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Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie Zitierbare Quelle: Leitlinien zu Diagnostik und Therapie in der Gefäßchirurgie. Hrsg. vom Vorstand der Dt. Ges. f. Gefäßchirurgie; Deutscher Ärzteverlag, Köln 1998 Akuter peripherer Arterienverschluß (Leitlinie zu Diagnostik und Therapie der akuten Extremitätenischämie) Vorbemerkungen Die Behandlung eines akuten peripheren Arterienverschlusses kann je nach Ursache mit relativ einfachen Mitteln möglich sein, andererseits jedoch auch neben hoher fachlicher Kompetenz den Einsatz modernster diagnostischer und therapeutischer Methoden erfordern. Eine inadäquate Sofortbehandlung ist oft nicht mehr korrigierbar und führt nicht selten zum Verlust der Extremität. Die Behandlung dieses Krankheitsbildes bedarf der kontinuierlichen Überprüfung der personellen und strukturellen Voraussetzungen. Häufigste Ursachen für den plötzlichen Verschluß einer Extremitätenschlagader sind die arterielle Embolie (meist Embolisierung von thrombotischem Material aus dem linken Herzen) und die arterielle Thrombose. Seltene Ursachen sind Gefäßrupturen oder Gefäßdissektionen. Pathogenetische Ursachen arterieller Thrombosen sind in der Regel vorbestehende arteriosklerotische Veränderungen der Gefäßwand, selten auch Aneurysmen. Auslösende Ko- Faktoren für eine arterielle Thrombose sind oft eine gesteigerte Gerinnungsfähigkeit des Blutes, (z.B. bei Exsiccose), eine Herzinsuffizienz oder eine iatrogene Maßnahme (Punktion, Angiographie). Symptome und Befunde Das Ausmaß der peripheren Ischämie richtet sich nach Lokalisation und Länge des Gefäßverschlusses sowie nach dem Vorhandensein ausgebildeter Kollateralen. In einem gesunden Gefäßsystem kann z.B. ein kurzstreckiger embolischer Verschluß der Oberschenkelarterie zum Absterben der Unterschenkelmuskulatur führen, da die Ausbildung von Kollateralbahnen länger dauert als die tolerable Ischaemiezeit der Muskulatur. Andererseits ruft ein langstreckiger Verschluß der Oberschenkelarterie auf dem Boden einer vorbestehenden chronischen Stenose oft nur eine geringe klinische Symptomatik hervor, da die Kollateralisation bereits weitgehend ausgebildet ist. Im Einzelfall kann der Verlauf eines akuten Gefäßverschlusses mit seinen Auswirkungen auf das periphere Gewebe nie mit Sicherheit vorausgesagt werden. Klinische Symptome reichen von geringen, vom Patienten oft nicht beachteten Beschwerden, bis zum kompletten neurologischen Defizit (völlige Parese der Extremität). Zur Beurteilung des AWMF online Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften AWMF-Leitlinien-Register Nr. 004/001 Entwicklungsstufe: 1 nicht aktualisiert Seite 1 von 4 AWMF online - Leitlinien Gefäßchirurgie: Akuter peripherer Arterienverschluß 18.12.2006 http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll-na/004-001.htm

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Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie

Zitierbare Quelle: Leitlinien zu Diagnostik und Therapie in der Gefäßchirurgie. Hrsg. vom Vorstand der Dt. Ges. f. Gefäßchirurgie; Deutscher Ärzteverlag, Köln 1998

Akuter peripherer Arterienverschluß

(Leitlinie zu Diagnostik und Therapie der akuten Extremitätenischämie)

Vorbemerkungen

Die Behandlung eines akuten peripheren Arterienverschlusses kann je nach Ursache mit relativ einfachen Mitteln möglich sein, andererseits jedoch auch neben hoher fachlicher Kompetenz den Einsatz modernster diagnostischer und therapeutischer Methoden erfordern. Eine inadäquate Sofortbehandlung ist oft nicht mehr korrigierbar und führt nicht selten zum Verlust der Extremität. Die Behandlung dieses Krankheitsbildes bedarf der kontinuierlichen Überprüfung der personellen und strukturellen Voraussetzungen. Häufigste Ursachen für den plötzlichen Verschluß einer Extremitätenschlagader sind die arterielle Embolie (meist Embolisierung von thrombotischem Material aus dem linken Herzen) und die arterielle Thrombose. Seltene Ursachen sind Gefäßrupturen oder Gefäßdissektionen.

Pathogenetische Ursachen arterieller Thrombosen sind in der Regel vorbestehende arteriosklerotische Veränderungen der Gefäßwand, selten auch Aneurysmen. Auslösende Ko-Faktoren für eine arterielle Thrombose sind oft eine gesteigerte Gerinnungsfähigkeit des Blutes, (z.B. bei Exsiccose), eine Herzinsuffizienz oder eine iatrogene Maßnahme (Punktion, Angiographie).

Symptome und Befunde

Das Ausmaß der peripheren Ischämie richtet sich nach Lokalisation und Länge des Gefäßverschlusses sowie nach dem Vorhandensein ausgebildeter Kollateralen. In einem gesunden Gefäßsystem kann z.B. ein kurzstreckiger embolischer Verschluß der Oberschenkelarterie zum Absterben der Unterschenkelmuskulatur führen, da die Ausbildung von Kollateralbahnen länger dauert als die tolerable Ischaemiezeit der Muskulatur. Andererseits ruft ein langstreckiger Verschluß der Oberschenkelarterie auf dem Boden einer vorbestehenden chronischen Stenose oft nur eine geringe klinische Symptomatik hervor, da die Kollateralisation bereits weitgehend ausgebildet ist.

Im Einzelfall kann der Verlauf eines akuten Gefäßverschlusses mit seinen Auswirkungen auf das periphere Gewebe nie mit Sicherheit vorausgesagt werden. Klinische Symptome reichen von geringen, vom Patienten oft nicht beachteten Beschwerden, bis zum kompletten neurologischen Defizit (völlige Parese der Extremität). Zur Beurteilung des

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Spontanverlaufs ist neben dem aktuellen klinischen Befund auch die Zeitdauer zwischen dem akuten Verschluß und der aktuellen Symptomatik zu berücksichtigen. Leicht bis mäßiggradige Ischaemiesymptome sind innerhalb von wenigen Minuten bis Stunden zu erwarten, die Situation kann sich bis zur kompletten Ischaemie steigern, oder durch spontane Kompensationsmechanismen auch wieder verflüchtigen.

Diagnostik

Sprechen alle Kriterien für einen rein embolischen Gefäßverschluß (keine Claudicatio in der Vorgeschichte, gegenseitige Extremitätenpulse vorhanden, eindeutige Emboliequelle, Embolieanamnese, Arrhythmie), kann bei mehr zentral gelegenen embolischen Verschlüssen auf eine weitergehende Diagnostik verzichtet, und der Patient unmittelbar einer operativen Therapie zugeführt werden. Ist jedoch ein sicherer klinischer Ausschluß einer arteriellen Thrombose nicht möglich, wird eine apparative Voruntersuchung erforderlich. Eine solche ist auch bei peripheren embolischen Verschlüssen ratsam, da sich u. U. Alternativen zur chirurgischen Embolektomie ergeben.

Auch bei scheinbar eindeutigem zentralem embolischem Verschluß ist eine apparative Diagnostik immer ratsam, da trotz eindeutiger Konstellation klinische Fehldiagnosen auftreten können.

Führendes diagnostisches Verfahren ist die transarterielle Angiographie. Duplexsonographie, CT, Kernspinntomographie usw. kommen als Ergänzungen (Nachweis von Dissektionen, Aneurysmen) in Betracht.

Indikationsstellung

Die Entscheidung zur sofortigen operativen Wiederherstellung der Strombahn richtet sich maßgeblich nach dem Ausmaß der peripheren Ischämie.

Therapie

Eine konservative medikamentöse Therapie (in der Regel systemische Heparinisierung) ist nur bei sehr peripheren Embolien unter laufender Beobachtung der klinischen Symptomatik ratsam. Bei einer arteriellen Thrombose richtet sich die Behandlung nach der klinischen Symptomatik. Eine primäre konservative Therapie ist bei nur milder Ischaemie-Symptomatik statthaft.

Bei der arteriellen Embolie besteht die Methode der Wahl bei mehr zentral gelegenen Verschlüssen in der chirurgischen Embolektomie, die auch in Lokalanästhesie durchführbar ist. Der chirurgische Eingriff ist umso dringlicher, je ausgeprägter die ischaemischen Symptome sind (z.B. embolischer Aortenverschluß).

Bestehen bei einer arteriellen Thrombose ausgeprägte Symptome, ist in der Regel die sich unmittelbar an die Angiographie anschließende Katheterlyse die Methode der Wahl. Sie ist jedoch nur so lange vertretbar, so lange nicht die Ischämietoleranz der Extremität überschritten wird. Als Anhaltspunkt für die Toleranz der Muskulatur bei kompletter Ischaemie (myoneurales Defizit) kann die 6-Stunden-Regel gelten, jedoch sind auch Extremitätenverluste unterhalb dieser Zeitgrenze beschrieben.

Ist die Katheterlyse erfolgreich, kann die zugrunde liegende Gefäßläsion (z.B. Stenose oder chronischer Verschluß) durch interventionelle Kathetertechniken oder operative Maßnahmen korrigiert werden.

Ist aufgrund der klinischen Symptomatik aus Zeitgründen ein chirurgisches Vorgehen notwendig

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(d.h. der Erfolg einer percutanen Lyse ist nicht innerhalb der Ischämietoleranz des Gewebes zu erwarten), muß eine intraoperative Lysetherapie, bzw. ein chirurgisches Rekontruktionsverfahren (Thrombendarteriektomie oder Bypaß) folgen.

Eine intraoperative Angiographie ist nach Embolektomie zentraler Gefäßverschlüsse ratsam, nach Embolektomie peripherer Gefäße dringend zu empfehlen. Bei der Behandlung der akuten arteriellen Thrombose, ggf. mit intraoperativer Lyse, ist die intraoperative Angiographie unabdingbar. Eine intraoperative Doppler- bzw. Ultraschalluntersuchung kann die Angiographie nicht ersetzen.

In Abhängigkeit von Außmaß und Dauer des Ischämie ist u.U. eine Fasziotomie notwendig. Aus praktischen Erwägungen bietet sich diese unmittelbar nach der Rekonstruktion als prophylaktische Maßnahme an. Bei ischämisch bedingtem Kompartmentsyndrom sind in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit das anteriore, das fibulare und das tiefe dorsale Kompartment betroffen. Alternativ zur prophylaktischen Fasciotomie kann der klinische Verlauf durch engmaschige klinische und/oder apparative Untersuchungen (Druckmessung) beobachtet werden.

Ist es durch die Ischämie nur zu einer funktionellen Schädigung der Muskulatur gekommen, ist eine sekundäre Beeinträchtigung anderer Organsysteme unwahrscheinlich. Hat die Ischämie dagegen zu einer strukturellen Schädigung der Muskulatur geführt, muß mit dem sog. Tourniquet-Syndrom gerechnet werden. In diesem Fall ist eine intensiv-medizinische Behandlung zwingend.

Besteht eine komplette Ischämie einer Extremität (insbesondere einer unteren) mit kontrakter Muskulatur über einen Zeitraum von mehr als 8-10 Stunden, ist mit einem massiven Tourniquet-Syndrom und u.U. der Gefährdung des Lebens des Patienten zu rechnen. In diesem Fall muß in kritischer Abwägung der vorbestehenden Organschäden und des Ausmaßes der ischaemischen Muskelschädigung eine primäre Amputation der Extremität erwogen werden.

Nachsorge

Nach Überwindung der ischaemischen Phase muß eine adaequate Behandlung der Grunderkrankung erfolgen, um Rezidiven vorzubeugen. Diese besteht bei embolischen Verschlüssen, insbesondere bei Vorliegen einer absoluten Arrhythmie und Vorhofflimmern in der Antikoagulation. Auch nach Lyse bzw. Thrombektomie von arteriellen Thrombosen ist eine solche Antikoagulation für einige Monate, häufig auch lebenslänglich, indiziert. Zugrunde liegende organische Ursachen ( z.B. Popliteaaneurysma) müssen elektiv korrigiert werden.

Herausgegeben vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie - Verantwortlich für die Erstfassung: H. Schweiger

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Stand der letzten Aktualisierung: November 1997

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© Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online HTML-Code optimiert: 17.01.2006; 19:07:24

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Leitlinie zu Bauchaorten- und Beckenarterienverschlüssen (Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Stenosen und Verschlüssen der infrarenalen Aorta und

der Beckenarterien)

Vorbemerkungen

Ein Drittel aller arterieller Verschlußprozesse der unteren Körperhälfte sind im aorto-iliakalen Abschnitt anzutreffen, dem nach der femoro-poplitealen Enge damit der zweite Platz bezüglich der Beindurchblutungsströrungen zukommt. Ursächlich liegt so gut wie immer (> 90%) die Arteriosklerose zugrunde. Endangiitis obliterans, fibromuskuläre Hyperplasie, zystische Wanddegeneration, postembolischer Verschluß und konnatale Stenosen bzw. Aplasien sowie traumatische Strombahnverlegungen treten demgegenüber in den Hintergrund

Symptome und Befunde

Auf die Stadieneinteilung nach FONTAINE (I bis IV) sei verwiesen. Rund 80 bis 90 % der Verschlußkranken suchen den Arzt wegen einer Claudicatio inter-mittens (Stadium II) auf. Ein Stadium III (Ruheschmerz) oder ein Stadium IV (Nekrose) treten zumeist nur dann auf, wenn zu aorto-iliakalen Verschlüssen Verlegungen der femoro-poplitealen Gefäßetage hinzukommen.

Auch bei nur einseitig angegebenen Beschwerden liegt zumeist eine, wenn auch weniger stark ausgeprägte Mitbeteiligung der Gegenseite vor, was dem Systemcharakter der Arteriosklerose entspricht. Die Progredienz des Ver-schlußleidens ist im Einzelfalle nicht verläßlich vorauszusehen.

Aufgrund des Versorgungsgebietes der Äste des aorto-iliakalen Arterienab-schnittes werden bei Verschlußprozessen in dieser Etage nicht nur periphere Beindurchblutungsstörungen angetroffen. Rund 40 % der Patienten klagt über erektile Potenzstörungen in unterschiedlicher Schwere. Ursächlich liegt bei ihnen meist eine Minderperfusion im Bereich der Arteria iliaca interna vor.

Typisch, wenngleich nicht immer anzutreffen, ist für das Stadium II auch die Claudicatio intermittens glutaealis.

Aorto-iliacale Verschlüsse können sich auch auf die Blutversorgung des Darmes auswirken, wenn zusätzlich stenosierende bzw. obliterierende Be-funde an den viszeralen Ästen der suprarenalen

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Aorta vorliegen. Hier kann es im Einzelfall dann bei Beinarbeit zu intermittierenden Anzapfeffekten auf die Darmdurchblutung kommen.

Diagnostik

Die klinische Diagnostik stützt sich auf die Anamnese (Risikofaktoren, plötz-licher oder allmählicher Beginn u.s.w.), die genaue Beschwerdeschilderung (Belastungsschmerz in Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur), auf den Puls-status (fehlender oder abgeschwächter Leistenpuls) und die Gefäßauskultation (Strömungsgeräusche). In Frühstadien besteht die Möglichkeit der Fehlinterpretation als Ischialgie, WS-Syndrom, Rheuma etc.

Neben die klinische tritt ergänzend die apparative Diagnostik mit Bestimmung der Perfusionsdrucke mittels Doppler-Technik und die Errechnung des sogenannten „Doppler-Index" (s. unter Femoralisverschlüsse), wobei darauf hinzuweisen ist, daß neben dem üblicherweise ermittelten Knöchelwert für die alleinige Erfassung der durch aorto-iliakale Hindernisse bedingten Durchblutungsminderung eine Verschlußdruckmessung am Oberschenkel nötig ist.

Zur differenzierten Erfassung von Lage und Ausdehnung aorto-iliakaler Ver-schlüsse und Stenosen sowie deren funktioneller Auswirkung sind als diagnostische Standards zu nennen:

1. Die hochauflösende Duplex-Sonographie - wenn möglich mit farbkodierter Technik - erlaubt als nicht-invasive Methode eine verläßliche Beurteilung von Lage und Ausdehnung, aber auch Art des Strombahnhindernisses. Ihre Grenze findet die Technik durch die bekannten Hindernisse der Ultraschall-Diagnostik bei Patienten mit Adipositas und stärkerem Meteorismus.

2. Die intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie (DSA) gilt heute als Standardverfahren zur bildgebenden Diagnostik für aorto-iliakale Arterien-veränderungen. Ihre Vorteile liegen neben dem vergleichsweise geringen Kontrastmittelverbrauch vor allem in der Möglichkeit der Strukturenausblen-dung des Nativbildes. Das Ausmaß der obliterierenden Befunde wird durch eine zusätzlich zum AP-Strahlengang gewonnene weitere Untersuchungs-serie in einem schrägen Durchmesser deutlicher erfaßt. Durch die elektronische Bildverarbeitung besteht andererseits aber die Ge-fahr einer gewissen unerwünschten Manipulierbarkeit der Darstellungen. Erfahrungsgemäß sind die intraoperativ anzutreffenden Veränderungen des Schlagaderrohres ausgeprägter und ausgedehnter als es dem ersten Ein-druck der DSA entspricht.

3. Die konventionelle Katheter-Arteriographie in Seldinger-Technik ist heute deswegen von der DSA zunehmend verdrängt worden, weil sie für be-stimmte Strombahnabschnitte (supraaortale Gefäße, viszerale Bahnen etc.) deutlich weniger leistungsfähig ist. Für den aorto-iliakalen Bereich vermag sie jedoch technisch sehr gute und informationsreiche Aufnahmen zu liefern. Wie für die DSA, so gilt auch hier die Empfehlung, zusätzlich zum Ap-Strahlen-gang eine weitere Untersuchung in einem schrägen Durchmesser vorzusehen.

4. Die transvenöse digitale Subtraktonsangiographie kommt wegen des größeren Kontrastmittelbedarfs, der weniger guten Kontrastierung der Arterienbahnen und der geringeren Detailwiedergabe im Vergleich mit der arteriellen DSA nur hilfsweise in Betracht, z.B. wenn beiderseits fehlende Leistenpulse die Femoralispunktion nicht erlauben oder beidseitige iliakale Verschlüsse ein ausreichendes Hochführen des Katheters unmöglich machen. Die transvenöse DSA wird daher hauptsächlich zu postoperativen Kontrollen bzw. zu mehr orientierenden Zwecken eingesetzt und hat nur einen begrenzten Platz in der präoperativen Diagnostik.

5. Magnetresonanz-Angiographie (MRA) und Computertomographie mit Spiraltechnik sind in der Weiterentwicklung befindliche, modernste Techniken, die aufwendige und kostspielige Apparaturen erfordern und bislang wenigen Spezialsituationen vorbehalten bleiben. Entsprechend dem Trend zu weniger bzw. nicht-invasiver Diagnostik wird diesem Verfahren

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in der Zukunft möglicherweise größere Bedeutung zukommen. 6. Verzicht auf bildliche angiographische Darstellung der aorto-iliakalen Arterienstrecke beim

Verschluß kommt fallweise in Betracht, wenn bei bekanntermaßen freier Durchgängigkeit ein sicheres Embolieergebnis zu akuter Verlegung geführt hat (siehe unter „akuter peripherer Arterienverschluß").

Indikationsstellung

Die Anzeigestellung zur Strombahnwiederherstellung hat zu berücksichtigen

1. den klinischen Beschwerdegrad, 2. die angiographischen Befunde, 3. den allgemeinen Zustand des Patienten und 4. die zur Wahl stehenden Wiederherstellungsverfahren.

Eine klare Indikationsstellung ergibt sich im Beschwerdestadium III und IV mit Ruheschmerz und Gewebeuntergang. Das Stadium II der Claudicatio intermittens gilt als relative Anzeige, wobei für kürzere Gehstrecken (< 200 bis 250 m) mehrheitlich die Strombahnrekonstruktion, für längere Distanzen eher konservatives Vorgehen in Frage kommt, und dies auch in Abhängigkeit vom Leidensdruck des Patienten. Für ein interventionelles Vorgehen ergibt sich bei geeigneter Verschlußmorphologie im Stadium II eine weitere Indikationsstellung als für die offene operative Wiederherstellung.

Im beschwerdefreien Stadium I kommt keines dieser beiden Verfahren in Betracht.

Die lokale Operabilität ergibt sich aus dem Angiogramm. Das relativ große Kaliber der Bauchaorta und der Beckenarterien läßt - in Verbindung mit den bewährten Wiederherstellungstechniken - diese durchweg als gegeben annehmen. Voraussetzung ist allerdings eine noch durchgängie Arteria femoralis superficialis oder eine drainagefähige Arteria profunda femoris Für Zweiteingriffe oder Maßnahmen beim Infekt gelten besondere Regeln.

Die allgemeine Operabilität ergibt sich aus dem Vorhandensein bzw. Fehlen ernster Störungen des respiratorischen Systems, des Herzens und der Stoffwechselorgane. Liegen entsprechende Hinweise vor, so sind kardiologische Voruntersuchung (evtl. einschließlich Koronarographie), Abklärung der Nieren- und Leberleistung sowie der Lungenfunktion präoperativ geboten. Ggf. ist auch ein revaskularisierender Koronareingriff (Bypass, PTCA) zeitlich vorzuziehen.

Therapie

Hier sind die klassischen gefäßchirurgischen Techniken zum einen und die sogenannten interventionellen, endovaskulären Verfahren zum anderen zu unterscheiden.

Die klassischen Techniken umfassen für den aorto-iliakalen Bereich die Thrombendarteriektomie in ihrer offenen bzw. halbgeschlossenen Form sowie das Bypassprinzip unter Verwendung von Kunststoffprothesen. Beide Verfahren liefern exzellente Frühergebnisse und erfreuliche Spätresultate (bis zu 90 % Durchgängigkeit nach 5 Jahren).

Die Eingriffe erfolgen in Allgemeinnarkose, können im Einzelfalle aber auch in einer Regionalanästhesie durchgeführt werden. Präoperative Eigenblutspende ist empfehlenswert. Die Möglichkeit zur intraoperativen Autotransfusion sollte gegeben sein.

Als Prothesenmaterial finden Polyäthylen (Dacron) und Polytetrafluoräthylen (PTFE) mit gleichermaßen sehr guten Ergebnissen Verwendung. Der zuneh-mende Gestaltwandel der AVK hat in den letzten 10 bis 15 Jahren dazu ge-führt, daß mehr und mehr bilaterale Maßnahmen (Y-

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Prothese) statt unilateraler Rekonstruktionen vorgenommen werden. Für letztere kommt neben dem transperitonealen Zugang vorrangig ein extraperitoneales Vorgehen in Frage. Neben die in situ Korrektur treten fallweise sogenannte extraanatomische Rekonstruktionen. Bei bilateralen Iliakalen und ausgeprägten aortalen Befunden kann auf eine axillo-bifemorale Umleitung zurückgegriffen werden. Für den einseitigen Beckenarterienverschluß steht der suprasymphysäre Cross-over-Bypass zur Verfügung.

Grundprinzip für die Endarteriektomie ist die „Sanierung von Gabel zu Gabel", da eng umschriebene Obliterationen selten vorliegen und sich ihnen meist eine sogenannte „Überganszone" anschließt.

Als endovaskulare Technik zur Strombahnwiederherstellung im iliakalen - we-niger aortalen - Abschnitt hat sich die transfemorale Ballondilatation über eine inguinale Gefäßfreilegung oder mittels Direktpunktion in der Leiste bewährt. Das Leistungsoptimum liegt dabei in der Behandlung umschriebener Engen (vorwiegend konzentrische und wenig verkalkte Stenosen) bzw. kurzer Segmentverschlüsse (< 5 cm). Aufgrund der Tendenz zur Rezidiv-Stenose wird heute durchweg angeraten, das durch die Dilatation einer Enge erreichte Ergebnis mit Einbringung eines Stents zu sichern.

Veränderungen der Arteria iliaca communis liefern bessere Resultate nach Dilatationsbehandlung als Befunde an der Arteria iliaca externa.

Gerade im Bereich der endovaskulären Technik befinden wir uns in der Phase einer stürmischen Entwicklung, so daß mit weiteren modifizierten Verfahren, die neben Dilatation und Stenteinbringung auch die transfemorale Einführung einer Prothese beinhalten, in Kürze zu rechnen ist.

Andere Verfahren wie Atherektomie, Rotationsdesobliteration oder Laser-Sonde haben sich nicht breit durchsetzen können. Hingegen kann fallweise bei aorto-iliakalem Segmentverschluß eine intraarterielle Katheterlyse mit nachfol-gender Ballondilatation in Betracht kommen.

Endovaskulare Kathetertechniken werden entweder isoliert oder in Kombina-tion mit einem konventionellen Rekonstruktionsverfahren eingesetzt, und sie gehören heute ebenso zum therapeutischen Spektrum des Gefäßchirurgen wie dem des interventionellen Radiologen.

Zur Qualitätskontrolle sind zu nennen:

Distale Pulspalpation, Bestimmung des (gebesserten) peripheren Verschlußdruckes, elektromagnetische Flußmessung, Angioskopie, intravasaler Ultra-schall (IVUS), intraoperative Durchleuchtung mit digitalem C-Bogen sowie intraoperative Angiographie.

Nachsorge

Postoperativ empfiehlt sich nach TEA und Prothesenbypass, aber auch nach interventionellem Vorgehen zur allgemeinen Thromboseprophylaxe die Fortführung der präoperativ begonnenen Low-dose-Haparinisierung. Nach Dilatation und Stenteinbringung ist zudem die Gabe von Aggregationshemmern und/bzw. Heparinisierung geboten.

Eine Antibiotika-Prophylaxe ist nicht obligat. Bei längeren Eingriffen, Prothesenimplantationen, Rezidiv-Operationen und vorliegendem Stadium IV wird sie von vielen Autoren empfohlen.

Zur Langzeitprophylaxe empfiehlt sich nach Endarteriektomie, Prothesenimplantation oder Ballondilatation ein Aggregationshemmer (100-300 mg ASS täglich).

Ambulante Kontrollen des Op-Gebietes sollen nach dem ersten Vierteljahr und dann in

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halbjährlichen Abständen mit Pulsstatus, Doppler-Werten und ggf. Duplex-Sonographie erfolgen. Bei Progredienz von Stenosen sollte zur Angiographie und nachfolgenden Korrekturoperation geraten werden, bevor sich ein Totalverschluß einstellt.

Herausgegeben vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie - Verantwortlich für die Erstfassung: H. Müller-Wiefel

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Stand der letzten Aktualisierung: November 1997 © Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online HTML-Code optimiert: 17.01.2006; 19:07:18

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Leitlinie zu Oberschenkelarterienverschlüssen (Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Stenosen und Verschlüssen der Arteria femoralis

superficialis und profunda femoris)

Vorbemerkungen

Die Arteria femoralis superficialis und die Arteria profunda femoris sind mit jedem zweiten Arterienverschluß der unteren Gliedmaßen am häufigsten vertreten. Es gibt keine klinischen oder angiographischen Kriterien, die eine prospektive Einschätzung des Spontanverlaufs ermöglichen. Die Oberschenkelgefäße gehören mit einem Kaliber von weniger als 6 mm bereits zu den mittleren bis kleinen Schlagadern. Bei frei durchgängigen Beckenarterien und intaktem Profundakreislauf können Stenosen und Verschlüsse der Oberschenkelarterien Jahre und Jahrzehnte ohne erkennbare Progredienz bestehen und verursachen den Trägern keine oder nur unwesentliche Beschwerden (Stadium I bis II nach Fontaine).

Symptome und Befunde

Auch bei einseitig geäußerten Beschwerden liegt bei über der Hälfte der Kranken ein gleichartiger Verschlußprozeß an der Oberschenkelarterie der Gegenseite vor. Für die Prognose kommt es in etwa einem Drittel der Fälle zum Stillstand der Symptomatik, in einem weiteren Drittel zu einer langsamen Progredienz und in einem weiteren Drittel zur raschen Progredienz der Grundkrankheit.

Diagnostik

Beschwerdeanamnese Pulsstatus und Gefäßauskultation

kommen bei der Diagnostik entscheidende Bedeutung zu. Auch die Erfassung der Risikofaktoren ist für die weitere Prognose der Erkrankung von ausschlaggebender Bedeutung. Standards für die Diagnostik sind:

CW-Doppler-Sonographie

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1. Die Ermittlung des Dopplerindex, dem Quotienen des Doppler-Druckes im Bereich der Knöchelarterien und dem Blutdruck am Arm (an Stenose im supraaortalen Bereich denken !). Bei der hämodynamisch nicht relevanten Stenose wird dieser größer als 1 oder 1 sein, je nach Schweregrad der Durchblutungsstörung sinkt er unter 1 ab, wobei ein Wert bis 0,7 für gewöhnlich keine Indikation für ein weiteres diagnostisches Vorgehen darstellt. Eine Ausnahme hiervon bildet die diabetische Angiopathie, die durch die Mediasklerose die Werte nach oben ver-fälscht. Eine kritische Gliedmaßenischämie ist anzunehmen bei absoluten Druckwerten, die unter 50 mm Hg im Knöchelbereich oder beim Diabetiker unter 30 mmHg im Zehenbereich liegen. Zur Einschätzung der Gehstrecke ist die Laufbandergometrie nützlich, die bei 3 kmlStd. und 12° Steigung erfolgen soll. Diese Werte entsprechen nicht der tatsächlichen Gehleistung un-ter physiologischen Bedingungen, die etwa 2 - 3 mal so hoch ist.

2. Die Duplexsonographie kann Stenosen und Verschlüsse der Oberschenkelgefäße darstellen und auch die Art der Arteriosklerose bestimmen. Akute thrombotische Komplettierungen und Embolien lassen sich mit dieser Methode gut erkennen.

3. Die intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie gilt heute als Goldstandard der Angiographie und ist - wo möglich - einzusetzen. Sie hat die konventionelle Angiographie ohne Subtraktion des Nativbildes wegen der geringeren Kontrastmittelmenge und der höheren Sensitivität fast vollständig verdrängt. Dennoch kann die konventionelle Angiographie bei bestimmten Fragestellungen (insbesondere periphere Gefäßverschlüsse) indiziert sein und liefert technisch hervorragende Angiogramme.

4. Die intravenöse digitale Subtraktionsangiographie Diese Methode kommt nur für großkalibrige Arterien in Betracht und weist eine deutlich geringere Sensitivität und Spezifität auf.

5. Die Magnetresonanzangiographie Dieses technisch aufwendige und teure Verfahren besitzt eine deutlich geringere Sensitivität und Spezifität für die Ermittlung von Gefäßläsionen und weist insbesondere bei der Unterscheidung von hochgradigen Stenosen von einem Verschluß einen relativ hohen Fehleranteil aus und sollte daher nur bei Kontrastmittelunverträglichkeit bzw. Unmöglichkeit einer Röntgenstrahlenbelastung (z.B. Schwangerschaft) erwogen werden.

6. Die Computertomographie Die Computertomographie kann für aneurysmatische Gefäßveränderungen zum Einsatz kommen, auch mit computertomographischen Methoden ist eine angiographische Darstellung möglich, die jedoch speziellen Fragestellungen vorbehalten bleibt. Ein zusätzlicher Informationswert in bezug auf eine lndikationsstellung ist von dieser Technik nicht zu erwarten.

Indikationsstellung

Wegen der guten Kollateralisierungsmöglichkeit über Äste der A. profunda femoris ist die Indikation zum interventionellen oder chirurgischen Vorgehen bei Stenosen oder Verschlüssen der Oberschenkelgefäße nur selten gegeben. Im asymptomatischen Stadium I ist jede invasive Behandlung abzulehnen. Auch im Stadium II ist nur bei entsprechender beruflicher Exposition (z.B. Briefträger) oder erhöhter sportlicher Aktivität (z.B. Tennisspieler) die Indikation für einen invasiven Eingriff gegeben. Im Stadium II sollte bei Verschlüssen der Oberschenkeletage zunächst ein konservativer Behandlungsversuch durchgeführt werden, da bei Stenosen oder kurzstreckigen Verschlüssen der Arteria femoralis und gut entwickelter Arteria profunda femoris nahezu immer eine Verbesserung des Beschwerdebildes erzielt werden kann.

Im Stadium III (Ruheschmerz) und im Stadium IV (trophische Schädigungen) ist die Indikation zur Anwendung interventioneller oder operativer Verfahren absolut. Das Stadium III und IV ist jedoch beim isolierten Oberschenkelarterienverschluß eher selten.

Bezüglich der akuten Ischämie bei vorbestehender Stenose oder bei Embolie wird auf das Kapitel der akute periphere Arterienverschluß verwiesen (siehe Seite ....)

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Therapie

Folgende interventionelle oder operative Techniken stehen zur Verfügung:

1. Transluminale Angioplastie Diese Technik ist bei hämodynamisch relevanten Gefäßstenosen und kurzstreckigen Verschlüssen heute als Methode der ersten Wahl anzusehen. Eine Ausweitung dieser Technik auf längerstreckige Verschlüsse (> 10cm) und der Einsatz von Hitze, Laser oder aus Ausschneiden des Stenosezylinders (Atherektomie) hat nicht zu überzeugenden Ergebnissen geführt. Günstige Resultate werden bei thrombotischem Verschluß einer stenosierenden Veränderung durch die adjuvante lokale Lyse erzielt. Bei unzureichender Öffnung des Gefäßlumens durch eine transluminale Angioplastie führt die Stentimplantation am Oberschenkel bis heute nicht zu überzeugenden Resultaten. Bezüglich der Behandlungsverfahren beim akuten Verschluß der Oberschenkelarterien wird auf die Leitlinie "Der akute periphere Arterienverschluß" verwiesen (siehe S....)

2. Thrombendarteriektomie (TEA) Diese Technik kann für segmentale oder längerstreckige Gefäßverschlüsse zum Einsatz kommen Die Ausschälbarkeit des lntimazylinders und die Länge der krankhaften Veränderung sind für die Prognose von entscheidender Bedeutung. Insgesamt sind die Ergebnisse nach der Thrombendarteriektomie jedoch deutlich schlechter als die Ergebnisse nach Bypassverfahren. Dennoch darf diese Methode bei entsprechender Indikation weiterhin als Verfahren der ersten Wahl zum Einsatz kommen, vor allem unter Berücksichtigung der Progression der Grundkrankheit und der Notwendigkeit neuerlicher gefäßchirurgischer Maßnahmen.

3. Bypassverfahren Hierfür steht autogenes Material (körpereigene Vene), allogenes Material (Nabelschnurvene) xenogenes Material (bovine und ovine-Prothesen) sowie alloplastisches Material (PTFE, gestricktes und gewebtes Polyäthylen mit oder ohne Kollagen bzw. Gelatinebeschichtung) zur Verfügung. Da bei den Spätergebnissen der autogenen Venenbypass deutliche Vorteile aufweist, ist ihm der Vorzug vor Fremdmaterialien zu geben. Dies gilt für die Arteria femoralis superficialis jedoch nur in eingeschränktem Umfang, da zumindest für die Frühergebnisse mit xenogenem und alloplastischem Material ähnlich gute Resultate erzielt werden. Der autologe Venenbypass kann durch Umkehr des Transplantates (reversed bypass) oder durch Klappenzerstörung und Unterbindung der einmündenden Venen in orthotoper Richtung in situ oder in orthotoper Richtung ex situ implantiert werden. Am Oberschenkel spielen diese Rekonstruktionstechniken jedoch nur in Ausnahmefällen eine Rolle.

4. Profundaplastik Bei Einengung der A.profunda femoris und guter Kollateralisierung über den Profundakreislauf im Bereich des ersten Poplitea-Segments kann als Rekonstruktionsverfahren die Profundaplastik angestrebt werden. Nach zahlreichen Untersuchungen zeigt diese Technik hinsichtlich der Beschwerdefreiheit keine so günstigen Resultate wie die Wiederherstellung der physiologischen Durchblutung. Die Langzeitergebnisse sind aber deutlich besser als die der anatomischen Rekonstruktionsverfahren. Die Erweiterung der Profunda kann durch körpereigene Vene, durch Kunststoff oder durch Teile einer endarteriektomierten Arteria femoralis superficialis im Sinne einer Patchplastik erfolgen. Stets muß bis zu einem durchgängigen Gefäßsegment präpariert und rekonstruiert werden. Interventionelle Techniken können ambulant zum Einsatz kommen, die operative Korrektur gehört stets in stationäre Behandlung. Die Notwendigkeit einer adjuvanten Heparinisierung ist für Interventionen und Operationen obligat.

5. Adjuvante Sympathektomie Bei zusätzlich bestehenden peripheren Arterienverschlüssen, eingeschränkter Ausstrombahn und einer Profundaplastik kann die Sympathektomie die periphere Zirkulation erheblich verbessern. Dieser Eingriff kann heute interventionell durchgeführt werden (CT-gesteuerte Sympathikusblockade). Die operative lumbale Sympathektomie ist nur bei gleichzeitiger

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Freilegung von Arterien im Beckenbereich angezeigt.

lntraoperative Kontrollen

1. Angiographie Die intraoperative Angiographie soll überall da zum Einsatz kommen, wo die periphere Gefäßsituation aufgrund des präoperativen Angiogramms nicht eindeutig zu klären ist. Ferner sollte das Rekonstruktionsergebnis durch intraoperative Angiogaphie - wo möglich - dokumentiert werden.

2. Angioskopie Sie ist bei der Thrombendarteriektomie zur Prüfung der Gefäßperipherie eine wichtige Kontrollmethode. Auch die Inspektion von Gefäß-Anastomosen ist mit der Angioskopie sinnvoll.

3. Widerstandsmessung, Fluß- und Druckmessungen Für den gefäßrekonstruktiven Eingriff im Oberschenkel bereich spielen zusätzliche messtechnische Untersuchungen in der klinischen Routine kaum eine Rolle modifiziert.

Nachsorge

Eine bereits intraoperativ eingeleitete Heparinisierung sollte postoperativ für einige Tage fortgesetzt werden und bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung ist eine low-dose-Heparinisierung sinnvoll. Für den Oberschenkel bereich gibt es keine Untersuchungen, die die Wirksamkeit einer Antikoagulation für bessere Langzeitresultate belegen. Für die Endarteriektomie ist die Gabe eines Thrombozytenaggregationshemmers in niedriger Dosierung in Analogie zu anderen Gefäßabschnitten (Carotis, koronare Gefäße) sinnvoll, auch wenn es hierüber keine gesicherten Studienergebnisse gibt.

Eine Kontrolluntersuchung mit Ermittlung der Dopplerindices und des Pulsstatus sowie Beschreibung eventueller Komplikationen (Wundheilungstörung, postrekonstruktives Odem, Lymphfistel) schließt die Behandlung ab.

Ambulante Kontrollen sind zunächst in vierteljährlichen, dann in halbjährlichen Abständen, zumindest jährlich, anzuraten. Hierbei ist nicht nur das Rekonstruktionsergebnis zu beurteilen, sondern auch dem Spontanverlauf der Gegenseite Rechnung zu tragen. Neben klinischer Untersuchung hat eine Dopplerdruckmessung zu erfolgen. Für die Beurteilung der Anastomosen und der Fließgeschwindigkeit des Blutes hat sich die Duplexsonographie als beste Untersuchungsmethode etabliert. Bei progredienten Stenosen im Anastomosenbereich oder im Bypassverlauf ist eine Revisionsoperation angezeigt bevor es zum Totalverschluß der Gefäßrekonstruktion kommt. Die Angiographie ist als postoperatives Kontrollverfahren dann indiziert, wenn die Indikation für ein neuerliches gefäßchirurgisches Vorgehen geprüft werden soll.

Herausgegeben vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie - Verantwortlich für die Erstfassung: K. Balzer

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Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie

Zitierbare Quelle: Leitlinien zu Diagnostik und Therapie in der Gefäßchirurgie. Hrsg. vom Vorstand der Dt. Ges. f. Gefäßchirurgie; Deutscher Ärzteverlag, Köln 1998

Leitlinie zum Popliteaverschluß (Leitlinie zu Diagnostik und Therapie von Stenosen und Verschlüssen der A. poplitea)

Vorbemerkungen

Die Arteria femoralis und die Arteria poplitea sind die weitaus häufigsten Lokalisationen von Stenosen und Verschlüssen an den unteren Extremitäten (nahezu 50%). Die Arterienverschlüsse der unteren Gliedmassen sind in der Regel arteriosklerotisch bedingt. Folgerichtig liegt auch in dieser Entität das durchschnittliche Patientenalter in der 6. und 7. Lebensdekade. Treten Claudicatio - Beschwerden bei jüngeren Patienten auf, so müssen anatomische, nicht selten kongenitale Anomalien als Ursache in Erwägung gezogen werden.

Ätiologisch werden unterschieden:

Arteriosklerose der Arteria poplitea (ca. 85 %) Entrapment der Arteria poplitea (ca. 1-3 %) Gystische Adventitiadegeneration der Afteria poplitea (ca. 1-2 %) Aneurysma der Arte~a poplitea ( ca. 3-7 %) Andere

Seltenere Ursachen stellen die fibromuskuläre Dysplasie, das Kompressionssyndrom des Adduktorenkanals und eine kongenitale Aplasie oder Hypoplasie dar.

Symptome und Befunde

Die klinischen Beschwerden gleichen sich im wesentlichen unabhängig von der morphologischen Ursache und sind geprägt von:

belastungsabhängigem Wadenschmerz Kältegefühl Dysästhesie Parästhesie der Akren gegebenenfalls Akrennekrose

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Diagnostik

Eine genaue Anamnese ist ebenso unerlässlich wie eine sorgtältige klinische Untersuchung. Die allgemeine körperliche Untersuchung beinhaltet den seitenvergleichenden Pulsstatus, Palpation (Aneurysma), Strömungsgeräusche, Kapillardurchblutung und eine Beurteilung der hautmorphologischen Kriterien wie Farbe, Temperatur sowie Fokalneurologie (Sensibilität, Motorik).

Zur Feststellung der geeigneten Verfahrenswahl sind in Abhängigkeit von der jeweiligen Kausalität folgende speziellen Untersuchungsverfahren unabdingbar:

1. Arteriosklerose der Arteria poplitea Die direktionale cw - Dopplersonographie der Fussarterien mit Erfassung des Knöchel-Arm-Index wird für die präoperative Diagnostik als Standard erachtet. Allerdings ermöglicht dieses Verfahren eine nur indirekte Einschätzung der vorgeschalteten Stenosen. Die Duplex- oder Farbduplexsonographie zählt gleichfalls zu Routinemassnahme. Unverzichtbar ist die Kontrastmitteldarstellung nicht nur der Läsion, sondern der gesamten arteriellen Strombahn von der Bauchaorta bis zur Fussarkade. Diese Darstellung sollte vorzugsweise in intraarterieller Technik erfolgen.

2. Entrapment der Arteria poplitea Dieses seltene Krankheitsbild wird durch eine anatomische Anomalie verursacht. In unterschiedlichen morphologischen Varianten komprimieren dabei muskuläre Strukturen die Arteria poplitea, wobei a) entweder das Gefäß eine regelrechten Verlauf aufweist und durch kongenitale muskuläre Varianten komprimiert wird, b) das Gefäß einen nicht einen regelhaften Verlauf durch die Weichteilstrukturen nimmt oder c) eine Kombination beider Variaten besteht. Unabhängig von den morphologischen Varianten des Entrapmentsyndroms der Arteria poplitea stützt sich die klinische Diagnose auf zwei wesentliche Charakteristika. Zum einen dominiert ein jugendliches Durchschnittsalter von unter 40 Jahren, zum anderen finden sich die klinischen Leistsymptome der Claudicatio häufig in der intermittierenden Variante bei sportlicher Belastung. Obwohl Sektionsstatistiken die Inzidenz dieser Entität bei etwa 3-7% der Bevölkerung angeben, wird diese anatomische Besonderheit vorwiegend bei jungen männlichen Athleten symptomatisch.

Als standardisierte spezifische Untersuchungsverfahren gelten: a) Der klinische positive Befund eines Pulsverlustes der Fussarterien bei Provokationstests - durch Dorsalflexion des Fusses (passive Streckung der Gastroknemiusmuskulatur) - durch Plantarflexion des Fusses (aktive Kontraktion der Wadenmuskulatur) b) Die intraarterielle Angiographie mit Provokationstests. c) Differentialdiagnostisch sollten andere Ursachen in erster Linie ein Aneurysma oder eine zystische Adventitiadegeneration zumindest sonographisch ausgeschlossen werden.

3. Cystische Adventitadegeneration der Arteria poplitea Pathomorphologisch handelt es sich bei der cystischen Adventitiadegeneration um eine intramurale Cystenbildung mit mukoider Degeneration des adventitiellen Bindegewebes, die sekundär zur Kompression des Gefässlumens führt. Auch dieses eher seltene Krankheitsbild tritt in der Mehrzahl der Fälle in der 3. und 4. Lebensdekade auf. Neben den konventionellen Untersuchungstechniken wie der körperlichen Untesuchung, der Dopplersonographie und der Angiographie werden folgende spezifische Techniken empfohlen: a) der spezifische klinische Test einer Beugestellung des Kniegelenkes (Auslöschung der Fusspulse)

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b) die CT- und/oder MRT-Angiographie der Kniekehle. 4. Aneurysma der Arteria poplitea

Die Aneurysmen der Arteria poplitea sind nach der Aorta abdominalis die zweithäufigste Entität. Das unbehandelte symptomatische Aneurysma der Arteria poplitea stellt eine akute Bedrohung der Extremität dar und geht mit Amputationsraten von 25-30% einher. Zudem sind Morbidität und Mortalität der Patienten signifikant erhöht. Grundsätzlich ist die operative Behandlung in dieser klinischen Situation eine conditio sine qua non. In bis zu 25% der Fälle treten diese Aneurysmen bilateral auf. Der ungünstige Krankheitsverlauf beim akut symptomatischen Popliteaaneurysma wird wesentlich begünstigt durch die Beeinträchtigung des peripheren Abstroms. Die Ursache ist in einer progredienten Ischämie durch das thrombosierte Aneurysma begründet, das durch multiple und rezidivierende okkulte, Embolisationen bis zu diesem Zeitpunkt den peripheren Abstrom bereits nachhaltig beeinträchtigt hat. Zu den Standarduntersuchungen zählen neben dem klinischen Befund: a. Die Sonographie oder Computertomographie beider Kniekehlen. b. Die Angiographie

1. Indikationsstellung und Therapie

1. Verschluss bei Arteriosklerose

Im asymptomatischen Stadium I nach Fontaine ist jede invasive Behandlung abzulehnen. Auch im Stadium II sollte zunächst ein konservativer Behandlungversuch durchgeführt werden, während im Stadium III und IV eine absolute Indikation zu lumeneröffnenden Maßnahmen bestehen. Die Therapiekonzepte in der Behandlung des arteriosklerotisch bedingten Verschlusses der Arteria poplitea haben in, den vergangenen 15 Jahren zahlreiche Modifikationen erfahren. Die Wahl des adäquaten Operationsverfahrens wird wesentlich beeinflusst durch: 1. die anatomische Lokalisation des befallenen Segments (supragenuale A. poplitea bis Tractus tibiofibularis, Pl - PIII) 2. die Länge des Verschlusses 3. das Beschwerdebild und 4. das Alter des Patienten

Bei kurzstreckigen Verschlüssen des PI-Segmentes ist ein interventioneller Behandlungsversuch durch Ballonkatheterdilatation (PTA) indiziert. Dieser Therapiemodus ist allerdings in dieser anatomischen Position mit Restenoseraten von bis zu 40% in 2 Jahren behaftet.

Für die operative Rekonstruktion sind früher favorisierte Verfahren wie die Thrombendarterektomie (TEA) weitgehend verlassen. Als Therapie der Wahl gilt der femoro - popliteale Bypass, insbesondere bei langstreckigen Verschlüssen mit Einbeziehung der A. femoralis superficialis. In die Indikation zur Materialwahl gehen in den meisten Zentren Alter und Risikoprofil des Patienten ein.

Da bei proximalen und kurzstreckigen Verschlüssen der Arteria poplitea etwa gleiche langfristige Offenheitsraten für den Kunststoff- und den autologen Venenbypass angegeben werden, ist der Kunststoffbypass wegen annähernd vergleichbarer Erfolgsaussicht beim Risikopatienten nicht nachteilhaft.

Bei kniegelenksüberschreitenden Rekonstruktionen ist - wenn immer möglich - ein autologes Saphenatransplantat zu bevorzugen. Technisch werden drei Varianten unterschieden: der reversed, der non-reversed und der in situ-Venenbypass. Das gebräuchlichste Verfahren zur femoro-poplitealen Rekonstruktion ist der reversed-Venenbypass. 2. Entrapment

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Wie vorher schon erwähnt handelt es sich bei den Patienten überwiegend um junge, sportlich aktive Menschen. Wegen des jugendlichen Alters, des Leidens-drucks der Patienten sowie der fehlenden arteriosklerotischen Systemerkrankung ist die Indikation zur operativen Rekonstruktion weit zu stellen. Die Behandlung des Entrapmentsyndroms beinhaltet zwei wesentliche Elemente. Zum einen ist die chirurgische Dekompression der anatomischen Variante in Form einer Durchtrennung der pathologischen Wand- oder Muskelführung wesentlich. Zum anderen hat ein länger bestehendes Entrapment durch die chronische Traumatisierung häufig zu einer pathologischen Veränderung der Gefäßwand mit Ausbildung von segmentalen Stenosen oder Verschlüssen geführt, so daß eine arterielle Rekonstruktion dringend erforderlich wird. Operationstechnisch ist der besseren Übersicht wegen der dorsale Zugang und die Anlage eines autologen Veneninterponates zu bevorzugen. 3. Cystische Adventitiadegeneration

Die Indikation zur Operation bei zystischer Adventitiadegeneration ist ähnlich wie beim Entrapmentsyndrom zu stellen. Auch hier wird die Kontinuitätsresektion mit End-zu-End-Interposition eines autologen Venentransplantates angestrebt. Operationstechnisch ist die sichere Abtragung der Cyste zu beachten, die nicht selten eine Stielverbindung zur Gelenkkapsel aufweisen kann. Ein weiteres operatives Verfahren besteht in der vollständigen Entdeckelung der Cyste unter Belassung des von seiner Adventitia verankerten Gefässes. 4. Aneurysma der Arteria poplitea

Die Indikation zur gefäßchirurgischen Rekonstruktion des asymptomatischen Popliteaaneurysmas besteht in der Verminderung drohender Komplikationen. Die Amputationsrate bei akuter kritischer Ischämie des Popliteaaneurysmas beträgt 25-50%. Ursache für diese schlechte Prognose sind okkulte Mikroembolien aus dem Aneusyma mit sukzessiver Obliteration der Unterschenkelarterien. Durch alleinige operative Behandlung mit Bypassanlage (vorzugsweise autologer Venen-bypass in reversed - Technik) konnten die Majoramputationen um mehr als die Hälfte reduziert werden. Nach kombinierter präoperativer oder intraoperativer Lyse und Bypassanlage war der periphere Abstrom auch bei der akuten Ischämie signifikant verbessert.

Befürworter eines konservativen Vorgehens bei asymptomatischen Aneurysmen verweisen auf die Option einer Lysebehandlung bei Ischämie. Theoretische Grundlage für eine präoperative intraarterielle Lyse im Behandlungsregime der akuten Ischämie des Popliteaaneurysmas sind:

1. Verglichen mit früher deutlich höheren, verfahrensbedingten Komplikationsra-ten ist diese Methode heute nahezu ubiquitär verfügbar und sicher.

2. Durch die Lysebehandlung gelingt häufig die präoperative Rekanalisation der Verschlüsse kleinster arterieller Gefässe, die sich der mechanischen Thrombem-bolektomie entziehen.

Die Behandlung der Läsionen der Arteria poplitea ist im wesentlichen gefäß-chirurgisch. Die interventionellen Therapieformen haben ihren Platz bei kurzstreckigen Stenosen und Verschlüssen durch Arteriosklerose. Bei der Adventitiadegeneration, dem Entrapment und dem Popliteaaneurysma sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt interventionelle Techniken abzulehnen.

Nachsorge

Bezüglich der Nachbehandlung wird auf die Leitlinie Stenosen und Verschlüsse der Oberschenkelarterien verwiesen.

Herausgegeben vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie - Verantwortlich für die Erstfassung: J.-R. Allenberger

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Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie

Zitierbare Quelle: Leitlinien zu Diagnostik und Therapie in der Gefäßchirurgie. Hrsg. vom Vorstand der Dt. Ges. f. Gefäßchirurgie; Deutscher Ärzteverlag, Köln 1998

Leitlinie zu Stenosen und Verschlüsse der Unterschenkelarterien

(Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von chronischen Stenosen und Verschlüssen der A. tibialis anterior, -posterior und der A. peronea)

Vorbemerkungen

Das fortgeschrittene arterielle Verschlußleiden im Stadium III und IV ist in der Regel verursacht oder begleitet von Stenosen und Verschlüssen der Unterschenkelarterien. Diese sind ätiologisch in Mitteleuropa nur in 0,5 - 5% auf eine Endangiitis obliterans zurückzuführen, d.h. weitgehend arteriosklerotisch bedingt. Bei 60 - 70% dieser Patienten liegt zusätzlich ein Diabetes mellitus vor. Am häufigsten betroffen ist die A. tibialis anterior, gefolgt von der A. tibialis posterior und A. peronea.

Symptome und Befunde

Isolierte Unterschenkelarterienverschlüsse verursachen keine nennenswerte -Symptomatik, sofern die übrigen Unterschenkelarterien durchgängig sind und der Zustrom frei ist. Die Kombination von hämodynamisch wirksamen Stenosen und Verschlüssen aller drei Unterschenkelarterien, eventuell in Verbindung mit einem Verschluß der A. femoralis superficialis und/oder der A. poplitea führt in der Regel nicht nur zu einer Claudicatio intermittens (Stad. II) sondern zu Ruheschmerzen (Stad. III) oder Nekrosen (Stad.IV).

Diagnostik

1. Bereits der Pulsstatus mit z. B. tastbarem Popliteapuls und fehlenden Fußpulsen läßt Unterschenkelarterienverschlüsse bei freiem Zustrom oder bei fehlendem Popliteapuls einen vorgeschalteten Verschluß der A. femoralis superficialis erkennen. Daneben ist die Einschätzung der peripheren Mikrozirkulation (kapilläre Füllung der Zehenkuppen) sowie gegebenenfalls die Ausdehnung, Tiefe und der Umfang bestehender Nekrosen von Bedeutung, um die Dringlichkeit und gegebenenfalls auch die Machbarkeit von rekonstruktiven Maßnahmen einschätzen zu können.

2. Der cw-Doppler erlaubt durch die Messung des Doppler-Index (Quotient von peripherem mittels cw-Doppler gemessenem Perfusionsdruck und dem Perfusionsdruck der A. brachialis)

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eine semiquantitative Einschätzung des Schweregrades der peripheren Durchblutungsstörungen und hat als Screening-Methode Bedeutung. Patienten mit Verschlüssen von Unterschenkelarterien sind häufig Diabetiker. Durch die beim Diabetes mellitus in der Regel vorliegende ausgeprägte Media-sklerose ist dieses Verfahren hier nur von begrenztem Wert.

3. Die mittels Duplex-Sonographie zu erhaltenden Informationen über die Unterschenkelarterien geben zwar Hinweise zur Lokalisation von Verschlüssen, reichen jedoch zur unerläßlichen vollständigen Beurteilung nicht aus. Ob hier durch die hochempfindliche jüngste Generation der Ultraschallgeräte eine andere Wertung erfolgen kann, bedarf noch der Evaluation.

4. Die Durchführung einer Angiographie ist unerläßlich. Sie ist mit der Forderung verbunden, die gesamte Ausstrombahn einschließlich Kollateralnetz, Arcus plantaris und Digitalarterien detailliert abzubilden. Wegen der Überlagerung durch knöcherne Strukturen ist die Anwendung der Subtraktionstechnik zu empfehlen. "Gold Standard" ist deshalb die Feinnadelarteriographie von der ipsilateralen Leiste aus in Substraktionstechnik. Eine noch brillantere periphere Darstellung ist zu erhalten, wenn bei offener A. femoralis superficialis von der Punktionsstelle aus ein Katheter orthograd vorgeschoben werden kann. Bei Verschluß der A. femoralis communis kommt alternativ eine Katheterangiographie in cross-over-Technik infrage.

5. Magnetresonanzangiographie und Computertomographie spielen in der Diagnos-tik von Unterschenkelarterienverschlüssen keine Rolle.

6. Die periphere Mikrozirkulation bzw. die Hautdurchblutung läßt sich mit Hilfe der Bestimmung des Sauerstoffpartialdruckes des Gewebes (tcp O2) und der Laser-Flowmetrie einschätzen und gibt insbesondere postoperativ Hinweise auf eine eventuelle periphere Amputationshöhe im Stadium IV (Grenzzonenamputation, Vorfußamputation und bei erfolglosem Rekonstruktionsversuch auch Unterschenkelamputation oder Kniegelenksartikulation). Die in früheren Jahren gelgentlich eingesetzte Thermographie ist heut obsolet.

Indikationsstellung

Bei einem vorliegenden Ausgangsstadium III und IV nach Fontaine besteht eine "absolute" Indikation zur unmittelbaren Therapie, vor deren Beginn allgemeine Risiken sorgfältig einzuschätzen sind.

Dies ist auch ökonomisch vertretbar, da ein auch mit aufwendigen Mitteln erzielter Extremitätenerhalt bei mehrjähriger Lebenserwartung kostengünstiger als eine primäre Amputation ist.

Nur bei multiplen Unterschenkelarterienverschlüssen ohne anastomosierungsfähige Gefäßsegmente oder bei unsicherer Prognose einer Rekonstruktion wegen schlechter Abstromverhältnisse darf die Therapie zunächst konservativ sein.

Bei zumindest einer bis zum Arcus plantaris durchgängigen Unterschenkelarterie besteht die Indikation zur operativen femoro-cruralen Rekonstruktion. Eine Angioplastie erscheint seltener erfolgversprechend.

Bei hohem allgemeinen Risiko oder einer fortschreitenden Infektion von Nekrosen, die durch therapeutische Maßnahmen nicht beherrscht wird kann zur Erhaltung des Lebens auch eine primäre Amputation geboten sein.

Wegen guter klinischer Spätergebnisse mit Offenheitsraten von bis zu 80%, 5 Jahre nach femoro-cruralem Venenbypass (Böhmig) wurde neuerlich auch im Stadium II und kurzer Gehstrecke

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("scharfes Stadium IIb") ein cruraler Bypass empfohlen und damit die bisher auf die Stadien III und IV begrenzte Indikationsstellung liberalisiert.

Therapie

1. Die konservative Therapie besteht am erfolgversprechendsten in einer Infusionstherapie mit Prostaglandin E1. Sie kann intravenös (2 x 2 Amp. tgl.) oder lokal (2 x 1/2 Amp. tägl.) erfolgen. Die Kombination mit Pentoxyphyllin scheint die Wirksamkeit der Therapie noch zu steigern. Die ärztliche Überwachung der intravenösen Infusionstherapie ist erforderlich, da es infolge der resultierenden generellen Vasodilatation zu einem Anstieg des Herz-Zeit-Volumens kommt, was zur Verstärkung einer latenten Herzinsuffizienz führen kann (Cave = Lungenödem).

2. Mittels transluminaler Angioplastie (PTA) können Stenosen von Unterschenkelarterien, insbesondere bei abgangsnaher proximaler Lokalisation erfolgreich dilatiert werden. Bei Unterschenkelarterienverschlüssen ist eine PTA nur bei Risikopatienten als Ausnahmeindikation zu diskutieren.

3. Standardverfahren in der operativen Therapie von Unterschenkelarterienverschlüssen ist der autologe Venenbypass. Die Vene kann hierbei unter Zerstörung ihrer Klappen mittels einer Klappenschere oder eines Valvulotoms und operativer Läsion abgehender Seitenäste "in situ" belassen werden. Bei proximalem Anschluß an die A. femoralis communis hat es sich bewährt, den Bypass unter Verwendung eines proximalen Astes der Vena saphena im Sinne einer Patchplastik in die A. femoralis communis hinein zu verlängern (Gruss). Der "in situ" Bypass eignet sich vor allem für einen peripheren Anschluß an die A. tibialis posterior und die A. peronea. Zur Anastomose an die A. tibialis anterior muß ein herauspräparierter distaler Anteil durch die Membrana interossea geführt werden. Grundsätzlich sind die drei Unterschenkelarterien zur Aufnahme der distalen Anastomose gleichwertig. Dies gilt auch für die folgenden Rekonstruktionsverfahren. Alternativ kann die Vene auch vollständig entfernt und nach Zerstörung ihrer Klappen als sogenannter "orthograder Venenbypass" Verwendung finden. Von Vorteil ist, daß mit diesem Verfahren die Möglichkeit besteht, die Höhe der proximalen Anastomose (bei offener A. femoralis superficialis) zu variieren und daß der Bypass extraanatomisch geführt werden kann. Die Vene kann auch vollständig entnommen und gedreht werden "reversed bypass", ebenfalls mit dem Vorteil, den Bypass variabler führen zu können. Unterschiede in den Langzeitergebnissen sind zwischen den drei Bypassformen nicht gesichert, jedoch erscheint bei erforderlicher Bypassführung bis zum distalen Unterschenkel das resultierende enge proximale Bypasskaliber hier eher gegen den "reversed bypass" zu sprechen. Eine zusätzliche Möglichkeit besteht darin in Form eines "sequentiellen Bypass" Verschlüsse unterschiedlicher Unterschenkelarterien mit einem verzweigten Bypass zu überbrücken. Wegen des sehr hohen Zeitaufwandes ist die Indikation zu diesem Verfahren nur in Ausnahmefällen gegeben und es hat sich in der klinischen Routine nicht durchsetzen können.Bei fehlender autologer Vena saphena magna müssen bei drohender Amputation zur Extremitätenerhaltung auch Fremdmaterialien zum Einsatz kommen. Die Indikation hierfür ist streng zu stellen, da die Langzeitergebnisse deutlich schlechter sind als für den Venenbypass (30 - 40% statt 60 - 80% Durchgängigkeitsrate nach 5 Jahren). In der Praxis kommen expanded PTFE (alloplastisch) und die humane Umbilikalvene (Dardik-Biograft-allogen) infrage. In Ausnahmefällen können diese bei Patienten hohen allgemeinen Risikos oder Lebensalters auch primär zum Einsatz kommen (kürzere Operationszeiten !). Der Nachteil schlechterer Langzeitergebnisse fällt bei der kurzen Lebenserwartung dieser Patienten nicht so ins Gewicht. Die Führung des langstreckigen femoro-cruralen Bypass aus Fremdmaterial kann orthotop

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erfolgen. Durch extraanatomische Führung als lateraler tibialis anterior Bypass, sofern sich dieses Gefäß für einen Anschluß eignet, kann die Operationstechnik vereinfacht und der Zeitaufwand verringert werden. Die distale Anastomose sollte mittels eines Linton-, Taylor-Patches, eines Miller-Cuffs oder einer kurzen Veneninterposition vorgenommen werden um die Lumendifferenz, zwischen Spender- und Aufnahmegefäß und die Neointimabildung an der cruralen Anastomose zu verringern. Bei nicht ausreichender Länge der autologen Vene stehen zur Überbrückung langstreckiger femoro-cruraler Verschlüsse Kombinationsverfahren zur Verfügung, um wenigstens das mechanisch beanspruchte Kniekehlensegment mittels autologer Vene überbrücken zu können.Bei diesen Verfahren wird femoro-supragenual eine Kunststoffprothese (PTFE) geführt. Der distale Venenbypass kann dann in diese Prothese End-zu Seit anastomosiert (Y-Bypass), distal der unteren Bypassanastomose an ein ggf. thrombenarteriektomiertes kurzes Arteriensegment anastomosiert (Hitch-hike-Bypass) oder auch direkt mit dem Kunststoffbypass End zu End verbunden werden (Composite graft). Mit diesen Verfahren lassen sich bessere Ergebnisse erzielen als mit einem reinen Kunststoffbypass, doch bleiben diese deutlich hinter dem alleinigen Venenbypass zurück. Von den angegebenen Verfahren ist der "Hitch-hike-Bypass" zu bevorzugen.

4. Adjuvante Maßnahmen Die zusätzliche lumbale Sympathektomie, heute in der Regel in Form der CT-gesteuerten Sympatikusblockade vorgenommen, kann durch Senkung des peripheren Gefäßwiderstandes die Durchflußrate eines femoro-cruralen Bypass erhöhen und ist deshalb generell zu empfehlen. Eine Ausnahme bilden gegebenenfalls Diabetiker, bei denen durch die Erkrankung eine neuropathische Ausschaltung des Sympatikus erfolgt sein kann und wegen Mediasklerose die peripheren Gefässe wenig erweiterungsfähig sind. Hier hat die SE nur bei ca. 50% einen positiven Effekt. Die Laser-Flux-Messung vor und nach temporärer Sympatikusblockade kann eine indikatorische Hilfe bieten. Die Anlegung einer in die distale Anastome integrierten AV-Fistel von der ein positiver Effekt auf die Durchfluß - und damit auf die Offenheitsrate femoro-cruraler Bypässe angenommen worden war, ist heute weitgehend verlassen, da sich kein gesicherter positiver Einfluß auf die Langzeitergebnisse ergab.

5. Intraoperative Kontrollen Intraoperative Kontrollverfahren sind gerade bei den sehr weit peripher geführten Bypässen mit deletärer Auswirkungen technischer Probleme notwendig, da Fehler erkannt und Korrekturmaßnahmen unmittelbar vorgenommen werden können. Eine intraoperative Angiographie soll vor Fertigstellung der proximalen Anastomose problemlos mit 10 - 15 ml Kontrastmittel vorgenommen werden zur Darstellung des Bypass, der peripheren Anastomose und des Abstroms. Bei primärer Anlegung der proximalen Anastomose ist sie durch Punktion der A. femoralis communis oder über einem belassenen Venenast bei orthograden und "in-situ"-Bypass möglich, wobei sie beim Letzteren auch evtl. belassene Seitenäste aufzeigt. Ebenfalls angiographisch können bei zunächst angelegter peripherer Anastomose eines Venenbypass und bei alloplastischen und allogenen Bypässen ggf. mit zusätzlicher peripherer Patch-Plastik diese auf ihre technische Ausführung hin kontrolliert werden. Bei orthogradem und in-situ-Bypass ist eine Kontrolle desTransplantates, insbesondere auf Vollständigkeit der Zerstörung der Venenklappen möglich. Ein standardisiertes allgemein eingeführtes Verfahren zur Messung des peripheren Widerstandes ist bisher noch nicht verfügbar. Das evtl. prognostisch bedeutsame Verfahren befindet sich noch in der klinischen Evaluation und kann deshalb noch nicht generell empfohlen werden. Die elektromagnetische Flußmessung ist als Kontrollverfahren zu empfehlen. Bei einer gemessenen Durchflußrate von über 80 ml/min. besteht für einen Venenbypass eine gute prognostische Chance. Nachteilig ist, daß aus technischen Gründen am PTFE-Bypass keine Messungen erfolgen

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können. Alternativ oder ergänzend kann auch eine intraoperative CW-Doppler- oder Duplex-Sonographie erfolgen.

Nachsorge

Notwendig ist eine bereits intraoperativ eingeleitete Heparinisierung, die postoperativ bis zum .7. - 10. Tag fortgesetzt werden sollte. Danach kann auf eine Markumarisierung oder eine Langzeittherapie mit Aggregationshemmern ASS übergegangen werden, obwohl ein positiver Effekt des Markumars nur für den femoro-poplitealen Bypass und für ASS bisher nicht durch kontrollierte Studien nachgewiesen wurde.

Vor der Entlassung kann eine Kontrollangiographie und sollte eine Kontrolle des Doppler-Index und eine Kontrolle von Flußgeschwindigkeit und soweit möglich der Flußrate im Bypass mittels Duplex-Sonographie erfolgen.

Ambulante Kontrolluntersuchungen sollen im 1. postoperativen Jahr vierteljährlich, danach halbjährlich erfolgen mit dem Ziel neben einer Qualitätskontrolle bei diesen technisch und zeitlich äußerst aufwendigen in der Regel zum Extremitätenerhalt durchgeführten Eingriffen progrediente Stenosen im Anastomosenbereich oder Bypassverlauf erkennen und ggf. rechtzeitig korrigieren zu können. Als Verfahren kommen cw-Doppler, Duplex-Sonographie und bei Verdacht auf Bypass- oder Anastomosenstenose eine Kontrollangiographie infrage. Falls die Untersuchungen nicht in der Klinik, die den Eingriff vornahm erfolgen, ist eine enge Abstimmung mit dieser zu gewährleisten (Information, Konsultation, - Korrektureingriff ?)

Herausgegeben vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie - Verantwortlich für die Erstfassung: A. Zehle

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Stand der letzten Aktualisierung: November 1997 © Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online HTML-Code optimiert: 17.01.2006; 19:07:18

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