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www.fliegermagazin.de #6.2011 7 ELEKTRA ONE VON PC-AERO Die neue E-Klasse Ein äußerst erfolgversprechendes Elektroflugzeug erhob sich im März erstmals in den Augsburger Himmel. Auch auf der AERO war die einsitzige Elektra One im Flug zu sehen. Jetzt ist die endgültige Zulassung in Arbeit, Zwei- und Viersitzer sollen folgen 6 www.fliegermagazin.de #6.2011 TEXT Jean-Marie Urlacher, Susanne Borchert FOTOS Jean-Marie Urlacher D ies ist die vierte Revolution«, ruſt Calin Gologan begeistert. Der Vater des Projekts Elektra One und Chef der Firma PC-Aero erklärt: »Die erste Revolution betraf die Landwirtschaſt, die zweite die In- dustrie, die dritte die Informationstechno- – beide Pioniere auf dem Gebiet von Elektro- flugzeugen in Verbindung mit Solarzellen. »Heute ist die Elektro-Luſtfahrt keine Frage der Technologie mehr, sondern eine Frage der Umsetzung«, erklärt der gebürti- ge Rumäne. »Man muss nur wissen, wie das Ganze zusammengefügt wird und dabei ge- wisse Parameter berücksichtigen.« Parame- ter, die er knapp zwei Jahre nach den ersten Berechnungen und ein Jahr nach der offizi- ellen Präsentation des Projekts auf der AE- logie, und jetzt folgt die Energie.« Aus der Höhe seiner 1,97 Meter Körpergröße hat der Luſtfahrt-Ingenieur aus Bukarest vielleicht die Zukunſt vor allen anderen gesehen. Seit den achtziger Jahren interessiert er sich für ultraleichte Flugzeuge, für den Selbstbau und für saubere Energien. Er hat die Pretty Flight entwickelt, ein UL, und bei Grob am Höhenflugzeug Strato 2C mitge- arbeitet. Jahrelang hat er die Arbeiten von Paul McCready und Günter Rochelt verfolgt MENSCH & MASCHINE Erfolgreiche Erprobung: Die ersten Flüge hat die Elektra One bereits hinter sich. Für den Einsitzer ist die deutsche Musterzulassung als UL in Arbeit Prominenter Besuch auf der AERO: Elektra-Entwickler Calin Gologan (r.) mit Testpilot Norbert Lorenzen (l.) und Erik Lindbergh, Enkel des Atlantik-Überquerers. Lindbergh fördert die Entwicklung von Elektroflugzeugen mit einer Stiftung RO 2010 in Friedrichshafen nun in die Luſt gebracht hat: Seine Elektra One fliegt. 2009 hatte sich Gologan zusammen mit Sorin Ma- res, ebenfalls einem rumä- nischen Luſtfahrt-Ingenieur, in das Projekt gestürzt: »Gleich nach den ersten schnellen Berechnungen sind wir auf einen einfachen, aber ambitionierten Auflagen-Katalog ge- kommen. Wir wollten drei Flugstunden, 400 Kilometer Reichweite bei 160 Stundenkilo- metern, ein leicht zu fliegendes Flugzeug und ein schönes Design erreichen.« E inschließlich des letzten Punkts ist das gelungen: Die einsitzige Elektra One mit ihrer kleinen, tierartigen Gestalt zwischen Schmetterling und Kolibri wirkt sofort sympathisch. Der Prototyp hat nur ein einzelnes, einziehba- res Hauptrad knapp vor dem Schwerpunkt. Kleine Stützräder an den Flügelenden hel- fen beim Ausbalancieren. Die Serienversion wird aber dreirädrig sein. Das Interieur ist minimalistisch und beim Prototypen noch nicht endgültig ausgestat- tet. Ein Steuerknüppel, sehr einfache Pedale, eine Anzei- ge für die Motorsteuerung mit einem kleinen Dreh- knopf, der die Leistung re- gelt – das ist schon alles. Die spätere Version wird einen richtigen Gashebel auf der linken Cockpitseite haben. Die Zelle, die an ein Se- gelflugzeug erinnert, ist sehr geräumig. Der Rumpf aus Glasfaser-Composite wird aber »Elektroflug ist keine Frage der Technologie – sondern nur noch der Umsetzung« Calin Gologan Chef von PC-Aero in der Serie höchstwahrscheinlich aus Kar- bon gefertigt. Insgesamt wiegt das Flugzeug leer 100 Kilogramm. Der Motor ist vorn in der Nase untergebracht und – typisch für Elektroantriebe – viel kleiner als Verbren- nungsmotoren: Bei 4,7 Kilogramm Gewicht hat das zylindrische Triebwerk einen Durch- messer von etwa 22 Zentimetern und eine Länge von 8,1 Zentimetern. Das ermöglicht die ungewöhnliche, spitz zulaufende Nase der Elektra One.

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www.fliegermagazin.de #6.2011 7

elektra one von pc-aero

Die neue e-klasse Ein äußerst erfolgversprechendes Elektroflugzeug erhob sich im März erstmals in den Augsburger Himmel. Auch auf der AERO war die einsitzige Elektra One im Flug zu sehen. Jetzt ist die endgültige Zulassung in Arbeit, Zwei- und Viersitzer sollen folgen

6 www.fliegermagazin.de #6.2011

TexT Jean-Marie Urlacher, Susanne BorchertFoTos Jean-Marie Urlacher

Dies ist die vierte Revolution«, ruft Calin Gologan begeistert. Der Vater des Projekts Elektra One und Chef der Firma PC-Aero erklärt: »Die erste Revolution

betraf die Landwirtschaft, die zweite die In-dustrie, die dritte die Informationstechno-

– beide Pioniere auf dem Gebiet von Elektro-flugzeugen in Verbindung mit Solarzellen.

»Heute ist die Elektro-Luftfahrt keine Frage der Technologie mehr, sondern eine Frage der Umsetzung«, erklärt der gebürti-ge Rumäne. »Man muss nur wissen, wie das Ganze zusammengefügt wird und dabei ge-wisse Parameter berücksichtigen.« Parame-ter, die er knapp zwei Jahre nach den ersten Berechnungen und ein Jahr nach der offizi-ellen Präsentation des Projekts auf der AE-

logie, und jetzt folgt die Energie.« Aus der Höhe seiner 1,97 Meter Körpergröße hat der Luftfahrt-Ingenieur aus Bukarest vielleicht die Zukunft vor allen anderen gesehen.

Seit den achtziger Jahren interessiert er sich für ultraleichte Flugzeuge, für den Selbstbau und für saubere Energien. Er hat die Pretty Flight entwickelt, ein UL, und bei Grob am Höhenflugzeug Strato 2C mitge-arbeitet. Jahrelang hat er die Arbeiten von Paul McCready und Günter Rochelt verfolgt

Mensch & Maschine

Erfolgreiche Erprobung: Die ersten Flüge hat die Elektra One bereits hinter sich. Für den Einsitzer ist die deutsche Musterzulassung als UL in Arbeit

Prominenter Besuch auf der AERO: Elektra-Entwickler Calin Gologan (r.) mit Testpilot Norbert Lorenzen (l.) und Erik Lindbergh, Enkel des Atlantik-Überquerers. Lindbergh fördert die Entwicklung von Elektroflugzeugen mit einer Stiftung

RO 2010 in Friedrichshafen nun in die Luft gebracht hat: Seine Elektra One fliegt.

2009 hatte sich Gologan zusammen mit Sorin Ma-res, ebenfalls einem rumä-nischen Luftfahrt-Ingenieur, in das Projekt gestürzt: »Gleich nach den ersten schnellen Berechnungen sind wir auf einen einfachen, aber ambitionierten Auflagen-Katalog ge-kommen. Wir wollten drei Flugstunden, 400 Kilometer Reichweite bei 160 Stundenkilo-metern, ein leicht zu fliegendes Flugzeug und ein schönes Design erreichen.«

einschließlich des letzten Punkts ist das gelungen: Die einsitzige Elektra One mit ihrer kleinen, tierartigen Gestalt zwischen Schmetterling

und Kolibri wirkt sofort sympathisch. Der Prototyp hat nur ein einzelnes, einziehba-res Hauptrad knapp vor dem Schwerpunkt. Kleine Stützräder an den Flügelenden hel-fen beim Ausbalancieren. Die Serienversion wird aber dreirädrig sein. Das Interieur ist minimalistisch und beim Prototypen noch

nicht endgültig ausgestat-tet. Ein Steuerknüppel, sehr einfache Pedale, eine Anzei-ge für die Motorsteuerung mit einem kleinen Dreh-knopf, der die Leistung re-

gelt – das ist schon alles. Die spätere Version wird einen richtigen Gashebel auf der linken Cockpitseite haben. Die Zelle, die an ein Se-gelflugzeug erinnert, ist sehr geräumig. Der Rumpf aus Glasfaser-Composite wird aber

»Elektroflug ist keine Frage der Technologie – sondern nur noch der Umsetzung«Calin GologanChef von PC-Aero

in der Serie höchstwahrscheinlich aus Kar-bon gefertigt. Insgesamt wiegt das Flugzeug leer 100 Kilogramm. Der Motor ist vorn in der Nase untergebracht und – typisch für Elektroantriebe – viel kleiner als Verbren-nungsmotoren: Bei 4,7 Kilogramm Gewicht hat das zylindrische Triebwerk einen Durch-messer von etwa 22 Zentimetern und eine Länge von 8,1 Zentimetern. Das ermöglicht die ungewöhnliche, spitz zulaufende Nase der Elektra One.

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Der Antrieb wurde vom deutschen Hersteller Geiger Engineering entwickelt; er leistet im Dauerbetrieb 13,5 Kilowatt, das entspricht etwa 18 PS. Kurzzeitig sind bis zu 22 PS erreichbar. Den bürstenlosen Motor speist ein 100 Kilogramm schweres Akku-Paket, für den Vortrieb sorgt ein mit bis zu 2050 Touren relativ langsam drehen-

der Dreiblattpropeller, der im Reiseflug aber nur 1400 Umdrehungen pro Minute erreicht. Noch hat er feste Blätter, eine Blattverstellung ist aber geplant.

Vor dem Erstflug am 19. März in Augsburg herrscht Spannung: Nach 300 Me-tern soll die Maschine in der Luft sein und mit zwei Metern pro Sekunde stei-gen. Jon Karkow, ehemaliger Testpilot bei Burt Rutans Firma Scaled Composites und des innovativen Wasserflugzeugs Icon A5 (fliegermagazin #1.2010), hebt genau wie ge-plant ab.

Was sofort auffällt: Die Elektra ist un-glaublich leise. Weniger als 50 Dezibel, fünf-mal leiser als ein gängiges E-Klasse-Flugzeug und immer noch halb so laut wie ein UL. Das wird die Anwohner von lärmbelasteten Ge-genden begeistern. Der Erstflug ist ein Er-folg. Der deutsche Testpilot Norbert Loren-zen präsentiert die Maschine am 23. März der Öffentlichkeit.

Die charmante kleine Maschine schwingt sich fast geräuschlos in die Luft. Norbert fliegt erfolgreich eine halbe Stunde lang und verbraucht dabei drei Kilowattstunden. Das

ist die Hälfte der zur Zeit in den Lithium-Ionen-Akkus gespeicherten Energie-menge. Mit einer Optimie-rung von Flugzeug und Antrieb sowie der Nutzung einer energieoptimierten Akkusorte scheinen die angestrebten drei Stunden Flugdauer erreichbar.

Norbert Lorenzen ist sehr zufrieden mit dem gu-

ten Verhalten der Maschine trotz des Seiten-winds von etwa zehn Knoten, der an diesem Tag auf der Piste herrscht. Die Maschine sei leicht zu fliegen, ihr Verhalten gutmütig. Die Demonstration ist gelungen. Calin Cologan strahlt sein Siegerlächeln.

Unser elektrisches Flugzeug kostet 20 Euro-Cent pro Kilometer; ei-ne Flugstunde kostet 35 Euro. Aus meiner Sicht ist das ein Teil der

Antwort auf die Frage nach der Zukunft von Fliegerclubs«, erklärt Gologan. Er will die Elektra One, die bislang nicht mehr als ein Entwicklungsträger ist, ausbauen zur Elek-tra Two (zwei Sitze) und Four (vier Sitze) so-wie zu einer Kunstflug-Variante mit einem 40-kW-Motor, die für eine Steigrate von

neun Meter pro Sekunde und +7/–5 g ausge-legt ist und einer Zelle, die +7/–5 g verträgt. Auch eine Schleppflugzeug-Variante für Se-gelflieger ist geplant.

Vor allem will der Rumäne mehr als nur ein Flugzeug verkaufen. Sein Konzept sieht

Mensch & Maschine

Spitze Schnauze: Im silbernen Paket stecken die Akkus; der Schlauch führt Kühlluft zum Motor-Regler. Das Triebwerk sitzt direkt hinter dem Propeller

Premiere: Calin Gologan (rechts) koppelt vor dem Erstflug das Ladegerät von der Batterie ab

Technische DaTen

Elektra OneSpannweite 8,60 m

Flügelfläche 6,40 m2

Leermasse (ohne Akkus) 100 kg

Akku-Gewicht 100 kg

MTOM 300 kg

Tankinhalt / Zusatztank 276 / 83 l

Motor / Leistung Geiger HPD /13,5/16 kW

Propeller 3-Blatt, fest; geplant: 2-Blatt, variabel

Vreise 160 km/h

Flugdauer 3 h

Reichweite > 400 km

Hersteller PC-AeroBuchenweg 387484 Nesselwang08361/230 98 11

Internet www.pc-aero.de

Gelungen: Beim Erstflug überzeigt die Elektra One mit harmonischen LinienSchlicht: Im Cockpit des Prototyps finden sich nur die nötigsten Instrumente

»Mehr machen aus weniger Energie – dieses Motiv leitet mich«Calin GologanEntwickler der Elektra One

Foto

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autonome Komplettpakete vor, die ein Flug-zeug sowie einen Hangar beinhalten, auf dessen Dach 20 Quadratmeter Solarzellen angebracht sind. Sie sollen das Flugzeug während der Standzeit aufladen. Der Preis für Flugzeug und Hangar: »Weniger als 100 000 Euro«, sagt Gologan. »Dieses Pa-ket stößt keinerlei CO₂ aus.« Sein Leitmotiv: »Mehr machen aus weniger Energie.«

300 Flugstunden pro Jahr könnte so ein Hangardach für eine Elektra One produzie-ren, rechnet der Ingenieur vor, selbstver-ständlich abhängig von der Sonnenschein-dauer in der Region. Er kalkuliert für den Süden Deutschlands.

Wie am Anfang jeder neuen Ära des Fort-schritts, messen sich die Erfinder in Wettbe-werben. Die Elektra nahm Mitte April auf der AERO am Berblinger Flugwettbewerb teil. Dessen Streckenflug verband Fried-

Challenge« der NASA in diesem Sommer. Dazu wird das Elektra-One-Team nach Ka-lifornien reisen, angelockt auch von einem Preisgeld von 1,5 Millionen Dollar für den Sieger. Die Vorgabe: Teilnehmende Zweisit-zer müssen 322 Kilometer weit fliegen und dabei weniger als 7,6 Liter Treibstoff verbrau-chen. Für Einsitzer liegt das Verbrauchslimit bei 1,9 Litern auf 161 Kilometer (eine halbe US-Gallone pro 100 Meilen).

Für elektrisch angetriebene Flugzeuge rechnet sich das um auf weniger als 16,85 Kilowattstunden auf 161 Kilometer. Mit die-sem Verbrauch müssen 100 Meilen, also 322 Kilometer, in weniger als zwei Stunden ab-geflogen werden. »Wir haben gute Chancen, den Wettbewerb zu gewinnen«, ist Calin Go-logan zuversichtlich.

richshafen mit Ulm in 83 Kilometer Entfer-nung: eine Hommage an Albrecht Ludwig Berblinger, dem Schneider von Ulm, der vor 200 Jahren versucht hatte, die Donau mit ei-nem Hängegleiter zu überqueren.

Weil die Elektra One bis zur Messe in Friedrichshafen nur insgesamt vier Stunden Er-probungsflugzeit hinter sich

hatte, zog Gologan es vor, diese Langstrecke nicht anzugehen und nur an dem Teil des Wettbewerbs teilzunehmen, der am Platz absolviert wurde: Start, Steigflug auf 500 Meter Höhe, eine Runde um die Friedrichs-hafener Piste und Landung.

Die Elektra hat dabei knapp eine Kilo-wattstunde verbraucht. Das ist vielverspre-chend für den Wettbewerb CAFE (Compara-tive Aircraft Flight Efficiency) »Green Flight

Mensch & Maschine

Komplettpaket: Elektroflugzeug und Solarhangar soll es für 100 000 Euro geben

1 | Datenschreiber: Der Flugverlauf und alle Motordaten werden aufgezeichnet, um die Regelungselektronik zu optimieren

2 | Nur beim Prototypen: Das Mittelrad soll einem Standard-Fahrwerk weichen

3 | Stütze: Auch die kleinen Räder an den Flügelspitzen hat nur der Prototyp

Ein Film vom Flug: www.fliegermagazin.de/videos

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