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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 5436 12. Wahlperiode 08. 08. 2000 Große Anfrage der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquetekom- mission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ Große Anfrage Wir fragen die Landesregierung: I. Veränderung der politischen Rahmenbedingungen zur Sicherung der Zukunftschancen junger Frauen und Männer in Ausbildung und Be- ruf (Handlungsempfehlung 1.2) a) Wie wirkt sich die Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiative des Lan- des auf die schwierige Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt aus? b) Wann und wie wird die Empfehlung der Enquetekommission umge- setzt, durch eine Gesetzesänderung bei der Vergabe öffentlicher Aufträ- ge Firmen zu bevorzugen, die junge Menschen ausbilden? c) Wie will die Landesregierung die Handlungsempfehlung umsetzen, im Bereich des öffentlichen Dienstes zusätzliche Ausbildungsplätze auch über den eigenen Bedarf hinaus zu schaffen? Wie hat sich insbesondere die Zahl der Ausbildungsplätze bei Land, Kommunen und den jeweili- gen Eigenbetrieben 1999 gegenüber dem Vorjahr verändert? d) Welche Initiativen wurden zur Weiterentwicklung der beruflichen Orientierung innerhalb und außerhalb der Schulen ergriffen, um die in- dividuelle Berufs- und Lebensplanung besonders von jungen Frauen nachhaltig zu unterstützen? Eingegangen: 08. 08. 2000 / Ausgegeben: 13. 11. 2000 1

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 543612. Wahlperiode 08. 08. 2000

Große Anfrage

der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD,der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen undder Fraktion der FDP/DVP

und

Antwort

der Landesregierung

Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquetekom-mission „Jugend – Arbeit – Zukunft“

G r o ß e A n f r a g e

Wir fragen die Landesregierung:

I. Veränderung der politischen Rahmenbedingungen zur Sicherung derZukunftschancen junger Frauen und Männer in Ausbildung und Be-ruf (Handlungsempfehlung 1.2)

a) Wie wirkt sich die Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiative des Lan-des auf die schwierige Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarktaus?

b) Wann und wie wird die Empfehlung der Enquetekommission umge-setzt, durch eine Gesetzesänderung bei der Vergabe öffentlicher Aufträ-ge Firmen zu bevorzugen, die junge Menschen ausbilden?

c) Wie will die Landesregierung die Handlungsempfehlung umsetzen, imBereich des öffentlichen Dienstes zusätzliche Ausbildungsplätze auchüber den eigenen Bedarf hinaus zu schaffen? Wie hat sich insbesonderedie Zahl der Ausbildungsplätze bei Land, Kommunen und den jeweili-gen Eigenbetrieben 1999 gegenüber dem Vorjahr verändert?

d) Welche Initiativen wurden zur Weiterentwicklung der beruflichenOrientierung innerhalb und außerhalb der Schulen ergriffen, um die in-dividuelle Berufs- und Lebensplanung besonders von jungen Frauennachhaltig zu unterstützen?

Eingegangen: 08. 08. 2000 / Ausgegeben: 13. 11. 2000 1

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e) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um bestehende Bildungspläneund Ausbildungsinhalte zu aktualisieren und wie werden diese verän-dert?

f) Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Frage ergeben, inwieweit dieSchaffung von Arbeitsplätzen in Jugendberufshilfebetrieben die Ein-gliederungschancen junger Menschen erhöhen kann? Plant die Landes-regierung die Einführung von Jugendberufshilfebetrieben zu unterstüt-zen und finanziell zu fördern?

g) Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Frage ergeben, wie die Einrich-tung der offenen Jugendarbeit als Arbeitsfeld zur Qualifizierung von Ju-gendlichen mit besonderem Förderungsbedarf genutzt werden können?Welche Förderinstrumente stehen hierfür zur Verfügung?

h) Wie wurde der Zugang besonders qualifizierter Berufstätiger zumHochschulstudium erleichtert?

II. Berufliche Bildung (Handlungsempfehlung 1.3)

a) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um eine zu-kunftsorientierte Weiterentwicklung der beruflichen Bildung sicherzu-stellen und wie hat sie dabei insbesondere auf flexiblere und differen-ziertere Strukturen in der beruflichen Bildung hingewirkt?

b) Welche Maßnahmen hat die Landesergierung ergriffen, um darauf hin-zuwirken, Ausbildungsberufe offener zu gestalten, in Ausbildungsgän-gen modulare Konzepte zu erproben und Teilqualifikationen zu zertifi-zieren, sowie Berufe in neuen Wirtschafts- und Beschäftigungsberei-chen zu schaffen?

III. Verbundsysteme (Handlungsempfehlung 1.4)

a) Wie wurde die Empfehlung der Enquetekommission umgesetzt, sich füreine verstärkte Schaffung von Ausbildungsverbünden einzusetzen undinsbesondere Kooperationsmodelle zwischen Wirtschaft und sozialenTrägern als besondere Chance für benachteiligte und behinderte jungeMenschen zu nutzen?

b) Wie hoch waren die Landesmittel zur Förderung von Ausbildungsver-bünden, insbesondere unter Beteiligung freier Träger, 1999 im Ver-gleich zu 1998 und welche Mittel sind für die Jahre 2000 und 2001 vor-gesehen?

IV. Berufsvorbereitungsjahr (Handlungsempfehlung 1.6)

a) Welche Schritte wurden unternommen und sind geplant, um das Berufs-vorbereitungsjahr entsprechend der unter der Handlungsempfehlung 1.6aufgeführten einzelnen Maßnahmen zu optimieren?

b) Wurden spezifische Anliegen von Mädchen dabei in besonderem MaßeRechnung getragen?

c) Wie wurden im BVJ neue zukunftsträchtige Berufsfelder erschlossen?

V. Berufsschulen

a) Welche Initiativen der Landesregierung gibt es, die Qualität des Unter-richts in den beruflichen Schulen entsprechend der Handlungsempfeh-lungen 1.7.1 bis 1.7.3 zu verbessern?

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b) Wie viele Lehrerwochenstunden standen an den Berufsschulen 1999 imVergleich zu den Jahren 1997 und 1998 für Stützunterricht zur Verfü-gung?

VI. Förderung von Mädchen, jungen Frauen und allein Erziehenden(Handlungsempfehlung 1.8)

Welche Ergebnisse wurden erzielt bei der Umsetzung der in den Handlungs-empfehlungen 1.8.1 bis 1.8.5 genannten Maßnahmen und welche weiterenSchritte sind geplant?

VII. Jugendsozialarbeit an Schulen (Handlungsempfehlung 1.9)

a) Warum hat es über ein Jahr gedauert, bis die Richtlinien zur Förderungder Jugendsozialarbeit an Schulen vorlagen?

b) Was hat das Land unternommen, um die Jugendsozialarbeit an Schulenauch nach Auslaufen der Anschubfinanzierung abzusichern?

c) Wie weit konnte in diesem Zusammenhang ein Einvernehmen mit denLandkreisen, Städten und Gemeinden über die zukünftige Regelförde-rung von Jugendsozialarbeit an Schulen erzielt werden?

VIII. Landesprogramm „Jugend – Arbeit – Zukunft“ (Handlungsemp-fehlung 1.10)

a) Wann, durch wen und mit welchem Ergebnis hat eine erste qualitativeund quantitative Bewertung des Landesprogramms „Jugend – Arbeit –Zukunft“ stattgefunden und wie wird zukünftig eine regelmäßige Be-wertung sichergestellt?

b) Wurden die Fördermaßnahmen, insbesondere die Betreuungspauschalefür die Maßnahmen „Initiativen für Beschäftigung“, finanziell erhöht?

IX. Förderung von Benachteiligten in Betrieben (Handlungsempfehlung1.12)

Wie wurde die Handlungsempfehlung 1.12 und die dort genannten einzelnenMaßnahmen umgesetzt unter Beteiligung der Wirtschaft, der Arbeitsverwal-tung und der freien Träger der Jugendhilfe ein Gesamtkonzept zur Förderungder beruflichen Integration von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarfzu erarbeiten?

X. Jugendagenturen

a) Welche regionalen Jugendagenturen existieren derzeit im Land und wieviele sind in Planung?

b) Welche Erkenntnisse gibt es dabei

– über die Schwerpunkte bei der Konzeption und Einrichtung,

– im Hinblick auf die Akzeptanz bei den beteiligten Institutionen undden Jugendlichen,

– über die Umsetzung von regionalen Bündnissen zur Ausbildung undBeschäftigungsförderung

– über die Kooperation zwischen Schule, Arbeitsverwaltung, Wirtschaftund den Trägern?

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XI. Jugendfonds (Handlungsempfehlung 1.16)

a) In welchen Stadt- und Landkreisen wurden Jugendfonds eingerichtet?Wie werden diese finanziert und wie sind sie ausgestattet?

b) Welche Projekte und Initiativen werden mit Hilfe der Jugendfonds fi-nanziert?

c) Wie wird sichergestellt, dass die Stadt- und Kreisjugendringe, die freienTräger sowie der Jugendhilfeausschuss an der Entscheidung über dieVergabe der Gelder beteiligt werden?

XII. Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement junger Men-schen (Handlungsempfehlung 2)

a) Wie haben sich beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und beim Frei-willigen Ökologischen Jahr (FÖJ) in den vergangenen Jahren die Zah-len der Interessentinnen und Interessenten der bereitgestellten Plätze derTeilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelt?

b) Was hat die Prüfung bzw. Umsetzung der in den Handlungsempfehlun-gen 2.1 bis 2.4 genannten Maßnahmen ergeben und welche weiterenSchritte sind geplant?

XIII. Jugendpolitik (Handlungsempfehlung 3.2–3.5 und 3.10)

a) Hat das Land inzwischen – unter Berücksichtigung der in den Hand-lungsempfehlungen 3.4.1 bis 3.4.5 genannten Leitlinien – ein jugendpo-litisches Gesamtkonzept entwickelt bzw. fortgeschrieben und mit denverantwortlichen Trägern und Verbänden der Jugendhilfe gemeinsamerörtert und abgestimmt? Welche Ergebnisse und Konsequenzen erge-ben sich daraus?

b) Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Umsetzung derGrundsätze zur Ausgestaltung des Landesjugendberichts im Sinne derHandlungsempfehlungen 3.5.2–3.5.6?

c) Welche Initiativen vonseiten des Landes sind geplant, um dessen Ge-samtverantwortung für die Schaffung einheitlicher Lebensverhältnissefür Kinder und Jugendliche gerecht zu werden und im Sinne der Hand-lungsempfehlung 3.10 auf eine bedarfsgerechte Grundversorgung durchdie Jugendhilfe und damit auch auf ein flächendeckendes Angebot derKinder- und Jugendarbeit hinzuwirken?

XIV. Kooperation von Jugendhilfe und Schule (Handlungsempfehlung3.6 und 3.12)

a) Welche Schritte wurden unternommen, um die Kooperation von Ju-gendhilfe und Schule in Baden-Württemberg entsprechend den Hand-lungsempfehlungen 3.6 sowie 3.12.1 bis 3.12.3 zu unterstützen, zu för-dern und auszubauen?

b) Wie trägt die Landesregierung der Tatsache Rechnung, dass beim be-reits eingerichteten Förderprogramm zur Kooperation zwischen Schuleund Kinder- und Jugendarbeit das Antragsvolumen die zur Verfügunggestellten Mittel bei weitem überschreitet?

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XV. Verbandliche Jugendarbeit (Handlungsempfehlung 3.7.1)

a) Welche Maßnahmen entsprechend der Handlungsempfehlung 3.7.1.2hat die Landesregierung ergriffen, um die Arbeit der Jugendbildung fi-nanziell abzusichern?

b) Hält die Landesregierung es für möglich, die Richtlinien zum Landesju-gendplan flexibler zu gestalten, indem die Fördersätze nicht starr festge-schrieben werden, sondern Beträge genannt werden, die i.d.R. über denrealen Fördersätzen liegen und bis zu denen eine Erhöhung möglich ist,um so, je nach Haushaltslage, auf der Grundlage des beschlossenenLandesjugendplanes, auch ohne das derzeitige, verwaltungstechnischsehr aufwändige Verfahren einer Korrektur der Richtlinie anzuwenden,eine Bezuschussung zu ermöglichen?

c) Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, bei Jugenderholungs-maßnahmen den Schlüssel Teilnehmer : Betreuer von bislang 11 : 1 imSinne einer Erhöhung der Anzahl der Betreuer zu verändern?

d) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um die Förde-rung der Jugendhilfe und Jugendarbeit langfristiger anzulegen und da-durch mehr Planungssicherheit für die Träger zu schaffen?

e) Ist vorgesehen, die Bewilligungszuständigkeit bei der Abwicklung desLandesjugendplans an die Jugendarbeit, etwa an den Landesjugendringzu übertragen?

f) Inwieweit wird das ehrenamtliche Engagement bei der Verteilung vonAusbildungs- und Arbeitsplätzen berücksichtigt?

g) Ist die Landesregierung bestrebt, einen Jugendleitersonderurlaubsfondseinzurichten, sowie die Altersgrenze für Jugendleitersonderurlaub auf16 Jahre abzusenken?

h) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um einen Bonusim Numerus-Clausus-Verfahren und beim Bildungsguthaben, eine Er-weiterung beim BAföG, sowie eine Vergünstigung im Auswahlverfah-ren an Fachschulen für Sozialpädagogik für Ehrenamtliche umzusetzen(Handlungsempfehlungen 3.7.1.6 bis 3.7.1.9)? Welche Erfolge wurdendabei bisher erzielt?

XVI. Stiftung „Kulturelle Jugendarbeit“ (Handlungsempfehlung3.7.1.10)

Wie ist der Stand der Einrichtung einer Stiftung „Kulturelle Jugendarbeit“?

XVII. Offene Jugendarbeit (Handlungsempfehlung 3.7.2)

a) Welche Kommunen ohne Angebote der Offenen Kinder- und Jugendar-beit sind der Landesregierung bekannt?

b) Sind die Angebote und die Förderung der offenen Kinder- und Jugend-arbeit in Baden-Württemberg entsprechend den Handlungsempfehlun-gen 3.7.2.1 und 3.7.2.2 aus der Sicht der Landesregierung bedarfsge-recht und angemessen?

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XVIII. Chancengleichheit von Mädchen und jungen Frauen (Hand-lungsempfehlung 3.9)

Welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen bzw. sind ge-plant, um die Handlungsempfehlung 3.9 mit den Unterpunkten 3.9.1 bis 3.9.6umzusetzen?

XIX. Angebote der Schülerbetreuung (Handlungsempfehlung 3.11)

In welchem Umfang wurden die Angebote der Schülerbetreuung weiterent-wickelt und bedarfsgerecht ausgebaut?

XX. Internationaler Jugendaustausch (Handlungsempfehlung 3.13)

Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um den internationalen Jugendaus-tausch mit dem Ziel einer Verstärkung der internationalen beruflichen Quali-fikation zu fördern?

XXI. Migrantinnen und Migranten (Handlungsempfehlung 4)

a) Welche besonderen Maßnahmen wurden zur beruflichen und sozialenIntegration ausländischer Jugendlicher in Baden-Württemberg ergrif-fen? Welche konkreten Projekte wurden dabei unterstützt? WelcheMaßnahmen der Konzeptionsentwicklung zur Integration wurden geför-dert?

b) Wie wurde die Förderung der Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfendurch das Land fortentwickelt, damit sie den Empfehlungen derEnquetekommission Rechnung trägt und wurden diese Maßnahmenumgesetzt, ohne entsprechende andere Landesförderprogramme für Mi-grantinnen und Migranten zu kürzen und zu streichen?

c) Wie hat die Landesregierung die Empfehlung der Enquetekommissionumgesetzt, den muttersprachlichen Unterricht auszubauen?

d) Welche Maßnahmen hat das Land ergriffen, um Fort- und Weiterbil-dung zum Thema „Interkulturelle Kompetenz“ für Mitarbeiter in denRegelsozialdiensten und insbesondere in der Jugend- und Jugendsozial-arbeit unter Einbeziehung bestehender Fachdienste zur Durchführungzu bringen?

e) Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass die durch das Förder-programm Integration (entsprechend Handlungsempfehlung 4.2) ange-regten Prozesse in der Jugendverbandsarbeit weitergeführt werden kön-nen?

XXII. Maßnahmen zur sozialen Integration (Handlungsempfehlung 5.1)

a) Wie wurden die in den Handlungsempfehlungen 5.1.1 bis 5.1.3 empfoh-lenen Maßnahmen zur sozialen Integration von der Landesregierungumgesetzt?

b) Wie viele Anträge von freien und öffentlichen Trägern sind zu den Maß-nahmen eingegangen und wie wurde darüber entschieden?

XXIII. Jugendnetz Baden-Württemberg (Handlungsempfehlung 5.3.4)

a) Welche Initiativen gab es vonseiten der Landesregierung zum Ausbaudes Projekts „Jugendnetz Baden-Württemberg“ und wie ist der aktuelleStand beim Ausbau des Jugendnetzes?

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b) Welchen Stellenwert und welche Rolle haben das Jugendarbeitsnetz unddie landesweiten Zusammenschlüsse der Kinder- und Jugendarbeit imRahmen des Jugendnetzes zum jetzigen Zeitpunkt und in Zukunft?

c) Wie werden die für den Doppelhaushalt 2000/2001 angekündigten600.000 DM für das Jugendnetz eingesetzt?

d) Wie steht die Landesregierung zur Einrichtung eines eigenständigenFördertitels „Medienkompetenz/Medienpädagogik“ für die Träger derJugendarbeit im Landesjugendplan mit den Bereichen Investitionsför-derung, Maßnahmenförderung und Webmasterstelle für das Jugendar-beitsnetz?

XXIV. Privatisierungserlöse (Handlungsempfehlung 6.3)

a) Welche Anstrengungen hat die Landesregierung unternommen und wel-che Anstrengungen sind vorgesehen, um sicherzustellen, dass Mittel ausden aktuellen und zukünftigen Privatisierungserlösen, insbesondere ausdem Verkauf der Landesanteile der EnBW, dem Jugendbereich zuflie-ßen, und wie definiert die Landesregierung den Begriff „Jugendbe-reich“?

b) Inwiefern werden die Jugendarbeit und die von den Trägern der Jugend-arbeit unterbreiteten Anliegen – flächendeckende kommunikationstech-nische Ausstattung der Jugendarbeit, Förderung von Kleinbauvorhabenin der Jugendarbeit, Förderbedarf bei Jugendwohnheimen, Verdienst-ausfallleistungen beim Sonderurlaub – berücksichtigt?

XXV. Sonstiges

a) Wie wird die Kooperation zwischen Ministerien, freien und öffentlichenTrägern der Kinder- und Jugendhilfe und den kommunalen Landesver-bänden bei der Umsetzung der Handlungsempfehlungen durch die Be-teiligten bewertet?

b) In wie vielen Jugendhilfeausschüssen und mit welchen Ergebnissenwurde der Abschlussbericht der Enquetekommission bisher diskutiert?Welche Handlungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung in diesemZusammenhang, um auf eine Umsetzung der Handlungsempfehlungendurch die örtlichen Träger der Jugendhilfe hinzuwirken?

c) In welchem Verhältnis steht nach Auffassung der Landesregierung derJugendenquetebericht zur Jugendkonzeption der Landesregierung, zumBericht der Zukunftskommission, zum Landesjugendbericht sowie zumMedienleitbild?

08. 08. 2000

Oettinger, Wackerund Fraktion

Maurer, Braunund Fraktion

Dr. Salomon, Annemie Renzund Fraktion

Pfister, Kleinmannund Fraktion

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B e g r ü n d u n g

Etwa ein Jahr nach Abschluss der Arbeit der Enquete-Kommission richtendie demokratischen Fraktionen im Landtag von Baden-Württemberg eine ge-meinsame Große Anfrage an die Landesregierung, um sich über den jetzigenStand der Umsetzungen der Handlungsempfehlungen zu informieren.

Wir bitten um eine ausführliche und sachgerechte Beantwortung der von unsaufgeworfenen Fragestellungen.

A n t w o r t

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 Nr. 64–6909.27/157 beantwortet dasMinisterium für Kultus, Jugend und Sport im Namen der Landesregierungdie Große Anfrage wie folgt:

I. Veränderung der politischen Rahmenbedingungen zur Sicherung der Zu-kunftschancen junger Frauen und Männer in Ausbildung und Beruf (Hand-lungsempfehlung 1.2)

Für einen großen Teil der im Folgenden dargestellten und von der Enquete-kommission vorgeschlagenen Maßnahmen für Jugendliche gilt, dass sie mitden Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zum Zweck der Förderungeiner präventiven Beschäftigungspolitik unterstützt werden können. Voraus-setzung ist, dass geeignete Projektanträge eingereicht werden, die von den re-gionalen Arbeitskreisen befürwortet werden und bei denen die öffentlicheKofinanzierung gesichert ist. Dies gilt für die ESF-Förderbereiche des Sozi-alministeriums, des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport und des Wirt-schaftsministeriums gleichermaßen.

Im Rahmen der Förderung mit Mitteln des ESF in der Förderperiode 2000 bis2006 stellt die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit einen der Förder-schwerpunkte überhaupt dar. Ziel der geförderten Maßnahmen soll es u.a.sein, drohende Jugendarbeitslosigkeit durch geeignete Maßnahmen in derPhase des Übergangs von der Schule in die Ausbildung oder den Beruf zu be-kämpfen, um die berufliche Integration leistungsschwächerer und benachtei-ligter Jugendlicher zu fördern. Aber auch die hohe Zahl noch nicht ausbil-dungsreifer junger Menschen ist Anlass, die Anstrengungen im Rahmen be-gleitender Maßnahmen in der Schule und beim Übergang von der Schule indie Arbeitswelt zu verstärken.

Die Maßnahmen sind beispielhaft im Gemeinsamen Leitfaden des Sozialmi-nisteriums, des Wirtschaftsministeriums, des Kultusministeriums, des Minis-teriums Ländlicher Raum und des Wissenschaftsministeriums für die Förde-rung aus dem ESF Ziel 3 (der Entwurf des Leitfadens befindet sich in derVerbandsanhörung) dargestellt. Für spezielle Maßnahmen zur Bekämpfungder Jugendarbeitslosigkeit sollen im Förderzeitraum 2000 bis 2006 im Rah-men des ESF-Politikbereichs A knapp 20 % der dem Land zur Verfügung ste-henden ESF-Mittel, d.h. ca. 43,7 Mio. Euro ( = ca. 85,5 Mio. DM) zur anteili-gen Finanzierung von geeigneten Projekten eingesetzt werden.

Hinzu kommen ESF-Mittel in noch nicht bekannter Höhe für Projekte in denanderen ESF-Politikbereichen (Politikbereiche B–E), wenn diese für die Ziel-gruppe der Jugendlichen bestimmt sind.

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a) Wie wirkt sich die Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiative des Landesauf die schwierige Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt aus?

Die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt hat sich in Baden-Württem-berg in den letzten Jahren deutlich entspannt. Seit dem Jahr 1997 steigt dieZahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge wieder an, und zwar1997 um 2,1 % bzw. um 5,2 % im Jahre 1998 und um 3,4 % im Jahr 1999.

Ferner steigt die Zahl der bei den Arbeitsämtern gemeldeten Ausbildungsstel-len. Ende August 1999 lag sie um 6,5 % über dem Wert des Vorjahresmonats,während die Zahl der gemeldeten Bewerber um 5,3 % zurückging. Zum sel-ben Zeitpunkt gab es bei den Arbeitsämtern des Landes 12.904 noch nichtvermittelte Ausbildungsplatzbewerber, denen immerhin 13.374 unbesetzteAusbildungsstellen gegenüberstanden. Auch lag die Arbeitslosenquote beiden Jugendlichen unter 25 Jahren Ende August 2000 mit 5,0 % deutlich unterdem Bundesdurchschnitt von 10,1 %.

Vor diesem Hintergrund geht das Wirtschaftsministerium davon aus, dass fürdas Jahr 2000 ein weitest gehender Ausgleich auf dem Lehrstellenmarkt er-reicht werden kann.

Im Übrigen klagen Betriebe zunehmend darüber, dass vorhandene Lehrstel-len nicht besetzt werden können und dass in einzelnen Branchen bereits wie-der ein Mangel an qualifizierten Fachkräften und Lehrstellenbewerbern be-steht.

Zu dieser insgesamt positiven Entwicklung auf dem Ausbildungsstellenmarkttragen auch die regelmäßig im Wirtschaftsministerium stattfindenden Spit-zengespräche zur Ausbildungssituation unter Leitung des Wirtschaftsminis-ters bei, an denen Vertreter der Kammern und Verbände der Wirtschaft, derGewerkschaften, der Kultus- und Arbeitsverwaltung sowie der kommunalenSpitzenverbände teilnehmen. Neben einer Analyse der aktuellen Lehrstellen-situation werden dabei von den Teilnehmern Maßnahmen zur Verbesserungder Lehrstellensituation vereinbart, wobei das Ergebnis der Gespräche inForm „Gemeinsamer Erklärungen“ festgehalten wird. In einer GemeinsamenErklärung verständigten sich die Teilnehmer beispielsweise darauf, dass siedahin gehend hinwirken werden, dass das Ausbildungsplatzangebot in denneuen Berufen erhöht wird.

Als eine weitere Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiative des Landes istdas Bündnis für Bildung und Beschäftigung zu sehen. Als Ergebnis des Spit-zengesprächs vom 17. Februar 2000 wurden umfangreiche Handlungsemp-fehlungen verabschiedet, die sich auch auf die Sicherung der Zukunftsfähig-keit der Ausbildung und die Förderung des lebenslangen Lernens beziehen.

Diese Initiativen tragen mit dazu bei, dass sich z.B. die Ausbildungssituationin Baden-Württemberg insgesamt deutlich besser darstellt als in den meistenanderen Bundesländern oder im Bundesdurchschnitt.

b) Wann und wie wird die Empfehlung der Enquetekommission umgesetzt,durch eine Gesetzesänderung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Fir-men zu bevorzugen, die junge Menschen ausbilden?

Eine Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben bei der Vergabe öffentlicherAufträge wird von der Landesregierung abgelehnt. Nach den deutschen Ver-dingungsordnungen VOB und VOL wie auch den ihnen vorgelagerten euro-päischen Vergaberichtlinien kommen bei der Vergabe öffentlicher Aufträgeals Eignungskriterien nur die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverläs-sigkeit der Unternehmen und als Zuschlagskriterien nur auftragsbezogene

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Umstände (z. B. Preis, Qualität, Bau- oder Lieferzeit, andere technische,funktionsbedingte, gestalterische Gesichtspunkte, Kundendienst, Folgekos-ten) in Betracht. Andere, vergabefremde Gesichtspunkte dürfen bei der Auf-tragsvergabe nicht berücksichtigt werden. Abweichungen hiervon wären Ver-stöße gegen die Diskriminierungsverbote, die nicht nur in den erwähntenVergabevorschriften, sondern bereits unmittelbar im EG-Vertrag verankertsind und die ungehinderte Betätigung der Unternehmen im gesamten europä-ischen Binnenmarkt Gewähr leisten sollen.

c) Wie will die Landesregierung die Handlungsempfehlung umsetzen, im Be-reich des öffentlichen Dienstes zusätzliche Ausbildungsplätze auch überden eigenen Bedarf hinaus zu schaffen? Wie hat sich insbesondere dieZahl der Ausbildungsplätze bei Land, Kommunen und den jeweiligen Ei-genbetrieben 1999 gegenüber dem Vorjahr verändert?

Im Jahr 1996 haben sich die Länder im Rahmen des Tarifabschlusses für denÖffentlichen Dienst dazu verpflichtet, 5 % mehr Auszubildende einzustellenals im Vorjahr. Auch in den Folgejahren konnte die Zahl der neu abgeschlos-senen Ausbildungsverhältnisse im Bereich des Landes gesteigert werden, bisauf 948 im Jahr 1997. Diese Zahl ist zwar in den Jahren 1998 und 1999 wie-der gesunken, dies ist aber insbesondere auf die Änderung der Rechtsformder Unikliniken zurückzuführen. D. h. die bei den Unikliniken beschäftigtenAuszubildenden werden auf Grund der selbst. Rechtsform der Uniklinikendem Land nicht mehr zugerechnet. Bereinigt um diese Sondereffekte bildetdas Land über den Eigenbedarf hinaus aus. Außerdem klagen zahlreicheDienststellen darüber, dass sie Probleme damit hätten, vorhandene Ausbil-dungsplätze mit qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern zu besetzen.

Im Übrigen führt das Bundesinstitut für Berufsbildung derzeit im Auftrag desBMBF ein Forschungsprojekt „Ausbildungsleistungen des öffentlichenDienstes“ durch. Dessen Ziel ist es, eine exakte Ermittlung aller berufsquali-fizierenden Ausbildungsleistungen des Bundes, der Länder und der Gemein-den sowie in Unternehmen mit privatrechtlicher Unternehmensform mit ganzoder überwiegend öffentlicher Beteiligung vorzunehmen.

Für den Bereich der baden-württembergischen Landesverwaltung brachte eineentsprechende Umfrage bei den Landesministerien folgende Ergebnisse, wo-bei in die Befragung sämtliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen desöffentlichen Rechts einbezogen werden sollten bzw. einbezogen wurden, dieder Aufsicht des Landes unterstehen:

1. Anerkannte Ausbildungsberufe nach BBiG bzw. HWO:

1997 1.490 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse1998 1.669 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse1999 1.684 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse

2. Erstausbildungen im öffentlichen Dienst außerhalb des BBiG und derHWO:

a) Ausbildung in einem Beamtenverhältnis (Mittlerer und GehobenerDienst)

1997 4.554 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse1998 3.599 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse1999 4.322 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse

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b) Sowie sozialversicherungspflichtige Ausbildungsverhältnisse

1997 198 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse 1998 199 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse1999 198 neu abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse

Das Land leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung junger Men-schen in- und außerhalb des dualen Systems.

d) Welche Initiativen wurden zur Weiterentwicklung der beruflichen Orientie-rung innerhalb und außerhalb der Schulen ergriffen, um die individuelleBerufs- und Lebensplanung besonders von jungen Frauen nachhaltig zuunterstützen?

In Baden-Württemberg bestehen seit Jahren viele Maßnahmen zur Integra-tion junger Menschen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Die Weiterentwicklung der beruflichen Orientierung ist ein wichtiges Anlie-gen aller allgemein bildenden Schularten. Gemäß dem spezifischen Bil-dungsauftrag der einzelnen Schulart bezieht sich die Weiterentwicklung so-wohl auf die Formen und Strukturen der Organisation der Orientierungspro-zesses als auch auf inhaltliche Aspekte wie Änderung der Arbeitswelt etc.

Zu den Schularten im Einzelnen:

Hauptschulen

Neukonzeption der Berufswegeplanung in Hauptschulen:

Im Rahmen des Reformkonzepts IMPULSE Hauptschule wird aktuell dieBerufswegeplanung (Orientierung in Berufsfeldern – OiB) neu konzipiert. Esgeht insbesondere darum, den Schülerinnen und Schülern durch 3 Prakti-kumsphasen (Orientierungspraktikum, Wahlpraktikum und Erweiterungs-bzw. Vertiefungspraktikum) die betriebliche Realität noch näher zu bringenund ihnen damit die Berufswahl durch den umfassenderen Einblick in ver-schiedene Berufsfelder zu erleichtern. Die Praktika dauern in der Regel je eineWoche.

U. a. wird im Rahmen dieser Neukonzeption auch der Technikunterricht inBetriebe verlegt.

Damit sich Mädchen verstärkt mit der gesamten, in einer Region zur Verfü-gung stehenden Palette an Ausbildungsmöglichkeiten befassen, wird u. a. derHTW-Unterricht in Betriebe verlegt und die Maßnahme „Mädchen beratenMädchen“ durchgeführt.

Für die Betriebe verbessert sich damit die Chance, Auszubildende bereits imVorfeld ihrer Ausbildung besser, d. h. in ihrer Gesamtpersönlichkeit, kennenzu lernen.

In Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt wird im Schuljahr 2000/01die neue OiB – Konzeption in 8 Regionen des Landes erprobt.

In enger Verbindung mit der Neukonzeption der Berufswegeplanung in derHauptschule steht die Intensivierung gegenseitiger Kontakte zwischenHauptschullehrkräften und Ausbildungsleitern der Wirtschaft. Nach demMotto „Betriebe in die Hauptschule – Hauptschulen in Betriebe“ lernen diebeteiligten Personen die Möglichkeiten der allgemein bildenden Schule undder berufsbildenden Betriebe kennen.

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Praxiszug Hauptschule:

Der „Praxiszug Hauptschule“ ist ein Angebot der Schule, berufsspezifischeAnforderungen in der Realität kennen zu lernen. Er ist ein abgestimmtes Pro-jekt zwischen Schule und Betrieben. In der Regel besuchen die Schülerinnenund Schüler der Klasse 8 der Hauptschule, die nicht am Zusatzunterricht inden Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch teilnehmen, an einem gan-zen oder einem halben Tag in der Woche einen Betrieb. Je nach lokalen Be-dingungen sind ein ganzjähriges Angebot mit quartalsweisem Wechsel desBetriebs oder modifizierte Formen vorgesehen.

Diese Maßnahme ersetzt nicht die im Bildungsplan vorgesehene „Orientie-rung in Berufsfeldern“ (OiB), sondern ist ein zusätzliches berufspraxisorien-tiertes Angebot für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler derHauptschule.

Dieser intensive Kontakt mit der Berufswelt hat positive Rückwirkungen aufdie Einstellung der Schülerinnen und Schüler zum Lernen und zur Schuleinsgesamt und unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung. Lehrkräfte erhal-ten einen intensivierten Einblick in die Berufs- und Ausbildungswelt; betrieb-liche Ausbilder lernen die Hauptschularbeit besser kennen.

Durch diese Maßnahme wird auch – wie erste Erfahrungen zeigen – die Aus-bildungsbereitschaft von Betrieben für schwächere Jugendliche gefördert.

Realschulen

Zur Berufsorientierung an Realschulen, BORS, die theoretische und prakti-sche Anforderungen an die Realschülerinnen und Realschüler stellt, trägt ei-ne Vielzahl von Unterrichtsfächern exemplarisch Informationen über unter-schiedliche Berufe bei. Ein weiteres Ziel dieses fächerübergreifenden Unter-richtskonzepts (mit außerunterrichtlichen Veranstaltungen) ist es, dass dieSchülerinnen und Schüler lernen, sich selbst Informationen über ihre Berufs-wünsche zu beschaffen und auszuwerten. In einer einwöchigen Betriebs- undArbeitsplatzerkundung in Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungsbehördenoder Sozialeinrichtungen ermöglicht das eigene Tun und die konkrete An-schauung den Realschülerinnen und -schülern Einblicke und Erfahrungen indie Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialwelt sowie eine Orientierung für die Be-rufs- und Studienwahl. Ziel einer intensivierten Einbindung der Arbeitsver-waltung in BORS ist die bedarfsorientiertere und individuellere Informationder Schülerinnen und Schüler. Einzelne Elemente der Berufsorientierungwerden zunehmend von Klasse 9 in frühere Klassenstufen verlagert. DieseFlexibilisierung von BORS soll den individuellen Berufsorientierungsprozessder Schülerin/des Schülers längerfristig fördern, begleiten und die Eigenver-antwortung dafür stärken. In allen Elementen von BORS wird die Bedeutungvon Ausbildung und lebenslangem Lernen betont und geschlechtsspezifi-sches Berufswahlverhalten reflektiert.

Um Mädchen in den naturwissenschaftlich-technischen Unterrichtsfächerneffektiver zu fördern, wird im Schuljahr 1999/2000 an einzelnen Erprobungs-schulen der Physik- und Chemieunterricht sowie die InformationstechnischeGrundbildung in den Klassen 5 bis 9 monoedukativ erteilt.

Sonderschulen

Inhalte und Ziele der Berufs- und Lebensvorbereitung sind integrierte Be-standteile des gesamten Unterrichts in der Oberstufe der Förderschule. „Vor-bereitung auf Beruf und Leben“ ist im Bildungsplan der Förderschule als be-sondere Unterrichtsform und als besonderer Unterrichtsbereich (Themen-

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schwerpunkt) ausgewiesen und in der Stundentafel verankert. Neben den be-kannten Formen der Berufsorientierung haben die Schulen im Rahmen derWeiterentwicklung der Oberstufenkonzeption das praktische Lernen ver-stärkt. In enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft, Berufsvorbe-reitenden Einrichtungen, der Arbeitsverwaltung, aber auch mit Künstlern,Vereinen, Familien, Sozialen Einrichtungen, Dienstleistungsunternehmenund Behörden, werden auf diesem Weg zunehmend mehr für die Schüler be-deutsame Anforderungen entwickelt, die eine Vorbereitung auf Beruf und Le-ben erleichtern. Beratungs- und Unterstützungsangebote außerschulischerPartner werden in diesem Zusammenhang mit erschlossen und genutzt.

Darüber hinaus werden im Unterricht an Förderschulen, der sich in erster Li-nie am Förderbedarf und den Fördervoraussetzungen der einzelnen Schülerinund des einzelnen Schülers orientiert, vielfach auch jungen- und mädchen-spezifische Angebote im berufswahlvorbereitenden Unterricht zusammen mitTrägern der Jugendberufshilfe gemacht.

Sonderschulen, die die Bildungsgänge der allgemeinen Schulen führen,orientieren sich in allen Fragen der beruflichen Orientierung an den entspre-chenden Konzepten dieser Schulen.

Gymnasien

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat eine Arbeitsgruppe ausSchulpraktikern, Vertretern des Hochschulsektors, der Wirtschaft und der Ar-beitsverwaltung am Landesinstitut für Erziehung und Unterricht eingerichtetmit dem Auftrag, die Konzeption zur Berufs- und Studienorientierung amGymnasium, die seit 1995 in Kraft ist, weiterzuentwickeln. Dabei wurden dieEntwicklungen des Arbeitsmarktes und der Berufswelt einbezogen. Die neueKonzeption, die im Schuljahr 2000/01 flächendeckend in Fortbildungsveran-staltungen multipliziert wird, bietet eine Fülle von methodischen und inhalt-lichen Anregungen zur Verbesserung der Berufs- und Studienorientierung.Das Konzept wird unterstützt durch Angebote in den neuen Medien(www.bogy.de) und Materialien für Schülerinnen und Schüler (BOGY-Kom-pass) und Betriebe (Handreichungen). Ein spezielles Modul der Lehrerhand-reichungen befasst sich mit der Frage der Berufswahl von Frauen und Mäd-chen.

Diese Konzeption umfasst insbesondere folgende Aspekte:

– Bessere Einbindung der Berufs- und Studienorientierung in den Schulalltagdurch verstärkte Anbindung an Fächer und fächerverbindende Projekte(z.B. Seminarkurs)

– Nutzung von BOGY für methodische, soziale und personale Kompetenz-vermittlung

– Verdeutlichung des Prozesscharakters der Berufs- und Studienorientierungüber mehrere Schuljahre durch modularen Aufbau der Konzeption

– Verknüpfung der BOGY-Konzeption mit den neuen Medien

– neue Aspekte der Studienorientierung (Projekt zielorientiertes Studium)

– Aktualisierung beruflicher Entwicklungen mittels Datenangeboten ineinem umfangreichen Serviceangebot im Internet (www.bogy.de)

– geschlechtstypische Fragen der Berufswahl („Frauen in Ingenieurberufen“)Berücksichtigung des internationalen Aspekts bei (Euro-BOGY)

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– Berücksichtigung des Aspekts berufliche Selbstständigkeit (Planspiel Exi-stenzgründung)

Projekt Jugendberufshelfer

Durch das Projekt Jugendberufshelfer in Baden-Württemberg wird vom Kul-tusministerium zusammen mit den Stadt- und Landkreisen, der Arbeitsver-waltung und dem Sozialministerium das Angebot qualitativ erweitert. ImVordergrund steht die Vernetzung passender Maßnahmen zur Begleitung derJugendlichen auf dem teilweise schwierigen Wegstück zwischen der Schuleund der Arbeitswelt, auf dem sie bei der Übernahme der Verantwortung fürdie eigene Existenz- und Lebensplanung sowie der Aufnahme eines Ausbil-dungs- oder Beschäftigungsverhältnisses unterstützt werden sollen. Dabeisetzt das Projekt Jugendberufshelfer direkt und konkret beim Jugendlichenan.

Die im Projekt Jugendberufshelfer mitarbeitenden Personen sollen sich alsSpezialisten, begleitet durch den Arbeitskreis, intensiv und vornehmlich aufdie Unterstützung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler konzen-trieren. Im Sinne einer treibenden und koordinierenden Kraft stellen sie eineaktive Begleitung Jugendlicher beim Übergang von der Schule in die Arbeits-welt sicher. Dabei werden, falls erforderlich, besondere Angebote für dieUnterstützung junger Frauen und Schülerinnen in die ausgewählten Maßnah-men integriert.

Seit September 1999 wurden insgesamt 48 Projekte Jugendberufshelfer inBaden-Württemberg initiiert. Weitere 12 Projekte können für das Schuljahr2001/2002 bewilligt werden.

Zur Finanzierung weiterer Projekte kommen auch Mittel aus dem Europäi-schen Sozialfonds in Betracht. Der Europäische Sozialfonds als Instrumenteiner präventiven Beschäftigungspolitik fördert verstärkt Maßnahmen amÜbergang von der Schule in Ausbildung und Beruf. (Weitere Informationenunter www.projekt-jugendberufshelfer.de.)

Projekt „Next Generation – Qualifizierung im Beruf, Orientierung inder Arbeitswelt

Das Ministerium Ländlicher Raum und die Europäische Union (EuropäischerSozialfonds) fördern das Projekt „Next Generation – Qualifizierung im Be-ruf, Orientierung in der Arbeitswelt“ des Bundes der Landjugend Württem-berg-Hohenzollern im Zeitraum Mai 1999 bis Dezember 2000 mit insgesamt120.000 DM: Im Rahmen des Projekts erfahren Jugendliche/junge Erwachse-ne in den strukturschwachen Regionen der Landkreise Alb-Donau, Biberachund Sigmaringen im Übergang Schule–Beruf konkrete Hilfestellung undFortbildung. Das Projekt gliedert sich in die Projektteile Orientierung in derArbeitswelt und Qualifizierung im Beruf.

Jugendarbeit

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat Förderprogramme zur In-tegration ausländischer Jugendlicher, zur Kooperation Jugendarbeit – Schulesowie zur internationalen Jugendbegegnung eingerichtet.

Diese Förderprogramme verfolgen u.a. den Zweck Jugendliche beim Über-gang von der Schule in den Beruf zu unterstützen. Im Rahmen dieser Pro-gramme werden Maßnahmen und Projekte gefördert, die die Ausbildungsrei-fe junger Menschen sowie ihre Persönlichkeitsentwicklung fördern, Schlüs-selqualifikationen vermitteln und Hilfestellung bei der Suche einer Ausbil-

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dungsstelle leisten. Zahlreiche Projekte und Maßnahmen widmen sich be-sonders den Belangen und den spezifischen Problemstellungen junger Frau-en. Beispielsweise gibt es Angebote der offenen Jugendarbeit für ausländi-sche Mädchen, die helfen sollen, ihr Berufswahlspektrum zu erweitern.

Zu den Aufgabenstellungen der Jugendagenturen, die im Zuge der Umset-zung der Handlungsempfehlungen der Enquetekommission landesweit einge-richtet werden sollen, gehört auch der Ausbau von Beratungsangeboten so-wie die Unterstützung von Jugendlichen beim Übergang von der Schule inden Beruf.

Fördermöglichkeiten ergeben sich auch hier aus dem Europäischen Sozial-fonds, für Projekte im Bereich der Jugendarbeit, die mit Hilfe eines präventi-ven Ansatzes zur Vorbeugung gegen Jugendarbeitslosigkeit sowie deren Be-kämpfung beitragen. Dies gilt für Integrationsmaßnahmen und Maßnahmenmit geschlechtsspezifischer Zielrichtung ebenso wie für Maßnahmen der in-dividuellen Orientierung und Begleitung (z.B. Jugendagenturen).

Wirtschaftsministerium

Das Wirtschaftsministerium ist in diesem Bereich mit flankierenden Maßnah-men aktiv, bspw. durch die Aktion „Unternehmer an die Schulen“, durch dieBezuschussung der Veranstaltung „Ein Link in die Zukunft – IT-Berufe fürM@dchen“ am 14. Juli 2000 in der Hochschule für Technik – Fachhochschu-le Stuttgart oder durch den für den 15. November 2000 in Mannheim geplan-ten Kongress „Schule trifft Wirtschaft“.

Einer der Schwerpunkte der 8 Kontaktstellen „Frau und Beruf“ in Baden-Württemberg ist auch die Berufswegplanung für Mädchen und junge Frauen.Dabei werden Frauen und Mädchen ermutigt, ihre beruflichen Wünsche indie Tat umzusetzen. Hierzu ist ein ganzheitlicher Beratungsansatz erforder-lich, denn Fragen der Partnerschaft oder Familiengründung nehmen bei derLebensplanung von Frauen viel Raum ein. Um junge Frauen möglichst frühzu erreichen, referieren die Mitarbeiterinnen der Kontaktstellen in Schulenoder bieten bspw. Studentinnen Seminare zum Thema gezielte Arbeitsplatz-suche an. Ein Beratungs- und Seminarangebot zur Berufswegplanung exis-tiert ebenfalls für solche junge Frauen, die beruflich unzufrieden sind undsich in der Sackgasse fühlen.

Die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ bieten z.B. an:

– Projekttage zur Berufsfindung für Mädchen

– Weiterbildung für Multiplikatorinnen in der Jugendhilfe

– Beratung und Seminare zur beruflichen Neuorientierung

– Entscheidungsfindung für Akademikerinnen.

Die Kontaktstellen in Ludwigsburg, Konstanz und Ravensburg haben in denletzten Jahren zum Schwerpunkt Berufsorientierung folgende konkrete Maß-nahmen durchgeführt:

– Jugendkonferenz im Rahmen der Regionalen Jugendinitiativen: Es wurdeam 7. Juli 1999 im Landratsamt Ludwigsburg ein Workshop für 30 Mäd-chen mit dem Titel: „Wer die Wahl hat, hat die Qual?“ durchgeführt.

– Multiplikatorinnenseminar: Nachdem die Beratungsstelle Frau und Berufseit 4 Jahren an 5 Hauptschulen in Stadt und Kreis Ludwigsburg Veranstal-

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tungen zur Berufsorientierung im Spannungsfeld von Berufs- und Lebens-wegplanung durchgeführt hat, konnte die Jugendarbeit des Landkreises fürdieses Thema gewonnen werden. In Zusammenarbeit mit der Kreisjugend-pflege Ludwigsburg wurde ein Fachtag zum Thema „Mädchen – Lebens-planung und Berufsfindung“ für Mitarbeiterinnen aus Jugendhäusern ange-boten.

– Berufsorientierung und Lebensplanung: Es wurden z.B. Veranstaltungenzur Berufsorientierung von Hauptschülerinnen in Ludwigsburg durchge-führt.

– Workshop für Jugendberufshelferinnen und Jugendberufshelfer aus Stadtund Kreis Ludwigsburg: Durch eine Vormittagsveranstaltung erhielten dieBerufshelferinnen und Berufshelfer der Stadt Ludwigsburg einen Einblickin die verschiedenen Möglichkeiten und Methoden der Arbeit mit Mädchenzum Thema Berufsfindung.

– Broschüre: „Wir werden was wir wollen“. Eine Broschüre für Mädchenrundete die Veranstaltungen zum Thema Berufsorientierung ab. Damit soll-te ein Beitrag dazu geleistet werden, das Berufswahlspektrum von Haupt-schul- und Realschulabgängerinnen zu erweitern.

– Berufsorientierungstag: Im Jahr 2000 wird in Konstanz zum zweiten Malein Berufsorientierungstag in 11 sog. „frauenuntypischen“ Handwerksberu-fen durchgeführt.

– In Ravensburg erhielten 1999 8 Berufsschulklassen (Schwerpunkt: Erzie-herinnen) Informationen und Tipps zur Bewerbung und Fortbildungsmög-lichkeiten nach dem Berufsabschluss.

– Ein Mädchen-Technik-Tag als Kooperationsveranstaltung mit der IHK Bo-densee-Oberschwaben wurde dieses Jahr erstmals durchgeführt.

– Darüber hinaus werden regelmäßig Projekttage in Schulen durchgeführt.Die Projekttage sollen Schülerinnen dazu ermutigen, ihre Lebens- und Be-rufsplanung selbst in die Hand zu nehmen, wobei die Kontaktstelle bera-tend zur Seite steht.

Zur beruflichen Orientierung dienen auch Lehrstellenbörsen und Ausbil-dungsmessen. Im März 2000 haben bspw. die Azubi-Tage in Stuttgart imHaus der Wirtschaft stattgefunden.

Darüber hinaus hat sich das Wirtschaftsministerium auch finanziell an der Er-stellung von Materialien für eine im SWR ausgestrahlte Sendereihe „Wissen,wo’s lang geht“ beteiligt. Dies ist eine Sendereihe zur Berufsfindung in ver-schiedenen Berufsfeldern (bspw. HOGA, Metall, Elektronik usw.).

e) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um bestehende Bildungspläne undAusbildungsinhalte zu aktualisieren und wie werden diese verändert?

Hauptschulen

Das Reformkonzept IMPULSE Hauptschule wird abgerundet durch die An-passung des Bildungsplanes Hauptschule (Kernpunkt 4 des ReformkonzeptsIMPULSE Hauptschule). Dazu werden neben verbindlichen Kernmodulen,die den landesweiten Qualitätsstandard sichern und unabdingbar für das er-folgreiche Ablegen der Hauptschulabschlussprüfung in Klasse 9 und Klas-se 10 sind, Wahlmodule ausgewiesen.

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Die Wahlmodule ergänzen und vertiefen die Kernmodule, dienen der nach-haltigen Förderung schwacher Schülerinnen und Schüler und erlauben gutenund sehr guten Hauptschülerinnen und -schülern, sich intensiv mit weiterge-henden Bildungsplaninhalten zu befassen.

Die Anpassung des Bildungsplans soll den Schulen mehr Flexibilität geben,um das Angebot passgenau auf die einzelnen Schülergruppen, die Bedingun-gen vor Ort und das schulische Profil abzustimmen.

Bezüglich der Förderung der Schlüsselqualifikationen wird im Bereich derHauptschule auf die Projektprüfungen, die im Prüfungsjahr im Rahmen desReformkonzepts an 283 Hauptschulen durchgeführt wird, verwiesen. Pro-jektprüfungen messen die Sach-, die Methoden- und die Sozialkompetenz(Teamfähigkeit) der Hauptschülerinnen und Hauptschüler. Gegenstand derBewertung ist die Planung, die Durchführung und die Präsentation eines Pro-jekts im Rahmen eines abschließenden Expertengesprächs.

Die verbindliche Einführung der Projektprüfungen im Hauptschulbereich imPrüfungsjahr 2002 bedingt die konkrete Umstellung des Hauptschulunter-richts auf Projektarbeit, was sich im angepassten Bildungsplan der Haupt-schule widerspiegeln wird.

Mit Blick auf die Kooperation ist zu bemerken, dass das Reformkonzept IM-PULSE Hauptschule im Kernpunkt 2 „Erfolg in der Hauptschule“, Teilpro-jekt 3 „Intensivierung der Kooperation mit außerschulischen Partnern“ hier-auf einen Schwerpunkt legte.

Realschulen

Die Berufsorientierung an Realschulen, BORS, stellt theoretische und prakti-sche Anforderungen an die Realschülerinnen und Realschüler. Sie erhalten inden Fächern Gemeinschaftskunde, Religionslehre, Deutsch, Mathematik, Na-tur und Technik, Mensch und Umwelt u.a. exemplarisch Informationen überunterschiedliche Berufe. Die betreffenden Lehrerinnen und Lehrer erstellenfür diesen Themenbereich ein gemeinsames Unterrichtskonzept. Die Real-schülerinnen und Realschüler lernen, sich selbst Informationen über ihre Be-rufswünsche zu beschaffen und auszuwerten. Auf die Berufserkundung undauf das Bewerbungsverfahren werden sie ebenfalls im Unterricht und inaußerunterrichtlichen Veranstaltungen vorbereitet.

Teil der Berufsorientierung in der Realschule ist eine einwöchige Betriebs-und Arbeitsplatzerkundung in Klasse 9. Hier gewinnen die Realschülerinnenund -schüler eigene Erfahrungen mit der Arbeits- und Berufswelt. Sie ver-bringen (bis zu) fünf ganze Arbeitstage an einem Arbeitsplatz oder auch inverschiedenen Abteilungen in Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungsbehör-den oder Sozialeinrichtungen. Sie erleben den Arbeitsalltag und es ist das ei-gene Tun und die unmittelbare Anschauung, die ihnen Einblicke und Erfah-rungen in die Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialwelt sowie eine Orientierungfür die Berufs- und Studienwahl ermöglicht.

Gezielte Fragestellungen ergeben sich aus Zielen der Lehrplaneinheit 9.1„Berufsorientierung in der Realschule“ des Faches Gemeinschaftskunde undden dort aufgeführten Bezügen zu den o.g. Fächern. Die individuelle Aus-wahl der Fragestellungen für die Erkundung hängt wesentlich von den jewei-ligen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des Betriebs ab. Die Erkun-dungen tragen in der Regel auch dazu bei, dass die Schülerinnen und Schülerdurch Einsicht in die Notwendigkeit bestimmter Kenntnisse, Fähigkeiten,Fertigkeiten und Qualifikationsnachweise zusätzliche Motivation für dieschulische Arbeit gewinnen.

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Die Berufsorientierung stellt für die Realschule ein besonderes Innovations-feld mit dem Leitsatz „Realschule und Arbeitswelt als Thema der gesamtenSchulgemeinde“ dar. Es besteht aus den folgenden Bausteinen:

– Aktiver Informationsaustausch zwischen Realschulen und örtlichen Betrie-ben:

Schule und Betrieb informieren sich gegenseitig über ihr aktuelles Bil-dungs- und Ausbildungsprogramm sowie über veränderte Rahmenbedin-gungen.

– Regionalen Kooperationen/Partnerschaften zwischen Realschulen und ört-lichen Betrieben:

Die zahlreichen regionalen Kooperationen und Partnerschaften von Real-schulen mit Betrieben finden ganz unterschiedliche Formen: Lehrer- sowieSchülertrainingsmaßnahmen durch Ausbildungsleiter; Hospitation vonAusbildungsleitern im Realschulunterricht, die Gestaltung PädagogischerTage in Betrieben oder unter Beteiligung von betrieblichen Experten; dasKonzept „Berufe live im Klassenzimmer“ gehören dazu. Die Arbeitsge-meinschaften Schule/Wirtschaft leisten hierzu ebenfalls ihren Beitrag.

– Einbindung der Arbeitsverwaltung – neue Medien, neue Berufsbilder:

Ziel einer noch stärkeren Vernetzung von Realschule und Arbeitsverwal-tung ist es, die Schülerinnen und Schüler bedarfsorientierter und indivi-dueller zu informieren. Die einzelne Realschule wählt dabei im Gesprächmit der Berufsberatung die für sie relevanten Angebote der Dienstleis-tungspalette der Arbeitsverwaltung aus. Wechselseitige Information erhöhtdie Effizienz von Berufsorientierung und -beratung im Sinne der Schüle-rinnen und Schüler.

– Lehrerbetriebspraktika/Schulleiter-Wirtschaftsvolontariate:

Realschullehrerinnen und -lehrer sowie Schulleiterinnen und Schulleitererfahren in einem bis zu zweiwöchigen Betriebspraktikum ihrer Wahl,welchen aktuellen Bedingungen und Veränderungen die Arbeits- und Be-rufswelt unterworfen ist. Auf dem Hintergrund dieser eigenen Anschauungund Erfahrung bereiten sie ihre Schülerinnen und Schüler gezielter auf dieChancen und Anforderungen vor, die sich ihnen im Anschluss an die Real-schule stellen.

– Einbindung ehemaliger Realschülerinnen und Realschüler:

In den unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Maßnahmen zur Berufs-orientierung können ehemalige Realschülerinnen und Realschüler einenwesentlichen Beitrag leisten, wenn sie sich beispielsweise in der beruf-lichen oder schulischen Ausbildung befinden oder nach Ausbildungsendeerst vor Kurzem in das Arbeitsleben eingetreten sind. Ihre Erfahrungsbe-richte und Stellungnahmen überzeugen die nur wenige Jahre jüngerenSchülerinnen und Schüler oft mehr als die Beiträge von Lehrkräften, Be-rufsberatern und Eltern. Gleichzeitig kann die Schule aus den Rückmel-dungen der Ehemaligen wichtige Rückschlüsse auf die Stärken undSchwächen ihrer Arbeit ziehen.

– Flexibilisierung von BORS:

Elemente der o.g. Vorbereitung der Realschülerinnen und Realschüler aufdie Arbeits- und Berufwelt, wie sie im Bildungsplan festgeschrieben ist,

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werden zunehmend von Klasse 9 in frühere Klassenstufen verlagert, wobeidas einwöchige Betriebspraktikum nach wie vor in Klasse 9 liegt. DieseFlexibilisierung von BORS soll den individuellen Berufsorientierungspro-zess der Schülerin/des Schülers längerfristig fördern, begleiten und die Eigenverantwortung dafür stärken.

– Themenorientiertes Projekt „Wirtschaften, Verwalten und Recht in der Re-alschule“:

Das themenorientierte Projekt „Wirtschaften, Verwalten und Recht“ (TOPWVR) in der Realschule befindet sich im vierten Jahr der Entwicklung undErprobung.

An nahezu allen 427 öffentlichen Realschulen bereiten sich Realschülerin-nen und Realschüler in diesem Schuljahr durch unmittelbare Anschauungund Erfahrung auf die Lebens- und Berufswelt, auf die Anforderungen, diesich ihnen im Anschluss an die Realschule beruflich, schulisch, gesell-schaftlich und privat stellen, vor.

TOP WVR ist Lernen im Projekt, in das – je nach Themenwahl – ganzunterschiedliche Fächer ihre Unterrichtszeit und -inhalte einbringen (Klas-senstufen 7–10). Die Vielfalt der Themen (kaufmännische, technische, so-ziale, musisch-ästhetische u.a.) und Projektwege ist immens. Typisch füralle Projekte ist eine intensive Kooperation mit Eltern, lokalem Umfeld,Wirtschaftspartnern, Behörden und ehemaligen Schülerinnen und Schü-lern. Die Schülerinnen und Schüler konsumieren hier nicht Schule, son-dern schaffen Reales. Es gilt ein hohes Maß an Schülerbeteiligung (ange-fangen bei der Themenfindung), an Eigentätigkeit und Selbstständigkeit,an Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft der Jugendlichen. Dabeiist TOP WVR kein „Sahnehäubchen“, denn die WVR-Projekte erwachsendem Pflichtunterricht unter Beteiligung der gesamten Schulklasse.

TOP WVR geht im Schuljahr 2000/2001 in das fünfte und letzte Jahr derErprobung und Weiterentwicklung, um 2001/2002 Regelangebot an allenbaden-württembergischen Realschulen zu werden.

Förderschulen

Auf der Basis des themenorientierten Bildungsplanes der Förderschule erstel-len die Lehrkräfte örtliche Lehrpläne. Sie begründen und überprüfen hierbeiihre inhaltlichen Entscheidungen jeweils unter Bezug auf die Lernvorausset-zungen der Schüler. Den Grundsätzen der Unterrichtsgestaltung der Förder-schule entspricht es hierbei, dass an unterschiedlichen Lernorten Kompeten-zen erworben und Fähigkeiten entwickelt werden, damit sich die Arbeits- undOrientierungsfähigkeiten, wie sie für die Bewährung im Arbeitsleben vonBedeutung sind, verbessern.

– Vermittlung des Lebens- und Berufsalltags in der Schule

Im Rahmen der Weiterentwicklung der Oberstufenkonzeption der Förder-schule geht es um eine Ausdifferenzierung und Konkretisierung der imBildungsplan verankerten besonderen Unterrichtsform und des besonde-ren Unterrichtsbereichs „Vorbereitung auf Beruf und Leben“. Dieser Ent-wicklungsprozess der Schulen wird seitens der Verwaltung durch Fachta-gungen, Fortbildungsveranstaltungen und Handreichungen unterstützt. In-halte und Ziele der Berufs- und Lebensvorbereitung sind integrierte Be-standteile des gesamten Unterrichts in der Oberstufe. Die Schülerinnenund Schüler werden in lebensbedeutsame Situationen gestellt, damit ihrePlanungs- und Handlungsfähigkeit sich systematisch erweitert. In Verbin-

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dung mit verschiedenen Praktika gewinnen die Schülerinnen und SchülerEinblick in die Anforderungen der Berufswelt und damit auch Hilfen zurEinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Neben die berufliche Orien-tierung treten Angebote der Lebensvorbereitung aus den Bereichen Part-nerschaft, Freizeit, Gesundheit, Umwelt und Öffentlichkeit. Das Ziel desUnterrichts ist es den Schülern durch die Auseinandersetzung mit außer-schulischen Fragestellungen Hilfen für die persönliche Weiterentwicklungzu geben, wie sie für die Bewährung im Arbeitsleben von Bedeutung sind.

– Praktika im Berufswahlunterricht

Die Förderschulen des Landes führen im Berufswahlunterricht zahlreichePraktika durch. Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Ober-stufenkonzeption sind die Schulen dazu übergegangen, einen so genanntenPraxistag einzuführen und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, berufs-vorbereitenden Einrichtungen, der Arbeitsverwaltung und den beruflichenSchulen noch weiter auszubauen.

– Mitwirkung von Auszubildenden und Ausbildern im berufsorientierendenUnterricht

Die Mitwirkung von Auszubildenden und Ausbilderinnen und Ausbildernim Rahmen der Berufsorientierung ist im Unterricht der Förderschuleselbstverständlich.

– Arbeitskreise

Für den Bereich der Förderschulen wurden auf der Basis einer gemeinsa-men Empfehlung der Arbeitsverwaltung und des Kultusministeriums Ar-beitskreise auf der Ebene der Arbeitsämter eingerichtet, in denen Vertreterder Arbeitsverwaltung, der Beruflichen Schulen (BVJ) und der Förder-schulen eng zusammenarbeiten und sich abstimmen. In den Arbeitskreisengeht es u.a. um Übergabegespräche, die Einrichtung neuer Ausbildungs-gänge sowie um die Abstimmung bezüglich der Zusammenarbeit bei derKlärung von Anschlussfragen für einzelne Schülerinnen und Schüler. Inzahlreichen Arbeitskreisen des Landes nehmen Fachkräfte der Jugendsozi-alarbeit bzw. Vertreter des allgemeinen sozialen Dienstes der Jugendämterteil. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Oberstufenkonzeption wurdedie Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe als wichtiger Entwicklungsbau-stein herausgestellt.

Gymnasien

Anlässlich der Revision und der Neuentwicklung von Lehrplänen für die all-gemein bildenden Gymnasien ist die Überprüfung der Inhalte grundlegend.Aktuell kann hier auf die Lehrpläne der Kursstufe verwiesen werden, die zur-zeit erarbeitet werden. Die Kommissionen erhielten den Auftrag, die Stofffül-le zu reduzieren und auf das grundlegend Notwendige zu konzentrieren.Gleichzeitig wird der methodische Bereich einschließlich der Vermittlungvon Schlüsselqualifikationen gestärkt. Inhalte treten zu Gunsten der Ein-übung von Methoden des Lernens und Arbeitens zurück. Statt der Agglome-ration von Faktenwissen soll exemplarisches Wissen und die Fähigkeit zumschnellen selbstständigen Wissenserwerb gestärkt werden. Zur Förderung derNachhaltigkeit des Wissens und Könnens sind moderne Lernarrangements,Vielfalt und Mehrkanalität der Vermittlung von wachsender Bedeutung. Demwerden die neuen Lehrpläne Rechnung tragen. Ebenso ist bei jeder Revisiondie Überprüfung der fachwissenschaftlichen Aktualität und Gültigkeit sowieder beruflichen Relevanz einzubeziehen.

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Im Zuge der Reform der gymnasialen Kursstufe werden zurzeit die Lehrplä-ne neu gestaltet. Im Schuljahr 2000/01 werden diese zur offiziellen Anhörungin den Gremien gebracht. Darüber hinaus werden die Lehrpläne auch für dieSekundarstufe I reformiert werden, die umfangreiche Evaluation der beste-henden Lehrpläne wird zu diesem Zweck im begonnenen Schuljahr durchge-führt werden.

Zum Weiteren siehe oben I. d.

Berufliche Schulen

Bei den heutigen Anforderungen der Wirtschaft an ihre Beschäftigten spieltdie Handlungsorientierung mit dem Ziel der Förderung von Handlungskom-petenz eine zentrale Rolle. Deshalb werden bei der Revision und Erstellungneuer Lehrpläne kontinuierlich die Inhalte aktualisiert bei gleichzeitig ver-stärkter Berücksichtigung des Aspekts der Handlungsorientierung. Durch ei-ne entsprechende Reduzierung der Stofffülle in allen Fächern ist ein Freiraum– im Umfang von bis zu einem Sechstel der Netto-Unterrichtszeit – geschaf-fen worden für „Handlungsorientierte Themenbearbeitung“ (HOT).

Exemplarisch wird im Folgenden auf die Veränderungen im Teil- und Voll-zeitbereich der beruflichen Schulen eingegangen, mit denen der Empfehlungnachgekommen wird:

– Berufsschule:

In 13 neuen bzw. neugeordneten Ausbildungsberufen wird ab August 2000zum ersten Mal ausgebildet. Die Anzahl der seit 1996 neuen und neuge-ordneten Berufe erhöht sich damit auf 33 neue und 109 neugeordnete Be-rufe. Die Modernisierung des dualen Ausbildungssystems wird auch in dennächsten Jahren fortgesetzt werden.

Die Umsetzung der neuen und neugeordneten Berufe erfolgte auf zweiEbenen. Um den neuen inhaltlichen Anforderungen gerecht zu werden,wurde die Umsetzung in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern durch-geführt. Hierzu diente deren Einbeziehung in die Landeslehrplanarbeitbzw. Umsetzungsarbeit und die konkrete Abstimmung zwischen Betriebenund Schule vor Ort (Lernortkooperation).

Im Bereich der Berufsschule wurden einige Maßnahmen weiterentwickelt,bzw. neu eingeführt:

– Verstärkter Einsatz des gerätebezogenen Unterrichts, z.B. im Computer-oder Laborunterricht.

– Ausbau handlungsorientierter Unterrichtsformen wie die „Handlungs-orientierte Themenbearbeitung“ (HOT) und der „berufsorientierte Projekt-unterricht“ (BOP).

– Erprobung der Lernfelder in ihrer Orientierung an beruflichen Handlungs-abläufen als neue Lehrplanstruktur für den fachtheoretischen Bereich.

– Förderung der Lernortkooperation:

Praxisorientierter Unterricht gelingt umso besser, je präziser die aktuel-len Ausbildungs- und Lerninhalte an den unterschiedlichen Lernortenaufeinander abgestimmt sind. Der hierfür notwendige Informationsflusszwischen allen an der Berufsausbildung Beteiligten hängt weitgehendvon den jeweiligen Rahmenbedingungen vor Ort ab.

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Zur Intensivierung der Lernortkooperation hat das Kultusministeriumdeshalb landesweit Lernortkooperationsberater eingesetzt, die in Zu-sammenarbeit mit den Kammern die Berufsschulen und Ausbildungsbe-triebe beraten und unterstützen. An der staatlichen Akademie für Leh-rerfortbildung in Esslingen werden bedarfsspezifisch, individuell ange-passte Fortbildungen zur Intensivierung der Lernortkooperation ange-boten (Zeller Modell). Auch an dem neuen Versuchsprogramm „Koope-ration der Lernorte in der beruflichen Bildung“ der Bund-Länder-Kom-mission beteiligt sich Baden-Württemberg mit einem Modellversuchzur Lernortkooperation im Handwerk.

– Berufliche Gymnasien:

Immer mehr berufliche Gymnasien bieten mit Erfolg Seminarkurse an, indenen Schülerinnen und Schüler eine besondere Lernleistung erarbeitenkönnen. Die festgestellten Leistungen werden in die Abiturprüfung einge-bracht. Seminarkurse bieten Schulen und Schülern einen großen Freiraumfür selbstorganisiertes Lernen:

– Lernen ohne Lehrplan – Die Schulen bestimmen das Rahmenthemaselbst.

– Lehrerinnen und Lehrer werden zu Moderatorinnen und Moderatoren.Sie betreuen überwiegend Lernprozesse, die von den Schülerinnen undSchülern zunehmend selbst organisiert und verantwortet werden.

– Die Einführung neuer Formen der Leistungsmessung bei der Dokumen-tation, im Kolloquium und bei der Präsentation.

– Berufsoberschule (Wirtschaftsoberschule, Technische Oberschule):

Es wurde eine verpflichtende Projektarbeit eingeführt, die sich an der je-weiligen Fachrichtung (Wirtschaft, Technik) orientiert und fächerübergrei-fend angelegt ist. Im Rahmen der Projektarbeit bietet sich den Schülerin-nen und Schülern ein großer Freiraum für selbstorganisiertes Lernen. Erwird durch neue Formen der Leistungsmessung bei der Dokumentation er-gänzt.

– Berufskollegs:

Die Zusatzprogramme zum Erwerb der Fachhochschulreife wurden an dieanderen Berufskollegs angepasst.

Im Hinblick auf die zwei- und dreijährigen gewerblich-technischen Be-rufskollegs sollen die Lehrpläne für den fachtheoretischen und fachprakti-schen Bereich in Kürze aktualisiert werden. Die Durchführung einer Pro-jektarbeit wird an einigen Berufskollegs bereits erfolgreich erprobt; es istvorgesehen, diese auch in weiteren Fachrichtungen einzuführen.

In den beruflichen Schulen nimmt die Vermittlung des Lebens- und Berufs-alltags sowie das Erarbeiten der Grundlagen für eine Reaktion auf zukünftigeEntwicklungen eine zentrale Stelle ein.

Da im beruflichen Teilzeitbereich eine Orientierung an der Lebens- und Be-rufswelt von vorneherein angelegt ist, ist die Weiterentwicklung besondersim Bereich der beruflichen Vollzeitschulen zu betrachten. Hier wird verstärktdie Integration schulpraktischer Elemente und Betriebspraktika vorange-bracht, um die von der Wirtschaft geforderte Praxisnähe und die Lernsitua-tion am Arbeitsplatz zu gewährleisten.

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Für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler mit mindestens mittleremBildungsabschluss gibt es u.a. das „Kaufmännische Berufskolleg mitÜbungsfirma“ (fiktives Handelsunternehmen zur Praxissimulation). Hierkönnen reale Geschäftsabläufe eingeübt und in einem virtuellen, aus anderenÜbungsfirmen bestehenden Netz umgesetzt werden.

Im Bereich der beruflichen Schulen besteht ein guter Kontakt zwischen denSchulen und der Wirtschaft über einen regen Austausch zwischen den Arbeit-gebern und den Schulen. Dennoch wurden Konzepte entwickelt, die diesenKontakt und Austausch zu einem beruflichen Informationsfluss kanalisierenund optimieren.

Einer dieser Ansätze ist die Förderung der Lernortkooperation zur Verbesse-rung des Ausbildungserfolgs durch eine enge Zusammenarbeit der beidenLernorte Schule und Betrieb.

Für die Vorbereitung insbesondere Jugendlicher mit Lern- und Leistungspro-blemen auf Beruf und Leben trat beispielsweise im Juni 1998 eine neue Ver-ordnung für das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) in Kraft. Vorrangiges Ziel istdabei die Förderung der Berufsorientierung.

Seither können die Schülerinnen und Schüler des BVJ im Rahmen des Be-triebspraktikums direkt in Kontakt mit Auszubildenden und Ausbildern tre-ten. Außerdem gewinnen sie durch die Tätigkeit in den Betrieben selbstrealistische Einblicke in die jeweiligen Ausbildungsberufe.

Einer weiterer Ansatz vor allem für leistungsschwächere und sozial benach-teiligte Schülerinnen und Schüler ist der Arbeitskreis des Projekts Jugendbe-rufshelfer. Er ergänzt bspw. die bestehenden Arbeitskreise Schule/Wirtschaftdurch die grundsätzliche Einbeziehung aller Beteiligten an der Begleitunginsbesondere Leistungsschwächere beim Übergang von der Schule in die Ar-beitswelt. An ihm können Vertreter des Arbeitsamtes, der Städte und Land-kreise, der Gewerkschaften, der Unternehmen, der Schulen u. a. teilnehmen.

Ausbildungsordnungen

Die Aktualisierung bestehender Ausbildungsordnungen ist Aufgabe des Bun-des. Sie werden unter Federführung des Bundesinstituts für Berufsbildunggemeinsam mit den Sachverständigen der Arbeitgeber und Gewerkschaftenentwickelt und vom zuständigen Bundesminister erlassen.

Zwischen 1996 und 2000 kam es zur Modernisierung von insgesamt 109 be-stehenden Ausbildungsordnungen. Mit der Veranstaltungsreihe „Neue Aus-bildungsformen“ will das Wirtschaftsministerium dazu beitragen, dass aufGrund der veränderten Rahmenbedingungen in der Wirtschaft auch die ent-sprechenden neuen Formen der Ausbildung Eingang in die tägliche betrieb-liche Praxis finden.

f) Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Frage ergeben, inwieweit dieSchaffung von Arbeitsplätzen in Jugendberufshilfebetrieben die Eingliede-rungschancen junger Menschen erhöhen kann? Plant die Landesregierungdie Einführung von Jugendberufshilfebetrieben zu unterstützen und finan-ziell zu fördern?

Entsprechend der Erfahrung, dass Problemlagen junger Menschen am Über-gang von der Schule zum Beruf in aller Regel auf einer Mehrzahl von Ursa-chen beruhen, sieht die Landesregierung die geeignete Hilfe für diese Fälle inAngeboten, die es ermöglichen, auf diese Ursachenvielfalt fachgerecht einzu-gehen. Erhebungen des Sozialministeriums haben ergeben, dass hierzu auf

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örtlicher oder regionaler Ebene im Zusammenwirken freier Träger mit denzuständigen öffentlichen Trägern der Jugendhilfe eine Vielzahl von Projektenentstanden ist, die je nach den örtlichen Verhältnissen unterschiedlicheSchwerpunkte aufweisen. Ein (auch) aus der Sicht der Landesregierung be-sonders gelungenes Beispiel ist das „Integrierte Konzept Wohnen und Arbei-ten“ der Jugendwerkstätten Heilbronn. Ein Feldversuch hierzu wird entspre-chend der Empfehlung Nr. 5.1.2 der Enquetekommission „Jugend – Arbeit –Zukunft“ durchgeführt und wissenschaftlich begleitet.

Im Übrigen ist auf Beschäftigungs- und Qualifizierungsvorhaben hinzuwei-sen, die nach dem Landesprogramm „Jugend – Arbeit – Zukunft“ oder ausanderen Mitteln, z.B. dem Europäischen Sozialfonds, gefördert werden.

Die Maßnahmen des Landesprogramms „Jugend – Arbeit – Zukunft“ werdenüberwiegend von kommunalen und freien Trägern aus dem Bereich der Ju-gendhilfe durchgeführt. Schwervermittelbaren arbeitslosen Jugendlichenwerden im Rahmen von betreuten Arbeitsprojekten geeignete Arbeitsplätzeangeboten (mit einer individuellen Beschäftigungsdauer von höchstens24 Monaten).

g) Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Frage ergeben, wie die Einrich-tung der offenen Jugendarbeit als Arbeitsfeld zur Qualifizierung von Ju-gendlichen mit besonderem Förderungsbedarf genutzt werden können?Welche Förderinstrumente stehen hierfür zur Verfügung?

Die außerschulische Jugendbildung übernimmt eine wachsende Rolle bei derBildung und Qualifizierung von Jugendlichen. Besonders hinsichtlich dersich abzeichnenden Veränderungen in allen Bereichen des Bildungs- undAusbildungswesens gewinnt der Beitrag der außerschulischen Jugendbildungan Bedeutung. Unter dem Aspekt des lebenslangen Lernens sowie unter demAspekt des ganzheitlichen Lernens kommt außerschulischen Bildungsange-boten eine wachsende Bedeutung zu.

Insbesondere die offene Jugendarbeit leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.Die Angebote der offenen Jugendarbeit wenden sich an alle Jugendlichen,allerdings sind Jugendliche mit besonderen Problemen beim Übergang vonder Schule in den Beruf besonders stark vertreten, insbesondere ausländischeJugendliche und jugendliche Aussiedler/innen. Gerade für Jugendliche mitbesonderem Förderbedarf macht die offene Jugendarbeit vielfältig Angebote,die der Qualifizierung dienen. Dies belegen zahlreiche Projekte und Maßnah-men der offenen Jugendarbeit. So stellt die Lichtstube in Hechingen einenmultiethnischen Kindertreff zur Verfügung, im Rahmen dessen interkulturelleFormen sozialer Gruppenarbeit, systematische Kooperation mit Trägern derJugendhilfe sowie mit Eltern und Schulen geleistet wird. Der Mädchentreffin Tübingen macht ein spezielles Angebot für Migrantinnen zu dem Themen-bereichen „Sexualität“, das zusätzlich das Ziel der Integration dieser Mäd-chen in Kulturveranstaltungen verfolgt. Die Mädchenwerkstatt des Jugend-haus e. V. Stuttgart bietet besondere Kurse in Kooperation mit der Schule zurberuflichen Qualifizierung von Mädchen an. Ein weiteres Beispiel ist dasProjekt des Stadtjugendausschusses Karlsruhe „Rund ums Auto“, das dervorberuflichen Qualifikation jugendlicher Ausländer und junger Spätaussied-ler dient.

Das Land fördert diese Angebote der offenen Jugendarbeit im Rahmen seinerFörderprogramme, insbesondere der Förderprogramme zur Integration aus-ländischer Jugendlicher und im Rahmen des Förderprogramms KooperationJugendarbeit – Schule.

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h) Wie wurde der Zugang besonders qualifizierter Berufstätiger zum Hoch-schulstudium erleichtert?

Nach der Verordnung über die Eignungsprüfung für den Zugang besondersqualifizierter Berufstätiger zu den Hochschulen und Berufsakademien vom4. März 1996 (GBl. S. 325) wird in der mündlichen Prüfung festgestellt, obder Bewerber oder die Bewerberin nach der Persönlichkeit, den geistigen Fä-higkeiten und der Motivation für das Studium in dem angestrebten Studien-gang geeignet ist. Im Rahmen der anstehenden Änderung dieser Verordnungist beabsichtigt, die Vorgaben für die mündliche Prüfung dahin gehend zu er-gänzen, dass die in der beruflichen Praxis erworbenen und für den angestreb-ten Studiengang verwertbaren Erfahrungen und Fähigkeiten angemessen zuberücksichtigen sind.

Ferner werden Vorschläge der Wirtschaft im Sinne einer Gleichstellung vonberuflicher und allgemeiner Bildung auf ihre Umsetzungsmöglichkeiten hingeprüft.

II. Berufliche Bildung (Handlungsempfehlung 1.3)

a) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um eine zukunfts-orientierte Weiterentwicklung der beruflichen Bildung sicherzustellen undwie hat sie dabei insbesondere auf flexiblere und differenziertere Struktu-ren in der beruflichen Bildung hingewirkt?

und

b) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um darauf hinzu-wirken, Ausbildungsberufe offener zu gestalten, in Ausbildungsgängen mo-dulare Konzepte zu erproben und Teilqualifikationen zu zertifizieren, sowieBerufe in neuen Wirtschafts- und Beschäftigungsbereichen zu schaffen?

Für die Landesregierung ist eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung derberuflichen Bildung ein wichtiges Anliegen. Das duale System der Berufs-ausbildung ist auch weiterhin das bedeutendste berufsqualifizierende Ausbil-dungssystem des Landes. Daneben kommt der beruflichen Weiterbildung aufGrund der Notwendigkeit des „Lebenslangen Lernens“ eine immer größereBedeutung zu.

Erschließung neuer Berufsfelder und Aktualisierung bestehender Aus-bildungsordnungen

Im Bereich der dualen Berufsausbildung hat sich die Landesregierung bereitsvor Jahren für die Schaffung neuer Ausbildungsberufe eingesetzt. So hat dasWirtschaftsministerium bereits 1996 eine Anhörung zum Thema „Neue Beru-fe“ durchgeführt. Die Zuständigkeit für die Schaffung neuer und aktualisier-ter Ausbildungsberufe liegt jedoch beim Bund und bei den Sozialpartnern.Dabei war es vor allem ein Anliegen der Wirtschaft, die Ausbildungsordnun-gen flexibler zu gestalten, damit eine praxisgerechtere Ausbildung möglichist und sich die Ausbildung stärker an den betrieblichen Erfordernissen orien-tiert.

Mit den insgesamt 142 Ausbildungsordnungen, die zwischen 1996 und demJahr 2000 neu geschaffen oder modernisiert wurden, ist hier in den letztenJahren sehr viel geleistet worden.

Die IHK Region Stuttgart hat mit der Entwicklung des sog. Satellitenmodellseinen wichtigen Beitrag dazu geleistet, Ausbildungsberufe offener zu gestal-ten. Neben der Kernqualifikation beinhaltet dieses Modell Wahlpflichtbau-

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steine und Wahlbausteine, die im Rahmen der Ausbildung absolviert werdenmüssen bzw. absolviert werden können. Die Landesregierung betrachtet die-ses Modell als einen Beitrag zur Weiterentwicklung des dualen Ausbildungs-systems. In einigen neuen Ausbildungsordnungen ist dieses Konzept auch be-reits eingeflossen. Es ist jedoch kein Modell für alle Ausbildungsberufe. Da-neben wird es auch weiterhin Monoberufe und Berufe mit Fachrichtungengeben. Die Entscheidung hierüber liegt jedoch in der Verantwortung der So-zialpartner und des Bundes.

Durch die Schaffung der neuen Medien- und IT-Berufe im Jahre 1997 wurdeein weiterer erheblicher Beitrag zur Schaffung von Berufen in neuen Wirt-schafts- und Beschäftigungsbereichen geleistet. So entstanden im Medienbe-reich die Berufe Mediengestalter Bild und Ton, Mediengestalter für Digital-und Printmedien, Fachangestellte für Medien und Informationsdienste, Kauf-leute für audiovisuelle Medien und Werbe- und Medienvorlagenhersteller.Alleine im Jahr 1999 wurden in Baden-Württemberg in diesen Berufen 803Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Noch erfolgreicher verlief die Ent-wicklung bei den neuen IT-Berufen (IT-Systemelektroniker, Fachinformati-ker, IT-Systemkaufmann und Informatikkaufmann). Hier wurden 1999 be-reits 1.645 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Insgesamt gab es 1999 inder Medien- und IT-Branche bereits 4.830 Auszubildende. Weitere neue Aus-bildungsberufe in neuen Wirtschafts- und Beschäftigungsbereichen sind inVorbereitung, z. B. in der Freizeitwirtschaft.

Zum Schuljahr 1999/2000 sind vier neue Berufe (Oberflächenbeschichter/in,Spezialtiefbauer/in, Fassadenmonteur/in und Informationselektroniker/in)und 26 Neuordnungen in Kraft getreten. Alle Neuerungen wurden von Ba-den-Württemberg umgesetzt.

Einer Entwicklung zu dynamischen und gestaltungsoffenen Ausbildungsbe-rufen kommt schulischerseits auch die Entwicklung neu strukturierter Rah-menlehrpläne entgegen. Die für die schulische Ausbildung maßgeblichenRahmenlehrpläne werden seit ca. drei Jahren bei neuen und neugeordnetenBerufen in so genannten Lernfeldern strukturiert. Lernfelder werden durchZielformulierungen beschrieben, die sich an der beruflichen Handlungsfähig-keit der Jugendlichen nach Abschluss der Ausbildung orientieren, und ver-zichten auf detaillierte Inhaltskataloge. Die gestaltungsoffene Struktur desLernfeldkonzepts ermöglicht größere Freiräume an den Schulen, im Sinneder lokalen Lernortkooperation, erleichtert die Integration neuer Inhalte undsichert eine langfristige Aktualität der Lehrpläne.

Als erster Beruf wird seit dem Sommer 1998 der Mediengestalter für Digital-und Printmedien mit einem breiten Angebot von Wahlpflichtmodulen ausge-bildet. Mit diesem Ausbildungskonzept aus Pflichtmodulen und einem brei-ten und differenzierten Angebot an Wahlpflichtbausteinen werden derzeit ers-te Erfahrungen gesammelt.

Angebote für leistungsschwächere Schüler

Das berufliche Schulwesen in Baden-Württemberg trägt dem unterschied-lichen Leistungsvermögen der Jugendlichen durch seine vielfältige Differen-ziertheit im besonderen Maße Rechnung. Dieses differenzierte Angebot anberuflichen Bildungsgängen wird fortlaufend weiterentwickelt und an die ak-tuellen Rahmenbedingungen angepasst.

Im Zuge der Neuordnungsverfahren der letzten Jahre auf Bundesebene wur-den auch einfachere Berufe modernisiert und neue Berufe geschaffen, die füreher praktisch begabte Jugendliche infrage kommen, bspw. Fertigungsme-chaniker oder Bauwerksabdichter.

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Der Sachverständigenrat „Berufliche Bildung“ hat in seinen Empfehlungenvom 12. Mai 1999 u. a. Maßnahmen zur Verbesserung der Situation leis-tungsschwächerer Jugendlicher beim Übergang von der Schule in die Ar-beitswelt vorgeschlagen. Durch die Einrichtung eines theoriegemindertenBildungsgangs „Fachpraktiker“1) im Schulversuch in enger Abstimmung mitder Wirtschaft soll das Angebote für eher praktisch begabte Jugendliche ver-bessert werden. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine zweijährige schuli-sche Ausbildung mit hohem Praxisanteil, um leistungsschwächeren Jugend-lichen nach Abschluss des BVJ eine berufliche Qualifizierung anbieten zukönnen. Auch im Rahmen des Bündnisses für Bildung und Beschäftigung aufLandesebene empfehlen die Partner2), in Modellversuchen berufliche Ausbil-dungsgänge im dualen System für eher praktisch begabte Jugendliche zu er-proben. Die landesweite Einführung der Fachpraktikerausbildung scheitertebisher an der ablehnenden Haltung der Sozialpartner, vor allem der Gewerk-schaften. Derzeit werden vom Kultusministerium Möglichkeiten für regiona-le Lösungen über die Oberschulämter gesucht. Es wird gehofft, dass die Zu-stimmung lokaler Berufsbildungsausschüsse erreicht werden kann.

An 2 Standorten in Ehingen und Friedrichshafen wird derzeit als Modellver-such in einer dreijährigen dualen Form als nichtgeregelte Ausbildung der„Bauhoffacharbeiter“ beschult. Diese Ausbildung für eher praktisch begabteJugendliche beruht auf einer Initiative von Gemeinden und Arbeitsämtern imoberschwäbischen Bereich. Die Zuständigkeit für die Ausbildung stößt zumTeil auf Schwierigkeiten.

Ein Schwerpunkt der Beratungen der Arbeitsgruppe „Aus- und Weiterbil-dung“ im Rahmen des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Beschäftigungauf Bundesebene war die Schaffung zukunftsfähiger Ausbildungsmöglichkei-ten, vor allem auch für Jugendliche mit schlechteren Startchancen. Ergeb-nisse der Arbeitsgruppe sind u. a. in den Papieren „Leitlinien zur Weiterent-wicklung der Konzepte zur Förderung benachteiligter Jugendlicher und jun-ger Erwachsener“ vom 27. Mai 1999 und „Strukturelle Weiterentwicklungder dualen Berufsausbildung“ vom 22. Oktober 1999 zusammengestellt.

Auch innerhalb des Wahlpflichtunterrichts an der Berufsschule können imRahmen des Stützprogramms leistungsschwächere Schülerinnen und Schülerauf spezielle Angebote zur Verbesserung der Grundfertigkeiten und der Aus-bildungsfähigkeit zurückgreifen.

Eine Durchführung von Modellprojekten zur Erprobung modularer Konzeptemit zertifizierten Teilqualifikationen ist zumindest derzeit nicht vorgesehen.

Angebote für leistungsstärkere Schüler

Auch für leistungsstärkere Jugendliche bietet das berufliche Schulwesen inBaden-Württemberg ein breites Angebot an attraktiven, beruflichen Qualifi-kationsmöglichkeiten.

– Zusatzqualifikationen

In enger Abstimmung mit der Wirtschaft wurden Zusatzqualifikationenentwickelt wie z. B. die Möglichkeit, über eine Berufsausbildung mit Er-weiterungsunterricht zur Fachhochschulreife zu gelangen, oder den Er-werb des Abschlusses u.a. als Finanzassistent auf Grund eines vertieftenberufsbezogenen Bildungsangebotes oder die Qualifikation „Managementim Handwerk“ für Abiturienten in der Berufsschule im Rahmen des Er-weiterungsunterrichts als Teil des Wahlpflichtunterrichts. Dieser Bereichbietet eine Vielzahl weiterer Qualifikationen wie die Erweiterung der

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__________________1) Minderheitsvotum des Vertreters des Deutschen Gewerkschaftsbunds2) im Dissens mit den Gewerkschaften

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Kenntnisse in berufsbezogenen Fremdsprachen, Anwendersoftware, Fach-theorie und/oder berufs- bzw. gewerkeübergreifende Qualifikationen.

– die Berufskollegs in Teilzeitform (Duale Berufskollegs)

Die Entwicklungen in der Arbeitswelt gehen hin zu anspruchsvolleren An-gestellten- und Facharbeitertätigkeiten mit höheren Anforderungen im the-oretischen Bereich. Für Jugendliche mit mittlerem Bildungsabschluss bzw.Abiturienten bieten hier die gewerblich-technischen (3-jährig) und nur fürAbiturienten die kaufmännischen Berufskollegs (2- bis 3-jährig) in Teil-zeitform ein speziell abgestimmtes Angebot, wobei die Ausbildung im du-alen System erfolgt.

Charakteristisch ist hier die Verzahnung von Erstausbildung und Weiterbil-dung. Den Absolventen eröffnen sich gute Aufstiegs- und Weiterbildungs-möglichkeiten insbesondere im Bereich der mittleren Managementebene.

Die berufliche Weiterbildung

Die berufliche Weiterbildung liegt zunächst grundsätzlich in der Verantwor-tung des Einzelnen und der Wirtschaft. Im Rahmen der Hilfe zur Selbsthilfeunterstützt das Wirtschaftsministerium ideell und finanziell die überbetriebli-che berufliche Weiterbildung, um den kleinen und mittleren Unternehmen beider Bewältigung des Strukturwandels zu helfen. Dies erfolgt auf der Basisdes Mittelstandsförderungsgesetzes und der entsprechenden Richtlinien. Bei-spielsweise können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen dieüberbetrieblichen Aus- und Weiterbildungszentren der Selbsthilfeeinrichtun-gen der Wirtschaft und der Organisationen der Wirtschaft sowie überbetrieb-lich angelegte Modellvorhaben der beruflichen Weiterbildung gefördert wer-den.

Die berufliche Weiterbildung wird aber auch durch die Durchführung bzw.Initiierung/Mitinitiierung von Veranstaltungen gefördert. So hat die Wirt-schaftsverwaltung zusammen mit den Organisationen der Wirtschaft z.B.Veranstaltungen zum Thema: „Interaktive Medien in der beruflichen Aus-und Weiterbildung“ gefördert. Zielgruppen waren Personalverantwortlichesowie Aus- und Weiterbildner.

Außerdem hat das Wirtschaftsministerium zusammen mit der bei ihr angesie-delten Projektgruppe „Qualifizierung in der Metallindustrie“ bspw. eine Ver-anstaltung mit der Thematik „Qualifizierung im Jahre 2010 – Chancen aufdem Arbeitsmarkt der Zukunft“ am 29. März 2000 im Haus der Wirtschaft,Stuttgart, veranstaltet.

Im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Ziel 4 (Förderperiode 1994 bis1999) wurde eine Vielzahl von Maßnahmen der überbetrieblichen beruf-lichen Weiterbildung in unterschiedlichsten aktuellen und wichtigen Themen-feldern für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft gefördert.

Auch in der neuen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds Ziel 3 (2000bis 2006) wird das Wirtschaftsministerium – im Rahmen der verfügbarenMittel – die berufliche Qualifizierung (Aus- und Weiterbildung) aus Mittelndes Sozialfonds fördern. Dafür und für die Umsetzung der Empfehlungen istVoraussetzung, dass dem Wirtschaftsministerium die entsprechenden Mittelzur Verfügung stehen. Hier wird sowohl an Privatisierungserlöse als auch anMittel aus dem regulären Haushalt gedacht.

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III. Verbundsysteme (Handlungsempfehlung 1.4)

a) Wie wurde die Empfehlung der Enquetekommission umgesetzt, sich für eineverstärkte Schaffung von Ausbildungsverbünden einzusetzen und insbeson-dere Kooperationsmodelle zwischen Wirtschaft und sozialen Trägern alsbesondere Chance für benachteiligte und behinderte junge Menschen zunutzen?

Ausbildungsverbünde kommen dann zum Einsatz, wenn die vorgeschriebe-nen Lerninhalte weder von einem Ausbildungsbetrieb alleine noch in einerüberbetrieblichen Einrichtung vermittelt werden können. Sie haben sich alsgeeignetes Instrument erwiesen, um kleinen und mittleren Betrieben die Aus-bildung zu ermöglichen.

Das Land fördert Ausbildungsverbünde mit 260 DM je Auszubildenden undMonat, den dieser in einem Betrieb des Verbundes, außerhalb seines eigent-lichen Ausbildungsbetriebs verbringt.

Das Merkmal, das die Ausbildung im Verbund von der Ausbildung in einemüberbetrieblichen Bildungszentrum unterscheidet, ist, dass in einem Fall diebetriebliche Unterweisung in „wechselnden Unternehmen“ erfolgt, im ande-ren Fall in einem Bildungszentrum eines überbetrieblichen Trägers. DasWirtschaftsministerium geht deshalb zunächst davon aus, dass ein Ausbil-dungsverbund durch den Zusammenschluss mehrerer Unternehmen gekenn-zeichnet ist, die unterschiedliche Teile der Ausbildung abdecken.

In besonderen Fällen, wenn dadurch der praxis- und betriebsbezogene Cha-rakter des Ausbildungsverbundes erhalten bleibt, kann auch bereits aufGrund der bestehenden Regelung an Stelle eines Unternehmens ein freierüberbetrieblicher Träger der Wirtschaft eines der Mitglieder eines Ausbil-dungsverbundes sein, um einen abgegrenzten Teil der Ausbildungsinhalte zuvermitteln. Voraussetzung ist jedoch, dass auch dieser freie Träger die spezi-fischen Inhalte in der gewünschten Nähe zur betrieblichen Praxis, die ein we-sentliches Element des dualen Ausbildungssystems ist, vermittelt.

Das Wirtschaftsministerium förderte modellhaft ein Projekt, bei dem dasAusbildungsverhältnis nicht mit einem Betrieb, sondern direkt mit dem Aus-bildungsverbund abgeschlossen wird. Die Inhalte der Ausbildung werdenallerdings auch in diesem Modell von den Unternehmen vermittelt, die indem Ausbildungsverbund zusammengeschlossen sind. Dieses Modell ent-spricht weitgehend dem Göppinger Modell.

Bei der Förderung der Ausbildungsverbünde ist eine sinnvolle Flexibilität zuprüfen. Nach Auffassung der Landesregierung ist im Interesse der Jugend-lichen am Kern der dualen Ausbildung festzuhalten. Dies bedeutet, dass beider Trägerschaft eines Verbundes unterschiedliche Lösungen denkbar sind,die Vermittlung der Inhalte aber jedoch möglichst wirtschaftsnah durchUnternehmen erfolgen sollte. Im Jahre 1999 wurden z.B. auch Ausbildungs-verbünde gefördert, bei denen die Bewilligung nicht an Organisationen derWirtschaft oder Unternehmen ging.

b) Wie hoch waren die Landesmittel zur Förderung von Ausbildungsverbün-den, insbesondere unter Beteiligung freier Träger, 1999 im Vergleich zu1998 und welche Mittel sind für die Jahre 2000 und 2001 vorgesehen?

Mit Ausnahme des IT-Bereichs, in dem zusätzliche Anstrengungen erforder-lich sind, die zahlreichen kleinen und häufig erst neu gegründeten Unterneh-men in die Lage zu versetzen, auszubilden, soll die Förderung der Verbund-ausbildung im bisherigen Umfang fortgesetzt werden.

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Zur Verbesserung der Ausbildungssituation im IT-Bereich hat die Landesre-gierung am 10. Oktober 2000 entschieden, den zusätzlichen Abstimmungsbe-darf bei Ausbildungsverbünden in IT-Berufen mit einem Personal- und Sach-kostenzuschuss von bis zu 15.000 DM p.a. zu fördern.

Im Jahre 1999 bewilligte die Wirtschaftsverwaltung rund 521.000 DM zurFörderung von Ausbildungsverbünden. Im Jahre 1998 waren es rund340.000 DM. Die Mittel sind bei Kap. 0702, Tit. 683 75 veranschlagt. LautHaushaltsplan 2000/2001 stehen jeweils 0,8 Mio. DM Auszahlungsmittel zurVerfügung. Aus diesen genannten Beträgen werden neben den Ausbildungs-verbünden auch die Maßnahmen „Lehrlinge aus Konkursbetrieben“ sowie„Lehrstellenwerber“ finanziert.

IV. Berufsvorbereitungsjahr (Handlungsempfehlung 1.6)

a) Welche Schritte wurden unternommen und sind geplant, um das Berufsvor-bereitungsjahr entsprechend der unter der Handlungsempfehlung 1.6 auf-geführten einzelnen Maßnahmen zu optimieren?

und

b) Wurden spezifische Anliegen von Mädchen dabei in besonderem MaßeRechnung getragen?

sowie

c) Wie wurden im BVJ neue zukunftsträchtige Berufsfelder erschlossen?

Zum Schuljahr 1998/99 erfolgte die Weiterentwicklung des Berufsvorberei-tungsjahres (BVJ). Dabei wurde durch die flexible Stundentafel den Schulendie Möglichkeit gegeben, diese je nach Leistungsstand einer Klasse entspre-chend zu variieren und einzelne Fächer zeitweise verstärkt zu unterrichtenbzw. die Zahl der Berufsfelder zu reduzieren und ein Berufsfeld vertieft zuunterrichten. Außerdem wurde dadurch die Durchführung von fächerüber-greifendem Unterricht und Projekten erleichtert. Darüber hinaus wurde mitder Weiterentwicklung die Möglichkeit geschaffen, neben dem Blockprakti-kum wöchentliche Praxistage das ganze Schuljahr lang durchzuführen. ImSchuljahr 1998/99 haben von 11.613 Schülerinnen und Schülern 2.038 einenPraxistag pro Woche in einem Betrieb absolviert. Dadurch eröffneten sich fürdie Jugendlichen zusätzliche Chancen auf dem Ausbildungsmarkt.

An einzelnen Schulen wurde bereits bisher im BVJ das Klassenlehrerprinzipangestrebt, da mit einem hohen Anteil an Unterrichtsstunden durch den Klas-senlehrer bzw. die Klassenlehrerin die z. T. schwierige pädagogische Aufga-be erleichtert wird. Außerdem lässt sich durch den Einsatz von möglichst we-nigen Lehrkräften in einer Klasse die Stundentafel und das projektorientierteArbeiten flexibler gestalten.

Seit dem Schuljahr 1987/88 haben ca. 1100 wissenschaftliche und technischeLehrkräfte der beruflichen Schulen eine berufsbegleitende sonderpädagogi-sche Fortbildung von sechs bis zwölf Monaten erhalten. Diese Fortbildungwird auch im laufenden Schuljahr durchgeführt.

In begrenztem Umfang sind bereits bisher Lehrkräfte mit einer Ausbildungund Lehrbefähigung in sonderpädagogischen Fachrichtungen im BVJ einge-setzt.

Die Schulen wurden darauf hingewiesen, bei BVJ-pflichtigen Jugendlichenderen Interessen an bestimmten Berufsfeldern bestmöglich zu berücksichti-

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gen und durch schultypübergreifende Zusammenarbeit den Mädchen undJungen ein breites Berufsfeldspektrum zugänglich zu machen. Im Schuljahr1998/99 betrug der Anteil der Mädchen im BVJ an gewerblichen Schulen8,5 %, während im BVJ an haus- und landwirtschaftlichen Schulen die Jun-gen mit 15 % vertreten sind.

Eine verstärkte Kooperation von Beruflichen Schulen und Trägern der Ju-gendhilfe durch gemeinsame Projekte, Erschließung zusätzlicher Angebote,Einbeziehung des Projekts Jugendberufshelfer, der Schulsozialarbeit bzw. derJugendberufshilfe verbessert die Förderung der Jugendlichen im BVJ.

Der Arbeitskreis Jugendberufshelfer und eine Zusammenarbeit mit Kammernund Verbänden erleichtern den Übergang von der Schule in die Arbeitsweltzusätzlich.

In der Handreichung „Neue Wege im BVJ“, die 1998 bei der Weiterentwick-lung des BVJ erstellt und allen Schulen zugesandt wurde, wird der Nachweisvon Zusatzqualifikationen auf einem Beiblatt zum Zeugnis angeregt, da einsolcher Nachweis bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle behilflich seinkann.

V. Berufsschulen

a) Welche Initiativen der Landesregierung gibt es, die Qualität des Unter-richts in den beruflichen Schulen entsprechend der Handlungsempfehlun-gen 1.7.1 bis 1.7.3 zu verbessern?

Die Unterrichtssituation in Baden-Württemberg an der Berufsschule stelltsich wie folgt dar:

– Die Stundentafel der Berufsschule weist 13 Wochenstunden für die Teil-zeitberufsschulen in Baden-Württemberg aus (im Vergleich zu 12 Wochen-stunden in den Stundentafeln der anderen Bundesländer).

– Es existiert ein relativ hoher Anteil von personalintensiven beruflichenVollzeitschulen.

– Das Lehrerangebot ist für den fachtheoretischen und fachpraktischenUnterricht teilweise knapp.

Auf diese Situation wird mit Neustellen (je 70 in den Jahren 1998 und 1999,200 im Jahr 2000), zusätzlichen Mitteln für Lehraufträge insbesondere vonSpezialisten, Zurückhaltung bei der Bildung weiterer Klassen an beruflichenVollzeitschulen sowie verschiedenen Maßnahmen der Lehrergewinnung ver-sucht, die Unterrichtsversorgung der Berufsschule zu verbessern. Wichtig da-bei ist, dass die Wirtschaft die erforderlichen Ausbildungsplätze zur Verfü-gung stellt und die beruflichen Schulen zur Unterbringung der Jugendlichenkeine zusätzlichen, vollzeitschulischen Ausbildungsplätze schaffen müssen.An den für 2001 vorgesehenen 940 Neustellen für Lehrkräfte werden auchdie beruflichen Schulen partizipieren.

Eine weitere, verbesserte Praxisorientierung des Unterrichts wird durch dieIntensivierung der Lernortkooperation sowie durch die zunächst als Schul-versuch eingeführte Lernfeldkonzeption erreicht.

b) Wie viele Lehrerwochenstunden standen an den Berufsschulen 1999 imVergleich zu den Jahren 1997 und 1998 für Stützunterricht zur Verfügung?

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Die von den beruflichen Schulen für das S/E-Programm an Berufsschuleneingesetzten Stunden werden nicht getrennt nach Stütz- oder Förderstundenausgewiesen. Die dafür eingesetzten Lehrerwochenstunden haben sich nachden Meldungen der Schulen seit dem Schuljahr 1997/98 wie folgt entwickelt:

– Schuljahr 1997/98 6.366 Wochenstunden– Schuljahr 1998/99 4.759 Wochenstunden– Schuljahr 1999/2000 7.245 Wochenstunden

VI. Förderung von Mädchen, jungen Frauen und Alleinerziehenden (Hand-lungsempfehlung 1.8)

Welche Ergebnisse wurden erzielt bei der Umsetzung der in den Handlungs-empfehlungen 1.8.1 bis 1.8.5 genannten Maßnahmen und welche weiterenSchritte sind geplant?

Erweiterung des Berufswahlspektrums von Mädchen

Die Beratung bei der Berufswahl stellt eine wichtige Aufgabe der abgeben-den, allgemein bildenden Schulen in Zusammenarbeit mit Eltern, Betriebenund Arbeitsämtern dar. Betriebspraktika und Besuche an beruflichen Schulenbieten eine gute Möglichkeit, insbesondere auch Mädchen mit dem Bereichder naturwissenschaftlich-technisch geprägten Berufe vertraut zu machenund Hemmschwellen abzubauen.

Im Rahmen des Reformkonzepts IMPULSE Hauptschule wird aktuell dieBerufswegeplanung (Orientierung in Berufsfeldern – OiB) neu konzipiert. Esgeht insbesondere darum, den Schülerinnen und Schülern durch 3 Prakti-kumsphasen (Orientierungspraktikum, Wahlpraktikum und Erweiterungs-bzw. Vertiefungspraktikum) die betriebliche Realität noch näher zu bringenund ihnen damit die Berufswahl durch den umfassenderen Einblick in ver-schiedene Berufsfelder zu erleichtern. Die Praktika dauern in der Regel je ei-ne Woche.

U. a. wird im Rahmen dieser Neukonzeption auch der Technikunterricht inBetriebe verlegt.

Andere Maßnahmen zur Erweiterung des Berufswahlspektrums der Mädchensind u.a. die

– Einrichtung von Probierwerkstätten,

– Veranstaltungen wie „Mädchen beraten Mädchen in frauenatypischen Be-rufen“,

– BVJ – Berufsinformation vor der Aufnahme des Praktikums.

Darüber hinaus wird die Erweiterung des Berufswahlspektrums der Mädchenund jungen Frauen vom Sozialministerium im Rahmen der Frauenförderungdurch Finanzierung entsprechender Projekte gezielt gefördert. Dies gilt ins-besondere für Projekte im technischen Berufsbereich wie zum Beispiel„Mädchen-Technik-Tage“, um den Mädchen und jungen Frauen diese frauen-untypischen Berufe näher zu bringen. Das Sozialministerium förderte den ers-ten Mädchen-Technik-Tag der Region Bodensee-Oberschwaben am 20. Mai2000 mit 7.000 DM.

Diese Mittel stehen auch für Projekte zur Unterstützung junger allein erzie-hender Mütter bei ihrer beruflichen Qualifizierung zur Verfügung. SolcheAnträge liegen jedoch derzeit nicht vor.

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Des Weiteren unterstützt das Sozialministerium außerschulische Projekte undMaßnahmen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie.So förderte es beispielsweise das in den Sommerferien 2000 durchgeführteProjekt „Girls going online“ der Kontaktstelle „Frau und Beruf“ der Hand-werkskammer Konstanz. Das von Frau und Technik e.V. Freiburg in Zu-sammenarbeit mit der Volkshochschule Freiburg und dem Wissenschaft-lichen Institut des Jugendhilfswerks Freiburg e.V. an der Universität Freiburg(Medienzentrum) konzipierte Projekt „Mädchen-Medientage 2000“ wird inden Herbstferien 2000 in Freiburg durchgeführt und vom Land finanziellunterstützt. Außerdem hat das Sozialministerium zur besonderen Förderungder Medienkompetenz junger Mädchen mit den Jugend-Enquete-Mitteln dasFörderprogramm „Mädchen und Neue Medien“ aufgelegt. Mit ihm sollenProjekte unterstützt werden, durch die gezielt junge Mädchen mädchenge-recht an diese neuen Kulturtechniken herangeführt werden, damit sie späterauch IT-Berufe in ihre Berufswegplanungen mit einbeziehen und so in derLage sind, die mit diesen neuen Medien verbundenen Chancen zu ergreifenund sich ihren Anteil an den positiven Effekten des Strukturwandels zu si-chern.

Ferner wird das Sozialministerium im Rahmen des ESF, Ziel 3 zentrale Pro-jekte zum Thema „Computer- und Internet-Nutzung für junge Mädchen“durchführen. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus diesen zentralen mit Mit-teln des ESF, Ziel 3 und Landesmitteln geförderten Projekten sollen ab demJahr 2001 regional breit gestreut und für Projekte im ganzen Land zur Verfü-gung gestellt werden. Dieses weiterführende Vorhaben, das mit voraussicht-lich jährlich 0,5 Mio. DM teilweise aus Privatisierungserlösen finanziert wer-den soll (ESF-Kofinanzierung), erfordert zu gegebener Zeit einen weiterenMinisterratsbeschluss.

Außerdem hat das Sozialministerium Baden-Württemberg am 28. Septemberdieses Jahres zusammen mit den anderen Bodenseeanrainern, dem FreistaatBayern, den Kantonen Thurgau und St. Gallen, und den Bundesländern Vor-arlberg und Tirol in Friedrichshafen die Fachtagung für Multiplikatorinnenund Multiplikatoren „Neue Medien- und IT-Berufe – Chancen für Mädchenund Frauen“ veranstaltet, die auf große Resonanz stieß. Dabei wurden erst-mals länderübergreifend Informationen und Anregungen ausgetauscht sowieProjekte vorgestellt, mit denen Mädchen und Frauen für diese neuen Techno-logien interessiert und für die neuen Berufe in diesem Bereich gewonnenwerden können.

Bei der Vorbereitung der Tagung hat sich gezeigt, dass die beteiligten Ländernoch kaum eigene Erfahrungen mit der Heranführung sehr junger Mädchen(im Alter ab etwa sieben Jahren) an die Nutzung von PC und Internet haben,dass ihr Interesse an diesem Thema aber groß ist. Die Tagung soll daher einegrenzüberschreitende Zusammenarbeit zu diesem Thema begründen, derenErgebnisse nach zwei Jahren präsentiert werden sollen.

Im Wirtschaftsministerium hat sich 1996 eine übergreifende Arbeitsgruppekonstituiert, die am 11. Februar 1998 Empfehlungen zur Erweiterung des Be-rufswahlspektrums von Mädchen vorlegte.

Nachdem sich gezeigt hat, dass Frauen auch bei den neu geschaffenen IT-Be-rufen insgesamt gesehen stark unterrepräsentiert sind, werden derzeit vomWirtschaftsministerium in Kooperation mit anderen Organisationen spezielleMaßnahmen angedacht, z.B. die Durchführung von Werbemaßnahmen undVeranstaltungen, um Frauen verstärkt für diese zukunftsträchtigen Berufe zugewinnen.

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Die Berücksichtigung der spezifischen Belange von Frauen und Männern imSinne eines „Gender-Mainstreaming“ ist einer der Grundpfeiler der Europäi-schen Beschäftigungspolitik. Der Europäische Sozialfonds, der der Umset-zung der Europäischen Beschäftigungsstrategie dient, fördert daher verstärktMaßnahmen zur Qualifizierung und Erweiterung des Berufswahlspektrumsinsbesondere für Mädchen und Frauen.

Angebote der Berufsorientierung nach Geschlechtern getrennt

Damit sich Mädchen verstärkt mit der gesamten, in einer Region zur Verfü-gung stehenden Palette an Ausbildungsmöglichkeiten befassen, wird u. a. derUnterricht in Hauswirtschaft und textiles Werken in Betriebe verlegt und dieMaßnahme „Mädchen beraten Mädchen“ durchgeführt.

Für die Betriebe verbessert sich damit die Chance, Auszubildende bereits imVorfeld ihrer Ausbildung besser, d. h. in ihrer Gesamtpersönlichkeit, kennenzu lernen.

In Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt wird im Schuljahr 2000/01die neue OiB – Konzeption (Orientierung in Berufsfeldern – OiB) in 8 Re-gionen des Landes erprobt.

Im Unterricht an Förderschulen, der sich in erster Linie am Förderbedarf undan den Fördervoraussetzungen der einzelnen Schülerin und des einzelnenSchülers orientiert, spielt die Frage geschlechtshomogener Angebote in derBerufsorientierung zunächst eine nachgeordnete Rolle. Das schließt aller-dings nicht aus, dass – wie heute bereits vielfach der Fall – jungen- und mäd-chenspezifische Angebote im berufswahlvorbereitenden Unterricht zusam-men mit Trägern der Jugendberufshilfe gemacht werden. Darüber hinauswird mit einer Veröffentlichung des Landesinstituts für Erziehung und Unter-richt zur „Weiterentwicklung der Oberstufe an Förderschulen“, die allen För-derschulen des Landes im Mai 2000 zur Verfügung gestellt wurde, dem ge-forderten Anliegen Rechnung getragen.

Im Schuljahr 1999/2000 beträgt der Anteil an Mädchen im BVJ an Gewerb-lichen Schulen 8,5 %, der Anteil an Jungen im BVJ der Haus- und Landwirt-schaftlichen Schulen 15 %. Diese Zahlen zeigen, dass die meisten Klassendes BVJ geschlechtshomogen sind. Das Kultusministerium hat die beruf-lichen Schulen im Juni 1999 ausführlich über die Handlungsempfehlungender Jugendenquetekommission zum BVJ informiert und aufgefordert, diesebestmöglich zu realisieren. Zur Frage der geschlechtshomogenen Angebotein der Berufsorientierung und -vorbereitung wurden die Schulen angeregt,insgesamt durch stärkere schultypenübergreifende Zusammenarbeit den Ju-gendlichen im BVJ ein größeres Berufsfeldspektrum zugänglich zu machenund beispielsweise Mädchen durch geschlechtshomogene Angebote in ge-werblichen Berufsfeldern den Zugang zu technischen Berufen zu erleichtern.

Förderung der Fortbildung von Gesellinnen zu Meisterinnen

Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Landesamts Baden-Württem-berg werden an den öffentlichen Fachschulen im Geschäftsbereich des Kul-tusministeriums im laufenden Schuljahr 366 Schülerinnen und 2605 Schülerzu Meisterinnen und Meistern ausgebildet.

Von diesen absolvieren ca. 5/6 die Vorbereitungslehrgänge auf eine Meister-prüfung des Handwerks, u.a. in den Gewerben Frisöre, Tischler oder Damen-und Herrenschneider. Bei der geschlechtsspezifischen Verteilung in den ein-zelnen Gewerben kann davon ausgegangen werden, dass diese der in den je-weiligen Ausbildungsberufen entspricht. Die Gesellinnen wie auch die Gesel-

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len werden bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen nach den Re-gelungen des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz finanziell unterstützt.

Das Kultusministerium erfüllt in diesem Bereich eine subsidiäre Aufgabe;spezielle, auch geschlechtsspezifische Förder- und Werbemaßnahmen sindAngelegenheit der zuständigen Stellen, wie z.B. Kammern und Fachverbän-de.

Im Rahmen der von den Kontaktstellen „Frau und Beruf“ angebotenen odervermittelten Existenzgründungsberatungen dürfte das Thema „Qualifikationzur Handwerksmeisterin“ bei den entsprechenden Berufen eine wesentlicheRolle spielen.

Förderung von allein Erziehenden

Die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ fördern z.B. auch die berufliche Quali-fizierung von jungen allein erziehenden Müttern ohne Berufsausbildung. Siesetzen sich dafür ein, dass Teilzeitausbildungen für junge Mütter, verbundenmit entsprechenden Infrastrukturmaßnahmen (insbes. Kinderbetreuung), ver-stärkt ermöglicht werden.

Als Beispiele seien hier genannt:

– Mutter- und Kind-Programm:

Die Kontaktstelle in Stuttgart hat ein spezielles Seminarangebot für alleinerziehende Frauen im Mutter-Kind-Programm konzipiert. Es unterstütztseit 1996 Frauen dabei, die in den ersten drei Lebensjahren des Kindes zu-hause bleiben, den beruflichen Wiedereinstieg vorzubereiten. Insgesamt100 Teilnehmerinnen aus der Region Stuttgart durchlaufen inzwischen proJahr diese Seminare zur beruflichen Wiedereinstiegsplanung.

– Berufsrückkehr:

Die Kontaktstellen informieren Frauen umfassend über Berufsbilder, An-forderungen und Qualifikationen, beraten Frauen bei der Lebensplanungim Zusammenhang mit dem beruflichen Wiedereinstieg, ermutigen zurWeiterbildung. Sie initiieren und etablieren in Kooperationen mit Bil-dungsträgern, Arbeitsämtern und anderen Akteuren auf dem ArbeitsmarktAngebote zur beruflichen Bildung. In Betrieben tragen sie dazu bei, dassevtl. Vorurteile abgebaut werden.

– Teilzeitangebote:

Die Kontaktstelle Mannheim bietet z.B. mit Kooperationspartnern, auchtransnationalen, einen Lehrgang „Fachfrau für modernes Büromanage-ment und Internet“ an. Dieses Qualifizierungsangebot in Teilzeit erleich-tert Arbeit suchenden Frauen den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Konzi-piert ist der 12-monatige Lehrgang für Frauen mit abgeschlossener Berufs-ausbildung. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Europa-Programmes„Now-Neue Chancen für Frauen“ sowie durch das Städtische Sozialamtund das Arbeitsamt Mannheim.

– Sozialhilfeempfängerinnen:

Im Rahmen des EU-Projekts „Neue Wege“ führt die Kontaktstelle Reutlin-gen seit 1995 EU-geförderte Lehrgänge für Sozialhilfeempfängerinnen, inder Regel allein Erziehende, durch. Vorrangiges Ziel ist die beruflicheOrientierung der Frauen und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

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Parallel zur Unterrichtszeit wird Kinderbetreuung und eine sozialpädago-gische Betreuung angeboten.

– Junge Arbeitslose:

Die Kontaktstelle Konstanz und das Arbeitsamt ermöglichen arbeitslosenFrauen unter 25 Jahren die Qualifizierung zur Informationsfachfrau ineiner einjährigen Maßnahme. Dabei wird der kompetente Umgang mit denneuen Medien erlernt. Mit dieser Zusatzqualifikation erhält die angespro-chene Zielgruppe bessere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt.

VII. Jugendsozialarbeit an Schulen (Handlungsempfehlung 1.9)

a) Warum hat es über ein Jahr gedauert, bis die Richtlinien zur Förderungder Jugendsozialarbeit an Schulen vorlagen?

Eine Grundlage des partnerschaftlichen Umgangs der Landesregierung mitden Kommunen bildet die Erkenntnis, dass Förderkonzepte des Landes bes-ser angenommen und mit größtmöglicher Wirksamkeit umgesetzt werden,wenn sie einerseits klare Ziele vorgeben, andererseits so flexibel gestaltetsind, dass die örtlich und regional vorhandenen Strukturen und Potenziale be-rücksichtigt werden können. Die Landesregierung hat sich deshalb dafür ent-schieden, für die Problemlagen junger Menschen im Zusammenhang mitSchulbesuch, sowie Übergang von der Schule in Ausbildung, Beruf und Er-werbstätigkeit neben den von der Enquetekommission empfohlenen Vorha-bensarten Jugendsozialarbeit an Schulen und Jugendagenturen im Rahmenvon regionalen Jugendinitiativen auch noch die von einer InterministeriellenArbeitsgruppe entwickelte Projektart Jugendberufshelfer zu fördern und hier-über in enger Zusammenarbeit mit den öffentlichen und freien Trägern derJugendhilfe gemeinsame Richtlinien auszuarbeiten.

Die beteiligten Ministerien gehen davon aus, dass sich die für diese Aufgabeeingesetzte Arbeit aller Beteiligten ebenso wie die dadurch entstandene (imErgebnis unwesentliche) Verzögerung bezahlt machen wird, weil dadurch

– auf örtlicher Ebene jeweils die Maßnahmen eingeleitet werden können, diedie bestmögliche Berücksichtigung der örtlichen Bedarfslage und den best-möglichen Einsatz der vorhandenen Potenziale ermöglichen und

– die Bewilligungsverfahren gebündelt und aufeinander abgestimmt werdenkonnten.

Im Übrigen hat das Sozialministerium

– dafür Sorge getragen, dass bewährte und zweifelsfrei Erfolg versprechendeVorhaben der Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen bereits im Schul-jahr 1999/2000 gefördert werden konnten und

– durch frühzeitige Ausarbeitung eines Eckpunktepapiers den Trägern Gele-genheit gegeben, ihre Vorhaben rechtzeitig zum Schuljahr 2000/2001 zuplanen.

Wie von vornherein angekündigt, hat das Sozialministerium im Benehmenmit dem Kultusministerium Ende Juli 2000, d.h. noch vor Beginn des Schul-jahrs 2000/2001 die Entscheidung über die Standorte getroffen, die für eineLandesförderung der Jugendsozialarbeit an Schulen anerkannt werden.

b) Was hat das Land unternommen, um die Jugendsozialarbeit an Schulenauch nach Auslaufen der Anschubfinanzierung abzusichern?

und

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c) Wie weit konnte in diesem Zusammenhang ein Einvernehmen mit denLandkreisen, Städten und Gemeinden über die zukünftige Regelförderungvon Jugendsozialarbeit an Schulen erzielt werden?

Die Landkreise, die Stadtkreise und bestimmte kreisangehörige Gemeindenmit eigenem Jugendamt haben als Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl.§ 1 Abs. 1 LKJHG) nach § 79 Abs. 1 SGB VIII die Gesamtverantwortung fürdie Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe. Zu diesen gehören auch die Auf-gaben der Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII. Jugendsozialarbeit anSchulen wird davon umfasst, da sie die schulische und berufliche Ausbil-dung, die Eingliederung in die Arbeitswelt und die soziale Integration derjungen Menschen fördert. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind gehal-ten, die Angebote mit den Maßnahmen der Schulverwaltung, der Schulträger,der Bundesanstalt für Arbeit, der Träger betrieblicher und außerbetrieblicherAusbildung sowie der Träger von Beschäftigungsangeboten abzustimmen.Damit liegt die grundsätzliche Verantwortung für die Planung, Bereitstellungund Förderung der Jugendsozialarbeit an Schulen bei den Jugendämtern undden kommunalen Gremien.

Nach § 82 SGB VIII hat die oberste Landesjugendbehörde die Tätigkeit derTräger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und die Weiterentwicklungder Jugendhilfe anzuregen und zu fördern. Außerdem haben die Länder aufeinen gleichmäßigen Ausbau der Einrichtungen und Angebote hinzuwirkenund die Jugendämter und Landesjugendämter bei der Wahrnehmung ihrerAufgaben zu unterstützen.

Eine Unterstützung der Jugendsozialarbeit an Schulen (als Aufgabe der Trä-ger der öffentlichen Jugendhilfe) durch das Land kommt dann in Betracht,wenn Kommunen durch eine Häufung von Problemstellungen in besonderemMaße belastet sind.

Mit den auf Grund der Empfehlung der Enquetekommission vom Landtagzur Verfügung gestellten Mitteln von – einmalig – 6,5 Mio. DM können Vor-haben der Jugendsozialarbeit an Schulen ab dem Schuljahr 2000/2001 an ins-gesamt 91 Schulen, die unter besonderen sozialen und pädagogischen Bedin-gungen arbeiten, über insgesamt drei Jahre gefördert werden.

Landesregierung, Kommunen und freie Träger messen der Jugendsozialarbeitan Schulen hohe Bedeutung für die Sozialisation und den Schulerfolg junger– insbesondere individuell beeinträchtigter oder sozial benachteiligter – Men-schen bei. Die Kommunen, insbesondere die Jugendhilfeträger, ziehen ihreGewährleistungsverpflichtung für bedarfsgerechte Angebote nicht in Zwei-fel.

Sie erwarten aber die finanzielle Unterstützung des Landes über die Zeit derAnschubfinanzierung hinaus. Land und Kommunen benötigen für ihre Be-wertung und politische Willensbildung die Erfahrungen mit der vom Landgeförderten Jugendsozialarbeit an Schulen. Das Sozialministerium wird dieErkenntnisse aus dem Schuljahr 2000/2001 auswerten und anhand dieser Er-gebnisse die Verhandlungen mit den Kommunalen Landesverbänden über diezukünftige Regelförderung von Jugendsozialarbeit an Schulen aufnehmen.Dabei soll eine Klärung so rechtzeitig durchgeführt werden, dass über dieBereitstellung weiterer Mittel im Rahmen der Haushaltsberatungen für denDoppelhaushalt 2002/2003 entschieden werden kann. In diesem Rahmenwird es auch darum gehen, die Festlegungen der örtlichen Jugendhilfeträgerim Rahmen der Jugendhilfeplanung zu berücksichtigen sowie auch eine an-gemessene finanzielle Beteiligung der Kommunen bei der Jugendsozialarbeitan Schulen zu prüfen und ggf. festzuschreiben.

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VIII. Landesprogramm „Jugend – Arbeit – Zukunft“ (Handlungsempfeh-lung 1.10)

a) Wann, durch wen und mit welchem Ergebnis hat eine erste qualitative undquantitative Bewertung des Landesprogramms „Jugend – Arbeit – Zu-kunft“ stattgefunden und wie wird zukünftig eine regelmäßige Bewertungsichergestellt?

Das Landesprogramm „Jugend – Arbeit – Zukunft“ wird jährlich im Rahmeneines Erfahrungsberichts vom Sozialministerium ausgewertet. Der Erfah-rungsbericht basiert auf der Auswertung von Förderdaten der Bewilligungs-behörden (Regierungspräsidien) und entsprechenden Berichten der Maßnah-meträger. Der Erfahrungsbericht enthält u.a. Angaben über die Zahl der Maß-nahmen, Zahl und Struktur der Teilnehmer sowie die Einmündung der Teil-nehmer in ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis oder den Wechsel in eineandere berufliche Bildungsmaßnahme. Die Ergebnisse finden Eingang in dieaktuellen Ausrichtung der Förderung und sind eine wichtige Grundlage fürdie Förderprioritäten bei der Auswahl neuer Projekte.

b) Wurden die Fördermaßnahmen, insbesondere die Betreuungspauschale fürdie Maßnahmen „Initiativen für Beschäftigung“, finanziell erhöht?

Die Betreuungspauschale des Landesprogramms für die maßnahmebegleiten-den Betreuungsmaßnahmen bei den Maßnahmeteilen „Freiwillige Gemein-schaftsarbeiten“ und „Initiativen für Beschäftigung“ wurde im Rahmen derFortschreibung des Landesprogramms zum 1. Januar 1994 von 175 DM auf250 DM pro Teilnehmer und Monat erhöht. Einschließlich der zusätzlichenEinführung einer Pauschale für freizeitpädagogische Maßnahmen (von10 DM pro Teilnehmer und Monat) entsprach dies einer Erhöhung um rd.50 %.

IX. Förderung von Benachteiligten in Betrieben (Handlungsempfeh-lung 1.12)

Wie wurde die Handlungsempfehlung 1.12 und die dort genannten einzelnenMaßnahmen umgesetzt, unter Beteiligung der Wirtschaft, der Arbeitsverwal-tung und der freien Träger der Jugendhilfe ein Gesamtkonzept zur Förderungder beruflichen Integration von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarfzu erarbeiten?

Grundsätzlich ist zunächst festzustellen, dass momentan eine Entspannungauf dem Lehrstellenmarkt konstatiert werden kann. Außerdem sind schuli-sche und außerschulische Förderangebote für Jugendliche mit besonderemFörderbedarf vorhanden.

Vom Wirtschaftsministerium ist derzeit nicht beabsichtigt, ein neues Förder-programm aufzulegen, durch das Betriebe Zuschüsse gewährt bekommen,die Jugendliche mit besonderem Förderbedarf ausbilden.

Für die Schaffung theoriegeminderter Ausbildungsberufe für mehr praktischbegabte Jugendliche tritt das Wirtschaftsministerium seit Jahren ein. Zuletztin einem Schreiben des Wirtschaftsministers vom 21. April 1999 an die zu-ständigen Bundesminister für Wirtschaft sowie für Bildung und Forschung.

Ausgangspunkt des von IHK und Arbeitsamt Göppingen getragenen Modells„Integration durch Ausbildung“ ist die Erkenntnis, dass Jugendliche mit feh-lender sozialer Kompetenz und schulischen Defiziten es zunehmend schwe-rer haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. Grundlage des Modells „Inte-gration durch Ausbildung“ sind bewusst ausgewählte Berufe mit eher prakti-

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scher Ausrichtung. Teilweise wurden von der Kammer Inhalte von Berufen,wie z.B. des Teilezurichters, modernisiert und heutigen Anforderungen ange-passt. Weitere Berufe sind der Gerätezusammensetzer im gewerblichen Be-reich oder der Beruf der Verkäuferin.

Als wesentlichen Erfolgsfaktor betont die Kammer die Ausbildung der Ju-gendlichen in Unternehmen bzw. in Lehrwerkstätten von Unternehmen. Er-gänzend erfolgt eine intensive sozialpädagogische Betreuung, die der Inte-gration und der Vermittlung sozialer Kompetenzen dient. Im Arbeitsamtsbe-zirk Göppingen erlernen z.Zt. ca. 400 Jugendliche einen Beruf nach demGöppinger Modell.

Die Struktur des Göppinger Modells sieht wie folgt aus:

– Der Ausbildungsvertrag wird mit einem Bildungsträger abgeschlossen, derfachlich anerkannt und in der Ausbildung lern- und leistungsschwächererJugendlicher kompetent ist.

– Dieser Bildungsträger sucht für jeden Jugendlichen in Abstimmung mitdem Arbeitsamt einen Kooperationsbetrieb, der die eigentliche beruflicheAusbildung übernimmt.

– Der Bildungsträger nimmt dem Kooperationsbetrieb alle Aufgaben ab, dienicht direkt die Ausbildung betreffen, wie z.B. sozialpädagogische Betreu-ung, Nachhilfen, regelmäßigen Kontakt zum Elternhaus und zur Berufs-schule.

– Der Kooperationsbetrieb bildet ohne finanzielle Zuwendung aus, d.h. erträgt die Sach- und Personalkosten der Ausbildung. Ein Ausbildungsgeldfür den Lehrling in Höhe von 530 DM monatlich trägt das Arbeitsamt, dazualle Sozialabgaben.

Eine Unterstützung von Betrieben, die benachteiligte Jugendliche in ein Ar-beitsverhältnis übernehmen, wird bspw. im Rahmen des Sofortprogrammsder Bundesregierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit (JUMP) ge-leistet. Fördermaßnahmen des Wirtschaftsministeriums existieren hier hinge-gen nicht und sind derzeit auch nicht vorgesehen.

Es ist vor allem die Aufgabe der Kammern und Verbände der Wirtschaft, ihreMitgliedsbetriebe darauf hinzuweisen, dass es im System der rd. 360 derzeitanerkannten Ausbildungsberufen eine ganze Reihe von Berufen gibt, die fürbenachteiligte Jugendliche durchaus geeignet sind, und die Betriebe zu ermu-tigen, in diesen Berufen auch auszubilden.

Im Bereich des Wirtschaftsministeriums ist eine Förderung der sozialpädago-gischen Fortbildung für betriebliche Ausbilderinnen und Ausbilder derzeitnicht vorgesehen.

Die von den Kammern eingestellten und vom Land mitfinanzierten Lehrstel-lenwerber sollen gezielt Unternehmer ansprechen, die bisher nicht oder nichtmehr ausbilden. Wirtschaftsministerium und Arbeitsverwaltung haben dazuein gemeinsames Merkblatt erarbeitet. Für den Einsatz zusätzlicher sozialver-sicherungspflichtig beschäftigter Personen ist eine Förderung aus Mitteln derArbeitsverwaltung und des Wirtschaftsministeriums vorgesehen, ehrenamtlichTätige erhalten eine Aufwandsentschädigung durch das Wirtschaftsminis-terium.

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X. Jugendagenturen

a) Welche regionalen Jugendagenturen existieren derzeit im Land und wieviele sind in Planung?

Die Jugendagenturen sind ein Baustein der seit 1997 modellhaft erprobten re-gionalen Jugendinitiativen bzw. der seit Anfang des Jahres ausgeschriebenenJugendinitiative Baden-Württemberg des Ministeriums für Kultus, Jugendund Sport. Im Rahmen der Jugendagenturen erfolgt die Vernetzung jugendbe-zogener Aktivitäten sowie die Einrichtung von Anlauf- bzw. Kontaktstellenzur Information, Beratung und Begleitung junger Menschen u.a. am Über-gang von der Schule in Ausbildung und Beruf. Die Ausarbeitung und Gestal-tung der Konzeption Jugendagentur obliegt den für die Jugend Verantwort-lichen in den jeweiligen Stadt- bzw. Landkreisen. Im Staatshaushaltsplan sindfür den Aufbau von Jugendagenturen insgesamt 4,4 Mio. DM für die Jahre2000 und 2001 vorgesehen. Darüber hinaus kommen auch Mittel aus demEuropäischen Sozialfonds in Betracht, der ganz besonders die Förderung vonMaßnahmen zur Unterstützung junger Menschen am Übergang von derSchule in Ausbildung und Beruf zum Ziel hat.

Bereits im Rahmen der seit 1997 eingeleiteten regionalen Jugendinitiativenwurde in verschiedenen Stadt- bzw. Landkreisen – u.a. Breisgau-Hoch-schwarzwald, Emmendingen und in der Region Badische Bergstraße – dieKonzeption Jugendagentur modellhaft erprobt. Zum jetzigen Zeitpunkt habendie Jugendagentur Breisgau-Hochschwarzwald, die Jugendagentur „JobCen-tral“ in Weinheim sowie die Jugendagenturen in den Städten Freiburg, Karls-ruhe, Mannheim und im Landkreis Emmendingen ihre Arbeit aufgenommen.Die Landkreise Rhein-Neckar, Sigmaringen, Tuttlingen und Ravensburg ha-ben ein Konzept für eine Jugendagentur dem Ministerium für Kultus, Jugendund Sport vorgelegt – weitere Stadt- bzw. Landkreise wie beispielsweiseBöblingen, Heilbronn, Tübingen und der Hohenlohekreis haben Interessesignalisiert und erarbeiten derzeit einen Konzeptionsentwurf. Es ist davonauszugehen, dass im Rahmen der Jugendinitiative Baden-Württemberg wei-tere Jugendagenturen auf Stadt- bzw. Landkreisebene in den nächsten Mona-ten aufgebaut und entsprechende Förderanträge an das Ministerium für Kul-tus, Jugend und Sport gestellt werden.

b) Welche Erkenntnisse gibt es dabei

– über die Schwerpunkte bei der Konzeption und Einrichtung,

– im Hinblick auf die Akzeptanz bei den beteiligten Institutionen und denJugendlichen,

– über die Umsetzung von regionalen Bündnissen zur Ausbildung und Be-schäftigungsförderung

– über die Kooperation zwischen Schule, Arbeitsverwaltung, Wirtschaftund den Trägern?

Entsprechend den Handlungsempfehlungen der Jugendenquetekommissionliegen die Schwerpunkte vor allem auf einer verbesserten individuellen Infor-mation, Beratung und Begleitung von Jugendlichen u.a. am Übergang vonder Schule in Ausbildung und Beruf sowie im Bereich der Vernetzung ju-gendbezogener Aktivitäten auf Stadt- bzw. Landkreisebene. Bereits durch diegemeinsame Konzeptentwicklung kommt es zu einer Verbesserung der Ko-operation zwischen den beteiligten Institutionen und Partnern (u. a. Kreisju-gendringe, Kreisjugendamt, Arbeitsverwaltung, Schulverwaltung, freie Trä-ger der Jugendarbeit und Jugendhilfe). Detailliertere Erkenntnisse zur Arbeit

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und Ergebnissen einzelner Jugendagenturen liegen auf Grund der noch kur-zen Arbeitsphase noch nicht vor.

XI. Jugendfonds (Handlungsempfehlung 1.16)

a) In welchen Stadt- und Landkreisen wurden Jugendfonds eingerichtet? Wiewerden diese finanziert und wie sind sie ausgestattet?

Durch die Einrichtung von Jugendfonds – weiterer Baustein der Jugendinitia-tive Baden-Württemberg – sollen ergänzend zu den bestehenden Regelförde-rungen aktuelle Initiativen und Projekte von und mit Jugendlichen unterstütztund weitere gesellschaftliche Kräfte (z. B. aus der Wirtschaft) eingebundenwerden. Hierfür sind vonseiten des Landes für jeden Stadt- bzw. LandkreisFördermittel bis zu 40.000 DM mit entsprechender Komplementärfinanzie-rung eingeplant, insgesamt 2 Mio. DM für die Jahre 2000 und 2001.

Ein Antrag auf Einrichtung eines Jugendfonds wurde vom Hohenlohekreis,Ortenaukreis, Rhein-Neckar-Kreis, Schwarzwald-Baar-Kreis, Enzkreis sowievon den Landkreisen Freudenstadt, Ravensburg, Reutlingen und Sigmaringenan das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport gestellt. Weiteres Interessehaben die Landkreise Böblingen, Tübingen, Breisgau-Hochschwarzwald,Zollernalb und der Ostalbkreis sowie die Stadt Freiburg signalisiert.

Bis auf den bereits im Rahmen der modellhaften regionalen Jugendinitiativegegründeten Jugendfonds im Schwarzwald-Baar-Kreis werden die o. g. Ju-gendfonds derzeit mit entsprechender Beratung und Begleitung durch die Ju-gendstiftung Baden-Württemberg aufgebaut. Für jeden Jugendfonds wird einspezielles Image- bzw. PR-Papier erarbeitet. Der Kapitalgrundstock setzt sichaus Mitteln des Landes bis max. 40.000 DM sowie entsprechende Komple-mentärmittel auf kommunaler Ebene zusammen. Der Ortenaukreis, Hohenlo-hekreis und Enzkreis haben zusätzlich eine Modellförderung durch die Ju-gendstiftung Baden-Württemberg in Höhe von 33.000 DM erhalten, dieebenfalls komplementär zu finanzieren ist. Darüber hinaus stellen einzelneLandkreise zusätzliche Mittel zur Verfügung, deren Endsumme noch nichtabgeschätzt werden kann. Ausgestattet sind die jeweiligen Jugendfonds ge-mäß der Satzung mit einer Geschäftsstelle und einem die inhaltliche Arbeitdes Jugendfonds begleitenden Kuratorium.

b) Welche Projekte und Initiativen werden mit Hilfe der Jugendfonds finan-ziert?

Durch den Jugendfonds sollen ergänzend zu der bestehenden Regelförderungaktuelle Initiativen und Projekte von und mit Jugendlichen unterstützt wer-den. Erste konkrete Projektförderungen können vom bereits laufenden Ju-gendfonds Schwarzwald-Baar-Kreis berichtet werden:

– Sprachförderung und Berufsorientierung für junge Aussiedler/-innen, diekeinen weiteren Anspruch auf Sprachkurse über staatliche Mittel haben

– Bewerbungstraining, EDV-Schulung für je eine Gruppe Schüler/-innen imBVJ

– Freizeittreff für behinderte und nicht behinderte junge Menschen

– Projekt „Schulfabrik“, in dem an einer gewerblichen Schule durch die Pro-duktion kleiner Geschenkartikel praxisorientiertes Handeln eingeübt wird

– Malprojekt zur Verarbeitung von Kriegs- und Fluchterlebnissen für Asylbe-werberkinder

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c) Wie wird sichergestellt, dass die Stadt- und Kreisjugendringe, die freienTräger sowie der Jugendhilfeausschuss an der Entscheidung über die Ver-gabe der Gelder beteiligt werden?

Bei den bisherigen Entscheidungen hinsichtlich der Einrichtung eines Ju-gendfonds war der jeweilige Jugendhilfeausschuss des Stadt- bzw. Landkrei-ses im Rahmen der üblichen Konsultation beteiligt. Vertreter der Stadt- undKreisjugendringe sowie der freien Träger der Jugendarbeit und Jugendhilfekönnen gemäß der Satzung des Jugendfonds als Mitglieder dem Kuratoriumdes Jugendfonds angehören und sind somit bei der Vergabe der Gelder betei-ligt.

XII. Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement junger Menschen(Handlungsempfehlung 2)

a) Wie haben sich beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und beim Freiwilli-gen Ökologischen Jahr (FÖJ) in den vergangenen Jahren die Zahlen derInteressentinnen und Interessenten, der bereitgestellten Plätze und derTeilnehmerinnen und Teilnehmer entwickelt?

Freiwilliges Soziales Jahr

Die Zahlen der Helferinnen und Helfer im Freiwilligen Sozialen Jahr habensich in den letzten Jahren wie folgt entwickelt:

1995: 18051996: 20391997: 20431998: 21281999: 2201

Für das Jahr 2000 liegen, da das FSJ-Jahr erst im September beginnt, nochkeine Angaben vor.

Das Sozialministerium steht in regelmäßigem Kontakt mit den Trägern desFSJ. Sie haben berichtet, dass allen geeigneten Bewerberinnen und Bewer-bern die Ableistung des FSJ ermöglicht werden konnte. Die Zahl der angebo-tenen Plätze dürfte die Zahl der beschäftigten Helferinnen und Helfer leichtübersteigen.

Freiwilliges Ökologisches Jahr

Die Zahl der bereitgestellten Plätze lag seit der Einrichtung des FÖJ in Ba-den-Württemberg im Jahr 1990 bei 60 Plätzen in den klassischen BereichenUmwelt und Natur. Mit Beginn des Jahrgangs 1999/2000 am 1. Septem-ber 1999 wurden die FÖJ-Plätze um 50 % auf 90 erhöht und das FÖJ gleich-zeitig um das FÖJ in der Wirtschaft, einem Modellprojekt des Landes mit ba-den-württembergischen Wirtschaftsunternehmen, thematisch erweitert.

Im Durchschnitt der vergangenen Jahre kamen auf einen angebotenen Platzrund vier Bewerbungen (FÖJ-Jahrgänge 1995/96 und 1996/97: 260 Bewer-bungen; FÖJ-Jahrgänge 1997/98 und 1998/99: 230 Bewerbungen). Bei denFÖJ-Jahrgängen 1999/2000 und 2000/2001 ist die Zahl der Bewerberinnenund Bewerber auf 200 zurückgegangen.

Die bis zum 31. August 1999 eingerichteten 60 Plätze waren bei allen Jahr-gängen voll besetzt. Der FÖJ-Jahrgang 1999/2000, mit dem am 1. Septem-ber 1999 erstmals 90 Plätze angeboten wurden, war mit 85 Plätzen das ersteMal seit Bestehen des FÖJ nicht ausgebucht. Der am 1. September 2000 be-

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ginnende FÖJ-Jahrgang 2000/2001 ist mit 90 Teilnehmer/innen, davon 10 Ju-gendlichen, die ein FÖJ in der Wirtschaft absolvieren, wieder komplett be-setzt.

Das Ministerium für Umwelt und Verkehr und die Landeszentrale für politi-sche Bildung beabsichtigen, durch Werbemaßnahmen den Bekanntheitsgraddes FÖJ und das Interesse der Jugendlichen wieder zu erhöhen. Dabei sollinsbesondere die Zielgruppe der Hauptschüler/innen angesprochen werden.Auch für das Modellprojekt „FÖJ in der Wirtschaft“ soll besonders geworbenwerden.

b) Was hat die Prüfung bzw. Umsetzung der in den Handlungsempfehlun-gen 2.1 bis 2.4 genannten Maßnahmen ergeben und welche weiterenSchritte sind geplant?

Freiwilliges Soziales Jahr

Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) bietet Jugendlichen zwischen dem 17. und27. Lebensjahr die Chance, sich für Mitmenschen und Gemeinschaft sinnvollzu engagieren und wichtige Erfahrungen für die Zukunft zu sammeln. DieTeilnahme am FSJ bedeutet für junge Menschen die Möglichkeit, Solidaritätund Selbstverantwortung einzuüben. Rund jeder fünfte Teilnehmer am Frei-willigen Sozialen Jahr – bundesweit gesehen – kommt aus Baden-Württem-berg.

Mit den bei Kapitel 0918 Titel 68406 veranschlagten Haushaltsmitteln wer-den die einführende sowie die begleitende Betreuung der Helferinnen undHelfer mit einem Pro-Kopf-Betrag gefördert. Die Mittel dienen damit un-mittelbar der Qualitätssicherung der Maßnahmen. Die Mittel waren bisherausreichend.

Die Motivation für die Ableistung dieser ehrenamtlichen Tätigkeit ist unter-schiedlich. Die meisten jungen Menschen, die das FSJ ableisten, wollen sichselbst finden und beruflich orientieren. Infolgedessen biete das FSJ den Teil-nehmerinnen und Teilnehmern neben der praktischen Arbeit eine pädagogi-sche Betreuung. Beides zusammen ermöglicht soziales Lernen, erhöht die so-ziale Kompetenz und verbessert dadurch auch ihre berufliche Zukunftsper-spektive.

Zur Steigerung der Attraktivität des FSJ wurden folgende Maßnahmen einge-leitet bzw. sind geplant:

– Bundesratsinitiative

Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Freiwilligen Sozialen Jahres unddes Freiwilligen Ökologischen Jahres gilt ein durch Bundesgesetze vorge-schriebenes Mindestalter. Dieses soll um ein Jahr auf dann 16 Jahre, imAusnahmefall auf bereits 15 Jahre herabgesenkt werden, um jüngeren Be-werberinnen und Bewerbern die Teilnahme an diesen freiwilligen Dienstenzu ermöglichen. Dadurch kann die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilneh-mer weiter gesteigert werden. Durch die vorgesehene Vorschrift wird ins-besondere Hauptschul- und Realschulabsolventinnen und Hauptschul- undRealschulabsolventen ermöglicht, sich zwischen Schulabschluss und Be-rufsausbildung an einem solchen freiwilligen Programm zu beteiligen. Sieerhalten so die Möglichkeit, die Zeit der Lehrstellensuche sinnvoll zuüberbrücken.

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Außerdem sollen den Trägern des Freiwilligen Sozialen Jahres und denTrägern des Freiwilligen Ökologischen Jahres bei der Organisation der Se-minare mehr Bewegungsspielräume eröffnet werden.

Insoweit werden Vorschläge des Arbeitskreises Freiwilliges Soziales Jahrund der Zukunftskommission Gesellschaft 2000 der Landesregierung Ba-den-Württemberg aufgenommen und die Ankündigungen des Herrn Minis-terpräsidenten anlässlich des Zukunftskongresses der Landesregierung inMannheim am 15. März 2000 umgesetzt.

Derzeit kann das FSJ in Deutschland und im europäischen Ausland abge-leistet werden. Es ist vorgesehen, die Möglichkeit der Ableistung des FSJauch in Israel zuzulassen. Hierfür spricht insbesondere die besondere Be-ziehung zu Israel.

Eine Ausweitung des Gesetzes über das Freiwillige Soziale Jahr dergestalt,dass über die im FSJ genannten Bereiche Pflege, Erziehung und Hauswirt-schaft weitere Einsatzfelder einbezogen werden, würde den Charakter desFSJ verändern und den Erfolg der Bundesratsinitiative gefährden. Mit demKultusministerium besteht aber Einigkeit darüber, dass Einsatzstellen fürdie Ableistung des FSJ im Bereich von Sport und Musik möglich sind, dainsoweit vorwiegend eine Betätigung in der Jugendhilfe erfolgt.

– Eckpunkte zur Weiterentwicklung auf Landesebene

Um die Attraktivität des FSJ zu steigern, sind neben dieser Bundesratsiniti-ative auch Aktivitäten auf Landesebene vorgesehen.

Das Sozialministerium hält es für erforderlich, für die Freiwilligendienstezu werben und die Rahmenbedingungen für die Ableistung des FSJ weiterzu verbessern.

Das Sozialministerium hat hierzu den Arbeitskreis Freiwilliges SozialesJahr, die Liga der freien Wohlfahrtspflege, die kommunalen Landesverbän-de sowie das Staatsministerium und das Ministerium für Kultus, Jugendund Sport zu einem Arbeitskreis eingeladen und zusammen Eckpunkte zurWeiterentwicklung des FSJ entwickelt, die demnächst vorgestellt werden.

Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)

Für das FÖJ in Baden-Württemberg ist die Landeszentrale für politische Bil-dung der einzig anerkannte öffentliche Träger. Einen freien Träger gibt esbisher nicht.

Die Anzahl der in Baden-Württemberg angebotenen FÖJ-Plätze richtet sichnach der Höhe der im Landeshaushalt für das jeweilige Haushaltsjahr einge-stellten Haushaltsmittel. Darüber hinaus wird das FÖJ vom Bundesministe-rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch jährliche Zuweisungenaus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes gefördert.

Im Jahr 1999 wurden zu Gunsten des FÖJ zusätzliche Landesmittel bereitge-stellt. Dadurch war es möglich, die Zahl der Plätze ab dem 1. Septem-ber 1999, dem Beginn des FÖJ-Jahrgangs 1999/2000, unter Beibehaltung derQualität von 60 auf 90 zu erhöhen.

Das Ministerium für Umwelt und Verkehr steht der Anerkennung freier Trä-ger grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Die Zulassung als Träger richtetsich nach dem Einführungserlass zur Zuwendungsrichtlinie des Umweltmi-nisteriums für die Förderung des FÖJ und der Zuwendungsrichtlinie (Förder-

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richtlinie FÖJ – FrFÖJ) vom 17. Januar 1995 (GABl. Nr. 2 vom 28. Fe-bruar 1995). Bisher hat sich beim Ministerium für Umwelt und Verkehr je-doch kein freier Träger um eine Anerkennung bemüht, der die rechtlichenVoraussetzungen erfüllt.

Für das FÖJ in Baden-Württemberg ist die Landeszentrale für politische Bil-dung einzig anerkannter, öffentlicher Träger. Diese zentrale Lösung hat sichin der Vergangenheit gut bewährt:

Die Landeszentrale erbringt die zentralen gesetzlich vorgegebenen und orga-nisatorischen Leistungen eigenständig. Die Einsatzstellen und ggf. ihre Trä-gerorganisationen können sich durch diese Entlastung auf ihre fachliche undpädagogische Aufgabe konzentrieren. Die einheitliche Trägerschaft garantiertaußerdem eine Kostenminimierung beim organisatorischen Aufwand.

Die zentrale Lösung vereinfacht auch den Zugang für die jugendlichen Inter-essenten und Bewerber für ein FÖJ.

Das FÖJ bietet ein vielfältiges, breit differenziertes Angebot an Tätigkeitsfel-dern und Einsatzstellen. Einsatzstellen und FÖJ-Plätze sind bei freien, ge-meinnützigen Trägern, anerkannten Jugendorganisationen, Trägern der allge-meinen Jugendpflege, Bildungseinrichtungen und öffentlichen Trägern ein-gerichtet. Auf diese Weise sind die verschiedensten gesellschaftlichen Grup-pen im FÖJ vertreten, wie kirchliche und kommunale Träger, Landesverwal-tung, Umwelt- und Naturschutzorganisationen, private Landwirtschafts- undGartenbaubetriebe sowie seit dem Jahr 1999 Wirtschaftsbetriebe unterschied-licher Branchen. Die Anerkennung als Einsatzstelle erfolgt durch die Landes-zentrale auf einen entsprechenden Antrag. Die inhaltliche und programmati-sche Unabhängigkeit der Einsatzstellen wird von der Landeszentrale für poli-tische Bildung zugesichert.

Durch den Pluralismus der Einsatzstellen, dessen Wahrung garantiert ist, sinddie freien Träger faktisch in das FÖJ involviert. Durch die Vielfalt der Ein-satzstellen und Aufgaben werden die am FÖJ teilnehmenden Jugendlichenauch vor einer ggf. trägerabhängigen Einseitigkeit geschützt.

Soziales Lernen

Soziales Lernen ist Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schulenin Baden-Württemberg. Sowohl im fachlichen und überfachlichen Unterrichtals auch im Rahmen von besonderen Projekten nehmen sich die Schulen die-ses Auftrages an. Das Kultusministerium unterstützt und ermutigt die Schu-len, hier geeignete Projekte in Kooperation mit Trägern aus dem sozialen Be-reich zu entwickeln. Insbesondere durch Praktika in sozialen Einrichtungenz.B. für Menschen mit Behinderungen oder der Altenpflege können Schüle-rinnen und Schüler lernen und nachhaltige Erfahrungen sammeln. Eine Reihevon Schulen hat regelmäßige Kontakte dieser Art eingeführt. Auch im Hin-blick auf spätere berufliche Tätigkeiten werden Praktika im sozialen Bereichdurchgeführt.

Projekt „Soziales Lernen“

Nach der Durchführung des Modellprojekts „Soziales Lernen“ wurde am21. März 2000 die Agentur „mehr wert“ (Agentur für soziales Lernen GmbH)vom Diakonischen Werk Württemberg als Daueraufgabe gegründet. DieseAgentur will für junge Menschen in Schulen, Jugendarbeit und Berufsausbil-dung Lerngelegenheiten in anderen sozialen Feldern vermitteln, wird an derVor- und Nachbereitung beteiligt sein, um damit jungen Menschen die Chance„sozialer Ersterfahrungen“ in sozialen Einrichtungen zu verschaffen. Die

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Agentur wird mit den vorhandenen Einrichtungen, insbesondere im Bereichder Schulaufsicht, eng zusammenarbeiten. Die Agentur „mehr wert“ soll fi-nanziell von Stiftungen getragen werden, aber auch einen Kostenanteil beiInanspruchnahme fordern.

XIII. Jugendpolitik (Handlungsempfehlung 3.2–3.5 und 3.10)

a) Hat das Land inzwischen – unter Berücksichtigung der in den Handlungs-empfehlungen 3.4.1 bis 3.4.5 genannten Leitlinien – ein jugendpolitischesGesamtkonzept entwickelt bzw. fortgeschrieben und mit den verantwort-lichen Trägern und Verbänden der Jugendhilfe gemeinsam erörtert undabgestimmt? Welche Ergebnisse und Konsequenzen ergeben sich daraus?

Die Landesregierung sieht die Entwicklung eines jugendpolitischen Gesamt-konzepts als eine umfassende Aufgabe an, die nur in einzelnen Schritten undin Abstimmung oder im Meinungsaustausch mit allen wesentlichen Partnernverwirklicht werden kann.

Mit der Vorlage der „Jugendpolitischen Konzeption der Landesregierung“ imJahre 1995 wurden erstmals die wichtigsten jugendpolitischen Handlungsfel-der zusammengefasst. Die dort ausgewiesenen Schwerpunkte standen in denFolgejahren im Mittelpunkt der jugendpolitischen Aktivitäten der Landesre-gierung. Es ist vorgesehen, die jugendpolitische Gesamtkonzeption zu Be-ginn der kommenden Legislaturperiode fortzuschreiben.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2000 hat die Landesregierung dem Landtag denLandesjugendbericht Baden-Württemberg übersandt. Der Entwurf dieses Be-richts wurde von der Familienwissenschaftlichen Forschungsstelle beim Sta-tistischen Landesamt aufgestellt, die dabei von einem Projektbeirat aus Ver-tretern der maßgeblichen Verbände und der jugendpolitischen Beratungsgre-mien beraten wurde.

Diesen Bericht und seine Beratung im Landtag wie auch in den Gremien derTräger der Jugendhilfe und in den Beiräten nach § 8 LKJHG sieht die Lan-desregierung als wesentlichen Schritt auf dem Wege zur Entwicklung des an-gestrebten Gesamtkonzepts an. Weitere Schritte sind die Landesjugendpläne,die dem Landtag jeweils im Zusammenhang mit der Einbringung des Ent-wurfs des Staatshaushaltsplans zugeleitet werden. Auch detailliertere Schrittewie die vielfältigen Kooperationen zur Umsetzung der Empfehlungen derEnquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ sind hier zu nennen.

So hat das Sozialministerium – wie zu Ziff. XII bereits dargestellt – zusam-men mit dem Kultusministerium gemeinsame Richtlinien der Förderung derJugendsozialarbeit an Schulen, des Projektes Jugendberufshelfer sowie vonJugendagenturen entwickelt. Mit unterschiedlichen Ansätzen unterstützen dieProjekte leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler sowie benachteiligteJugendliche schon in der Schule und vor allem in der kritischen Lebensphase,in der sie die Schule verlassen und lernen sollen, ihr Leben selbstverantwort-lich zu gestalten und den Eintritt in das Berufsleben zu vollziehen. Sie deckendabei unterschiedliche Bereiche ab, wobei vorhandene örtliche Struktureneingebunden werden können. Sie sind Teil eines Gesamtangebotes des Lan-des zur Eingliederung junger Menschen in die Gesellschaft.

Dieser Teilbereich wird von der Landesregierung als eine gute Grundlage an-gesehen, die anderen Teilbereiche der Jugendpolitik in vergleichbarer Weisemit den Verbänden der öffentlichen und der freien Jugendhilfe abzustimmen.

Das Sozialministerium hat in einer weiteren Arbeitsgruppe zur Umsetzungder Handlungsempfehlungen der Enquetekommission mit den dort vertrete-nen Verbänden der freien und der öffentlichen Jugendhilfe Übereinstimmung

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darüber erzielt, dass das von den Verbänden gewünschte Konzept der sorgfäl-tigen Vorbereitung und Abstimmung bedarf und deshalb in dieser Legislatur-periode nicht mehr bewältigt werden kann. Dafür spricht auch die Überle-gung, dass nicht versäumt werden sollte, die Erfahrungen mit der Umsetzungder Handlungsempfehlungen und Erkenntnisse über die Notwendigkeit wei-terer Förderung in einzelnen Bereichen mit einzubeziehen (z.B. bei der Ju-gendsozialarbeit an Schulen).

b) Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Umsetzung der Grund-sätze zur Ausgestaltung des Landesjugendberichts im Sinne der Hand-lungsempfehlungen 3.5.2–3.5.6?

Den im Bericht der Enquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ vomMärz 1999 erteilten Empfehlungen für den Landesjugendbericht konnte be-reits im Landesjugendbericht 2000, der erstmalig in dieser Legislaturperiodevorgelegt wurde, im Wesentlichen gefolgt werden. Die empfohlene Darstel-lung der Lebenssituation, von Bedarf und Hilfeangeboten in Bezug auf be-hinderte Menschen muss jedoch einem späteren Zeitpunkt vorbehalten wer-den, da weite Ausschnitte aus der Gesamtheit öffentlicher und gesellschaft-licher Hilfen für behinderte junge Menschen und ihre Angehörigen den Be-reichen Gesundheit, Sozialhilfe und Schule zuzuordnen sind und für den Be-reich der seelisch behinderten jungen Menschen gemäß § 35a Achtes BuchSozialgesetzbuch (SGB VIII), der rechtlich als einziger Bereich der Jugend-hilfe zugewiesen ist, derzeit noch keine Ergebnisse der amtlichen Statistikvorliegen.

Das Statistische Landesamt hat die von der Jugendenquetekommission gefor-derte geschlechtsspezifische Trennung im Bereich der Kinder- und Jugend-statistik, soweit deren Erhebung angeordnet ist und deren Veröffentlichungim Rahmen der jeweiligen Veröffentlichung sinnvoll erscheint, umgesetzt.Damit ist die Grundlage geschaffen bei den zukünftigen Landesjugendbe-richten die geforderte Differenzierung zu leisten.

c) Welche Initiativen vonseiten des Landes sind geplant, um dessen Gesamt-verantwortung für die Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse für Kin-der und Jugendliche gerecht zu werden und im Sinne der Handlungsemp-fehlung 3.10 auf eine bedarfsgerechte Grundversorgung durch die Jugend-hilfe und damit auch auf ein flächendeckendes Angebot der Kinder- undJugendarbeit hinzuwirken?

Flächendeckende Angebote der Kinder- und Jugendarbeit als Teil einer be-darfsgerechten Grundversorgung durch die Jugendhilfe werden von der Lan-desregierung durch mehrere Initiativen gefördert, die den Trägern inhaltlichewie finanzielle Unterstützung zur Gestaltung aktueller Angebote gewähren.Zu nennen sind hier beispielsweise die Jugendinitiative Baden-Württemberg,durch die auch wichtige Empfehlungen der Jugendenquetekommission um-gesetzt werden (Vernetzung ausbildungs- und berufsrelevanter Angebote aufKreisebene im Rahmen von Jugendagenturen, Einrichtung von Jugendfonds),die Integration ausländischer und ausgesiedelter Jugendlicher oder die Nut-zung neuer Medien im Jugendbereich. Durch modellhafte Programme, Hand-reichungen und Leitfäden sowie finanzielle Unterstützung wird eine bedarfs-gerechte Kinder- und Jugendarbeit gefördert.

Zur Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse für Kinder und Jugendlicherwie zur Hinwirkung auf eine bedarfsgerechte Grundversorgung sind insbe-sondere die Änderungen des Landeserziehungsgeldes und die Auswirkungendes novellierten Kindergartengesetzes zu nennen.

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– Änderungen des Landeserziehungsgeldes

Der Landtag hat am 19. Juli 2000 eine deutliche Aufstockung der Leistun-gen für das Landeserziehungsgeld beschlossen. Mit der Erhöhung der Ein-kommensgrenzen, der Freibeträge für weitere Kinder und des Zahlbetragesab dem 3. Kind für Geburten ab 1. Januar 2001 werden mehr Familien mitgeringem Einkommen in einem 3. Lebensjahr des Kindes unterstützt wer-den. Die Einkommensgrenze wird für Geburten ab 1. Januar 2001 bei2.700 DM monatlich für Verheiratete und bei 2.200 DM für allein Erzie-hende liegen. Die Freibeträge für weitere Kinder werden angehoben von300 DM auf 350 DM für Geburten ab 1. Januar 2001, auf 400 DM für Ge-burten ab 1. Januar 2002 und auf 450 DM für Geburten ab 1. Januar 2003.Der Zahlbetrag wird für ab 1. Januar 2001 geborene dritte und weitereKinder von 400 DM auf 600 DM aufgestockt.

Die Ausgaben für das Landeserziehungsgeld betrugen im Jahr 1999 über140 Mio. DM. Mit der Erhöhung der Einkommensgrenzen, der Freibeträgeund des Zahlbetrags ab dem dritten Kind für Geburten ab 1. Januar 2001erhöht sich der Mittelbedarf für das Landeserziehungsgeld um jährlichvoraussichtlich 60 Mio. DM. Die Zahl der Bewilligungen wird voraus-sichtlich von ca. 30.000 auf ca. 37.000 pro Jahr ansteigen.

– Auswirkungen des novellierten Kindergartengesetzes

Das im Zeitpunkt der Ausgabe der Handlungsempfehlungen der Enquete-kommission (Landtags-Drucksache 12/3570 vom 3. März 1999) bereitsverabschiedete novellierte Kindergartengesetz in der Fassung vom15. März 1999 (GBl. S. 151) unterbreitet mit seinen verschiedenen zu-schussfähigen Gruppenformen in Tageseinrichtungen für Kinder eine anderen Bedürfnissen ausgerichtete pädagogische Angebotsvielfalt und trägtauch im familien- und frauenpolitischen Interesse zu einer weiteren Ver-besserung der Rahmenbedingungen für eine angemessene Vereinbarkeitzwischen Familie und Arbeitswelt bei.

Die Träger der Tageseinrichtungen für Kinder haben das neue Gesetzdurchweg rasch und intensiv umgesetzt mit der Folge, dass sich die Anzahlder flexibel gestalteten, insbesondere ganztägig, mit verlängerter Öff-nungszeiten oder altersgemischt geführten Gruppen zwischen 1998 und2000 nahezu verdoppelt hat (1998: 2651; 2000: 5226).

Für die Gewährung der Landeszuschüsse hat das Land 1999 706 Mio. DMzur Verfügung gestellt; im Haushaltsjahr 2000 wird voraussichtlich ein Zu-schussvolumen von rund 735 Mio. DM erreicht werden.

Im Übrigen hat der Ministerrat mit Beschluss vom 18. Juli 2000 das Sozi-alministerium beauftragt, ihm bis 30. September 2001 über den Bestandund die (weitere) Fortentwicklung der Kinderbetreuung unter besondererBerücksichtigung des Kindergartenwesens und der Angebote für Kinderunter drei Jahren einschließlich altersgemischter Gruppen (mit Kindergar-tenkindern, Kindern unter drei Jahren und Schulkindern) und Tagespflege-stellen zu berichten.

XIV. Kooperation von Jugendhilfe und Schule (Handlungsempfehlung 3.6und 3.12)

a) Welche Schritte wurden unternommen, um die Kooperation von Jugendhil-fe und Schule in Baden-Württemberg entsprechend den Handlungsempfeh-lungen 3.6, sowie 3.12.1 bis 3.12.3 zu unterstützen, zu fördern und auszu-bauen?

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Jugendsozialarbeit an Schule

Auf der Grundlage der Handlungsempfehlungen der Jugendenquetekommis-sion wurden im Haushalt des Sozialministeriums 2000/01 zur Förderung derJugendsozialarbeit an Förder-, Haupt- und Berufsschulen (insbesondere imBerufsvorbereitungsjahr) 6,5 Mio. DM bereitgestellt.

Das federführende Sozialministerium hatte zur Vorbereitung der Umsetzungeine Arbeitsgruppe eingerichtet, an der neben den kommunalen Landesver-bänden, den Landeswohlfahrtsverbänden, dem Landesarbeitsamt und den an-erkannten freien Trägern der Jugendhilfe auch das Kultusministerium betei-ligt war. Die Arbeitsgruppe hatte ein Eckpunktepapier zur Förderung der Ju-gendsozialarbeit an Schulen erarbeitet. Dieses Eckpunktepapier war Grundla-ge für die „Gemeinsamen Förderrichtlinien des Sozialministeriums und desKultusministeriums für die Förderung von Jugendsozialarbeit an Schulen“.Diese Förderrichtlinien wurden vom Ministerrat am 28. März 2000 zustim-mend zur Kenntnis genommen. In den Förderrichtlinien wurde eine bestimm-te Konzeption für die Umsetzung der Jugendsozialarbeit an Schulen nichtvorgegeben. Vielmehr müssen entsprechende beispielsweise genannte Akti-vitäten je nach den Erfordernissen vor Ort unter Berücksichtigung der dorti-gen Arbeitsschwerpunkte ausgestaltet werden. Hinsichtlich der qualitativenAnforderungen an die Jugendsozialarbeit an Schulen wird auf die veröffent-lichte gemeinsame Darstellung der beiden Landesjugendämter „Jugendhilfeund Schule: Projekte des Zusammenwirkens in Baden-Württemberg“ Bezuggenommen.

Das Sozialministerium hat nach dem Beschluss des Ministerrats in der dorti-gen Ausschreibung Antragsfrist bis 31. Mai 2000 gesetzt. Die darauf einge-gangenen 269 Anträge wurden vom Sozialministerium im Benehmen mitdem Kultusministerium ausgewertet und die Auswahl der Förderstandortegetroffen. Mit den vorhandenen Mitteln könnenVorhaben der Jugendsozialar-beit an Schulen an insgesamt 91 Schulen über eine Förderzeit von drei Jahrengefördert werden.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die ausgewählten Vorhaben zurStärkung der Jugendsozialarbeit an Schulen ab Beginn des Schuljahres2000/01 ihre jeweiligen Konzepte umsetzen.

Formen erweiterter Kernzeitbetreuung/Kooperation zwischen Schuleund tagesbetreuenden Angeboten

Siehe hierzu Antwort zu Ziffer XIX.

Kooperation zwischen Schule und Angeboten der offenen und verband-lichen Jugendarbeit

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport setzt sich für den Ausbau derKooperation Jugendarbeit/Schule ein. Die Bedeutung dieses Handlungsfeldeswächst. Es werden ständig mehr Kooperationsmaßnahmen konkret durchge-führt. Die fortschreitenden gesellschaftlichen Veränderungen erfordern eineStärkung und Ausbau der Kooperation Jugendarbeit und Schule. Insbesonde-re die fortschreitende Individualisierung sowie der vielfach beschriebeneWertewandel stellen den schulischen sowie den außerschulischen Bereichvon neue Herausforderungen. Zunächst wird durch die Kooperation der le-bensweltorientierte Ansatz gestärkt. Insgesamt wird somit die Förderung derPersönlichkeitsentwicklung junger Menschen sowie die Wertevermittlung inJugendarbeit und Schule gefördert.

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Die Mittel zur Förderung der Kooperation Sportverein/Schule wurden von1,2 Mio. DM in 1999 auf 2,75 Mio. DM im Jahr 2000 erhöht. Daneben för-dert das KM die Kooperation durch Publikation von Leitfäden. Der Leitfaden„Kooperation Jugendarbeit/Schule“ gibt eine allgemeine Einführung in dasThema, im Leitfaden „Kooperation zwischen Jugendarbeit und Schule. Pra-xisbeispiele“ sind gelungene Projekte dargestellt. Der Leitfaden „Integrationausländische Jugendliche“ dokumentiert erfolgreiche Integrationsprojekteauch aus dem Bereich Kooperation Jugendarbeit/Schule und stellt das För-derprogramm vor. Neu erschienen sind die Leitfäden zu den Themen „Erleb-nispädagogik“ und „Juniorenfirmen“.

Bereits im Sommer 1999 startete das Ministerium für Kultus, Jugend undSport in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendring das Förderprogramm„Kooperation Jugendarbeit/Schule“. Der Erfolg dieses Programms, aber auchder große Bedarf in diesem Bereich lässt sich an dem Antragsvolumen able-sen, das – obwohl das Programm erst im Sommer 1999 gestartet wurde – bisDezember 1999 über 1 Mio. DM betrug. In 1999 wurden über 100 Projekteaus diesem Förderprogramm mit insgesamt 560 TDM gefördert, darunterauch die Ausbildung von Mentoren.

Bestandteil des Förderprogramms Integration ausländischer Jugendlicher istdas Teilprogramm „Integration im Bereich der Kooperation Jugendarbeit/Schule“. Es ist dem Fördervolumen nach das umfangreichste Teilprogramm.Die vorgesehene Fördersumme wurde von 300 TDM in 1999 auf 340 TDMim laufenden Jahr erhöht. 1999 konnten durch Umschichtung über 80 Koope-rationsprojekte im Bereich Integration im Umfang von 580 TDM gefördertwerden.

Kooperation zwischen Schule und Angeboten der Erziehungshilfe, wiesoziale Gruppenarbeit und Tagesgruppen

Wesentliche Beiträge zur verbesserten Kooperation von Jugendhilfe undSchule leisten in Baden-Württemberg seit Jahren die beiden Landesjugend-ämter, die nicht nur durch Fortbildungsveranstaltungen und gemeinsameFachtagungen, sondern auch durch spezifische Förderprogramme und Mo-dellprojekte mit unterschiedlichen Akzenten die Zusammenarbeit von Ju-gendhilfe und Schule vorangebracht haben.

Diese Entwicklung wird durch die Landesförderung der Jugendsozialarbeitan Schulen, die gerade im Zusammenhang mit der Kooperation von Jugend-hilfe und Schule von den Landesjugendämtern und den Kommunalen Lan-desverbänden schon seit längerem gefordert wurde, in ganz besonderem Ma-ße unterstützt.

Darüber hinaus übernimmt das Sozialministerium die Finanzierung von Ko-operationsstunden, die Lehrkräfte der Schulen für Erziehungshilfe an allge-mein bildenden Schulen erbringen, um den dort tätigen Lehrkräften sozialpä-dagogische Kompetenz zu vermitteln. Diese Qualifizierung soll dazu beitra-gen, dass Umschulungen in Schulen für Erziehungshilfe nicht stattfindenmüssen oder früher wieder rückgängig gemacht werden können.

Unbeschadet der Gesamtverantwortung der Stadt- und Landkreise für die be-darfsgerechte Bereitstellung der Hilfen nach dem Jugendhilferecht fördert dieLandesregierung verschiedene Hilfen, die Eltern bei Erziehungsproblemenunterstützen und sie für die Erfüllung ihres Erziehungsauftrages stärken. Be-sonders zu nennen sind neben den Angeboten der Jugendsozialarbeit anSchulen Maßnahmen zur Prävention in Kindergärten und Schulen sowie dasebenfalls von der Jugendenquetekommission empfohlene Projekt „Elternar-beit zur Gewalt in den Medien“, in dem geeignete Multiplikatoren und Multi-

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plikatorinnen medienpädagogische Kompetenz für die Elternarbeit erwerbensollen.

Weiter hat das Sozialministerium auf der Grundlage einer Handlungsempfeh-lung der Jugendenquetekommission zur Integration von jugendlichen Aus-siedlern und Aussiedlerinnen sowie Ausländern und Ausländerinnen ein Pro-gramm erarbeitet, in dem die Stärkung der Erziehungsfähigkeit von zuge-wanderten Eltern einen besonderen Schwerpunkt bilden wird.

Landesarbeitstelle Kooperation

Die Landesarbeitsstelle Kooperation beim Oberschulamt Stuttgart und die inden Staatlichen Schulämtern eingerichteten Arbeitsstellen Kooperation füh-ren Beratungen von Schulen durch und organisieren auch regionale Informa-tions- bzw. Fortbildungsveranstaltungen zur Stärkung der Kooperation zwi-schen Schule und Jugendhilfe. Beispielsweise wird ein von der Landesar-beitsstelle im Juli 2000 durchgeführter Meinungs- und Informationsaus-tausch für die schulischen Vertreter in den Jugendhilfeausschüssen der Stadt-und Landkreise genannt.

Innere Schulreform und Kooperation

Die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Hauptschule und außerschulischenPartnern ist im Rahmen des Reformkonzepts IMPULSE Hauptschule, Kern-punkt 2 „Erfolg in der Hauptschule“ in den Teilprojekten 3 und 4 vorgesehen:

– Teilprojekt 3: Intensivierung von Kooperationen zwischen Hauptschulenund außerschulischen Partnern

Außerschulische Institutionen bieten Unterstützungsmöglichkeiten fürKinder, Jugendliche, Eltern und Schulen. Im Zusammenwirken zwischenHauptschule und Jugendhilfe, deren breit gefächertes Tätigkeitsfeld vonder Beratung über vielfältige Angebote der Betreuung und Jugendarbeit bishin zur Schulsozialarbeit reicht, eröffnen sich Förder- und Stützmöglich-keiten.

Unverzichtbare Partner der Hauptschule sind die Kirchen und Vereine so-wie andere außerschulische Institutionen und Bürgerinnen und Bürger imEhrenamt, die mit ihren Angeboten, z. B. im Bereich der Hausaufgabenhil-fe, der Jugendarbeit oder der Sprachförderung, die pädagogische Arbeitder Hauptschulen unterstützen.

Eine wesentliche Zielsetzung dieser Maßnahmen liegt im Kennenlernendes Engagements und der Arbeit außerschulischer Institutionen. Nicht zu-letzt damit wird bei Schülerinnen und Schülern damit die Grundlage ge-legt, sich aktiv – ggf. zu einem späteren Zeitpunkt ehrenamtlich – in dieGemeinschaft einzubringen, was wiederum zur Stabilisierung einer gesun-den Persönlichkeit beiträgt.

– Teilprojekt 4: Einrichtung variabler Betreuungsbausteine an Hauptschulen

Dieser Kernpunkt des Reformkonzepts korreliert hoch mit dem Kernpunkt„Intensivierung der Kooperation zwischen Hauptschulen und außerschuli-schen Partnern“.

Im Schuljahr 1999/2000 sind in Baden-Württemberg insgesamt 34 öffent-liche Ganztagesschulen im Grund- und Hauptschul- (3) bzw. im Haupt-schulbereich (31) eingerichtet.

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Mittelfristig soll dieser Ganztagesbetrieb an insgesamt 127 Hauptschulen,die unter besonderen pädagogischen Bedingungen arbeiten, eingerichtetwerden. Dies entspricht rd. 10 % aller Hauptschulen bzw. Grund- undHauptschulen.

Ergänzend zu den Ganztagesschulen herkömmlicher und neuer Art werdenvon Hauptschulen pädagogische Betreuungsmodelle entwickelt, die Ein-richtung variabler Betreuungsbausteine. Diese sollen im Baukastensystemund im Rahmen eines Vernetzungsmodells die Lebenslagen schwacher undbenachteiligter Jugendlicher der Hauptschule insbesondere im außerunter-richtlichen Bereich verbessern helfen.

Dabei erhalten Hauptschulen dankenswerter Weise in der Regel Unterstüt-zung von außerschulischen Partnern, Institutionen und Privatpersonen.

Auch mit Unterstützung von Stiftungen werden Schulvereine an Haupt-schulen gegründet und mit einem Fonds ausgestattet.

Die Robert-Bosch-Stiftung hat zu diesem Zweck bereits 400.000 DM denHauptschulen zur Verfügung gestellt, die entsprechende Förder- und Be-treuungsprogramme aufgelegt haben.

Für viele Sonderschulen gehören Partnerschaften mit freien Trägern der Kin-der- und Jugendarbeit, mit Kirchengemeinden und anderen vergleichbarenTrägern zum Normalprogramm. Entsprechende Kooperationen und Partner-schaften sind in den Bildungsplänen verankert, wie der folgende Auszug ausdem Bildungsplan für die Förderschule dokumentiert: „Wenn ergänzende pä-dagogische und therapeutische Maßnahmen neben die Erziehungsarbeit derFamilie und Schule treten müssen, ist der Lehrer auch Partner für Vereine,kirchliche Institutionen, Einrichtungen der Jugend- und Familienhilfe undfachliche Dienste“ (Bildungsplan Förderschule, S. 22). Noch ausführlichersind diese Kooperations- und Beratungsaufgaben im Bildungsplan für dieSchule für Erziehungshilfe ausgeführt.

Tage der Orientierung

Nach der Anlage zu § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Schulbesuchsverordnung wer-den Schüler der Klasse 9 der Hauptschulen, der Klasse 10 der Realschulenund Gymnasien, der Jahrgangsstufe 13 der Gymnasien, der Abschlussklassender Berufsfachschulen, der Berufskollegs mit Ausnahme des einjährigen zurFachhochschulreife führenden Berufskollegs, der Fachschulen für Sozialpä-dagogik sowie Schüler der entsprechenden Klassen der Sonderschulen fürzwei Tage der Besinnung und Orientierung beurlaubt. Nicht-Abschlussklas-sen können für die Teilnahme durch die Schulleitung vom Unterricht befreitwerden.

Diese Tage der Orientierung und Besinnung werden von den ReferatenSchulpastoral und Schülerarbeit sowie den kirchlichen Jugendverbänden al-ler großen Kirchen im Land angeboten.

Diese Orientierungstage bieten die Möglichkeit, dass Klassen oder Schüler-gruppen, außerhalb der Schule Raum und Zeit erhalten, sich und ihre Interes-sen, Meinungen und Fähigkeiten kennen zu lernen. Dies kann zum Ablegenvon Vorurteilen und zu einer Reflexion und Veränderung der Klassensituationführen. Die Themenauswahl richtet sich nach den Interessen der Teilnehme-rinnen und Teilnehmer.

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Häufig werden folgende Themen gewählt: Liebe – Freundschaft – Sexualität,Zukunft, Glaubens- und Lebenssituation, Konflikte mit Eltern und Lehrern,Klassengemeinschaft, Ausländerfeindlichkeit.

Form und Inhalte der Orientierungstage sind immer wieder den gesellschaft-lichen Entwicklungen, Interessen und Bedürfnissen der Beteiligten anzupas-sen.

Die Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass solche Tage einenguten Beitrag für die Werteerziehung und Persönlichkeitsbildung leisten kön-nen.

b) Wie trägt die Landesregierung der Tatsache Rechnung, dass beim bereitseingerichteten Förderprogramm zur Kooperation zwischen Schule undKinder- und Jugendarbeit das Antragsvolumen die zur Verfügung gestell-ten Mittel bei weitem überschreitet?

Der Erfolg des Förderprogramms Kooperation Jugendarbeit/Schule, aberauch der große Bedarf in diesem Bereich lässt sich an dem Antragsvolumenablesen. 1999 betrug es über 1 Mio. DM. Durch Umschichtungen aus ande-ren Bereichen konnten in 1999 zusätzlich zu den vorgesehenen 200.000 DMweitere 360.000 DM zur Verfügung gestellt werden.

Bereits bei Ausschreibung des Programms in der ersten Jahreshälfte 2000wurde eine thematische Eingrenzung für die Auswahl der Projekte vorge-nommen. Vorrangig berücksichtigt werden Projekte aus den Bereichen Kon-fliktschlichtung, Übergang Schule/Beruf und Mentorenausbildung. Je nachAntragslage können auch Projekte aus anderen Bereichen gefördert werden.

Darüber hinaus setzt sich das Ministerium für Kultus Jugend und Sport fürdie Aufstockung der Mittel für das Förderprogramm ein.

Für Projekte im Bereich der Kooperation Jugendarbeit/Schule kommen auchFördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds in Betracht, soweit es umProjekte geht, die präventive Strategien zur Vorbeugung von Jugendarbeits-losigkeit verfolgen.

XV. Verbandliche Jugendarbeit (Handlungsempfehlung 3.7.1)

a) Welche Maßnahmen entsprechend der Handlungsempfehlung 3.7.1.2 hatdie Landesregierung ergriffen, um die Arbeit der Jugendbildung finanziellabzusichern?

Die in der Handlungsempfehlung Nr. 3.7.1.2 genannten Bildungsmaßnahmen(Kapitel 0465, TG 72, Erl. 1–4) sind sowohl im Haushaltsjahr 1999 als auchin 2000 im Rahmen des Haushaltsvollzugs von der Erwirtschaftung globalerMinderausgaben und von Haushaltsvorbehalten freigestellt worden. 1999entstandene Ausgabereste sind nicht gekürzt worden. Hinsichtlich einer Absi-cherung dieser Haushaltsansätze durch Spielbankerträge ist die Meinungsbil-dung innerhalb der Landesregierung noch nicht abgeschlossen.

b) Hält die Landesregierung es für möglich, die Richtlinien zum Landesju-gendplan flexibler zu gestalten, indem die Fördersätze nicht starr festge-schrieben werden, sondern Beträge genannt werden, die i.d.R. über denrealen Fördersätzen liegen und bis zu denen eine Erhöhung möglich ist,um so, je nach Haushaltslage, auf der Grundlage des beschlossenen Lan-desjugendplanes, auch ohne das derzeitige, verwaltungstechnisch sehraufwendige Verfahren einer Korrektur der Richtlinie anzuwenden, eine Be-zuschussung zu ermöglichen?

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Die Landesjugendplanrichtlinien sind bereits flexibel gestaltet; sämtlicheprozentuale Förderangaben sind weich formuliert („bis zu“ bzw. „mindes-tens“). Erst im Rahmen des jeweiligen Haushaltsvollzugs, wenn der Förder-bedarf und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel feststehen, wird indiesem Gesamtrahmen ein landeseinheitlich gültiger Fördersatz für das je-weilige Programm festgelegt.

Ein Verfahren, das lediglich an Stelle der Fördersätze von Beträgen ausgeht,ansonsten aber auch von der jeweiligen Haushaltslage abhängig ist, hätte kei-ne verwaltungstechnischen Vorteile. Die möglichen Gesamtkosten der einzel-nen Förderprogramme bewegen sich außerdem je nach Teilnehmerzahl undLeistungsumfang auf einer großen Bandbreite, sodass die Vorgabe vonHöchstbeträgen nicht praktikabel wäre.

Im Übrigen wären die Landesjugendplanrichtlinien wegen allgemeiner Kos-tensteigerungen ständigen Änderungen unterworfen. Dies würde eher zurVerwirrung bei den (ehrenamtlich geführten) Jugendorganisationen führenund wäre auch aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht vertretbar.

c) Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, bei Jugenderholungs-maßnahmen den Schlüssel Teilnehmer : Betreuer von bislang 11 : 1 im Sin-ne einer Erhöhung der Anzahl der Betreuer zu verändern?

Die Teilnehmer-Betreuer-Relation beträgt lediglich bei Erholungsaufenthal-ten in Heimen und Zeltlagern 11 : 1. Bei Jugendgruppenfahrten und Skifrei-zeiten (6 : 1), Jugenderholungsaufenthalten mit behinderten Teilnehmern (biszu 3 : 1) und Freizeiten mit schwerstbehinderten Teilnehmern (bis zu 1 : 1) istbisher schon ein höherer Betreuereinsatz vorgesehen.

Eine Veränderung dieser Schlüssel wäre nur bei einer entsprechenden weite-ren Aufstockung der Haushaltsansätze bei Kapitel 0465 TG 71 durch denLandtag möglich. Erst in diesem Jahr ist eine Erhöhung des Tagessatzes fürpädagogische Betreuer von bis zu 15 DM auf bis zu 17 DM vorgenommenworden. Der Betreuerschlüssel ist zuletzt 1990 von 12 : 1 auf 11: 1 verbessertworden.

d) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um die Förderungder Jugendhilfe und Jugendarbeit langfristiger anzulegen und dadurchmehr Planungssicherheit für die Träger zu schaffen?

Jugendarbeit

Die Landesregierung hat die Jugend zu einem Schwerpunkt ihrer Politik ge-macht. Dies hat u. a. dazu geführt, dass die Haushaltansätze des Landesju-gendplans im Bereich der Jugendarbeit in den vergangenen Jahren fast aus-nahmslos von Kürzungen ausgenommen worden sind. Hiervon geht bereitseine gewisse Planungssicherheit für die Jugendverbände aus. Durch dieMittelaufstockung infolge der Handlungsempfehlungen der Jugendenquete-kommission ist außerdem das Förderniveau nochmals deutlich angehobenworden.

Über die künftige Fördersituation und eine stärkere Planungssicherheit wirdjeweils im Rahmen der Aufstellung der Staatshaushaltspläne unter Abwä-gung aller Gesichtspunkte, insbesondere auch im Hinblick auf die Bedeutungder verbandlichen Jugendarbeit, zu entscheiden sein.

Soziale Jugendhilfe

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Handlungsempfehlungen wurdenzur Förderung der Jugendhilfe im Bereich des Sozialministeriums zusätzliche

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Haushaltsmittel bereitgestellt; diese wie auch die bisher schon in Kapi-tel 0918 des Einzelplans des Sozialministeriums zur Verfügung gestelltenMittel wurden ausnahmslos von Kürzungen bzw. Einsparauflagen ( z.B. glo-balen Minderausgaben ) ausgenommen.

Im Bereich des Sozialministeriums können nach der Zweckbestimmung „zurFörderung des Sozialbereichs“ Mittel des Wettmittelfonds auch für Zuschüs-se im Bereich der Jugendhilfe verwendet werden. Im Rahmen der Verhand-lungen für die zukünftige Verteilung der Mittel des Wettmittelfonds innerhalbdes Sozialministeriums ist mittelfristig eine Absicherung einzelner in Kapitel0918 (Jugendhilfe) des Staatshaushaltsplans veranschlagter Mittel über denWettmittelfonds angestrebt.

e) Ist vorgesehen, die Bewilligungszuständigkeit bei der Abwicklung des Lan-desjugendplans an die Jugendarbeit, etwa an den Landesjugendring zuübertragen?

In den Förderfeldern der Laienmusik, des Amateurtheaterwesens und derMusikschulen hat im Rahmen des Kapitels 0465 bereits im Jahr 1998 eineÜbertragung von Verwaltungszuständigkeiten auf leistungsfähige Dachver-bände im Einvernehmen mit diesen stattgefunden. Diese Übertragungen stan-den u.a. in Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Regierungspräsi-dien. Die Erfahrungen werden derzeit unter Einbindung des Rechnungshofesausgewertet. Weitere einvernehmliche Übertragungen werden bei positivenErfahrungen geprüft. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Förderbe-reiche „Integration ausländischer Jugendlicher“ und „Kooperation Jugendar-beit/Schule“ im Rahmen von Projektträgerschaften von Trägern der Jugend-arbeit (Landesjugendring, Jugendstiftung, Arbeitsgemeinschaft Jugendfrei-zeitstätten, Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung) durchgeführt wer-den.

f) Inwieweit wird das ehrenamtliche Engagement bei der Verteilung von Aus-bildungs- und Arbeitsplätzen berücksichtigt?

Viele Betriebe berücksichtigen bereits heute schon bei der Auswahl von Aus-bildungs- oder Arbeitsplatzbewerbern/-innen deren ehrenamtliches Engage-ment. Vertreter/-innen der 50 größten Unternehmen in Baden-Württembergbewerten ehrenamtliches Engagement bei die Auswahl von Bewerbern/-in-nen positiv.

Die Landesregierung bereitet derzeit eine Campagne (Faltblatt) mit den Spit-zenorganisationen der freien Wirtschaft vor, die für die stärkere Berücksichti-gung von ehrenamtlichem Engagement bei der Vergabe von Ausbildungs-und Arbeitsplätzen bei den Unternehmen wirbt.

g) Ist die Landesregierung bestrebt, einen Jugendleitersonderurlaubsfondseinzurichten, sowie die Altersgrenze für Jugendleitersonderurlaub auf16 Jahre abzusenken?

Die Meinungsbildung zu diesen Punkten ist innerhalb der Landesregierungnoch nicht abgeschlossen.

h) Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um einen Bonus imNumerus-Clausus-Verfahren und beim Bildungsguthaben, eine Erweite-rung beim BAföG, sowie eine Vergünstigung im Auswahlverfahren anFachschulen für Sozialpädagogik für Ehrenamtliche umzusetzen (Hand-lungsempfehlungen 3.7.1.6 bis 3.7.1.9)? Welche Erfolge wurden dabei bis-her erzielt?

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Bildungsguthaben

Nach derzeitiger Rechtslage ist die Berücksichtigung ehrenamtlicher Tätig-keiten bei der Bemessung des Bildungsguthabens nach dem Landeshoch-schulgebührengesetz (LHGebG) auf Tätigkeiten im Hochschulbereich be-schränkt. Es ist nicht beabsichtigt, dies zu ändern. Die hohe gesellschaftlicheBedeutung der im Antrag genannten Ehrenämter soll damit nicht in Zweifelgezogen werden. Ihre Berücksichtigung im LHGebG würde jedoch die mitdem Gesetz bezweckten Wirkungen erheblich beeinträchtigen. Dies gilt fürdie insgesamt mit dem Gesetz bezweckte Studienzeitverkürzung ebenso wiefür die mit der Ausnahmeregelung bezweckte Motivation zur Mitwirkung inder Selbstverwaltung der Hochschulen und Berufsakademien. Hierbei ist be-sonders zu berücksichtigen, dass eine Ausweitung der Ausnahmebestimmun-gen für die im Antrag genannten Ehrenämter rechtlich nur begründbar wäre,wenn zugleich alle anderen Ehrenämter von vergleichbarem Rang ebenfallsbedacht würden. Dies würde zu erheblichen Vollzugsproblemen führen. Hier-auf wurde bereits in der Begründung zum Entwurf des LHGebG hingewiesen(Drucksache 12/1110, S. 27). Dass dieser Aspekt auch in der antragstellendenFraktion gesehen wird, zeigt ein früherer Antrag von Mitgliedern der Frak-tion der SPD (Drucksache 12/2942 vom 15. Juni 1998, S. 2), der die Belas-tung der Verwaltungen bei der Durchführung des Gesetzes besonders hervor-hebt.

Bei der Behandlung des Antrags im Ausschuss für Wissenschaft, Forschungund Kunst sagte Staatssekretär Sieber zu, bei einer Novellierung der Hoch-schulgesetze generell die bestehenden Möglichkeiten zur Berücksichtigungehrenamtlicher Tätigkeiten auszuschöpfen.

Hochschulvergabeverordnung

Bei der Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengän-gen kann eine Berücksichtigung der im Antrag genannten ehrenamtlichen Tä-tigkeiten in Form eines Bonus auf die Durchschnittsnote oder auf die Warte-zeit aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen. Da in zu-lassungsbeschränkten Studiengängen nicht alle Bewerberinnen und Bewerberzum Zuge kommen können, führt hier jede Erhöhung von Zulassungschan-cen Einzelner naturgemäß zu einer Verminderung der ZulassungschancenAnderer. Die Kriterien, die auf die Zulassungschancen einwirken, müssen da-her an Artikel 12 Abs. 1 GG i.V.m. Artikel 3 Abs. 1 GG gemessen werdenund mit Blick auf das angestrebte Studium oder den späteren Beruf sachge-recht sein. Die Anerkennung oder Unterstützung ehrenamtlicher Tätigkeitenstellt danach keine sachgerechte Erwägung dar und kann bei der Bestimmungder Auswahlkriterien nicht berücksichtigt werden.

Im Rahmen der von den Hochschulen selbst durchzuführenden Eignungsfest-stellungsverfahren ist eine Berücksichtigung ehrenamtlicher Tätigkeiten hin-gegen dann sachgerecht und möglich, wenn sich hieraus auf die Eignung unddie Motivation für das gewählte Studium schließen lässt. Die geltende Hoch-schulvergabeverordnung erlaubt mit dieser Maßgabe eine Berücksichtigungehrenamtlicher Tätigkeiten bereits jetzt. Einer Rechtsänderung bedarf es da-her nicht.

Berücksichtigung des ehrenamtlichen Engagements bei der Auswahl derErzieherinnen und Erzieher

Im Frühjahr 2000 wurde eine neue Rahmenvereinbarung der Kultusminister-konferenz für die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher verabschiedet.Das Kultusministerium wird daraufhin die Verordnung über die Ausbildungund Prüfung an den Fachschulen für Sozialpädagogik (ErzieherV0) überar-

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beiten. Dabei wird geprüft, ob und gegebenenfalls nach welchen Kriterien imRahmen des Auswahlverfahrens an den öffentlichen Fachschulen für Sozial-pädagogik das ehrenamtliche Engagement in der Kinder- und Jugendarbeitberücksichtigt werden kann. Nach § 89 Abs. 2 Nr. 1 b ist das Auswahlverfah-ren nach Gesichtspunkten der Eignung, Leistung und Wartezeit zu gestalten.

Das Aufnahmeverfahren an der Fachschule für Sozialpädagogik ist sehr dif-ferenziert gestaltet, um die Erzieherausbildung einem möglichst großen Kreisvon Bewerberinnen und Bewerbern mit unterschiedlichen Voraussetzungenzu öffnen. Ein Auswahlverfahren wird durchgeführt, wenn nicht alle Bewer-berinnen und Bewerber in die Fachschule für Sozialpädagogik aufgenommenwerden können. Im Auswahlverfahren sind neben der Durchschnittsnote desZeugnisses über den Bildungsabschluss weitere Kriterien wie Rangfolge,Wartezeit, außergewöhnliche Härte und ggf. ein Eignungsgespräch zusätzlichvon Bedeutung.

Trotz der bereits jetzt schon sehr hohen Regelungsdichte des Aufnahmever-fahrens wird das Kultusministerium im Zusammenhang mit der Umsetzungder neuen KMK-Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung vonErzieherinnen und Erziehern prüfen, wie ein ehrenamtliches Engagement vonBewerberinnen und Bewerbern in der Kinder- und Jugendarbeit im Rahmendes Auswahlverfahrens Berücksichtigung finden kann.

XVI. Stiftung „Kulturelle Jugendarbeit“ (Handlungsempfehlung 3.7.1.10)

Wie ist der Stand der Einrichtung einer Stiftung „Kulturelle Jugendarbeit“?

Nach dem derzeitigen Stand der Planung wird die Stiftung „Kulturelle Ju-gendarbeit“ noch im Laufe des Oktobers als Stiftung bürgerlichen Rechts ge-gründet.

Bisher gibt es drei Sponsorenzusagen in Höhe von je 60.000 DM. Des Weite-ren liegt eine Zusage des Intendanten Voß vom SWR vor, die Stiftung publi-zistisch im Sinne einer Medienpartnerschaft zu unterstützen.

XVII. Offene Jugendarbeit (Handlungsempfehlung 3.7.2)

a) Welche Kommunen ohne Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeitsind der Landesregierung bekannt?

Die Situation der offenen Jugendarbeit auf kommunaler Ebene ist im Berichtder Jugend-enquetekommission ausführlich dargestellt (s. Teil C, Abschnitt 2c), Nr. 1.2.2). Eine neuere Erhebung liegt noch nicht vor.

Eine Übersicht über Städte und Gemeinden, die ohne Angebote der offenenKinder- und Jugendarbeit sind, liegt nicht vor. Es ist davon auszugehen, dasses in allen Mitgliedstädten des Städtetages Angebote der offenen Kinder- undJugendarbeit gibt. Neben den in der Regel von den Städten und Gemeindenwesentlich mitfinanzierten und unterstützten Angeboten der freien Träger deroffenen Jugendarbeit und der verbandlichen Jugendarbeit gibt es nach einervom Städtetag 1997 durchgeführten Umfrage in der Mehrzahl der GroßenKreisstädte, aber auch in vielen Städten unter 20.000 Einwohner, eigene An-gebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit.

Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten ist die Versor-gung mit Einrichtungen der Offenen Kinder -und Jugendarbeit regional sehrunterschiedlich. In den vergangenen drei Jahren hat sich vor allem in länd-lichen Gemeinden der Ausbau der Offenen Jugendarbeit verstärkt. An vielen

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Orten wurden weitere selbstverwaltete Treffs bzw. vor allem kleinere Ein-richtungen mit hauptamtlichem Personal ausgestattet.

b) Sind die Angebote und die Förderung der offenen Kinder- und Jugendar-beit in Baden-Württemberg entsprechend den Handlungsempfehlun-gen 3.7.2.1 und 3.7.2.2 aus der Sicht der Landesregierung bedarfsgerechtund angemessen?

Die Einrichtungen der offenen Jugendarbeit vor Ort sind in kommunalerHand (überwiegend) oder durch Initiativen organisiert; das Bereithalten die-ser Angebote bzw. ihrer Förderung gehören zu den kommunalen Aufgabenund fallen somit in die Finanzhoheit der Gemeinden, Städte und Kreise. DasLand setzt sich aber gegenüber den Kommunen für ein bedarfsgerechtes An-gebot und für eine angemessene Förderung der offenen Kinder- und Jugend-arbeit ein.

Seitens der kommunalen Landesverbände wird darauf hingewiesen, dass esein breit gefächertes, bedarfsgerechtes und an örtlichen Besonderheitenorientiertes Angebot bereits in vielen Städten und Gemeinden gibt. Zudemsei die Tendenz in den vergangenen Jahren sowohl hinsichtlich der Quantitätals auch hinsichtlich der Qualität stetig steigend.

XVIII. Chancengleichheit von Mädchen und jungen Frauen (Handlungsemp-fehlung 3.9)

Welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen bzw. sind ge-plant, um die Handlungsempfehlung 3.9 mit den Unterpunkten 3.9.1 bis 3.9.6umzusetzen?

Geschlechtsdifferenzierung bei der Datenerhebung des StatistischenLandesamtes

Das Statistische Landesamt hat die von der Jugendenquetekommission gefor-derte geschlechtsspezifische Trennung im Bereich der Kinder- und Jugend-statistik, soweit deren Erhebung angeordnet ist und deren Veröffentlichungim Rahmen der jeweiligen Veröffentlichung sinnvoll erscheint, umgesetzt.

Verstärkte Förderung von Projekten in der Mädchenarbeit

Zur Umsetzung der Empfehlung, verstärkt Projekte in der Mädchenarbeit zufördern, hat der Landtag ab 2000 jährlich 50.000 DM zur Verfügung gestellt.Diese Enquêtemittel werden in diesem und im nächsten Jahr für Mädchen-projekte speziell im Bereich der Informations- und Kommunikationstechno-logie eingesetzt werden. Die mit diesem neuen Technologien verbundenenRationalisierungen greifen besonders in den Bereichen, in denen viele Frauenbeschäftigt sind und können dort zum Wegfall von Ausbildungs- und Arbeits-plätzen führen. Sie verändern aber auch immer stärker traditionelle Arbeits-orte und -zeiten und bieten Frauen damit neue qualifizierte Beschäftigungs-chancen.

Mit der verstärkter Projektförderung in diesem Bereich sollen Mädchen er-mutigt und unterstützt werden, diese Chance zu ergreifen und sich ihren An-teil an den positiven Effekten des Strukturwandels zu sichern. Dies erscheintinsbesondere auch deshalb besonders vordringlich, da bisher nur 14 % derMädchen eine Ausbildung in Berufen dieser zukunftsträchtigen Techniken er-greifen. Vor diesem Hintergrund haben die Frauenbeauftragte der Landesre-gierung, Frau Staatssekretärin Johanna Lichy, und Frau von Wartenberg, dieVorsitzende des Landesfrauenrates Baden-Württemberg, in einer gemeinsa-

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men Erklärung übereinstimmend betont, dass Mädchen verstärkt an diese Zu-kunftsberufe herangeführt werden müssten.

Hierfür wurde in Absprache mit der Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpo-litik e.V. (LAG Mädchenpolitik), der breitesten fachlichen und politischenVertretung der Mädchenarbeit im Lande, das Programm „Mädchen und NeueMedien“ aufgelegt mit dem Ziel, junge Mädchen mädchengerecht an dieseneuen Kulturtechniken heranzuführen, damit sie später ganz selbstverständ-lich auch IT-Berufe in ihre Berufswegplanungen mit einbeziehen. Mit demProgramm sollen auch neue Erkenntnisse über die mädchenspezifische Her-angehens-, Arbeitsweise und Nutzung dieser IuK-Technologien gewonnenwerden.

Entsprechend der Zielsetzung der Enquetekommission, die LAG Mädchen-politik als landesweite Koordinierungsstelle für Mädchenarbeit zu stärken,wird diese nicht nur bei der Initiierung, sondern durch ihre fachliche Bewer-tung der IT-Projekte auch bei der Entscheidung über deren Förderung einge-bunden.

Für Mädchenförderung im IuK-Bereich sollen in geeigneten Fällen auch För-dermittel aus dem Europäischen Sozialfonds, Ziel 3, eingesetzt werden.

Darüber hinaus wird erwogen, die in den Projekten erprobte Förderung jun-ger Mädchen beim Zugang und Umgang mit der IuK-Technik auch mit Mit-teln aus Privatisierungserlösen ab dem Jahr 2001/2002 im Lande breit ver-fügbar zu machen.

Die Berücksichtigung der spezifischen Belange von Frauen und Männern imSinne eines „Gender-Mainstreaming“ ist einer der Grundpfeiler der Europäi-schen Beschäftigungspolitik. Der Europäische Sozialfonds, der der Umset-zung der Europäischen Beschäftigungsstrategie dient, fördert daher verstärktMaßnahmen zur Qualifizierung und Erweiterung des Berufswahlspektrums,insbesondere für Mädchen und junge Frauen.

Geschlechtsspezifische Angebote im Rahmen der regionalen Jugendiniti-ative

Im Rahmen der seit 1997 modellhaft eingeleiteten regionalen Jugendinitiati-ven sind unterschiedliche Projekte für Mädchen und junge Frauen – u.a. Bro-schüre „Mädchenportraits“, spezielle Bewerbungstrainingstage – finanziellunterstützt worden.

Berücksichtigung der Lebenslagen in Curricula von Fachschulen undFachhochschulen

Die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen werden seit jeher im Rahmen der Erzieher/innenausbildung an der Fachschule für Sozial-pädagogik thematisiert. In dem zum Schuljahr 1997/98 für die Fachschule fürSozialpädagogik in Kraft getretenen neuen Bildungsplan ist der Themenkreisder geschlechtsspezifischen Sozialisationseinflüsse ausdrücklich an mehrerenStellen, z. B. in den Fächern Erziehungswissenschaft und Didaktik und Me-thodik der Sozialpädagogik, verankert. Zudem gehören zum neu aufgenom-menen Katalog von fächerverbindenden Themen u. a. die Themen „Kindheitund Familie im Wandel“, „Erwachsen werden/Jugend“ sowie „Mädchen sein,Frau sein – Junge sein, Mann sein“. Darüber hinaus erhielten die Fachschu-len für Sozialpädagogik einen erweiterten Raum für projekt- und handlungs-orientierte Unterrichtsmethoden. Mit diesen Rahmenbedingungen und demneuen Bildungsplan wird der besagten Handlungsempfehlung vollauf Rech-nung getragen.

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Die betreffenden Hochschulen und Berufsakademien im Geschäftsbereichdes Wissenschaftsministerium wurden mit entsprechendem Runderlass gebe-ten, in den Lehrangeboten der Erziehungswissenschaft und Pädagogik dieunterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen verstärkt zu be-rücksichtigen bzw. dem Anliegen im Rahmen des Möglichen Rechnung zutragen.

Frauen- und Geschlechterforschung

Die in der Handlungsempfehlung 3.9.4 angesprochene Frauen- bzw. Ge-schlechterforschung wird vom Sozialministerium im Rahmen eines eigenenFörderprogramms Frauenforschung finanziell unterstützt, mit dem seit 1989ausgewählte Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von über7 Mio. DM gefördert wurden.

Fortbildungsangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ju-gendhilfe

Im Bereich der offenen und verbandlichen Jugendarbeit werden zahlreicheFortbildungen zur geschlechtsdifferenzierenden Jugendarbeit und zur beson-deren Problemstellung von Mädchen und jungen Frauen angeboten unddurchgeführt.

Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik

Die Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik ist vom Kultusministeriumim Februar 2000 als Träger der freien Jugendhilfe/der außerschulischen Ju-gendbildung anerkannt worden. Die Projektarbeit der LAG Mädchenpolitikwird in 2000/2001 jeweils mit insgesamt 70.000 DM von Sozialministeriumund Kultusministerium gefördert. Über die Förderung im Doppelhaushalt2002/2003 wird zu gegebener Zeit befunden.

XIX. Angebote der Schülerbetreuung (Handlungsempfehlung 3.11)

In welchem Umfang wurden die Angebote der Schülerbetreuung weiterent-wickelt und bedarfsgerecht ausgebaut?

Ein Gesamtüberblick über die Schülerbetreuungsangebote in Baden-Würt-temberg des Schuljahres 1999/2000 gibt folgende Tabelle:

Angebot Gruppen Schülerzahl Landeszuschuss/Haushaltsansatz 2000

Kernzeiten an GS 1.317 24.556 8,6 Mio.Horte an der Schule 249 4.266 4,5 Mio.Herkömmliche Horte 372 6.510 7,4 Mio.Ganztagesschulen 54 Schulen Personalhaushalt Lehrer

2,5 Mio. (Enquêtemittel)

Steigerung gegenüber dem Jahr 1998/99: Hort an der Schule 8 % mehr GruppenKernzeitenbetreuung 17 % mehr Gruppen

Schulkinder können in herkömmlichen Horten, die meist an Kindertagesstät-ten angesiedelt sind, und den Horten an der Schule den ganzen Tag über be-treut werden. In den letzten Jahren ist darüber hinaus die Halbtagsbetreuungvon Grundschulkindern stark ausgebaut worden: Die Kernzeitenbetreuung anGrundschulen bietet feste Betreuungszeiten vor und nach dem Unterricht. Abdem Schuljahr 2000/2001 wird in Baden-Württemberg die VerlässlicheGrundschule eingeführt. Dies stellt eine wichtige familienpolitisch relevanteWeichenstellung dar.

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Insgesamt ist das Angebot in den Schulen und um die Schulen herum starkausgeweitet worden.

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport fördert seit dem Schuljahr1990/91 Kernzeitenbetreuung an Grundschulen und Horte an der Schule. Biseinschließlich 2000 wird mit Zuschüssen pro Gruppe und Jahr gefördert, da-nach wird sich die Förderung mit der Einführung der Verlässlichen Grund-schule verändern (siehe unten). Derzeit bieten rund 35 Prozent der Grund-schulen eine Betreuung außerhalb der Unterrichtszeiten an.

In Baden-Württemberg gab es im Schuljahr 1999/2000 rund 240 Gruppen inHorten an der Schule. Die Horte an der Schule erhalten für Gruppen mit 15und mehr schulpflichtigen Kindern 21.000 DM, für Gruppen mit 10 bis14 Kindern 14.000 DM und Gruppen mit 5 bis 9 Kindern 7.000 DM.

Im Schuljahr 1999/2000 gab es etwa 1.300 Gruppen für Kernzeitenbetreu-ung. Kernzeitengruppen erhalten einen Zuschuss von 7.000 DM für Gruppenmit 15 und mehr Kindern, 4.600 DM für Gruppen mit 10 bis 14 Kindern.Gruppen mit 5 bis 9 Kindern erhalten in den ersten zwei Jahren nach Grün-dung 2.300 DM.

Für die Förderung von Kernzeitenbetreuung und Horten an der Schule stehenfür das Haushaltsjahr 2000 über 13 Millionen DM zur Verfügung. Zur Reali-sierung der Verlässlichen Grundschule werden diese Mittel ab 2001 aufge-stockt .

Ab dem Schuljahr 2000/01 wird an allen Grundschulen und Sonderschulenmit Bildungsgang Grundschule sowie Förderschulen in Baden-Württembergdie Verlässliche Grundschule eingeführt. Verlässliche Unterrichtszeiten ineinem weitgehend auf den Vormittag konzentrierten und optimierten Stun-denplan sollen durch eine bedarfsorientierte Betreuung ergänzt werden undinsgesamt einen Zeitrahmen von bis zu 5,5 Stunden am Vormittag abdecken.Damit soll die Grundschule eltern- und familienfreundlicher gestaltet und dieVereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert werden. Schon zu Beginndes Schuljahres 2000/2001 soll das Konzept flächendeckend an allen Grund-schulen umgesetzt sein, soweit dies unter Berücksichtigung der Rahmenbe-dingungen möglich ist. Die Schulträger selbst oder freie Träger organisierendie bedarfsorientierte Betreuung. Im Einzelnen bedeutet das:

– Verlässliche Unterrichtszeiten an allen Grundschulen und Sonderschulenmit Bildungsgang Grundschule sowie Förderschulen (Mindeststandard):Der Stundenplan wird auf den Vormittag konzentriert und jede Schule ge-währleistet eine für Eltern und Kinder verlässliche Unterrichtszeit (ein-schließlich Pausen). Die Unterrichtsstunden werden möglichst gleichmä-ßig auf die Schultage verteilt. Der Unterricht beginnt in der Regel spätes-tens um 8.30 Uhr und vor Unterrichtsbeginn wird eine Viertelstunde Auf-sicht angeboten.

– Bedarfsorientierte Betreuung: Je nach Bedarf bieten Kommunen oder freieTräger (möglich sind auch Elternvereine oder Fördervereine der Schule)ergänzend zur verlässlichen Unterrichtszeit eine Betreuung. Art und Um-fang des Betreuungsangebotes richtet sich nach dem Bedarf. Kooperatio-nen mit Musik- und Kunstschulen, Vereinen und Kindergärten sind mög-lich und wünschenswert.

Das Land bezuschusst ab dem Schuljahr 2000/2001 die tatsächliche Betreu-ungszeit im Rahmen von maximal 5,5 Stunden am Vormittag mit 50 Prozentder pauschal festgelegten Personalkosten. Der pauschale Satz beträgt896 DM pro Stunde und Jahr. Bei einer Betreuungszeit von zum Beispiel

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zehn Stunden pro Woche erhält der Träger damit einen Personalkostenzu-schuss von 8.960 DM, bei zwölf Stunden wären dies pro Gruppe und Jahr10.752 DM. Die Landeszuschüsse für Hortgruppen an Schulen und her-kömmliche Horte werden von jetzt 21.000 DM pro Gruppe und Jahr auf24.200 DM erhöht.

Die Umsetzung der Verlässlichen Grundschulen ergibt im Bereich der Be-treuungsangebote folgendes Bild: Im Schuljahr 2000/01 gibt es landesweit2.411 Betreuungsgruppen an Grundschulen einschließlich der Sonderschulenmit Grundschulstufe (Vorjahr 1.317) und 298 Kooperation mit örtlichen Kin-dergärten. Das ist eine Steigerung um 83 %. An 79 % der insgesamt 2.501 öf-fentlichen Grundschulen wird für Grundschulkinder ein Betreuungsangebotentweder direkt an der Schule (67 %) oder in Kooperation mit dem Kinder-garten (12 %) angeboten. Die Zahl der betreuten Kinder stieg im Vergleichzum Vorjahr von 24.556 Kindern auf 34.810 Kinder.

Die Handlungsempfehlung der Jugendenquetekommission, ein flexibles, be-darfsorientiertes Konzept zu entwickeln, ist mit der Einführung der Verläss-lichen Grundschule umgesetzt.

Gleichzeitig fördert das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport auch dieso genannten herkömmlichen Horte freier und kommunaler Träger nach § 45SGB VIII. Herkömmliche Horte sind nicht den Schulen angegliedert, son-dern meist an Kindertageseinrichtungen. Die Zuschüsse werden in gleicherHöhe wie für den Hort an der Schule gewährt. Gefördert werden im Schul-jahr 1999/2000 ca. 380 Gruppen. Dafür stehen im Haushalt 2000 rund7,4 Millionen DM zur Verfügung. Ab dem Schuljahr 2000/2001 erhalten dieherkömmlichen Horte wie die Horte an der Schule einen erhöhten Landeszu-schuss von 24.200 DM pro Gruppe. Dafür stehen im Haushalt 20019,7 Millionen DM zur Verfügung.

Darüber hinaus fördert das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport weitereMaßnahmen im Zusammenhang mit den Schulen. Die Landesregierung hatseit dem Schuljahr 1990/91 ein Gesamtkonzept zur Betreuung von Kindernan Schulen entwickelt. Es umfasst neben der Kernzeitenbetreuung an Grund-schulen, dem Hort an der Schule auch die Einrichtung von Ganztagesschulen.Bei Ganztagesschulen steht neben der Betreuung vor allem die pädagogischeHilfe für Schülerinnen und Schüler aus einem schwierigen sozialen Umfeldim Vordergrund. Der Ganztagesbetrieb wird deshalb in Baden-Württembergvor allem an Schulen eingerichtet, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftragunter erschwerten Bedingungen erfüllen. Dies trifft in besonderem Maße aufmanche Hauptschulen zu. Diese Schulen haben deshalb gegenüber anderenSchularten absolute Priorität.

In Baden-Württemberg gibt es im Schuljahr 1999/2000 insgesamt 54 öffent-liche Schulen mit Ganztagesbetrieb. Darunter sind vier ehemalige Modell-schulen (Ganztagesschulen), bei denen die Personalkosten auch für die Be-treuung ganz vom Land getragen werden. Die Zuschüsse für den laufendenSchulbetrieb dieser Schulen betragen 876.500 DM (Haushalt 2000/01). ImSchuljahr 2000/01 werden mindestens weitere 10 Hauptschulen den Ganzta-gesbetrieb aufnehmen, sodass dann insgesamt 64 öffentliche Schulen mitGanztagesbetrieb bestehen.

Das Land hat in den vergangenen Jahren an 34 Hauptschulen den Ganztages-betrieb eingerichtet. Diese Schulen erhalten eine erhöhte Lehrerzuweisung.Dafür sind zusätzlich 2,5 Millionen DM pro Jahr im Haushalt veranschlagt.Neben der erhöhten Lehrerzuweisung für schulische Angebote, die vom Landfinanziert wird, tragen die Schulträger die Kosten für die Freizeitbetreuungund das Mittagessen. Soweit die in den Richtlinien zur Förderung der Ju-

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gendsozialarbeit an Schulen bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind, kannsich auch das Land an den Kosten für Schulsozialarbeit an diesen Schulenbeteiligen.

In den nächsten Jahren soll die Zahl der Hauptschulen mit Ganztagesangebotauf ca. 130 erhöht werden.

XX. Internationaler Jugendaustausch (Handlungsempfehlung 3.13)

Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um den internationalen Jugendaus-tausch mit dem Ziel einer Verstärkung der internationalen beruflichen Quali-fikation zu fördern?

Sonderförderprogramm

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat im Jahr 2000 das Sonder-förderprogramm „Internationaler Jugendaustausch“ gestartet. Insgesamt stehtfür das Haushaltsjahr 2000 eine Fördersumme von 300 TDM zur Verfügung,für das Jahr 2001 sind 700 TDM vorgesehen. Mit diesem Programm wird dieinternationale berufliche Qualifikation junger Menschen in Baden-Württem-berg durch die Vermittlung tiefergehender Fremdsprachenkenntnisse und Er-fahrung mit Jugendlichen sowie mit der Arbeitswelt im Ausland gestärkt.

Die schwerpunktmäßige Umsetzung des Sonderförderprogramms zum inter-nationalen Jugendaustausch gestaltet sich wie folgt:

1. Teilprogramme zur Verstärkung der internationalen beruflichen Qualifika-tion

– Durchführung eines Teilprogramms mit Schwerpunkten Betriebsprakti-ka im Ausland sowie Austauschmaßnahmen auf Ebene der Auszubil-denden und beruflichen Vollzeitschüler mit einem Finanzvolumen imJahr 2000 im Umfang bis zu 60.000 DM. Mit diesen Mitteln wird Aus-zubildenden und Schülern beruflicher Schulen ein Praktikumsaufenthaltin Betrieben oder schulischen Einrichtungen im europäischen Auslandermöglicht. Dabei ist ein Mindestaufenthalt von 14 Tagen erforderlich.

– Durchführung eines Teilprogramms zur beruflichen Vorqualifikationdurch den Landesjugendring mit einem Finanzvolumen im Jahr 2000von 40.000 DM. Gefördert werden Jugendbegegnungen an denen v. a.Auszubildende bzw. arbeitslose Jugendliche teilnehmen sowie Jugend-begegnungen, deren Schwerpunkte auf den Themen Ausbildung, Berufund Fremdsprache liegen. Gefördert werden zudem Seminar für Multi-plikatoren in der Jugendarbeit

– Intensivierung jugendbezogener Partnerschaften in Kooperation zwi-schen Betrieben und beruflichen Schulen.

2. Maßnahmen zur Stärkung schulpartnerschaftlicher Beziehungen insbeson-dere mit den Partnerregionen Baden-Württembergs:

– Durchführung eines Teilprogramms „Schulpartnerschaften“ im Bereichder allgemein bildenden Schulen mit einem Finanzvolumen von50.000 DM.

– Durchführung eines Teilprogramms „Schulpartnerschaften“ im Bereichder beruflichen Schulen mit einem Finanzvolumen von 50.000 DM.

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Bei beiden Programmen liegt der Schwerpunkt im Bereich der Stärkungder Sprachkompetenz mit eventueller beruflicher Komponente.

Mit den beiden Teilprogrammen sollen die internationale beruflicheQualifikation an beruflichen Schulen gefördert werden. Zur Stärkungschulpartnerschaftlicher Beziehungen mit Katalonien, Lombardei, Rhô-ne-Alpes und Wales und anderen Partnerregionen Baden-Württembergsfördert das Land Schulpartnerschaften in den dortigen beruflichenSchulen. Bei diesen Begegnungen sollen beruflich orientierte Themengemeinsam bearbeitet und ein Einblick in die Arbeitswelt der Partnerre-gion gegeben werden.

Zur Stärkung berufsbezogener Fremdsprachenkenntnisse (insbesonderebei den neuen Berufen) besteht in den Jahren 2000 und 2001 für berufli-che Schulen die Möglichkeit, aus diesen Sondermitteln einzelne Lehr-planeinheiten an beruflichen Schulen im europäischen Ausland unter-richten zu lassen.

– Durchführung von internationalen Seminaren für Schülerzeitungsredak-teurinnen und -redakteure insbesondere aus den „Vier Motoren“ miteinem Finanzvolumen von 10.000 DM.

– Die Möglichkeiten hinsichtlich der Subvention von Sprachzertifikatensowie einer Beilage zum Zeugnis als Nachweis schulergänzenderSprachkompetenzen werden geprüft und ggf. zu einem späteren Zeit-punkt umgesetzt.

3. Durchführung Stipendienprogramm zum Erwerb sprachlicher und beruf-licher Qualifikationen insbesondere in den Partnerregionen Baden-Würt-tembergs

– Vorbereitung, Ausschreibung und Abwicklung des Stipendienpro-gramms mit beruflicher und sprachlicher Komponenten in Verbindungmit dem Landesjugendmedienzentrum in Weil der Stadt/Jugendnetz Ba-den-Württemberg – Bereich Internationales – mit einem Finanzvolumenvon 70.000 DM.

– Abstimmung mit den Partnerregionen in der ARGE Jugend der „VierMotoren“.

– Einrichtung eines kleinen Kuratoriums (u. a. Vertreter des Landesjugend-rings, des Schulbereichs, des internationalen Bereichs im Jugendnetz Ba-den-Württemberg) zur Stipendienvergabe, wobei auch Kleingruppen Be-rücksichtigung finden sollen.

4. Verbesserte Informationen und Beratung für junge Menschen in Bezug aufdie zahlreichen internationalen Austauschmaßnahmen und Fördermöglich-keiten

– Diese Empfehlung der Enquetekommission wurde bereits beim Aufbaudes internationalen Bereichs im Rahmen des Jugendnetz Baden-Würt-tembergs in Angriff genommen.

– Es folgt eine weitere Intensivierung mit Mitteln in Höhe von 20.000DM; hierbei wird der Landesjugendring miteingebunden.

5. Einrichtung einer Landesarbeitsgemeinschaft „Europäische und internatio-nale Qualifikation“ mit dem Ziel der Förderung von Austauschmaßnahmenzur Stärkung der internationalen beruflichen Qualifikation wird geprüft.

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Der Einsatz der Mittel für dieses Sonderprogramm im Unfang von700.000 DM im Jahr 2001 soll durch eine Erhöhung des Volumens bei deneinzelnen Teilbereichen erfolgen. Nach der Auswertung des Sonderförderpro-gramms muss über die Fortführung über das Jahr 2001 hinaus entschiedenwerden.

Die Sondermittel der werden bei Maßnahmen beruflicher Schulen als Kofi-nanzierungsmittel für den Europäischen Sozialfonds eingesetzt. Somit ist ei-ne Verdoppelung der Förderung und eine wesentlich größere Anzahl von För-dermaßnahmen möglich.

Weitere Maßnahmen

Neben den im Sonderprogramm geförderten Austauschmaßnahmen werdenauf der Ebene der Auszubildenden vom Kultusministerium im Rahmen derdeutsch-französischen Zusammenarbeit fünf Austauschmaßnahmen miteinem Betrag von 70.000 DM gefördert. Bei diesen Maßnahmen handelt essich um langjährige Partnerschaften beruflicher Schulen beider Länder. Beimgegenseitigen Austausch von Auszubildenden werden gemeinsame Projekteerstellt und präsentiert.

Zur Stärkung schulpartnerschaftlicher Beziehungen werden an beruflichenSchulen vom Kultusministerium derzeit insgesamt ca. 130 Partnerschaftenim Umfang von ca. 125.000 DM gefördert. Die starke Nachfrage nach weite-ren Schulpartnerschaften übersteigt die zur Verfügung stehenden finanziellenMittel bei weitem.

Zusätzlich fördert das Land im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeitdreizehn Schulpartnerschaften mit Entwicklungsländern. Hierfür stehenebenfalls ca. 125 000 DM zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt dabei aufder Strukturhilfe für diese Partnerschulen.

Für junge Menschen in der Ausbildung gibt es daneben weitere von anderenTrägern geförderte Programme, die einen Auslandsaufenthalt fördern, z.B.:

– Praktika in der französischen Partnerstadt; [Deutsch-Französisches Jugend-werk (DFJW)]

– Praktika in der beruflichen Erstausbildung [Deutsch-Französisches Jugend-werk (DFJW)]

– LEONARDO DA VINCI – Programm: Austausch von Auszubildenden undjungen Arbeitnehmern in der EU, (Carl Duisberg Gesellschaft e.V.)

– Austausch von Auszubildenden und Ausbildern mit den Niederlanden undGroßbritannien, (Carl Duisberg Gesellschaft e.V.)

– SOKRATES/LINGUA-Programm: Sprachförderung für Auszubildende,(Carl Duisberg Gesellschaft e.V. und Pädagogischer Austauschdienst PAD).

Weiter gibt es Maßnahmen von Kammern, Innungen, Verbänden und Betrie-ben, wobei für Baden-Württemberg das „Regio-Zertifikat“ besonders zu er-wähnen ist, und natürlich auch Einzelinitiativen von Jugendlichen, wie siezum Beispiel vom Landesgewerbeamt Karlsruhe im Rahmen des ECU-Pro-gramms unterstützt werden. Eine Gesamtübersicht über die Zahl der Teilneh-mer besteht wegen der Vielzahl der Träger nicht.

Für Jugendliche, die ihre Berufsausbildung bereits abgeschlossen haben,werden die bekannten Förderprogramme in der Schrift „Weiterbildung ohne

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Grenzen – Angebote zur beruflichen Qualifizierung im Ausland“ von derCarl Duisberg Gesellschaft e.V. in jährlich aktualisierter Form zusammenge-stellt.

Das Wirtschaftsministerium beteiligt sich seit vielen Jahren am Programm„EURODYSÉE = Europatour der Jugend“ der Versammlung der RegionenEuropas, mit dem zahlreichen jungen Berufstätigen Jahr für Jahr ein 4- bis 6-monatiger Auslandsaufenthalt ermöglicht werden kann. Dieser besteht auseinem einmonatigen Sprachkurs und einem 3- bis 5-monatigen beruflichenPraktikum im erlernten Beruf. Das Landesgewerbeamt Baden-Württembergund Träger aus dem Bereich der Kammern beteiligen sich regelmäßig amPraktikantenprogramm LEONARDO DA VINCI der Europäischen Unionund ermöglichen damit zusätzliche Auslandsaufenthalte für junge Berufstäti-ge, die hier in der Regel aus einem einmonatigen Sprachkurs und einemzweimonatigen Praktikum bestehen.

Angesichts der Vielfalt der bestehenden Fördermöglichkeiten in diesem Be-reich erscheint es nicht sinnvoll, zusätzliche Programme mit verändertenKonditionen einzuführen. Wichtiger scheint es aus derzeitiger Sicht vielmehr,im Rahmen der bestehenden Nachfrage die vorhandenen Programme zu ver-stärken. Hierzu wurden für das Programm EURODYSSÉE neue Partner ge-wonnen und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel werden künftigauch zusätzliche Auslandsaufenthalte finanziert werden.

Um den Jugendlichen den Überblick über bestehende Programme auch inmultimedialer Form zu ermöglichen wird das Ministerium für Kultus, Jugendund Sport dieses Jahr eine Übersicht der wichtigsten Fördermaßnahmen aufseiner Homepage stellen. Das Wirtschaftsministerium hat dem Landesju-gendnetz die Broschüre der Carl Duisberg Gesellschaft zur Verfügung ge-stellt, die über alle internationalen Austausch- und Fördermöglichkeiten fürJugendliche in Deutschland Auskunft gibt. Durch entsprechende Links sollenNutzer des Landesjugendnetzes Zugriff auf diese Informationen erhalten.

XXI. Migrantinnen und Migranten (Handlungsempfehlung 4)

a) Welche besonderen Maßnahmen wurden zur beruflichen und sozialen Inte-gration ausländischer Jugendlicher in Baden-Württemberg ergriffen? Wel-che konkreten Projekte wurden dabei unterstützt? Welche Maßnahmen derKonzeptionsentwicklung zur Integration wurden gefördert?

Jugendarbeit

Die Landesregierung von Baden-Württemberg räumt der Integration von aus-ländischen Jugendlichen einen hohen Stellenwert ein. Alle Maßnahmen imBereich der Jugendarbeit beziehen sich auf alle Jugendlichen in Baden-Würt-temberg also auch auf die hier lebenden Jugendlichen ausländischer Her-kunft.

Die Bevölkerungsgruppe der in Baden-Württemberg lebenden Jugendlichenausländischer Herkunft umfasst sehr unterschiedliche Gruppen von Jugend-lichen; solche die erst vor kurzem hierher gezogen sind neben solchen, diehier geboren und deren Eltern bereits schon in Deutschland aufgewachsensind. Daneben gibt es die große Gruppe der Spätaussiedler, die wiederum ei-gene Besonderheiten aufweisen. Die Angebote der Jugendarbeit werden vonallen diesen Jugendlichen mit ausländischer Herkunft wahrgenommen. Aller-dings zeigen Untersuchung, dass diese Bevölkerungsgruppen in den meistenAngeboten unterrepräsentiert sind; in einigen Angeboten der offenen Jugend-arbeit dominieren unterschiedliche ethnische Gruppen, woraus sich dort Pro-bleme ergeben können. Diese Situation wurde im Abschlussbericht der En-

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quetekommission dargestellt und bildete die Ausgangslage für die Hand-lungsempfehlung zur Integration der ausländischen Jugendlichen.

Förderprogramm Integration ausländischer Jugendlicher

In Umsetzung dieser Empfehlung der Jugendenquetekommission hat das Mi-nisterium für Kultus, Jugend und Sport von Baden-Württemberg zur Integra-tion ausländischer Jugendlicher bereits im Sommer 1999 ein Förderpro-gramm im Umfang von 1 Mio. DM gestartet. Sämtliche Bereiche der Jugend-arbeit, die verbandliche, die offene, die Jugendkulturarbeit, die KooperationJugendarbeit - Schule sind in diesem Programm erfasst.

Schon im ersten Jahr wurde die volle Fördersumme von 1 Mio. DM ausge-schöpft. Durch Umschichtungen im Haushalt konnten 1999 noch weitere280 TDM für Integrationsmaßnahmen eingesetzt werden. Über 150 Projektewurden von Sommer 1999 bis Jahresende gefördert.

Die einzelnen Teilprogramme wurden in enger Zusammenarbeit mit den lan-desweit tätigen Organisation der Jugendarbeit in Baden-Württemberg ent-wickelt. Dadurch ist gewährleistet, dass die Erfahrungen und Erkenntnisseder Mitarbeiter/-innen in den jeweiligen Bereichen in die Konzeption desTeilprogramms einfließen können. Seit Start des Gesamtprogramms wurdemehrfach gemeinsam mit allen Beteiligten die Konzeption fortentwickelt unddem Bedarf angepasst. Die Partner der Teilprogramme sind die Jugendstif-tung für den Bereich Kooperation Jugendarbeit / Schule, der Landesjugen-dring für die verbandliche Jugendarbeit, die Arbeitsgemeinschaft Jugendfrei-zeitstätten für die offene, die Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung fürdie Jugendkulturarbeit. Diese Organisationen sind auch bei der Abwicklungder Förderprogramme beteiligt. Bei Ihnen werden die Anträge eingereichtund im Einvernehmen mit dem Kultusministerium wird der Bescheid erteilt.Die Organisationen führen die Beratung im Vorfeld sowie die Auswertungder Projekte durch. Durch die Beteiligung der landesweit tätigen Dachorgani-sationen wird sichergestellt, dass alle Bereiche der Jugendarbeit erreicht wer-den und dadurch die Effektivität des Programms erhöht wird.

Neben diesen Feldern fördert das Ministerium für Kultus, Jugend und Sportbesonders die deutsch-türkische Jugendbegegnung.

Projekte zur beruflichen Integration jugendlicher Migrantinnen und Migran-ten können auch aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert werden.

Ziel der Förderprogramms „Integration ausländischer Jugendlicher“ ist, dieseJugendlichen stärker in die Jugendarbeit einzubeziehen. Hierzu bieten sichKooperationen mit Verbänden, der Schule, Einrichtungen der offenen Ju-gendarbeit etc. an. Der lebensweltorientierte Ansatz macht Kooperation fürdie Integration ausländischer Jugendlicher in die Jugendarbeit unverzichtbar.

Eine Voraussetzung für die Integration in die Jugendarbeit ist die entspre-chende Ausbildung und Schulung der Mitarbeiter/innen sowie die Qualifizie-rung von nicht-deutschen Mitarbeitern/-innen bzw. die Gewinnung qualifi-zierter nicht-deutscher Mitarbeiter/innen. Die Vermittlung von interkulturel-ler Kompetenz sowohl für die Mitarbeiter/innen der Jugendarbeit als auch fürdie Jugendlichen selbst ist daher ein zentrales Anliegen des Förderpro-gramms. Im Hinblick auf die berufliche Qualifikation kommt dem Erwerbvon interkulturellen Kompetenzen eine wachsende Bedeutung zu in einer vonGlobalisierung geprägten Arbeitswelt.

Die unterschiedlichen Angebote der Jugendarbeit mit ihrem lebensweltorien-tierten Ansatz erreichen auch Jugendliche, die von schulischen und anderenMaßnahmen nicht oder nur unzureichend erfasst werden. Diese Jugendlichen

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profitieren dann von den Angeboten der außerschulischen Jugendbildung, er-fahren eine Stärkung der Persönlichkeit und erlernen wichtige Schlüsselqua-lifikationen. Ihre Chancen in das Berufsleben integriert zu werden, steigendadurch und gleichfalls wird die Integration in die Gesellschaft gefördert.Der präventive Charakter der Jugendarbeit kann somit zum Wohle der aus-ländischen Jugendlichen genutzt werden. Aktuell besonders bedeutsameMaßnahmen, wie etwa Konfliktschlichtung, Vermittlung von Medienkompe-tenz, Verbesserung der Sprachkompetenz usw. können durch gezielte Förde-rung stärker für ausländische Jugendliche nutzbar gemacht werden. Jugend-arbeit ist darüber hinaus immer so organisiert, dass Jugendliche Partizipationerleben und somit die Erfahrung machen, dass sie aktives Mitglied der Ge-sellschaft sind und ihre Umwelt gestalten können. Gerade für ausländischeJugendliche ist diese Erfahrung besonders wertvoll, um sich hier in Baden-Württemberg heimisch zu fühlen.

Gefördert wurden im ersten Jahr über 150 Projekte, für das Jahr 2000 liegenbis Jahresmitte bereits über 70 Anträge vor, die bewilligt wurden. Die Maß-nahmen decken den ganzen Bereich der Jugendarbeit ab. Sie umfassen Sport-feste, die einen Tag dauern, bis hin zu Spieltreffs, die Jugendlichen ganzjäh-rig offen stehen. Neben Projekten, die direkt der Integration von Jugend-lichen dienen, werden verschiedentlich Seminare und Tagungen für die Mit-arbeiter/innen der Jugendarbeit durchgeführt.

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport unterstützt die Integrationsar-beit auch durch Herausgabe von Informationsmaterialien. Es hat die bishergeförderten und besonders erfolgreichen Projekte in einem eigenen Leitfaden„Praxisbeispiele“ dokumentiert und zudem über weitere 100 Projekte ge-nannt. Die Beispiele sollen zur Nachahmung anregen und für InteressierteKontaktmöglichkeiten aufzeigen. Daneben wurden Informationsmaterialienfür die Integration ausländischer Jugendlicher von verschiedenen Trägern derJugendarbeit erstellt.

Weitere Integrationshilfen:

Im Staatshaushaltsplan 2000/2001 sind bei Einzelplan 04 bei Kap. 0465TG 72 für die gesellschaftliche Eingliederung und Betreuung junger Aussied-ler und junger ausländischer Flüchtlinge pro Jahr Mittel in Höhe von 100.000DM vorgesehen. Diese Förderung aus dem Landesjugendplan umfasst nurdie praktischen Bildungsmaßnahmen der Jugendgemeinschaftswerke. Für dieinstitutionelle Förderung ist der Bund auf Grund der Überregionalität zustän-dig. Das Kultusministerium betrachtet die gesellschaftliche Eingliederungund Betreuung junger Aussiedler und junger ausländischer Flüchtlinge alswichtige Aufgabe innerhalb der Jugendarbeit. Die Förderung im Landesju-gendplan soll auch in den kommenden Jahren fortgeführt werden.

Kooperation Schule/Sportverein – Aussiedler:

Im Bereich der Integration kann der Sport als Mittlerinstanz und Sympathie-träger dienen, denn die Sprache des Sports verstehen alle, seine sozialintegra-tiven Wirkungen sind bekannt. In diesem Programm werden Kooperations-gruppen unterstützt, an denen auch ausländische und ausgesiedelte Jugend-liche teilnehmen.

Zum einen trägt ein „geschützter Raum“ (d.h. eine gleich bleibende Gruppe,gleich bleibende Zeiten und Räumlichkeiten) zur psychischen Stabilisierungder Kinder und Jugendlichen bei. Zum anderen bieten Kooperationsgruppenneben allgemeinen Zielen (u.a. Förderung der allgemeinen sportmotorischenLeistungsfähigkeit, Prävention von Bewegungsmangelkrankheiten und Ge-sundheitserziehung) die Möglichkeit des Aufbaus überdauernder sozialer

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Kontakte, des Kennenlernens des Feizeit- und Breitensports als einer wesent-lichen Form der Freizeitgestaltung in Deutschland.

Schulischer Bereich

Im schulischen Bereich wird dem besonderen Förderbedarf ausländischer Ju-gendlicher ebenfalls Rechnung getragen. So wurde bei der Weiterentwick-lung des Berufsvorbereitungsjahres (BVJ), in dem der Anteil an ausländi-schen Schülerinnen und Schülern über 40% beträgt, das Fach Computeran-wendung in die Stundentafel aufgenommen. Darüber hinaus ergab sich imRahmen der „Zukunftsoffensive Junge Generation – Stärkung der beruflichenQualifikation“ eine spezielle Förderung der Jugendlichen durch den Einsat-zes von Computern in fächerübergreifenden Projekten im BVJ an 40 beruf-lichen Schulen. Durch die Steigerung der Motivation, der fachlichen Kompe-tenz und der Schlüsselqualifikationen zeigte sich eine Verbesserung der Aus-bildungsreife der Schülerinnen und Schüler.

In der schulischen Praxis wird mit Blick auf den Erwerb der deutschen Spra-che nicht zwischen ausgesiedelten und ausländischen Schülerinnen undSchülern unterschieden. Das heißt, die Grund- und Hauptschulen haben dieAufgabe, nicht Deutsch sprechende Kinder möglichst rasch sprachlich in dieLage zu versetzen, am Unterricht in einer dem jeweiligen Alter und Leis-tungsstand einer Schülerin bzw. eines Schülers entsprechenden Regelklasseteilzunehmen. Im beruflichen Bereich sind ebenfalls spezielle Angebote fürnicht oder nicht ausreichend Deutsch sprechende ausgesiedelte bzw. auslän-dische Schülerinnen und Schüler eingerichtet.

Statistik:

Zahl der ausländischen Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 1999/2000:– allgemein bildende Schulen: 163.172 (13,5% der gesamten Schülerschaft)

– berufliche Schulen: 47.679 (14,6% der gesamten Schülerschaft)

– Schulen insgesamt: 210.851 (13,7% der gesamten Schülerschaft).

Anmerkung:

Die Staatsangehörigkeit lässt keine Rückschlüsse auf die Beherrschung derdeutschen Sprache und den Grad der Integration zu.

Zahl der ausgesiedelten Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 1998/1999

– Schulen insgesamt: 71.723 Schülerinnen und Schüler (rd. 5% der gesam-ten Schülerschaft).

Sprachförderung im Bereich Grund- und Hauptschule:

Im Schuljahr 1999/00 waren an Grund- und Hauptschulen insgesamt 560Vorbereitungs- und Förderklassen für 7.446 sowie 1 812 Förderkurse für15.846 ausgesiedelte und ausländische Schülerinnen und Schüler mit un-zureichenden Kenntnissen der deutschen Sprache eingerichtet.

Sprachförderung im Bereich Realschule:

Im Schuljahr 1999/2000 waren an Realschulen 7 Klassen für 95 ausgesie-delte Schülerinnen und Schüler eingerichtet. Darüber hinaus waren bei Be-darf Begleitförderkurse für Aussiedlerkinder eingerichtet.

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Sprachförderung im Bereich Sonderschulen:

Behinderte und von Behinderungen bedrohte ausgesiedelte und ausländi-sche Kinder und Jugendliche sind – sofern ein entsprechender Förderbe-darf gegeben ist – im Vorschulalter (Frühförderung, Schulkindergarten)und im Schulalter (Sonderschulen und im Rahmen der Kooperation, d. h.diese Kinder erhalten sonderpädagogische Hilfen an allgemeinen Schulen)in die sonderpädagogische Förderung einbezogen. Gesonderte Fördermaß-nahmen werden in der Regel in den Unterricht der Sonderschulen inte-griert, z. T. aber auch spezifisch ausgewiesen.

Sprachförderung im Bereich berufliche Schulen:

Im Schuljahr 1999/00 waren im Berufsvorbereitungsjahr 90 Klassen für1.323 Jugendliche ohne ausreichende Deutschkenntnisse sowie 7 Förder-kurse für 95 Jugendliche eingerichtet. Daneben wurde in 5 Förderkursender Berufs- und Sonderberufsschule Stützunterricht für 61 Jugendliche er-teilt.

Lehrbeauftragte an Schulen:

Personen, die über die notwendigen pädagogischen Kenntnisse und Fähig-keiten verfügen, können im Rahmen von Stütz- und Fördermaßnahmen imSinne einer ergänzenden sprachlichen Förderung als Lehrbeauftragte be-schäftigt werden. Dazu zählen insbesondere Förderkurse für ausländischeund ausgesiedelte Schülerinnen und Schüler, sofern eine sorgfältige Ab-stimmung mit dem Regelunterricht gewährleistet ist.

Der Unterricht in Vorbereitungs- bzw. Förderklassen ist wegen der beson-deren Fähigkeiten und Fertigkeiten, die eine Lehrkraft mitbringen mussund wegen des überwiegenden Pflichtcharakters des Unterrichts dagegenausschließlich ausgebildeten Lehrkräften vorbehalten.

Brückenlehrer:

Brückenlehrer sind erwachsene Aussiedlerinnen bzw. Aussiedler mit gutenDeutschkenntnissen, die im Herkunftsland eine pädagogische Ausbildungerworben haben, die allerdings in Baden - Württemberg nicht als gleich-wertig anerkannt werden kann.

Brückenlehrer sind an den Orten eingesetzt, an denen sich sehr viele Aus-siedlerfamilien niedergelassen haben.

Dieser Personenkreis arbeitet schwerpunktmäßig im außerschulischen Be-reich (Sozialarbeit, außerschulische Hausaufgabenhilfe).

Soweit diese Personen nicht als Lehrbeauftragte eingesetzt sind, arbeitensie mit Schulen wie folgt zusammen: Dolmetscherdienste, Schreiben andie Eltern,...

Außerhalb des Lehrbeauftragtenprogramms wird dieser Personenkreisdurch Maßnahmen der Arbeitsverwaltung finanziert. Hierbei erfolgt eineKofinanzierung durch die Anstellungsträger (Kommunen).

Brückenlehrer arbeiten im Bereich der sozialen Integration von ausgesie-delten Familien sehr erfolgreich.

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Musisch-kulturelles Förderprogramm:

Im Rahmen des musisch-kulturellen Förderprogramms der Schulen wirdinsbesondere auch auf den Kulturkreis, aus dem die schulpflichtigen aus-gesiedelten und ausländischen Kinder und Jugendlichen kommen, Rück-sicht genommen. Es konnte auch nachgewiesen werden, dass insbesonderein den Schulchören überproportional viele ausgesiedelte und ausländischeKinder und Jugendliche mitwirken und im Umkreis der schulischen Musi-ziergemeinschaften Bekanntschaft bzw. Freundschaft mit Gleichaltrigensuchen. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung, dass durch die schulischenKontakte mit ausgesiedelten und ausländischen Familien auch fruchtbareImpulse für die Gestaltung von Musik- und Tanzprogrammen in den Schu-len entstanden sind.

Interkulturelle Erziehung:

Ziel der interkulturellen Erziehung in den Schulen des Landes Baden-Württemberg ist es, die jeweils unterschiedlichen Kulturen der Herkunfts-länder von ausgesiedelten und ausländischen Mitschülern kennen zu ler-nen und das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicherHerkunft weiterzuentwickeln. Die Kultur des Herkunftslandes ausgesie-delter und ausländischer Mitschüler soll gepflegt und die des aufnehmen-den Landes geachtet und respektiert werden.

Die zum 1. August 1994 in Kraft getretenen neuen Bildungspläne für dieallgemein bildenden Schulen wie auch die Fachlehrpläne der beruflichenSchulen tragen dieser Tatsache in Form von fächerverbindenden Themen,Lehrplaneinheiten bzw. Lehrplaninhalten zur interkulturellen ErziehungRechnung. Im Bildungsplan der Grundschule sind insgesamt 20 fächerver-bindende Themen, Lehrplaneinheiten bzw. Lehrplaninhalte zur Thematikausgebracht, im Hauptschulbereich sind 27 konkrete Anknüpfungspunkteeingearbeitet. Weitere Entsprechungen finden sich im Bildungsplan derRealschule, des Gymnasiums und der beruflichen Schulen.

Soziale Jugendhilfe

Im Bereich des Sozialministeriums wurden im Rahmen der im Nachtrags-haushalt 1999 bereit gestellten Mittel Angebote der Mobilen Jugendsozialar-beit unterstützt, die sich besonders an die Zielgruppe der jungen Aussiedle-rinnen und Aussiedler sowie Ausländerinnen und Ausländer richten.

Mit den noch verbleibenden Mitteln konnten im Jahr 1999 einzelne, von denVerbänden der freien Jugendhilfe vorgeschlagene Projekte unterstützt wer-den. Dies waren im Einzelnen:

– Migrantinnenprojekt des Vereins für Internationale Jugendarbeit, Stuttgart,

– Individuelle Beratung und sozialpädagogische Gruppenarbeit des AWO-Kreisverbandes Böblingen,

– Projekt MIKELE des Evangelischen Migrationsdienstes Ludwigsburg,

– Projekt SAFRAN des Caritaszentrums Böblingen,

– Spätaussiedlerprojekt des Diakonischen Werkes Bezirksverband Mosbach,

– Präventionsprojekt des Bezirksvereins für soziale Rechtspflege Pforzheim,

– Spätaussiedlerinnenprojekt des DPWV in Kehl,

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– Spätaussiedlerprojekt des Jugendbüros Trochtelfingen (soziale Eltern-schaft),

– Projekt „Interkulturelles Kinderhaus“ des Evangelischen Migrationsdiens-tes in Ulm.

Das Sozialministerium hat damit ganz unterschiedliche Ansätze zur Integra-tion gefördert, diese reichen von Hilfen zur Eingliederung in den Arbeits-markt über Angebote der Jugendsozialarbeit, insbesondere der sozialen Grup-penarbeit bis zur Integration im Kinderhaus.

Wegen der Vielzahl von Förderprogrammen für die Zielgruppen hat sich dasSozialministerium dafür entschieden, vor der Festlegung seines Förderpro-gramms in Expertengesprächen und einer Bestandsaufnahme in beispielhaf-ten Kreisen Bestand und Bedarf an Projekten zur Integration von jugend-lichen Aussiedler/-innen und Ausländer/-innen erheben zu lassen. Damit sollGewähr geleistet werden, dass die auf Vorschlag der Enquetekommissionveranschlagten Mittel treffsicher dort eingesetzt werden, wo sie neben denanderen Fördermöglichkeiten vordringlich erforderlich sind.

Bei den Fördergrundsätzen vom 23. Juni 2000 hat das Sozialministeriumnach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Begleitung bewusst davon ab-gesehen, ins Einzelne gehende Festlegungen zu treffen, um den Beteiligtenvor Ort genügend Spielraum bei der Entwicklung ihrer Projekte zu geben.Die Fördermittel sind so zu verwenden, dass sie die Förderziele Orientierungim Gemeinwesen, Entwicklung einer selbstständigen entscheidungsfähigenPersönlichkeit sowie Erwerb sozialer Kompetenz und grundlegender Fähig-keiten, die zur Eingliederung in eine angemessene Ausbildung und Berufstä-tigkeit erforderlich sind, fachgerecht verfolgen und dabei den Erfordernissenvor Ort und der Bedarfslage der Zielgruppen am besten gerecht werden. Da-für erhalten die Projekte Zuschüsse, die für fünf Jahre festgelegt sind, und da-mit Planungssicherheit für diesen Zeitraum.

Die Pojekte müssen folgende Anforderungen erfüllen:

– Gemeinwesenorientierung, bezogen auf die örtliche Situation, im Sinneeiner Koordinierung und Vernetzung, aber auch im Sinne einer Aktivierungvon Selbsthilfepotenzialen unter Berücksichtigung der Ressourcen derZielgruppen. Diese Projekte sollen damit nicht nur ein wesentlicher Be-standteil der örtlichen sozialen Infrastruktur sein, sondern auch zur bedarfs-gerechten Weiterentwicklung der vorgefundenen Praxis beitragen.

– Lebensfeldbezug durch Schaffung von zielgruppenspezifischen und ge-schlechtsspezifischen Angeboten.

– Interkulturelle Öffnung der Angebote durch Bereitschaft der Fachkräfte,interkulturelle Kompetenz zu erwerben und mit nichtdeutschen Fachkräftenauf gleicher Ebene zusammen zu arbeiten.

Die Arbeitsformen sollen sich an den gegebenen Problemlagen orientieren.Hierzu gehören insbesondere Angebote sozialer Gruppenarbeit, Elternbera-tung, Ansätze geschlechtsspezifischer Arbeit, Verstärkung interkulturellerKompetenz. Dabei soll den jungen Menschen eine eigenständige Mitwirkungbei der Gestaltung der Angebote ermöglicht werden. Wichtig sind die Ab-stimmung vor Ort im Jugendhilfeausschuss oder im Arbeitskreis „Europäi-scher Sozialfonds“, von denen pro Kreis die Befürwortung eines Projekteserwartet wird. Die Auswahl der Projekte, die im Jahr 2000 zusätzlich geför-dert werden, soll Ende Oktober 2000 abgeschlossen sein.

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Vorkurse

Das Wirtschaftsministerium fördert „Vorkurse vor Ausbildungsbeginn“ zurVerbesserung der Ausbildungsreife bei lernschwächeren Jugendlichen. In5 Vorkursen konnten Erfahrungen gesammelt werden, wie auch für Lern-schwächere, im Lehrstellenwettbewerb benachteiligte Jugendliche die Ver-mittlungschancen erhöht werden können. Neben sozialen Kompetenzen wur-den auch praktische Dinge, wie beispielsweise die Bewerbung bei einemAusbildungsbetrieb geübt. Die dabei gemachten Erfahrungen sollen genütztwerden, um einzelne Teile der Kurse nach Möglichkeit in eine Regelform desnormalen Schulbetriebs zu übernehmen. Diese Maßnahmen sind notwendig,um auch benachteiligten Gruppen, wie beispielsweise Aussiedlern und Aus-ländern, die neben sozialen Problemen häufig auch mit Sprachproblemen zukämpfen haben, den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen.

Im Rahmen der „Zukunftsoffensive Junge Generation“, Programm: Stärkungder beruflichen Qualifikation“ (Bereich Wirtschaftsministerium) wurden bei-spielsweise auch als Einzelmaßnahmen/Pilotprojekte „Vorkurse“ gefördert.

b) Wie wurde die Förderung der Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfendurch das Land fortentwickelt, damit sie den Empfehlungen der Enquete-kommission Rechnung trägt und wurden diese Maßnahmen umgesetzt, oh-ne entsprechende andere Landesförderprogramme für Migrantinnen undMigranten zu kürzen und zu streichen?

In einem Schreiben des Sozialministers vom 23. März 2000 wurden allekommunalen und freien Träger der Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe-maßnahmen gebeten, in enger Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schu-len zu prüfen, wo bestehende Angebote ausgeweitet werden können oder ggf.ob neue Angebote notwendig sind.

Das Sozialministerium hatte in Besprechungen mit den TrägerverbändenÜbereinstimmung darüber erzielt, dass die Förderung im Kindergartenbe-reich aus pädagogischen Gründen gegenüber dem schulischen Bereich modi-fiziert werden sollte. Daher wurden in einem weiteren Schreiben die Trägerunterrichtet, dass für Neuanträge im Kindergartenbereich eine verbesserteFörderung beantragt werden kann.

Außerdem wurden alle Beteiligten unterrichtet, dass das Sozialministeriumim laufenden Jahr Fördermittel in Höhe von ca. 100.000 DM für einen be-darfsgerechten Ausbau der Fort- und Weiterbildung der freiwilligen Sprach-helferinnen zur Verfügung stellen kann.

Die für diese Maßnahmen bereitgestellten Mittel aus dem Haushaltsansatzder Jugendenquetekommission (TitGr 70) werden zusätzlich aufgewendet.Die laufenden Maßnahmen des Sozialministeriums zur Integration von Aus-ländern und jungen Aussiedlern (Kap. 0903 TitGr 75 und 68101) werden zu-mindest in bisheriger Höhe fortgeführt, sodass sich die Mittel für die Auslän-derintegration beim Sozialministerium um die zusätzlichen Mittel der Ju-gendenquetekommission erhöhen.

c) Wie hat die Landesregierung die Empfehlung der Enquetekommission um-gesetzt, den muttersprachlichen Unterricht auszubauen?

Wie in der Vergangenheit mehrfach auch dem Landtag gegenüber dargelegt(vgl. z.B. Drs. 11/2723 vom 4. Oktober 1993 – Große Anfrage der FraktionSPD – Integration des muttersprachlichen Unterrichts in das baden-württem-bergische Schulsystem und Drs. 12/3589 vom 12. April 1999 Große Anfrageder Fraktion der SPD – Religiöse Unterweisung muslimischer Kinder), ist eine

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Änderung des in Baden-Württemberg bestehenden Systems nicht beabsich-tigt. Auch künftig wird der muttersprachliche Zusatzunterricht nach Maßgabedes Staatshaushaltsplans gefördert werden. Durch dieses System ist bislangein flächendeckendes Angebot des muttersprachlichen Zusatzunterrichts imLande möglich gewesen.

d) Welche Maßnahmen hat das Land ergriffen, um Fort- und Weiterbildungzum Thema „Interkulturelle Kompetenz“ für MitarbeiterInnen in den Re-gelsozialdiensten und insbesondere in der Jugend- und Jugendsozialarbeitunter Einbeziehung bestehender Fachdienste zur Durchführung zu brin-gen?

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat die Fort- und Weiterbil-dung der Mitarbeiter/innen der Jugendarbeit als Ziel in das Förderprogramm„Integration ausländischer Jugendlicher“ aufgenommen. Den Mitarbeitern/-innen kommt bei der Integration ausländischer Jugendlicher in die Angeboteder Jugendarbeit und damit in die Gesellschaft eine Schlüsselstellung zu.Dieser Herausforderung gewachsen zu sein, erfordert geeignete Fachkompe-tenz. Die Partner bei der Durchführung des Integrationsprogramms haben ausden Mitteln, die das Kultusministerium zur Verfügung gestellt hat, Tagungenzur Qualifizierung der Mitarbeiter/innen durchgeführt. Von der Dachverbän-den der Jugendarbeit werden zudem Arbeitshilfen entwickelt, die allen Mitar-beitern/-innen zur Verfügung gestellt werden, sowie Fortbildungen konzi-piert.

Darüber hinaus stehen die Mittel für die Jugendbildungsmaßnahmen sowiedie Mittel für die Bildungseinrichtungen der Jugendbildungsstätten, der Ju-gendbildungswerke und der Akademie der Jugendarbeit Baden-Württemberge.V. auch für die Vermittlung interkultureller Kompetenz zur Verfügung.

Das Thema „Interkulturelle Kompetenz“ wurde auch im Rahmen der vomSozialministerium durchgeführten wissenschaftlichen Begleitung erörtert.Danach wurde von allen Expertinnen und Experten festgestellt, dass dieseKompetenz in den Fachdiensten vielfach noch nicht vorhanden ist und dasshier ein großer Handlungsbedarf besteht. Festgestellt wurde aber auch, dasses zur weiteren Umsetzung nicht an Fortbildungsangeboten im Bereich Inter-kulturelle Kompetenz mangelt, da gerade die Landesjugendämter wie auchdie freien Träger Angebote in diesem Bereich machen. Hier gilt es für diefreien Träger, die Angebote auch wahrzunehmen.

Das Sozialministerium hat bei seinen Fördergrundsätzen auf interkulturelleKompetenz großen Wert gelegt und wird dieses Merkmal bei der Entschei-dung über Projekte als eines der wesentlichen Auswahlkriterien berücksichti-gen.

e) Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass die durch das Förderpro-gramm Integration (entsprechend Handlungsempfehlung 4.2) angeregtenProzesse in der Jugendverbandsarbeit weitergeführt werden können?

Das Förderprogramm „Integration ausländischer Jugendlicher“ des Ministeri-ums für Kultus, Jugend und Sport ist auf Dauer eingerichtet. Dadurch ist dieKontinuität in diesem Arbeitsfeld der Jugendarbeit auch der Jugendverbands-arbeit gesichert. Derzeit werden mit den zur Verfügung stehenden Mitteln be-fristete Projekte auf ein Jahr gefördert, wobei eine zweimalige Förderungmöglich ist. Danach sollte die Maßnahme, wenn sie sich verstetigt, aus ande-ren Mitteln gefördert werden. Dadurch wird erreicht, dass Projekte mit be-sonders modellhaftem Charakter gefördert werden können, die Beispiel fürandere Initiativen sein können. Für die weitere Entwicklung und Fortschrei-

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bung der Programms muss sich zeigen, inwieweit diese Förderpraxis beibe-halten werden kann, oder ob sie teilweise modifiziert werden muss.

Das Kultusministerium fördert zudem den Austausch zwischen den Trägernder Jugend(-verbands-)arbeit. Somit können alle Beteiligten von den Erfah-rungen aus den anderen Bereichen profitieren. Dabei erfährt insbesondere dieKooperation bei der Durchführung von gemeinsamen Integrationsprojektenund von gemeinsamen Fachtagungen und Seminaren Unterstützung.

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport fördert gezielt besondere Mo-dellprojekte im Bereich der (verbandlichen) Jugendarbeit, um Hilfen und An-regungen für den gesamten Bereich der Jugendarbeit geben zu können. DieseModellprojekte werden zusammen mit anderen besonders erfolgreichen Pro-jekten dokumentiert und den Interessierten zur Verfügung gestellt. Ebenfallsdient die Dokumentation von einzelnen Projekten, die durch das Kultusminis-terium gefördert werden, dem Zweck, die Ansätze zur Integration in der Ju-gendarbeit zu sichern und dafür zu sorgen, dass sie weitergeführt werden kön-nen.

XXII. Maßnahmen zur sozialen Integration (Handlungsempfehlung 5.1)

a) Wie wurden die in den Handlungsempfehlungen 5.1.1 bis 5.1.3 empfohle-nen Maßnahmen zur sozialen Integration von der Landesregierung umge-setzt?

Zu den erwähnten Maßnahmen zur Sozialisation führte die Landesregierungeine Ausschreibung durch, die vollständig auf der Grundlage der Empfehlun-gen der Enquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ basierte.

b) Wie viele Anträge von freien und öffentlichen Trägern sind zu den Maß-nahmen eingegangen und wie wurde darüber entschieden?

Die von der Enquetekommission empfohlenen Maßnahmen zur Sozialisationumfassten 3 verschiedene Bereiche.

Im Bereich der Modellprojekte zur Gewährung von Erziehungs- und Soziali-sationshilfen wurden bei den Regierungspräsidien insgesamt 20 Anträge ein-gereicht, davon wurden 8 bewilligt.

Im Bereich des Feldversuchs „Wohnen und Arbeiten“ wurde die Förderungvon insgesamt 9 Projekten beantragt, davon können 8 gefördert werden.

Zum Fortbildungsprogramm für Leiterinnen und Leiter von Trainingsgrup-pen zur gewaltfreien Konfliktbewältigung sowie Vermittlerinnen und Ver-mittler im Täter-Opfer-Ausgleich wurde erst ein Antrag eingereicht, ein wei-terer wurde angekündigt. Der Eingang dieses Antrags wird noch abgewartet.

XXIII. Jugendnetz Baden-Württemberg (Handlungsempfehlung 5.3.4)

a) Welche Initiativen gab es von Seiten der Landesregierung zum Ausbau desProjekts „Jugendnetz Baden-Württemberg“ und wie ist der aktuelle Standbeim Ausbau des Jugendnetzes?

Der Ausbau des Jugendnetzes Baden-Württemberg erfolgt entsprechend derim Oktober 1998 vom Ministerrat zustimmend zur Kenntnis genommenenKonzeption. In der ersten Jahreshälfte 1999 wurde ein Landesjugendmedien-zentrum an der Landesakademie für Jugendbildung in Weil der Stadt mitSchulungsplätzen für 1 Trainer und 10 Teilnehmer aufgebaut und Schulungs-angebote entwickelt. Seit Mai 1999 werden örtliche Angebote als regionale

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Jugendmedienzentren ausgebaut; derzeit sind es rund 20 unterschiedlichenEntwicklungsstandes. Gleichzeitig wurde die Gesamtstruktur des Online-An-gebotes entwickelt. Providing und Hosting des Jugendnetzes wird von Bel-Wü übernommen. Ein Grundbestand an Daten wurde durch die Einbeziehungder Datenbank „Projektbörse“ der Jugendstiftung Baden-Württemberg er-fasst. Durch Programmierung einer baden-württembergischen Landkartekann im Jugendnetz ein direkter Zugriff auf den eigenen Kreis bzw. die eige-nen Gemeinde erfolgen.

Im Februar 2000 hat sich eine Landesarbeitsgemeinschaft Regionale Jugend-mediennetze gebildet. Durch den Aufbau des Sonderbereichs „Jugendnetzinternational“ werden Informationen zu internationalen Aufenthalten undKommunikationsmöglichkeiten bereitgestellt. Anlässlich eines baden-würt-tembergischen Jugendmedienkongresses erfolgt im November 2000 der offi-zielle Start des Jugendnetzes.

b) Welchen Stellenwert und welche Rolle haben das Jugendarbeitsnetz unddie landesweiten Zusammenschlüsse der Kinder- und Jugendarbeit imRahmen des Jugendnetzes zum jetzigen Zeitpunkt und in Zukunft?

Die Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten und der Landesjugendring Ba-den-Württemberg haben sich bereiterklärt, den zentralen Bereich „Jugendar-beit“ im Jugendnetz als Pate komplett zu betreuen. Das Angebot wurde unterdem Arbeitstitel „Jugendarbeit-Netz“ entwickelt. Dazu wurde eine Projekt-stelle bei der gemeinsam getragenen Akademie der Jugendarbeit eingerichtet.

c) Wie werden die für den Doppelhaushalt 2000/2001 angekündigten600.000 DM für das Jugendnetz eingesetzt?

Wegen seiner Bedeutung werden im Doppelhaushalt 2000/2001 durch Mittel-umschichtung insgesamt 800.000 DM für das Jugendnetz eingesetzt. In je-dem der beiden Jahre sind 200.000 DM für das Förderprogramm „NeueKommunikationsmedien in der Jugendarbeit“ vorgesehen, mit dem die medi-ale Ausstattung von Einrichtungen der verbandlichen und offenen Jugendar-beit bezuschusst wird, damit diese sich am Jugendnetz beteiligen können.Daneben werden jeweils 100.000 DM zur Förderung der Ausstattung regio-naler Jugendmedienzentren und jeweils 100.000 DM für das Förderpro-gramm medienkultureller Projekte in der Jugendarbeit eingesetzt.

Die Berücksichtigung moderner Kommunikations- und Informationstechni-ken spielt bei der Umsetzung des Europäischen Sozialfonds eine wichtigeRolle, da Kompetenzen im Bereich der Kommunikations- und Informations-technologie zur Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen ganz wesentlichbeitragen. Für das Projekt Jugendnetz Baden-Württemberg ergeben sich da-her auch Fördermöglichkeiten aus dem Europäischen Sozialfonds.

d) Wie steht die Landesregierung zur Einrichtung eines eigenständigen För-dertitels „Medienkompetenz/Medienpädagogik“ für die Träger der Ju-gendarbeit im Landesjugendplan mit den Bereichen Investitionsförderung,Maßnahmenförderung und Webmasterstelle für das Jugendarbeitsnetz?

Die Landesregierung wird wohl wollend prüfen, ob im Rahmen der zur Ver-fügung stehenden Haushaltsmittel die Einrichtung eines eigenständigen För-dertitels „Medienkompetenz/Medienpädagogik“ für die Träger der Jugendar-beit im Landesjugendplan mit den Bereichen Investitionsförderung, Maßnah-menförderung und Webmasterstelle für das Jugendarbeitsnetz erfolgen kann.

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XXIV. Privatisierungserlöse (Handlungsempfehlung 6.3)

a) Welche Anstrengungen hat die Landesregierung unternommen und welcheAnstrengungen sind vorgesehen, um sicherzustellen, dass Mittel aus denaktuellen und zukünftigen Privatisierungserlösen, insbesondere aus demVerkauf der Landesanteile der EnBW, dem Jugendbereich zufließen, undwie definiert die Landesregierung den Begriff „Jugendbereich“?

und

b) Inwiefern werden die Jugendarbeit und die von den Trägern der Jugendar-beit unterbreiteten Anliegen – flächendeckende kommunikationstechnischeAusstattung der Jugendarbeit, Förderung von Kleinbauvorhaben in derJugendarbeit, Förderbedarf bei Jugendwohnheimen, Verdienstausfalllei-stungen beim Sonderurlaub – berücksichtigt?

In den ersten beiden Zukunftsoffensiven für die junge Generation wurde derJugendbereich durch nachhaltige Investitionen, insbesondere in Schule, Wis-senschaft und Forschung beteiligt. Auch in der 3. Zukunftsoffensive sind indiesen Politikbereichen Investitionen für die Jugend vorgesehen. Der sog.Kernbereich soll hierbei mit Fördermitteln für die Modernisierung von Ju-gendbildungsstätten und Jugendwohnheimen, für den Jugendmedienbereichund für Jugendgruppenräume beteiligt werden. Hierfür sind insgesamt35 Mio. DM vorgesehen.

XXV. Sonstiges

a) Wie wird die Kooperation zwischen Ministerien, freien und öffentlichenTrägern der Kinder- und Jugendhilfe und den kommunalen Landesverbän-den bei der Umsetzung der Handlungsempfehlungen durch die Beteiligtenbewertet?

Das Sozialministerium hat zu dieser Frage Stellungnahmen der kommunalenLandesverbände, der Landesjugendämter sowie der Verbände der Freien Ju-gendhilfe eingeholt.

Danach wurde von den Kommunalen Landesverbänden und den Landesju-gendämtern wie auch von den Verbänden der Träger der freien Jugendhilfedie Vorbereitung in den zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Ju-gendenquetekommission eingerichteten Arbeitsgruppen begrüßt. Besondersbegrüßt wurde das Beispiel interministerieller Kooperation bei der Erstellungder Gemeinsamen Richtlinien des Sozialministeriums und des Kultusministe-riums zur Förderung der Jugendsozialarbeit an Schulen, des Projektes Ju-gendberufshelfer und von Jugendagenturen. Kritisiert wurde die Verteilungder Mittel auf verschiedene Ressorts und der nach dortiger Auffassung zu ho-he administrative Aufwand bei der Umsetzung. Der Vorzug wäre einem Ge-samtkonzept von der Kinderbetreuung über die Schule bis zum Übergang inAusbildung und Beruf gegeben worden, in dessen Rahmen die Umsetzung indie Verantwortung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gegebenworden wäre.

Die Kommunalen Landesverbände, die beiden Landesjugendämter wie auchdie Verbänder der freien Jugendhilfe erwarten, dass das Land, sich über dieAnschubfinanzierung hinaus dauerhaft und mit deutlich mehr finanziellemEngagement für die Jugendsozialarbeit an Schulen einsetzt.

Die im Bereich der Jugendarbeit bei der Umsetzung der Handlungsempfeh-lung mitwirkenden Dachorganisationen wie etwa der Landesjugendring, die

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Arbeitsgemeinschaft der Jugendfreizeitstätte oder die Landesvereinigungkultureller Jugendbildung haben die Zusammenarbeit positiv bewertet.

b) In wie vielen Jugendhilfeausschüssen und mit welchen Ergebnissen wurdeder Abschlussbericht der Enquetekommission bisher diskutiert? WelcheHandlungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung in diesem Zusammen-hang, um auf eine Umsetzung der Handlungsempfehlungen durch die ört-lichen Träger der Jugendhilfe hinzuwirken?

Aus der Sicht der Kommunalen Landesverbände und der Landesjugendämterliegt mit dem Bericht der Enquetekommission erstmals eine umfangreicheBeschreibung der Situation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ba-den-Württemberg vor. Die Ergebnisse der Anhörung der Sachverständigenund der Jugendlichen sind nach ihrer Ansicht eine gute Grundlage auch fürdie Weiterentwicklung der kommunalen Jugendpolitik. Sowohl die Kommu-nalen Landesverbände als auch die Landesjugendhilfeausschüsse bei denLandeswohlfahrtsverbänden haben deshalb die Städte und Kreise aufgefor-dert, diesen Bericht in den örtlichen Jugendhilfeausschüssen und sonstigenzuständigen kommunalen Gremien zu erörtern und zu prüfen, inwieweit dieverschiedenen Fördermittel des Landes und der Arbeitsverwaltung auf Kreis-ebene bedarfsgerecht und gebündelt in Anspruch genommen werden können.Über die Umsetzung in den Städten und Kreisen liegen den KommunalenLandesverbänden keine Erkenntnisse vor; der Landkreistag geht davon aus,dass der Bericht der Enquetekommission in allen Jugendhilfeausschüssen in-zwischen diskutiert wurde.

c) In welchem Verhältnis steht nach Auffassung der Landesregierung der Ju-gendenquêtebericht zur Jugendkonzeption der Landesregierung, zum Be-richt der Zukunftskommission, zum Landesjugendbericht sowie zum Me-dienleitbild?

Während der laufenden Legislaturperiode wurdem in Baden-Württembergneben dem Bericht der Jugendenquetekommission mehrere umfangreicheBerichte im Auftrag der Landesregierung erstellt. Der umfangreichste Berichtwar der der Zukunftskommission Gesellschaft 2000. Mit ihr hat die Landes-regierung eine breite öffentliche Debatte über gesellschaftliche Zukunftsfra-gen eröffnet und die Position von Experten zu diesen Fragen in die Diskus-sion eingebracht, sowie die Forderungen der Kommission in die politischenKonzeptionen der Landesregierung einfließen lassen. Der Bericht wandtesich insgesamt Fragen der Gestaltung der Zukunft zu. Dabei nahm der Be-reich der Jugendgeneration einen großen Raum ein. Die Lage der jungenMenschen in Baden-Württemberg wurde eingehend dargestellt und unter-sucht, und es wurden Handlungsempfehlungen von den Mitgliedern derKommission formuliert. Aus Sicht der Jugendpolitik ist zu begrüßen, dass dieKommission der jungen Generation, insbesondere dem Thema Übergang indas Berufsleben einen zentralen Stellenwert eingeräumt hat. Dabei wurdeauch die Bedeutung der Jugendarbeit von der Kommission gewürdigt. Insge-samt hat die Kommission bei ihrem Empfehlungen bezüglich der Sicherungder Zukunftschancen der jungen Generation den Schwerpunkt auf den Be-reich der Bildung, der Aus- und Weiterbildung, gelegt. Die angemessene Ge-staltung des Bildungswesens ist eine große Herausforderung für die Politik.Den umfassenden gesellschaftlichen Veränderungsprozessen, vor allem demStrukturwandel in der Wirtschaft, muss bei der Weiterentwicklung des Bil-dungswesens angemessen Rechnung getragen werden. Zur Lösung dieserAufgabe hat die Zukunftskommission einen wichtigen Beitrag geleistet. Da-neben wurde der Bereich der Kultur und der Kulturarbeit im Bereicht der Zu-kunftskommission große Bedeutung eingeräumt. Die Bedeutung der Kulturfür das Zusammenleben insgesamt wurde hervorgehoben.

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Die Ergebnisse und die Empfehlungen der Zukunftskommission Gesellschaft2000 bestätigen wichtige Anliegen des Berichtes zur Jugendenquetekommis-sion. Sie liefen aber in erster Linie Ergänzungen zu deren Handlungsempfeh-lungen. Insbesondere die Empfehlungen der Zukunftskommission hinsicht-lich der Gestaltung des Bildungswesens ergänzen die Handlungsempfehlun-gen der Jugendenquetekommission. Daneben erfuhr die jugendpolitischeZielsetzung der Landesregierung durch zentrale Ergebnisse und Forderungender Zukunftskommission Bestätigung und Unterstützung.

Der Bericht der Zukunftskommission wurde mehrfach in den Sitzungen desLandeskuratoriums für außerschulische Jugendbildung behandelt. Es wurdegeprüft, welche Konsequenzen sich aus den Empfehlungen für den Bereichder Jugendarbeit und der außerschulischen Jugendbildung ergeben.

Auch im Entwurf eines Leitbildes für den Medienstandort Baden-Württem-berg in der Informationsgesellschaft stehen naturgemäß die Herausforderun-gen und Chancen in den Bereichen Wirtschaft und Technologie, wie auch all-gemein in Staat, Gesellschaft und Medienkultur im Vordergrund. Bei seinerUmsetzung wird mit Blick auf die Empfehlungen der Jugegendenquetekom-mission im Einzelnen zu prüfen sein, wie medienpädagogische Fragestellun-gen akzentuiert oder Gefährdungen für Kinder und Jugendliche vermiedenwerden können.

Der Landesjugendbericht behandelt entsprechend seinem gesetzlichen Auf-trag die Lage der Jugend und die Jugendhilfe in Baden-Württemberg. Bei sei-ner Erstellung wurde darauf geachtet, dass schwerpunktmäßig solche Berei-che beleuchtet wurden, die nicht im Mittelpunkt der Arbeit der Enquetekom-mission standen, um eine Parallelberichterstattung innerhalb der gleichen Le-gislaturperiode zu vermeiden. Insbesondere die Bereiche der Jugendarbeitund der außerschulischen Jugendbildung, die im Bericht der Enquetekom-mission einen breiten Raum eingenommen haben, wurden folglich im Lan-desjugendbericht weniger ausführlich behandelt. Dagegen wurden die Berei-che soziale Jugendhilfe und Hilfen zur Erziehung sowie die Jugendhilfepla-nung ausführlich behandelt. Damit können beide Berichte zur Gewinnungeines vertieften Bildes von der Situation der Jugend und der Jugendhilfe inBaden-Württemberg herangezogen werden. Auch hinsichtlich der Berichteanderer Kommissionen stellt der Landesjugendbericht auf Grund seiner the-matischen Schwerpunktsetzung eine sinnvolle Ergänzung dar.

Die Enquetekommission „Jugend – Arbeit – Zukunft“ des Landtags von Ba-den-Württemberg hatte den Auftrag, die Lebenslage junger Menschen, dieZukunftschancen junger Menschen in Ausbildung und Beruf sowie die Mög-lichkeiten junger Menschen zur Mitgestaltung und Teilhabe am gesellschaft-lichen, kulturellen und politischen Leben zu untersuchen und Handlungsemp-fehlungen für die Landesregierung zu formulieren. In dem umfangreichenAbschlussbericht der Kommission wird deutlich, wie vielschichtig das The-ma Jugend und Zukunft, insbesondere hinsichtlich des Übergangs Schule/Be-ruf ist. Die verschiedenen Berichte, die der Landesregierung nun zur Verfü-gung stehen, haben jeweils eine eigene Schwerpunktsetzung: ÜbergangSchule/Beruf, Bildungssystem, Medienarbeit, soziale Jugendhilfe etc. Da-durch werden jeweils andere Akzente in den Berichten gesetzt und Empfeh-lungen bezüglich anderer Sachgebiete ausgesprochen. In der Zusammenfüh-rung dieser Ergebnisse besteht die Chance, den enormen Anforderungen so-wie der Vielschichtigkeit der Situation gerade im Hinblick auf die Zukunft-schancen der jungen Generation gerecht zu werden. Jugendpolitik als Quer-schnittsaufgabe erfordert das Einbeziehen unterschiedlicher Aspekte und dieBerücksichtigung vielfältiger Problemstellungen bei der Weiterentwicklungder jugendpolitischen Ansätze.

Dr. Annette SchavanMinisterin für Kultus,Jugend und Sport

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