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414 DIVERSA organically absorbed and preserved the artistic achievements and ideational and aesthetic values of the anti-fascist resistance. These devel- opments receive a wealth of documentation in this valuable collection of papers. LASZL6 ILL~S Mephistos Metamorphosen* Die stoff-, motiv- und figurengeschichtliche Arbeit stellt im 1. Teil (S. 1--208) eine systematische Untersuchung der Entstehung und Typo- logie der literarischen Teufelsgestalt dar mit dem Ziel, eine Typologie im Vergleich zu einem Idealtypus Zu entwerfen. Abgesehen yon theolo- gischen Figuren hat die Literatur nut eine Teufelsgestalt literarisiert, n/imlich Mephistopheles. Die Geschichte dieser Teufelsgestalt wird im 2. Teil (S. 209--308) skizziert. Der Verf. will ~)vor dem Hintergrund einer allgemeinen Geschichte der literarischen Teufelsgestalt~ (S. 5) die Mephistofigur in den verschie- denen Auspr/igungen und Metamorphosen, d.h. vor allem als Partner Fausts, charakterisieren. Der Hauptgesichtspunkt ist abet der der System a- tisierung und Typologie (s. S. 6 unten). Der Verf. muBte notwendiger- weise zu einem unhistorischen Verfahren gelangen, wie er selbst ein- gesteht, hoffte aber daffir eine klarere Morphologie vorzuweisen (S. 7); seine Absichten kommen selbstversgindlich nicht vonder Theologic her. Nachdem der Verf. die Forschungslage eingesch/itzt hat und die Arbeiten von Praz bis Papini und Winklhofer, von Osborn bis Heinrich Grimm, tiber die verschiedenen Phasen wie Mittelalter und 16. Jahr- hundert, fiber die theologische bzw. literarische Untersuehungstendenz sowie fiber die Ansiedelung in verschiedenen Literaturen und bei ein- zelnen Dichtern beurteilt hat, wendet er sich Vor~berlegungen zu. Von vor- und aul3erliterarischen Motiven und theologischen Auspffigungen gelangt er zu den literarischen Teufelsgestalten, um von hier aus zur Idealtyp-Konstruktion vorzuschreiten. Diese Konstruktion wird an der literarischen Teufelsgestalt gemessen. Es folgt nun der eigentliche systematische Tell. In den weiteren Kapiteln werden die Teufelsfiguren nach verschiedener Herkunft, Gestalt und M6glichkeit anatysiert: in primitiven Religionen, in polytheistischen Systemen, im Alten und Neuen Testament, in zarathustrischen Religio- hen und in der Patristik (Kap. 4), die Darstellbarkeit iiberhaupt, in *Giinther Mahal, Mephistos Metamorphosen. Fausts Partner als Repriisentant literarischer Teufelsgestaltun#. G6ppinger Arbeiten zu Germanistik, Nr. 71. GSppingen: Kfimmerle, 1972. IV. 551 S.

Mephistos metamorphosen

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414 DIVERSA

organically absorbed and preserved the artistic achievements and ideational and aesthetic values of the anti-fascist resistance. These devel- opments receive a wealth of documentation in this valuable collection of papers.

LASZL6 ILL~S

Mephistos Metamorphosen*

Die stoff-, motiv- und figurengeschichtliche Arbeit stellt im 1. Teil (S. 1--208) eine systematische Untersuchung der Entstehung und Typo- logie der literarischen Teufelsgestalt dar mit dem Ziel, eine Typologie im Vergleich zu einem Idealtypus Zu entwerfen. Abgesehen yon theolo- gischen Figuren hat die Literatur nut eine Teufelsgestalt literarisiert, n/imlich Mephistopheles. Die Geschichte dieser Teufelsgestalt wird im 2. Teil (S. 209--308) skizziert.

Der Verf. will ~)vor dem Hintergrund einer allgemeinen Geschichte der literarischen Teufelsgestalt~ (S. 5) die Mephistofigur in den verschie- denen Auspr/igungen und Metamorphosen, d.h. vor allem als Par tne r Fausts, charakterisieren. Der Hauptgesichtspunkt ist abet der der System a- tisierung und Typologie (s. S. 6 unten). Der Verf. muBte notwendiger- weise zu einem unhistorischen Verfahren gelangen, wie er selbst ein- gesteht, hoffte aber daffir eine klarere Morphologie vorzuweisen (S. 7); seine Absichten kommen selbstversgindlich nicht vonder Theologic her.

Nachdem der Verf. die Forschungslage eingesch/itzt hat und die Arbeiten von Praz bis Papini und Winklhofer, von Osborn bis Heinrich Grimm, tiber die verschiedenen Phasen wie Mittelalter und 16. Jahr- hundert, fiber die theologische bzw. literarische Untersuehungstendenz sowie fiber die Ansiedelung in verschiedenen Literaturen und bei ein- zelnen Dichtern beurteilt hat, wendet er sich Vor~berlegungen zu. Von vor- und aul3erliterarischen Motiven und theologischen Auspffigungen gelangt er zu den literarischen Teufelsgestalten, um von hier aus zur Idealtyp-Konstruktion vorzuschreiten. Diese Konstruktion wird an der literarischen Teufelsgestalt gemessen.

Es folgt nun der eigentliche systematische Tell. In den weiteren Kapiteln werden die Teufelsfiguren nach verschiedener Herkunft, Gestalt und M6glichkeit anatysiert: in primitiven Religionen, in polytheistischen Systemen, im Alten und Neuen Testament, in zarathustrischen Religio- hen und in der Patristik (Kap. 4), die Darstellbarkeit iiberhaupt, in

*Giinther Mahal, Mephistos Metamorphosen. Fausts Partner als Repriisentant literarischer Teufelsgestaltun#. G6ppinger Arbeiten zu Germanistik, Nr. 71. GSppingen: Kfimmerle, 1972. IV. 551 S.

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einzelnen Kunstgattungen und als literarischer Teufel im Vergleich zu theologischen Vorstellungen (als Exkurs im Kap. 5), mit Kriterien- findung ftir eine idealtypische literarisehe Teufelsgestalt (Kap. 6), mit dem Idealtyp selbst als literarisches Beispiel (Kap. 7), dann das literarische Beispiel augerhalb des Idealtyps (Kap. 8) und endlich literarische Bei- spiele ftir den schSnen, guten, Kostiim-, Menschen- und Bosheitsteufel sowie ftir den Vampirismus; Verf. spricht welter yon der ~>Onomatisie- rung~ des Teufels (d.h. von seiner Umwandlung aus einer theologischen Sph~e in die urngangssprachliche, wobei sein theologischer oder reli- gi~Sser Inhalt verloren geht. S. 185); so wird sogar tier ~Teufel~ denkbar, der keiner mehr ist, also der Wortteufel (Kap. 9).

Dem systematischen Teil folgt nun ein f2berblick fiber die literarischen Teufelsauspr~igungen vom Faust-Buch (1587) bis zu Val6rys ~>Mon FausUc (1946). Zwar geht es dem Verf. um Mephisto, also um Fausts Partner und den Erben einer vielf~iltigen Tradition literarischer Teufels- gestalten, d.h. sclalieglich um das ,Gespann Faust -- Mephisto~ (S. 209), doch stehen wiederum Zuordnungen zu typologischen Vorstellungen im Vordergrund. Das Faust-Buch, Marlowes Drama, das Faust-Spiel, Lessings Fragment, Klingers Roman, Goethes Dichtung, Grabbes Drama, Lenaus Epos, Heines Tanzpoem, Vischers Parodie, Th. Manns Summe der Faust-Dichtung und Val6rys Umkehrversuch werden ats ,historische Variantent~ (S. 213) der literarischen Teufelsgestalt bzw. Mephistos verstanden.

Auf diesem Wege gelangt der Verf. zu durchg~tngingen Merkmalen der Teufelsgestalten im Faust-Stoff (S. 483) und ffinf Kriterien ideal- typischer Teufelsdarstellung (S. 490--495); diese ftinf Kriterien sind: 1. 1. Normalit~it trotz Ambiguit/it, 2. Flexibilit~t der Anpassung, 3. Affinit~tt des Teuflischen Dramatisch-Antagonistischen, 4. Intelligenz der M/ichte und Gewalteri, 5. Plausibilit/it der Katastrophe. Wenn auch der Verf. zwei weitere Momente (Pakt als bindende Abmachung und Stinde--Strafe-Mechanismus) als unbedingt zugehSrig nennt, so bleibt zweifelhaft, ob die einzelne Dichtung mit solchen Feststellungen allein erfagt werden kann. Ist -- um zwei Beispiele zu nennen -- Mephisto in Goethes ~Faust~ wirklich der ~>allerchristlichste Teufeltr (S. 331--383) und Grabbes Ritter in ~Don Juan und Faust~t (S. 383-- 395) uneingeschr~inkt yon ~>z~ihneknirschender Servilit~tt~?

Namentlich die Schlugfolgerungen fiir Goethe (s. a. S. 494 unten) entziehen sich dem Schema. Wenn die neuere Literatur unvoreingenom- men herangezogen wird, dann ist gerade erkennbar, wie sehr sich Goethes Mephisto einer Zuweisung zur traditionellen Teufelsgestalt widersetzt. Das dialektische Herausfordern Fausts durch Mephisto und die grtigere Einsicht Mephistos in (zumeist gesellschaftliche) Zusammenh~tnge kann nur dann tibersehen werden, wenn an die SteUe einer umfassenden historischen Betrachtungsweise eine typologisehe tritt.

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So wiehtig eine neuere systematische Aufarbeitting zur Teufels- und Mephisto-Gestalt sein mag, so notwendig w/ire als Korrelat die histo- rische Dimension und die Einbettung in die Literaturgeschichte gewesen. Diese Aufgabe ist im 2. Teil nicht gelSst worden. Der Leser bleibt unbefriedigt, vielleicht, weil die Konstruktion eines Idealtypus 1 manchen wichtigen literarischen und literarhistorischen Zusarnmenhang verschlei- eft. Einmal gelangt der Verf. zu neuen Einsichten (Marlowe), ein anderes Mal bleibt er hinter den erreichten Einsiehten (Goethe, Heine usw.) zurtick. Der stoff-, motiv- bzw. figurengeschichtliche Abril] leidet auBerdern rneist an der Methode mitgehenden Interpretierens.

Am SchluB der Arbeit steht unter der Oberschrift ~>Mephistos Meta- rnorphosen<~ (S. 504--508) eine kurze Zusammenfassung. Es folgen einige Anhangsteile: Bibliographie der literarischen Teufelsgestaltun- gen (S. 509-- 528), benutzte Quellen und Literatur (S. 529-- 551 ; rnit eini- gen Lficken Is. Erscheinungsdatum der Arbeit 1972] und mit der Auf- ffihrung unzureichender Quellen wie der Benz-Ausgabe vom Faust- Buch im Reclarn-Vedag Stuttgar0 trod drei schernatische Darstellungen (S. 552-554) fiber die Geschichte der literarischen Teufelsgestalt, 0ber die Zusammenh/inge zwischen verschiedenartigen Auspriigungen der Teufelsgestalt und fiber die Epochenwirkung.

Trotz der Einw/inde wird die Arbeit, wie der Verf. meint, zu einem ~wielf/iltigen DenkanstoB<~ (S. 508) Veranlassung sein. Entgegen tier Auffassung des Verf. abet kann die kfinftige Forschung nicht ohne Bezug zur Gesehichte und nieht ohne ideologische Aspekte auskommen.

HANS I-IENNING

1 Zur Kritik des von Max Weber herrfihrenden Begriffs siehe Getraud Korf: ~>Der Idealtypus Max Webers und sie historisch-geseltschaftlichen Gesetzm~iBigkeiten<~. Deutsche Zeitschrift f~r Philosophie. Jg. 7. (Berlin, 1964), H. 11, S. 1328--1343.