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3. SEpIEIvIBER ~923 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nr. 36 I723 rential- und .Integralrechnung, Botanik, Zoologie, anorganische und organische Chemic, Physik, Gymnastik. Nach ihrer Absolvie- rung ist eine Abgangspriifung erforderlich. 'In den nun folgeI/den Un@ersit~ter~ (Daigakko) sind die Fakul- tXten in ~hMicher Weis e getrennt wie bei uns. Man hat die 5 Kaiser- lichen V011universit~,ten (Tokyo, Kyoto, Sendai, Sapporo, Fukuoka) und die unfer provinzialer Verwaltung stehenden Teiluniversit~ten, welche nur einzelne Fakult~ten enthalten und zu denen die Medi- zinische Universit~kt Osaka (Osaka Ikadaigaku) geh6rt. Far Frauen gibt es eine besondere medizinische Hochschule in Tokyo. Zum Eintritt in die Universitgten ist wiederum eine Aufnahmeprfifung erforderlich. Des medizini~ehe Un@ersit~tsstudi~m dauert 4 Jahre. Davon fallen 2 Jahre auf das vorklinische und 2 Jahre au~ des klinische Studium. Die Studienzeit is~ wie in den Schulen in Jahrg~inge geteilt, die zu h6renden Kollegs sind genau vorgeschrieben und nicht wie bei uns wahlfrei. Das Studium der Vorklinil~er umfaBt ~olgende F~cher: Anatomie, Histolegie, Embryologie, topographi- sche Ana• allgemeine und speziel!e Physiologie; medizinische Chemie; Pharmakologie; allgemeine und spezielle Pathologie; Parasitologie; Bakteriologie; Hygiene; gerichtliche Medizin. Die klinischen F~cher sind: Inhere Medizin, Chirurgie, GeburtshiKe und Gyn~kologie, Kinderheilkunde, Neurolqgie und Psychiatrie, Augenheilkunde, Oto-Rhino-Laryngologie, Dermato-Syphi!idologie. PriKungen finden am Schlusse jedes Jahres in den abgeschlossenen Lehrf~chern statL am Schlusse des 4. Jahres is~ eine Abgangs- prffung ffir alle vorklimsehen und klinischen F~cher abzuleisten, nach deren Bestehen die Erlaubnis zur Praxis erteilt wird. Aus dem ,,Igak'sej" (stud med.) wird der ,,Igak'shi" (approb. Arzt). Eine Doktorprflfd~gfindet nicht start, der Ausdruck Gak'shi be- deutet sowohl Approbierter wie Doktor. Neben den Universit~ten gibt es hOCk eine Reihe yon Med~zir~- schulcn (Igakusemongakko). In diesen schlieBt sich des medi- zinische Studium ohne Vorbildungsanstalt sofort an die Mittel- schulen an, wie bei den technischen Anstalten. Die auf ihnen aus- gebildeten Nrzte haben das Recht zur Praxis, mtissen aber ihrem Titel den Namen der Sehule voransetzen, z. ]3. Kumamoto-Igakushi. Solche Schulen bestehen noch in Tokyo, Kyoto, Kumamoto, Wake- yams, Niigata usw. Vom n~chsten Jahre ab wird jedoch diese Einrichtung aufh6ren, indem dann s~mtliche Medizinschulen durch Angliederung yon Vorbildungsanstalten zu Teiluniversitiiten oder Akademien (Ikadaigaku) umgewandelt sein werden. 'Damit ist dann die Ausbildung der ~rzte einheitlich und erh~lt t~berall Universit~tscharakter. Das Verdienst, diesen Fortschritt in der medizinischen Ausbildung angeregt und durchgesetzt zu haben, ftkllt dem Rektor der Ikadaigaku yon Osaka Prof. SATA ZU, welcher sich, wie nebenbei bemerkt sei, such tim die F6rderung des Deutsch- turns groge Verdienste erworben hat. Aus diesen medizinischen Teiluniversit~ten sind dann mehrfach dutch AngKederung weiterer Fakult~ten neue VolluniversitAten hervorgegangen, wie z.B. in Fukuoka. Sfellen wir nun nochmals den Bildungsgang der Mediziner in Japan und Deutschland nebeneinander, so ergibt sich folgende Tabelle [ Alter Schule in Deutschland Schule in Japan Alter = 6--7 I/Volks- od. Btirgerschule [1 7-- ~ (3 Jahre) 8--9 [ Atlg. Volksschule, Sho-J 9-iol/ gakko (6 Jahre) /I 1O-ill/ | I1-I2H / ~2--~3i : Gymnasium oder Real- 3- 4 gymnasium (9 Jah~:e) Mittelschule c~mgakko 14--15 - , I5-- I6 (5 Jahre) 16--I 7 17--18 18--19 I9~2o 2o--2I 21 --22 22--23 23--2z Universit~t (5 Jahre) 1 Praktisches Jahr Vorbildungsanstalt, Kotogakk0 (3 Jahre) UniversitXt, Daigakko (4 Jahre) 6--7 7--8 8"9 io--ii ii--i2 12--13 I3--14 :I4--I 5 15--16 16--17 17--18 18--19 19--2o 2o--21 21 --22 22--23 23--24 Hieraus sieht man, dab die Gesamtausbildungszeit in beiden L~ndern ungefXhr dieselbe ist. Im einzelnen ergeben sich aber tolgende Unterschiede: I. Die allgemeine Volksschulbildung ist in Japan eine l~ngere, 6 Jahre. Dies ist vermutlich in der gr6Beren Schwierigkeit der japanisch-chinesischen Schrift begrfindet. 2. In Japan besteht durch Zwischenschaltung der Vorbildungsanstalt ein allm~hlicher Obergang aus der Allgemeinbildung zur akademi- schen Fachbildung, indem in jenen Anstalten schon F~cher grfind- lich und endgtlltig vorgenommen werden, welche bei uns erst in den vortdinischen Semes~ern absolviert werden (Physik, Chemie, Zoologie, 13otanik). 3. In Japan werden die F~cher Phar- makologie, Pathologie, Hygiene, gerichtliche Medizin usw. schon in den vorklinischen Jahren gelernt, w~hrend die klinischen Jahre rein dem Studium am Krankenbett gewidmet sind. Es sei hinzugefiigt, dab diese klinischen Studien etwas anders gehandhabt werden als bei uns, indem der Besuch der Polikli~a@en obligatorisch gemacht ist und ibm im letzten Studienjahre die Hauptzeit des Studientages (Vormittag) gewidmet ist. Die Kliniker werden in Gruppen von etwa io Mann geteilt und ftir bestimmte Zeit den einzelnen Polikliniken zur praktischen Bet~tigung zu- geteilt, eine Einrichtung, wie sie bei uns in etwas anderer Form dem fakultativen ,,Famulieren" in den Ferien entspricht. Hin- wiederum hMt man dadurch unser ,,praktisches Jahr" ffir ent- behrlich. Bekannt dtirfte sein, dab ausl~indische ~rzte in Japan nur nach Ablegung des japanischen Examens zur Praxis zugelassen werden. Nur die englischen ~_rzte sind auf Grund eines Gegenseitigkeits- vertrages yon dieser Ableistung befreit. Des Examen kann nut vor der Kaiserl. UniversitXt in Tokyo gemacht werden. Viele japanische Nrzte pflegen ihre Ausbildung durch Studien im Ausland zu erg~nzen, wobei der Besuch Deutschlands auch heute noch die erste Rolle spielt und nach dem Kriege wieder mehr und mehr in Aufnahme kommt. tJberblicke ich des Resultat der medizinischen Ausbildung der Japaner nach meinen bisherigen Erfahrungen, so ist folgendes zu sagen: Des Studium der altchinesischen Sprache und Schrift er- scheint uns Westlandern eine schwere Belastung, ungleich schwerer als sie das lateinisch-griechische S~udium unserer Gymnasien ffir unsere Schiller darstellt. Jenes Studium ist jedoch so innig mit der ganzen Kultur Ostasiens verwachsen, dab nttr eine sehr lang- same Nndernng zu erwarten ist. Immerhin sind bemerkenswerte Anl~ufe zu einer Vereinfachung vorhanden. Kin Gutes meg die chinesische Schrifttibung haben: sie schult des Auge fiir LiMe und Form! -- Die Ausbildung der japanischen Mediziner im Deutschen beeinfluBt ihre Geistesrichtung und ihre Auffassung der Wissen- schaft in dem Sinne, in dem sic diese Wissenschaft yon uns fiber- nommen haben, iJber die Bedrohung dieser Richtung dutch andere Einfliisse soll ein andermal die Rede sein. -- Die Vorbildung in den exakten Wissenschaften kann als mustergtiltig bezeichnet werden. Glficklieh erscheint mir die Gruppierung der Lehrf~cher, wonach alle naturwissenschaftlichen Zweige in der Vorbildungs- anstalt, alle theoretischen medizinischen Zweige in den vorldinischen Jahren erledigt werden. Dadurch kommen die Studenten mit einer gereiften theoretischen Vorbildung ~n die Kliniken, was u. a. ihre guten Antworten beim Praktizieren beweisen. Im ganzen ist zu sagen, dal3 die Kenntnisse der dutch Vor- bildungsanstalt und Universit~t gegangenen japanischen .~rzte als hochstehend und den~enigen der westliindischen Arzte durchaus gleiehwertig zu bezeichnen sind. ,,LEITSATZE ZUR ANERKENNUNG UND PRAKTISCHEN TATIGKEIT V0N FACHARZTEN". Bemerkungen zu dem Aufsatz yon Prof. Erich Meyer in Nr. 32 dieser Wochenschrift. Von Dr. ESAU, leitcnder Axzt des KreiskrankenhausesOschersleben. ERICH MEYER l~dt am Schlusse seines Artikels andere Leiter yon inneren Abteilungen ein, sich zu den Leits~tzen zur Anerken- nung und praktischen Ti~tigkeit yon Fach~rzten zu ~uBern. Ich bin nun zwar kein Interner, sondern Chirurg und m6chte gerade deshMb die Anregungen, die E. MEYER gibt, untersti~tzen.

„Leitsätze zur Anerkennung und Praktischen Tätigkeit von Fachärzten“

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Page 1: „Leitsätze zur Anerkennung und Praktischen Tätigkeit von Fachärzten“

3. SEpIEIvIBER ~923 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr . 36 I723

rential- und .Integralrechnung, Botanik, Zoologie, anorganische und organische Chemic, Physik , Gymnastik. Nach ihrer Absolvie- rung ist eine Abgangspriifung erforderlich.

'In den nun folgeI/den Un@ersit~ter~ (Daigakko) sind die Fakul- tXten in ~hMicher Weis e getrennt wie bei uns. Man hat die 5 Kaiser- lichen V011universit~,ten (Tokyo, Kyoto, Sendai, Sapporo, Fukuoka) und die unfer provinzialer Verwaltung stehenden Teiluniversit~ten, welche nur einzelne Fakult~ten enthalten und zu denen die Medi- zinische Universit~kt Osaka (Osaka Ikadaigaku) geh6rt. Far Frauen gibt es eine besondere medizinische Hochschule in Tokyo. Zum Eintr i t t in die Universitgten i s t wiederum eine Aufnahmeprfifung erforderlich.

Des medizini~ehe Un@ersit~tsstudi~m dauert 4 Jahre. Davon fallen 2 Jahre auf das vorklinische und 2 Jahre au~ des klinische Studium. Die Studienzeit is~ wie in den Schulen in Jahrg~inge geteilt, die zu h6renden Kollegs sind genau vorgeschrieben und nicht wie bei uns wahlfrei. Das Studium der Vorklinil~er umfaBt ~olgende F~cher: Anatomie, Histolegie, Embryologie, topographi- sche Ana• allgemeine und speziel!e Physiologie; medizinische Chemie; Pharmakologie; allgemeine und spezielle Pathologie; Parasitologie; Bakteriologie; Hygiene; gerichtliche Medizin. Die klinischen F~cher sind: Inhere Medizin, Chirurgie, GeburtshiKe und Gyn~kologie, Kinderheilkunde, Neurolqgie und Psychiatrie, Augenheilkunde, Oto-Rhino-Laryngologie, Dermato-Syphi!idologie. PriKungen finden am Schlusse jedes Jahres in den abgeschlossenen Lehrf~chern statL am Schlusse d e s 4. Jahres is~ eine Abgangs- pr f fung ffir alle vorklimsehen und klinischen F~cher abzuleisten, nach deren Bestehen die Erlaubnis zur Praxis erteilt wird. Aus dem ,,Igak'sej" (stud�9 med.) wird der , ,Igak'shi" (approb. Arzt). Eine Doktorprf lfd~gfindet nicht start, der Ausdruck Gak'shi be- deutet sowohl Approbierter wie Doktor.

Neben den Universit~ten gibt es hOCk eine Reihe yon Med~zir~- schulcn (Igakusemongakko). In diesen schlieBt sich des medi- zinische Studium ohne Vorbildungsanstalt sofort an die Mittel- schulen an, wie bei den technischen Anstalten. Die auf ihnen aus- gebildeten Nrzte haben das Recht zur Praxis, mtissen aber ihrem Titel den Namen der Sehule voransetzen, z. ]3. Kumamoto-Igakushi. Solche Schulen bestehen noch in Tokyo, Kyoto, Kumamoto, Wake- yams, Niigata usw. Vom n~chsten Jahre ab wird jedoch diese Einrichtung aufh6ren, indem dann s~mtliche Medizinschulen durch Angliederung yon Vorbildungsanstalten zu Teiluniversitiiten oder Akademien (Ikadaigaku) umgewandelt sein werden. 'Damit ist dann die Ausbildung der ~rzte einheitlich und erh~lt t~berall Universit~tscharakter. Das Verdienst, diesen Fortschri t t in der medizinischen Ausbildung angeregt und durchgesetzt zu haben, ftkllt dem Rektor der Ikadaigaku yon Osaka Prof. SATA ZU, welcher sich, wie nebenbei bemerkt sei, such tim die F6rderung des Deutsch- turns groge Verdienste erworben hat. Aus diesen medizinischen Teiluniversit~ten sind dann mehrfach dutch AngKederung weiterer Fakult~ten neue VolluniversitAten hervorgegangen, wie z .B. in Fukuoka.

Sfellen wir nun nochmals den Bildungsgang der Mediziner in Japan und Deutschland nebeneinander, so ergibt sich folgende Tabelle

�9 [ Alter Schule in Deutschland Schule in Japan Alter =

6--7 I/Volks- od. Btirgerschule [1 7-- ~ (3 Jahre) 8--9 [ Atlg. Volksschule, Sho-J 9-iol/ g a k k o (6 Jahre) /I

1O-ill/ | I1-I2H / ~2--~3i : Gymnasium oder Real-

3 - 4 gymnasium (9 Jah~:e) Mittelschule c~mgakko 14--15 - , I5-- I6 (5 Jahre) 16--I 7 17--18 18--19 I9~2o 2o--2I 21 --22 22--23 23--2z

Universit~t (5 Jahre)

1 Praktisches Jahr

Vorbildungsanstalt, Kotogakk0 (3 Jahre)

UniversitXt, Daigakko (4 Jahre)

6--7 7--8 8 " 9

i o - - i i i i - - i 2 12--13 I3--14 :I4--I 5 15--16 16--17 17--18 18--19 19--2o 2o--21 21 --22 22--23 23--24

Hieraus sieht man, dab die Gesamtausbildungszeit in beiden L~ndern ungefXhr dieselbe ist. Im einzelnen ergeben sich aber tolgende Unterschiede: I. Die allgemeine Volksschulbildung ist in Japan eine l~ngere, 6 Jahre. Dies ist vermutlich in der gr6Beren Schwierigkeit der japanisch-chinesischen Schrift begrfindet. 2. In Japan besteht durch Zwischenschaltung der Vorbildungsanstalt ein allm~hlicher Obergang aus der Allgemeinbildung zur akademi- schen Fachbildung, indem in jenen Anstalten schon F~cher grfind- lich und endgtlltig vorgenommen werden, welche bei uns erst in den vortdinischen Semes~ern absolviert werden (Physik, Chemie, Zoologie, 13otanik). 3. In Japan werden die F~cher Phar- makologie, Pathologie, Hygiene, gerichtliche Medizin usw. schon in den vorklinischen Jahren gelernt, w~hrend die klinischen Jahre rein dem Studium am Krankenbet t gewidmet sind.

Es sei hinzugefiigt, dab diese klinischen Studien etwas anders gehandhabt werden als bei uns, indem der Besuch der Polikli~a@en obligatorisch gemacht ist und ibm im letzten Studienjahre die Hauptzeit des Studientages (Vormittag) gewidmet ist. Die Kliniker werden in Gruppen von etwa io Mann geteilt und ftir best immte Zeit den einzelnen Polikliniken zur praktischen Bet~tigung zu- geteilt, eine Einrichtung, wie sie bei uns in etwas anderer Form dem fakultativen ,,Famulieren" in den Ferien entspricht. Hin- wiederum hMt man dadurch unser ,,praktisches Jahr" ffir ent- behrlich.

Bekannt dtirfte sein, dab ausl~indische ~rzte in Japan nur nach Ablegung des japanischen Examens zur Praxis zugelassen werden. Nur die englischen ~_rzte sind auf Grund eines Gegenseitigkeits- vertrages yon dieser Ableistung befreit. Des Examen kann nut vor der Kaiserl. UniversitXt in Tokyo gemacht werden.

Viele japanische Nrzte pflegen ihre Ausbildung durch Studien im Ausland zu erg~nzen, wobei der Besuch Deutschlands auch heute noch die erste Rolle spielt und nach dem Kriege wieder mehr und mehr in Aufnahme kommt.

tJberblicke ich des Resultat der medizinischen Ausbildung der Japaner nach meinen bisherigen Erfahrungen, so ist folgendes zu sagen: Des Studium der altchinesischen Sprache und Schrift er- scheint uns Westlandern eine schwere Belastung, ungleich schwerer als sie das lateinisch-griechische S~udium unserer Gymnasien ffir unsere Schiller darstellt. Jenes Studium ist jedoch so innig mit der ganzen Kultur Ostasiens verwachsen, dab nttr eine sehr lang- same Nndernng zu erwarten ist. Immerhin sind bemerkenswerte Anl~ufe zu einer Vereinfachung vorhanden. Kin Gutes meg die chinesische Schrifttibung haben: sie schult des Auge fiir LiMe und Form! -- Die Ausbildung der japanischen Mediziner im Deutschen beeinfluBt ihre Geistesrichtung und ihre Auffassung der Wissen- schaft in dem Sinne, in dem sic diese Wissenschaft yon uns fiber- nommen haben, iJber die Bedrohung dieser Richtung dutch andere Einfliisse soll ein andermal die Rede sein. -- Die Vorbildung in den exakten Wissenschaften kann als mustergtiltig bezeichnet werden. Glficklieh erscheint mir die Gruppierung der Lehrf~cher, wonach alle naturwissenschaftlichen Zweige in der Vorbildungs- anstalt, alle theoretischen medizinischen Zweige in den vorldinischen Jahren erledigt werden. Dadurch kommen die Studenten mit einer gereiften theoretischen Vorbildung ~n die Kliniken, was u. a. ihre guten Antworten beim Praktizieren beweisen.

Im ganzen ist zu sagen, dal3 die Kenntnisse der dutch Vor- bildungsanstalt und Universit~t gegangenen japanischen .~rzte als hochstehend und den~enigen der westliindischen Arzte durchaus gleiehwertig zu bezeichnen sind.

,,LEITSATZE ZUR ANERKENNUNG UND PRAKTISCHEN TATIGKEIT V0N FACHARZTEN".

Bemerkungen zu dem Aufsa tz yon Prof. Erich Meyer in Nr. 32 dieser Wochenschr i f t .

Von

Dr. ESAU, leitcnder Axzt des Kreiskrankenhauses Oschersleben.

ERICH MEYER l~dt am Schlusse seines Artikels andere Leiter yon inneren Abteilungen ein, sich zu den Leits~tzen zur Anerken- nung und praktischen Ti~tigkeit yon Fach~rzten zu ~uBern. Ich bin nun zwar kein Interner, sondern Chirurg und m6chte gerade deshMb die Anregungen, die E. MEYER gibt, untersti~tzen.

Page 2: „Leitsätze zur Anerkennung und Praktischen Tätigkeit von Fachärzten“

I724 K L Z N I S C H E W O C E I E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr . 36 3- SEPTEMBER i923

E.-MEY~R hat vollkommeH Recht, w e n n e r die Zerlegung des Faches der Inneren Medizin in kleinste Spezialitgten als unzweck- mgl3ig und Arzt and Kranke schgdigend hinstellt; es sollte nur einen Facharzt ffir Innere Medizin gebe~. Wenn i m L'aufe irgend einer Fachausfibnng der ~ntern~ odor Chirurg allm~thlich ailf einen Tell seines Faches sich einstellt, so wird sich aichts dagegei1 sagen lassen, ein enger Zusammenhang mit dem Gesamtfach wird framer fortdaueril, well die eingeengte SpeziaIitat ans dem Grol3en orga- nisch herausgewachsen ist.

Die innere Medizin ist und bleibt die Grundlage uild der Mutter- boden ffir alle grol3en und kleinen Einzelfacher nnd es sollten alle Hebel in Bewegung geSetzt werdeil; eine Vernachl~tssigung der Inneren Medizin zu verhfiteil.

Frfiher war es eine hervorragende und ziemlich verbreitete Gepflogenheit der UniversltitS- Ilnd inderer groBer Kliniken -- ich bin vorwiegend fiber chirurgische Abteilungen unterrichtet -- dab sie yon ihren Assistenten eine gute Vorbildung in der inneren Medizin mindestens und such noeh ausreichende Kenntnisse in der Pathologie odor einem andereil Fach verlangten, die nur durch

eine lXngere Beschaftigung mi• diesen Disziplinen gewonnen werden konnten. Derartig vorgebildete FachArzte werden dann auch selten einseitig, sie werden sich immer der Wichtigkeit des Ganzen bewuBt bleiben, sie werden nicht fiber dem Organ den ganzen Menschen vergessen.

Weiln schoil die jetzigen Zeiten nicht dazu angetan sind, die Ausbildung zu verlXngern und das erstrebte Ziel in framer uner- reichbarere Fernen zu verschieben, so sollte doch yon kompetenter Seite die Frage gepr0ft werden, ob nicht far ieden kfinftigen Ver- treter jedes Faches eine genflgende Vorbildung in der inneren Medizin, etwa yon der Dauer eiiles Jahles, als unnmg~.ngliehe Grundfage ffir die sp~itere TAtigkeit zu verlangen w~re. Ich Babe reich selbst mit Pathologie und innerer Medizin und auch ~/~ Jahr mit Bakteriologie vor meiner chirurgischen Lernzeit befaBt und bin gtficklich fiber diesen Ausbildungsgailg. Zur Leitung eines allgemeinen Krankenhauses, die yon vornherein vor spezialistischer Einseitigkeit schfitzt, ist eine etwas breitere aUgemeine Vorbildung unbedingt erforderlich. Einem Nichtkliniker wird sie niemals schaden.

TAGESGESCHICHTE. Am 2, September beglng WILHELM OSTWALD, zurt~ckgezogen

vom I~hramt, aber trotz seiner eigenen Lehre vom frfihzeitigen Ersch6pftwerden des Forschers roll schaffender Gedanken, die Feier des siebzigsten Gebnrtstages. In Riga a n f der Schule aus- gebildet, mit starker Abneiguilg gegen deren Methodik, die ihm dafiir wie so vielen bedentenden Mfmnern eiilen Verlust yon zwei Lebens~a.hren anferlegte, studierte er in-Dorpat unter L ~ R ~ , v. OEa:TI~G~N und CA~L SC~I~rlDT PBysik und CBemie, wurde i875 Assistent am Physikalischen Insti tut , yon dem er nach Ver6ffentlichilng einiger Untersuchungen auf dem neuerstaildenen Gebiete der physikalischen Chemie 1879 an das Chemische In- stitilt ribersiedelte. 1879 Privatd0zent geworden, wurde er I881 an alas Polytechilikum in Riga als Professor der Chemie berufen und ribernahm 1887 die Leitu~.g des LeipZiger Physikalisch- chem~schen Instituts, die er bis zu seinem frfihen freiwil!igen Rflcktritt Iflhrte. Schon in seinen ersten Arbeiten, die sich mit der Theorie der Lasuflgen bdsch~ftigten, ging er den Grund- problemen der tbeoretischen Chemie mit Tatkra~t und Erfolg Ilach, er erfaBte so.*ort nach.Erscheinen der ersten 5iitteilungen 1884 die Bedeutung der elektrischen Leitungsff~higkeit der S~turen und erwies in seinen ,,Elektro-chemischen Stndien" die Gesetz- m~gigkeit der Erscheinunge n. S e i n e Gr0gtat, de, ,~ Ausbau der Ionenlehre, der in zahlreichen l~edeutenden Teiluntersnchungen durchgeffihrt wnrde, das ,,OsTwALDsche Verdfinnilngsges~tz", fiel i n die Jahre 1887-I893, sein groBes ,Lehrbuch der allgemeinen Chemie" erschien ncch frflher, I884=i887. 1897 erhielt OS~WALD frir seine Untersilchungen den Nobelpreis. Keiil geringerer ais SVANTE AgRttENIUS, der in der neuesten Nummer der ,,Natur- wissenschaffen" seinem Forschungsgenossen eine ~;flrdigung des Lebenswerkes als Glflckwnnsch b ie te t bezeichilet die T~ttigkeit yon' OSTWALD auI diesem Gebiete und in diesem Zeitraum als die einer geradezu explosiven Wirksamkeit. Schon 1893 war sein Denken darauf gerichtet, die energetischen Anschailungen an die Stelle der molekularkinetischen in der l%ysik und Chemie zu se tzen Sein ri.berreiches MaB an Schaffenskraft Ilnd Schaffens- freude, Eigenschaften, die se ine Schiller an ihm mit besonderem Nachdrilck rfihmen, trieb ihn welter dazu, eine grille technischer pral(t{scher Fragen in Angriff zu nehmen, und fiir seine Gedan- ken, die bald an die erhabenen Hfhen des Denkeils reichten, ba ld auf einfache Dingo des AlltagSgeschehens ihre Nntzanwen- dung fanden, die Allgemeinheit zu gewinnen. Anch d a s i s t ibm geglflckt; ein Tell der schlagwortartig gefaBten Frfichte seines Genies uild seiner Arbeit ist Allgemeiilgut geworden, vor allem seine Forderuilg des Vermeidens yon Energieverlusten im Kleiilen wie im GroBen. Fflr die Vielseitigkeit seines Wirkens sind seine bekannten Arbeiteil zur Farbenlehre aus seinem letzten Lebens- abschnitt und der Versuch ihrer Auswertung ffir technisches Arbeiten ein BeispieL OSTVVALD beschliel3t sein siebentes Jahr- zetmt als ein Mann, der gl~cklich zu preisen ist, ein Mann, bei dem Wille, Kraft, Weisheit und Zielsicberheit sieh vereinten zu Erfolgen, die dem kleinen Kreis der Gelehrten wie dem grogen der Gesellschaft zugntegekommen sind und mit dereil Umfang und Bedeutung sieh die Lebensarbeit nur weniger groSer Forscher messen kann.

Gesundheitsnachrichten. Vor 2 J ahren erregte die H~u/un~ der F~lle yon Ikterus in Deutschland Aufsehen in Verbindung mit den" vermehrten Todesfxllen an akuter gelber Leberatrophie, und es t~uchten mannigfaltige Deutungsversuche auf; an dieser Stelle

wurde mehrfach darauf hingewiesen, d a b auch in Nordamerika die gleiche Erscheinung sich zeigte. Aus elner eingehenden Arbeit yon BLUMES (Journ, of the Amer. med. assoc. 1923, 4. Aug.) geht hervor, dab in Amerika epidemische Gelbsucht seit 1812 in lXngeren Zwisehenr~umen immer wieder geh~tuft auftrat, so besonders in den letzten Jahren. Bakteriologische Untersuchungen an ver- sehiedenen Often ergaben des Fehlen der Spirochaete ~cterohaemor- rhagica. Wohl aber nimmt der Verfasser einen Zusammenhang mit der ebenfalls vermehrten akuten gelben Leberatrophie an; so kamen im Staat Alabama in den Jahren 1914--1916 und 1919 bis 192o j~thrlich etwa 5 Todesf~tlle vor, 1917 dagegen 13 und 1918 sogar 65.

Der Zuschlag zur preuBischen Gebiihrenordnung wird nunmehr alle Woche einen Tag nach Bekanntwerden des Reichsindex neu festgesetzt; er ist demgem~,~ in der letzten Zelt fast allw6chentlieh um etw~ IOO% erhfh t werden.

Hochsehulnachrichten. Prank]urt a. M. Dr, PAUL GROSSER, Privatdozent ffir Kinderheilkunde, wurde zum nichtbeamteten anBerordentlichen Professor ernannt.

Heidelberg. Die medizinische Fakult~.t hat den Holzindu- striellen N. WOLrFSOHN in Mannheim in Anerkennnng seiner Ver- dienste um die F6rderung der wissenschaftlichen Forschung und seines Interesses frir die Bestrebungen der praktischen Medizin zum Ehrendoktor ernannt.

tn~sSructr Professor Dr. GEORG GRUBXR, Prosektor am sthdtischen Krankenhaus in Mainz, hat den Ruf als Direktor des Pathologischen Insti tuts in Innsbruck angenommen.

Jena. Die auBerordentlichen Professoren an der UniversitfLt Jena, Dr. reed. FRI~DRICIr SCHVLZ (Physiologische Chemie), Dr. FELIX L O ~ E L (Innere Medizin), Vorstand der Medizinischen Poliklinik, Dr. BODO SPI~THOFI~ (Dermatologie), Vorstand der Haut- klinjk und Dr. LUDWIG GR.X, PER (Anatomie) sind zu ordentlichen Professoren ernannt worden.

Kiel. Der dutch die Emeritierung des Geh. Med.-Rats, Grafen voN S ~ , erledigte LehrstuM der Anatomie an der Universit~c Kiel ist dem ord. Professor Dr. WlLH~LN YON M6LLtgNDORFF in Hamburg angeboten worden.

Mi~r~hen. Der ordentl. Professor der Pharmakologie und Phar- mazie in der tierXrztlichen Fakultat der Universit~tt Mrinchen, Geh. Hofrat Dr. med. et phil. JosEPH BRANDL t r i t t zum i. Oktober 1923 in den Ruhestand; zu seinem Nachfolger ist der nichtplan- maBige a. o. Professor in der Mfinchener medizinischen Fakult~tt, Ab- teilungsvorsteher am Pharmakologischen Insti tut , Dr. med. ALBERT JODLBAUER ausersehen.

T~b{ngen. Dr. KAXL ERIa~ SCIr hat sieh ftir des Fach der t laut - und Geschlechtskrankheiten habilitiert.

Honorar-Tet~erung$index ( Richtlinien der Xrztekammer und des Grofl-Berliner Xrztebundes): 8 3 0 0 0 0 .

Bu~nhgindler-S~l~sselzahl ab 28. August 1 9 2 3 : 1 0 0 0 000 . Die Schli~sselzahl drixc~t die im Buchhande[ eingetretene Entwertung aus; die Grundzahl entspricht dem unge/dhren Vorkriegsprels, Gr~ndzahl (GZ,) verviel[aeht mit Sehliisselzahl (S.) ergibt den Vertcau/spreis.

Fiir die Schriflleitung verantwortlich: Prot. POSNER Berlin W 6x, Keitbstr. 21. Verlag von Julius Springer, Berlin W 9, und J. F. Bergmann, Mtinchen. Druck der Spamersehen Buehdruckerei Jn Leipzig.