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Kapitel 4 LCAO-Verfahren zur Berechnung von Bandstrukturen: Die Tight-binding Methode 4.1 Grundlage der LCAO-Methode: Variationsansatz im eingeschr¨ ank- ten Testraum 4.1.1 Variationsformulierung des Eigenwertproblems: Rayleigh-Quotient Betrachte einen vorgegebenen Hamiltonoperator mit unbekannten exakten Eigenzust¨ anden |ni und Eigen- werten n , sodass ˆ H|ni = n |ni mit 0 1 2 .... (4.1) Hierbei ist |0i der Grundzustand mit der Energie 0 und die |n , 0i sind die angeregten Zust¨ ande. Die |ni bilden ein VONS, sodass wir f¨ ur einen beliebigen Zustand schreiben k ¨ onnen |ψi = X n=0 a n |ni mit a n = hn | ψi. (4.2) Der Energieerwartungswert (Reyleigh-Quotient) dieses Zustandes ist E(ψ) hψ| ˆ H|ψi hψ|ψi . (4.3) Einsetzen der Entwicklung (4.2) f ¨ uhrt auf E(ψ) = n=0 n |a n | 2 n=0 |a n | 2 0 n=0 |a n | 2 n=0 |a n | 2 = 0 (4.4) Da E(ψ) 0 ur ein beliebiges |ψi, ist der Grundzustand |0i gegeben durch die Variationsbedingung 0 = MinE(ψ) = E(0). (4.5) Analog folgen die h ¨ oheren Eigenwerte n1 sukzessive aus reduzierten Testr¨ aumen |ψ n i durch die Relation n = MinE(ψ n ) = E(n). (4.6) In den reduzierten Testr¨ aumen gilt hn 0 |ψ n i = 0 ur alle n 0 < n. (4.7) 1

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Kapitel 4

LCAO-Verfahren zur Berechnung vonBandstrukturen: Die Tight-bindingMethode

4.1 Grundlage der LCAO-Methode: Variationsansatz im eingeschrank-ten Testraum

4.1.1 Variationsformulierung des Eigenwertproblems: Rayleigh-Quotient

Betrachte einen vorgegebenen Hamiltonoperator mit unbekannten exakten Eigenzustanden |n〉 und Eigen-werten εn, sodass

H|n〉 = εn|n〉 mit ε0 ≤ ε1 ≤ ε2 . . . . (4.1)

Hierbei ist |0〉 der Grundzustand mit der Energie ε0 und die |n , 0〉 sind die angeregten Zustande. Die |n〉bilden ein VONS, sodass wir fur einen beliebigen Zustand schreiben konnen

|ψ〉 =∑n=0

an|n〉 mit an = 〈n | ψ〉. (4.2)

Der Energieerwartungswert (Reyleigh-Quotient) dieses Zustandes ist

E(ψ) ≡〈ψ|H|ψ〉〈ψ|ψ〉

. (4.3)

Einsetzen der Entwicklung (4.2) fuhrt auf

E(ψ) =

∑∞n=0 εn|an|

2∑∞n=0 |an|

2 ≥ ε0

∑∞n=0 |an|

2∑∞n=0 |an|

2 = ε0 (4.4)

Da E(ψ) ≥ ε0 fur ein beliebiges |ψ〉, ist der Grundzustand |0〉 gegeben durch die Variationsbedingung

ε0 = MinE(ψ) = E(0). (4.5)

Analog folgen die hoheren Eigenwerte εn≥1 sukzessive aus reduzierten Testraumen |ψn〉 durch die Relation

εn = MinE(ψn) = E(n). (4.6)

In den reduzierten Testraumen gilt

〈n′|ψn〉 = 0 fur alle n′ < n. (4.7)

1

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2 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

4.1.2 Ritzsches Verfahren: Eingeschrankter Testraum als Linearkombination vonatomaren Orbitalen

Betrachte den eingeschrankten Testraum |ψ〉 aller Zustande, die sich als Linearkombination eines Satzesvon ausgewahlten Basiszustanden |χγ〉, γ = 1, 2 . . . l darstellen lassen,

|ψ〉 =

l∑γ=1

cγ|χγ〉 = |ψ(c1 . . . cl)〉. (4.8)

Diese Basiszustanden |χγ〉 werden generisch als ’atomic orbitals’ bezeichnet. Wir setzen hier nicht voraus,dass die Basiszustande normiert sind. Daher suchen wir die Minimalwerte des Energiefunktionals (4.4)

E(ψ) =〈ψ|H|ψ〉〈ψ | ψ〉

= E(cγ, c∗γ). (4.9)

Die cγ sind komplexe Koeffizienten, d.h. fur jedes γ gibt es zwei linear unabhangige Parameter, z. B. Re(cγ)und Im(cγ). Wir wahlen jedoch cγ und c∗γ als unabhangige Parameter, E = E(c1, c∗1, . . . , cl, c∗l ). Die Extremevon E werden durch die Bedingung

∂E∂cγ

=∂E∂c∗γ

= 0 (4.10)

bestimmt. Es ist

∂E∂c∗γ

=1

〈ψ | ψ〉

∂c∗γ〈ψ|H|ψ〉 −

〈ψ|H|ψ〉〈ψ | ψ〉︸ ︷︷ ︸

E

∂c∗γ〈ψ | ψ〉

︸ ︷︷ ︸0

= 0. (4.11)

Es gilt

〈ψ|H|ψ〉 =

l∑γ′′γ′

Hγ′′γ′c∗γ′′cγ′ (4.12)

mit der HamiltonmatrixHγ′′γ′ = 〈χγ′′ |H|χγ′〉. (4.13)

es folgt∂

∂c∗γ〈ψ|H|ψ〉 =

l∑γ′

Hγγ′cγ′ . (4.14)

Weiterhin

〈ψ | ψ〉 =

l∑γ′′γ′

S γ′′γ′c∗γ′′cγ′ (4.15)

mit der UberlappmatrixS γ′γ′′ = 〈χγ′ | χγ′′〉 (4.16)

und damit∂

∂c∗γ〈ψ | ψ〉 =

l∑γ′

S γγ′cγ′ . (4.17)

Einsetzen in (4.14) fuhrt auf die Bestimmungsgleichung der LCAO-Wellenfunktionen

l∑γ′=1

Hγγ′cγ′ − El∑

γ′=1

S γγ′cγ′ = 0, (4.18)

oder in Matrixnotation [H − ES

]~c = 0. (4.19)

Die Bedingung (∂/∂ci)E = 0 fuhrt auf dieselbe Gleichung, welche eine Losung hat, wenn

Det[H − ES

]= 0. (4.20)

Das ist die Bestimmungsgleichung fur die Eigenenergien.

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4.2. ATOMARE TIGHT-BINDING HAMILTONMATRIX IM KRISTALL 3

4.2 Atomare Tight-Binding Hamiltonmatrix im KristallWie in Abb. 4.1 dargestellt, liege ein Kristallgitter mit durch den Atomindex β indizierten Basisatomen vor.Der Verschiebungsvektor eines Atoms ist dann gegeben durch

~rβ~R = ~rβ + ~R. (4.21)

Hier gibt ~R die primitive Einheitszelle an, in der das Atom liegt, und ~rβ den Basisvektor des β-Atomsinnerhalb dieser Zelle. Das Paar β~R bezeichnet somit eine Atomposition oder den S ite und wird somit alsSite-Index bezeichnet. Das periodische effektive Festkorperpotenzial ist dann in der Form

V(~r) =∑β~R

vβ(~r − ~rβ~R) (4.22)

darstellbar, wobei vβ(~r) das atomare Potenzial in der Umgebung der β-Atome ist. In der Umgebung vomAtom β~R konnen wir schreiben

V(~r) = vβ(~r − ~rβ~R) + δvβ(~r − ~rβ~R) (4.23)

mit einer kleinen, in der Regel negativen Korrektur δvβ(~r −~rβ~R). Die atomaren Orbitale in diesem Potenzialwerden bestimmt durch die atomare Schrodingergleichung[

−~2

2m∆~r + vβ(~r) − E0

αβ

]Φαβ(~r) = 0. (4.24)

Hier werden nur die gebundenen Orbitale berucksichtigt, die wir orthonormiert wahlen konnen,∫d3rΦαβ(~r)∗Φα′β(~r) = δαα′ . (4.25)

Bei einem kugelsymmetrischen atomaren Potenzial vβ(r) ergeben sich die bekannten orbitalen Quantenzah-len α = (n, l,m, s) (Hauptquantenzahl, Drehimpuls, Magnetquantenzahl, Spin). Diese Quantenzahlen bildenden Orbitalindex α. Die um ~rβ~R verschobenen atomaren Zustande

Φαβ(~r − ~rβ~R) ≡ 〈~r|Φαβ~R〉 (4.26)

werden als die Basiszustande fur die LCAO-Darstellung (4.8) der Wellenfunktion im eingeschrankten Tes-traum verwendet,

|χγ〉 ↔ |Φαβ~R〉 sodass γ ↔ αβ~R. (4.27)

Dann wird (4.8) zu

ψ(~r) =∑αβ~R

ψαβ~RΦαβ(~r − ~rβ~R) oder |ψ〉 =∑αβ~R

ψαβ~R|Φαβ~R〉. (4.28)

Mit αβ~R→ α2β2~R2 und α′β′~R′ → α1β1~R1 (4.18) zu∑α1β1~R1

(Hα2β2~R2,α1β1~R1 − ES α2β2~R2,α1β1~R1

)ψα1β1~R1 = 0, (4.29)

mit der hermiteschen Hamiltonmatrix

Hα2β2~R2,α1β1~R1 =< Φα2β2~R2|H|Φα1β1~R1 >=

∫d3rΦ∗α2β2(~r − ~rβ2~R2)

[−~2

2m∆r + V(~r)

]Φα1β1(~r − ~rβ1~R1) (4.30)

und der Uberlappmatrix

S α2β2~R2,α1β1~R1 =< Φα2β2~R2|Φα1β1~R1 >=

∫d3rΦ∗α2β2(~r − ~rβ2~R2)Φα1β1(~r − ~rβ1~R1). (4.31)

Wir werden im Folgenden die Orthogonalitatsnaherung

S α2β2~R2,α1β1~R1 = δα2α1δβ2β1δ~R2~R1 (4.32)

voraussetzen. Diese Setzung kann bei der folgenden Bandstrukturberechnung durch die Verwendung vonLowdinorbitalen exakt gemacht werden [?]. Gleichung (4.29) wird mit (4.32) zur einfachen Tight-BindingSchrodingergleichung ∑

α1β1~R1

(Hα2β2~R2,α1β1~R1 − Eδα2β2~R2,α1β1~R1

)ψα1β1~R1 = 0, (4.33)

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4 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

Abbildung 4.1: (a) Schematische Darstellung der Bander in einem Isolator. Das grun eingezeichnete imInneren periodische effektive Potenzial V(~r) konnte z. B. aus einer Dichtefunktionalrechnung kommen. (b)Festkorper mit einatomiger Basis: Darstellung effektiven Potenzials durch eine Uberlagerung von verscho-benen atomaren Potenzialen v(~r)(blau). In braun die kleine Abweichung δv = V(~r)− v(~r) des Festkorperpo-tenzials V vom Potenzialtaschenpotenzial v. Die Gittervektoren ~R = ~R j stimmen hier mit den Aufenthalts-orten der Atome uberein. (c) Mehratomige Basis mit M = 2 Atomen β = 1 . . . M mit den Verschiebungs-vektoren ~rβ in der primitiven Einheitszelle (grau): Darstellung von V(~r) (grun) wie in (a). Fur jedes Atomin der primitiven Einheitszelle ist ein unterschiedliches atomares Potential vβ(~r) vorgesehen (rot und blau).

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4.3. DIE TIGHT-BINDING-NAHERUNG FUR BANDSTRUKTUREN 5

4.3 Die Tight-Binding-Naherung fur BandstrukturenIm Falle des Bandstrukturproblems liegt ein periodisches Potenzial V(~r) vor und es ist bekannt, dass die ge-suchten Wellenfunktionen Blochcharakter haben. Diese Kenntnis kann benutzt werden, um die allgemeineTight-Binding Schrodingergleichung (4.33) auf eine effektive Tight-Bindinggleichung (4.40) zu reduzieren,in der der Index ~R nicht mehr auftritt.

Blochfunktionen durch kristallsymmetrieangepasste Linearkombinationen der atomaren Orbitale

Zur Konstruktion der Entwicklungskoeffizienten ψαβ~R der Blochfunktionen als Losungen von (4.29) wirdjedem Orbital-Atomindex αβ eine Blochsumme der Form

|φαβ〉 =1√

N

∑~R

exp [i~k(~R + ~rβ)]|Φαβ~R〉 (4.34)

zugeordnet. In einer Reihe von Arbeiten wird in der Definition der Blochsumme ein anderer Phasenfaktormit ~R + ~rβ → ~R verwendet, was jedoch zu aquivalenten Ergebnissen fuhrt[?]. Die Blochsummen |φαβ〉 sindnormiert,

〈φαβ|φαβ〉 =1N

∑~R1,~R2

exp [i~k(~R1 − ~R2)] 〈Φαβ~R2|Φαβ~R1〉︸ ︷︷ ︸S αβ~R2,αβ~R1=δ~R2,~R1

=1N

∑~R1,~R2

exp [i~k(~R1 − ~R2]δ~R1,~R2 =1N

∑~R1︸︷︷︸N

= 1.

(4.35)Hier ist N ist die Anzahl der primitiven Einheitszellen, nach denen periodische Randbedingungen gefordertwerden. Aus (4.34) ist weiterhin unmittelbar ersichtlich, dass die |φαβ〉 Blochcharakter haben, d. h.

φαβ(~r + ~R) = ei~k~Rφαβ(~r). (4.36)

Der Ansatz

|ψ〉 =∑αβ

Cαβ|φαβ〉 =1√

N

∑αβ~R

Cαβ exp [i~k(~R + ~rβ)]|Φαβ~R〉 =∑αβ~R

ψαβ~R|Φαβ~R〉

⇒ ψαβ~R = Cαβ1√

Nexp [i~k(~R + ~rβ)] (4.37)

wird in (4.33) eingefuhrt,

∑α1β1~R1

(Hα2β2~R2,α1β1~R1 − Eδα2β2~R2,α1β1~R1

)Cα1β1

exp [i~k( ~R1 + ~rβ1)]√

N= 0. (4.38)

Nach Multiplikation mitexp [−i~k( ~R2 + ~rβ2)]/

√N (4.39)

und Summation uber die Gittervektoren ~R2 entsteht die effektive Tight-Binding Matrixgleichung∑α1β1

(hα2β2,α1β1 − Eδα2β2,α1β1

)Cα1β1 = 0. (4.40)

Hier ist die effektive Hamiltonmatrix definiert durch

hα2β2,α1β1 =1N

∑~R1,~R2

exp [i~k(~R1 + ~rβ1 − ~R2 − ~rβ2)]Hα2β2~R2,α1β1~R1 =1N

∑~R1,~R2

exp [−i~k~∆]Hα2β2~R2,α1β1~R1. (4.41)

Wie in Abb. 4.2 (a) illustriert, ist~∆ = ~rβ2~R2 − ~rβ1~R1 (4.42)

der ’Hupfvektor’ (Verschiebungsvektor) zwischen dem ’Start-Site’ mit β1~R1 (ket-Vektor, rechter Index in h) und dem ’Ziel-Site’ β2~R2 (bra-Vektor, linker Index in h) mit ~R = ~R2 − ~R1.

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6 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

Abbildung 4.2: (a) Der atomare Basiszustand |Φα1β1~R1〉 beschreibt ein um~rβ1~R1 herum lokalisiertes Elektron

im atomaren Orbital α1 = pz (weitere orbitale Quantenzahlen fortgelassen) auf dem Start-Site β1~R1. DieserZustand wechselwirkt unter anderem mit dem ’Zielzustand’ |Φα2β2~R2〉 auf dem Ziel-Site β2~R2 im Orbital

α2 = s. In rot eingezeichnet ist der Hupfprozess mit dem Verschiebungsvektor ~∆ = ~rβ2~R2 − ~rβ1~R1 und

dem Matrixelement Tα2,β2,α1β1(~∆). (b) Honigwabengitter von Graphen mit A-Atomen (blau, β = 1) undB-Atomen (rot, β = 2). Alle Orbitale werden kugelsymmetrisch angenommen, α1 = α2 = s. Die dreinachste-Nachbar Hupfvektoren von A nach B sind ~∆m

A , m = 1 . . . 3 (magenta) und die von B nach A sind ~∆mB

(grun), wobei ~∆mB = −~∆m

A .

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4.3. DIE TIGHT-BINDING-NAHERUNG FUR BANDSTRUKTUREN 7

On-Site Beitrag zur effektiven Hamiltonmatrix

Die großten Matrixelemente Hα2β2~R2,α1β1~R1 liegen vor, wenn beide atomare Orbitale in der gleichen Poten-

zialsenke sind, β2~R2 = β1~R1. Dann gilt

Hα2β1~R1,α1β1~R1 = 〈Φα2β1~R1| −~2

2m∆r +

∑β3~R3

vβ3(~r − ~rβ3~R3)|Φα1β1~R1〉

∼ 〈Φα2β1~R1| −~2

2m∆r + vβ1(~r − ~rβ1~R1) + v0|Φα1β1~R1〉

= (E0α1β1 + v0)〈Φα2β1~R1|Φα1β1~R1〉 ∼ δα2,α1E0

α1β1.

Im zweiten Schritt haben wir die langsam veranderlichen Potenzialbeitrage der Sites β3, ~R3 , β1, ~R1 alskleine Konstante v0 genahert. Im letzten Schritt wurde der Beitrag dieser Konstante mit der AnnahmeE0α1β1 >> v0 fortgelassen. Einsetzen in (4.41) fuhrt auf den On-Site Beitrag zur effektiven Hamiltonma-

trix

honα2β1,α1β1 = δβ2,β1

1N

∑~R1,~R2

δα2,α1E0α1β1δ~R1,~R2 = δβ2,β1δα2,α1E0

α1β11N

∑~R1

= δα2,α1δβ2,β1E0α1β1. (4.43)

Off-site Beitrag zur effektiven Hamiltonmatrix

Der Off-site Beitrag entsteht in (4.41), wenn β1~R1 , β2~R2 ⇒ ~∆ , 0. Wir schreiben in Ortsdarstellung(gebundene Zustande konnen reell gewahlt werden)

Hα2β2~R2,α1β1~R1 =

∫d3rΦα2β2(~r − ~rβ2~R2)

[−~2

2m∆r + V(~r)

]Φα1β1(~r − ~rβ1~R1)

=

∫d3rΦα2β2(~r − ~rβ2~R)

[−~2

2m∆r + vβ1(~r − ~rβ1~R1) + δvβ1(~r − ~rβ1~R1)

]Φα1β1(~r − ~rβ1~R1)

=

∫d3uΦα2β2[~u − (~rβ2~R2

− ~rβ1~R1)]

[−~2

2m∆u + vβ1(~u) + δvβ1(~u)

]Φα1β1(~u)

=

∫d3uΦα2β2(~u − ~∆)

[−~2

2m∆u + vβ1(~u) + δvβ1(~u)

]Φα1β1(~u)

= Tα2β2,α1β1(~∆) = H∗α1β1~R1,α2β2~R2

= Tα1β1,α2β2(−~∆). (4.44)

Hier gilt in der Umgebung von rβ1~R1 nach (4.22) und (4.23)

V(~r) =∑β~R

vβ(~r − ~rβ~R) = vβ1(~r − ~rβ1~R1) + δvβ1(~r − ~rβ1~R1) (4.45)

mit einem kleinen Korrekturpotenzial δvβ1. Die Große Tα2β2,α1β1(~∆) ist das Hupfintegral. In unserer Nahe-rung gilt

Tα2β2,α1β1(~∆) =

∫d3uΦα2β2(~u − ~∆)

[−~2

2m∆u + vβ1(~u) + δvβ1(~u)

]Φα1β1(~u)

=

∫d3uΦα2β2(~u − ~∆)

[Eα1β1 + δvβ1(~u)

]Φα1β1(~u)

= Eα1β1S α2β2,α1β1 +

∫d3uΦα2β2(~u − ~∆)δvβ1(~u)Φα1β1(~u)

=

∫d3uΦα2β2(~u − ~∆)δvβ1(~u)Φα1β1(~u) (4.46)

In der einfachsten Naherung (Zweizentrennaherung) setzen wir δvβ1(~u) = vβ2(~u− ~∆) (sehr klein im Bereichvon Φα1β1(~u) und erhalten

Tα2β2,α1β1(~∆) =

∫d3uΦα2β2(~u − ~∆)δvβ2(~u − ~∆)Φα1β1(~u). (4.47)

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8 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

Hier werden alle weiteren Potenzialtaschen vernachlassigt. In dieser Naherung ergibt sich haufig eine zy-lindrische Symmetrie bezuglich der Verbindungsachse zwischen den beiden Zentren. Es folgt aus (4.41)

ho f fα2β2,α1β1 =

1N

~∆,0∑~R1,~R2

exp (−i~k~∆)Hα2β2~R2,α1β1~R1 =1N

~∆,0∑~R1, ~R2

exp (−i~k~∆)Tα2β2,α1β1(~∆)

=1N

∑~R1,~∆,0

exp (−i~k~∆)Tα2β2,α1β1(~∆) =∑~∆,0

exp (−i~k~∆)Tα2β2,α1β1(~∆). (4.48)

In Ubung ?? wird die Hermitezitat der effektiven Hamilonmatrix gezeigt, hα1β1,α2β2 = h∗α2β2,α1β1.

Die gesamte effektive Hamiltonmatrix

Die Zusammenfassung von Gleichung (4.43) und (4.48) ergibt die hermitesche Tight-Binding Hamilton-matrix fur Bandstrukturen

hα2β2,α1β1 = E0α1β1δα1,α2δβ1,β2 +

∑~∆,0

exp (−i~k~∆)Tα2β2,α1β1(~∆). (4.49)

Wegen der Hermizitat von hα1β1,α2β2 sind die Eigenwerte En in (4.40) reell und stellen in der AuftragungEn(~k) die Festkorperbander dar.In der nachste-Nachbarnaherung nimmt man vom Ausgangs-Site in β1~R1 in (4.49) nur die nachste-Nachbar-Sites mit den Hupfvektoren ~∆m

β1 mit,

hα2β2,α1β1 = E0α1β1δα1,α2δβ1,β2 +

∑m

exp (−i~k~∆mβ1)Tα2β2,α1β1(~∆m

β1). (4.50)

Wie in Abb. 4.2 (a) dargestellt, werden durch Ausnutzung der Rotationssymmetrie in den atomaren Ta-schen und der damit verbundenen Zylindersymmetrie entlang der Verbindungslinie zwischen zwei wech-selwirkenden Orbitale nur wenige Matrixelemente benotigt. Diese werden in den praktischen Berechnungenangepasst.

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4.4. DIE EINATOMIGE EINDIMENSIONALE ATOMKETTE 9

Abbildung 4.3: (a) Einatomige eindimensionale Atomkette in nachster-Nachbar-Naherung. Der beliebigeAufpunkt zur Bestimmung der tight-binding Hamiltonmatrix wird bei j = 0 gewahlt, sodass ~R1 = 0 unddamit ~R = ~R2 = ~R j. (b) Dispersion nach Gl. (4.57). (c) Atomare Orbitale Φ und Potenzialkorrektur δv.

4.4 Die einatomige eindimensionale AtomketteWir betrachten nun eine einatomige eindimensionale tight-binding Atomkette mit den Gittervektoren

~R = ~R j = ja~ex, j =∈ Z. (4.51)

Wegen der Einatomigkeit entfallt der Atomindex β (~rβ = 0) und ~∆ = ~R. Im weiterhin einfachsten Fallliegt nur ein einziges atomares Orbital im Site vor, sodass auch der Orbitalindex α entfallt. Die effektiveHamiltonmatrix (4.50) in nachster-Nachbarnaherung wird damit ein einfacher Skalar,

hα2β2,α1β1 → H = E0 +∑~R,0

exp (−i~k~R)T (~R) ∼ E0 +

2∑m=1

exp (−i~k~∆m)T (~∆m), (4.52)

wobei E0 die ungestorte atomare Energie ist. In Zweizentrennaherung (4.47) folgt

T (~R) =

∫d3uΦ(~u − ~R)δv(~u)Φ(~u) (4.53)

Fur jeden Gitterpunkt existieren jeweils zwei Nachbarn mit den Verschiebungsvektoren ~∆1 = ~R1 = a~ex und~∆2 = −~R1 = −a~ex. Wie aus Abb. 4.3 (c) hervorgeht, konnen im Bereich des in den Ursprung verschobenenatomaren Orbitals

F(~u) = Φ(~u − a~ex)δv(~u)Φ(~u) und G(~u) = Φ(~u + a~ex)δv(~u)Φ(~u)⇒ G(~u − a~ex) = F(~u) (4.54)

Es folgt ∫d3uF(~u =

∫d3uG(~u⇒

∫d3uΦ(~u − a~ex)δv(~u)Φ(~u) =

∫d3uΦ(~u + a~ex)δv(~u)Φ(~u)

⇔ T (~∆1) = T (~∆2) ≡ −t (4.55)

wobei nach Abb. 4.1 t > 0. In Nachster-Nachbar-Naherung folgt aus (4.50) dann

Tα2β2,α1β1 = H = E0 − t[exp (−ika) + exp (ika)] = E0 − 2t cos (ka). (4.56)

Wir bekommen aus der skalaren Schrodingergleichung H − E = 0 und dann die Dispersion

E = E(k) = E0 − 2t cos (ka). (4.57)

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10 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

Entwickeln wir diese Dispersion um ihr Minimum bei k = 0, folgt die Effektivmassennahrung

E(k) = E0 − 2t + ta2k2 ≡ EC +~2

2m∗k2. (4.58)

Hieraus folgen die Leitungsbandkante EC = E0 − 2t und die effektive Masse

1m∗

=2ta2

~2 . (4.59)

4.5 Die Bandstruktur von GraphenDie geometrische Struktur stellt sich folgendermaßen dar (s. Abb. 4.4 a)): Die sp2-Orbitale der C-Atomeliegen in der x − y-Ebene und bilden dort eine Honigwabenstruktur (2d-hexagonales Gitter mit zwei Basi-satomen). Zwischen den sp2-Orbitalen gibt es eine starke lokale σ-Bindung mit einer Rotationssymmetrie.Senkrecht dazu stehen die nicht-hybridisierten pz-Orbitale, die eine delokalisierte nicht so starke π-Bindungbilden. Die festkorpereignesnschften werden von diesen π-Elektronen bestimmt, weil die entsprechendenZustande um die Fermi-Energie herumliegen.Das in Abb. 4.4 (c) gezeigte Ortsraumgitter des Graphens wird durch die primitiven Gittervektoren

~a1 = u~ex + (v + d)~ey =

√3

2d~ex +

32

d~ey =12

a~ex +

√3

2a~ey und ~a2 = −

12

a~ex +

√3

2a~ey (4.60)

aufgespannt (Definition von u und v s. Abb. 4.4 (b)). Die hexagonalen Gittervektoren sind daher

~R j = n1~a1 + n2~a2, mit j = (n1, n2). (4.61)

Die A-Atome (β = 1) und die B-Atome (β = 2) befinden sich bei

~rβ~R → ~rβ j = ~rβ + ~R j (4.62)

mit

~r1 = 0 und ~r2 = (0, d + 2v) = (0, 2d) =

(0,

2√

3a). (4.63)

Wir sind an der Beschreibung der freien Elektronen des Leitungsbandes interessiert. Dieses entsteht alleinaus der Uberlappung der pz-Orbitale, sodass der Index α = pz nicht mehr mitgeschrieben zu werden braucht,α, β = pz, β→ β, sodass

Φα(~r − ~rβ j)→ Φ(~r − ~rβ j), (4.64)

φαβ(~r)→ φβ(~r) =1√

N

∑j

exp (i~k~rβ j)Φ(~r − ~rβ j), (4.65)

ψ(~r) =∑β

Cβφβ(~r). (4.66)

Die Entwicklungskoeffizienten Cβ der Wellenfunktion bestimmen wir mit der effektiven Tight-Bindinggleichung(4.40) ∑

β′

(hβ,β′ − Eδβ,β′

)Cβ′ = 0, (4.67)

und der Hamiltonmatrix in nachtste-Nachbarwechselwirkung (4.50),

hβ,β′ = E0βδββ′ +

∑m

exp (−i~k~∆mβ′ )Tβ,β′ [~∆

mβ′ ]. (4.68)

Nach der Energienullpunktwahl E01 = E0

2 = 0 entfallt der erste Summand in dieser Gleichung. Die dreinachste-Nachbar Verschiebungsvekoren ~∆m

β′ eines β = B Atoms sind in Abb. 4.5 gezeigt,

~∆mB =

~∆1

B = (u,−v) =

(a2 ,−

a2√

3

)= −~∆1

A

~∆2B = (0, d) =

(0, a√

3

)= −~∆2

A

~∆3B = (−u,−v) =

(− a

2 ,−a

2√

3

)= −~∆3

A.

(4.69)

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4.5. DIE BANDSTRUKTUR VON GRAPHEN 11

Abbildung 4.4: a) Struktur von Graphen: Die sp2-Orbitale liegen in der x − y-Ebene und bilden dort ein2d-hexagonales Gitter. Senkrecht dazu stehen die nicht-hybridisierten pz-Orbitale, die ein delokalisiertesπ-Elektronensystem bilden. b) Beziehung zwischen d und a im Honigwabengitter: v = d sin (30o) = d/2,u = a/2 = d cos (30o)d =

√3d/2 und a =

√3d. c) Honigwabenstruktur von Graphen mit der durch

die primitiven Gittervektoren ~a1 und ~a2 aufgespannten primitiven Einheitszelle des hexagonalen Gitters.In der Einheitszelle befindet sich eine zweiatomige Basis aus einem A und einem B-Atom mit den hiergewahlten Verschiebungsvektoren ~dA = 0 und ~dB = 2d~ey = 2a

√3~ey. Hier ist d = 1.42Å die Bindungslange der

C − C-Bindung und a =√

3d die Gitterkonstante des Graphengitters, d. h. der kleinste Abstand zwischenzwei gleichen Atomen. In (d) sind die zu ~a1 und ~a2 gehorigen reziproken Gittervektoren angegeben, dieebenfalls ein hexagonales Gitter aufspannen. Die erste Brillouinzone ist grun unterlegt eingezeichnet. DieAquipotenziallinien der Dispersion ε(~k) sind in Magenta eingezeichnet und die Diracpunkte ~Ki sind mitgrunen Punkten markiert.

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12 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

Abbildung 4.5: a) Grun unterlegt die durch die primitiven Gittervektoren ~a1 und ~a2 aufgespannte primitiveEinheitszelle des hexagonalen Gitters mit ~R = 0 (’~R = 0-Zelle’). In rot die drei Hupfvektoren ~∆1

B, ~∆2B und ~∆3

B

zu den nachsten Nachbarn des B-Atoms in der ~R = 0-Zelle. In b) die Hupfvektoren −~∆mB = ~∆m

A n = 1 . . . 3vom A-Atom der ~R = 0-Zelle zu den nachsten-Nachbar B-Atomen.

Aus Symmetriegrunden erhalt man nach Gl. (4.44) von β und m bzw. von ~∆mβ unabhangige Hupfintegrale

Tβ,β′ (~∆mβ ) =

∫d3rΦ(~r − ~∆m

β′ )[−~2

2m∆r + V(~r)

]Φ(~r) ∼ −T mit T = 2.8eV. (4.70)

Dann ergibt sich aus (4.68) fur β = A und β′ = B

hAB = −T∑

m

exp (−i~k~∆mB ) = −T f (~k) = H∗BA, (4.71)

mit

f (~k) =∑

m

exp (−i~k~∆mB ) = exp

(−ikx

a2

+ ikya

2√

3

)+ exp

(−iky

a√

3

)+ exp

(ikx

a2

+ ikya

2√

3

)= exp

(−iky

a√

3

)+ 2 exp

(iky

a

2√

3

)cos

(kx

a2

). (4.72)

Die hermitesche Tight-Binding Hamiltonmatrix ist also

h =

(hAA hAB

hBA hBB

)=

0 −T f (~k)−T f (~k)∗ 0

. (4.73)

Die Energieeigenwerte berechnen sich aus

0 = det(h − E) = E2 − T 2| f (~k)|2 → E = ±T | f (~k)|. (4.74)

Es gilt

| f (~k)|2 =∑mm′

exp[i~k(~∆mB −

~∆m′B ) = 3 + 2 cos [~k(~∆1

B −~∆2

B)] + 2 cos [~k(~∆1B −

~∆3B)] + 2 cos [~k(~∆2

B −~∆3

B)]

= 3 + 2 coskx

a2− ky

√3a2

+ 2 cos [kxa] + 2 coskx

a2

+ ky

√3a2

= 3 + 2 cos [kxa] + 4 cos

(kx

a2

)cos

ky

√3a2

= 3 + 2 cos (

√3dkx) + 4 cos

√32

dkx

cos(

32

dky

), (4.75)

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4.5. DIE BANDSTRUKTUR VON GRAPHEN 13

Abbildung 4.6: Dispersion im Graphen im Zweiband-Nachstenachbar Hoppingmodel in Gl. (4.76), wobeikx ↔ ky und ky ↔ kx zu Vertauschen ist, nach [?].

mit a =√

3d.Die Dispersion lautet also

E(~k) = ±T

√3 + 2 cos (

√3dkx) + 4 cos

√32

dkx

cos(

32

dky

)

= ±T

√3 + 2 cos (akx) + 4 cos

(12

akx

)cos

√332

aky

. (4.76)

Dieses Ergebnis stimmt mit Gl. (10) von [?] uberein, wenn man berucksichtigt, dass dort die Variable d mita bezeichnet wird.Es entstehen sechs Diracpunkte i01 . . . 6 in der ersten Brillouinzone (s. Abb. ??). in denen E(~Ki) = 0. Wirbetrachten nach Gl. (4.77)

~K∗1 = a~K1 =

(4π√

33, 0

)= (0.77π, 0). (4.77)

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14 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

4.6 Zusammenhang mit der Finite-Elemente MethodeWir betrachten als einfaches Beispiel die eindimensionale Schrodingergleichung[

−~2

2m∗d2

dx2 + V(x) − E]ψ(x) = 0 (4.78)

auf dem Intervall [0, L]. Die Losung ist festgelegt durch zwei Randbedingungen, z. B.

ψ′(0) + a0ψ(0) = 0 und ψ′(L) + a1ψ(L) = 0 (4.79)

oder feste Randbedingungen ψ(0) = ψ(L) = 1 (’starke formulierung des Schrodingerproblems’). Es folgtdie Normierung der Energien auf E0 und der Langen auf L, sodass[

−~2

2m∗E0L2

d2

dx2 + V(x) − E]ψ(x) = 0, (4.80)

mit x = x/L, E = E/E0, V(x) = V(x)/E0 und ψ(x) = ψ(x). Wir lassen von nun an die Normierungshute fortund schreiben [

−d2

dx2 + w(x) − e]ψ(x) = 0 fur x ∈ [0, L], (4.81)

mit w(x) = 2m∗L2V(x)/~2 und e = 2m∗L2E/~2. In der schwachen Formulierung des Schrodingerproblemswird an Stelle von (4.81) gefordert∫ 1

0dxφ(x)

[−

d2

dx2 + w(x) − e]ψ(x) = 0 (4.82)

fur eine beliebige Testfunktion φ(x). Dass (4.82) tatsachlich eine schwachere Forderung ist als (4.81) wirdersichtlich, wenn man eine partielle Integration ausfuhrt:

0 =

∫ 1

0dxφ(x)

[−

d2

dx2 + w(x) − e]ψ(x)

= −

∫ 1

0dxφ(x)

d2

dx2ψ(x) +

∫ 1

0dxφ(x)[w(x) − e]ψ(x)

= −

[φ(x)

dψ(x)dx

]1

0+

∫ 1

0dx

dφ(x)dx

dψ(x)dx

+

∫ 1

0dxφ(x)[w(x) − e]ψ(x). (4.83)

In der letzteren Formulierung braucht nur die Ableitung von ψ zu existieren, nicht aber die zweite Ableitungwie in (4.81). Der Raum der moglichen Losungen wird also erweitert. Die Auswertung des Oberflachen-terms in (4.83) erfolgt durch die Randbedingungen.Wir stellen wie beim Tight-binding Verfahren die Wellenfunktion als Linearkombination von Basisfunktio-nen Φ j(x) dar,

ψ(x) =

N∑j=0

ψ jΦ j(x). (4.84)

Diese Basisfunktionen haben nicht die Bedeutung von atomaren Orbitalen wie im Tight-binding Verfahren.Sie werden so gewahlt, dass der Uberlapp zwischen φ′j(x) und φ′j′ (x) schnell mit | j − j′| abnimmt. Einetypische Basis sind die in Abb. 4.7 (b) dargestellten Hutchenfunktionen. Fur j = 1 . . .N − 1 gilt

Φ j(x) = Φh(x − x j), (4.85)

mit

Φh(x) =

x + ∆/∆ fur −∆ ≤ x ≤ 0∆ − x/∆ fur 0 ≤ x ≤ ∆

0 sonst,(4.86)

wobeix j = j∆, j = 0 . . .N (4.87)

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4.6. ZUSAMMENHANG MIT DER FINITE-ELEMENTE METHODE 15

Abbildung 4.7: (a) Die Hutchenfunktionen als Basisfunktion. (b) Entwicklung einer Funktion f (x) (rot) ineine Finite-Elemente-Basis mit N = 8 Elementen (grun). Es entsteht eine stuckweise lineare Approximationder Funktion, die an den Stutzstellen exakt ist.

mit x0 = 0 und

xN = N∆ ≡ 1, ⇒ ∆ =1N. (4.88)

Fur j = 0 gilt

Φ0(x) =

{∆ − x/∆ fur 0 ≤ x ≤ ∆

0 sonst (4.89)

und fur j = N

ΦN(x) =

{x + ∆/∆ fur 1 − ∆ ≤ x ≤ 1

0 sonst. (4.90)

Bei Verwendung der Hutchenfunktionen folgt aus (4.84)

ψ j = ψ(x j). (4.91)

Wie in Abb. 4.7 illustriert, entsteht mit (4.84) eine stuckweise lineare Approximation der Wellenfunktion,fur die die in der starken Formulierung (4.81) auftauchende zweite Ableitung nicht definiert ist. Im nachstenSchritt werden die Basisfunktionen Φ j als Testfunktionen angesetzt. Einsetzen der Φ j in den Volumentermvon Gl. (4.83) fuhrt auf

∫ 1

0dx

dΦ j(x)dx

dψ(x)dx

+

∫ 1

0dxΦ j(x)[w(x) − e]ψ(x) =

N−1∑j′=1

[t j j′ + (w j − e)S j j′

]ψ j′ = 0. (4.92)

mit

t j j′ = −

∫ 1

0dxΦ′j(x)Φ′j′ (x) =

1∆δ| j− j′ |,1 −

2 − δ j,1 − δ j,N

∆δ j, j′ , (4.93)

S j j′ =

∫ 1

0dxΦ j(x)Φ j′ (x) =

16

∆δ| j− j′ |,1 +2 − δ j,1 − δ j,N

3∆δ j, j′ , (4.94)

und

w j j′ =

∫ 1

0dxΦ j(x)w(x)Φ j′ (x) ∼ w jS j j′ (4.95)

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16 KAPITEL 4. TIGHT-BINDING METHODE FUR BANDSTRUKTUREN

mit w j = w(x j). Im weiterhin einfachsten Fall nahern wir fur ’inneren’ Stutzstellen j = 1 . . .N − 1

N−1∑j′=1

[(w j − e)S j j′

]ψ j′ = ∆(w j − e)

23ψ j +

16

(ψ j+1 + ψ j−1

)︸ ︷︷ ︸∼2ψ j

= ∆(w j − e)ψ j. (4.96)

Fur die ’außere’ Stutzstelle j = 0 findet man ahnlich

N−1∑j′=1

[(w j − e)S 0 j′

]ψ j′ = ∆(w0 − e)

(13ψ0 +

16ψ1

)∼ ∆(w0 − e)

12ψ0 (4.97)

und j = NN−1∑j′=1

[(wN − e)S N j′

]ψ j′ = ∆(wN − e)

(13ψN +

16ψN−1

)∼ ∆(wN − e)

12ψN . (4.98)

Bei festen Randbedingungen liegen ψ0 = 0 und ψN = 0 wegen Gl. (4.91) fest, sodass nur N −1 Unbekannteψ1 . . . ψN−1 zu bestimmen sind. In (4.83) werden daher nur N − 1 Gleichungen mit φ(x) = Φ j fur j =

1 . . .N − 1 benotigt. Fur diese inneren Stutzstellen entfallt der Oberflachenterm in (4.83), denn

Φ j(0) = Φ j(1) = 0 fur j = 1 . . .N − 1. (4.99)

Fur die inneren Stutstellen j = 1 . . .N − 1 wird (4.92) dann zu

1∆ψ j−1 +

(−

2∆

+ ∆(w j − e))ψ j +

1∆ψ j+1 = 0

⇔1∆2

(ψ j+1 + ψ j−1 − 2ψ j

)+ (w j − e)ψ j = 0. (4.100)

Diese Beziehung entspricht einem (N − 1) × (N − 1)-Matrixeigenwertproblem

N−1∑j′=1

(h j j′ − eδ j j′ )ψ j′ (4.101)

mit der reellen tridiagonalen matrix

h j j′ =

{ 1∆2 + (w j − e) fur j = j′

− 1∆2 fur | j − j′| = 1 .

(4.102)

Die einfachstmogliche Gleichung (4.100) ergibt sich auch im finite Differenzen Verfahren. Hier wird in(4.81) gesetzt

ψ′(x j) =1∆

[ψ(x j+1) − ψ(x j] oder ψ′(x j) =1∆

[ψ(x j) − ψ(x j−1)] (4.103)

und dann

ψ′′(x j) =1∆

{1∆

[ψ(x j+1) − ψ(x j] −1∆

[ψ(x j) − ψ(x j−1)]}

=1∆2

[ψ(x j+1) − 2ψ(x j) + ψ(x j−1)

]=

1∆2

(ψ j+1 − 2ψ j + ψ j−1

). (4.104)