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Leitfaden Kundenwertmanagement Ein Kultbegriff wird zum CRM-Trend 2013 Claudia Greulich Sabine Kirchem ec4u expert consulting ag

Leitfaden Kundenwertmanagement Ein Kultbegriff wird zum CRM … · 2016. 1. 28. · 3 1 Kundenwertmanagement erlebt Aufschwung Was wir seit einiger Zeit in der Beratungspraxis erkennen,

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Leitfaden Kundenwertmanagement

Ein Kultbegriff wird zum CRM-Trend 2013

Claudia Greulich

Sabine Kirchem

ec4u expert consulting ag

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Inhaltsverzeichnis

1 Kundenwertmanagement erlebt Aufschwung ................................................. 3

2 Ziele und Nutzen des Kundenwertmanagements ........................................... 4

3 Entwicklung eines wirksamen Kundenwertmodells ....................................... 7

4 Einsatzgebiete von Kundenwertmanagement ............................................... 10

5 Kundenwert und Datenschutz ........................................................................ 14

6 Stolpersteine und wie man diese meistern kann .......................................... 15

© ec4u 2013

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1 Kundenwertmanagement erlebt Aufschwung

Was wir seit einiger Zeit in der Beratungspraxis erkennen, wird auch in diesem Jahr durch

die CRM Studie der ZHAW in der Schweiz deutlich belegt. Das Kundenwertmanagement ist

ein Mega-Trend im Kundenbeziehungsmanagement.1

Dies ist auf dem ersten Blick erstaunlich, ein klassisches Thema wird zum Trend? Viele Ex-

perten würden eher mit Schlagwörtern wie „Social CRM“ oder „Customer Experience Ma-

nagement“ rechnen (die auch in der Studie vertreten sind, jedoch eine niedrigere Bewertung

seitens Unternehmen besitzen). Die Trenduntersuchung „Swiss CRM 2013“ erkennt die

Kundenwertigkeit als mächtigstes CRM-KPI2 zum Top-Thema mit steigender Tendenz. Die

Kundenbindung durch individualisierte und maßgeschneiderte Lösungen für Kunden mit be-

sonders hohem Potenzial ist zum Brennpunkt vieler Unternehmen geworden. Bereits 2012

mit 50 % der befragten Unternehmen im Fokus, sind jetzt mehr als 55 % der großen und

mittelständigen Unternehmen (55,3%) davon überzeugt, dass eine differenziertere und po-

tenzialorientierte Kundenbearbeitung ausschlaggebend für den Erfolg im Markt wird.

Insbesondere Dienstleistungsunternehmen der Finanzbranche (Banken, Versicherer) sowie

der Telekommunikationsbranche, jedoch auch Industrieunternehmen empfinden vermehrt

den stärkeren Erwartungsdruck der Kunden an individuelle Betreuung. Es stellen sich somit

zwei wesentliche Fragen:

1. Wie erkennt man potenzialträchtige Kunden, welche Kriterien sind dabei zu beachten

und welche Aspekte sind beim Aufbau eines Kundenwertmanagements erfolgskri-

tisch?

2. Wie gehen Unternehmen mit dem ermittelten Kundenwert um?

Diese Fragen beantworten wir basierend auf Beratungserfahrungen und Kundenprojekten in

den Kapiteln 3 und 4. Im nächsten Kapitel 2 gehen wir auf die Fragestellung ein, welche Zie-

le und Nutzenaspekte sich für die verschiedenen Anspruchsgruppen erschließen. Kapitel 5

und 6 werfen das Licht auf das Thema Datenschutz sowie auf Stolpersteine beim Aufbau

eines Kundenwertmanagements.

1 Swiss CRM 2013, Einsatz und Trends in Schweizer Unternehmer, ZHAW

2 Key Performance Indicator

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2 Ziele und Nutzen des Kundenwertmanagements

Kundenwertmanagement wirkt sich bekanntlich auf die Unternehmensziele in mehrfacher

Hinsicht positiv aus. Kundenbeziehungen werden optimal entwickelt, die Kundenzufrieden-

heit wird gesteigert. Gleichzeitig dient ein Kundenwertmanagement als wirksames Instru-

ment, um nicht den Kunden „um jeden Preis“ zufrieden zu stellen, sondern Ressourcen ge-

zielt für die attraktivsten Kundensegmente einzusetzen. Es wurde bewiesen, dass Unter-

nehmen, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen, gleichzeitig die Kundenansprache

und Loyalität der Kunden steigern und deren internen Prozesse optimieren. Aus Unterneh-

menssicht wird der Kundenwert zum strategischen Steuerungsinstrument profitabler Kun-

denbeziehungen und stärkt automatisch das Bewusstsein der Mitarbeiter.

Das Kundenwertmanagement eröffnet Nutzenpotenziale für mehrere Anspruchsgruppen. Bei

einer richtigen Anwendung des Kundenwertes profitieren sowohl die Kunden, als auch das

Unternehmen, die Außendienst- und Innendienstmitarbeiter sowie Marketing- und Kunden-

serviceangestellte.

Erfahrungsgemäß ist jedoch der Nutzen des Kundenwertes für die Anspruchsgruppen in

vielen Unternehmen nicht transparent. Eine fehlende Argumentation erschwert jede Kun-

denwertinitiative. Insbesondere Außendienstmitarbeiter, die eigene Beurteilungskriterien bei

der Kundenbewertung anwenden, können zu Opponenten werden, und eine Kundenwer-

timplementierung verhindern. Auch Kunden haben tendenziell eine negative Einstellung zum

Thema Kundenwert. Im B2C3-Segment sehen Kunden die Gefahr, zum „gläsernen Individu-

um“ zu werden, im B2B4-Segment Nachteile in der Kundenbeziehung zu erleben.

Es empfiehlt sich eine klare Zielsetzung und Nutzenargumentation zum Kundenwertma-

nagement festzulegen. Die Befürworter und Gegner im Unternehmen sind zu identifizieren,

und diese gezielt in die Initiative einzubinden, um mögliche Widerstände frühzeitig abzubau-

en und Akzeptanz für das Thema zu schaffen.

Folgende Nutzenaspekte des Kundenwertmanagements sind ersichtlich (Beispiele):

1. Für Kunden:

Kundenrelevante Produktauswahl

Passende Konditionen (z.B. Lieferung, Preisnachlässe)

Relevante Kundenansprache zum richtigen Zeitpunkt

Erfüllte Serviceerwartung

Teilnahme an Loyalitätsprogrammen (z.B. Bonuspunkte, Rabattaktionen)

3 Business-to-Consumer

4 Business-to-Business

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2. Für das Unternehmen

Budgeteinsatz nach „Attraktivität“ des Kunden

Entwicklung von Kundenloyalität und -rentabilität

Optimierte Prozesse und dadurch niedrigere Kosten

Innovative Ansätze in Vertriebscontrolling

Innovative Ansätze in der Kundenansprache (optimiertes Multikanalmanagement)

Gezielte Steuerung von Kundenerlebnissen

3. Für Außendienstmitarbeiter:

Fokus auf potenzialträchtige Kunden

Mehr Zeit für Beratung (z.B. Vorselektion von Kunden mit hohem Abschlusspotenzi-

al, Unterstützung bei der „eigenen“ Ressourcenverwaltung)

Bessere Ergebnisse bei der Kundenentwicklung (z.B. zielgerichtetere Marketing- und

Vertriebsaktivitäten und somit eine bessere Vorbereitungsphase für den (möglichen)

Abschluss, zeitnahe Reaktionen auf Kündigungen)

Unterstützung bei Nutzenargumentation in Kundengesprächen (z.B. verbesserte An-

spracheanlässe, „Auswahl“ geeigneter Kundensegmente für bestimmte Produkte

durch zusätzliche Informationen über den eigenen Kundenbestand)

Höhere Erfolgswahrscheinlichkeit bei Kunden-Maßnahmen (erhöhte Abschlussquote

im Beratungsgespräch, bessere Zielerreichung)

Optimierte dezentrale Vertriebssteuerung (Differenziertere dezentrale Steuerung des

Vertriebs unter Berücksichtigung der ermittelten Ergebnisse)

Wichtig zu betonen ist, dass durch die richtige Einführung des Kundenwerts kein Kunde

schlechter behandelt wird. Der Budgeteinsatz nach „Attraktivität“ des Kunden bezieht sich

demnach darauf, dass bei Kunden, die für das Unternehmen besonders interessant sind in

speziellen Fällen mehr Budget eingesetzt wird, als üblicherweise geplant, beispielsweise um

einen solchen Kunden von der Kündigung abzuhalten. Ziel ist es, dass eine bestimmte Maß-

nahme durch den Außendienst, genau auf die Situation des Kunden passt. So entsteht auch

aus Kundensicht ein konkreter Nutzen, da er sich besser beraten und betreut fühlt.

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4. Für Innendienstmitarbeiter

Fokus auf potenzialträchtige Kunden (z.B. differenzierte Annahmepolitik / Angebots-

management)

Gezielte Nutzung von Inbound-Telefongesprächen z.B. zu Cross- und Up-Selling

Maßnahmen

Effektiveres Kündigermanagement (zeitnahe Reaktionen auf Kündigungen, differen-

ziertes Mahnverfahren auf Basis des Kundenwerts)

Etablierung von Qualitätsstandards in der Kundenberatung

Impulse für das Interessentenmanagement

Eine Messung der Nutzeneffekte in der Praxis kann auf Ebene der Maßnahmen erfolgen und

ist konkret zu definieren. Beispiele:

Höhere Abschlussquoten bei Vertriebs- und Marketing-Maßnahmen aufgrund geziel-

terer Angebote für die jeweilige Kundengruppe

Höhere Reaktionsquote/Response auf Maßnahmen (je nach Maßnahmenziel Cross-

Selling, Up-Selling etc.) aufgrund gezielterer Selektionen.

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3 Entwicklung eines wirksamen Kundenwertmodells

Um den administrativen Aufwand bei der Pflege der Kundenbeziehungen zu verringern, und

mehr Zeit mit lukrativsten Kunden sowie erfolgversprechenden Interessenten zu gewinnen,

investieren Unternehmen vermehrt in analytische Lösungen. Analytische CRM-Systeme be-

inhalten verstärkt Datamining-Algorithmen-Tools, die z.B. zur Clusterung von Kunden oder

zur Verhaltensvorhersagen (z.B. Kündigungswahrscheinlichkeiten) Anwendung finden.

Unabhängig vom angewandten Stand der Technik ist zu prüfen, welche Kriterien bei der

Entwicklung eines effektiven sowie effizienten Kundenwertmodells erfüllt werden müssen.

Wesentlich ist, dass der gewählte Ansatz im Unternehmen auch Anerkennung findet und

gelebt wird. Ein Kundenwertmodell ist dann wirksam, wenn daraus Maßnahmen abgeleitet

werden können, die Kundenbeziehungen fördern.

In Beratungsprojekten empfiehlt ec4u immer die Betrachtung sowohl finanzieller als auch

qualitativer Kriterien bei der Ermittlung des Kundenwertmodells. Je nach Branchenzugehö-

rigkeit können diese unterschiedliche Ausprägungen haben. Der messbare finanzielle Erfolg

des Kunden umfasst beispielsweise Kenngrößen wie Nettoumsatz, Deckungsbeitrag I und II,

Preisdurchsetzung, Vertriebskosten, Produktmix. Neben diesen harten Faktoren ist es emp-

fehlenswert auch Potenzialwerte in Form von beispielsweise Erweiterungspotenzial (Cross-

und Upselling), Referenzpotenzial (Weiterempfehlungspotenzial) oder Lernpotenzial (z.B.

Kunde ist Erstanwender eines innovativen Produktes) sowie Imagevorteile einzubeziehen.

Vom Aufbau her soll ein Kundenwertmodell eine vergangenheitsorientierte Komponente (Be-

standswert) und eine zukunftsorientierte Komponente (Potenzialwert) enthalten. Beide Kom-

ponenten errechnen sich analog des Customer-Lifetime-Value-Ansatzes aus mehreren Krite-

rien, die herangezogen, gewichtet und bewertet werden. In der vergangenheitsorientierten

Perspektive können neben den bereits erwähnten, auch Aspekte wie z.B. die Dauer der

Kundenbeziehung oder die Zahlungsmoral (=Zahlungsverhalten) des Kunden berücksichtigt

werden. In der zukunftsorientierten Perspektive können durch mathematisch-statistische

Modelle Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden (z.B. für Zusatzgeschäft, Weiterempfehlung).

Der errechnete Bestandswert und der Potenzialwert fließen in die Kundenwertberechnung

mit unterschiedlichen Gewichtungen ein. Empfehlenswert ist den Potenzialwert des Kunden

stärker zu gewichten. Kunden mit einem hohen Potenzial sind für das Unternehmen beson-

ders attraktiv, da diese den Wachstumsmotor darstellen.

Bei der Ermittlung der optimalsten Kundenwertberechnung empfehlen wir folgende Aspekte

in die Analyse einzubeziehen:

Ganzheitlichkeit: der Kundenwert enthält eine vergangenheitsorientierte Komponen-

te (Bestandswert) und eine zukunftsorientierte Komponente (Potenzialwert). Sowohl

harte Fakten wie z.B. Umsatz oder Deckungsbeitrag I und II als auch weiche Fakten

wie z.B. Potenzialwerte sind relevant.

Dynamik: Vor der Einführung des Kundenwertmodells empfiehlt sich, eine Verpro-

bung in der Organisation durch ausgewählte Tester durchzuführen, in der

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Anpassungen vorgenommen werden können. Nach der Einführung sind festgelegte

Aktualisierungszyklen bei der Berechnung des Kundenwertes zu beachten. In dieser

Konsolidierungsphase, soll der Kundenwert in seiner Konzeption grundsätzlich nicht

geändert werden. Mittel- bis langfristig empfiehlt es sich, das Modell der Kundenwer-

termittlung regelmäßig anhand von Erfahrungswerten zu überprüfen und gegebenen-

falls anzupassen. Auch eine Definition von Ausbaustufen des Kundenwertmanage-

ments (z.B. Berücksichtigung der Misch- und Firmenkunden erst in einer nachgela-

gerten Phase, Erweiterung des Kundenwertansatzes auf weitere Sparten, etc.) sollte

berücksichtigt werden.

Nachvollziehbarkeit: Die Kundenwertformel soll so einfach wie nötig (aber auch

nicht einfacher) gehalten werden und vor allem nachvollziehbar sein. Eindimensiona-

le Formel können unter Umständen nicht mehr die gestiegene Marktkomplexität ab-

bilden. Wiederum sehr ausgefeilte Formeln, die nicht verstanden werden, können auf

Akzeptanzprobleme stoßen.

Verursachungsgerechtigkeit: Bei der kriteriengestützten Kundenwertermittlung soll

der Zeitpunkt des Kunden im Kundenlebenszyklus berücksichtigt werden.

Realitätsnähe: Die Kundenwertformel soll keine wissenschaftliche Erfindung sein,

sondern ein brauchbares Steuerungsinstrument im Unternehmen, welches die Spezi-

fika der jeweiligen Branche sowie des jeweiligen Unternehmens berücksichtigt.

Datenverfügbarkeit: Von wesentlicher Bedeutung bei der Ermittlung einer Kunden-

formel ist die Verfügbarkeit von Daten. Kundenbezogene Daten, die nicht vorhanden

(mangelhafte Pflege) oder nicht konsistent sind, können in die Kundenwertberech-

nung nicht valide einfließen. Dies führt zu Verzerrungen und mangelnder Vergleich-

barkeit der Kunden im Kundenstamm.

Handlungsrelevanz: Ein Kundenwert, der keine handlungsorientierten Aussagen

ermöglicht, ist nicht brauchbar. Wichtig ist, dass daraus kundenorientierte Maßnah-

men abgeleitet werden können. Dazu sind eine eindeutige Interpretation des Kun-

denwertes sowie ein klar festgelegtes Maßnahmenprogramm in Vertrieb, Marketing

und Kundenservice unverzichtbar.

Benutzerfreundlichkeit: Nicht zuletzt soll ein Kundenwert beispielsweise in CRM-

Systemen einfach angezeigt werden, unter Umständen differenziert nach Bestands-

wert und Potenzialwert. Der letztere ist ein guter Indikator für den Vertrieb, dass dort

noch Ausschöpfungspotenziale möglich sind.

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Eine Übersicht der Kernelemente für ein wirksames Kundenwertmodell bietet folgende Ab-

bildung:

Abbildung 1: Kernelemente eines wirksamen Kundenwertmodells

Quelle: ec4u expert consulting ag, 2013

Dynamik

Benutzerfreundlichkeit

Nachvollziehbarkeit

Handlungsrelevanz

Verursachungs-

gerechtigkeit

Datenverfügbarkeit

Spezifische

Unternehmenssituation

Ganzheitlichkeit

(Wert und Potenzial)Realitätsnähe

Kernelemente eines wirksamen Kundenwertmodells

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4 Einsatzgebiete von Kundenwertmanagement

Die Identifizierung von Einsatzgebieten für die Anwendung des Kundenwertes ist wesentlich,

um den Kunden entlang des Kundenlebenszyklus (Akquisition, Entwicklung, Bindung) opti-

mal hinsichtlich Zeit, Qualität, Aufwand und Kundenerlebnis zu begleiten.

Grundsätzlich unterliegen die Einsatzgebiete des Kundenwertmanagements sowie die jewei-

ligen Maßnahmen folgenden Rahmenbedingungen und Grundregeln (u.a. aufgrund des

Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerbs

(UWG)):

Keine Maßnahme benachteiligt einen Kunden.

Die Anrufzeiten in den operativen Bereichen werden nicht entsprechend des Kun-

denwertes geändert. Der aktuelle Service bleibt immer gleich gut.

Die Outbound-Telefonie (OB) steht nicht im Fokus; ein Interessent wird generell nicht

ungefragt angerufen.

Inbound-Telefonie (IB): Kunden werden nur auf ein Produkt angesprochen, wenn es

ihr Wunsch/ Begehren ist oder ein Beratungsbedarf vorliegt.

Alle Maßnahmen sind Goodwills für den Kunden und werden als „Zusatz“ im Sinne

einer ganzheitlichen Kundenorientierung verstanden.

Die Maßnahmen basierend auf den Kundenwert lassen sich exemplarisch in folgende

Hauptkategorien= Einsatzgebiete unterteilen:

Kundengewinnung

Kundenbindung

Kundenentwicklung

Kündigungsprävention / Kundenrückgewinnung

Kundengewinnung

Neukunden zu gewinnen gehört zum Ziel jedes gewinnorientierten Unternehmens. Interes-

senten bzw. potenzielle Kunden werden qualifiziert und im Rahmen von Vertrieb- und Marke-

tingprozessen zum Kunden entwickelt. Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Kundenwert-

nutzung im Bestandkundenbereich können im Rahmen der Qualifizierung von Interessenten

genutzt werden. Am Anfang einer Kundenbeziehung ist der Bestandswert meistens minimal.

Den Potenzialwert im frühen Stadium zu identifizieren kann enorme Vorteile für die Entwick-

lung der Kundenbeziehung anbieten.

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Beispielhafte Maßnahmen zur Kundengewinnung sind:

- Kundenakquise basierend auf identifizierte Potenzialtreiber im Kundenwertmodell

- Interessentenansprache differenziert nach identifizierten Kundensegmenten

Kundenbindung

Kundenbindung ist die Erhaltung der Treue von Kunden, die bereits Waren oder Dienstleis-

tungen des Unternehmens erworben haben, sodass sie erneut kaufen. Kundenbindung liegt

dann vor, wenn der Kunde gegenüber dem Unternehmen, der Marke oder einem bestimmten

Produkt loyal ist und langfristig daran festhält, ohne zu Mitbewerbern abzuwandern. Ziel der

Kundenbindungsmaßnahmen ist es, den Kunden auf dem jeweiligen Level seines Kunden-

wertes zu halten. Bis zu welchem Level sich die einzelne Maßnahme lohnt, soll definiert

werden bzw. die Rentabilität der einzelnen Maßnahme kann über eine Deckungsbeitrags-

rechnung ermittelt werden.

Kundenbindungsmaßnahmen sind beispielsweise:

- Zentrale Marketingaktionen wie z.B. Newsletterversand, Produktvorankündigungen,

Einladungen zu Events, Kundenkartenangebote

- Maßnahmen im Rahmen der Vertriebssteuerung (Bestandsaktionen, Besuchsaufträ-

ge, Geschäftsplansteuerung, etc.)

Kundenentwicklung

Unter Kundenentwicklung wird die Steuerung des Kunden abhängig von seinem aktuellen

Wert auf einen für das Unternehmen höheren Wert verstanden. Das bedeutet auch, dass ein

Kunde mit einem niedrigen Bestandswert und einem hohen Potenzialwert anders gesteuert

wird, als ein Kunde mit einem hohen Bestandswert und niedrigem Potenzialwert. Der Kunde

wird im Idealfall weiterentwickelt auf den nächst höheren Kundenwert. Anders jedoch bei

Verlustkunden, deren Weiterentwicklung ressourcenintensiv ist. Im Falle von wenig profitab-

len Kunden kann eine niedrigere Leistungsversorgung (z.B. Standard- statt Premiumleistung,

Standard- statt Premiumlieferung, etc.) eigene Finanzen schonen. Jedoch ist es immer emp-

fehlungswert die ganzheitliche Kundensituation zu beachten (Bestand + Potenzial). Bei Kun-

den, die andere Vorteile für das Unternehmen mitbringen (z.B. Imagegewinn) empfehlen wir,

einen Entwicklungsplan zusammen mit dem Kunden zu erarbeiten.

Kundenentwicklungsmaßnahmen sind beispielsweise:

- Aktive Ansprache von Potenzialkunden für Up- und Cross-Selling-Produkte/

Dienstleistungen

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- Berücksichtigung des Kundenwertes bei Annahmepolitik / Angebotsmanagement für

Kunden (z.B. bei Vertragsänderungen, Vertragseinstufungen, kostenfreier Leis-

tungsverbesserung, (Mit-) Versicherung von Risiken)

- Zielgerichtete Kundenansprache durch Berücksichtigung des Kundenwerts bei der

Selektion von Kunden (z.B. Unterstützung besonderer Angebote für A- und B-

Kunden)

Kündigungsprävention / Kundenrückgewinnung

Kunden zu erhalten ist wichtiger als neue Kunden zu gewinnen. Insbesondere wenn es sich

dabei um wertvolle Kunden handelt.

Kündigungspräventionsmaßnahmen basierend auf dem Kundenwert können sein:

- Kundenansprache zum richtigen Zeitpunkt (z.B. vor dem Vertragsabschluss)

- Attraktive Angebote passend zum Kundensituation anbieten

- Kundenkommunikation aufrecht erhalten

Eine Übersicht möglicher Differenzierungspotenziale in der Kundenbetreuung basierend auf

den Kundenwert bietet folgende Abbildung:

Abbildung 2: Differenzierungspotenziale in der Kundenbetreuung

Quelle: ec4u expert consulting ag, 2013

Betreuungsintensität (zeitlich)

Personalqualität

Konditionenspielraum

Leistungsdifferenzierung

Service Level (Priorität)

Verantwortlichkeiten

Personalisierungsgrad

Kundenwert

Angebot Vertrag BetreuungBeschwerde-

management

Frühwarn-

system

Rückge-

winnungProzess

Beispielhafte Differenzierungspotenziale

Welcher Aufwand wird für die Betreuung des Kunden

geleistet?

Werden dem Kunden Sonderkonditionen eingeräumt?

Profitiert der Kunde vom gesamten Produktportfolio?

Hat der Kunde Anspruch auf bevorzugte Betreuung?

Welche Person ist Ansprechpartner für den Kunden?

In welchem Maß werden Leistungen für den Kunden

individualisiert oder personalisiert?

Der Kundenwert ist der profitorientierte Leistungsmaßstab!

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Die Kundensteuerung anhand des Kundenwertes sollte innerhalb der Organisation konsis-

tent erfolgen. Die Maßnahmen müssen somit definiert, bewertet (Kosten-Nutzen-

Gegenüberstellung) und priorisiert werden, sowie den zuständigen Organisationseinheiten

(z.B. Außendienst, Innendienst, Service, zentrale Steuerung, Controlling) zugeordnet wer-

den. Nur so kann sicher gestellt werden, dass die Nutzenvorteile des Kundenwertmanage-

ments realisiert werden können.

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5 Kundenwert und Datenschutz5

Bei der Nutzung von Kundendaten im Rahmen von Kundenwertermittlungen, Kundenseg-

mentierungen bzw. Profilerstellungen bewegen sich Unternehmen auf einem rechtlich ge-

schützten Terrain. Den Spagat zwischen der Speicherung kundenbezogener Daten in einer

Granularität, die für Analysezwecke erforderlich ist und dem Schutz der Kundendaten kann

zu einer echten Herausforderung werden. Welche Aspekte sind dabei zu beachten?

1. Rechtsgrundlage für Datenerhebung und Nutzung

Der Anwendungsbereich des BDSG umfasst personenbezogene Daten wie z.B. klassische

Daten (Name, Anschrift, Beruf, Alter, Familienstand, Versicherungsnummer, Aussehen, Tele-

fonnummer, e-Mail-Adresse etc.), Werturteile, Meinungsäußerungen, Wiedergabe mündli-

cher oder schriftlicher Aussagen, Röntgenbilder, Fingerabdrücke, Fotos, sowie Kundenwert!

Beim Umgang mit personenbezogenen Daten werden die Erhebung, die Verarbeitung (Spei-

cherung, Veränderung, Löschung, etc.) und die Nutzung der Daten von BDSG geregelt.

Auch konzerninterne Datenweitergaben / gemeinsames Nutzen von Daten bedürfen einer

datenschutzrechtlichen Grundlage!

2. Zulässigkeit des Umgangs mit Daten

Grundsätzlich ist der Umgang mit Daten verboten. Folgende Ausnahmen sind jedoch zu be-

rücksichtigen:

a. Datenverarbeitung im Vertrag

Der Umgang mit Daten ist für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechts-

geschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnis mit dem Betroffenen erfor-

derlich. Daten müssen unverzichtbar und nicht nur nützlich sein. Kundenwertmanagement

ist im Rahmen der Vertragsbeziehungen nicht unverzichtbar.

b. Interessenabwägung

Eine mögliche Rechtsgrundlage für Kundenwertmanagement ist in erster Linie durch ein be-

rechtigtes wirtschaftliches Interesse gegeben: kein detailliertes Persönlichkeitsprofil, keine

sensitiven Daten, Kundenwert für Betroffene ist lediglich vorteilhaft (z.B. Gewährung von

Vergünstigungen). Jedoch ist die Nutzung des Kundenwertes im Rahmen bestehender Ver-

tragsverhältnisse nicht gleichbedeutend, daß Kunden im Rahmen von Werbemaßnahmen

grundsätzlich angesprochen werden dürfen. Bei Werbewiderspruch kann der Kundenwert

nicht zu Marketingzwecken benutzt werden!

c. Einwilligung des Betroffenen

Eine Anlage von Kundenprofilen ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen ist grund-

sätzlich nicht zulässig. Auch die Generierung von möglichst umfassenden Datenbeständen

für Data-Mining-Zwecke, ohne vorherige eindeutige Festlegung, zu welchen (Analyse-) Zwe-

cken dieser Bestand genutzt werden soll, ist regelmäßig rechtswidrig. Jedoch, abhängig von

5 Hinweis: Angaben ersetzen keine juristische Beratung und sind ohne Gewähr

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der Entscheidung welche Daten verwendet werden, kann ein gangbarer Weg von Unterneh-

men gewählt werden. Empfehlenswert ist es, bereits bei der Datenerhebung bzw. bei der

Anlage eines Datensatzes darauf zu achten, dass eine Datennutzung auch zu Zwecken des

Data Minings rechtlich zulässig ist.

3. Zu beachtende Regeln beim Umgang mit Daten

- so wenig Daten wie möglich, erheben, verarbeiten, nutzen

- Eingriffstiefe (Sensibilität der Daten, Umfang der Verarbeitungsschritte) so weit wie

möglich reduzieren

- bereits bei Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen Möglichkeiten

der Anonymisierung und Berechtigungskonzepte beachten

- eindeutige Definition der Verwendungszwecke vor Erhebung (Daten müssen für Ver-

wendungszweck geeignet und erforderlich sein)

- Daten dürfen nur zu dem festgelegten Verwendungszweck verarbeitet / genutzt wer-

den (spätere Zweckänderungen nur mit Rechtsgrundlage)

- Keine Vorratsdatenspeicherung: Speicherung „für alle Fälle“ für noch nicht festgeleg-

te Zwecke unzulässig.

6 Stolpersteine und wie man diese meistern kann

Folgende Aspekte sind zu beachten damit eine Kundenorientierung nach Wertigkeiten keine

Absichtserklärung sondern zur gelebten Praxis wird:

- Kriterien für die Kundenwertberechnung: die Schaffung eines wirksamen Kun-

denwertmodells erfordert einen ganzheitlichen und gleichzeitig praktikablen Ansatz.

Die Kriterien des Kundenwertes sollten anhand von Musterkunden verprobt werden.

- Datenbasis/-flüsse/Datenqualität/Datenschutz: valide Daten bilden die Basis jedes

Kundenwertmodells. Somit sollte deren Qualität im Sinne von Aktuali-

tät/Verfügbarkeit/Konsistenz sowie die Beachtung der Datenschutzaspekte unter die

Luppe genommen werden.

- Nutzenargumentation für Endbenutzer: die Ziele der Anwendung von Kundenwer-

tigkeiten für Analysezwecke sollen für interne und externe Adressaten ersichtlich

sein. Dazu ist der frühe Einbezug von Vertrieb- und Marketingvertretern, als auch von

Datenschutzexperten zu berücksichtigen.

- Ableitung von Maßnahmen: auf Basis von Kundenwerten sollen konkrete kunden-

orientierte Maßnahmen definiert werden. Empfehlenswert ist eine Definiti-

on/Validierung und Priorisierung von Maßnahmen entlang des Kundenlebenszyklus.

- Controlling: konkrete KPIs sollen den Erfolg von Maßnahmen für ausgewählte Kun-

dengruppen basierend auf den Kundenwert messbar machen. Im Rahmen der Kun-

denentwicklung kann zum Beispiel eine Veränderung im Kundenwert nach durchge-

führten Aktionen untersucht werden.

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Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Unternehmenskontakt:

ec4u expert consulting ag

Claudia Greulich

Senior Consultant

Business Development & Marketing

Zur Giesserei 19-27b

76227 Karlsruhe

Tel.: +49 (0) 721 46476-100

Fax: +49 (0) 721 46476-299

E-Mail: [email protected]

Web: www.ec4u.com