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Leben Und Tod Im Alten Peru_Einleitung

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Teil eines Ausstellungskataloges

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Herausgeber:

Stadt Duisburg – Der Oberbürgermeister

Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg

Johannes-Corputius-Platz 1, 47049 Duisburg

Telefon: +49 203 283 2640

Telefax: +49 203 283 4352

e-mail: [email protected]

http://www.duisburg.de/ksm

Ausstellung

Konzeption und Realisierung:

Ralf H. Althoff M.A., Katrin Gräfingholt M.A.,

Peggy Goede Mag., Prof. Dr. Karoline Noack

Redaktion Katalog

Ralf H. Althoff M.A., Katrin Gräfingholt M.A., Werner Pöhling,

Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg

Peggy Goede Mag., Abteilung für Altamerikanistik, Universität Bonn

Autoren Andengebiet

Anna-Maria Begerock, Mag., Lateinamerika Institut, Freie Universität Berlin;

Dr. Christiane Clados; Peggy Goede, Mag., Abteilung für Altamerikanistik,

Universität Bonn; Katrin Gräfingholt, M.A., Kultur- und Stadthistorisches

Museum Duisburg; Katalin Nagy Mag., Lateinamerika Institut, Freie Universität

Berlin; Prof. Dr. Karoline Noack, Abteilung für Altamerikanistik, Universität

Bonn; Dr. Kerstin Nowack, Abteilung für Altamerikanistik, Universität Bonn;

Friedemann Schmidt, Mitglied ISGMA, www.terraton.info; Jennifer Schmitz

M.A., Bonner Altamerika-Sammlung, Universität Bonn; Dr. Vera Tiesler,

Universidad Autónoma de Yucatán

Objektbeschreibungen: Peggy Goede Mag.

Objektbeschreibungen Textilien: Katalin Nagy Mag.

Redaktion Texte: Peggy Goede Mag., Prof. Dr. Karoline Noack,

Dr. Kerstin Nowack, Matthias Pache M.A., Christian Prager Mag.

Autoren Mesoamerika

Prof. Dr. Nikolai Grube, Abteilung für Altamerikanistik, Universität Bonn;

Dr. Antje Gunsenheimer, Abteilung für Altamerikanistik, Universität Bonn;

Carlos Pallan, M.A., Abteilung für Altamerikanistik, Universität Bonn;

Jennifer Schmitz, M.A., Bonner Altamerika-Sammlung, Universität Bonn

Objektbeschreibungen: David Brinkmann, Bonner Altamerika-Sammlung,

Christian Egerer M.A., University College London,

Jennifer Schmitz, M.A. Bonner Altamerika-Sammlung

Redaktion Texte: Prof. Dr. Nikolai Grube, David Brinkmann M.A.,

Dr. Frauke Sachse, Jennifer Schmitz M.A., Christian Prager Mag.

Katalog-Layout: Gitta Hülsmann, DTP-Design

Produktion: Erwin Kiel

Druck: WAZ-Druck, Duisburg

ISBN: 978-3-3-89279-684-8

ISSN: 0939 1525

© Stadt Duisburg 2012

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Inhalt

Impressum 2

Grußwort – Sören Link 7Oberbürgermeister der Stadt Duisburg

Vorwort zu Band VII – Ralf Althoff 9

Andengebiet

Karte Andengebiet 10

Chronologie 11

Einleitung: Leben und Tod im Alten Peru 12Karoline Noack und Peggy Goede

Gerhard Mercator und die Darstellung Südamerikas 16Katrin Gräfingholt

Flora und Fauna des Andengebietes 18Kerstin Nowack

Götter, Heroen und heilige Himmel im Alten Peru 22Christiane Clados

Menschenopfer im Alten Amerika: andine und 26mesoamerikanische Hochkulturen im VergleichVera Tiesler

Das Kriegswesen im Alten Peru 30Peggy Goede

Pfeifgefäße: Geheimnisvolle Instrumente Altamerikas 35Friedemann Schmidt

Trompeten aus Ton 39Friedemann Schmidt

Sexualität und Tod – Verlangen nach Leben: 41Zur Kosmogonie der Moche im vorspanischen Peru Karoline Noack

Alltagsleben im vorspanischen Peru 45Kerstin Nowack

Landwirtschaft, Fischfang und Jagd im Alten Peru 49Kerstin Nowack

Alt-Peru: Textilien und Bekleidung von der Geburt 52bis zu dem Tod … und über den Tod hinaus Katalin Nagy

Bestattung, Toten-Gedenken und Ahnenverehrung 56im Alten Peru Anna-Maria Begerock

Eine alt-peruanische Frauenmumie 62aus der Bonner Altamerika-Sammlung Jennifer Schmitz

Objektkatalog zum Andengebiet 63

Literaturliste zum Andengebiet 152

Mesoamerika

Karte Mesoamerika 154

Die Kulturen Mesoamerikas 156Jennifer Schmitz

Die Maya und Teotihuacan 158Nikolai Grube

Steinerne Zeugnisse der Macht – 161die Architektur der klassischen MayaJennifer Schmitz

Keramikgefäße der klassischen Maya-Könige 164Carlos Pallan

Kakao in den vorkolumbischen Gesellschaften 167MesoamerikasAntje Gunsenheimer

Objektkatalog zu Mesoamerika 171

Literaturliste zu Mesoamerika 206

Danksagungen 207

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Die Kulturräume der vorspanischen Gesellschaften des An-dengebietes, die die heutigen Staaten Bolivien, Ekuador undPeru umfassen, sind durch die unterschiedlichen Klimazonen,einer tropischen Landschaft am Ostabhang der Anden, einemvon tief eingeschnittenen Tälern durchzogenen Hochland biszur Küste, einer der trockensten Wüsten der Welt, geprägt. Diegroßen klimatischen Gegensätze haben eine außergewöhnli-che Landschaft und Artenvielfalt sowie mannigfaltige regiona-le Kulturen zur Folge, wie sie auf der Erde so nur selten zu finden sind.

Die vielfältigen geographischen und ökologischen Bedin-gungen des Andenraums stellten für ihre Bewohner eine Her-ausforderung dar. Nur durch eine äußerst geschickte, an dieheterogenen Begebenheiten angepasste Nutzung der verschie-denen Naturräume und ökologischen Nischen konnten sie ihre Subsistenz sichern. Außerdem waren diese unterschied-lichen geographischen Bedingungen immer wieder Anlass fürdie regionalen Gesellschaften, transversale Beziehungen zwi-schen diesen unterschiedlichen ökologischen Nischen herzu-stellen und in großräumigen Austauschprozessen zu agieren,die vom Regenwald bis zur Küste reichen konnten.

Der unterschiedliche Zugang zu Wasser und schließlichauch die ungleiche Wasserführung der Flüsse in den nörd-lichen und den südlichen Anden spielten spätestens seit demÜbergang vom Archaikum zum Formativum (ca. 3.000 v.Chr.)eine entscheidende Rolle in der gesellschaftlichen und kultu-rellen Entwicklung der Anden sowie in der Herausbildung vonGlaubensvorstellungen. An der Küste entstanden mit der Valdivia-Kultur im heutigen Ekuador im 4. Jahrtausend v.Chr.die ersten Siedlungen von Fischern und Bauern südlich desGolfes von Guayaquil.

Als „erste Stadt“ Amerikas und damit auch der andinenKulturen gilt jedoch Caral im Supe-Tal an der zentralen KüstePerus (ca. 3.000 v.Chr.). In Caral wird sehr deutlich, dass essich um eine sorgfältig geplante Anlage handelt, wie an derstreng symmetrischen Organisation des Raums und der An-ordnung von Baukomplexen entlang einer Achse deutlichwird. Architektonische Elemente wie die vertieften Rundplät-ze sowie die Kammern mit zentralen Feuerstellen sind typischfür Caral. Ihre Ursprünge gehen auf das Späte Archaikum zu-rück. Caral ist zu einem Zeitpunkt gegründet worden, die derKeramikproduktion vorausging, und ist ein Beispiel für diefrühe Entstehung komplexer Kulturen an der Küste Perus, dieauf dem Anbau von Pflanzen wie Bohnen, Süßkartoffeln undAvocados, besonders auch aber auf der Nutzung der reichenMeeresressourcen der Region beruhten.

Mit der Ausbreitung des Mais und der Entwicklung von Be-

wässerungs- und Terrassenanlagen sowie von Filtrationsgale-rien konnten ab etwa 1000 v.Chr. Küstenregionen, Hochtälerund die steilen Abhänge des Hochlands landwirtschaftlich ge-nutzt werden. Die Planung und Konstruktion von Systemenkünstlicher Bewässerung, die an der Nordküste Perus mehrereTäler überspannen konnten, ist nur mit der Entstehung kom-plexer Gesellschaften und Staaten zu erklären. Ab etwa 2000v.Chr. entstanden Siedlungen mit großen Plattformanlagenwie zum Beispiel Sechín im Casma-Tal, Peru, die häufig dortangelegt wurden, wo Bewässerungskanäle von den Flüssen ab-zweigten. Diese Anlagen weisen komplexe Ikonographien mitWesen auf, die durch Reißzähne und andere Attribute als Felide gekennzeichnet sind. Gleichzeitig verbreiteten sich indieser Zeit neue Technologien wie Töpferei und Weberei. ImHochland griff die Chavín-Kultur, benannt nach dem zentra-len Fundort Chavín de Huantar im Callejón de Huaylas, Peru,mit ihren Monumentalbauten und ihrer neuartigen Ikonogra-phie Elemente der Küstenkulturen auf und entwickelte sie wei-ter. Keramik-Gefäße und Steinskulpturen zeigen tierische undtierisch-menschliche Mischwesen, häufig mit Felidenelemen-ten. In dieser Zeit breitete sich auch die Kenntnis der Metal-lurgie aus.

Ab etwa 200 v.Chr. folgten Kulturen wie die von Paracas,Nasca und Moche an der Küste mit ihrer überreichen Ikono-graphie auf Textilien, Keramiken, Gold- und Silberobjektensowie Wandmalereien und Reliefs, mit denen die Bauten aus-gestattet wurden. Die Moche-Kultur an der Nordküste wurdedurch eine sehr komplexe Gesellschaft mit einer abgehobenenElite getragen, die über staatenähnliche Einheiten herrschteund auch Expansionsbestrebungen hatte. Die unterschied-lichen regionalen und überregionalen Gesellschaften inter-agierten miteinander und beeinflussten sich während der folgenden Jahrhunderte kulturell, politisch und auch wirt-schaftlich. Die einzelnen Regionen waren durch Handels- und Austauschbeziehungen miteinander vernetzt. NachfolgendeKulturen an der Nordküste mit Zentren in Batan Grande undLambayeque behielten einen hohen Grad an Komplexität beiund zeichneten sich besonders durch eine intensive Nutzungvon Metallen, hauptsächlich für Schmuck und religiöse Ob-jekte, aus.

Im Hochland entwickelte sich von 600 n.Chr. am Titicaca-see die Tiahuanaco-Kultur mit Großbauten und einer eigenenreligiösen Ikonographie, die um die sogenannte Stabgottheit,ein frontal dargestelltes Wesen mit einem Strahlenkranz umden Kopf und einem oder zwei Stäben in den Händen, kreiste.Im zentralen Hochland Perus entstand, offenbar inspiriertdurch aus Tiahuanaco stammende religiöse Vorstellungen, der

Einleitung

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Wari-Staat. Tiahuanaco und Wari bildeten zwischen etwa 800und 1000 n.Chr. parallele konkurrierende Staatssysteme, diedas Hochland von Nord-Peru bis ins zentrale Bolivien domi-nierten. Beide zeichneten sich durch eine vielfarbige, flächigstilisierte Ikonographie auf Textilien und Keramik aus. Diesefand sich auch auf so wichtigen Objekten wie dem rechtecki-gen Männerhemd und paarweise hergestellten Bechern mitausladendem Rand, die Jahrhunderte nach dem Untergangdieser beiden Staaten durch die Inka wieder aufgegriffen wur-den, allerdings mit einer neuen Ikonographie.

Tatsächlich verschwanden mit dem Untergang von Tiahu-anaco/Wari die komplexen Ikonographien im Hochland fastvöllig und die politische Organisation zerfiel in eine Vielzahlkleiner politischer Einheiten, geprägt von der Verehrung loka-ler übernatürlicher Wesen, die meist mit Bergen assoziiert waren, und der eigenen Ahnen. Als die Spanier 1532 den süd-amerikanischen Kontinent betraten, trafen sie auf den Staatder Inka, der im Hochland in der Nähe von Cusco seinen Aus-gangspunkt genommen hatte und im Verlaufe von kaum mehrals 100 Jahren expandiert war, so dass er große Teile des An-dengebietes, vom heutigen südlichen Kolumbien bis nachChile, umfasste. Dabei hatte er auch das Chimú-Reich an derNordküste übernommen, das in seiner Architektur, der Formvon Metallobjekten und besonders in der Töpferei eine be-merkenswerte Kontinuität zu früheren Kulturen wie den Moche zeigte, wenn auch beispielsweise in der Keramik ohnederen Farbigkeit.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Überschus-sproduktion, die eine zunehmende soziale Arbeitsteilung er-laubte, durch die ein Großteil der Bevölkerung von der Nah-rungsmittelproduktion befreit werden konnte, Voraussetzungfür eine staatliche Entwicklung und die Gründung urbanerZentren war. Diese von der Nahrungsmittelproduktion freige-stellte Bevölkerung konnte sich stattdessen spezialisierten Tätigkeiten wie dem Handwerk und dem Handel widmen. Zubetonen ist jedoch, dass diese Charakteristika in den verschie-denen Regionen der Anden recht ungleich verteilt waren. Alldiese Entwicklungen waren weder homogen noch von linea-rem Charakter, sondern vielmehr von großen Unterschiedenund Diskontinuitäten begleitet.

Der natürliche Reichtum des Andenraums war und istdurch häufige Naturkatastrophen bedroht. Dürren, Erdbeben,Vulkanausbrüche und das El-Niño-Phänomen bewirkten im-mer wieder Verwüstungen und konnten sogar ganze Gesell-schaften zerstören. Durch El-Niño wurde die Meeresfauna deskalten Humboldtstroms, wichtige Nahrungsmittelgrundlageder Küstengesellschaften, von den warmen tropischen Mee-resströmungen aus äquatorialen Gewässern verdrängt, was zustarken Regenfällen an der ansonsten so trockenen Küste und

zu extremen Trockenperioden in den südlichen interandinen Tälern führte. Auf diese extremen Veränderungen der klimati-schen Bedingungen mussten sich die Menschen immer wiedereinstellen.

Dieser Spannungsbogen zwischen einer reichhaltigen undvielfältigen Lebensgrundlage und Zerstörung bringenden Na-turkatastrophen führte zu einem spezifischen Verständnis vonWelt sowie von Leben und Tod in den andinen Gesellschaften.

Die Kosmovision der Anden war bestimmt von dem Dua-lismus von Leben und Tod sowie von Reziprozitätsbeziehun-gen. Außerdem ist der Gedanke an ein „Jenseits“ bzw. an eineNachwelt, die ebenfalls belebt ist, in der materiellen Kulturdes Andenraums evident. Die Menschen glaubten und glau-ben auch heute noch vielerorts, dass ein jedes Element einekomplementäre Hälfte besaß und dass beide, so gegensätzlichsie auch waren, eine Einheit bildeten. So kann der Regen z.B.lebensspendende Fruchtbarkeit bringen, ein Überschuss je-doch zu zerstörerischen Überschwemmungen führen. Diesesduale System sprach den Menschen, Dingen und den Natur-phänomenen also sowohl positive wie auch negative Eigen-schaften zu, die für die Andenvölker gleichermaßen zumKreislauf von Leben und Tod gehörten.

Den altamerikanischen Glaubensvorstellungen zufolge ver-dankten die Menschen ihr Überleben den Gottheiten, die siein den Naturelementen manifestiert sahen. Die übernatür-lichen Wesen machten den Menschen den Reichtum der Na-tur zum Geschenk und lenkten deren Geschicke. Als Gegen-leistung waren die Menschen ihnen Verehrung und vor allemOpfer schuldig. Um das allumfassende Gleichgewicht zu er-halten, musste dieses reziproke Verhältnis unter allen Umstän-den aufrechterhalten werden. Eine Aufgabe oder auch nur Ver-nachlässigung der betreffenden Rituale würde zwangsläufigden Zorn der Gottheiten hervorrufen. Dies bedeutete Dürren,Überschwemmungen und Erdbeben, gefolgt von Hungersnö-ten und Krankheiten. So opferten die Menschen regelmäßigSchöpferwesen, Gestirnen und den vielen anderen übernatür-lichen Wesenheiten, die ihnen vor allem Fruchtbarkeit bringensollten. Dazu gehörten neben Nahrungs- und Trankopfernauch die Opferung von Tieren und als höchste Gegengabe dievon Menschen.

Das reziproke Weltverständnis zeigt sich auch im Hand-werk, in der Weberei, der Töpferei sowie in der Architektur. Inder Ikonographie der Textilien, der Keramik und der Stein-und Metallobjekte, auf den Gefäßkörpern sowie bei U-förmi-gen Strukturen und vertieften Rundplätzen in den urbanenund religiösen Zentren standen sich Elemente gegenüber, diesich wiederholten, einander spiegelten und ergänzten. Auchdie Abhängigkeit von den Mächten der Natur, die Fruchtbar-keit oder Zerstörung bringen konnten, findet ihren bildlichen

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Ausdruck. So sind mächtige Tiergestalten wie Feliden, Raub-vögel und Schlangen, aber auch Mischwesen, die die verschie-densten Eigenschaften der Tiere mit dem Göttlichen verbin-den, charakteristisch für die andine Ikonographie. Die Objek-te, die die Menschen produzierten, sind daher Ausdruck einerReligiosität und geben trotz ihres offensichtlichen Realismusnur scheinbar die Natur und den Alltag der Andenvölker wieder. Vielmehr sind sie Ausdruck der kosmologischen Vor-stellungen komplexer, staatlich organisierter Gesellschaftenmit z.T. sehr großen städtischen und religiösen Zentren, derenPriester-Herrscher Repräsentanten dieser durch den Dua-lismus von Leben und Tod gekennzeichneten Kosmologie waren.

Die Gräber von Angehörigen der Elite, Männer und Frau-en, sind in diesen theokratischen Gesellschaften äußerst reprä-sentative Räume, die die kosmologischen Vorstellungen wider-spiegeln. Viele der hier gezeigten Objekte stammen vor allemaus Grabzusammenhängen. Die genaue Herkunft ist häufignicht bekannt, da die meisten Objekte, die sich heute in denMuseen befinden, über den Kunstmarkt dorthin gelangt sind.Erst seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre, als in Peru immerwieder neue spektakuläre Grabfunde gemacht wurden, kön-nen wir uns genauere Vorstellungen darüber machen, wie diekosmologischen Vorstellungen der frühen Andenbewohner inRaumkonzepte und mit einer bestimmten Anordnung vonGrabbeigaben „übersetzt“ worden sind und wie sie mit ikono-graphischen Darstellungen auf Gefäßkörpern beispielsweiseder Moche-Keramik oder auf Textilien korrespondierten.Deutlich wird, dass das Grab einen Raum des Übergangs bzw.der Transition darstellte, der es beispielsweise in der Moche-Gesellschaft dem Bestatteten ermöglichen sollte, möglichstleicht in die „Nachwelt“ zu gelangen. Verbunden mit der Herr-schernachfolge in der Welt der Lebenden garantierte dieserÜbergang nicht nur den beständigen Kreislauf von Leben, Todund einem Dasein in der Nachwelt, sondern auch den Erhaltder politischen Macht.

Wenn wir also heute in dieser Ausstellung Objekte andinerKulturen betrachten, so handelt es sich dabei in großen Teilenum Gegenstände, die in der Absicht hergestellt wurden, dieToten zu ehren, mit jenseitigen Welten Kontakt aufzunehmenund dem Diesseits grundlegende Botschaften über die Ord-nung der Welt zu hinterlassen. Dabei spiegeln sie in Formenund Darstellungen die Vielfalt und den Reichtum der andinenWelt und ihrer Jahrtausende alten Kulturen wider.

Karoline Noack und Peggy Goede

Verwendete LiteraturBernand, Carmen: The Inca: People of the sun. New York 1994.

Canziani Amico, José: Ciudad y territorio en los Andes: contribuciones a la historiadel urbanismo prehispánico. Lima 2009.

Golte, Jürgen: Lebensraum und kulturelle Chronologie. In: Köpke, Wulf undBernd Schmelz (eds.): Schätze der Anden. Hamburg 2006, S. 140-161.

Lumbreras, Luis Guillermo: The peoples and cultures of ancient Peru. Washing-ton, D.C. 1974.

Makowski, Krzyztof (ed.): Señores de los reinos de la luna. Lima 2008.

Nowack, Kerstin: Das Inkareich. In: Schätze der Anden: Die Inka-Galerie und die Schatzkammern im Museum für Völkerkunde Hamburg. Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde Hamburg, Neue Folge 37. Hamburg 2006, S. 294-313.

Nowack, Kerstin: Lebensformen im Umbruch: Ynés Yupangui zwischen Inkareichund spanischer Kolonialherrschaft in Peru. Aachen 2007.

Quilter, Jeffrey and Luis Jaime Castillo Butters (eds.): New perspectives onMoche political organization. Washington, D.C. 2010.

Townsend, Richard F. (ed.): The Ancient Americas: Art from sacred landscapes.Chicago und München 1992.