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1 Leitfaden Astronomische Navigation Navigation ohne GPS & Co (nach dem Leitfaden und mit Erlaubnis des Kpt. Ludwig Vellguth) für die Teilnehmer an unseren Navigationskursen

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Leitfaden

Astronomische Navigation

Navigation ohne GPS & Co

(nach dem Leitfaden und mit Erlaubnis des Kpt. Ludwig Vellguth)

für die Teilnehmer an unseren Navigationskursen

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Inhaltsverzeichnis Seite Trigonometrische Funktionen 7 Die Bestimmung des ungefähren Schiffsorts, Besteckrechnung, Koppelkurs 11 Koordinatensysteme 19

Das Erdsystem Das Horizontsystem Das Himmelsäquatorsystem

Die Bewegung der Gestirne am Himmelsgewölbe 29 Folgerungen aus der Erdbewegung, Zeitbegriffe, Zeitrechnungen 33 Chronometer und Uhren an Bord 38 Der Sextant 41 Die Beschickung der Höhenbeobachtung 44 Stundenwinkel und Abweichung 50 Die Mittagsbreite 55 Die Berechnung des Nautisch-sphärischen Grunddreiecks 57 Die Höhengleiche 57 Die Höhenformel 59 Die Azimutformel 60 Die Berechnung der Höhe und des Azimuts 61 Die Berechnung des Schiffsorts aus Höhenstandlinien 65 Das Mittagsbesteck 67 Fehlergleichungen 70 Die Amplitude, Zeit des wahren Sonnen - Auf- und Untergangs, 71 Die Nordsternbreite 73 Das Logarithmische Verfahren (sem-Formel) nach Nautischen Tafeln 74 Verfahren nach H.O.Pub.No. 249 79

Das griechische Alphabet α Alpha η Eta ν Nü τ Tau β Beta θ Theta ξ Xi υ Ypsilon γ Gamma ι Jota ο Omnikron φ Phi δ Delta κ Kappa π Pi χ Chi ε Epsilon λ Lambda ρ Rho ψ Psi ζ Zeta µ Mü σ Sigma ω Omega Einige Daten von allgemeiner Bedeutung: Der Erdradius am Äquator = 6378 km Die halbe Erdachse = 6357 km Der mittlere Erdradius = 6370 km Der mittlere Erdumfang = 40 000 km = 21 600 sm (360° * 60 = 21 600 Bogenminuten a’ 1852 m auf dem Erdumfang) Die mittlere Entfernung zum Mond = 384 452 km Die mittlere Entfernung zur Sonne = 150 000 000 km Der mittlere Monddurchmesser = 3476 km

Die Geschwindigkeit de Lichts = 300 000 km/sec 1 Lichtjahr = die in einem Jahr vom Licht zurückgelegte Strecke = 9,463 Billionen km

Beispiele: Der Fixstern SIRIUS im Sternbild „Großer Hund“ ist 9 Lichtjahre von der Erde entfernt; er ist zugleich der hells-te Fixstern am nördlichen Sternhimmel. Der Stern DENEB im Sternbild des „Schwan“ ist 1600 Lichtjahre von der Erde entfernt. Seine Leuchtkraft ist die 100 000-fache unserer Sonne.

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Darum geht’s: auf hoher See ohne Landsicht möglichst den richtigen Kurs zu fahren, um wie gewünscht zum Ziel zu gelangen. Zu diesem Zweck wird möglichst oft eine astronomische Ortsbestimmung durchgeführt, um einen sogenannten „beobachteten Ort“ Ob zu erhalten (auch „wahrer“ Ort Ow). Traditionellerweise macht man das für jeden Mittag. Die versegelte Distanz in 24 Stunden nennt man ein „Etmal“.

Ob 12:00 Uhr Beobachteter Ort

BV Besteckversetzung Ok 12:00 Uhr (Richtung und Größe) Koppelort (heute)

(wenn Kurs und Distanz stimmen, dann müssten wir hier sein)

Der Unterschied zwischen Ok und Ob ist die sog. Besteck- Versetzung BV. D.h. in der gekoppelten Zeit (hier 24 Stun- den (= Etmal)) hat uns „etwas“ vom Ok zu Ob versetzt. Das kann eine (unbekannte) Meeresströmung und/oder Windabdrift und/oder ein Kompaß- oder Loggefehler sein. In Zukunft werden wir aufgrund der beobachteten BV unseren Kurs entsprechend korrigieren (Stromdreieck). Und morgen Mittag machen

wir wieder dasselbe. Koppelkurs (Kartenkurs und Distanz) Wenn die BV allerdings durch einen unsystematischen Fehler zustande kommt (z.B. durch einen unkon- zentrierten Steuermann), dann wird das nicht klappen. Abfahrtsort (gestern) O1 12:00 Uhr

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Prinzip der astronomischen Ortsbestimmung Alle Gestirne haben zu jeder Zeit ihre Repräsentanz auf der Oberfläche der Erdkugel: ihren sogenannten Bild-punkt (BP = Schnittpunkt der Verbindungslinie Erdmittelpunkt – Gestirn). Wenn ein Beobachter auf dem Bild-punkt eines Gestirns steht, dann hat er den Stern genau über sich (im „Zenit“), d.h. in einem Höhenwinkel von 90° (gemessen z.B. mit einem Sextanten). Je weiter sich der Beobachter von dem Bildpunkt entfernt, desto kleiner wird der Höhenwinkel, unter dem das Gestirn erscheint. Aus der terrestrischen Navigation kennen wir die Abstandsbestimmung durch Höhenwinkelmessung: die gewonnene Standlinie ist ein Kreis um das Objekt (z.B. einen Leuchtturm, dessen Höhe wir kennen). Ganz entsprechend erhalten wir in der astronomischen Navigation durch die Höhenwinkelmessung als Standlinie einen Kreisbogen – um den Bildpunkt des Gestirns, die sog. „Hö-hengleiche“. Den Abstand zum Bildpunkt, also den Kreisradius, können wir berechnen. Die Koordinaten des

Bildpunktes entnehmen wir für die sekundengenaue Zeit dem sog. „Nautischen Jahrbuch“. Die Messung zweier Gestirne würde somit – in der Theorie – zu zwei Höhen-Standlinien und im Schnittpunkt der beiden zum beobachteten Ort führen. Es ist unmittelbar einsehbar, dass diese Auswertung in der Praxis nicht möglich ist, da wir es mit Kreisradien von vielen tausend Seemeilen zu tun haben. Deshalb wird in der Praxis das Verfahren der Höhendifferenz (Δh) - Messung angewandt: Wir berechnen für den gekoppelten Ort (Ok), in welcher Höhe (hr) wir das Gestirn messen müssten (wenn wir

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wirklich auf diesem Ort wären). Wenn die gemessene Höhe am Sextanten (hb) größer ist (Δh positiv), befindet sich der Standort näher zum Gestirn hin, ist der gemessene Winkel kleiner (Δh negativ), befindet sich der Stand-ort weiter vom Gestirn weg. Außerdem ist direkt ersichtlich, dass die Höhengleiche (wie in der Zeichnung angedeutet) innerhalb einer gewis-sen Distanz nahezu eine Gerade ist (insbesondere bei großen Radien). Diese Gerade steht als Tangente senkrecht auf dem Radius = Verbindungslinie: Schiffsort - Bildpunkt des Gestirns. Dies ist die rechtweisende Peilung des Gestirns, genannt Azimut. Auch das Azimut können wir für den Koppelort Ok berechnen. Es ist wichtig zu ver-stehen, dass das Azimut relativ unempfindlich gegenüber Koppelfehlern ist, d.h. auch wenn wir uns etliche See-meilen vom richtigen Ort entfernt vermuten, haben wir doch in etwa das richtige Azimut! Und damit ist die Lage unserer Standlinie (des Ausschnitts aus der errechneten bzw. beobachteten Höhengleiche = angenäherte Gerade) bestimmt, nämlich senkrecht zum (errechneten) Azimutstrahl.

In der navigatorischen Praxis besteht die astronomische Standortbestimmung aus Berechnungen (bzw. Tabellen-ablesungen), Höhenmessungen mit dem Sextanten und zeichnerischer Lösung. Für das Verständnis der Berechnungen sind einige Kenntnisse der Winkelfunktionen (Sinus, Kosinus etc.) hilf-reich.

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Es werden entweder 2 oder mehr Gestirne zur gleichen Zeit oder ein oder mehrere Gestirne mit dazwischenlie-gender Versegelung beobachtet. Dann werden für die sekundengenauen Beobachtungszeiten die erwarteten (berechneten) Höhen mit dazugehöri-gem Azimut bestimmt – direkt berechnet mit Taschenrechner, nachgeschlagen und berechnet mit Hilfe der Nau-tischen Tafeln (Semiversus-Verfahren) oder nachgeschlagen in den Tafelwerken H.O.Pub. 249. Diese berechneten Höhen werden mit den am Sextanten beobachteten („wahren“) Höhen verglichen und ergeben die beobachteten Δh, die an den jeweiligen Azimutstrahlen abgetragen werden und damit die beobachteten Standlinien ergeben. Zeichnerische Lösung:

Die Geschwindigkeit, mit der ein Bildpunkt über die Erdoberfläche wandert, kann sehr groß sein, maximal ca. 1.666 km/h auf dem Äquator (die Erde - Umfang 40.000 km - dreht sich in 24 Stunden einmal um sich selbst), das ist immerhin fast ein halber km in der Sekunde. Daraus ergibt sich die Forderung nach genaugehenden Chronometern und einem Verständnis der verschiedenen Zeitberechnungen.

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Trigonometrische Winkelfunktionen Winkelfunktionen sind unbenannte Zahlen, die einem Winkel im rechtwinkligen Dreieck in bestimmter Weise zugeordnet sind. In Abhängigkeit von der Größe des Winkels findet man ihre Werte entweder durch direkte, mehr oder weniger genaue zeichnerische Bestimmung (Messung) oder aber üblicherweise in Zahlen ausgedrückt in Tafelwerten (Nautische Tafeln u.a.), auf bestimmten Rechenschiebern sowie auf wissenschaftlichen Taschen-rechnern und anderen elektronischen Rechengeräten.

Diese Werte resultieren aus den Verhältnisgleichungen: Gegenkathete a sinus (sin) α = ---------------- = --- Hypotenuse d

Ankathete b cosinus (cos) α = --------------- = --- Hypotenuse d

Gegenkathete a tangens (tan) α = ---------------- = --- Ankathete b

Ankathete b cotangens (cot) α = ---------------- = --- Gegenkathete a

Hypotenuse d secans (sec) α = ---------------- = --- Ankathete b

Hypotenuse d α cosecans (cosec) α = ---------------- = --- Gegenkathete a Diese aufgezeigten Beziehungen kann man am ehesten veranschaulichen und verdeutlichen an den

Winkelfunktionen im Einheitskreis (Abb. 2) 360° 0°

Der Radius dieses Kreises erhält den Wert „1“. Der Kreis wird durch eine senkrechte Achse „y“ und eine waa- gerechte Achse „x“ in 4 Quadranten geteilt. Die Zählung erfolgt – entgegen der sonst in der Mathematik üblichen – von 0° in Punkt A im Uhrzeigersinn über B, C und D bis 360° wieder in 90°

A. Das entspricht der gewohnten Zählung in der Kompassrose. Ferner enthält der obere Teil der y-Achse MA und der rechte Teil der x-Achse MB ein positives, MC und MD ein negatives Vorzeichen.

180°

Man entnimmt der Zeichnung (Hypotenuse = 1 !): xα = sin α yα = cos α cot α tan α

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Es ist: Der Sinus des Winkels α das Verhältnis der Sinuslinie zum Radius des Kreises. Der Cosinus des Winkels α das Verhältnis der Cosinuslinie zum Radius. Der Tangens des Winkels α das Verhältnis der Tangenslinie zum Radius, wobei die Tangenslinie der Tangenten-abschnitt zwischen „A“ und dem Schnittpunkt der Verlängerung des freien Schenkels des Winkels α ist. Der Cotangens des Winkels α das Verhältnis der Cotangenslinie zum Radius, wobei die Cotangenslinie der Co-tangentenabschnitt zwischen „B“ und dem Schnittpunkt mit der Verlängerung des freien Schenkels des Winkels α ist. Der Secans und der Cosecans der jeweils reziproke Wert con Cosinus und Sinus des Winkels α. Zugleich gilt (wenn α ein spitzer Winkel ist): für den I. und II. Quadranten: Sin α = cos (90° - α) und cos α = sin (90° - α) Sin α = sin (180° - α) und -cos α = cos (180° - α) für den III. und IV. Quadranten: -sin α = sin (180° + α) und -cos α = cos (180° + α) -sin α = sin (360° - α) und cos α = cos (360° - α) für alle Quadranten: sin α cos α 1 1 tan α = ------ cot α = ------ sec α = ------ cosec α = ------ , cos α sin α cos α sin α wobei sich die Vorzeichen aus denen der Quotienten ergeben. 1 – cos α Schließlich ist semiversus (sem) α = ----------- 2

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Für das Taschenrechnerverfahren sind nachstehend die Vorzeichen der hier angewandten Funktionen sin, cos, tan in den 4 Quadranten dargestellt.

Für die Eingabe gilt: Die Eingabe eines Winkels kann jeweils vollkreisig erfolgen. Der Rechner zeigt bei Anforderung der dazugehö-rigen Winkelfunktionen das Vorzeichen des Quadranten an.

Bei der Wiedergabe von der Funktion zum dazugehörigen Winkel wird vom Rechner angezeigt: ± sin α in arc → ± spitzer Winkel cos α in arc → spitzer Winkel - cos α in arc → stumpfer Winkel < 180° tan α in arc → spitzer Winkel - tan α in arc → spitzer Winkel

weiterführend: siehe auch: http://www.mathe-online.at/mathint/wfun/i.html#sincos siehe auch: Taylor-Reihe

Die trigonometrischen Funktionen im schiefwinkligen Dreieck Man betrachtet neben dem Dreieck, das durch die Seiten a, b, c gebildet und schiefwinklig ist, das Dreieck, wel-ches durch die Seiten h, c1 und b, und das, welches durch die Seiten h, c2 und a gebildet wird. Durch Fällen der Höhe h auf die Hypotenuse wurde das schiefwinklige Dreieck in zwei rechtwinklige Dreiecke zerlegt. Auf diese beiden rechtwinkligen Dreiecke können alle bisher aufgeführten Funktionen angewendet wer-den. Jedoch wirkt hierbei störend, das c in zwei Teile zerlegt wurde und die zusätzliche Größe h eingeführt wur-de. Dies gilt es zu beseitigen. Man bemüht sich also h, c1 und c2 durch Umschreiben herauszumanipulieren. Nach Pythagoras gilt: a2 = h2 + c1

2, wobei h2 durch b2 – c2

2 ersetzt werden kann und c1

2 durch (c – c2)2 (minus, wenn α spitz, plus wenn α stumpf) γ Durch Einsetzen dieser Ersatzwerte erhält man nun: a2 = b2 – c2

2 + (c2 – 2cc2 + c22) = b2 + c2 – 2cc2 b a

nun ist aber c2 = b * cos α h daher gilt der Cosinussatz: a2 = b2 + c2 – 2bc * cos α b2 = c2 + a2 – 2ca * cos β c2 = a2 + b2 – 2ab * cos γ α β

c2 C c1 Ähnlich läßt sich der Sinussatz nachweisen: a : b : c = sin α : sin β : sin γ Letzlich gibt es eine ganze Folge von Sätzen und Regeln, die jedoch hier nicht benötigt werden.

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Die trigonometrischen Funktionen im sphärischen Dreieck Ein sphärisches Dreieck ist eine Figur auf einer Kugeloberfläche von beliebigem Radius, bei der die 3 Punkte durch Großkreise verbunden sind. Großkreise sind Kreise auf einer Kugeloberfläche, deren Mittelpunkt mit dem Kugelmittelpunkt zusammenfällt oder – anders ausgedrückt – deren Ebene durch den Kugelmittelpunkt geht. Die kürzeste Verbindung zweier Punkte auf einer Kugeloberfläche ist der durch sie hindurchgelegte Großkreis. Zur Berechnung der Seiten und Winkel eines sphärischen Dreiecks aus drei bereits bekannten Größen dienen für unsere Zwecke folgende aus der Trigonometrie – besonders auf das Bogenmaß – umgestellte Sätze und Regeln: Der Sinussatz: sin α : sin β : sin γ = sin a : sin b : sin c oder anders formuliert: sin α sin β sin γ ------ = ------ = ------ sin a sin b sin c Der Cosinussatz: cos a = cos b * cos c + sin b * sin c * cos α oder cos b = cos c * cos a + sin c * sin a * cos β oder cos c = cos a * cos b + sin a * sin b * cos γ Grenzwerte im sphärischen Dreieck: Winkelgröße ≤ 180° Winkelsumme α + β + γ ≤ 540° Seitensumme a + b + c ≤ 360°

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Die Bestimmung des ungefähren Schiffsorts Man kann einen ungefähren Schiffsort erkoppeln. Dieser Koppelort ist die Grundlage für vorzunehmende astro-nomische Beobachtungen und Berechnungen, durch letztere wird der Koppelort auf einen wahren Ort verbessert. Die astronomische Navigation läuft also auf eine Art Vergleichsrechnung mit dem Koppelort hinaus. Er darf daher nicht allzu sehr vom wahren Ort abweichen, da sonst leicht Verfälschungen in den Resultaten auftreten können. Größte Sorgfalt ist also geboten, um den Unterschied zwischen Koppelort und wahrem Ort (man nennt das die „Besteckversetzung“) möglichst gering zu halten. Erreicht wird dies auf hoher See, wo die Möglichkeiten der terrestrischen Navigation nicht gegeben sind, indem man den fortlaufend zurückgelegten Weg, bestimmt durch den Kartenkurs (KK oder auch KüG (Kurs über Grund)) und die Distanz unter Berücksichtigung verfälschender Einflüsse rechnerisch, zeichnerisch oder beides kombiniert, ermittelt. Kurs und Distanz, in den Berechnungen als Polarkoordinaten bezeichnet: Der vollkreisige KK (Kartenkurs), in unseren Berechnungen „α“ genannt, wird als bekannt und so richtig wie möglich berechnet vorausgesetzt. Die Distanz „d“ ist das Produkt aus Fahrt „F“ und Zeit. Sie kann mit dem Taschenrechner leicht berechnet werden. Beispiel: Ein Schiff läuft 3h 28m lang 9 kn, welche Distanz ist durchlaufen? Für die Berechnung müssen die Minuten in (Dezimal-) Stunden umgewandelt werden: 28 Minuten = 28/60 Stunden = 0,46666…. Stunden Die durchlaufene Distanz ist also 3,4666 * 9 = 31,2 sm Diese etwas umständliche Berechnung ist mit der Hexagesimal-Umwandlungstaste °’ ’’ des Taschenrechners ein Leichtes. Übung im Detail Eingabe: 3 °’ ’’ 28 °’ ’’ * 9 = Anzeige: 3 3 28 3,466666… 9 31,2 Anderes Beispiel für die Umwandlungstaste: 54h 41m 34s (Stunden, Minuten, Sekunden) sind 54,69277778 Stunden (dezimal) Eingabe: 54 °’ ’’ 41 °’ ’’ 34 °’ ’’ Anzeige: 54 54 41 54,68333333 34 54,69277778 Umgekehrt ist es genauso leicht möglich, Dezimalstunden oder –Grad (z.B.) zurückzuwandeln (INV-Taste) Beispiel: + 54,6744 >> Wie lautet die geographische Breite in Grad, Minuten und Sekunden? Eingabe: 54,6744 INV °’ ’’ Anzeige: 54,6744 54,6744 54° 40° 27,84 Lies: 54 Grad 40 Minuten 27,84 Sekunden bzw.: 54° 40’ 27,8’’ wegen des positiven Vorzeichens ist es eine Nordbreite: 54° 40’ 27,8’’ N Üblicherweise werden die Sekunden in Dezimalminuten umgewandelt, das ist leicht im Kopf zu machen, also: 54° 40,5’ N ========= Kurs und Distanz erzeugen gegenüber dem Abfahrtsort Unterschiede in Nord- oder Süd- bzw. Ost- oder West- Richtung. Wir sprechen vom Breiten- und Längenunterschied: Bewegt man sich - z.B. mit einem Schiff – auf der Erdoberfläche, so verändert man seine geographische Breite (φ) oder Länge (λ) oder meist beides. Die Breitenänderung nennt man den Breitenunterschied „b“ in Richtung N oder S, die Längenänderung nennt man den Längenunterschied „l“ in Richtung E oder W. Beide werden in Graden und Bogenminuten angegeben; addiert man unter Berücksichtigung der Richtungszei-chen zu φ und λ des Abfahrtsortes (φ1 und λ1) b und l, erhält man φ und λ des erreichten Ortes (φ2 und λ2).

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Zwei Beispiele: φ1 = 41° 46’ N λ1 = 22° 08’ W φ1 = 00° 32’ N λ1 = 47° 51’ W b = 1° 32’ N l = 56’ E b = 01° 56’ S l = 02° 11’ W φ2 = 43° 18’ N λ2 = 21° 12’ W φ2 = 01° 24’ S λ2 = 50° 02’ W ======================== ======================== Wenn man sich darüber klar ist, daß Nord und Ost positive, Süd und West negative Vorzeichen haben, und kurz darüber nachdenkt, was beim Queren des Äquators bzw. des Null-Meridians oder der Datumsgrenze mit den Vorzeichen passiert, dürfte das Rechnen mit Breiten- und Längeunterschied kein Problem sein. Für Formalisten: Sind φ1 und b bzw. λ1 und l gleichnamig, d.h. haben sie das gleiche Nachzeichen (N/N oder W/W), so werden sie miteinander addiert, sind sie ungleichnamig, d.h. haben sie unterschiedliche Nachzeichen (N/S bzw. S/N oder E/W bzw. W/E), wird b und l von φ1 und λ1 subtrahiert. Nur beim Überschreiten des Äqua-tors, wie im rechten Beispiel, wird der kleinere Wert vom größeren subtrahiert und erhält das Nachzeichen des größeren Wertes; und beim Überschreiten des 180. Längengrades (Datumsgrenze) wird wie gewohnt addiert bei gleichnamigen Werten und das 180° überschreitende Ergebnis von 360° subtrahiert unter gleichzeitiger Ände-rung des Nachzeichens. Beispiel: φ1 = 23° 07’ S λ1 = 179° 48’ W b = 24’ S l = 23’ W φ2 = 23° 31’ S - 180° 11’ W (das gibt es ja nicht) ========== also + 360° . λ2 = 179° 49’ E ============= In den Beispielen wird davon ausgegangen, daß b und l bekannt sind. Sie ergeben sich aus Kurs und Distanz. Bewegen wir uns z.B. mit 5 kn Fahrt 2 Stunden lang genau nach Norden (Süden), so haben wir die Distanz 10 sm auf einem Meridian, d.h. auf einem (halben) Großkreis (1’ = 1 sm) zurückgelegt; der Breitenunterschied b ist also 10’ N (S). So weit, so einfach. Bewegen wir uns mit 5 kn Fahrt 2 Stunden lang genau nach Osten (Westen), so haben wir die Distanz 10 sm auf einem Breitenparallel, d.h. auf einem Kleinkreis (1’ < 1 sm) zurückgelegt; der Längenunterschied l ist also ??? Zunächst einmal nennen wir die 10 sm in östliche/westliche Richtung Abweitung. Danach fragen wir uns, wie wir aus einer bekannten Abweitung a auf einem gegebenen Breitenparallel den dazugehörigen Längenunter-schied l berechnen können.

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Abweitung: In den Berechnungen werden Breitenunterschied b und Abweitung a rechtwinklige Koordinaten genannt. Weiter oben wurde die Seemeile schon definiert als eine Bogenminute auf einem Großkreis auf der Erdkugel. Da alle Meridiane (halbe) Großkreise sind, ergibt sich, daß beim Breitenunterschied Bogenminuten = Seemeilen sind. Das heißt: bei einem Breitenunterschied (z.B.) b = 1° 12’ N ist sofort klar, dass die Zielbreite 72 sm nördlich der Startbreite liegt. Während auf dem Äquator, der annähernd auch ein Großkreis ist, ein Längenunterschied von z.B. 2° 12’ W (= 132’ W) identisch mit der Abweitung (132 sm W) ist, werden die parallel zum Äquator gelegenen Kleinkreise zu den Polen hin immer kleiner, das heißt die Abweitung a in sm ist zahlenmäßig immer kleiner als der Längenunterschied l in Minuten. In der Zeichnung rechts blicken wir von oben auf die Erdkugel und betrachten die Strecken, die bei ein und demselben Längenunterschied (hier l = 30°) auf dem Äquator bzw. auf einem Breitenparallel (hier 50° N, könnte auch Süd sein) liegen. Es ist unmittelbar ersichtlich, daß die zurückgelegte Strecke a (in West-Ost-Richtung) auf dem Äquator erheblich größer ist als auf dem Breitenparallel. Beispiel: Wenn ein Schiff in Äquatornähe vom 40. bis zum 70. Längengrad fährt, dann hat es 30 * 60 = 1800 sm in Ost-West-Richtung zurückgelegt. Wenn ein Schiff auf der Breite 50° N vom 40. bis zum 70. Längengrad fährt, dann hat es nur 1157 sm in Ost-West-Richtung zurückgelegt. Frage: Wie hängen Längenunterschied und Abweitung in Abhängigkeit von der geographischen Breite zusammen? Es geht darum, herauszufinden, um wie viel kleiner eine Bogenminute auf einem Breitenparallel gegenüber einer Bogenminute auf dem Äquator (≅ Großkreis) ist. Definition: Breitenkreise oder Breitenparallele sind Nebenkreise, deren Ebenen senkrecht zur Erdachse stehen. Der längs-te von ihnen – der Äquator – wird zum Ausgang der Zählung gemacht, indem jedem Breitenkreis eine Gradzahl zugeordnet wird, die dem Winkel (φ) am Erdmittelpunkt zwischen dem Äquator und dem betreffenden Breiten-kreis entspricht. Diese Gradzahlen erhalten auf der Nordhalbkugel das Nachzeichen „Nord“, auf der Südhalbku-gel das Nachzeichen „Süd“. Betrachtet man die nebenstehende Zeichnung unter Berücksichtigung des unter „Trigonometrische Winkelfunktionen“ gelernten, so ergibt sich anschaulich, daß der Radius des Breitenparallels um den Fak- tor cos φ kleiner als der Erdradius ist. Alle Merkmale eines Krei- ses werden durch seinen Radius als die einzige Veränderliche bestimmt. Also ist eine Bogenminute auf dem Breitenparallel 40° um den Faktor cos 40° kleiner als eine Bogenminute auf dem Äquator (Großkreis). Cos 40° = 0,766 d.h. eine Bogenminute auf dem Breiten- parallel 40° ist also 0,766 sm lang. Allgemein:

a = l * cos φ l = a / cos φ

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Wir greifen das Beispiel von der letzten Seite Mitte noch einmal auf: Wenn ein Schiff auf der Breite 50° N vom 40. bis zum 70. Längengrad fährt, dann hat es…… l = 30° = 1800’ a = 1800’ * cos 50° = 1800’ * 0,642787609 = 1157 sm …… nur 1157 sm in Ost-West-Richtung zurückgelegt. Merke: Vor der Umwandlung von l in a muß l in Minuten umgerechnet werden Nach der Umwandlung von a in l liegt l in Minuten vor (ggf. in Grad und Minuten umwandeln) Übrigens ist die Längenumwandlung zumindest bei kleineren Distanzen auch zeichnerisch möglich (wenn der Taschenrechner nicht mehr will…): Beispiel für die Abweitung a = 83 sm auf der geogr. Breite φ = 34° 35’ N: In einem Eckpunkt der Strecke a trägt man den Winkel 34° 35’ an, im anderen Eckpunkt errichtet man eine Senkrechte auf a. Diese Senkrechte begrenzt den freien Schenkel des Winkels φ. Seine Länge, im gleichen Maßstab wie a gemessen, ergibt den Zahlenwert für l = 101’ = 1° 41’ Mittelbreite: Bei den Formeln zur Umwandlung von Abweitung in Längenunterschied und umgekehrt spielt die Breite (φ), wie erkennbar war, eine entscheidende Rolle. Sobald nämlich ein Schiff Fahrt macht, entsteht logischerweise zwischen dem Abfahrtsort O1 und dem Ankunftsort O2 sowohl ein Breitenunterschied b wie auch ein Längen-unterschied l, es sei denn, das Schiff steuert einen reinen Nord-, Ost-, Süd- oder Westkurs, auf dem lediglich eine der Koordinaten sich ändert. Die Frage ist nun, welche Breite der Längenumwandlung zugrunde gelegt werden soll. Es kann weder φ1 noch φ2 sein; man wählt – wie beim Herausgreifen der Distanz aus der Seekarte – die Mittelbreite φm, die man durch Addition des halben Breitenunterschiedes zu dem kleineren Wert der beiden Breitenangaben erhält. Dieses φm ist der Wert für die nun endgültigen Formeln der Längenum-wandlung: a = l * cos φm l = a / cos φm In Äquatornähe, d.h. bis zu 5° N bzw. 5° S, ist in der seemännischen Praxis eine Umwandlung von a und l wegen zu geringer Größenunterschiede nicht üblich, da man a (1 sm) gleich l (1 Äquatorminute) setzen kann.

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Koordinatentransformation, rechnerisches Koppeln: Nun sind alle Teile für die Koppelnavigation zusammen:

• Kenne ich Distanz und Kurs, also die Polarkoordinaten d und α, so kann ich b und a, die rechtwink-ligen Koordinaten, berechnen und (nach der Längenumwandlung) damit den Zielort bestimmen.

• Kenne ich andererseits a und b, so kann ich d und α berechnen Rechnerisch bestehen zwischen den o.a. Größen folgende Beziehungen:

b = d * cos α a = d * sin α d = √ b2 + a2 a tan α = --- b Glücklicherweise erspart uns der Rechner diese umständliche Formelrechnerei (macht sie automatisch im Hin-tergrund) und präsentiert uns ein einfaches Verfahren zur Lösung der Aufgaben: Koordinatentransformation mit Taschenrechner CASIO 3600 P und 180 P (Bedienung bei anderen Rechnern anders): Sind d und α gegeben, so bedienen wir uns der Taste P→R (Polar- in rechtwinklige Koordinaten), um b und a zu erhalten (1. Aufgabe) Sind b und a gegeben, so bedienen wir uns der Taste R→P (rechtwinklige- in Polarkoordinaten), um d und α zu erhalten (2. Aufgabe) Bei der Eingabe ist sorgfältig zu bedenken:

• d ist immer positiv • α ist vollkreisig – von 0° bis 360° - einzugeben • b und a sind immer in dieser Reihenfolge einzugeben (andernfalls wird statt α der Komplementärwin-

kel angezeigt). Größte Aufmerksamkeit ist der Bedienung der Vorzeichenumkehrtaste +/- bei negativen Werten zu widmen.

• Positiv sind alle Werte auf der y-Achse im Nordhalbraum und alle Werte auf der x-Achse im Osthalb-raum

• Negativ sind alle Werte auf der y-Achse im Südhalbraum und alle Werte auf der x-Achse im Westhalb-raum unseres Koordinatensystems

Die Anzeige im Rechner: Der Kurswinkel als Ergebnis wird halbkreisig angezeigt, im Osthalbraum halbkreisig und positiv von 0° bis 180°, im Westhalbraum von 360° bis 180° links herum halbkreisig und negativ, hierbei ist zu der negativen An-zeige 360° zu addieren, um den gewohnten, vollkreisigen Kurs zu bekommen. Technische Durchführung: 1. Aufgabe: Gegeben: d = 74 sm, α = 305° gesucht sind b und a (Registeraustausch) Eingabe: 74 INV P→R 305 = INV X↔Y Anzeige: 74 305 42,4 -60,6 Erläuterung: d α (KK) b (N) a (W) Ergebnis: Breitenunterschied b = 42,4’ Nord Abweitung a = 60,6 sm West 2. Aufgabe: Gegeben: b = 108 sm Nord, a = 251 sm West gesucht sind d und α (Registeraustausch) Eingabe: 108 INV R→P 251 +/- = INV X↔Y Anzeige: 108 251 -251 273,2 -66,7 Erläuterung b (N) a (W) d α (halbkreisig) Ergebnis: Distanz d = 273,2 sm Kurs α = 293,3° (360° - 66,7°)

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Besteckrechnung: Erste Aufgabe: Gegeben: Abfahrtsort φ1 = 39° 32,0’ N, λ1 = 23° 14’ W, α = 309°, Fahrt 13 kn, Zeit 7h 23min Gesucht: zunächst Distanz d, dann b und a, daraus l, schließlich erreichter Ort Lösung: φ1 = 39° 32,0’ N λ1 = 23° 14,0’ W φ1 = 39° 32,0’ N Nebenrechnung: a = 74,6 sm W b = 1° 00,4’ N l = 1° 37,4’ W b/2 = 30,2’ N l = 97,4’ West φ2 = 40° 32,4’ N λ2 = 24° 51,4’ W φm = 40° 02,2’ N ( l = a / cos φm ) ============ ============ Schritt für Schritt auf dem Rechner: Eingabe: 7 °’ ’’ 23 °’ ’’ * 13 = INV P→R 309 = INV X↔Y Anzeige: 7 23 7,383… 13 95,9833….. 309 60,4 - 74,6 Erläuterung: Stunden Minuten Dez.Stunden Knoten Distanz Kurs b (N) a (W) Wenn ich die Mittelbreite φm = + 40° 02,2’ schon kenne (im Kopf oder vorher ausgerechnet), kann ich mit dem letzten Wert im Rechner (a = -74,6) ohne abzusetzen weiterrechnen: Eingabe: ./. 40 °’ ’’ 2,2 °’ ’’ cos = ./. 60 = INV °’ ’’ Anzeige: - 74,6 40 2,2 40,03.. 0,7656.. - 97,4357.. - 1,623.. -1° 37,4’ Erläuterung: a durch cos φm teilen l in Minuten l in Dez.Grad…. in Grad Die Systematik der Rechnerbedienung bleibt dem einzelnen überlassen. Sinnvoll ist es natürlich, möglichst dop-pelte Eingaben zu vermeiden, d.h. am besten mit den Ergebnissen jeweils immer weiter rechnen. Zweite Aufgabe: Gegeben: Abfahrtsort (55° 17,0’ N λ1 = 10° 22,0’ W) Zielort (51° 53,0’ N λ2 = 18° 12,0’) Gesucht: b, l, φm, a, Distanz d, Kartenkurs α Lösung: φ2 = 51° 53,0’ N λ2 = 18° 12,0’ W Nebenrechnung: φ1 = 55° 17,0’ N l = - 470’ (W) -φ1 = 55° 17,0’ N -λ1 = 10° 22,0’ W + b/2 = - 1° 42,0’ S a = - 279 sm (W) b = - 3° 24,0’ S l = - 7° 50,0’ W φm = 53° 35,0’ N ( a = l * cos φm ) ============= ============ oder b = - 204,0’ S und l = - 470’ (W) Mit der Koordinatentransformation R→P finden wir aus b (in Minuten = sm!) und a nun d und α: Eingabe: 204 +/- INV R→P 279 +/- = INV X↔Y + 360 = Anzeige: 204 -204 279 -279 345,6 -126,174 360 233,826 Erläuterung: b (S) a (W) d α (halbkreisig) α (KK) Ergebnis: Distanz = 345,6 sm, Kartenkurs = 234°

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Koppeln in der Praxis An Bord wird im Logbuch jede Änderung des Kurses und/oder der Geschwindigkeit eingetragen. Auf die Um-wandlung des Kompasskurses mit den Beschickungen für Ablenkung, Missweisung, Wind und Strom wollen wir hier verzichten und davon ausgehen, dass wir den KüG (Kurs über Grund = Kartenkurs = KK) und die FüG (Fahrt über Grund) möglichst exakt ermittelt haben. Dann könnte das vereinfachte Schema für ein Logbuch etwa so aussehen:

Datum Uhrzeit KüG FüG Distanz d Aufgabe: Eine Motoryacht steht am 30.05.1979 um 12-00 MGZ auf ϕ1 = 58°46’N, λ1 = 10°32’E. Im Logbuch (das noch zwei weitere Spalten für die zu ermittelnden Teilergebnisse für b und a enthält) werden folgende Eintragungen gemacht:

Datum Uhrzeit KüG FüG d b a 30.05. 12-00 215° 12 kn

14-30 215° 15 kn 16-50 240° 15 kn 20-00 270° 15 kn 23-30 290° 15 kn

31.05. 03-30 290° 12 kn 08-00 315° 12 kn 12-00

Aus diesen Daten werden die Distanzen und die Breitenunterschiede und Abweitungen für die Teilstrecken be-rechnet.

Datum Uhrzeit KüG FüG d b a 30.05. 12-00 215° 12 kn 30,0 sm -24,5 -17,2

14-30 215° 15 kn 35,0 sm -28,7 -20,1 16-50 240° 15 kn 47,5 sm -23,8 -41,1 20-00 270° 15 kn 52,5 sm 0 -52,5 23-30 290° 15 kn 60,0 sm + 20,5 -56,4

31.05. 03-30 290° 12 kn 54,0 sm + 18,5 -50,7 08-00 315° 12 kn 48,0 sm + 33,9 -33,9 12-00 Gesamt: - 4,1 - 271,9

Alle Teilstrecken zusammen haben also dazu geführt, dass wir jetzt 4,1 sm südlich und 271,9 sm westlich vom Abfahrtsort stehen. Wir verfahren in der Schlussrechnung so, als hätten wir nur diesen Gesamtkurs und diese Gesamtdistanz gesteu-ert: Aus b und a ergibt sich mit der Koordinatentransformation (P > R): Gesamtdistanz = 272 sm Gesamtkurs = 269° Schlussrechnung: ϕm = ϕ1 + b/2 ϕ1 = 58°46,0’ N l = a / cos ϕm b/2 = - 2,0’ (S) ϕm = 58°44,0’ N l = - 271,9 / cos 58°44,0’ = - 523,9 (W) ϕ1 = 58°46,0’N λ1 = 10°32,0’E b = - 4,1’S l = - 8°43,9’W ϕ2 = 58°41,9’N λ2 = 1°48,1’E =============================== Am Mittag des 31.05. steht die Motoryacht also auf O2 58°41,9’N, 1°48,1’E

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Zeichnerische Lösungen Es liegt auf der Hand, dass man in Küstennähe auf das Rechnen des Koppelkurses verzichtet und dass man die gesteuerten Kurse und Distanzen unmittelbar in die Seekarte einträgt und sie mit den gemachten terrestrischen Beobachtungen vergleicht, womit man zugleich ein gutes Bild von der Situation erhält. Die rechnerische Schiffs-ortbestimmung wird nur dann angewandt, wenn man im freien Ozean nur Seekarten kleinen Maßstabes zur Ver-fügung hat. Zeichnerisches Koppeln ist auch möglich auf jeglichem Gitterpapier, womit gleichzeitig die zeichne-rische Umwandlung von Längenunterschied in Abweitung erfolgen kann. Weit verbreitet ist seit Jahren aber auch das zeichnerische Koppeln auf sog. Plottingsheets im Zusammenhang mit den H.O.Tafeln 249. Plottingsheets sind nichts weiter als Mercatorkarten-Leerdrucke, die jeweils von 4° zu 4° Breite hergestellt werden. Während die Breite festliegt und bezeichnet ist, werden bei den Längengraden die Bezeichnungen weggelassen, so dass es dem Nautiker selbst überlassen bleibt, die für ihn relevanten Bezeich-nungen einzutragen.

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Koordinatensysteme Das Erdsystem

„Wir lagen südlich von Grönland, was keiner so richtig schön fand“ Die geographische Breite ϕ eines Ortes ist der Winkel - gemessen am Erdmittelpunkt - zwischen der Äquatorebene und der Ebene des Breitenparallels des Ortes. Die geographische Länge λ eines Ortes ist der sphärische Winkel – gemessen am Nordpol – zwischen dem Meridian von Greenwich und dem Ortsmeridian

Versuch einer Entwicklung der Koordinatensysteme in einfachen Worten: Die Erde dreht sich wie ein Kreisel um ihre Achse. Das führt dazu, dass die Erdachse (mehr oder weniger) stabil in immer die gleiche Richtung zeigt. Der eigentlich recht beträchtliche Durchmesser ihrer Umlaufbahn um die Sonne (ca. 150 Mio km, s.o.) schrumpft im kosmischen Maßstab gegen Null. Und so ergibt sich das für unsere astronomischen Zwecke so überaus praktische geozentrische Weltbild mit der Erde im Zentrum, inmitten einer riesigen Himmelskugel (an der die unzähligen Sterne „fixiert“ sind). Die Erdachse wird unendlich verlängert zur Weltachse (mit den Himmelspolen PN und PS), der Äquator wird – wie beim Pizza-Bäcker - unendlich vergrößert zum Himmelsäquator.

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Stellen wir uns im folgenden vor, die Erde wäre eine Kugel aus Glas und im Erdmittelpunkt wäre eine sehr star-ke Glühbirne; dann könnten wir – nachdem wir die Drehung der Himmelskugel für einen Moment angehalten haben - die Meridiane und Breitenparallele an die Himmelskugel projizieren und hätten nun am Himmels-gewölbe ein ganz und gar dem Erdsystem entsprechendes Koordinatensystem zur Ortsbestimmung der Sterne (danach dreht sich die Himmelskugel wieder weiter…). Die „Himmels-Breitenparallele“ nennen wir Abweichungsparallele, gekennzeichnet durch die Abweichung oder Deklination δ. Die „Himmels-Meridiane“ nennen wir Stundenkreise (hierin kommt die Bewegung der Himmelskugel zum Aus-druck), gekennzeichnet durch den Sternwinkel β. Der Sternwinkel eines Gestirns ist der Winkel zwischen dem „Null-Stundenkreis“ (= Stundenkreis des Frühlingspunktes oder Widderpunktes , Erklärung später) und dem Stundenkreis des Gestirns. Das Himmelsäquatorsystem

Der Bildpunkt (BP) eines Gestirns ist der Punkt, an dem die Verbindungslinie vom Gestirn zum Erdmittelpunkt die Erdoberfläche durchstößt. Die Himmelskoordinaten des Gestirns entsprechen den Erdkoordinaten seines Bildpunktes. Wer einen Stern in seinem Zenit sieht, steht auf dem Bildpunkt des Gestirns.

Das Erdsystem und das Himmelsäquatorsystem existieren unabhängig von einem Beobachter.

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Zum Beobachter gehört das Horizontsystem: Ein Spezialfall: Befindet sich ein Beobachter auf dem Nordpol, so hat er genau über sich („im Zenit“) den Himmelspol Nord. Die Achse, die von seinen Füßen durch die Schädeldecke nach oben zum Himmelspol Nord (und nach unten durch den Erdmittelpunkt und den Südpol zum Himmelspol Süd) geht, heißt das Lot. In diesem Spezialfall ist das Lot identisch mit der Weltachse. Der Punkt, wo das Lot das Himmelsgewölbe oben über dem Beobachter durchbricht, heißt Zenit (in diesem Fall identisch mit dem Himmelspol Nord), das Gegenstück unter ihm am Himmelsgewölbe (natürlich prinzipiell nie sichtbar!) heißt Nadir (in diesem Fall identisch mit dem Himmelspol Süd). Senkrecht zum Lot (also horizontal) verläuft die Ebene des wahren Horizonts durch den Erdmittelpunkt. In diesem Spezialfall sind wahrer Horizont und der Himmelsäquator identisch. Auch das Horizontsystem hat – ganz entsprechend den bisher besprochenen Systemen – seine „Horizont-Breitenparallele“ und seine „Horizont-Meridiane“, hier heißen sie Höhenparallele (gekennzeichnet durch die Höhe h) und Vertikalkreise (gekennzeichnet durch das Azimut Az). Auch durch diese Koordinaten ist der Ort eines Gestirns bestimmt. Steht der Beobachter weiterhin auf dem Nordpol (oder Südpol), dann fallen die Höhenparallele und die Vertikal-kreise mit den Abweichungsparallelen und den Stundenkreisen des Himmelsäquatorsystems zusammen.

Das Horizontsystem

Die Höhe h ist der Winkel zwischen dem wahren Horizont und der Höhenparallele des beobachteten Gestirns, gemessen am Erdmittelpunkt (natürlich messen wir die Gestirns-Höhen von der Erdoberfläche aus, der Unter-schied zum richtigen Winkel ist gering und wird bei erdnahen Himmelskörpern entsprechend korrigiert > Hori-zontalparallaxe). Das Azimut Az ist die rechtweisende Peilung des Gestirns bzw. seines Bildpunktes (also der Winkel zwischen dem Ortsmeridian des Beobachters und dem Peilstrahl zum Bildpunkt bzw. der Winkel, gemessen am Zenit, zwischen dem Himmelsmeridian (= Projektion des Ortsmeridians an die Himmelskugel) und dem Vertikalkreis des Gestirns). Für den Beobachter auf dem Nordpol ist die Höhe aller Gestirne (über dem wahren Horizont) identisch mit ihrer Deklination / Abweichung. Hilfreich ist folgende Überlegung: Wir stellen uns vor, dass der Beobachter einen Regenschirm über sich aufgespannt hat: dann zielt die Spitze zum Zenit, der Stiel ist das Lot und die Regenschirmrippen sind die Vertikalkreise. Auf dem Pol ist noch volle Über-einstimmung mit dem Himmelsäquatorsystem, doch sobald der Beobachter den Pol verlässt, nimmt er seinen Regenschirm mit, und wenig später laufen die (gedachten) Kreise an der Himmelskugel auseinander und es wird das nautisch-sphärische Dreieck aufgespannt (Himmelspol – Zenit – Stern, s. nächste Seite).

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Die 3 Koordinatensysteme im Zusammenhang:

Die drei Seiten des nautisch-sphärischen Dreiecks sind: Pol-Zenit-Distanz: 90° - Breite Pol-Distanz: 90° ± Deklination Zenit-Distanz: 90° - Höhe

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Nach diesem Überblick jetzt das Ganze noch einmal im Detail: Das Erdsystem: Für nautische Zwecke ist es ausreichend, die Erde entgegen ihrer wirklichen Gestalt als vollkommene Kugel anzusehen. Für alle folgenden Betrachtungen gilt deshalb diese Annahme, falls nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt ist. Um jeden Punkt auf der Erdoberfläche eindeutig bezeichnen zu können, legt man auf ihr ein Koordinatensystem fest. Ausgangspunkte sind die geographischen Pole, also der Nord- und der Südpol. Der Äquator ist dann definiert als jene Kreislinie, die in jedem Punkt gleich weit von beiden Polen entfernt ist. Er ist ein Großkreis, weil seine Ebene durch den Erdmittelpunkt geht. Gedachte, parallel zum Äquator laufende Kreise, deren Umfang mit zunehmenden Abstand von ihm natürlich immer geringer wird, bezeichnet man als Breitenkreise oder –parallele. Diese Breitenkreise bilden eine Koordi-nate. Der längste von ihnen, nämlich der Äquator, wird zum Ausgang einer Zählung gemacht, indem jedem Breitenkreis eine Gradzahl zugeordnet wird, die dem Winkel am Erdmittelpunkt zwischen dem Äquator und dem betreffenden Breitenkreis entspricht. Zur Vermeidung einer Zweideutigkeit erhält dieser Zahlwert das Nachzei-chen Nord (N), wenn der Breitenkreis vom Äquator aus auf der durch den Nordpol charakterisierten Halbkugel liegt; im entgegengesetzten Fall erhält er das Nachzeichen Süd (S). Ein solcher Breitenwert wird gekennzeichnet durch den griechischen Buchstaben ϕ (Abb. 1). Nun denke man sich weitere Großkreise durch die beiden Pole gelegt; sie sind alle gleich lang und schneiden die Breitenkreise immer senkrecht. Längskreise oder Meridiane sind deren Halbkreise von Pol zu Pol; sie sind die zweite Koordinate. Willkürlich hat man den durch die Greenwicher Sternwarte verlaufenden Längenkreis zum Ausgang ihrer Zählung gemacht, indem man jedem Längenkreis eine Gradzahl zuordnet, die dem Winkel an einem der beiden Pole zwischen dem Greenwicher Meridian und dem betreffenden Längenkreis entspricht. Man nimmt den kleineren von zwei Winkeln, der damit 180° nicht überschreiten kann. Auch hier erhält er zur Ver-meidung einer Zweideutigkeit das Nachzeichen Ost (E von engl. East, weil O mit Null verwechselt werden könnte!) oder das Vorzeichen +, wenn der Längenkreis auf der östlichen Halbkugel liegt; im anderen Falle erhält er die Zeichen West (W oder -). Der Längenwert wird gekennzeichnet durch den griechischen Buchstaben λ (Abb. 1). Die Meridiane, also Halbkreise, sind sämtlich gleich lang, nämlich rund 20.000 km. Der Äquator, ein Vollkreis, ist etwa doppelt so lang (infolge der Abplattung der Erde etwa 70 km länger). Alle Breitenkreise sind kürzer als der Äquator; der 60°-Breitenkreis ist z.B. nur noch halb so lang, während der 90°-Breitenkreis keine Längenaus-dehnung mehr hat. Es gilt: der Erdumfang auf der Breite ϕ ist gleich Äquatorumfang mal cosinus ϕ. Der Erdumfang in der Ebene eines Meridians ist demnach rund 40.000 km lang. Dieser Umfang ist wie jeder Kreisumfang in 360° eingeteilt, jedes Grad wieder in 60 Bogenminuten (’). In der Praxis ist die Länge einer Bogenminute auf einem Meridian das Maß einer Seemeile (sm); sie ist 1852 m lang. Nach dem Gesagten ist klar, dass die Länge einer Bogenminute auf einem Breitenkreis im allgemeinen kürzer als eine Seemeile sein muß, bei gleicher Anzahl von Bogenminuten. Lediglich auf dem Äquator und auf Breiten bis etwa 4° ist die Länge einer Bogenminute auch nahezu gleich einer Seemeile.

Das Horizontsystem Für die Fragen der astronomischen Navigation ist es zweckmäßig, sich entgegen der Wirklichkeit alle Gestirne gleich weit (sehr weit) entfernt vorzustellen. Diese Vorstellung beeinträchtigt im allgemeinen nicht die Richtig-keit der zu beschreibenden Überlegungen und Rechnungen. In dieser gedachten, großen Entfernung stellt man sich deshalb konzentrisch um die Erde ein kugelförmiges Himmelsgewölbe vor. Es ist zweckmäßig, sich an diesem Himmelsgewölbe ebenfalls Koordinatensysteme zu schaffen, um die Lage der Gestirne angeben zu kön-nen. Ein solches System ist das Horizontsystem (Abb. 2). Im augenblicklichen Standort des Beobachters bestimmt das Lot über ihm den Zenit, unter ihm den Nadir. Durch seinen Standort verläuft senkrecht zum Lot (also horizontal) in Augeshöhe die Ebene des scheinbaren Horizontes und parallel zu diesem durch den Erdmittelpunkt die Ebene des wahren Horizontes. Diese Ebenen scheiden das Himmelsgewölbe im scheinbaren bzw. wahren Horizont. Auf dem Horizont liegen, durch die Himmelsrich-tungen auf der Erde festgelegt, z.B. der Nord-, der Ost- der Süd- und der Westpunkt. Am Himmelsgewölbe ver-laufen parallel zu ihm die Höhenparallele, so genannt, weil alle auf dem gleichen Höhenparallel stehenden Ster-ne für unseren Beobachter unter der gleichen Höhe h erscheinen. Diese Höhe h ist genau genommen der Winkel zwischen dem wahren Horizont und dem Höhenparallel im Erdmittelpunkt (Abb. 2). Damit ist ein Höhenparallel bezeichnet. Höhen unter dem Horizont interessieren nicht, weil Gestirne unter dem Horizont nicht sichtbar und damit für unsere Aufgaben nicht brauchbar sind. Senkrecht zu den Höhenparallelen verlaufen als Großhalbkreise durch Zenit und Nadir die Vertikalkreise. Der auf dem Horizont durch den Nord- und Südpunkt gehende Vollkreis wird der Himmelsmeridian genannt, der

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durch den Ost- und Westpunkt hindurchgehende der 1. Vertikal. Der Winkel am Zenit zwischen dem Himmels-meridian und dem Vertikalkreis eines Gestirns wird dessen Azimut (Az) genannt; damit ist der betreffende Ver-tikalkreis gekennzeichnet. Das Azimut zählt in Graden von 0° (Nordrichtung) über 90° (Ostrichtung), 180° (Süd-richtung), 270° (Westrichtung) bis 360° (wieder Nordrichtung); es ist nichts anderes als die rechtweisende Rich-tung (Peilung) des betreffenden Gestirns. Im Horizontsystem, das abhängig vom jeweiligen Standort des Beobachters ist, ist demnach die Lage eines Ge-stirns am Himmelsgewölbe bestimmt durch sein Höhenparallel, gekennzeichnet durch die Höhe h, und durch seinen Vertikalkreis, gekennzeichnet durch das Azimut. Höhe und Azimut ermöglichen eine eindeutige Bestim-mung der Lage eines Gestirns am Himmelsgewölbe. Diese Koordinaten ändern sich, sobald der Beobachter seinen Standort ändert. Man benutzt aus Gründen der Zweckmäßigkeit neben dem Begriff der Höhe h noch den der Zenitdistanz z. Bei-de hängen nach folgender Definition zusammen: h + z = 90° oder 90° - h = z oder 90° - z = h Das Himmelsäquatorsystem Während das Horizontsystem ein vom jeweiligen Standort des Beobachters abhängiges ist, ist das Himmelsäqua-torsystem (Abb. 3) am Himmelsgewölbe fixiert und nimmt an dessen scheinbarer täglichen Bewegung teil. Es ist also nicht bestimmt vom Beobachter bzw. dessen jeweiligen Standort. Man denke sich die Erdpole und den Erdäquator vom Erdmittelpunkt aus an das Himmelsgewölbe projiziert; deren Abbild sind dann die Himmelspole und der Himmelsäquator. Man spricht vom nördlichen und vom südli-chen Himmelspol PN und PS oder nennt den für den Beobachter über dem Horizont liegenden den oberen Pol, den unter dem Horizont liegenden den unteren Pol P. Parallel zum Himmelsäquator verlaufen die Abweichungs- oder Deklinationsparallelen bzw. –kreise. Ihre Zählung entspricht der Breite im Erdsystem vollkommen. Die Abweichung oder Deklination wird durch den griechischen Buchstaben δ (Delta für Deklination) gekennzeiche-net. Senkrecht zu den Abweichungsparallelen verlaufen von Himmelspol zu Himmelspol die Stundenkreise. Einen von ihnen, der durch den Frühlingspunkt oder Widderpunkt hindurchgeht – über die Lage dieses Punktes am Himmelsgewölbe wird noch zu sprechen sein -, hat man zum Ausgang ihrer Zählung genommen, entsprechend etwa dem Meridian von Greenwich im Erdsystem. Diese Zählung erfolgt im Sinne der täglichen scheinbaren Bewegung des Himmelsgewölbes, d.h. vom nördlichen Himmelspol aus gesehen im Uhrzeigersinn, indem man den Winkel am Pol zwischen dem Stundenkreis des Frühlingspunktes und dem des Gestirns in Graden von 0° bis 360° angibt (also etwas anders als die Längenzählung im Erdsystem!). Diesen Winkel nennt man den Stern-winkel und kennzeichnet ihn durch den griechischen Buchstaben β. (Daneben gibt es eine andere, seit alters her gebrauchte Zählung nach der Beziehung α = 360° - β. Man nennt α die „Gerade Aufsteigung“ oder „Rektaszension“). In dem Äquatorsystem kann also jeder Punkt am Himmelsgewölbe eindeutig bezeichnet werden durch die Ab-weichung oder Deklination δ und durch den Sternwinkel β. Diese Koordinaten ändern sich im Gegensatz zu denen im Horizontsystem nicht, wenn der Standort des Beobachters sich ändert. Sie nehmen teil an der täglichen Drehung des Himmelsgewölbes. Zusammenfassende Betrachtung der Koordinatensysteme: Für einen beliebigen Standort auf der Erde zeigen sich bestimmte Zusammenhänge zwischen dem Horizont- und dem Äquatorsystem: Beide Systeme sind gegeneinander um den Winkel 90°-ϕ, dem Breitenkomplement, geneigt. Außerdem verläuft der im Horizontsystem definierte Himmelsmeridian durch beide Himmelspole; er fällt demnach mit irgendeinem Stundenkreis zusammen und gehört also auch dem Äquatorsystem an! In beiden Systemen wird der Himmelsmeridian gemäß ihren Koordinaten in jeweils zwei Halbmeridiane unter-teilt. Im Horizontsystem in den Nordmeridian (derjenige Halbmeridian, der vom Zenit durch den nördlichen Himmelspol zum Nadir geht) und in den Südmeridian (der vom Zenit durch den südlichen Himmelspol zum Nadir geht). Im Himmelsäquatorsystem unterteilt sich der Himmelsmeridian in die beiden Halbmeridiane: Oberer Meridian (verläuft vom nördlichen Himmelspol durch den Zenit zum südlichem Himmelspol) und Unterer Meridian (verläuft vom nördlichen Himmelspol durch den Nadir zum südlichen Himmelspol).

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Zusammenstellung der sich entsprechenden Größen im Erdsystem Himmelsäquatorsystem Horizontsystem Erdachse Nord- und Südpol Äquator Breitenparallele Breite ϕ Längenkreise / Meridiane Meridian von Greenwich Länge λ

Weltachse nördl.und südl. Himmelspol Himmelsäquator Abweichungsparallele Abweichung / Deklination δ Stundenkreise Stundenkreis des Frühlingspunktes Sternwinkel β

Das Lot Zenit und Nadir wahrer Horizont Höhenparallele Höhe h Vertikalkreise Himmelsmeridian Azimut Az

Abb. 1: Das Erdsystem Abb. 2: Das Horizontsystem Grundkreise: Grundkreise: Erdäquator, Meridian von Greenwich Wahrer Horizont, Himmelsmeridian Koordinaten: Koordinaten: Breite ϕ, Länge λ Höhe h, Azimut Az

Abb. 3 Das Himmelsäquatorsystem Grundkreise: Himmelsäquator, Stundenkreis des Frühlingspunktes Koordinaten: Abweichung δ, Sternwinkel β

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Grundbegriffe der Koordinatensysteme (zum Nachschlagen gedacht, spez. für die Prüfung!)

Horizontsystem: Wahrer Horizont ist der größte Kreis auf der Himmelskugel, dessen Ebene senkrecht zum Lot steht. Zenit und Nadir sind die Schnittpunkte mit der Himmelskugel. Nord-, Ost-, Süd- und Westpunkt sind die auf dem Horizont liegenden Punkte, die durch die Himmelsrichtungen auf der Erde festgelegt sind. Himmelsmeridian ist derjenige senkrecht auf dem Horizont stehende Großkreis, dessen Ebene sowohl durch den Zenit als auch durch den Nord- und Südpunkt geht, zwangsläufig daher auch durch die Himmelspole. Somit gehört er auch dem Äquatorsystem an und fällt dort mit irgendeinem Stundenkreis zusammen. Nordmeridian ist der halbe Himmelsmeridian vom Zenit zum Nadir durch den Nordpunkt. Südmeridian ist der halbe Himmelsmeridian von Zenit zum Nadir durch den Südpunkt. Vertikalkreise sind größte Kreise, die durch Zenit und Nadir gehen; also ist auch der Himmelsmeridian ein Ver-tikalkreis. I. Vertikalkreis ist der Vertikalkreis, dessen Ebene senkrecht zur Ebene des Himmelsmeridians steht; er schnei-det den Horizont also im Ostpunkt. Höhenparallele sind Nebenkreise, deren Ebenen senkrecht zum Lot stehen. Scheinbarer Horizont ist ein Nebenkreis, der die durch das Auge des Beobachters senkrecht zum Lot begrenzte Ebene begrenzt. Kimm ist die Grenzlinie zwischen Wasser und Luft, die der Beobachter sieht. Kimmtiefe ist der Winkel zwischen den Linien: [Auge – Kimm] und [Auge - scheinbarer Horizont]. Ihre Größe ist abhängig von der Augeshöhe (Ah) und vom Temperaturunterschied zwischen Luft und Wasser. Wahre Höhe (h) eines Gestirns ist der Bogen eines Vertikals vom wahren Horizont bis zum Höhenparallel des Gestirns. Scheinbare Höhe eines Gestirns ist der Winkel zwischen den Linien: [Auge - scheinbarer Ort des Gestirns] und [Auge - scheinbarer Horizont]. Kimmabstand ist der Winkel zwischen den Linien: [Auge – Kimm] und [Auge – scheinbarer Ort des Gestirns]. Höhe über dem scheinbaren Horizont ist der Bogen eines Vertikals vom scheinbaren Horizont bis zum Höhenpa-rallel des Gestirns. Zenitdistanz (z) ist der Bogen eines Vertikals von Zenit bis zum wahren Ort des Gestirns. Azimut ist der sphärische Winkel am Zenit zwischen dem Himmelsmeridian und dem Vertikalkreis des Gestirns. Dieser Winkel entspricht der rechtweisenden Peilung zum Gestirn. Amplitude ist der Bogen des wahren Horizonts zwischen Ostpunkt und dem Gestirnsmittelpunkt beim wahren Aufgang (Morgenweite) oder zwischen dem Westpunkt und dem Gestirnsmittelpunkt beim wahren Untergang (Abendweite). In der nautischen Praxis versteht man unter Amplitude auch das Azimut beim wahren Auf- und Untergang. Wahrer Halbmesser eines Gestirns ist der Winkel zwischen den Linien: [Erdmittelpunkt – Gestirnsmittelpunkt] und [Erdmittelpunkt – wahrer Gestirnsrand]. Horizontalparallaxe ist der Winkel, unter dem vom Gestirn aus der Äquatorhalbmesser der Erde erscheint. Ihre Größe ist abhängig von der Entfernung des Gestirns. Höhenparallaxe ist der Winkel zwischen den Linien: [Gestirn – Auge] und [Gestirn – Erdmittelpunkt]. Strahlenbrechung oder Refraktion ist der Winkel zwischen den Linien: [Auge – scheinbarer Ort des Gestirns] und [Auge – wahrer Ort des Gestirns]. Ihre Größe ist abhängig von der Höhe des Gestirns und von der Beschaf-fenheit der Atmosphäre (Luftdruck/Temperatur)

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Erdsystem: Erdachse ist die Achse, um die sich die Erde dreht. Nord- und Südpol sind die Punkte auf der Erdoberfläche, an denen die Erdachse diese durchstößt. Äquator ist die Kreislinie, die in jedem Punkt gleich weit von den beiden Polen entfernt ist. Er ist ein Großkreis, weil seine Ebene durch den Erdmittelpunkt geht. Längenkreise (oder Meridiane) sind jeweils Hälften von Großkreisen, die durch die Pole gelegt sind, also Halb-kreise von Pol zu Pol. Der Längenkreis von Greenwich ist (willkürlich) zum Ausgangspunkt einer Zählung von 180° nach West und 180° nach Ost als Winkel am Pol gemacht. Die Bezeichnung eines Längenkreises muss daher immer unter dem Wert von 180° liegen und den Zusatz West oder Ost erhalten. Breitenkreise oder Breitenparallele sind Nebenkreise, deren Ebenen senkrecht zur Erdachse stehen. Der längste von ihnen – der Äquator – wird zum Ausgang der Zählung gemacht, indem jedem Breitenparallel eine Gradzahl zugeordnet wird, die dem Winkel am Erdmittelpunkt zwischen dem Äquator und dem betreffenden Breitenkreis entspricht. Diese Gradzahlen erhalten auf der Nordhalbkugel das Nachzeichen „Nord“, auf der Südhalbkugel das Nachzeichen „Süd“. Der Erdumfang in der Ebene eines Längenkreises oder des Äquators ist ungefähr 40.000 km lang (eine geringe Abplattung an den Polen kann in der nautischen Praxis vernachlässigt werden). Dieser Umfang ist wie jeder Kreis in 360° eingeteilt, jeder Grad in 60 Bogenminuten und jede Bogenminute in 60 Bogensekunden. In der Praxis wird eine Bogenminute auf einem Längenkreis oder auf dem Äquator gleich dem Maß einer Seemeile gesetzt, sie ist 1852 m lang. Im Erdsystem ist es also möglich, Bogenmaß in Entfernung umzusetzen. Der Bildpunkt eines Gestirns ist der Punkt auf der Erdoberfläche, der durch die Verbindung des Mittelpunktes der Erde mit dem Mittelpunkt des Gestirns entsteht. Himmelsäquatorsystem: Weltachse ist die verlängerte Erdachse, um die sich die Himmelskugel scheinbar dreht. Himmelspole sind Endpunkte der Weltachse. Himmelsäquator ist der größte Kreis der Himmelskugel, dessen Ebene senkrecht zur Weltachse steht. Stundenkreise sind größte Kreise, die durch die Himmelspole gehen. Himmelsmeridian ist derjenige senkrecht auf dem Himmelsäquator stehende Großkreis, dessen Ebene sowohl durch den Himmelsnordpol und den Himmelssüdpol als auch durch den Zenit, den Nadir und den Nord- und Südpunkt des Horizontsystems geht. Er gehört somit sowohl dem Äquator- als auch dem Horizontsystem an. Oberer Meridian ist der halbe Himmelsmeridian, der vom Himmelsnordpol ausgehend durch den Zenit zum Himmelssüdpol verläuft. Unterer Meridian ist der halbe Himmelsmeridian, der vom Himmelsnordpol durch den Nadir zum Himmelssüd-pol verläuft. Ekliptik ist die scheinbare jährliche Bahn der wahren Sonne am Himmelsgewölbe. Tierkreis nennt man die Sternbilder, in denen die Ekliptik verläuft: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jung-frau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische. Sonnenwendpunkte/Solstitialpunkte sind die Punkte der Ekliptik, in denen die Sonne ihre größte Abweichung hat (21.06. = Wendekreis des Krebses, 22.12. = Wendekreis des Steinbocks). Tag- und Nachtgleichenpunkte oder Äquinoktialpunkte sind die Schnittpunkte der Ekliptik mit dem Himmels-äquator (21.03. = Frühlings- oder Widderpunkt, 23.09. = Herbst- oder Waagepunkt). Frühlingspunkt oder Widderpunkt ist der Punkt der Ekliptik, in dem die Sonne ca. am 21.03. steht, wenn ihre Abweichung nämlich gerade 0° ist. Er steht nicht mehr im Sternbild des Widders, sondern im Sternbild der Fische, da er eine langsame, rückläufige Bewegung – von Ost nach West – hat. Greenwicher Stundenwinkel eines Gestirns ist der sphärische Winkel am Pol zwischen dem Greenwicher Meri-dian und dem Stundenwinkel des Gestirns. Er zählt von Greenwich aus nach Westen von 0° bis 360°. Man erhält den Greenwicher Stundenwinkel eines Fixsterns durch Addition des Sternwinkels zum Greenwicher Stunden-winkel des Frühlingspunktes. Ortsstundenwinkel ist der sphärische Winkel am Pol zwischen dem oberen Meridian und dem Stundenwinkel des Gestirns. Man erhält ihn durch Addition der geographischen Länge zum Greenwicher Stundenwinkel (Ost-länge +, Westlänge -). Er wird vom oberen Meridian nach Westen von 0° bis 360° gezählt. Sein Zeichen in den Rechnungen ist = t. t zwischen 0° und 180° heißt tw, t zwischen 180° und 360° heißt tö. Letzteren zieht man von 360° ab. Winkel, die größer als 360° sind, werden um 360° verringert.

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Sternwinkel (β) ist der Winkel zwischen dem Stundenkreis des Frühlingspunktes () und dem Stundenkreis des Gestirns. Er zählt vom Stundenkreis des Frühlingspunktes aus nach Westen von 0° bis 360°. Gerade Aufsteigung (α) oder Rektaszension (engl. „Right Ascension“) ist der sphärische Winkel am Pol zwi-schen dem Stundenkreis des Frühlingspunktes und dem Stundenkreis des Sterns. Sie wird gezählt von West nach Ost, also im entgegengesetzten Sinne der scheinbaren Drehung der Himmelskugel. Die Ergänzung zu ihr ist der Sternenwinkel. Bei den astronomischen Rechnungen der Nautik wird die gerade Aufsteigung kaum mehr ange-wandt. Allenfalls basieren einige Sternenfinder auf ihr. Abweichungsparallele sind Nebenkreise, deren Ebenen senkrecht zur Weltachse stehen. Bei der scheinbaren täglichen Drehung der Himmelskugel beschreibt jedes Gestirn, das seine Abweichung nicht ändert, seinen Ab-weichungsparallel. Der Teil eines Abweichungsparalleles, der über dem wahren Horizont liegt, heißt „Tagbo-gen“, der unter dem wahren Horizont „Nachtbogen“. Abweichung oder Deklination (δ) ist der Bogen eines Stundenkreises vom Himmelsäquator bis zum Abwei-chungsparallel des Gestirns. Poldistanz (p) ist der Bogen eines Stundenkreises vom Pol zum Gestirn. Polhöhe (ϕ) ist der Bogen des Meridians vom wahren Horizont bis zum oberen Pol. Sie ist gleich der Breite des Beobachtungsortes. Breitenkomplement (b = 90° - ϕ) ist der Bogen des Meridians vom Zenit bis zum Pol. Kulmination nennt man den Durchgang eines Gestirns durch den (Orts-)Meridian (Meridianpassage). Den Durchgang durch den oberen Meridian nennt man die „obere Kulmination“, den Durchgang durch den unteren Meridian die „untere Kulmination“ Mittlere Sonne ist eine gedachte Sonne, die sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit auf dem Äquator im recht-läufigen Sinne bewegt, und zwar so schnell, dass sie zu einem ganzen Umlauf dieselbe Zeit braucht wie die wahre Sonne, nämlich ein Jahr. Wahrer Sonnentag ist die Zeit von einer unteren Kulmination der wahren Sonne bis zum nächstfolgenden. Er ist verschieden lang, im Winter am längsten (!). Mittlerer Sonnentag ist die Zeit von einer unteren Kulmination der mittleren Sonne bis zur nächstfolgenden. Zeitgleichung (e) ist der Unterschied zwischen der wahren und der mittleren Zeit, oder: der sphärische Winkel am Pol zwischen dem Stundenkreis der wahren und dem Stundenkreis der mittleren Sonne. Sterntag ist der Zeitraum von einer unteren Kulmination des Frühlingspunktes bis zur nächstfolgenden, also die Zeit einer einmaligen Umdrehung der Erde um ihre Achse (24h Sternzeit = 23h 56m 04,1s mittlerer Sonnenzeit). Mondtag ist die Zeit von einer unteren Kulmination des Mondes bis zur nächstfolgenden. Er ist im Mittel 50 Minuten länger als ein Sonnentag.

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Die Bewegung der Gestirne am Himmelsgewölbe Dieses Thema ist ein Bücher füllender, wissenschaftlicher Stoff. Es soll uns daher genügen, das für den Nautiker Wesentliche herauszuziehen. Man unterscheidet im Grundsatz: Die Eigenbewegung der Gestirne, die sich in einer Änderung ihrer Koordinaten ausdrückt, also in der Abwei-chung (δ) und dem Sternwinkel (β), Die tägliche, scheinbare Bewegung mit dem ganzen Himmelsgewölbe, die sich aufgrund der Rotation der Erde dem Betrachter auf der Erde täglich darbietet. Beginnen wir mit der Eigenbewegung der Gestirne. Sie ist bei allen Fixsternen nachweisbar, wegen des großen Abstands von der Erde jedoch ohne weiteres nicht wahrnehmbar. Begnügen wir uns mit dieser Feststellung, besonders, wenn man weiß, dass die jährliche Änderung wesentlich unter 1’ liegt, und dass das Nautische Jahr-buch stets den richtigen Wert vermittelt. Deutlicher tritt die Erscheinung der Eigenbewegung bei der Sonne, den Planeten, am allerdeutlichsten aber beim Mond hervor: Innerhalb eines Jahres umkreist die Erde einmal die Sonne. Ihre Umlaufbahn ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt, also nicht im Mittelpunkt, die Sonne steht. Die Erde ihrerseits hat durch ihre Rotation oder auch Kreiselbewegung nach den Kreiselgesetzen ihre Achse so stabilisiert, dass sie mit einem Winkel von 23,5° aus der Ebene der Ellipse in den Weltall hinein zum Polarstern zeigt. Diese Lage behält sie im Wesentlichen bei. Wenn man der Erdbahn in der Abbildung folgt, wird man feststellen, dass die Sonne im Sommer mehr Fläche von der Nordhalbkugel bescheint als im Winter, und dass im Winter das umgekehrte Verhältnis eintritt. Im Früh-ling und im Herbst fallen die Sonnenstrahlen parallel zur Äquatorebene ein und auf beiden Halbkugeln (nördlich und südlich) werden gleiche Flächen angestrahlt. Die hieraus resultierenden Folgeerscheinungen auf der Erde, wie Winter, Frühling, Sommer, Herbst, lange Tage/kurze Nächte und umgekehrt usw. sind bekannt.

Von der Erde aus gese-hen fühlen wir uns als im Mittelpunkt des Geschehens stehend. Wir sehen die Sonne um uns kreisen. Wir sprechen nun nicht mehr von der Erdbahn, sondern von der Son-nenbahn, die sich rund um die Himmelskugel zieht, gleichfalls gegen die Äquatorebene um 23,5° geneigt. Man nennt diese scheinbare Sonnenbahn: die Ekliptik. Die Schnittpunkte mit dem Äquator sind die Tag- und Nachtgleichen oder Äquinoktialpunkte (sie werden etwa um den 21. März und den 22. September von der Sonne passiert).Um den 21. Juni steht die Sonne im nördlichs-

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ten Punkt der Ekliptik (Sommer-Sonnenwende), und um den 22. Dezember im südlichsten Punkt (Winter-Sonnenwende). Während ihres Jahreslaufs durchläuft die Sonne die in den Abbildungen eingezeichneten Sternbilder, die man den Tierkreis nennt. Um 150 vor Chr. fielen sie mit den nach ihnen bezeichneten Sternbildern zusammen. Heute weichen sie um etwa 30° von ihnen ab, so dass das Zeichen des Widders () mit dem Sternbild der Fische zusammenfällt. Auch der Frühlingspunkt, den man immer noch Widderpunkt nennt, liegt heute im Sternbild der Fische.

Auf ihre Bahn – der Ekliptik – wandert die Sonne am Himmelsgewölbe täglich um etwa 1° links herum. Das sind ca. 360° im Jahr (woher auch das Maß „Jahr“ stammt).

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Planeten: Obwohl es etwas kompliziert ist und ihre Bewegungen am Himmelsgewölbe schwer verständlich er-scheinen (s. Epizyklen), wenn wir ihnen über einige Zeit mit den Augen folgen, können wir uns hier mit nur wenigen Bemerkungen begnügen:

Kopernikus hat um 1500 die Achsendrehung der Erde von West nach Ost nachgewiesen. Kepler stellte 1619 u.a. folgende Gesetze auf: - die Planeten bewegen sich in Ellipsen, in deren Brennpunkt die Sonne steht - der Leitstrahl eines Planeten (Verbindungslinie Sonne – Planet) beschreibt in der gleichen Zeit gleiche Flächen.

1685 begründete Newton das Gravitationsgesetz: Alle Körper ziehen sich im Verhältnis ihrer Massen und im umgekehrten quadratischen Verhältnis ihrer Entfernungen an. Das erklärt die unterschiedliche Geschwindigkeit der Planeten einschließlich der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne. Denn, wenn die Sonne nicht im Mittelpunkt, sondern außerhalb von diesem, nämlich in einem der Brennpunkte steht, werden die während des Umlaufs entstehenden Entfernungsunterschiede noch unterstützt und damit ändert sich die jeweilige Geschwindigkeit während des Umlaufs. Bei der Erde wirkt sich die sogenannte Sonnennähe im Winter (Ende Dezember) aus, dann ist die Erdgeschwindigkeit am größten. Sie liegt dann über dem Mittelwert von 30 km/sek.

Mond: Er umkreist die Erde nun tatsächlich. Er macht dadurch 3 Arten der Bewegung: a) die Bewegung um die eigene Achse, b) die um die Erde und c) die mit der Erde zusammen um die Sonne. Seine Bewegungen sind im wahrsten Sinne augenscheinlich. Das kann man am besten beobachten, wenn der Vollmond in der Nähe eines hellen Sternes steht. Wenn man nach Ablauf von 2 Stunden seine Stellung zu dem hellen Stern vergleicht, stellt man fest, dass sie sich im gegenläufigen Sinne um etwa 2 Monddurchmesser ver-ändert hat. Seine Bahn weicht von der Ekliptik nur um etwa 5° ab. In einem Jahr vollzieht der Mond seine Um-laufbahn, die ebenfalls eine Ellipse ist, zwölf mal, woher natürlich der Name „Monat“ kommt.

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An der täglichen scheinbaren Bewegung nehmen alle Gestirne in gleicher Weise teil. Infolge der Drehung der Erde um ihre Achse, die mit der Weltachse zusammenfällt, bewegen sich alle Gestirne auf Laufkreisen. Lauf-kreis und Abweichungsparallel eines Gestirns fallen zusammen, wenn sich dessen Deklination δ nicht ändert. Zur Veranschaulichung kann man das für einen Zeitraum von 24 Stunden, in dem jedes Gestirn den Laufkreis einmal durchläuft, schon annehmen, wobei wir allerdings den Mond draußen vor lassen. Betrachten wir jetzt die neben-stehende Abbildung, eine sog. Meridian-Schnittfigur (Schnitt durch das Himmelsgewölbe in der Ebene des Himmelsmeridians, die Lauf-bahnen der Gestirne werden auf diese Ebene projiziert): Wir sehen, dass es Gestirne gibt, deren Laufkreis den Horizont schneidet, logischerweise zweimal, da das Gestirn auf- und untergeht. Bei anderen Gestirnen liegt der Laufkreis immer oberhalb, bei anderen wieder unterhalb des Hori-zonts. Solche Gestirne gehen ent-weder nie unter oder sie gehen nie auf. Die ersten heißen Zirkumpolar-sterne (in unseren Breiten gehören z.B. die des großen Bären dazu). Bei den Gestirnen, die sowohl auf- wie auch untergehen, nennt man den Teil des Laufkreises oberhalb des Horizonts den Tagbogen, den unter-halb des Horizonts den Nachtbogen. Uns können nur Gestirne interes-sieren, die einen Tagbogen durch-laufen oder überhaupt nicht unter-gehen, weil wir die anderen gar nicht sehen können. Aus der Abbildung lässt sich ablesen: Für einen Beobachtungsort auf der Breite ϕ = 54°30’ N (Leuchtturm Kiel) sind in die Meridian-Schnittfigur die tägliche scheinbare Bewegung der Gestirne 1 bis 6 am Himmelsgewölbe unter der Annahme, dass sich ihre Ab-weichung δ nicht ändert, eingezeichnet. Der Laufkreis des Gestirns 4 deckt sich mit dem Himmelsäquator, da sein δ = 0° ist. Die Abweichung δ der Gestirne 1 bis 3 ist gleichnamig mit der Beobachterbreite ϕ, nämlich „Nord“. Die Abweichung δ der Gestirne 5 und 6 haben das Nachzeichen „Süd“ und sind damit ungleichnamig mit der Breite des Beobachtungsortes. Wir sehen:

• Ein Gestirn, dessen Abweichung (δ) größer als das Breitenkomplement (90° - ϕ) des Beobachtungsor-tes, aber ungleichnamig dieser Breite (ϕ) ist, ist an diesem Ort nie sichtbar.

• Bei allen anderen Gestirnen mit ungleichnamigem δ ist der Nachtbogen länger als der Tagbogen. • Fällt der Laufkreis eines Gestirns mit dem Himmelsäquator zusammen (δ = 0°), sind dessen Tag- und

Nachtbogen für jeden Ort beliebiger Breite gleich lang (z.B. die Sonne bei Frühlings- und Herbstbeginn = Tag- und Nachtgleiche)

• Bei Gestirnen mit gleichnamiger Deklination ist der Tagbogen stets länger als der Nachtbogen. • Gestirne mit gleichnamiger Deklination nennt man „zirkumpolar“, wenn ihr δ größer als das Breiten-

komplement (90° - ϕ) ist; sie haben keinen Nachtbogen. • Für einen Beobachter auf dem Äquator haben alle Gestirne – unabhängig von ihrem δ - gleichlange

Tag- und Nachtbögen. • An den Polen gibt es nur Zirkumpolarsterne; es sind alle, deren δ gleichnamig mit dem Pol ist.

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Übertragen wir diese Behauptungen auf die Breite unseres Beobachtungsortes ϕ = 54°30’ N, so erkennen wir, welches δ eines Gestirns dafür maßgeblich ist, ob wir es dort jemals werden beobachten können:

- Alle Gestirne mit einem δ von (90° - ϕ) = 35°30’ S und größer werden niemals sichtbar - Alle Gestirne mit einem δ zwischen 35°30’ S und 35°30’ N gehen im Verlauf von 24 Stunden auf und

unter auch dann, wenn wir sie möglicherweise wegen der Tageshelligkeit nicht sehen. - Alle Gestirne mit einem δ von 35°30’ N und nördlicher beobachten wir als Zirkumpolarsterne.

Es ist uns durch das Beispiel der Sonne geläufig, dass sich durch die tägliche scheinbare Bewegung der Him-melskörper die Höhe und das Azimut (so nennt man die rechtweisende Richtung zum Gestirn) laufend ändern. Die Höhe kann sich sichtbar nicht mehr als um 90° ändern, in den allermeisten Fällen ist der Betrag kleiner. Die Änderung des Azimuts innerhalb von 24 Stunden ist unübersichtlicher: Sonne, Planeten und Mond sind, wie wir gesehen haben, ganz oder annähernd mit ihrem δ an die Ekliptik gebunden. Ihr Wert überschreitet daher 24° Breite weder nach Norden noch nach Süden. So können wir für unsere Breiten als gegeben ansehen, dass sich ihr Azimut täglich um 360°, stündlich etwa um 15° ändert. Für den größten Teil der Fixsterne können wir dasselbe voraussetzen. Für einen kleinen Teil kann dieser Betrag jedoch erheblich kleiner sein. Es handelt sich um die Fixsterne, deren δ gleichnamig mit der Breite ϕ ist, deren Abweichung aber größer als diese Breite ist. Aus der Meridianschnittfigur ist zu entnehmen, dass der Laufkreis 1 eines angenommenen Gestirns in seiner Zirkumpo-larbewegung den Himmelsmeridian immer nur polwärts und in unserem Fall nördlich vom Zenit passieren kann. Ein Azimut südlich der Ost – West – Linie ist ihm daher verschlossen. Je näher ein solcher Stern am Pol steht, umso begrenzter wird seine Azimutänderung (Beispiel: Nordstern mit Az zwischen 359° und 1°).

Folgerungen aus der Erdbewegung Die Zeit Wahre Zeit, mittlere Zeit, Zeitgleichung Ausgang aller Zeitberechnung und –betrachtung ist der Sonnen-Tag, d.h. der Zeitraum zwischen zwei aufeinan-derfolgenden unteren oder oberen Kulminationen an ein und demselben Ort. Man kann auch sagen: ein Tag ist die Umdrehung der Erde um ihre Achse. Wir beobachten z.B. die Kulmination der Sonne an einem bestimmten Tag. Wenn sie am nächsten Tag den Himmelsmeridian wieder passiert, ist ein Tag um. Würden wir dieselbe Beobachtung mit einem hellen Fixstern anstellen, bekämen wir eine um vier Minuten klei-nere Zeiteinheit heraus. Das ist genau die Zeit, die die Sonne braucht, um in bereits bekannter Weise ihren Weg am Himmelsgewölbe von täglich einem Grad im gegenläufigen Sinne zurückzulegen. In 360 Tagen hätte die Sonne also das gesamte Himmelsgewölbe durchlaufen, stände wieder an ihrem alten Platz, und das Jahr wäre um. Genauer, kann man sagen, dauert dieser Weg ein paar Tage länger, nämlich rund 365 Tage, während alle Fixsterne im gleichen Zeitraum die Erde 366 mal scheinbar umkreist haben. So gibt es auch eine Erklärung da-für, warum wir zu unterschiedlichen Jahreszeiten auch unterschiedliche Sternbilder sehen, und dass ≈365 Son-nentage gleich ≈ 366 Sternentage sind. Nicht so wichtig, aber lehrreich: Unser „Bürgerliches Jahr“ basiert auf dem tropischen Jahr (griechisch: tropicos = Wendepunkt). Das ist die Zeit, die zwi-schen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der Sonne durch den Frühlingspunkt verfließt. Sie beträgt ≈ 365 Tage, 5 Stunden, 49 Minuten, also 5h 49m mehr als ein Jahr lang sein sollte. Nach vier Jahren würde dieser Überschuss sich auf 23h 16m aufsummiert haben. So führte man in jedem vierten Jahr das Schaltjahr mit 366 Tagen ein, aber man hätte dann immer noch 44m bzw. in einem Jahr 11m zuviel. Das macht alle 100 Jahre 18h und alle 400 Jahre 72h = 3 Tage aus. Darum lässt man im Laufe von 400 Jahren immer 3 Schaltjahre ausfallen und nimmt dafür die Säkulare, deren Hunderter nicht durch 4 teilbar sind. Keine Schaltjahre sind dann 1500, 1700, 1800, 1900; Schaltjahre dagegen sind 1600, 2000, 2400 etc. Gleichmäßig unterteilen wir unseren Sonnentag nun in 24 Stunden, jede Stunde in 60 Minuten und jede Minute in 60 Sekunden, wobei es sich hier um ein Zeitmaß handelt im Gegensatz zum Bogenmaß. Kontrollierten wir nun mit einer ganz regelmäßig gehenden Uhr alle Sonnentage eines Jahres, würden wir feststellen, dass sie nicht gleich lang wären! Die Abweichungen von einem Jahresmittelwert betragen bis zu 30 Sekunden. Die Ursache hierfür ist im wesentlichen die unterschiedliche Geschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne, über die bereits gesprochen wurde. Mit diesen Ungenauigkeiten kann sich die Welt unter keinen Umständen abfinden. Man ersetzt die „wahre Sonne“ durch die virtuelle „mittlere Sonne“, die sich mit gleichförmiger Geschwindig-keit auf dem Äquator in rechtläufigem Sinne bewegt, und zwar so schnell, dass sie zu einem ganzen Umlauf dieselbe Zeit braucht wie die „wahre Sonne“, nämlich ein Jahr. Man muss sich das so vorstellen, dass man beide Sonnen an ein und demselben Ort starten lässt. Der Unterschied beider Sonnen ist dann = Null.

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Wenn beide Sonnen, die wahre mit einigen Unregelmäßigkeiten, die mittlere mit größter Gleichförmigkeit, wie-der an der gleichen Stelle stehen, ist das Jahr um. Von dieser mittleren Sonne erhalten wir nun den Jahresmittelwert einer Sonnen-Tageslänge, kurz Tag genannt, in beschriebener Weise geteilt und daraus das feste Maß für die Stunde, Minute und Sekunde abgeleitet. Rechnet man nun durchgehend mit solchen Tageslängen, so kann sich der Kulminationszeitpunkt der („wah-ren“) Sonne am gleichen Ort von Tag zu Tag verspäten oder auch verfrühen. Man spricht von „mittlerer Zeit“, wenn man diese durchgehende Zählung anwendet. Lässt man den Tag dagegen mit der tatsächlichen unteren Kulmination der Sonne beginnen und rechnet dann in gewohnter Weise weiter, spricht man von „wahrer Zeit“. Im bürgerlichen Leben wird die zuletzt genannte Zeitrechnung nicht benutzt. Den Zeitangaben nach beiden Möglichkeiten ist aber gemeinsam, dass die Benennung eines Zeitpunktes gleichbedeutend ist mit dem Zeitraum, der etwa seit Tagesbeginn verflossen ist. Daher ist einzusehen, dass mehrmals im Jahr – genau gesagt viermal – die mittlere Zeit und die wahre Zeit über-einstimmen müssen. Das ist immer Mitte April, Mitte Juni, um die Monatswende August/September und Ende Dezember eines jeden Jahres der Fall. Dazwischen ergibt sich durch fortlaufende Summierung der unterschiedli-chen Tageslängen ein mehr oder weniger großer Zeitunterschied zwischen wahrer und mittlerer Zeit, der bis zu 16 Minuten betragen kann. Diesen Unterschiedsbetrag nennt man die „Zeitgleichung“. Über ihren täglichen Wert, der mit einem + oder – Zeichen versehen ist, gibt das „Nautische Jahrbuch“ Auskunft. Das Vorzeichen ist dabei so gewählt, dass die Rechenregel gilt: Die wahre Zeit erhält man aus der mittleren Zeit durch algebraische Addition (d.h. unter Berücksichtigung des Vorzeichens) der Zeitgleichung. Ortszeit, Zonenzeit, Datumsgrenze Wir fassen noch mal zusammen: Wenn an meinem Ort (z.B. Berlin) die Sonne kulminiert, also ihren höchsten Stand – genau im Süden! – erreicht, dann ist es Mittag, also 12-00 Uhr Wahre Ortszeit (WOZ). Eine Uhr kann die Unregelmäßigkeiten der „wahren Sonne“ nicht mitmachen und zeigt daher die „mittlere Zeit“ (MOZ) an, also entweder etwas früher oder später – der Unterschied ist die Zeitgleichung. Diese Uhr würde also die Kulmi-nation der (virtuellen) „mittleren Sonne“ an meinem Ort (!) um 12-00 Uhr MOZ anzeigen (und natürlich für alle Orte mit der gleichen Länge). Eine Stunde später ist es dann 13-00 Uhr MOZ, die „mittlere Sonne“ ist inzwi-schen 15° weiter gewandert. Wenn ich mich um 13-00 Uhr mit meinem Freund in St. Peter-Ording (liegt ca. 4° westlich von Berlin) verabredet habe, was zeigt dann seine MOZ – Uhr an? (ca. 12-44 MOZ) Haben wir uns zu meiner oder seiner Zeit verabredet? Wir sehen: bei Verabredungen, Terminen, Fahrplänen usw. wird es kompli-ziert. Das ist der Grund, warum man Zeitzonen eingeführt hat. Innerhalb einer Zeitzone gilt für alle Zeitzonen-bewohner die gleiche Zonenzeit ZZ, sie richtet sich nach der Zeitzonenmitte. Eine Zeitzone ist 15° breit. Es gibt also auf der Erde 24 Zeitzonen. Am bekanntesten ist sicherlich unsere europäische Zeitzone, die mitteleuropäi-sche Zeitzone MEZ. Die Mitte dieser Zeitzone ist der Meridian 15° E, die Westgrenze ist 7,5° E, die Ostgrenze 22,5° E. Auf hoher See ist das wirklich so wie in der Theorie. Über Land werden allerdings die nationalen Län-dergrenzen berücksichtigt. Eine besondere Bedeutung für die Astronomie hat die mittlere Zeit des Greenwicher Meridians, auch Nullmeri-dian genannt, die als Weltzeit bezeichnet wird (MGZ oder UT1 oder UTC / Mittlere Greenwich Zeit oder Uni-versal Time 1 oder Universal Time Coordinated). Sie wird benutzt, um die astronomischen Positionen der Ge-stirne im System des Himmelsäquators in einer für die ganze Erde einheitlichen Zeitskala in Tabellen, z.B. im Nautischen Jahrbuch, festzulegen. Der Zeitunterschied zweier Orte ist gleich ihrem in Zeitmaß ausgedrückten Längenunterschied in Zeit (λ i.Zt.) Da auch die Zählung der geographischen Länge beim Erdmeridian von Greenwich beginnt, ist die Umrechnung der mittleren Ortszeit in UT1 und umgekehrt sehr einfach. Sie erfolgt nach den Gleichungen: MOZ - λ i.Zt. = UTC bei östlicher Länge MOZ + λ i.Zt. = UTC bei westlicher Länge UTC + λ i.Zt. = MOZ bei östlicher Länge UTC - λ i.Zt. = MOZ bei westlicher Länge Der Unterschied zwischen der MOZ eines beliebigen Ortes und UTC heißt Zeitunterschied ZU. Wie ermittelt man ZU, also λ i.Zt. ? Da die Erde sich in 24 Stunden einmal um sich selbst dreht, gilt: 360° = 24 h 15° = 1 h 15’ = 4 min 1’ = 4 s Beispiel: Für die Länge λ = 30° W (oder E) gilt ist der Zeitunterschied ZU = 2 Stunden, also Länge geteilt durch 15. Für die Länge λ = 56°23,8’ E (oder W) ist ZU = λ / 15 (Taschenrechner mit INV °’ ’’ ) = 3h45m35s

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Zeitzonen der Erde

Man macht sich leicht klar, dass die Zonenzeit in Zonen östlicher Länge der MGZ gegenüber voraus, in Zonen westlicher Länge dagegen zurück ist. In der 180°- Zeitzone gibt es eine Besonderheit: Im Bereich von 180° bis 172,5° E ist das Datum um einen Tag weiter als im Bereich von 172,5° W bis 180°. Der 180. Längengrad ist die sog. feste Datumsgrenze. Die zweite Datumsgrenze ist die westliche Begrenzung jener Zeitzone, deren Zonenzeit gerade die erste Tagesstunde durchläuft, also die Zone der unteren Kulmination der Sonne. Sie läuft in 24 Sprüngen von je 15° Länge um die Erde und heißt springende Datumsgrenze. Zur Verdeutlichung: Als erste feiern die Bewohner in der 180° - Zeitzone Silvester, dann zieht die springende Datumsgrenze sozusagen den neuen Tag Zone für Zone aus der festen Datumsgrenze heraus, bis (für eine halbe Stunde) auf der ganzen Erde der 1. Januar ist. Und schon beginnt am 180. Längengrad der neue Tag, der 2. Januar!

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Wenn man von einer Zeitzone in die andere fährt, stellt man die Uhrzeit um (eine Stunde vor, wenn man nach Osten, eine Stunde zurück, wenn man nach Westen fährt). An Bord eines Schiffes ist es bequem, das mittags oder um Mitternacht zu tun. Ähnlich geht man vor, wenn man die Datumsgrenze auf 180° Länge überschreitet. Dabei wird nicht die Uhrzeit, sondern das Datum „verstellt“. Nimmt man, wie es zweckmäßig ist, den Datums-wechsel um Mitternacht vor, so hat bei Überfahrt von Ostlänge auf Westlänge der folgende Tag noch einmal das Datum des gerade abgelaufenen; bei entgegengesetzter Fahrtrichtung ist dagegen im Datum ein Tag zu über-springen. Es gilt folgende Merkregel:

Von Ost nach West halt’s Datum fest, von West nach Ost laß’ Datum los!

(Dabei darf man nicht vergessen, dass bei Ost und West immer Ostlänge und Westlänge gemeint ist; denn wenn etwa ein Ostkurs oder Westkurs gerechnet wird, wird’s genau umgekehrt). Kulminationszeit der Sonne Es soll noch eine besondere Zeitrechnung beschrieben werden, die in der Nautik einige Bedeutung hat: Die Be-rechnung des Zeitpunktes der Kulmination der Sonne für einen beliebigen Ort. Im Nautischen Jahrbuch ist unter der Bezeichnung „T“ für jeden Tag der Zeitpunkt der oberen Kulmination der Sonne in MGZ auf Minuten genau angegeben. Solche „T“-Werte gibt es außer für die Sonne auch für den Mond, die Planenten Venus, Mars, Jupi-ter, Saturn und den Frühlingspunkt; für diese Objekte ist das nun folgende Rechenverfahren aber nicht ohne weiteres anwendbar. Die Berechnung ihrer Kulminationszeitpunkte ist weniger wichtig und wird deshalb hier nicht behandelt. Der T-Wert der Sonne liegt (natürlich) immer in der Nähe von 12 Uhr, und es ist leicht einzusehen dass der Unterschied zwischen beiden nichts anderes als die Zeitgleichung ist! Deren Wert ändert sich im Laufe von 24 Stunden nur geringfügig um Sekunden. Beispiel: Wir befinden uns auf der Länge 48°17’ W. Das Nautische Jahrbuch liefert uns für diesen Tag ein T = 12-14. Frage: Wann (nach ZZ, denn das zeigt ja unsere Borduhr an) kulminiert bei uns die Sonne? An diesem Tag verspätet sich die „wahre Sonne“ also gegenüber der „mittleren Sonne“ um 14 Minuten. Wären wir genau auf 45° W, also auf der Zeitzonen-Mitte, dann würde unsere Borduhr zum Zeitpunkt der Kul-mination – also mittags – 12-14 anzeigen (MOZ der Zeitzonenmitte = ZZ). Da wo wir sind, also auf 48°17’ W, kommt die Sonne erst etwas später an, nämlich (λ i.Zt. = 3°17’ / 15) 13 Mi-nuten später. Ergebnis: Auf unserem Ort kulminiert die Sonne um 12-27 ZZ (Borduhr). In der Praxis hält man sich nicht lange mit solchen komplizierten Überlegungen auf, sondern verfährt nach einem immer gleichen Rechenschema, indem man sich – ganz schematisch – immer auf die MGZ von Greenwich bezieht: T = MOZ = 12-14 - λ i.Zt. = + 3-13 MGZ = 15-27 ZU = - 3-00 ZZ = 12-27 =============== Wenn bei uns um 12-27 ZZ die Sonne kulminiert, ist es in Greenwich 15-27 MGZ (mit dieser Zeit gehen wir in die Nautischen Tafeln, um die Deklination der Sonne zu finden).

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Abkürzungen für Zeitbegriffe: WOZ = wahre Ortszeit MOZ = mittlere Ortszeit UT1 = Universal Time 1 bzw. Weltzeit 1 = MGZ = mittlere Greenwichzeit ZZ = Zonenzeit e = Zeitgleichung λ i.Zt. = Länge in Zeit ZU = Zeitunterschied zwischen MGZ und ZZ MOZ + e = WOZ WOZ - e = MOZ MOZ - λ i.Zt. = MGZ MGZ + λ i.Zt. = MOZ MGZ + ZU = ZZ ZZ – ZU = MGZ Zitat aus N.J. 1983: Im Gegensatz zur UT1 geben die Zeitsignale UTC (Universal Time Coordinated = Koordinierte Weltzeit). Die mit Atomuhren erzeugte, sehr gleichförmige UTC wächst gegenwärtig schneller als die wegen der veränderlichen Umdrehungsge-schwindigkeit der Erde ungleichförmige UT1. Durch Einfügen von Schaltsekunden in die Skala der UTC wird jedoch dafür gesorgt, dass die Zeitsignale auf keinen Fall mehr als 0,9 s von der UT1 abweichen. Für Anwender, die UT1 auf 0,1 s genau gebrauchen, wird mit den Zeitsig-nalen in kodierter Form die Beschickung DUT1 = UT1 – UTC bekanntgegeben (s. NF Bd. 1 oder Jachtfunkdienst)

Noch mal zur Wiederholung: Berechnung von Länge in Zeit und umgekehrt: Für einen vollen Umlauf um die Erde – also für 360° - benötigt die Sonne, wie wir wissen, 24 Stunden. Dem-nach durchläuft sie in einer Stunde 360° : 24 = 15 Längengrade in einer Minute 15° : 60 = 15 Längenminuten in einer Sekunde 15’ : 60 = 15 Längensekunden Und sie durchläuft einen Längengrad in 1h : 15 = 4 Zeitminuten eine Längenminute in 4m : 60 = 4 Zeitsekunden Mit Hilfe dieser Überlegungen wird a) der Zeitunterschied zwischen 2 bestimmten Längen und b) der Längenunterschied aufgrund eines bestimmten Zeitwertes errechnet. λ i.Zt. erhält das Vorzeichen +, wenn vom Rechenort nach Osten gezählt wird (östliche Uhren gehen vor) λ i.Zt. erhält das Vorzeichen - , wenn vom Rechenort nach Westen gezählt wird (westliche Uhren gehen nach) Beispiel zu a) Auf 62°37’30’’ W kulminierte die Sonne um MOZ = 11-56-10. Wie groß ist und welches Vorzei-chen hat λ i.Zt. ? Rechenregel: Längengrade 62° : 15 = 4h Rest 2° * 4 = 8m Längenminuten 37’ : 15 = 2m Rest 7’ * 4 = 28s Längensekunden 30’’ : 15 = 2s - λ i.Zt. = - 4h10m30s

Beispiel zu b) 6 Stunden 33 Minuten und 18 Sekunden sind in Länge zu verwandeln. Rechenregel: Stunden 06h * 15 = 90° Zeitminuten 33m : 4 = 8° Rest 01m * 15 = 15’ Zeitsekunden 18s : 4 = 4’ Rest 02s * 15 = 30’’ Länge = 98°19’30’’

Die Umwandlung kann auch mit geeigneten Tafeln durchgeführt werden, z.B. N.T. „Tafel zur Berechnung der Höhe“; einfacher und übersichtlicher geht es mit der Tafel aus H.O.249: „Conversion Arc to Time“. Mit dem Taschenrechner ist’s ganz simpel: einfach mit der Hexagesimalumwandlungstaste arbeiten und mit 15 multiplizieren oder dividieren.

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Chronometer und Uhren an Bord Allgemeines: Nach allem, was wir bisher über die Zeit gehört haben, verstehen wir sicher, dass jedes Schiff, welches auf ast-ronomische Navigation angewiesen ist oder sie anwenden will, über einen sehr genau gehenden Zeitmesser ver-fügen muß. Er soll möglichst unempfindlich gegen die ständigen Schiffsbewegungen und auch gegen größere Temperaturunterschiede sein. Es dürfte einleuchten, dass es schwerlich Uhren gibt, die diese Bedingungen in vollem Umfange erfüllen. Deshalb beschränken wir uns bewusst auf solche Zeitmesser, deren Anzeige durch kleine Fehlerrechnungen berichtigt werden können. Uhren, deren Fehler unberechenbar sind, sind für unsere Zwecke unbrauchbar, insbesondere solche, deren Lauf sich unregelmäßig ändert, wie ungleichmäßiger und un-steter Vorauslauf oder entsprechendes Zurückbleiben. Gute Zeitmesser dagegen sind solche Uhren, die in ihrem Lauf größtmögliche Regelmäßigkeit aufweisen, d.h. solche, die innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden fortlaufend einen gleichbleibenden Betrag von wenigen Sekunden gewinnen oder verlieren. In der kommerziellen Schiffahrt sind die Schiffe mit „Chronometern“ ausgerüstet. Die sind von der Seeberufs-genossenschaft (SBG) vorgeschriebene Zeitmessinstrumente, die vom Deutschen Hydrographischen Institut (DHI, heute BSH) geprüft sein müssen. Die entsprechende Bestimmung in den Unfallverhütungsvorschriften der SBG für Schiffe lautet wörtlich:

(1) Schiffschronometer sind vor der ersten Ingebrauchnahme durch das Deutsche Hydrographische Institut zu prüfen. Die Seeberufs-genossenschaft kann eine wiederholte Prüfung verlangen. Die Prüfbescheinigung ist an Bord aufzubewahren.

(2) Mindestens alle 3 Jahre sowie außerdem nach jeder größeren Havarie sind die Chronometer einer Reinigung und Überholung so-wie einer kurzen Gang- und Standbestimmung durch einen vom Deutschen Hydrographischen Institut anerkannten Chronome-termacher zu unterziehen. Der hierüber erteilte Begleitschein ist an Bord aufzubewahren.

Die Sportschiffahrt ist zwar nicht an die Unfallverhütungsvorschriften der SBG gebunden, gleichwohl wollen wir uns im Rahmen der Möglichkeiten an sie halten und sinngemäß auch auf etwaigen Einsatz anwenden. Der Einfachheit halber werden wir im weiteren auch dann den Ausdruck „Chronometer“ verwenden, wenn es sich um etwaige Ersatzinstrumente handelt, die für astronomische Beobachtungen allein vorgesehen sind, im Gegen-satz zu anderen an Bord befindlichen Uhren. Zeitanzeige der Chronometer und Uhren: Die Bezugszeit für jede astronomische Beobachtung ist ausschließlich die „mittlere Greenwichzeit“ (MGZ); sie ist gleichzeitig die MOZ des nullten Längenkreises, der bekanntlich durch die Sternwarte von Greenwich ver-läuft. Dieser Längenkreis ist uns, seitdem wir die Umwandlung von „λ in Zeit“ kennen, als Ausgangsmeridian für diese Rechnung bekannt. Unser Chronometer an Bord zeigt, wo wir uns auch immer befinden, stets die MGZ an, von den berechenbaren kleinen Anzeigefehlern abgesehen. Für den Ablauf des Schiffsbetriebes dagegen hat man als weiteren Zeitmesser die Borduhr. Sie zeigt die Bordzeit an, diese ist auf See die jeweilige Zonenzeit ZZ der Zone, in der sich das Schiff gerade befindet, und im Hafen die gesetzliche Zeit des betreffenden Landes. Während der Reise wird die Zonenzeit beim Eintritt in die nächste Zeitzone oder zu einem vom Schiffsführer zu bestimmenden Zeitpunkt – beispielsweise um Mitternacht – um eine Stunde geshiftet. An die Borduhr braucht man nicht so hohe Anforderungen zu stellen wie an ein Chronometer. Da beide sich immer nur um volle Stundenbeträge unterscheiden, können die entspr. Minuten und Sekunden vom exakteren Chronometer abgelesen werden. Kleiner Tipp: Man beschrifte das Ziffernblatt des Chronometers mit „MGZ“ und das der Borduhr mit „BdZt“. Beschaffenheit und Behandlung des Schiffs-Chronometers: Das Chronometer ist eine tragbare Präzisionsuhr mit besonderen Attributen: - der besonderen Hemmungskonstruktion, die ein gleichmäßiges Ablaufen des Chronometers sichert, - der bimetallischen Nickelstahlunruh, die den Einfluss von Temperaturänderungen möglichst gering hält, - der kardanischen Aufhängung, welche die Einwirkung der Schiffsbewegungen in gewissem Umfange mindert. Außerdem sind Unruhe, Spirale und Zugfeder aus unmagnetisierbarem Metall hergestellt, um den Einfluss schädlicher Magnetfelder zu verhindern. Das Chronometer ist in einem tragbaren Kasten kardanisch aufgehängt und dieser wiederum möglichst mitt-schiffs, wo die Schiffsbewegungen und Maschinenschwingungen am geringsten sind, in einem eigens für die Unterbringung des Chronometers mit Kasten eingebautem Spind untergebracht. Das Chronometer ist von oben durch eine Glasscheibe einzusehen. Es muß ortsfest bleiben und darf auch zum Beobachten nicht aus dem Spind herausgenommen werden. Magnete und größere Eisenteile sind aus der Umgebung des Chronometers fernzu-halten. Jeden zweiten Tag soll es regelmäßig und zur gleichen Zeit von ein- und derselben Person aufgezogen

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werden. Bleibt das Chronometer stehen, ist, wenn keine besondere Stellmöglichkeit vorhanden ist, mit dem Wieder-in-Gang-setzen zu warten, bis die angezeigte MGZ wieder erreicht ist. Man gibt dann, nach Aufzug des Werks natürlich, dem ganzen Kasten eine leichte horizontale Drehung, damit die Unruhe wieder schwingt. Soll-ten zwingende Gründe vorhanden sein, das Chronometer doch zu stellen, dann darf das nur am Minutenzeiger und nur rechts herum geschehen. Beim unumgänglichen Transport wird zuvor die kardanische Aufhängung arretiert und der Kasten in waage-rechter Lage vorsichtig am Tragriemen befördert. Dabei ist er vor Regen und Nässe zu schützen. Im Auto nehme man den Chronometerkasten auf den Schoß, um Pendel- und Drehbewegungen sowie hartes Aufsetzen zu ver-meiden. Wichtig: Bei allen Zeitmessern, die der astronomischen Navigation dienen, sind jegliche Eingriffe und selbst-ständige Reparaturen zu vermeiden. In der Sportschiffahrt werden kaum die Voraussetzungen gegeben sein, alle oben genannten Forderungen zu erfüllen. Besonders auch ist es die Raumfrage, die den Sportsegler dazu veranlasst, sich nach etwa gleichwerti-gem Ersatz umzusehen, der für den Gebrauch an Bord einer seegehenden Yacht geeigneter und gleichzeitig aber auch sicher ist. Möglichkeiten des Ersatzes für das Schiffs-Chronometer: Zunächst muß sichergestellt sein, dass ausreichende Möglichkeiten zum Zeitvergleich mit Funk-Zeit-Signalen nach dem „Nautischen Funkdienst“ gegeben sind, d.h. es muß ein technisch zuverlässiger Funkempfänger an Bord sein zum Empfang dieser Funksignale auch unter erschwerten Bedingungen. Außerdem muß jeder Zeitmesser an Bord vor seinem Einsatz für die geplante Seereise über einen längeren Zeit-raum hinweg auf seine Präzision und seinen gleichmäßigen Lauf überprüft werden, damit Fehler beseitigt oder Ersatz beschafft werden können. Als Ersatz für den Schiffschronometer bietet sich vor allem heute die Quarzuhr an. Dies ist eine Uhr, in der ein Quarzkristall elektrische Schwingungskreise mit sehr großer Genauigkeit steuert. Sie arbeitet mit Monozellen und braucht daher nicht aufgezogen werden. Eine kardanische Aufhängung ist nicht nötig; die Uhr kann fest an einem trockenen Platz etwa am Mittelschott angebracht werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Uhr sich beim Ablesen in Augeshöhe befindet und die Blickrichtung senkrecht zur Ebene des Ziffernblatts möglich ist, um eine fehlerfreie Ablesung zu ermöglichen. Bei der Beschaffung ist auf Qualität zu achten, Uhren mit korrosi-onsanfälligen Teilen kommen nicht in Frage. Am besten lässt man sich von einem Chronometermacher beraten. Vor der Reise empfiehlt sich das Einsetzen frischer und geprüfter Monozellen. In Folie eingeschweißter Ersatz sollte mitgeführt werden. Wenn das Chronometer vom Beobachterort nicht direkt eingesehen werden kann und eine Hilfsperson nicht zur Verfügung steht, kann eine Stoppuhr als Hilfsmittel verwendet werden; diese wird mit der Beobachtung in Gang gesetzt und die abgelaufenen Sekunden danach von der vergleichsweise abgelesenen Chronometerzeit abgezo-gen - am besten zur vollen Minute (am Chronometer). Berichtigung der Chronometeranzeige: 1. „Stand“ des Chronometers ist der Unterschied der Anzeige gegenüber der MGZ. Es gilt die Regel: Ein gegenüber der MGZ nachgehendes Chronometer hat einen Stand mit positivem Vorzeichen Ein gegenüber der MGZ vorgehendes Chronometer hat einen Stand mit negativem Vorzeichen Man rechnet: MGZ – Chr. = Stand 2 Beispiele: MGZ = 12-00-00 MGZ = 12-00-00 - Chr. = 11-58-13 - Chr. = 12-13-56 Stand = + 01-47 Stand = - 13-56

2. „Gang“ nennt man den Unterschied zweier um 24 Stunden auseinanderliegender Stände eines Chrono-meters. Auch bei sehr guten Chronometern ändert sich der Stand laufend, wenn auch beständig und ge-ringfügig um wenige Sekunden.

Regel: Wenn das Chronometer gewinnt, erhält der Gang ein negatives Vorzeichen, wenn das Chronometer verliert, erhält der Gang ein positives Vorzeichen.

Um den Gang mit größtmöglicher Genauigkeit festzustellen, ist es zweckmäßig, zwei um mehrere Tage ausein-anderliegende Stände heranzuziehen, um deren Differenz durch die Anzahl dieser Tage zu dividieren. Das Er-gebnis ist dann der gesuchte Gang. Beispiele und Muster: 1) Beim Zeitzeichen am 12.09.1978 MGZ 18-00-00 zeigte das Chronometer = 18-00-58 2) Beim Zeitzeichen am 28.09.1978 MGZ 18-00-00 zeigte das Chronometer = 17-59-17 Fragen: a) welches ist der (tägliche) Gang? b) wie wird der Stand am 02.10.1978 um MGZ 02-00-00 sein?

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Zu a) 12.09.78 MGZ = 18-00-00 28.09.78 MGZ = 18-00-00 - Chr. = 18-00-58 - Chr. = 17-59-17 Stand 1 = - 00-58 Stand 2 = + 00-43 Unterschied in 16 Tagen: Stand 2 – Stand 1: Stand 2 = + 00-43 - Stand 1 = + 00-58 Verlust = + 01-41 = 101 Sekunden In 16 Tagen verliert das Chronometer 101 Sekunden, an einem Tag also 101/16 = 6,3s

Gesuchter Gang: + 6,3s

Formel: Stand 2 - Stand 1 Gang = ---------------------- Tag 2 - Tag 1 Zu b) Tag 2: 02.10.78 MGZ 02-00-00 Tag 1: 28.09.78 MGZ 18-00-00 Unterschied = 3,3 Tage ! 28.09.78 MGZ 18-00-00 Stand = + 00-00-43 Standänderung in 3,3 Tagen = 3,3 * 6,3 = + 00-00-21 Stand am 02.10.78 MGZ 02-00-00 = + 00-01-04 Folgerungen: Ist der Gang des Chronometers bekannt, kann man im Ausnahmefall auch ohne Zeitvergleich jederzeit den Stand bestimmen, wenn man ihn irgendwann in letzter Zeit einmal gekannt hat. Das setzt allerdings voraus, dass sich der Gang über längere Zeit nicht geändert hat, wobei wir wieder bei der geforderten guten Qualität des Chrono-meters angelangt sind. Jetzt wissen wir auch, dass es zwingend notwendig ist, den Gang des Chronometers zu kennen. Diese Kenntnis erreichen wir durch regelmäßige, mindestens tägliche Zeitvergleiche zwischen Funk-Zeit-Signalen (s. Naut. Funkdienst) und dem Chronometer. Hierüber ist entweder im Logbuch oder in einem Extraheft Nachweis zu führen, die sog. Chronometerkontrolle, unter der auch alle bedeutsamen Feststellungen über den Gang zu erfas-sen sind. Nur diese schriftlich festgehaltene Kontrolle macht es bei Ausfällen von Sendern oder Empfängern bzw. mangelhaften Empfangsverhältnissen u.ä. möglich, über einen gewissen Zeitraum hinweg den Stand des Chronometers einigermaßen sicher zu bestimmen.

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Der Sextant Der Sextant ist ein sogenanntes Spiegelinstrument, mit dem man mit großer Genauigkeit Winkel, unter dem einem Beobachter zwei Objekte in der Natur erscheinen, messen kann. Man benutzt ihn vornehmlich dazu, den Höhenwinkel eines Gestirns über der Kimm – das ist die sichtbare Grenzlinie zwischen der Wasseroberfläche und der Luft in der Ferne – zu bestimmen.

Die einzelnen Teile des Sextanten und der Strahlengang des Lichts im Instrument werden folgendermaßen be-nannt:

- der Instrumentenkörper: er trägt in starrer Verbindung den Gradbogen (auch Limbus genannt); fest mit ihm verbunden sind der kleine Spiegel, auch Horizontspiegel genannt, und der Fernrohrträger mit dem Fernrohr (der Horizontspiegel ist auf dem Instrumentenkörper justierbar, insofern ist es keine starre Ver-bindung). Der Instrumentenkörper ist ferner versehen mit einem Handgriff und den Halterungen für die Blendgläser, die in den Strahlengang eingeschwenkt werden können. Um den Mittelpunkt des Gradbo-gens ist auf dem Instrumentenkörper der Zeigerarm (Alhidade) drehbar angebracht. Mit diesem fest ver-bunden sind der ebenfalls justierbare große Spiegel (Indexspiegel) und der Zeiger (Index), der mit einer Trommel als Nonius zusammenwirkt, damit man das Winkelmaß mindestens auf Bogenminuten genau ablesen kann. (Die Bezeichnungen „kleiner“ und „großer Spiegel“ sind zwar immer noch im Sprach-gebrauch, jedoch tragen sie bei einigermaßen modernen Spiegelinstrumenten ihre Namen zu Unrecht: der Horizontspiegel ist fast ausnahmslos größer als der Indexspiegel).

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- der Strahlengang im Instrument ist in der u.a. Abbildung eingezeichnet. Einmal wird der vom Gestirn kommende Lichtstrahl am Indexspiegel reflektiert und durch dessen entsprechende Einstellung am Zei-gerarm auf den Horizontspiegel gelenkt, dort erneut reflektiert und immer genau in das Fernrohr geleitet.

- der Horizontspiegel trägt seine Bezeichnung aber nur mit halber Berechtigung; er ist nämlich in seiner linken, vom Instrumentenkörper abge-wandten Hälfte gar kein Spiegel, sondern licht-durchlässig. Durch diese Hälfte kann nun ein zweiter Lichtstrahl, von der Kimm herkommend, direkt ins Fernrohr gelangen. Durch die zur Ein-stellung des Indexspiegels nötige Drehung des Zeigerarms wird die Messung vorgenommen: die Zeigerstellung gegenüber dem Gradbogen gibt den gemessenen Winkel an. Es sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass zur Messung eines bestim-mten Winkels der Zeigerarm nur um die Hälfte dieses Winkelwerts von der Nullstellung fortbewegt werden muß. Das hat seine Ursache in der Reflexion des vom Gestirn kommenden Licht-strahls Am drehbaren Indexspiegel. Am Gradbo-gen wird gegenüber dem Zeiger trotzdem der gemessene Gradwert abgelesen, da man ihn ent-sprechend beschriftet hat.

- die Ablesevorrichtung: Nach Ausrasten einer mit der Trommel fest verbundenen Schnecke aus dem am Instrumentenkörper befindlichen Zahnsegment kann man den Zeigerarm frei um seinen Drehpunkt bewegen. Nach der Grobeinstellung des zu messenden Winkels lässt man die Schnecke einrasten und nimmt die Feinmessung vor. Jede Umdrehung der Trommel und damit der Schnecke bewegt den Zeigerarm um einen halben Grad und verändert damit die Messung um den doppelten Betrag, also um einen Grad. Zur Ablesung der gemessenen Gradzahl dient eine Marke des Zeigerarms gegenüber dem Gradbogen. Eine Marke gegenüber der Trommel, die in 60 Bogenminuten eingeteilt ist, erlaubt eine Ablesung auf mindestens eine halbe Minute. Man nennt den Haupt- teil des Gradbogens links von seiner Nullmarke den „Hauptbogen“; er umfasst einen Messbereich von mindestens 90° (meistens bis 120° und noch weiter). Rechts von der Nullmarke liegt der „Vorbogen“, der einen Messbereich von nur wenigen Graden hat.

Der Name „Sextant“ geht auf den Messbereich des Instruments zurück. Bei ihm umfasst der Gradbogen nämlich den sechsten Teil eines Kreises, der 60° beträgt. Man kann also wegen der Verdoppelung Winkel bis zu 120° messen. Instrumente, deren Messbereich nur 90° beträgt, weil ihr Gradbogen sich nur über 45° erstreckt, nennt man „Oktanten“; sie werden vereinzelt – heute wieder – für die Sportschiffahrt in robuster Bauweise hergestellt. Zur Messung einer Gestirnshöhe stellt man den Zeigerarm auf 0° ein und sucht das Gestirn am Himmel auf. Man sieht durch das Fernrohr doppelt, nämlich direkt und gespiegelt. Nun neigt man das Instrument unter steter Beo-bachtung des gespiegelten Bildes des Gestirns gegen den Horizont oder besser die Kimm, wobei man den Zeigerarm nach vorn schieben muß, um das Spiegelbild nicht aus dem Gesichtsfeld zu verlieren. Schließlich erblickt man im linken Teil des Gesichtsfeldes direkt die Kimm, während in der rechten Hälfte das Gestirnsbild sichtbar ist. Jetzt lässt man die bisher ausgerastet gebliebene Schnecke einrasten und geht zur Feinmes-sung über, indem man durch Verdrehen der Trommel das Gestirn mit der Kimm in Deckung bringt. Dabei pendelt man mit dem Sextanten um dessen Fernrohrachse ein wenig hin und her, um wirklich den senkrech-ten Winkelabstand, der der kleinste ist, zu messen. Die nebenstehende Abbildung zeigt den Blick durch das Sextantenfernrohr bei diesem Arbeitsvorgang.

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Dann liest man ab. Um auch in der Dämmerung ablesen zu können, sind manche Sextanten mit einer Beleuch-tungseinrichtung am Zeiger versehen. Das erspart dem Beobachter das Hineintreten in helleres Licht und das danach erneute Eingewöhnen an den Dämmerungszustand. Damit wird Zeit gespart, und der Zeitraum zwischen den einzelnen Beobachtungen verkürzt sich wesentlich. Welche Fehler können nun bei solchen Messungen auftreten?

1. Beide Spiegel des Instruments stehen in Nullstellung des Zeigerarms nicht parallel; damit werden alle Messungen um den gleichen Betrag falsch angegeben. Indexfehler!

2. Der Indexspiegel steht nicht senkrecht auf der Instrumentenebene. 3. Der Horizontspiegel steht nicht senkrecht. 4. Die Fernrohrachse steht nicht parallel zum Instrumentenkörper. 5. Blend- und Spiegelgläser sind nicht planparallel. 6. Die Einteilung des Gradbogens oder der Trommel ist nicht genau. 7. Der Drehpunkt des Zeigerarms fällt nicht mit dem Mittelpunkt des Gradbogens zusammen (Exzentrizi-

tätsfehler) Diese Fehler können, wenigstens teilweise, vom Benutzer festgestellt und korrigiert werden. Zu 1. Der Indexfehler bzw. sein Korrekturwert, die Indexberichtigung Ib ist

täglich mindestens einmal zu ermitteln. Das geschieht, indem man ein mindestens eine Seemeile entferntes Objekt (z.B. die Kimm) im Fernrohr mit sich selbst zur Deckung bringt und die Einstellung abliest. Die Ablesung bei einem fehlerfreien Instrument muß 0°00’ ergeben, eine Abweichung davon ist die gesuchte Indexberichtigung. Sie erhält bei Ablesung auf dem Vorbogen (Ablesung zu klein) das Vorzeichen +, auf dem Hauptbogen (Ablesung zu groß) das Vorzeichen - . Kleine Indexfehler berücksichtigt man durch Anbringen der entsprechenden Berichtigung an die Ablesung, größere kann man am Instrument korrigieren. Dazu stellt man den Zeigerarm genau auf 0 und verdreht durch eine Justierschraube den Horizontspiegel, bis das direkte und das gespiegelte Bild eines entfernten Objekts zur Deckung kommen. Vorher müssen allerdings die nachfolgend beschriebenen Korrekturen durchgeführt sein.

Zu 2. Blickt man bei Mittelstellung des Zeigerarms in der Instrumentenebene „von oben“ am Indexspiegel

entlang auf den Anfang des Gradbogens, so sieht man im Spiegel sein Ende. Das direkte und das Spie-gelbild müssen ineinander übergehen, andernfalls kippt man den Spiegel mittels einer Justierschraube, bis diese Bedingung erfüllt ist.

Zu 3. Nach dieser Justierung betrachtet man bei Nullstellung des Zeigerarms ein weit entferntes Objekt, am besten geeignet sind ein Stern oder die Sonne. Verändert man nun ein wenig die Einstellung des Zeiger-arms nach beiden Seiten, sollen das direkte und das gespiegelte Bild genau durcheinander wandern. Da-bei müssen sie einmal genau zur Deckung kommen. Wandern sie dagegen aneinander vorbei, so kippt man den Horizontspiegel, bis auch diese Bedingung erfüllt ist.

Zu 4-7: Diese Fehler kann der Benutzer im allgemeinen nicht feststellen; man überlasse das den Fachleuten z.B. der Herstellerfirmen. Größere Fehler nach 5. und 6. machen ein Instrument praktisch unbrauchbar. Vom Hersteller oder vom DHI (BSH) geprüfte Instrumente erhalten ein Attest, das Auskunft über seine Güte gibt.

Wir wollen diese Betrachtungen mit einigen Hinweisen für die Behandlung und den Gebrauch des Sextanten abschließen. Zunächst soll man immer daran denken, dass er ein Präzisions-Meßinstrument ist. Er ist vor Feuch-tigkeit und andauernder Sonnenbestrahlung zu schützen, weil darunter die Mechanik und die Optik leiden. Es ist zweckmäßig, von Zeit zu Zeit die Metallteile mit säurefreiem Öl dünn einzufetten. Das Instrument darf nur am Griff oder direkt am Instrumentenkörper angefasst werden. Nach Gebrauch ist es in seinem Kasten zu verstauen. Vorher sind die Blendgläser einzuschwenken. Wenn in der Handhabung irgendetwas schwergängig ist, versuche man nichts mit Gewalt. Und zum Schluß noch ein guter Ratschlag: Wer tatsächlich Beobachtungen mit dem Sextanten durchführen will, nutze jede Gelegenheit, sich mit der Handhabung vertraut zu machen, insbesondere an Bord unter erschwerten Wetterbedingungen. Auch hier gilt: Übung macht den Meister!

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Die Beschickung der Höhenbeobachtung Zunächst gilt es, jede Messung mit dem Sextanten durch Anbringung der Indexberichtigung Ib fehlerfrei zu machen. Der so gemessene und berichtigte Höhenwinkel über dem sichtbaren Horizont, der Kimm, wird „Kimmabstand“ (KA) genannt. Für die nautisch-astronomische Rechnung interessiert aber nicht dieser Wert, sondern der Höhenwinkel h eines Gestirns über dem wahren Horizont, kurz Höhe genannt. Der gemessene Kimmabstand KA und die Höhe h unterscheiden sich um 1. die Kimmtiefe: der sichtbare Horizont, die Kimm, ist nicht gleichbedeutend mit dem bereits definierten scheinbaren Horizont. Die Kimmtiefe ist abhängig von der Augeshöhe des Beobachters über der gekrümmten Erdoberfläche und wird außerdem beeinflusst von den meteorologischen Eigenschaften der untersten Luftschichten und deren Untergrund (Wasseroberfläche). Wie die Abbildung deutlich macht, muß die Kimmtiefe vom Kimmabstand abgezogen werden, um zur Höhe h zu gelangen. 2. die Strahlenbrechung oder Refraktion: Infolge der mit der Entfernung von der Erdoberfläche abnehmenden Dichte der Luft erfolgt eine Brechung der von den Gestirnen herkommenden Lichtstrahlen zum Lot hin. Der gemessene Kimmabstand wird gegenüber dem tatsächlichen Höhenwinkel dadurch vergrößert (Abbildung). Die Strahlenbrechung ist eine optische Erschei- nung, beschrieben durch die Snellius’schen Brechungsgesetze, wonach ein Lichtstrahl beim nicht senkrechten Übergang von einem optisch dünneren in ein optisch dichteres Medium seine Richtung zur Senkrechten hin ändert. Die Größe der Richtungsänderung ist abhängig vom Winkel zwischen Lichtstrahl und Senk- rechten. Zur Verdeutlichung sind in der Abbildung ab- weichend von den tasächlichen Verhältnissen einer kontinuierlichen Dichteänderung Schichten gleicher Dichte angegeben.Die Strahlenbrechung ist abhängig von dem Höhenwinkel des Gestirns und von dem augenblicklichen meteorologischen Zustand der Lufthülle. Sie entfällt bei im Zenit stehenden Ge- stirnen, während sie bei solchen in Horizontnähe ein Maximum erreicht (etwa 35’). Sie muß ebenfalls von dem gemessenen Kimmabstand abgezogen werden. 3. die Parallaxe oder der Verschub Man versteht darunter den Winkel, unter dem von dem beobachteten Gestirn aus der Abstand Beobachtungs-standort-Erdmittelpunkt erscheinen würde. Um den gleichen Wert unterscheiden sich die Richtungen vom Beo

bachtungsstandort über dem scheinbaren Horizont und vom Erdmittelpunkt über dem wahren Horizont zum Gestirn hin. Wie in der Abbildung zu erkennen ist, ist die Parallaxe für ein Gestirn im Zenit immer Null,

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während sie für ein im Horizont stehendes Gestirn ein Maximum annimmt. Diesen Wert nennt man Horizontalparallaxe oder –verschub HP, ihre Größe hängt ausschließlich von der Entfernung des betreffenden Gestirns von der Erde ab. So kommt es, dass in diesem Rahmen eine Parallaxe lediglich bei Mond- und allenfalls bei Planetenbeobachtungen berücksichtigt werden muß, nicht aber bei Beobachtungen der Sonne und der Fixsterne. 4. den Halbmesser des beobachteten Gestirns: Die im Nautischen Jahrbuch angegebenen Himmels-koordinaten der Gestirne und damit die noch zu beschrei-benden Rechnungen beziehen sich immer auf den Gestirnsmittelpunkt, während man aus praktischen Grün-den bei Beobachtungen von Sonne und Mond den Kimm-abstand ihrer Ränder misst. Planeten und Fixsterne erscheinen auch bei starker Vergrößerung des Beob-achtungsinstruments noch punktförmig, so dass bei ihnen eine entsprechende Korrektur nicht nötig ist. Bei Sonne und Mond, deren im Laufe eines Jahres bzw. eines Monats periodisch sich ändernder Abstand von der Erde den sichtbaren Durchmesser geringfügig beeinflusst (nicht allerdings, wie es scheint, zwischen Auf- und Untergang und ihrer höchsten Stellung am Himmels-gewölbe!) muß eine Korrektur für den Halbmesserwert von rund 15’ (bei beiden zufällig etwa gleich) angebracht werden. Diese 4 Korrekturen, die an den Kimmabstand angebracht werden sind in den Nautischen Tafeln NT 20-23 (13-15) in jeweils einer Berichtigung zusammengefasst, so dass es nicht nötig ist, jeden Faktor einzeln zu berechnen. Das ist eine sehr große Hilfe bei unseren Berechnungen. Man nennt diese eine zusammengefasste Berichtigung die „Gesamtbeschickung“. Durchführung der Geschamtbeschickung Den Vorausberechnungen zur Gesamtbeschickung in den Nautischen Tafeln liegen normale meteorologische Verhältnisse zugrunde. Bei extremen Abweichungen sind Zusatzbeschickungen möglich. Zum Gebrauch der Tafeln wird auf die entsprechenden Erläuterungen hingewiesen. Wenden wir uns jetzt der Praxis zu: Es ist üblich, die Gestirne, die wir beobachten wollen, in unserem Schema mit Symbolen zu versehen: hb ist die nach der Beschickung erhaltene wahre Höhe über dem wahren Horizont, wobei der Index „b“ auf das Wort „Beobachtung“ hinweisen soll. Einige Beispiele: 1. Aus 7 m Augeshöhe (Ah) wurde ein Fixstern (61 = Antares) beobachtet. Am Sextanten las man 35°22,5’ ab, die Indexberichtigung (Ib) betrug + 1,5’. 2. Aus 16 m Augeshöhe wurde am 13.02.1972 der Planet Venus beobachtet. Am Sextant las man 46°16,0’ ab, die Ib betrug + 1,5’. Aus dem Nautischen Jahrbuch entnimmt man für diesen Tag für die Venus eine Horizontal-parallaxe (HP) von 0,1’. 3. Aus 12 m Augeshöhe wurde eine Fixstern (16 = Aldebaran) beobachtet. Am Sextanten las man 52°33,5’ ab, die Ib betrug – 3,5’. 4. Aus 3 m Augeshöhe wurde am 27.07.1972 der Planet Mars beobachtet. Am Sextant las man 25°17,0’ ab, die Ib betrug – 4,0’. Aus dem Nautischen Jahrbuch entnimmt man für diesen Tag für den Mars eine Horizontalparal-laxe (HP) von 0,2’.

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1) Ausriß: Gesamtbeschickung für den Kimmanstand eines Fixsterns * (61) = 35°22,5’ oder Planeten + Ib = + 1,5’ KA = 35°24,0’ GB = - 6,0’ hb = 35°18,0’ Fixsterne Interpolation (Ah zwischen 6 und 8, Kimmabstand zwischen 35 und 40): - 5,7 - 6,4 - 5,5 - 6,2 >> 6,0

2) Venus = 46°16,0’ Ib = + 1,5’ KA = 46°17,5’ GB = - 7,9’ hb = 46°09,6’ Interpolation (Ah 16, KA zwischen 45 und 50, Zusatzbeschickung für Planeten): - 8,1 - 7,9 + 0,1 Zusatzbeschickung >> - 7,9

3) * (16) = 52°33,5’ Ib = - 3,5’ KA = 52°30,0’ GB = - 7,0 hb = 52°23,0’ Interpolation (Ah 12, KA zwischen 50 und 55): - 7,0 - 6,9 >> - 7,0

4) Mars = 25°17,0’ Planeten Ib = - 4,0’ KA = 25°13,0’ GB = - 5,0’ HP hb = 25°08,0’ Interpolation (Ah zwischen 2 und 4, KA zwischen 24 und 26, Zusatzbeschickung für Planeten): - 4,7 - 5,8 - 4,5 - 5,6 + 0,2 Zusatzbeschickung >> - 5,0

5. Sonnenoberrand = 12°34,5’ am 16.03.1957, Ib = - 3,0’, Ah = 8 m 6. Sonnenunterrand = 34°12,5’ am 12.07.1972, Ib = + 2,0’, Ah = 12 m 7. Sonnenunterrand = 52°26,0’ im Januar, Ib = 0’ Ah = 18 m 8. Sonnenoberrand = 28°30,5’ im April, Ib = + 3,5’, Ah = 2 m

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5) Ausriß: Gesamtbeschickung für den KA des Sonnenunterrandes Obrd. = 12°34,5’ Ib = - 3,5’ KA = 12°31,0’ GB = - 25,3’ hb = 12°05,7’ Interpolation (KA zwischen 12 und 13, Ah 8 m, Zusatzbeschickung für den Sonnenoberrand) + 6,6 + 7,0 -32,1 Zusatzbeschickung für den Sonnenoberrand im März

6) = 34°12,5’ Ib = + 2,0’ KA = 34°14,5’ GB = + 8,4’ hb = 34°22,9’ Interpolation (KA zwischen 30 und 35, Ah = 12 m, Zusatzbeschickung für den Sonnenunterrand im Juli): + 8,3 + 8,6 - 0,2 Zusatzbeschickung für den Sonnenunterrand im Juli.

7) = 52°26,0’ Ib = 0,0’ KA = 52°26,0’ GB = + 8,0’ hb = 52°34,0’ Interpolation (KA zwischen 50 und 55, Ah = 18 m, Zusatzbeschickung für den Sonnenunterrd. im Januar): + 7,7 + 7,8 + 0,3 Zusatzbeschickung für den Sonnunterrand im Januar.

8) Obrd. = 28°30,5’ Ib = + 3,5’ KA = 28°34,0’ GB = - 20,2’ hb = 28°13,8’ Interpolation (KA zwischen 28 und 30, Ah = 2 m, Zusatzbeschickung für den Sonnenoberrand im April): + 11,8 + 11,9 -32,0 Zusatzbeschickung für den Sonnenoberrand im April.

9. Aus einer Augeshöhe von 9 m wird am 30.04.1957 gegen 07-00 MGZ der Unterrand des Mondes beobachtet. Am Sextanten liest man 35°22,0’ ab, die Ib beträgt + 4,5’. Aus dem Nautischen Jahrbuch entnimmt man für diesen Tag durch Interpolation zwischen 04 MGZ und 12 MGZ eine HP von 56,6’ 10. Mondoberrand = 18°16,5’ am 14.06.1973 gegen 20-00 MGZ, Ib = + 4,0’, HP = 54,0’, Ah = 10 m

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9) Ausriß: Gesamtbeschickung für KA des Mondunterrandes = 35°22,0’ Ib = + 4,5’ KA = 35°26,5’ GB = + 54,9’ hb = 36°21,4’ Interpolation (KA zwischen 35 und 36, HP zwischen 56,5 und 57): + 54,7 + 55,3 + 54,2 + 54,8 >> + 54,6 + 0,3 für 9 m Ah

10) Obrd. = 18°16,5’ Ib = + 4,0’ KA = 18°20,5’ GB = + 28,1’ hb = 18°48,6’ Interpolation (KA zwischen 18 und 19, HP 54, Ah = 10 m ): + 57,5 + 57,4 >> + 57,5 + 0,0 für 10 m Ah - 29,4 Monddurchmesser

Die Genauigkeit der Höhenbeobachtung: Fehlerhaft beobachtete Höhen können verursacht sein durch unrichtiges Beobachten, Ablesen oder Beschicken. Ein fehlerfreies Instrument (bzw. überprüfte Indexberichtigung), Übung und Sorgfalt helfen diese Fehler weitge-hend vermeiden. Anders sieht es dagegen mit den naturgegebenen Unsicherheiten aus. Zunächst spielt auf See bei Beobachtungen über dem natürlichen Horizont die Deutlichkeit der Kimm eine wesentliche Rolle, d.h. der trennenden Linie zwischen Wasser und Luft. Am besten beobachtet man mit möglichst großer Augeshöhe, um eine scharfe, nicht vom Seegang gewellte Kimm zu haben. Das ist aber nur bei klarem Wetter möglich. Bei die-sigem Wetter und dünner, niedriger Nebelschicht, die durchaus eine Sonnenbeobachtung zulässt, beobachte man

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lieber aus niedriger Ah, weil damit der Abstand der Kimm kleiner und den tatsächlichen Verhältnissen angepasst wird. Durch Blendwirkung unter der Sonne kann die Deutlichkeit der Kimm sehr gestört sein, so dass selbst die Be-nutzung der Blendgläser des Sextanten nicht hilft. Man kann bei größeren Höhen (über 60°) ggf. über der Ge-genkimm beobachten, sofern der Messbereich des benutzten Instruments es zulässt. Nachts ist ein Ausmachen der Kimm auch bei Mondschein mit erforderlicher Genauigkeit nie möglich. Man kann deshalb Fixsterne und Planeten nur in der Morgen- und Abenddämmerung beobachten, sofern man nicht ein Beobachtungsinstrument mit künstlichem Instrument zur Hand hat (nur die Venus lässt sich in bestimmter Stellung zur Sonne auch am Tage beobachten). Die Kimmtiefe, die von der Ah abhängig ist, wird in der Gb berichtigt, wie wir gesehen haben. Abnorme meteo-rologische Verhältnisse, wie sie z.B. bei starkem Temperaturgegensatz Luft/Untergrund vorliegen, heben die Kimm scheinbar an. Es ist auch bei Zusatzbeschickungen, die man den NT ebenso wie die Gb entnehmen kann, nicht sicher möglich, dadurch hervorgerufene Fehler auszuschalten. Man merke sich, dass in einem solchen Falle die gemessenen Höhen zu klein werden. Zu Refraktionserscheinungen, die von den in der Gb berücksichtigten abweichen, führen entsprechend abnorme Verhältnisse in den höheren Luftschichten. Die schon erwähnten Zusatzbeschickungen liefern auch für diese Fälle nur eine recht fragwürdige Korrektur. Am ehesten zeigen sie noch, in welcher Richtung in Abhängigkeit von Luftdruck und Temperatur eine fehlerhafte Beeinflussung der beobachteten Höhe erfolgt sein kann. Solche Unsicherheiten kann man klein halten, wenn es möglich ist, Gestirne mit größerer Höhe – folglich kleinerer Refraktion – auszuwählen. Mit zufälligen Beobachtungsfehlern ist fast jede Messung behaftet. Ihre Größe hängt wesentlich von der Übung des Beobachters ab. Auch bei ausgezeichneter Kimm werden selbst geübte Beobachter Fehler von einer Minute kaum unterschreiten können. Bei etwas schlechteren Beobachtungsverhältnissen erreichen sie schnell bis zu 3 Minuten. Ungeübte müssen mit größeren Fehlern rechnen. Diese zufälligen Fehler lassen sich aber weitgehend ausschalten, indem man möglichst schnell hintereinander mehrere Kimmabstände des gleichen Gestirns, die sich natürlich laufend ändern, misst und daraus ebenso wie aus den dazugehörigen Beobachtungszeiten Mittelwerte bildet. Dabei können offensichtliche Fehlbeobachtungen („Ausreißer“) erkannt und eliminiert werden. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass dieses Verfahren um den Kulminationszeitpunkt nicht angewendet werden kann. Zu den zufälligen Beobachtungsfehlern gehören auch: die irrtümliche Ablesung am Chronometer (meist 1s, 5s oder 10s bzw. 1m) wie am Sextanten (meist 10’ oder auch 1°) und das Vertauschen der Zahlenreihenfolge beim Aufschreiben. Zur Kontrolle der eigenen Beobachtungskunst sollte man, wenn möglich, astronomische Beobachtungen auch gerade dann auswerten, wenn durch andere Methoden der Ortsbestimmung dessen Überprüfung möglich ist. Man sollte überhaupt jede Gelegenheit nutzen, sich in der Fertigkeit des Beobachtens wie auch des Auswertens zu üben, damit die Fehler klein sind, wenn es darauf ankommt. Unter einigermaßen normalen Verhältnissen, und damit hat man es im allgemeinen zu tun, können alle aufge-zeigten Fehlerquellen die Brauchbarkeit der Verfahren zur astronomischen Ortsbestimmung in den noch aufzu-zeigenden Grenzen nicht in Frage stellen. Man unterlasse es aber nie, bei etwa auftretenden Unstimmigkeiten diesen nachzuspüren, bevor man ihre Ursachen au abnorme Verhältnisse abschiebt.

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Stundenwinkel und Abweichung Zunächst einmal ist es wünschenswert, dass wir uns einige Bezeichnungen und Abkürzungen einprägen, die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Stundenwinkels benötigt werden und immer wieder auftauchen. Es sind hier gleichzeitig die entsprechenden Benennungen in englischer Sprache aufgeführt, falls später einmal mit der H.O. 249 und einem englischsprachigen Almanach anstatt des Nautischen Jahrbuchs gearbeitet werden sollte. Unsere weiter unten stehenden Ausführungen bereiten uns auf das Rechnen nach der Semiversusformel oder mit dem Taschenrechner vor.

Deutsch Englisch Bedeutung Grw. Stw. GHA Greenwicher Stundenwinkel / Greenwich-Hour-Angle für das betreffende Gestirn

bzw. den Frühlingspunkt für die volle Stunde MGZ aus der entsprechenden Tages-seite des Nautischen Jahrbuchs (N.J.) oder des Almanach.

Zuw. Incr. Zuwachs / Increment des Grw. Stw. / GHA für die Minuten und Sekunden aus den Schalttafeln des N.J.

Verb. Corr. Verbesserung / Correction des Zuwachses infolge ungleichförmiger Bewegungen des betreffenden Gestirns…. Mit Hilfe von….

Unt. Diff. Unterschied / difference, der beim Greenwicher Stundenwinkel angegeben ist und auf der Schalttafelseite für die Minuten herausgenommen wird. Dies ist nur beim Mond und den Planeten nötig.

β SHA Sternwinkel / Star-Hour-Angle wird nur bei Fixsternen angewendet und wird zum Grw. Stw. des Frühlingspunktes addiert (findet keine Anwendung bei H.O.249 Vo-lume 1)

Grw. t GHA Der auf die Beobachtungszeit (Stunde, Minute, Sekunde) MGZ verbesserte Grw. Stw. für das beobachtete Gestirn.

λ λ Geographische Länge des Ortes, für den der Ortsstundednwinkel des beobachteten Gestirns errechnet werden soll.

T tö tw

LHA EHA LHA

Ortsstundenwinkel des beobachteten Gestirns in 360° - Zählung (360° - t, wenn t > 180°) Ortsstundenwinkel in 180° - Zählung (tw = t, wenn t < 180°) Ortsstundenwinkel in 180°

Wie bereits bekannt, ist durch den Stundenkreis eines Gestirns eine seiner beiden Koordinaten im Äquatorsystem festgelegt: sein Sternwinkel β. Es ist der Winkel zwischen dem Stundenkreis des Frühlingspunktes und eben dem des Gestirns. Nun gehört der Himmelsmeridian auch dem Äquatorsystem an, und deshalb schließen der obere Meridian und der Stundenkreis eines Gestirns ebenfalls einen Winkel ein, den wir seinen „Orts- stundenwinkel“ nennen. Er heißt Ortsstundenwinkel, weil seine Größe durch den Himmelsmeridian und davon abhängig von der Länge des betreffenden Or- tes bestimmt wird. Die Benennung Stundenwinkel erklärt sich aus der Tatsache, dass seine Größe bei der Sonne ein genaues Maß für die Zeit ist, die noch zu deren Kulmination vergeht bzw. seit der Kulmi- nation vergangen ist. Der Stundenwinkel zählt vom oberen Meridian ausgehend, hat den oberen Pol als Scheitelpunkt und ist, wie gesagt, von der geographischen Länge des Beobachtungsorts abhängig. Man kann das auch so ausdrücken: Für Orte gleicher Länge hat das gleiche Gestirn den gleichen Ortsstundenwinkel, für Orte unterschiedlicher Länge hat das gleiche Gestirn im gleichen Augenblick unterschiedliche Ortstunden winkel!

Den Ortstundenwinkel eines Gestirns, der auf die Länge von Greenwich bezogen ist, nennt man dessen „Green-wicher Stundenwinkel“. Dieser und ein Ortsstundenwinkel desselben Gestirns hängen zum gleichen Zeitpunkt

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auf sehr einfache Weise zusammen: sie unterscheiden sich um die geographische Länge λ des betreffenden Or-tes. Es gilt offensichtlich die Beziehung: Grw. t + λ = t Wobei λ bei Ostlänge mit einem + Zeichen, bei Westlänge mit einem – Zeichen einzusetzen ist. Das Nautische Jahrbuch enthält in Abhängigkeit von der MGZ den Greenwicher Stundenwinkel nur für die Sonne, den Mond und die vier Planeten Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Für die Berechnung des Ortstundenwinkel der Fixsterne ist der Greenwicher Stundenwinkel des Frühlingspunktes angegeben, ebenso wie die Sternwinkel β für 80 der hellsten Fixsterne. Es ist leicht einzusehen, dass sich der Ortsstundenwinkel des Frühlingspunktes und der eines Fixsterns in jedem Ort zum gleichen Zeitpunkt um dessen Sternwinkel β unterscheiden. Das gilt also auch für ihre Greenwicher Stundenwinkel und in Abhängigkeit von der geographischen Länge ihre Ortstundenwinkel, so dass man folgende Beziehung ablesen und formulieren kann: (t + β) – λ = t Der Ortstundenwinkel t zählt immer vollkreisig von 0° bis 360° vom oberen Meridian aus. Man beginnt die Zählung im (Orts-) Himmelsmeridian. Während der Ortsmeridian in Richtung des Gestirns in der Kulmination der eine Schenkel des Ortsstundenwinkels mit dem Wert 0 ist, wandert der Stundenkreis mit dem Gestirn um das Himmelszelt herum, wobei der Himmelspol der Scheitelpunkt von „t“ ist. Man kann „t“ auch halbkreisig ausdrücken, indem wir feststellen, dass alle Werte von „t“ zwischen 0° und 180° immer im Westhalbraum und die zwischen 180° und 360° immer im Osthalbraum liegen müssen. „t“ im Westhalbraum nennen wir tw (= t), er wird vom oberen Meridian aus in den Westhalbraum hinein gezählt. „t“ im Osthalbraum nennen wir tö oder tE (= 360° - t), er wird vom oberen Meridian in den Osthalbraum hinein gezählt. Ergibt sich „t“ zu 0° oder 180°, so steht das Gestirn gerade in der oberen bzw. unteren Kulmination. 3 Beispiele (alle Zeiten in MGZ, Auszüge aus N.J. nächste Seiten): am 09.03.73 Rigel (17) am 09.03.73 am 09.03.73 15-33-26 auf λ = 24°43’E 23-33-37 auf λ = 78°41,8’E 15-32-19 auf λ = 109°13.2’W Grw. Stw. 15h = 42°21,2’ Grw. Stw. 23h = 152°29,2’ Grw. Stw. 15h = 346°47,9’ Unt = 6,3’ Zuw. f. 33m26s = 8°21,5’ Zuw. f. 33m37s = 8°25,6’ Zuw. f. 32m19s = 7°42,7’ β (17) = 281°41,0’ Verb. = 3,4’ Grw. t = 50°42,7’ Grw. t = 434°10,2’ Grw. t. = 354°34,0’ λ E (+) = 24°43,0’ λ E (+) = 78°41,8’ λ W (-) = - 109°13,2’ t = 75°25,7’ t = 512°52,0’ t = 245°20,8’ ========= - 360° ============= t = 152°52,0’ ===========

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Auszug aus dem Nautischen Jahrbuch:

Für die 3 Beispiele von Seite 49 berechnen wir nun das δ: am 09.03.73 Rigel (17) am 09.03.73 am 09.03.73 15-33-26 23-33-37 15-32-19 δ 15h = 4°23,3’ S Unt. = 1,0 δ = 8°14,0´ S (konst.) δ 15h = 22° 29,8’ N Unt. = 8,2 Verb. = - 0,5’ N Verb. = + 4,4’ N δ = 4°22,8’ S δ = 8° 14.0’ S δ = 22°34,2’ N

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Die Mittagsbreite Wir beginnen unsere nautisch-astronomischen Berechnungen mit einem Sonderfall, bei dem das Gestirn im Himmelsmeridian - also mit Zenit und Himmelspol auf einem Kreisbogen – steht. In dieser Stellung kulminiert es, d.h. es erreicht seinen höchsten Stand im Verlaufe eines Tages (wir sprechen von der oberen Kulmination). Lediglich der Mond muss hier ausgenommen werden, da er wegen seiner raschen Deklinationsänderung mögli-cherweise seinen höchsten Stand außerhalb des Meridians erreicht. Ohnehin ist es fast ausnahmslos die Sonne, die wir in der Kulmination beobachten, und da diese immer mittags stattfindet, sprechen wir auch von der „Mittagsbreite“. Das Azimut ist bei diesem Ereignis logischerweise 0° bzw. 180°, und die zum Azimut rechtwinklig – also in Ost-West-Richtung – verlaufende Standlinie muss ein in Graden und Minuten auszudrückender Brei-tenparallel sein. Da der Stundenkreis des Gestirns und der Meridian sich miteinander decken und es keinen Winkel zwischen beiden gibt, sprechen wir bei der Kulminations- bzw. Meridianhöhe von h0 und bei dem zugehörigen Komplementbogen, der Kulminations-/Meridian-Zenitdistanz, von z0. Zwischen der Meridian-Zenitdistanz z0, der geographischen Breite φ und der Abweichung des Gestirns δ besteht eine Beziehung, die wir der nebenstehenden Zeichnung entnehmen: φ0 = z0 + δ oder z0 = φ0 - δ Auf diese einfache Formel gründet sich das Rechenverfahren für die Mittagsbreite. Vorbereitung der Beobachtung: In der Praxis errechnet man sich zur Vorbereitung der Beobachtung die voraussichtliche Kulminationszeit. Die-ses Verfahren kennen wir schon: „Kulminationszeit der Sonne“ (S. 36) Durchführung der Beobachtung: Kurze Zeit vor dem berechneten Kulminationszeitpunkt beginnt man mit dem Beobachten; da die Sonne noch steigt, muss man am Sextanten laufend die Höhe nachstellen. Wen man merkt, dass die Höhe sich nicht mehr ändert und schließlich sogar wieder geringer wird, stellt man das Instrument nicht mehr nach. Auf diese Weise misst man die größte von der Sonne erreichte Höhe, eben den gesuchten Kulminations-Kimmabstand (nach Berücksichtigung der Indexberichtigung „Ib“) Rechenverfahren: - die am Sextanten abgelesene Höhe „ha“ wird durch Anbringen von Index- und Gesamtberichtigung zur

wahren Meridianhöhe „h0“ beschickt. - h0 wird der Name „N“ oder „S“ hinzugefügt, je nachdem, ob die Beobachtung über dem Horizont im

Nord- oder im Südmeridian erfolgte. - die Meridianzenitdistanz z0 wird gebildet (z0 = 90° - h0) und mit dem entgegengesetzten Namen be-

zeichnet (also „N“ bei der Beobachtung über dem Südhorizont und „S“ bei der Beobachtung über dem Nordhorizont)

- z0 wird nun auch noch mit dem N oder S entsprechenden Vorzeichen versehen (also plus bei z0N und minus bei z0S)

- der Rechnung „Kulminationszeit der Sonne“ entnimmt man die MGZ der Kulminationszeit am Schiffs-ort und bestimmt mit ihr aus dem Nautischen Jahrbuch die Abweichung „δ“.

- die gesuchte wahre Breite ist dann unter Berücksichtigung und Anwendung der Vorzeichen aller drei Größen - φ, δ und z0 - die algebraische Summe aus z0 und δ.

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Beispiel: Am 09.03.1973 beobachtete man im Mittelmeer auf 10°30’ E gegen 11-29 MGZ die Sonne im Südmeridian in der oberen Kulmination: = 47°08,5’, Ib = - 1,2’, Ah = 12 m Rechnung: = 47°08,5’ Ib = - 1,2’ KA = 47°07,3’ Gb = + 9,1’ h0 = 47°16,4’ S (im Südmeridian) z0 = 42°43,6’ N (entg. Name von h0) δ berechnen wie gelernt δ = - 4°26,7’ S φw = 38°16,9’ N ============= Vorausberechnung: Bei vorauskoppelbarem Schiffsort ist es möglich, die zu erwartende Kulminationshöhe bzw. deren Sextantenab-lesung vorauszuberechnen. Der Vergleich dieses vorher errechneten Wertes mit dem der später während der Kulmination gemessenen tatsächlichen Höhe führt zur unmittelbaren Feststellung des Breitenunterschiedes zwi-schen gegißter und tatsächlicher Breite (φ) und damit zur wahren Breite (φw) nach algebraischer Addition von φ an die gegißte Breite φg. Zu vermerken wäre noch, dass φ = h ist. Denn da, wie oben beschrieben, das Azimut bei der Beobachtung in Nord/Süd-Richtung oder umgekehrt verläuft, liegt die Standlinie stets in Ost/ West-Richtung und bildet damit ein Breitenparallel. Beispiel für die Vorausberechnung: Für den voraussichtlichen Zeitpunkt der Kulmination am 09.03.1973 um 12-13 MGZ hat man seinen Schiffsort nach 62°12’ N und 000°27,8’ E gekoppelt. Ah = 10m, Ib = + 3,0’. Welcher Kimmabstand ist zu erwarten? (Da bei der folgenden Rechnung in entgegengesetzter Richtung gerechnet wird, müssen die Berichtigungen auch mit entgegengesetzten Vorzeichen angebracht werden!) Kulm φg = + 62°12,0’ N - δ = - 4°26,3’ S z0 = + 66°38,3’ N h0 = 23°21,7’ S (im Südmeridian) - Gb = (+) 8,3’ Kar = 23°13,4’ - Ib = (+) 3,0’ r = 23°16,4’ (zu erwartende, berechnete Sextantenablesung) a = 23°18,7’ (tatsächlich abgelesen = ha, größer > Standort also Sonnen-näher, weiter südlich) φ = - 2,3’S (Differenz) φg = 62°12,0’ N φw = 62°09,7’ N ==================

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Die Berechnung des Nautisch-Sphärischen Dreiecks Das nautisch-sphärische Dreieck: Die Abbildungen zeigen noch einmal die Koordinatensysteme, mit deren Hilfe der Ort eines jeden Gestirns fest-gelegt werden kann. Es sind alle Größen eingetragen, die entweder messbar, berechenbar oder im Nautischen Jahrbuch angegeben sind! Die Punkte Zenit Ze, der obere Pol PN (für einen Beobachter auf Nordbreite) und das Gestirn G bilden die Eckpunkte des Dreiecks.

Die drei Seiten unseres nautisch-sphärischen Dreiecks sind: - Das Höhenkomplement = Zenitdistanz - Das Breitenkomplement = Pol-Zenit-Distanz - Das Abweichungskomplement = Poldistanz Seine drei Winkel sind: - Das Azimut = rechtw. Peilung des Gestirns - Der (Orts-) Stundenwinkel = t (Ost oder West) - Der parallaktische Winkel bei G (interessiert uns nicht) Von diesen sechs Bestimmungsstücken des Dreiecks sind für die nautischen Berechnungen als bekannt anzuse-hen:

- die gegißte Breite φg des der Rechnung zugrunde liegenden ungefähren Schiffsorts und damit auch das Brei-tenkomplement 90° - φ

- die Abweichung δ, nach der Beobachtungszeit dem Nautischen Jahrbuch zu entnehmen, und damit deren Komplement 90° - δ

- der Stundenwinkel t, nach der Beobachtungszeit und der Länge des gegißten Schiffsorts nach den Angaben des Nautischen Jahrbuchs zu berechnen.

Nach den Regeln der sphärischen Trigonometrie (s.o.) muß es demnach möglich sein, die übrigen Stücke des Dreiecks zu berechnen; von ihnen benötigen wir die Zenitdistanz z bzw. die Höhe h und das Azimut Az des Gestirns. Vorweg sei bemerkt, dass die errechnete Höhe ebenso wie das berechnete Azimut für den der Rech-nung zugrundeliegenden (Koppel-) Ort zum Zeitpunkt der Beobachtung gilt. Die tatsächlich beobachtete Höhe spielt für die Rechnung keine Rolle!

Die Höhengleiche In jedem Augenblick steht jedes Gestirn senkrecht über einem Ort der Erde, also dessen Zenit. Diesen Erdort nennt man den Bildpunkt des betr. Gestirns. Stellt man sich die Erdkugel und das Himmelsgewölbe als konzen-trische Kugeln vor, wie wir dies ja tun, so schneidet die Verbindungslinie eines Gestirns mit dem Erdmittelpunkt die Erdoberfläche in eben jenem Bildpunkt. Offensichtlich ist dann dessen geographische Breite φ = der Abwei-chung δ und seine geographische Länge λ = „Grw. t.“ des betreffenden Gestirns incl. Vorzeichen. So ist ohne weiteres einzusehen, dass nach obiger Definition jeder Erdort eines Beobachters der Bildpunkt seines Zenits ist, die Erdpole Bildpunkte der Himmelspole usw. Demnach kann man dem nautisch-sphärischen Dreieck am Himmelsgewölbe ein entsprechendes sphärisches Dreieck auf der Erdoberfläche zuordnen, dessen Seiten

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und Winkel im Winkelmaß gleich den entsprechenden im erstgenannten sind. Da ferner die Dreiecksseiten Großkreise und eine Bogenminute auf einem solchen eine Seemeile lang ist, muß gelten: 1. der Abstand in Seemeilen vom

Beobachtungsort zum Gestirnsbildpunkt ist gleich der Zenitdistanz des beobachteten Gestirns in Bogenminuten.

2. die Großkreisrichtung vom Beobachtungsort zum Gestirnsbildpunkt ist gleich dem Azimut des Gestirns!

Daraus lässt sich umgekehrt folgern: Alle Orte auf der Erdoberfläche, in denen im gleichen Augenblick dasselbe Gestirn mit gleicher Höhe, also auch gleicher Zenitdistanz beobachtet wird, müssen demnach auf einem Kreis liegen, dessen sphärischer Mittelpunkt der Gestirnsbildpunkt und dessen sphärischer Radius dessen Zenitdistanz ist. Diesen Kreis nennt man die Höhengleiche. Es bestimmt also die beobachtete Höhe die zugehörige Höhengleiche. Auf ihr muß der Beobachter stehen, sie ist daher eine Standlinie für den Schiffsort. Und da auch auf einer Kugeloberfläche der sphärische Radius eines Kreises senkrecht auf seinem Umfang steht, verläuft die Höhengleiche senkrecht zum Azimutstrahl. Schließlich kann man aus dem Gesagten – wie auch aus bloßer Anschauung – folgern: Bewegt man sich von der Höhengleiche ohne Zeitverlust zum Gestirnsbildpunkt oder auch, wie man sagt, zum Gestirn hin, wird die Höhe größer; bewegt man sich weg, wird sie kleiner. Die Höhenänderung beträgt jeweils eine Bogenminute pro Seemeile Abstand von der Höhengleiche. Anders formuliert: Im gleichen Augenblick erscheint dasselbe Gestirn für einen Beobachter innerhalb der Höhengleiche unter einer größeren, außerhalb der Höhengleiche unter einer kleineren Höhe als für den Beobachter auf der Höhengleiche.

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Die Höhenformel In den Fällen, in denen das beobachtete Gestirn nicht im Meridian steht, ist für den angenommenen Ort und für die Beobachtungszeit seine Höhe hr (errechnete Höhe) und sein Azimut zu berechnen. Hierfür gibt es verschie-dene Verfahren, vornehmlich und herkömmlich solche mit Hilfe von Tafelwerken. So war in der deutschen See-schiffahrt die Höhenberechnung mit Hilfe der „Semiversus-Formel“ und den „Nautischen Tafeln“ (Fulst) die gebräuchliche. Mehr und mehr setzen sich in den letzten Jahrzehnten ausländische Tafelwerke durch, die dem Beobachter schon einen großen Teil der Rechenarbeit vorweggenommen haben, wie z.B. das amerikanische Tafelwerk H.O. 249. Diese Tafeln sind jedoch sehr umfänglich und nicht in allen Teilen zeitlos gültig. Am Schluß dieses Leitfadens sind Rechenbeispiele nach H.O. 249 durchgeführt. Der Leitfaden behandelt überwiegend das Verfahren mit dem Taschenrechner, das sich auf die einfache Um-schreibung des Cosinussatzes stützt. Von dieser Taschenrechnerformel ist im weiteren Verlauf die Semiversus-formel abgeleitet, um dem Beobachter nach Fulst’s „Nautischen Tafeln“ den Weg zu zeigen. Wir betrachten zunächst das „Nautisch-Sphärische-Grunddreieck“ (s.o.), es enthält die Größen: Breitenkomplement 90° - φ, Abweichungskomplement 90° - δ, Ortstundenwinkel „t“, Zenitdistanz z = 90° - h und das Azimut Az. Bei angenommenem Ort und bekannter Zeit sind uns davon die drei ersten bekannt; also müssen wir nach den Gesetzen der sphärischen Trigonometrie die beiden anderen berechnen können. Dazu wenden wir den Cosinus-satz an: cos z = cos(90°-φ) * cos(90° - δ) + sin(90° - φ) * sin(90° - δ) * cos t. Da aber nach den trig. Grundregeln cos(90° - α) = sin α und sin(90° - α) = cos α ist, kann man die Gleichung unschreiben: cos z = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t Und schließlich für den Taschenrechner als Standardformel:

sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t

Rechenbeispiele: Es sei: φ = 54°30’ N, δ = 14°37,5’ N, t = 44°18,5’ (Benutzung der Konstantenspeicher empfohlen!) sin h = sin 54°30’ * sin 14°37,5’ + cos 54°30’ * cos 14°37,5’ * cos 44°18,5’ sin h = 0,81411… * 0,25249…. + 0,58077…. * 0,96759…. * 0,715591…. (Der Taschenrechner weiß die Regel „Punktrechnung vor Strichrechnung“ automatisch) sin h = 0,60763914 …. und mit INV sin: h = 37,4° ======= Es sei: φ = 24°30’ N, δ = 14°37,5’ S, t = 44°18,5’ sin h = sin 24°30’ * sin -14°37,5’ + cos 24°30’ * cos -14°37,5’ * cos 44°18,5’ sin h = 0,41469… * -(0,25249…) + 0,90996.... * 0,96759….. * 0,715591…. sin h = 0,525355495 h = 31,7° ======= Es sei: φ = 24°30’ S, δ = 14°37,5’ S, t = 325°44,6’ sin h = sin -24°30’ * sin -14°37,5’ + cos -24°30’ * cos -14°37,5’ * cos 325°44,6’ sin h = 0,832442728 h = 56,4° =======

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Die Azimutformel Aus dem nautisch-sphärischen Dreieck kann man mit Hilfe des Cosinussatzes auch folgende Beziehung ablesen: sin δ = sin φ * sin h + cos φ * cos h * cos Az, die man umformt in (1)

(Höhen-Zeit-Azimut für den Taschenrechner) (2) Man könnte in diese Gleichung den vorher berechneten Wert für die Höhe einsetzen. Das ist unüblich, würde einen

Fehler perpetuieren, außerdem ist der Cosinus nicht eindeutig. Es wird weiter umgeformt. Man dividiert durch sin Az und erhält:

(3)

Nach dem Sinussatz gilt im nautisch-sphärischen Dreieck aber auch (4) oder, da doch sin z = sin(90° - h) = cos h und sin(90° - δ) = cos δ, cos h * sin Az = sin t * cos δ; (5) und für den Taschenrechner setzen wir danach die allerdings nur bedingt anwendbare Formel für das ¼-kreisige Azimut ein:

(6) Nach Formel (5) ersetzen wir in (3) cos h * sin Az und erhalten:

(7)

Schließlich gilt nach dem Cosinussatz im nautisch-sphärischen Dreieck, wie im vorherigen Kapitel gesehen: sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t (Höhenformel) (8) Danach wird in (7) ersetzt:

(9) Da grundsätzlich, ohne dass wir jetzt den Beweis antreten, sin + cos = 1 bzw. 1 – sin = cos ist, kann für (9) auch geschrieben werden:

(10)

oder in anderer Reihenfolge der einzelnen Faktoren getrennt: (11)

Da nun sin δ/cos δ = tan δ ist, formen wir zunächst um und kürzen:

um dann für den Taschenrechner die (12) Standardformel zu erhalten:

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Die Berechnung der Höhe und des Azimuts mit dem Taschenrechner

Grundregeln für beide Berechnungen: Für die Berechnung der Höhe „h“ und des Azimuts „Az“ benötigt man die Größen des nautisch-sphärischen Grunddreiecks bzw. deren Komplemente: - die geographische Breite φg des Beobachters, die sich aus dem Koppelort ergibt, - die Abweichung δ des Gestirns, - den Ortsstundenwinkel t des Gestirns. Für den Rechenvorgang gelten folgende Regeln: - Nördliche Breiten und Abweichungen sowie östliche Längen sind positiv. - Südliche Breiten und Abweichungen sowie westliche Längen sind negativ. - Der Ortsstundenwinkel zählt immer vom oberen Meridian aus, entweder halbkreisig nach West (tw) bzw.

nach Ost (tE) oder vollkreisig in 360°-Zählung. Die Eingabe in den Taschenrechner erfolgt von Fall zu Fall halb- oder vollkreisig.

- Die Höhe „h“ ist logischerweise immer positiv. - Das Azimut:

- viertelkreisig ist ein spitzer Winkel, er zählt jeweils vom Nord- bzw. Südmeridian nach Ost bzw. West - halbkreisig zählt es vom Nordmeridian aus 180° über Ost bzw. West nach Süd - vollkreisig in 360°-Zählung im Sinne der Kompassrose ist es das rechtweisende Azimut

Die Berechnung der Höhe „h“: Sie wird berechnet nach der vom Cosinussatz abgewandelten Formel sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t unter Beachtung der Vorzeichen bei φ und δ (siehe Übungen auf Seite ??). Die Berechnung des Azimuts: Für die Berechnung des Azimuts stehen die Formeln (2), (6) und (12) zur Verfügung. Wir beschränken auf die Anwendung der Formel (12):

Sie ist die Formel, die sich für alle in Frage kommenden Fälle anbietet. Gleichzeitig kann man mit ihr das vollkreisige Azimut auf direktem Wege über die Koordinatentransformation berechnen.

Unsere Betrachtung geht wieder zurück zu den Winkelfunktionen (siehe Seite 5) und den Überlegungen zur Koordinatentransformation (siehe Seite 12), wir betrachten die Formel: tan α = a/b (bzw. allg. x/y), der wir alsdann die Formel (12) gleichsetzen, und zwar den Wert von t gleich dem gedachten a- und das Ergebnis des Nenners gleich dem gedachten b- Wert.

Koordinatentransformation: R > P. Das Resultat für „d“ ignorieren wir, obwohl es im Verlauf der Rechnung anfällt; unser Interesse richtet sich allein

auf den Winkelwert (entspr. Kartenkurs), der uns zum vollkreisigen Azimut führt. Allerdings ist noch ein Kunst-griff vorzunehmen, damit das Azimut auch kompassgerecht am Rechner angezeigt wird. Da nämlich das Azimut bekanntlich der 360°-Zählung der Kompassrose entspricht, beginnt die Zählung von t bei der Kulmination im Südmeridian bei 180° am Kompaß rechts herum und bei der Kulmination im Nordmeridian bei 000° am Kompaß links herum. Das hat zur Folge, dass sin t in allen Quadranten der Kompassrose das entgegengesetzte Vorzeichen vom Azi-mut hat. Dem muß abgeholfen werden: durch Eingabe des Zählers „sin t“ mit entgegengesetztem Vorzeichen (Vorzeichen-Umkehrtaste bedienen) in den Rechner wird dieser Missstand behoben; das Azimut wird dann zu-nächst halbkreisig folgendermaßen richtig angezeigt: Ist der am Rechner angezeigte Wert für das Azimut positiv, so ist es das vollkreisige Azimut, ist der am Rechner angezeigte Wert für das Azimut negativ, so ist es nach Addition von 360° das vollkreisige Azimut. Beispiel: Anzeige: „123“ diese Anzeige ist das vollkreisige Azimut 123° Anzeige: „-123“ da Anzeige negativ, 360 dazuaddieren > Ergebnis: vollkreisiges Azimut = 237°

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Beispiel einer Berechnung von Stundenwinkel „t“, Höhe „h“ und Azimut „Az“ mit Taschenrechner (z.B. Casio 3600 P)

Auszüge aus NJ siehe Seiten ??

Aufgabe: Am 11.6.1973 befand man sich gegen 04-03 ZZ auf φg = 47°05’N und λg = 35°55’W. Man beobachtete bei einer Augeshöhe „Ah“ von 8 m und einer Indexberichtigung „Ib“ von –1,8’ den Stern Atair (71).

Fragen: 1. Welches war die wahre beobachtete Höhe „hb“ ? 2. Wie groß ist der Ortsstundenwinkel „t“ des Sterns ? 3. Welches ist die für den Loggeort berechnete Höhe „h“ und welches Azimut hatte der Stern bei der Beobachtung ? 4. Wie groß ist das h ?

1. Atair (71) ha = 49°10,0’ δ = 8°47,8’N β = 62°37,2’ Ib = - 1,8’ KA = 49°08,2’ Gb = - 5,9’ hb = 49°02,3’ Chronometer Ablesung = 05-59-51 Stand = + 03-03 MGZ = 06-02-54 2. GHA 06h MGZ = 349°26,3’ Zuwachs f. 02m54s = 43,6’ β = 62°37,2’ λ = - 35°55,0’ (W) = 376°52,3’ _____- 360°_______ t = 16°52,1’ 3. Berechnung von h: sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t sin h = 0,73.. * 0,15.. + 0,68.. * 0,98.. * 0,95.. sin h = 0,755967408 hr = 49°06,6’ Berechnung des Azimuts: Nenner: 0,15.. * 0,68.. – 0,73.. * 0,95.. = - 0,59546148 INV R > P Zähler: - 0,29017333 = 0,6624… (interessiert nicht) INV X<>Y - 154,019641 + 360 = 205,9803589 Az = 206° 4. Schlussrechnung: hr = 49°06,6’ hb = 49°02,3’ h = - 04,3’ (weg) Auf der nächsten Seite die Berechnung auf dem Taschenrechner Schritt für Schritt.

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Schritt für Schritt auf dem Rechner:

Eingabe Anzeige Erläuterung Ortstundenwinkel 349 °’ ’’ 26,3 °’ ’’ 349,4383333 GHA für 06h MGZ aus NJ, im weiteren entweder einfache

Addition oder unabhängigen Speicher M benutzen + 0 °’ ’’ 43,6 °’ ’’ 0,726666666 Zuwachs aus NJ + 62 °’ ’’ 37,2 °’ ’’ 62,62 Addition des Sternwinkel β - 35 °’ ’’ 55 °’ ’’ - 35,91666667 Subtr. der West-Länge (bzw. Addition mit „min“ –Vorzeichen) - 360 360° abziehen, weil Zwischenwert > 360 = 16,86833333 t vollkreisig dezimal (auf Wunsch mit INV °’ ’’ in ° anzeigen) Kin 3 16,86833333 t in den Konstantenspeicher 3 Koppelbreite und Deklination in die Konstantenspeicher 47 °’ ’’ 5 °’ ’’ Kin 1 47,08333333 φg in Konstantenspeicher 1 8 °’ ’’ 47,8 °’ ’’ Kin 2 8,796666667 δ in Konstantenspeicher 2 Berechnung von h (sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t) Kout 1 sin 0,732344854 sin von φ * Kout 2 sin 0,152957089 sin von δ + Kout 1 cos 0,680933928 cos von φ * Kout 2 cos 0,988232831 cos von δ * Kout 3 cos 0,956974105 cos von t = 0,755967408 sin von hr INV sin 49,10997176 hr dezimal INV °’ ’’ 49°06,6’ hr Berechnung von Az Kout 2 tan 0,154778393 tan von δ * Kout 1 cos 0,680933928 cos von φ - Kout 1 sin 0,732344854 sin von φ * Kout 3 cos 0,956974105 cos von t = - 0,59546148 Resultat des Nenners INV R>P Koordinatentransformation Rechtwinklig zu Polar Kout 3 +/- sin - 0,29017333 sin von –t = 0,662400891 wird nicht benötigt INV X<>Y -154,019641 Registeraustausch > gesuchter Winkel, da negativ > + 360! + 360 = 205,9803589 vollkreisiges Azimut = 206° Zur Vereinfachung der Berechnungen ist es sinnvoll (und in der Prüfung auch erlaubt!), sich ein Rechenschema zu erstellen. Auf der folgenden Seite ist dazu ein Vorschlag.

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Rechenschema für Taschenrechnerverfahren (z.B. Casio 3600 P) Höhen-Standlinien-Berechnungen

Kopiervorlage Formblatt Datum/Bordzeit φk Breite des Koppelsorts

λk Länge des Koppelorts

Ah Augeshöhe

Gestirn HP: aus NJ, bei Fixstern Nr., Mond & Planet HP

ha Sextantenablesung + Ib Indexberichtigung

KA Kimmabstand

+ Gb Gesamtberichtigung (aus NJ)

hb Beobachtete („wahre“) Höhe

Chr. Abgelesene Zeit an der Beobachtungsuhr + Stand Berichtigung der Uhrzeit (aus Zeitvergleich)

MGZ Mittlere Greenwich Zeit

δ für h Unt.: aus NJ Tagesseite (volle Stunde) + Verb. aus NJ Schalttafel (für Fixsterne nicht nötig)

δ Deklination zur Beobachtungszeit

Grw. Stw. für h Unt.: aus NJ Tagesseite (volle Stunde) + Zuw. für m s aus NJ Schalttafel

+ Verb. bzw. β aus NJ Schalttafel (Verb. bei Mond, Planet)

Grw. Stw. Grw. Stw. zur Beobachtungszeit

+ λ gegißte Länge (Vorzeichen beachten!)

t Ortstundenwinkel des Gestirns

sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t Formel zur Berechnung der Höhe φ (K in 1) δ (K in 2) t (K in 3)

Die zur Berechnung erforderlichen 3 Größen

hb beobachtete Höhe

- hr Ergebnis aus der Berechnung der Formel

h Höhendifferenz (Vorzeichen (weg/hin)) !

Formel zur Berechnung des Azimuts mit Koordinatentransformation

Abgelesener Wert

ggf. + 360

Azimut (vollkreisig)

(bei negativem abgelesenen Wert)

Die Bestimmung des Schiffsorts aus Höhen-Standlinien

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Die Ermittlung einer Höhengleiche unmittelbar aus der Beobachtung eines Gestirns, der Berechnung seines Grw. t und seiner Abweichung führt zwar theoretisch zu einer Standlinie, jedoch lediglich aufgrund dieser Grö-ßen lässt sie sich nicht ohne weiteres mit der notwendigen Genauigkeit in der Seekarte oder dem Plottingsheet darstellen. Deshalb zeichnet man sie auf dem Umweg über den gegißten Schiffsort, den wir ja auch dem be-schriebenen Rechnungen zugrunde legten. Dies Verfahren wird hier nun beschrieben. Die für den gegißten Schiffsort berechnete Höhe eines Gestirns hr gilt für alle Orte, die mit dem gegißten auf der der Rechnung entsprechenden Höhengleiche liegen. In der näheren Umgebung des gegißten Schiffsorts kann man nun unter gewissen Voraussetzungen, von denen wir noch hören werden, einen kleinen Ausschnitt dieser kreisbogenförmigen Höhengleiche in der ebenen Karte oder auf Zeichenpapier (Plottingsheet bzw. kariertes Papier) als Gerade annehmen. Diese Gerade verläuft dann senkrecht zum Azimutstrahl durch den gegißten Ort. Falls beobachtete und berechnete Höhe verschieden sind, entspricht der Beobachtung eine andere Höhengeiche, diese verläuft parallel zu der aus der Rechnung folgenden und zwar im Abstand des Unterschieds zwischen der berechneten und der beobachteten Höhe (h). Im Koppelort Ok (dasselbe wie gegißter Ort Og) wird in der Richtung des Azimuts der Azimutstrahl gezeichnet und senkrecht dazu durch den Ort die berechnete Höhengleiche (das machen wir nur jetzt zur Verdeutlichung des Sachverhalts, später lassen wir diese berechnete Höhengleiche weg). (Hätte man der Rechnung Breite und Länge irgendeines anderen Ortes auf dieser Höhengleiche zugrunde gelegt, wäre die gleiche berechnete Höhe herausgekommen.) Nun wird der Höhenunterschied h definiert als hb – hr mit entsprechendem Vorzeichen (positiv = zum Gestirn hin, negativ = vom Gestirn weg). Diese Größe benutzen wir zum Zeichnen der der Beobachtung entsprechenden Höhenstandlinie, die als Parallele zu der bereits gezeichneten offensichtlich ebenfalls als Senkrechte zum Azimutstrahl darzustellen ist, und zwar in einem Punkt auf ihm, den wir ihren Leitpunkt nennen wollen. Nach dem im vorigen Abschnitt Gesagten ist dieser Leitpunkt auf dem Azimutstrahl von gegißten Ort ebenso weit in sm entfernt wie h in Bogenminuten groß ist. Bei positivem h liegt er zum Gestirn hin, bei negati-vem h vom Gestirn weg und bei h = 0 deckt er sich mit dem Ok, was aber nicht bedeuten muß, dass der gegißte auch gleichzeitig der wahre Ort wäre, allenfalls, dass beide Orte auf der gleichen Standlinie liegen müssen. Wie wir aus der terrestrischen Navigation ja schon wissen, liefert eine Standlinie noch keinen Schiffsort; dazu braucht man mindestens zwei Standlinien. Es ist also erforderlich, zur Ortsbestimmung mindestens zwei Beobachtungen durchzuführen. Zur sicheren Festlegung dieses Ortes sollte man bei der Auswahl der Gestirne berücksichtigen, daß deren Azimut einen Richtungsunterschied von mindestens 30° und höchstens 150° aufweist, weil sich dann auch die Standlinien unter dem gleichen Winkel schneiden (optimal: 90°). Andernfalls würde sich dieser Schnittpunkt schon bei geringfügigen Ungenauigkeiten im h, die sich nie ausschließen lassen, sehr stark verschieben. Noch besser ist, falls möglich, drei bis fünf Beobachtungen auf diese Weise auszuwerten. Der Schnittpunkt dieser Standlinien, oder, wie es der Ungenauigkeiten wegen immer vor-kommt, der Mittelpunkt des der Schnittfigur einzuschreibenden Kreises ist dann der gesuchte Ort. Die tatsächliche Bestimmung des beobachteten Schiffsorts aus Höhenstandlinien wird in obenstehender Figur erläutert. Es ist hierbei nicht nötig und auch nicht üblich, die Höhengleichen der errechneten Höhen (hr) einzu-zeichnen.

Ort aus mehreren Höhen mit Versegelung

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Werden zwei oder mehr Beobachtungen nicht gleichzeitig gemacht, z.B. zwei Beobachtungen der Sonne in 2 – 3 Stunden Abstand (damit sich das Azimut ausreichend, d.h. mindestens um 30° ändert), verfährt man in der Be-stimmung des Ob ähnlich. Man rechnet für die erste Beobachtung mit den Koordinaten des ersten Beobachtung-sortes, koppelt von dort so sorgfältig wie möglich zum zweiten Beobachtungsort und berechnet mit dessen Ko-ordinaten die zweite. Für jede Beobachtung erhält man ein h mit einem dazugehörigen Azimut. Mit diesen Werten bestimmt man für den zweiten gegißten Ort den entsprechenden beobachteten, als ob beide Beobachtun-gen gleichzeitig gemacht worden wären (d.h. wir haben die 1. Standlinie „versegelt“, ganz entsprechend den Versegelungspeilungen in der terrestrischen Navigation). Koppelfehler verfälschen das Ergebnis geringfügig. Auf alle Fälle ist die 2. Standlinie frei von Koppelfehlern. Erfahrungsgemäß rechnet man mit Fehlern von 5 -10% der zwischen den Beobachtungen versegelten Distanz. Aus dem Gesagten folgt, dass die zeichnerische Lösung der Höhen-Versegelungspeilung genau die gleiche ist wie die eben auf der vorherigen Seite behandelte. Besteckversetzung: Den Unterschied zwischen gekoppeltem Besteck (Ok) und der astronomischen Beobachtung (Ob) nennt man die Besteckversetzung BV, wobei die Ursache, die zu der BV geführt haben könnte, im allgemeinen keine Rolle spielt. Die BV wird durch Angaben von Richtung und Entfernung vom Ok zum Ob ausgedrückt. Sie kann ent-weder direkt der Zeichnung entnommen oder nach dem Verfahren der Besteckrechnung II ermittelt werden. Beispiel 1: Auf φg = 35°32’N, λg = 42°56’W hat man aus Beobachtungen von Jupiter und zweier Fixsterne beobachtet: Jupiter: h = + 1,6’, Az = 141° Sirius: h = - 4,5’, Az = 213° Algol: h = -4,2’, Az = 248° Welcher Ob und welche BV wird daraus ermittelt? Es wird wie nebenstehend gezeichnet. Aus der Zeichnung entnimmt man für den Ob ein b = 2,0’N und ein a = 4,2 sm E gegenüber dem Ok Hiermit ist zu rechnen: φg = 35°32’N b = 2’N φb = 35°34’N = beobachtete („wahre“) Breite Als φm erhält man 35°33’, womit die gefundene Abweitung in Längenunterschied umgewandelt wird: l = 4,2 / cos 35°33’ = 5’ E (abgerundet) Also ergibt sich für die beobachtete Länge: λg = 42°56’W l = 5’E λb = 42°51’W = beobachtete (“wahre”) Länge Die Besteckversetzung entnimmt man entweder direkt der Zeichnung: BV = 63° / 4,7 sm (je nach Genauigkeit der Zeichnung) oder mit der Polarkoordinatentransformation R > P (b = + 2 sm, a = + 4,2 sm): BV = 64,5° / 4,652 sm Beispiel 2: An einem Koppelort φg = 47°39’N, λg = 26°02’W hatte man aus einer Beobachtung der Sonne errechnet: h1 = - 3,2’, Az1 = 165°. Nach 2 Stunden und 55 Minuten erfolgt eine zweite Beobachtung der Sonne; in diesem Augenblick hat man den Koppelort φg2 = 47°26,6’N, λg2 = 26°38,3’W erreicht. Die neue Rechnung ergibt: h2 = + 2,4’, Az2 = 207°. Welcher Ob und welche BV ergibt sich daraus?

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Beide Standlinien werden an den Ok der 2. Be-obachtung angetragen; für den Ob ergibt sich gegenüber dem Ok ein b = 1,2’ N und ein a = 7,7 sm W. Damit berechnet man zunächst die Breite: φg = 47°26,6’N b = 1,2’N φb = 47°27,8’N = beobachtete („wahre“) Breite Aus φm = 47°27’ und dem gefundenen a = 7,7 sm W erhält man ein l = 11,4’ W, mit dem man die wahre Länge bestimmt: λg = 26°38,3’W l = 11,4’W λb = 26°49,7’W = beobachtete (“wahre”) Länge Der so bestimmte Ort ist natürlich der Ob zum Zeitpunkt der zweiten Beobachtung. Aus der Zeichnung findet man die BV: BV = 280° / 7,8 sm Bei diesem Beispiel einer versegelten ersten Standlinie ist es zweckmäßig, alle Rechnungen zunächst auf Zehntel Minuten durchzuführen; erst das Endergebnis wird wieder auf ganze Minuten abgerundet.

Das Mittagsbesteck (Ort aus versegelter Vormittags-Sonnenhöhe und Mittagsbreite)

In dem folgenden Beispiel wird ein Mittagsbesteck gerechnet, wie es in der Berufsschiffahrt üblich ist. Man errechnet jeweils von Mittag zu Mittag die abgelaufene Gesamtdistanz, den Gesamtkurs, die Durchschnittsfahrt, die sich aus der neuen Mittagsposition ergeben, und legt die Besteckversetzung BV fest, d.h. den Unterschied zwischen erkoppeltem und wahrem Ort in Distanz und Richtung. Alle diese Daten werden im Schiffstagebuch festgehalten, um den Nachweis über sorgfältige Navigation und den Verlauf der Reise zu erbringen. In der Sportschiffahrt kann das Ermitteln des Schiffsorts ohne Versegelung von Standlinien vorteilhafter sein wegen der geringeren Kursbeständigkeit kleiner Schiffe. Sternbeobachtungen in der Dämmerung bieten sich hierfür an. Man stand am 14.08.1973 um 12-00 ZZ auf 28°55’N 27°08,5’W. Fahrt = 16,5 kn, Kartenkurs = 249°, Ib = -6,5’, Ah = 3,5 m, Stand = - 23s Am nächsten Vormittag beobachtete man gegen 10-18 Bordzeit die Sonne (Unterrand) mit 58°48,5’ am Sextan-ten. Zur Kulmination der Sonne maß man die Sonnenhöhe am Sextanten mit 77°20,0’ (Unterrand) Formblatt auf der nächsten Seite.

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Mittagsbesteck Formblatt Taschenrechnerverfahren

Bdzt. = ZZ K F d gekoppelte Breite Mittelbreite gekoppelte Länge

14.08.73 12-00 249° 16,5 kn 368 sm φ1 = 28°55,0’ N

b = 2°11,0’ S φm = 27°50’ a = 343,5 sm

λ1 = 27°08,5’ W l = 6°28,5’ W

15.08.73 10-18 249° 16,5 kn (28 sm) φ2 = 26°44,0’ N

b = 10,0’ S φm = 26°39’ a = 26,2 sm

λ1 = 33°37,0’ W l = 29,3’ W

12-00 249° 16,5 kn 396 sm φk = 26°34,0’ N b = 2,0’ S λk = 34°06,3’ W

Kulm. 12-21 249° 16,5 kn (5,6 sm) φkulm = 26°32,0’ N Kulminationszeit Kulm.- Deklination

T = 12-04 - λ i.Zt. = + 2-17 δ f. 14h = 13°59,3’ N MGZ = 14-21 Unt.: 0,8’ ZU = - 2-00 Verb. = 0,3’ S ZZ = 12-21 δKulm. = 13°59,0’ N Mittagsbreite: ha = 77°20,0’ Ib = - 6,5’ KA = 77°13,5’ Gb = + 12,5’ h0 = 77°26,0’ (S) z0 = 12°34,0’ (N) δ = 13°59,0’ (N) Zeichnung (unten): φb = 26°33,0’ N BV = 325° / 1,2 sm Kulm. φk = 26°32,0’ N a = 0,7 sm W φ = + 01,0’ N l = 0,8’ W 12h φk = 26°34,0’ N λk = 34°06,3’ W 12h φb = 26°35,0’ N λb = 34°07,1’ W Eintragung ins Logbuch: Verl. Ort am 14.08.73, 12-00 φ = 28°55,0’N λ = 27°08,5’W Err. Ort am 15.08.73, 12-00 φ = 26°35,0’N λ = 34°07,1’W φm = 27°45’ a = 370,4 sm b = 2°20,0’S l = 6°58,6’W Mit Koordinatentransformation R > P: Gesamtdistanz = 396 sm Gesamtkurs = 249,3° Durchschnittsfahrt = 16,5 kn

Datum/Bordzeit 15.08.73 / 10-18 φk 26°44’ N λk 33°37’ W Ah 3,5 m

Gestirn Sonnenunterrand ha 58°48,5’ + Ib - 6,5’ KA 58°42,0’ + Gb + 12,0’

hb 58°54,0’ Chr. 12-17-43 + Stand - 0-23

MGZ 12-17-20 δ für 12h 14°00,8’ Unt.: 0,8 + Verb. - 0,3’

δ 14°00,5’ Grw. Stw. für 12h 358°53,5’ + Zuw. für 17m 20s 4°20,0’ + Verb. bzw. β - Grw. Stw. 363°13,5’ + λ - 33°37,0’

t 329°36,5’ sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t φ (K in 1) 26°44’ N δ (K in 2) 14°00,5’ S t (K in 3) 329°36,5’ hb 58°54,0’ - hr 58°54,6’

h - 0,6’ (weg)

Abgelesener Wert 108,08 ggf. + 360

Azimut (vollkreisig) 108°

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Mittagsbesteck Kopiervorlage Formblatt Taschenrechnerverfahren

Bdzt. = ZZ K F d gekoppelte Breite Mittelbreite gekoppelte Länge

Kulminationszeit Kulm.- Deklination

T = ______ - λ i.Zt. = ______ δ f. h =__________ MGZ = ______ Unt.: ___ ZU = ______ Verb. =__________ ZZ = ______ δKulm. = __________ Mittagsbreite: ha =__________ Ib =__________ KA =__________ Gb =__________ h0 =__________ z0 =__________ δ =__________ Zeichnung (unten): φb =__________ BV =___________ Kulm. φk =__________ a =___________ φ =__________ l =___________ 12h φk =__________ λk =___________ 12h φb =__________ λb =___________ Eintragung ins Logbuch: Verl. Ort am φ = λ = Err. Ort am φ = λ =___________ φm = a = b = l = Mit Koordinatentransformation R > P: Gesamtdistanz = Gesamtkurs = Durchschnittsfahrt =

Datum/Bordzeit φk λk Ah

Gestirn ha + Ib KA + Gb

hb Chr. + Stand

MGZ δ für 12h + Verb.

δ Grw. Stw. für 12h + Zuw. für 17m 20s + Verb. bzw. β Grw. Stw. + λ

t sin h = sin φ * sin δ + cos φ * cos δ * cos t φ (K in 1) δ (K in 2) t (K in 3) hb - hr

h

Abgelesener Wert ggf. + 360

Azimut (vollkreisig)

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Fehlergleichungen Hat man nur eine einzige Standlinie zur Ortsbestimmung zur Verfügung, und ist auch hier mit möglichen Feh-lern zu rechnen, so ist es möglich, Fehler oder Veränderungen in der einen Größe durch ihr Verhältnis zu den übrigen Größen rechnerisch oder zeichnerisch zu bestimmen. Der Vorteil der rechnerischen Lösung liegt darin, dass alle Ergebnisse in Bogenminuten angezeigt werden, während bei der zeichnerischen Lösung alle Längen-werte umzuwandeln sind. Wichtig! Die Eingabe der Formelwerte in den Rechner hat stets über die °’ ’’ – Taste zu erfolgen. Beispiels-

weise wird ein λ von 7 Bogenminuten in folgender Reihenfolge eingegeben: 0 °’ ’’ 7 °’ ’’ . Vorzei-chen beachten!

Fall 1: Die Änderung der Höhe eines Gestirns in einer Zeitminute interessiert vorwiegend bei vorbereiteten und voraus-berechneten Höhenwerten, falls aus irgendwelchen Gründen die Beobachtung nicht genau zu dem vorgesehenen Zeitpunkt erfolgte. Die Formel lautet: h = 15 * sin Az * cos φ Fall 2: Es sei zu errechnen, um wie viel Bogenminuten bei fehlerfreien Werten von φ, h und Az die beobachtete Länge von λg abweicht. Formel: λ = h / sin Az * cos φ In Anlehnung an diese Formel kann man eine ähnliche aufstellen, um eine Korrektur von λ anhand eines be-kannten Fehlers in h durchzuführen. Formel: Verb. λ = (Finh) / sin Az * cos φ Fall 3: Man kann „hr“ auch aufgrund von Fehlern in der Chronometerzeit korrigieren. Beispiel: Auf 11° Breite wird eine Beobachtung mit – wie man nachträglich feststellte - einem Zeitfehler von 48s gemacht. Das Azimut be-trägt 102°. Durchführung: Nach Verwandlung von 48s in Bogenminuten = 12’ (1 Stunde = 15° usw.) lautet die zu verwendende Formel daraufhin: (Finh) = 12’ * cos φ * sin Az also 12’ * 0,39 * 0,37 = 11,5’ Kleine Zahlenwerte in der Breite sowie Azimute in der Nähe des 1 . Vertikals bewirken eine rasche Höhenände-rung. Diese wird umso langsamer, je größer der Zahlenwert für die Breite ist, und je näher das Azimut an den Meridian heranrückt. Fall 4: Es sei errechnen, um wie viel Bogenminuten eine Längenbestimmung fehlerhaft wird, wenn die zugrunde geleg-te Breite (φg) um einen bekannten Betrag von Bogenminuten falsch ist. Die Formel lautet: Verb. λ = (Finφ) / cos φ * tan Az Verb. λ wird nun zu λ addiert, wobei auf die Vorzeichen zu achten ist. Fall 5: Hier geht es darum, um wie viel Bogenminuten eine Breitenbestimmung verbessert werden muß, wenn die zugrunde gelegte Länge (λg) um einen bekannten Betrag in Bogenminuten falsch ist. Die Formel lautet: Verb. φ = (Finλ) * tan Az * cos φ Und mit gleichem Ziel Fall 6: wenn die zugrunde gelegte Höhe um einen bekannten Betrag in Bogenminuten falsch ist. Diese Formel lautet: Verb. φ = (Finh) / cos φ In den beiden letzten Fällen, Fall 5 und 6, wird in gleichem Sinne weiter gerechnet wie oben beschrieben, indem man Verb. φ algebraisch φ zuaddiert und dadurch φ1 erhält.

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Die Amplitude Betrachtet man einmal wieder die Azimut-Formel (1): sin δ = sin φ * sin h + cos φ * cos h * cos Az, erkennt man, dass sie für den Fall h = 0 sehr einfach wird: nämlich sin h ist dann = 0 und cos h = 1. Dadurch vereinfacht sich die Formel zu sin δ = cos φ * cos Az. Umgesetzt erhält man: cos Az = sin δ / cos φ (sin δ / cos φ) arc cos = Az (halbkreisig) Astronomisch gesehen bedeutet h = 0, das Gestirn geht auf oder unter. Dieses Ereignis kann man aber genau genommen nur bei der Sonne beobachten. Wegen der gerade in Horizontnähe großen Refraktion ist die Sonne noch vollständig zu sehen, wenn h = 0 ist, ihr Unterrand ist sogar noch um 2/3 ihres Durchmessers von der Kimm entfernt. Das Azimut in diesem Augenblick ist abhängig von der Breite des Beobachtungsortes und der Abweichung der Sonne, wie man es an der oben angezeigten Formel ablesen kann. Seine Berechnung kann entweder mit den NT 34 vorgenommen werden oder man löst die Formel mit dem Taschenrechner auf. Das von ihm angezeigte Resultat zählt halbkreisig von Nord aus beim Aufgang nach rechts über Ost und beim Untergang nach links über West. Man benutzt diese so einfach zu bestimmende rechtweisende Richtung gerne zu Kompasskontrolle. (Schema: Beim Aufgang: Amplitude = Az halbkrsg., beim Untergang: Amplitude = 360° - Az halbkrsg.) Die Zeit des wahren Sonnen-Auf-/Unterganges Besteht Interesse, die Zeit des wahren Sonnen-Auf- oder –unterganges vorausschauend zu erfahren, so ist zu-nächst der halbe Tagbogen zu berechnen. Er stellt die Zeitspanne „t“ zwischen der Kulminationszeit (T) und der Auf- bzw. Untergangszeit der Sonne dar. Diese ist ebenso wie die Amplitude abhängig von der Breite des Beo-bachtungsortes und der Abweichung der Sonne. Man errechnet diese entweder nach der NT 33 oder mit dem Taschenrechner nach der Formel: -tan φ * tan δ = cos t abgeleitet aus der Azimutformel (2). Da das Ergebnis im Bogenmaß angezeigt wird, ist es, um das Zeitmaß zu erhalten, durch 15 zu dividieren und dann in sexagesimaler Schreibweise abzulesen. Entsprechend rechnet man: (-tan φ * tan δ) arc cos : 15 = t im Zeitmaß t wird an die Kulminationszeit der Sonne in ZZ, die wie bei der Mittagsbreite gerechnet wird, algebraisch ange-bracht – beim Untergang addiert, beim Aufgang von ihr subtrahiert – um die Auf-/ Untergangszeiten in ZZ zu erhalten.

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Unterschied zwischen dem sichtbaren und dem wahren Auf-/Untergang der Sonne Will man schließlich noch den Zeitpunkt des sichtbaren (scheinbaren) Auf-/ Untergangs der Sonne wissen, ver-fährt man zur Ermittlung des erweiterten Tagbogens folgendermaßen: T ist der Tagbogen, mit dem im vorangegangenem Abschnitt der wahre Sonnen- Auf-/Untergang errechnet wur-de. Bei dieser Berechnung war die Höhe der Sonne logischerweise gleich Null. Da in Horizontnähe eine relativ große Strahlenbrechung stattfindet, steht die Sonne, wenn sie optisch bereits bzw. noch wahrnehmbar ist, unter dem Horizont. Für diesen sichtbaren Sonnen – Auf-/Untergang wird nun ein erweiterter Tagbogen errechnet, mit dem sich eine Zeit ermitteln lässt, zu welcher der Oberrand der Sonne beim Aufgang gerade sichtbar über der Kimm aufsteigt und beim Untergang gerade sichtbar unter der Kimm ver-schwindet. Diesen erweiterten Tagbogen nennen wir „ts“. Er bezieht sich auf eine Stellung der Sonne, in der sich ihr Mittelpunkt 51’ und ihr Oberrand 35’ unterhalb des Horizonts noch oder schon befinden, hervorgerufen durch die relativ große Strahlenbrechung in Horizontnähe. Dieser konstante negative Wert von h = -51’ ist noch um den Betrag der Kimmtiefe in Bogenminuten zu erweitern, der wiederum von der jeweiligen Augeshöhe Ah abhängig ist. Zu offiziellen Anlässen – wie Flaggenparade u.ä. – rechnet man weltweit mit 8 m Ah. Mit dieser Augeshöhe ist auch NT 36 errechnet. Die Formel für den erweiterten Tagbogen lautet nun in Anlehnung an die Azimutformel (2):

(Vorzeichen von „h“ beachten, z.B. bei Ah = 8 m ist h = - 56’ – auch hier: in Grad und Minuten eingeben!) Wurde ts errechnet, bringt man ihn algebraisch an T an, wie im vorherigen Abschnitt beschrieben.

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Die Nordsternbreite Ein weiteres Verfahren, die Breite φ zu bestimmen, folgt aus der Beobachtung des Nord- oder Polarsterns. Er steht in der Nähe des nördlichen Himmelspols, seine Abweichung beträgt etwa 90°. Nun ist, wie wir sahen, die Polhöhe gleich der geographischen Breite des Beobachtungsortes, deshalb entspricht die Höhe des Nordsterns mit einer Genauigkeit von einem Grad der Breite des Standortes. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Azimut. Es ist im Mittel 0°, kann aber in Äquatornähe bis 1°, auf 60° Nordbreite bis 2°, am Nordpol schließlich bis 180° davon abweichen. In nicht zu hohen Breiten kann man demnach mit Hilfe des Nordsterns die Nordrichtung ungefähr festlegen. Natürlich lässt sich aus der Beobachtung des Nordsterns in der üblichen Weise eine Standlinie konstruieren. Aber auch ohne diese Formeln kann man durch einfache Rechnung die tatsächliche Breite und das genaue Azi-mut bestimmen. Dazu enthält das Nautische Jahrbuch jährlich sich geringfügig ändernde Korrekturgrößen, 1., 2. und 3. Berichtigung genannt, die man entsprechenden Tabellen mit Hilfe des Ortsstundenwinkels des Frühlings-punktes, der gegißten Breite (≈ Nordsternhöhe) und des Datums entnimmt. Mit diesen Größen beschickt man die tatsächlich gemessene Höhe auf die Polhöhe und bekommt damit den Wert der wahren Breite. Man findet die Berichtigungen im Jahrbuch in Tafeln, die unter der Überschrift „Nordstern“ zusammengefasst sind. Ihr Gebrauch ist aus der Anordnung ersichtlich; auch liefern die Erklärungen des Jahrbuchs entsprechende Hinweise. Wir wollen uns merken, dass von den drei angegebenen Berichtigungen im allgemeinen die erste bereits genügt. Erst bei sehr hohen Ansprüchen an die Genauigkeit wird man alle drei berücksichtigen müssen. Man kann mit Hilfe einer besonderen Tafel in Abhängigkeit vom Ortsstundenwinkel des Frühlingspunktes, den man ja schon für die Entnahme der Berichtigungen gebraucht, auch das Azimut des Nordsterns bestimmen und außerdem, etwa zur Sicherstellung rechtzeitiger Beobachtung in der Abenddämmerung, für einen angenomme-nen Schiffsort die zu erwartende Höhe des Gestirns auf einige Minuten genau herausnehmen. Beispiel: Vor der nordnorwegischen Küste auf ϕg = 68°09,5’N λg = 13°12,9’E beobachtet man am 9. März 1973 um 16-32-39 MEZ den Nordstern: * = 69°04’, Ib = - 1,2’, Ah = 11 m Auf welcher Breite steht man? Zunächst wird in üblicher Weise der Ortstundenwinkel des Frühlingspunktes berechnet: Chr. = 15-23-12 ha = 69°04,0’ Stand = + 09-27 Ib = - 1,2’ MGZ = 15-32-39 KA = 69°02,8’ Gb = - 06,3’ hb = 68°56,5’ I. Ber. = - 47,9’ GHA 15h = 32°09,5’ II. Ber. = 0,0’ Zuw. f. 32m 39s = 08°11,1’ III. Ber. = + 0,6’ GHA = 40°20,6’ ϕb = 68°09,2’ N λ = + 13°12,9’ t = 53°33,5’ ϕb = 68°09,2’ N ϕk = 68°09,5’ N Δϕ = - 0,3’ S Dieses Verfahren kann selbstverständlich nur auf Nordbreite angewandt werden, da ja nur dort der nördliche Himmelspol mit dem benachbarten Nordstern zu sehen ist. In der Nähe des südlichen Himmelspols steht kein auffallender Fixstern.

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Die logarithmische Methode Rechnen mit dekadischen Logarithmen (auch Brigg’sche Logarithmen, nach Briggs um 1600)

Multiplizieren, Dividieren, Potenzieren und Wurzelziehen sind rechnerische Operationen, die meist schwieriger durchzuführen sind als Addieren und Subtrahieren, besonders dann, wenn es sich um mehrstellige Zahlen han-delt. Ein vordringlicher Bedarf an solchen Operationen entstand im 16. Jahrhundert durch die Entwicklung der Seefahrt, hervorgerufen durch die Vervollkommnung der astronomischen Beobachtungen und Berechnungen. Im Zusammenhang mit ihnen entstand auch an der Wende zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert die logarithmische Rechenmethode – die Logarithmenrechnung. Der Wert des Logarithmenrechnens besteht darin, dass man die Multiplikation und Division von Zahlen auf eine Addition oder eine Subtraktion zurückführen kann, also auf Operationen, die weniger kompliziert sind. Auch das Potenzieren, das Wurzelziehen und vor allem im nautisch-astronomischen Bereich die Durchführung trigono-metrischer Rechnungen lassen sich durch das Logarithmieren beträchtlich vereinfachen. Logarithmen: Man kann 2*2*2 auch 2³ und 10*10 auch 10² schreiben. Im Ausdruck 2³ nennt man „³“ den Exponenten oder die Hochzahl der Basis oder Grundzahl oder des Numerus „2“; entsprechend ist im Ausdruck 10² jetzt „²“ der Expo-nent, „10“ die Basis. Der Exponent gibt also an, wie oft die Basis mit sich selbst multipliziert werden soll. Den mathematischen Aus-druck, bestehend aus einer Basis und einem Exponenten, nennt man eine Potenz. Da nun z.B. 2² * 24 = 4 * 16 = 64 = 26 oder 3³ : 3² = 27 : 9 = 3 = 31 oder

10³ * 105 = 1000 * 100 000 = 100 000 000 = 108 ist, leuchtet folgende Regel ein:

Potenzen der gleichen Basis werden multipliziert, indem man die Basis mit der Summe der Exponenten poten-ziert; sie werden dividiert, indem man die Basis mit der Differenz der Exponenten potenziert. Also: ax * ay = ax+y und ax : ay = ax-y Wenn man nun: x = 0 und y = 1 setzt, kann man folgern: a0 : a1 = a0-1 = a-1 und, da man sinnvollerweise a0 = 1 für jeden Wert von a festgesetzt hat: 1 : a1 = a-1 Es werden jetzt Potenzen mit der Basis 10 betrachtet: Es ist: 100 = 1, 101 = 10, 10² = 100 ………………. 106 = 1 000 000 usw. Nach dem Gesagten muß man wohl z.B. die Zahl „2“ durch eine Potenz 10x und etwa die Zahl „63“ durch eine Potenz 10y ausdrücken können, wobei nach der obigen Aufstellung x zwischen 0 und 1, y zwischen 1 und 2 liegen müssen. Man muß dann schreiben können: 2 * 63 = 10x * 10y = 10x+y, wenn nun x+y = z gesetzt wird, dann ist 10z = 126, da ja ebenfalls 2 * 63 = 126 ist (trivial!). Entsprechend nennen wir jetzt: x = lg 2 (lg 2 bedeutet Logarithmus von 2) y = lg 63 z = lg 126. Das kann man auch so formulieren: Der Logarithmus einer Zahl ist der Exponent einer Zehnerpotenz (Basis 10), deren Wert eben diese Zahl ergibt. Die Logarithmen sind in Tabellen (siehe N.T.: „Logarithmen der Zahlen“) in Abhängigkeit von ihren Zahlen fünfstellig angegeben, was für unsere Zwecke eine sehr hohe Rechengenauigkeit erlaubt. Nach diesen Tabellen oder auch Tafeln kann man unser Beispiel 2 * 63 = 126 auch anders rechnen: lg 2 + lg 63 = lg 126, da ja x + y = z war. Aus der Multiplikationsaufgabe zweier Zahlen ist damit eine Additionsaufgabe ihrer Logarithmen geworden! In unserem Beispiel ist damit noch nicht viel gewonnen; es ist aber etwas anderes, wenn man komplizierte Multi-plikationen vornehmen muß, wie es uns nicht erspart bleiben wird. So wie die Multiplikation lässt sich auch u.a. die Division und die Potenzrechnung logarithmisch einfacher durchführen bzw. berechnen. Fassen wir diese Rechenregeln einmal zusammen: Regel 1: der Logarithmus eines Produkts ist gleich der Summe der Logarithmen der Faktoren.

Man setze also a * b = c und rechne lg a + lg b = lg c Regel 2: der Logarithmus eines Quotienten ist gleich dem Logarithmus des Dividenden weniger dem des Divi-

sors. Man setze also a : b = d und rechne lg a – lg b = lg d

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Regel 3: der Logarithmus einer Potenz ist gleich dem Produkt aus dem Exponenten dieser Potenz und dem Loga-rithmus der Basis. Man setze also an = e und rechne n * lg a = lg e

Beispiel: Setze a = 1,71; n = x; 2 = 125; dann ist x * lg 1,71 = lg 125 und x = lg 125 / lg 1,71 Rechnung: lg 125 = 2,09691 lg = 10,32158 -10 (um 10 erhöht, um subtrahieren zu können) lg 1/1,71 = 0,23300 lg = 9,36735 -10

lg = 0,95423 x ≈ 9 (genau 8,9997) Regel 4: der Logarithmus einer Wurzel ist gleich dem Quotienten aus dem Logarithmus des Radikanten und dem Exponenten der Wurzel. Man setze also und rechne Und weiter (lg a) : n = lg f Rechnung:

lg = 8,50106 - 10 (:3 lg = 28,50106 - 30 (:3 mit 20 erweitert

lg = 9,50035 - 10 f = 0,3165 Warnung für diese Regeln: der Logarithmus einer Summe ist nicht gleich der Summe der Logarithmen! Man darf statt lg (a + b) nicht lg a + lg b schreiben. Dies ist ein häufig begangener Fehler! Es scheint nun, als ob man ein sehr umfangreiches Tafelwerk zur Verfügung haben müsste, wollte man von allen (positiven) Zahlen die Logarithmen tabelliert wissen (für negative Zahlen gibt es keine Logarithmen). Der Auf-wand ist jedoch geringer und das Tabellieren einfacher, als es zunächst scheint. Wir betrachten wieder die oben niedergeschriebenen Potenzen mit der Basis 10: Der Logarithmus von 10 ist offensichtlich 1, denn 101 ist 10. Kenne ich nun den Logarithmus irgendeiner Zahl, ist mir damit auch der Logarithmus ihres 10-, 100- oder auch etwa 10 000-fachen Wertes bekannt: er muß um 1, 2 oder 4 größer sein als der ursprüngliche! Außerdem müssen nach dem Gesagten die Logarithmen der Zahlen zwischen 1 und 10 zwischen 0 und 1 liegen. Nachdem wir das noch einmal anhand der aufgestellten Werte der Zehnerpotenzen überprüft haben, erkennen wir die Richtigkeit nachstehender Aufstellung als Beispiel: lg 3,5 = 0,54407 lg 35 = 1,54407 lg 35 000 = 4,54407 lg 0,35 = 9,54407 (-10) lg 0,0035 = 7,54407 (-10) Allen diesen Logarithmen ist, jedenfalls bei bestimmter zweckmäßiger Schreibweise, die Ziffernfolge 54407 gemeinsam: sie heißt die „Mantisse“ des Logarithmus. Diese Mantissen sind in Abhängigkeit von der Ziffern-folge der Grundzahl tabelliert. Die Zahl vor dem Komma des Logarithmus und in den letzten beiden Fällen unseres Beispiels die angehängte „-10“ heißen Kennziffer des Logarithmus. Sie ist abhängig vom Stellenwert der Grundzahl und muß vom Rech-nenden selbst bestimmt werden. Dafür gilt folgende Regel:

Ist die Grundzahl größer als 1 oder gleich 1, so ist die Kennziffer um eins kleiner als die Anzahl der Stellen links vom Komma. Ist die Grundzahl kleiner als 1, erhält man die Kennziffer, indem man die Anzahl der links stehenden Nullen – die Null vor dem Komma mitgezählt – von 10 subtrahiert und zum Schluß –10 anhängt Beispiel: lg 0,0000035 = 4,54407 -10

(Wird eine Grundzahl unter 1 - wie in dem Beispiel eben - der Logarithmus mit dem Taschenrechner ermittelt, so erscheint auf der Anzeige der negative Logarithmus –5,45593. Hier ist die 10 zu addieren +1 . und an die Anzeige 4,54407 -10 anzuhängen.

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Will man im umgekehrten Sinne aus einem Logarithmus die dazugehörige Grundzahl bestimmen, so liefert die Logarithmentafel aus der Mantisse deren Ziffernfolge! Den Stellenwert muß man sich in Umkehrung der zuvor genannten Regeln selbst bestimmen: lg x = 5,54407 also ist x = 350 000 und lg y = 8,54407 -10 also ist y = 0,035. Diese Betrachtungen wollen wir mit einigen Hinweisen abschließen: Da es keine Logarithmen für negative Grundzahlen gibt, rechnet man hier wie mit positiven Zahlen und berück-sichtigt das negative Vorzeichen am Schluß der durchgeführten Rechnung. In den Nautischen Tafeln sind die „Logarithmen der trigonometrischen Funktionen“ in gesonderten Tafeln er-fasst. Das Besondere an ihnen ist, dass hier die Kennziffer bereits jeweils mit enthalten und der Rechnende von der Ermittlung des Stellenwertes entlastet ist. Bei den Logarithmen von Sinus- und Cosinuswerten muß - ge-danklich – immer „–10“ angehängt werden, da deren Numeri den Wert 1 ja nicht übersteigen. Überhaupt lässt man dann, wenn Verwechslungen ausgeschlossen sind, aus Gründen der Bequemlichkeit oder zwecks Vereinfa-chung das angehängte „-10“ einfach weg. Nehmen wir nach den Nautischen Tafeln gleich einmal eine Überprüfung der vorangegangenen Ausführung vor: „Logarithmen der Zahlen“: Aus a = 67,823 folgt lg a = 1,83138 Aus lg f = 6,23798 folgt f = 1 729 657 b = 7839,5 lg b = 3,89429 lg g = 2,46827 g = 293,95 c = 3,7982 lg c = 0,57957 lg h = 0,63281 h = 4,29348 d = 0,012569 lg d = 8,09930 -10 lg i = 8,69966 -10 i = 0,05008 e = 1,6796236 lg e = 0,22521 lg j = 3,45454 -10 j = 0,0000002848 „Logarithmen der trigonometrischen Funktionen“: Aus α = 16°17,6’ folgt lg cos α = 9,98220 -10 lg cos β = 9,66666 -10 folgt β = 62°20,7’ δ = 77°53,6’ lg sin δ = 9,99023 -10 lg sin ϕ = 8,93521 -10 ϕ = 4°56,5’ Ableitung der Formeln für die Berechnung der Höhe mit den „Nautischen Tafeln“ In Fortsetzung der Ableitung der „Höhenformel“ knüpfen wir an die Formel (3) sin h = sin ϕ * sin δ + cos ϕ * cos δ * cos t an, es wird weiter abgeleitet: (3) Aus der trigonometrischen Formelsammlung (vom Anfang dieses Leitfadens) kennen wir sem α = (1 – cos α) / 2 und daher ist auch cos α = 1 – 2 sem α (4) Ersetzt man auf diese Weise in der Formel (2) cos z = sin ϕ * sin δ + cos ϕ * cos δ * cos t das „cos t“, so erhält man cos z = sin ϕ * sin δ + cos ϕ * cos δ * (1 – 2 * sem t) oder cos z = sin ϕ * sin δ + cos ϕ * cos δ - 2 cos ϕ * cos δ * sem t (5) Nun gilt ganz allgemein, ohne dass wir es hier beweisen wollen cos (α - β) = cos α * cos β + sin α * sin β und danach wäre (6) cos ϕ * cos δ + sin ϕ * sin δ = cos (ϕ - δ) = cos z0 (7) Damit kann man (5) umschreiben in cos z = cos z0 – 2 cos ϕ *cos δ * sem t cos z und cos z0 werden nun nach (4) ersetzt: 1 – sem z = 1 – 2 sem z0 – 2 cos ϕ * cos δ * sem t (9) worin sich die 1 der einen gegen die 1 der anderen Seite aufhebt. Dividiert man den Rest durch (-2), so erhält man: sem z = sem z0 + cos ϕ * cosδ * sem t (10) Nun hat man festgesetzt, ohne dass es eine tiefere Bedeutung hätte: cos ϕ * cos δ * sem t soll sein = sem y Dies in (10) eingesetzt ergibt die endgültige Formel: (11) sem z = sem z0 + sem y (12) wobei zu vermerken ist, daß in dieser Rechnung „z0“ lediglich der unbekannte Unterschied zwischen den abso-luten Werten von ϕ und δ ist, deren Zahlenwerte bei gleichnamigen Zeichen subtrahiert und bei ungleichnami-gen addiert werden.

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An den nachstehenden Rechen-Beispielen erkennen wir auch das Rechenschema: Die 3 Größen ϕ, δ und t seien vorher bereits – wie bisher – bestimmt worden. Die fünfstelligen Logarithmen sind der „Tafel zur Berechnung der Höhe“ (N.T. 17). Ist t > 90°, so ist sein lg sem t der besonderen Tafel „Loga-rithmen der Semiversus stumpfer Winkel“ (N.T. 18) zu entnehmen.

1 2 ϕ = 48°32,0’ N lg cos = 9,82098 ϕ = 33°16,0’ N lg cos = 9,92227 δ = 16°43,4’ N lg cos = 9,98123 δ = 13°56,7’ S lg cos = 9,98701 t = 38°27,6’ W lg sem = 9,03535 t = 43°16,3’ E lg sem = 9,13336 y lg sem = 8,83756 y lg sem = 9,04264 y >>> sem = 0,06880 y >>> sem = 0,11031 z0 = 31°48,6’ sem = 0,07510 z0 = 47°12,7’ sem = 0,16036 zr sem = 0,14390 zr sem = 0,27067 zr = 44°35,2’ <<< zr = 62°41,9’ <<< hr = 45°24,8’ <<< hr = 27°18,1’ <<< Die Summen müssten eigentlich 28,…-30 bzw. 29,….-30 heißen, da ja den Tafelwerten für lg cos ϕ, lg cos δ und lg sem t jeweils -10 angehängt werden müsste; da man aber z.B. 28,…..-30 auch 8,…..-10 schreiben kann, vermindert man eben die Kennziffer vor und hinter dem Komma jeweils um 20 und lässt den dann noch nötigen Anhang –10 wieder weg. Da Verwechslungen ausgeschlossen sind, verfährt man bei der Berechnung der Höhe immer so! Ableitung der „Azimutformel“ für die Berechnung des Azimuts mir den „Nautischen Tafeln“ Wir schließen an die bereits bekannte Formel (12) an

Hieraus wird abgeleitet:

und formen wir weiter um

(13)

Multipliziert man die letzte Gleichung mit und stellt die Summanden der rechten Seite um, so erhält man: cot Az * sec ϕ = - tan ϕ * cot t + tan δ * cosec t , da (14) Die Formel (14) liegt den „ABC-Tafeln“ (NT 19) zugrunde. Denn, wenn man setzt - tan ϕ * cot t = A, tan δ * cosec t = B und cot Az * sec ϕ = C, gilt daher offensichtlich A + B = C Bezüglich der Anwendung der ABC-Tafeln (NT 19) wird auf die Erläuterungen in den NT verwiesen.

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Beispiel für eine Höhenberechnung nach der sem-Formel Datum/Bordzeit 20.11.73 / 06-23 φk 47°55’ N Breite des Koppelsorts

λk 25°50’ W Länge des Koppelorts

Ah 12 m Augeshöhe

Gestirn Saturn HP: 0,0 aus NJ, bei Fixstern Nr., Mond & Planet HP

ha 31°06,3’ Sextantenablesung + Ib -4,6’ Indexberichtigung

KA 31°01,7’ Kimmabstand

+ Gb + 7,8’ Gesamtberichtigung (aus NJ)

hb 31°09,5’ Beobachtete („wahre“) Höhe

Chr. 08-33-28 Abgelesene Zeit an der Beobachtungsuhr + Stand + 04 Berichtigung der Uhrzeit (aus Zeitvergleich)

MGZ 08-33-28 Mittlere Greenwich Zeit

δ für h 22°18,1’ Unt.: 0,0 aus NJ Tagesseite + Verb. - aus NJ Schalttafel (für Fixsterne nicht nötig)

δ 22°18,1’ Deklination zur Beobachtungszeit

Grw. Stw. für 08h 85°11,1’ Unt.: 2,6’ aus NJ Tagesseite (volle Stunde) + Zuw. für 33m 28s 8°22,0’ aus NJ Schalttafel

+ Verb. bzw. β + 1,4’ aus NJ Schalttafel (Verb. bei Mond, Planet)

Grw. Stw. 93°34,5’ Grw. Stw. zur Beobachtungszeit

+ λ - 25°50,0’ gegißte Länge (Vorzeichen beachten!)

t 67°44,5’ Ortstundenwinkel des Gestirns

lg sem t 67°44,5’ 9,49221 lg cos φ N 47°55’ 9,82621 lg cos δ N 22°18,1’ 9,96624

aus N.T. zur Berechnung der Höhe

lg sem y 9,28466 Summe der 3 Vorzeilen

>>> sem y

0,19260 aus Vorzeile mit Hilfe N.T.

+ sem z0 25°36,9’ 0,04914 aus N.T.

zr / sem zr 58°54,1’ 0,24174 Summe beider Vorzeilen

hr 31°05,9’ Komplement zu zr

hb 31°09,5’ s.o.

Δh + 3,6’ (hin) Algebraische Differenz beider Vorzeilen

A - 0,46 B + 0,46

Aus N.T. mit ϕ bzw. δ und t

C 0,00 Algebraische Summe beider Vorzeilen

Az N 90° W Aus N.T. mit C und ϕ

Azimut (vollkreisig) 270° Vollkreisige Umwandlung der Vorzeile

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Einiges über das Verfahren nach H.O.Pub.No.249 Begriffe und Abkürzungen: H.O.Pub.No.249 = Hydrophic Office Publication No. 249 same name = gleichnamig contrary name = ungleichnamig GHA = Greenwich-Hour-Angle LHA = Local-Hour-Angle (t) Hc = computed altitude Z = halbkreisiges Azimut Zn = (vollkreisiges) Azimut D.R. position = Dead reckoning (estimated) = gegißt Og latitude = ϕg longitude = λg Bλ Bezugs-Länge (das ist die um Minutenbeträge berichtigte λg, die zum vollen Grad-

wert von t führt. Die Berichtigung übersteigt nicht 30’) Bϕ Bezugsbreite (das ist die vollgradige Breite, die die nächstgelegende zu ϕg ist. Der

Unterschied übersteigt nicht 30’ B.O. Bezugsort, der sich aus Bϕ und Bλ ergibt. Er stellt den Mittelpunkt der Höhengleiche

dar, der bei den bisherigen Rechenmethoden Og war. Zum Thema: Dies Methode lässt sich, nachdem man die vorangegangenen Verfahren kennt und damit ein gut fundiertes Wis-sen über die Zusammenhänge und Vorgänge in der astronomischen Navigation verfügt, leicht selbst erlernen. Wir wollen hier auf die Anschaffung des 3-bändigen Tafelwerks und der dann auch nötigen Plottingsheets ver-zichten. So sollen diese Ausführungen, die sich auf bereits vorhandene Kenntnisse und Hilfsmittel stützen, auch nicht mehr als eine kleine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache sein, wenn die H.O.249 einmal zur Hand ge-nommen wird, um mit ihr aktiv zu arbeiten. Die englische Gebrauchsanweisung, die den Tafeln voransteht, ist zum Teil schwer verständlich, weil sie sich mehr auf die Belange der Luftfahrt bezieht. Das Tafelwerk besteht aus drei Bänden (Volumes). Davon besteht Volume 1 aus Tafeln zum Beobachten von Fixsternen in der Dämmerung mit jeweils vorausberechneter Höhe und Azimut für jeden der aufgeführten sieben Sterne. Dieser Band liefert eine beachtlich vereinfachte Methode und dient zugleich als Sternfinder. Apropos Vereinfachung: keine Rechenmethode nimmt es uns bis heute ab, zuvor die drei Konstruktionsteile des nautisch-sphärischen Grunddreiecks zu erkoppeln, den nautischen Jahrbüchern und Almanacs zu entnehmen und insbesondere den Ortsstundenwinkel des betreffenden Gestirns oder den des Frühlingspunktes zu berechnen. Daher kann man die H.O.249 auch erst dann benutzen, wenn diese Arbeit getan ist, und ϕ, δ und t hinreichend bekannt sind. Wir wollen uns zunächst mit Volume 2 und 3 befassen, wobei wir feststellen, dass Volume 3 nir die Fortsetzung von Volume 2 ist. Vol. 2 bietet den Breitenbereich von 0° - 39° Nord oder Süd und Vol. 3 den von 40° - 89° Breite für Gestirne mit einer Deklination von 0° - 29°, worunter Sonne, Mond und die Planeten, soweit sie in den Jahrbüchern aufgenommen sind, fallen. Im einzelnen ist zu ϕ, δ und t folgendes zu bemerken: Breite ϕ: In den Tafeln sind als Bezugsbreiten nur volle Breitengrade aufgeführt, um den Umfang der Tafeln gering zu halten. Für jeden vollen Breitengrad gibt es mehrere Seiten, für unsere Breiten sind es jeweils acht, die umfangreichste Seitenzahl. Abweichung δ: Sie ist in den Tafeln als Eingang in der oberen und unteren Horizontalspalte von Grad zu Grad aufgeführt – und zwar auf zwei Seiten, eine vom Abweichungsparallel 0° - 14°, die zweite Seite von 15° - 29°. Das wiederholt sich 2, 3 oder 4-mal innerhalb des Querschnitts jeder Breite (4, 6 oder 8 Seiten). Stundenwinkel t (LHA) sind in den vertikalen Eingangsspalten enthalten. Sie sind von Grad zu Grad (ab 70° Breite und höher von 2 zu 2 Grad) aufgeführt. In der linken Vertikaleingangsspalte finden wir die LHA von 0° - 180°, soweit sie die Möglichkeit zur Messung positiver Höhen geben, und zwar, in der Reihenfolge von oben nach unten, wenn ϕ und δ gleichnamig (same name), und von unten nach oben, wenn ϕ und δ ungleichnamig (contrary name) sind. Entsprechend sind in der rechten vertikalen Eingangsspalte dien LHA von 180° - 360° (oder geringer), jedoch in umgekehrter Reihenfolge wie links aufgeführt. In jedem Falle findet man aber in der linken Spalte die tw, in der rechten die tö.

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Die Berechnung von t (LHA) erfolgt bis zu Grw. t in der gewohnten Weise. Um einen vollen Grad als t zu er-halten (denn nur mit ihm können wir in der Tafel Eingang finden), ist es notwendig, bei der Addition von Grw. t und λg letztere in das sogenannte Bλ zu verändern. 2 Beispiele zum Verständnis: Sonne am 09.03.1973 Grw.Stw.f.15h = 42°22,3’ 14-33-26 MGZ auf Zuw.f. 33m 26s = + 8°21,5’ λ = 32°36’ E Grw. t = 50°43,8’ Bλ !!! (E) = +32°16,2’ !!! t (LHA) = 83°00,0’ Mond am 13.02.1972 Grw.Stw.f.17h = 88°25,1’ 17-32-19 MGZ auf Zuw.f. 32m 19s = + 7°42,7’ λ = 109°13,2’ W Verb. = + 5,0’ Grw. t = 96°12,8’ + 360°00,0’ 456°12,8’ Bλ !!! (W) =- 109°12,8’ t (LHA) = 347°00,0’ Im ersten Beispiel gehen wir mit dem LHA = 83° in die linke Vertikalspalte, im zweiten Fall mit LHA = 347° in die rechte Spalte. Wir können also bisher feststellen: Mit dem Eingang eines vollen Grades von δ in die Horizontalspalte und dem Eingang eines vollen Grades von LHA in die Vertikalspalte erhalten wir, welche Tafel wir immer aufschlagen, im Schnittpunkt beider Spalten ein Hc, ein Z und zwischen beiden noch einen Betrag d (difference), deren Vor-zeichen sorgfältig zu beachten sind. Wir kommen darauf zurück. Da wir nun schon am λg manipuliert haben, um Bλ zu bekommen, ist es, da ϕ in den Tafeln auch nur in vollen Graden aufzufinden ist, nicht zu umgehen, einen solchen vollen Breitengrad als Bϕ anzuerkennen. Wir bestim-men die ϕg am nächsten gelegene volle Breite zu unseren Bϕ. Logischerweise darf sie auch 30’nicht überschrei-ten. Die Bϕ steht in großer Beschriftung rechts oberhalb und neben der Tafel. Wir haben jetzt einen Bezugsort (B.O.). Dieser wird – genau wie der Og – auf dem Plottingsheet (oder Rechen-papier) eingetragen. Von ihm, dem B.O., den wir nun als den Mittelpunkt der Höhengleiche anzusehen haben, tragen wir das jeweilige Azimut ab, das sich aus der Tafel ergibt, und die Standlinie im Abstand des Δh vom B.O. aus. Damit wird aber auch klar, dass eine Bλ und damit ein B.O. nur für eine einzige Höhenmessung gelten kann, da bei jeder weiteren Beobachtung sich Bλ gleichzeitig mit Grw. t ändern muß. Dagegen wird sich in den meisten Fällen dann, wenn mehrere Höhenmessungen kurz aufeinander gemacht werden, Bϕ kaum zu ändern brauchen. Einer Größe gilt noch unsere Aufmerksamkeit: Die Deklination δ: Wir sind mit dem vollen Gradwert zwar in die Tafeln eingegangen und haben dabei den Minutenwert noch nicht berücksichtigt. Hier kommen wir ohne eine Hilfstafel nicht weiter. Es ist die Tafel 5, die als lose Beilage (Lesezeichen) stets zur Hand ist, aber im hinteren Teil des Bandes auch noch in der Tafelreihen-folge miteingebunden ist. Die Kopfleiste dieser Tafel enthält die Werte d, die, wie oben erwähnt, zusammen mit Hc und Z beim Aufsuchen dieser Größen mit anfallen. Die Vertikal-Eingangsleiste enthält die noch nicht be-rücksichtigten Minuten von δ. Im Schnittpunkt beider Eingänge der Tafel finden wir nun den Berichtigungswert, der an Hc mit dem vorgeschriebenen Vorzeichen angebracht werden muß, um die uns bereits bekannte Größe hr zu erhalten. Z = halbkreisiges Azimut braucht nicht weiter berichtigt zu werden. Es ist aber in das vollkreisige Azimut nach den Regeln, die für Nordbreite links über der Tafel und für die Südbreite links unter ihr ihren Platz haben, um-zuwandeln. Beispiel: Auf ϕ = 54°43’ N, λ = 43°19’ W wird die Sonne ( = 31°33,0’, Ah = 10 m, Ib = + 5’) beobachtet; dem nautischen Jahrbuch haben wir ein δ von 17°34’ N entnommen und ein Grw. t = 343°06’ errechnet. Die Bezugsbreite ist 55°. Reihenfolge der Arbeitsgänge:

- Aufschlagen der Tafeln 55° mit der Überschrift „Declination same name“ - Errechnen von Bλ Grw. t = 343°06’

Bλ = 43°06’ (W) t (LHA) = 300°

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- Aufsuchen in der Horizontaleingangsspalte δ = 17° - Aufsuchen in der Vertikaleingangsspalte rechts LHA = 300° - Entnahme im Schnittpunkt der Werte: Hc = 30°55’, d = + 49, Z = 105° - Aufsuchen in Tafel 5: Horizontaleingangsspalte d = 49 und in der Vertikaleingangsspalte 34’ - Entnahme im Schnittpunkt 28’ und unter Berücksichtigung des vorgeschriebenen Vorzeichens + 28’ - Berichtigung von Hc = 30°55’

nach Tafel 5 um + 28’ hr = 31°23’

- Umwandlung von Z (halbkreisiges Azimut) = 105° in Zn (vollkreisiges Azimut) = 105° nach Regel links oben über der Tafel: „LHA greater than 180°…….. Zn = Z“

- Berechnung von hb nach dem erlernten Verfahren: = 31°33,0’ Ib = + 5,0’ KA = 31°38,0’ Gb = + 9,0’ hb = 31°47,0’ hr = 31°23,0’ Δh = + 24,0’

- Einzeichnen des B.O. in das Plottingsheet Bϕ = 55° N, Bλ = 43°06’ W - Eintragen des Azimut 105° von B.O. aus - Eintragen der Standlinie im Abstand von 24’ vom B.O. zum Gestirn hin; Standlinie so zeichnen, dass

sie die mit dem Og zusammen eingetragene Kurslinie schneidet. Schlussbemerkung: Außer der Tafel 5 können alle weiteren Tafeln in den Volumes 2 und 3 unberücksichtigt bleiben, da sie entweder für Flugzeuge mit extrem großen Höhen und Geschwindigkeiten bestimmt sind, oder weil sie mit der Beobachtungsmethode in keinem direkten Zusammenhang stehen. Die Berichtigungswerte ent-nimmt man, wie gewohnt, den Nautischen Tafeln. Von Interesse ist noch die Tafel der H.O.249 Vol.2 und 3 „Conversion of Arc to Time“, Werte der restlichen Tafeln entnehmen wir, soweit erforderlich, dem N.J. bzw. den N.T. H.O.Pub.No.249 Vol. 1 – Selected Stars Diese Tafeln enthalten die Höhenwerte auf die Minute und das vollkreisige Azimut (Zn) aug volle Grade ge-rechnet von jeweils sieben Sternen für sämtliche Breiten (volle Grade) und für alle volle Stundenwinkel des Frühlingspunktes. Die Tafeln sind für etwa 5 Jahre gültig, dann erscheint eine Neuauflage, die im Gegensatz zu Vo. 2 und 3, stets neu zu beschaffen ist. Einrichtung und Eingangsspalten: Breite: die tabulierten Werte sind für volle Grade von 89° Nord bis 89° Süd gerechnet. Von 69° Nord bis 69° Süd sind alle Daten für einen Bezugs-Breitengrad auf zwei sich gegenüberliegenden Seiten aufgeführt; von 70° zu den Polen hin auf nur einer Seite, da nur jeder zweite Stw. des Frühlingspunktes tabuliert ist. Der Ortsstundenwinkel (LHA) des Frühlingspunktes bildet mit seinen vollen Werten den vertikalen Eingang in die Tafeln. Auf jeder Doppelseite beginnt er mit 0° links oben und endet mit 359° rechts unten auf der gegenü-berliegenden Seite. Ausgewählte Sterne (Selected Stars): Für jeweils sieben Sterne finden wir für alle Eingänge von t und für jede Breite die Werte Hc und Zn vor. Die Zusammensetzung der Sterne bleibt für 15 aufeinanderfolgende Ein-gänge mit t unverändert (das sind für Breiten höher als 70° 30 Stundenwinkel und auf niedrigeren Breiten 15 Stundenwinkel des ). Von den sieben Sternen einer solchen Serie sind drei mit einem auf der Spitze stehenden Quadrat (diamond symbol ) markiert. Sie zu einer Ortsbestimmung zusammengefasst ergeben ideale Werte für einen Ort aus drei Höhen. Alles in allem hat man hier nur 41 Sterne benutzt; sie sind auf Seite VI in einer Liste zusammengefasst. Von diesen 41 Sternen sind 19 Sterne erster Größe ausgewählt und immer in großen Buchstaben geschrieben, wäh-rend die restlichen in normaler Schreibweise erscheinen. Arbeitsweise: Die Vorbereitungsmöglichkeiten für die Beobachtungen sollten voll genutzt werden. Sie sollten rechtzeitig ge-troffen werden und bestehen darin, den Og und den t für den Zeitpunkt der vorgesehenen Dämmerungszeit

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voraus zu berechnen bzw. zu zeichnen (Plottingsheet). Damit kann Bϕ ermittelt werden, und nach Aufsuchen des errechneten t erhält man unmittelbar eine Übersicht über die sieben für die Dämmerungsbeobachtung zur Verfügung stehenden Sterne einschließlich ihrer Hc und Zn. Von diesen Sternen wählt der Beobachter unter Berücksichtigung der zu erwartenden Bedingungen (Beleuchtung, dunkler/heller Horizont, Wolkenbildung) diejenigen aus, die am geeignetsten erscheinen. Auch sollte die Auswahl so getroffen werden, dass die Azimute mindestens 30° auseinander liegen (idealer Wert 90°), um gute Schnittpunkte der Standlinien zu erhalten. Da bereits Hc und Zn des zur Beobachtung heranstehenden Sterns durch die Tafel bekannt sind, wird es dem Beobachter leicht gemacht, ihn durch vorherige Einstellung der im Kopf grob berichtigten Hc am Sextanten über den Kompaß (Zn) gepeilt in Kimmnähe auszumachen, meist schon, bevor man ihn in der Abenddämmerung mit bloßem Auge am Himmel erkennen kann. In der Morgendämmerung ist das Beobachten ohnehin leichter, da man mit dem ganzen Sternhimmel in die Dämmerung hinein geht. Beispiel: Am 16.08.1978 auf ϕg = 37°10’N, λg = 00°02’W, gegen 19-35 MGZ soll ein Sternort beobachtet und errechnet werden. Vorbereitung: MGZ = 19-35-00 Grw. Stw. f. 19h = 249°48,8’ Zuw. f. 35m = + 8°46,4’ Grw. t = 258°35,2’ λg (W) = - 0°02,0’ t = 258°33,2’ ≈ 259° Es zeigt sich für Bϕ 37° N und t 259°, dass folgende Sterne zur Beobachtung zur Verfügung stehten: DENEB 61° ALTAIR 119° Nunki 156° ANTARES 192° ARCTURUS 259° Alkaid 305° Kochab 346° Alle Sterne haben günstige Beobachtungshöhen zwischen 22° und 51°. Da t sich innerhalb von 4 Minuten um ca. 1° ändert, findet innerhalb der nächsten 40 Minuten nach der Tafel bis zum Erreichen von t = 269° keine Änderung in der Zusammensetzung der Sternenauswahl statt; außerdem lässt sich ablesen, daßm die Auswahl bereits seit 20 Minuten besteht, so dass man die Chance hat, auch schon vor 19-35 MGZ die eine oder andere Beobachtung zu machen. In ungünstigeren Fälle muß man sich mit der nächstfolgenden Zusammensetzung der Auswahl vertraut machen und sich die Sterne merken, die ausgetauscht werden. Arbeitsgang: Zur Beobachtung wurden ausgewählt: Altair, Antares, Arcturus. Ah = 8 m, Ib = -4’, Stand – 03m52s

Altair Antares Arcturus Chr. = 19-38-02 Chr. = 19-39-23 Chr. = 19-40-22 Std. = - 3-52 Std. = - 3-52 Std. = - 3-52 MGZ = 19-34-10 MGZ = 19-35-21 MGZ = 19-36-30 Ha = 44°47,5’ ha = 25°43,5’ Ha = 47°05,0’ Ib = - 4,0’ Ib = - 4,0’ Ib = - 4,0’ KA = 44°43,5’ KA = 25°39,5’ KA = 47°01,0’ Gb = - 6,0’ Gb = - 6,0’ Gb = - 6,0’ hb = 44°37,5’ hb = 25°32,0’ hb = 46°55,0’ Grw. Stw. f. 19h = 249°48,8’ Grw. Stw. f. 19h = 249°48,8’ Grw. Stw. f. 19h = 249°48,8’ Zuw. f. 34m 10s = 8°33,7’ Zuw. f. 34m 10s = 8°33,7’ Zuw. f. 34m 10s = 8°33,7’ Grw. t = 258°22,5’ Grw. t = 258°22,5’ Grw. t = 258°22,5’ Bλ (W) = - 0°22,5’ Bλ (E) = + 0°19,5’ Bλ (E) = + 0°02,2’ t = 258° t = 259° t = 259° Bϕ = 37° Nord Bϕ = 37° Nord Bϕ = 37° Nord Hc = 44°33,0’ Hc = 25°37,0’ Hc = 46°48,0’ hb = 44°37,5’ hb = 25°32,0’ hb = 46°55,0’ Δh = + 4,5’ Zn = 118° Δh = - 5,0’ Zn = 192° Δh = + 7,0’ Zn = 259°