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© 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 2 | 36. Jahrgang 2005 | Phys. Unserer Zeit | 59 | TREFFPUNKT FORSCHUNG entladung herab. Dadurch werden Blitze induziert. Die Werte sind typischerweise um 30 % niedriger als ohne Laser. Um zu einem Einsatz als Blitzab- leiter zu kommen, muss man auch die Einflüsse des realen Wetters berücksichtigen. Wir haben deshalb kürzlich im Labor untersucht, wie der Mechanismus unter Regenbedin- gungen funktioniert [2], indem wir eine dichte Wasserwolke zwischen die Elektroden sprühten. Es zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Entladung zu induzieren, zwar geringfügig reduziert wird. Dies lässt sich leicht mit einer höheren Puls- LASERINDUZIERTE PLASMEN | Laserstrahlen als Blitzableiter Mit ultrakurzen Laserpulsen können meterlange Plasmen erzeugt werden, die die Luft elektrisch leitend machen. Dies hat zur Idee eines Laser-Blitzableiters geführt. Die Idee, laserinduzierte Plasmen als Blitzableiter zu verwenden, wird schon seit einigen Jahrzehnten diskutiert. Bis vor wenigen Jahren waren jedoch nur CO 2 -Laser in der Lage, genügend Intensität zu liefern, um die Luftmoleküle zu ionisieren. Darüber hinaus muss der Strahl stark fokussiert werden, so dass das er- Plasma hat nun aber seinerseits Auswirkungen auf die Brechzahl und wirkt der Selbstfokussierung ent- gegen: Der Strahl weitet sich wieder auf. Durch das Wechselspiel dieser beiden Prozesse kann der Plasma- kanal Längen von bis zu einigen hun- dert Metern erreichen. Um Plasma- kanäle in dieser Größenordnung zu zeugte Plasma nur begrenzte Ausma- ße hat. Zusammen mit dem enormen Energiebedarf ist der Einsatz dieses Lasertyps bei Gewittern deshalb wenig Erfolg versprechend. Einen anderen Ansatz ermöglicht die Verwendung von ultrakurzen Laserpulsen. Ab einer gewissen Laserleistung tritt hier eine Selbst- fokussierung auf. Sie ist ein Effekt der nichtlinearen Optik, bei der die Brechzahl der Luft abhängig von der Lichtintensität wird. Über den Strahl- querschnitt gesehen, ist diese bei Laserlicht im Allgemeinen gaußför- mig verteilt. Das heißt die Brechzahl in Achsennähe wird größer als am Rand. Der Effekt wirkt also ähnlich wie eine Sammellinse, so dass sich der Laserpuls bei seiner Fortpflan- zung selbst zusammenzieht. Da hierdurch die Intensität wächst, wird im Zentralbereich der Grenzwert für Multi-Photonen-Ioni- sierung erreicht. Das resultierende erzeugen, verwenden wir das „Tera- mobile“ [1], ein mobiles Femtosekun- den-Terawatt-System, das als deutsch- französisches Gemeinschaftsprojekt betrieben wird (Abbildung 1). Der in dieser Form weltweit einzigartige Laser ist mitsamt dem Detektions- raum in einem umgebauten Schiffs- container untergebracht. Er liefert Pulse mit einer Dauer von 100 fs bei einer Frequenz von 10 Hz. Die erzeugte Spitzenleistung von 4 TW ist etwa so groß wie der in der gleichen Zeit von allen Kraftwerken der Erde erzeugte Strom! Grundsätzlich lassen sich beim Betrieb zwei Effekte beobachten. Zum einen wird die Entladung ent- lang des Plasmakanals geführt, wie man sie als gerade Linie zwischen den beiden Elektroden in Abbildung 2 erkennen kann. Der Plasmakanal bietet der Entladung aber nicht nur einen Pfad an, sondern setzt auch die Spannungswerte für die Durschlags- frequenz des Lasers kompensieren. In naher Zukunft werden deutlich höhere Wiederholraten möglich sein. Wegen der Wechselwirkung des Strahls mit den Tröpfchen hatte man erwartet, dass die Balance zwischen Selbstfokussierung und Plasma leicht gestört wird. Wir beobachteten je- doch, dass die Plasmakanäle stabil blieben [3]. Dichte Regenwolken bedeuten also kein Hindernis für das Konzept eines Laserplasmas als Blitzableiter. Weitere Experimente werden sich nun darauf konzentrieren, wie das Plasma weiter stabilisiert werden kann, da ein Blitz, verglichen mit der Plasmadynamik, nur relativ lang- sam fortschreitet. [1] J. Kasparian et al., Science 2003, 301, 61. [2] R. Ackermann et al., Appl. Phys. Lett. 2004, 85, 5781. [3] F. Courvoisier et al., Appl. Phys. Lett. 2003, 83, 213. Roland Ackermann, Universität Claude Bernard, Lyon << Abb. 1 Das Teramobile in der Hochspannungs- halle. Auf der rechten Seite sind Teile des Hoch- spannungsgene- rators und der Elektroden zu sehen. < Abb. 2 Eine freie (oben) und eine lasergeführte Entladung bei einem Elektroden- abstand von zwei Metern.

Laserstrahlen als Blitzableiter

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© 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Nr. 2 | 36. Jahrgang 2005 | Phys. Unserer Zeit | 59

| T R E F F P U N K T FO R SC H U N G

entladung herab. Dadurch werdenBlitze induziert. Die Werte sindtypischerweise um 30 % niedriger alsohne Laser.

Um zu einem Einsatz als Blitzab-leiter zu kommen, muss man auchdie Einflüsse des realen Wettersberücksichtigen. Wir haben deshalbkürzlich im Labor untersucht, wieder Mechanismus unter Regenbedin-gungen funktioniert [2], indem wireine dichte Wasserwolke zwischendie Elektroden sprühten. Es zeigtesich, dass die Wahrscheinlichkeit,eine Entladung zu induzieren, zwargeringfügig reduziert wird. Dies lässtsich leicht mit einer höheren Puls-

L A S E R I N D U Z I E R T E PL A S M E N |Laserstrahlen als BlitzableiterMit ultrakurzen Laserpulsen können meterlange Plasmen erzeugtwerden, die die Luft elektrisch leitend machen. Dies hat zur Idee einesLaser-Blitzableiters geführt.

Die Idee, laserinduzierte Plasmen alsBlitzableiter zu verwenden, wirdschon seit einigen Jahrzehntendiskutiert. Bis vor wenigen Jahrenwaren jedoch nur CO2-Laser in derLage, genügend Intensität zu liefern,um die Luftmoleküle zu ionisieren.Darüber hinaus muss der Strahl starkfokussiert werden, so dass das er-

Plasma hat nun aber seinerseitsAuswirkungen auf die Brechzahl undwirkt der Selbstfokussierung ent-gegen: Der Strahl weitet sich wiederauf. Durch das Wechselspiel dieserbeiden Prozesse kann der Plasma-kanal Längen von bis zu einigen hun-dert Metern erreichen. Um Plasma-kanäle in dieser Größenordnung zu

zeugte Plasma nur begrenzte Ausma-ße hat. Zusammen mit dem enormenEnergiebedarf ist der Einsatz diesesLasertyps bei Gewittern deshalbwenig Erfolg versprechend.

Einen anderen Ansatz ermöglichtdie Verwendung von ultrakurzenLaserpulsen. Ab einer gewissenLaserleistung tritt hier eine Selbst-fokussierung auf. Sie ist ein Effektder nichtlinearen Optik, bei der dieBrechzahl der Luft abhängig von derLichtintensität wird. Über den Strahl-querschnitt gesehen, ist diese beiLaserlicht im Allgemeinen gaußför-mig verteilt. Das heißt die Brechzahlin Achsennähe wird größer als amRand. Der Effekt wirkt also ähnlichwie eine Sammellinse, so dass sichder Laserpuls bei seiner Fortpflan-zung selbst zusammenzieht.

Da hierdurch die Intensitätwächst, wird im Zentralbereich derGrenzwert für Multi-Photonen-Ioni-sierung erreicht. Das resultierende

erzeugen, verwenden wir das „Tera-mobile“ [1], ein mobiles Femtosekun-den-Terawatt-System, das als deutsch-französisches Gemeinschaftsprojektbetrieben wird (Abbildung 1). Der indieser Form weltweit einzigartigeLaser ist mitsamt dem Detektions-raum in einem umgebauten Schiffs-container untergebracht. Er liefertPulse mit einer Dauer von 100 fs beieiner Frequenz von 10 Hz. Dieerzeugte Spitzenleistung von 4 TWist etwa so groß wie der in dergleichen Zeit von allen Kraftwerkender Erde erzeugte Strom!

Grundsätzlich lassen sich beimBetrieb zwei Effekte beobachten.Zum einen wird die Entladung ent-lang des Plasmakanals geführt, wieman sie als gerade Linie zwischenden beiden Elektroden in Abbildung2 erkennen kann. Der Plasmakanalbietet der Entladung aber nicht nureinen Pfad an, sondern setzt auch dieSpannungswerte für die Durschlags-

frequenz des Lasers kompensieren.In naher Zukunft werden deutlichhöhere Wiederholraten möglich sein.

Wegen der Wechselwirkung desStrahls mit den Tröpfchen hatte manerwartet, dass die Balance zwischenSelbstfokussierung und Plasma leichtgestört wird. Wir beobachteten je-doch, dass die Plasmakanäle stabilblieben [3]. Dichte Regenwolkenbedeuten also kein Hindernis für dasKonzept eines Laserplasmas alsBlitzableiter.

Weitere Experimente werdensich nun darauf konzentrieren, wiedas Plasma weiter stabilisiert werdenkann, da ein Blitz, verglichen mit der Plasmadynamik, nur relativ lang-sam fortschreitet.

[1] J. Kasparian et al., Science 22000033, 301, 61. [2] R. Ackermann et al., Appl. Phys. Lett. 22000044,

85, 5781. [3] F. Courvoisier et al., Appl. Phys. Lett. 22000033,

83,, 213.Roland Ackermann,

Universität Claude Bernard, Lyon

<< Abb. 1 DasTeramobile in derHochspannungs-halle. Auf derrechten Seite sindTeile des Hoch-spannungsgene-rators und derElektroden zusehen.

< Abb. 2 Einefreie (oben) undeine lasergeführteEntladung beieinem Elektroden-abstand von zweiMetern.