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Maxim Gorki

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Maxim Gorki

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Der Begründer der sowjetischen Literatur, Mentor einiger Gene-rationen russischer Schriftsteller und genialer Künstler Maxim Gorki(Alexej Maximowitsch Peschkow) begann seine schöpferische Lauf-bahn lange vor der Oktoberrevolution: Seine erste Erzählung _"Makar Tschudra" - erschien 1892, als er erst 24 jahre alt war(im März 1968 beging die Welt seinen 100. Geburtstag). Er hatteaber in jungen jahren bereits so viel durchgemacht, so reicheLebenserfahrungen gesammelt, daß sich kaum ein anderer rus-sischer Schriftsteller vor ihm und auch keiner Zeitgenosse sich mitihm .messen konnte.

Gorki selbst schildert sein Leben in seiner bekannten autobio-graphischen Trilogie ,;Kindheit", "In der Fremde" und "MeineUniversitäten". Aus seinem Leben erzählt er ferner in den Erinne-rungen "Mein Weggenosse", "Konowalow", "Ein Mensch wird ge-baren", "Erste Liebe" u.a. Eine tragische Episode seines Lebensmuß besonders hervorgehoben werden. Im jahre 1887 jagte sichder neunzehnjährige Bäckergeselle Alexej Peschkow eine Revolver-kugel durch die Brust. Was trieb ihn dazu? Die schwere nieder-drückende Arbeit in dem dunklen muffigen Kellerraum ? Nein, erhatte vorher bereits alsLastarbeiter und als Wolgatreidler geschuf-tet, so daß er Erschöpfung, Not und Entbehrungen gewohnt war.Ihn bedrückte etwas anderes, Er hatte viele Bücher gelesen, indenen von der Möglichkeit die Rede war, die Freiheit für das Volkzu gewinnen. Daran glaubt er, und es schien ihm, als habt; er mitdiesem seinen Glauben auch seine Kameraden angesteckt, die

ebenso wie er entrechtet und unterdrückt waren. Als aber in KasanStudentenunruhen ausbrachen (die Hauptrolle spielte dort derjunge Lenin, der später mit Gorki eng befreundet wurde), redetenihm seine Kameraden zu, mit ihnen hinzugehen, um die Studentenzu verprügeln. Er war ganz bestürzt, empört, das Herz krampftesich ihm zusammen und er fand keine Worte, um ihnen zu beweisen,wie sehr sie irrten. Dann überkam ihn die Verzweiflung, und soknallte ein Schuß auf einem hohen Steilhang über den Kasanka-Fluß. Das war zum Glück nur ein Lungenschuß, der arn Herzenvorbeiging. Der junge Mann wachte im Krankenhaus auf undempfand Scham für seine momentane Schwäche. Danach konntenkeine Prüfungen mehr seinen Willen brechen. Es gab für ihn abernoch viele Prüfungen, Leiden und Gefahren zu überwinden, diehätte es in Überfluß für hundert e Menschen gereicht; da war zumBeispiel das Schreckensjahr 1891, das Hungerjahr, in dem Alexe]Peschkow mit unübersehbaren Mengen von Hungernden zu Fußdurch die Ukraine, die Krim und den Kaukasus zog. Wie wirkte sichdiese Prüfung auf sein trinentcbcn aus> Sie ricf Protest, Kampfwille.unbändige Energien hervor.

Auch als Schriftsteller entrann Gorki den Gefahren keineswegs.Schwer war das Los des fortschrittlichen Schriftstellers im zarlsti-sehen Rußland. Als er in der Literatur bereits einen Namen hatte,wurde er ins Gefängnis geworfen. Für ihn traten Lew Tolstoi undviele andere ein. Er wurde freigelassen, dann aber wieder verhaftetund verbannt. Anfang 1905 kam er in die Pet er- und Pauls-Fe stung.

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Konnte man ihn aber mit Gefängnissen und Verbannungen ein-schüchtern? Dort schrieb er das Bühnenstück "Die Sonnenkinder",in dem er mit bitterer Ironie Menschen darstellte, die unfähigwaren zu kämpfen und das Volk zum Kampf aufzubieten.

In seinem "Gesang vom Falken" pries Gorki das "Glück derSchlacht" und im "Lied vom Sturmvogel" - "das Ergötzen amLebenskampf". Der Held seines ersten Stückes "Der Kleinbürger",der Lokomotivführer Nil, sieht den Hauptzweck und die größteFreude des Lebens darin, sich in das Leben, ins Gewühl des Lebenszu stürzen. Für Gorki gab es keine wesensfremderen Menschen alsdiejenigen, die auf den Kampf verzichten und zu Versöhnung, zuToleranz, zu allgemeinem Verziehen aufriefen. In seinem philo-sophischen Drama "Das Nachtasyl" zeichnet Gorki einen Trösterden Prediger der "erhebenden Lüge", Luka, wobei er gar nichtabstreitet, daß Luka es aufrichtig meint, daß er dem Menschen dasLeben erleichtern will, und sei es auch nur mit Hilfe von Illusionen.Er beweist aber, daß solche moralischen Narkotika, die den Men-schen zeitweilig betäuben, ihn dann zu noch größerer Verzweiflungbringen, weil sich im wirklichen Leben nichts verändert. Er läßt einenanderen Helden seines Stücks, Satin, sagen, daß man den Menschennicht bemitleiden, sondern ihn achten, an seine Fähigkeitenglauben muß, das Leben zu verändern, denn: "Der Mensch - dashat einen stolzen Klang!" So stellte Gorki die Frage des echten unddes falschen Humanismus, der aktiven und der passiven Menschlich-keit, eine Frage, die er später in vielen seiner Werke von verschie-

denen Aspekten her anschneidet. Man kann ohne Übertreibungsagen, daß die umfassende und leidenschaftliche Stellung diesesProblems ein wichtiger Beitrag Gorkis zum geistigen Leben derMenschheit ist.

Eine nicht minder wichtige Beisteuer war der Umstand, daß erzwei Hauptthemen seines Schaffens ausarbeitete: das Thema der"Auferstehung der Seele" und das der Vernichtung der Persönlich-keit". Gorki lehrte: Wenn der Mensch sein Schicksal mit dem desVolkes, mit dessen Kampf um Freiheit und Glück verbindet, sofeiert er "Auferstehung", eine zweite Geburt, so wird er ·zumMenschen, ganz groß geschrieben. Die intensivste Verkörperungfand dieses Motiv in dem Roman "Mutter", einem Buch, das fürMillionen Menschen in aller Welt zu einem "Buch des Lebens"geworden ist. Wenn aber der Mensch sein Schicksal von dem desVolkes, vom stürmischen Lauf der Geschichte loslöst, dann töteter seine Seele, vernichtet er seine Persönlichkeit. Dieses Motivzieht sich durch viele werke Gorkis (Die Erzählungen "Das Lebeneines überflüssigen Menschen" und "Das Städtchen Okurow", "DasLeben des Matwej Koshemjakin", die Bühnenstücke "Die Letzten","Die Sykows" u.a.) und fand die markanteste Verkörperung bereitsin der sowjetischen Ära, in der großartigen Epopöe "Das LebenKlim Samgins".

Vor dem Hintergrund des Lebens der russischen Intelligenzin den letzten vierzig Jahren vor der Revolution zeichnet Gorkidie Gestalt des Klim Samgin als Inbegriff der bürgerlichen Gesell-

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schaft. Das ist die "Geschichte einer leeren Seele". eines Menschen,der darauf reflektiert, geistiger Führer der Gesellschaft zu sein,der mit seiner unvergleichlichen Persönlichkeit prahlt und allgcmeine Anerkennung fordert, dabei kehrt er jedoch nach und nach.hervor, wie ausgehöhlt und sittlich verkommen er ist. In ihm klafftder' Widerspruch zwischen Wort und Tat. zwischen Schein undSein. Gorki zeigt, daß der Zusammenbruch der alten \Velt und mitihm auch der alten Moral des bürgerlichen Individualismus unaus-bleiblich ist.

Während der Oktoberrevolution war Gorki bereits ein fertigerKünstler, ein anerkannter Klassiker der russischen, ja der wett-literatur. Selbst, wenn sein Schaffen keine Fortsetzung gefundenhätte, hätte er sich mit Recht den Titel des Begründers der sowie-tischen Literatur. des Meisters des sozialistischen Realismus ver-dient, denn seine Ideen, seine Gestalten und ästhetischen Grund-sätze sind zum Ausgangspunkt für die ganze weitere Entwicklungder Literatur geworden. Sein Schöpfertum brach jedoch nicht ab,sondern erreichte neue Höhen. Im jahre 1919 erschien sein her-vorragendes Essay über Lew Tolstoi, und 1924 seine Erinnerungenan W. I. Lenin. Diese Werke reihten ihn. ebenso wie seine Erinnc-rungen an Anton Tschechow, Leonid Andrejew u.a. unter diegrößten Meister des literarischen Porträts der Weltliteratur:

Er half vielen jungen sowjetischen Schriftstellern auf den Weg:Seine Hilfe und seine Ratschläge richteten in vieler Hinsicht denliterarischen Werdegang von K. Fcdin. L. Leonow, W. lwanow.

I<, Trcnew. I. Babel, A. Makarenko, M. sostschcnko. M. lssakowski

lind vielen. vielen anderen aus.

Er war aber nicht .nur Lehrer. sondern lernte auch selbst. Als erH'22-1923 die erste Ausgabe seiner Werke nach der Oktoberrevo-1I11'lon vorbereitete, arbeitete er fast alles bis dahin Geschaffene~l'ülldlich um. Das war eine kolossale Arbeit. in der sich die Erneue-rung seines Stils und. sein Umbruch als Künstler äußerten. Diedanach entstandenen Werke - die Erzählungen der zoer jahre.

die Romane "Das Werk der Artamonows" und "Das Leben KlimSnmgins" unterschieden sich bereits wesentlich von den vorange-~;Ingenen. Seine Stücke aus den 30er jahren - "jegor BulytschowIIl1d andere". "Dostigajew und andere" und die Neufassung dcr"Wnssa Shelesnowa" waren ein Novum in der internationalenlliihnenkunst und wirkten sich auf die Entwicklung der Dramatiksi nrk aus. Überaus groß war in jenen jahren die Rolle der glühen

den antifaschistischen Publizistik Gorkis.

In den letzten jahren untergrub ein schweres Lungenleiden dieKräfte des großen Schriftstellers immer mehr. Hier zeigten sichdie Folgen. jener Kugel. die die Lunge durchschlagen hatte. alleEntbehrungen der jugendzeit und die Prüfungen der reiferen jahre

Mit größter Achtung und Bewunderung denken wir daran. daßI rotz der Krankheit die letzten jahre seines Lebens eine Zeit derhöchsten Anspannung seiner schöpferischen Energie. des Auf

xchwungs seines Genies waren.