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6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung Die Logistikkosten werden in den Unternehmen unterschiedlich definiert. Bei Um- fragen geben selbst Unternehmen der gleichen Branche Logistikkosten an, die stär- ker voneinander abweichen, als sich durch die Unterschiede ihrer Logistik erklären lässt [35, 189]. Nachprüfungen zeigen, dass einige Unternehmen die Zinsen und Abschriſten für Bestände nicht zu den Logistikkosten zählen, während andere auch die in den Einkaufspreisen enthaltenen Logistikkosten ihrer Lieferanten oder die Kosten der Einkaufstätigkeit den Logistikkosten zurechnen. Im Extremfall wird sogar der Ein- kaufswert der beschaen Waren als Bestandteil der Logistikkosten angesehen. Ein anderes, nicht nur auf die Logistik beschränktes Problem ist die Preisbil- dung für Dienstleistungen. Die Käufer einer Leistung erwerben kein materielles Pro- dukt sondern immaterielle, nicht lagerbare Leistungen, die ihnen einen unmittelba- ren Nutzen bringen sollen. Die herkömmlichen Verfahren der Preiskalkulation und Preisbildung, die für materielle Produkte entwickelt wurden, sind auf Dienstleistun- gen nur begrenzt übertragbar. Die Preise für logistische Leistungen sind daher häufig nicht miteinander vergleichbar oder irreführend [14, 59, 60]. Zur Kalkulation der Leistungskosten bietet sich die Prozesskostenrechnung an [53, 61, 189]. Über die Definition, die Einflussfaktoren und die Kalkulation der Prozess- kosten bestehen jedoch in der Logistik wie auch in der Betriebswirtschaſt unter- schiedliche Auffassungen. Das gilt vor allem für die Leistungskosten multifunktiona- ler Logistiksysteme, für die Leistungspreise von zusammengesetzten Logistikleistungen und für die Berücksichtigung der Fixkosten bei der Kalkulation nutzungsgemäßer Leistungspreise. Noch schlechter als mit der Definition und der Kalkulation ist es mit der Erfas- sung der Logistikkosten bestellt. Obgleich die Logistikkosten im Handel eine Höhe von 15 bis über 25 % des Umsatzes erreichen und weit mehr als ein Drittel der Han- delsspanne aufzehren können, werden sie nur in wenigen Handelsunternehmen über alle Stufen der Logistikkette von der Rampe der Lieferanten bis zur Verkaufsbereit- stellung in den Filialen erfasst. Auch in der Industrie, deren Logistikkosten in der Regel zwischen 5 und 15% des Umsatzes liegen, gibt es nur wenige Unternehmen, die ihre Logistikkosten gesondert erfassen und regelmäßig kontrollieren [34, 189]. Die Kalkulation und Budgetierung der Logistikkosten sowie die laufende Erfas- sung und Kontrolle von Leistung, Qualität und Kosten der logistischen Leistungsbe- reiche sind Aufgaben des Logistikcontrollings. Das Controlling soll das Management bei der Planung optimaler Systeme und der Steuerung der Prozesse unterstützen. Außerdem soll das Controlling Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten zur T. Gudehus, Logistik 1, VDI-Buch, 137 DOI 10.1007/978-3-642-29359-7_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

Logistik 1 || Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

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6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

Die Logistikkosten werden in den Unternehmen unterschiedlich definiert. Bei Um-fragen geben selbst Unternehmen der gleichen Branche Logistikkosten an, die stär-ker voneinander abweichen, als sich durch die Unterschiede ihrer Logistik erklärenlässt [35, 189].

Nachprüfungen zeigen, dass einige Unternehmen die Zinsen und Abschriftenfür Bestände nicht zu den Logistikkosten zählen, während andere auch die in denEinkaufspreisen enthaltenen Logistikkosten ihrer Lieferanten oder die Kosten derEinkaufstätigkeit den Logistikkosten zurechnen. Im Extremfall wird sogar der Ein-kaufswert der beschafftenWaren als Bestandteil der Logistikkosten angesehen.

Ein anderes, nicht nur auf die Logistik beschränktes Problem ist die Preisbil-dung für Dienstleistungen. Die Käufer einer Leistung erwerben kein materielles Pro-dukt sondern immaterielle, nicht lagerbare Leistungen, die ihnen einen unmittelba-ren Nutzen bringen sollen. Die herkömmlichen Verfahren der Preiskalkulation undPreisbildung, die für materielle Produkte entwickelt wurden, sind auf Dienstleistun-gen nur begrenzt übertragbar. Die Preise für logistische Leistungen sind daher häufignicht miteinander vergleichbar oder irreführend [14, 59, 60].

Zur Kalkulation der Leistungskosten bietet sich die Prozesskostenrechnung an [53,61, 189]. Über die Definition, die Einflussfaktoren und die Kalkulation der Prozess-kosten bestehen jedoch in der Logistik wie auch in der Betriebswirtschaft unter-schiedliche Auffassungen. Das gilt vor allem für die Leistungskostenmultifunktiona-ler Logistiksysteme, für die Leistungspreise von zusammengesetzten Logistikleistungenund für die Berücksichtigung der Fixkosten bei der Kalkulation nutzungsgemäßerLeistungspreise.

Noch schlechter als mit der Definition und der Kalkulation ist es mit der Erfas-sung der Logistikkosten bestellt. Obgleich die Logistikkosten im Handel eine Höhevon 15 bis über 25% des Umsatzes erreichen und weit mehr als ein Drittel der Han-delsspanne aufzehren können,werden sie nur inwenigenHandelsunternehmenüberalle Stufen der Logistikkette von der Rampe der Lieferanten bis zur Verkaufsbereit-stellung in den Filialen erfasst. Auch in der Industrie, deren Logistikkosten in derRegel zwischen 5 und 15% des Umsatzes liegen, gibt es nur wenige Unternehmen,die ihre Logistikkosten gesondert erfassen und regelmäßig kontrollieren [34, 189].

Die Kalkulation und Budgetierung der Logistikkosten sowie die laufende Erfas-sung und Kontrolle von Leistung, Qualität und Kosten der logistischen Leistungsbe-reiche sind Aufgaben des Logistikcontrollings. Das Controlling soll das Managementbei der Planung optimaler Systeme und der Steuerung der Prozesse unterstützen.Außerdem soll das Controlling Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten zur

T. Gudehus, Logistik 1, VDI-Buch, 137DOI 10.1007/978-3-642-29359-7_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

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138 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

Leistungssteigerung, Qualitätsverbesserung und Kostensenkung aufzeigen [53, 62,153, 189].

Wie genau und für welche Bereiche der Unternehmenslogistik Leistungen, Qua-lität und Kosten erfasst, analysiert und kontrolliert werden sollten, ist abhängig vonder Höhe der Logistikkosten in Relation zur Wertschöpfung, von den Kernkompe-tenzen und Zielen des Unternehmens und von der speziellen Aufgabe. Generell gilthier der Grundsatz: Weniger ist mehr. Besser ein Controlling in größeren Zeitab-ständen mit wenigen aussagefähigen Zahlen und angemessener Genauigkeit als einControlling, das permanent alle erdenklichen Leistungsdaten und Kostenanteile dif-ferenziert erfasst und ohne Kenntnis des Informationsbedarfs eine Unmenge allge-meiner Kennzahlen erzeugt [53].

Nicht eine hohe Genauigkeit und große Differenzierung der Leistungs- und Kos-tenangaben sind entscheidend. Maßgebend sind die praktische Brauchbarkeit undder Verwendungszweck. Für den Vergleich der Logistikkosten in und zwischen denUnternehmen sowie der Leistungspreise von Logistikdienstleistern muss vor allemsichergestellt sein, dass sie die gleichen Leistungsstellen, die gleichen Kostenbestand-teile, den gleichen Leistungsumfang und die gleichen Leistungsarten betreffen.

In diesem Kapitel werden die Betriebskosten von Logistiksystemen und die Leis-tungskosten für Logistikleistungen definiert, die Grundlagen der Leistungskosten-rechnung dargestellt, die Abhängigkeiten zwischen Kosten und Leistungen erläutertund die wichtigsten Möglichkeiten zur Kostensenkung zusammengestellt. Ein be-sonderes Gewicht hat dabei das Fixkostendilemma der Logistik. Hierauf aufbauendwird im folgenden Kapitel ein System zur Leistungs- und Qualitätsvergütung konzi-piert, das zur Vergütung von Logistikdienstleistern und zur Entwicklung nutzungs-gemäßer Preis- und Tarifsysteme geeignet ist.

6.1 Betriebskosten und Leistungskosten

Entsprechend den beiden Aspekten der Leistungssysteme werden zwei verschiedeneArten der Kostenrechnung benötigt: Der stationären Sicht entspricht die Betriebskos-tenrechung, der dynamischen Sicht die Prozesskosten- oder Leistungskostenrechnung.

6.1.1 Betriebskostenrechnung

Die Betriebskosten Kbetr [€/PE]1 sind die in einer definierten Planungsperiode [PE]zu erwartenden oder in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten einer Leis-tungsstelle, eines Betriebs oder eines Systems, das bestimmte Leistungsarten LAi ,i = 1, 2, . . .,N , in geplanten Mengen λi [LEi/PE] erbringen soll oder in erfasstenMengen erbracht hat.

Die Betriebskostenrechung ist eine periodenbezogene Vollkostenrechnung aus sta-tionärer Sicht. Sie ist erforderlich für die Planung von Systemen und für die Kosten-und Erlös-Rechnung (KER) der Unternehmen [14, 61].1 € steht hier und nachfolgend für Geldeinheit [GE], die auch ein Dollar oder eine andere Währungs-einheit sein kann

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6.1 Betriebskosten und Leistungskosten 139

Die Logistikkosten Klog [€/PE] sind die Betriebskosten einzelner logistischerLeistungsstellen, von Logistiksystemen oder eines Logistikbetriebs.

6.1.2 Leistungskostenrechnung

Die Leistungskostenrechnung ist eine durchsatzbezogene Volkostenrechnung aus dy-namischer Sicht. Sie wird auch als Activity Based Costing (ABC) oder als Prozess-kostenrechnung bezeichnet [53, 61, 62, 153]. Die Leistungskosten, die bei der Erzeu-gung der unterschiedlichen Logistikleistungen anfallen, müssen bekannt sein für dieOptimierung von Prozessabläufen, zur Auswahl optimaler Lieferketten, für eine kos-tenoptimale Disposition und zur Kalkulation der Leistungspreise (s. Abschn. 7.2 undKap. 20). Die logistischen Leistungspreise beeinflussen wiederum die Nutzung derRessourcen der gesamten Wirtschaft (s. Abschn. 7.6).

Die Leistungskosten für die immateriellen Logistikleistungen entsprechen denStückkosten materieller Güter. Die Leistungskosten eines Leistungsbereichs – einesBetriebs, einer Anlage, eines Systems oder einer Produktionsstelle –, der nur eineArt von Leistungen erzeugt, sind die Gesamtbetriebskosten Kges [€/PE] einer Peri-ode PE geteilt durch die Leistungsmenge λ [LE/PE] der gleichen Periode.

Wenn ein Leistungsbereich in einer Periode unterschiedliche Leistungsarten LAimit dem partiellen Leistungsdurchsatz λi [LEi/PE], i = 1, 2. . ., erzeugt, ist es zurKalkulation der spezifischen Leistungskosten erforderlich, die Gesamtbetriebskos-ten verursachungsgerecht undnutzungsgemäß in eine Summe partieller BetriebskostenKi(λi) aufzuteilen:

Kges = ∑iKi(λi) [€/PE] . (6.1)

Aus den partiellen Betriebskosten bezogen auf den partiellen Leistungsdurchsatz re-sultieren die spezifischen Leistungskosten:

ki = Ki(λi)/λi [€/LE] . (6.2)

Die variablen Betriebskosten sind unmittelbar vom Leistungsdurchsatz abhängig. Sielassen sich daher relativ problemlos auf die verschiedenen Leistungsarten aufteilen,von denen sie verursacht werden.

Die Fixkosten hängen dagegen nicht direkt vom aktuell erbrachten Leistungs-durchsatz ab. Siewerden bestimmt vonden geplantenLeistungsarten und vom erwar-teten Leistungsbedarf. Ihre Aufteilung ist nur mit Hilfe geeigneter Zuweisungsregelnmöglich. Hierfür gilt das Prinzip der

� Fixkostenverteilung gemäß Inanspruchnahme: Die Fixkosten werden den partiel-len Leistungsarten in dem Verhältnis zugerechnet, in dem die bereitgehaltenenRessourcen für die Erzeugung der partiellen Leistungen in Anspruch genomme-nen werden.

Die Bemessungsgröße für die Inanspruchnahme ist bei den verschiedenen Ressour-cen unterschiedlich. Sie kann die Belegungszeit, die genutzte Fläche oder die Maß-einheit der Ressourcenleistung sein. Die Bemessungsgröße zur Fixkostenaufteilung

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140 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

muss im Einzelfall so bestimmt werden, dass die Ressource sinnvoll und wirtschaft-lich genutzt wird (s. Abschn. 6.7).

Die Fixkostenverteilung nach Inanspruchnahme wird gemeinhin als Verursa-chungsprinzip oder als verursachungsgerechte Kostenverteilung bezeichnet [189]. DerGrundsatz einer Verteilung nach Verursachung ist jedoch nicht durchführbar, da deraktuelle Leistungsdurchsatz die Höhe der Fixkosten der leistungserzeugenden Res-source nicht bestimmt.Der Begriff gerecht ist zudem irreführend undunklar, da jedermit Gerechtigkeit andere Vorstellungen verbindet. Die Inanspruchnahme einer Res-source lässt sich dagegen objektiv festlegen und unstrittig messen.

6.2 Logistikkostenrechnung

Wie die allgemeine Kostenrechnung eines Unternehmens umfasst auch die Logistik-kostenrechnung die Vorkalkulation, dieMitkalkulation und dieNachkalkulation [14,53, 189].

6.2.1 Vorkalkulation

Die Vorkalkulation oder Plankostenrechnung hat die Aufgabe, die Betriebskosten ei-nes vorhandenen oder geplanten Logistiksystems zu kalkulieren, das in einem zu-künftigen Planungszeitraum erwartete Logistikleistungen erbringen soll. Ergebnisseder Plankostenrechnung sind Plan-Logistikkosten und Soll-Leistungskosten.

Die Vorkalkulation dient der Entscheidungsunterstützung bei der Planung vonSystemen und Prozessen, der Kostenrechnung für zukünftige Betriebsperioden undder Kalkulation von Preisen und Tarifen.

6.2.2 Mitkalkulation

DieMitkalkulation hat die Aufgabe, die im Verlauf einerAbrechungsperiode erbrach-ten Logistikleistungen und die dadurch verursachten Kosten laufend zu erfassen undzu kontrollieren. Ergebnisse derMitkalkulation sind Informationen über die aktuelleAuslastungs- und Kostensituation.

Die Kenntnis der aktuellen Logistikkosten und der Auslastung ermöglicht denEntscheidungsträgern, rechtzeitig gegenzusteuern und Maßnahmen zur Kostensen-kung oder zur Auslastungsverbesserung einzuleiten.

Außerdem dient die Mitkalkulation der laufenden Abrechnung und Vergütungerbrachter Logistikleistungen eines Logistikdienstleisters zu den vereinbarten Leis-tungspreisen oder eines Logistikbetriebs im eigenen Unternehmen zu den festgeleg-ten Kostensätzen.

6.2.3 Nachkalkulation

Die Nachkalkulation hat die Aufgabe, aus den erfassten Einzelkosten eines ver-gangenen Abrechnungszeitraums die Betriebskosten eines Logistiksystems zu kalku-

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6.3 Zusammensetzung der Logistikkosten 141

lieren, das in diesem Zeitraum bestimmte Logistikleistungen in bekannten Men-gen erbracht hat. Ergebnisse der Nachkalkulation sind Ist-Logistikkosten und Ist-Leistungskosten, die mit den entsprechenden Plan-Werten verglichen werden kön-nen.

Aus dem Soll-Ist-Vergleich lassen sich Schlüsse für die weitere Plankostenrech-nung und für die Preiskalkulation ziehen. Die wichtigsten Ursachen für Abweichun-gen der Ist- von den Soll-Logistikkosten sind:

• Über- oder unterplanmäßige Kosten für die Einsatzfaktoren der Leistungserzeu-gung, insbesondere der Personalkosten.

• Über- oder unterplanmäßiger Einsatz von Personal, Material oder Betriebsmit-teln für die Leistungserzeugung.

• Von der Planung abweichende Leerfahrtanteile der eingesetzten Transportmitteloder Kapazitätsnutzung der Lade- und Transporteinheiten.

• Über- oder unterplanmäßige Inanspruchnahme des Leistungsvermögens des Lo-gistiksystems für die verschiedenen Leistungsarten.

Die ersten beiden Ursachen von Soll-Ist-Abweichungen sind in der Regel vom Planerund Betreiber des Logistiksystems zu vertreten.

Höhere Leerfahrtanteile und schlechtere Kapazitätsnutzung können aus einerfalschen Planung oder aus einer schlechten Disposition des Betreibers resultieren,aber auch durch veränderte Transportrelationen oder geringere Lager- und Trans-portmengen verursacht sein, die von den Nutzern zu vertreten sind. Ebenso ist dieüber- oder unterplanmäßige Inanspruchnahme des Leistungsvermögens entwederdie Folge einer schlechten Planung und Bedarfsabschätzung durch den Planer undBetreiber oder von falschen Bedarfsangaben der Nutzer.

Für geschlossene Logistiksysteme, deren Leistungen nur von einem oder von ei-ner kleinen Anzahl Unternehmen in Anspruch genommen werden, muss das Risikovon Bedarfsänderungen und der daraus resultierenden Unterauslastung bereitgehal-tener Ressourcen von denNutzern getragen werden. Für geschlossene Logistiksyste-me dient dieNachkalkulation daher der Verteilung auslastungsbedingter Überschüs-se oder Mehrkosten auf die Nutzer (s. Abschn. 7.5.9).

Für offene Logistiksysteme, deren Leistungen am Markt angeboten und die vonvielen wechselnden Kunden genutzt werden, muss der Logistikdienstleister das Risi-ko von Bedarfsänderungen undUnterauslastung selbst tragen, da er auch die Chanceerhöhter Gewinne aus einer günstigeren Bedarfsstruktur und besseren Auslastunghat. Außerdem kann der Logistikdienstleister über seine Verkaufsorganisation zu-sätzliche Kunden gewinnen und durch seine Preispolitik eine verstärkte Nutzung sti-mulieren. Für offene Logistiksysteme wird das Struktur- und Auslastungsrisiko in dieLeistungspreise einkalkuliert (s. Abschn. 7.2.3).

6.3 Zusammensetzung der Logistikkosten

Die Logistikkosten setzen sich zusammen aus spezifischen Logistikkosten und logisti-schen Zusatzkosten:

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142 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

• Die spezifischen Logistikkosten umfassen alle Kosten einer Leistungsstelle, einesLeistungsbereichs oder eines Unternehmens, die durch die operativen Logistik-leistungen Transport, Umschlag, Lagern, Kommissionieren und Bereitstellen ver-ursacht werden.

• Die logistischen Zusatzkosten umfassen die Kosten für operative Neben- und Zu-satzleistungen, wie Versandverpackung, Etikettieren, Ausladen, Konfektionierenund Leerguthandling, sowie für administrative Leistungen, die mit der Erzeu-gung der Logistikleistungen einhergehen, wie Planung, Disposition, Qualitäts-sicherung und Controlling.

Nicht zu den Logistikkosten zählen die Kosten für die Produktion von Gütern undfür die Erzeugung nichtlogistischer Leistungen. So sind die Kosten für Entwick-lung, Konstruktion, Einkauf, Marketing, Vertrieb und Verwaltung keine Logistik-kosten. Ebenso wenig zählen die Ausgaben für den Einkauf von Handelsware odervon Einsatz-, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen der Produktion zu den Logistikkos-ten. Auch die Kosten für Verkaufsverpackungen sind keine Logistikkosten sondernTeil der Herstellkosten.

Bei der Gestaltung und Optimierung der Unternehmenslogistik sowie bei derDisposition von Aufträgen und Beständen ist jedoch stets zu beachten, dass außerden Logistikkosten auch nichtlogistische Kosten, wie Rüstkosten, Fehlmengenkosten,Unterbrechungskosten und Bestellkosten, sowie Preise,Deckungsbeiträge undUmsätzevon der Logistik beeinflusst werden. Für die Unternehmenslogistik gilt daher eben-falls das Ökonomische Prinzip:

� Ziel des wirtschaftlichen Handelns ist dieMaximierung der Differenz von Erlösenund Kosten bei minimalem Kapitaleinsatz.

6.3.1 Bestandteile der Logistikkosten

Die Logistikkosten setzen sich aus folgenden Bestandteilen zusammen, die in der Re-gel von der Kostenrechnung gesondert erfasst werden [14, 53, 61, 62, 153]:

• Personalkosten: Löhne für gewerbliche und Gehälter für angestellte Mitarbeitermit logistischen Aufgaben einschließlich Nebenkosten für Steuern, Abgaben, Ur-laub, Krankheit, Abwesenheit usw.

• Raum- und Flächenkosten: Abschreibungen und Zinsen für eigene sowie Mietenund Leasingkosten für fremde Bauten, Hallen, Flächen und Außenanlagen sowiedamit verbundene Kosten für Energie, Heizung, Klima, Instandhaltungund Be-wachung.

• Strecken- und Netzkosten: Abschreibungen und Zinsen für eigene sowie Mietenund Gebühren für die Nutzung fremder Fahrwege, Transportstrecken, Fahrtras-sen, Straßen, Autobahnen, Schienennetze oder Verkehrswege.

• Betriebsmittelkosten: Abschreibungen, Zinsen, Reinigungs- und Instandsetzungs-kosten für eigene sowieMieten und Leasingkosten für fremde Betriebsmittel, wieRegale, Stapler, Transportmittel, Krananlagen, Fördertechnik, Handhabungsein-richtungen und andere Logistikgewerke einschließlich zugehöriger Steuerungs-

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6.3 Zusammensetzung der Logistikkosten 143

technik undProzessrechner sowie die vondenBetriebsmitteln verursachtenKos-ten für Energie,Wartung und Reparatur.

• Ladungsträgerkosten: Abschreibungen undZinsen für eigene sowieMiete undLea-singkosten für fremde Ladungsträger, wie Paletten, Behälter, Gestelle, Kassettenund Container.

• Sachkosten: Ausgaben für Packmaterial, Transportverpackungen, Ladungssiche-rung, Etiketten und anderes Material, das in Verbindung mit den Logistikleis-tungen verbraucht wird.

• IT-Kosten: Abschreibungen, Zinsen und Betriebskosten für eigene IT-Systeme so-wieKosten für fremde IT-Leistungen, soweit diese vonden logistischenLeistungs-stellen in Anspruch genommen werden.

• Fremdleistungskosten: Frachten undVergütungen für Logistikleistungen undMie-ten für Lagerplätze oder Abstellplätze.

• Steuern, Abgaben, Versicherungen und Gebühren, die im Zusammenhang mit derErbringung der Logistikleistungen anfallen.

• Vorlaufkosten: Abschreibungen und Zinsen für aktivierte Kosten der Planungund des Projektmanagement sowie Anlaufkosten, die bis zum Beginn der wirt-schaftlichen Nutzung einer Leistungsstelle oder eines Logistiksystems aufgelau-fen sind.

• Bestandskosten: Zinsen und Abschriften auf Material undWaren in der gesamtenLogistikkette, also in Lagern, auf Pufferplätzen und in Bewegung.

Bei der Kalkulation der Bestandskosten werden häufig nur die Zinskosten für die Ka-pitalbindung berücksichtigt und dieAbschriften fürWertverluste, Unverkäuflichkeit,Verderb und Schwund der Bestände vernachlässigt. Die Höhe der Abschriften aufdie Bestände aber kann bei modischen, verderblichen, hochwertigen oder technischrasch veraltendenProdukten dieHöhe der Zinskosten durchaus erreichen oder sogarüberschreiten.

6.3.2 Arten der Logistikkosten

Abhängig von der Funktion der Leistungsstelle, der Art der Leistung und der Ver-antwortung für die Leistungserbringung lassen sich die Logistikkosten einteilen in:

• Transport-, Lager-, Umschlags-, Kommissionier- und Bereitstellkosten• Beschaffungskosten, Distributionskosten und Entsorgungskosten• operative und administrative Logistikkosten• innerbetriebliche und außerbetriebliche Logistikkosten• direkte und indirekte Logistikkosten• eigene und fremde Logistikkosten.

Die direkten Logistikkosten sind gleich den anteiligen Betriebskosten aller operativenund administrativen Leistungsstellen, die für die Logistik tätig sind und ihre logisti-schen Leistungen gesondert erfassen. Indirekte Logistikkosten sind Kosten von admi-nistrativen Stellen, wie Personalabteilung, Planungsabteilung oder Geschäftsleitung,

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144 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

die indirekt für die Logistik tätig sind, und von operativen Stellen, die ihre Logistik-leistungen nicht gesondert erfassen.

Außer bei den Logistikdienstleistern, deren Geschäftszweck die Logistik ist, ste-hen den Logistikkosten in der Regel keine nennenswerten direkten Erlöse für Logis-tikleistungen gegenüber. Daher ist es nur bei Logistikunternehmen und für Logis-tikbetriebe, die als interne Dienstleister arbeiten, sinnvoll, die direkten Logistikkos-ten durch die Umlage von indirekten Logistikkosten, wie anteilige Gemeinkosten fürVerwaltung und Vertrieb, zu belasten. Werden die Umsätze des Unternehmens nichtmit logistischenProduktenundLeistungen erzielt, sollten zurVermeidung unnötigerKomplikationen nur die direkten Logistikkosten, die in diesem Fall selbst Gemein-kosten sind, gemäß der Inanspruchnahme auf die Artikel oder Aufträge umgelegtwerden.

Zu den fremden Logistikkosten gehören die in den Einkaufspreisen enthaltenenLogistikkosten der Lieferanten. Die Höhe dieser Lieferantenlogistikkosten ist abhän-gig von den Lieferbedingungen, wie Frei Haus und Ab Werk, der Anlieferform, derSendungsstruktur und dem gebotenen Lieferservice. Die Logistikkosten der Lieferan-ten werden von der Unternehmenslogistik und den Beschaffungsstrategien der Ab-nehmer beeinflusst [64].

6.3.3 Fixe und variable Logistikkosten

Zur Beurteilung unterschiedlicher Lösungsvarianten sowie für die Kalkulation vonLeistungskosten und Leistungspreisen werden die Logistikkosten in variable und fixeKosten aufgeteilt [14]:

Klog = Kvar + Kfix . (6.3)

Die Abgrenzung von fixen und variablen Kosten ist nicht immer so eindeutig, wie oftangenommen wird [172].

Die variablen Logistikkosten Kvar sind die Anteile der Logistikkosten, die sichmitdem Leistungsdurchsatz verändern und bei einer anhaltenden Nichtinanspruchnah-me von Leistungen vermeiden lassen. Zu den variablen Logistikkosten zählen:

• nutzungsbedingte Abschreibungen für den Verbrauch desNutzenvorrates, der mitden Anlageinvestitionen bereitgestellt wird, wie die Abnutzung von Betriebsmit-teln und Transportmitteln infolge der betriebsbedingten Inanspruchnahme

• Wartungs- und Instandhaltungskosten vonTransportmitteln, Ladungsträgern undanderen Betriebsmitteln mit nutzungsabhängigem Verschleiß

• Personalkosten für gewerbliche und angestellte Mitarbeiter, soweit deren Anzahl,Arbeitszeiten und Entlohnung dem Leistungsbedarf angepasst werden können

• Sachkosten der operativen und administrativen Leistungsstellen, soweit diese un-mittelbar von den erbrachten Logistikleistungen verursacht werden

• Betriebskosten für mobile Einrichtungen und Geräte, wenn sich die Anzahl demLeistungsbedarf anpassen lässt

• Verbrauchskosten für Kraftstoffe, Energie, Beleuchtung, Heizung und Klimatisie-rung von Flächen, Gebäuden und Betriebsmitteln

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6.3 Zusammensetzung der Logistikkosten 145

• nutzungsabhängige Strecken- und Netzkosten• leistungsabhängige Fremdleistungskosten• nutzungsabhängige Steuern, Abgaben, Versicherungen und Gebühren• Bestandskosten für den bedarfsabhängig veränderlichen Anteil der Bestände.

DieNutzungsabhängigkeit derWartungs- und Instandhaltungskosten für Transport-mittel und andere Betriebsmittel wird bei der Kalkulation der Logistikkosten häu-fig nicht richtig berücksichtigt. So ist es falsch, die leistungsabhängigen Wartungs-und Instandhaltungskosten für alle Kalkulationsperioden mit einem festen Prozent-satz vom Investitionswert anzusetzen und damit wie Fixkosten zu behandeln. DieWartungs- und Instandhaltungskosten steigen imVerlauf der Nutzung an und errei-chen am Ende der Gesamtnutzungsdauer den Nutzungswert [65].

Einige Anteile der variablen Kosten lassen sich einer veränderten Leistungsinan-spruchnahme nicht so weit anpassen, wie allgemein angenommen wird. Beispiels-weise muss bei Jahresarbeitszeitverträgen mit flexibler Einsatzzeit dem Arbeitneh-mer oft eine bestimmteMindeststundenzahl pro Jahr garantiert werden, die auch beigeringerer Inanspruchnahme am Jahresende zu vergüten ist.

Die fixen Logistikkosten Kfix sind die Anteile der Logistikkosten, die unabhängigvon der Erbringung der Logistikleistungen permanent anfallen und auch bei anhal-tender Nichtinanspruchnahme bestehen bleiben. Wesentliche Bestandteile der fixenLogistikkosten sind:

• nutzungsunabhängige Abschreibungen für den zeitlichenWertverlust von Flächen,Gebäuden,Anlagen,Verkehrswegen, Transportnetzen, Transportmitteln undBe-triebsmitteln, die zum Erhalt der Leistungsbereitschaft permanent vorgehaltenwerden

• kalkulatorische Zinsen auf das investierte Kapital• feste Mieten und Leasingkosten• feste Personalkosten für Mitarbeiter, die als Mindestbesetzung oder Bereitschafts-

dienst auch dann anwesend sein müssen, wenn keine Leistungen in Anspruchgenommen werden

• fixe Fremdleistungskosten, soweit sie unabhängig von der Leistungsnutzung an-fallen

• feste Steuern, Abgaben, Versicherungen und Gebühren• Abschreibungen von aktivierten Planungs-, Projektmanagement- und Beratungs-

aufwendungen• konstante Bestandskosten für den Anteil der Bestände, der sich bei einem Rück-

gang des Bedarfs nicht abbauen lässt.

Die fixen Logistikkosten sind nicht immer so fest und unabhängig von der Leistung,wie vielfach angenommen wird. So ist eine genaue Trennung zwischen nutzungs-unabhängigen und nutzungsbedingten Abschreibungen für Industriebauten, Trans-portnetze und Verkehrswege in vielen Fällen schwierig.

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146 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

6.4 Abschreibungen und Zinsen

Die Betriebskosten hochtechnisierter Systeme, die große Investitionen erfordern,werden maßgebend von den Abschreibungen und Zinsen bestimmt. Für die Kalku-lation von Abschreibungen und Zinsen gibt es unterschiedliche Verfahren, die vonder betriebswirtschaftlichen Zielsetzung abhängen, wie Finanzierung, Bilanzierung,Kostenrechnung, Preiskalkulation oder Investitionsrechnung [14, 65].

Für Investitionsentscheidungen, BetriebskostenrechnungenundPreiskalkulatio-nen ist das Verfahren nutzungsnaher Abschreibungenmit kalkulatorischen Zinsen ambesten geeignet. Abgesehen von seiner Einfachheit sind die Vorteile dieses Verfah-rens eine bei gleichbleibender Nutzung bis zumEnde der wirtschaftlichen Nutzungs-dauer konstante Kostenbelastung und die Möglichkeit der nutzungsnahen Fixkosten-verteilung.

Andere Kalkulationsverfahren, beispielsweise die steuerlich zulässige degressi-ve Abschreibung über kurze Zeiträume oder eine zu Anfang hohe, mit der Til-gung abnehmende Zinsbelastung, sind mit zeitabhängigen Kostenbelastungen ver-bunden, verschleiern die Zusammenhänge und führen leicht zu falschen Entschei-dungen [65].

6.4.1 Nutzungsnahe Abschreibungen

Die Abschreibungen bis zum Nutzungsende einer Investition dienen bei Fremdfi-nanzierung der Tilgung des investiertenKapitals und bei Eigenfinanzierung demAn-sparen des zur Neuinvestition benötigten Kapitals. In beiden Fällen müssen die Ab-schreibungsbeträge nutzungsnah sein, das heißt proportional zur zeitlichen oder leis-tungsabhängigen Inanspruchnahme. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den leis-tungsabhängigen Abschreibungen, die von der Abnutzung durch Gebrauch bestimmtwerden, und den zeitabhängigen Abschreibungen, für die derWertverlust infolge vonVeraltung oder Unwirtschaftlichkeit maßgebend ist.

Die Höhe der leistungsabhängigen Abschreibungen auf eine Investition, die zuNutzungsbeginn einen Beschaffungswert BW [€] und zumNutzungsende einen Rest-wert RW [€] hat, resultiert aus der Gesamtnutzbarkeit und der Nutzungsintensität:

• Ist Λ die Gesamtnutzbarkeit in Leistungseinheiten [LE] oder in Zeiteinheiten[ZE] und λ die Periodennutzung in LE/PE bzw. ZE/PE, dann ist die Perioden-abschreibung für die Abnutzung der Anlage oder des Betriebsmittels

KAfA = (BW − RW) ⋅ λ/Λ [€/PE] . (6.4)Die minimale Gesamtnutzbarkeit in Zeiteinheiten, zum Beispiel in Betriebsstunden,ist die technische Mindestnutzungsdauer TNmin [PE]. Die minimale Gesamtnutzbar-keit in Leistungseinheiten, beispielsweise in Fahrkilometern eines Transportmittelsoder in Lagerspielen eines Regalbediengeräts, ist die technische MindestlaufleistungΛmin.

Die technische Mindestnutzungsdauer oder Mindestlaufleistung von Anlagenund Betriebsmitteln muss der Hersteller angeben. Unter der Voraussetzung einer

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6.4 Abschreibungen und Zinsen 147

ordnungsgemäßen Wartung und Instandhaltung wird die technische Mindestnut-zungsdauer oder Mindestlaufleistung von qualifizierten Lieferanten auch garantiert.Erfahrungswerte der technischen Mindestnutzungsdauer für ausgewählte innerbe-triebliche Logistikgewerke und die für unterschiedliche Betriebszeiten resultieren-den Abschreibungszeiten sind in Tab. 6.1 zusammengestellt.

Die Nutzungsabschreibung ist die Abschreibung pro Leistungseinheit und gege-ben durch

kAfA = (BW − RW)/Λ [€/LE] . (6.5)

So resultiert für einen Lastzug mit Sattelauflieger, dessen Beschaffungspreis BW =100.000 € beträgt und der die Mindestlaufleistung Λmin = 1.200.000Fahrkilometerhat, eine Nutzungsabschreibung von 8,00 € pro 100 km oder 0,08 €/km, wenn derRestwert am Ende der Nutzung 0 ist. Die nutzungsnahe Abschreibung ist also un-abhängig davon, zu welcher Zeit die Fahrt stattfindet, ob am Anfang, in der Mitteoder am Ende der Gesamtnutzungszeit, und auch unabhängig davon, wie hoch dieFahrleistung pro Periode ist.

Bei ungleichmäßigem Leistungsanfall ist die Anzahl genutzter Betriebsstundenoder Leistungseinheiten in den einzelnen Perioden unterschiedlich. Die Abschrei-bung ist dann periodenabhängig und gemäß Beziehung (6.4) mit der aktuellen Pe-riodennutzung λ zu kalkulieren. So ist ein Lastzug mit der Mindestlaufleistungvon 1.200.000 Fahrkilometern, der im ersten Jahr 150.000 km, im nächsten Jahr100.000 km und im dritten Jahr 200.000 km gefahren wird, im ersten Jahr mit 12,5%,im zweiten Jahr mit 8,33% und im dritten Jahr mit 16,7% abzuschreiben.

DieAbhängigkeit derAbschreibung vonder Periodennutzungwird vielfach nichtberücksichtigt. Stattdessen wird nutzungsunabhängig mit einer linearen Abschrei-bung über eine feste Zeit kalkuliert. Bei geringer Nutzung ergeben sich mit einerlinearen Abschreibung zu hohe und bei hoher Nutzung zu geringe Leistungskosten.Das kann bei geringer Inanspruchnahme zur Folge haben, dass die wenigen Kundendie Nutzung weiter einschränken, weil die Leistungspreise zu hoch kalkuliert sind.Bei hoher Nutzung steigt der Verschleiß an, ohne dass diemit einer gleichbleibendenAbschreibung kalkulierten Erlöse die erhöhte Abnutzung decken.

Nur bei gleichmäßiger Inanspruchnahmewährend der gesamten technischenNut-zungsdauer TN [PE], die in Periodenlängen, zum Beispiel in Jahren gemessen wird,wie sie für Gebäude und unbewegliche Einrichtungen angesetzt werden kann, ist essinnvoll, mit einer konstanten linearen Abschreibung zu kalkulieren. Dann ist:

KAfA = (BW − RW)/TN [€/PE] . (6.6)

Die gleiche Beziehung ergibt sich auch für eine nutzungsabhängige Abnutzung ausBeziehung (6.4) mit der technischen Nutzungszeit TN [PE] bei einer mittleren Peri-odennutzung λ [ZE/PE oder LE/PE] und einer Gesamtnutzbarkeit Λ [ZE oder LE],denn dann ist TN = Λ/λ [PE].

Ein typisches Beispiel für die Nutzungsabhängigkeit der Abschreibungsdauer isteine Paketsortieranlage mit einem Investitionswert von 8,5 Mio. € und einer garan-tierten technischen Mindestlaufzeit von 40.000 Betriebsstunden. Im Zweischicht-betrieb mit 2 ⋅ 7 Stunden an 250 Tagen im Jahr ist die Abschreibungszeit NT =

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148 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

Tab. 6.1 Richtwerte der Mindestnutzbarkeit innerbetrieblicher Logistikgewerke und re-sultierende Abschreibungszeiten bei Ein- und Mehrschichtbetrieb

Nutzung: 250 Betriebstage pro Jahr, 8 Betriebsstunden pro Schicht

40.000/(2 ⋅7 ⋅250) = 11,4 Jahre. Die jährliche Abschreibung ist dann 0,75 Mio. €. Beieiner Nutzung imDreischichtbetrieb mit 3 ⋅7 Stunden an 300Tagen im Jahr sinkt dieAbschreibungszeit auf 6,4 Jahre. Die jährliche Abschreibung steigt auf 1,33 Mio. €.

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6.4 Abschreibungen und Zinsen 149

Auch wenn Gebäude, Anlagen und Betriebsmittel aus steuerlichen Gründen, zurFinanzierung oder wegen einer Investitionsförderung progressiv, degressiv oder ineinem kürzeren Zeitraum als die nutzungsabhängige Abschreibungszeit abgeschrie-ben werden dürfen, sollte bei Investitionsrechnungen und in der Leistungskostenrech-nung mit der nutzungsnahen Abschreibung über die technische Mindestnutzungszeitkalkuliert werden.

So ist es steuerlich zulässig, ein Hochregallager in Silobauweise als Betriebsein-heit wie eineMaschine in 10 Jahren abzuschreiben. Die Statistiken imBetrieb befind-licher Hochregallager zeigen jedoch, dass die Nutzungsdauer von Hochregallagernbei ordnungsgemäßer Wartung und Instandhaltung 20 Jahre und länger beträgt. Eswäre daher falsch, sich anstelle einesHochregallagers allein deshalb für ein Staplerla-germit einer Halle zu entscheiden, weil die steuerlich zulässige Abschreibungsdauerfür die Halle 25 Jahre beträgt. Betriebswirtschaftlich maßgebend für den Systemver-gleich zwischen einem automatischen Hochregallager und einem konventionellenStaplerlager in einer Halle sind die Betriebskosten, die sich aus den unterschiedli-chen Nutzungsdauern und Kosten der Teilgewerke errechnen (s. Tab. 16.6).

Ist ein Gewerk infolge des technischen Fortschritts oder aufgrund des Fortfallsder Nutzbarkeit vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer nicht mehr wirtschaft-lich einsetzbar, ist die Abschreibungszeit durch die wirtschaftliche NutzungsdauerNW begrenzt, die in diesem Fall kürzer ist als die technische Nutzungsdauer [14].

6.4.2 Kalkulatorische Zinsen

Bei einem größeren Bestand von Gebäuden, Maschinen, Anlagen, Betriebsmittelnoder Fahrzeugen, die zu verschiedenen Zeiten mit den Beschaffungswerten BWk [€],k = 1, 2, . . .,NI, angeschafft wurden und am Ende der jeweiligen Nutzungszeit dieRestwerte RWk haben, ist der Zeitwert des gesamten Anlagebestandes gleich derSumme der mittleren Zeitwerte der Teilanlagen:

ZW = ∑k(BWk + RWk)/2 . (6.7)

Aus dem Gesamtzeitwert und dem Zinssatz ergibt sich die Zinsbelastung. Für diebetriebswirtschaftliche Kostenrechnung ist es daher zulässig, die Zinsen für die ein-zelnen Teilanlagen während der gesamten Nutzungszeit mit dem mittleren Zeitwertzu kalkulieren. Die kalkulatorischen Zinsen für eine Investition mit einem Beschaf-fungswert BW [€] und einem Restwert RW [€] bei einem Zinssatz z [%/PE] sind nachdiesem Verfahren der Durchschnittswertverzinsung [14]:

Kzins = z ⋅ (BW + RW)/2 [€/PE] . (6.8)

Hieraus folgen die Kalkulationsgrundsätze:

� Für alle Anlagen, deren Zeitwert während der Nutzungszeit bis zu einem RestwertO abnimmt, sind die Zinskosten auf den halben Beschaffungswert zu kalkulieren.

� Für Grundstücke und Anlagegüter, deren Restwert gleich dem Beschaffungswertist, sind die Zinskosten auf den vollen Beschaffungswert zu kalkulieren.

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150 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

Werden die Zinsen der Teilanlagen, wie in der Gewinn- und Verlustrechnung, aufden im Verlauf der Nutzungszeit abnehmenden Zeitwert kalkuliert, ergeben sich zuBeginn der Nutzung höhere Leistungskosten als zum Ende der Nutzungszeit. Damitresultieren für Neuanlagen Kosten und Preise, die deutlich höher sind als für Altan-lagen gleicher Art und Leistung.

Dadurch würden die Nutzer in der Anfangsphase bestraft und in der Endpha-se begünstigt. Kunden mit Ausweichmöglichkeit, die in der Endphase der Nutzungdurch günstige Preise angezogen wurden, wandern nach einer Neuanschaffung in-folge der sprunghaft erhöhten Preise ab. Das ist in manchen Fällen der Grund dafür,dass eine betriebswirtschaftlich eigentlich notwendige und sinnvolle Neuanschaf-fung immer wieder hinausgezögert wird.

6.5 Leistungseinheiten und Leistungsdurchsatz

Die Logistikkosten hängen vonArt undMenge der erbrachten Leistungen ab. Die Artder Leistungen wird durch Leistungsmerkmale [LM] gekennzeichnet. Die Menge dererbrachten Leistung pro Periode, also der Leistungsdurchsatz λ [LE/PE] – auch ein-fach Leistung genannt –, wird in Leistungseinheiten [LE] pro Periode [PE] gemessen.

6.5.1 Leistungsmerkmale und Leistungseinheiten

Die Leistungsmerkmale LM spezifizieren den Leistungsumfang, das Leistungsergeb-nis und die Umstände, unter denen die Leistung zu erbringen ist.Merkmale von Lo-gistikleistungen sind:

• Beschaffenheit der Logistikeinheiten, wie Maße, Volumen und Gewicht• geforderte Lieferzeiten und Zustelltermine• Lieferfähigkeit, Termintreue und Sendungsqualität• Neben- und Zusatzleistungen, die nicht gesondert abgerechnet werden,• Versandvorschriften, Lagervorschriften und Sicherheitsanforderungen.

Leistungseinheiten [LE] zur Messung von Logistikleistungen sind:

• Mengeneinheiten [ME]: Gewichte [kg; t], Volumen [l; m3], Stück [ST], Gebinde[Geb] oder Ladeeinheiten [LE]

• Vorgangseinheiten [VE]: Aufträge [Auf], Positionen [Pos], Sendungen [Sdg], Be-arbeitungseinheiten [BE] oder definierte Leistungsumfänge [LU].

Leistungseinheiten der spezifischen Logistikleistungen Transport zur Raumüber-brückung und Lagern zur Zeitüberbrückung sind:

• Transport-Leistungseinheiten: Ladeeinheiten-Entfernung [LE-km], Transportein-heiten-Kilometer [TE-km]; Laderaum-Kilometer [m3-km] oder Tonnen-Kilome-ter [t-km]

• Lager-Leistungseinheiten: Lagergut-Aufbewahrungszeit [Lagergut-Tage], Lager-raum-Tage [m3-Tage] und Ladeeinheiten-Tage [LE-Tag], wie Paletten-Tage oderPKW-Abstelltage.

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6.5 Leistungseinheiten und Leistungsdurchsatz 151

6.5.2 Leistungsarten

Für dieKalkulation der Leistungskosten ist zu unterscheiden zwischen einfachenundzusammengesetzten Leistungen:

• Einfache Leistungen bestehen nur aus einer Leistungsart und werden durch nureine Leistungseinheit gemessen.

• Zusammengesetzte Leistungen oder Leistungspakete L(n1, n2 , . . ., nN) setzen sichaus mehreren Teilleistungen TLr , r = 1, 2, . . .,N , zusammen, die pro Leistungs-paket mit den Anzahlen nr vorkommen, durch Merkmale LMr gekennzeichnetsind und in unterschiedlichen Leistungseinheiten LEr gemessen werden.

Einfache Leistungen der Logistik sind beispielsweise das Ein- und Auslagern einerLagereinheit, dasLagern einer Lagereinheit für eine definierte Zeit oder derTransporteiner Transporteinheit über eine bestimmte Entfernung. Die Leistungseinheit ist imersten Fall die Lagereinheit LE, im zweiten Falle der LE-Tag und im letzten Fall derTE-km.

Zusammengesetzte Leistungen, die vonmanchenDienstleistern auch alsProduk-te bezeichnet werden, sind z. B. das Be- und Entladen einer Sendung mit MLE Lade-einheiten in MTE(MLE) Transporteinheiten, in denen die Sendung von A nach Bgefahren wird, oder der kombinierte Transport von MWB Wechselbrücken im Vor-und Nachlauf auf der Straße mit MLKW(MWB) Lastzügen und im Hauptlauf mit derBahn auf MWAG(MWB)Waggons.

Im allgemeinsten Fall enthalten dieTeilleistungen einer zusammengesetzten Leis-tung in sich verschachtelt weitere Teil- oder Unterleistungen. Eine zusammengesetz-te und verschachtelte Leistung der innerbetrieblichen Logistik ist beispielsweise dasKommissionieren von stündlich λAuf [Auf/h]Aufträgenmit durchschnittlich nPos Po-sitionen [Pos] pro Auftrag und im Mittel mEE unterschiedlichen Entnahmeeinheiten[EE] pro Position. Eine zusammengesetzte und verschachtelte Leistung der außerbe-trieblichen Logistik ist die Spedition einer Sendung mit einer bestimmten Packstück-anzahl auf Paletten über einen oder zwei Umschlagpunkte zu einem vorgegebenenZiel.

Der Auftraggeber interessiert sich in der Regel wenig für die Einzelleistungen, diemit derAuftragsdurchführung verbunden sind. Er erwartet einLeistungsergebnis, dasihmNutzen bringt. Daher ist es notwendig, zu unterscheiden zwischenEndleistungenoder Leistungsergebnissen, die derAuftraggeber sieht und bestellt hat, undVorleistun-gen, Teilleistungen und Einzelleistungen, die zur Erzeugung eines Leistungsergebnis-ses vom Auftragnehmer erbracht werden.

In der Logistik ist das Leistungsergebnis ein immaterielles Produkt, wie eine zu-gestellte Sendung oder ein versandfertig kommissionierter Auftrag. Die Vorleistun-gen sind in der Regel ebenfalls Leistungen, können aber auchmaterielle Objekte um-fassen, wie Transportverpackungen oder Ladungssicherungen, die zur Leistungser-stellung benötigt werden.

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152 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

6.5.3 Leistungsdurchsatz und Grenzleistungen

Der Durchsatz λ einer Leistung Λ(n1, n2 , . . ., nm), die sich aus nr Teilleistungen TLrzusammensetzt, bewirkt einen Durchsatz von Teilleistungen

λr = nr ⋅ λ , r = 1, 2 . . . ,m [TL/PE] . (6.9)

Enthält eine der Teilleistungen TLr ihrerseits eine Unterleistung UL mit nur Leis-tungseinheiten, dann ist der induzierte Leistungsdurchsatz der enthaltenen Leistunggegeben durch

λur = nur ⋅ nr ⋅ λ [UL/PE] . (6.10)

Die in Abb. 6.1 dargestellte Auflösung einer kombinierten und verschachtelten Leis-tung in Teilleistungen und enthaltene Unterleistungen entspricht der Stücklistenauf-lösung der Fertigungsplanung. Anzahlen und Mengen der Vorleistungen, Teilleis-tungen und Einzelleistungen, die mit einem Leistungsauftrag verbunden sind, hän-gen ab von der Beschaffenheit und Zusammensetzung der Endleistung, von der Auf-tragsdisposition sowie vom Fassungsvermögen und Füllungsgrad der verwendetenLadungsträger und Transportmittel.

Verändern sich beim Durchlauf durch die Logistikkette die Lade- und Transpor-teinheiten, ist es notwendig, die Kosten auf die elementaren Logistikeinheiten zu be-ziehen, die die Logistikkette von Anfang bis Ende unverändert durchlaufen. Hierzumüssen die Leistungskosten für Teilabschnitte der Logistikkette, die von zusammen-gesetzten Ladeeinheiten durchlaufen werden, auf die in ihnen enthaltenen elementa-ren Einheiten umgerechnet werden (s. Abschn. 12.2).

Wenn eine Leistungsstelle oder ein Logistiksystem mehrere Leistungsarten LAierbringen kann, die jeweils durch bestimmte Leistungsmerkmale LMi gekennzeich-net sind, ist der Leistungsdurchsatz gegeben durch einen Leistungsvektor:

λ = (λ1, λ2 , . . . , λN) . (6.11)

Die Komponenten des Leistungsvektors sind die partiellen Leistungen λi [LEi/PE],i = 1, 2, . . ., N, die unter Umständen in unterschiedlichen Leistungseinheiten LEigemessen werden.

Die maximal möglichen Leistungsdurchsätze der Leistungsarten, für die eineLeistungsstelle ausgelegt ist, sind die partiellen Grenzleistungen μi [LEi/PE]. DieGrenzleistungen einer Leistungsstelle lassen sich zu einem Grenzleistungsvektor zu-sammenfassen:

μ = (μ1 , μ2 , . . . , μN) . (6.12)

DieAuslastung einer Leistungsstellemit demLeistungsvektor (6.11) und demGrenz-leistungsvektor (6.12) ist gegeben durch den Auslastungsvektor:

ρ = (ρ1, ρ2, . . . , ρN) (6.13)

mit den partiellen Auslastungen

ρi = λi/μi [%] . (6.14)

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6.6 Kostenstellen und Kostentreiber 153

Eine Leistungsstelle, die unterschiedliche Leistungen erbringen kann, wird in der Re-gel in den partiellen Leistungen verschieden stark genutzt. Sie kann in einigen Leis-tungsarten hoch und in anderen gering ausgelastet sein.

Bei der Kalkulation nutzungsgemäßer Kostensätze und Preise ist zu unterschei-den, ob eine Leistungsstelle oder ein Logistiksystem die partiellen Leistungen unab-hängig voneinander oder nur konkurrierend erbringen kann. Konkurrierende Leis-tungsarten, beispielsweise das Einlagern und das Auslagern, können nur soweit er-bracht werden, wie die von ihnen in Anspruch genommenen Ressourcen, z. B. dieLagergeräte, nicht für die jeweils andere Leistungsart genutzt werden.

6.6 Kostenstellen und Kostentreiber

Jede Leistungsstelle erzeugt Kosten und kann als gesonderte Kostenstelle betrachtetwerden. Die Kosten einer Leistungsstelle werden von der installierten Kapazität undGrenzleistung sowie von der Menge und Art der erzeugten Leistungen bewirkt. Da-her ist grundsätzlich jede Leistungseinheit, von der die Betriebskosten einer Leis-tungsstelle abhängen, ein Kostentreiber.

Die Anzahl der einzelnen Leistungsstellen und der von diesen erbrachten Leis-tungsarten ist in einigen Fällen jedoch so groß, dass die Leistungserfassung und Kos-tenrechnung sehr umfangreich und aufwendig werden. Wie in Abb. 6.1 dargestellt,lässt sich das Problem durchOrdnen und Bündeln der Leistungsstellen zu Leistungs-bereichen und durch Zusammenfassen von Teilleistungen zu Leistungspaketen undStandardleistungen vereinfachen. Je nachBedarf ist auf dieseWeise eine beliebig diffe-renzierte Leistungsabrechnung oder eine relativ pauschale Leistungsabrechnung mög-lich.

Konkrete Beispiele für die Anwendung des hier beschriebenen allgemeinen Vor-gehens zurKalkulation vonLager-, Kommissionier-, Transport- und Frachtleistungs-kosten finden sich jeweils am Ende der Kap. 16, 17, 18 und 20.

6.6.1 Differenzierte Leistungskostenabrechnung

Alle Leistungsstellen, die an der Erzeugung gleicher Leistungsumfänge beteiligt sindund deren Leistungskosten von den gleichen Leistungseinheiten abhängen, werdenzu Leistungsbereichen zusammengefasst. Jeder Leistungsbereich ist eine Kostenstelle.Alle Leistungseinheiten, die Einfluss auf die variablen Kosten haben, werden unab-hängig davon, wie groß die von ihnen bewirkten Kosten sind, gesondert erfasst undabgerechnet.

So können für einfache Palettenlager der Wareneingang und der Warenausgangmit der Ein- und Auslagerfördertechnik und dem Lagerbereich zu einer KostenstelleLager zusammengefasst werden, wenn im Wareneingang keine wesentlichen Um-packvorgänge und im Warenausgang keine Kommissionierung stattfinden. Kosten-und Preiseinheiten sind in diesem Fall durchgängig für das Ein- und Auslagern vonPaletten €/Pal und für das Lagern €/Pal-Tag. Wenn sich an das Lagern eine Kommis-sionierung anschließt, werden hierfür zusätzlich für die Leistungseinheiten Auftrag,

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154 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

Abb. 6.1 Auflösen von Standardleistungen in Teilleistungenund Zuweisung zu Leistungs-bereichen und Leistungsstellen

LSi = LeistungsstelleTL = Teilleistungλk = Durchsatz in LE/PE = kostentreibende Leistungseinheiten [LE]

pro Periode [PE]LBn = Leistungsbereich = KostenstelleSLk = Standardleistung = Leistungsumfang

Position und Entnahmeeinheit die differenzierten Kosten- und Preiseinheiten €/Auf,€/Pos und €/EE abgerechnet. Eine derart differenzierte Leistungskostenabrechnungist für größere Logistikbetriebe mit vertretbarem Aufwand nur auf einem Rechnerdurchführbar. Die durchgesetzten Leistungseinheiten werden von einem unterlager-ten Lagerverwaltungssystem (LVS) oder einem Transportleitrechner (TLR) laufend er-fasst und einem überlagerten Verwaltungsrechner gemeldet. Am Ende einer Abrech-nungsperiode kalkuliert der Verwaltungsrechner aus den Leistungsmengen durch

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6.6 Kostenstellen und Kostentreiber 155

Multiplikation mit den Leistungskosten die Logistikkosten oder mit den Leistungs-preisen die Leistungsvergütung für die abgeschlossene Periode (s. Abschn. 7.4).

DerVorteil der differenzierten Leistungsabrechung besteht darin, dass die Nutzerdes Logistiksystems direkt mit allen von ihnen verursachten und veranlassten Kos-ten belastet werden. Kostenwirksame Veränderungen der Leistungsstruktur werdenmit der Leistungs- und Kostenabrechnung umgehend an die Nutzer weitergegeben.Auf dieseWeise werden die Nutzer selbstregelnd dazu angeregt, allzu kostentreibendeLeistungen weniger in Anspruch zu nehmen. Die Betreiber müssen sich einer ver-änderten Leistungsinanspruchnahme kurzfristig anpassen, entweder durch Abbauoder durch Aufbau entsprechender Kapazitäten in den betroffenen Leistungsstellen.

Streitigkeiten, Diskussionen undNachforderungen infolge von Strukturverände-rungen entfallen bei der differenzierten Leistungsabrechnung. Sie ist daher vor allemfür die Leistungsvergütung von Systemdienstleistern geeignet, die ein kundenspezifi-sches Logistiksystem betreiben, das nicht zugleich auch von anderen Unternehmengenutzt wird.

6.6.2 Pauschalierte Leistungskostenabrechnung

Bei der pauschalierten Leistungskostenabrechnung werden möglichst viele Leis-tungsstellen zu möglichst wenigen Leistungsbereichen und Kostenstellen zusam-mengefasst. Zur weiteren Vereinfachung werden nur die Kosten derHauptleistungenerfasst, kalkuliert und abgerechnet, von denen die variablen Kosten maßgebend ab-hängig sind. Kostentreiber sind dann nur noch die Leistungseinheiten LEi dermaß-gebenden Leistungsarten.

Die Kosten für nicht gesondert kalkulierte Nebenleistungen, wie das Etikettierenoder das Be- und Entladen, werden anteilig den Kosten der maßgebenden Haupt-leistungen zugerechnet, mit denen sie verbunden sind, wie dem Lagern, dem Kom-missionieren, dem Umschlag oder dem Transport. Da die Kalkulationsgenauigkeitinfolge des Fixkostendilemmas ohnehin begrenzt ist, können auf diese Weise in derKostenrechnung in der Regel alle Leistungen unterdrückt werden, deren Kosten ge-ringer sind als 10% der Kosten für die Hauptleistungen.

Das Einkalkulieren der Nebenleistungen und die Berücksichtigung allein derHauptleistungen als Kostentreiber sind für die Kostenrechnung und Preiskalkula-tion solange ausreichend genau, wie sich die Leistungsstruktur nicht wesentlich än-dert, wenn also die Relation der nicht gesondert kalkulierten Nebenleistungen zuden verursachenden Hauptleistungen konstant bleibt. Bei einer pauschalierten Leis-tungskostenabrechnung ist es daher ratsam, nicht nur den Leistungsdurchsatz lau-fend zu erfassen sondern auch die Leistungsstruktur zu kontrollieren. Bei gravie-renden Strukturveränderungen kann eine Korrektur der Leistungskosten und Leis-tungspreise notwendig sein.

Die weniger aufwendige pauschalierte Leistungskostenabrechnung ist geeignetfür die innerbetrieblicheVerrechnung vonLeistungen eines Logistikbetriebes, der alsinterner Dienstleister für einen oder mehrere Bereiche des gleichen Unternehmensarbeitet. Wird die pauschalierte Leistungskostenabrechnung zur Vergütung eines ex-ternen Logistikdienstleisters eingesetzt, müssen, um Streitigkeiten auszuschließen,

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156 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

zusätzlich zu den Leistungspreisen auch die Leistungsstruktur und deren maximalzulässige Veränderung vereinbart werden.

6.7 Durchsatzabhängigkeit der Logistikkosten

Die variablen Betriebskosten lassen sich in eine Summe von partiellen variablen Kos-ten Ki var = Ki var(λi) aufteilen, die vom Leistungsdurchsatz der verschiedenen Leis-tungsarten abhängen:

Kvar = ∑iKi var(λi) [€/PE] . (6.15)

Wenn die Abhängigkeit der variablen Kosten Kvar(λi) vom partiellen Leistungs-durchsatz stetig differenzierbar ist, existieren die partiellen Grenzkosten:

ki grenz = ∂Kvar/∂λi [€/LEi] . (6.16)

Die partiellen Grenzkosten hängen von den Leistungsmerkmalen LMi und den ge-forderten Grenzleistungen μi der jeweiligen Leistungsart ab. Im Bereich der stetigenDifferenzierbarkeit sind die variablen Kosten proportional zum Leistungsdurchsatzλi mit den partiellen Grenzkosten (6.16) als Proportionalitätsfaktor:

Ki var = ki grenz ⋅ λi [€/PE] . (6.17)

Die Fixkosten sind unabhängig vom Leistungsdurchsatz. Ihre Höhe wird von den festinstallierten Ressourcen und deren Grenzleistungen μi für die verschiedenen Leis-tungsarten des Logistiksystems bestimmt:

Kfix = Kfix(μi) [€/PE] . (6.18)

Um die Fixkosten den Leistungsarten zurechnen zu können, müssen sie gemäß derInanspruchnahme der Ressourcen aufgeteilt werden in eine Summe partieller Fix-kosten Ki fix

Kfix =∑iKi fix [€/PE] . (6.19)

Eine nutzungsgemäße Aufteilung der Fixkosten ist nach folgenden Zuweisungsregelnmöglich:

� DieFlächenkostenwerden imVerhältnis der Flächeninanspruchnahme, dieRaum-kosten im Verhältnis des Raumbedarfs für die verschiedenen Leistungsarten denpartiellen Fixkosten zugeteilt.

� Die Fixkosten für Fahrzeuge, Anlagen und Betriebsmittel, die festen Personal-kosten sowie die Strecken- und Netzkosten werden im Verhältnis der zeitlichenInanspruchnahme den partiellen Fixkosten zugerechnet.

Aus den Beziehungen (6.3) und (6.17) bis (6.19) folgt die Durchsatzabhängigkeit derpartiellen Betriebskosten:

Ki(λi) = Ki fix + ki grenz ⋅ λi [€/PE] . (6.20)

Hieraus ergibt sich für die Durchsatzabhängigkeit der Leistungskosten:

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6.8 Fixkostendilemma und Auslastungsrisiko 157

ki = ki grenz + Ki fix/λ [€/LE] . (6.21)

Aus den Beziehungen (6.20) und (6.21) ist ablesbar:

� Die Betriebskosten steigen proportional und die Leistungskosten sinken umge-kehrt proportional mit dem Leistungsdurchsatz.

Dieser Zusammenhang gilt genaugenommen nur bei stetig differenzierbarer Abhän-gigkeit der Betriebskosten vom Durchsatz. Wie in Abb. 12.10 dargestellt, ist die Ab-hängigkeit des Ladeeinheiten- und Transportmittelbedarfs und damit auch der Be-triebskosten eine Sprungfunktion vomDurchsatz. Über einen längeren Betriebszeit-raum ist es jedoch zulässig, mit der mittleren Abhängigkeit zu kalkulieren und dieSprungfunktion durch die stetige Ausgleichsfunktion (12.42) aus Kap. 12 zu ersetzen.

Der Zusammenhang zwischenLeistungskosten undLeistungsdurchsatz lässt sichmit Hilfe der Definition (6.14) der partiellen Auslastung ρi umrechnen in die Aus-lastungsabhängigkeit der Leistungskosten

ki = ki grenz + ki fix/ρi [€/LE] . (6.22)

Hierin sind

ki fix = Ki fix/μi [€/LE] (6.23)

die Fixkosten pro Leistungseinheit bei maximalem Leistungsdurchsatz λi = μi , d. h.bei maximaler Auslastung ρi = 100%. Als Beispiel zeigt Abb. 16.29 für unterschied-liche Lagersysteme die Auslastungsabhängigkeit der Umschlagkosten.

Nach Beziehung (6.20) steigen die Betriebskosten um die Grenzkosten, wenn ei-ne zusätzliche Leistungseinheit erbracht wird. Hieraus folgt der Grenzkostensatz:

� Nurwenn der erzielte Leistungspreis höher als dieGrenzkosten ist, bringt einAuf-trag einen positiven Deckungsbeitrag zur Abgeltung der Fixkosten.

Um die Existenz des Unternehmens langfristig zu sichern, müssen außer den varia-blen Kosten auch die Fixkosten, die Gemeinkosten und ein angemessener Gewinnerlöst werden. Daher ist bei der Absatzplanung und Preiskalkulation sowie bei Auf-tragsverhandlungen mit Dienstleistern zu beachten, dass ein Dienstleister auf dieDauer nur existieren kann, wenn die erzielten Leistungspreise über den vollen Leis-tungskosten liegen und die Gesamterlöse einen angemessenen Gewinn bringen (s.Abschn. 7.3).

WegenderAuslastungsabhängigkeit der Leistungskosten sowie infolge desAnge-bots preisgünstiger Rückfrachten und Beiladungen lässt sich dieser Grundsatz in derGeschäftspraxis nicht immer einhalten. So resultieren Tagespreise für Rückfrachtenund Beiladungen aus Angebot und Nachfrage und nicht aus der Kostenrechnung,solange freier Frachtraum angeboten wird.

6.8 Fixkostendilemma und Auslastungsrisiko

Die Auslastungsabhängigkeit der Leistungskosten führt zum Fixkostendilemma derLogistik:

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158 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

� Ein Logistiksystem, das für eine bestimmte Leistung ausgelegt ist, verursacht un-abhängig von der Nutzung Fixkosten, Leerstandskosten und Vorhaltekosten.

Das Fixkostendilemma resultiert aus derNotwendigkeit, für die Leistungsbereitschafteine ausreichend dimensionierte Infrastruktur, wie ein Transportnetz, Transportmit-tel, Gebäude, Anlagen, Regale, Betriebsmittel, und eine Mindestpersonalbesetzungvorzuhalten. Je höher der Fixkostenanteil ist, umso größer wird das Fixkostendilem-ma. Konsequenzen des Fixkostendilemmas sind:

� Die Leistungskosten von Logistiksystemen sinken mit ansteigender Leistungsnut-zung, zunehmender Auslastung der Lade- und Transporteinheiten und abneh-mendem Leerfahrtanteil bis zu den Leistungskosten bei Vollauslastung der instal-lierten Leistung.

� Leistungskosten und Leistungspreise gelten nur für eine bestimmte Leistungsnut-zung, eine definierte Auslastung des Fassungsvermögens von Lade- und Trans-porteinheiten und für den kalkulatorisch angenommenen Leerfahrtanteil.

� Die Kalkulationsgenauigkeit der Leistungskosten und Leistungspreise nimmt mitzunehmender Schwankungsbreite der Leistungsnutzung ab.

Wegen des Fixkostendilemmas tendierenManagement und Eigentümer eines Unter-nehmens dazu, ein neues Logistiksystem zu minimalen Investitionen auszuführenund möglichst knapp zu dimensionieren. Planer und Generalunternehmer neigendagegen zu höheren Investitionen, wenn sich dadurch die Betriebskosten senken las-sen, sowie zur Überdimensionierung, um nicht bei unerwartet ansteigendem Bedarfdem Vorwurf der falschen Dimensionierung ausgesetzt zu sein.

Einen Ausweg aus diesem Zielkonflikt weisen folgende Planungs- und Dimensio-nierungsgrundsätze:

1. Zunächst ist eine Ausgangslösung zu planen, die bei möglichst niedrigen Inves-titionen mit geringem Fixkostenanteil alle Leistungsanforderungen und Rah-menbedingungen erfüllt.

2. Danach sind weitere Lösungen zu entwickeln, die durch eine höhere Investitioneine Senkung der Betriebskosten ermöglichen, aber einen höheren Fixkosten-anteil haben.

3. Eine Lösung mit höherem Fixkostenanteil ist nur dann interessant, wenn dieKapitalrückflussdauer (5.4) im Vergleich zur Ausgangslösung kürzer ist als derZeitraum, für den die geplante Auslastung gesichert ist.

4. Ein neues Logistikzentrum ist für den Endbedarf eines Planungszeitraums vonmindestens 5 Jahren so auszulegen, dass es nach einer ersten Baustufe, die denLeistungsbedarf für einen Zeitraum von 2 bis 3 Jahren abdeckt, bei laufendemBetrieb stufenweise, flexibel und modular ausgebaut werden kann, bis die End-ausbaustufe erreicht ist.

5. Die Durchsatzgrenzleistungen und die Betriebsmittelausstattung des Logistik-systems sind so zu bemessen, dass der mittlere Jahresdurchsatz innerhalb derNormalbetriebszeit möglich ist. Die Normalbetriebszeit ist wiederum so fest-zulegen, dass pro Arbeitstag oder Woche genügend Zeit verbleibt, um durch

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6.8 Fixkostendilemma und Auslastungsrisiko 159

flexible Ausdehnung der Betriebszeit auch die Durchsatzanforderungen in denSpitzenzeiten des Jahres zu erfüllen.

6. Die Lagerplatzkapazität ist auf den Jahresspitzenbedarf auszulegen, wenn esnicht möglich ist, Überbestände in Spitzenzeiten anderweitig zu lagern.

7. Transportmittel undmobile Einrichtungenwerden nur in einer Anzahl beschafft,die für den Durchsatz des nächsten Betriebsjahres ausreichend ist.

Die Durchsatzabhängigkeit der Leistungskosten und das Fixkostendilemma werdenbei der Prozessoptimierung nicht immer ausreichend berücksichtigt. So führt invielen Fällen eine Senkung des Leistungsdurchsatzes, etwa durch ein Bündeln vonTransporten oder durch ein Vermeiden der Leistungsinanspruchnahme, beispiels-weise durch Abbau der Lagerbestände, wegen der Fixkostenremanenz nicht zu ergeb-niswirksamen Einsparungen, solange nicht eine andere kostendeckende Verwendungder ungenutzten Ressourcen möglich ist.

Ein Beispiel für das Fixkostendilemma ist der Anstieg der Leistungskosten für dieEntsorgung von Hausmüll: Wegen der rückläufigen Mengen aufgrund erfolgreicherMüllvermeidung wird der Preis pro Mülltonne angehoben, um die fixen Deponie-kosten weiterhin abzudecken. Eine derartige Reaktion auf eine rückläufige Auslas-tung ist jedoch grundsätzlich falsch und kann, wenn kein staatlicher Nutzungszwangausgeübt wird, zum Zusammenbruch des gesamten Geschäfts führen, wenn mit an-steigenden Leistungspreisen immer mehr Kunden die Nutzung einschränken oderAusweichmöglichkeiten finden.

Zur Sicherung seiner Wettbewerbsfähigkeit sollte ein Logistikdienstleister fol-gende Kalkulationsregeln beachten:

� Die Leistungskosten sind für die Planauslastung zu kalkulieren, für die eine An-lage oder ein System ausgelegt wurde.

� Zur Abdeckung des Fixkostenrisikos ist der Fixkostenanteil der Leistungskos-ten mit einem angemessenen Auslastungsrisikozuschlag zu beaufschlagen (s. Ab-schn. 7.2.3).

Wennwegen desWettbewerbs oder eines insgesamt rückläufigen Bedarfs die Auslas-tung langfristig unter 80% der Planauslastung liegt, ist dies ein Anzeichen fürÜber-kapazitäten amMarkt. DiewirtschaftlicheNutzungsdauer sinkt damit unter die tech-nische Nutzungsdauer. Hält dieser Zustand länger an, ist eine Sonderabschreibungdes Anlagenwertes bis auf den aktuellen Ertragswert erforderlich [65]. Die Leistungs-preise können dann entsprechend gesenkt werden. Die Chancen für weitere Aufträgesteigen.

Nur auf diese Weise und nicht durch auslastungsbedingte Preiserhöhungen ist –wenn überhaupt – ein Überleben und Neubeginn des betroffenen Geschäftszweigsmöglich. Sinken allerdings die Erlöse für längere Zeit unter die Grenzkosten, ist esunvermeidlich, überflüssige Kapazitäten stillzulegen oder abzubauen.

Andererseits besteht in Zeiten hoher Nachfrage für die Leistungsanbieter dieChance und für die Nachfrager die Gefahr eines deutlichen Anstiegs der Leistungs-preise. Solange die vom Markt benötigten Ressourcen knapp sind oder fehlen, kann

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160 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

der Preisanstieg weit über die Leistungskosten hinausgehen und den freien Anbie-tern überplanmäßige Gewinne bescheren.

Gegen die nachfragebedingten, meist kurzzeitigen Preisschwankungen könnensich Auftraggeber und Auftragnehmer von Logistikleistungen nach oben wie nachunten nur durch einen länger laufenden Dienstleistungsvertrag sichern, in dem dieLeistungsvergütung einschließlich der Modalitäten zulässiger Preisanpassungen ge-nau geregelt ist (s. Kap. 7).

6.9 Möglichkeiten zur Logistikkostensenkung

Die Möglichkeiten zur Kostensenkung lassen sich nach ihren Voraussetzungen undAuswirkungen unterscheiden in:

• investitionsfreie und investitionswirksame Kostensenkungsmaßnahmen• leistungsneutrale und leistungsverändernde Einsparungen• kurz-,mittel- und langfristige Maßnahmen• ergebniswirksame und ergebnisunwirksame Maßnahmen• organisatorische, technische und wirtschaftliche Maßnahmen.

Leistungswirksam sind z. B. Kostensenkungen, die mit einer Verlängerung der Lie-ferzeit oder einer Verminderung des Leistungsumfangs verbunden sind. Ergebnis-wirksame Einsparungsmaßnahmen, wie etwa der Einsatz eines kostengünstigenDienstleisters, vermindern direkt die Ausgaben des Unternehmens, während ergeb-nisunwirksame Maßnahmen, wie das Freisetzen von Personal, Kapazitäten oder an-derer Ressourcen ohne Abbau oder anderweitigen Einsatz, keine unmittelbare Re-duzierung der Ausgaben bewirken.

Die organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Kostensenkungsmög-lichkeiten müssen im Zusammenhang betrachtet werden, da sie einander vielfachbedingen und sich gegenseitig verstärken, aber auch abschwächen oder ausschließenkönnen.

6.9.1 Organisatorische Kostensenkungsmaßnahmen

Von größtem Interesse sind die organisatorischen Kostensenkungsmaßnahmen, da siehäufig ohne wesentliche Investitionen kurzfristig realisierbar und direkt ergebnis-wirksam sind. Dazu zählen die Bündelungs- und Ordnungsstrategien (s. Abschn. 5.2):

� Durch das räumliche und zeitliche Bündeln von Aufträgen, Sendungen, Waren-strömen, Beständen, Funktionen und Prozessen lassen sich die Auslastung derKapazitäten und die Nutzung der Ressourcen verbessern.

� Durch das räumliche und zeitliche Ordnen von Aufträgen, Transporten, Bestän-den, Kapazitäten undProzessen lassen sichPersonal undBetriebsmittel effizienternutzen, Leerfahrten vermeiden und Leistungen steigern.

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6.9 Möglichkeiten zur Logistikkostensenkung 161

Viele Bündelungsstrategienwie auch einige derOrdnungsstrategien haben allerdingsnachteilige Auswirkungen auf die Durchlauf- und Lieferzeiten (s. Abschn. 8.12).

Weitere organisatorische Kostensenkungsmaßnahmen sind das Eliminierennichtwertschöpfender Aktivitäten vor allem im administrativen Bereich, das Verein-fachen von Organisationsstrukturen und Prozessen sowie die Verbesserung der Be-darfsprognosen (s. Kap. 9).

6.9.2 Wirtschaftliche Kostensenkungsmaßnahmen

Wirtschaftliche Maßnahmen zur Kostensenkung und Ergebnisverbesserung in derLogistik sind:

� Reduktion der Lieferantenanzahl, der Variantenvielfalt und der Sortimentsbreite.

� Logistikrabatte auf die Lieferpreise für die Abnahme ganzer Gebinde, artikelreinerLadeeinheiten, voller Paletten und kompletter Transporteinheiten (s.Abschn. 7.6).

� Mengensteigerungen durch erhöhten Absatz oder durch Bedarfszusammenlegungmehrerer Unternehmen zur Fixkostensenkung, zur besseren Auslastung vonLade- und Transporteinheiten und als Voraussetzung für den effizienten Tech-nikeinsatz.

� Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen und Fremdvergabe von Randak-tivitäten, wie bestimmter Logistikleistungen, an externe Dienstleister.

� Kooperationen in der Logistikkette zwischen Lieferanten, Produzenten und Han-del, wie Efficient Consumer Response (ECR).

� Liefer- und Beschaffungsbedingungen, wie Frei Haus,AbWerk, FOB (free on board)oder CIF (cost insurance freight includet), die in Verbindung mit der eigenen Un-ternehmenslogistik zu den günstigsten Kosten führen.

� Nutzungsgemäße Vergütungs-, Tarif- und Rabattsysteme (s. Kap. 7).

� Auswahl der kostengünstigsten Versandart (s. Kap. 12).

6.9.3 Technische Kostensenkungsmaßnahmen

Die wichtigsten technischen Kostensenkungsmaßnahmen der Logistik sind:

� Entwicklung neuer Leistungsangebote: Ein innovatives Leistungsangebot verbes-sert die Wettbewerbsposition, erhöht den Absatz und ermöglicht höhere Preise(s. Abschn. 7.7).

� Steigerung des Leistungsvermögens: Durch erhöhte Geschwindigkeit, größere Be-schleunigung und kürzere Totzeiten lassen sich bei gleicher Transportmittelan-zahl die Durchsatzleistung steigern, Umschlagleistungen verbessern und Fahrzei-ten verkürzen.

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162 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

� Einsatz neuer Techniken:Wenn eine hohe gleichmäßige Auslastung gesichert ist,können die Leistungskosten gesenkt werden, beispielsweise durch ein automati-sches Hochregallager anstelle eines konventionellen Staplerlagers oder eines fah-rerlosen Transportsystems anstelle mannbedienter Flurförderzeuge.

� Bau größerer Anlagen: Bei hohem Leistungsbedarf lassen sich durch den Bau vongroßen Umschlaganlagen, Logistikzentren und Güterverteilzentren die Logistik-kosten senken.

� Einsatz größerer Transporteinheiten: Bei ausreichendem Ladungsaufkommen las-sen sich durch Ganzzüge, große Containerschiffe und Großraumflugzeuge dieTransportkosten erheblich senken.

� Einsatz größerer Ladeeinheiten: Solange derMehraufwand für das BildenundAuf-lösen der Ladeeinheiten geringer ist als die Einsparungen, lassen sich die Kostenfür das Handling, das Lagern und den Transport durch den Einsatz größerer La-deeinheiten senken (s. Kap. 12).

� Normierung und Standardisierung der Betriebsmittel: Aufeinander abgestimm-te und normierte Produktverpackungen, Ladeeinheiten und Transportmittel er-möglichen den personalsenkenden und leistungssteigernden Einsatz von Förder-technik und Handhabungsautomaten.

� Standardisierung und Beschleunigung von Informations- und Datenaustausch.

6.9.4 Skaleneffekte und das Prinzip der kritischenMasse

Die technischen Maßnahmen zur Kosteneinsparung sind in der Regel mit Investi-tionen und Abschreibungen verbunden. Sie sind meist erst nach Erreichen einer be-stimmtenMindestauslastung gewinnbringend. Andererseits sind in vielen Fällen nurmit Hilfe der Technik erhebliche Leistungssteigerungen und Kostensenkungen mög-lich [211, 212].

Als Beispiel für die Senkung der Leistungskosten durch Mengensteigerung undTechnikeinsatz zeigt Abb. 16.26 für verschiedene Palettenlagertypen die Abhängig-keit der Durchsatzkosten von der Lagerkapazität. Bei einem gleichbleibenden Lager-umschlag von 12 pro Jahr sinken die Durchsatzkosten mit ansteigender Kapazitätum mehr als einen Faktor 2. Ab etwa 10.000 Palettenplätzen lohnt sich der höhe-re Technikeinsatz des Hochregallagers. Wird mit der Bestandsbündelung auch derLagerumschlag erhöht, sinken die Durchsatzkosten, wie in Abb. 16.27 gezeigt, nochweiter.

Das Beispiel verdeutlicht das allgemeine Prinzip der kritischen Masse:

� Erst ab einem bestimmten Mindestbedarf , einem kritischen Ladungsaufkommen,einem kritischen Leistungsdurchsatz oder einem kritischen Lagerbestand ist derAufbau eines flächendeckenden Transportnetzes, die Verwendung großer Lade-einheiten, der Einsatz leistungsstarker Transportmittel, der Bau eines Logistik-zentrums oder der Einsatz von Hochleistungstechnik wirtschaftlich.

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6.9 Möglichkeiten zur Logistikkostensenkung 163

In vielen Fällen sind große organisatorische und unternehmerische Anstrengungenerforderlich, um die kritische Masse zu erreichen. Im Vorlauf sind erhebliche finan-zielle Mittel aufzuwenden und Risiken zu tragen. Wenn jedoch die kritische Masseeinmal überschritten und die angestrebte Kostensenkung eingetreten ist, kommt es– ähnlich wie bei einer Kernreaktion in der Atomenergie – zu einem selbständigfortschreitenden Prozess. Aufgrund der geringeren Kosten können niedrigere Prei-se gemacht werden. Die Nachfrage steigt. Die Aufträge nehmen zu. Die Auslastungverbessert sich. Die Kosten sinken und so fort (s. Abschn. 7.7). Das Prinzip der kri-tischen Masse und die daraus resultierende Eigendynamik des Geschäftswachstumshaben weitsichtige Logistikunternehmer bereits vor über 100 Jahren mit großem Er-folg genutzt [2, 3].

Heute findet ein ähnlicherWettbewerb umdie kritischeMasse beim e-Commerce,im Internet und beim Aufbau globaler Logistiknetze statt.

6.9.5 Einflussfaktoren der Logistikkosten

Die Logistikkosten hängen vor allem vom Durchsatz und Bestand sowie von Ge-wicht,Volumen undBeschaffenheit derWarenstücke ab. Abgesehen von den Zinskos-ten für das Umlaufvermögen hängen die Logistikkosten dagegen nicht vomWert derWare und damit auch nicht unmittelbar vom Umsatz ab. Wer Logistikkosten trotz-dem in Prozent vom Umsatz oder der Stückkosten angibt und als Benchmark ver-wendet, hat die Kostenzusammenhänge der Logistik noch nicht verstanden. Wermitsolchen Kostensätzen kalkuliert, verfehlt leicht das angestrebte Optimum. Er läuftGefahr, bei großen und schweren Warenstücken wegen zu geringer Preise Verlustezu machen und bei relativ kleinen Warenstücken wegen zu hoher Preise Aufträge zuverlieren.

Weitere Einflussfaktoren der Logistikkosten und Leistungspreise sind die Lager-dauer und Transportentfernungen sowie die eingesetzte Technik, die Kapazitätsaus-lastung und dieMarktlage.

Wegen ihrer Abhängigkeit von Durchsatz, Technik, Kapazität undMarktlage las-sen sich für die Leistungskosten undLeistungspreise der Logistik keine allgemeingül-tigen Angaben machen. Kosten und Preise für die gleiche Leistung können sich, wiedie Lagerbeispiele zeigen, in Extremfällen um einen Faktor 2 unterscheiden, ohnefalsch zu sein. Darin liegt auch die grundsätzliche Problematik des Kostenbenchmar-king in der Logistik (s. Abschn. 4.5).

Planungen und Optimierungsrechnungen müssen daher zunächst mit Richtkos-tensätzen durchgeführt werden, die aus vergleichbaren Projekten übernommen, ausüberschlägigen Kostenrechnungen abgeleitet oder über Richtpreisanfragen bei Lo-gistikdienstleistern eingeholt werden. Nachdem unter Verwendung dieser Richtkos-tensätze die Lokistikketten optimiert und ein Logistiksystem geplant und dimensio-niert wurde, lassen sichmit den besser bekannten Leistungsanforderungen präzisereLeistungskosten kalkulieren. Wenn diese zu stark von den Richtkostensätzen abwei-chen, muss die Optimierungsrechnung mit den genaueren Leistungskosten wieder-holt und die Planung in einem iterativen Prozess korrigiert werden.

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164 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

6.10 Ökonomie und Logistik

Das oberste Ziel der Ökonomie ist die Versorgung der Menschen mit den benötigtenGütern und Leistungen zu minimalen Kosten [172]. Das primäre Ziel der Unterneh-men ist ein anhaltend hoher Gewinn, der durchmaximale Erlöse bei minimalen Kos-ten erreichbar ist. Aus diesen Zielen resultiert die Aufgabe der Ökonomie im Bereichder Logistik:

� Die benötigten Logistikleistungen sind mit minimalen Kosten zu organisierenund zu erbringen sowie mit optimalem Gewinn zu kalkulieren, zu vermarktenund abzurechnen.

Die Technik soll Logistikleistungen ermöglichen, vereinfachen, verbessern und er-leichtern. Die Primärziele der Technik sind also Leistung und Qualität unter Berück-sichtigung der Wirtschaftlichkeit (s. Abschn. 3.10).

Ziele und Aufgaben von Wirtschaft und Technik sind in der Logistik untrenn-bar miteinander verbunden. Eine effektive und effiziente Logistik erfordert daher diebesten Verfahren und Lösungen der Technik ebenso wie nutzbringende Beiträge derÖkonomik.

Einige Wirtschaftswissenschaftler verstehen die Logistik und das Supply ChainManagement als grundlegend neuen betriebswirtschaftlichen Ansatz. Für sie bedeutetLogistik die Ausrichtung aller betrieblichen Aktivitäten auf den Endkunden und dasDenken in Prozessen und Netzwerken. Darüber hinaus gehend steht für sie SCM fürunternehmensübergreifende Kollaboration und eine ganzheitliche Sicht [189,216,218].Bei diesem hohen Anspruch bleibt jedoch unklar, was dieWirtschaftswissenschaftenzur Logistik konkret beitragen können [226].

6.10.1 Beiträge zurMakrologistik

DieVolkswirtschaftslehre kann durch die Untersuchung folgender Fragen derMakro-logistik und Lösung nachstehender Probleme nützliche Beiträge leisten:

• Erkundung, Segmentierung und Quantifizierung der Logistikmärkte [199–201]• Einflüsse der Logistik auf die nationale und internationale Wirtschaft• Grundlagen, Mechanismen und Rahmenbedingungen der Preisbildung für Lo-

gistikleistungen (s. Abschn. 7.7 und Kap. 22)• Tarifstrukturen und Grundsätze der Preisgestaltung zur Sicherung eines fairen

Wettbewerbs auf den Logistikmärkten (s. Abschn. 7.1)• Auswirkungen der Preisstruktur für Logistikleistungen auf die nationale und in-

ternationale Ressourcennutzung• Folgen der Quersubvention der Leistungspreise und des Zugabeunwesens bei Post,

Bahn und Fluggesellschaften• Ökonomik der Verkehrsnetze und Logistiknetzwerke• Volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Fixkostendilemmas (s.Abschn. 6.8) und

der Folgen der Skaleneffekte in der Logistik (s. Abschnitte 6.9 und 19.11)

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6.10 Ökonomie und Logistik 165

• Ökonometrie der Kosten, Preise und Leistungen in den verschiedenen Logistik-märkten

• Möglichkeiten und Grenzen des unternehmensübergreifenden Supply Chain Ma-nagement in einer freien Marktwirtschaft

• Wirtschaftspolitische Handlungsmöglichkeiten und Handlungsbedarf in Verkehrund Logistik (s. auch Kap. 23).

Einige Bereiche der Makrologistik, wie die Verkehrswirtschaft [126, 213], die Trans-portwirtschaft [140] und die Abfallwirtschaft [187, 188], sind bereits recht gut er-forscht. Andere wichtige Bereiche, wie die Marktsegmentierung, die Ökonometrie,die Netzwerkökonomik und die Preisbildung für Logistikleistungen wurden dagegenbisher kaum behandelt.

Die außerbetrieblichenTransport- und Frachtleistungenwerden immer nochweit-gehend undifferenziert in Tonnen-Kilometer erfasst. Fundierte Untersuchungen desEinflusses der Sendungsgröße, des Sendungsinhalts und der Versandart auf dieFrachtkosten und auf die Preisbildung sind in einschlägigen Fachbüchern nicht zufinden.

Ein Stiefkind der Volkswirtschaft ebenso wie der Betriebswirtschaft ist die inner-betriebliche Logistik. Über dieGesetzmäßigkeiten und die erforderlichen Rahmenbe-dingungen für eine faire Preisbildung auf den Märkten der Intralogistik-Leistungen,die heute von den Unternehmen zunehmend an externe Logistikdienstleister verge-ben werden, gibt es keine allgemein anerkannten Untersuchungen.

6.10.2 Beiträge zurMikrologistik

Die Betriebswirtschaftslehre könnte folgende Fragen und Probleme derMikrologistikund der Unternehmenslogistik erforschen, bearbeiten und lösen:

• Einheitliche Definition, Abgrenzung und Erfassung der Logistikkosten (s. Ab-schn. 6.3)

• Regeln zur Kalkulation nutzungsnaher Abschreibungen und Zinsen(s. Abschnitt 6.10)

• Abgrenzung und Zuweisung der Fixkosten (s. Abschn. 6.7)• Einheitliche Bemessungsgrundlagen und Kalkulationsverfahren für Kostensät-

ze, Tarife und Preise von logistischen Einzel-, Verbund- und Netzwerkleistungen(s. Abschn. 6.6, Kap. 7, Abschnitte 9.14, 20.15 und 21.2)

• Praktikable Lösungen für die Fixkostenvergütung (s. Abschn. 7.5.9)• Standardverfahren zur Logistikkostenrechnung für Logistikdienstleister und zur

Kalkulation nutzungsgemäßer Leistungspreise• Standardverfahren zur Logistikkostenrechnung für Industrie- und Handelsunter-

nehmen und zur Kalkulation von Auftragslogistikkosten und Artikellogistikkosten(s. Abschn. 6.2)

• Leistungsverzeichnisse, Preislisten und Ausschreibungsblanketten für logistischeStandardleistungen

• Objektive Erfassung vergleichbarer Logistikkosten von Handels- und Industrieun-ternehmen

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166 6 Logistikkosten und Leistungskostenrechnung

• Leistungs- und Kostenvergleich der Anbieter undWettbewerber auf den Logistik-märkten

• Analyse und Quantifizierung der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen desFixkostendilemmas (s. Abschn. 6.8), der Synergien durch Mehrfachnutzung undder Skaleneffekte der Logistik [211] (s. Abschnitte 6.9 und 19.11)

• Untersuchung undQuantifizierung der direkten und indirekten Erlöse aus Logis-tikleistungen [189]

• Preisbildung undPreisstrategien für Logistikleistungen (s.Abschn. 7.7 undKap. 22)• Betriebswirtschaftliche Möglichkeiten und Grenzen des unternehmensübergrei-

fenden Supply Chain Management.

Wer zu diesen zentralen Fragen und Problemen der Mikrologistik in den Lehr-büchern der Betriebswirtschaft und in einschlägigen Büchern zu Logistikkosten-rechnung und Logistikcontrolling praktisch nutzbare Informationen, Lösungen undHandlungsempfehlungen sucht, wird weitgehend enttäuscht [14, 53, 58, 61, 62, 153,182, 183, 189, 216]. Abgesehen von einigen Beiträgen des Operations Research feh-len für viele betriebswirtschaftliche Aufgaben und Probleme der Praxis brauchbareLösungen.

Stattdessen werden praxisferne Vorstellungen entwickelt und falsche Kalkulati-onsverfahren empfohlen. Typische Beispiele sind das Rechnen mit Lagerplatzkostenin Prozent vom Bestandswert, die fehlende Trennung der Ein- und Auslagerkostenvon den Lagerplatzkosten, die falsche Berücksichtigung der Fixkosten und das Rech-nen mit Preisen und Tarifen, die nicht nutzungsgemäß sind.

Ohne nutzungsgemäß kalkulierte Kostensätze und Leistungspreise aber sind we-der eineOptimierung der Logistikketten noch eine kostenoptimaleDispositionmög-lich. Ebenso wenig lassen sich Gesamtstrategien für das unternehmensübergreifen-de Supply Chain Management durchsetzen, wenn ihr Zusatznutzen im Vergleich zuden einzelwirtschaftlichen Strategien nicht kalkulierbar und objektiv nachweisbarist [178].

Für die Kalkulation nutzungsgemäßer Verrechnungskostensätze und Leistungs-preise für das Lagern, das Kommissionieren, den Umschlag und den innerbetriebli-chen Transport fehlen praktisch erprobte Beiträge der Betriebswirtschaft. Nicht ein-mal die Kostentreiber der wichtigsten innerbetrieblichen Logistikprozesse sind all-gemein bekannt.

6.10.3 Forderungen an dieWirtschaftswissenschaften

Viele wirtschaftswissenschaftliche Bücher und Publikationen zur Logistik beginnenmit langen Begriffserörterungen, neuen Wortschöpfungen und Interpretationen derLogistik ohne praktischen Nutzen. Sie beschreiben ausführlich die historische Ent-wicklung, berichten aufgrund von Befragungen, die bei Rücklaufquoten unter 20%nicht repräsentativ sind, über die empirische Situation oder üblichen Geschäftsprak-tiken und diskutieren die Trends und Moden der Marktteilnehmer und der Wissen-schaft [34, 35, 189, 216, 218].

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6.10 Ökonomie und Logistik 167

BeliebteThemen sind Logistikmanagement und Logistikcontrolling. Diese werdenbehandelt, als ob in der Logistik nur Topmanager – ambestenCEO–undderen Stäbetätig sind. Andere Publikationen versprechen erstaunliche Kostensenkungspotentia-le, fordern neue Forschungsprojekte und bieten unbegründete Zukunftserwartungenals Vision an. Vergebens sucht der Praktiker nach brauchbaren Verfahren zur Kal-kulation von Leistungskosten und Leistungspreisen, nach erprobten Modellen fürnutzungsgemäße Tarif- und Vergütungssysteme, nach abgesicherten Informationenüber Struktur und Größe der Logistikmärkte oder nach einer systematischen Unter-suchung der Preisstrategien und Preisbildung für Logistikleistungen.

Für einige der genannten Probleme enthalten dieses und das folgende Kapitel Lö-sungsvorschläge, die im Zuge von Beratungsprojekten entwickelt wurden und sichin der Praxis bewährt haben. Volks- und Betriebswirte sind aufgerufen, diese Lö-sungsansätze kritisch zu überprüfen und wenn nötig zu verbessern. Die wichtigstenForderungen der Logistik an die Wirtschaftswissenschaften sind:

• konstruktive und nutzbringende Beiträge zur analytisch-normativen Logistik• objektiv nachvollziehbare Lösungskonzepte für praktisch relevante Probleme• begründete, konsistente und praktisch umsetzbare Handlungsempfehlungen

Hier besteht für die Forschung und Lehre noch ein weites und fruchtbares Betäti-gungsfeld (s. auch Abschn. 18.13). Eine besondere Herausforderung für die Ökono-mie der hochentwickelten Industriegesellschaften ergibt sich daraus, dass in immermehr Absatzbereichen eine Sättigung des Bedarfs erreicht wird, während anderer-seits begrenzte Ressourcen zu Engpässen führen. Solche Engpässe sind erschöpf-te Rohstofflager, knappe Flächen in dicht besiedelten Gebieten und nicht mehr er-weiterbare Verkehrswege. Logistisch gesehen ist auch ein gesättigter Absatzkanal einEngpass am Ende einer Lieferkette.

Die Ökonomie der Zukunft kann daher nicht länger auf Wachstum setzen [225,228]. Siemuss Lösungenfinden,wie dieMenschen trotz derEngpässe zuverlässig undkostengünstig mit den benötigten Gütern und Leistungen versorgt werden können.Dazu kann die analytisch-normative Logistik einen wichtigen Beitrag leisten.