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KARL MARX • FRIEDRICH ENGELS WERKE • BAND 22

Marx - Engels - Werke 22

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Januar 1890 - Dezember 1895

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KARL MARX FRIEDRICH ENGELSWERKE BAND 22

INSTITUT FR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED

KARL MARX FRIEDRICH ENGELSWERKE

0DIETZ VERLAG BERLIN 1977

KARL MARX FRIEDRICH ENGELSBAND 22

Die deutsche Ausgabe der Werke von Marx und Engels fut auf der vom Institut fr Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU besorgten zweiten russischen Ausgabe. Die Texte werden nach den Handschriften bzw. nach den zu Lebzeiten von Marx und Engels erfolgten Verffentlichungen wiedergegeben.

Dietz Verlag Berlin 1963

VorwortDer zweiundzwanzigste Band der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels enthlt die Arbeiten von Engels, die er in den letzten Jahren seines Lebens, in der Zeit von 1890 bis 1895, geschrieben hat. Diese Jahre fallen in das letzte Jahrzehnt der Geschichte des vormonopolistischen Kapitalismus. An der Schwelle des 20. Jahrhunderts trat der Kapitalismus in das imperialistische Stadium seiner Entwicklung ein. In dieser Zeit wuchsen die kapitalistischen Monopole rasch an, die koloniale Expansion wurde verstrkt, und der Kampf der kapitalistischen Mchte um die endgltige Aufteilung der Welt verschrfte sich. Gleichzeitig verschlechterte sich die Lebenslage der Werkttigen in Stadt und Land. Die Vertiefung der Widersprche des Kapitalismus war von einer allgemeinen Verschrfung des Klassenkampfes begleitet. Das Proletariat bereitete sich auf neue revolutionre Kmpfe vor. In der ersten Hlfte der neunziger Jahre hatte der Marxismus immer mehr Einflu auf die Arbeiterbewegung genommen. Wie W.I. Lenin nachweist, war an der Schwelle der neunziger Jahre der Sieg des Marxismus in der Arbeiterbewegung in den Hauptzgen vollendet". (W.I.Lenin, Werke, Band 15, Berlin 1962, S. 20.) Die internationale Armee der Sozialisten wurde strker. In Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumnien und Italien entstanden sozialistische Parteien. In England wurde die Independent Labour Party (Unabhngige Arbeiterpartei Englands) gegrndet. Die Arbeiterbewegung Rulands trat in eine neue Periode ein. Hier wurde die Grndung einer proletarischen Kampfpartei vorbereitet, die mit der rastlosen revolutionren Ttigkeit W.I.Lenins verbunden ist. Whrend dieser Zeit nahmen aber auch die opportunistischen Tendenzen in der Arbeiterbewegung zu. Kleinbrgerliche Elemente strmten in die Reihen des Proletariats, die Arbeiteraristokratie entstand und die Arbeiterklasse war in strkerem Mae der Beeinflussung durch die brgerliche

Ideologie ausgesetzt. In den sozialistischen Parteien, in erster Linie in der deutschen Sozialdemokratie, der einflureichsten Partei der II. Internationale, wurden zwei grundlegende opportunistische Richtungen aktiv: die linke sektiererische und die offen opportunistische, reformistische, die gegen Ende J = 10i J Tok^k^n^oi-t-c ,rjA 1 V^l H l sjoc AvIInnIcmi! U l l i m i l l U . U J V l l V ^ l i - . U t EVt*-rr> M ^ O onn-.Lrr, H U UCO I / U l l l l l U l l U ^ l i O U1U Z Revision der revolutionren Grundlagen der marxistischen Lehre aufrief. Die wichtigste Aufgabe der revolutionren Marxisten war unter diesen Bedingungen die Propaganda des Marxismus, seine Verteidigung gegen Entstellungen und Vulgarisierung, der Kampf gegen die Versuche der herrschenden Klassen, mit Hilfe der Opportunisten die Arbeiterbewegung von innen her zu zersetzen und zu spalten. Von unschtzbarer Bedeutung fr die sozialistische Bewegung war die theoretische und politische Ttigkeit von Engels. Trotz seines hohen Alters arbeitete er angestrengt und fruchtbringend an der Weiterentwicklung und Verbreitung der marxistischen Philosophie, der politischen konomie und des wissenschaftlichen Kommunismus. Er leistete einen groen Beitrag zur Ausarbeitung des Programms, der Strategie und Taktik der proletarischen Parteien. Engels' wissenschaftliche Ttigkeit bestand vor allem in der Vorbereitung des Manuskripts des dritten Bandes des Kapitals" fr den Druck sowie in der Neuausgabe des Manifests der Kommunistischen Partei" und anderer Werke von Marx und ihm. Gleichzeitig mit dem dritten Band des Kapitals" bereitete er die vierte deutsche Auflage des ersten Bandes (1890) und danach die zweite deutsche Auflage des zweiten Bandes (1893) vor. Der vierten Auflage des ersten Bandes des Kapitals" schickte Engels ein besonderes Vorwort voraus, in dem er den brgerlichen Nationalkonomen eine entschiedene Abfuhr erteilte. Diese hatten versucht, Marx als Gelehrten zu diskreditieren, ihn zu verleumden und der wissenschaftlichen Unzuverlssigkeit und vorstzlichen Flschung benutzter Quellen zu beschuldigen (siehe Band 23 unserer Ausgabe, S. 4146). Solchen Versuchen trat Engels auch in der Arbeit In Sachen Brentano contra Marx wegen angeblicher Zitatsflschung. Geschichtserzhlung und Dokumente" entschieden entgegen. Er entlarvt die brgerlich-apologetischen Ansichten der Kathedersozialisten, die mit verleumderischen Angriffen gegen den Marxismus auftraten. An dieser Arbeit wird besonders deutlich, wie leidenschaftlich Engels den Namen und das literarische Erbe seines groen Freundes verteidigte. Gewaltig war Engels' Arbeit bei der Druckvorbereitung des Manuskripts des dritten Bandes des Kapitals", der Ende 1894 erschien. Er sah darin

eine mchtige ideologische Waffe in den Hnden der sozialistischen Parteien. Das dritte Buch, schrieb Engels am 4. April 1885 an Bebel, ist ganz ausgezeichnet, brillant. Diese Umwlzung der alten konomie ist wirklich unerhrt. Erst hierdurch erhlt unsere Theorie eine unerschtterliche Basis, und verden wir befhigt, nach allen Seiten siegreich Front zu machen." Im Vorwort zu diesem Band widerlegte Engels die brgerlichen Vulgrkonomen, die in ihrem Bestreben, die Grundlagen der konomischen Lehre von Marx zu erschttern, Widersprche" 4 der verschiedensten Art zwischen den von Marx entdeckten Gesetzen der kapitalistischen konomik erfanden (siehe Band 25 unserer Ausgabe). Ein wichtiger Beitrag zur marxistischen politischen konomie ist der von Engels geschriebene Teil Ergnzung und Nachtrag zum III. Buche des Kapitals", der aus zwei Arbeiten besteht: Wertgesetz und Profitrate" und Die Brse". Aus den im vorliegenden Band verffentlichten Bemerkungen Zum vierten Band von Karl Marx* .Kapital'" geht hervor, da Engels das Manuskript Theorien ber den Mehrwert" als vierten, abschlieenden Band der Hauptarbeit von Marx herausgeben wollte. Da Engels jedoch bald darauf verstarb, konnte er diesen Plan nicht in die Tat umsetzen. j h r e n d der Vorbereitung des dritten Bandes des Kapitals" fr den Druck verfolgte Engels aufmerksam die vor sich gehenden konomischen Prozesse und war bemht, in der einen oder anderen Form verallgemeinernde Schlufolgerungen daraus zu ziehen. Mit auergewhnlichem Scharfblick stellte er einige qualitative Vernderungen in der kapitalistischen Wirtschaft fest. Eine wichtige uerung zu dieser Frage ist in seiner Arbeit Zur Kritik des sozialdemokratischen Programmentwurfs 1891" enthalten. Engels lenkt hier die Aufmerksamkeit auf die vernderten Organisationsformen der modernen kapitalistischen Produktion, unter denen die Ausbeutung verschrft wird. Er hat dabei die Ausbreitung der Aktiengesellschaften und besonders der Trusts im Auge, die ganze Industriezweige beherrschen und monopolisieren" (siehe vorl. Band, S. 232). W.I.Lenin betonte, da Engels hier das Grundstzliche des neuen Stadiums der kapitalistischen Entwicklung erkennt - die Umwandlung des Kapitalismus in Monopolkapitalismus. Diese Hinweise von Engels seien besonders wertvoll fr die Widerlegung der brgerlich-reformistischen Behauptungen, der monopolistische oder staatsmonopolistische Kapitalismus sei schon kein Kapitalismus mehr, er knne bereits als ,Staatssozialismus' bezeichnet werden und hnliches mehr" (W. I. Lenin, Werke, Band 25, Berlin 1960, S. 456).

In dem Artikel Die amerikanische Prsidentenwahl" hebt Engels die besondere Rolle der Kartelle und Trusts in der amerikanischen Wirtschaft hervor. Sie ruinieren die kleinen Produzenten und beuten die Massen der Werkttigen erbarmungslos aus. Engels zeigt auch den ZusammenhangJa- umil-al-oW: Pnhin/iUxnn Ja J 1 1i. ri . . l n .,. i> i i . i n

schicntncne Kone gespielt, ein matt, dessen Eigentmlichkeit war, dal) in seinen Spalten und nur dort die zwlf entscheidendsten Jahre im Leben der deutschen Arbeiterpartei sich widerspiegeln - ein solches Blatt kann und darf sich nicht verndern. Es bleibe, was es war, oder es hre auf zu sein. Darber sind wir alle einig. Ebenso einig sind wir alle darin, da dies Blatt nicht verschwinden kann, ohne eine Lcke zu lassen. Kein in Deutschland erscheinendes Organ, amtlich oder nicht, kann es ersetzen. Fr die Partei ist das nur ein relativer Nachteil: Sie tritt in andre Kampfbedingungen und bedarf daher andrer Waffen und andrer Strategie und Taktik. Ein absoluter Verlust aber ist es fr die Mitarbeiter und speziell fr mich. Zweimal in meinem Leben hatte ich die Ehre und die Freude, an einem Blatt mitzuarbeiten, wo ich die beiden gnstigsten Bedingungen vollauf geno, unter welchen man berhaupt in der Presse wirken kann: erstens unbedingte Prefreiheit und zweitens die Gewiheit, von grade dem Publikum gehrt zu werden, von dem man gehrt sein will. Das erstemal 1848-1849 bei der Neuen Rheinischen Zeitung". [ U 5 ] Das waren Revolutionszeiten, und da ist es ohnehin eine Lust, an der Tagespresse zu arbeiten. Man sieht die Wirkung jedes Worts vor Augen, man

sieht, wie die Artikel frmlich einschlagen, als wren sie Granaten, und wie die Sprengladung platzt. Das zweitemal beim Sozialdemokrat". Und das war auch ein Stck Revolutionszeit, seitdem die Partei sich auf dem Wydener Kongre wiederfand und von da an mit allen Mitteln", gesetzlich oder nicht, den Kampf wiederaufnahm. 11161 Der Sozialdemokrat" war die Verkrperung dieser Ungesetzlichkeit. Fr ihn bestand keine bindende Reichsverfassung, kein Reichsstrafgesetzbuch, kein preuisches Landrecht. Widergesetzlich, zum Trotz und Hohn aller Reichs- und Landesgesetzgebung, drang er allwchentlich ber die Grenzen des heiligen deutschen Reichs; Hscher, Spione, Lockspitzel, Zllner, verdoppelte und verdreifachte Grenzwacht waren ohnmchtig; fast mit der Sicherheit eines Wechsels wurde er am Verfalltag den Abonnenten prsentiert; kein Stephan konnte hindern, da die Deutsche Reichspost ihn versenden und austragen mute. Und das bei ber zehntausend Abonnenten in Deutschland; und whrend die verbotnen Schriften von vor 1848 von ihren Bourgeoiskufern nur in den seltensten Fllen bezahlt wurden, zahlten die Arbeiter fr ihren Sozialdemokrat" zwlf Jahre lang mit der grten Regelmigkeit. Wie oft hat mir altem Revolutionr das Herz im Leibe gelacht, wenn ich diese so ausgezeichnet eingelte, geruschlose Wechselwirkung zwischen Redaktion, Expedition und Abonnenten, diese businesslike, geschftsmig organisierte revolutionre Arbeit Woche fr Woche, jahraus, jahrein mit gleicher Sicherheit sich abwickeln sah! Und das Blatt war der Mhen und Gefahren wert, die seine Verbreitung kostete. Es war unbedingt das beste Blatt, das die Partei je besessen. Und zwar nicht blo, weil es, allein von allen, volle Prefreiheit geno. Die Grundstze der Partei wurden mit seltener Klarheit und Bestimmtheit dargelegt und festgehalten, und die Taktik der Redaktion war fast ausnahmslos die richtige. Dazu kam noch eins. Whrend unsre Bourgeoispresse sich der erttendsten Langweiligkeit befleiigt, spiegelte sich im Sozialdemokrat" auch der heitre Humor reichlich wider, womit unsre Arbeiter den Kampf gegen Polizeischikanen zu fhren gewohnt sind. Dabei war Der Sozialdemokrat" alles, nur kein bloes Mundstck der Fraktion. Als die Majoritt der Fraktion 1885 der Dampfersubvention zuneigte, vertrat das Blatt entschieden die entgegengesetzte Meinung und behauptete sein Recht dazu auch noch, als diese Majoritt in einem Tagesbefehl, der ihr heute wohl selbst unbegreiflich erscheinen wird, ihm dies verbot. Der Kampf dauerte gerade vier Wochen, whrend deren die Redaktion von den Parteigenossen Deutschlands und des Auslands krftig unter-

sttzt wurde. Am 2. April erschien das Verbot; am 30. brachte Der Sozialdemokrat" eine zwischen Fraktion und Redaktion vereinbarte Erklrung, woraus hervorging, da die Fraktion ihren Befehl zurcknahm. 11171 Zu einer spterenZeit war es dem Sozialdemokrat" vorbehalten, das vielgerhmte schweizerische Asylrecht auf die Probe zu stellen.* 1 Da zeigte sich, wie in allen hnlichen Fllen seit 1830, da dies Asylrecht jedesmal gerade da versagt, wo es wirklich in Kraft zu treten hat. Das ist nun nichts Neues. Seit ihrer von 1830 an bewirkten Demokratisierung erlauben die benachbarten Gromchte der kleinen Republik die demokratischen Experimente im Innern nur unter der Bedingung, da das Flchtlingsasyl nur unter Kontrolle der jedesmal interessierten Gromacht ausgebt wird. Die Schweiz ist zu schwach, um nicht nachzugeben. Man kann ihr das nicht belnehmen. Marx pflegte zu sagen, in bezug namentlich auf Holland, die Schweiz und Dnemark, heutzutage sei die schlimmste Lage die eines kleinen Landes, das eine groe Geschichte gehabt. Aber nun hre man doch endlich auf, in der fryen Schwyz" vom unbefleckten Asylrecht zu flunkern. Der Sozialdemokrat" war die Flagge der deutschen Partei; nach zwlfjhrigem Kampf ist die Partei siegreich. Das Sozialistengesetz ist gefallen, Bismarck ist gestrzt. Das mchtige Deutsche Reich hat alle seine Machtmittel gegen uns in Bewegung gesetzt; die Partei hat ihrer gespottet, bis endlich das Deutsche Reich seine Flagge hat streichen mssen vor der unsren. Die Reichsregierung will es uns gegenber einstweilen wieder mit dem gemeinen Recht versuchen, und so wollen wir es einstweilen wieder mit den gesetzlichen Mitteln versuchen, die wir uns, vermittelst krftigen Gebrauchs der ungesetzlichen, wiedererobert haben. Ob dabei die gesetzlichen" Mittel wieder ins Programm aufgenommen werden oder nicht, ist ziemlich gleichgltig. Versucht mu werden, vorderhand mit den gesetzlichen Kampfmitteln auszukommen. Das tun nicht nur wir, das tun alle Arbeiterparteien aller Lnder, wo die Arbeiter ein gewisses Ma gesetzlicher Bewegungsfreiheit haben, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil dabei am meisten fr sie herauskommt. Das hat aber zur Voraussetzung, da die Gegenpartei ebenfalls gesetzlich verfhrt. Versucht man, sei es durch neue Ausnahmsgesetze, durch rechtswidrige Urteile und Reichsgerichtspraxis, durch Polizeiwillkr oder durch sonstige ungesetzliche bergriffe der Exekutive, unsre Partei wieder tatschlich auerhalb des gemeinen Rechts zu stellen, so treibt man die deutsche Sozialdemokratie abermals auf den ungesetzlichen Weg als den einzigen, der ihr noch offensteht. Selbst bei der gesetzliebendsten Nation, den Englndern, ist die erste Bedingung der

Gesetzlichkeit von Seiten des Volks die, da die andern Machtfaktoren ebenfalls in den Schranken des Gesetzes bleiben; geschieht das nicht, so ist nach englischer Rechtsanschauung Rebellion erste Brgerpflicht. Tritt dieser Fall ein, was dann? Wird die Partei Barrikaden bauen, an die Gewalt der Waffen appellieren? Diesen Gefallen wird sie ihren Gegnern sicher nicht tun. Davor bewahrt sie die Erkenntnis ihrer eigenen Machtstellung, die i h r jede allgemeine Reichsteigs wahl gibt . Zwanzig Prozent der abgegebnen Stimmen ist eine sehr respektable Zahl, aber das heit auch, da die vereinigten Gegner noch immer achtzig Prozent davon haben. Und wenn unsre Partei dabei sieht, da sie ihre Stimmenzahl in den letzten drei Jahren verdoppelt hat und da sie bis zur nchsten Wahl auf ein noch strkeres Wachstum rechnen darf, so mte sie verrckt sein, heute mit zwanzig gegen achtzig und gegen die Armee obendrein einen Putsch zu versuchen, dessen sicherer Ausgang wre - der Verlust aller seit fnfundzwanzig Jahren eroberten Machtposten. Die Partei hat ein viel besseres, grndlich erprobtes Mittel. An dem Tage, wo uns das gemeine Recht streitig gemacht wird, erscheint Der Sozialdemokrat" wieder. Die alte Maschinerie, in Reserve gehalten fr diesen Fall, tritt wieder in Ttigkeit, verbessert, vermehrt, neu eingelt. Und eins ist sicher: Zum zweitenmal hlt das Deutsche Reich das keine zwlf Jahre aus. Friedrich EngelsGeschrieben zwischen 12. und 18. September 1890.

Antwort an Herrn Paul Emst[Berliner Volksblatt" Nr.232 vom S.Oktober 1890]

Ein Freund schickt mir die Magdeburger Volksstimme" IU91 vom 16. September. Ich finde darin in einem Artikel, gezeichnet Paul Ernst, folgende Stelle:Und wenn Engels jetzt unsre Opposition als .Studentenrevolte* bezeichnet, so bitte ich ihn, doch zu zeigen, wo wir andere Anschauungen vertreten haben als er und Marx selbst; und wenn ich unsere parlamentarische Sozialdemokratie als teilweise sehr kleinbrgerlichen Charakters dargestellt habe, so braucht Engels sich nur anzusehen, was er 1887 im Vorwort zu seiner .Wohnungsfrage* geschrieben hat."

Mein Verkehr mit deutschen Schrifstellern hat mich schon seit Jahren mit gar verwunderlichen Erfahrungen bereichert. Es scheint aber, er soll noch angenehmer werden. Ich soll Herrn Paul Ernst sagen, wo wir" andere Anschauungen vertreten haben usw. Nun, was die Wir", die neulich so gromchtig aufgetretene und so kleinmtig abgetretene Opposition" betrifft, die ich als Literaten- und Studentenrevolte bezeichnet, knnen wir's kurz machen: so ziemlich in jedem Artikel, den sie vom Stapel gelassen. Was aber Herrn Ernst selbst betrifft, so brauche ich ihm das gar nicht mehr zu sagen. Ich habe es ihm nmlich schon vor vier Monaten gesagt und mu nun wohl oder bel das Publikum mit dieser meiner Ernst"liehen Korrespondenz belstigen. Am 31. Mai d.J. schrieb mir Herr Ernst aus Grbersdorf, Herr Hermann Bahr werfe ihm in der Freien Bhne" vor, er wende die Marxsche Methode der Geschichtsauffassung in Beziehung auf die nordische Frauenbewegung unrichtig an11201, und da mchte ich ihmin ein paar Zeilen mitteilen, ob meine Ansicht der von Marx entspricht oder nicht, und mir auerdem den Gebrauch des Briefes gegen Bahr gestatten".

Darauf antwortete ich am 5. Juni, in seinen Streit mit Herrn Bahr knne ich mich nicht mischen. Die nordische Frauenbewegung" sei mir total unbekannt. Dann fuhr ich fort: Was Ihren Versuch angeht, die Sache materialistisch zu behandeln, so mu ich vor allem sagen, da die materialistische Methode in ihr Gegenteil umschlgt, wenn sie nicht als Leitfaden beim historischen Studium behandelt wird, sondern als fertige Schablone, wonach man sich die historischen Tatsachen zurechtschneidet. Und wenn Herr Bahr Sie auf diesem Holzweg zu ertappen glaubt, so scheint er mir einen kleinen Schatten von Recht fr sich zu haben. Sie fassen ganz Norwegen und alles, was dort geschieht, zusammen unter die eine Kategorie Spiebrgertum, und schieben dann diesem norwegischen Spiebrgertum unbedenklich Ihre Anschauung vom deutschen Spiebrgertum unter. Da stellen sich nun zwei Tatsachen quer in den Weg. Erstens: als in ganz Europa der Sieg ber Napoleon sich als Sieg der Reaktion ber die Revolution darstellte und nur in ihrem franzsischen Vaterland die Revolution noch so viel Angst einflte, um der rckkehrenden Legitimitt eine brgerlich-liberale Verfassung abzuntigen, da fand Norwegen die Gelegenheit, sich eine Verfassung zu geben, weit demokratischer als irgendeine gleichzeitige in Europa. Und zweitens hat Norwegen in den letzten 20 Jahren einen literarischen Aufschwung erlebt, wie ihn auer Ruland kein einziges Land gleichzeitig aufweisen kann. Spiebrger oder nicht, die Leute leisten weit mehr als die andern und prgen ihren Stempel auch anderen Literaturen auf, nicht zum mindesten der deutschen. Diese Tatsachen machen es in meinen Augen ntig, das norwegische .Spiebrgertum' einigermaen auf seine Besonderheiten zu untersuchen. Und da werden Sie wahrscheinlich finden, da ein sehr wesentlicher Unterschied zutage tritt. In Deutschland ist das Spiebrgertum Frucht einer gescheiterten Revolution, einer unterbrochnen, zurckgedrngten Entwicklung, und hat seinen eigentmlichen, abnorm ausgebildeten Charakter der Feigheit, Borniertheit, Hilflosigkeit und Unfhigkeit zu ieder Initiative erhalten durch den 30jhrigen Krieg und die ihm folgende Zeit wo gerade fast alle anderen groen Vlker sich rasch emporschwangen. Dieser Charakter ist ihm geblieben, auch als die historische Bewegung Deutschland wieder ergriff; er war stark genug, sich auch allen andern deutschen Gesellschaftsklassen mehr oder minder als allgemein deutscher Typus aufzudrcken, bis endlich unsere Arbeiterklasse diese engen Schranken durchbrach. Die deutschen Arbeiter sind gerade darin am rgsten6 Marx/Engels, Werke. Bd. 22

,vaterlandslos', da sie die spiebrgerliche deutsche Borniertheit total abgeschttelt haben. Das deutsche Spiebrgertum ist also keine normale historische Phase, sondern eine auf die Spitze getriebene Karikatur, ein Stck Degeneration, grade wie der polnische Jude die Karikatur des Juden ist. Der englische, franzsische etc. Kleinbrger steht keineswegs mit dem deutschen auf gleichem Niveau. In Norwegen dagegen ist Kleinbauerntum und Kleinbrgertum mit einer geringen Beimischung von Mittelbrgertum - wie es etwa in England und Frankreich im 17. Jahrhundert bestand - seit mehreren Jahrhunderten der Normalzustand der Gesellschaft. Hier ist nicht die Rede von gewaltsamem Zurckwerfen in veraltete Zustnde durch eine gescheiterte groe Bewegung und einen 30jhrigen Krieg. Das Land ist durch Isolierung und Naturbedingungen zurckgeblieben, aber sein Zustand ist vollstndig seinen Produktionsbedingungen angemessen und daher normal. Erst ganz neuerdings kommt ein ganz klein wenig groe Industrie sporadisch ins Land, aber fr den strksten Hebel der Kapitalkonzentration, die Brse, ist kein Raum. Und dann wirkt konservierend grade die gewaltige Ausdehnung des Seehandels. Denn whrend berall anderswo der Dampf die Segelschiffe verdrngt, dehnt Norwegen seine Segeischiffahrt enorm aus und hat, wo nicht die grte, sicher die zweitgrte Segelflotte der Welt, meist im Besitz kleiner und mittlerer Reeder, wie in England sage um 1720. Aber doch ist damit Bewegung in die alte stockende Existenz gekommen, und diese Bewegung drckt sich auch aus im literarischen Aufschwung. Der norwegische Bauer war nie leibeigen, und das gibt der ganzen Entwicklung, hnlich wie in Kastilien, einen ganz anderen Hintergrund. Der norwegische Kleinbrger ist der Sohn des freien Bauern und ist unter diesen Umstnden ein Mann gegenber dem verkommenen deutschen Spieer. Und was auch die Fehler z.B. der Ibsenschen Dramen sein mgen, sie spiegeln uns eine zwar kleine und mittelbrgerliche, aber von der deutschen himmelweit verschiedene Welt wider, eine Welt, worin die Leute noch Charakter haben und Initiative und selbstndig, wenn auch nach auswrtigen Begriffen oft absonderlich, handeln. So etwas ziehe ich vor, grndlich kennenzulernen, ehe ich aburteile." Hier habe ich also Herrn Ernst, wenn auch in hflicher Form, aber darum nicht minder klar und bestimmt gesagt, wo", nmlich in dem mir von ihm selbst eingesandten Artikel der Freien Bhne". Wenn ich ihm auseinandersetze, da er die Marxsche Auffassungsweise als reine Schablone gebraucht, wonach er sich die historischen Tatsachen zurechtschneidet, so

ist das gerade ein Exempel von dem starken Miverstndnis" derselben Auffassungsweise, das ich den Herren vorwarf 1 . Und wenn ich ihm dann an seinem eigenen Beispiel, Norwegen, nachweise, da seine auf Norwegen angewandte Schablone des Spiebrgertums nach deutschem Muster den geschichtlichen Tatsachen ins Gesicht schlgt, so belege ich ihm damit im voraus und an seiner eigenen Person die jenen Herrn ebenfalls vorgeworfene grobe Unbekanntschaft mit den jedesmal entscheidenden historischen Tatsachen" 2 . Und nun betrachte man sich die zimperliche Sittsamkeit, womit Herr Ernst sich stellt wie die Unschuld vom Lande, die in Berlin auf der Strae vom ersten besten grflichen Lumpazius behandelt wird, als wr* sie so eine"! Wie die gekrnkte Tugend tritt er vor mich, vier Monate nach obigem Brief: Ich soll ihm sagen, wo?". Herr Ernst scheint nur zwei literarische Gemtsphasen zu haben. Erst fhrt er los mit einer Keckheit und Zuversichtlichkeit, als sei wirklich etwas anderes dahinter als Wind; und wenn dann die Leute sich ihrer Haut wehren, dann hat er nichts gesagt und klagt ber schnde Miachtung seiner reinen Gefhle. Gekrnkte Tugend in seinem Brief an mich, worin er jammert, Herr Bahr habe ihn ganz unglaublich unverschmt behandelt"! Verletzte Unschuld in seiner Antwort an mich, wo er ganz naiv fragt, wo?", whrend er dies seit vier Monaten wissen mu. Verkannte schne Seele in der Magdeburger Volksstimme", wo er den alten Bremer, der ihm verdientermaen auf die Finger geklopft, auch fragt: wo?"Und immer fragt der Seufzer: wo? Immer, wo?

Will Herr Ernst noch weiter wissen, wo?" - Nun, z.B. in dem Artikel der Volks-Tribne" ber die Gefahren des Marxismus" t l 2 1 ] , wo er ohne weiteres die verschrobene Behauptung des Metaphysikers Dhring sich aneignet, als mache sich bei Marx die Geschichte ganz automatisch, ohne Zutun der (sie doch machenden) Menschen, und als wrden diese Menschen von den konomischen Verhltnissen (die doch selbst Menschenwerk sind!) als pure Schachfiguren aus[gelspielt. Einem Mann, der die Verdrehung der Marxschen Theorie durch einen Gegner wie Dhring mit dieser Theorie selbst zusammenzuwerfen imstande ist, dem mge ein anderer helfen - ich gebe es auf. Und nun erlasse man mir die Antwort auf jedes weitere wo?". Herr Ernst ist von einer solchen Fruchtbarkeit, die Artikel gehen ihm mit einer1

Siehe vorl. Band, S. 69 - 2 ebenda

C*

solchen Behendigkeit ab, da man berall auf sie stt. Und denkt man man sei endlich damit zu Ende, so meldet er sich noch als Verfasser von diesem und jenem Anonymen. Da kann unsereiner nicht mit und wird versucht zu wnschen, Herr Ernst mge sich etwas verschreiben lassen. Weiter heit es:Wenn ich unsere parlamentarische Sozialdemokratie als teilweise sehr kleinbrgerlichen Charakters dargestellt habe, so braucht Engels" usw.

Teilweise sehr kleinbrgerlich? In dem Artikel der Schsischen] Arb[eiter]-Z[ei]t[un]g", der mich zur Erwiderung 1 zwang, heit es, der kleinbrgerlich-parlamentarische Sozialismus sei jetzt in Deutschland in der Majoritt. Und davon, sagte ich, sei mir nichts bekannt. Jetzt will Herr Emst nur die Behauptung vertreten, die Fraktion sei teilweise" sehr kleinbrgerlich. Wieder die verkannte schne Seele, der die bse Welt allerlei Schandtaten andichtet. Wer hat denn je bestritten, da in der Fraktion nicht nur, sondern auch in der ganzen Partei, die kleinbrgerliche Richtung ebenfalls vertreten ist? Einen rechten und einen linken Flgel hat jede Partei, und da der rechte Flgel der Sozialdemokratie kleinbrgerlicher Art ist, liegt in der Natur der Sache. Wenn's weiter nichts ist, wozu dann all der Lrm? Mit dieser alten Geschichte rechnen wir seit Jahren, aber von da ist es noch ein gut Stck bis zu einer kleinbrgerlichen Majoritt in der Fraktion oder gar der Partei. Wenn diese Gefahr drohen sollte, dann wird man nicht auf die Warnungsrufe dieser sonderbaren getreuen Eckarte warten. Einstweilen hat der frische frhliche Proletarierkampf [122] gegen das SoziaIistengesetz und die rapide konomische Entwicklung diesem kleinbrgerlichen Element mehr und mehr Boden, Luft und Licht entzogen, whrend das proletarische Element sich immer bermchtiger entwickelt. Eins aber kann ich Herrn Paul Ernst noch zum Schlu verraten: Weit gefhrlicher fr die Partei als eine kleinbrgerliche Fraktion, die man doch bei der nchsten Wahl in die Rumpelkammer werfen kann, ist eine Clique vorlauter Literaten und Studenten, besonders, wenn diese nicht imstande sind, die einfachsten Dinge mit Augen zu sehen und bei Beurteilung einer konomischen oder politischen Sachlage weder das relative Gewicht der vorliegenden Tatsachen noch die Strke der ins Spiel kommenden Krfte unbefangen abzuwgen, und die daher der Partei eine total verrckte Taktik aufntigen wollen, wie sie namentlich die Herren Bruno Wille und Teistler, und in geringerem Ma auch Herr Ernst, ans Licht gebracht haben. Und noch gefhrlicher wird diese Clique, wenn sie sich zu einer gegenseitigen1

Siehe vorl. Band, S. 68-70

Assekuranzgesellschaft zusammentut und alle Mittel der organisierten Reklame in Bewegung setzt, um ihre Mitglieder in die Redaktionssessel der Parteibltter zu schmuggeln und vermittelst der Parteipresse die Partei zu beherrschen. Vor zwlf Jahren hat uns das Sozialistengesetz von dieser schon damals hereinbrechenden Gefahr gerettet. Jetzt, wo dies Gesetz fllt, ist sie wieder da. Und dies wird auch wohl dem Herrn Paul Ernst klarmachen, weshalb ich mich mit Hnden und Fen dagegen wehre, da man mich mit den Elementen einer solchen Clique identifiziert. London, 1. Oktober 1890 Friedrich Engels

An die Redaktion des Berliner Volksblatts"[Berliner Volksblatt" Nr. 284 vom 5. Dezember 1890]

Mir sind zu meinem siebzigsten Geburtstag so viel Beweise herzlichster Teilnahme, so viel unerwartete Ehrenbezeugungen zuteil geworden, da es mir leider unmglich wird, auf jede einzelne Kundgebung persnlich zu antworten. Es war ein frmlicher Regen von Telegrammen, Briefen, Geschenken, speziell mir gewidmeten Artikeln der Parteipresse aus den verschiedensten Lndern, namentlich aber aus allen Teil en Deutschlands. Erlauben Sie mir daher, den alten und neuen Freunden, die am 28. November meiner so wohlwollend gedachten, hiermit meinen aufrichtigsten Dank darzubringen. Niemand wei besser als ich, da der grte Teil dieser Ehrenbezeugungen nicht mir und meinen Verdiensten geschuldet ist. Es ist mein Schicksal, da ich den Ruhm und die Ehre einernten mu, deren Saat ein Grerer als ich, Karl Marx, ausgestreut hat. Und so kann ich nur geloben, den Rest meines Lebens im aktiven Dienst des Proletariats so zu verbringen, da ich womglich mich jener Ehren noch nachtrglich wrdig mache. London, 2. Dezember 1890 Friedrich Engels

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An den Nationalrat der franzsischen Arbeiterpartei1,231[,,Le Sodaliste" Nr. 14 vom 25. Dezember 1890]

Brger, Ich danke Ihnen herzlich fr Ihre freundlichen Glckwnsche zu meinem siebzigsten Geburtstag. Seien Sie versichert, was mir an Leben und Kraft bleibt, wird im Kampf fr die proletarische Sache verausgabt werden. Mge mir beschieden sein, in dem Augenblick zu sterben, da ich nicht mehr zum Kampf tauge. Aber die von Ihnen und von unseren Brdern in Deutschland, England, sterreich-Ungarn, Ruland, kurz, berall gewonnenen Schlachten bilden eine glnzende Reihe von Siegen, die hinreichen wrden, einen lteren und erschpfteren Menschen als mich zu verjngen. Und was mich am meisten freut, ist die aufrichtige und, wie ich hoffe, trotz des chauvinistischen Geschreis unserer korrumpierten Bourgeoisien fr immer gestiftete Bruderschaft zwischen den franzsischen und den deutschen Proletariern. Ihr groer Landsmann Simon hat als erster vorausgesehen, da der Bund der drei groen westlichen Nationen - Frankreich, England und Deutschland - die erste internationale Bedingung der politischen und sozialen Befreiung ganz Europas ist.11241 Diesen Bund, den Kern des europischen Bundes, der den Kabinetts- und dynastischen Kriegen fr immer ein Ende setzen wird, hoffe ich durch die Proletarier der drei Nationen verwirklicht zu sehen. Es lebe die internationale soziale Revolution! London, den 2. Dezember 1890Aus dem Franzsischen.

Friedrich Engels

NEPSZAVA.TARSADALMI e s KZGAZDASGI NfiPLAP. A MAG VA HOB SZ A GI A L T A L A N O S M U N K A S P A H T KOZPONT1 KOZLONYE. VII her. k6bS debutcsa 83. Megjelen mlnden vasrnap. Ccr*t ptidAnjfcr*6 kr. OSCiMWUtJ : Eg*a (n 10 Ir- M int tfti?0u (fct&ycdHf* 60 kf y bdf 10 g

[An die Redaktionen der Arbeiter-Wochen-Chronik" und der Nepszava" in Budapest"251][Arbeiter Wochen-Chronik" Nr. 50 vom 14. Dezember 1890]

London, 3. Dezember 1890 Erlauben Sie mir, Ihnen meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen fr die mit Ihrem Schreiben vom 26. November mir bersandten Glckwnsche zu meinem siebzigsten Geburtstage. Ich bin mir nur zu wohl bewut, da der weitaus grte Teil der Ehren, die Sie und so viele andere mir an jenem Tage erwiesen haben, mir nur zukommt als dem berlebenden Vertreter von Marx, und bitte um Erlaubnis, dieselben als Ehrenkrnze auf sein Grab niederlegen zu drfen. Was ich aber tun kann, mich ihm nachtrglich wrdig zu bezeigen, das soll meinerseits geschehen, darauf knnen Sie sich verlassen. Herzlichen Dank fr Ihre freundliche Einladung zum ungarlndischen Parteitag'1261. Es wird mir nicht vergnnt sein, davon persnlich Gebrauch zu machen, aber im Geiste werde ich am 7. und 8. d.M. unter Ihnen sein. Die Existenz einer ungarlndischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei ist ein neuer Beweis dafr, da die moderne Groindustrie sich in keinem Lande einnisten kann, ohne die alte vorkapitalistische Gesellschaft zu revolutionieren und nicht nur eine Kapitalistenklasse, sondern auch ein Proletariat zu erzeugen und damit den Klassenkampf beider und eine auf den Umsturz der brgerlich-kapitalistischen Weltordnung hinarbeitende Arbeiterpartei. Dieser nun auch in Ungarn, wie mir Ihre freundlichst bersandte Arbeiter-Wochen-Chronik" beweist, sich immer strker entwickelnden Arbeiterpartei, die den Vorteil hat, von vornherein international zu

sein, Magyaren, Deutsche, Rumnen, Serben und Slowaken zu umfassen, dieser jungen Partei wollen Sie so freundlich sein, meine besten Wnsche zu ihrenv Parteitage zu berbringen. Hoch die internationale Sozialdemokratie! Hoch der ungarlndische Parteitag! Friedrich Engels

B t . 18.

IX. ^ a f ^ g a n g , I. a n f c

1890-91.

[Vorwort zu Karl Marx' Kritik des Gothaer Programms"[,27J]Das hier abgedruckte Manuskript - der Begleitbriet an Bracke sowohl wie die Kritik des Programmentwurfs - wurde 1875 kurz vor dem Gothaer Einigungskongre [128] an Bracke zur Mitteilung an Geib, Auer, Bebel und Liebknecht und sptem Rcksendung an Marx abgesandt. Da der Haller Parteitag'-129 ] die Diskussion des Gothaer Programms auf die Tagesordnung der Partei gesetzt hat, wrde ich glauben, eine Unterschlagung zu begehn, wenn ich dies wichtige - vielleicht das wichtigste - in diese Diskussion einschlagende Aktenstck der ffentlichkeit noch lnger vorenthielte. Das Manuskript hat aber noch eine andere und weiter reichende Bedeutung. Zum erstenmal wird hier die Stellung von Marx zu der von Lassalle seit dessen Eintritt in die Agitation eingeschlagnen Richtung klar und fest dargelegt, und zwar sowohl was die konomischen Prinzipien wie die Taktik Lassalles betrifft. Die rcksichtslose Schrfe, mit der hier der Programmentwurf zergliedert, die Unerbittlichkeit, womit die gewonnenen Resultate ausgesprochen, die Blen des Entwurfs aufgedeckt werden, alles das kann heute, nach fnfzehn Jahren, nicht mehr verletzen. Spezifische Lassalleaner existieren nur noch im Ausland als vereinzelte Ruinen, und das Gothaer Programm ist in Halle sogar von seinen Schpfern als durchaus unzulnglich preisgegeben worden.

Trotzdem habe ich einige persnlich scharfe Ausdrcke und Urteile da, wo dies fr die Sache gleichgiltig war, ausgelassen und durch Punkte ersetzt. Marx selbst wrde dies tun, wenn er das Manuskript heute verffentlichte. Die stellenweise heftige Sprache desselben war provoziert durch zwei Umstnde: Erstens waren Marx und ich mit der deutschen Bewegung inniger verwachsen als mit irgendeiner andern; der in diesem Programmentwurf bekundete entschiedene Rckschritt mute uns also besonders heftig erregen. Zweitens aber lagen wir damals, kaum zwei Jahre nach dem Haager Kongre der Internationale11301, im heftigsten Kampf mit Bakunin und seinen Anarchisten, die uns fr alles verantwortlich machten, was in Deutschland in der Arbeiterbewegung geschah; wir muten also erwarten, da man uns auch die geheime Vaterschaft dieses Programms zuschob. Diese Rcksichten fallen jetzt weg und mit ihnen die Notwendigkeit der fraglichen Stellen. Auch aus pregesetzlichen Grnden sind einige Stze nur durch Punkte angedeutet. Wo ich einen milderen Ausdruck whlen mute, ist er in eckige Klammern gesetzt. Sonst ist der Abdruck wrtlich. London, 6. Januar 1891 Fr. EngelsNach: Die Neue Zeit", Nr. 18, 9.Jahrgang, I.Band, 1890-1891.

In Sachen Brentano contra Marx wegen angeblicher ZitatsflschungGeschichtserzhlung und Dokumente11311

Geschrieben Dezember 1890 bis Februar 1891. Nach der Erstausgabe Hamburg 1891.

In der Vorrede zur 4. Auflage des ersten Bandes von Marx' Kapital" 1 sah ich mich gentigt, zurckzukommen auf eine 1872 von einem Anonymus in der Berliner Concordia" tl32) angezettelte und 1883 von Herrn Sedley Taylor in Cambridge in der Times" f1331 wiederaufgenommene Polemik gegen Marx. Der Anonymus, der von Herrn Taylor als Herr Lujo Brentano enthllt wurde, hatte Marx der Zitatsflschung angeklagt. Der kurze Bericht, den ich in jener Vorrede (sie ist abgedruckt unter den angehngten Dokumenten, Nr. 12)2 ber die Angelegenheit gab, hatte keineswegs den Zweck, Herrn Brentano angenehm zu sein; was war natrlicher, als da er mir antwortete? Und zwar geschah dies in einer Broschre: Meine Polemik mit Karl Marx. Zugleich ein Beitrag zur Frage des Fortschritts der Arbeiterklasse und seiner Ursachen." Von Lujo Brentan . Berlin, Walther & Apolant, 1890. Diese Broschre gibt uns zuviel und zuwenig. Zuviel, weil sie zugleich" uns Herrn Brentanos Ansichten ber den Fortschritt der Arbeiterklasse und seine Ursachen" des breiteren mitteilt. Diese gehn den Streitpunkt absolut nichts an. Ich bemerke nur dies: Herrn Brentanos stets wiederholte Erklrung, da Arbeiterschutzgesetzgebung und Gewerkvereinsorganisationen die Lage der Arbeiterklasse zu verbessern geeignet sind, ist keineswegs seine eigne Entdeckung. Von der Lage der arbeitenden Klasse in England" und der Misere de la philosophie" bis zum Kapital" und bis zu meinen jngsten Schriften haben Marx und ich dies hundertmal gesagt, aber mit sehr starken Einschrnkungen. tl34] Erstens beschrnken sich die gnstigen Wirkungen namentlich der Widerstandsfachvereine auf die Zeiten mittleren und flotten Geschftsgangs; in Perioden der Stagnation und Krise versagen sie regelmig; Herrn Brentanos Behauptung, da sie die ver-

hngnisvollen Wirkungen der Reservearmee zu paralysieren vermgen", ist lcherliche Prahlerei. Und zweitens - von andern, weniger wichtigen Einschrnkungen ahgesehn - beseitigt weder der Schutz der Gesetzgebung, noch der Widerstand der Fachvereine die Hauptsache, die beseitigt werden mu: das Kapitalverhltnis, das den Gegensatz zwischen Kapitalistenkiasse und Lohnarbeiterklasse stets neu erzeugt. Die Masse der Lohnarbeiter bleibt zu lebenslnglicher Lohnarbeit verdammt, die Kluft zwischen ihnen und den Kapitalisten wird immer tiefer und breiter, je mehr die moderne groe Industrie sich aller Produktionszweige bemchtigt. Weil aber Herr Brentano den Lohnsklaven gern zum zufriednen Lohnsklaven machen mchte, deshalb mu er die vorteilhaften Wirkungen von rbeiterschutz, Fachvereinswiderstand, sozialer Flickgesetzgebung usw. ins Kolossale bertreiben, und weil wir diesen bertreibungen die einfachen Tatsachen entgegenzuhalten imstande sind - deshalb sein Zorn. Zuwenig gibt jene Broschre, weil sie von den Dokumenten jener Polemik nur die zwischen Herrn Brentano und Marx gewechselten Aktenstcke, nicht aber die seitdem mit Bezug auf die Frage erschienenen mitteilt. U m also den Leser in den Stand zu setzen, sich ein Gesamturteil zu bilden, gebe ich im Anhang 1. die inkriminierten Stellen aus der Inauguraladresse des Generalrats der Internationale und aus dem Kapital"; 2. die Polemik zwischen Herrn Brentano und Marx; 3. diejenige zwischen Herrn Sedley Taylor und Eleanor Marx; 4. meine Vorrede zur 4. Auflage des Kapitals" und Herrn Brentanos Erwiderung darauf; und 5. das auf die Briefe Gladstones an Herrn Brentano Bezgliche. Es versteht sich, da ich dabei alle diejenigen Stellen der Brentanoscnen Auseinandersetzungen weglasse, die nicht die Frage der Zitatsflschung berhren, sondern nur seinen Beitrag zur Frage des Fortschritts" usw. ausmachen.

I

In Nr. 10 der Berliner Concordia", 7. Mrz 1872, erfolgte ein heftiger anonymer Angriff gegen Marx als Verfasser der Inauguraladresse des Generalrats der Internationale vom Jahre 18641. In dieser Adresse, hie es, habe Marx ein Zitat aus der Budgetrede des damaligen englischen Schatzkanzlers Gladstone vom 16. April 1863 geflscht. Die Stelle der Inauguraladresse ist abgedruckt im Anhang, Dokumente, Nr.I. 2 Der Artikel der Concordia" ebendaselbst, Dokument Nr.3. 3 In diesem letztern wird nun die Anklage formuliert wie folgt:Wie nun verhlt sich der Inhalt dieser Rede zu dem Zitat von Marx? Gladstone konstatiert zuerst, da unzweifelhaft eine kolossale Zunahme des Einkommens des Landes stattgefunden habe. Dies beweist ihm die Einkommensteuer. Allein die Einkommensteuer nimmt Notiz nur von den Einkommen von 150 Pfd. St. und mehr. Leute mit weniger Einkommen zahlen in England keine Einkommensteuer. Die Tatsache, da Gladstone dies einfach zur richtigen Wrdigung seines Mastabs anfhrt, benutzt Marx, um Gladstone sagen zu lassen: ,Diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht ist ganz und gar auf die besitzenden Klassen beschrnktDieser Satz befindet sich aber nirgends in der Gladstoneschen Rede. Gerade das Gegenteil ist in

derselben gesagt. Marx hat den Satz formell und materiell hinzugelogen!"

Dies ist die Anklage, und wohlgemerkt die einzige Anklage, die der Anonymus, der jetzt eingestandnermaen Lujo Brentano heit, gegen Marx erhebt. Die Nr. 10 der Concordia" wurde Marx im Mai 1872 aus Deutschland zugeschickt. Auf dem mir noch vorliegenden Exemplar steht der Vermerk: Organ des deutschen Fabrikantenbundes". Marx, der von diesem Blttchen nie etwas gehrt, nahm also den Verfasser fr einen schriftstellernden Fabrikanten und behandelte ihn demgem.1 Siehe Band 16 unserer Ausgabe, S. 513 S. 139-141 2

siehe vorl. Band, S. 134/135 -

3

ebenda,

7

Marx/Entrels. Werke, Bd. 22

Marx wies nach in seiner Antwort im Volksstaat" [135] (Dokumente, Nr.4) 1 , da der betreffende Satz nicht nur von Professor Beesly 1870 in der Fortnightly Review" !136V sondern schon vor Erscheinen der Inauguraladresse in der Theory of the Exchanges", London 1864, ebenso zitiert sei, und endlich, da auch der Bericht der Times" am i 7. Aprii 1863 den Satz formell und materiell ebenso enthalte, wie er ihn zitiert: Die Vermehrung, die ich soeben beschrieben" (nmlich als diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht"), ist ganz und gar beschrnkt auf Klassen mit Eigentum." Wenn sich die im Munde eines englischen Schatzkanzlers allerdings kompromittierliche Stelle in Hansard nicht finde1137 ], so nur, weil Herr Gladstone so gescheit war, sie nach herkmmlichem englischem Parlamentsbrauch wegzupfuschen. Jedenfalls war hier der Nachweis geliefert, da der angeblich hinzugelogne Satz sich am 17. April 1863 in dem Bericht der Times" ber die den Abend vorher von Herrn Gladstone gehaltene Rede buchstblich vorfindet. Und die Times" war damals Gladstonesches Organ. Was antwortet nun der veilchengleich im verborgnen blhende Herr Brentano? (Concordia", 4. Juli 1872, Dokumente, Nr.5.) 2 Mit einer Keckheit, die er sich unter seinem eignen Namen nie gestattet hat, wiederholt er die Anklage, Marx habe den Satz hinzugelogen; diese Anklage, fgt er hinzu, seischwer und, verbunden mit dem beigefgten schlagenden Beweismaterial, geradezu vernichtend".

Das Beweismaterial war nichts als die Steile aus Hansard, worin der Satz fehlt. Es konnte also vernichtend" hchstens sein fr ebendiesen unglckseligen Satz selbst, der in der Times" stand und im Hansard nicht. Indes sollte dies siegreiche Hahnengekrh* nur ber diese selbe unangenehme Tatsache weghelfen, da der hinzugelogne" Satz durch den Times"-Bericht als wahrheitsgetreu besttigt wurde. Und im Gefhl, da dies Beweismaterial fr die Anklage allbereits ziemlich schlagend" sei und mit der Zeit geradezu vernichtend" werden knne, fllt unser anonymer Zukunftsprofessor nun eifrigst her .ber das Zitat bei Beesly und in der Theory of the Exchanges", wirbelt Staub aller Art auf, behauptet, Beesly habe nach der Inauguraladresse und Marx nach der Theory of the Exchanges" zitiert usw. Alles das sind Nebenpunkte. Selbst wenn sie wahr, bewiesen sie nichts fr die Frage, ob Gladstone den Satz gesprochen oder Marx ihn erlogen. Aber sie knnen ihrer Natur nach weder von Herrn1 Siehe vorl. Band, S. 141-144; vgl. auch Band 18 unserer Ausgabe, S.89-92 - 2 siehe vorl. Band, S. 144-149

Brentano damals, noch jetzt von mir mit absoluter Endgltigkeit entschieden werden. Dagegen dienen sie dazu, die Aufmerksamkeit von der Hauptsache abzulenken, nmlich von dem fatalen Times"-Bericht. Ehe er sich an diesen wagt, strkt der Anonymus sich durch den Gebrauch verschiedner Kraftausdrcke, als da sind: eine ans Verbrecherische streifende Leichtfertigkeit", jenes lgenhafte Zitat" usw., und dann geht er entschlossen los, wie folgt:Aber hier kommen wir freilich auf das dritte Verteidigungsmittel von Marx, und an frecher Verlogenheit bertrifft dies noch bei weitem alles bisher schon Gebotene. Marx scheut sich nmlich nicht, sich auf die .Times' vom I7.April 1863 zu berufen, um die Richtigkeit seines Zitats zu beweisen. Die .Times' vom 17.April 1863, p.7, Seite" (soll heien Spalte) 5, Zeile 17 u.ff., berichtet aber jene Rede wie folgt..."

Und nun folgt der Bericht der Times", worin es heit:Die Vermehrung, die ich beschrieben habe" (nmlich als diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht") und deren Angabe, wie ich glaube, auf genauen Erhebungen beruht, ist lediglich auf die Klassen beschrnkt, die Eigentum besitzen."

Und nun staune man ber die freche Verlogenheit" von Marx, der noch zu behaupten wagt, der Times"-Bericht enthalte den Satz: Diese berauschende Vermehrung usw. ist gnzlich beschrnkt auf Klassen mit Eigentum! Die Inauguraladresse sagt: This intoxicating augmentation of wealth and power is entirely confined to classes of property,"1 Die Times" sagt: The augmentation there described" 2 (von welcher sogar Herr Brentano, anonym oder nicht, bisher nicht bestritten hat, da es die frher als this intoxicating augmentation of wealth and power" 3 bezeichnete augmentation" ist) and which is founded, I think, upon accurate returns, is an augmentation entirely confined to classes of property,"4 Und nun, nachdem Herr Brentano den von Marx angeblich hinzugelognen, weil in Hansard fehlenden Satz mit seinem eignen Zeigefinger in dem Bericht der Times" nachgewiesen und damit Marx* angebliche freche Verlogenheit sich selbst angeeignet hat, erklrt er triumphierend, dabeide Berichte" - Times" und Hansard - materiell vllig bereinstimmen. Der Bericht der .Times' gibt nur formell mehr zusammengezogen, was der stenographische1 Diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht ist ganz und gar auf die besitzenden Klassen beschrnkt." - 2 Die Vermehrung, die ich beschrieben habe" - 8 diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht" - 4 und die, wie ich glaube, auf genauen Erhebungen beruht, ist eine Vermehrung, gnzlich beschrnkt auf Klassen, die Eigentum besitzen

Bericht bei Hansard dem Wortlaut nach gibt. Aber trotzdem auch der Bericht der .Times* das direkte Gegenteil jener berchtigten Stelle der Inauguraladresse enthlt, trotzdem auch nach dem,Times'-Bericht Gladstone sagte, er glaube jene berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht nicht auf die wohlhabenden Klassen beschrnkt, hat Marx die Stirne, im ,Volksstaat' vom 1 .Juni zu schreiben: Formell und materiell erklrte also Herr Gladstone am 16.April 1863 im Unterhause nach dem Bericht seines eignen Organs, der Times", vom ! 7,April 1863, da diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht ganz und gar beschrnkt ist auf Eigentumsklassen.'"

Si duo faciunt idem, non est idem. Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe. Wenn Marx Gladstone sagen lt: Diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht ist ganz und gar beschrnkt auf Klassen mit Eigentum, so ist das hinzugelogen", eine berchtigte Stelle", vllig geflscht". Wenn der Times"-Bericht Gladstone sagen lt:Diese von mir soeben als eine berauschende Vermehrung von Macht und Reichtum geschilderte Vermehrung ist ganz und gar beschrnkt auf Klassen mit Eigentum",

so ist das nur formell mehr zusammengezogen" als der Hansardsche Bericht, worin jener Satz fehlt, und das direkte Gegenteil jener" (nmlich eben dieser selben) berchtigten Stelle der Inauguraladresse", Und wenn dann Marx sich zur Besttigung auf diese Stelle des Times"-Berichts beruft, sagt Herr Brentano:... endlich hat er noch die Stirne, sich auf Zeitungsberichte zu berufen, die ihm direkt widersprechen."

Dazu gehrt in der Tat eine ganz besondere Stirne". Allerdings trug Marx die seinige im Gesicht und nicht anderswo. Mit Hlfe einer in der Tat von der Marxschen wohl zu unterscheidenden Stirne" bringt der Anonymus, alias Lujo Brentano, es dann auch fertig, Gladstone sagen zu lassen, er glaube jene berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht nicht auf die wohlhabenden Klassen beschrnkt". In Wirklichkeit sagt Gladstone nach der Times" und Hansard, er wrde mit Schmerz und Besorgnis auf diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht sehn, wenn er glaubte, da sie auf die wohlhabenden Klassen beschrnkt wre, und weiter sagt er nach der Times", sie sei allerdings beschrnkt auf Klassen mit Eigentum".In der Tat", ruft der tugendhaft entrstete Anonymus zuletzt aus, wir wten zur Bezeichnung dieser Praktiken nur ein Wort, das Marx selbst sehr wohl bekannt ist (s. ,Das Kapital', S.257): Sie sind einfach .infam'."

Wessen Praktiken, Herr Lujo Brentano?

II

Marx Antwort (Volksstaat", 7. Aug. 1872, Dokumente, Nr.6) 1 ist gutmtig genug, auf all den von Herrn Brentano aufgewirbelten Staub von wegen Professor Beesly, der Theory of the Exchanges" usw. einzugehn; wir lassen das als nebenschlich beiseite. Zum Schlu aber bringt sie noch zwei fr die Hauptsache geradezu entscheidende Tatsachen. Die hinzugelogne" Stelle findet sich, auer in dem Times"-Bericht, auch noch in denen zweier andern Londoner Morgenzeitungen vom 17. April 1863. Nach dem Morning Star" 11381 sagte Gladstone:Diese Vermehrung" - die soeben als eine berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht beschrieben - ist eine Vermehrung, ganz und gar beschrnkt auf die Klassen, die Eigentum besitzen."

Nach dem Morning Advertiser" 1139] :Die" - soeben als eine berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht erwhnte Vermehrung ist eine Vermehrung, ganz und gar beschrnkt auf Klassen, die Eigentum besitzen."

Fr jeden andern Gegner wre diese Beweisfhrung geradezu vernichtend". Nicht aber fr den anonymen Brentano. Seine Antwort (Concordia", 22. Aug. 1872, Dokumente, Nr.7) 2 , die von unverminderter Keckheit zeugt, ist Marx nie zu Gesicht gekommen, da ihm sptere Nummern der Concordia" als die vom 11. Juli nicht mehr zugesandt wurden. Ich selbst habe diese Antwort erst im Brentanoschen Wiederabdruck (Meine Polemik etc.", 1890) gelesen und mu daher wohl oder bel hier von ihr Notiz nehmen.Die zhe Verlogenheit, mit der er" (Marx) an dem entstellten Zitat... festhlt, ist selbst bei jemandem, dem fr seine Umsturzplne kein Mittel zu schlecht ist, erstaunlich." Siehe vorl. Band, S. 149156; vgl. auch Band 18 unserer Ausgabe, S. 108 115 - 2 siehe vorl. Band, S. 157-1601

Das Zitat ist nach wie vor falsch", und der Times"-Bericht zeigt das grade Gegenteil, indem die .Times' und Hansard vllig bereinstimmen". Diese Zuversichtlichkeit der Beteuerung ist aber noch reines Kinderspiel gegenber der Stirne", womit Herr Brentano uns pltzlich folgende Mitteilung macht:Das zweite Mittel, den .Times'-Bericht zu verdunkeln, bestand darin; da Marx in seiner deutschen bersetzung den Relativsatz einfach unterschlug, aus dem hervorging, da Gladstone nur gesagt hatte, da die Vermehrung des Reichtums, die aus den Erhebungen ber die Einkommensteuer ersichtlich sei, auf die besitzenden Klassen beschrnkt sei, weil die arbeitenden Klassen zur Einkommensteuer nicht herangezogen werden, und da den Erhebungen ber die Einkommensteuer deshalb nichts ber die Zunahme des Wohlstands der Arbeiterklassen zu entnehmen sei, nicht aber, da die arbeitenden Klassen in Wirklichkeit von der auerordentlichen Vermehrung des Nationalreichtums ausgeschlossen geblieben."

Wenn also die Times" sagt, die vielbesprochene Vermehrung sei auf die besitzenden Klassen beschrnkt, so sagt sie das Gegenteil von dem hinzugelognen" Satz, der dasselbe sagt. Was den einfach unterschlagnen Relativsatz" eingeht, so soll dieser Herrn Brentano keineswegs geschenkt werden, falls er sich einen Augenblick gedulden will. Und nachdem er nun den ersten khnen Sprung glcklich berstanden, geht ihm das Beteuern, da schwarz wei und wei schwarz ist, schon mit grrer Leichtigkeit ab. Ist er mit der Times" fertig geworden, so werden ihm Morning Star" und Morning Advertiser" wenig Kummer machen.Denn diese Journale, selbst wie er" (Marx) sie gibt, sprechen fr uns. Nachdem nach beiden Journalen Gladstone gesagt hat, da er nicht glaube" (dies behauptet bekanntlich Herr Brentano), da diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht beschrnkt sei auf die Klassen, die sich in angenehmen Verhltnissen befinden, fhrt er fort:,Dieser groe Zuwachs von Reichtum nimmt gar keine Notiz von der Lage der Arbeiterbevlkerung. Die erwhnte Vermehrung ist eine Vermehrung, ganz und gar beschrnkt auf Klassen, die Eigentum besitzenDer Zusammenhang und der Gebrauch des Wortes .Notiz nehmen' zeigen deutlich, da unter diesem Zuwachs und unter der erwhnten Vermehrung der Zuwachs und die Erwhnung" (sie!) gemeint sind, die sich aus den Erhebungen ber die Einkommensteuer erkennen lassen."

Der Jesuit, der das Si duo faciunt idem, non est idem erfunden hat, war ein Stmper gegen den anonymen Brentano. Wenn Times", Morning Star" und Morning Advertiser" einstimmig erklren, der nach Brentano von Marx hinzugelogne" Satz sei von Gladstone wirklich gesprochen worden, so sprechen diese Bltter einstimmig fr" Herrn Brentano. Und wenn Marx dann diesen selben Satz wortgetreu zitiert, so ist das lgenhaftes

Z i t a t " , freche Verlogenheit", vllig geflscht", L g e " usw. U n d w e n n M a r x das nicht einsehn k a n n , so steht u n s e r m A n o n y m u s , genannt L u j o B r e n t a n o , d e r V e r s t a n d still, u n d er findet das einfach i n f a m " . R e c h n e n wir jedoch m i t d e m b e h a u p t e t e n H i n z u l g e n " ein f r allemal ab, i n d e m wir die Berichte smtlicher L o n d o n e r M o r g e n b l t t e r vom 17. April 1863 b e r u n s r e Stelle h e r a n z i e h n . T i m e s " , M o r n i n g S t a r " u n d M o r n i n g Advertiser" h a b e n wir bereits gehabt. Daily T e l e g r a p h " 1 1 4 0 1 : Ich fr meinen Teil kann wohl sagen, da ich fast mit Beunruhigung und Befrchtung auf diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht schauen wrde, wenn mein Glaube wre, da sie beschrnkt sei auf die Klassen, die in wohlhabenden Umstnden sind. Diese Reichtumsfrage nimmt durchaus keine Kenntnis von der Lage der Arbeiterbevlkerung. Die angegebne Vermehrung ist eine Vermehrung, durchaus beschrnkt auf die Klassen mit Eigentum." Morning Herald"11411: Ich kann sagen, ich meinesteils wrde mit Furcht und Beunruhigung auf diese berauschendeReichtumsvermehrung schauen, wenn ich glaubte, da sie beschrnkt sei auf die Klassen in wohlhabenden Umstnden. Diese groe Reichtumsvermehrung, die ich beschrieben habe und die auf genauen Erhebungen beruht, ist beschrnkt ausschlielich auf die Vermehrung des Kapitals und nimmt keine Kenntnis von den rmern Klassen." M o r n i n g Post" 1 1 4 2 1 : Ich kann sagen, ich fr meinen Teil wrde mit Furcht und Beunruhigung auf diese groe Reichtumsvermehrung blicken, wenn ich glaubte, da ihre Wohltaten beschrnkt wren auf die Klassen in wohlhabenden Umstnden. Diese Reichtumsvermehrung, die ich beschrieben habe und die auf genauen Erhebungen beruht, ist gnzlich beschrnkt attf die Vermehrung des Kapitals und nimmt keine Kenntnis von der Reichtumsvermehrung der rmern Klassen." Daily News" 1 1 4 3 1 : Ich kann sagen, ich meinesteils wrde mit Furcht und Beunruhigung blicken bei Betrachtung dieser groen Reichtumsvermehrung, wenn ich glaubte, ihre Wohltaten seien beschrnkt auf die Klassen in wohlhabenden Umstanden. Diese Reichtumsvermehrung, die ich beschrieben habe und die auf genauen Erhebungen beruht, ist gnzlich beschrnkt auf die Vermehrung des Kapitals und zieht nicht in Rechnung die Reichtumsvermehrung der rmern Klassen." Standard"11441: Ich kann sagen, ich meinesteils wrde mit Furcht und Beunruhigung auf diese berauschende Reichtumsvermehrung schauen, wenn ich glaubte, da sie beschrnkt sei

auf die Klassen in wohlhabenden Umstnden. Diese groe Reichtumsvermehrung, die ich beschrieben habe und die auf genauen Erhebungen beruht, ist gnzlich beschrnkt auf die Vermehrung des Kapitals und zieht die rmern Klassen nicht in Rechnung."

Die hiermit angefhrten acht Zeitungen sind, soweit ich wei, die einzigen damals in London erscheinenden Morgenbltter. Ihr Zeugnis ist schlagend". Vier derselben - Times", Morning Star", Morning Advertiser", Daily Telegraph" - geben den Satz genau in der Fassung, wie Marx ihn hinzugelogen". Diese Vermehrung, die soeben beschrieben worden als eine berauschende Vermehrung von Reichtum und Macht, ist beschrnkt ganz und gar auf Klassen mit Eigentum". Die vier andern - Morning Herald", Morning Post", Daily News" und Standard" - geben ihn in einer nur formell mehr zusammengezognen" Fassung, wodurch er noch verstrkt wird; ebendieselbe Vermehrung ist gnzlich beschrnkt auf die Vermehrung des Kapitals". Die genannten acht Zeitungen haben jede ihren aparten, vollstndigen Stab von Parlamentsreportern. Sie sind also ebenso viele voneinander gnzlich unabhngige Zeugen. Sie sind ferner in ihrer Gesamtheit unparteiisch, weil den verschiedensten Parteirichtungen angehrig. Und fr jede der beiden obigen Fassungen des ununterdrckbaren Satzes stehen sowohl Tories wie Whigs und Radikale ein. Nach vieren von ihnen hat Gladstone gesagt: gnzlich beschrnkt auf Klassen mit Eigentum. Nach vier andern hat er gesagt: gnzlich beschrnkt auf die Vermehrung des Kapitals. Acht unanfechtbare Zeugen bekunden also, da Gladstone den Satz wirklich ausgesprochen. Es fragt sich nur, ob in der von Marx gebrauchten milderen Fassung oder in der von vier Berichten gegebnen strkeren. Gegen sie alle steht in einsamer Gre - Hansard. Aber Hansard ist nicht unanfechtbar wie die Morgenbltter. Hansards Berichte sind der Zensur unterworfen, der Zensur durch die Redner selbst. Und ebendeshalb ist es Sitte", nach Hansard zu zitieren. Acht unverdchtige Zeugen gegen einen verdchtigen! Aber was verschlgt das unserm siegsgewissen Anonymus? Gerade weil die Berichte der acht Morgenbltter jene berchtigte Stelle" Gladstone in den Mund legen, gerade deshalb sprechen sie fr" den Anonymus, gerade dadurch beweisen sie erst recht, da Marx sie hinzugelogen" hat! Es geht doch in der Tat nichts ber die Stirne" des anonymen Brentano.

III

In Wirklichkeit jedoch ist die auffallende Keckheit, die wir an Herrn Brentano zu bewundern hatten, nichts als ein taktisches Manver. Er hat entdeckt, da der Angriff auf den hinzugelognen" Satz gescheitert ist und da er sich eine Defensivstellung aussuchen mu. Er hat sie gefunden; jetzt handelt es sich nur noch darum, den Rckzug in diese neue Stellung zu vollziehn. Schon in seiner ersten Antwort an Marx (Dokumente, Nr.5) 1 deutet Herr Brentano diese seine Absicht, wenn auch noch schamhaft, an. Der fatale Times"-Bericht zwingt ihn dazu. Dieser Bericht enthlt zwar die berchtigte", hinzugelogne" Stelle, aber das ist eigentlich Nebensache. Denn da er mit Hansard materiell vllig bereinstimmt", sagt er das direkte Gegenteil jener berchtigten Stelle", obwohl er sie buchstblich enthlt. Es ist also nicht mehr der Wortlaut der berchtigten Stelle", worauf es ankommt, sondern ihr Sinn. Es handelt sich jetzt nicht mehr darum, sie wegzuleugnen, sondern zu behaupten, sie meine das Gegenteil von dem, was sie sagt. Und nachdem Marx in seiner zweiten Antwort erklrt, Zeitmangel zwinge ihn, seinen angenehmen Umgang mit seinem anonymen Gegner ein fr allemal abzubrechen 2 , kann dieser mit um so grerer Zuversichtlichkeit sich an dies auch nicht eben saubre Thema wagen. Dies geschieht in seiner Duplik, hier wiedergegeben unter Nr. 7 der Dokumente. 3 Hier behauptet er, Marx suche den mit Hansard materiell vllig bereinstimmenden Times"-Bericht zu verdunkeln, und zwar auf dreierlei Art. Erstens durch eine unrichtige bersetzung des Ausdrucks classes who are in easy circumstances 4 . Diesen Punkt lasse ich als absolut nebenschlich bei1 Siehe vorl. Band, S. 144-149 - 2 ebenda, S. 156; vgl. auch Band 18 unserer Ausgabe, S. 115 - 3 siehe vorl. Band, S. 157-160 - 4 Klassen in wohlhabenden Umstnden (zur Ubersetzung dieses Ausdrucks siehe Marx' Funote auf S. 143 sowie die S. 153 des vorl. Bandes)

seite. Da Marx die englische Sprache ganz anders beherrschte als Herr Brentano, ist allbekannt. Was aber Herr Gladstone sich beim Gebrauch jenen Ausdrucks damals genau gedacht hat - und ob berhaupt etwas - , das ist unmglich zu sagen, heute, nach 27 Jahren, auch fr ihn selbst. Der zweite Punkt ist der, da Marx im Times"-Bericht einen gewissen Relativsatz einfach unterschlug". Die betreffende Stelle ist im vorigen Abschnitt II, S.7 1 ausfhrlich zitiert. Durch Unterschlagung dieses Relativsatzes soll Marx seinen Lesern die Tatsache haben unterschlagen wollen, da die Vermehrung des Reichtums, die aus den Erhebungen ber die Einkommensteuer ersichtlich sei, auf die besitzenden Klassen beschrnkt sei, weil die arbeitenden Klassen zur Einkommensteuer nicht herangezogen werden, und da hieraus ber die Zunahme des Wohlstandes bei den Arbeitern nichts zu entnehmen sei; nicht aber, da die arbeitenden Klassen in Wirklichkeit von der auerordentlichen Vermehrung des Nationalreichtums ausgeschlossen geblieben. Der Satz des Times"-Berichts lautet in Herrn Brentanos eigner bersetzung:Die Vermehrung, die ich beschrieben habe und deren Angabe, wie ich glaube, auf genauen Erhebungen basiert, ist lediglich auf Klassen beschrnkt, die Eigentum besitzen."

Der von Marx so bswillig unterschlagne" Relativsatz besteht in den Worten: und deren Angabe, wie ich glaube, auf genauen Erhebungen basiert". Durch die hartnckig, weil zweimal wiederholte Unterschlagung dieser hochwichtigen Worte habe Marx seinen Lesern verheimlichen wollen, da die besagte Vermehrung eine Vermehrung sei nur des der Einkommensteuer unterworfenen Einkommens, mit anderen Worten, des Einkommens der Klassen, welche Eigentum besitzen". Macht die sittliche Entrstung darber, da er sich mit der Verlogenheit" festgeritten, Herrn Brentano blind? Oder denkt er, er kann flott drauflosbehaupten, da Marx ja doch nicht mehr antwortet? Tatsache ist, da das angeklagte Zitat bei Marx, sowohl in der Inauguraladresse wie im Kapital", mit den Worten beginnt: Von 1842 bis 1852 wuchs das besteuerbare Einkommen (the taxable income) dieses Landes um 6 % . . . ; in den 8 Jahren von 1853 bis 1861 wuchs es, wenn wir" 2 usw. Kennt Herr Brentano ein andres besteuerbares Einkommen" in England als das der Einkommensteuer unterworfene? Und fgte der hochwichtige Relativsatz" das Geringste hinzu zu dieser deutlichen Erklrung,

da es sich hier nur um das der Einkommensteuer unterworfene Einkommen handle? Oder ist er der Ansicht, wie es fast scheint, da man Gladstones Budgetreden flscht", dazu hinzulgt" oder davon unterschlgt", wenn man sie zitiert, ohne dem Leser zugleich, la Brentano, eine Abhandlung ber die englische Einkommensteuer zu geben und darin obendrein die Einkommensteuer zu flschen", wie Marx (Dokumente, Nr. 6) 1 nachgewiesen und wie Herr Brentano selbst notgedrungen anerkennt (Dokumente, Nr.7) 2 ? Und wenn der hinzugelogne" Satz einfach sagt, diese Vermehrung, von der Herr Gladstone eben sprach, sei beschrnkt auf Klassen mit Eigentum, sagt er nicht im wesentlichen dasselbe, da nur die Klassen mit Eigentum Einkommensteuer zahlen? Aber freilich, whrend Herr Brentano vorn, in der Front, ber diesen Satz als Marxsche Flschung und freche Verlogenheit einen betubenden Heidenlrm schlgt, lt er ihn selbst leise zur Hintertr hineinsehlpfen. Da Marx Herrn Gladstone vom besteuerbaren Einkommen" und von keinem andern sprechen lt, wute Herr Brentano genau. Denn in seinem ersten Angriff (Dokumente, Nr. 3) zitiert er die Stelle der Inauguraladresse und bersetzt sogar taxable mit steuerpflichtig" 3 . Wenn er dies jetzt in seiner Duplik unterschlgt" und wenn er von jetzt an bis in seine Broschre von 1890 fort und fort beteuert, Marx verheimliche absichtlich und bswillig die Tatsache, da Gladstone hier nur von dem der Einkommensteuer unterworfenen Einkommen spricht, sollen wir ihm da seine eignen Ausdrcke: lgenhaft", Flschung", freche Verlogenheit", einfach infam" usw., zurck an den Kopf werfen? Weiter im Text.Drittens endlich suchte Marx die bereinstimmung des .Times'-Berichts mit dem Bericht bei Hansard zu verbergen, indem er die Stze nicht zitierte, in denen auch nach der .Times' Gladstone die Hebung der britischen Arbeiterklasse direkt und ausdrcklich bezeugte."

In seiner zweiten Antwort an den anonymen Brentano 4 hatte Marx zu beweisen, da er den berchtigten" Satz nicht hinzugelogen", und hatte ferner zurckzuweisen des Anonymus kecke Behauptung: in Beziehung auf diesen, den einzigen zur Debatte stehenden Punkt stimmten Times"-Bericht und Hansardbericht materiell vllig berein", obwohl der erstere den fraglichen Satz wrtlich enthlt, der zweite ihn wrtlich auslt. Fr diesen, den einzigen Streitpunkt war es absolut gleichgltig, was Herr Gladstone1 Siehe vorl. Band, S. 149-156 S. 149-156 2

ebenda, S. 157-160 -

3

ebenda, S. 140 -

4

ebenda,

in Beziehung auf die Hebung der britischen Arbeiterklasse sonst noch fr uerungen gemacht. Dahingegen steht in der Inauguraladresse - und diese ist doch das von Brentano der Zitatsflschung bezchtigte Dokument - auf S.4 1 , nur wenige Zeilen vor dem berchtigten" Satz, ausdrcklich, da der Schatzkanzler (Gladstone) whrend des Tausendjhrigen Reichs des Freihandels dem Unterhause gesagt:Die Durchschnittslage des britischen Arbeiters hat sich gehoben in einem Grade, von dem wir wissen, da er auerordentlich ist und beispiellos in der Geschichte aller Lnder und Zeiten."

Und das sind gerade die nach Herrn Brentano von Marx bswillig unterschlagnen Worte. In der ganzen Polemik, von seiner ersten Replik an Marx 1872 (Dokumente, Nr.5) 2 bis zur Einleitung und [zum! Anhang von Meine Polemik etc.", 1890, unterschlgt Herr Brentano mit einer Fingerfertigkeit, die wir beileibe nicht als freche Verlogenheit" bezeichnen drfen, die Tatsache, da Marx in der Inauguraladresse diese Gladstoneschen Beteuerungen ber die beispiellose Hebung der Lage der Arbeiter ausdrcklich zitiert. Und in dieser, wie gesagt, Marx bis zu seinem Tode und mir bis zum Erscheinen der Broschre Meine Polemik etc.", 1890, unbekannt gebliebnen Duplik, wo die Anklage wegen des hinzugelognen Satzes nur zum Schein aufrechterhalten, in Wirklichkeit aber fallengelassen und der hinzugelogne Satz nicht nur als echt Gladstonesches Eigentum verschmt zugelassen, sondern auch als fr uns", d.h. fr Brentano, sprechend" beansprucht wird, - in dieser Duplik wird sich auf die neue Verteidigungslinie zurckgezogen: Marx habe Gladstones Rede verstmmelt und verdreht; Marx lasse Gladstone sagen, die Reichtmer der Reichen seien kolossal gewachsen, aber die Armen, die Arbeiterbevlkerung seien hchstens weniger arm geworden. Und doch sage Gladstone mit drren Worten, die Lage der Arbeiter habe sich in beispiellosem Grad gehoben. Diese zweite Verteidigungslinie wird gesprengt durch die unwiderstehliche Tatsache, da gerade in dem inkriminierten Dokument, in der Inauguraladresse, diese selben Gladstoneschen Worte ausdrcklich angefhrt sind. Und das wute Herr Brentano. Aber was tut's? Die Leser" der Concordia" knnen ihn ja nicht kontrollieren!" Was brigens das angeht, was Herr Gladstone wirklich gesagt hat, darber werden wir demnchst noch ein kleines Wrtlein verlieren.

Zum Schlu leistet sich dann Herr Brentano, sicher erstens unter seiner Anonymitt und zweitens durch Marx' Erklrung, sich nicht mehr um ihn kmmern zu wollen, folgendes Privatvergngen:Wenn Herr Marx dann zuletzt noch in Schimpfworte ausbricht, so knnen wir ihm versichern, da seinem Gegner nichts erwnschter sein kann, als das hierin liegende Eingestndnis seiner Schwche. Die Schmhung ist die Waffe desjenigen, dessen sonstige Verteidigungsmittel zu Ende sind."

Nun mge der Leser selbst nachsehn, inwieweit Marx in seiner Duplik in Schimpfworte ausbricht". Was aber Herrn Brentano betrifft, so haben wir allbereits eine Blumenlese seiner Hflichkeitsbezeugungen gegeben. Die Marx massenweise an den Kopf geworfenen Lgen", frechen Verlogenheiten", lgenhaften Zitate", einfach infam" usw. bilden allerdings ein erbauliches Eingestndnis der Schwche" und ein unverkennbares Zeichen, da Herrn Brentanos sonstige Verteidigungsmittel zu Ende sind".

IV

Hiermit schliet der erste Akt unsrer Haupt- und Staatsaktion. Der geheimnisvolle, wenn auch noch nicht geheimrtliche Herr Brentano hat erreicht, was zu erreichen er kaum hoffen durfte. Allerdings war es ihm schlecht genug gegangen mit dem angeblich hinzugelognen" Satz; diese ursprngliche Anklage hatte er tatschlich fallengelassen. Aber er hatte sich eine neue Verteidigungslinie ausgesucht, und in dieser hatte er - das letzte Wort behalten, und damit kann man in der deutschen Dozentenwelt sagen, man habe das Schlachtfeld behauptet. Somit konnte er sich damit brsten, wenigstens vor seinesgleichen, Marx' Angriffe siegreich abgeschlagen, ihn selbst aber literarisch totgemacht zu haben. Der unglckliche Marx jedoch erfuhr von dieser seiner Abschlachtung in der Concordia" kein Sterbenswrtchen; im Gegenteil, er hatte die Stirne noch elf Jahre fortzuleben, elf Jahre stets wachsender Erfolge fr ihn, elf Jahre ununterbrochenen Wachstums der Zahl seiner Anhnger in allen Lndern, elf Jahre stets allgemeinerer Anerkennung seiner Verdienste. Herr Brentano und Genossen hteten sich weislich, den verblendeten Marx aus dieser Selbsttuschung zu reien oder ihm klarzumachen, da er vielmehr seit lange ein toter Mann sei. Aber nachdem er 1883 wirklich gestorben, da hielten sie es nicht lnger aus, es juckte gar zu gewaltig in den Fingern. Und nun trat Herr Sedley Taylor auf die Bhne in einem Brief an die Times" (Dokumente, Nr.8) 1 . Die Gelegenheit bricht er sich vom Zaun, wenn er oder sein Freund Brentano sie nicht, wie es fast den Anschein hat, mit Herrn Emile de Laveleye direkt abgekartet hatten. Mit dem geschraubten Stil, der ein gewisses Bewutsein seiner faulen Sache verrt, scheint es ihm

uerst eigentmlich, da es dem Professor Brentano vorbehalten war, acht Jahre spter die mala fides" (von Marx) zu enthllen".

Und nun fngt die Ruhmredigkeit an von den meisterhaft gefhrten Angriffen des gttergleichen Brentano, von den schleunigst erfolgenden Todeswindungen des verruchten Marx usw. Wie das in der Wirklichkeit aussah, haben unsere Leser gesehn. In Todeswindungen verfiel nur die Brentanosche Behauptung von der Hinzugelogenheit des fraglichen Satzes. Endlich zum Schlu:Als Brentano durch eine ins einzelne gehende Textvergleichung bewies, da die Berichte der .Times' und von Hansard bereinstimmten im absoluten Ausschlu des Sinnes, den pfiffig isolierte Zitierung den Gladstoneschen Worten untergeschoben hatte, da zog Marx sich zurck unter dem Vorwand des Zeitmangels!"

Die eingehende Textvergleichung" ist gar zu burlesk. Der anonyme Brentano zitiert nur Hansard. Marx liefert ihm den Times "-Bericht, der den streitigen, bei Hansard fehlenden Satz wrtlich enthlt. Jetzt zitiert Herr Brentano auch den Times"-Bericht, und zwar noch drei Zeilen weiter als Marx ihn zitiert hat. Diese drei Zeilen sollen beweisen, da Times" und Hansard vllig bereinstimmen, da also der angeblich von Marx hinzugelogne" Satz nicht im Times"-Bericht steht, obgleich er wrtlich darin steht; oder doch mindestens, da, wenn er auch darin steht, er das Gegenteil von dem bedeutet, was er mit drren Worten sagt. Diese halsbrechende Operation nennt Herr Taylor eine eingehende Textvergleichung". Ferner. Es ist einfach nicht wahr, da hierauf Marx sich zurckzog unter dem Vorwand des Zeitmangels. Und Herr Sedley Taylor wute das oder war verpflichtet, es zu wissen. Wir haben gesehn, da Marx erst noch dem anonymen gttergleichen Brentano den Beweis lieferte, da die Berichte des Morning Star" und des Morning Advertiser" den hinzugelognen" Satz ebenfalls enthalten. Und erst dann erklrte er, dem Anonymus keine weitere Zeit opfern zu knnen. Die weitere Polemik zwischen ihm und Eleanor Marx (Dokumente, Nr.9, 10 u. II) 1 bewies zunchst, da Herr Sedley Taylor nicht fr einen Augenblick versuchte, die ursprngliche Anklage von wegen Hinzulgen eines Satzes aufrechtzuerhalten. Das sei, erlaubt er sich zu behaupten, von sehr untergeordneter Bedeutung gewesen". Wieder direkte Ableugnung einer Tatsache, die ihm bekannt war oder bekannt sein mute.

Jedenfalls nehmen wir Akt von seinem Eingestndnis, da diese Anklage nicht aufrechtzuhalten ist, und gratulieren seinem Freund Brentano dazu. Was ist denn nun die Anklage? Einfach die der zweiten Verteidigungslinie des Herrn Brentano, Marx habe den Sinn der Gladstoneschen Rede entstellen wollen - eine neue Anklage, von der, wie gesagt, Marx nie etwas bekannt geworden war. Jedenfalls sind wir hiermit auf ein ganz andres Gebiet gefhrt. Anfangs handelte es sich um eine bestimmte Tatsache: hat Marx diesen Satz hinzugelogen oder nicht? Da diese Anklage von Marx siegreich zurckgewiesen, wird jetzt nicht mehr geleugnet. Die neue Anklage sinnentstellender Zitierung aber fhrt uns auf das Gebiet der subjektiven Meinungen, die notwendig verschieden sind. De gustibus non est disputandum. 1 Was der eine fr unwichtig - an und fr sich oder fr den Zweck des Zitats - ansieht, wird ein andrer fr wichtig und entscheidend erklren. Der Konservative wird [nie] dem Liberalen, der Liberale nie dem Konservativen, der Sozialist nie einem von beiden oder allen beiden genehm zitieren. Der Parteimann, dessen eigne Parteigenossen vom Gegner gegen ihn zitiert werden, findet regelmig, da die wesentlichste, den wahren Sinn bestimmende Stelle im Zitat weggelassen ist. Das ist etwas so Alltgliches und so viele individuelle Ansichten Zulassendes, da kein Mensch auf dergleichen Anklagen das geringste Gewicht legt. Htte Herr Brentano seine Anonymitt dazu benutzt, diese und nur diese Anklage gegen Marx zu erheben, so htte dieser es schwerlich der Mhe wert gehalten, ein Wort zu erwidern. Um diese neue Wendung mit der ihm eignen Eleganz auszufhren, sieht Herr Sedley Taylor sich in die Notwendigkeit versetzt, seinen Freund und Genossen Brentano dreimal zu verleugnen. Er verleugnet ihn erstens, indem er dessen ursprnglich einzige Anklage auf Hinzulgung" fallenlt und sogar deren Existenz als ursprngliche und einzige bestreitet. Er verleugnet ihn ferner, indem er den unfehlbaren Hansard, den ausschlielich zu zitieren Sitte" des sittlichen Brentano ist, ohne weiteres beiseite schiebt und den nach ebendemselben Brentano notwendig stmperhaften Bericht" der Times" benutzt. Er verleugnet ihn drittens, und seinen eignen ersten Brief an die Times" obendrein, indem er das betreffende Zitat" nicht mehr in der Inauguraladresse sucht, sondern im Kapital". Und zwar einfach, weil er die Inauguraladresse, auf die sich im Brief an die Times" zu berufen er die Verwegenheit hatte", nie in der Hand gehabt!

Kurz nach seiner Kontroverse mit Eleanor Marx suchte er diese Adresse vergebens im Britischen Museum und wurde dort dieser seiner Gegnerin vorgestellt mit der Anfrage, ob sie ihm nicht ein Exemplar verschaffen knne? Worauf ich eins aus meinen Papieren hervorsuchte, das Eleanor ihm zukommen lie. Die ihm dadurch ermglichte eingehende Textvergleichung" scheint ihn berzeugt zu haben, da Schweigen die beste Antwort sei. Und in der Tat wre es berflssig, der Duplik (Dokumente, Nr. 11 ) l von Eleanor Marx ein einziges Wort hinzuzutun.

1

Siehe vorl. Band, S. 166-170

8

Marx/Engels, Werke. Bd. 22

V

Dritter Akt. Meine unter den Dokumenten, Nr. 121, so weit als ntig abgedruckte Vorrede zur 4. Auflage des ersten Bandes von Marx' Kapital" erklrt, warum ich darin auf die lngst vergangnen Polemiken der Herren Brentano und Sedley Taylor zurckkommen mute. Diese Vorrede zwang Herrn Brentano zur Antwort; sie erfolgte in der Broschre: Meine Polemik mit Karl Marx usw.", von Lujo Brentano, Berlin 1890. Hier lt er seine anonymen, jetzt endlich legitimierten Concordia"-Artikel und Marx' Antworten im Volksstaat" wiederabdrucken, begleitet von einer Einleitung und zwei Anhngen, worauf wir, wohl oder bel, einzugehn gezwungen sind. Vor allen Dingen konstatieren wir, da auch hier von dem hinzugelogenen" Satz keine Rede mehr ist. Gleich auf der ersten Seite wird der Satz aus der Inauguraladresse zitiert und dann behauptet, Gladstone habe im direkten Gegensatz zu der Angabe von Karl Marx gesagt", diese Zahlen beziehen sich nur auf diejenigen, die Einkommensteuer bezahlen (was Marx ebenfalls Gladstone sagen lt, da er ausdrcklich jene Zahlen auf das steuerpflichtige Einkommen beschrnkt), aber die Lage der Arbeiterklasse habe sich gleichzeitig beispiellos verbessert (was ebenfalls Marx Gladstone, nur neun Zeilen vor dem angefochtenen Zitat, hat sagen lassen). Ich ersuche den Leser, die Inauguraladresse (Dokumente, Nr. 1 )2 mit Herrn Brentanos Behauptung (Dokumente, Nr. 13)3 selbst zu vergleichen, um zu sehn, wie Herr Brentano einen Gegensatz entweder hinzulgt" oder sonstwie fabriziert, wo absolut keiner ist. Aber da die Anklage wegen des hinzugelognen Satzes schmhlich gescheitert, mu Herr Brentano wider besseres Wissen seinen Lesern aufzubinden suchen, Marx habe die Tatsache unterschlagen wollen, da Gladstone hier nur vom steuerpflichtigen

Einkommen" oder vom Einkommen der Klassen spricht, die Eigentum besitzen. Dabei merkt Herr Brentano nicht einmal, da damit seine erste Anklage in ihr Gegenteil verkehrt ist, indem diese zweite der ersten direkt ins Gesicht schlgt. Nachdem er diese Flschung" glcklich fertiggebracht, findet er sich bewogen, die Concordia" auf die von Marx angeblich gemachte Flschung" aufmerksam zu machen, die ihn dann auffordert, ihr einen Artikel gegen Marx einzuschicken. Was nun folgt, ist zu kstlich, um nicht wortgetreu gegeben zu werden:Der Artikel wurde nicht von mir unterzeichnet; es geschah dies einerseits auf Wunsch der Redaktion im Interesse des Ansehens ihres Blattes, andrerseits hatte ich um so weniger dagegen einzuwenden, als nach den frher von Marx gefhrten Streitigkeiten zu erwarten war, da er seinen Gegner mit persnlichen Schmhungen berschtten wrde, und es daher nur erheiternd wirken konnte, ihn in bezug auf die Person seines Gegners im dunkeln zu lassen."

Also die Redaktion der Concordia" wnschte im Interesse des Ansehens ihres Blattes", da Herr Brentano seinen Namen verschwieg! Was fr einen Ruf des Herrn Brentano setzt dies bei seinen eignen Parteifreunden voraus! Da ihm das passiert ist, glauben wir ihm gern, aber da er selbst das an die groe Glocke hngt, das ist wirklich pyramidal von dem Herrn. Jedennoch, das mge er mit sich selbst und der Redaktion der Concordia" ausmachen. Da zu erwarten war, da Marx seinen Gegner mit persnlichen Schmhungen berschtten wrde", konnte es natrlich nur erheiternd wirken, wenn man ihn ber die Person seines Gegners im dunkeln lie". Wie man es macht, eine Person, die man nicht kennt, mit persnlichen Schmhungen zu berschtten, war bisher ein Geheimnis. Man kann doch nur persnlich werden, wenn man etwas von der betreffenden Person wei. Nun aber berhob, der im Interesse des Ansehens des Blattes anonym gemachte Herr Brentano seinen Gegner dieser Mhe. Er fing selbst an, lustig draufloszuschmhen", zuerst mit dem fettgedruckten Hinzulgen", dann mit der frechen Verlogenheit", einfach infam" usw. Herr Brentano, der NichtAnonyme, hat sich hier also offenbar verschrieben. Nicht damit der bekannte Marx den unbekannten Brentano, sondern damit der verheimlichte Brentano den bekannten Marx mit persnlichen Schmhungen berschtten" knne, deshalb hatte Herr Brentano andererseits um so weniger einzuwenden" gegen die ihm diktierte Anonymitt. Und das sollte erheiternd wirken"! In der Tat, das ist dabei herausgekommen, aber nicht mit Willen des Herrn Brentano. Marx, wie spter

seine Tochter und jetzt ich, wir alle bemhen uns, dieser Polemik eine heitre Seite abzugewinnen. Aber welchen Erfolg wir dabei haben, gro oder klein, den haben wir auf Kosten des Herrn Brentano. Seine Artikel sind alles andre, nur nicht erheiternd". Was da an Erheiterung abfllt, ist einzig den Hieben geschuldet, die Marx auf die Schattenseite seiner im dunkeln gelassenen Person" fallen lt und ber die der Getroffene jetzt nachtrglich als ber die Flegeleien seiner skurrilen Polemik" hinwegschlpfen mchte. Flegeleien skurriler Polemik" nannten die junkerlichen, pfffischen, juristischen und sonstwie znftigen Gegner die scharfen Polemiken Voltaires, Beaumarchais', Paul Louis Couriers, was diese Flegeleien" nicht verhindert hat, heute als Muster und Meisterwerke anerkannt zu sein. Und wir haben an jenen und andern Mustern skurriler Polemik" viel zuviel Genu gehabt, als da es hundert Brentanos gelingen sollte, uns hinabzuziehn auf das Gebiet deutscher Universittspolemik, wo da nichts herrscht als die ohnmchtige Bosheit des blassen Neides und die deste Langweiligkeit. Herr Brentano indes hlt jetzt seine Leser wieder fr so weit eingeseift, da er ihnen mit unverfrorner Miene eine starke Prise Tabak bieten darf:Und als dargetan wurde, da auch die s Times5 == diese" (Gladstonesche) Rede = in einem mit dem stenographischen Bericht bereinstimmenden Sinne gebracht habe, machte er" (Marx) es, wie die Redaktion der ,Gjncordia' schrieb, wie der Tintenfisch, der das Wasser mit einer schwarzen Flssigkeit trbt, um seinem Gegner die Verfolgung zu erschweren, d.h. er suchte nach Krften den Streitgegenstand zu verdunkeln, indem er sich an ganz gleichgltige Nebendinge heftete."

Wenn der Times"- Bericht, der den hinzugelognen" Satz wrtlich enthlt, im Sinn bereinstimmt mit dem stenographisehen" - soll heien mit Hansard - , der ihn wrtlich unterdrckt, und wenn Herr Brentano sich abermals damit brstet, dies dargetan zu haben, was anders heit das, als da die Anklage von wegen des hinzugelognen" Satzes vollstndig, wenn auch verschmt und im stillen, fallengelassen wird und da Herr Brentano, aus der Offensive in die Defensive gedrngt, sich auf seine zweite Verteidigungslinie zurckzieht? Wir konstatieren dies blo; wir glauben auch diese zweite Stellung in Abschnitt III und IV total im Zentrum gesprengt und nach beiden Flgeln aufgerollt zu haben. Dann aber kommt der echte Universittspolemiker. Als der siegkhne Brentano seinen Gegner derart in die Enge getrieben, da machte dieser es wie der Tintenfisch, indem er das Wasser schwrzte und den Streitgegenstand durch Hervorhebung von ganz gleichgltigen Nebendingen verdunkelte.

Die Jesuiten sagen: Si fecisti, nega. Hast du etwas begangen, so leugne es ab. Der deutsche Universittspolemiker geht weiter und sagt: Hast du einen faulen Advokatenkniff begangen, so schiebe ihn dem Gegner in die Schuhe. Kaum hat Marx die Theory of the Exchanges" und den Professor Beesly zitiert, und zwar blo, weil sie die streitige Stelle ebenso zitierten wie er, so heftet sich" der Tintenfisch Brentano mit allen Saugnpfen seiner zehn Fe an sie fest und verbreitet einen solchen Ergu seiner schwarzen Flssigkeit" ringsumher, da man scharf zusehn und fest zugreifen mu, will man den wirklichen Streitgegenstand", nmlich den angeblich hinzugelognen Satz, nicht aus Auge und Hand verlieren. In seiner Duplik ganz dieselbe Methode. Zuerst wird mit Marx ein neuer Krakeel angebandelt von wegen der Bedeutung des Ausdrucks classes in easy circumstances, ein Krakeel, wobei im besten Fall nichts herauskommen konnte als ebendiese, Herrn Brentano erwnschte Verdunkelung". Sodann wird wieder schwarze Flssigkeit ergossen bei Gelegenheit des berhmten Relativsatzes, den Marx bswillig unterschlagen habe und der, wie wir nachgewiesen, ganz gut ausgelassen werden konnte, weil die Tatsache, auf die er indirekt hindeutete, in einem frheren, von Marx angefhrten Satz der Rede bereits klar und deutlich direkt gesagt war. Und drittens hat unser Tintenfisch noch schwarze Sauce genug brig, um den Streitgegenstand abermals zu verdunkeln, indem er behauptet, Marx habe im Zitat aus der Times" wieder einige Stze unterschlagen - Stze, die mit dem einzigen, damals zwischen beiden streitigen Punkt, dem angeblich hinzugelognen Satz, absolut nichts zu tun hatten. Dieselbe Sepiaverschwendung in der vorliegenden Selbstapologie. Erst mu natrlich wieder die Theory of the Exchanges" vorhalten. Dann wird uns unversehens das Lassallesche eherne Lohngesetz" entgegengehalten, womit bekanntlich Marx ebensoviel zu tun hatte wie Herr Brentano mit der Erfindung des Schiepulvers, und obgleich Herr Brentano wissen mu, da Marx sich im ersten Band des Kapitals" ausdrcklich gegen alle und jede Verantwortlichkeit fr irgendwelche Schlufolgerungen Lassalles verwahrt 1 und da das Gesetz des Arbeitslohnes im selben Buch von Marx als eine Funktion verschiedener Variabein und als sehr elastisch, also alles andre denn als ehern dargestellt wird. Und da nun die Tintenergsse einmal im Gang sind, so ist kein Halten mehr, der Haller Kongre [129] , Liebknecht und Bebel, Gladstones Budgetrede von 1843, die englischen Gewerkschaften, alles mgliche wird an den Haaren herbeigezogen, um die1

Siehe Band 23 unserer Ausgabe, S. 11

Verteidigung gegen den nun in die Offensive bergegangnen Gegner zu decken durch eine Selbstapologie des Herrn Brentano und seiner edlen, menschenfreundlichen, von den bsen Sozialisten so hhnisch behandelten Grundstze. Man solle meinen, ein ganzes Dutzend Tintenfische hlfen hier bei der Vertuschung". Und alles dies, weil Herr Brentano selbst wei, da er sich unrettbar festgeritten mit der Behauptung vom hinzugelognen" Satz und nicht den Mut hat, diese Behauptung offen und ehrlich zurckzunehmen. Um seine eignen Worte zu gebrauchen:Htte nun" Brentano einfach eingestanden, da er durch jenes Buch", Hansard, irregefhrt worden sei..., so htte man sich zwar darber gewundert, da er sich auf solche Quellen" als unbedingt verllich verlassen habe, aber der Fehler wre wenigstens wiedergutgemacht worden. Allein davon war bei ihm keine Rede."

Statt dessen wird die Tinte literweise zur Verdunkelung ausgestrmt, und wenn ich hier so weitlufig werden mu, so geschieht es nur, weil ich erst alle diese mit den Haaren herbeigeschleppten Nebendinge entfernen und die Verdunkelungstinte zerstreuen mu, um den wirklichen Streitgegenstand im Aug' und in der Hand zu behalten. Indes hat Herr Brentano noch eine Mitteilung fr uns in petto, die in der Tat nur erheiternd wirken kann". Es ist ihm in der Tat so bedauernswert mitgespielt worden, da er nicht Ruhe noch Rast findet, bis er uns all sein Pech vorgejammert hat. Erst unterdrckt die Concordia" seinen Namen im Interesse des Ansehens ihres Blattes. Herr Brentano ist edelmtig genug, im Interesse der guten Sache sich dies Opfer aufntigen zu lassen. Dann lt Marx die Flegeleien seiner skurrilen Polemik auf ihn herabrasseln. Auch diese steckt er ein. Nur wollte er darauf mit dem wortgetreuen Abdruck der ganzen Polemik antworten". Aber leider!Redaktionen haben oft ein eignes Urteil; die Fachzeitschrift, die ich hierfr vor allen andren fr geeignet gehalten hatte, lehnte den Abdruck ab, indem sie erklrte, der Streit entbehre des allgemeinen Interesses."

So geht es dem Edlen in dieser sndigen Welt; seine besten Absichten scheitern an der Schlechtigkeit oder Gleichgltigkeit der Menschen. Und um unsern verkannten Biedermann fr dies unverdiente Migeschick zu entschdigen, und da es doch wohl einige Zeit dauern wird, bis er eine Redaktion auftreibt, die nicht oft ein eignes Urteil hat", berreichen wir ihm hiermit den wortgetreuen Abdruck der ganzen Polemik".

VI

Auer der einleitenden Selbstapologie enthlt Herrn Brentanos Broschrchen noch zwei Anhnge. Der erste enthlt Auszge ans der Theory of the Exchanges", die beweisen sollen, da dies Buch eine der Hauptquellen war, aus denen Marx sein Kapital" zurechtgemacht hat. Auf diese wiederholte Sepiaverschwendung gehe ich nicht ein. Ich habe nur zu tun mit der alten Anklage aus der Concordia". Marx hat es sein ganzes Leben lang Herrn Brentano nicht recht machen knnen und nicht recht machen wollen. Herr Brentano hat also sicher einen ganzen bodenlosen Sack voll Beschwerden gegen Marx, und ich wre ein Narr, liee ich mich darauf ein. Das hiee, ihm zu Gefallen Schraube ohne Ende spielen. Naiv ist nur, da hier, am Schlu der Zitate, von Marx die Wiedergabe der wirklichen Budgetrede" verlangt wird. Das also ist es, was Herr Brentano unter richtigem Zitieren versteht. Allerdings, wenn immer die ganze wirkliche Rede wiedergegeben werden soll, dann ist noch nie eine Rede ohne Flschung" zitiert worden. Im zweiten Anhang rckt Herr Brentano mir auf den Leib. Ich habe in der 4.Auflage des Kapitals", erster Band, dem angeblich falschen Zitat den Verweis auf den Morning Star" beigefgt. Und dies benutzt Herr Brentano, um den ursprnglichen Streitpunkt, die Stelle der Inauguraladresse, abermals durch einen Sepia-Ergu gnzlich zu verdunkeln und statt ihrer die bereits von Herrn S.Taylor angezogene Stelle des Kapitals" aufs Korn zu