchsbescheid vom 2. Januar 1996 zurückgewiesen.Über die beim Verwaltungsgericht F. am 5. Februar1996 eingegangene Klage ist noch nicht entschieden.

Dem Petenten kann eine unbefristete Aufenthaltser-laubnis nicht erteilt werden. Nach § 24 Abs. 1 AuslGist die Aufenthaltserlaubnis unbefristet zu verlängern,wenn � neben weiteren Voraussetzungen � der Aus-länder die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren be-sitzt. Der Petent ist jedoch nicht im Besitz einer Auf-enthaltserlaubnis, vielmehr ist er im Besitz einer be-fristeten Aufenthaltsbewilligung zu Promotions-zwecken. Schon allein daran, daß der Petent nicht imBesitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, scheitert die Er-teilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

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Eine befristete Aufenthaltserlaubnis kann dem Peten-ten auch nicht erteilt werden, da der Petent lediglichim Besitz einer Aufenthaltsbewilligung ist. Die Auf-enthaltsgenehmigung wird gemäß § 28 Abs. 1 AuslGals Aufenthaltsbewilligung erteilt, wenn einem Aus-länder der Aufenthalt nur für einen bestimmten. seinerNatur nach einen nur vorübergehenden Aufenthalt er-fordernden Zweck erlaubt werden soll. Um einen sol-chen vorübergehenden Aufenthaltszweck handelt essich bei einem Studium bzw. einer Promotion. Die Er-teilung einer Aufenthaltserlaubnis an Inhaber vonAufenthaltsbewilligungen kommt erst nach einemeinjährigen Aufenthalt im Ausland in Betracht.

Im übrigen ist ein Wechsel von der Aufenthaltsbewil-ligung zur Aufenthaltserlaubnis nicht möglich. Nach§ 28 Abs. 3 Satz 2 AuslG kann einem Ausländer, derzuvor im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung war, ei-ne Aufenthaltserlaubnis frühestens ein Jahr nach derAusreise erteilt werden. Dies gilt nur dann nicht,wenn sich der Ausländer noch nicht länger als einJahr im Bundesgebiet aufhält oder er einen Anspruchauf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung hat oderdie Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung im öf-fentlichen Interesse liegt. Im Falle des Petenten ist je-doch keine dieser Voraussetzungen erfüllt. Die Ertei-lung einer Aufenthaltserlaubnis ist damit aus Rechts-gründen ausgeschlossen.

Der Petent erfüllt nicht die Voraussetzungen für dieErteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG.Nach der allein in Betracht kommenden Vorschriftdes § 30 Abs. 2 AuslG kann einem Ausländer, der sichrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, aus dringendenhumanitären Gründen eine Aufenthaltsbefugnis erteiltwerden, wenn die Erteilung oder Verlängerung eineranderen Aufenthaltsgenehmigung ausgeschlossen istund auf Grund besonderer Umstände des Einzelfallesdas Verlassen des Bundesgebietes für den Ausländereine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Soweitder Ausländer nicht mit einem weiteren Aufenthalt imBundesgebiet rechnen durfte, sind die Dauer des bis-herigen Aufenthalts des Ausländers und seiner Fami-lie nach § 30 Abs. 22. Halbsatz AuslG nicht als drin-gende humanitäre Gründe anzusehen. Als Aufent-haltsbewilligungsinhaber wurde dem Petenten immerbedeutet, daß sein Aufenthalt nur vorübergehenderNatur ist und daß er nach Abschluß seines Studiumsbzw. seiner Promotion wieder ausreisen muß. DieAusländerbehörde hat in der Verfügung vom 11. Mai1994 den Petenten zudem darauf hingewiesen, daß ei-ne weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligungzu den von ihm beabsichtigten Habilitationszweckennicht in Betracht kommt. Der Petent durfte somit zukeinem Zeitpunkt mit einem weiteren Aufenthalt inder Bundesrepublik Deutschland rechnen. SonstigeHärtegründe im Sinne dieser Vorschrift sind nicht er-sichtlich. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis anden Petenten scheidet damit aus.

Im Gegensatz zu der noch nicht rechtskräftigen Ent-scheidung des Verwaltungsgerichts geht das Innenmi-nisterium auch weiterhin davon aus, daß studienbezo-gene Nebentätigkeiten eines ausländischen Studentennicht dazu führen, daß dieser dem allgemeinen Ar-

beitsmarkt i. S. d. AM 6 ARB 1/80 angehört. Viel-mehr war die Tätigkeit des Petenten � so auch eineStellungnahme der Universität � eng mit dem Studi-um des Petenten abgestimmt und konnte nur in dementsprechenden Institut ausschließlich vom Petentenausgeführt werden. Der Petent kann also auch aus die-ser Vorschrift kein Aufenthaltsrecht herleiten. Einegegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung exi-stiert bislang nicht.

Aus einbürgerungsrechtlicher Sicht kann der Petitionebenfalls nicht abgeholfen werden.

Eine Einbürgerung auf der Grundlage von § 86 Abs. 1AuslG scheidet schon deswegen aus, weil sie eineAufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigungvoraussetzt, der Petent jedoch lediglich über eine Auf-enthaltsbewilligung verfügt. Eine Einbürgerung aufder Grundlage von § 8 des Rechts- und Staatsan-gehörigkeitsgesetzes kommt ebenfalls nicht in Be-tracht. Sie setzt ein öffentliches Interesse in jedemEinzelfall voraus. Es besteht aber grundsätzlich keinöffentliches Interesse daran, jemandem, dem der Auf-enthalt im Bundesgebiet aus ausländerrechtlichen Er-wägungen heraus nur vorübergehend ermöglicht wird,über eine Einbürgerung ein dauerndes Bleiberecht zuverschaffen.

Der Petitionsausschuß kommt nach eingehender Bera-tung der Angelegenheit zu dem Ergebnis, daß die zurAbhilfe der Petition entscheidende Streitfrage, ob derPetent aufgrund seiner Tätigkeit dem regulären Ar-beitsmarkt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 an-gehört und daher einen Anspruch auf Erteilung einerunbefristeten Aufenthaltserlaubnis hat, wegen ihrergrundsätzlichen Bedeutung im anhängigen Verwal-tungsgerichtsverfahren abschließend geklärt und ent-schieden und der Petent deswegen auf den Rechtswegverwiesen werden muß.

Beschlußempfehlung:

Der Petent wird auf den Ausgang des anhän-gigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrensverwiesen.

Berichterstatter: Döpper

15. Petition 11/6669 betr. Bundeserziehungsgeld

Die mit dem Petitionsverfasser verheiratete Petentinist türkische Staatsangehörige wie er selbst und lebtnicht in Deutschland. Sie beantragte für ihre am 7.August 1995 geborene Tochter Denise am 12. Sep-tember 1995 von ihrem Heimatland aus Bundeserzie-hungsgeld bei der Landeskreditbank Baden-Württem-berg (LAKRA).

Mit Bescheid vom 19. September 1995 lehnte die LA-KRA den Antrag wegen Fehlens eines Wohnsitzesbzw. gewöhnlichen Aufenthalts im Geltungsbereichdes Bundeserziehungsgeldgesetzes ab.

Die Petentin erhob mit Schreiben vom 26. September1995 Widerspruch gegen die Ablehnung des Erzie-

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hungsgeldes mit der Begründung, ihr Wohnsitz befin-de sich bei ihrem Ehemann in F. Ihr sei lediglich dieEinreise im Wege des Familienzusammenzugs durchdie Ausländerbehörde zu Unrecht verweigert worden.Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 19. De-zember 1995 zurückgewiesen, da die Petentin wederWohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Gel-tungsbereich des Bundeserziehungsgeldgesetzes hatteund auch nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmi-gung im Sinne des § 1 Abs. la Satz 1 des Bundeserzie-hungsgeldgesetzes war. Der Widerspruchsbescheidenthielt den Hinweis, daß die LAKRA nicht zur Prü-fung befugt sei, ob die Verweigerung der Einreise derPetentin rechtmäßig sei. Das gegen diesen Bescheidanhängige Klageverfahren vor dem Sozialgericht F.ruht bis zur Entscheidung des � derzeit in der Beru-fung anhängigen � verwaltungsgerichtlichen Verfah-rens über die Erteilung einer unbefristeten Aufenthalt-serlaubnis für den Petenten und die Genehmigung derFamilienzusammenführung.

Mit der Petition verfolgen die Petenten ihr Begehren,Bundeserziehungsgeld ab Geburt der Tochter zu er-halten, weiter.

Bundeserziehungsgeld wird nach den Vorschriftendes Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) i. d. F.der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. IS. 180) gezahlt.

Für den Anspruch eines Ausländers oder einer Aus-länderin auf Bundeserziehungsgeld ist neben der Vor-aussetzung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichenAufenthalts im Geltungsbereich des BErzGG, § 1Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BErzGG, der Besitz einer Aufent-haltsberechtigung oder einer Aufenthaltserlaubnis er-forderlich, § 1 Abs. (1 a) Satz 1 BErzGG. Diese Vor-aussetzung ist auch dann erfüllt, wenn der Ausländeroder die Ausländerin im Besitz eines Visums zumZwecke der Familienzusammenführung ist. Unterdem Besitz der angeführten Aufenthaltsgenehmigun-gen ist die ausdrückliche vorherige Zubilligung desAufenthaltsrechts durch Verwaltungsakt mit Wirkungfür die Zukunft zu verstehen.

Diese Voraussetzungen erfüllen weder die Ehefraudes Petenten noch er selbst.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Würt-temberg vom 8. März 1996 im Finanzrechtsstreit desPetenten mit dem Finanzamt F.-S. läßt bezüglich desErziehungsgelds keine andere Beurteilung zu. DerGerichtsbescheid stellt fest, die Finanzverwaltung ha-be bei der Feststellung der Einkommensteuerklassedes Petenten zu untersuchen, ob sich aus den auslän-derrechtlichen Bestimmungen der Bundesrepublik eineindeutiger Anspruch auf Einreise für die Ehefrau desPetenten im Jahre 1995 ergibt und ob der Petent allesgetan hat, um diesen Anspruch noch im Jahre 1995durchzusetzen. Bei offensichtlich rechtswidriger Ver-weigerung der Einreise seiner Ehefrau können nach§ 163 Abgabenordnung (AO) die Besteuerungsgrund-lagen für den Steuerpflichtigen günstiger festgesetztwerden, wenn sonst die Erhebung einer Steuer nachLage des Einzelfalles unbillig wäre. Eine vergleichba-re Ermessensregelung kennt das BErzGG nicht. Im

Gegensatz zur Vorschrift des § 163 AO, die eine ge-setzliche Grundlage für eine Ermessensentscheidungder Finanzbehörde enthält, bietet die Vorschrift des§ 1 Abs. 1 a Satz 1 BErzGG � wie bereits aus demWortlaut �Für den Anspruch eines Ausländers istVoraussetzung, daß er im Besitz einer Aufenthaltsbe-rechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist.� hervorgeht� keine gesetzliche Grundlage dafür, bei Fehlen dieserVoraussetzung das Bundeserziehungsgeld als Ermes-sensleistung zu gewähren. Der erziehungsgeldge-währende Leistungsträger, die LAKRA, ist � andersals die Finanzbehörden � nicht befugt, selbst über diematerielle Berechtigung eines Ausländers zum Auf-enthalt in Deutschland zu befinden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozi-algerichts (BSG v. 9. September 1991, Az.: 14 b/4REg 16/91) steht den erziehungsgeldgewährendenLeistungsträgern nicht das Recht zu, selbst über diematerielle Berechtigung des Ausländers oder der Aus-länderin zu befinden. Sie sind � ebenso wie die Bun-desanstalt für Arbeit im Arbeitserlaubnisverfahren �an die Entscheidung der Ausländerbehörde gebunden,die insoweit Tatbestandswirkung entfaltet. Dazu ist inder Gesetzesbegründung darauf abgehoben, daß Aus-länder ohne Aufenthaltserlaubnis in der Regel keineArbeitserlaubnis haben, so daß der Zweck des Erzie-hungsgeldes, nämlich die Wahlfreiheit zwischen Kin-dererziehung und Berufstätigkeit zu sichern, nicht er-reicht werden kann.

Sofern der Petentin bis zum Ablauf des 24. Lebensmo-nats der Tochter eine Aufenthaltsberechtigung oderAufenthaltserlaubnis bzw. ein Visum zur Familienzu-sammenführung erteilt wird, kann ihr für den Zeitraumab dem Datum der Erteilung der Aufenthaltsgenehmi-gung bzw. des Visums Erziehungsgeld bewilligt wer-den, wenn die übrigen Voraussetzungen (Wohnsitzoder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, Perso-nensorge und Aufnahme des Kindes in den gemeinsa-men Haushalt, Betreuung und Erziehung des Kindesdurch die Petentin selbst, keine Ausübung einer vollenErwerbstätigkeit, § 1 Abs. 1 Nr. 1 � 4 BErzGG) erfülltsind.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Döpper

16. Petition 11/7661 betr. Führung ausländischerTitel; hier: Einrichtung einer bundeseinheitli-chen Zentralkartei

Der Petent begehrt die Einrichtung einer bundesein-heitlichen Zentralkartei über erfolgte Genehmigungenund Ablehnungen zur Führung ausländischer akade-mischer Titel (mit Auskunftsrecht für jeden interes-sierten Bürger).

Das Erfordernis der Führungsgenehmigung für aus-ländische Hochschulgrade ist in den 16 Ländern je-weils durch Landesrecht geregelt, in Baden-Württem-

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berg durch § 55 b ff. des Universitätsgesetzes i. d. F.vom 10. Januar 1995/GBI. S. 1. Die entsprechendenAntragsakten � mit den Entscheidungen über Geneh-migungen oder Ablehnungen � werden daher beimzuständigen Ministerium für Wissenschaft und For-schung geführt; es handelt sich um jährlich rd. 4 000Antragsfälle. Die entsprechenden Daten aus den 16Bundesländern müßten in der vom Petenten vorge-schlagenen -Zentralkartei zusammengeführt werden.

Hochschulgrade gehören zu den personenbezogenenDaten im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes vom27. Mai 199 1 /GBl. S. 277. Gem. § 4 Abs. 1 LDSG istdie Verarbeitung personenbezogener Daten nur zuläs-sig, wenn entweder das Landesdatenschutzgesetz odereine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt, oder soweitder Betroffene eingewilligt hat. Eine Rechtsgrundlagefür die vorgenannte Aktenführung beim Wissen-schaftsministerium besteht nur aufgrund erfolgter An-tragsstellung durch den einzelnen Bürger, der dadurchinsoweit der verwaltungsmäßig erforderlichen Akten-führung zustimmt.

Eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung der vorge-schlagenen Zentralkartei besteht dagegen weder imLandesrecht noch im Bundesrecht.

Eine solche Kartei über Führungsgenehmigungen fürausländische Hochschulgrade wäre außerdem wesens-gemäß in wesentlichen Umfang unvollständig, da (aufder Grundlage von Beschlüssen der Kultusminister-konferenz) die für Hochschulgrade aus den Ländernder Europäischen Gemeinschaft u. a. m. schon bishererteilte allgemeine Genehmigung zur Führung dieserausländischen Hochschulgrade in absehbarer Zeit aufzahlreiche weitere Länder ausgedehnt werden wird.

Das vom Petenten vorgeschlagene Auskunftsrecht so-wohl für interessierte Stellen wie für einzelne Bürgerüber erteilte oder abgelehnte Führungsgenehmigun-gen für ausländische Hochschulgrade ist nur in denGrenzen des § 15 LDSG zulässig; nach dieser Geset-zesregelung steht aber einer solchen Auskunft einschutzwürdiges Interesse des betroffenen Gradinha-bers entgegen. Deshalb werden entsprechende Aus-künfte an einzelne Bürger über die Berechtigung an-derer Bürger zur Führung ausländischer Hochschulg-rade vom Wissenschaftsministerium nicht erteilt.

Verwaltungsmäßig besteht keinerlei Anlaß und Be-darf für eine solche Zentralkartei über erteilte/abge-lehnte Führungsgenehmigungen für ausländischeHochschulgrade. Die � sehr wenigen � Anfragen instrafrechtlichen oder in berufsrechtlichen Zweifelsfäl-len solcher Gradführungen durch die im Einzelfall zu-ständigen Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Berufs-kammern können jeweils aufgrund der bei den örtlichzuständigen Ministerien der einzelnen Bundesländervorhandenen Verwaltungsakten über die einzelneGradführung geklärt werden.

Aus den vorgenannten datenschutzrechtlichen undverwaltungsmäßigen Gründen beabsichtigt auch keinanderes Land in der Bundesrepublik Deutschland,dem Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz vom7. November 1994 auf Einrichtung eines zentralenPromotionsregisters folgen.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Döpper

17. Petition 11/7354 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Der Petent begehrt den weiteren Aufenthalt in derBundesrepublik Deutschland.

Der Petent ist ein im Juni 1967 im Bundesgebiet ge-borener türkischer Staatsangehöriger, eigenen Anga-ben zufolge kurdischer Volkszugehörigkeit. Der Pe-tent war zuletzt im Besitz einer bis Juni 1994 befriste-ten Aufenthaltserlaubnis.

Im Dezember 1994 wurde der Petent wegen unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Heroin) innicht geringer Menge vom Amtsgericht zu einer Frei-heitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten rechts-kräftig verurteilt. Zu Gunsten des Petenten wurde da-bei berücksichtigt, daß er die ihm zur Last gelegte Tatgestanden hatte. Im Strafmaß schlug sich aber auchdie beträchtliche Menge nieder, mit er Handel getrie-ben hatte (mehr als das 10fache der Menge, die dasVergehen des Handeltreibens mit Betäubungsmittelnzum Verbrechen qualifiziert).

Vor diesem Hintergrund lehnte die Ausländerbehördemit Verfügung vom Februar 1995 einen von dem Pe-tenten im Januar 1995 gestellten Antrag auf Verlänge-rung der abgelaufenen Aufenthaltserlaubnis ab undwies den Petenten aus dem Bundesgebiet aus. Der Pe-tent legte hiergegen Widerspruch ein und beantragtegleichzeitig beim Verwaltungsgericht einstweiligenRechtsschutz.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde,ebenso wie die darauf eingelegte Beschwerde beimVerwaltungsgerichtshof im Oktober 1995 unanfecht-bar zurückgewiesen. Im Februar 1996 wurde der Wi-derspruch gegen die Ablehnungs- und Ausweisungs-verfügung zurückgewiesen. Gegen diese Entschei-dung hat der Petent Klage erhoben, über die nochnicht entschieden ist.

Um die Abschiebung zu verhindern stellte der PetentAnfang März 1995 einen Asylantrag. Mit Entschei-dung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländi-scher Flüchtlinge wurde der Asylantrag des Petentenim August 1995 abgelehnt. Gleichfalls wurde festge-stellt, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslGund Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nichtvorliegen. Der Petent wurde aufgefordert, das Bun-desgebiet innerhalb eines Monats nach Bekanntgabeder Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nichtfristgerechten freiwilligen Ausreise wurde ihm dieAbschiebung in die Türkei angedroht.

Gegen diesen Bescheid wurde Klage beim Verwal-tungsgericht erhoben. Die Klage wurde mit Urteil desVerwaltungsgerichts im Januar 1996 abgewiesen. DasUrteil ist seit März 1996 rechtskräftig. Der Petent istledig und ohne erlernten Beruf. Vor seiner Inhaftie-

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rung im Juli 1994 war er seit 1992 arbeitslos und lebtebei seinen Eltern. Der Petent beabsichtigte, nach er-folgter Haftentlassung eine Drogentherapie aufzuneh-men. Dies kann der Petent jedoch nicht antreten,nachdem die in einem früheren Verfahrensstadium er-teilte Kostenzusage der Landesversicherungsanstaltinzwischen zurückgezogen worden ist.

Soweit sich der Petent auf politische Verfolgung bzw.das Vorliegen von Abschiebungshindernissen i. S. der§§ 51 und 53 AuslG beruft, ist die Petition der Zustän-digkeit des Landes entzogen. Die Entscheidung überdas Vorliegen politischer Verfolgung � auch im Sinnedes § 51 Abs. 1 AuslG � ist beim Bundesamt für dieAnerkennung ausländischer Flüchtlinge konzentriert.Nach dem Asylverfahrensgesetz entscheidet das Bun-desamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlingeauch über das Vorliegen von Abschiebungshindernis-sen nach § 53 AuslG und erläßt die Abschiebungs-androhung. Die Entscheidungen des Bundesamtes fürdie Anerkennung ausländischer Flüchtlinge sind für dieAusländerbehörden des Landes bindend. Das Land hatinsoweit keine Prüfungs- und Entscheidungskompetenzmehr. Die Petition wurde insoweit an den Petitionsaus-schuß des Deutschen Bundestags in Bonn abgegeben.

Die Ausweisung des Petenten richtet sich nach § 47Abs. 1 Nr. 3 AuslG. Nach dieser durch das Verbre-chensbekämpfungsgesetz mit Wirkung vorn 1. De-zember 1994 in das Ausländergesetz eingefügten undauf den Petenten anwendbaren Vorschrift wird einAusländer ausgewiesen, wenn er wegen einer vorsätz-lichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetzrechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und dieFreiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wor-den ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.

Der Petent genießt auch keinen besonderen Auswei-sungsschutz, da die in § 48 AuslG genannten Voraus-setzungen in seinem Fall nicht vorliegen. Zwar warder Petent zum Zeitpunkt des Erlasses des Wider-spruchsbescheides noch Asylbewerber, doch ist in-zwischen auch die nach dem Asylverfahrensrecht er-gangene Abschiebungsandrohung bestandskräftig ge-worden (vgl. § 48 Abs. 3 AuslG).

Die Ausweisung ist damit zwingend vorgeschrieben,der Ausländerbehörde ist weder die Möglichkeit einerAusnahme nach Ermessen eingeräumt noch darf sieaus spezial- oder generalpräventiven Gründen oder inHärtefällen von der Ausweisung absehen. Insofernmuß auch der Umstand, daß sich der Petent hier einerDrogentherapie unterziehen wollte, außer Betrachtbleiben.

Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Ausweisung ge-gen Art. 8 EMRK verstößt. Der Wunsch des Petenten,sich im Bundesgebiet einer Drogentherapie zu unter-ziehen sowie die Belastungen, die dadurch entstehen,daß der Petent von seiner hier lebenden Familie ge-trennt wird, vermögen wie bereits ausgeführt das öf-fentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigungangesichts der besonderen Schwere der von ihm be-gangenen Straftaten nicht zu überwiegen.

Schließlich kann der Petent auch keine weitergehen-den Rechte aus dem Beschluß Nr. 1/80 des Assoziati-

onsrats EWG-Türkei ableiten. Dem steht bereits dieRegelung des Art. 14 des genannten Beschlusses ent-gegen, nach der die entsprechenden Vergünstigungenunter anderem unter dem Vorbehalt von Beschrän-kungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ste-hen. Wie ausgeführt, wäre aber die öffentliche Sicher-heit durch einen Verbleib des Petenten im Bundesge-biet berührt. Im übrigen würde es im Falle des seit1992 arbeitslosen Petenten auch an der Voraussetzungfehlen, daß er im Zeitpunkt des Erlasses der Auswei-sungsverfügung � ordnungsgemäß beschäftigt war.

Angesichts der richterlichen Bestätigung der Abschie-bungsandrohung kann mit Vollstreckungsmaßnahmennicht mehr länger gewartet werden.

Beschlußempfehlung:

Soweit die Petition Baden-Württemberg be-trifft kann der Petition nicht abgeholfenwerden.

Berichterstatter: Fauser

18. Petition 11/341 betr. Rückgabe von Urkundendurch das Finanzamt

Der Petent hat dem Finanzamt zur Überprüfung derschenkungsteuerlichen Relevanz von Schenkungen anseine beiden Söhne umfangreiche Unterlagen zuge-sandt, die ausweislich der Akten mit Schreiben vom27. Mai 1994 an den Petenten zurückgesandt wordenwaren. In den Akten befinden sich nur noch Kopiender Unterlagen.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 forderte der Pe-tent das Finanzamt auf, die Unterlagen zurückzusen-den. Am 7. November 1995 teilte das Finanzamt demPetenten mit, daß die Unterlagen am 27. Mai 1994 anihn zurückgesandt worden seien und daß Originalun-terlagen nicht mehr vorlägen.

Mit Schreiben vom 24. November 1995 wandte sichder Petent in dieser Angelegenheit an die Oberfinanz-direktion, deren Überprüfung zu folgenden zum Teilneuen Ergebnissen führte:

Die Originalunterlagen liegen nicht mehr vor. Hier-von wurde der Petent am 18. Januar 1996 von derOberfinanzdirektion informiert und gebeten, in seinenUnterlagen nach den Originalen zu suchen. In seinerAntwort vom 26. April 1996 räumte der Petent ein,daß er drei Blätter Grundbuchbenachrichtigungen desAmtsgerichts Düsseldorf gefunden habe, die mitSchreiben vom 29. Juli 1994 an ihn zurückgesandtworden seien, sowie ein Blatt Grundbuchbenachrich-tigung des Amtsgerichts Düsseldorf, zurückgesandtvom Finanzamt mit Schreiben vom 27. Mai 1994.

Er beharrte jedoch darauf, daß die restlichen Unterla-gen vom Finanzamt nicht zurückgegeben worden sei-en. Die Oberfinanzdircktion teilte daraufhin nochmalsmit, daß die Originalunterlagen nicht mehr vorliegenund bat das Finanzamt, Kopien der in den Akten ver-bliebenen Kopien der Originalunterlagen an den Pe-

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tenten zu senden. Das Finanzamt erledigte diese Bittemit Schreiben vom 8. Mai 1996.

Auch die Überprüfung durch das Finanzministerium,wohin sich der Petent am 9. Mai 1996 gewandt hatte.änderte an diesem Ergebnis nichts. Dies wurde demPetenten am 8. Juli 1996 mitgeteilt.

Die Durchsicht der Akten durch das Finanzamt, dieOberfinanzdirektion und das Finanzministerium hatergeben, daß die vom Petenten angeforderten Unterla-gen nur noch in Kopien in den Akten enthalten sind.Das Finanzamt hat nach Aktenlage die Originalunter-lagen vollständig an den Petenten abgesandt. Da derPetent aufgrund der Nachfrage der Oberfinanzdirek-tion mit Schreiben vom 20. April 1996 dies immerhinteilweise einräumte, ist es als wahrscheinlich, daßauch die restlichen Unterlagen dem fraglichen Schrei-ben des Finanzamts an den Petenten beigefügt waren.Da das Finanzamt dem Petenten zusätzlich noch Ko-pien der in den Akten befindlichen Kopien aller Ori-ginalunterlagen kostenfrei überlassen hat, wird keineMöglichkeit gesehen, wie dem Petenten noch zusätz-lich geholfen werden kann.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Fauser

19. Petition 11/7702 betr. Bausache, Umlegungs-verfahren

Der Petent wendet sich gegen einen im Jahre 1989 inKraft getretenen Bebauungsplan, den darauf beruhen-den, sein Grundstück betreffenden Teilumlegungs-plan, die vorzeitige Besitzeinweisung bezüglich einerTeilfläche seines bisherigen Grundstücks und schließ-lich gegen die Kündigung eines tatsächlichen Nut-zungsverhältnisses hinsichtlich eines (anderen) im Ei-gentum der Stadt stehenden Grundstücks durch dieStadt.

Der 11. Landtag von Baden-Württemberg hat in sei-ner 7. Sitzung am 23. September 1992 entschieden,daß dieser Petition nicht abgeholfen werden kann(Landtagsdrucksache 11/429, lfd. Nr. 26).

Dabei wurde unter anderem festgestellt, daß die Ein-beziehung des fraglichen Grundstücks in das Umle-gungsverfahren nicht zu beanstanden ist und daß sichdie Stadt bemüht hat, die besondere Situation der El-tern des Petenten angemessen zu berücksichtigen.

Bebauungsplan

Der Bebauungsplan �Hagsfeld-Geroldsäcker� ist am17. März 1989 in Kraft getreten.

Mit Beschluß vom 29. Januar 1993 hat der Verwal-tungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag derMutter des Petenten auf Bewilligung von Prozeßko-stenhilfe für ein Normenkontrollverfahren zur Über-prüfung des Bebauungsplans abgelehnt, da die beab-sichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aus-

sicht auf Erfolg biete. Nach der gegenwärtigenRechtslage bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daßder Bebauungsplan, wie von der Antragstellerin be-hauptet, fehlerhaft und damit ungültig sei.

Mit Schreiben vom 30. März 1995 hat der Anwalt desPetenten beim Verwaltungsgerichtshof bezüglich desBebauungsplans Antrag auf Normenkontrolle gestellt;diesen Antrag hat er mit Schreiben vom 26. Oktober1995 begründet.

Die Stadt hat mit Schreiben vom 5. Dezember 1995beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Eine Entschei-dung des Verwaltungsgerichtshofs liegt bisher nochnicht vor.

In der Begründung zum Normenkontrollantrag desPetenten wird unter anderem ausgeführt, das Abwä-gungsgebot sei verletzt, denn die Stadt habe das Inter-esse des Petenten, sein Privateigentum, erhaltenswer-ten Wohnraum, auch für die Zukunft zu erhalten,nicht entsprechend seiner objektiven Gewichtigkeitberücksichtigt. Die Stadt hat insoweit darauf hinge-wiesen, sie habe, wie sich auch aus dem Beschluß desVGH zur Prozeßkostenhilfe ergebe, die Belange desdamaligen Grundstückseigentümers, der Mutter desPetenten, in die Abwägung eingestellt. Was der Petentjetzt noch vortrage, habe kein höheres Gewicht; hin-sichtlich des Konzeptes der Planung werde ebenfallsauf den vorliegenden Beschluß verwiesen.

Weiter wird vorgetragen, auch die sozialen und kultu-rellen Bedürfnisse der Bevölkerung seien bei der Ab-wägung nicht in ihrem erforderlichen Umfang berück-sichtigt worden, da die entsprechenden Bedürfnisse(Kindergarten, Schule, Einkauf, Freizeit) in benach-barten Gebieten (Hagsfeld, Waldstadt) befriedigt wer-den sollen, die Struktur dort aber für den zusätzlichenBedarf nicht ausgelegt sei. Die Stadt hat darauf hinge-wiesen, daß gerade diese Frage in erster Linie in derplanerischen Verantwortung der Gemeinde liege. Hiersei von Anfang an keine sich selbst versorgende Sied-lung, sondern eine Abrundung und Lückenschließungbeabsichtigt gewesen. So sei das VersorgungszentrumC. der westlich gelegenen Waldstadtbebauung in sei-ner Konzeption von Anfang an darauf ausgerichtet,über das engere Wohnquartier des Gebiets �Ge-roldsäcker� hinausgehende Einrichtungen mit abzu-decken; im übrigen sei insoweit hier auch schon durchdie Ausweisung der Mischgebietsflächen im Bauge-biet eine ganze Reihe von Möglichkeiten eröffnet.

Weder dieses noch das übrige Vorbringen des Peten-ten im Normenkontrollverfahren � und darauf bezug-nehmend in der vorliegenden Petition � gibt Anlaß zueiner vom bisherigen abweichenden Beurteilung. DerBebauungsplan �Hagsfeld-Geroldsäcker� weist nachAuffassung der Stadt und des Regierungspräsidiums,die das Wirtschaftsministerium teilt, keinen formellenoder materiellen Fehler auf.

Umlegungsbeschluß

Der am 28. November 1986 öffentlich bekanntge-machte Umlegungsbeschluß, gegen den sich der Pe-tent im Verfahren 10/6373 ohne Erfolg gewandt hatte,war Gegenstand weiterer Auseinandersetzungen.

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Mit Schreiben vom 12. September 1994 haben der Pe-tent und seine Eltern durch ihren Rechtsanwalt inso-weit Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen las-sen (gleichzeitig aber gebeten, die Akten vorläufignoch nicht dem Landgericht vorzulegen, da in demanhängigen Widerspruchsverfahren betreffend denUmlegungsplan der Versuch einer Einigung unter-nommen werden solle). Die Zulässigkeit der Einbe-ziehung des Grundstücks in das Umlegungsverfahrenist im Petitionsverfahren 10/6373 bestätigt worden.Anhaltspunkte für eine Änderung der Beurteilungsind, wie sich insbesondere auch aus der Entschei-dung des Regierungspräsidiums ergibt, nicht ersicht-lich.

Teilumlegungsplan

Die Teilumlegungspläne 1 bis 3 waren in den Jahren1990 bis 1993 rechtskräftig geworden. Der Umle-gungsplan für das Teilumlegungsgebiet 4 �Gerolds-äcker�, der auch das Grundstück des Petenten betrifft,wurde nach vorangegangener Erörterung mit den Ei-gentümern ausgearbeitet und am 5. Juli 1994 vomUmlegungsausschuß der Stadt beschlossen.

In dem Umlegungsplan ist vorgesehen, das Grund-stück Flst.-Nr. 66833/1 in das Eigentum der Stadt zu-zuweisen, da in diesem Bereich entsprechend dem1989 in Kraft getretenen Bebauungsplan eine öffentli-che Grünfläche und zum Teil ein Regenrückhalte-becken angelegt werden soll. Da das bebaute Grund-stück der Realisierung der Festsetzungen des Bebau-ungsplans entgegensieht, soll für das Grundstück eineErsatzzuteilung in Land und für die sich auf demGrundstück befindlichen Gebäude eine Entschädi-gung in Geld gemäß § 60 BauGB erfolgen. Die Stadtist dabei auf die Interessen der Familie des Petenteneingegangen, indem sie unter Beachtung der starkenBehinderung des Vaters des Petenten (fast erblindet)ein Nießbrauchsrecht zugunsten der im Anwesen Jä-gerhausstraße 81 lebenden Eltern des Petenten be-schlossen hat. Das hat zur Folge, daß die Eltern desPetenten das Haus zu Lebzeiten nicht verlassen müs-sen. Dieses Recht endet mit Ableben des Längstleben-den. Nachdem der Vater des Petenten Zwischenzeit-lich am 31. Dezember 1994 verstorben ist, bestehtdieses Recht noch für die heute 58jährige Mutter.

Die Stadt hat mit dieser Regelung (Verbleib zu Leb-zeiten) die persönliche Situation der Eltern des Peten-ten berücksichtigt. Denn im Gegensatz zum Grund-stück des Petenten war für die bebauten Nachbar-grundstücke zu diesem Zeitpunkt (1994) bereits eineabschließende Regelung (Beseitigung) getroffen; dieGebäude sind heute beseitigt.

In diesem 4. Teilumlegungsplan (erste Fassung) wur-de dem Petenten für sein Einwurfsgrundstück Flst.-Nr. 66833/1 das Grundstück Flst.-Nr. 73912 zugeteilt.Dagegen legte der Anwalt des Petenten mit Schreibenvom 2. August 1994 Widerspruch ein. Daraufhin än-derte der Umlegungsausschuß am 22. November 1995den Umlegungsplan hinsichtlich des Zuteilungsgrund-stücks, so daß dem Petenten nunmehr das GrundstückFlst.-Nr. 73466 zugeteilt wird. Gegen diesen Umle-gungsplan (zweite Fassung) wurde über den Anwalt

am 18. Dezember 1995 Widerspruch eingelegt. Die-sen Widerspruch wies das Regierungspräsidium mitBescheid vom 9. April 1996 zurück. Dagegen hat derPetent mit Schreiben vom 21. Mai 1996 Antrag aufgerichtliche Entscheidung stellen lassen, über dennoch nicht entschieden ist.

Durch den geschilderten Verfahrensablauf wurde demPetenten � entgegen seinem Vorbringen im Schreibenvom 28. April 1996 nicht das rechtliche Gehör ver-weigert. Denn dem Petenten war dieses GrundstückFlst.-Nr. 73466 schon vor Aufstellung des ersten Um-legungsplans vorgeschlagen worden, und er hatte da-zu Stellung genommen. Außerdem hat der Rechtsan-walt des Petenten wiederholt die Gelegenheit nichtwahrgenommen, den (ersten)Widerspruch vom 2. Au-gust 1994 zu begründen, sondern hat immer wiedernur auf das anhängige Normenkontrollverfahren ver-wiesen.

Die vom Petenten geäußerte Ansicht, daß auf den er-sten Widerspruch ein Widerspruchsbescheid hätte er-gehen müssen, trifft nicht zu. Ganz abgesehen vonden insoweit gegebenen allgemeinen Regelungen desLandesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) kannder Umlegungsplan aufgrund der spezialgesetzlichenVorschrift des § 70 Abs. 2 BauGB geändert werden.Dies steht im Ermessen der Umlegungsstelle undkann insbesondere bei der Einlegung von Rechtsbe-helfen geboten sein. Der zweite Umlegungsplan hatdaher, wie vom Regierungspräsidium im genanntenWiderspruchsbescheid dargelegt, den Widerspruchgegen den ersten Umlegungsplan erledigt, so daß eshierüber keiner gesonderten Entscheidung bedarf.

Auch die vom Petenten zitierte Formulierung �DieWidersprüche . . . werden zurückgewiesen� und dieVerwendung des Plurals �Widersprüche� im Wider-spruchsbescheid vermag daran nichts zu ändern, son-dern trägt lediglich der Anzahl der Widerspruchsfüh-rer Rechnung (außer dem Petenten noch drei weitere,alle vom Rechtsanwalt des Petenten gemeinschaftlichvertretene Personen aus der Familie des Petenten).

Hat sich ein Widerspruch � wie hier bezüglich der er-sten Fassung des Umlegungsplans � auf sonstige Wei-se erledigt, so wird über die Kosten nach billigem Er-messen entschieden, wobei der bisherige Sachstandzu berücksichtigen ist (§ 80 Abs. 1 letzter SatzLVwVfG). Diese Entscheidung ist von der Stadt nochzu treffen.

Es ist auch nicht zu beanstanden, daß Stadt und Re-gierungspräsidium die genannten weiteren Entschei-dungen nicht bis zur � noch nicht vorliegenden � Ent-scheidung des VGH im Normenkontrollverfahren auf-geschoben haben. Stadt und Regierungspräsidiumsind, wie oben im einzelnen dargelegt, zutreffend da-von ausgegangen, daß der Bebauungsplan keine for-mellen oder materiellen Fehler aufweist, die sich aufdas Umlegungsverfahren auswirken würden. Ein Zu-warten bezüglich des im übrigen erst sechs Jahre nachInkrafttreten des Bebauungsplans eingereichten Nor-menkontrollantrags wäre auch angesichts der erhebli-chen weiteren Entwicklung im gesamten (restlichen)Plangebiet nicht sachgerecht.

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Das Vorbringen des Petenten bleibt auch ohne Erfolg,soweit sich der Petent in der Sache gegen den Umle-gungsplan wendet.

Vorzeitige Besitzeinweisung

Im Bebauungsplangebiet ist auf der Grundlage des1989 in Kraft getretenen Bebauungsplans, der dreirechtskräftigen Teilumlegungspläne 1 bis 3 und desbis auf das Grundstück des Petenten ebenfalls in Kraftgesetzten Teilumlegungsplans 4 zwischenzeitlich dieBebauung sehr weit fortgeschritten; nach Mitteilungdes Regierungspräsidiums sind nur noch einige klei-nere Wohneinheiten zu errichten. Damit wurde esauch immer dringender, das im Bebauungsplan vorge-sehene, für die Rückhaltung des anfallenden Nieder-schlagswassers bei starken Regenfällen erforderlicheRegenrückhaltebecken zu errichten. Das Tiefbauamtbeabsichtigte daher, im Juli 1996 mit dem Bau zu be-ginnen.

Dieses Rückhaltebecken betrifft nach den Festsetzun-gen des Bebauungsplans am Rande auch einen 284m2 großen Bereich (den südlichen Gartenbereich) desGrundstücks des Petenten. Das übrige, ohne dieseFläche noch 724 m2 große Grundstück mit demWohnhaus wird davon nicht betroffen.

Vor diesem Hintergrund hat die Stadt im Schreibenvom 14. Februar 1996 an den Rechtsanwalt des Peten-ten gebeten, die Inanspruchnahme der Teilfläche infreiwilliger Vereinbarung mit dem Petenten zu regeln.Nachdem der Petent seine Zustimmung dazu versagte,teilte die Stadt mit Schreiben vom 13. März 1996 mit,daß daher eine vorzeitige Besitzeinweisung nach § 77BauGB beabsichtigt sei.

Der Umlegungsausschuß der Stadt hat schließlichnach Anhörung des Rechtsanwalts des Petenten unddes Petenten selbst in der Sitzung am 10. Mai 1996die vorzeitige Besitzeinweisung beschlossen und diesdem Petenten mit Schreiben vom 15. Mai 1996 mitge-teilt. Dagegen hat der Petent am 16. Juni 1996 Wider-spruch eingelegt, der nach der gesetzlichen Regelungdes § 212 Abs. 2 BauGB keine aufschiebende Wir-kung hat. Am 6. Juli 1996 hat der Petent beim Regie-rungspräsidium Antrag auf Wiederherstellung deraufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt.Das Regierungspräsidium hat beides geprüft und istzu dem Ergebnis gekommen, daß der Widerspruchzurückzuweisen und die aufschiebende Wirkung nichtanzuordnen ist. In beiden Fällen ist eine Entscheidungjedoch im Hinblick auf das Petitionsverfahren �zunächst � noch nicht ergangen.

Die vorzeitige Besitzeinweisung ist in der Sache nichtzu beanstanden.

Ist der Bebauungsplan in Kraft getreten, so kann dieUmlegungsstelle nach der Vorschrift des § 77 Abs. 1und 2 BauGB � unter anderem �, wenn das Wohl derAllgemeinheit es erfordert, die Gemeinde in den Be-sitz der Grundstücke, die im Bebauungsplan alsFlächen im Sinne des § 55 Abs. 2 BauGB festgesetztsind, einweisen; das Wohl der Allgemeinheit kann dievorzeitige Einweisung in den Besitz insbesondere er-fordern, wenn Maßnahmen zur Verwirklichung des

Bebauungsplans bevorstehen und die Flächen für dievorgesehenen Anlagen und Einrichtungen der Er-schließung des Gebiets benötigt werden.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei derTeilfläche handelt es sich um eine Fläche, die im �schon lange in Kraft getretenen � Bebauungsplan alsRegenrückhaltebecken festgesetzt ist und damit eineFläche im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 BauGB dar-stellt. Die vorzeitige Besitzeinweisung wird auch vomWohl der Allgemeinheit gefordert. Stadt und Regie-rungspräsidium haben darauf hingewiesen, daß auf-grund der schon überwiegend ausgeführten Bebauungim Gebiet �Hagsfeld-Geroldsäcker� und der damiteinhergehenden zunehmenden Flächenversiegelungdie Schaffung des Regenrückhaltebeckens dringenderforderlich ist. Nur so können Schäden an öffentli-chen und privaten Gebäuden sowie an der Straßenun-terführung �Beuthener Straße� � die Straße liegt zumGroßteil tiefer als das Baugebiet � bei heftigen undlanganhaltenden Niederschlägen vermieden werden.Der Bau muß nach Mitteilung der Stadt zudem in denSommermonaten erfolgen, da die Abdichtung des Bo-dens mit bündigem Material weder in der nieder-schlagsreichen Zeit noch während der Frostperiodedurchführbar ist.

In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzu-weisen, daß es sich hier, wie dargelegt, bei dieser vor-zeitigen Besitzeinweisung nach § 77 BauGB um eineMaßnahme im Rahmen der Umlegung nach der Vor-schritten der §§ 45 ff. BauGB handelt und � anders,als der Petent dies insbesondere unter Hinweis auf be-auptete weitergehende Anforderungen immer wiedervorträgt � nicht um eine Enteignung im Sinne der§ 85 ff. BauGB.

Auch das weitere Vorbringen des Petenten gibt kei-nen Anlaß zur Beanstandung der vorzeitigen Besit-zeinweisung.

Die in den Fällen einer vorzeitigen Besitzeinweisunggesetzlich vorgesehene mündliche Verhandlung hatam 10. Mai 1996 � entsprechend der gesetzlichen Re-gelung des § 77 Abs. 3 i. V. m. 116 Abs. 1 BauGB �stattgefunden: Nach der Stellungnahme der Vorsit-zenden des Umlegungsausschusses und ausweislichdes bei den vorgelegten Akten der Stadt befindlichenErgebnisprotokolls wurde der Umlegungsausschußunmittelbar vor der Anhörung der Beteiligten einge-hend über den bisherigen Verlauf der Angelegenheitinsgesamt informiert. Anschließend wurde dem Pe-tenten und seinem Rechtsanwalt Gelegenheit gege-ben, ihre Gründe vorzutragen. Der Petent hat dabeider Vorsitzenden eine ganze Reihe von Unterlagenübergeben, die � wie der Petent im Schreiben vom 12.Mai 1996 an den Landtag auch selbst vorträgt im we-sentlichen das Normenkontrollverfahren bezüglichdes Bebauungsplans betreffen. Erst danach hat derUmlegungsausschuß seine Entscheidung getroffen.

Soweit der Petent in diesem Zusammenhang bemän-gelt, eine sachliche Auseinandersetzung mit seinenArgumenten sei nicht erfolgt, trifft das ersichtlichnicht zu. Die Stadt hat sich mit dem Vorbringen desPetenten in den Verfahren bezüglich Bebauungsplan,

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Umlegungsbeschluß und Teilumlegungsplan immerwieder auseinandergesetzt und zur Grundlage ihrerEntscheidung über die vorzeitige Besitzeinweisunggemacht. Schon angesichts der Tatsache, daß der Pe-tent hier keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht hat,war eine nochmalige Wiederholung der bekanntenPositionen im Rahmen der Entscheidung über die vor-zeitige Besitzeinweisung nicht geboten und im übri-gen von § 77 BauGB auch nicht gefordert.

Auch die Entscheidung der Stadt, die ohne Genehmi-gung der Umlegungsstelle errichtete Einzäunungnicht zu entschädigen, ist nicht zu beanstanden. DasTiefbauamt hatte auf Wunsch des Petenten die östli-che Grundstücksgrenze im Rahmen der Beseitigungder Gebäude auf dem östlichen Nachbargrundstückim Mai 1995 eingezäunt. Die zwischenzeitlich vomPetenten darüber hinaus erstellte 1,8 m hohe Umzäun-ung stellt eine wertsteigernde bauliche Anlage dar, dieohne die nach § 51 BauGB erforderliche Genehmi-gung erstellt wurde und daher auch nicht zu entschä-digen ist.

Die Stadt hat im übrigen darauf hingewiesen, daß dervon der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht erfaßteGrundstücksbereich durch Entfernung des Zaunes imBereich der 284 m2 großen Teilfläche nach Süden oh-ne Einzäunung wäre und daher vom Tiefbauamt imZuge der Bauarbeiten durch einen Maschendrahtzaunverschlossen wird.

Soweit der Petent hinsichtlich des Fällens von Bäu-men ab dem 1. Juli 1996 (nach neuestem Stand sowie-so frühestens ab 15. September 1996 � siehe dazu bit-te unten) auf die Regelungen des Landesnaturschutz-gesetzes (LNatSchG) hinweist, ergibt sich folgendes:

Nach § 29 Abs. 3 LNatSchG ist das Fällen oder Rodenvon Bäumen in der Zeit vom 1. März bis 30. Septem-ber eines Jahres grundsätzlich verboten. Die Stadt hatinsoweit auf Abs. 5 dieser Vorschrift hingewiesen.Danach gilt Abs. 3 nicht für behördlich angeordneteoder zugelassene Maßnahmen, die im öffentlichen In-teresse nicht zu anderer Zeit oder auf andere Weisemit dem gleichen Ergebnis durchgeführt werden kön-nen, sowie für Maßnahmen, die im Einzelfall nachArt und Umfang den Schutzzweck nicht beeinträchti-gen können.

Die Stadt hat ergänzend dargelegt, daß auch die Kar-lsruher Baumschutzsatzung in diesem Fall nichtgreift, da ein in Kraft getretener Bebauungsplan zu-grunde liege und dort eine Baumerhaltung nicht vor-gesehen sei.

Bei dem vom Petenten genannten Jugendtreff handeltes sich um die Aufstellung einer hölzernen Baulei-tungsbaracke im nordöstlichen Randbereich des vor-gesehenen Regenrückhaltebeckens zur Nutzung für 3Jahre durch den Stadtjugendausschuß für die Kinder-und Jugendarbeit im Wohnviertel. Das Regierungs-präsidium als zuständige Genehmigungsbehörde hatdafür am 29. April 1996 eine bis 30. Juni 1999 befri-stete Genehmigung unter Erteilung einer Befreiungvon den Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt,weil dieses Provisorium nötig geworden war, nach-dem einerseits die bisherigen Räume nicht mehr zur

Verfügung standen und andererseits nach den Planun-gen der Stadt die (endgültige) Errichtung eines Ju-gendtreffs im südlichen Bereich des Gebiets Hags-feld-Geroldsäcker vorgesehen ist. Die Herstellung desRegenrückhaltebeckens, wie es im Bebauungsplanfestgesetzt ist, wird dadurch nicht beeinträchtigt.

Inwiefern der Petent aus dieser befristeten Genehmi-gung eine Ungleichbehandlung zu seinen Lasten ab-leiten will, ist nicht ersichtlich; denn sein Haus kann,wie oben dargelegt, aufgrund des Nießbrauchsrechtsbis zum Tod seiner Mutter von dieser genutzt werdenund damit derzeit auch stehen bleiben.

Kündigung des Nutzungsverhältnisses:

Der Petent nutzt seit Jahren eine an die westlicheGrenze seines Grundstücks anschließende Teilflächedes städtischen Grundstücks Flst.-Nr. 73359 (frühereFlst.-Nr. 66836). Mit Schreiben vom 10. Juni 1996teilte die Stadt dem Petenten mit, daß der Bebauungs-plan � wie bekannt � auf diesem Gelände eine Grün-fläche sowie ein Regenrückhaltebecken vorsehe. DieStadt kündige daher das bestehende unentgeltlicheNutzungsverhältnis zum 30. September 1996. Dage-gen erhob der Petent mit Schreiben vom 16. Juni 1996an die Stadt verschiedene Einwände; mit Schreibenvom gleichen Tag an den Landtag erstreckte er seinePetition auch auf diese Angelegenheit.

Soweit der Petent eine spätere Beendigung des Nut-zungsverhältnisses (etwa mit Rechtskraft des Umle-gungsplans) fordert, ist nicht ersichtlich, woraus sicheine Verpflichtung der Stadt ergeben sollte, auf dieAusübung der ihr zustehenden, sich aus dem Zivil-recht ergebenden � und vom Petenten auch nicht be-strittenen � Befugnisse als Eigentümerin des Grund-stücks zu verzichten. Im übrigen hat die Stadt einenachvollziehbare Begründung gegeben und dem Pe-tenten außerdem entgegenkommenderweise eineKündigungsfrist von 3 Monaten eingeräumt.

Der Petent hat schließlich in seinem Schreiben vom16. Juni 1996 geltend gemacht, die durch die Aufgabeder Nutzung entstehenden Kosten dürften nicht aufihn �abgewälzt� werden. Soweit in dem Kündigungs-schreiben gefordert worden war, der Petent solle dieauf der bisher genutzten Fläche vorhandenen Gebäudeabbrechen, hat die Stadt dem Petenten mit Schreibenvom 2. Juli 1996 mitgeteilt, daß dies von der Stadtübernommen wird (wie es auch im Umlegungsplanvorgesehen ist). Im gleichen Schreiben hat die Stadtihre Aufforderung im Kündigungsschreiben bestätigt,daß der Petent als bisheriger Nutzer � wie jeder ande-re Nutzer bei Beendigung des Nutzungsverhältnissesauch � die ursprünglich von ihm bzw. seiner Familieim eigenen Interesse erstellte Einfriedigung dieserFläche (Einzäunung und Eingangstor) zu beseitigenhat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daßder ursprüngliche Zaun und das Eingangstor an derVorderseite des Grundstücks Mitte der 70er Jahrebeim Gehwegbau (in die heutige Lage) versetzt wur-de, da dies durch und auf Kosten der Stadt geschah.Gleichzeitig hat die Stadt schließlich dargelegt, daßsich aus dieser Kündigung auch ein Anspruch des Pe-tenten auf Ersatz der Kosten für eine etwaige Neuer-

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richtung eines Zauns auf seiner Grundstücksgrenzeunabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer sol-chen Neuerrichtung etwa im Hinblick auf das Umle-gungsverfahren mangels entsprechender Anspruchs-grundlage im BGB nicht ergibt.

Die Stadt K. hat dem Petitionsausschuß mitgeteilt, daßdas Regenrückhaltebecken dringend gebaut werdenmuß, um Schäden an privaten und öffentlichen Grund-stücken zu vermeiden. Die vorzeitige Besitzeinwei-sung wurde am 10. September 1996 vollzogen.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Fischer

20. Petition 11/7129 betr. Krankenversicherungder Rentner

Der Petent begehrt als Verfolgter i. S. des Bundesent-schädigungsgesetzes (BEG) die Befreiung von derPflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung derRentner, um Ansprüche aus der Krankenversorgungnach dem BEG geltend machen zu können.

Der Petent bezieht seit 1. April 1975 Rente von derBundesversicherungsanstalt für Angestellte und istseit diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied in der Kranken-versicherung der Rentner. Diese Pflichtmitgliedschaftwurde bis einschließlich 31. Juli 1993 von der Be-triebskrankenkasse des Landes Berlin durchgeführt.Ab 1. August 1993, bedingt durch einen Wohnort-wechsel, wurde die AOK die für den Petenten zustän-dige Krankenkasse.

Der Petent begehrt die Befreiung von der Pflichtmit-gliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner,da er als Verfolgter i. S. des § 1 BEG Rente wegenSchadens an Körper oder Gesundheit mit einer Min-derung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. beziehe undihm aufgrund dieses Bezuges Anspruch auf Kranken-versorgung nach § 141 a ff. BEG zustehe. Für ihn seies nicht nachvollziehbar, daß er nach einer freiwilli-gen Mitgliedschaft bei der Betriebskrankenkasse desLandes Berlin Pflichtmitglied in der Krankenversi-cherung der Rentner geworden sei und für diese Mit-gliedschaft Beiträge zu zahlen habe und Zuzahlungenfür Medikamente usw. entrichten müsse. Das BEGbesage ausdrücklich, daß er Anspruch auf eine ko-stenlose Krankenversorgung habe. Die an den Petiti-onsausschuß des Deutschen Bundestags gerichtete Pe-tition des Petenten vom 13. Dezember 1995 wertetedie AOK als Antrag auf Befreiung von der Kranken-versicherung der Rentner. Mit Schreiben vom 25.März 1996 lehnte die AOK den Antrag des Petentenauf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft in derKrankenversicherung der Rentner wegen Fristver-säumnis ab. Dabei führte sie aus, auf Antrag werdevon der Versicherungspflicht befreit, wer durch einenAntrag auf Rente oder den Bezug von Rente versiche-rungspflichtig wird. Der Antrag auf Befreiung sei in-nerhalb von 3 Monaten nach dem Beginn der Versi-

cherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Dader Petent bereits seit 1. April 1975 Rente beziehe,könne dem Antrag nicht stattgegeben werden. Dasp. g. Schreiben der AOK ist mit einer Rechtsbehelfs-belehrung versehen.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kann die Be-arbeitung der Angelegenheit durch die AOK nicht be-anstandet werden.

1. Der Petent ist als Bezieher einer Rente aus der ge-setzlichen Rentenversicherung nach § 165 Abs. 1Nr. 3 Buchst. a Reichsversicherungsordnung (RVO)i. d. F. des Finanzänderungsgesetzes vom 21. De-zember 1967 (BGBl. 1 1967 S. 1259) seit 1. April1975 für den Fall der Krankheit pflichtversichertund Mitglied der Betriebskrankenkasse für dasLand Berlin. Nach vorgenannter Vorschrift sindunabhängig von ihrem Willen alle Personenpflichtversichert worden, welche die Voraussetzun-gen für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichenRentenversicherung oder der Rentenversicherungder Angestellten erfüllten und diese Rente bean-tragt hatten. Der Gesetzgeber hielt diese Personenfür schutzbedürftig und unterstellte sie der Versi-cherungspflicht. Voraussetzung für die Versiche-rungspflicht in der Krankenversicherung der Rent-ner war, daß diese Personen nicht als Arbeiter oderAngestellte oder nach anderen gesetzlichen Vor-schriften versichert waren. Eine die Pflichtversi-cherung der Rentner ausschließende anderweitigeVersicherung des Petenten zum damaligen Zeit-punkt ist hier nicht bekannt und wurde von der Be-triebskrankenkasse für das Land Berlin bei ihrerEntscheidung über die Versicherungspflicht desPetenten in der Krankenversicherung der Rentnerauch nicht berücksichtigt.

Nach § 173 a RVO i. d. F. des Finanzänderungsge-setzes 1967 wurde auf Antrag von der Versiche-rungspflicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO nur be-freit, wer bei einem Krankenversicherungsunter-nehmen versichert war und für sich und seine An-gehörigen, für die ihm Familienkrankenpflege zu-steht, Vertragsleistungen erhielt, die der Art nachden Leistungen der Krankenhilfe entsprechen. Zudiesem Personenkreis gehörte der Petent nach sei-nen eigenen Angaben nicht, weshalb die Befreiungvon der Versicherungspflicht in der Krankenversi-cherung der Rentner auch nicht in Betracht kam.

Nach Art. 56 Abs. 4 des Gesundheitsreformgesetzesvom 20. Dezember 1988 (BGBl. 1988 1 S. 2477)konnte bis zum 30. Juni 1989 bei der Krankenkassedie Befreiung von der Versicherungspflicht alsRentner beantragen, wer am 31. Dezember 1988aufgrund des Bezuges einer Rente aus der gesetzli-chen Rentenversicherung versicherungspflichtigwar. Die Befreiung wirkte vom 1. Juli 1989 an undkonnte nicht widerrufen werden. Von dieser Mög-lichkeit der Befreiung von der Versicherungspflichtin der Krankenversicherung der Rentner hat der Pe-tent keinen Gebrauch gemacht.

Nach der derzeit geltenden Vorschrift des § 8Abs. 1 Nr. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB

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V) wird auf Antrag von der Versicherungspflichtbefreit, wer durch den Antrag auf Rente oder denBezug von Rente versicherungspflichtig wird. DerAntrag auf Befreiung ist innerhalb von 3 Monatennach Beginn der Versicherungspflicht bei derKrankenkasse zu stellen. Da der Petent bereits seit1. April 1975 Rente bezieht, lehnte die AOK denAntrag des Petenten vom 13. Dezember 1995 (Peti-tionsschreiben) auf Befreiung von der Versiche-rungspflicht in der Krankenversicherung der Rent-ner mit Schreiben vom 25. März 1996 zu Recht ab.Das Verhalten der AOK ist aufsichtsrechtlich nichtzu beanstanden.

2. Der Petent ist Verfolgter und bezieht eine Rentewegen Schadens an Körper oder Gesundheit nachdem BEG. Der Anspruch auf kostenlose Kranken-versicherung nach dem BEG setzt jedoch voraus,daß kein entsprechender Anspruch gegen einen So-zialversicherungsträger (§ 141 a Abs. 3 Nr. 1 BEG)besteht. Da der Petent für den Fall der Krankheitaufgrund seiner Pflichtmitgliedschaft in der Kran-kenversicherung der Rentner versichert ist, ist dersubsidiäre Anspruch nach dem BEG ausgeschlos-sen. Die Geltendmachung eines entsprechendenAnspruches nach dem BEG ist dem Petenten dahernicht möglich.

Pflichtmitglieder in der Krankenversicherung derRentner sind zur Entrichtung von Beiträgen ver-pflichtet. Der Beitragsbemessung werden der Zahl-betrag der Rente der gesetzlichen Rentenversiche-rung, der Zahlbetrag der der Rente vergleichbarenEinnahmen (Versorgungsbezüge) und das erzielteArbeitseinkommen zugrunde gelegt. Im Falle desPetenten werden die aus seiner Rente zu berech-nenden Beiträge vom Träger der Rentenversiche-rung und von ihm jeweils zur Hälfte getragen. DieBeiträge aus seinen Versorgungsbezügen hat derPetent alleine zu tragen. Diese Beitragslast habensämtliche Versicherungspflichtige mit Rentenbe-zug zu tragen und entspricht der in der gesetzlichenKrankenversicherung geltenden Äquivalenz zwi-schen Beiträgen und Leistungen. Zuzahlungen zuArznei- und Verbandsmittel und zu Hilfsmittelnhaben sämtliche Versicherte der gesetzlichen Kran-kenversicherung im vorgeschriebenen Umfang zuleisten. Soweit Versicherte durch die gesetzlichfestgelegten Zuzahlungen unzumutbar belastet wer-den, gibt es die Möglichkeit der vollständigen oderder teilweisen Befreiung. Die AOK gibt hierzu dieentsprechenden Auskünfte.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Haas

21. Petition 11/6690 betr. Ausstellung eines Ver-triebenenausweises, Bleiberecht

Die Petentin begehrt die Ausstellung eines Vertriebe-nenausweises, hilfsweise ein Bleiberecht im Bundes-gebiet, das ihr und ihrem Ehemann die Fortführungder beruflichen gewerblichen Tätigkeit ermöglicht.

Die Petentin, eine 32jährige polnische Staatsangehöri-ge, reiste mit einem Besuchsvisum im November1989 in das Bundesgebiet ein.

Im Dezember 1989 erhielt sie in der Außenstelle desBundesverwaltungsamts in Bramsche einem Regi-strierschein. Im Januar 1990 stellte die Petentin denAntrag auf Ausstellung eines Vertriebenenausweises.Den Antrag hat die untere Eingliederungsbehörde imJuli 1991 abgelehnt.

Der von der Petentin dagegen erhobene Widerspruchwurde im Januar 1993 zurückgewiesen. Die daraufhinbeim Verwaltungsgericht eingereichte Klage wurdeim November 1994 abgewiesen.

Die dagegen eingelegte Berufung beim Verwaltungs-gerichtshof Baden-Württemberg wurde im März 1996zurückgenommen. Das Urteil des Verwaltungsge-richts ist rechtskräftig. Die Petentin betreibt mit ihremEhemann ein Fuhrunternehmen.

Die Petentin kann keinen Vertriebenenausweis erhal-ten, da sie nicht Vertriebene nach § 1 Abs. 2 Nr. 3Bundesvertriebenengesetz (BVFG) ist. Denn sie hatdas Herkunftsgebiet nicht als deutsche Staatsan-gehörige oder deutsche Volkszugehörige verlassen.

Die Petentin ist unstreitig polnische Staatsangehörige.Sie ist auch keine deutsche Volkszugehörige nach § 6BVFG.

Als Spätgeborene könnte die Petentin nur dann deut-sche Volkszugehörige sein, wenn sich zumindest einElternteil oder Großelternteil zum deutschen Volks-tum bekannt hätte, und dieses Bekenntnis an die Pe-tentin im Sinne einer Prägung weitergegeben wordenwäre. Es fehlt aber bereits an dem Bekenntnis einesEltern- oder Großelternteils. Die Petentin beruft sichzwar auf ihre Großeltern mütterlicherseits als Bezugs-personen. Aus der Stellungnahme der Heimataus-kunftstelle zur Volkszugehörigkeit der Großelternmütterlicherseits der Petentin ergibt sich, daß sie pol-nische Volkszugehörige sind. Im übrigen wird auf dasrechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11.November 1994 verwiesen. Das Urteil stellt fest, daßbereits das Bekenntnis eines Eltern- oder Großeltern-teils zum deutschen Volkstum fehlt und sich deshalbdie Petentin auch nicht zum deutschen Volkstum be-kannt haben kann. Auf die deutschen Sprachkenntnis-se der Petentin kommt es deshalb nicht an.

Die Petentin kann aufgrund der Vertriebeneneigen-schaften ihrer nächsten Verwandten keine eigenenRechte geltend machen, denn die Voraussetzungensind individuell zu prüfen.

Der Petition kann vertriebenenrechtlich nicht abge-holfen werden. Der Petition wurde ausländerrechtlichabgeholfen.

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Die Petentin und ihr Ehemann haben nach Nr. 2 derVerwaltungsvorschrift des Innenministeriums nach§ 32 Ausländergesetz über die ausländerrechtliche Be-handlung vor dem 1. Juli 1990 eingereister, abgelehn-ter Vertriebenenausweisbewerberinnen und -bewerbervom 4. September 1995 eine Aufenthaltsbefugnis mitder Auflage erhalten, die ihnen die selbständige Er-werbstätigkeit als Fuhrunternehmer weiterhin gestat-tet.

Beschlußempfehlung:

Die Petition wird, nachdem ihr ausländer-rechtlich abgeholfen wurde, für erledigt er-klärt. Vertriebenenrechtlich kann ihr nichtabgeholfen werden.

Berichterstatter: Redling

22. Petition 12/69 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Die Petenten begehren ein Bleiberecht für die Bun-desrepublik Deutschland.

Bei den Petenten handelt es sich um einen 1966 gebo-renen vormals sowjetischen Staatsangehörigen litaui-scher Volkszugehörigkeit mit seiner ebenfalls 1966geborenen Ehefrau, die die litauische Staatsan-gehörigkeit besitzt, und dem gemeinsamen, 1994 inDeutschland geborenen Kind.

Der Petent reiste am 5. Oktober 1990 zusammen mitseiner Mutter mit einem Besuchsvisum, ausgestelltvon der Deutschen Botschaft in Moskau, in die Bun-desrepublik Deutschland ein und beantragte seine An-erkennung als Asylberechtigter. Bis zu seiner Einreisenach Deutschland lebte er in Litauen.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1994 lehnte das Bun-desamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlin-ge den Asylantrag des Petenten ab und stellte gleich-zeitig fest, daß weder die Voraussetzungen des § 51Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach§ 53 AuslG vorliegen. Das Bundesamt forderte denPetenten zudem unter Androhung der Abschiebungzur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland auf.Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies dasVerwaltungsgericht durch rechtskräftiges Urteil vom9. März 1995 ab. Die Abschiebungsandrohung ist seit15. Mai 1995 vollziehbar.

Die Ausreisepflicht konnte bislang nicht durchgesetztwerden, weil der Petent nicht im Besitz eines gültigenRückreisedokumentes ist. Für den Petent liegt ein am10. September 1995 abgelaufener Reisepaß der ehe-maligen Sowjetunion vor. Außerdem ist ein im De-zember 1990 bei der Einreise aus Frankreich in dieBundesrepublik Deutschland ausgestellter litauischerPaß vorhanden. Dieser Paß wurde durch die litauischeGesandtschaft in Frankreich ausgestellt und war bis23. November 1994 gültig.

Nach anfänglicher Weigerung, an Paßbeschaffungs-maßnahmen mitzuwirken, hat der Petent nun einen

Paßantrag ausgefüllt, welcher im Juni 1996 an dieBotschaft der Republik Litauen in Bonn geschicktwurde. Eine Antwort der Litauischen Botschaft stehtnoch aus. Von einer Staatenlosigkeit des Petentenkann zumindest bis zu einer Äußerung der litauischenBehörden nicht ausgegangen werden. Da eine Ab-schiebung des Petenten infolge Paßlosigkeit austatsächlichen Gründen nicht möglich, wird er derzeitgemäß §55 Abs. 2 AuslG geduldet. Die Duldung wur-de mit der auflösenden Bedingung versehen, daß die-se erlischt, sobald gültige Rückreisedokumente vor-liegen.

Die Ehefrau und Petentin reiste im November 1992mit einem Besuchsvisum, ausgestellt durch die Deut-sche Botschaft in Wilna, in die BundesrepublikDeutschland ein. Die Petentin ist im Besitz eines bis17. Juli 2011 gültigen litauischen Reisepasses. Nach-dem die Petenten im Januar 1993 in Deutschland dieEhe geschlossen hatten, wurde die Petentin ununter-brochen im Hinblick auf das anhängige Asylverfahrendes Petenten ausländerrechtlich geduldet. Sie selbsthat keinen Asylantrag gestellt. Die Petentin ist derzeitschwanger und wegen der Gefahr einer Frühgeburtreiseunfähig. Der voraussichtliche Entbindungsterminliegt im November 1996. Die Petentin wird deswegenzur Zeit gemäß § 55 Abs. 2 AuslG ebenfalls auslän-derrechtlich geduldet. Eine Abschiebungsandrohunghat die Ausländerbehörde gegenüber der Petentin bis-lang nicht erlassen.

Für das 1994 geborene Kind der Petenten wurdeebenfalls kein Asylantrag gestellt. Das Kind wird, wieseine Eltern, derzeit ausländerrechtlich geduldet. Fürdas Kind wurde im Juni 1996 ebenfalls ein litauischerReisepaß beantragt. Eine Antwort der litauischenBehörden liegt noch nicht vor. Auch gegenüber demKind wurde bislang keine Abschiebungsandrohungverfügt.

Die Petenten gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Siebeziehen Leistungen nach dem Asylbewerberleis-tungsgesetz.

In Deutschland leben die Eltern des Petenten und Ge-schwister. Der Vater ist als Asylberechtigter aner-kannt. Die Mutter des Petenten, deren Asylantragrechtskräftig abgelehnt wurde, hat dadurch ein Auf-enthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland er-langt, daß sie und der Vater des Petenten erneut heira-teten und ihr aufgrund dessen eine Aufenthaltserlaub-nis im Rahmen des Ehegattennachzugs nach § 18AuslG erteilt werden konnte. Der Bruder des Petentenund dessen Familie leben in derselben Gemeinde. DasAsylverfahren des Bruders ist ebenfalls rechtskräftignegativ abgeschlossen. Da auch dieser nicht über gül-tige Rückreisedokumente verfügt, wird auch er gedul-det. Über die in der Petitionsschrift erwähnte Schwe-ster des Petenten liegen keine Erkenntnisse vor. Übersonstige Verwandte, die in Deutschland leben, ist derAusländerbehörde nichts bekannt.

Soweit sich der Petent auf politische Verfolgung bzw.das Vorliegen von Abschiebungshindernissen im Sin-ne des § 51 und 53 AuslG beruft, ist die Petition derZuständigkeit des Landes entzogen.

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Die Entscheidung über das Vorliegen politischer Ver-folgung � auch im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG � istbeim Bundesamt für die Anerkennung ausländischerFlüchtlinge konzentriert. Nach dem Asylverfahrens-gesetz entscheidet das Bundesamt für die Anerken-nung ausländischer Flüchtlinge auch über das Vorlie-gen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslGund erläßt die Abschiebungsandrohung. Die Entschei-dungen des Bundesamts für die Anerkennung auslän-discher Flüchtlinge sind für die Ausländerbehördendes Landes bindend. Das Land hat deshalb insoweitkeine Prüfungs- und Entscheidungskompetenz mehr.Die Petition wurde insoweit an den Petitionsausschußdes Deutschen Bundestags in Bonn abgegeben.

Der Petent hat das Bundesgebiet wieder zu verlassen,da er keine Anerkennung als Asylberechtigter gefun-den hat und ihm auch aus anderen Gründen nicht derweitere Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht wer-den kann. Die Ausreisepflicht des Petenten ist voll-ziehbar. Die Zulässigkeit der Abschiebung ist rechts-kräftig festgestellt; Abschiebungshindernisse bestehennicht. Es besteht eine unmittelbare gesetzliche Pflichtder Ausländer, die zur Durchführung eines Asylver-fahrens in das Bundesgebiet eingereist sind und derenAsylantrag abgelehnt wurde, die BundesrepublikDeutschland wieder zu verlassen. Der Aufenthalt desPetenten im Bundesgebiet muß deshalb beendet wer-den. Die Ausländerbehörde ist rechtlich gehindert,seinen Aufenthalt zu verlängern. Sobald für ihn gülti-ge Rückreisedokumente vorliegen, besteht für die Er-teilung einer Duldung keine Rechtsgrundlage mehr.Der Petent hat spätestens dann bzw. nach wiederher-gestellter Reisefähigkeit seiner Ehefrau das Bundes-gebiet wieder zu verlassen.

Aus asylverfahrensunabhängigen Gründen kann demPetenten ein Aufenthaltsrecht für die BundesrepublikDeutschland nicht eingeräumt werden.

Ihm kann insbesondere nicht eine Aufenthaltserlaub-nis im Rahmen des Familiennachzugs zu seinen El-tern erteilt werden.

Ein Familiennachzug volljähriger Kinder zu Elternund Geschwistern ist nach § 22 AuslG nur möglich,wenn er zur Vermeidung einer außergewöhnlichenHärte erforderlich ist. Dies ist nach der ständigenRechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Ba-den-Württemberg dann der Fall, wenn entweder dernachzugswillige Ausländer oder der in Deutschlandlebende Familienangehörige auf die besondere per-sönliche Lebenshilfe des anderen angewiesen ist (z. B.bei Pflegebedürftigkeit) und sich diese Hilfe nur inder Bundesrepublik Deutschland erbringen läßt.

Anhaltspunkte dafür bestehen nicht. Es ist für den Pe-tenten zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehrenund den Kontakt mit seiner Familie durch Besuche,Briefe und Telefonate aufrecht zu erhalten.

Der Petentin kann ebenfalls keine Aufenthaltserlaub-nis erteilt werden.

Ihr kann schon deswegen keine Aufenthaltsgenehmi-gung erteilt werden, da sie mit einem Visum einge-reist ist, das aufgrund der Angaben der Petentin im

Visumsantrag ohne die für einen Daueraufenthalt er-forderliche Zustimmung der Ausländerbehörde erteiltworden ist. § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Ausländergesetzes(AuslG) verbietet deshalb zwingend die Erteilung ei-ner Aufenthaltsgenehmigung durch eine inländischeAusländerbehörde. Eine Ausnahme wäre nach § 9Abs. 1 Nr. 2 AuslG nur möglich, wenn die Petentin of-fensichtlich einen Anspruch auf Erteilung einer Auf-enthaltsgenehmigung hätte. Dies ist jedoch nicht derFall. Der Petentin darf deshalb aus Rechtsgründen vorder Ausreise eine Aufenthaltsgenehmigung nicht er-teilt werden; insoweit besteht kein Ermessensspiel-raum.

Die durch diesen gesetzlichen Versagungsgrund gesi-cherte Beteiligung der Ausländerbehörde im Visums-verfahren hat nicht lediglich Ordnungsfunktionen.Die Beteiligung der Ausländerbehörde bei der Ent-scheidung über einen Daueraufenthalt ist vielmehrGrundbedingung der rechtmäßigen Einreise und desrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet. Die Be-teiligung der Ausländerbehörde an diesem Verfahrenschützt das bedeutsame öffentliche Interesse, daß diebei einem Aufenthalt letztlich zuständige Behördeüber ein Aufenthaltsbegehren entscheiden kann, so-lange sich der Ausländer noch im Ausland aufhält.

Nach der Ausreise ist die deutsche Auslandsvertre-tung im Heimatland der Petentin, also eine Bundes-behörde, für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmi-gung ausschließlich zuständig.

Die Ausländerbehörden des Landes haben insofernkeine Zuständigkeit. Für den Fall, daß die Petentin beider deutschen Auslandsvertretung eine Aufenthaltsge-nehmigung beantragt und diese die Ausländerbehördedes Landes am Verfahren beteiligt, wird darauf hinge-wiesen, daß keinerlei Rechtsgrundlage besteht, wo-nach der Petentin eine Aufenthaltsgenehmigung er-teilt werden könnte.

Für einen Familiennachzug zu den Schwiegerelterngilt das oben für den Petenten Gesagte.

Die Petentin kann lediglich noch solange ausländer-rechtlich geduldet werden, wie sie aufgrund der beste-henden Schwangerschaft reiseunfähig ist. Spätestenshat sie das Bundesgebiet aber dann zu verlassen,wenn auch die Rückführung ihres Ehemannes mög-lich geworden ist.

Das Kind der Petenten teilt aufenthaltsrechtlich derenSchicksal.

Den Petenten kann letztlich auch nicht eine Aufent-haltsbefugnis gemäß §32 AuslG nach der durch dieInnenministerkonferenz am 29. März 1996 beschlos-senen Härtefallregelung für ausländische Familien mitlangjährigem Aufenthalt erteilt werden. Die Petentensind nach dem maßgeblichen Stichtag 1. Juli 1990 indie Bundesrepublik Deutschland eingereist. Daß diePetenten sich zusammen mit ihrem Kind offenbar guteingelebt haben, kann zu keinem Bleiberecht führen.Das Bemühen, sich in Deutschland zu integrieren undsich künftig ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mit-tel eine neue Existenz aufzubauen, kann keineBerücksichtigung finden. Die Petenten befinden sich

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insoweit in keiner anderen Situation als andere Aus-länder auch, die nach erfolglosem Asylverfahren wie-der in ihr Heimatland zurückkehren müssen.

Auch im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehand-lung kann keine andere Entscheidung getroffen wer-den.

Das Innenministerium teilte zu der Petition ergänzendfolgendes mit:

Durch die Botschaft der Republik Litauen in Bonn istzwischenzeitlich bestätigt worden, daß der PetentStaatsangehöriger der Republik Litauen ist und daßfür ihn und den 1994 geborenen Sohn Heimreisedo-kumente ausgestellt werden, sobald das genaue Reise-datum mitgeteilt wird.

Der Aufenthalt der Familie muß beendet werden, so-bald die Reisefähigkeit der Petentin nach der Entbin-dung wiederhergestellt sein wird.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Redling

23. Petition 11/6892 betr. Sozialhilfe, Obdachlosen-Unterbringung

Der Petent wendet sich gegen die Einstellung der ihmvom Kreissozialamt bisher gewährten Hilfe zum Le-bensunterhalt und begehrt die Weitergewährung derHilfe. Ferner begehrt er, auf die Stadt M. dahin ge-hend einzuwirken, daß diese ihm eine �Bleibe� zu-weise, da er obdachlos sei.

Nach Angaben des Sozialhilfeträgers lebt der Petent ineinem Wohnmobil und erhält laufende Hilfe zum Le-bensunterhalt. Diese wurde zum 30. November 1995eingestellt, weil dem Kreissozialamt Aussagen des Pe-tenten bekannt würden, er gehe ins Ausland. Am 6.November 1995 begehrte der Petent beim Verwal-tungsgericht S. das Kreissozialamt im Wege der einst-weiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 1.Dezember 1995 weiterhin laufende Hilfe zum Leben-sunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG)zu gewähren.

Mit Beschluß vom 29. November 1995 hat das Ver-waltungsgericht S. den Antrag des Petenten auf Erlaßeiner einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Inder Begründung dieser Entscheidung wird ausgeführt,der Petent habe keinen Anordnungsgrund glaubhaftgemacht. Die Einstellung der laufenden Hilfe zum Le-bensunterhalt durch den Bescheid des Kreissozialamtsvom 30. Oktober 1995 für den Zeitraum ab 1. Dezem-ber 1995 sei keine Aufhebung eines begünstigendenVerwaltungsaktes, sondern die Nichtbewilligung vonlaufender Hilfe zum Lebensunterhalt für den nächstenZeitraum. Da die laufende Hilfe zum Lebensunterhaltzeitabschnittsweise, in der Regel monatlich, bewilligtwerde und das Kreissozialamt mit Schriftsatz vom 17.November 1995 ausgeführt habe, daß bei Vorliegen

der gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere desweiteren Aufenthalts des Petenten im Bereich desKreissozialamts, weiterhin laufende Hilfe zum Leben-sunterhalt gewährt werde, sei ein Anordnungsgrundfür den Erlaß einer einstweiligen Anordnung durchdas Gericht nicht ersichtlich.

Gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts S. vom29. November 1995 hat der Petent fristgemäß Be-schwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Würt-temberg eingelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatdie Beschwerde des Petenten mit Beschluß vom 17.Januar 1996 zurückgewiesen. Der Petent habe � soder Verwaltungsgerichtshof in den Gründen seinerEntscheidung � dem Senat nicht glaubhaft gemacht,daß er ohne die begehrte gerichtliche Anordnung ineine akute Notlage geriete. Im Gegenteil habe dasKreissozialamt dargetan, daß dem Petenten am 5. De-zember 1995 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt so-wie weitere einmalige Leistungen im Dezember 1995ausbezahlt wurden, und glaubhaft versichert, daß auchfür Januar 1996 und die nachfolgende Zeit in gleicherWeise Hilfe gewährt werde, sofern nur hinreichendfeststeht, daß der wohnsitzlose Antragsteller sichtatsächlich im Gebiet des Kreissozialamtes aufhalte.Bei dieser Sachlage aber sei für den Erlaß einer einst-weiligen Anordnung kein Raum.

Nach Angaben des Sozialhilfeträgers hat der Petentzwischenzeitlich mitgeteilt, daß er sich weiterhin imBereich des Kreissozialamts aufhält. Das Sozialamtgewährt ihm daher seit 1. Dezember 1995 wieder lau-fende Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese wird aller-dings nur noch wöchentlich über das Bürgermeister-amt der Gemeinde S. ausgezahlt, weil nur so einiger-maßen sichergestellt werden könne, daß das Kreisso-zialamt auch tatsächlich in örtlicher Zuständigkeit lei-stet. Insoweit ist die Petition gegenstandslos gewor-den. An dem dauernden Aufenthalt des Petenten imZuständigkeitsbereich des Sozialamtes hat der Sozial-hilfeträger erhebliche Zweifel geäußert.

Soweit in der Petition polizeirechtlich zu bewertendeFragen einer Obdachlosenunterbringung angespro-chen werden, hat das Innenministerium eine Stellun-gnahme des zuständigen Landratsamts vorgelegt, ausder sich im wesentlichen folgendes ergibt:

Mit Schreiben vom 7. März 1994 beklagte sich derPetent bei der Stadtverwaltung M., er sei wohnungs-los und bitte um Überlassung einer Wohnung.

Am 5. April 1994 begehrte der Petent beim Sozialge-richt S. die Stadt M. im Wege der einstweiligen An-ordnung zu verpflichten, ihm eine Wohnung zur Ver-fügung zu stellen, da sie ihn zum Wohnsitzlosen ge-macht habe. Mit Beschluß vom 25. April 1994 ver-wies das Sozialgericht S. den Rechtsstreit wegen Un-zuständigkeit an das Verwaltungsgericht S. Mit Urteilvom 14. November 1995 (Az. 18K1826/94) wies dasVerwaltungsgericht S. die Klage des Petenten ab. DieGewährung von Prozeßkostenhilfe lehnte das Verwal-tungsgericht S. bereits mit Beschluß vom 13. Oktober1995 ab. Hiergegen legte der Petent am 15. Novemberbzw. 21. November 1995 beim Verwaltungsgerichts-

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hof Baden-Württemberg Beschwerde ein, über dienoch nicht entschieden wurde.

Nach Bewertung durch das Landratsamt, die vom In-nenministerium in vollem Umfang geteilt wird, kannder Petition in polizeirechtlicher Hinsicht nicht abge-holfen werden. Nach dem Auszug aus der Wohnungin M. Ende 1992 wurde der Petent nicht wohnsitzlos.Nach seinen eigenen Angaben in zahlreichen Schrei-ben besaß er in der Folgezeit eine Adresse in S. Auchin seinem Brief vom 18. Juli 1995 an das Verwal-tungsgericht S. verwendete er diese Adresse. Am 25.Oktober 1995 schrieb der Petent das Verwaltungsge-richt S. nochmals mit der Adresse in S. an, vermerktejedoch nun, daß es sich ausschließlich um eine Post-anschrift handeln würde.

Zu keiner Zeit gab der Petent an, daß er seinentatsächlichen bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in M ha-be. Er trug lediglich vor, daß er lange Zeit in M seinenWohnsitz gehabt hätte und sich dort heimisch fühlenwürde. Da der Petent nicht durch die Stadt M. ob-dachlos geworden ist, sondern im Folgezeitraumselbst als Adresse die Stadt S. angegeben hatte, ist dieStadt M. für die Zuweisung einer Obdachlosenunter-kunft nicht zuständig. Aus diesem Grund ist auch dieKlage des Petenten gegen die Stadt M. vor dem Ver-waltungsgericht S. zurückgewiesen worden.

Beschlußempfehlung:

Soweit sich die Petition nicht erledigt hat,kann ihr nicht abgeholfen werden

Berichterstatter: Schmiedel

24. Petition 11/7050 betr. Antrag auf Höhergrup-pierung von Lehrern, Anerkennung frühererBeschäftigungszeiten

Die Petentin, die seit 15. August 1992 wieder imSchuldienst des Landes beschäftigt ist begehrt die An-rechnung ihrer früheren Tätigkeit als Fachlehrerin imAngestelltenverhältnis vom 1, Dezember 1966 bis 2.März 1972 auf ihre Beschäftigungs- und Dienstzeitsowie auf ihre Dienstzeit für die Gewährung der Ju-biläumszuwendung. Die Anrechnung dieser Vor-dienstzeiten ist jedoch gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 bzw.§ 20 Abs. 3 BAT nicht möglich, da die Petentin dasAngestelltenverhältnis zum 2. März 1972 (Ende derMutterschutzfrist) gekündigt hat. Das zuständige Lan-desamt für Besoldung und Versorgung Baden-Würt-temberg kann in dieser Hinsicht dem Anliegen der Pe-tentin nicht entsprechen.

Die Petentin begehrt wohl hauptsächlich eine höhereVergütung, die sie sich durch die Anrechnung derVordienstzeiten erhofft. Für die Höhe der Vergütungist jedoch gemäß § 27 Abschn. A BAT das Lebensal-ter ausschlaggebend, so daß die Petentin aufgrund ih-res Lebensalters bereits die ihrer Grundvergütung zu-grunde zu legende zweithöchste Lebensaltersstufe er-reicht hat. Auch bei Berücksichtigung weiterer Vor-

dienstzeiten würde sich die derzeitige Grundvergü-tung der Petentin nur noch um 7,15 DM monatlich er-höhen.

Die Petentin ist seit Abschluß ihrer Fachlehrerausbil-dung im Jahr 1970 in einem zweiten Unterrichtsfachgemäß Nr. 3.1.11 der Eingruppierungsrichtlinien desFinanzministeriums vom 3. August 1992 (AmtsblattK. u. U. S. 499) in die Vergütungsgruppe V b BATeingruppiert und wird nach achtjähriger Bewährung indieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe indie Vergütungsgruppe IV b BAT höhergruppiert. Aufdie achtjährige Bewährungszeit können alle Zeiten,die die Petentin in einer entsprechenden Tätigkeit ver-bracht hat, angerechnet werden. Dies sind die Zeitenab 1970 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Schul-dienst im Jahre 1972 (zwei Jahre) und die Zeiten abihrem Wiedereintritt in den Schuldienst am 15. Au-gust 1992. Danach kann die Petentin voraussichtlichzum 1. September 1998 im Wege des Bewährungs-aufstiegs nach Vergütungsgruppe IV b BAT höher-gruppiert werden. Ihre Bruttovergütung würde dannhöher sein als die Bruttobezüge eines vergleichbarenBeamten. Wenn die Petentin dann noch immer nettoweniger als ein vergleichbarer Fachlehrer im Beam-tenverhältnis gezahlt bekäme, würde dies mit denBeiträgen zur Sozialversicherung und möglicherweisemit einer höheren Besteuerung zusammenhängen.Nach den zur Zeit maßgebenden Vergütungssätzenwürde sich die Vergütung der Petentin bei einerHöhergruppierung von Vergütungsgruppe V b BATnach Vergütungsgruppe IV b BAT um 502,81 DM er-höhen.

Beschlußempfehlung:

Die Petition wird mit den Ausführungen derRegierung für erledigt erklärt

Berichterstatter: Schmiedel

25. Petition 11/7156 Sozialhilfe

Der Petent wendet sich gegen die Behandlung seinerSozialhilfeangelegenheit durch den Sozialhilfeträger,der ihm nach seiner Auffassung eine Vielzahl von So-zialhilfeleistungen zu Unrecht versage.

Der eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehende Petentund dessen Ehefrau, die seit Dezember 1990 eine Al-tersrente bezieht, erhielten vom Sozialhilfeträger abdem Winterhalbjahr 1990/91 einmalige Beihilfen imRahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt, vor allem inForm der Weihnachtsbeihilfe, Brennstoffbeihilfe undBekleidungsbeihilfe. Laufende Hilfe zum Lebensun-terhalt wurde und wird ihnen nicht gewährt.

Wegen der Anrechnung von künftigem Einkommennach §21 Abs. 2 BSHG hat der Sozialhilfeträger abdem Jahre 1993 die Anträge des Petenten auf Ge-währung der eingangs genannten einmaligen Beihil-fen zumeist abgelehnt. Einen Antrag des Petenten undseiner Ehefrau auf Erlaß einer einstweiligen Anord-

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nung, die gewährleisten sollte, daß dem Petenten diein den Jahren 1993 und 1994 beantragten einmaligenBeihilfeleistungen vorläufig unter dem Vorbehalt derRückforderung ausgezahlt werden, hat das Verwal-tungsgericht im Beschlußverfahren zurückgewiesen.Das Verwaltungsgericht hat dabei klargestellt, daßden Antragstellern aufgrund ihrer Einkommensver-hältnisse kein Anspruch auf die begehrten einmaligen(weiteren) Beihilfen zustehen.

Über einen Antrag des Petenten auf Gewährung vonBeihilfen zur Beschaffung der Winterfeuerung, zurBeschaffung von Bekleidung und den Antrag auf Ge-währung einer Weihnachtsbeihilfe vom 11. Dezember1995 hat der Sozialhilfeträger mit Bescheid vom 17.Januar 1996 abschlägig entschieden. Ein hiergegeneingelegter Widerspruch blieb erfolglos; nach Akten-lage des Sozialhilfeträgers hat der Petent keine Klageerhoben.

Der Hinweis des Petenten, daß der Sozialhilfeträgerbei seiner Entscheidung über diese Anträge die Be-stimmung des § 87 Abs. 1 BSHG zu Unrecht nicht be-achtet habe, trifft nicht zu. Die Regelung, wonach derEinsatz des Einkommensteils, der bei mehrfachemBedarf bereits verbraucht ist, nicht berücksichtigtwerden darf, bezieht sich nämlich allein auf die Ge-währung von Hilfen in besonderen Lebenslagen nach§§ 27 ff. BSHG. Bei den vom Petenten beantragtenLeistungen handelt es sich hingegen um Hilfen zumLebensunterhalt nach 11 ff. BSHG.

Auch die Auffassung des Petenten zur Mehrbedarfs-vorschrift des § 23 BSHG, mit der er eine Erhöhungseines sozialhilferechtlichen Bedarfes geltend macht,indem er neben dem Mehrbedarf wegen Erwerbsun-fähigkeit einen weiteren Mehrbedarf wegen Errei-chens der Altersgrenze begehrt, trifft nicht zu. DieEntscheidung des Sozialhilfeträgers, wonach dieMehrbedarfszuschläge wegen Alters und wegen Er-werbsunfähigkeit sich gegeneinander ausschließenund die Vorausetzungen zur Anerkennung weitererMehrbedarfszuschläge nicht vorliegen, wurde bereitsim vorläufigen Rechtsschutzverfahren durch das Ver-waltungsgericht bestätigt. Bezüglich des geltend ge-machten Mehrbedarfs wegen Ernährung wurde derPetent aufgefordert, den ihm bereits am 17. Januar1996 übersandten Vordruck eines ärztliches Attesteszurückzusenden.

Der vom Sozialhilfeträger dem Süddeutschen Rund-funk vorgelegte Antrag auf Rundfunkbefreiung hattezunächst einen ablehnenden Tenor. Die auf Interven-tion des Petenten durchgeführte nochmalige Prüfungergab, daß bei der Ermittlung der wirtschaftlichenVerhältnisse des Petenten, die Miete zunächst in zugeringer Höhe berücksichtigt wurde. Zwar lag dervom Sozialhilfeträger im Anschluß an die erneutePrüfung ausgesprochenen Rundfunkbefreiung man-gels eigener Zuständigkeit ein Formmangel zugrunde,im Hinblick darauf, daß diese Entscheidung des So-zialhilfeträgers jedoch zugunsten des Petenten ergan-gen ist und die Rundfunkanstalt die Entscheidung desSozialhilfeträgers im Ergebnis mitträgt, hat der Petenthieraus keinen finanziellen Nachteil erlitten. Über denvom Petenten gegenüber der Rundfunkanstalt be-

schrittenen Rechtsweg hatte der Sozialhilfeträgernach dessen Angaben keine Kenntnis.

Dem Petenten stehen auch keine Ansprüche aus den§§39 ff., 72 und 75 BSHG zu. Soweit der Petent Maß-nahmen im Rahmen der Eingliederungshilfe begehrt,ist zu bemerken, daß hier nur konkrete Maßnahmengewährt werden. Hilfen, die einer behindertengerech-ten Ausstattung seiner Wohnung gemäß § 40 Abs. 1Nr. 6 a BSHG dienen können, hat der Petent bisherweder vorgetragen, noch sind diese ersichtlich. Ein imVerlauf des Petitionsverfahrens mit Schreiben vom 7.März 1996 gemachtes Angebot des Soziahilfeträgersdie Gewährung einer Renovierungsbeihilfe zu prüfen,sobald der Petent bestimmte Unterlagen vorlegt,kreuzte sich mit dessen Schreiben, wonach er bereitsanderweitige Hilfe erhalten habe.

Der Petent gehört zudem auch nicht dem Personen-kreis des § 72 BSHG an, in dessen Rahmen im übri-gen ebenso nur konkrete Maßnahmen, nicht aber dievom Petenten begehrten einmaligen Beihilfen über-nommen werden können. Gleiches gilt für den Auf-fangtatbestand des § 75 BSHG, der die Altenhilfe re-gelt. Hier kommt vorrangig die Hilfe zum Lebensun-terhalt zur Anwendung.

Soweit der Petent das Verhalten des Sozialhilfeträgershinsichtlich der Behandlung seiner Sozialhilfeangele-genheit anspricht, ergeben sich keine Anhaltspunktedafür, daß der vorliegende Sachverhalt nicht mit dernotwendigen Sorgfalt untersucht worden wäre oderaber berechtigte Sozialhilfeleistungen vorenthaltenworden sind. Der Sozialhilfeträger hat vielmehr dieAngelegenheit des Petenten wiederholt geprüft undihn über die geltende Rechtslage eingehend unterrich-tet. Die vom Petenten behaupteten Äußerungen derMitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialhilfeträ-gers sind nach den dortigen Angaben nicht gefallen.Der Sozialhilfeträger hat dem Petenten mitgeteilt, daßer sich rechtliche Schritte vorbehalte, sofern er dies-bezügliche Äußerungen wiederhole.

Nach alledem sind bei der gegebenen Sach- undRechtslage die Entscheidungen des Sozialhilfeträgersaufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden. Einige derBeschwerdegründe des Petenten waren zudem Gegen-stand einer abschlägig beschiedenen verwaltungsge-richtlichen Prüfung.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Schmiedel

26. Petition 12/209 betr. Nachzahlung von Ortszu-schlag

Die Petentin begehrt mit ihrer Petition die Nachzah-lung des erhöhten Ortszuschlages für Verheiratetevom 2. Dezember 1986, dem Zeitpunkt ihrer Schei-dung, bis zum 1. Oktober 1993.

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Die Petentin ist als Verwaltungsangestellte in derVerg. Gr. Vc BAT an der Universität beschäftigt. Siewurde am 2. Dezember 1986 rechtskräftig geschie-den. Beide ehelichen Kinder, die derzeit studieren, le-ben nach der Scheidung weiterhin im Haushalt derPetentin. Zur Klärung der durch die Scheidung veran-laßten veränderten Lebensverhältnisse mußte von derPetentin gegenüber der Universität auf einem Form-blatt eine Erklärung zum Ortszuschlag und Sozialzu-schlag abgegeben werden. In der Erklärung der Peten-tin vom 18. Dezember 1986 wurde von ihr unter demPassus des Formblattes �Eigene Mittel oder Unterhaltvon anderer Seite� der Betrag von 1 142,82 DM +1 000,� DM angegeben. Im Nachhinein hat sich nunherausgestellt, daß die Petentin versehentlich ihr eige-nes Gehalt in Höhe von 1 142,82 DM angegeben hat,obwohl die Begriffe �Eigene Mittel der unterhalten-den Person� sowie �Unterhaltsleistungen von andererSeite� unter Ziffer 5 und 6 der Anleitung zur Ausfül-lung der Erklärung zum Ortszuschlag und Sozialzu-schlag näher erläutert wurden und Gehaltsansprücheausschließen. Im Schreiben vom 31. Januar 1995 andie Universität räumt die Petentin ihren Fehler auchoffen ein.

Aufgrund dieser fehlerhaften Angaben wurde der Pe-tentin der ihr zustehende erhöhte Ortszuschlag derStufe 2 für Verheiratete nicht gewährt, vielmehr er-hielt sie nur den Ortszuschlag Stufe 1 für ledige undgeschiedene Angestellte.

Aufgrund der vorliegenden Unterlagen hat sich dieUniversität mit Schreiben vom 24. März 1994 jedochan die Petentin gewandt und ihr mitgeteilt, daß bei ihrdie Voraussetzungen vorliegen könnten, den erhöhten0rtszuschlag nach Stufe 2 zu erhalten und hat die Pe-tentin aufgefordert, zum Unterhalt der Kindernochmals nähere Angaben zu machen. Nachdem diePetentin daraufhin mitgeteilt hat, daß der Unterhaltder Kinder, zuzüglich Kindergeld und kinderbezoge-ner Anteil des 0rtszuschlages 935,51 DM ausmache,wurde ihr mit Schreiben vom 15. April 1994 der er-höhte Ortszuschlag der Stufe 2 gewährt und entspre-chend § 70 BAT, der eine Verfallfrist für Ansprücheaus dem Arbeitsverhältnis beinhaltet, ab 1. Oktober1993 nachgezahlt.

Die Petentin hat sich daraufhin an die Universität unddas Ministerium für Wissenschaft, Forschung undKunst Baden-Württemberg gewandt mit der Bitte, denhöheren Ortszuschlag nicht wie erfolgt erst ab dem 1.Oktober 1993 nachzubezahlen, sondern ab dem Zeit-punkt ihrer Scheidung, dem 2. Dezember 1986. Hier-bei verwies sie auf Verwaltungsvorschriften des Fi-nanzministeriums zur Haushalts- und Wirtschafts-führung, wonach Billigkeitsleistungen aufgrund erlo-schener Ansprüche gewährt werden können. Da dasFinanzministerium die Voraussetzungen für eine Bil-ligkeitsleistung nicht für gegeben ansah, mußte derPetentin mitgeteilt werden, daß eine Nachzahlungüber den 1. Oktober 1993 aus rechtlichen Gründennicht möglich ist.

Geschiedene Angestellte verlieren in der Regel ihrenOrtszuschlag für Verheiratete (Stufe 2) und erhaltenden Ortszuschlag Stufe 1 für ledige und geschiedene

Angestellte. Nach § 29 B Abs. 2 Nr. 4 BAT steht ge-schiedenen Angestellten der erhöhte Ortszuschlag fürVerheiratete (Stufe 2) jedoch dann zu, wenn der Ge-schiedene die eigenen Kinder nicht nur vorüberge-hend in der Wohnung aufgenommen hat und ihnenUnterhalt gewährt. Allerdings verlangt diese Vor-schrift, daß der Geschiedene für den Unterhalt derKinder keine finanziellen Mittel erhält, die einschließ-lich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezo-genen Teils des Ortszuschlages das 6fache des Unter-schiedsbeitrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2des Ortszuschlages der Tarifklasse 1 c übersteigen. ImFalle der Petentin durfte der Betrag in Höhe von1 030,32 DM nicht überstiegen werden. In der von derPetentin nach der Scheidung abgegebenen Erklärungvom 18. Dezember 1986 zum Ortszuschlag hat siedem Rektorat angezeigt und mitgeteilt, daß ihre Söh-ne in ihren Haushalt aufgenommen worden sind undihr für den Lebensunterhalt der Kinder an eigenenMitteln bzw. Unterhaltsleistungen von anderer Seite1 142,82 DM + 1 000,� DM zur Verfügung stehen.Aufgrund der fehlerhaften Angabe des Gehaltes inHöhe von 1 142,82 DM kam die Petentin somit überden Betrag von 1 030,32 DM, so daß die Universitäts-verwaltung aufgrund der Angaben zurecht den der Pe-tentin zustehenden Ortszuschlag nicht gewährt hat,Nachdem die Petentin aufgrund des Schreibens derUniversität vom 24. März 1994 ihre Erklärung vom18. Dezember 1986 in der Weise berichtigte, daß sieihr eigenes Gehalt nicht mehr als eigene Mittel bzw.Unterhaltsleistungen angegeben hat, hat die Univer-sitätsverwaltung mit Schreiben vom 15. April 1994den erhöhten 0rtszuschlag der Stufe 2 der Petentin ge-währt. Allerdings konnte die Universitätsverwaltunggem. § 70 BAT eine Nachzahlung erst ab 1. Oktober1993 vornehmen.

Aufgrund der eindeutigen und bindenden Vorschriftdes § 70 BAT, nach dem Ansprüche aus dem Arbeits-verhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einerAusschlußfrist von 6 Monaten schriftlich geltend ge-macht werden, ist eine Nachzahlung über den bean-tragten Zeitraum nach den Vorschriften des BATnicht mehr möglich. Hinzu kommt, daß diese An-sprüche nach § 196 Abs. 1 BGB auch verjährt sind.

Auch eine Nachzahlung über den 1. Oktober 1993hinaus aus Billigkeitsgründen ist nicht möglich. Bil-ligkeitsleistungen können nur nach Maßgabe der hier-für im Staatshaushaltsplan ausdrücklich veranschlag-ten Mittel gewährt werden. Nach Nr. 6. 10 der Ver-waltungsvorschriften des Finanzministeriums zurHaushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr1996 (VwV-Haushaltsvollzug 1996) kommen Billig-keitsleistungen aufgrund erloschener Ansprüche ausVergütungen, Löhnen, Überstundenvergütungen, ta-riflichen Zulagen und Zuschlägen aus Kapitel 1212Titel 44305 nur in ganz besonderen Härtefällen in Be-tracht. Ein solcher besonderer Härtefall kann dann an-genommen werden, wenn das Schwergewicht desVerschuldens unter Berücksichtigung der Prüfungs-pflicht des Bediensteten beim Land liegt und in Anbe-tracht der Vermögensverhältnisse des Arbeitnehmerssowie der Höhe des erloschenen Anspruchs eine un-billige Härte vorliegt.

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Nach Auffassung des Finanzministeriums kann unterBerücksichtigung der Tatsache, daß die Begriffe �Ei-gene Mittel der unterhaltenden Person� sowie �Unter-haltsleistungen von anderer Seite� unter Ziff. 5 und 6der Anleitung zur Ausfüllung der Erklärung zumOrtszuschlag und Sozialzuschlag näher erläutert wur-den, ein überwiegendes Verschulden seitens der Uni-versitätsverwaltung nicht gesehen werden. Selbstwenn man bei wohlwollender Beurteilung aller Fak-ten ein gewisses Mitverschulden seitens der zuständi-gen Bearbeiter und der Universität bejahen würde,kann jedoch nach Auffassung des Finanzministeriumsvon einem Schwergewicht des Verschuldens beimLand nicht die Rede sein. Damit liegen die Vorausset-zungen für die Einwilligung des Finanzministeriumsin eine Billigkeitsleistung nach Nr. 6.10 der Verwal-tungsvorschriften zur Haushalts- und Wirtschafts-führung im Haushaltsjahr 1996 (VwV-Haushaltsvoll-zug 1996) nicht vor.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Schmiedel

27. Petition 11/7410 betr. Dienstbefreiung für dieTeilnahme an der Trauerfeier für die Opferdes Flugzeugabsturzes

Am 21. Februar 1996 fand eine Trauerfeier zum Ge-denken an die Opfer des Flugzeugabsturzes vor derKüste der Dominikanischen Republik statt, unter de-nen sich auch ein Feuerwehrkamerad des Petenten be-fand. Der Petent, der zur Teilnahme an der Trauerfei-er vom Dienst freigestellt wurde, begehrt, ihm dieZeit der Abwesenheit als Dienstzeit anzurechnen.

Die Teilnahme des Petenten an der Trauerfeier als einMitglied einer Abordnung von Feuerwehrangehörigenwar nicht dienstlich veranlaßt. Ein Anspruch auf Be-lassung der Bezüge für die Dauer der Teilnahme ander Trauerfeier besteht daher nicht.

Beschlußempfehlung:

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslagekann der Petition nicht abgeholfen werden.

Stratthaus

28. Petition 11/7447 betr. Bausache

Der Petent begehrt den Erlaß einer Abbruchsverfü-gung für eine Mauer auf dem Garagendach des Nach-barn. Er bringt weiter vor, daß auf dem Nachbar-grundstück Dachflächenwasser auf das Garagenflach-dach geleitet wird. Des weiteren müsse die Fuge zwi-schen den aneinandergebauten Gebäuden ordnungs-gemäß abgedichtet werden um weitere Feuchtigkeits-schäden an seinem Gebäude zu verhindern.

Dem Nachbarn des Petenten wurde am 27. Juni 1989eine Baugenehmigung für die teilweise Überdachungder bestehenden Garage sowie der Errichtung einesHolzzaunes entlang der A.-straße erteilt. Durch Urteildes Verwaltungsgerichts vom 10. August 1989 wurdedie Baugenehmigung in der Fassung des Wider-spruchsbescheids des Regierungspräsidiums vom 13.Februar 1989 teilweise aufgehoben.

Die seinerzeit zuständige untere Baurechtsbehörde hatdaraufhin gegenüber dem Grundstückseigentümer(Nachbarn des Petenten) mehrere Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen eingeleitet. Bei einer Nach-schau am 9. November 1990 wurde festgestellt, daßdie Auflagen der unteren Baurechtsbehörde � und da-mit das Urteil des Verwaltungsgerichts � erfüllt sind.Dem Bauherrn wurde am 11. März 1991 einSchlußabnahmeschein ausgestellt.

Nach mehrmaligem Schriftwechsel wurde der Petentam 25. September 1991 darüber informiert, daß vonseiten der unteren Baurechtsbehörde keine weiterenVerwaltungsmaßnahmen getroffen werden, da dieAuflagen erfüllt sind. Dem Petenten wurde hierübereine rechtsmittelfähige Entscheidung angeboten. DerPetent hat hierauf nicht reagiert.

Am 4. Oktober 1995 hat der Petent die nunmehr zu-ständige untere Baurechtsbehörde gebeten, in der Sa-che tätig zu werden. Bei einer Ortsbesichtigung wurdefestgestellt, daß der Nachbar lediglich eine ca. 0,10 mhohe Abdeckung auf der bestehenden Grenzmauer an-gebracht hat.

Dem Petenten wurde vorab fernmündlich mitgeteilt,daß die untere Baurechtsbehörde nicht einschreitenwerde. Mit Schreiben vom 5. Dezember 1995 hat derPetent um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebe-ten. Mit Verfügung vom 13. Dezember 1995 wurdedaraufhin der Antrag des Petenten auf behördlichesEinschreiten abgelehnt. Hiergegen hat der Petent am11. Januar 1996 Widerspruch beim Regierungspräsi-dium eingelegt. Das Regierungspräsidium hat demPetenten mit Schreiben vom 22. Februar 1996 mitge-teilt, daß die Rechtsauffassung der unteren Baurechts-behörde geteilt wird. Der Petent hat mit Schreibenvom 26. März 1996 vorerst auf eine förmliche Wider-spruchsentscheidung verzichtet.

Ein Einschreiten der unteren Baurechtsbehörde nach§ 47 LBO wegen der Erhöhung der Mauer um ca.0,10 m ist nicht geboten.

Die zuständige untere Baurechtsbehörde hat im Rah-men des Petitionsverfahrens nochmals eine Ortsbe-sichtigung durchgeführt. Es wurde festgestellt, daßauf dem Flachdach des Nachbargebäudes, ca. 2,50 mvon der Grundstücksgrenze entfernt, ein Fallrohr zurAbleitung von anfallendem Dachflächenwasser in-stalliert ist. Das anfallende Dachflächenwasser wirdentweder in die auf dem Flachdach aufgestelltenWassertonnen eingeleitet oder über die vorhandeneDachentwässerung abgeleitet. Eine Beeinträchtigungfür das Gebäude des Petenten tritt nach Auffassungder unteren Baurechtsbehörde hierdurch nicht ein.Ein Einschreiten nach § 47 LBO ist nicht erforder-lich.

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Die Ortsbesichtigung hat weiter ergeben, daß die Fu-ge zwischen den aneinandergebauten Gebäuden obennicht geschlossen ist. Es ist nicht auszuschließen, daßwegen dem fehlenden oberen Abschluß durch die Fu-ge Feuchtigkeit abgeleitet wird und in der Folge hier-durch Wasserschäden an Wänden entstehen können.Die Wasserschäden sind zivilrechtlich geltend zummachen.

Beschlußempfehlung:

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslagekann der Petition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Stratthaus

29. Petition 11/7545 betr. Vermessungswesen

Der Petent wendet sich gegen den vom StaatlichenVermessungsamt im Jahr 1987 festgestellten Grenz-verlauf zwischen seinem Flurstück Nr. 204 und demangrenzenden Flurstück Nr. 205/1. Er bringt vor, daßdie Fläche seines Flurstücks durch �Vermessungskün-ste� kleiner geworden sei. Ursprünglich habe dieFläche 550 m2 betragen, jetzt betrage sie noch541,3 m2. Der Petent bringt weiter vor, daß das Grenz-zeichen an der südöstlichen Ecke seines Flurstücksdiese nicht richtig kennzeichne. Das Grenzzeichenmüßte 0,72 m zum Flurstück Nr. 205/1 hin versetztwerden. Ferner beschwert sich der Petent, daß die zu-ständigen Stellen nicht auf sein Anliegen eingegangenseien.

Aus Anlaß von Grenzstreitigkeiten des Petenten mitdem Eigentümer des Flurstücks Nr. 205/1, die auchbeim Amtsgericht anhängig waren, beantragte der Pe-tent eine Grenzfeststellung, die vom Staatlichen Ver-messungsamt im Juni 1986 am Flurstück Nr. 204durchgeführt wurde. Aufgrund des Widerspruchs desPetenten gegen diese Grenzfeststellung und gegen denhierfür vom Staatlichen Vermessungsamt erlassenenGebührenbescheid vom 8. Dezember 1986 wurdevom Vermessungsamt auf Anweisung des Landesver-messungsamts im Jahre 1987 erneut eine Grenzfest-stellung durchgeführt. Dabei würde der mittlereGrenzpunkt im Verlauf der Grenze zwischen denFlurstücken Nr. 204 und 205/1 nach den maßgeben-den Zahlen des Liegenschaftskatasters in der Örtlich-keit einwandfrei bestimmt und mit einem Grenzbol-zen abgemarkt (gekennzeichnet). Bei dieser Grenz-feststellung (Fortführungsriß Nr. 1987/11) wurde auchbei dem südöstlichen Grenzpunkt des Flurstücks Nr.204, der die Grenze zwischen diesem Flurstück unddem Flst. Nr. 205/1 kennzeichnet, ein Grenzbolzenvorgefunden. Bei der Überprüfung dieses Grenzzei-chens wurde festgestellt, daß es mit den Festlegungenim Liegenschaftskataster übereinstimmt.

Mit Schreiben vom 11. August 1992 erhob der Petentgegen das Staatliche Vermessungsamt und gegen dasLandesvermessungsamt Dienst- bzw. Fachaufsichts-beschwerde, die das Wirtschaftsministerium mitSchreiben vom 17. Juni 1993 als unbegründet zurück-wies.

Der Petent kommt aufgrund eigener Nachmessungenzu dem Ergebnis, daß die Länge der südöstlichenGrenze des Flst.-Nr. 204 an der T.-Straße 10,77 m be-tragen müsse. Dieses Maß widerspricht den Festle-gungen im Liegenschaftskataster. Nach diesen Festle-gungen beträgt die Länge dieser Grenze zweifelsfrei10,05 m. Dieses Maß ergibt sich aus der im Jahr 1966verprobt durchgeführten Aufmessung der Grenzpunk-te entlang der Straße im Zusammenhang mit der Bil-dung von Flurstück Nr. 59/8 (Gehweg).

Im Zusammenhang mit der im Jahr 1987 durchge-führten Grenzfeststellung wurden auch Änderungenan den auf Flst.-Nr. 204 stehenden Gebäuden für dasLiegenschaftskataster aufgenommen. Dabei wurdefestgestellt, daß das Wohnhaus seit der ursprüngli-chen Einmessung bei der badischen Katastervermes-sung (Urhandriß 3) verändert wurde. Im Urhandriß istdie Länge der Gebäudeseite entlang der Straße mit 5,61 m nachgewiesen. Der Abstand zur Grenze von Flst.Nr. 205/1 beträgt 0,48 m. Diese Maße wurden bei derKatastervermessung im Jahr 1966 im Rahmen der beiGebäudeaufnahmen zu erwartenden Genauigkeit be-stätigt. Bei der Gebäudeaufnahme im Jahr 1987 wur-de die Länge der Gebäudeseite mit 6,13 m ermittelt.Ein Abstand zur Grenze ist somit nicht mehr vorhan-den, das Gebäude befindet sich an dieser Stelle aufder Grenze. Damit ist die Auffassung des Petenten,daß noch immer ein Grenzabstand vorhanden seinmüsse, durch die maßgebenden Festlegungen im Lie-genschaftskataster widerlegt. Der Petent stützt seineAuffassung auf veraltete Unterlagen und Pläne, dienicht Bestandteil des Liegenschaftskatasters sind.

Bei seinem Vorbringen, daß das Flst.-Nr. 204 eineFläche von 550 m2 haben müsse, beruft sich der Petentauf die Angaben in einer Grundschuldbestellung vom9. Juli 1968. Das Flurstück hatte vor der im Fort-führungsriß 1969 Nr. 37 nachgewiesenen Katasterver-messung, bei der u. a. das Flst.-Nr. 59/8 (Gehweg derT.-Straße) gebildet wurde, auch diese Fläche. Der Pe-tent übersieht jedoch, daß zur Bildung des GehwegsTeilflächen der angrenzenden Flurstücke benötigtwurden. Zu diesem Zweck wurde von dem Flst.-Nr. 204 durch Zerlegung das Zuflurstück Nr. 204/102mit einer Fläche von 9 m2 abgetrennt, das dann in dasEigentum der Gemeinde überging. Daraus resultiertdie Fläche des Flst.-Nr. 204 mit 541 m2, wie sie imLiegenschaftskataster nachgewiesen ist. Die Auffas-sung des Petenten, daß die unterschiedlichen Flächen-angaben auf einem nicht richtig abgemarkten Grenz-verlauf zwischen den Flurstücken Nr.204 und 205/1beruhen, ist somit nicht richtig. Auch ist die Behaup-tung des Petenten, nach Auskunft des Vermessungs-amts sei eine Nachmessung des Flurstücks nicht mög-lich, weil es keine rechten Winkel habe, weder zutref-fend noch ist ein sachlicher Zusammenhang erkenn-bar.

Das weitere Vorbringen des Petenten, sein Anliegensei von der Vermessungsverwaltung und vom Wirt-schaftsministerium nicht zur Kenntnis genommenworden, entbehrt jeder Grundlage. Das StaatlicheVermessungsamt und das Landesvermessungsamt ha-ben sich in zahlreichen Schreiben an den Petenten und

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dessen Rechtsanwalt mit seinem Anliegen auseinan-dergesetzt und alle Auskünfte und Erläuterungen ge-geben, die verlangt wurden und zwar ohne Berech-nung von Gebühren oder Auslagen.

Mit Schreiben vom 17. Juni 1993 hat das Wirtschafts-ministerium nach Überprüfung einer Dienst- bzw.Fachaufsichtsbeschwerde gegen das Staatliche Ver-messungsamt und gegen das Landesvermessungsamtdem Petenten mitgeteilt, daß keine fehlerhafte Sach-behandlung und kein pflicht- oder rechtswidriges Ver-halten festgestellt werden kann.

Nach § 1 Abs. 1 des Vermessungsgesetzes (VermG)müssen die Grenzen der Flurstücke mit festen Grenz-zeichen gekennzeichnet (abgemarkt) und im Liegen-schaftskataster festgelegt sein. Stimmt die Abmar-kung einer Flurstücksgrenze mit deren Festlegung imLiegenschaftskataster überein, so wird nach § 1 Abs. 1VermG vermutet, daß durch die Grenzzeichen dierichtige Grenze gekennzeichnet ist. Bei der Behebungvon Abmarkungsmängeln sind die Grenzen der Flur-stücke so festzustellen und abzumarken, wie sie imLiegenschaftskataster festgelegt sind (§ 3 Abs. 2VermG). Die Grundlage des Nachweises im Liegen-schaftskataster ist regelmäßig das Ergebnis der Kata-stervermessung (§ 11 Abs. 1 der Verordnung desWirtschaftsministeriums zur Durchführung des Ver-messungsgesetzes).

Der angezweifelte Grenzverlauf wurde bei der imFortführungsriß Nr. 1987/11 nachgewiesenen Grenz-feststellung ermittelt. Die Grenzfeststellung erfolgtedabei durch die örtliche Nachvollziehung der ur-sprünglichen Aufmessung. Maßgebend für den Ver-lauf der von dem Petenten angezweifelten Grenzezwischen den Flurstücken Nr. 204 und 205/1 sind dieFestlegungen im Handriß 3 und im Ergänzungshand-riß 3/6. Diese gehen zurück auf die erstmaligen Fest-legungen bei der badischen Katastervermessung, wiesie im Urhandriß 3 nachgewiesen sind und die daraufaufbauenden Veränderungen, nachgewiesen im Hand-riß und Meßurkunde, Jahrgang 1868-1882 im Meß-brief vom 15. November 1932 (Fortführung 1934Nr.3) und im Veränderungsnachweis Jahrgang 1969Nr. 37.

Die technische Durchführung der Grenzfeststellungund die Gebäudeaufnahme wurden im Jahr 1987 vomStaatlichen Vermessungsamt sachgerecht vorgenom-men. Dabei wurde u. a. der mittlere Grenzpunkt undder südöstliche Grenzpunkt (an der T.-Straße) der ge-meinsamen Grenze zwischen den Flurstücken Nr. 204und 205/1 festgestellt. Beim mittleren Grenzpunktfehlte die Abmarkung. Der Grenzpunkt wurde daher inÜbereinstimmung mit den Festlegungen im Liegen-schaftskataster mit einem Grenzzeichen abgemarkt.Beim Grenzpunkt an der T.-Straße wurde ein Grenz-zeichen (Grenzbolzen) in Übereinstimmungen mit denFestlegungen im Liegenschaftskataster vorgefunden.

Beschlußempfehlung:

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslagekann der Petition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Statthaus

30. Petition 11/7550 betr. Wiederholung des Zwei-ten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung

Die Petentin begehrt eine nochmalige (vierte) Zulas-sung zum Zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfungim Wege einer �Härtefallentscheidung�.

Die Petentin hat am 6. Juni 1995 die Zulassung zumZweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (zweiteWiederholungsprüfung) beantragt. Sie wurde vomRegierungspräsidium Landesprüfungsamt Baden-Württemberg für Medizin und Pharmazie (künftig:Landesprüfungsamt) mit Bescheid vom 2. August1995 zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfungzugelassen und gleichzeitig zum schriftlichen Teil derPrüfung (21. bis 25. August 1995) geladen. Die La-dung zum mündlichen Prüfungsteil (5. September1995) erfolgte mit Schreiben des Landesprüfungsamtsvom 22. August 1995.

Mit 327 richtigen Antworten auf 575 gestellte Prü-fungsfragen (schriftlicher Prüfungsteil) verfehlte diePetentin die Bestehensgrenze um sechs richtige Ant-worten. Die Prüfungsleistung wurde daher nach § 14Abs. 7 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApp0)mit der Note �mangelhaft� bewertet. Im mündlichenPrüfungsteil erzielte die Petentin die Note �ausrei-chend�. Mit Bescheid des Landesprüfungsamts vom19. September 1995 wurde der Petentin mitgeteilt,daß sie den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfungnach § 13 Abs. 3 ÄApp0 insgesamt und auch endgül-tig nicht bestanden habe. Bei den vorhergegangenenerfolglosen Prüfungsversuchen hatte die Petentin fol-gende Ergebnisse erzielt:

� Frühjahr 1993: Schriftlicher Prüfungsteil �ungenü-gend�; mündlicher Prüfungsteil �befriedigend�.

� Herbst 1993: Schriftlicher Prüfungsteil �mangel-haft�; mündlicher Prüfungsteil �befriedigend�.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 1995 stellte die Peten-tin beim Landesprüfungsamt einen �Härtefallantrag�auf eine weitere Wiederholung des Zweiten Ab-schnitts der Ärztlichen Prüfung und legte zugleichWiderspruch gegen den Bescheid vom 19. September1995 ein. Dabei trug sie im wesentlichen die in derPetitionsschrift vom 6. März 1996 vorgebrachten Ar-gumente (gesundheitliche Beeinträchtigungen, privateBelastungen, Erschwernis durch die sprachlichen An-forderungen im schriftlichen Prüfungsteil) vor. DasLandesprüfungsamt behandelte das Begehren der Pe-tentin als Antrag auf nachträglichen Prüfungsrücktritt,der mit Bescheid vom 27. Oktober 1995 abgelehntwurde. In den Gründen verwies das Landesprüfungs-amt im wesentlichen darauf, daß die Rücktrittsgründenicht unverzüglich vorgetragen worden seien. Dievorgebrachte Beeinträchtigung des Leistungsvermö-gens sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Peten-tin das Prüfungsergebnis bereits bekannt gewesen sei.Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich,daß zum Prüfungszeitpunkt eine unerkannte Prü-fungsunfähigkeit vorgelegen habe. Den mit Schreibenvom 24. November 1995 gegen diese Entscheidungeingelegten Widerspruch nahm die Petentin mitSchreiben vom 3. Dezember 1995 wieder zurück. Da-mit war das Widerspruchsverfahren abgeschlossen.

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Nach § 20 Abs. 1 ÄApp0 (Rechtsverordnung auf derGrundlage der Bundesärzteordnung) können die Ärzt-liche Vorprüfung und die einzelnen Abschnitte derÄrztlichen Prüfung jeweils zweimal wiederholt wer-den. Eine weitere Wiederholung ist auch nach erneu-tem Medizinstudium nicht zulässig. Die Wiederho-lungsmöglichkeiten werden in dieser Vorschrift ab-schließend geregelt, eine �Härtefallklausel� bestehtnicht. Es gibt daher für die Verwaltung im Hinblickauf die Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3GG) keine Möglichkeit, die Petentin als �Härtefall�erneut � also zum vierten Mal � zum Zweiten Ab-schnitt der Ärztlichen Prüfung zuzulassen.

Eine weitere Zulassung wäre nur unter der Vorausset-zung möglich, daß der dritte Prüfungsversuch als�nicht unternommen� gelten würde und daher die er-neute Zulassung an dessen Stelle treten könnte. Diesist im Falle eines genehmigten Prüfungsrücktrittsgrundsätzlich erreichbar. Im Falle der Petentin warbzw. ist dies jedoch nicht mehr möglich. Sie war sichum ihren gesundheitlichen Zustand zum Zeitpunkt derPrüfung bewußt und kannte auch die weiteren von ihrvorgebrachten persönlichen Beeinträchtigungen. Siewäre daher im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht amPrüfungsgeschehen gehalten gewesen, sich zum Prü-fungszeitpunkt oder spätestens unmittelbar danach zueinem Prüfungsrücktritt zu entschließen, falls einegravierende Leistungsbeeinträchtigung vorgelegenhaben sollte. Die Petentin hat jedoch das Prüfungser-gebnis abgewartet und erst nach weiteren 2 1/2 Wo-chen das Landesprüfungsamt von ihrer Situation in-formiert. Eine Anerkennung der Gründe zu diesemZeitpunkt ist nicht mehr möglich, sondern würde eineVerletzung des Grundsatzes der Chancengleichheitbedeuten. Daß die Petentin zum Prüfungszeitpunktunerkannt prüfungsunfähig gewesen sein soll, ist we-der anzunehmen noch wird dieses von ihr behauptet.Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß die Peten-tin bis Anfang August 1995 � also drei Wochen vorPrüfungsbeginn � die- Möglichkeit gehabt hätte, ihrenZulassungsantrag ohne Angaben von Gründen wiederzurückzuziehen. Erst mit der Prüfungszulassung istein Prüfling im Falle seiner Nichtteilnahme an dieRücktrittsvoraussetzungen gebunden.

Die Petentin macht ferner geltend, daß die Prüfungnach dem sog. �Multiple-choice�-Verfahren in deut-scher Sprache für Ausländer, für die Deutsch nicht dieMuttersprache sei, gewisse Erschwernisse mit sichbringe. Diese zweifellos zutreffenden Ausführungenkönnen jedoch zu keiner anderen rechtlichen Bewer-tung führen. Nach dem Beschluß des Bundesverwal-tungsgerichts vom 8. September 1983 verlangt derGrundsatz der Chancengleichheit keine Differenzie-rung nach den jeweiligen Sprachkenntnissen des Prüf-lings- Der Normgeber dürfe vielmehr bei einer indeutscher Sprache abgehaltenen Prüfung ausreichen-de Sprachkenntnisse voraussetzen.

Beschlußempfehlung:

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslagekann der Petition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Stratthaus

31. Petition 11/7760 betr. Strafvollzug (Vollzugs-lockerungen)

Der Petent verbüßt in der Justizvollzugsanstalt einelebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Aus Grün-den der besonderen Schuldschwere setzte die Straf-vollstreckungskammer des Landgerichts die geboteneVollstreckungsdauer auf 22 Jahre fest. Eine bedingteEntlassung des Petenten kommt daher frühestens imJuli 2002 in Betracht. Vorgemerkt ist daneben dieVollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von 224 Tagenaus einem Jahr und zehn Monaten wegen Gefange-nenmeuterei u. a.

Der Petent begehrt die Gewährung von Voll-zugslockerungen, insbesondere die Zulassung zumFreigang. Dies war bereits Gegenstand seiner Eingabevom 8. Oktober 1994 an den Petitionsausschuß desLandtags von Baden-Württemberg (Petition 11/4655).

Als Grund seiner erneuten Eingabe macht der Petentgesundheitliche und finanzielle Probleme seinerFreundin bzw. Verlobten geltend. Der von ihm vorge-tragene Wunsch, seine Verlobte besser unterstützenzu können, ist durchaus verständlich und wurdeberücksichtigt. Gleichwohl kann der Petent jedochaufgrund der zwingenden Gründe, die nach wie vorder Gewährung von Lockerungen entgegenstellen,insbesondere auch eine Freigangszulassung nicht er-halten.

Die Aufrechterhaltung der persönlichen Kontakte desPetenten zu seiner Verlobten wird außer durch die inder Justizvollzugsanstalt bestehenden Besuchsmög-lichkeiten auch durch die gewährten Ausführungenunterstützt. So hatte er zuletzt im April 1996 bei einerganztägigen Ausführung nach K. die Möglichkeit, sei-ne Verlobte dort zu treffen.

Anfang 1997 und damit über fünf Jahre vor demfrühest möglichen Entlassungszeitpunkt soll das kri-minalprognostische Sachverständigengutachten inAuftrag gegeben werden, Sobald dieses vorliegt, wirdin der Justizvollzugsanstalt eine Fortschreibung desVollzugsplanes erfolgen. Hierbei wird dann unterBerücksichtigung aller Umstände über die Ge-währung und Ausgestaltung von unbeaufsichtigtenLockerungen, wie Ausgänge, Urlaub und die Zulas-sung zum Freigang für die verbleibende Haftzeit ent-schieden werden.

Beschlußempfehlung:

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslagekann der Petition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Stratthaus

32. Petition 12/6970 betr. Bausache und Verwal-tungsgebühr

Gegenstand der Petition

Die Petition richtet sich gegen die Erteilung einerBaugenehmigung für die Sanierung und Modernisie-

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rung eines bestehenden Wohngebäudes und die dies-bezügliche Bauüberwachung. Die Petenten beschwe-ren sich weiter über das Bauvorhaben S.-straße 18und rügen hier die fehlende Absicherung der Baugru-be und machen die Befangenheit des Planverfassersgeltend. Die Petenten begehren schließlich die Rück-zahlung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 200,-DM einschließlich Zinsen, die das Regierungspräsidi-um von ihnen für die Zurückweisung eines unzulässi-gen Einspruchs in einem Wahlanfechtungsverfahrender Gemeinderatswahl vom 22. Oktober 1989 erho-ben hat.

1. Baurecht

1.1 Bauvorhaben S.-straße 7 und 7/1

1.1.1 Sachverhalt

Im Rahmen der Behandlung des Bauantrags we-gen Modernisierung und Sanierung des beste-henden Wohngebäudes S.-straße7 und 7/1 (Er-neuerung, Erweiterung und Innenausbaus desDachstuhls sowie Verengung des Kaminquer-schnitts) hat die Baurechtsbehörde mit Datumvom 11. April 1989 und 23. Mai 1989 die Peten-ten gem. § 56 Landesbauordnung Baden-Würt-temberg (LBO) als Angrenzer vom Bauantragbenachrichtigt. Mit Schreiben vom 24. April1989 und 26. August 1989 wurden von den Pe-tenten gegen das Bauvorhaben Einwendungenerhoben. Den Petenten wurde, nachdem den Ein-wendungen aus Rechtsgründen nicht entspro-chen werden konnte, gemäß § 59 Abs. 1 Satz 5LBO mit Datum vom 14. August 1989 eine Aus-fertigung der Baugenehmigung zugestellt. MitEntscheidung vom 21. März 1990 wurde derfristgerecht eingelegte Widerspruch zurückge-wiesen. Ober die beim Verwaltungsgericht ein-gereichte Klage ist derzeit noch nicht entschie-den.

Die Baurechtsbehörde hat mit Datum vom 31.Mai 1990 die sofortige Vollziehung der Bauge-nehmigung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGo) angeordnet. EinAntrag nach § 80 Abs. 5 VwG0 auf Wiederher-stellung der aufschiebenden Wirkung wurdevom Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 12.August 1991 zurückgewiesen. Die beim Ver-waltungsgerichtshof hiergegen erhobene Be-schwerde wurde von den Petenten zurückge-nommen.

Nachdem ein Änderungsbauantrag wegen derErneuerung der südlichen Außenwand des Ge-bäudes S.-straße7 und 7/1 und dem Bau einerDachgaube anstelle der ursprünglich vorgesehe-nen Dachöffnungen eingereicht wurde, wurdendie Petenten wiederum gemäß § 56 LBO als An-grenzer vom Bauantrag benachrichtigt. Nach-dem den Einwendungen der Petenten ausRechtsgründen nicht entsprochen werden konn-te, wurde diesen wiederum gemäß § 59 Abs. 1Satz 5 LBO eine Ausfertigung der Baugenehmi-gung vom 31. Mai 1991 zugestellt. Mit Schrei-

ben vom 3. Juli 1991 wurde gegen das Bauvor-haben erneut Widerspruch eingelegt.

1.1.2 Rechtliche Würdigung

Das Baugrundstück befindet sich außerhalb ei-nes qualifizierten Bebauungsplangebietes. DerOrtsbauplan aus dem Jahr 1928, der lediglicheine vordere Baulinie festsetzt, sowie die Orts-bausatzung vom 23. Juli 1958, die diesen Be-reich zum Wohn- und Geschäftsgebiet be-stimmt, stehen dem Bauvorhaben nicht entge-gen: Das Bauvorhaben entspricht den Anforde-rungen eines einfachen Bebauungsplans gemäߧ30 Abs. 2 BauGB und ist somit nach § 34Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Da sich die bean-tragte Nutzung in die Eigenart der Umgebungeinfügt und keine öffentlich-rechtlichen Vor-schriften entgegenstellen, waren die Baugeneh-migungen gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 LBO zu er-teilen und der eingelegte Widerspruch zurück-zuweisen.

Die Baugenehmigung wird gemäß § 59 Abs. 3LBO unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. So-fern privatrechtliche Ansprüche der Umsetzungder Baugenehmigung entgegenstellen, wärendiese besonders geltend zu machen und gegebe-nenfalls auf dem Rechtsweg (ordentliche Ge-richtsbarkeit) durchzusetzen.

Ergänzend wird mitgeteilt, daß die Petentenparallel zum verwaltungsgerichtlichen Verfah-ren auch ein zivilgerichtliches Verfahren ange-strengt haben. Dieses endete am 16. Juli 1991vor dem Landgericht mit einem Vergleich.

Im einzelnen wird zu den Vorwürfen der Peten-ten folgendes festgestellt:

� Baubeginn vor Erteilung der Baugenehmi-gung

Mit den Umbauarbeiten am Hinterhaus S.-straße 7 und 7/1 wurde, wie von dem Petentendargelegt, bereits vor der Erteilung der Bau-genehmigung begonnen. Es wurden jedoch zudiesem Zeitpunkt genehmigungsfreie Maß-nahmen (§ 52 Abs. 2 LBO) durchgeführt. Beider Bauausführung und nach Besprechungenmit der städtischen Sanierungsstelle stelltesich heraus, daß die baulichen Eingriffe in dieSubstanz weitergehen würden als ursprüng-lich geplant. Es wurde weiter festgestellt, daßein Dachstuhl auf dem bisherigen Flachdachdes Gebäudes S.-straße 7/1 auch aus gestalte-rischen Gründen von Vorteil wäre. Nachdemder Umfang der Bauarbeiten neu festgelegtworden war, wurde ein Genehmigungsverfah-ren eingeleitet. Der Bauherrschaft wurde, vonder Baurechtsbehörde jedoch schriftlich zuge-standen, genau festgelegte, genehmigungs-freie Arbeiten weiter durchzuführen. Zweckdieser Regelung war es, den bereits angelau-fenen Baubetrieb und die begonnenen Bauar-beiten zügig fortzuführen. Diese Bauarbeitenhatten jedoch keine Rückwirkung auf die ge-

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nehmigungsbedürftigen Bauarbeiten. Inso-weit ist das Verwaltungsverfahren der Bau-rechtsbehörde nicht zu beanstanden. Für dieBaugenehmigung vom 21. Juni 1991 galt be-reits das Wohnungsbauerleichterungsgesetz,so daß der dagegen erhobene Widerspruchkeine aufschiebende Wirkung mehr entfaltete.Die Bauarbeiten wurden somit legal begon-nen und fortgeführt.

� Angebliche Ausführungen der Bauarbeitendurch Nichtfachleute während der einzuhal-tenden Ruhezeiten und ohne Anwesenheit ei-nes Bauleiters

Ausweislich der Akten wurde mit Wirkungvom 30. März 1989 ein Bauleiter mit ausrei-chender Sachkenntnis gemäß § 47 LBO be-stellt. Die Bauarbeiten wurden handwerksge-recht und fachmännisch durchgeführt. Gemäߧ 43 LBO sind bei der Errichtung, Unterhal-tung oder dem Abbruch einer baulichen Anla-ge der Bauherr, der Planverfasser, Unterneh-mer und der Bauleiter im Rahmen ihres Wir-kungskreises dafür verantwortlich, daß die öf-fentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf-grund dieser Vorschriften erlassenen Anord-nungen eingehalten werden. Die Baubehördehat, da keine Beanstandungen festgestelltwerden konnten, von weiteren Maßnahmengemäß § 9 LBO gegen die Bauherrschaft ab-gesehen. Es liegen auch keine Erkenntnissevor, daß die in Selbst- oder Nachbarschafts-hilfe durchgeführten Bauarbeiten unsach-gemäß ausgeführt wurden. Bei den durchge-führten Arbeiten war es ausreichend, einenFacharbeiter mit der nötigen Sachkunde, Er-fahrung und Zuverlässigkeit beizuziehen. Fürdie Arbeiten an der südlichen Umfassungs-wand war und ist eine Fachfirma eingeschal-tet.

Ob bei den Bauarbeiten einzuhaltende Ruhe-zeiten unterschritten wurden, entzieht sich derKenntnis der Baurechtsbehörde. Den Petentenwurde jedoch frühzeitig empfohlen, bei auf-tretenden Ruhestörungen, insbesondereaußerhalb der allgemeinen Behördendienst-zeit, sich an die zuständige Polizeidienststellezu wenden.

� Baukontrolle/Eingaben beim Innenministeri-um

Bei den zahlreichen, auf Veranlassung derPetenten vorgenommenen Baukontrollen warniemand auf der Baustelle tätig. Nachdemkeine Anzeichen für Verstöße gegen öffent-lich-rechtliche Vorschriften vorlagen, hat diezuständige Baurechtsbehörde von weiterenMaßnahmen gemäß § 49 LBO abgesehen.

Die Petenten haben sich auch an das Innenmi-nisterium gewandt. Aufgrund ihrer erstenEingabe wurde der Sachverhalt geprüft undam 17. Mai 1991 eine ausführliche Stellun-gnahme und rechtliche Würdigung abgege-

ben. Verstöße gegen öffentlich-rechtlicheVorschriften waren seinerzeit nicht erkenn-bar. Ein Fehlverhalten der Baubehörde konn-te ebenfalls nicht festgestellt werden. Eineweitere Eingabe der Petenten an das Innenmi-nisterium � wurde aus Zweckmäßigkeitsgrün-den � Bauüberwachung � mit Schreiben vom28. Juni 1991 an die zuständige Baurechts-behörde mit der Bitte um unmittelbare Erledi-gung abgegeben. Den Petenten wurde in ei-nem separaten Bescheid mitgeteilt, daß dieBauüberwachung nur von der örtlich undsachlich zuständigen Baurechtsbehörde sinn-voll und zweckmäßig durchgeführt werdenkann. Ausweislich der Akten hat danachnochmals eine Baukontrolle stattgefunden. Zudiesem Zeitpunkt waren die südliche Giebel-wand des Gebäudes S.-straße 7/1 im Erd- undObergeschoß abgetragen. Der Fachwerkgie-bel war fachgerecht abgestützt. Da die Holz-balkendecken über dem Erd- und Oberge-schoß parallel zur Giebelwand spannen, warkeine weitere Sicherungsmaßnahme notwen-dig. Der Mittelunterzug in der Obergeschoß-decke war über 2 Pfosten abgefangen. Im Gie-belfachwerk wurde lediglich die Ausfachungentfernt so daß das statische System insgesamtnicht verändert wurde. Die Standsicherheit desGebäudes war durch die Bauarbeiten an derGiebelwand in keiner Weise gefährdet. Dievon den Petenten gegenüber dem Innenmini-sterium und der Baurechtsbehörde erhobenenVorwürfe in bezug auf eine �mangelhafte�Bauüberwachung werden nicht geteilt.

� Baustatik/Standsicherheit

Die von den Petenten vorgetragenen Beden-ken wegen der Standsicherheit stehen im Wi-derspruch zur Auffassung des Bausachver-ständigen der Baurechtsbehörde. Die Bauplä-ne wurden von einem Baustatiker verfaßt.Gegen den geplanten Dachstuhl bestehennach Beurteilung des Bausachverständigenkeine Bedenken, weil die unwesentliche La-sterhöhung über die Außenwände des Gebäu-deteils S.-straße 7/1 und nicht über die ge-meinsame Haustrennwand zum Gebäudeteilder Petenten abgetragen wird. Eine weiterge-hende statische Prüfung war nicht notwendig.Die Baurechtsbehörde hat ermessensfehlerfreigemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung des Innen-ministeriums über Bauvorlagen im baurecht-lichen Verfahren (BauVorlVO) auf die beson-dere Vorlage einer statischen Berechnungverzichtet, weil sie selbst die Frage der Stand-sicherheit aus der Erfahrung beurteilen konn-te. Eine andere Vorgehensweise hätte zu nichtvertretbaren Mehrkosten für die Bauherr-schaft geführt und wäre rechtsfehlerhaft ge-wesen. Soweit die Petenten ausführen, daßtragende Balken, die den gesamten Hausteilund die Tragfähigkeit betreffen, im Gebäude-teil K. abgesägt wurden, ist festzuhalten, daßes sich nach den Feststellungen der Baukon-

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trolle um einen Balkenkopf im Erdgeschoßhandelt, der vermutlich als Auflager diente.Durch die Entfernung des Balkenkopfeskonnten nach Angaben des Statikers kraft-schlüssig zwei neue Stützen eingebaut wer-den. Diese dienen der gesamten Mittelunter-stützung als selbständige Konstruktion undhaben den Vorteil, daß keine Lärmübertra-gung mehr mittels durchgehender Bauteile er-folgen kann.

Alle Arbeiten wurden mit der größtmöglichenSorgfalt durchgeführt. Auf das bestehendeGebäude der Petenten wurde soweit als mög-lich Rücksicht genommen.

� Bauarbeiten und Erneuerung der südlichenAußenwand vor Erteilung der Änderungsge-nehmigung und Höhenentwickiung der Ge-bäude

Bezüglich des Baubeginns vor der Erteilungder Änderungsbaugenehmigung ist festzustel-len, daß die Baugenehmigung der Bauherr-schaft am 21. Juni 1991 persönlich ausgehän-digt wurde, während sie den Petenten erst am25. Juni 1991 per Postzustellungsurkunde zu-ging. Es ist deshalb durchaus möglich, daßmit den Bauarbeiten bereits vor Zustellungder Baugenehmigung an die Petenten begon-nen wurde. Von einem vollständigen Ab-bruch des gesamten Gebäudes, wie von denPetenten behauptet, ist der Baurechtsbehördenichts bekannt. Das Gebäude wird nach dengenehmigten Bauplänen erstellt. Nach denFeststellungen der Baurechtsbehörde ist diegenehmigte Höhe des Gebäudes eingehalten.Eine weitere Baugenehmigung, wie von denPetenten behauptet, liegt nicht vor.

� Verstöße gegen das Gesetz zur Bekämpfungvon Schwarzarbeit

Außer der bloßen Behauptung der Petentenliegen keine Erkenntnisse darüber vor, daßauf der Baustelle Verstöße gegen das Gesetzzur Bekämpfung der Schwarzarbeit begangenwurden.

Zu den weiteren im Schreiben der Petentenvom 3. Januar 1992 aufgeführten Punkte, so-weit sie nicht bereits oben mitabgehandeltwurden, wird folgendes festgestellt:

� Feuerbeständige Wand

Hier handelt es sich um eine eigenständigeGrenzwand zum Gebäude Nr. 5, deren Aus-führung einer feuerbeständigen Wand ent-spricht.

� Fachliche Eignung der Bauarbeiter

Es ist nicht notwendig, daß jeder Bauarbeiterdie einschlägigen bautechnischen Bestim-mungen kennt. Der vorhandene Bauleiter unddie übrigen am Bau Beteiligten müssen dieausreichende Sachkenntnis besitzen und ihrerÜberwachungspflicht nachkommen.

� Verlegen von Elektroleitungen

Es ist zutreffend, daß im vorhandenen Ver-putz Elektroleitungen verlegt wurden. DieseElektroleitungen wurden nach Absprache mitdem Versorgungsunternehmen in einem sepa-raten Kabelkanal fachmännisch verlegt.

� Gerüst

Das vorhandene Gerüst ist für die Arbeiten ander Fassade ordnungsgemäß. Die Bauherrinwurde darauf hingewiesen, daß bei Arbeitenam Dach eine über die Traufkante hinausge-hende Schutzwand angebracht werden muß.Da zur Zeit keine Arbeiten am Dach durchge-führt werden, ist die Anbringung dieserSchutzwand derzeit nicht notwendig.

� Ordnungsgemäße Entsorgung des Ober-flächenwassers

Eine ordnungsgemäße Dachrinne kann an dieGebäude erst angebracht werden, wenn dieLattungsarbeiten beendet sind. UnzumutbareBeeinträchtigungen des Grundstücks der Pe-tenten durch das Abfließen des Dachwassersauf die öffentliche Fläche entstehen nicht.

� Inanspruchnahme der öffentlichen Fläche

Die Inanspruchnahme der öffentlichen Flächewurde beim zuständigen Ordnungsamt derStadt angemeldet.

Die Flächen sind nach den Erfordernissen ge-sichert und beleuchtet.

� Abbrucharbeiten

Die Abbrucharbeiten wurden ordnungsgemäßunter Beachtung der erteilten Auflagen durch-geführt. Trotz Beachtung aller einschlägigenVorschriften und einer sachgemäßen Umset-zung der notwendigen Bauarbeiten können je-doch Beeinträchtigungen angrenzender Gebäu-de bzw. deren Bewohner nicht gänzlich ausge-schlossen werden. So wurde z. B. der Bau-schutt in einem geschlossenen Schuttrohr in ei-nen Container gefüllt. Auch waren ordnungs-gemäße Absprießungen vorhanden, als die tra-genden Teile des Dachstuhls entfernt wurden.

Die baurechtlichen Vorschriften wurden alsovon der Bauherrschaft beachtet. Die Petentenwurden von der Baurechtsbehörde bereitsmehrfach darauf hingewiesen, daß die Bau-rechtsbehörde nicht zur Regelung privatrecht-licher Schadensersatzansprüche, die sichdurch die Umbauarbeiten ergeben können,zuständig ist.

1.2 Bauvorhaben Bauüberwachung Gebäude S.-straße 18

� Absicherung der Baugrube

� Absturzsicherung für Passanten

Dem Hinweis der Petenten, die Baugrube seiunzureichend abgesichert, wurde nachgegan-

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gen. Nachdem festgestellt wurde, daß tatsäch-lich nur ein an 2 Pfosten befestigtes Flatter-band als Absicherung vorhanden war, wurdeder zuständige Bauleiter unverzüglich durchden Baukontrolleur telefonisch zur Behebungdieses Mißstandes aufgefordert. Eine umge-hende Erledigung wurde zugesagt. Bei einerNachkontrolle am 17. Mai 1992 war entlangder S.-straße ein dichter Bauzaun aus Holzlat-ten vorhanden. Alle einschlägigen Vorschrif-ten bezüglich der Absicherung entlang der S.-straße und auch der Verriegelung des Hauszu-gangs durch die Stadtmauer zum �HinterenZwinger� wurden dann aufgrund einer weite-ren schriftlichen Aufforderung vom 21. Mai1991 eingehalten. Allerdings waren die An-forderungen an die Einrichtungen der Bau-stelle gemäß § 14 LBO erst mit einer zeitli-chen Verzögerung von etwa 10 � 14 Tagenvollständig erfüllt. Diese Zeitverzögerung istjedoch dem Bauunternehmer anzulasten, dergemäß § 46 LBO für die ordnungsgemäßeEinrichtung und den sicheren Betrieb derBaustelle eigenverantwortlich tätig wird. DieBaurechtsbehörde hat in angemessener Formauf �die Mitteilung der Petenten reagiert. EineVerletzung der Überwachungspflicht ist nichterkennbar.

� Absicherung der Baugrube gegen Erdrutschvon der Straßenseite und Standsicherheit derNachbargebäude

Ein anerkannter Geologe kam in seinem Gut-achten nach Besichtigung der Baugrube zudem Ergebnis, daß die Baugrubenböschungennicht durch spezielle Verbaumaßnahmen ge-sichert werden müssen. Die Baumaßnahmenkonnten deshalb ohne entsprechende Abstüt-zungsvorkehrungen freigegeben werden. Dergeringe Einbruch von losem Mauerwerk vonder Grenzmauer des Gebäudes S.-straße 16im Umfang von ca. einem m2 wurde vom Sta-tiker der Stadt unverzüglich nach Bekannt-werden in Augenschein genommen. Zu die-sem Zeitpunkt war die Grenzmauer jedochbereits wieder fachgerecht mit Beton verfüllt.Die Standsicherheit des Gebäudes war ge-währleistet. Öffentlichrechtliche Vorschriftensind nicht verletzt.

� Befangenheit des Planverfassers

Die Behauptung der Petenten, bei der Be-schlußfassung über das Bauvorhaben am 7.November 1990 habe der Architekt als befan-gener Stadtrat mitgewirkt, ist falsch. Der Be-troffene war gemäß den Bestimmungen derGemeindeordnung bei der Beratung und Be-schlußfassung zu diesem Tagesordnungs-punkt abgetreten.

� Erteilung der Baugenehmigung

Die Baugenehmigung zum Abbruch des be-stehenden Gebäudes wurde mit Datum vom2. Mai 1991 erteilt. Der Baurechtsbehörde

und offenbar auch den Petenten liegen Infor-mationen aus der lokalen Presse vor, wonachder baurechtlich zulässige Abbruch seinerzeittrotz eines angeblich noch bestehenden Miet-verhältnisses vollzogen wurde. Nachdem dieBaugenehmigung gemäß § 59 Abs. 3 LBO un-beschadet der Rechte Dritter erteilt wird, warein Einschreiten der Baurechtsbehörde nichtnotwendig.

� Beanspruchung der S.-straße durch Licht-schächte in der Grenzwand des Gebäudes S.-straße 18

Es ist zutreffend, daß Lichtschächte in derGrenzwand unter Inanspruchnahme der öf-fentlichen Verkehrsfläche vorgesehen sind.Die Baugenehmigung wurde erteilt und eineVereinbarung über die Sondernutzung der öf-fentlichen Verkehrsfläche abgeschlossen. Ei-ne Beeinträchtigung der Petenten bzw. derAllgemeinheit ergibt sich aus dieser Sonder-nutzung nicht.

1.3.2 Wahlanfechtungsverfahren der Gemeinderats-wahl vom 22. Oktober 1989

2.1 Sachverhalt

Die Petentin legte gegen die Gemeinderatswahlvom 22. Oktober 1989 Einspruch ein. Das Re-gierungspräsidium hat den Einspruch mit Be-scheid vom 16. November 1989 als unzulässigzurückgewiesen und eine Verwaltungsgebühr inHöhe von 200,� DM festgesetzt. Der Ein-spruchsbescheid wurde ausweislich der Postzu-stellungsurkunde im Wege der Ersatzzustellungdurch Übergabe in der Wohnung der Petentin anderen Tochter am 18. November 1989 zuge-stellt. Die Petentin bestreitet, den Bescheid da-mals erhalten zu haben. Mit Schreiben vom 10.Januar 1990 übersandte das Regierungspräsidi-um der Petentin deshalb eine Abschrift des Be-scheides vom 16. November 1989 mit einer Ko-pie der Postzustellungsurkunde.

Mit Schreiben vom 20. November 1989, dasbeim Regierungspräsidium am 23. November1989 einging, nahm die Petentin ihren Ein-spruch zurück. Die Petentin hatte, nachdem sieauf die Pflicht zur Zahlung der Gebühr hinge-wiesen wurde, die festgesetzten 200,� DM be-zahlt. In weiteren Schreiben wandte sich die Pe-tentin an das Regierungspräsidium und an dasInnenministerium und forderte die Gebühreinschließlich angefallener Zinsen zurück. Siemachte unter anderem geltend, daß sie ihrenEinspruch zurückgenommen habe, bevor sieden Einspruchsbescheid des Regierungspräsidi-ums erhalten habe. Sie bezweifelt die korrekteAusstellung der Postzustellungsurkunde. DieZustellung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, daihre Tochter seit März 1989 in einem anderenOrtsteil der Stadt wohne und ihre Tochter zumdamaligen Zeitpunkt nicht im Hause gewesensei.

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2.2 Rechtliche Würdigung

2.2.1 Zustellung des Einspruchsbescheids:

Der Einspruchsbescheid des Regierungspräsidi-ums vom 16. November 1989 bedurfte für seineWirksamkeit der Bekanntgabe an die Einspre-cherin (§ 41 LWwVfG). Zum Nachweis der Be-kanntgabe bediente sich das Regierungspräsidi-um der förmlichen Zustellung mittels Postzu-stellungsurkunde (§ 3LVwZG). Ausweislich desVermerks des Postbeamten auf der Postzustel-lungsurkunde hatte dieser den Einspruchsbe-scheid am 18. November 1989 an die in derWohnung der Petentin angetroffene erwachseneTochter übergeben. Daß die Tochter ihre eigeneWohnung in einem anderen Ortsteil der Stadthat, steht der Ordnungsgemäßheit der Zustel-lung im vorliegenden Fall nicht entgegen.

Die Rechtswirksamkeit der Zustellung an dieTochter ist nach § 3 Abs. 3 LVW-G i. V. m.§ 181 Abs. 1 ZPO zu beurteilen. Danach kanndie Zustellung auch an einen zur Familiegehörenden erwachsenen Hausgenossen erfol-gen. Der Hausgenosse, an den mit Wirkung fürden Adressaten zugestellt werden kann, mußzwar auch in der Wohnung wohnen, ein dauer-haftes Wohnen ist dafür aber nicht erforderlich.Aus Sinn und Zweck des § 181 Abs. 1 ZPO er-gibt sich nämlich, den Zugang von Schrift-stücken durch Aushändigung auch an solchePersonen zu ermöglichen, die nach aller Leben-serfahrung aufgrund des zum Ausdruck ge-brachten Vertrauensverhältnisses die Sendungdem Empfänger übergeben werden, (BGH vom14. Februar 1990, JZ 90, 759/761). Es genügtdaher unter Berücksichtigung der tatsächlichenVerhältnisse ein Aufenthalt eines erwachsenenFamilienangehörigen von Zeit zu Zeit. Nach al-ler Lebenserfahrung kann von einem bestehen-den Vertrauensverhältnis zwischen Eltern underwachsenen Kindern jedenfalls dann ausgegan-gen werden, wenn sich das erwachsene Kindauch noch nach seinem Auszug aus der elterli-chen Wohnung allein in dieser Wohnung auf-hält. Laut Postzustellungsurkunde wurde dieTochter in der Wohnung der Petentin tatsäch-lich angetroffen. Von Spannungen innerhalb derFamilie, die einen widerrechtlichen Aufenthaltder Tochter in der elterlichen Wohnung glaub-haft gemacht hätten, hat selbst die Petentin nichtgesprochen.

Auch daß es sich um eine andere Person gehan-delt haben könnte, die sich als Tochter ausgege-ben hat, ist nicht wahrscheinlich. Auf der Post-zustellungsurkunde ist unter Nr. 4.1 der richtigeVorname �V. C.� sowie ihr Geburtsdatum �29.November 1967� vermerkt. Es kann wohl nichtdavon ausgegangen werden, daß der Postbeamtediese Daten von sich aus gekannt und vermerkthat. Vielmehr ist davon auszugehen, daß dieTochter sie angegeben, bzw. selbst vermerkthat.

Die Zustellung ist danach ordnungsgemäß er-folgt.

3. Gebührenfestsetzung

Die staatlichen Behörden erheben für Amts-handlungen, die sie auf Veranlassung oder imInteresse einzelner vornehmen, Verwaltungsge-bühren (§ 1 Abs. 1 LGebG). Die Petentin hat mitihrem Einspruch gegen die Gemeinderatswahlvom 22. Oktober 1989 eine Amtshandlung desRegierungspräsidiums veranlaßt. Die Überprü-fung ihres Einspruchs hat ergeben, daß dieserunzulässig und damit zurückzuweisen war. DasRegierungspräsidium hat dafür eine Verwal-tungsgebühr von 200,� DM festgesetzt. Für dieFestsetzung der Gebühr stand dem Regierungs-präsidium ein Gebührenrahmen bis zu5 000,� DM zur Verfügung. Innerhalb des Ge-bührenrahmens bemißt sich die Gebühr in ihrerHöhe nach dem Verwaltungsaufwand, nach derBedeutung des Gegenstandes, nach dem wirt-schaftlichen oder sonstigen Interesse für denGebührenschuldner sowie nach seinen wirt-schaftlichen Verhältnissen (§ 8 LGebG). UnterZugrundelegung dieser Kriterien ist die festge-setzte Gebühr von 200,� DM angemessen.

Die ordnungsgemäße Zustellung des Einspruchs-bescheides ist für das Entstehen der Ge-bührenschuld nicht entscheidend. Mit der Be-kanntgabe wird die Gebühr lediglich fällig. Maß-gebend für die Gebührenfestsetzung ist allein derAbschluß der Amtshandlung. Der Einspruchsbe-scheid des Regierungspräsidiums vom 16. No-vember 1989 wurde am 17. November 1989 zurPost gegeben. Spätestens zu diesem Zeitpunktwar die Amtshandlung abgeschlossen und dieGebühr somit dem Grunde nach entstanden.

Selbst wenn die Zustellung des Einspruchsbe-scheides am 18. November 1989 nicht als ord-nungsgemäß anzusehen und die Rücknahme desEinspruchs mit Schreiben vom 20. November1989, das am 23. November 1989 beim Regie-rungspräsidium eingegangen ist, damit noch vorder Bekanntgabe des Einspruchsbescheides er-folgt sein sollte, war die Amtshandlung bereitsbeendet. Die Rücknahme des Einspruches wür-de selbst in diesem Fall die Gebühr nicht entfal-len lassen. Auch eine Ermäßigung der Gebührkäme nur in Betracht, wenn die sachliche Bear-beitung des Einspruchs noch nicht abgeschlos-sen gewesen wäre (§ 11 Abs. 1 Satz 3 LGebG ).

Die Gebührenforderung besteht deshalb zuRecht. Auch unter Billigkeitsgesichtspunkten isteine Rückerstattung der bereits gezahlten Ge-bühr nicht möglich. Eine Gebühr kann auf An-trag ganz oder teilweise niedergeschlagen wer-den, wenn der Gebührenschuldner durch dieEinziehung in eine wirtschaftliche Notlage ge-raten würde oder die Einziehung sonst eine un-billige Härte wäre. Dafür, daß diese Vorausset-zungen vorliegen, ist weder etwas vorgetragennoch etwas ersichtlich.

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Eine Rückerstattung der Gebühr kommt deshalbnicht in Betracht.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Walter

33. Petition 11/2177 betr. Emmissionsbegrenzungbei der Firma B.

Die Landesregierung nahm zunächst wie folgt Stel-lung:

1. Gegenstand der Petition:

Die Petenten begehren zur Überwachung der Emissi-onsgrenzwerte im praktischen Betriebsablauf den so-fortigen Einbau eines Meßgerätes zur kontinuierli-chen registrierenden Messung von gasförmigen anor-ganischen Chlorverbindungen. Des weiteren bezwei-feln sie die Ergebnisse der Emissionsmessungen. Ins-besondere werden hierbei folgende Beanstandungenangesprochen:

� Unzutreffende Abluftmengen bei der Bestimmungder Emissionsgrenzwerte.

� Die Betriebsbedingungen während der Messungenentsprachen nicht den geltenden Vorschriften.

� Unrichtige Angaben und Schlußfolgerungen in denBerichten.

II. Die Prüfung der Petition ergab folgendes:

Bei der Anlage der Firma B. handelt es sich um eineimmissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigeAluminiumumschmelzanlage. Derartige Anlagen sindnach den Bestimmungen des Bundes-Immissions-schutzgesetzes so zu errichten und zu betreiben, daßschädliche Umwelteinwirkungen für die Allgemein-heit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen wer-den können (Einhaltung von Immissionswerten) undVorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen ge-troffen wird (Festlegung und Einhaltung von Emissi-onsgrenzwerten). Zur Nachprüfung, inwieweit die andie Anlage zu stellenden emissionsbegrenzenden An-forderungen eingehalten sind, wurden in den zurück-liegenden Jahren nach den durchgeführten wesentli-chen Änderungen entsprechend den Nebenbestim-mungen in den Änderungsgenehmigungsbescheidenoder entsprechend § 28 Bundes-Immissionsschutzge-setz. nach Ablauf eines Zeitraumes von drei Jahrenvon einer nach § 26 Bundes-Immissionschutzgesetzbekanntgegebenen Meßstelle Emissionsmessungendurchgeführt.

1. Beanstandung:

Unzutreffende Abluftmengen bei der Bestimmung derEmissionsgrenzwerte

In Ziffer 3.1.2 der Technischen Anleitung zur Rein-haltung der Luft (TA Luft) ist festgelegt, daß Anlagen

grundsätzlich mit Einrichtungen zur Begrenzung derEmissionen ausgerüstet und betrieben werden müs-sen, die dem Stand der Technik entsprechen. Dieemissionsbegrenzenden Maßnahmen müssen sowohlauf eine Minderung der Massenkonzentration als auchder Massenströme oder Massenverhältnisse der voneiner Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen aus-gerichtet sein, um die Entstehung von luftverunreini-genden Emissionen von vornherein zu vermeidenoder zu minimieren. Dabei sind insbesondere zuberücksichtigen:

� Verminderung der Abgasmenge, z. B. durch Kapse-lung von Anlagenteilen, gezielte Erfassung vonAbgasströmen, Anwendung der Umluftführung un-ter Berücksichtigung arbeitsschutzrechtlicher An-forderungen;

� Verfahrensoptimierung, z. B. weitgehende Ausnut-zung und Einsparung von Einsatzstoffen und Ener-gie;

� Optimierung von An- und Abfahrvorgängen undsonstigen Betriebszuständen.

Die zuständigen Behörden sind gehalten, im Rahmendes immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver-fahrens zu prüfen, inwieweit diese grundsätzlichenAnforderungen erfüllt werden. Hierzu zählt auch diePrüfung, ob durch Verdünnungseffekte ein falschesBild über die Massenkonzentrationen eines Schad-stoffes in der Abluft entsteht. Bei Anlagentypen, beidenen ein Sauerstoffbezugswert (als maßgeblicher Pa-rameter) nicht angegeben ist, müssen dazu über diezulässigen und erforderlichen Abluftvolumenströmeim Einzelfall maschinentechnische Anforderungenund Sachverständigenaussagen herangezogen werden.Eine starre anlagenspezifische Regelung ist wegen derVielzahl der verschiedenen Anlagetypen sowie derEinflußparameter bei Schmelzanlagen � z. B. im Ge-gensatz zu Feuerungsanlagen � nicht möglich.

Eine Absauganlage ist so auszulegen, daß die Belangedes Arbeits- und des Umweltschutzes berücksichtigtwerden. In Bereichen, in denen Arbeitnehmer Schad-gasen ausgesetzt sind, müssen die Schadgase an derEntstehungsstelle (hier z. B. beim Chargieren an derOfenöffnung) erfaßt und abgeleitet werden. Zur Ver-minderung bodennaher Emissionen ist es aus Gründendes Umweltschutzes erforderlich, z. B. geringe Men-gen geruchsbehafteter Raumluft aus dem Anlagenbe-reich zu erfassen und einer Luftreinhalteanlage zuzu-führen. Im Einzelfall ist dann festzulegen, welche Ab-luftmenge anlagen- bzw. prozeßbedingt ist und damitfür die Ermittlung der Massenkonzentration bzw. fürdie Festsetzung eines Massenstromes herangezogenwerden darf.

Von der Firma B. wurden in der von den Petenten an-geführten Zeit von 1978 bis heute verschiedene im-missionsschutzrechtlich genehmigte Änderungen ander Anlage durchgeführt. Neben dem Anlagenumfangwurden hierbei aber auch die Abgaserfassung und dieLuftreinhalteanlage verbessert. Dies muß neben ande-rem bei einem Vergleich der Meßwerte der einzelnenEmissionsmessungen berücksichtigt werden. Die of-fensichtliche Zuführung von Falschluft im Sinne der

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Bestimmungen der Technischen Anleitung zur Rein-haltung Luft (TA Luft) konnte dem Betreiber bei allenbisherigen Messungen nicht nachgewiesen werden.

Der Vergleich von Messungen bei einer Anlage übereinen größeren Zeitraum, in dem die Anlagen- undBetriebstechnologie, die Einsatzstoffe u. ä. jeweils deraktuellen Situation angepaßt wurden, ggf. ohne demAnspruch einer �wesentlichen Änderung� (genehmi-gungsbedürftig!) gerecht zu werden, ist nicht unpro-blematisch und meistens nicht möglich.

So wurde die am 13./14. Dezember 1978 durchgeführ-te Emissionsmessung noch an der Anlage mit einemDrehtrommelofen durchgeführt, der von der ehemali-gen Firma K. übernommen worden war. Dieser Ofenhatte eine höhere Brennerleistung und arbeitete somitauf einem höheren Temperaturniveau (bessere Wär-meübertragung). Dadurch war eine durchschnittlicheSchmelzzyklendauer von ca. 4 � 5 Stunden möglich.

Die heute in der Anlage vorhandenen Drehtrommelö-fen wurden am 3. März 1980 und am 14. März 1986genehmigt, wobei im Rahmen der letztgenannten Ge-nehmigung der von der Firma K. übernommene Dreh-trommelofen ersetzt wurde. Mit der Errichtung dieserbeiden Drehtrommelöfen wurde die Brennerleistungverändert und zwar aus technischen Gründen vermin-dert und die Ofentemperatur abgesenkt. Dadurch er-höhte sich die durchschnittliche Dauer derSchmelzzyklen auf 8 � 9 Stunden. Erklärtes Ziel die-ser Maßnahmen war es,

� den Staubgehalt im Abgas zu senken (die Oxida-tion, d. h. die Verbrennung und der Austrag von Al-uminium sowie die Verdampfung von Salz, zu re-duzieren),

� die Abgaserfassung zu verbessern,

� qualitativ höherwertige Legierungen zu erschmel-zen (entsprechend den gestiegenen Qualitätsanfor-derungen der Kunden),

� eine redundante Auslegung der Schmelzanlage(Reservehaltung) zu erreichen.

2. Beanstandung:

Die Betriebsbedingungen während der Messungenentsprachen nicht den geltenden Vorschriften.

Nach den Bestimmungen der TA Luft sind die Mes-sungen zur Feststellung der Emissionen so durchzu-führen, daß die Ergebnisse für die Emissionen der An-lage repräsentativ und bei gleichartigen Anlagen undBetriebsbedingungen miteinander vergleichbar sind.Bei Anlagen mit überwiegend zeitlich veränderlichenBetriebsbedingungen sollen Messungen in ausrei-chender Zahl, jedoch mindestens sechs Messungen,mit Betriebsbedingungen, die erfahrungsgemäß zuden höchsten Emissionen führen können, durchge-führt werden.

Die Betriebszustände und die Randbedingungen deran der Aluminiumumschmelzanlage der Firma B.durchgeführten Emissionsmessungen sind in denMeßberichten dokumentiert. So wurden die Betriebs-zustände und die Randbedingungen der Messungen

erfaßt (z. B. Einsatzmenge im Schmelzwerk, insbe-sondere chargiertes Schmelzgut und chargierte Salz-menge, Ofenbelegung, Spänedurchsatz und Brenn-stoffeinsatz in der Spänetrocknungsanlage, Tempera-turen der thermischen Abgasreinigungsanlage, einge-düste Adsorbensmenge im Kühler und Filter der Luf-treinhalteanlage). Bei der zuletzt im April 1993durchgeführten Emissionsmessung sind für dieSchadstoffe.

� Staub mit Staubinhaltsstoffen (Arsen, Kupfer,Nickel)

� gasförmige anorganische Fluorverbindungen

� gasförmige anorganische Chlorverbindungen

� Chlorgas

� Gesamtkohlenstoff

� Benzol

insgesamt jeweils 19 Einzelmessungen durchgeführtworden. Für die komplexeren, ein größeres Probenah-mevolumen erfordernden dadurch auch längere Pro-benahmezeit) Schadstoffe

� Benzo(a)pyren

� PCB

� Dioxine/Furane

wurden jeweils drei Einzelmessungen durchgeführt.

Die Petenten bemängeln in diesem Zusammenhang,daß bei den Messungen jeweils nicht die genehmigtemax. Schmelzleistung von 3,5t/Stunde für die Ge-samtanlage erreicht wurde. Hierzu ist festzustellen,daß dies grundsätzlich richtig, aber nicht immer sinn-voll bzw. machbar ist. Im vorliegenden Fall ist eszweckmäßiger, anstatt die Schmelzleistung der Ge-samtanlage zu betrachten, wegen technischen, im täg-lichen Betrieb bedingten Unwägbarkeiten (z. B. siche-re Einhaltung der zulässigen Schmelzleistung, Qua-lität der Legierung, Angebot und Nachfrage) dieSchmelzleistungen auf die unterschiedlichen Schmelz-aggregate zu beziehen. Der Grund hierfür ist, daß dasEmissionsverhalten der Gesamtanlage im wesentli-chen durch die Emissionen der beiden Drehtrommelö-fen bestimmt wird. Der Herdofen wird vornehmlichdann als Schmelzaggregat benutzt, wenn bestimmteLegierungen herzustellen sind, deren Eigenschaftendurch die Materialzugabe im Herdofen bestimmt wer-den sollen (Einschmelzen von sauberem Material).Ansonsten wird der Herdofen überwiegend zumWarmhalten des Schmelzgutes benutzt.

Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt als Überwa-chungsbehörde hat die Schmelzprotokolle für denZeitraum von Januar 1992 (Woche 2/92) bis Oktober1993 (Woche 43/93) bei der Firma sichergestellt, umdie Betriebsbedingungen und Anlageverhältnisse zuüberprüfen. Nachfolgende Zeiträume wurden danngenau untersucht:

1. 07.01.92 (Woche 2/92) � 26.06.92 (Woche 26/92)

2. 31.08.92 (Woche 36/92) � 31.10.92 (Woche 44/92)

3. 29.03.93 (Woche 13/93) � 31.05.93 (Woche 21/93)

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Die Auswahl sollte nur den Überprüfungsaufwandeinschränken. Tabelle 1 enthält die Ergebnisse derAuswertung für alle 3 Zeiträume. Aus den Eingabeda-ten sind die Gesamtschmelzzeit, die Materialausbeuteund die Schmelzleistung berechnet worden. Währendin den drei Untersuchungszeiträumen (insgesamt 10Monate) pro Drehtrommelofen 484 bzw. 468 Chargengeschmolzen wurden, waren es im gleichen Zeitraumam Herdofen nur 9 Chargen. Der Herdofen kam dem-zufolge im Vergleich zu den Drehtrommelöfen, nurganz gelegentlich zum Einsatz. Die Auswertung derUnterlagen zeigte, daß beim Herdofen das Ende desSchmelzvorganges schwierig zu erfassen ist, da dieGesamtcharge in mehreren kleineren Einzelchargenaufgegeben wird und der Schmelzvorgang/die Char-gierung infolge anderweitiger Beanspruchung des Be-dienungspersonals nicht immer sofort nach dem Ab-schmelzen der vorherigen Teilcharge fortgesetzt wird.Im ungünstigsten Fall wurden über einen Zeitraumvon ca. 42 Stunden 11,47 t chargiert.

Da die Verarbeitung der auszuwertenden Daten zu ei-nem Gesamtdatenblock nach Mitteilung der einge-schaltenen Landesanstalt für Umweltschutz einen er-heblichen Programmieraufwand erforderlich gemachthätte und dies im vorgegebenen Zeitrahmen nicht ge-leistet werden konnte, wurde eine sog. Maximalwert-betrachtung durchgeführt, bei der die höchsten vor-kommenden Schmelzleistungen vollständig erfaßtwurden.

Auch beim Einsatz des Herdofens im Schmelzprozeßlag die Gesamtschmelzleistung in der Regel unter3,5t/h: Lediglich in einem Schmelzzyklus ergab sicheine Überschreitung. So lag in der Nacht vom 8./9.September 1992 die rechnerische Schmelzleistung inder Zeit von 22.30 Uhr bis 24.00 Uhr bei 4 t/h und inder Zeit von 0.00 Uhr bis 2.15 Uhr bei 3,6 t/h.

Für die übrigen Betriebszeiten, in denen nur mit den 2Drehtrommelöfen eingeschmolzen wurde, wurde des-halb untersucht, wann einer der beiden Drehtrom-melöfen die halbe zulässige Gesamtschmelzleistung(1,75 t/h) überschritt, und für diesen Fall die Gesamt-schmelzleistung errechnet. Lediglich in einem Fallwurde die zulässige Gesamtleistung von 3,5 t/h er-reicht.

Die Überprüfung zeigte, daß mit Ausnahme des be-schriebenen Falles keine Überschreitung der zulässi-gen Gesamtschmelzleistung festgestellt werden konn-te. Welche Ursachen in diesem Fall zu der Über-schreitung führten, konnte auch von der Firma imNachhinein nicht mehr geklärt werden. Auf Veranlas-sung des Gewerbeaufsichtamtes wurden weitergehen-de Maßgaben hinsichtlich der von der Firma zuführenden Dokumentation in den öffentlich-rechtli-chen Vertrag aufgenommen.

Tabelle 2 enthält die anhand der Betriebsbedingungenbei den Messungen am 6./7. April 1993 berechneteSchmelzleistung für die Gesamtanlage. Der Vergleichder Tabelle 1 mit Tabelle 2 zeigt, daß die Aluminium-schmelzanlage der Firma zum Zeitpunkt der Messun-gen am 6./7. April 1993 um 1,2 % über dem betrieb-süblichen Umfang von 87,4 % betrieben wurde.

Hierbei ist anzumerken, daß während der Durch-führung der Messung die beiden Drehtrommelöfenohne größeren zeitlichen Versatz in unüblichem Par-allelbetrieb betrieben wurden. Dies war erforderlich,um die Meßbedingungen der TA Luft hinlänglich ein-halten zu können,(�maximale Emissionen�). Nebender auftragsbedingten geringen Fertigmetallabnahmekam es bei den beiden Drehtrommelöfen wegen dendamit verbundenen Überführungsproblemen in dieKonverter und Warmhalteöfen zu. einer zeitlichenVerzögerung der �Ofenreisen� (Schmelzdauer) derbeiden Drehtrommelöfen (s. Tabelle 2).

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Es kann bei umfangreichen Messungen an komplexenAnlagen aber nicht ausgeschlossen werden, daß (imNachhinein) bei kritischer Durchsicht des von derMeßstelle über die Durchführung der Emissionsmes-sung anzufertigenden Berichtes Unplausibilitäten in-folge unterschiedlicher Betrachtungsweisen auftreten.Das ist im Grundsatz nicht hinnehmbar. Dies trifft je-doch auf Meßberichte aller Meßstellen zu. Auch indem Bericht über die am 6./7. April 1993 durchge-führten Emissionsmessungen sind erhebliche Unplau-sibilitäten insbesondere bei der Übernahme von Be-triebsdaten (Einsatzmengen) in den Meßbericht fest-gestellt worden. Die Korrekturen wurden bei den inTabelle 2 enthaltenen Angaben bereits berücksichtigt.Darüber hinaus ergaben sich nach einer nochmaligeeingehenden Überprüfung der Betriebsdaten und ei-nem Vergleich mit den Aufzeichnungen der bei denMessungen anwesenden zuständigen Überwachungs-behörde keine neuen Erkenntnisse.

3. Einbau eines Meßgerätes zur kontinuierlichen Mes-sung von gasförmigen anorganischen Chlorverbin-dungen

Für die Messung von gasförmigen anorganischenChlorverbindungen wäre ein Meßgerät mit einemMeßbereich von 0 � 15 mg/m2 erforderlich.

Meßgeräte zur kontinuierlichen Messung von gasför-migen anorganischen Chlorverbindungen sind zwarinzwischen bundesweit bekannt gemacht. Diese Meß-geräte wurden jedoch hauptsächlich für den Einsatzan Müllverbrennungsanlagen konzipiert. Die General-klausel der Richtlinie über die bundeseinheitliche Pra-xis bei der Überwachung der Emissionen und Immis-sionen, in der die Meßeinrichtungen bekannt gegebenwurden, geht davon aus, daß die eignungsgeprüftenMeßeinrichtungen grundsätzlich auch zur Überwa-chung anderer Anlagenarten geeignet sind. Dies wur-de aber so nicht für jede einzelne Anlageart erprobt.

Nach den vorliegenden Informationen wurde inDeutschland bisher nur in einer Aluminiumum-schmelzanlage der Einsatz einer derartigen Meßein-richtung versuchsweise erprobt. Es ergaben sich hier-bei jedoch erhebliche Unsicherheiten bezüglich derBetriebssicherheit und der Verfügbarkeit. Insbesonde-re scheint das Probenahmesystem anfällig zu sein. DieMeßwerte waren nicht zuverlässig (Abweichungen ge-genüber den tatsächlichen Bedingungen nach obenund unten). Das von den Petenten angesprochene kon-tinuierlich registrierende Mehrkomponentenmeßgerätist bei einer österreichischen Aluminiumschmelzan-lage mit einem Meßbereich für HCL von 0 � 80 mg/m3

trocken im Einsatz. Nach anfänglichen Schwierigkei-ten arbeitet dieses Gerät nach Angaben der Firma seiteinem halben Jahr im Dauerbetrieb. Nach Angabe vonSachverständigen des TÜV Rheinland, der in Deutsch-land Eignungsprüfungen durchführt, läuft derzeit dortfür ein entsprechend verbessertes Gerät mit einemkleineren Meßbereich (0 � 15 mg/m3 für HCL) die Eig-nungsprüfung. Nach Ansicht der Sachverständigen istdieser kleinere Meßbereich deutlich besser für die Er-fassung anorganischer gasförmiger Chlorverbindun-gen an Aluminiumschmelzanlagen geeignet.

Nach einer dem Umweltministerium vorliegendengutachterlichen Äußerung ist die kontinuierliche Mes-sung von anorganischen gasförmigen Chlorverbin-dungen kein geeignetes Instrument, relevante Ge-ruchsstoffemissionen und auch -immissionen festzu-stellen und zu registrieren. Darüber hinaus sind dievon der Firma ausgehenden Emissionen gasförmigeranorganischer Chlorverbindungen � wie ausgeführt -relativ gering, so daß der Einbau eines kontinuierli-chen Meßgerätes für gasförmige anorganische Chlor-verbindungen im Hinblick auf den zu erzielenden Ef-fekt derzeit wenig zweckmäßig ist und für nicht ver-hältnismäßig erachtet wird.

Dagegen wurde jedoch vom Gutachter der Einbau ei-nes kontinuierlichen Meßgerätes zur Überwachungder organischen Schadstoffemissionen, angegeben alsGesamtkohlenstoff, empfohlen.

Die Firma wird dieser Empfehlung auf Anraten desUmweltministeriums folgen.

4. Nachträgliche Anordnung vom 17. März 1993 undAbschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages

Nach Änderung der Anlagentechnik bei der Firma B.GmbH und durch den weiterentwickelten Stand derTechnik sahen sich die zuständigen Behörden nun-mehr in der Lage, einen Abgasvolumenstrom festzu-legen, der für die Festsetzung der Massenkonzentra-tionen heranzuziehen ist. Vom Landratsamt als zu-ständiger Genehmigungsbehörde wurde daher im Ein-vernehmen mit dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtin einer nachträglichen Anordnung vom 17. März1993 neben anderen Maßgaben festgelegt, daßzukünftig die bei den Emissionsmessungen ermittel-ten Massenkonzentrationen auf einen Abgasvolumen-strom von 61 500 m3/Stunde zu beziehen sind.

Gegen diese Anordnung hatte die Firma wegen derdamit verbundenen Festsetzung verschiedener ver-schärfter Massenkonzentrationswerte, so auch erstma-lig ein Wert für die Dioxin-/Furanemissionen, Wider-spruch eingelegt. Die Anordnung war daher bis zumInkrafttreten der öffentlich-rechtlichen Vereinbarungam 10. Dezember 1993 nicht vollziehbar. Dennochwurden die bei den Messungen am 6./7. April 1993ermittelten Massenkonzentrationen bereits auf einenAbgasvolumenstrom von 61 500 m3/Stunde bezogen.

Um einen langen Verwaltungsrechtsweg zu vermei-den, war das Landratsamt L. unter Beteiligung desStaatlichen Gewerbeaufsichtsamts, des Regierungs-präsidiums und des Umweltministeriums bemüht, mitder Firma B. den beigefügten öffentlich-rechtlichenVertrag abzuschließen. Die Firma folgte diesem Vor-schlag. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag wurde am10. Dezember 1993 abgeschlossen (Anlage). Die Ver-einbarung schreibt den Betriebszustand fest, ebensoverbindliche Grenzwerte, die Verfahrensweise beiEinzelmessungen, kontinuierliche Meßgeräte und ei-nen auf die Firma zugeschnittenen. Stufenplan zur Di-oxinminimierung. Insbesondere ist festgelegt, daß diegemessenen Emissionskonzentrationen auf einen Be-zugsvolumenstrom von 61 500 N m3/Stunde umzurech-nen sind.

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Für die nachfolgenden Schadstoffe wurden folgendeGrenzwerte festgesetzt:

� Kohlenmonoxid (CO) 100 mg/Nm3

� Stickstoffoxide (NOX)angegeben als NO2 100 mg/Nm3

� Schwefeloxideangegeben als SO2 200 mg/Nm3

� dampf- oder gasförmige anorga-nische Chlorverbindungen, an-gegeben als HCl als Mittelwertaller Halbstundenwerte einerEmissionsmessung 10 mg/Nm3

Der höchste Halbstundenwertdarf jedoch den in der TA Luftfestgelegten Massenkonzentra-tionswert von nicht überschrei-ten 20 mg/Nm3

� Fluor und seine dampf- oder gas-förmigen anorganischen Verbin-dungen, angegeben als HF 1 mg/Nm3

� Benzol 2 mg/Nm3

� Benzo(a)pyren 0, 1 mg/Nm3

� Feststoffe (Statib) 10 mg/Nm3

� Chlor (Cl2) 0,5 mg/Nm3

� Gesamt-C 30 mg/Nm3

Des weiteren werden folgende Sofortmaßnahmen zurMinderung der Emissionen an polychlorierten Diben-zodioxinen und -furanen (PCDD/F) festgelegt:

� Als erster Schritt wird die Massenkonzentration anPCDD/F. bezogen auf einen Abgasvolumenstromvon 61 500m3/h, auf 0,3ng TE(NATO)/m3 begrenzt(TE = Toxizitätsäquivalente).

� Dem Abgas wird anstatt Kalk ein Gemisch ausKalk und Aktivkoks (Sorbalit) eingedüst.

� Nach den Drehtrommelöfen wird das Abgas durchQuenchen abgekühlt.

� Als Ziel wird die Einhaltung einer Massenkonzen-tration an PCDD/F von 0,1 ng TE(NATO)/m3 vor-gegeben. Hierzu wird eine erneute Emissionsmes-sung und auf der Basis der Ergebnisse dieser Mes-sung eine erneute Begutachtung der Aluminium-schmelzanlage der Firma durchgeführt. Die Meß-stelle nach § 26 BImSchG für die Emissionsmes-sungen und der Gutachter werden vom Umweltmi-nisterium bestimmt.

Der Einbau eines kontinuierlich registrierenden Meß-gerätes für die Überwachung von organischen Schad-stoffen, angegeben als Gesamtkohlenstoff, für dieRauchdichte, und für die Sorbalitaufgabe wurden ver-einbart.

III. Ergebnis:

Das Umweltministerium ist im Einvernehmen mit derGenehmigungs-, der Widerspruchs- und der Überwa-chungsbehörde der Auffassung, daß durch den Ab-

schluß des öffentlich-rechtlichen Vertrages die imvorliegenden Fall komplexe Emissionssituation beibestimmungsgemäßen Betrieb einer langfristigen Lö-sung zugeführt werden kann. So werden durch dieseVereinbarung bestehende Emissionsgrenzwerte überdie Bestimmungen der TA Luft hinaus verschärft undfür die PCDD/F-Emissionen erstmalig ein Grenzwertfestgelegt. Außerdem ist erstmalig ein Bezugsabgas-volumenstrom festgesetzt worden.

Ein vom Umweltministerium mit dem Staatl. Gewer-beaufsichtsamt ausgearbeiteter Überwachungsplansoll sicherstellen, daß die Firma ihren Pflichten ausdem Vertrag nachkommt.

Nach Auffassung des Umweltministeriums ist der Pe-tition damit insoweit abgeholfen.

Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß durchdie Natur des Betriebes Betriebsstörungen, die zu un-gewollten Emissionen führen können, nie ganz auszu-schließen sind.

Die Firma B. legt Wert darauf, mit dem Vertrag eineweitgehende Rechtssicherheit zu erlangen.

IV. Daraufhin fand ein Lokaltermin statt, der zu fol-gendem Ergebnis führte:

Bei der Erörterung ging es im wesentlichem um dieFrage, wie künftig die aus dem Metallhüttenwerk B.entweichenden Emissionen verläßlich gemessen wer-den können und ob die mit der Firma, in der Geneh-migung und dem zusätzlich abgeschlossenen öffent-lich-rechtlichen Vertrag vereinbarten Auflagen aus-reichen, um die gesetzlichen vorgegeben Emissions-Grenzwerte einhalten zu können.

Die Petenten bemängelten die früheren Meßergebnis-se und brachten zum Ausdruck, daß es ihnen letztlichum die �Wahrheit� gehe, d.h. um genaue Kenntnisüber Art und Umfang der Emissionen. Sie sprachensich für die Einrichtung eines Meßgeräts zur kontinu-ierlichen Messung von gasförmigen anorganischenChlorverbindungen aus.

Die Vertreter der Regierung und der nachgeordnetenBehörden wiesen auf die Schwierigkeit der Emissi-onsmessungen bei Betrieben hin, die marktgemäßeWare aufnehmen und mit technischen Hilfen Produk-te herstellen. Eine 100 %ige Aufsicht sei praktischnicht möglich. Üblicherweise würden solche Betriebedurch Augenscheinnahme, Messungen im Einzelfallund Hinzuziehen von Sachverständigen geprüft.Nach aufgetretenen Störungen könne die Historie ausvielerlei Gründen (z. B. Unwissenheit der Behördeund des Betriebs) nicht immer exakt ermittelt wer-den, so daß die Schuldfrage bzw. die Feststellung, obetwas Unerlaubtes im Betrieb geschehen ist, imNachhinein meist nicht mehr geklärt werden könne.Eine weitere Schwierigkeit liege darin, daß die Emis-sionen nicht nur über den Kamin ausgestoßen wer-den. Durch unsachgemäße Behandlung der Stoffe inder Halle (z. B. bei Bodenverunreinigungen) könntendort entstehende Emissionen auch durch die Türender Betriebshalle entweichen. Dies sei durch Meß-geräte nicht meßbar.

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Um das Gesamtproblem besser in den Griff zu be-kommen, habe das Landratsamt L. mit der Firma ei-nen öffentlich-rechtlichen Vertrag abgeschlossen, inwelchem alles festgeschrieben wurde, was bisher An-laß zur Kritik bzw. zu Streitigkeiten war. Die Firmahabe sich in diesem Vertrag verpflichtet, die angege-benen Emissionswerte einzuhalten und habe sichaußerdem der sofortigen Vollstreckung unterworfen.Bei Nichteinhaltung des Vertrags könne dem Betriebsofort eine Ordnungswidrigkeit (bis zu 1 00 000,� DMim Einzelfall) auferlegt werden.

Auf Wunsch der Kommission sagte die Regierung zu,den betroffenen Bürgern Einsicht in den öffentlich-rechtlichen Vertrag zu geben. Zuvor müsse jedoch mitder Firma B. geklärt werden, welche Stellen des Ver-trags zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen zuschwärzen sind.

Bezüglich des Einbaus von Meßgeräten zur Messungvon gasförmigen Chlorverbindungen bestanden zwi-schen den anwesenden Gutachtern hinsichtlich desWirkungsgrads solcher Geräte unterschiedliche Auf-fassungen. Dr. K. hielt ein solches Gerät wegen derkurzen Verfügbarkeit und langer Wartungszeitennicht für zweckdienlich. Hinzu komme, daß sichGerüche nicht messen ließen. Für besser halte er dieIndikatormessung an organischen Verbindungen. DasGerät zeige Prozesse sofort an, die nicht betriebsüb-lich sind.

Dr. V. stellte fest, daß ein Meßgerät zur Messung vonkohlenstoffhaltigen Schadstoffen (C-Gruppe) im Be-trieb installiert ist und funktioniert.

Herr S. wies darauf hin, daß ein geeignetes Gerät(HCL-Minus) auf dem Markt ist; er schlug vor; diesesGerät versuchsweise in dem Betrieb der Firma B. zuinstallieren.

Die Vertreter der Firma B. erklärten sich grundsätz-lich damit einverstanden, ein solches Gerät versuchs-weise in ihrem Betrieb einbauen zu lassen. Allerdingskönnten sie die Kosten, die sich bei etwa 300 000,�DM bewegen dürften, nicht übernehmen. Im übrigengingen sie davon aus, daß in diesem Fall das Geneh-migungsverfahren für die beantragte Halle positiv ab-geschlossen werde. Auf entsprechende Fragen der Pe-tenten und der Mitglieder der Kommission wurde aus-geführt:

� das vorhandene Meßgerät zeige Unregelmäßigkei-ten im Betrieb sofort an. Die Situation könne aber �obwohl der Brenner sofort abgeschaltet werde �erst bereinigt werden, wenn die Temperatur imKessel abgesunken ist. Solange verdampften dieChloride weiter;

� der Betrieb führe Personalschulungen durch; dieseseien aber nicht so erfolgreich wie erwünscht. DasPersonal werde vom Meister des Betriebs beauf-sichtigt;

� bei auftretenden Belästigungen sollten sich die be-troffenen Bürger sofort persönlich bzw. telefonischan den Betrieb wenden. Die Telefonnummern teileer auf Wunsch mit.

Zum Meßergebnis der UMEG am 12./13. April 1994wurde festgestellt, daß die im öffentlich-rechtlichenVertrag angegebenen Meßwerte � bis auf einen Aus-reißer � unterschritten wurden. Entsprechend demVertrag würden in bestimmten Abständen weitereMessungen durchgeführt.

Im Anschluß an die Erörterung besichtigte die Kom-mission das Betriebsgelände. Vor Ort gab der Betrieb-sinhaber Erläuterungen zur Entwicklung und den Auf-gaben des Betriebs; eine Präsentation des Betriebs er-folgte über Video. Anschließend wurden die Lager-stätten, die Schrotter- und Gattieranlage und der Be-reich, in dem die Schmelzofen stehen, besichtigt.

Ergebnis

Der Berichterstatter klärt in weiteren Gesprächen mitdem Umweltministerium Möglichkeiten des Einsatzeseiner Pilotanlage zur Messung von gasförmigenChlorverbindungen im Betriebsgebäude der Metall-hütte ab. Danach wurde die Kommission dem Peti-tionsausschuß berichten.

Die Landesregierung gab danach folgende ergänzendeStellungnahme ab:

In der Stellungnahme des Umweltministeriums vom1. März 1995 zur o. g. Petition wird hinsichtlich deskontinuierlichen Meßgerätes für anorganische gasför-mig Chlorverbindungen (HCl) ausgeführt, daß sichdas Umweltministerium um Schaffung der haushalts-rechtlichen Voraussetzungen zur Durchführung einesVersuchsbetriebes von drei verschiedenen Meßsyste-men unter den erschwerten Bedingungen einesSchmelzwerkes bemüht.

Aufgrund der angespannten Haushaltslage sehen wiruns jedoch derzeit nicht in der Lage, die bei einemderartigen Versuchsbetrieb anfallenden Kosten in derGrößenordnung von 200 000,� bis 220 000,� DM zufinanzieren. Im Rahmen der Akteneinsicht wurdevom Berichterstatter der Petition die Möglichkeit derDurchführung des Versuchsbetriebes mit nur einemMeßsystem angesprochen. Das Umweltministeriumhat diese Anregung aufgegriffen und die haushalts-rechtlichen Voraussetzungen geprüft. Aufgrund derhierfür notwendigen deutlich geringeren Kosten fürdie Durchführung eines Versuchsbetriebes (geschätzt80 000,� DM) könnten hierfür die haushaltsrechtli-chen Voraussetzungen geschaffen werden. Es wird al-lerdings darauf hingewiesen, daß bei einem solchenVersuchsbetrieb eine vergleichende Bewertung derursprünglich ins Auge gefaßten drei Meßsystemenicht möglich ist. Mit einem derart eingeschränktenTest kann nur festgestellt werden, inwieweit dieses ei-ne Meßgerät zur kontinuierlichen Messung von anor-ganischen gasförmigen Chlorverbindungen unter denerschwerten Bedingungen eines Schmelzwerkes ge-eignet ist. Wie die Beratungen einer Kommission desPetitionsausschusses beim Ortstermin am 17. Juni1994 zeigten, ist der Einbau eines kontinuierlichenMeßgerätes jedoch ausdrücklich Wunsch der Peten-ten. Das Umweltministerium ist daher grundsätzlichbereit, unter den vorgenannten Randbedingungen einoptisches Meßsystem über den Zeitraum von drei Mo-

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naten in einem Schmelzwerk zu testen. Der Berichter-statter der Petition und die Petenten signalisierten inKontakten ihre grundsätzliche Zustimmung zu dembeabsichtigten Vorgehen, wonach nur ein Meßgerätgetestet wird. Das Umweltministerium wird daher denvon hier eingeschalteten Gutachter beauftragen, dieVoraussetzungen für die Durchführung eines derarteingeschränkten Versuchsgebietes zu schaffen unddiesen Versuch zu begleiten. Eine weitere Versuchs-reihe wird nicht möglich sein.

Das Umweltministerium würde es begrüßen, wennder Petitionsausschuß oder der Berichterstatter dieszustimmend Zur Kenntnis nehmen würde.

Die Landesregierung nimmt abschließend wie folgtStellung:

1. Vorgeschichte

Die Petenten begehren zur Überwachung der Emissi-onsgrenzwerte im praktischen Betriebsablauf den so-fortigen Einbau eines Meßgerätes zur kontinuierli-chen registrierenden Messung von gasförmigen anor-ganischen Chlorverbindungen. Zu weiteren von denPetenten vorgetragenen Beanstandungen wurde vonhier inzwischen abschließend Stellung genommen. Inder Stellungnahme des Ministeriums vom 29. Dezem-ber 1993 zum Einbau eines Meßgerätes zur kontinu-ierlichen Messung von gasförmigen anorganischenChlorverbindungen wird ausgeführt, daß für die Mes-sung von gasförmigen anorganischen Chlorverbin-dungen ein Meßgerät mit einem Meßbereich von0 � 15 mg/m3 erforderlich wäre. Derartige Meßgerätefür gasförmige anorganische Chlorverbindungen sindzwar inzwischen bundesweit hauptsächlich für denEinsatz an Müllverbrennungsanlagen bekannt ge-macht, werden jedoch bei Aluminiumschmelzanlagennoch nicht im Dauerbetrieb eingesetzt. Die General-klausel der Richtlinie über die bundeseinheitliche Pra-xis bei der Überwachung der Emissionen und Immis-sionen, in der die Meßeinrichtungen bekanntgegebenwurden, geht davon aus, daß die eignungsgeprüftenMeßeinrichtungen grundsätzlich auch zur Überwa-chung anderer Anlagearten geeignet sind. Dies wurdeaber nicht für jede einzelne Anlageart vom Prüfinsti-tut bei der Eignungsprüfung erprobt.

Nach den im Jahre 1993 vorliegenden Informationendes Umweltministeriums wurde in Deutschland bishernur in einer Aluminiumumschmelzanlage der Einsatzeiner derartigen Meßeinrichtung versuchsweise er-probt. Es ergaben sich hierbei erhebliche Unsicherhei-ten bezüglich der Betriebssicherheit und der Verfüg-barkeit. Insbesondere zeigten sich beim Probenahme-system und bei den Meßwerten Anfälligkeiten. Dasvon den Petenten in ihrer Eingabe angesprochenekontinuierlich registrierende Mehrkomponentenmeß-gerät war damals bei einer österreichischen Aluminiu-mumschmelzanlage mit einem Meßbereich für HCIvon 0 � 60 mg/m3 trocken seit kurzem im Einsatz.Nach anfänglichen Schwierigkeiten arbeitet das Gerätnach Angaben dieser Firma inzwischen im Dauerbe-trieb. Nach den im Jahre 1993 durchgeführten Re-cherchen des Umweltministeriums bei dem Sachver-ständigen, der in Deutschland Eignungsprüfungen

durchführt (TÜV Rheinland), lief damals für ein ent-sprechend verbessertes Gerät mit einem kleinerenMeßbereich (0 � 15 mg/m3 für HCI) die Eignungsprü-fung. Nach Ansicht dieses Sachverständigen könntedieser kleinere Meßbereich deutlich besser für die Er-fassung anorganischer gasförmiger Chlorverbindun-gen an Aluminiumschmelzanlagen geeignet sein. Da-her wurde damals vom Umweltministerium eine gut-achterliche Äußerung eingeholt. In dieser kommt derGutachter zum Ergebnis, daß die kontinuierliche Mes-sung von anorganischen gasförmigen Chlorverbin-dungen kein geeignetes Instrument ist, um relevanteGeruchsstoffemissionen und auch -immissionen fest-zustellen und zu registrieren. Darüber hinaus wurdevom Gutachter darauf hingewiesen, daß die von derFirma B. ausgehenden Emissionen gasförmiger anor-ganischer Chlorverbindungen nach den Ergebnissender Einzel-Emissionsmessungen relevativ gering sind.Der Gutachter schlug statt dessen den Einbau eineskontinuierlichen Meßgerätes zur Überwachung derorganischen Schadstoffemissionen, angegeben als Ge-samt-Kohlenstoff, vor. Auf Anraten des Umweltmini-steriums folgte die Firma dieser Empfehlung des Gut-achters und hat ein entsprechendes kontinuierlichesMeßgerät im Jahr 1993 eingebaut.

Die Beratungen einer Kommission des Petitionsaus-schusses beim Ortstermin am 17. Juni 1994 zeigten,daß der Einbau eines kontinuierlichen Meßgerätes fürgasförmige anorganische Chlorverbindungen jedochausdrücklicher Wunsch der Petenten ist. Das Umwelt-ministerium hatte sich aber bei diesem Ortstermin be-reit erklärt, nochmals einen Gutachter zu beauftragen,der die Einsatzmöglichkeiten kontinuierlicher Meß-einrichtungen für anorganische gasförmige Chlorver-bindungen noch detaillierter untersucht. Der Gutachterhat zur Vorprüfung, ob inzwischen der Einbau einesschreibenden Meßgerätes für gasförmige anorganischeChlorverbindungen überhaupt technisch sinnvoll mög-lich und im vorliegenden Fall verhältnismäßig ist, diegrundsätzlichen Einsatzmöglichkeiten kontinuierlicherMeßeinrichtungen im Schmelzwerkbereich eingehenduntersucht. Hierbei wurde geprüft, ob entsprechendeMeßgeräte auf dem Markt verfügbar sind, welche Eig-nung im vorgesehenen Anwendungsfall voraussicht-lich zu erwarten ist und welche Kosten mit dieser kon-tinuierlichen Emissionsüberwachung verbundenwären. Diese Voruntersuchungen ergaben folgendes:

� Es stehen unterschiedliche Meßverfahren verschie-dener Hersteller hauptsächlich für den Einsatz anMüllverbrennungsanlagen zur Verfügung, derenEinsatz unter den in einem Schmelzwerk zu erwar-tenden Bedingungen auch im Dauerbetriebgrundsätzlich möglich erscheint. Auch für den zuüberwachenden Meßbereich stehen � allerdingsnicht explizit für Schmelzanlagen � eignungsge-prüfte Meßgeräte zur Verfügung. Bei weiterenMeßgeräten, die jedoch noch keiner Eignungsprü-fung unterzogen wurden, wird aufgrund der vorlie-genden Informationen eine Eignung als gesichertangenommen.

� Die zur Verfügung stehenden Systeme weisen inAbhängigkeit des Meßprinzips signifikante Unter-

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schiede im Wartungsverhalten auf Die angebotenenoptischen Systeme kommen nach Angaben der An-bieter mit geringerem Wartungsaufwand aus. Die-ser Sachverhalt wird durch Betreibererfahrung beider österreichischen Aluminiumumschmelzanlagebestätigt

Der Einsatz falscher oder verunreinigter Betriebs-mittel kann bei naßchemischen Verfahren zu Fehl-messungen führen. Darüber hinaus ist bei diesenMeßverfahren mit vergleichsweise hohem War-tungsaufwand zu rechnen und eine u. U. erheblicheBeeinflussung der Verfügbarkeit denkbar.

� Der angenommenen grundlegenden Eignung ver-schiedener kontinuierlicher Meßeinrichtungen fürHCl � auch bei Sekundäraluminiumumschmelzan-lagen � steht in jedem Fall ein erheblicher Investiti-onsaufwand gegenüber. Geräte mit erwartetem gut-em Wartungs- und Dauerbetriebsverhalten liegenbei den Investitionskosten in einer Größenordnungdeutlich über 100 000,� DM. Auch die Geräte aufnaßchemischer Basis, die einen erhöhten Einsatzhochqualifizierten Bedienungs- und Wartungsper-sonals erforderlich machen, sind nur unwesentlichbilliger.

� Naßchemische Verfahren, die auf einer Änderungder elektrolytischen Leitfähigkeit einer Absorpti-onslösung durch Absorptien der nachzuweisendenKomponenten beruhen, weisen eine meßtechnischbedingte Querempfindlichkeit gegenüber HF aufAndere Störkomponenten führen bei den zu erwar-tenden Konzentrationen zu keinen relevantenMeßwertverfälschungen.

Bei den betrachteten optischen Meßverfahren sindlediglich geringe Querempfindlichkeiten anzuneh-men.

Aufgrund der angespannten Haushaltslage sah sichdas Umweltministerium jedoch nicht in der Lage, dieursprünglich ins Auge gefaßten vergleichenden Mes-sungen von drei verschiedenen kontinuierlichen Meß-systemen unter den erschwerten Bedingungen einesSchmelzwerkes zu finanzieren. Im Rahmen der Ak-teneinsicht wurde vom Berichterstatter der Petitiondie Möglichkeit der Durchführung des Versuchsbe-triebs mit nur einem Meßsystem angesprochen. DasMinisterium hatte diese Anregung aufgegriffen undkonnte für diese Lösung die haushaltsrechtlichen Vor-aussetzungen schaffen. Es wurde allerdings bereits inder Stellungnahme vom 29. Mai 1995 darauf hinge-wiesen, daß bei einem solchen Versuchsbetrieb einevergleichende Bewertung der ursprünglich ins Augegefaßten drei Meßsysteme nicht möglich ist. Mit ei-nem derartig eingeschränkten Test kann nur festge-stellt werden, inwieweit dieses eine Meßgerät zurkontinuierlichen Messung von anorganischen gasför-migen Chlorverbindungen unter den erschwerten Be-dingungen eines Schmelzwerkes geeignet ist. Nach-dem der Berichterstatter der Petition und die Petentenin Kontakten ihre grundsätzliche Zustimmung zu dembeabsichtigten Vorgehen signalisierten, beauftragtedas Ministerium den von hier eingeschalteten Gutach-ter mit der Schaffung der Voraussetzungen für die

Durchführung eines derart eingeschränkten Versuchs-betriebes. Der Berichterstatter des Petitionsausschus-ses schlug einen weiteren Sachverständigen vor, derdas Projekt begleiten sollte. Die Abschlußberichte desGutachters und des Sachverständigen liegen inzwi-schen vor und sind dieser Stellungnahme beigefügt.

2. Rechtsgrundlagen für kontinuierliche Messungen

Nach § 29 des Bundes-Immissionsschutzgesetzeskann die zuständige Behörde bei immissionsschutz-rechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen anord-nen, daß statt durch Einzelmessungen nach § 26 oder§ 28 oder neben solchen Messungen bestimmte Emis-sionen oder Immissionen unter Verwendung aufzeich-nender Meßgeräte fortlaufend ermittelt werden. BeiAnlagen mit erheblichen Emissionsmassenströmenluftverunreinigender Stoffe oder erheblichen Abgas-strömen, insbesondere bei Anlagen mit einem Abgas-strom von mehr als 50 000 m3 je Stunde, sollen Anord-nungen getroffen werden, soweit eine Überschreitungder in Rechtsvorschriften, Auflagen oder Anordnun-gen festgelegten Emissionsbegrenzungen nach der Artder Anlage nicht ausgeschlossen werden kann.

Weitere Festlegungen zur kontinuierlichen Messungenthält die Nr. 3.2.3 der TA Luft. Hiernach soll eineÜberwachung der Emissionen durch kontinuierlicheMessungen von der Behörde verfügt werden, soweitdie in Nr. 3.2.3.2 (staubförmige Emissionen) oder Nr.3.2.3.3 (dampf- und gasförmige Emissionen) festge-legten Massenströme überschritten und Emissionsbe-grenzungen festgelegt werden. Wenn zu erwarten ist,daß bei einer Anlage die im Genehmigungsbescheidfestgelegten zulässigen Massenkonzentrationen wie-derholt überschritten werden, z. B. bei wechselnderBetriebsweise einer Anlage oder bei Störanfälligkeiteiner Einrichtung zur Emissionsminderung, kann diekontinuierliche Messung der Emissionen auch bei ge-ringeren als den in den vorgenannten Nummern ange-gebenen Massenströmen verfügt werden.

Nach Nr. 3.2.3.3 sollen relevante Quellen mit kontinu-ierlichen Meßeinrichtungen ausgerüstet werden, wennu. a. der Massenstrom für gasförmige anorganischeChlorverbindungen, angegeben als Chlorwasserstoff,von 3 kg/h überschritten wird.

Für die kontinuierlichen Messungen sollen grundsätz-lich nur geeignete Meßeinrichtungen eingesetzt wer-den, die von dem für den Immissionsschutz zuständi-gen Bundesministerium veröffentlicht wurden. DieEignungsprüfung von Meßeinrichtungen wird in derRegel nur für eine Anlagenart durchgeführt und be-kanntgemacht. In der sogenannten Generalklausel derRichtlinie über die Eignungsprüfung, den Einbau, dieKalibrierung und die Wartung von Meßeinrichtungenfür kontinuierliche Emissionen wird festgelegt, daßMeßeinrichtungen, deren Eignung festgestellt wurde,auch grundsätzlich zur Überwachung entsprechenderEmissionen in anderen Anlagearten geeignet sind. In-wieweit dies tatsächlich möglich ist, ist im jeweiligenEinzelfall im Benehmen mit dem Prüfinstitut, welchesdie Eignungsprüfung durchführte, und ggf. mit demHersteller zu prüfen.

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Eignungsgeprüfte kontinuierliche Meßeinrichtungenzur Messung von anorganischen gasförmigen Chlor-verbindungen bei Sekundäraluminiumumschmelzan-lagen wurden bisher in den Richtlinien nicht veröf-fentlicht. Daher könnte ein derartiges Meßgerät nurüber die sogenannte Generalklausel gefordert werden.Außerdem ist festzuhalten, daß der in der TA Luftfestgelegte Massenstrom für gasförmige anorganischeChlorverbindungen, angegeben als Chlorwasserstoff,von 3 kg/h im Abgas der Aluminiumumschmelzan-lage der Firma B. nicht überschritten wird. DieserMassenstrom lag bei der letzten Einzelemissionsmes-sung bei maximal 0,733 kg/h.

3. Ergebnisse des Versuches

3.1 Meßverfahren

Zur Feststellung der Konzentration gasförmiger anor-ganischer Chlorverbindungen in Gasen stehen � wiedargestellt � unterschiedliche Meßverfahren zur Ver-fügung. Das für den Probebetrieb ausgewählte Meß-system ist ein optisches Verfahren (es beruht auf einerspektroskopischen Analyse von Licht). Bei diesemVerfahren wird der meßtechnische Nachweis für be-stimmte Gaskomponenten anhand des spezifischenAbsorptionsverhaltens für Licht bestimmter Wellen-längen (�Absorptionsbanden�) geführt. Die spektro-skopische Analyse erfolgt hierbei in einem Teilgas-strom außerhalb des Rauchgaskanals in einerMeßküvette. Der sehr kleine Meßbereich des Meß-gerätes wird durch ein Spiegelsystem in einer soge-nannten �Langwegküvette� mit einer optischen Weg-länge von 15 in erreicht.

Bei dem eingesetzten Emissionsmeßsystem handelt essich um ein eignungsgeprüftes Meßgerät für gasför-mige anorganische Chlorverbindungen mit einemkleinsten Meßbereich von 0 � 20 mg/m3. Als zweiterMeßbereich wurde das Gerät mit einem Ausgang von0 � 90 mg/m3 kalibriert. Beide Meßausgänge wurdenüber den Meßzeitraum registrierend erfaßt.

Die Investitionskosten für das beschriebene Meßgeräteinschließlich Gasentnahmesonde, -leitung, Nullgas-versorgung, notwendigem Zubehör und Erstinstallati-on liegen bei ca. 150 000,� DM. Die zusätzlichenjährlichen Betriebskosten für Unterhalt und Kalibrie-rungen sind in einer Größenordnung von insgesamtmindestens 10 000,� DM anzunehmen.

3.2 Aufgabenbeschreibung

Die Vorgehensweise und der zeitliche Ablauf desProjektes wurden einvernehmlich mit den Beteiligten(Gutachter, Hersteller des Meßgerätes, Sachverständi-ge, Genehmigungs- und Überwachungsbehörde sowiedem Umweltministerium) festgelegt:

� Einbau des Meßgerätes und Inbetriebnahme durchden Hersteller,

� Erstkalibrierung sowie Bereitstellung und An-schluß eines Auswerterechners durch den mit derMessung beauftragten Sachverständigen,

� regelmäßige Überwachung der Funktion der Gerätedurch die Gutachter und den Sachverständigen, in

Abständen von zwei Wochen, dabei Überprüfungder tatsächlichen Betriebsverhältnisse der Alumini-umumschmelzanlage,

� zusätzlich regelmäßige Überwachungen durch dieÜberwachungsbehörde unter besonderer Berück-sichtigung des Auslastungsgrades der Schmelzan-lage,

� Überprüfung und Auswertung der Schmelzproto-kolle und Betriebstagebücher durch die Überwa-chungsbehörde über den Projektzeitraum und Er-mittlung des Auslastungsgrades der Gesamtanlage,

� Durchführung der erforderlichen Gerätewartungenalle zwei Wochen durch den Sachverständigen,

� Durchführung der erforderlichen Gerätewartungeneinschließlich Funktionsprüfung und Kalibrierungalle vier Wochen durch den Sachverständigen,

� Auswertung der Meßergebnisse,

� Darstellung und Beurteilung der Meßergebnisse so-wie vergleichende Bewertung für den Ein-satzzweck.

In die regelmäßige Überwachung der Funktion derGeräte sowie die Überprüfung der tatsächlichen Be-triebsverhältnisse der Anlage wurde der vom Petiti-onsausschuß vorgeschlagene Sachverständige einbe-zogen.

3.3 Versuchszeitraum

Das Meßgerät wurde vom Hersteller am 17. August1995 eingebaut und nach einer Verlängerung des ur-sprünglich für den 24. November 1995 vorgesehenenVersuchsendes letztendlich am 22. Dezember 1995ausgebaut.

3.4 Bewertung der Gutachter

Aus den inzwischen hier vorliegenden Gutachten las-sen sich nachfolgende wesentliche Ergebnisse aus demMeßgerätebetrieb, die Gerätefunktion sowie Zustandund Betriebsweise der Schmelzanlagen entnehmen:

3.4.1 Verfügbarkeit

Die Verfügbarkeit des Meßgerätes wurde durch Stö-rungen und Ausfälle der Elektronik in den ersten bei-den Monaten des Überwachungszeitraumes wesent-lich eingeschränkt. Die sehr schlechte Verfügbarkeitist sicherlich auch auf eine mangelhafte Fehlererken-nung und -beseitigung seitens des Meßgeräteherstel-lers über mehrere Reparaturen hinweg zurückzu-führen. So hätte eine komplette Fehlererkennung und-beseitigung im Rahmen der ersten Reparatur � ohneAusfall des Meßwerterechners � die Erfüllung derEignungskriterien (Verfügbarkeit > 90 %) ermöglicht.Da dies jedoch nicht erfolgte, lag die Verfügbarkeit,bezogen auf den gesamten Überwachungszeitraumvom 22. August � 19. Dezember 1995, mit 43,4 %weit außerhalb des im Rahmen von Eignungsprüfun-gen zulässigen Bereiches.

Nach den Aussagen des Gutachters sind die aufgetre-tenen Elektronikstörungen sicherlich untypisch. Da-

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her sei anzunehmen, daß bei Einsatz ordnungs-gemäßer Geräte ein Einsatz unter den in einemSchmelzwerk zu erwartenden Bedingungen auch imDauerbetrieb möglich ist. So konnte nach Herstellungeines ordnungsgemäßen Meßgerätezustandes im ver-bleibenden Überwachungszeitraum bis zum 24. No-vember 1995 eine Verfügbarkeit von 93,7 % erreichtwerden. Zur weiteren Absicherung dieses Werteswurde daher das Versuchsende bis zum 19. Dezember1995 verlängert.

Dabei setzte sich die bereits festgestellte positive Ten-denz fort. In dem Verlängerungszeitraum waren keinereparaturbedingten Ausfälle des Meßgerätes festzu-stellen. Die Verfügbarkeit des Überwachungssystemswurde hier im wesentlichen nur durch Ausfälle derMeßwerterfassung beeinträchtigt.

3.4.2 Gerätefunktionen

Die vom Sachverständigen durchgeführten Überprü-fungen des Gerätezustandes auf Funktion der Heizun-gen (Probenahmesonde, Leitung, Pumpe, Durchfluß-messer, Analysenzelle), Funktion der Statussignale,Zustand des Gasfilters sowie die Probegasableitungergaben keine Beanstandungen.

Während des Untersuchungszeitraums wurde keineWartungsmaßnahme am Entnahmesystem (z. B:. Fil-terreinigungs/-austausch) erforderlich. Auch dieÜberprüfungen hinsichtlich der Meßgeräteempfind-lichkeit ergaben, daß die Anforderungen der maßge-benden Richtlinie VDI 3950 eingehalten wurden. Le-diglich bei der Überprüfung der Nullpunktlagen wur-de vom Sachverständigen festgestellt, daß hier einegrößere Schwankungsbreite (� 3,75 % bis zu 4 %) alszulässig (2 % des Anzeigebereiches) auftrat.

Die im Rahmen des verlängerten Meßzeitraums (24.November bis 19. Dezember 1995) durchgeführte Li-nearitätsprüfung ergab eine Abweichung der Nullpunkt-lage von maximal 1,7%, also im zulässigen Bereich.

3.4.3 Emissionsmeßergebnisse

Im Überwachungszeitraum lagen die für die anorgani-schen gasförmigen Chlorverbindungen (HCl) konti-nuierlich ermittelten Emissionswerte im Bereich derNachweisgrenze des Meßgerätes und damit weit un-terhalb des in der Genehmigung festgesetzten Emissi-onsgrenzwertes von 20 mg/m3. So waren z. B. im Zeit-raum von 27. Oktober bis 23. November 1995 ca. 99% aller Halbstundenmittelwerte unterhalb 4 mg/m3.Lediglich ca. 1 % (acht Einzelwerte) lagen oberhalbvon 4 mg/m3. Insgesamt wurde in diesem Zeitraumnur eine Überschreitung des Grenzwertes (am 22. No-vember 1995, 0.30 Uhr, mit 30,3 mg/m3) registriert.Welche Gründe zu diesem Wert führten, konnte bis-her nicht nachvollzogen werden. So konnten bei demfür die registrierende Überwachung der Emissionenorganischer Stoffe (Gesamt-C) vorhandenen kontinu-ierlichen Meßgerät keine Korrelationen festgestelltwerden. Auch waren aus den Betriebsprotokollen zumSchrotteinsatz keine Auffälligkeiten zu entnehmen.

Dennoch könnten möglicherweise untypische � visu-ell nicht erkennbare � Beimengungen im Schrottein-

satz die Ursache für diese kurzfristige Überschreitunggewesen sein.

Die naßchemischen Vergleichsmessungen, die vomSachverständigen regelmäßig während des Überwa-chungszeitraums durchgeführt wurden, bestätigten imwesentlichen die Ergebnisse der kontinuierlichenMeßeinrichtung und unterstreichen das insgesamtsehr niedrige Emissionsniveau der Anlage im Bereichvon 2 bis max. 5 � 6 mg HCl/m3.

3.4.4 Einsatzmaterial, Schmelzleistung

Die im Untersuchungszeitraum von den Gutachternund der Überwachungsbehörde, dem Staatlichen Ge-werbeaufsichtsamt Stuttgart, durchgeführten Überprü-fungen des Einsatzmaterials sowie die Auswertungder Schmelzleistung ergaben keine Hinweise auf ei-nen nicht ordnungsgemäßen Betriebszustand derSchmelzanlage.

Die Schmelzleistung lag im Überwachungszeitraumzwischen 2,1 und 2,84 t/h, der Mittelwert bei 2,44 t/h.Der Minimalwert resultierte aus einem ferienbeding-ten Stillstand eines Drehrohrofens zu Anfang desÜberprüfungszeitraumes. Dadurch bedingt lag derMittelwert ca. 6% niedriger gegenüber früher ermit-telten Durchschnittswerten. In Anbetracht der gerin-gen Abweichung ist der Anlagebetrieb daher als re-präsentativ zu werten. Bei Betrieb des Herdofens alsSchmelzaggregat erreichte die Schmelzleistung mehr-fach 3,5 t/h.

Die ebenfalls durchgeführte Auswertung der Ergeb-nisse der kontinuierlichen Gesamtkohlenstoffmessungwährend der Meßkampagne entsprach den Anforde-rungen des öffentlich-rechtlichen Vertrages. Über-schreitungen des festgesetzten Grenzwertes für Ge-samt-C traten nicht auf.

Lediglich am 16. November 1995 fiel visuell eine ca.20minütige Störung an der Spänetrocknungsanlageauf, bei der Rauch- und Geruchsemissionen im Be-reich der Spänetrocknungsanlage wahrgenommenwerden konnten. Die vom Staatlichen Gewerbeauf-sichtsamt durchgeführten Überprüfungen ergaben,daß sich die Spänetrocknungsanlage nach der Umstel-lung der Spänesorte im Anfahrbetrieb befand und diegeringe Leistung zeitweise zu instationären Betriebs-zuständen rührten. Erhebliche Belästigungen derNachbarschaft traten jedoch nicht auf. Von der Über-wachungsbehörde wurden inzwischen dennoch imEinvernehmen mit. der Firma Minderungsmaßnah-men veranlaßt.

3.4.5 Beurteilung des Meßgerätes durch den Gutach-ter und den Sachverständigen für die Dauer desUntersuchungszeitraums

Das untersuchte Meßgerät erscheint für den geprüftenEinsatzzweck grundsätzlich geeignet. Allerdingskonnte im Rahmen der Projektdauer die eindeutigeEignung noch nicht abschließend nachgewiesen wer-den. Die Schwierigkeiten mit der Auswerteelektronikwerden vorn Gutachter als nicht repräsentativ erach-tet, d. h. es wird angenommen, daß die Meßgerätever-fügbarkeit in der Regel nicht wesentlich oder zumin-

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dest nicht in dem hier festgestellten Maße von Elek-tronikausfällen beeinflußt wird. Diese Ausfälle stehenzudem nicht in einem kausalen Zusammenhang mitdem geprüften Einsatz (Schmelzwerksbereich).

Hinsichtlich der meßgerätespezifischen Anforderun-gen konnte das eingesetzte Meßgerät nicht alle Krite-rien der maßgebenden VDI-Richtlinie 3950 erfüllen.D. h. auch bei Erreichen der erforderlichen Verfügbar-keit hätte dieses Gerät eine Eignungsprüfung � wennauch nur knapp � nicht bestanden. Auf welche Gründedies zurückzuführen ist, konnte vom Gutachter auf-grund der Kürze der Versuchszeit nicht beurteilt wer-den. Herstellerseitig wurde eine Beeinflussung der�technischen Spezifikationen� aufgrund vorhandenerUnterschiede zum eignungsgeprüften Baumuster al-lerdings ausgeschlossen.

Insgesamt wird von dem Gutachter und dem Sachver-ständigen übereinstimmend festgestellt, daß sich beimBetrieb der Aluminiumumschmelzanlage das zu er-wartende Emissionsniveau für anorganische gasför-mige Chlorverbindungen (HCl) unter betriebsübli-chen Bedingungen weit unterhalb des festgelegtenGrenzwertes bewegt. Aufgrund des niedrigen Emis-sionsniveaus der Anlage im Bereich der Nachweis-grenze des Meßgerätes ergeben sich hohe Anforde-rungen an das Meßgerät. Es wird außerdem festge-stellt und prognostiziert, daß Emissionskonzentratio-nen im Bereich des Grenzwertes oder darüber � alsFolge unzulässiger Verunreinigungen im Schrott � al-lenfalls als seltene Einzelereignisse auftreten (vgl.Einzelereignis Nr. 3.4.3 der Stellungnahme). Daherwird von dem Gutachter und dem Sachverständigenbei vergleichbarem Betrieb für die Zukunft keine Not-wendigkeit einer registrierenden Überwachung derHCI-Emissionen gesehen. Der hierfür sich ergebendeAufwand (Investitionskosten, Betriebskosten, Emis-sionsniveau im Bereich der Nachweisgrenze des Meß-gerätes) unverhältnismäßig, zumal mit der bereits vor-handenen kontinuierlichen Überwachung der Gesamt-kohlenstoffemissionen eine weitgehende Überwa-chung des Emissionsverhaltens sichergestellt ist.

4. Abschließende Bewertung des Umweltministeriums

Das Umweltministerium bewertet den Einbau einerkontinuierlichen Meßeinrichtung zur Messung vonanorganischen gasförmigen Chlorverbindungen (HCl)bei Sekundäraluminiumumschmelzanlagen zusam-menfassend wie folgt:

Die sich aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz er-gebenden Rechtsgrundlagen für kontinuierliche Mes-sungen sind in Ziffer 2 dieser Stellungnahme ausführ-lich dargelegt. Hiernach sollen bei Anlagen mit erheb-lichen Emissionsmassenströmen luftverunreinigenderStoffe oder erheblichen Abgasströmen, insbesonderebei Anlagen mit einem Abgasstrom von mehr als50 000 m3 je Stunde, Anordnungen getroffen werden,soweit eine Überschreitung der in Rechtsvorschriften,Auflagen oder Anordnungen festgelegten Emissions-begrenzungen nach der Art der Anlage nicht ausge-schlossen werden kann. Die hierbei ebenfalls zuberücksichtigende Nr. 3.2.3.3 der TA Luft fordert diekontinuierliche Messung von relevanten Quellen u. a.

dann, wenn der Massenstrom für gasförmige anorga-nische Chlorverbindungen, angegeben als Chlorwas-serstoff, von 3 kg/h überschritten wird.

Für die Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen,werden die

� Festlegungen der in den immissionsschutzrechtli-chen Genehmigungen sowie des öffentlich-rechtli-chen Vertrages enthaltenen Bestimmungen,

� Ergebnisse der letzten Einzelemissionsmessung,

� Ergebnisse des Versuchsbetriebes des eingesetztenkontinuierlichen Meßsystems

herangezogen. Hierzu ist folgendes festzustellen:

Zwischen dem Land Baden-Württemberg, vertretendurch das Landratsamt L. und der in Rede stehendenFirma B. wurde am 10. Dezember 1993 ein öffent-lich-rechtlicher Vertrag geschlossen. Hierin wurde zurBegrenzung der dampf- oder gasförmigen anorgani-schen Chlorverbindungen, angegeben als HCl, einEmissionsgrenzwert als Mittelwert aller Halbstunden-werte einer Emissionsmessung von 10 mg/m3 festge-legt. Der höchste Halbstundenwert darf jedoch denMassenkonzentrationswert von 20 mg/m3 nicht über-schreiten. Dies gilt für Einzelemissionsmessungen.Für die Auswertung und Beurteilung der Meßergeb-nisse kontinuierlicher Messungen ist die Nr. 3.2.3.6der TA Luft herauszuziehen. In dem öffentlich-recht-lichen Vertrag wurde außerdem festgelegt, daß die ge-messenen Emissionskonzentrationen auf einen Be-zugsvolumenstrom von 61 500 m3/h umzurechnen sind.

Die Ergebnisse der letzten, im April 1994 durchge-führten Einzelemissionsmessung ergaben für dieEmissionen an anorganischen gasförmigen Chlorver-bindungen, bezogen auf einen Abgasvolumenstromvon 61 500 m3/h und 100 % Schmelzleistung, als Mit-telwert aller Halbstundenwerte eine Emissionsmes-sung von 5,3 mg/m3. Der höchste Halbstundenwertwurde mit 11,9 mg/m3 ermittelt. Die festgesetztenEmissionsgrenzwerte waren somit deutlich unter-schritten. Die Ergebnisse des Versuchsbetriebes mitdem eingesetzten kontinuierlichen Meßsystem be-stätigen diese Ergebnisse der Einzelemissionsmes-sung.

Der maximale Massenstrom an gasförmigen anorga-nischen Chlorverbindungen lag bei der Einzelemissi-onsmessung bei maximal 0,73 kg/h.

Somit wird auch der in der TA Luft für die Erforder-lichkeit von kontinuierlichen Messungen genannteMassenstrom von >3 kg/h deutlich unterschritten.

Nach der Beurteilung der Gutachter und des Sachver-ständigen erscheint das untersuchte Meßgerät für dengeprüften Einsatzzweck bei einer Sekundäraluminiu-mumschmelzanlage zwar grundsätzlich geeignet. Dieeindeutige Eignung konnte jedoch wie ausgeführt imRahmen des Projektes nicht abschließend nachgewie-sen werden. Dies war insbesondere auf Schwierigkei-ten in der Meßgeräteverfügbarkeit (Elektronik) undden Nullpunktabweichungen begründet. Die Ergeb-nisse der während des Versuchszeitraums durchge-führten vergleichenden naßchemischen Messung so-

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wie die Ergebnisse der kontinuierlichen Meßeinrich-tungen unterstreichen das insgesamt sehr niedrigeEmissionsniveau der Anlage im Bereich von 2 bismaximal 5 � 6 mg HCL/m3. Es ist außerdem festzustel-len, daß sich unter betriebsüblichen Bedingungen diezu erwartenden Emissionen für anorganische gas-förmge Chlorverbindungen weit unterhalb des festge-legten Grenzwertes und damit im Bereich der Nach-weisgrenze des eingesetzten kontinuierlichen Meßsy-stems bewegen.

Die Investitionskosten für das eingesetzte Meßgeräteinschließlich Gasentnahmesonde, -Leitung, Nullgas-versorgung, notwendigem Zubehör und Erstinstallati-on liegen bei ca. 150 000,� DM. Die zusätzlichenjährlichen Betriebskosten für Unterhalt und Kalibrie-rungen sind in einer Größenordnung von insgesamtmindestens 10 000,� DM anzunehmen.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die konti-nuierliche Messung von anorganischen gasförmigenChlorverbindungen kein geeignetes Instrument ist,um relevante Geruchsstoffemissionen und auch -im-missionen festzustellen und zu registrieren, undaußerdem hierfür inzwischen ein viel geeignetereskontinuierliches Überwachungssystem zur Überwa-chung der organischen Schadstoffemissionen, angege-ben als Gesamt-Kohlenstoff, eingebaut wurde, hältdas Umweltministerium die Forderung nach einemEinbau eines kontinuierlichen Meßgerätes zur Über-wachung der anorganischen gasförmigen Chlorver-bindungen nach Abwägung aller zur Verfügung ste-henden Gesichtspunkte nicht für verhältnismäßig. Fürdie Überwachung der Anlage sind durch eine kontinu-ierliche Messung der anorganischen gasförmigenChlorverbindungen keine zusätzlichen wesentlichenInformationen zu der bereits jetzt bestehenden Über-wachung (kontinuierlich registrierendes Meßgerät fürGesamtkohlenstoff und kontinuierlich registrierendesRauchdichtemeßgerät) sowie zu den vom Betreiber zuführenden Betriebsunterlagen zu erwarten.

Durch den Abschluß des öffentlich-rechtlichen Ver-trages und den Einbau eines Meßgerätes für anorgani-sche Chlorverbindungen wurden die Forderungen derPetenten weitestgehend erfüllt.

Die Petition wird damit für erledigt erklärt.

Trotzdem ist der Berichterstatter der Meinung, daßaufgrund der auch heute noch auftretenden Geruchs-belästigungen durch die Firma B. weiterhin einestrenge Überwachung des Betriebes notwendig seinwird.

Beschlußempfehlung:

Die Petition wird für erledigt erklärt

Berichterstatter: Walter

34. Petition 11/4773 betr. Rundfunkwesen; Fre-quenzzuteilung

Der Petent begehrt die Zuteilung der StuttgarterUKW-Frequenz 107,7 MHz an die beiden Jugend-und Szene-Radios Hithouse-Radio und Powerstation.E. begehrt somit eine Rücknahme der Lizenzierungs-entscheidung der Landesanstalt für Kommunikation(LfK), die diese Frequenz dem Veranstalter �RadioSchwabenland Stuttgart GmbH� für sein Programm�Stadtradio Melodie für Sie� zugewiesen hat.

Die Lizenzierungsentscheidung zugunsten der �RadioSchwabenland Stuttgart GmbH� und zu Lasten derAntragstellergemeinschaft �Powerstation Hithouse-Rundfunkgesellschaft mbH�, wurde von der LfK imRahmen der Neuordnung der privaten Hörfunkland-schaft in Baden-Württemberg getroffen. �

Nachdem insgesamt über 40 private Hörfunkveran-stalter seit Mitte der 80er Jahre auf Sendung gingen,hatte sich gezeigt, daß die zersplitterte Struktur klein-räumiger Radios einem wirtschaftlichen Betrieb imWege stand und somit ein dauerhaftes Überleben die-ser Veranstalter nicht zu gewährleisten gewesen wäre.Die LfK hat deshalb in Anwendung des Landesme-diengesetzes für die zweite Lizenzierungsperiode, dieam 1. Oktober 1994 begann, 15 Lokalsendegebieteund 3 Bereichssendegebiete ausgeschrieben.

Für den Lokalsender Stuttgart auf der Frequenz 107,7war eine Frequenzsplittingsituation, wie sie es aufdieser Frequenz in den letzten Jahren gab, nach denBestimmungen des Landesmediengesetzes nicht mehrzulässig. Deshalb hatten sich für die Frequenz 107,7MHz sechs potentielle Veranstalter beworben. Da dieunter der Regie der LfK durchgeführten Einigungsge-spräche unter den Bewerbern im Sommer 1994 ohneErfolg waren, waren Vorstand und Medienrat derLandesanstalt für Kommunikation gezwungen, eineAuswahlentscheidung zu treffen. Diese Auswahlent-scheidung fiel sowohl im Vorstand als auch im Me-dienrat, dessen Zustimmung erforderlich ist, zugun-sten des Bewerbers Radio Schwabenland aus. Vor-stand und Medienrat der LfK waren der Ansicht, daßdie Radio Schwabenland GmbH aufgrund ihrer Ge-sellschafterstruktur, des vorgelegten Programmsche-mas, des Finanz- und Stellenplans und der im Zielge-biet erworbenen Erfahrungen in der lokalen Berichter-stattung ein besonders vielfältiges Programm mit ho-hem lokalem Anteil erwarten lasse.

Das Vorbringen des Petenten, den früheren Veranstal-tern Powerstation und Hithouse-Radio wäre die Mög-lichkeit verwehrt worden, rechtliche Mittel gegen dieLfK-Entscheidung einzulegen, trifft nicht zu.

Die unterlegenen Bewerbergruppen haben die Mög-lichkeit, im gerichtlichen Verfahren einstweiligenRechtsschutz zu beantragen, genutzt. Bis zum 30.September 1994, dem Tag des Ablaufs der Altzulas-sungen, waren diese Streitverfahren sowohl vom Ver-waltungsgericht Stuttgart als auch vom Verwaltungs-gerichtshof Baden-Württemberg zugunsten der LfKentschieden. Der VGH Baden-Württemberg hat dabeider LfK im Beschluß bescheinigt, daß keine ernstli-

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chen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auswahlent-scheidung bestehen. Trotz diesem abgeschlossenenEilverfahren haben die unterlegenen Bewerber dieMöglichkeit, ihren Zulassungswunsch durch Wider-spruch und anschließende Klage weiter zu verfolgen.Ein förmlicher Widerspruchsbescheid ist für Anfang1995 zu erwarten. Der Hithouse- und PowerstationmbH stünde dann der Klageweg offen.

Nach Auffassung der Landesregierung war die Ent-scheidung der LfK für �Radio Schwabenland� imSeptember d. J. rechtlich einwandfrei. Die Landesre-gierung unterstützt dennoch das Anliegen des Peten-ten, einen Jugendsender für Stuttgart zu lizenzieren.Sie weist aber darauf hin, daß für die Vergabe der Li-zenzen allein die staatsfern organisierte Landesanstaltfür Kommunikation verantwortlich ist.

Die LfK wollte zum 1. Oktober 1994 einen weiterenprivaten Veranstalter für den mittleren Neckarraumauf der Frequenz 105,7 MHz lizenzieren. Auch wenndie LfK keinen Einfluß auf das Musikformat einesprivaten Veranstalters hat, wäre zu vermuten, daß sichein derartiger Veranstalter für ein relativ junges Ziel-publikum entschieden hätte, zumal ältere Hörer be-reits durch die bestehenden Hörfunkveranstalter aus-reichend bedient werden. Gegen die Nutzung der Fre-quenz 105,7 MHz durch einen privaten Veranstalterhat jedoch der Süddeutsche Rundfunk gegen die LfKNormenkontrollklage beim VGH in Mannheim erho-ben und Recht erhalten. Wegen der grundsätzlichenBedeutung dieser Entscheidung hat die LfK Nichtvor-lagebeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht inBerlin eingereicht.

Generell weist die Landesregierung darauf hin, daßdie Verteilung der knappen Frequenzen rechtlich undtechnisch außerordentlich schwierig ist. Die Landes-anstalt für Kommunikation wurde gebeten, die Fre-quenzen zusammen mit dem Süddeutschen Rundfunkneu zu ordnen und zu versuchen, so neue Sendemög-lichkeiten für einen Jugendsender in Stuttgart zuschaffen. Inwieweit dies gelingen wird, ist noch nichtabsehbar, zumal dies auch von der Gerichtsentschei-dung abhängen wird.

Für eine Rücknahme der rechtmäßig ergangenen Li-zenzierungsentscheidung der LfK zugunsten der Ra-dio Schwabenland GmbH sieht die Landesregierungkeinen Anlaß.

Da die Petenten nach Information des Berichterstat-ters die Petition nicht mehr bestreiten, wird die Petiti-on für erledigt erklärt.

Beschlußempfehlung:

Der Petition wird für erledigt erklärt.

Berichterstatter: Walter

35. Petition 11/6358 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Die Petentinnen begehren die Erteilung von Aufent-haltsgenehmigungen, hilfsweise von Duldungen.

Bei den Petentinnen handelt es sich um 18 Jahre alteZwillingsschwestern türkischer Staatsangehörigkeit.Die Petentinnen sind im Bundesgebiet geboren undhaben hier ein Jahr lang die Grundschule besucht. ImNovember 1984 kehrten die Petentinnen im Alter von7 Jahren zusammen mit ihrer Mutter in die Türkeizurück, der Vater folgte im Mai. 1988 nach.

Im Oktober 1992 reisten die Petentinnen ohne erfor-derliches Visum erneut in das Bundesgebiet ein, nach-dem ihr Vater bereits Anfang des Jahres 1991 � eben-falls ohne erforderliches Visum � nach Deutschlandzurückgekehrt war. Im Januar 1993 beantragten diePetentinnen bei der Ausländerbehörde die Erteilungvon Aufenthaltserlaubnissen. Diese Anträge lehntedie Ausländerbehörde im Mai 1994 ab und fordertedie Petentinnen unter Androhung der Abschiebungzur Ausreise auf. Hiergegen erhoben die PetentinnenWiderspruch und beantragten beim Verwaltungsge-richt vorläufigen Rechtsschutz. Im Oktober 1994lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläu-figen Rechtsschutz ab. Daraufhin schlossen die Peten-tinnen, vertreten durch ihren Rechtsanwalt, mit derAusländerbehörde einen außergerichtlichen Ver-gleich. Die Ausländerbehörde verlängerte die Ausrei-sefrist der Petentinnen bis Ende Juli 1995 um ihnenden Hauptschulabschluß zu ermöglichen. Im Gegen-zug nahmen die Petentinnen ihren Widerspruch gegendie Verfügung der Ausländerbehörde vom Mai 1994zurück und erklärten sich zur freiwilligen Ausreisenach Abschluß des Schuljahres bereit.

Die Petentinnen reisten jedoch nach bestandenemHauptschulabschluß nicht aus, sondern beantragtenstattdessen die Aufnahme in eine kaufmännische Be-rufsfachschule,

Im Juli 1995 stellten sie beim Verwaltungsgericht ei-nen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.Über diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht nochnicht entschieden. Die Petentinnen leben derzeit beiVerwandten.

Der Vater der Petentinnen hat bereits ebenfalls ein Pe-titionsverfahren beim Landtag von Baden-Württem-berg betrieben (11/3434). Dieser Petition hat der Peti-tionsausschuß nicht abgeholfen (LT-Drucksache11/4822, Nr. 23). Der Vater der Petentinnen wurde imJanuar 1995 in die Türkei abgeschoben.

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Den Petentinnen können keine Aufenthaltsgenehmi-gungen erteilt werden, da sie ohne die für einen Dau-eraufenthalt erforderlichen Visa in das Bundesgebieteingereist sind. Die Erteilung einer Aufenthaltsgeneh-migung durch die inländische Ausländerbehörde istdeshalb gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Ausländergesetzes(AuslG) gesetzlich ausgeschlossen. Hiervon kannnach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG auch keine Ausnahme ge-macht werden, da die Petentinnen nicht nur wegen desZwecks oder der Dauer ihres beabsichtigten Aufent-

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halts, sondern als türkische Staatsangehörigegrundsätzlich visumspflichtig waren. Vor der Ausrei-se können den Petentinnen deshalb keine Aufenthalts-genehmigungen erteilt werden; insoweit besteht keinErmessensspielraum.

Die Petentinnen waren zum Zeitpunkt der Einreiseauch nicht vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmi-gung befreit. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnungzur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG)bedürfen türkische Staatsangehörige unter 16 Jahrenkeiner Aufenthaltsgenehmigung, solange ein Eltern-teil eine Aufenthaltsgenehmigung besitzt.

Zwar waren die Petentinnen bei ihrer Wiedereinreiseerst 15 Jahre alt, ihr Vater war jedoch zu diesem Zeit-punkt nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltsgeneh-migung, sondern ebenfalls unerlaubt in das Bundesge-biet eingereist. Insoweit wird auf die Landtagsdruck-sache 11/4822 lfd. Nr. 23 zur Petition 11/3434 verwie-sen.

Da auch die Mutter der Petentinnen seit dem Jahr1984 nicht mehr in Deutschland lebt, war der Befrei-ungstatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 DVAuslG im Falleder Petentinnen nicht erfüllt.

Den Petentinnen können auch keine Duldungen erteiltwerden. Die Verfügung der Ausländerbehörde vomMai 1994 ist bestandskräftig und vollziehbar, DasVerwaltungsgericht hat durch seinen Beschluß vomOktober 1994 im vorläufigen Rechtsschutzverfahrenrechtskräftig festgestellt, daß die Abschiebung zuläs-sig ist. Gem. § 55 Abs. 4 AuslG kann eine Duldung indiesem Fall nur erteilt werden, wenn die Abschiebungaus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmög-lich ist oder nach § 54 AuslG allgemein ausgesetztwerden soll. Diese Voraussetzungen sind im Falle derPetentinnen nicht erfüllt. Die Erteilung einer Duldungaus humanitären Gründen ist gesetzlich ausgeschlos-sen.

Im übrigen haben sich die Petentinnnen im Rahmeneines Vergleichs mit der Ausländerbehörde bereit er-klärt, nach ihrem Hauptschulabschluß im Sommer1995 freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Die Be-hauptung, dies sei gegen den Willen der Petentinnenerfolgt, ist unerheblich, da die Petentinnen zum dama-ligen Zeitpunkt noch minderjährig waren. Sie müssendie Entscheidung ihres Vaters als ihren gesetzlichenVertreter für und gegen sich gelten lassen. Außerdemsind den Petentinnen durch den Abschluß des Ver-gleichs keine Nachteile, sondern nur Vorteile entstan-den. Denn andernfalls wäre der Widerspruch abge-lehnt worden und die Petentinnen wären vor Ab-schluß des Schuljahres in die Türkei abgeschobenworden. Stattdessen hat die Ausländerbehörde denPetentinnen in großzügiger Weise den Abschluß derHauptschule ermöglicht.

Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, warum die Pe-tentinnen nicht bereit sind, nun ihrer Ausreisepflichtnachzukommen und in ihr Heimatland zurückzukeh-ren.

Da das Verwaltungsgericht rechtskräftig entschiedenhatte, daß die Abschiebung zulässig ist, konnte von

der Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmenauch nicht im Hinblick auf die eingelegte Petition ab-gesehen werden.

Vorsorglich wird auf folgendes hingewiesen:

Nach der Ausreise ist die deutsche Auslandsvertre-tung im Heimatland der Petentinnen für die Erteilungvon Aufenthaltsgenehmigungen ausschließlich zu-ständig. Die Ausländerbehörden des Landes haben in-sofern keine Zuständigkeit. Für den Fall, daß die Pe-tentinnen bei der deutschen Auslandsvertretung Auf-enthaltsgenehmigungen beantragen und jene die Aus-länderbehörde des Landes am Verfahren beteiligt,wird auf folgendes hingewiesen:

Die Zustimmung zur Erteilung eines Visums für einendauernden oder längerfristigen Aufenthalts kann nichterteilt werden.

Die Petentinnen erfüllen nicht die Voraussetzungendes Rechts auf Wiederkehr (§ 16 Abs. 1 AuslG). Da-nach wird einem Ausländer zum Zwecke der Wieder-kehr eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sichvor seiner Ausreise 8 Jahre rechtmäßig im Bundesge-biet aufgehalten und 6 Jahre im Bundesgebiet eineSchule besucht hat. Ferner muß sein Lebensunterhaltgesichert sein und der Antrag auf Erteilung einer Auf-enthaltserlaubnis muß nach Vollendung des 15. undvor Vollendung des 21. Lebensjahres sowie vor Ab-lauf von 5 Jahren seit der Ausreise gestellt werden.

Die Petentinnen haben jedoch nur ein Jahr inDeutschland die Grundschule besucht; außerdem sindseit der Ausreise im November 1984 bereits 10 Jahreund 10 Monate vergangen. Sie erfüllen deshalb dieVoraussetzungen des § 16 Abs. 1 AuslG nicht.

Auch die Voraussetzungen für die Erteilung einerAufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 2 AuslG im Er-messenswege sind nicht erfüllt. Nach § 16 Abs. 2Satz 1 AuslG kann zur Vermeidung einer besonderenHärte von den in § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG be-zeichneten Voraussetzungen abgewichen werden.Die Anwendung dieser Härtefallregelung kommtnach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes Baden-Württemberg dann in Betracht, wennnur eine geringfügige Abweichung von dem in § 16Abs. 1 AuslG genannten Voraussetzungen vorliegtoder bei Ausgleich einzelner nicht erfüllter Voraus-setzungen durch Übererfüllung anderer. Im Falle derPetentinnen besteht jedoch gleich bei zwei der erfor-derlichen Voraussetzungen eine erhebliche Abwei-chung, so daß die Anwendung dieser Härtefallrege-lung nicht in Betracht kommt.

Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 AuslG kann vor den in § 16Abs. 1 Nr. 1 AuslG bezeichneten Voraussetzungen ab-gesehen werden, wenn der Ausländer im Bundesge-biet einen anerkannten Schulabschluß erworben hat.Die Petentinnen haben zwar mittlerweile in Deutsch-land den Hauptschulabschluß gemacht, allerdingsnicht während ihres Voraufenthalts, auf den es hierankommt, sondern während des erneuten, unerlaubtenAufenthalts, Auch diese Bestimmung kann deshalbim Falle der Petentinnen nicht zur Anwendung kom-men.

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Die Voraussetzungen zum Familiennachzug liegenebenfalls nicht vor. Die Anwendung des § 20 AuslGist bereits deshalb ausgeschlossen, da beide Eltern derPetentinnen in der Türkei ]eben. Eine Aufenthaltser-laubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu sonsti-gen Familienangehörigen kann nach § 22 AuslG nurerteilt werden, wenn dies zur Vermeidung eineraußergewöhnlichen Härte erforderlich ist.

Eine solche außergewöhnliche Härte liegt nach derRechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs Ba-den-Württemberg dann vor, wenn entweder der nach-zugswillige Ausländer oder der bereits in Deutschlandlebende Familienangehörige auf die besondere per-sönliche Lebenshilfe des jeweils anderen angewiesenist (z. B. bei Pflegebedürftigkeit) und sich diese Hilfenur in Deutschland erbringen läßt. Anhaltspunktedafür, daß dies bei den Petentinnen bzw. den Ver-wandten, bei denen sie wohnen, der Fall ist, sind we-der in der Petitionsschrift vorgetragen noch sonst er-sichtlich.

Auch der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungennach § 28 AuslG zum Zwecke der Schul- oder Berufs-ausbildung ist nicht möglich. Für eine Schulausbil-dung in Deutschland wird nach einer bundeseinheitli-chen Praxis grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht ge-währt. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung füreine Ausbildung richtet sich nach der Arbeitsaufent-haltsverordnung (AAV) des Bundes. Nach § 2 Abs. 1Nr. 4 AAV kann eine Aufenthaltsbewilligung zumZwecke der Aus- und Weiterbildung nur erteilt wer-den wenn an der Ausbildung ein besonderes öffentli-ches Interesse besteht oder soweit eine internationaleAusbildung allgemein üblich ist. Ein entwicklungspo-litisches Interesse kann nach übereinstimmender Auf-fassung des Bundes und der Länder zwar bejaht wer-den, sofern das Herkunftsland noch nicht über dienötigen Bildungseinrichtungen verfügt. Eine Ausbil-dung im Kaufmännischen Bereich können die Peten-tinnen jedoch auch in der Türkei absolvieren. Auchaus Gleichbehandlungsgründen kann keine andereEntscheidung getroffen werden.

Die Petentinnen wurden bereits abgeschoben.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann, soweit sie sich durch dieAbschiebung nicht erledigt hat, nicht abge-holfen werden.

Berichterstatter: Walter

36. Petition 11/6586 betr. Getränkeschankanlagen-verordnung

Der Petent wendet sich mit seiner Petition gegen diegeplante Änderung der Schankanlagenverordnung

Die Landesregierung nimmt wie folgt Stellung:

1. Nach § 12 Abs. 1 der Verordnung über Getränke-schankanlagen (Getränkeschankanlagenverordnung

� SchankV) vom 27, November 1989 (BGBl. IS. 2044), zuletzt geändert durch Art. 6 der Verord-nung zur Änderung von Verordnungen nach § 11Gerätesicherheitsgesetz vom 22. Juni 1995 (BGBl.I S. 836), unterliegen die Anlagen regelmäßig wie-derkehrenden Prüfungen durch die zuständigeBehörde, Die Frist für diese Prüfungen ist nichtfestgelegt, sie soll aber nicht mehr als 2 Jahre betra-gen.

2. Bis zum Inkrafttreten der Verordnung des Sozialmi-nisteriums und des Wirtschaftsministeriums überZuständigkeiten nach dem Gerätesicherheitsgesetzund der zu diesem Gesetz ergangenen Rechtsverord-nungen einschließlich der Rechtsverordnungen fürdie überwachungsbedürftigen Anlagen (GSGZuVO)vom 8. November 1993 (GBl. Nr. 26, S. 673),geändert durch Verordnung vom 1. August 1995(GBl. S. 656), waren für die wiederkehrenden Prü-fungen der Getränkeschankanlagen nach § 12Abs. 1 Schank V neben dem Wirtschaftskontroll-dienst (WKD) die Schankverwaltungsbehörden(Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften miteigener Baurechtszuständigkeit und im übrigen dieunteren Verwaltungsbehörden) zuständig. In derPraxis wurden diese Prüfungen jedoch nahezu aus-schließlich vom WKD durchgeführt.

Die Prüfungen nach der derzeit gültigen Getränke-schankanlagenverordnung ähneln nach der Prüf-richtlinie und der Verfahrensweise (Ausstellen ei-ner Bescheinigung, Erheben einer Gebühr) ver-gleichbaren Prüfungen der amtlich anerkanntenSachverständigen im Bereich der überwachungsbe-dürftigen Anlagen. Nach dem Willen der Landesre-gierung gehören derartige Aufgaben nicht mehr zuden Aufgaben, die der Polizeivollzugsdienst wahr-nehmen soll. Aus diesem Grund hat das Innenmini-sterium den WKD von diesen Aufgaben zurückge-zogen.

Die Überprüfung hygienischer Bedingungen unddie Verfolgung von diesbezüglichen Zuwiderhand-lungen nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegen-ständegesetz (LMRG) werden nach wie vor vomPolizeivollzugsdienst wahrgenommen.

3. Die Schankverwaltungsbehörden sind wegen derbisherigen Verwaltungspraxis (s. Ziffer 2) nicht inder Lage, die Prüfungen selbst durchzuführen. Siebeauftragen deshalb mit derartigen Prüfungendurch Werkverträge freiberufliche Sachkundigeoder verzichten im Vorgriff auf die zu erwartendeRechtsänderung auf die Durchführung der wieder-kehrenden Prüfung mit. eigenem Personal, wennder Betreiber eine entsprechende Prüfbescheini-gung eines, Sachkundigen vorgelegt hat.

Mit dem Petenten haben mehrere Schankverwal-tungsbehörden einen zivilrechtlichen Vertrag da-hingehend abgeschlossen, das er die Prüfungenvornimmt und auch sonst die Behörde von Routine-aufgaben entlastet.

Die Aufsichtspflicht der zuständigen Behördebleibt davon unberührt.

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4. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialord-nung hat mit Schreiben vom 5. Oktober 1995 einenmit den anderen Bundesressorts abgestimmten Re-ferentenentwurf einer Verordnung zur Änderungder Getränkeschankanlagenverordnung zur Kennt-nis und Stellungnahme übersandt. Die Vorstellun-gen des Bundes gehen dahin, die wiederkehrendenPrüfungen (§ 12 SchankV) generell Sachkundigenzu übertragen und die Frist für diese Prüfungen auf2 Jahre festzusetzen. Über das Ergebnis der Prüfun-gen hat der Sachverständige eine Bescheinigung zuerteilen. Eine Mehrfertigung ist der zuständigenBehörde zuzusenden.

Um die Kompetenz der Sachkundigen zu verbes-sern und einheitlich zu gestalten, sieht der Verord-nungsentwurf vor, daß auch so �Altsachkundige�,die bisher im Rahmen einer Übergangsvorschriftohne Sachkundelehrgang tätig sein konnten, nun-mehr an einem Lehrgang teilnehmen müssen unddie Sachkunde der zuständigen Behörde auf Ver-langen nachzuweisen haben. Die Aufsichtspflichtder zuständigen Behörde bleibt von der Neurege-lung unberührt, so daß die Behörde weiterhin jeder-zeit gegen den Betreiber einer Anlage tätig werdenkann.

Hintergrund dieser Überlegungen ist die Absicht,die Behörden zu entlasten und die Getränkeschank-anlagenverordnung der mit ihr fachtechnisch imZusammenhang stehenden Druckbehälterverord-nung anzupassen.

Der Deutsche Ausschuß für Getränkeschankanla-gen, der das Bundesministerium für Arbeit und So-zialordnung im Hinblick auf Getränkeschankanla-gen berät, billigt diese Änderungen. Mitglieder indiesem Ausschuß sind u. a. Vertreter der oberstenArbeitsschutzbehörden der Länder, so daß die In-teressen der mit dem Vollzug betrauten Behördengebührend berücksichtigt werden.

5. Getränkeschankantagen werden im Hinblick aufdie hygienischen Verhältnisse nach wie vor durchden WKD überwacht. Bei diesen Kontrollen wer-den erkannte technische Mängel der zuständigenBehörde mitgeteilt. Nach den Berichten der Regie-rungspräsidien konnte der WKD die vom Petentengeschilderten Zustände nicht allgemein bestätigen.Im Regierungsbezirk T. z. B. wurden im Jahr 1994nur 161 von 2515 überprüften Getränkeschankanla-gen wegen wesentlicher Mängel beanstandet. Le-diglich im Regierungsbezirk S. mußte vom WKDdurchschnittlich jede zweite Getränkeschankanlagebeanstandet werden. Auch wurde hier häufig diemangelhafte Arbeit der gewerblichen Leitungsrei-niger beanstandet.

6. Bereits beim Erlaß der derzeitigen Zuständigkeits-verordnung waren sich Wirtschafts- und Sozialmi-nisterium darin einig, sich dafür einzusetzen, daßim Interesse einer sinnvollen Deregulierung wie-derkehrende Prüfungen von Schankanlagen (§ 12Abs. 1 SchankV) künftig nicht von Behörden son-dern � wie bei anderen überwachungsbedürftigenAnlagen in Sinne von § 2 Abs. 2 a Gerätesicher-

heitsgesetz � von freiberuflichen oder Werks-Sach-kundigen durchgeführt werden sollen.

Auch alle Regierungspräsidien und der Gemeinde-tag Baden-Württemberg haben sich für diese Rege-lung ausgesprochen.

Insbesondere in Anbetracht dessen, daß die Auf-sichtspflicht der zuständigen Behörde von der Neu-regelung unberührt bleibt und der fortbestehendenZuständigkeit des WKD nach dem LMBG, er-scheint das Deregulierungsvorhaben grundsätzlichvertretbar. Die Behörde kann nach wie vor jeder-zeit gegenüber dem Betreiber einer Getränke-schankanlage tätig werden und die erforderlichenMaßnahmen anordnen sowie zusätzlich den Betriebder Anlage bis zu Herstellung des der Anordnungentsprechenden Zustandes untersagen.

Das Sozialministerium verkennt nicht die Proble-me, die für die Verwaltungsbehörde im Hinblickauf die in Rede stehende Neuregelung entstehen,zumal es kein Rechtsinstrument für eine besondereAnerkennung dieser Sachkundigen, die widerrufenwerden könnte, gibt.

Die Behörde kann jedoch bei Sachkundigen, diesich als nicht sachkundig oder als unzuverlässig er-wiesen haben, diese Tatsache in einer Allgemein-verfügung feststellen und bekanntmachen mit demHinweis, daß die Bescheinigungen des betreffen-den Sachkundigen rechtsunwirksam sind.

7. Im Zusammenhang mit den weiteren Beratungendes Verordnungsentwurfs wird das Sozialministeri-um eine Verbesserung bei der Überwachung anre-gen; Verstöße gegen § 12 Abs. 1 der Verordnungsollen als Ordnungswidrigkeit in § 21 der Verord-nung aufgenommen werden.

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslagekann nach Auffassung des Berichterstatters dem An-liegen des Petenten nicht entsprochen werden.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Walter

37. Petition 11/68 betr. Prozeßkostenhilfe

Die Landesregierung nimmt wie folgt Stellung:

1. Die Petentin beschwert sich darüber, daß nach Ab-schluß eines Vergleichs in einem von ihr vor demLandgericht K. geführten Rechtsstreit, für welchenihr Prozeßkostenhilfe bewilligt worden war, auf Er-innerung des Bezirksrevisors nachträglich die Ent-scheidung zur Prozeßkostenhilfe abgeändert wor-den sei. Nach dieser geänderten Entscheidung sollesie 664,56 DM an die Landesoberkasse bezahlen.Sie hält diese Entscheidung für falsch und bittet umErlaß der Kosten von 664,56 DM, da sie zu derenZahlung nicht in der Lage sei.

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2. Die Petentin hatte durch ihren Prozeßbevollmäch-tigten eine Klage vor dem Landgericht erhoben. ImTermin zur mündlichen Verhandlung und Beweis-aufnahme vor der Einzelrichterin am 7. Dezember1994 wurden mehrere Zeugen vernommen. MitAnwaltsschriftsatz vom 10. März 1995 ließ dieKlägerin mitteilen, daß sie den gerichtlichen Ver-gleichsvorschlag nur dann akzeptieren werde, wennihr Prozeßkostenhilfe bewilligt werde, und zwarvom Beginn des Rechtsstreits an. Am 14. März1995 ging das von der Klägerin selbst gestellte Pro-zeßkostenhilfegesuch vom 9. März 1995 mit Er-klärung über die persönlichen und wirtschaftlichenVerhältnisse vom gleichen Tag beim Gericht ein.Im Termin zur Protokollierung des vorgeschla-genen Vergleichs am 22. März 1995 legte der Pro-zeßbevollmächtigte der Petentin eine neue Er-klärung über die persönlichen und wirtschaftlichenVerhältnisse sowie weitere Belege vor und machteergänzend Angaben zu den Verhältnissen der Pe-tentin und ihres Ehemanns. Der Petentin wurdedaraufhin durch Beschluß �Prozeßkostenhilfe fürdiese Instanz einschließlich des noch abzusch-ließenden Vergleichs ohne Ratenzahlungsver-pflichtung bewilligt und Rechtsanwalt S. beigeord-net�. Die Parteivertreter schlossen sodann den an-gekündigten Vergleich, nach dessen Kostenrege-lung die Kosten gegeneinander aufgehoben wur-den.

Gegen den anschließend erlassenen Kostenfestset-zungsbeschluß vom 21. April 1995, mit dem dieVergütung des Prozeßbevollmächtigten der Peten-tin antragsgemäß auf 2 458,59 DM festgesetztwurde, legte der Bezirksrevisor des LandgerichtsK. am 6. Februar 1996 Erinnerung ein, er rügte dieZubilligung der Beweisgebühr und der Schreibaus-lagen und beantragte eine Festsetzung der Vergü-tung auf 1 794,� DM. Zur Begründung verwies erdarauf, daß eine rückwirkende Beiordnung nichtangeordnet worden sei und der Prozeßkostenhilf-ebeschluß daher nur bis zum Zeitpunkt der voll-ständigen Antragstellung zurückwirke. Der Pro-zeßbevollmächtigte der Petentin wies darauf hin,daß mit dem Beschluß die gesamte erste Instanz,also eine rückwirkende Bewilligung von Prozeß-kostenhilfe gemeint gewesen sei und beantragtehilfsweise eine Berichtigung des Terminsprotokol-ls dahin, daß durch den Beschluß rückwirkendProzeßkostenhilfe für die Instanz bewilligt werde.Dieser Antrag wurde durch Beschluß der Einzel-richterin vom 14. Mai 1996 abgelehnt. Zur Be-gründung wurde ausgeführt, daß eine rückwirken-de Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auf die Zeitvor Antragstellung nicht gewollt gewesen undnicht ausgesprochen worden sei. Eine solche seiauch unzulässig. Mit Beschluß vom 21. Juni 1996hat die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsbe-schluß vom 21. April 1995 aufgehoben und auf dieErinnerung des Bezirksrevisors die Vergütung desProzeßbevollmächtigten der Petentin auf1 794,� DM festgesetzt. Die bereits ausgezahlteDifferenz von 664,59 DM wird vom Prozeßbevoll-mächtigten zurückgefordert.

3. Das Justizministerium vermag der Petition nichtabzuhelfen.

Die Petentin ist selbst nicht unmittelbar beschwert.Der der Petentin beigeordnete Rechtsanwalt hatgemäß § 121 BRAGO einen Anspruch auf die ge-setzliche Vergütung gegen die Staatskasse. DieAufforderung zur Rückzahlung von 664,56 DM istdeshalb � entgegen der Sachverhaltsdarstellung derPetentin � folgerichtig nicht an diese, sondern anihren Prozeßbevollmächtigten gerichtet. Ob derRechtsanwalt der Petentin seinerseits einen An-spruch gegen die Petentin auf Zahlung des von ihman die Staatskasse auf Grund des Kostenfestset-zungsbeschlusses vom 21. April 1995 zurückzu-zahlenden Betrages hat, ist eine andere Frage. Siebestimmt sich nach dem Rechtsverhältnis zwischenRechtsanwalt und Petentin und kann nach Aktenla-ge nicht beurteilt und entschieden werden. Sie istauch nicht Gegenstand der Petition.

Soweit mit der Petition die Frage des Umfangs derBewilligung von Prozeßkostenhilfe betroffen ist,scheidet eine Überprüfung und Beurteilung des ge-richtlichen Verfahrens und des Prozeßkostenbewil-ligungsbeschlusses vom 22. März 1995 sowie desergänzenden Beschlusses vom 14. Mai 1996 imHinblick auf die verfassungsrechtlich garantierterichterliche Unabhängigkeit (Artikel 97 Abs. 1 GG,Artikel 65 Abs. 2 LV) aus. Soweit ein Prozeßko-stenbewilligungsantrag abgelehnt wird, findet eineÜberprüfung durch Beschwerde gemäß § 127Abs. 2 ZPO i. V. m. §§ 597 ff. ZPO an das nächst-höhere Gericht statt.

Auch soweit sich die Petition gegen den Beschlußvom 21. Juni 1996 wendet, durch welchen auf dieErinnerung des Bezirksrevisors hin im Kostenfest-setzungsverfahren gemäß §§ 128, 121 BRAGO derKostenfestsetzungsbeschluß vom 21. April 1995aufgehoben und die Vergütung des Rechtsanwaltsauf 1 794,� DM festgesetzt worden ist, scheidet ei-ne Beurteilung der vom Rechtspfleger getroffenenEntscheidung wegen dessen sachlicher Unabhän-gigkeit (§ 9 RPflG) aus. Gegen den Beschluß desRechtspflegers ist für den beschwerten Rechtsan-walt die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 4 BRAGOzulässig.

Der auf Grund des Beschlusses vom 21. Juni 1996vom Rechtsanwalt der Petentin zurückzuerstattendeBetrag unterliegt der Vollstreckung gemäß § 1Abs. 1 Nr. 8 Justizbeitreibungsordnung § 9 Abs. 1,Abs. 2 Nr. 3 Landesjustizkostengesetz sieht vor,daß Ansprüche auf Erstattung von Beträgen, dievon einem Rechtsanwalt in einem gerichtlichenVerfahren zuviel gezahlt worden sind, ganz oderzum Teil erlassen werden können, wenn es aus be-sonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Gemäߧ 9 Abs. 3 Landesjustizkostengesetz in Verbindungmit der Allgemeinen Verfügung des Justizministe-riums vom 5. Oktober 1993, geändert durch AVvom 8. August 1995, Die Justiz S. 371, entscheidetüber ein entsprechendes Gesuch bei zu erlassendenBeträgen bis 10 000,� DM der Präsident des zu-ständigen Landgerichts. Einer solchen Entschei-

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dung vorzugreifen, besteht für das Justizministeri-um kein Anlaß, zumal bislang weder ein Gesuchdes beschwerten Rechtsanwalts vorliegt noch vondiesem Gründe für einen etwaigen Erlaß dargetanworden sind.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Walter

38. Petition 11/6383 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Begehrt wird ein dauerndes Aufenthaltsrecht.

Die Petenten, 33- bzw. 30jährige Eheleute und ein9jähriger Sohn, sind kroatische Staatsangehörige. Siestammen aus einem ehemals serbisch besetzten Ge-biet Kroatiens. Der Ehemann reiste am 18. Januar1992 ohne Visum, die Ehefrau mit dem Sohn am 15.Juni 1991 mit einem Visum für eine auf die Dauervon 3 Monaten beschränkte Saisonarbeitnehmertätig-keit ein. Aufgrund der Bürgerkriegssituation in ihremHeimatland wurden dem Ehemann am 21. Januar1992. der Ehefrau und dem Sohn nach Ablauf desverlängerten Visums erstmals am 25. Oktober 1991Duldungen erteilt. Diese wurden verlängert, zuletztbis 30. November 1995.

Im Februar 1994 hat die Konferenz der Innenministerdes Bundes und der Länder beschlossen, daß auch dieBürgerkriegsflüchtlinge aus den früher serbisch be-herrschten Gebieten Kroatiens Deutschland nach ei-ner zeitlich gestaffelten Rückführungsregelung abdem 1. April 1995 verlassen müssen. Auf Wunsch derkroatischen Regierung und wegen der zwischenzeit-lich wieder aufgeflammten Kämpfe in Kroatien wurdedie Rückführung mehrfach verschoben. Das Bun-desinnenministerium hat sein rechtlich erforderlichesEinvernehmen zu einem weiteren Hinausschieben derRückführung nicht erteilt. Ohne dieses Einvernehmenist eine Verlängerung des Aufenthaltsrechts nichtmöglich.

Auch die Petenten müssen deshalb jetzt in ihr Heimat-land zurückkehren.

Der Umstand, daß die Eheleute erwerbstätig sind unddie Familie sich offenbar gut hier eingelebt hat, kanndaran nichts ändern. Es stand von vornherein fest, daßden Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschland nur einvorübergehendes Aufenthaltsrecht gewährt wird undsie nach Beendigung der bewaffneten Auseinander-setzungen in ihr Heimatland zurückkehren müssen.Die Innenministerkonferenz hat dies im Februar 1994nochmals ausdrücklich bekräftigt.

Die von den Petenten befürchteten Eingliederungs-schwierigkeiten in Kroatien können nicht zu einer an-deren Entscheidung führen. Es ist der erklärteWunsch der kroatischen Regierung, daß die in dieBundesrepublik Geflüchteten zurückkehren, um beimWiederaufbau des Landes zu helfen. Für ihre Unter-

bringung und Eingliederung zu sorgen, ist Aufgabeder kroatischen Behörden. Insoweit befinden sich diePetenten in keiner anderen Lage als die meisten ande-ren Flüchtlinge aus den ehemals serbisch besetztenGebieten Kroatiens, die nun ebenfalls zurückkehrenmüssen.

Eine Aufenthaltsgenehmigung kann nicht erteilt wer-den, da der Ehemann ohne Visum. die Ehefrau undder Sohn ohne das für einen Daueraufenthalt erforder-liche Visum eingereist sind. § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2AuslG verbieten in solchen Fällen zwingend die Er-teilung einer Aufenthaltsgenehmigung durch eine in-ländische Ausländerbehörde. Eine Ausnahme wärenach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Und 2 AuslG allenfalls möglich,wenn offensichtlich ein derartiger Anspruch bestünde.Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Den Petenten darfaus Rechtsgründen vor der Ausreise keine Aufent-haltsgenehmigung erteilt werden; insoweit bestehtkein Ermessensspielraum.

Die durch diesen gesetzlichen Versagungsgrund gesi-cherten Vorschriften über die Visumpflicht sind nichtlediglich Ordnungsvorschriften. Die Erfüllung dieserPflicht ist vielmehr Grundbedingung der rechtmäßi-gen Einreise und jedes rechtmäßigen hiesigen Aufent-halts. Die Pflicht zur Einholung der Aufenthaltsge-nehmigung vor der Einreise schützt das bedeutsam öf-fentliche Interesse, über ein Aufenthaltsbegehren ent-scheiden zu können. solange sich der Ausländer imAusland aufhält.

Nach der Ausreise ist die deutsche Auslandsvertre-tung im Heimatland der Petenten, also eine Bundes-behörde, für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmi-gung ausschließlich zuständig. Die Ausländerbehör-den des Landes haben insofern keine Zuständigkeit.Für den Fall, daß die Petenten bei der deutschen Aus-landsvertretung eine Aufenthaltsgenehmigung bean-tragen und eine Beteiligung einer Ausländerbehördedes Landes am Verfahren erfolgt, wird auf folgendeshingewiesen: Die Eheleute erfüllen nicht die Voraus-setzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsgeneh-migung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. NichtEG-Ausländern darf eine Aufenthaltsgenehmigungzur Arbeitsaufnahme, nur erteilt werden, wenn dieArbeitsaufenthalteverordnung des Bundes (AAV)dies ausdrücklich zuläßt. Die ausgeübten Erwerb-stätigkeiten im KFL-Handwerk bzw. Gastronomiege-werbe erfüllen nicht die Voraussetzungen hierfür.Auch der Ausnahmetatbestand nach § 8 AAV ist nichterfüllt. Voraussetzung hierfür wäre, daß ein besonde-res öffentliches, insbesondere ein regionales, wirt-schaftliches oder arbeitsmarktpolitisches Interesse dieBeschäftigung des Ausländers erfordere. Ein solchesbesonderes öffentliches Interesse liegt nicht vor. Ausder Petitionsschrift geht eindeutig hervor, daß dieweitere Beschäftigung des Ehemannes in einem Be-trieb des KFZ-Handwerks ausschließlich aus betrieb-lichen Gründen gewünscht wird.

Schließlich scheidet auch die Erteilung einer Aufent-haltsgenehmigung zum Zwecke der Familienzusam-menführung zu den hier lebenden Verwandten aus.Ein Familiennachzug Volljähriger zu Schwiegerelternbzw. Eltern ist nach § 22 AuslG nur möglich. wenn er

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zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte er-forderlich ist. Dies ist nach der ständigen Rechtspre-chung des VGH Baden-Württemberg dann der Fall,wenn entweder der nachzugswillige Ausländer oderder in Deutschland lebende Familienangehörige aufdie besondere persönliche Lebenshilfe des anderenangewiesen ist (z. B. bei Pflegebedürftigkeit) und sichdiese Hilfe nur in der Bundesrepublik Deutschland er-bringen läßt.

Anhaltspunkte dafür bestehen nicht. Insbesondere istaufgrund der vorliegenden amtsärztlichen Zeugnissenicht davon auszugehen, daß eine Pflegebedürftigkeitbzw. eine dauernde Betreuungsbedürftigkeit derSchwiegereltern bzw. Eltern der Eheleute vorliegt.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

39. Petition 11/6400 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Begehrt wird ein Bleiberecht.

Die Petenten sind 1948 bzw. 1949 geborene Eheleuteund ihr 1913 geborener Sohn. Sie stammen aus Kroa-tien. Dort lebten sie in einem ehemals serbisch besetz-ten Gebiet (Krajna). Ende Oktober 1991 reisten sieohne Visum ein und erhielten aufgrund der Bürger-kriegssituation in ihrem Heimatland Duldungen. Die-se wurden verlängert, zuletzt bis 30. September 1995.

Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugniswurde von der Ausländerbehörde am 27. Oktober1994 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht stellte dieaufschiebende Wirkung der Widersprüche her. Im Be-schwerdeverfahren hob der VGH Baden-Württem-berg diese Entscheidung am 13. März 1995 auf.

Die Widersprüche gegen die Ablehnung der Aufent-haltsbefugnis wurden am 12. Dezember 1994 zurück-gewiesen. Die dagegen erhobene Klage hat das Ver-waltungsgericht mit Urteil vom 2. August 1995 abge-wiesen. Dieses ist seit 1. Oktober 1995 rechtskräftig.Die Petenten sind somit vollziehbar zur Ausreise ver-pflichtet.

Im Februar 1994 hat die Konferenz der Innenministerdes Bundes und der Länder beschlossen, daß auch dieBürgerkriegsflüchtlinge aus den früher serbisch be-herrschten Gebieten Kroatiens Deutschland nach ei-ner zeitlich gestaffelten Rückführungsregelung abdem 1. April 1995 verlassen müssen. Auf Wunsch derkroatischen Regierung und wegen der zwischenzeit-lich wieder aufgeflammten Kämpfe in Kroatien wurdedie Rückführung mehrfach verschoben. Das Bun-desinnenministerium hat sein rechtlich erforderlichesEinvernehmen zu einem weiteren Hinausschieben derRückführung nicht erteilt. Ohne dieses Einvernehmenist eine Verlängerung des Aufenthaltsrechts nichtmöglich.

Auch die Petenten müssen deshalb jetzt in ihr Heimat-land zurückkehren.

Der Umstand. daß Vater und Sohn erwerbstätig sindund die Familie sich offenbar gut hier eingelebt hat,kann daran nichts ändern. Es stand von vornhereinfest. daß den Bürgerkriegsflüchtlingen in Deutschlandnur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gewährtwird und sie nach Beendigung der bewaffneten Aus-einandersetzungen in ihr Heimatland zurückkehrenmüssen. Die Innenministerkonferenz hat dies im Fe-bruar 1994 nochmals ausdrücklich bekräftigt.

Die von den Petenten befürchteten Eingliederungs-schwierigkeiten in Kroatien können nicht zu einer an-deren Entscheidung führen. Es ist der erklärteWunsch der kroatischen Regierung, daß die in dieBundesrepublik Geflüchteten zurückkehren, um beimWiederaufbau des Landes zu helfen. Für ihre Unter-bringung und Eingliederung zu sorgen ist Aufgabeder kroatischen Behörden. Insoweit befinden sich diePetenten in keiner anderen Lage als die meisten ande-ren Flüchtlinge aus den ehemals serbisch besetztenGebieten Kroatiens, die nun ebenfalls zurückkehrenmüssen.

Eine Aufenthaltsgenehmigung kann nicht erteilt wer-den, da die Einreise ohne das für einen Daueraufent-halt erforderliche Visum erfolgt ist. § 8 Abs. 1 Nr. 1AuslG verbietet deshalb zwingend die Erteilung einerAufenthaltsgenehmigung durch eine inländische Aus-länderbehörde. Eine Ausnahme wäre nach § 9 Abs. 1Nr. 1 AuslG allenfalls möglich, wenn offensichtlichein derartiger Anspruch bestünde. Lies ist jedoch hiernicht der Fall. Den Petenten darf aus Rechtsgründenvor der Ausreise keine Aufenthaltsgenehmigung er-teilt werden; insoweit besteht kein Ermessensspiel-raum.

Die durch diesen gesetzlichen Versagungsgrund gesi-cherten Vorschriften über die Visumpflicht sind nichtlediglich Ordnungsvorschriften. Die Erfüllung dieserPflicht ist vielmehr Grundbedingung der rechtmäßi-gen Einreise und jedes rechtmäßigen hiesigen Aufent-halts. Die Pflicht zur Einholung der Aufenthaltsge-nehmigung vor der Einreise schützt das bedeutsam öf-fentliche Interesse, über ein Aufenthaltsbegehren ent-scheiden zu können, solange sich der Ausländer imAusland aufhält.

Auch die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach§ 30 Abs. 3 AuslG kommt nicht in Betracht. Bedin-gung dafür wäre, daß bei den Petenten die Vorausset-zungen des § 55 Abs. 2 AuslG vorliegen, weil ihrerfreiwilligen Ausreise und Abschiebung Hindernisseentgegenstellen, die sie nicht zu vertreten haben. Diesist bei ihnen nicht der Fall. Vielmehr können sie je-derzeit freiwillig nach Kroatien zurückkehren.

Nach der Ausreise ist die deutsche Auslandsvertre-tung im Heimatland der Petenten, also eine Bundes-behörde, für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmi-gung ausschließlich zuständig. Die Ausländerbehör-den des Landes haben insofern keine Zuständigkeit.Für den Fall, daß die Petenten bei der deutschen Aus-landsvertretung eine Aufenthaltsgenehmigung bean-tragen und eine Beteiligung einer Ausländerbehördedes Landes am Verfahren erfolgt, wird auf folgendeshingewiesen: Soweit ersichtlich, sind auch die Vor-

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aussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsge-nehmigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nichterfüllt. Nicht-EG-Ausländern darf eine Aufenthaltsge-nehmigung zur Arbeitsaufnahme nur erteilt werden,wenn die Arbeitsaufenthalteverordnung des Bundes(AAV) dies ausdrücklich zuläßt. Aufgrund der vonVater und Sohn ausgeübten Erwerbstätigkeiten in derBaubranche wäre dies unwahrscheinlich. Von weite-ren anfenthaltsbeendenden Maßnahmen kann nichtabgesehen werden (§ 55 Abs. 4 AuslG).

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

40. Petition 11/7258 betr. Staatsanwaltschaften u. a.

Der Petent wendet sich gegen ein Zwangsvoll-streckungsverfahren vor dem Amtsgericht und Ein-stellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft W.

Die Oberjustizkasse beantragte beim Amtsgericht W.am 23. Dezember 1993 wegen einer Forderung von12 130,� DM die Bestimmung eines Termins zur Ab-gabe. der eidesstattlichen Versicherung und für denFall der Verweigerung Haftbefehl gegen den Peten-ten.

In dem auf 21. März 1994 anberaumten Termin legteder Petent gegen die Abgabe der eidesstattlichen Ver-sicherung Widerspruch ein. Dieser wurde am 22.März 1994 von der Rechtspflegerin verworfen, weilsich die Einwendungen gegen die Forderung richte-ten. Die sofortige Beschwerde hiergegen wies dasLandgericht am 3. Mai 1995 aus denselben Gründenzurück. Es betonte, etwaige Einwände gegen die Ko-stenschuld könnten im Zwangsvollstreckungsverfah-ren nicht geltend gemacht werden.

In dem vom Amtsgericht auf den 20. Juni 1994 be-stimmten neuen Termin legte der Petent wiederumWiderspruch gegen die Abgabe der eidesstattlichenVersicherung ein und übergab ein vorbereitetesSchreiben, in welchem er erneut nur Einwendungenvorbrachte, die gegen die Zahlungspflicht als solchegerichtet waren. Das Gericht hat deshalb den Wider-spruch im Termin verworfen und gemäß § 900 Abs. 5ZPO angeordnet, daß die Abgabe der eidesstattlichenVersicherung vor Rechtskraft dieses Beschlusses zuerfolgen hat. Anschließend wurde der Petent zur Ab-gabe der eidesstattlichen Versicherung aufgefordert.

Da er sie weiterhin verweigerte wurde ihm erklärt,daß der Gläubiger für diesen Fall den Erlaß einesHaftbefehls beantragt habe und die weitere Entschei-dung durch den Richter ergehen werde. Nachdem derPetent aufgrund des am 22. Juli 1994 vom Amtsge-richt zur Erzwingung der eidesstattlichen Versiche-rung erlassenen Haftbefehls festgenommen war, gaber diese am 31. August 1994 vor dem Amtsgericht M.ab.

Am 13. September 1994 stellte er gegen die Verant-wortlichen des Amtsgerichts W. wegen �Freiheitsent-zugs, Körperverletzung u. a.� Strafantrag mit demVorbringen, der am 30. August 1994 in Vollzug ge-setzte Haftbefehl sei nicht rechtmäßig gewesen. Ent-gegen der Behauptung des Gerichts sei er zum Terminam 20. Juni 1994 erschienen und habe damals seinenWiderspruch abgegeben. Dieser Vortrag wird im Peti-tionsschreiben vom 25. Januar 1996 wiederholt.

Das aufgrund der Strafanzeige eingeleitete Ermitt-lungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft am2. März 1995 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.Wie bereits erwähnt, war der Petent zwar im Terminvom 20. Juni 1994 anwesend, jedoch wurde sein Wi-derspruch seinerzeit von der Rechtspflegerin verwor-fen. Dennoch hat er sich geweigert, die eidesstattlicheVersicherung abzugeben.

Die gegen diese Einstellungsverfügung gerichtete Be-schwerde vom 9. März 1995 wies die Generalstaats-anwaltschaft am 6. April 1995 zurück. Die dagegeneingelegte Dienstaufsichtsbeschwerde wurde vom Ju-stizministerium am 11. Juli 1995 als unbegründet be-schieden, da Anhaltspunkte für eine strafbare Hand-lung der am Zwangsvollstreckungsverfahren Beteilig-ten nicht ersichtlich sind.

In einem weiteren Ermittlungsverfahren trug der Pe-tent vor, die eidesstattliche Versicherung, die vomAmtsgericht W. gegen seinen Willen dadurch er-zwungen wurde, daß sein Widerspruch nicht bearbei-tet worden sei, führe jetzt zu Nachteilen für seine Per-son. Der Strafanzeige wurde durch Verfügung vom15. Dezember 1995 keine Folge gegeben, da der Vor-wurf, das Amtsgericht W. sei in dem Mahnverfahrenrechtswidrig vorgegangen, schon in dem am 2. März1995 eingestellten Ermittlungsverfahren überprüft,und verneint wurde. Die hiergegen erhobene Be-schwerde vom 2. Januar 1996 wies die Generalstaats-anwaltschaft am 17. Januar 1996 als unbegründetzurück.

Das Petitionsvorbringen ist nicht geeignet, das Ver-halten des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und desJustizministeriums zu beanstanden.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

41. Petition 11/7277 betr. Straßenverkehr, Park-platzgebühr

Der Petent wendet sich gegen die in der Gemeinde N.eingeführte gebührenpflichtige Anwohnerparkrege-lung.

Die Verkehrskommission der Gemeinde hat am 6.Oktober 1994 für Teile des Ortskerns eine Parkschei-benregelung, verbunden mit einer Anwohnerparkbe-rechtigung, beschlossen. Die Beschilderung wurde im

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ersten Halbjahr 1995 angebracht. Im Jahr 1995 wurdeauf die Erhebung einer Gebühr für die Anwohner-parkausweise bewußt verzichtet, weil man beobachtenwollte, wie sich die Verkehrssituation und das Park-verhalten aufgrund des Anwohnerparkens entwickelt.Da sich die getroffenen Maßnahmen bewährt hatten,wurde mit Beginn des Jahres 1996 für den Parkaus-weis eine Verwaltungsgebühr von 50,� DM jährlicherhoben. Für diejenigen Anwohner, die zuvor einenkostenlosen Parkausweis hatten, wurde eine Über-gangsfrist für die Ausstellung des neuen, gebührenpf-lichtigen Parkausweises bis 29. Februar 1996 einge-räumt.

Der Petent wohnt an der Grenze der Anwohnerpark-zone und hätte theoretisch die Möglichkeit, außerhalbdieser Zone einen Parkplatz zu belegen.

Die Entscheidung der Gemeinde beruht auf § 45Abs. 1 b) der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes.Die Gemeinde ist örtlich und sachlich zuständigeStraßenverkehrsbehörde gemäß §§44 und 45 StVOi. V. m. §§ 2 und 3 des Gesetzes über die Zuständig-keiten nach der StVO und somit zu den beschriebenenMaßnahmen berechtigt. Die Gebührenhöhe für dasAusstellen eines Parkausweises für Anwohner richtetsich nach der Gebührenordnung für Maßnahmen imStraßenverkehr (GebOSt). Danach können gemäß Ge-bührennummer 265 Gebühren zwischen 20,� DM und60,� DM jährlich erhoben werden. Die von der Ge-meinde verlangte Gebühr von 50,� DM ist allgemeinüblich und bewegt sich innerhalb dieses Rahmens.Die in § 5 GebOSt genannten Möglichkeiten der Ge-bührenbefreiung treffen auf den Petenten nicht zu.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

42. Petition 11/7641 betr. Aufenthaltsgenehmigung

Die Petentin begehrt den weiteren Aufenthalt minde-stens bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf Er-teilung einer Aufenthaltsgenehmigung.

Die Petentin, eine ledige türkische Staatsangehörige,wurde 1979 in der Türkei geboren und wuchs bis zuihrer Einreise dort bei den Eltern bzw. der Mutter auf.Diese leben in der Türkei.

Im August 1994 reiste sie ohne Visum ein. UnterAndrohung der Abschiebung wurde sie im März 1995zur Ausreise aufgefordert. Am 14. März 1995 bean-tragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zurFamilienzusammenführung zu ihrem seit 1965 inStuttgart befindlichen Großvater, der eine Aufent-haltsberechtigung hat. Über den Antrag ist noch nichtentschieden.

Ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wies dasVerwaltungsgericht im Oktober 1995 zurück. Wo siesich im Augenblick aufhält, ist der Ausländerbehörde

unbekannt. Nach Auskunft ihres im Bundesgebiet le-benden Bruders soll sie im Februar 1996 in dieSchweiz ausgereist sein.

Der Großvater wurde im Sommer 1990 zu ihrem Pfle-ger bestellt, nachdem ihr Vater wegen einer Erkran-kung zu ihrer Versorgung nicht imstande war und ihreMutter die weitere Pflege für sie sowie ihre drei Ge-schwister nicht leisten konnte.

Die Erteilung eines Daueraufenthaltsrechts scheidetnach § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG schon deswegen aus, weildie Petentin nicht mit dem erforderlichen Visum ein-reiste. Nach § 2 Abs. 2 DVAuslG dürfen türkischeKinder unter 16 Jahren visumfrei einreisen, solangeein sich hier aufhaltender Elternteil im Besitz einerAufenthaltsgenehmigung ist. Da die Eltern in der Tür-kei leben, dürfte die Petentin nur mit einem Visumder deutschen Auslandsvertretung einreisen und sichin Deutschland nicht länger als 3 Monate aufhalten(§ 2 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG).

Somit konnte sie auch nicht wegen der von ihr bean-tragten Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung inden Besitz eines vorläufigen Aufenthaltsrechts bis zurEntscheidung über jenen Antrag kommen. Nach § 69Abs. 3 AuslG entsteht ein derartiges vorläufiges Auf-enthaltsrecht nämlich nur dann, wenn die Einreise miteinem, mit dem Einverständnis der Ausländerbehördeerteilten Visum erfolgte.

Die Petentin ist wegen besagter Antragstellung auchnicht vorläufig bis zur Entscheidung über ihren Auf-enthaltserlaubnisantrag geduldet. Nach § 69 Abs. 2AuslG entsteht eine solche Duldung mit der Antrag-stellung dann nicht, wenn die Einreise ohne das erfor-derliche Visum geschah.

Schließlich besteht auch keine Veranlassung, bis zurEntscheidung über den Antrag eine Duldung zu ge-währen, da nicht ersichtlich ist, ob sich die Petentinüberhaupt noch im Bundesgebiet aufhält und im übri-gen keine Abschiebungshindernisse bestehen. Letzte-re wären aber unabdingbare Voraussetzung für dieGewährung einer Duldung (§ 55 AuslG).

Nach der Ausreise ist die deutsche Auslandsvertre-tung im Heimatland, also eine Bundesbehörde, für dieErteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ausschließ-lich zuständig. Für den Fall, daß dort eine Aufent-haltsgenehmigung beantragt und eine Ausländer-behörde des Landes am Verfahren beteiligt wird,müßte das Einverständnis zur Wiedereinreise bzw.Gewährung eines Daueraufenthaltsrechts versagt wer-den.

Die Petentin kann ein Familienachzugsrecht zu ihremGroßvater bzw. Bruder allenfalls aus § 22 AuslG her-leiten. Diese Vorschrift setzt aber neben den allgemei-nen Nachzugsvoraussetzungen wie ausreichendemWohnraum und gesichertem Lebensunterhalt voraus,daß der hiesige Aufenthalt zur Vermeidung eineraußergewöhnlichen Härte nötig ist.

Eine derartige außergewöhnliche Härte liegt aber nurdann vor, wenn die nachziehende oder die hier leben-de Person, zu welcher der Nachzug erfolgen soll,zwingend auf die Pflege durch den jeweils anderen

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angewiesen ist. Dafür gibt es weder im Hinblick aufdie Petentin noch auf die Person ihres Großvatersbzw. Bruders irgendwelche Anhaltspunkte. Daran än-dert auch die Übertragung des Pflegerechts auf denGroßvater nichts. Das Ausländergesetz sieht keineVorschrift vor, die aus einer Pflegerechtsübertragungein Aufenthaltsrecht ableitet. Davon abgesehen bedarfdie Petentin tatsächlich nicht der Pflege durch ihrenGroßvater bzw. Bruder. Vielmehr hat sie Eltern in derTürkei. Selbst wenn diese nur eingeschränkt für siesorgen können � was der Ausländerbehörde bislangnicht in ausreichendem Maße nachgewiesen wurde �,muß berücksichtigt werden, daß die Petentin im näch-sten Jahr volljährig wird und dann für sich selbst sor-gen kann.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

43. Petition 11/7819 betr. Pflegegeld

Die Petentin wendet sich gegen die Forderung des So-zialhilfeträgers auf Ersatz der von ihm übernomme-nen Kosten für den Pflegeheimaufenthalt ihrer ver-storbenen Mutter.

Die Mutter befand sich vom 1. Juli 1992 bis 15. Au-gust 1994 in einem Pflegeheim. Aufgrund ihres Ver-mögens (hälftige Eigentümerin des von der Petentinund ihrem Ehemann bewohnten Hausgrundstückes)erfolgte die Übernahme der Pflegeheimkosten durchden Sozialhilfeträger gemäß § 89 BSHG darlehens-weise. Dieser wies die Petentin in ihrer Eigenschaftals Bevollmächtigte ihrer Mutter am 26. August 1992auf die Tilgungsverpflichtung im Falle des Todes derHilfeempfängerin hin. Bis zu deren Tod im August1994 hatte das Darlehen einschließlich Zinsen einenBetrag von 76 968,3 7 DM erreicht.

Die Petentin ist Alleinerbin ihrer Mutter.

Da bereits zu Lebzeiten der Hilfeempfängerin derenEigentumsanteil nicht zu dem nach § 88 Abs. 2 Nr. 7BSHG geschützten Vermögen gehörte, dessen Ver-wertung also schon vor dem Tode hätte erfolgen kön-nen, besteht die Forderung zu Recht. Der Sozialhilfe-träger hat hauptsächlich im Interesse der Petentin vondem Verlangen einer sofortigen Verwertung des Ei-gentumanteils abgesehen.

Das Darlehen kann aus der Erbschaft beglichen wer-den, weshalb die Vermögensverwertung (z.B. durchAufnahme eines Bankkredits) grundsätzlich keineHärte darstellt. Im übrigen wäre die Petentin als Erbingemäß § 92 c BSHG zum Kostenersatz auch dann ver-pflichtet, wenn der Sozialhilfeträger die Hilfeleistungnicht mittels eines Darlehens erbracht hätte.

Nachdem die Petentin am 30. März 1995 bekundethatte, daß sie sich aufgrund ihrer Einkommensverhält-nisse nicht zur Befriedigung der Forderung in der La-

ge sieht, hat der Sozialhilfeträger ihr empfohlen, unterDarlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse einenStundungsantrag zu stellen. Sie hat daraufhin zu-nächst durch die Rechtsstelle des DGB und ansch-ließend über ein Anwaltsbüro erklärt, daß die Forde-rung zu Unrecht besteht und eine Zahlung verweigertwerde. Nach nochmaliger Erläuterung der Rechtslagehat sie schließlich die Forderung akzeptiert und imFebruar 1996 den Antrag auf Stundung eingereicht,der jedoch nach Prüfung der wirtschaftlichen Verhält-nisse der Eheleute abgelehnt wurde. Im Falle einerDarlehensaufnahme in Höhe des geforderten Betragesbeliefe sich derzeit die monatliche Zinsbelastung (beieiner Zinsfestschreibung von 5 Jahren) auf etwa475,� DM. Legt man den Bedarfssatz für die Hilfezum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung einesZuschlages von 20 % für einmaligen Bedarf zugrunde(sogenannter Garantiebetrag), ergibt sich bei einemmonatlichen Nettoeinkommen der Eheleute von4 500,� DM noch ein verbleibendes Monatseinkom-men von 2 600,� DM. Bei Anwendung der Einkom-mensgrenze für Hilfe in besonderen Lebenslagen imSinne des § 81 BSHG verbleibt ein monatliches Ein-kommen von rund 2 100,� DM, wovon eine monatli-che Zinsbelastung von 475,� DM getragen werdenkann. Selbst bei einer Verringerung des monatlichenEinkommens im Falle eines späteren Rentenbezugsder Petentin steht noch ein ausreichender Betrag zurDeckung der notwendigen Aufwendungen des Leben-sunterhalts zur Verfügung.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daßdie Petentin im Falle eines Mietverhältnisses erhebli-che Mietzahlungen leisten müßte und dann für densonstigen Bedarf über einen entsprechend geringerenBetrag verfügen könnte.

Unter Berücksichtigung aller Umstände ist es gerecht-fertigt, wenn der Sozialhilfeträger zum jetzigen Zeit-punkt in einer überdies zinsgünstigen Phase auf dieRealisierung seiner Forderung besteht.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

44. Petition 11/7850 betr. Wohnungssache, Unter-bringung in einer Obdachlosenunterkunft

Der Petent hält die ihm und seinem 16-jährigen Sohnvon der Stadtverwaltung S. zugewiesene Fürsorgeun-terkunft für unzumutbar. Im Interesse des Wohles sei-nes Kindes müsse er sie ablehnen, weil die Wohnungin einem schlechten Umfeld liege. Erfühle sich in sei-nem Grundrecht (Artikel 6 GG, Schutz der Familie)verletzt.

Der Petent bewohnte zusammen mit seinem Sohn undseiner Verlobten eine Wohnung in S. Da die Verlobtein der Wohnung offensichtlich der Prostitution nach-ging, wurde vom Vermieter das Mietverhältnis

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gekündigt. Im anschließenden gerichtlichen Verfah-ren schlossen die Parteien am 8. September 1995 vordem Amtsgericht S. einen Vergleich. Danach ver-pflichtete sich der Petent u. a., die Wohnung bis 30.März 1996 zu räumen und die Prostitutionsausübungdort ab 15. September 1995 nicht mehr zu dulden.Auf eine Verlängerung der Räumungsfrist wurde aus-drücklich verzichtet. Der vereinbarte Verzicht aufProstitutionsausübung mußte von der Gläubigerseiteunter Zwangsgeldandrohung am 6. November 1995durch das Amtsgericht S. erzwungen werden. DieVerlobte zog zum Jahresende 1995 aus.

Da der Petent die Wohnung entgegen dem Vergleichnicht fristgemäß räumte, wurde die Zwangsvoll-streckung eingeleitet. Der Termin wurde auf 21. Mai1996 bestimmt. Am 30. April 1996 erhielt die Ob-dachlosenpolizeibehörde Kenntnis von dem Räu-mungstermin. Da sich der Petent nicht selbst rechtzei-tig mit einer Ersatzwohnung versorgen konnte, wurdeihm am 17. Mai 1996 eine Fürsorgeunterkunft in S.angeboten.

Dieses Angebot lehnte er ab, weil die Umgebung sei-nem Sohn nicht zuzumuten sei. Das gesamte Umfeldsei kriminell und schmutzig. Im übrigen wolle er baldheiraten und dann sei die Wohnung ohnehin zu klein.Er schlug vor, die Räumung zu verschieben, damit erdie Möglichkeit habe, eine andere Wohnung zu su-chen. Der Vermieter lehnte dies jedoch ab. EinZwangsvollstreckungsschutzantrag wurde nicht ge-stellt.

Am Räumungstermin war die Wohnung fast geräumtund größtenteils renoviert. Um weitere Kosten zu ver-meiden, vereinbarten die Parteien mit dem Gerichts-vollzieher einen Räumungsaufschub um 3 Tage bis24. Mai 1996.

Eine Zwangseinweisung erfolgte nicht. Der gegen-wärtige Aufenthalt des Petenten ist unbekannt.

Nach den §§ 1 und 3 des Polizeigesetzes stellt Ob-dachlosigkeit eine Störung der öffentlichen Sicherheitund Ordnung dar. Es ist Aufgabe der Ortspolizei-behörde, sie durch geeignete Maßnahmen zu verhin-dern.

Aufgrund des festgesetzten Räumungstermins bestanddie begründete Gefahr der drohenden Obdachlosig-keit. Die Polizei durfte deshalb die betroffenen Perso-nen in gemeindeeigene Räume einweisen.

Eine Obdachlosenunterkunft hat nur den Anforderu-nen zu genügen, die gewöhnlich an Notunterkünfte zustellen sind. Sie muß also nur Mindestanforderungengerecht werden. In erster Linie bleibt es Aufgabe desBetroffenen, sich selbst, ggf. mit behördlicher Hilfe,um eine adäquate Unterkunft zu bemühen.

Der Einwand des Petenten, daß er nicht genügend Zeithatte, eine andere Wohnung zu suchen, ist unberech-tigt. Bereits durch den gerichtlichen Vergleich vom 8.September 1995 war ihm bekannt, daß er im März1996 die Wohnung verlassen muß. Ebenso ist die Ab-sicht, zu heiraten, nicht zu berücksichtigen, da nur dietatsächlich von Obdachlosigkeit Bedrohten Anspruchauf Obdach haben.

Durch die Zuweisung der Fürsorgeunterkunft wurdender Petent und sein Sohn nicht in ihren Grundrechtenverletzt.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

45. Petition 11/93 betr. Beschwerde über dieRechtsantragsstelle beim Amtsgericht S.

Der Petent beschwert sich über eine angeblich unrich-tige Beratung durch die Rechtsantragstelle des Amts-gerichts S. und begehrt, von der Zahlung der Ge-richtskosten entpflichtet zu werden, die aus seinem er-folglosen Arrestgesuch beim gleichen Gericht resul-tieren.

Der Petent ist Verwalter einer Wohnanlage in S.

Am 17. Januar 1996 sprach er beim Amtsgericht S.mit einem von ihm vorbereiteten Antrag auf Erlaß ei-ner einstweiligen Verfügung vor. Mit ihm bezweckteer, �die Mieten von den Mietern pfänden zu dürfen�,weil ein Wohnungseigentümer seit etwa einem Jahrdie Nebenkosten nicht bezahle.

Die Rechtspflegerin gab ihm den allgemeinen Hin-weis, daß das statthafte Rechtsschutzbegehren nur einArrestantrag, nicht aber ein Antrag auf Erlaß einereinstweiligen Verfügung sein könne, da es um die Si-cherung einer Geldforderung gehe.

Der Petent hat nach seinen Angaben sodann die Wor-te �einstweilige Verfügung� in seinem Schreibendurch das Wort �Arrest� ersetzt.

Den Arrestantrag wies das Amtsgericht S. am 18. Ja-nuar 1996 kostenpflichtig zurück. Es hat ausgeführt,daß weder Forderung noch Arrestgrund ausreichenddargetan und glaubhaft gemacht seien.

Die Rechtspflegerin hat in ihrer dienstlichen Äuße-rung erklärt, der Petent habe von ihr wissen wollen,wo er seinen Antrag abgeben könne. Um klären zukönnen, wer. für dessen Bearbeitung zuständig sei,habe er auf ihre Frage geantwortet, daß er die Mieteneines Eigentümers pfänden wolle. Hierauf habe siedem Petenten gesagt, daß dies lediglich im Wege ei-nes Arrestes und nicht im Wege einer einstweiligenVerfügung erfolgen könne, die Formvorschriften je-doch bei beiden Anträgen die gleichen seien. Den vonihm formulierten Antrag habe sie nicht gelesen.

Der Petent habe Wert darauf gelegt, daß der Antragnoch vor der Mittagspause bei der Geschäftsstelle ein-gehe. Sie habe ihn gebeten, zu warten, bis der Richterden Antrag gelesen habe, um bei etwaigen FragenAuskunft geben zu können.

Bei den erteilten � zutreffenden � Auskünften derRechtspflegerin handelte es sich um keine Rechtsbe-ratung im Sinne des Beratungshilfegesetzes. Nachdiesem wird auf Antrag Beratungshilfe unter be-

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stimmten Voraussetzungen gewährt, die jedoch vondem Petenten seinerzeit nicht dargetan wurden.

Da das Verhalten der Rechtspflegerin nicht zu bean-standen ist, wurden keine Maßnahmen der Dienstauf-sicht veranlaßt.

Die vom Petenten kritisierte Kostenlast (90,- DM) be-ruht ausschließlich auf der richterlichen Entschei-dung, zu der Stellung zu beziehen sich aus verfas-sungsrechtlichen Gründen verbietet.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

46. Petition 11/131 betr. Witwenrente

Die in Polen lebende Petentin begehrt eine Witwen-rente oder -beihilfe nach dem Bundesversorgungsge-setz (BVG).

Bei ihrem 1994 verstorbenen Ehemann waren wehr-dienstbedingte Schädigungsfolgen am linken Bein miteiner Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 % aner-kannt. Er erhielt deswegen eine Rente nach demBVG.

Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Peten-tin eine Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG.Die Landesversorgungsverwaltung kam zu dem Er-gebnis, daß für den Tod des Ehemannes die anerkann-ten Schädigungsleiden nicht ursächlich waren undkeine schädigungsbedingte Minderung der Witwen-versorgung besteht, weshalb sowohl eine Rente wieauch eine Beihilfe abgelehnt wurden. Der Wider-spruch dagegen war erfolglos.

Die Petentin hätte nur dann Anspruch auf eine Hin-terbliebenenrente gemäß § 38 BVG, wenn ihr Ehe-mann an den Folgen der kriegsbedingten Schädigun-gen verstorben wäre. Diese bestanden in einer Knie-gelenksversteifung links, in geringgradigem Muskel-schwund am linken Ober- und Unterschenkel sowie inNarben unterhalb der linken Kniescheibe. Aufgrundärztlicher Unterlagen ist der Ehemann jedoch an denFolgen von Hypertonie, Diabetes, Kreislaufinsuffizi-enz, Niereninsuffizienz und Kreislaufstillstand gestor-ben. Somit war der Tod offensichtlich nicht Folge derKriegsbeschädigungen.

Voraussetzung für die Gewährung einer Beihilfe nach§ 48 BVG ist, daß die Altersversorgung der Witwewegen der anerkannten Schädigungsleiden des Ehe-mannes um mindestens 10 % gemindert ist.

Aus den vorliegenden Unterlagen ist ersichtlich, daßder Ehemann sowohl vor als auch nach den erlittenenSchädigungen bis zu seinem schädigungsunabhängi-gen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben im Jahre1980 als Landwirt tätig war. Es kann davon ausgegan-gen werden, daß er wegen der Art und Schwere deranerkannten Schädigungsfolgen diese Tätigkeit nur

eingeschränkt ausüben konnte. Ein eingeschränkterArbeitseinsatz hat jedoch in der polnischen Landwirt-schaft angesichts der dort herrschenden besonderenGegebenheiten keine entsprechende Minderung desEinkommens und damit der Altersversorgung zur Fol-ge. Nach den in Polen für die Berechnung einer land-wirtschaftlichen Alters- oder Familienrente maßgebli-chen Vorschriften wird die Rente in der Hauptsacheauf der Basis eines einkommensunabhängigen Pau-schalbetrages ermittelt. Die im landwirtschaftlichenBetrieb erreichte Produktion wirkt sich allenfalls ge-ringfügig auf die Höhe der Altersrente aus, aber nichtin dem Maße, daß dies in dem nach § 48 BVG gefor-derten Umfang Auswirkungen auf die Familienrentehaben könnte. Im Hinblick darauf liegt hier keineschädigungsbedingte Minderung der Hinterbliebenen-versorgung um mindestens 10 % vor.

Beschlußempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Winckler

47. Petition 11/6899 betr. Strafvollzug

Der Petent verbüßt seit dem 15. August 1995 eine Er-satzfreiheitsstrafe von 120 Tagen wegen Fahrens ohneFahrerlaubnis; das Strafende fällt auf den 4. März1996.

In der Petition wendet sich der Petent im wesentlichengegen die angeblich säumige Begleichung von Miet-schulden durch die Anstalt, eine angeblich unzurei-chende Schuldenregulierung und die allgemeineAmtsführung des für ihn zuständigen Sozialarbeitersim Vollzug.

Hierzu nahm das Justizministerium wie folgt Stel-lung:

Der Petent arbeitet seit dem 21. August 1995 als Frei-gänger mit freiem Beschäftigungsverhältnis bei einerFirma in M. Unmittelbar nach seinem Zugang wurdeer vom zuständigen Sozialarbeiter darüber belehrt,daß für seine Bezüge ein Verwendungsplan erstelltwird, in den seine zahlreichen Zahlungsverpflichtun-gen aufgenommen werden. Weil dies zeitaufwendigerschien, wurde er gebeten, seine Miete zunächst mitEinzelantrag durch die Zahlstelle überweisen zu las-sen. Dies ist für September 1995 auch geschehen. FürOktober 1995 hat der Petent keinen Antrag vorgelegt,so daß aus Gründen, die in seiner Person liegen, eineÜberweisung nicht erfolgte. Der Mietzins für Oktober1995 wurde nach Angaben des Petenten zwischenzeit-lich von seiner Verlobten entrichtet. Am 19. Oktober1995 wurde für den Petenten ein vorläufiger Verwen-dungsplan erstellt, aufgrund dessen auch die Miete fürNovember 1995 überwiesen wurde.

Ein endgültiger Verwendungsplan konnte noch nichterstellt werden, weil immer noch Forderungen vonGläubigern des Petenten eingehen, die geprüft werdenmüssen. Entgegen dem Vorbringen des Petenten hat

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Landtag von Baden-Württemberg � 12. Wahlperiode Drucksache 12 / 486

Obersekretär K. nicht geäußert, der Verwendungsplanhätte schon längst vom Sozialarbeiter erstellt werdenmüssen.

Sozialarbeiter W. leistet eine qualifizierte Arbeit. DerPetent hat nichts konkretes vorgetragen, was zu Zwei-feln Anlaß geben könnte.

Beschlußempfehlung:

Mit der Erläuterung des Sachstandes bezüg-lich Mietüberweisung und Verwendungs-plan wird die Petition für erledigt erklärt.

Berichterstatterin: Marianne Wonnay

09. 10. 96 Der Vorsitzende:

Dr. Freudenberg