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HEFT 8 MAI 2006 ZEITSCHRIFT FÜR ORGANISATIONSENTWICKLUNG UND GEMEINDEBERATUNG Rituale – Flow – Spriritualität (S. 14-24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Kerstin Söderblom Flow in der Beratungsarbeit Flow ist ein schillernder Begriff, ein faszinierendes Phänomen und ein spannendes Konzept. Er wird nicht nur zur Beschreibung und Untersuchung von anspruchsvollen Freizeitaktivitäten benutzt, sondern explizit auch zur Analyse von konzentrierten und erfolgreichen Aktivitäten in der Erwerbstätigkeit. Der “Schöpfer” des Flow ist Mihaly Csikszentmihalyi, ein auch künstlerisch und literarisch tätiger Psychologe, einer der prominentesten Vertreter der “positiven Psychologie”, der im Jahr 2000 in den USA zum Denker des Jahres gewählt wurde. Das Phänomen Sein erstes Buch über Flow ist in den USA bereits 1975 erschienen. Darin untersucht er das Flow-Phänomen in vier völlig unterschiedlichen Bereichen: Beim Schachspielen, beim Klettern, beim Rocktanzen und bei der Arbeit eines Chirurgen. Seitdem erforscht er das Phänomen und hat in zahlreichen Buch- und Artikelveröffentlichungen innerhalb der letzten 30 Jahre ausführlich den Begriff Flow (wörtlich: Fließen/Strömen) erläutert. “Im-Flow-Sein” charakterisiert er als einen Zustand optimaler und zutiefst erfüllender menschlicher Erfahrung, in dem der Mensch völlig in einer Tätigkeit aufgeht. Intensives Engagement und volle Konzentration einer Person auf eine bestimmte Handlung sind demnach Elemente von Flow. In solchen Situationen herrscht eine ausgeglichene Balance zwischen den Herausforderungen einer Aufgabe und den Fähigkeiten einer Person. Menschen berichten, dass sie in solchen Zuständen eins werden mit ihrer Umwelt. Grenzen verflüssigen sich und ein rückhaltloses Eintauchen in die jeweilige Situation wird erlebt. Dabei werden häufig Entgrenzungs- und Transzendenzerfahrungen gemacht. Raum- und Zeitdimensionen verlieren sich. Das Universum scheint sich zu weiten, die Handelnden gehen völlig im Fluss ihres Tuns auf. Es gibt in diesen Situationen keinen Raum für kognitive Selbstreflexionen, Zögern und Zweifel. Man vergisst sich scheinbar selbst,

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HEFT 8MAI 2006ZEITSCHRIFT FÜRORGANISATIONSENTWICKLUNG UND GEMEINDEBERATUNGRituale – Flow – Spriritualität (S. 14-24)

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Kerstin SöderblomFlow in der Beratungsarbeit

Flow ist ein schillernder Begriff, ein faszinierendes Phänomenund ein spannendes Konzept. Er wird nicht nurzur Beschreibung und Untersuchung von anspruchsvollenFreizeitaktivitäten benutzt, sondern explizit auch zurAnalyse von konzentrierten und erfolgreichen Aktivitätenin der Erwerbstätigkeit.Der “Schöpfer” des Flow ist Mihaly Csikszentmihalyi,ein auch künstlerisch und literarisch tätiger Psychologe,einer der prominentesten Vertreter der “positivenPsychologie”, der im Jahr 2000 in den USA zum Denkerdes Jahres gewählt wurde.Das PhänomenSein erstes Buch über Flow ist in den USA bereits 1975erschienen. Darin untersucht er das Flow-Phänomen invier völlig unterschiedlichen Bereichen: Beim Schachspielen,beim Klettern, beim Rocktanzen und bei derArbeit eines Chirurgen. Seitdem erforscht er das Phänomenund hat in zahlreichen Buch- und Artikelveröffentlichungeninnerhalb der letzten 30 Jahre ausführlichden Begriff Flow (wörtlich: Fließen/Strömen)erläutert. “Im-Flow-Sein” charakterisiert er als einenZustand optimaler und zutiefst erfüllender menschlicherErfahrung, in dem der Mensch völlig in einer Tätigkeitaufgeht. Intensives Engagement und volle Konzentrationeiner Person auf eine bestimmte Handlung sind demnachElemente von Flow. In solchen Situationen herrschteine ausgeglichene Balance zwischen den Herausforderungeneiner Aufgabe und den Fähigkeiten einer Person.Menschen berichten, dass sie in solchen Zuständeneins werden mit ihrer Umwelt. Grenzen verflüssigensich und ein rückhaltloses Eintauchen in die jeweiligeSituation wird erlebt. Dabei werden häufigEntgrenzungs- und Transzendenzerfahrungen gemacht.Raum- und Zeitdimensionen verlieren sich. Das Universumscheint sich zu weiten, die Handelnden gehen völligim Fluss ihres Tuns auf. Es gibt in diesen Situationenkeinen Raum für kognitive Selbstreflexionen, Zögernund Zweifel. Man vergisst sich scheinbar selbst,

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nur um sich nach dem Flow-Erleben noch stärker zuspüren. Das, was die Person tut, geschieht einfach.Energie wird frei und fließt. Glücksgefühle und Genussan der Sache können sich einstellen, sind aber keinabrufbarer Automatismus.An anderer Stelle bezeichnet Csikszentmihalyi dasFlow-Erlebnis als totales Eintauchen von Körper, Geistund Seele in die Suche nach dem spirituellen Einsseinmit dem Kosmos. Deswegen sind für ihn Flow und Religion(wenn sie nicht dogmatisch oderfundamentalistisch verhärtet ist) auch die zwei Seitendes gleichen Anliegens: Nämlich die Suche nach gelingendemLeben und nach dem Sinn der Existenz.Ziel seines Lebenswerks ist es herauszufinden, wasden Menschen wirklich glücklich macht. Flow ist für ihnjedoch nicht einfach mit Glück gleichzusetzen, auchnicht mit Freude oder Vergnügen. Das Glück, welcheser im Sinn hat, beinhaltet neben Glücksgefühlen dieständige Herausforderung, über ein reines Eigeninteressehinauszugehen und sich als Teil von etwas Größeremeinzubringen und zu erleben.Die GrundbedingungenCsikszentmihalyi führte in mehr als 30 Jahren, empirischeUntersuchungen mit über Tausend Probandendurch. In bestimmten Zeitabschnitten sollten die Probandenacht mal am Tag ihre Erlebnisintensität im Berufs-und Privatleben einschätzen und aufschreiben. AufGrundlage dieser empirischen Untersuchungen undaufgrund von zahllosen Interviews mit außergewöhnlichenFührungspersönlichkeiten, ManagerInnen undbekannten Persönlichkeiten aus Film, Kunst, Musik,Sport, Literatur und Wissenschaft haben er und seineForschungsteams versucht, optimale Bedingungen fürdas Erleben von Flow zu ermitteln. Die Untersuchungenzeigen, dass Flow-Erfahrungen im Sport (Klettern,Marathon, Schwimmen, Tanz, etc.) in gleicher Weiseauftreten können wie beim Schachspielen, beim Vollzugreligiöser Rituale, beim Yoga, bei Freizeitaktivitätenoder bei der Arbeit im Erwerbsleben. Ein beeindruckendesBeispiel von Flow beim Tanz und in der Musik bietetm.E. der Kinofilm “Rhythm is it” über das erste“Education Project” der Berliner Philharmoniker mit 250SchülerInnen aus mehreren Berliner Schulen, die unterder Leitung von Sir Simon Rattle zu Musik vonTschaikowskis “Sacre du Printemps” zu tanzen lernen.Vgl. ”Rhythm is it”. Regie: Thomas Grube, EnriqueSanchez Lansch (D 2004).Folgende acht Komponenten

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müssen allerdings erfüllt sein, um Flow zu erleben:1. Erreichbare Aufgaben2. Rahmenbedingungen, die Konzentration undVertiefung ermöglichen3. Klare und erreichbare Zielvorgaben4. Unmittelbare Rückmeldung5. Gute Arbeitsplanung und Aufgabenklarheit, dieHingabe ermöglichen und Sorgen, Stress undÄngste aus dem Bewusstsein verdrängenKerstin SöderblomFlow in der Beratungsarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .156. Transparente Kommunikation und verlässlicherInformationsfluss, die Kontrolle über die Tätigkeitermöglichen7. Eine Arbeitsatmosphäre, die Gedanken übersich selbst hinfällig machen, wobei das Selbstgefühlnach einem Flow-Erleben gestärkt ist8. Erlebnisdichte, die das Zeitgefühl aussetzenlässt.(Siehe dazu: Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow – DasGeheimnis des Glücks, Stuttgart 1992, Neuausstattung:Stuttgart 2004, S. 74 f)AutotelischDarüber hinaus geschehen Flow-Erfahrungen um ihrerselbst willen. Sie sind also autotelisch (griechisch: autos= selbst, telos = Ziel). Sie geschehen einfach, sind nichtverfügbar und können nicht auf Knopfdruck hergestelltwerden. Daher sieht Cszikszentmihalyi die Chancen zuFlow-Erfahrungen zu gelangen bei egozentrischen Menschen,die alles nur zu ihrem eigenen Nutzen tun, wieauch bei schüchternen Menschen mit wenigSelbstbewusstsein und vielen Ängsten, als gering an, -nicht aber als unmöglich.Flow-KanalDas Flow-Erlebnis ist dynamisch und prozesshaft. Werz.B. regelmäßig klettert, läuft oder Schach spielt,braucht mit der Zeit höhere Anforderungen, um in einenFlow-Zustand gelangen zu können, da auch seine Fähigkeitenmit wachsender Übung und Routine ansteigen.Es kann ein “Flow-Kanal” entstehen, derprozesshaft mit proportional ansteigenden Anforderungenund Fähigkeiten wächst. So werden Tätigkeiteneffizienter und Komplexität gesteigert. Diese Dynamikkann zu mehr Wachstum und Weiterentwicklung führen.Für Verantwortliche und Führungskräfte ist es daher

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wichtig, Arbeitsherausforderungen und Rahmenbedingungenso zu organisieren, dass sie Flow-Erlebenermöglichen und im Sinne von Csikszentmihalyi Komplexitätstetig steigern. (Siehe dazu: Csikszentmihalyi,Mihaly: Flow im Beruf. Das Geheimnis des Glücks amArbeitsplatz, Stuttgart 2004, S. 92-96).VerhinderungenObjektive Faktoren, die Flow verhindern können, sindRisiken wie z.B.: Unwetter und Extremklima für Sportlerund Outdoor-Aktive; unwirtliche Räumlichkeiten,mangelnde Kommunikation, schlechtes (Betriebs-)Klima,Über- oder Unterforderung, zu wenig Zeit oder zugroßer äußerer Erfolgsdruck für alle. Subjektive Faktorenkönnen Blockaden, Ängste und zu hoher innererGeltungs- oder Erfolgsdruck sein. Andererseits könnendie besten inneren und äußeren Bedingungen nichtgarantieren, dass Flow-Zustände auftreten. Sie bleibenunverfügbar und gerade deshalb so faszinierend understrebenswert.WertneutralitätFlow-Erfahrungen sind zunächst wertneutral, also wedergut noch schlecht. Sie können aber zweifelhaftenZielen dienen und sind per se nicht vor Missbrauch geschützt.Untersuchungen über Wirkungsweisen von Flowund Diskussionen um ethische Richtlinien dürfen in diesemZusammenhang also nicht ausgespart werden, willman nicht einer naiven Verherrlichung dieses Phänomenserliegen.Bereiche von FlowNeben (Extrem-)Sport, Tanz, Meditation, Musik, Literatur,Religion, Schauspielkunst, und anderen kreativenAlltags- und Freizeitbereichen gehört auch die Erwerbsarbeitzu den Gebieten, in denen Flow auftreten kann.In diesem Kapitel gehe ich auf Bereiche, Bedingungenund Verbesserungsmöglichkeiten für Flow in der Arbeitsweltein, und zeige, welche Übertragungsmöglichkeitenfür den Bereich der Beratung bestehen.Flow in der Erwerbsarbeit“Um die Lebensqualität durch die Arbeit zu verbessern,sind zwei sich ergänzende Strategien notwendig. Einerseitsmüßten die Berufe neu ausgelegt werden, umso stark wie möglich einer flow-Aktivität zu ähneln –wie jagen, weben als Heimarbeit und Chirurgie. Aber esist auch notwendig, den Menschen zu helfen, eineautotelische Persönlichkeit zu entwickeln, ... indemman sie trainiert, Handlungsmöglichkeiten zu erkennen,ihre Fähigkeiten zu verbessern und sich erreichbare Ziele

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zu setzen. Keine dieser Strategien allein wird die Arbeitan sich viel erfreulicher machen; doch zusammen genommensollten sie eindeutig zu optimalen Erfahrungenbeitragen.” (Flow - Das Geheimnis des Glücks, S.208)Eine von Csikszentmihalyis erstaunlichsten Ergebnissenbesteht darin, dass die untersuchten Personen Flow.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Erfahrungen viel häufiger während der Ausübung ihrerErwerbsarbeit angezeigt haben als in ihrer Freizeit, obwohldie gleichen Probanden die Freizeit ihrer Erwerbsarbeitdeutlich vorgezogen haben. Er weist bei vieleneine regelrechte Freizeit-Apathie nach, die aber dennochmit der Vorstellung gekoppelt ist, dass Freizeitbesser und erfüllender sei als Arbeit. Dem steht oftmalseine hohe Nicht-Motivation im Berufleben gegenüber,die aber Flow-Erleben im Beruf nicht generell verhindert.Laut Csikszentmihalyi besteht die Herausforderungdarin, das Bewusstsein von Flow im Berufsleben zustärken und MitarbeiterInnen zu ermutigen, die Erwerbsarbeitals intensive Zeit des Lernens und der Weiterentwicklungzu sehen.Für die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz macht er vorallem folgende Faktoren verantwortlich:1. Mangel an Abwechslung und Herausforderungen2. Arbeit ohne angemessene Rückmeldung3. Anforderungen decken sich nicht mit Qualifikationen4. Ungenutzte Fähigkeiten5. Fehlen von Steuerungsmöglichkeiten und mangelndeKommunikation6. Kontrolle der Leitung zur Stärkung der Macht stattzum Wohle der Organisation7. Konflikte mit KollegInnen8. AusgebranntseinAlle diese Faktoren können durch die Bereitstellung deracht Grundbedingungen für Flow-Erfahrungen verbessertwerden.Flow-förderliche Maßnahmen im Berufsleben sieht eraußerdem in der Bereitstellung von Möglichkeiten derPersönlichkeitsentwicklung statt in Ausbeutung und(Leistungs-)Druck. Ein menschliches Arbeitsklima undeine gute kollegiale Atmosphäre schaffen ebenfalls guteBedingungen, um in den Flow zu kommen. Eine freundlicheund warme Gestaltung des Arbeitsplatzes, gutesLicht, angemessene Arbeitskleidung, Kinderbetreuung,eine gute Kantine/Cafeteria, saubere sanitäre Anlagen,etc. sind ebenfalls Aushängeschilder für eine Firmenphilosophie,

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in der Lebensqualität und humanitäre IdealePlatz haben. Emotionales Wohlbefinden geht nach dieserÜberzeugung vor Gewinn und höhere Marktanteile.“Gute Geschäfte”Kritisch zeigt er auf, dass die meistenUnternehmerInnen allerdings nur an der Gewinnmaximierungund der Sicherheit des Betriebes interessiertsind. Dieser Unternehmenshaltung entgegnet er, dassmaterieller Gewinn und Vermögen alleine nicht ausreichen,um ein gutes Arbeitsklima zu schaffen und glücklichzu machen. Nach Csikszentmihalyi gibt es eine“Glückshierarchie”, die sich wie folgt zusammensetzt:1.Befriedigung der Grundbedürfnisse, 2. Sicherheit durchGesetze, Politik, Polizei, Feuerwehr, etc., 3. Lieben undGeliebtwerden in Partnerschaft, Familie, Gruppe, Gemeinschaft,4. Produkte, die uns versprechen, liebenswerterzu werden, 5. Religiöse Gemeinschaft, politischeOrganisation, Sportverein, etc., 6. Selbstwertgefühl, 7.Selbstverwirklichung durch Ausleben geistiger und seelischerPotentiale; siehe: Flow im Beruf, S.37f.)Er geht davon aus, dass Beschäftigte, die in ihren Arbeitsfeldernzufrieden sind, eine höhere Moral und einegesteigerte Effizienz aufweisen und weniger oft den Arbeitsplatzwechseln.Um zufrieden oder gar glücklich im Beruf zu sein und“gute Arbeit” zu tun, sind neben den acht Grundbedingungenfür Flow seiner Meinung nach zwei Säulen zubeachten:1. Der Prozess der Differenzierung. Er setzt die Erkenntnisvon Einmaligkeit jedes Individuums unddas Wissen um die Eigenverantwortlichkeit für seinTun voraus.2. Prozess der Integration. Er geht vom Wissen umdas Eingebundensein in Beziehungsgefüge, kulturelleSymbole und Artefakte aus und sieht die eigeneArbeit als Beitrag für ein größeres Ganzes an.In der produktiven Spannung dieser beiden Säulen vonIndividualität und Kooperation können “gute Geschäfte”vollzogen werden, die auch ethisch vertretbar sind undGewinn mit gemeinschaftlichem Nutzen und Wohlergehenverbinden. Führungspersönlichkeiten, die diesebeiden Säulen und das Konzept von Flow beachten,nennt er “visionäre Persönlichkeiten” .Csikszentmihalyi gibt seinem Konzept von Flow alsoeinen erkennbaren normativen und somit ethisch diskutierbarenGehalt. Er distanziert sich vom scheinbarwertneutralen Zustand von Flow und unterstreicht, dass

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langfristig nur die Flow-Erfahrungen Bestand haben und“gute Arbeit und Geschäfte” ermöglichen, die eine Einheitbilden aus dem Spannungsfeld von persönlichemWachstum jedes Einzelnen, einer gemeinschaftlichgetragenen Firmenphilosophie und Allgemeinwohl förderndenEntwicklungen. Begriffe wie Wachstum,Flow in der Beratungsarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17Persönlichkeitsentwicklung, Allgemeinwohl und “guteGeschäfte” bedürfen freilich in jedem konkreten Fall einersorgfältigen Klärung und nachvollziehbarerKontrollmechanismen, wenn sie nicht gut gemeinteWorthülsen bleiben wollen. Das sehr explizit formulierteVerantwortungsbewusstsein und die respektvolleHaltung gegenüber den Einzelnen, der Gemeinschaftund dem Allgemeinwohl setzen aber bereits deutlicheSignale für eine ethisch verantwortbare Firmenkultur undGeschäftsführung. Außerdem schaffen sie transparenteVorlagen für kritische Debatten und Reflexionen über“gute Arbeit” und “gute Geschäfte” in der Wirtschaftswelt.VisionenZusammengehalten werden diese Vorbedingungen fürFlow in den Visionen eines Unternehmens, also in einemübergeordneten Ziel, das Eigeninteressen transzendiert.Visionen beschreiben für ihn eine Seinsform, dienoch nicht existiert. Für solche Antizipationen brauchtman Energie, Risikobereitschaft, hohen Einsatz undKapital, um Systeme entsprechend umzuformen. Daranist nach Csikszentmihalyi die Seele beteiligt. Seeleist für ihn Lebensessenz, die im Prozess des Denkens,Fühlens und Wollens eine Einheit aus selbstreflektierendemBewusstsein, Verantwortungsgefühl undkaritativer Sorge für das Allgemeinwohl bildet (siehe Flowim Beruf, S.193-207).Wenn die Seele im Prozess von Kreativität und Visionensolide Geschäftspraktiken ergänzt, dann kann dieOrganisation selbst eine erfahrbare Seele gewinnen.Diese genannten Faktoren können Vertrauen in die Organisationstärken, Sinn und Orientierung geben unddie nötige emotionale Sicherheit bieten, um ganz in derArbeit aufzugehen.Csikszentmihalyi zeigt durch seine Untersuchungen,1. dass Flow-Erlebnisse in der Arbeitswelt häufig anzutreffensind;2. dass die Rahmenbedingungen für Flow durch dieVerbesserung von Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur

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aktiv verbessert werden können und3. dass durch eine ethisch begründete Firmenvisionund durch klar formulierte Ziele, Sinn und Orientierungim Berufsleben gegeben werden. Sie ermöglichenFlow-Erleben, da Verunsicherung und Desorientierung,Motivations- und Kreativitätsblockadenherabgesetzt werden können.Flow in der Beratungsarbeit“Flow bezeichnet einen Zustand des Glücksgefühls, inden Menschen geraten, wenn sie gänzlich in einer Beschäftigung‘aufgehen´. Entgegen ersten Erwartungenerreichen wir diesen Zustand nahezu euphorischer Stimmungmeistens nicht beim Nichtstun oder im Urlaub,sondern wenn wir uns intensiv der Arbeit oder einerschwierigen Aufgabe widmen.” (Klappentext, Flow imBeruf).Wenn Csikszentmihalyi Recht hat und Flow-Erfahrungendie Freude an der Arbeit und deren Effizienz steigern,dann kann das Konzept von Flow auch für dieBeratungsarbeit wichtig sein. Denn Gründe, warum nachBeratung gefragt wird, sind gemäß der Literatur vor allemfolgende :• Ausgesprochene oder unausgesprochene Konflikte• Teamentwicklung (Verbesserung von Kooperation,Arbeitsstrukturen, etc.)• Verbesserung der Unternehmenskultur• Vergewisserung von Identität, Zielen und Visioneneiner Organisation• Veränderungen in der Organisation und damit zusammenhängendeVerunsicherungen und Verlustängste• Projektmanagement für eine transparente Planung,Durchführung und Auswertung von Arbeitsschritten• Zeit-, Macht- und Geldfragen klären.Berg und Schmidt bearbeiten in ihrem Handbuch zurGemeinde- und Organisationsberatung folgende Problemthemen:Perspektiven und Visionen entwickeln; Zeitorganisieren; in Gruppen arbeiten und Teams entwikkeln;Konflikte regeln; Macht und Geld einsetzen; Veränderungen/Wechsel bearbeiten; Organisationskulturenverstehen; Genderfragen wahrnehmen; Leiten lernen.Vgl. Berg/Schmidt (2004).Die meisten dieser Themen haben also damit zu tun,wie Mitarbeitende (Haupt-, Neben- und Ehrenamtliche)miteinander umgehen, wie Leitung wahrgenommen wird,wie Entscheidungen herbeigeführt werden und in realisierbareArbeitsschritte umgesetzt werden können.Unternehmenskultur, Arbeitsklima und kollegialer Umgang

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spielen dabei eine genauso wichtige Rolle wie dieKlarheit über Ziele und Visionen einer Organisation.Wenn diese unklar sind, sind Arbeitsmotivation, Zufrie.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18denheit und Wohlbefinden beeinträchtigt. Dies gilt füralle Organisationen, trifft aber Nonprofit-Organisationen,also auch Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungenund Träger, in besonderem Maße. Denn hierschwingt Gewinnmaximierung als identifizierbares Zielnicht unentwegt mit, wie dies in der Wirtschaft der Fallist, auch wenn keine weiteren Ziele transparent gemachtwerden.Das Konzept von Flow hat in der Analyse viele der genanntenProblempunkte im Blick und zeigt durch denHinweis auf die Grundbedingungen von Flow Ansätzezur Veränderung auf. Dies soll an einem konkreten Beispielüberprüft werden.Ein Beispiel aus der BeratungspraxisEin Kirchenvorstand fragt beim Zentrum fürOrganisationsentwicklung und Supervision nach einerKirchenvorstandsfortbildung zum Thema “Perspektivenfür die Gemeinde entwickeln und umsetzen”. Beim Erstgesprächwurde zwischen dem Kirchenvorstand und demBeraterteam ein Klausurwochenende in einem evangelischenBildungshaus einer benachbarten Stadt verabredet.Die SituationWährend des Erstgesprächs und des vereinbartenKlausurwochenendes schimmerte unterhalb und jenseitsder verabredeten Themen immer wieder eine “Ja-Aber-Struktur” in den Äußerungen der KirchenvorsteherInnendurch. Es zeigte sich, dass die Gemeinde im Jahre2000 in einer euphorischen und sehr aktiven Phase war,in der neben Jubiläumsfeierlichkeiten und Visitationzahllose besondere Veranstaltungen und Events geplantund durchgeführt wurden. Im Jahre 2003, – zum Zeitpunktder Beratung -, war die Stimmung eher gedrücktund alles wurde bewusst oder unbewusst am “goldenen”Jahr 2000 gemessen. Z.Z. der Beratung wurdenweniger Aktivitäten angeboten. Aber selbst dort, wo esAngebote gab, erschienen weniger TeilnehmerInnen.Insgesamt waren die KirchenvorsteherInnen enttäuschtüber das Missverhältnis von hohem Aufwand und wenigsichtbaren Erfolg. Typische Sätze, die immer wiederkamen, waren folgende: “Es ist ja alles ganz nett, aberdamals war es eben viel besser”! “Früher haben mehrLeute mitgemacht. Jetzt machen zu wenige zu viel, aberes bringt doch nichts!” Wir machen jetzt ja auch noch

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ganz gute Sachen, aber 2000 war es besser!” “Das istja alles ganz gut und schön, aber es reicht eben nicht!”“Wir rackern uns hier ab, aber die kommen einfach nichtmehr!”Die Stimmung im Kirchenvorstand war entsprechendnicht gut, obwohl die ehrenamtlichenKirchenvorsteherInnen allesamt ein sehr hohes Maß anEngagement und Verantwortung in der Gemeinde hatten.InterventionenUns als Beraterteam war ziemlich schnell klar, dassdiese “Ja-Aber-Struktur” ein deutliches Zeichen vonUnzufriedenheit, mangelnder Wertschätzung für die eigeneehrenamtliche Arbeit, fehlender positiver Rückmeldung,gedrückter Stimmung und damit schließlich vonimmer geringer werdender Motivation war. Insofern warenwir uns darin einig, dass die gewünschte Perspektiventwicklungfür die Gemeinde nicht ohne eine angemesseneWürdigung der bestehenden Arbeit des Kirchenvorstandsund der Gesamtgemeinde möglich war.Durch eine solche Vergewisserung und Wertschätzungerhofften wir, Energien freizusetzen, die zu dem Zeitpunktin Enttäuschungen festsaßen und blockiert waren.Als Nebeneffekt vermuteten wir, dass wir Antwortenauf die Frage erhalten würden, was sich eigentlichzwischen 2000 und 2003 verändert hatte.Appreciative InquiryAls Beraterteam arbeiteten wir mit den Annahmen derApreciative Inquiry (AI), also mit der Haltung, dass esin jeder Organisation Erfolge, Stärken und Schätze gibt,die es zu erkunden, wertzuschätzen und weiter zu entwickelngilt. Diese Haltung fiel uns nicht schwer, weilzumindest aus den Erzählungen aus dem Jahr 2000sehr schnell deutlich wurde, dass diese Gemeinde vielesInteressante gemacht hat und sehr aktiv ist.Im Hinblick auf methodische Schritte und Interventionenarbeiteten wir undogmatisch mit Bausteinen vonAI, ohne uns in jedem Einzelabschnitt streng an denAblauf eines AI-Summits zu halten. Der Ablauf eines AISummitsspeist sich aus dem AI-Zyklus: 1. Discovery(Erkunden und Verstehen, was bereits da ist; 2. Dream(Entwerfen, was sein könnte); 3. Design (Gestalten, wassein soll); 4. Destiny (Umsetzen, was künftig sein wird).Vgl. dazu auch Maleh (2001), S.33.In Einzelarbeit und Paarinterviews, die später im Plenumanhand von Karteikarten vorgestellt, visualisiert undsystematisiert wurden, arbeiteten wir mit dem Kirchen-Flow in der Beratungsarbeit

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19vorstand an den Stärken der Einzelnen, die in die Vorstandsarbeitund die Gesamtgemeinde eingebrachtwerden. Es kam ein beeindruckendes Bild von Fähigkeiten,Qualifikationen und Talenten zum Vorschein, dasauch den Kirchenvorstand in der späteren Systematisierungselbst überraschte. “So genau habe ich mirunsere ganzen Fähigkeiten noch nie klargemacht!”, wareiner der Kommentare, der in Variationen oft wiederholtwurde.In einem weiteren Schritt ging es daran, die Stärkenund Schätze des gesamten Kirchenvorstands bzw. derGesamtgemeinde zu erarbeiten (Discovery). Um hiernicht nur auf der kognitiven Ebene zu bleiben und nichtwieder in eine lahmlegende Ja-Aber-Strukturdebatte hineinzufallen,gaben wir für diesen Arbeitsauftrag, der mitPräsentation und Auswertung den ganzen Nachmittagin Anspruch nahm, einen szenischen Impuls vor. Wirpräsentierten uns – ohne Vorwarnung und Regieanweisung- als Vorsitzende des Festkomitees im Heimatdorf.Die Kirchengemeinde wurde aufgefordert, fürdas Dorffest im nächsten Jahr anhand von drei Präsentationendie Stärken und “Schätze” der Gemeinde vorzustellen.Eine Arbeitsgruppe sollte dazu ein Anspielerarbeiten, eine zweite ein Gemälde oder Plakat entwerfenund eine dritte Arbeitsgruppe den Text für einenSong ihrer Wahl formulieren. Der Kirchenvorstand nahmden inszenierten Input auf und blieb sowohl in der Bildungder Arbeitsgruppen als auch später in der Präsentationim vorgegebenen Spiel-Setting. Das vom Beraterteamgesetzte Setting half nach unserer Einschätzungzu verhindern, dass die KirchenvorsteherInnen sofortwieder in die alten ablehnenden und negativen Verhaltensmusterzurückfielen mit dem Verweis darauf, dasses doch in der Gemeinde sowieso keine Stärken mehrgibt – jedenfalls nicht seit dem Jahr 2000.ErgebnispräsentationenZwei Stunden später war die Ergebnispräsentation imPlenum verblüffend. Es gab ein nachdenkliches aberdurchaus freches und selbstbewusstes Anspiel über einetypische Situation in der Gemeinde, das Plakat warkompetent gestaltet und symbolisch ausdrucksstark,und der Songtext aussagekräftig und eindrucksvoll undwurde schwungvoll “live” vorgesungen. Die Atmosphärein der Präsentationsphase war wie umgekrempelt. Eswurde geklatscht und gelacht, alle waren aktiv und konzentriert

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bei der Sache. Genauso konzentriert und beiguter Stimmung war die Vorbereitungsphase verlaufen.Freude und Stolz lagen spürbar in der Luft. Die Zeit vergingwie im Flug. Genauso schätzten es auch die Teilnehmendennach der gemeinsamen “Präsentations-Gala” und der inhaltlichen Auswertung bei der anschließendenFeedbackrunde ein. Es war, als sei ein unsichtbarerRuck durch den Kirchenvorstand gegangen. Plötzlichwar nicht mehr nur das Jahr 2000 gut, sondern vieleAnsätze aus dem Jahr 2003 stellten sich als wichtigund bedenkenswert heraus. Alle Präsentationen wurdenausführlich gewürdigt und prämiert. In einem anschließenden“Reflecting Team” zwischen denBeraterInnen spiegelten wir dem Kirchenvorstand nocheinmal ausdrücklich die guten Leistungen und machtendemgegenüber auf die krasse negative Selbstwahrnehmungdurch die Ja-Aber-Kommunikation imErstgespräch und zu Beginn des Wochenendes aufmerksam.AuswertungsgesprächIm anschließenden Auswertungsgespräch wurde erkannt,dass das Niveau und der Aktivitätslevel der Gemeindezur Zeit des Jubiläums im Jahr 2000 für einebegrenzte Zeit verträglich war, aber für einen Dauerzustandabsolut ungeeignet und für ehrenamtliches Engagementneben Berufs- und Privatleben auch völligunrealistisch. Überzogene Maßstäbe und viel zu hoheErwartungen nach dem Jahr 2000 haben die Gemeindein die Krise geführt. Überforderte Ehrenamtliche zogensich zurück, und die positiven Ansätze und Aktivitäten,die es immer noch gab, wurden durch die ständige“Messlatte 2000” nicht mehr wahrgenommen oder zumindestnicht mehr wertgeschätzt. So wurde die Unzufriedenheitimmer höher. Ein Teufelskreislauf war imGang. Zuletzt wurde nur noch kritisch und negativ aufdie Schwächen und die Misserfolge der Gemeinde unddes Kirchenvorstands geblickt. Alle empfanden es alshilfreich, die Ja-Aber-Struktur einmal deutlich “vor dieNase” gehalten zu bekommen, denn sie war ihnen allesamtnicht bewusst.In der Schlussrunde des ersten Klausurtages nahmensich alle KirchenvorsteherInnen vor, zukünftig auf Ja-Aber-Sätze genau zu achten und sich gegenseitig daraufhinzuweisen, wenn sie wieder eingesetzt würden,um Wertschätzung, Energie und kreative Ideen frühzeitigabzuwürgen. Schon am folgenden Tag konnten wirdiese neue Aufmerksamkeit gemeinsam einige Maleeinüben und neue Ja-Aber-Sätze entdecken und gemeinsam

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über sie lachen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Mit der entstandenen guten Laune, spürbaren Energieund hohen Motivation konnten wir am nächsten Tag nacheinem kreativen Brainstorming (Dream) an zwei konkretenund nicht überfordernden Perspektiven für dienächsten Jahre weiter arbeiten (Design). Wir verabredetendafür einige konkrete Umsetzungsschritte undVerantwortlichkeiten für die nähere Zukunft (Destiny).Flow-ErfahrungenIn der Vorbereitung und Präsentation der “Schätze” derGemeinde waren m.E. Grundbedingungen für Flow erfüllt.Das Tagungshaus hatte eine freundliche und helleAtmosphäre. Das gemeinsame Essen, ein ausgewogenesArbeit-Pause-Verhältnis mit Möglichkeit zumSpaziergang und regelmäßiger Kaffee und Tee schufeneine gute Stimmung unter den Beteiligten, die auchpersönlichere Gespräche zuließen. Dadurch konnteAbstand zur Gemeinde erreicht und Konzentration erhöhtwerden. Das Klausurwochenende bot den Beteiligtendarüber hinaus den “Luxus” von genügend Zeit,sich mit den Belangen, Sorgen und Wünschen derKirchenvorsteherInnen ernsthaft zu beschäftigen. Siefühlten sich dadurch ernst genommen, ihre Beiträgewurden aufgenommen und gewürdigt, ohne wegen Zeitmangelzu schnell “abgewürgt” zu werden. So ließenim Laufe des ersten Tages Vorbehalte gegenüber demWochenende zunehmend nach.Spätestens bei der Präsentation der Gemeinde-Schätzesetzte Flow tatsächlich bei vielen ein. Das war inmeiner Wahrnehmung deutlich zu spüren und deckt sichmit dem Erleben meines Beraterkollegens und vielerKommentare von einzelnen KirchenvorsteherInnen.Zur Kontrolle soll die beschriebene Situation anhandder Grundbedingungen für Flow untersucht werden:1. Die Aufgabe entsprach den Fähigkeiten der Teams.Sie überforderte niemanden, aber sie war auch nichtzu einfach und löste somit auch keine Langeweileaus.2. Da es positiv um die “Schätze” der Gemeinde gingund nicht – wie sonst – um die Schwächen war vonAnfang an eine hohe Motivation für die Aufgaben zuspüren, die durch das inszenierte Setting noch erhöhtwurde. Erste Ideen zur Umsetzung entstandenschon bei der Findungsphase der Arbeitsgruppen.Wellen von Energie waren im Raum und führtenzu hoher Konzentration und einer ungeteilten

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Vertiefung in die Arbeit. Entsprechend beeindrukkenwaren auch die Teamergebnisse.3. Die Aufgabe und das Ziel waren klar vorgegeben.Die Zeit sollte genutzt werden, um Stärken derGemeinde vorzustellen.4. Die Rückmeldung kam sofort. Denn das vorbereiteteTun wurde direkt präsentiert, euphorisch beklatscht,positiv wertgeschätzt und später für dieGemeinde im Gemeindebrief dokumentiert.5. Es wurde nicht über die Probleme und Sorgen derGemeinde gegrübelt. Nur die gemeinsame Aufgabewar wichtig.6. Die KirchenvorsteherInnen hatten Kontrolle über ihreigenes Tun und offensichtlich das Gefühl, die Situationzu beherrschen. So konnten sie ihre Kreativitätoptimal einsetzen.7. Ein weiteres Ergebnis der intensiven Zentrierung war,dass nach eigenen Angaben vieler Selbstwahrnehmungund Selbstbeobachtung außer Kraftgesetzt waren. “Es zählte in der Arbeitsphase nurnoch die Arbeit der Gruppe. Und das war ein tollesGefühl!” So hat es eine der Kirchenvorsteherinnenin der Auswertung beschrieben. Im Anschluss andiese konzentrierte Arbeits- und Präsentationsphasewar das Selbstwertgefühl von allen gestärkt. Siehaben gespürt, dass die Arbeit Spaß gemacht hatund gut war. Die gegenseitige Wertschätzung unddie Prämierung der Arbeitsergebnisse durch dasBeraterteam stärkten Stolz und Achtung voreinander.8. Als mein Kollege und ich die Arbeitsgruppen nachEnde der Gruppenphase wieder ins Plenum holten,hörten wir häufiger den Satz: “Was die Zeit ist schonum? Ich habe gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangenist!” Die Gegenwart hat in diesemEnergiefluss alleine gezählt. Die Zeit verging wieim Flug.Schließlich ist eine wichtige Erkenntnis aus dem Feedbackund unserer internen Teamauswertung, dass zwischenmeinem Kollegen und mir während desInszenierungs-Inputs ebenfalls eine Flow-Situation entstand.Wir hatten Stichworte und Ziel verabredet, unsaber sonst ganz auf unsere spielerische Intuition verlassen.Wir spielten uns die Bälle zu, es klappte gut,und alles kam ins Fließen. Dieser Flow-Zustand zwischenuns hat vermutlich auch auf das Klientensystemausgestrahlt und möglicherweise eine Flow-Dynamikerleichtert. “So viel Energie habe ich im Kirchenvorstand

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schon lange nicht mehr gespürt!”Flow in der Beratungsarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21“Alles war im Fluss!”“So macht Arbeit Spaß!”“Endlich sieht mal jemand von außen, dass wir auchSachen gut machen!”“Anerkennung für die eigene Arbeit ist wichtig, - besonderswenn sie ehrenamtlich ist. Das hat mir die letzteZeit bei uns gefehlt!”Solche Sätze, die ich bei der Auswertung mitgeschriebenhabe, beschreiben für mich Flow-Erfahrungen!ErträgeIch konnte in meinem konkreten Beratungsbeispiel Flow-Zustände und Erfahrungen beschreiben, die Einzelneoder sogar die Gesamtgruppe des Kirchenvorstands ineinigen Situationen des Klausurwochenendes gemachthaben. Sie haben ihre Erlebnisse allesamt nicht Flow-Erfahrung genannt. Vermutlich kennen sie das Wortüberhaupt nicht. Aber die Beschreibung dessen, wasviele der KirchenvorsteherInnen in der Zeit der Vorbereitungzur Darstellung der “Gemeinde-Schätze” und vorallem während der Ergebnis-Präsentation erlebt haben,entspricht in vielem der Kennzeichnung einer Flow-Erfahrungnach der Definition von Csikszentmihalyi. Insofernerscheint es mir angemessen zu fragen, was dasKonzept von Flow für die Beratungsarbeit austrägt.Gewinn von FlowMit Hilfe der Philosophie und unter Anwendung dermethodischen Schritte der AI war es im Kirchenvorstandmöglich, Energie zum Fließen zu bringen und Blockierungenzu lösen. Wir haben über Überforderungen, Leistungsdruck,Zeitmangel, Enttäuschungen und demniederdrückenden Vergleich mit dem “Top-Jahr” 2000geredet. Dieses konnte insgesamt ohne das Konzeptvon Flow erreicht werden. Aber die Methoden der AI alleinhätten meine Reflexion über das Geschehene verkürzt.Es war eben nicht nur die wertschätzende Erkundung,die das gute Gesamtergebnis hervorgebrachthat, und mit AI alleine hätte ich es auch nicht angemessenauswerten können.Dabei bin ich mir bewusst, dass AI mehr ist als nur eineBeratungsmethode. Die Philosophie dahinter geht davonaus, dass sich menschliche Systeme in die Richtungentwickeln, der wir die meiste Aufmerksamkeitwidmen (z.B. Stärken oder Schwächen). Insofern schaffen

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Selbstbilder Wirklichkeit Diese konstruktivistischeGrundannahme zeigt, wie wichtig es ist, auf die Stärkenzu blicken. Kritische Selbstreflexion darf dadurchnatürlich nicht ausgeblendet werden.Flow als AnalyseinstrumentMit dem Konzept von Flow gelingt es m.E. besser zuerklären, was in den entscheidenden Situationen derBeratung passiert ist und warum es einen “TurningPoint”(Wendepunkt) für die Beratungssituation diesesWochenendes gab. Die Dokumentation der Situationenunter der Flow-Perspektive sagt dabei zunächst vor allemetwas über die Erlebnisdichte und Handlungsintensitätdieser Situationen aus. Diese stellen sich nunaber nicht nur zufällig ein, sondern sie sind mit gewissenVoraussetzungen und Rahmenbedingungen verknüpft.Insofern geht eine bewusste Reflexion zur Situationüber die Beschreibung atmosphärischer Dichtehinaus. Es können Aussagen zur Angemessenheit derRahmenbedingungen, der methodischen Schritte undzur Qualität der Arbeitsergebnisse gemacht werden.Wenn man davon ausgeht, dass Flow-förderliche Maßnahmendie Qualität von Beratungen erhöhen, kann diekonkrete Beratungssequenz anhand von vier Kontrollpunktennoch einmal betrachtet werden:1. Atmosphäre2. Methode3. Inhalt4. Verhältnis von individueller und gemeinschaftlicherEntwicklung1. AtmosphäreAuf der atmosphärischen Ebene haben freundlicheäußere Bedingungen, der Abstand von derGemeinde, genügend Zeit und emotionale OffenheitFlow-Erfahrungen ermöglicht.2. MethodeDie Ausgangshaltung und die konkreten Arbeitsschritteder AI haben offensichtlich genau daserreicht, was für die Gemeinde wichtig war undwas auch für Flow-Erfahrungen entscheidend ist:Das Ernstnehmen und Wertschätzen der Fähigkeitender Beteiligten; direkte Anerkennung fürgetane Arbeit; Ausgehen von den Stärken undnicht von den Schwächen eines Systems, das indiesem konkreten Fall ohnehin stets vor allem dieSchwächen und das Negative im Vergleich zumJahr 2000 sah; klare Arbeitsanweisungen, eindefiniertes Ziel und eine transparente Kommuni.

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22kation. Der inszenierte Rahmen half, in die Flow-Dynamik hineinzukommen.3. InhaltAuf der inhaltlichen Ebene stimmte die Konzentrationauf die Stärken der Gemeinde mit den Bedürfnissendes Kirchenvorstands überein, so dassin den drei Arbeitsgruppen geradezu dankbardazu gearbeitet werden konnte. Der Wunsch, dieeigenen Stärken inhaltlich und substantiell zuzeigen, war sehr hoch. Der inhaltliche Arbeitsauftragwar lebensnah und mit Wertschätzung undErnstnehmen der eigenen Arbeit verbunden. DasDorffest zeigte sich als angemessener Auftragsrahmenfür die Arbeit. Eine politische Kommunalversammlungoder ein Wettbewerb als inszenierterRahmen hätten möglicherweise wieder zu vielLeistungsdruck hervorgebracht und die Freude ander Planung und Präsentation gedrückt.4. Verhältnis von individueller und gemeinschaftlicherEntwicklungNachdem jede(r) für sich am Vormittag ihre/seineeigenen Stärken und Fähigkeiten vorstellen konnteund dafür Anerkennung erhielt, waren die Voraussetzungenfür die Suche nach gemeinsamenStärken gegeben. Einzelne wurden nicht übergangen.Die individuell und gemeinschaftlich leistungsstarkePlanung und Darstellung setzte imVollzug Flow-Zustände frei, was die Konzentrationerhöhte und das Selbstbewusstsein der Gruppenund schließlich des gesamten Kirchenvorstandsstärkte. Der Wendepunkt war gelungen. DieSpannung zwischen individueller Differenzierungund kollektiver Integration, wie esCsikszentmihalyi nennt, war durch die gesonderteBetrachtung der individuellen und gemeinsamenStärken gewährleistet. Die Komplexität desgesamten Systems konnte gesteigert werden.Die genannten Erkenntnisse sind hilfreich, um sie inzukünftige Planungen von Beratungen bewusst mit einfließenzu lassen. Ich kann Flow-Erfahrungen nicht erzwingen,ich kann sie auch nicht vorprogrammieren undfest einplanen. Entsprechend kann ich dafür auch keineHandbücher oder Rezeptvorschläge erstellen, aberich kann mich – auch und gerade als Beraterin - genauwie eine Führungsperson darum bemühen, Flow-förderlicheBedingungen herzustellen und Aufgaben so vorzugeben,

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dass sie klar und zielorientiert sind und wederüber- noch unterfordern. Das Wissen um Flow unddessen Grundbedingungen kann helfen, stärker sensibilisiertzu sein für die Frage nach der Vision und denZielen einer Organisation, für die Suche nach transparenterKommunikation, wertschätzender Unternehmenskulturund wachsender Komplexität. Flow stellt dafüreine Analysekategorie zum Verstehen “auf allen Kanälen”bereit. Sie kann alle Sinne in die Diagnose undHypothesenbildung, in Interventions- und Auswertungsprozesseeiner Beratung mit einbeziehen.Wie es im Idealfall auch der Organisationsentwicklungs-Zyklus vorsieht. Vgl. Berg/Schmidt (2004), S. 54-59.Flow hebt die Faktoren Kreativität, Energiezuwachs,Motivation und Wertschätzung aber in besonderer Weisehervor.Flow als Kriterium zur InterventionsauswahlDas Konzept von Flow und die Grundbedingungen vonFlow-Erfahrungen können im Beratungszusammenhangzum einen für Führungskräfte und Mitarbeitende bewusstgemacht werden, um geschäftsinterne Verbesserungen(Unternehmenskultur, Arbeitsatmosphäre, Zielbestimmungen,transparente Kommunikation, etc.) daran auszurichten.Das Konzept kann aber auch für denBeratungsprozess selbst angelegt werden. Dabei geheich – wie gezeigt - von der Einsicht aus, dass einBeratungsprozess, der in einem guten räumlichen undatmosphärischen Rahmen stattfindet, in dem die Beteiligtenin ihren Fähigkeiten respektiert werden undmotiviert in gemeinsamen Bemühungen um Verbesserungenvertieft sind, ein gutes Beratungsergebnis erzeugenwird. Dies kann Zufriedenheit und Zuversicht fürweitere Vergewisserungs- und Veränderungsprozessestärken und damit Beratung nachhaltiger machen.Im Hinblick auf Interventionsschritte erscheint es mirwichtig, dass die Konzepte von Flow und der AI darinübereinstimmen, dass ohne Wertschätzung und einezeitnahe Anerkennung für Fähigkeiten und geleistetehaupt- und ehrenamtliche Arbeit viel weniger Freude undEnergie am Tun entwickelt werden. Insofern sehe ichdie Grundhaltung und die methodischen Elemente derAI als besonders geeignet an, Flow-förderlicheBeratungsarbeit zu ermöglichen. Grundsätzlich kann dasKonzept von Flow als Entscheidungskriterium für dieAuswahl von Interventionen innerhalb der OE-Beratungsmethodenausgesprochen hilfreich sein.Flow in der Beratungsarbeit

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23Grenzen von FlowFlow-Erfahrungen können Einzelne nicht nur zur konzentriertenHingabe beim Klettern, Tanzen oder Arbeitenführen, sondern auch Gruppen, Gemeinschaften odergar Massen erreichen (z.B. bei religiösen Übungen,charismatischen Gottesdiensten oder im ausverkauftenFußballstadium in der Fankurve). Dies ist grundsätzlichnicht problematisch. Solche intensiven Erfahrungenkönnen aber für politisch ideologische oder religiösfundamentalistische Zwecke von starken Führungspersönlichkeitenund Propagandaapparaten ausgenutztund manipuliert werden. Es wird in zukünftigen Untersuchungenund kritischen Reflexionen daher wichtigsein, Flow genauer von Ekstase, Hochgefühlen in Suchtzuständen,Wahnvorstellungen und gewissen euphorischenMassenphänomenen zu unterscheiden, um mitdem Konzept von Flow nicht populären und massenwirksamenScharlatanen und Sektenführern in die Händezu arbeiten.Schließlich sollte die ethische Diskussion um Flow-Erfahrungen weiter geführt werden, die Csikszentmihalyiin seinen Büchern und Studien zu Flow selbst begonnenhat.Im Hinblick auf die Beratungsarbeit lässt sich festhalten,dass das Konzept von Flow als Analyseinstrumentfür Flow-förderliche Beratungen wirkungsvoll ist. Es kannauch als Entscheidungskriterium für die Wahl von angemessenenInterventionen eingesetzt werden. Aber esersetzt keine methodisch fundierte Beratungsarbeit innerhalbdes OE-Zirkels. Das Konzept ist keineInterventionsmethode und erhebt auch nicht den Ansprucheine solche zu sein.Kritische GesamtwürdigungDas Wissen um Flow sensibilisiert für Chancen undPotenzial, die entstehen, wenn gute Rahmenbedingungenmit Motivation, Freude und Energiefluss zusammentreffenund konzentriert genutzt werden. Die ungewöhnlicheBetrachtungsperspektive kann erklären, warumwas wie passiert, und hilft, Voraussetzungen fürgelungene Interventionen zu schaffen. Mit Flow kanndemnach eine Perspektiverweiterung gelingen, so dassKreativität und Wertschätzung vom Rand in die Mitteder Aufmerksamkeit rücken. Damit gewinnt jede nachhaltigeBeratungsarbeit.Literatur

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Berg, Hans Georg/Schmidt, Eva Renate (Hgg): Beratenmit Kontakt. Handbuch für Gemeinde- undOrganisationsberatung, Frankfurt/Main 2004 (Originalausgabe1995)Chamberlin, Jamie: Reaching “flow” to Optimize Workand Play, in: American Psychological Association ,Vol.29, No.7 (July 1998), S.1-3, Online:www.apa.org/monitor/jul98/joy.htmlCooperrider David, Sorensen, Peter F.: ApprecaitiveInquiry. Rethinking Human Organisation Toward aPositive Theory of Change, Illinois (=Stipes PublishingChampaign) 2000Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow – Das Geheimnis desGlücks, Stuttgart 1992 (dt. Erstausgabe), Neuausstattung:Stuttgart 2004. Original: Flow – The Psychologyof Optimal Experience, New York (= Harper & Row) 1990Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow im Beruf. Das Geheimnisdes Glücks am Arbeitsplatz, Stuttgart 2004, 2. Aufl.Original: Good Business Leadership. Flow and theMaking of Meaning, New York (= Viking) 2003Csikszentmihalyi, Mihaly: Lebe gut! Wie Sie das Besteaus ihrem Leben machen, Stuttgart 1999. Original:Finding Flow. The Psychology of Engagement withEveryday Life, New York (= HarperCollins Publisher Inc.)1997Csikszentmihalyi, Mihaly: Kreativität. Wie Sie das Unmöglicheschaffen und Ihre Grenzen überwinden, Stuttgart1997. Original: Creativity. Flow and the Psychologyof Discovery and Invention, New York (= HarperCollinsPublisher Inc.) 1996Csikszentmihalyi, Mihaly: Dem Sinn des Lebens eineZukunft geben. Eine Psychologie für das 3. Jahrtausend,Stuttgart 1995. Original: The Evolving Self. APsychology for the Third Millenium, New York(=HarperCollins Publisher Inc.) 1993Csikszentmihalyi, Mihaly : Das Flow-Erlebnis. Jenseitsvon Angst und Langeweile im Tun Aufgehen, Stuttgart1985. Original: Beyond Boredom and Anxiety, San Francisco(= Jossey Bass) 1975Csikszentmihalyi, Mihaly/ Csikszentmihalyi, Isabella S.(Hgg): Die außergewöhnliche Erfahrung im Alltag. DiePsychologie des Flow-Erlebnisses, Stuttgart 1991.Original: Optimal Experience – Psychological Studiesof Flow in Consciousness, Cambridge (= CambridgeUniversity Press) 1988Csikszentmihalyi, Mihaly/Rochberg-Halton, Eugene:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

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Der Sinn der Dinge. Das Selbst und die Symbole desWohnbereichs, München, Weinheim 1989. Original: theMeaning of Things. Domestic Symbols and the Self,Cambridge (= Cambridge University Press) 1981Csikszentmihalyi, Mihaly/Schiefele, U.: Die Qualität desErlebens und der Prozess des Lernens, in: Zeitschriftfür Pädagogik 39/2 (1993), S.207-221Maleh, Carole: Appreciative Inquiry. BestehendePotentiale freilegen und für die Organisation nutzbarmachen, in: OrganisationsEntwicklung, 1 (2001), S.32-41Maleh, Carole: Aus Erfolgen Lernen. Appreciative Inquiry,in: Manager Seminare, Heft 44 (2000), S.90-95Schäfer, Annette: Mr. Flow und die Suche nach demguten Leben, in: Psychologie Heute, 32.Jg., Heft 3 (März2005), S.42-48Visser, Coert: Good Work Makes You Happy, Revisionüber Csikszentmihalyi (2004b), 19. April 2003, Online:www.amazon.com/exec/obidos/tg/detail/-/0670031968/ref=pd_rhf_f_1/103-799www.achievementadvocate.org/ advisory_ board.asp?advisory_board_id=3&prof..www.brainchannels.com/thinker/mihaly.html