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Informationsmaterial Modul-Nr. 4.3:
Bildungsnetzwerke bewerten
(Schwerpunkt: Vertrauensmanagement)
Management von Konflikten
zur Rückgewinnung von Vertrauen
von Norbert Krupp und Christoph Schweers
Bildungsnetzwerker… – haben die Fähigkeit, eigene Empfindungen und die Gefühle anderer wahrzunehmen; – können die häufigsten Ursachen von Konflikten erkennen; – wissen, dass Teams einen Entwicklungsprozess durchlaufen und Konflikte während des Prozesses
vorhersehbar sind; – lokalisieren die Merkmale zwischenmenschlicher Konflikte bevor sie sich zum Konfliktsyndrom er-
gänzen; – nehmen schwelende Konflikte bei Teamsitzungen wahr; – wissen, mit welcher möglichen Strategie bestehende Konflikte erfolgreich gelöst werden können; – verhandeln im Konfliktfall in einem Stil, mit dem Vertrauen von Konfliktpartnern zurückgewonnen
werden kann; – fördern im Konfliktfall durch ihre Verhaltensweise das Vertrauen der Konfliktparteien; – verhandeln sachlich um Konflikte zu lösen; – setzen Verfahren zur Konfliktlösung ein, die für alle Beteiligte eine Gewinn-Gewinn-Strategie anstre-
ben; – und kennt das Vorgehen und die Anwendung von Mediation.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 2
1. Zum Verständnis von Kontaktstörungen und Kon-flikten
Kontaktstörungen werden hier verstanden als gestörte Kommunikati-
onsabläufe zwischen den Beteiligten eines Bildungsnetzwerkes.
Gestörte Kommunikationsabläufe werden sichtbar in Konflikten, die als
Ausdruck von Beziehungsstörungen zwischen Einzelpersonen oder
Gruppen auftreten. Unter einem Konflikt verstehen wir hier offene oder
versteckte destrukti ve Verhaltensweisen und Umgangsformen von
Menschen, die in Wechselbeziehungen zueinander stehen. Der Begriff
Kontaktstörung ist daher gleichzusetzen mit dem Begriff Konflikt.
2. Reaktionen auf Konflikte Konflikte gehören zum Dasein. Überall, wo Menschen zusammen-
treffen, werden Kontaktstörungen auftreten.
Die Fähigkeit, die eigenen Empfindungen und die Meinungen und Ge-
fühle der anderen wahrzunehmen, ist die Voraussetzung um Konflikte
frühzeitig wahrzunehmen.
Vor allem drei Reaktionen zeigen das gestörte soziale Miteinander an:
- Gereiztheit,
- psychosomatische Symptome,
- Rückzug nach innen.
2.1 Gereiztheit Die ersten Reaktionen auf eine Störung der Beziehung zu anderen
Personen sind Signale der Gereiztheit.
Auf die kleinsten Dinge des täglichen Lebens reagieren wir genervt.
Die Wahrnehmung dieser Gefühle bei sich oder anderen zeigen einen
kleineren oder größeren bevorstehenden Konflikt an.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 3
2.1 Psychosomatische Reaktionen Bei psychosomatischen Reaktionen z.B. Magen-, Kopf- oder Rücken-
schmerzen können die Ursachen in einem verborgenen Konflikt liegen.
Der Körper reagiert schneller als der Verstand. Bei solchen Symptomen
lohnt es sich eine Konfliktdiagnose durchzuführen und nach den Ursa-
chen zu forschen.
2.2 Rückzug nach innen Will man seine Ruhe haben, sind einem die Ergebnisse einer Teamsit-
zung egal, stören die eigenen destruktiven Verhaltensweisen und die
der anderen einen nicht, so befindet man sich auf dem Rückzug nach
innen.
Nehmen sie solche Anzeichen einer Egal-Stimmung bei sich oder
Teammitgliedern eines Bildungsnetzwerkes wahr, überlegen sie:
inwieweit sie oder Teammitglieder Teil eines Konfliktes sind;
ob sie einen Beitrag zur Klärung des Konfliktes leisten können;
ob sie kooperative Vorschläge für Problemlösungen mit einbringen
können. Wenn sie an sich oder Teammitgliedern eines Bildungsnetz-
werkes gereizte Reaktionen, psychosomatische Symptome oder einen
Rückzug nach innen feststellen, dann sind Kontakstörungen schon
massiv aufgetreten.
3. Die häufigsten Ursachen von Konflikten
Das Auftreten von Konflikten lässt sich einordnen in die folgenden Ka-
tegorien von Ursachen:
- Reduktion der Information,
- Erfahrungen bestimmen Einstellungen und Verhalten,
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 4
- Selbst erfüllende Prophezeiungen,
- Unterschiedliche Ziele und Interessen,
- Werte und Grundsätze als Bestandteil der Persönlichkeit.
3.1 Reduktion der Information
Sprache hat Grenzen, d.h. das gleiche Wort wird von unterschiedlichen
Personen jeweils anders interpretiert.
Dieses andere Verstehen der Sprache führt zu Konflikten.
Ich gebe dir den geliehenen Gegenstand schnell zurück, heißt für den
einen, ich bekomme ihn in 10 Minuten zurück, der andere denkt in drei
Wochen.
3.2 Erfahrungen bestimmen Einstellungen und Verhalten
Im Laufe eines Lebens werden erlebte und bewährte Handlungsweisen
in „Drehbücher der Erfahrung“ abgelegt.
Jeder Mensch hat andere Lebenserfahrungen und damit andere Dreh-
bücher in seinem Gehirn abgespeichert.
Gehen wir in ein deutsches Restaurant, schreibt uns unsere Drehbu-
cherfahrung folgendes vor:
suche einen freien Tisch und setze dich dorthin,
warte auf den Kellner und gib ihm deine Bestellung auf.
Die Bedienung hat in Deutschland das gleiche Drehbuch im Kopf und
es wird in der Regel zu keinem Konflikt kommen.
In Spanien oder den USA erwartet der Kellner aufgrund seiner Dreh-
bucherfahrung, dass man sich nicht einfach an einen Tisch setzt, son-
dern nach einem freien Tisch fragt und ihn anschließend zugewiesen
bekommt. Hält man sich in diesen Ländern nicht an das vorgegebene
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 5
Drehbuch, ist der Konflikt vorprogrammiert, z.B. Zurechtweisung, keine
oder unfreundliche Bedienung usw.
3.3 Selbst erfüllende Prophezeiungen
Selbst erfüllende Prophezeiungen kann man folgendermaßen be-
schreiben:
Durch eigenes Verhalten werden die von mir vorausgedachten Erwar-
tungen anderen Menschen aufgezwungen, dabei wird aber das eigene
Verhalten nur als Reaktion auf das Verhalten der anderen wahrge-
nommen.
Selbsterfüllende Prophezeiungen sind Ursache von Konflikten, weil der
Kommunikationspartner sich nicht bewusst ist, dass er seine eigenen
Verhaltensweisen solange variiert bis er seine eigenen Erwartungen
bestätigt sieht.
Paul Watzlawick schreibt dazu: „Wenn jemand davon überzeugt ist,
dass ihn niemand respektiert, wird er ein misstrauisches, abweisendes
oder aggressives Benehmen an den Tag legen, auf das seine Umwelt
höchstwahrscheinlich mit Unmut reagiert und damit seine ursprüngliche
Annahme bestätigt.“
3.4 Unterschiedliche Ziele und Interessen
Unterschiedliche Ziele und Interessen führen direkt in den Konflikt. Da-
mit eine Gruppe erfolgreich miteinander kommuniziert, müssen die Mit-
glieder die Absicht haben zu kooperieren. Hierzu sind gemeinsame Zie-
le und Interessen unabdingbar.
Für den Aufbau eines Bildungsnetzwerkes ist es daher notwendig die
Ziele und Interessen aller Beteiligten unter einen Hut zu bringen.
Hierbei sind die folgenden Fragen zu beantworten:
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 6
- Welches Ziel wird allen gerecht?
- Ist das Ziel konkret genug formuliert?
- Lässt sich das Ziel realisieren?
- Woran kann man messen, dass das Ziel erreicht wurde?
- Ist der zeitliche Rahmen zur Zielsetzung realistisch?
- Kann das Ziel von mir selbst und den Teammitgliedern erreicht
werden oder liegt die Umsetzung z.B. bei der Landesregierung?
3.5 Werte und Grundsätze
Werte und Grundsätze werden schon in der Kindheit erworben. Unsere
Erzieher sagen uns was richtig und falsch ist. Im Erwachsenenalter ver-
festigen sich unsere Werte und Grundsätze aufgrund unserer Lebens-
erfahrung und bilden unsere Identität und Persönlichkeit.
Die Werte und Grundsätze sind in unserem Gehirn abgelegt und steu-
ern unsere konkreten Verhaltensweisen.
Gibt es etwas zu verteilen, z.B. Anerkennung, Macht, Gehalt, Aufmerk-
samkeit, Ressourcen usw. oder muss beurteilt werden, was richtig oder
falsch ist, sind die eigenen Wertvorstellungen der Maßstab für die Ent-
scheidung. Treffen unterschiedliche Weltanschauungen aufeinander
kommt es dann zu einem Konflikt, wenn jeder davon überzeugt ist, nur
seine Werte sind die richtigen.
So kann z. B. eine Tagesordnung für eine Teamsitzung eines Bil-
dungsnetzwerkes sehr genau oder großzügig formuliert sein.
Einige Teilnehmer werden die genauen Formulierungen für pedantisch
und andere die großzügigen für chaotisch halten.
Eine enge Führung des Konferenzleiters bei Teamsitzungen wird von
manchen als Gängelei und eine weite Führung von anderen als Ver-
nachlässigung angesehen.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 7
4. Konflikte sind vorhersehbar
Der amerikanische Psychologe Bruce Tuckemann hat schon in den
60er Jahren herausgefunden, das Teams einen Entwicklungsprozess
durchlaufen, der sich in vier Phasen gliedert. Während dieses Prozes-
ses lassen sich Konflikte vorhersagen. Die Phasen gliedern sich wie
folgt:
4.1 Das Forming
Das Forming ist die Orientierungsphase. Die Gruppenstruktur ist ge-
prägt durch gegenseitiges Kennenlernen. Die Einzelnen suchen ihren
Platz in der Gruppe. Das Klima ist freundlich, man geht vorsichtig mit-
einander um, Zurückhaltung und Neugier überwiegen.
Die Mitglieder der Gruppe stellen Fragen zu Aufgaben und Zielen der
Zusammenarbeit.
Die Regeln der Zusammenarbeit und die geeigneten Methoden werden
aufgrund der ersten Eindrücke getroffen.
In dieser Findungsphase findet ein erstes Ausprobieren statt, welches
Verhalten in der Gruppe akzeptabel ist. Insgesamt ist die Phase von
Höflichkeit und Zurückhaltung geprägt.
4.2 Das Storming
In diesem Teilabschnitt werden Konflikte ausgetragen. Es ist die Phase
der Abgrenzung. Das Bedürfnis nach Individualität äußert sich in inne-
rer und/oder äußerer Kritik.
Meinungen polarisieren, ein Konkurrenzkampf unter den Beteiligten tritt
auf. Mit den ersten Vereinbarungen ist man nicht zurechtgekommen,
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 8
die Aufgabenanforderungen werden emotional abgelehnt, Ziele werden
in Frage gestellt.
Mitglieder des Teams oder auch der Leiter versuchen ihre eigenen Ein-
stellungen, Werte und Grundsätze als Gruppennorm durchzusetzen.
Unterschiede treten deutlich hervor.
4.3 Das Norming
In dieser Phase werden die in der Abgrenzungsphase entstandenen
Konflikte geklärt.
Die Ziele der Teamarbeit die Wege dorthin werden überarbeitet und
neu festgelegt, evtl. werden schriftliche Verträge und Vereinbarungen
getroffen. Es entwickeln sich verbindliche Gruppennormen und der
Gruppenzusammenhalt festigt sich. Man akzeptiert und unterstützt sich
gegenseitig, Verbindlichkeit entsteht, vorhandene Konflikte werden ab-
gebaut und ein Wir-Gefühl entwickelt sich.
4.4 Das Performing
Die anstehenden Aufgaben werden in diesem Abschnitt abgearbeitet.
Die gemeinsame Zielerreichung, kooperativer Arbeitsstil, angemessene
Gruppennormen und effiziente Arbeitsweisen stehen im Vordergrund.
Die inhaltliche Arbeit wird erledigt, die Gruppe hat Verantwortung für
sich selbst übernommen.
Die Energie wird zur Erledigung der Aufgabenstellung eingesetzt, neue
Problemlösungen entwickeln sich, das Gruppenverhalten ist insgesamt
funktional. Die Teammitglieder pflegen einen guten und fairen Umgang
miteinander, die interpersonellen Probleme sind gelöst.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 9
5. Merkmale zwischenmenschlicher Konflikte
Vier Merkmale lassen sich (nach Morton Deutsch, Konfliktregelung,
Ernst Reinhardt Verlag München, 1976) bei zwischenmenschlichen
Kontaktstörungen/Konflikten erkennen (siehe Schaubild):
- Es wird verzerrt, irreführend kommuniziert, bewusst getäuscht;
- Es wird viel schärfer wahrgenommen, was trennt, worin man
verschieden, ja unvereinbar ist;
- Es herrschen Misstrauen, Argwohn und offene Feindschaft;
- Es arbeitet jeder für sich bzw. versucht, dem anderen sein Vor-
gehen aufzuzwingen.
Diese vier Merkmale ergänzen sich zum Konfliktsyndrom. Wenn in ei-
ner Beziehung oder Gruppe ein Merkmal auftritt, zieht es kurz oder lang
auch die anderen Symptome nach sich.
Kommunikation Wahrnehmung Einstellung Aufgabenbezug Ist nicht offen und auf-richtig oder bewusst irreführend Information ist unzurei-chend oder bewusst irreführend Geheimniskrämerei und Unaufrichtigkeit nehmen zu Drohungen und Druck treten an die Stelle von offener Diskussion und Überzeugung
Unterschiede und Dif-ferenzen in Interessen, Meinungen und Wert-überzeugungen treten hervor Das Trennende wird deutlicher gesehen als das Verbindende Versöhnliche Gesten des anderen werden als Täuschungs-versuche gedeutet, seine Absichten als bösartig und feindselig beurteilt, er selbst und sein Verhalten einseitig und verzerrt wahrge-nommen
Vertrauen nimmt ab und Misstrauen zu Verdeckte und offene Feindseligkeiten nehmen zu Die Bereitschaft nimmt ab, dem ande-ren mit Rat und Tat zur Seite zu stehen Die Bereitschaft nimmt zu, den ande-ren auszunutzen, bloßzustellen, herab-zusetzen
Die Aufgabe wird nicht mehr als gemeinsame Anforderung wahrge-nommen, die am zweckmäßigsten durch Arbeitsteilung bewältigt wird, in der jeder nach seinen Kräften und Fähigkeiten zum ge-meinsamen Ziel bei-trägt Jeder versucht, alles alleine zu machen, man braucht sich so nicht auf den anderen zu verlassen, ist von ihm nicht abhängig und entgeht damit der Ge-fahr, ausgenutzt und ausgebeutet zu wer-den
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 10
6. Wahrnehmung von schwelenden Konflikten bei Teamsitzungen
Im folgenden Schaubild werden eine Reihe von Verhaltensweisen auf-
geführt, an denen schwelende Konflikte erkannt werden können.
Wenn ein Konflikt innerhalb einer Gruppe/ zwischen
Gruppe und Individuum zwischen Individuen
schwelt, sind Mitglieder ungeduldig miteinander, gehen Beteiligte ungeduldig miteinander um,
werden Ideen angegriffen, noch bevor sie ganz ausgesprochen sind,
fallen Beteiligte sich gegenseitig ins Wort,
nehmen Mitglieder Partei und weigern sich nachzugeben, können Mitglieder sich nicht über Pläne und Vorschläge einigen,
beharren Beteiligte auf ihrem Standpunkt, können Beteiligte die Vorschläge des anderen nicht akzeptieren,
werden Argumente mit großer Heftigkeit vorgetragen,
sprechen Beteiligte mit aggressivem Unterton,
greifen Mitglieder sich gegenseitig aus subti-le Weise persönlich an,
machen Beteiligte ironische Bemerkungen übereinander,
sprechen Mitglieder abfällig über die Gruppe und ihre Fähigkeiten
sprechen Beteiligte bei Außenstehenden abfäl-lig über den anderen,
klagen Mitglieder sich gegenseitig an, dass sie das eigentliche Problem nicht verstehen,
beklagen Beteiligte sich darüber, dass sie den anderen nicht verstehen,
verdrehen Mitglieder die Beiträge der ande-ren,
verdrehen Beteiligte die Beiträge des anderen,
bilden sich Cliquen innerhalb der Gruppe. suchen Beteiligte sich Verbündete.
7. Konfliktmanagement und Rückgewinnung von Ver-trauen
Nachdem ein Konflikt erkannt worden ist, gilt es diesen zu lösen. Hier-
bei wird häufig auf eine der folgenden Formen zurückgegriffen (vgl.
Beck/Schwarz 1995, S.49f.):
- Ignorieren:
Eine weithin anzutreffende Verhaltensweise bei einem
Konflikt ist es, einen Konflikt zu ignorieren, wegzuschauen
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 11
in der Hoffnung, dass der Konflikt sich von selber auflöst
oder aber zumindest die eigene Person verschont bleibt.
- Tolerieren:
Hierbei wird Verständnis signalisiert und darauf verzichtet,
die eigene Position bzw. Interessen zu vertreten.
- Resignieren:
Diese Form ist gleichbedeutend mit dem Verzicht auf ei-
gene Initiative. Somit wird dem Konflikt ausgewichen –
häufig begleitet von dem Gefühl der Ohnmacht oder Nie-
dergeschlagenheit.
- Regredieren:
In diesem Fall wird auf „typische“, bereits früher erworbe-
ne und als erfolgreich empfundene Verhaltensweisen zu-
rückgegriffen (bspw. Weinen oder aber „Lospoltern“).
- Rationalisierung:
Die Suche nach scheinbar vernünftigen Konfliktgründen,
welche allerdings oft einseitig (kognitiv) vorgenommen
wird.
- Instrumentalisieren/Aktivieren:
Dabei wird ein Konflikt für eigene Interessen eingesetzt
und teilweise auch verschärft.
Diese Verfahren führen aber langfristig nicht zu einer tragfähigen Kon-
fliktlösung, sondern dienen eher der kurzfristigen Konfliktbewältigung.
Diese entsprechen auch einer gesellschaftlich allzuoft vorzufindenden
Angst vor Konflikten und einer Verdrängung derselben.
Die im Folgenden vorgestellten Verfahren zur Rückgewinnung von Ver-
trauen unter Zuhilfenahme der möglichen Strategien des Konfliktmana-
gements sind unterteilt in solche, die selbstständig durch die Konfliktbe-
teiligten vorgenommen werden können und solche Verfahren, die durch
die Beteiligung bzw. Konsultation Dritter gekennzeichnet sind, wobei für
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 12
die letztgenannte Vorgehensweise exemplarisch die Mediation themati-
siert wird.
8. Möglichkeiten zur selbstständigen Rückgewinnung von Vertrauen
In diesem Kapitel wird aufgezeigt mit welcher Strategie und mit we l-
chem Verhandlungsstil Vertrauen von Konfliktparteien selbstständig
zurückgewonnen und damit bestehende Konflikte gelöst werden kön-
nen.
8.1 Strategien im Konfliktfall
Im Allgemeinen könnte davon ausgegangen werden, dass es einfacher,
sinnvoller und lösungsorientierter ist, Konflikte durch unabhängige
Vermittler bzw. durch Konsultation von Dritten zu lösen.
Was aber tun, wenn kein Vermittler in Sicht ist oder die vorausgesetzte
Unabhängigkeit nicht gewahrt ist?
Darüberhinaus stellt sich die Frage, ob man i.d.R. tatsächlich mit einem
Vermittler zu besseren Ergebnissen kommt oder nicht und ob nicht be-
stimmte Arten von Konflikten nur selbstständig gelöst werden können.
Wenn man also grundsätzlich davon ausgehen kann, dass bestimmte
Konflikte selbstständig von den Konfliktparteien gelöst werden können
unter der Voraussetzung, dass die Qualität der Lösung darunter nicht
leidet, dann bedarf es bestimmte Verhaltenskonventionen beider Kon-
fliktparteien, um zu einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts zu
kommen.
Die nachstehenden aufgeführten Verhaltensweisen zeigen mögliche
Antwortvarianten auf die Frage auf, wie können und/oder sollten Sie
sich in einem Konflikt verhalten, wenn Sie zu einer Seite der Konflikt-
parteien gehören.
Möglich wären die folgenden Verhaltensweisen:
- Problem aussitzen, den Konflikt vermeiden;
- Seine Meinung auf jeden Fall durchsetzen;
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 13
- Nachgeben, dem anderen Recht geben;
- Einen Kompromiss anstreben;
- Eine Kooperation eingehen.
Unter dem Aspekt welche der oben aufgeführten Strategien am erfolg-
reichsten sein kann, um Vertrauen zurückzugewinnen und die Mei-
nungsverschiedenheit zwischen den Konfliktparteien nachhaltig zu be-
seitigen, kann aus drei unterschiedlichen Sichtweisen argumentiert
werden.
Bei der Betrachtung der verschiedenen Verhaltensweisen können je-
weils drei Positionen unterschieden werden.
Erstens die eigene Sichtweise und zweitens die Sichtweise des Kon-
fliktpartners. Die dritte Möglichkeit ergibt sich, wenn die Position eines
neutralen Dritten eingenommen wird. Versucht man in dieser Position
einen Konflikt zu lösen, nimmt man die Rolle eines Konfliktmoderators
ein.
Diese dritte Position wird im Folgenden bei der Betrachtung der Lö-
sungsvarianten vorerst außer acht gelassen. (Siehe hierzu Kapitel 3
„Rückgewinnung von Vertrauen durch Mediation“).
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 14
8.2 Konflikt vermeiden bzw. das Problem aussitzen oder die
Verlierer-Verlierer-Strategie
Ist Vertrauen verlorengegangen, eine Meinungsverschiedenheit oder
ein Konflikt entstanden, bedeutet nichts tun nicht, dass das Problem
sich in Luft auflöst.
Durch Leugnen des Konflikts bzw. durch Herstellen einer Scheinhar-
monie wird das Problem lediglich unterdrückt. In den meisten Fällen
wird es nicht vergessen, sondern wird stetig größer.
Je länger dieser Zeitraum anhält, um so mehr Vertrauen geht auf bei-
den Seiten verloren. Eine gemeinsame Lösung zu finden, wird immer
schwieriger. Zudem besteht die Gefahr einer plötzlichen Entladung ei-
nes unterdrückten Konflikts.
Bei dieser Vorgehensweise werden weder die eigenen noch die Inte-
ressen und Bedürfnisse des Konfliktpartners bewusst wahrgenommen.
Für beide Seiten wird der Konflikt nicht gelöst. Bei dieser Strategie ver-
lieren alle Beteiligte.
Den Kopf in den Sand zu stecken, führt nicht zur Rückgewinnung von
verlorenem Vertrauen, sondern der gegenteilige Effekt tritt ein, so dass
das Misstrauen zwischen den Konfliktparteien sich auf Dauer erhöhen
wird.
8.3 Seine Meinung durchsetzen oder die
Gewinner-Verlierer Strategie
Wird die eigene Meinung als die allein gültige dargestellt, und werden
die eigenen Ziele und Interessen rücksichtslos verfolgt, will eine Seite
der Konfliktparteien mit allen Mitteln als Sieger aus dem Konflikt her-
vorgehen.
Menschen, die Konflikte aggressiv austragen, fühlen sich im Recht und
finden die Meinung der anderen Seite als überflüssig und unwichtig. In
einer Auseinandersetzung ist diese Durchsetzungs-Strategie der Ver-
meidungs-Strategie bei weitem überlegen.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 15
Die unterlegene Partei wird allerdings daran gehindert ihre Bedürfnisse
und Ziele zu verwirklichen. Bei den Verlierern entstehen Gefühle, wie
z.B. Ärger, Wut, Resignation usw. und ein neues Konfliktpotential ist
somit entstanden. Die Gewinnerpartei muss zu einem späteren Zeit-
punkt mit einer Revanche der Verlierer rechnen.
Anstatt Vertrauen aufzubauen wird mit dieser Strategie Misstrauen ge-
radezu gefördert.
8.4 Nachgeben oder die Verlierer-Gewinner-Strategie
Das Gegenteil zur Durchsetzungs-Strategie ist das Nachgeben. Dieje-
nige Partei die nachgibt, macht um der Übereinkunft willen einseitige
Zugeständnisse. Unter dem Motto „Der Klügere gibt nach“ wird starkem
Druck der Gegenseite nachgegeben.
Man ist willentlich zur Änderung seiner Position bereit, um den Bedürf-
nissen und Interessen der Gegenseite entgegenzukommen. Um die
Beziehung zum Gesprächspartner aufrecht zu erhalten oder zu verbes-
sern, werden bereitwillig Konzessionen gemacht.
Werden die eigenen Ziele und Interessen nicht erreicht, tröstet man
sich mit seiner eigenen moralischen Überlegenheit. Die andere Seite
war eben noch nicht in der Lage die „richtige Lösung“ zu erkennen.
Die nachgebende Seite setzt Vertrauen in die Situation und sucht eine
positive Beziehung zur anderen Seite aufzubauen. Die Gewinnerseite
entwickelt ebenfalls Vertrauen in die Situation, sie glaubt an die anha l-
tende Nachgiebigkeit der Verliererseite.
Bekommt die nachgebende Seite allerdings den Eindruck einer andau-
ernden Benachteiligung, wandelt sich deren Vertrauen in Misstrauen
und der latent vorhandene Konflikt bricht aus unter dem Motto „bis
hierhin und nicht weiter“.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 16
8.5 Kompromiss anstreben oder die Gewinner-Gewinner- und die
Verlierer-Verlierer-Strategie
Um eine Lösung bei einem Konflikt zu finden verzichten beide Parteien
bei einem Kompromiss auf einen Teil ihrer Forderungen. Andererseits
erreichen beide Parteien teilweise ihre Interessen und Ziele.
Die Konfliktparteien sind einerseits beide Gewinner, da sie etwas be-
kommen, aber auch gleichzeitig beide Verlierer, da sie Zugeständnisse
machen müssen.
Beide Seiten konnten ihre angestrebten Ziele und Interessen nicht er-
reichen. Hier liegt beim Kompromiss das eigentliche Problem. Vertrau-
en wird nur teilweise zurückgewonnen. Es bleibt bei den Konfliktpart-
nern evtl. das Gefühl die andere Seite hat mehr erreicht als man selbst.
Vertrauen und Misstrauen halten sich dann damit die Waage.
Allerdings ist die Kompromiss-Strategie immer noch besser, als die
Verlierer-Verlierer-Strategie bzw. die Verlierer-Gewinner-Strategien.
8.6 Eine Kooperation eingehen oder die Gewinner-Gewinner-
Strategie
Wird im Konfliktfall eine Kooperation eingegangen, werden nicht nur die
eigenen Ziele und Wünsche, sondern auch die der Gegenseite von den
Parteien als zu lösende Probleme angesehen. Die Gesprächsteilneh-
mer verfolgen dann das Ziel, die gemeinsamen Interessen herauszu-
finden und nicht das Ziel die gegensätzlichen Positionen deutlich zu
machen.
Bei allen Überlegungen wird der gemeinsame Nutzen in den Mitte l-
punkt gestellt.
Die Suche nach objektiven Kriterien um gefundene Lösungsmöglichkei-
ten beurteilen zu können, stehen im Vordergrund bei gemeinsamen
Diskussionen und Verhandlungen.
Neue Ideen werden entwickelt und Synergieeffekte werden gesucht,
um den Wünschen beider Seiten gerecht zu werden.
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 17
Bei dieser Vorgehensweise gewinnen beide Konfliktgruppen. Misstrau-
en wird in den Kooperationsverhandlungen abgebaut und Vertrauen
aufgebaut. Aus Konfliktparteien werden Verhandlungspartner.
Wenn wir zur Ausgangsfrage zurückgehen „Wie können wir uns und
wie sollten wir uns in einem Konflikt als Netzwerker verhalten, so kann
man folgendes Fazit ziehen:
Die Verlierer-Verlierer-Strategie und die Gewinner-Verlierer-Strategien
sollten auf jeden Fall vermieden werden. Die erfolgreichste Strategie ist
die Gewinner-Gewinner-Strategie.
8.7 Den Verhandlungsstil der anderen und seinen eigenen Ver-
handlungsstil im Konfliktfall erkennen
Welchen Verhandlungsstil haben Sie bisher in Konfliktsituationen ein-
genommen? Wollten Sie eher eine Übereinkunft oder eher einen Sieg
über die andere Seite oder haben Sie sachbezogen und interessenori-
entiert verhandelt?
Welchen Verhandlungsstil haben Sie bei Konfliktpartnern beobachtet?
Nach Fischer, Roger u.a.: Das Havard-Konzept: Sachgerecht verhan-
deln – erfolgreich verhandeln, Frankfurt 1996, lassen sich die nun fo l-
genden Verhandlungsstile unterscheiden.
8.7.1 Der weiche Verhandlungsstil
- Die Teilnehmer an den Verhandlungen sehen sich als Freunde;
- Sie verfolgen das Ziel eine Übereinkunft mit der Gegenseite zu
finden;
- Sie machen Konzessionen um die Beziehung zur Gegenseite zu
verbessern;
- Sie haben eine weiche Einstellung zu Menschen und Proble-
men;
- Sie vertrauen der anderen Partei;
- Sie ändern bereitwillig ihre Position;
- Sie unterbreiten Angebote;
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 18
- Sie legen ihre Verhandlungslinie offen;
- Der Übereinkunft willen werden einseitige Zugeständnisse in
Kauf genommen;
- Sie suchen nach der einzigen Antwort, die die anderen akzeptie-
ren;
- Sie bestehen auf einer Übereinkunft;
- Willenskämpfe werden vermieden;
- Starkem Druck wird nachgegeben.
8.7.2 Der harte Verhandlungsstil
- Die Teilnehmer an den Verhandlungen sehen sich als Gegner;
- Sie verfolgen als Ziel einen Sieg über die Gegenseite zu errei-
chen;
- Sie fordern Konzessionen als Voraussetzung für eine Beziehung
zur Gegenseite;
- Sie haben eine harte Einstellung zu Menschen und Problemen;
- Sie misstrauen der anderen Partei;
- Sie beharren auf der eigenen Position;
- Sie drohen den anderen und setzen Ultimaten;
- Ihre Verhandlungslinie bleibt verdeckt;
- Sie fordern einseitige Vorteile als Preis für eine Übereinkunft;
- Sie suchen nach der einzigen Antwort, die sie selbst akzeptie-
ren;
- Sie bestehen auf der eigenen Position;
- Sie müssen den Willenskampf gewinnen;
- Sie üben starken Druck aus.
8.7.3 Verhandeln Sie sachlich
Der weiche und der harte Verhandlungsstil zur Lösung von Konflikten
führen in die Sackgasse der Gewinner-Verlierer-Strategien. Ändern Sie
die Regeln, verhandeln Sie sachbezogen. Loten Sie den eigenen
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 19
Gestaltungs- und Handlungsspielraum und den der Konfliktpartei aus.
Welche Ziele und Interessen verfolgen Sie selbst, welche die Gegen-
seite? Welche Ergebnisse streben Sie an, welche die andere Seite?
Sachbezogene und interessenorientierte Probleme verhandeln bedeu-
tet nach Fischer, Roger u.a.:
- Die Teilnehmer an Verhandlungen sind Problemlöser;
- Sie verfolgen als Ziel ein vernünftiges, effi zientes und gütlich er-
reichtes Ergebnis;
- Menschen und Probleme werden getrennt voneinander behan-
delt;
- Man ist weich zu den Menschen und hart in der Sache;
- Die Vorgehensweise ist sachorientiert und unabhängig von Ver-
trauen oder Misstrauen;
- Interessen der Parteien stehen im Mittelpunkt, nicht die gegen-
sätzlichen Positionen;
- Die Interessen von beiden Seiten werden erkundet;
- Man sucht nach Möglichkeiten für den gegenseitigen Nutzen;
- Die Beteiligten suchen nach möglichst vielen Lösungsmöglich-
keiten für das Problem, erst danach fällt eine Entscheidung;
- Die Beteiligten bestehen auf objektiven Kriterien für eine Lösung;
- Die Ergebnisse hängen nicht vom Willen einzelner Personen
oder Parteien ab;
- Nur Vernunft und sachliche Argumente und nicht irgendwelcher
Druck führen zu einer Übereinkunft.
8.8 Vertrauensbildende Maßnahmen
Im Sinne der Gewinner-Gewinner-Strategie und der Vorgehensweise in
einem sachlichen Verhandlungsstil sehen sich die Konfliktparteien als
Partner, um ein gemeinsames Problem zu lösen.
Was können Sie in einem Konfliktfall tun, um die andere Konfliktpartei
von diesem Handlungskonzept zu überzeugen?
Management von Konflikten zur Rückgewinnung von Vertrauen
Modul 4.3.1: ANUBA-Informationsmaterial, Version 2.0 (w) N. Krupp, C. Schweers unter Mitarbeit von D. Ottersbach; © ANUBA 20
Sie müssen dem Konfliktpartner vertrauen, auch auf die Gefahr hin,
dass ihr Vertrauen missbraucht werden kann. Gleichzeitig müssen Sie
bei der Gegenseite Vertrauen aufbauen.
Nach Höher, Peter; Höher, Friederike: Konflikt Management; Konflikte
kompetent erkennen und lösen, München 2002, fördern folgende Ver-
haltensweisen das Vertrauen der Konfliktparteien:
- Ich-Botschaften senden statt Schuldzuweisungen;
- Blickkontakt aufnehmen;
- Eine zugewandte Körperhaltung zeigen;
- Aktives Zuhören und Spiegeln;
- Offene Fragen stellen (W-Fragen, z.B. „Wie kam es dazu...?“),
um Informationen austauschen und reflektieren zu können;
- Sich in einer neutralen, annehmbaren Sprache äußern; nicht
werten, keine "Killerphrasen";
- Ordnend und strukturierend zusammenfassen;
- Offen kommunizieren, d.h. Gefühle bewusst und angemessen
äußern;
- Wahrnehmung und deren Interpretation strikt trennen;
- Nach Ursachen für verzerrte Wahrnehmung suchen;
- Die Beziehung zur Konfliktpartei kooperativ aufbauen;
- Den sachlichen Aspekt des Problems herausarbeiten;
- Checklisten für den Prozess der Problemlösung erarbeiten;
- Persönliche Aspekte des Problems berücksichtigen.
8.9 Schritte der Konfliktbewältigung
Im folgenden Schaubild von Lumma, Strategien der Konfliktlösung; Be-
triebliches Verhaltenstraining in Theorie und Praxis, Hamburg 1972,
wird in sieben Schritten ein Verfahren zur Konfliktbewältigung aufge-
zeigt, das für alle Beteiligte eine Gewinn-Gewinn-Strategie anstrebt.
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Konflikte bearbeiten in sieben Schritten 1. Störung wird genannt Der Konflikt wird in Form von Ich-Botschaften ge-
nau beschrieben und eingegrenzt. 2. Die dahinter liegenden Bedürfnisse werden geäußert und Störungen in Wünsche umformuliert
Das Ziel der Konfliktbearbeitung wird formuliert. Es muss zum Ausdruck kommen, dass eine gemein-same Lösung gefunden werden soll, die für alle Seiten annehmbar ist.
3. Brainstorming für mögliche Lösungen Mögliche Lösungsvorschläge werden gesammelt. Sie dürfen jetzt auf keinen Fall bewertet oder kom-mentiert werden.
4. Ideen werden bewertet Die gefundenen Lösungen werden kritisch geprüft: was ist brauchbar, machbar, zumutbar?
5. Einigung auf eine Lösung Jetzt wird die Entscheidung für die Lösung getrof-fen, die alle am ehesten annehmen können. (Sie ist unter sachlichen Gesichtspunkten nicht immer zugleich die beste Lösung.) Die Bedingungen, wie diese Lösung umgesetzt wird, sollten genau festge-legt und schriftlich festgehalten werden. Die Lösung muss nicht endgültig sein, man kann auch zunächst einen „Probelauf“ vereinbaren.
6. Realisieren Die vereinbarte Maßnahme wird durchgeführt, die entsprechenden Verantwortlichkeiten festgelegt (wer macht was, wann?).
7. Controlling Nach einem festgelegten Zeitraum wird geprüft, ob die Lösung funktioniert hat, ob die Beteiligten sich daran gehalten haben. Diese Rolle muss eine neut-rale dritte Partei übernehmen.
Eskaliert der Konflikt und können sich die Konfliktparteien nicht einigen, so können z.B. noch Verfahren zur Konfliktbewältigung mit externer Hilfe, die Mediation eingesetzt werden.
9. Rückgewinnung von Vertrauen durch Mediation
An dieser Stelle sollen weniger die eigentlichen Methoden der Konflikt-
bewältigung im Allgemeinen thematisiert werden (diese sind im voran-
gegangenen Kapitel bereits ausreichend thematisiert worden), sondern
vielmehr die Mediation als eine spezielle Möglichkeit der Konfliktbewä l-
tigung durch Vermittlung Dritter dargestellt werden.
9.1 Anwendungsfelder der Mediation Die Mediation als solches kommt nach Walker, Jamie u.a.: Mediation in
der Schule - Konflikte lösen in der Sekundarstufe I, Berlin 2001, dabei
in folgenden Feldern zur Anwendung: Nachbarschafts-, Familien-,
Trennungs- und Scheidungs-, Mieter-Vermieter-, Schul-Konflikten, so-
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wie bei Konflikten aus der Arbeitswelt, in öffentlichen Verwaltungen und
im Täter-Opfer-Ausgleich.
Im Rahmen von Bildungsnetzwerken kann die Mediation zur Beilegung
von Konflikten zwischen Netzwerkakteuren initiiert werden – sei es,
dass der Mediator ebenfalls aus dem Netzwerk kommt (aber nach Mög-
lichkeit einer anderen Organisation als die Konfliktparteien angehört)
oder aber als Spezialist außerhalb des Netzwerkes versucht, den Kon-
flikt mit zu lösen.
9.2 Phasen der Mediation Idealtypisch lassen sich folgende sechs Phasen der Mediation unter-
scheiden (vgl. Montada/Kals 2001, S.179):
• Phase I: Vorbereitung
• Phase II: Probleme erfassen und analysieren
• Phase III: Konfliktanalyse
• Phase IV: Konflikte und Probleme bearbeiten
• Phase V: Mediationsvereinbarung
• Phase VI: Evaluation und Follow-up
Die zu berücksichtigenden Arbeitsschritte bei den einzelnen Phasen
sollen nun thematisiert werden.
• Phase I: Vorbereitung (vgl. Montada/Kals 2001, S.179ff.)
Der erste Schritt bei der Mediation ist die Orientierung des Mediators,
welcher sich in die relevanten Wissensbereiche (etwa Schulrecht oder
–organisation) einarbeiten sollte. Im Falle justiziabler Konflikte ist hier
auch ein Überblick über die betroffenen Rechtsgebiete vonnöten. Auch
gilt es hier, die relevanten Konfliktparteien herauszuarbeiten, da unter
Umständen andernfalls wichtige Parteien oder gar Entscheidungsträger
außen vor bleiben würden.
Hieran schließt sich die Zusammenstellung der Parteien bzw. die Aus-
wahl ihrer Repräsentanten an, um nun mit diesen die Ziele der Mediati-
on zu klären (etwa die Suche nach „Gewinner-Gewinner-Situationen“
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oder aber Verständigung über den Konflikt u.ä.). Im Falle justiziabler
Konflikte ist weiterhin eventuell eine Rechtsberatung angebracht.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Verständigung über die Regeln der
Mediation (Kommunikationsregeln zwischen den Parteien, Verfahrens-
führung durch den Mediator) sowie den zugrundeliegenden Rahmen-
bedingungen (bspw. Zeit- und Kostenbudget). Weiterhin kann als Ab-
schluss dieser Phase ein Vertrag über die Mediation geschlossen wer-
den.
• Phase II: Probleme erfassen und analysieren (vgl. Montada/Kals 2001, S.188ff.)
In dieser Phase gilt es als erstes die Probleme zu artikulieren, die ent-
standen sind bzw. erwartet werden oder aber die nach Meinung einer
Partei eventuell Dritten (bspw. bei Umweltkonflikten etwa zukünftigen
Generationen) entstanden sind bzw. entstehen könnten. Hier schließt
sich die Analyse der Bedingungen an, die zur Entstehung und Auf-
rechterhaltung des Konflikts beitragen, sowie die Erfassung von mögli-
chen Schwierigkeiten bei der Problembehebung.
Ebenfalls gilt es in dieser Phase herauszuarbeiten, wo sich erhoffte o-
der erzielte Gewinne durch den Konflikt finden lassen, da Konflikt
durchaus auch unter diesem Gesichtspunkt initiiert, aufrechterhalten
oder gar verschärft werden können.
• Phase III: Konfliktanalyse (vgl. Montada/Kals 2001, S.192ff.)
Im Rahmen dieser Phase sollten die Tiefenstrukturen des Konflikts auf-
gedeckt werden. Dies sollte durch eine Offenlegung und einen Aus-
tausch der Positionen der Parteien erfolgen, ebenso wie hierbei die
zugrundeliegenden Anliegen thematisiert werden sollten. So gilt es, die
jeweiligen Anliegen bewusst zu machen und die jeweils andere Kon-
fliktpartei darüber zu informieren.
Zudem ist in dieser Mediationsphase eine weitergehendende Bedin-
gungsanalyse vorzunehmen. Hierzu gehören zurückliegende und aktu-
elle Bedingungen, welche zur Entstehung bzw. Aufrechterhaltung des
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Konflikt beitragen, sowie die Analyse möglicher Handlungen der Partei-
en, die den Konflikt eskalieren lassen könnten.
• Phase IV: Konflikte und Probleme bearbeiten (vgl. Montada/Kals 2001, S.199ff.)
Zu diesem Zeitpunkt der Mediation sollten zunächst möglichst viele Lö-
sungsalternativen kreativ generiert werden. Weiterhin gilt es, sich die
wichtigen Anliegen der Parteien, welche die Basis für den jeweiligen
Konflikt bilden, bewusst zu machen. Ebenfalls sollten Anliegen Dritter
miteinbezogen werden, die eventuell nicht anwesend sind. Daran
schließt sich die Bewertung der Optionen sowie der erwarteten Neben-
effekte unter Berücksichtigung der vorher genannten Anliegen an(also
der beteiligten Parteien sowie abwesender Dritter).
• Phase V: Mediationsvereinbarung (vgl. Montada/Kals 2001, S.216ff.)
In dieser Phase gilt es, die Vereinbarungen von Lösungen und die
schriftliche Fassung zu entwickeln. Ebenfalls sollte an dieser Stelle eine
Vereinbarung über die Begleitung und Überprüfung der Implementation
erfolgen, um zum Schluss die schriftliche bzw. vertragliche Festlegung
der Einigung vorzunehmen.
• Phase VI: Evaluation und Follow-up (vgl. Montada/Kals 2001, S.218ff.)
Als letzten Abschnitt der Mediation gilt es, die Begleitung und Kontrolle,
wie sie in der vorangegangenen Phase vereinbart wurde, durchzufüh-
ren. Weiterhin sollte an dieser Stelle eine summative Evaluation des
gesamten Mediationsprozesses erfolgen.
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Literatur- und Internethinweise
Literaturtipps zum Konfliktmanagement:
Birker, Gabriele; Birker, Klaus: Teamentwicklung und Konfliktmanage-ment, Effizienzsteigerung durch Kooperation, Berlin 2001
Crisand, Ekkehard; Reinhard, Petra: Methodik der Konfliktlösung, eine Handlungsanleitung mit Fallbeispielen, Heidelberg 1995
Höhner, Peter; Höhner, Friederike: Konflikt Management, Konflikte kompetent erkennen und lösen, 2. Auflage, München 2002
Hugo-Becker, Annegret; Becker, Henning: Psychologisches Konflikt-management, 3. Auflage, München 2000
Koerner, Sabine; Engel, Monika u. a.: Zivile Konfliktkultur und Konflikt-management, Soest 2001
Lumma, Strategien der Konfliktlösung. Betriebliches Verhaltenstraining in Theorie und Praxis, Hamburg 1992
Motamedi, Susanne: Konfliktmanagement, vom Konfliktvermeider zum Konfliktmanager, Offenbach 1999
Zitzmann, Ellen M.: Konfliktmanagement, Kissing 2000
Literaturtipps zur Mediation:
Montada, L./ Kals, E.: Mediation – Lehrbuch für Psychologen und Juris-ten. Weinheim 2001. Walker, J.: Mediation in der Schule – Konflikte lösen in der Sekundar-stufe I. Berlin 2001. Interessante Internetlinks zum Thema Mediation:
http://www.bmev.de
Internetseite des Bundesverbands Mediation (Fachverband zur Förderung der Verständigung in Konflikten) mit einer umfangrei-chen Liste von Mediatorinnen und Mediatoren
http://www.centrale-fuer-mediation.de
Auf der Seite der Centrale für Mediation findet sich neben einer umfangreichen Literaturliste eine große Menge an aktuellen In-formation rund um das Thema Mediation
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Literaturverzeichnis
Beck, R./ Schwarz, G.: Konfliktmanagement. Alling 1995.
Birker, Gabriele; Birker, Klaus: Teamentwicklung und Konfliktmanage-
ment, Effizienzsteigerung durch Kooperation, Berlin 2001.
Crisand, Ekkehard; Reinhard, Petra: Methodik der Konfliktlösung, eine
Handlungsanleitung mit Fallbeispielen, Heidelberg 1995.
Höhner, Peter; Höhner, Friederike: Konflikt Management, Konflikte
kompetent erkennen und lösen, 2. Auflage, München 2002.
Hugo-Becker, Annegret; Becker, Henning: Psychologisches Konflikt-
management, 3. Auflage, München 2000.
Koerner, Sabine; Engel, Monika u. a.: Zivile Konfliktkultur und Konflikt-
management, Soest 2001.
Lumma, Strategien der Konfliktlösung. Betriebliches Verhaltenstraining
in Theorie und Praxis, Hamburg 1992.
Montada, L./ Kals, E.: Mediation – Lehrbuch für Psychologen und Juris-
ten. Weinheim 2001.
Motamedi, Susanne: Konfliktmanagement, vom Konfliktvermeider zum
Konfliktmanager, Offenbach 1999.
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stufe I. Berlin 2001.
Zitzmann, Ellen M.: Konfliktmanagement, Kissing 2000.